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PDF of Der Oberste Gerichtshof Fur Die Britische Zone Und Die Aufarbeitung Von Ns Unrecht Juliane Ohlenroth Full Chapter Ebook
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Dies ist urheberrechtlich geschütztes Material. Bereitgestellt von: Universit?tsbibliothek Leipzig, 02.02.2022
Juliane Ohlenroth
Mohr Siebeck
Dies ist urheberrechtlich geschütztes Material. Bereitgestellt von: Universit?tsbibliothek Leipzig, 02.02.2022
Vorwort
VI Vorwort
gültig fertigzustellen. Besonders bedanken möchte ich mich bei meinem Mann
David. Er hat immer an mich und mein Vorhaben geglaubt, mich in allen Phasen
des Entstehungsprozesses liebevoll unterstützt und mir den nötigen Freiraum
zur Erstellung der Arbeit gegeben.
Inhaltsverzeichnis
Vorwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . V
Abbildungsverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . XVII
Abkürzungsverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . XIX
Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1
A. Thema und Fragestellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1
B. Forschungsstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3
I. Quellenlage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3
II. Stand des Schrifttums und Forschungsdesiderat . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3
C. Vorgehensweise und Gang der Untersuchung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6
VIII Inhaltsverzeichnis
Inhaltsverzeichnis IX
X Inhaltsverzeichnis
Inhaltsverzeichnis XI
XII Inhaltsverzeichnis
B. Justizverbrechen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 181
I. Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 181
1. Ausmaß des NS‑Justizunrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 181
2. Bilanz der Strafverfolgung durch westdeutsche Gerichte . . . . . . . . . . . . 185
II. Verfahren gegen den Marinerichter Adolf Herbert Holzwig („Buea-Fall“) . 187
1. Gegenstand der Anklage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 187
2. Urteil des LG Hamburg vom 4. Juni 1948 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 190
3. Urteil des OGH vom 7. Dezember 1948 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 193
a) Strafbarkeit nach § 336 StGB und Ablehnung einer Sperrwirkung . . . 193
b) Verbrechen gegen die Menschlichkeit, Art. II Nr. 1 lit. c KRG 10 . . . . 194
aa) Objektiver Tatbestand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 194
bb) Subjektiver Tatbestand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 196
c) Rezeption im zeitgenössischen Schrifttum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 197
4. Weiterer Verfahrensverlauf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 198
a) Urteil des LG Hamburg vom 4. August 1949 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 198
b) Urteil des BGH vom 29. Mai 1952 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 199
aa) Strafbarkeit der Richter nach deutschem Strafrecht . . . . . . . . . . . 199
bb) Sperrwirkung des Rechtsbeugungstatbestands . . . . . . . . . . . . . . . 201
c) Urteil des LG Hamburg vom 27. Februar 1953 . . . . . . . . . . . . . . . . . . 203
5. Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 205
III. Verfahren gegen den Kölner Landgerichtspräsidenten Walter Müller . . . . . 207
1. Gegenstand der Anklage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 207
2. Urteil des LG Bonn vom 4. November 1948 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 210
3. Urteil des OGH vom 10. Mai 1949 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 212
a) Unternehmen der Verleitung zur Rechtsbeugung,
§§ 357 Abs. 1 Var. 2, 336 StGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 212
aa) Allgemeine Ausführungen zu § 357 StGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 212
bb) Nachträgliche Urteilskritiken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 213
cc) Eingriffe in schwebende Verfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 214
b) Verbrechen gegen die Menschlichkeit, Art. II Nr. 1 lit. c KRG 10 . . . . 215
c) Rezeption im zeitgenössischen Schrifttum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 217
4. Weiterer Verfahrensverlauf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 218
a) Urteil des LG Bonn vom 13. März 1950 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 218
b) Urteil des BGH vom 16. Dezember 1952 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 219
c) Urteil des LG Bonn vom 17. Juni 1953 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 220
5. Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 222
IV. Die übrige Rechtsprechung des OGH zu Justizverbrechen . . . . . . . . . . . . . 223
1. Verfahren gegen den Marine-Oberkriegsgerichtsrat Karl-Heinrich
Hagemann („Fall Kusch“) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 223
2. Offener Widerstand im Verfahren gegen den
Standgerichtsvorsitzenden Karl Brumshagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 226
V. Überblick über die weitere Strafverfolgung in der Bundesrepublik . . . . . . . 230
1. Die restriktive Auslegung des Rechtsbeugungstatbestands . . . . . . . . . . . 230
a) Beurteilungsgrundlage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 230
Dies ist urheberrechtlich geschütztes Material. Bereitgestellt von: Universit?tsbibliothek Leipzig, 02.02.2022
Inhaltsverzeichnis XIII
XIV Inhaltsverzeichnis
Inhaltsverzeichnis XV
XVI Inhaltsverzeichnis
Schlussbetrachtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 335
A. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 335
B. Die Rolle des OGH bei der Aufarbeitung von NS‑Unrecht . . . . . . . . . . . 339
Anhang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 343
Anlage I – Kontrollratsgesetz Nr. 10 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 343
Anlage II – Verfahrensübersicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 346
Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 359
Personenverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 383
Sachverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 385
Dies ist urheberrechtlich geschütztes Material. Bereitgestellt von: Universit?tsbibliothek Leipzig, 02.02.2022
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Abbildungsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
XX Abkürzungsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis XXI
XXII Abkürzungsverzeichnis
StPO Strafprozessordnung
StrÄndG Strafrechtsänderungsgesetz
StrRG Gesetz zur Reform des Strafrechts
StS Strafsenat
StV Strafverteidiger
u.a. und andere
Urt. Urteil
v. von; vom
VfZ Vierteljahreshefte für Zeitgeschichte
vgl. vergleiche
VOBL. BZ Verordnungsblatt für die Britische Zone
WRV Weimarer Reichsverfassung
ZAkDR Zeitschrift der Akademie für Deutsches Recht
z.B. zum Beispiel
ZfG Zeitschrift für Geschichtswissenschaft
ZIS Zeitschrift für Internationale Strafrechtsdogmatik
ZJA Zentraljustizamt für die Britische Zone
ZJBl. Zentral-Justizblatt für die Britische Zone
ZNR Zeitschrift für Neuere Rechtsgeschichte
ZRG GA Zeitschrift der Savigny-Stiftung für Rechtsgeschichte, Germanisti-
sche Abteilung
ZStW Zeitschrift für die gesamte Strafrechtswissenschaft
ZVOBl. Zentralverordnungsblatt
Dies ist urheberrechtlich geschütztes Material. Bereitgestellt von: Universit?tsbibliothek Leipzig, 02.02.2022
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Einleitung
„Der OGH hat, wie seine ersten Entscheidungen erkennen lassen, das Wesen des nazisti-
schen Unrechtssystems in seiner Tiefe und seiner Vielgestaltigkeit erfaßt und hieraus im
wesentlichen die richtigen Folgerungen gezogen. Deshalb besteht begründeter Anlaß zu
der Annahme, daß unter seiner Leitung die künftige Rspr. der deutschen Gerichte mehr
als bisher zu einer gerechten Sühne für die im ‚Dritten Reich‘ begangenen Untaten füh-
ren werde.“1
Das vorgenannte Zitat des OGH‑Richters Werner lässt erahnen, weshalb der
in der Forschung lange Zeit unbeachtete OGH heute zu Recht als vielverspre-
chender Forschungsgegenstand der Juristischen Zeitgeschichte gilt.2 Errichtet
im Frühjahr 1948, war der OGH mit Sitz in Köln nach der Schließung des RG
im April 1945 bis zur Gründung des BGH zum 1. Oktober 1950 das oberste
Revisionsgericht in Zivil- und Strafsachen auf dem Gebiet der britischen Zone.
Wie im Einzelnen aufzuzeigen sein wird, sollte sich die Urteilspraxis des OGH
zur Aufarbeitung3 von NS‑Unrecht grundlegend von der übrigen Nachkriegs-
rechtsprechung unterscheiden. Denn wie es das Eingangszitat andeutet, setzte
es sich der OGH zum Ziel, die Verbrechen des NS‑Staates in aller Deutlichkeit
aufzuzeigen und konsequent zu verfolgen.
Im Rahmen der vorliegenden Arbeit sollen die dogmatischen Grundsätze des
OGH zur Aufarbeitung von NS‑Unrecht herausgearbeitet und deren Bedeutung
für die Fortentwicklung der Strafrechtsdogmatik aufgezeigt werden. Untersucht
werden dabei nicht nur die Urteile des OGH zu einzelnen NS‑Verbrechenskom-
plexen, sondern auch die teils unveröffentlichten Entscheidungen der Instanz-
gerichte und des BGH. Diese Vorgehensweise ermöglicht einen Einblick in den
unterschiedlichen Umgang der Rechtsprechung. Im Fokus der Betrachtung steht
die rechtliche Würdigung der Verteidigungslinien, die in den einzelnen NS‑Pro-
1 W. Werner, NJW 1949, 170 (174).
2 Vgl. Form/Pöpken/Wogersien, in: Justizministerium des Landes NRW (Hrsg.), Verbre-
chen gegen die Menschlichkeit, S. 1.
3 Unter dem Terminus der Aufarbeitung wird vorliegend eine gerichtliche Aufklärung und
strafrechtliche Würdigung der NS‑Verbrechen verstanden, vgl. hierzu I. Keller, Die strafrecht-
liche Aufarbeitung von DDR‑Justizunrecht, S. 32 ff.
Dies ist urheberrechtlich geschütztes Material. Bereitgestellt von: Universit?tsbibliothek Leipzig, 02.02.2022
2 Einleitung
zessen eine tragende Rolle gespielt haben. Dabei soll aufgezeigt werden, dass
von Seiten der Lehre und der übrigen westdeutschen Justiz auf restriktive Aus-
legungsgrundsätze und dogmatische Rechtsfiguren zurückgegriffen wurde, die
einer umfassenden Ahndung der NS‑Verbrechen im Weg standen. Neben dem
Aufzeigen der Unterschiede in der Rechtsprechung wird zu klären sein, inwie-
weit die Rechtsauslegung des OGH die Möglichkeiten zu einer „gerechteren
Sühne“ der NS‑Verbrechen geboten hat. Ein Schwerpunkt der Darstellung liegt
hierbei auf der Rechtsprechung des OGH zu dem vielkritisierten Kontrollrats-
gesetz Nr. 10 (KRG 10). Ferner stellt sich die Frage, wie sich die aufgestellten
Grundsätze innerhalb der westdeutschen Justiz durchsetzen konnten.
Die Abhandlung erhebt hierbei nicht den Anspruch, die gesamte Rechtspre-
chung des OGH zur Strafverfolgung von NS‑Unrecht zu analysieren.4 Sie kon-
zentriert sich vielmehr auf die vier NS‑Verbrechenskomplexe NS-„Euthanasie“,
Justizverbrechen, Denunziationen und „Reichspogromnacht“. Nicht eingegan-
gen wird auf die weiteren vor dem OGH verhandelten Tatkomplexe der Ver-
brechen nach der Machtergreifung, wie Ausschreitungen, Misshandlungen, An-
prangerungen oder Tötungen politischer Gegner, sowie den im Amt begangenen
NS‑Verbrechen. Außer Betracht bleiben schließlich die Verfahren zu Endphase-
verbrechen, Verbrechen gegen Juden durch Anprangerung und Misshandlung
sowie sonstige NS‑Verbrechen wie etwa Verschleppungen von sog. „Zigeunern“
nach Auschwitz. Die vorgenommene Beschränkung auf die ausgewählten Tat-
komplexe ergibt sich aus folgenden Gründen: Wie im Einzelnen darzustellen
sein wird, vollzog sich insbesondere bei der juristischen Aufarbeitung der NS-
„Euthanasie“ und der Justizverbrechen ein grundlegender Wandel. Von der Lehre
und der Rechtsprechung wurden dabei dogmatische Rechtsfiguren und Kon-
struktionen entwickelt, wie etwa der übergesetzliche entschuldigende Notstand
oder die „Vorsatzschwelle“ bei der Auslegung des Rechtsbeugungstatbestands,
die die Rechtsentwicklung wesentlich prägen sollten. Gerade bei diesen Tat-
komplexen bietet es sich daher an, die vom OGH aufgestellten dogmatischen
Grundsätze herauszuarbeiten und der Position der übrigen Nachkriegsrecht
sprechung gegenüberzustellen. Herausgriffen wurden zudem die Verbrechens-
komplexe der Denunziationen und der „Reichspogromnacht“, nachdem diese
mit rund 38 % bzw. 20 % den größten Anteil der vor dem OGH verhandelten
Fälle zum KRG 10 bildeten und somit einen repräsentativen Blick auf die Recht-
sprechung zum Verbrechen gegen die Menschlichkeit ermöglichen.5
Von der Bedeutung nicht zu unterschätzen, gleichwohl aber nicht Gegen-
stand der vorliegenden Arbeit, ist die Bedeutung der Judikatur des OGH für die
Fortentwicklung des Völkerstrafrechts. Darüber hinaus können im Rahmen der
4 Vgl. hierzu die Verfahrensstatistik der vor dem OGH verhandelten NS‑Verbrechen auf
S. 47 ff. m.w.N.
5 Vgl. die Verfahrensstatistik auf S. 47.
Dies ist urheberrechtlich geschütztes Material. Bereitgestellt von: Universit?tsbibliothek Leipzig, 02.02.2022
B. Forschungsstand 3
B. Forschungsstand
I. Quellenlage
Als Grundlage für die Urteilsanalysen diente in erster Linie die drei Bände um-
fassende amtliche Entscheidungssammlung des OGH in Strafsachen (OGHSt).
Die Mehrzahl der den Prozessserien zugrundeliegenden Entscheidungen des
OGH, der Landgerichte und des BGH ist zudem dokumentiert in der von Chris-
tiaan F. Rüter und Dick de Mildt herausgegebenen Urteilssammlung „Justiz und
NS‑Verbrechen“6 sowie der von de Mildt veröffentlichten Edition zur „Eutha-
nasie“-Rechtsprechung ost- und westdeutscher Gerichte7. Darüber hinaus ließ
sich auf Urteilsauszüge in zeitgenössischen Fachzeitschriften zurückgreifen.
Als hilfreich erwies sich zudem die im Jahr 2010 von Werner Schubert heraus-
gegebene Edition des Nachschlagewerks der Straf- und Zivilsachen des OGH.8
Um einen Blick auf den vollständigen Instanzenzug in den Prozessserien zu er-
möglichen, wurden darüber hinaus bislang unveröffentlichte Urteile und Be-
schlüsse gesichtet.9 Die Primärquellen zum OGH einschließlich sämtlicher Re-
visionsentscheidungen mit Bezug zum Verbrechen gegen die Menschlichkeit
sowie zahlreicher instanzgerichtlicher Entscheidungen befinden sich im Bun-
desarchiv Koblenz. Die dort nicht befindlichen Abschriften landgerichtlicher
Urteile konnten in Beständen der Landesarchive Baden-Württemberg und
Nordrhein-Westfalen eingesehen werden.
4 Einleitung
auf die Einordnung der Zivilrechtsjudikatur des OGH konnte jüngst durch die
Dissertation „‚Im Namen des Rechts‘ – Der Oberste Gerichtshof für die Briti-
sche Zone als Höchstgericht in Zivilsachen zwischen Tradition und Neuord-
nung“ von Martin Grieß aus dem Jahr 2015 geschlossen werden.11 Eine Aus-
wertung der Rechtsprechung zu Zivilsachen war zuvor lediglich durch einen
im Jahr 1981 erschienenen Zeitschriftenbeitrag von Reinhard Zimmermann er-
folgt.12 Grieß beschäftigt sich in seiner 420-seitigen Abhandlung mit der Frage
nach Kontinuitäten und Zäsuren zwischen der Zivilrechtsprechung des OGH
und der Judikatur des RG und des BGH.13 Unter Heranziehung umfangreichen
Archivmaterials widmet er sich nicht nur der Rechtsprechungsanalyse, sondern
auch den institutionellen und tatsächlichen Rahmenbedingungen für die Tä-
tigkeit des Gerichts sowie dessen personeller Besetzung. Hierbei ermöglicht
Grieß erstmals einen Blick auf das Arbeitsumfeld und Charakteristika der Zi-
vilrichter des OGH. Abschließend resümiert Grieß, dass der OGH nicht nur als
„Bindeglied“ zwischen dem RG und dem BGH zu würdigen ist, sondern auch
„als Höchstgericht, das unter schwierigen Rahmenbedingungen die Fahne der
Rechtsstaatlichkeit wieder aufzurichten half“.14 Trotz seines kurzen Bestehens
konstatiert Grieß, dass der OGH in organisatorischer und judikativer Hinsicht
durchaus ein „eigenes Profil“ begründen konnte und sich dessen Urteilspra-
xis sowohl im Straf- als auch im Zivilrecht als eine „Episode ‚Im Namen des
Rechts‘“ bezeichnen lässt.15
Hinsichtlich der Rechtsprechung in Strafsachen wurden zwar deutlich mehr
Beiträge veröffentlicht, doch konzentrieren sich diese auf einzelne Teilaspekte.
Vorhanden sind zunächst zeitgenössische Zeitschriftenbeiträge, die sich vorwie-
gend auf die Anwendung des KRG 1016 beziehen. Eine umfassende Darstellung
der Urteilspraxis findet sich bislang in der 130-seitigen juristischen Disserta-
tion von Karl-Alfred Storz aus dem Jahr 1969.17 Den Schwerpunkt seiner Ar-
beit legt Storz dabei auf dogmatische, für die Rechtsentwicklung bedeutsame
Ansätze aus dem Bereich des Straf- und Strafprozessrechts. Die alleinige Be-
B. Forschungsstand 5
18 Pauli, in: Justizministerium des Landes NRW (Hrsg.), 50 Jahre Justiz in Nordrhein-
Westfalen, S. 95 ff.
19 Rüping, JJZG 1 (1999/2000), 88 ff.; ders., NStZ 2000, 355 ff.
20 Vgl. Justizministerium des Landes NRW (Hrsg.), Verbrechen gegen die Menschlich-
keit – Der Oberste Gerichtshof der Britischen Zone, u.a. mit den Beiträgen von Form, in: ebd.,
S. 8 ff.; Pauli, in: ebd., S. 64 ff.; Bryant, in: ebd., S. 114 ff.; Radtke, in: ebd., S. 124 ff.
21 Form, in: Justizministerium des Landes NRW (Hrsg.), Verbrechen gegen die Mensch-
lichkeit, S. 194 ff.; ders., in: ebd., S. 247 ff.; Irmen/Pöpken, in: ebd., S. 180.
22 Zu nennen sind etwa die Ausführungen zum Tatkomplex der NS-„Euthanasie“ in der
Dissertation von Burkhardt, Das NS‑Euthanasie-Unrecht vor den Schranken der Justiz, insbes.
S. 481 ff., 564 ff.; vgl. auch Tausch, NJW 2017, 3099 f. Erwähnung finden die Grundsätze zur
Aufarbeitung von NS‑Justizunrecht beispielsweise bei Freund, Rechtsbeugung durch Verlet-
zung übergesetzlichen Rechts, S. 120 ff.; v. der Ohe, Das Gesellschaftsbild des Bundesgerichts-
hofs, S. 42 ff. Eine Auseinandersetzung mit der Rechtsprechung zum KRG 10 unter besonderer
Berücksichtigung der Grundsätze zur Ahndung der Denunziationsverbrechen findet sich bei
Meyer-Seitz, Die Verfolgung von NS‑Straftaten in der Sowjetischen Besatzungszone, S. 124 ff.
23 Vgl. Ambos, Der allgemeine Teil des Völkerstrafrechts, S. 163 ff.; Werle/Jeßberger, Völ-
kerstrafrecht, Rn. 39; Kreß, JZ 2016, 948 ff.
24 Erwähnung findet der OGH etwa in den Monographien von Raim, Justiz zwischen Dik-
tatur und Demokratie, insbes. S. 119 ff.; Bahlmann, Verbrechen gegen die Menschlichkeit,
S. 297 ff. Eine erste umfassende Darstellung der aufgestellten Grundsätze zum KRG 10 lieferte
der Zeitschriftenbeitrag von Broszat, VfZ 29 (1981), 477 (482 ff.). Die Judikatur des OGH wird
zudem u.a. in folgenden Beiträgen untersucht: Boberach, Geschichte im Westen 1997, 7 ff.;
Homann, RuP 2001, 210 ff.; dies., Herausforderungen an den Rechtsstaat durch Justizunrecht,
insbes. S. 24 ff.; dies., in: Begalke/Fröhlich/Glienke (Hrsg.), Der halbierte Rechtsstaat, S. 43 ff.
Darüber hinaus ist die Urteilspraxis des OGH zum KRG 10 Untersuchungsgegenstand einer
im Erscheinen befindlichen geschichtswissenschaftlichen Dissertation von Pöpken, Vergan-
Dies ist urheberrechtlich geschütztes Material. Bereitgestellt von: Universit?tsbibliothek Leipzig, 02.02.2022
6 Einleitung
Wie der Blick auf den Forschungsstand verdeutlicht, widmen sich gerade in
jüngerer Zeit einige Monographien und Beiträge der Institution und der Recht-
sprechung des OGH. Wie aufgezeigt worden ist, beleuchten sämtliche Arbeiten
aber nur einzelne Teilaspekte der hier zugrundeliegenden Fragestellung. Eine
umfassende rechtswissenschaftliche Darstellung zu den vom OGH aufgestell-
ten strafrechtsdogmatischen Grundsätzen zur Ahndung von NS‑Unrecht und
deren Fortentwicklung fehlt dagegen bislang. Die vorliegende Arbeit will diese
Forschungslücke schließen.
Die vorliegende Arbeit setzt sich in drei Kapiteln mit der Rechtsprechung des
OGH zu NS‑Verbrechen auseinander. Nach einem Überblick über die Geschich-
te des OGH im ersten Kapitel, wird im zweiten Kapitel auf die Anwendung des
KRG 10 in der Rechtsprechung des OGH eingegangen. Einem Blick auf die
Ausgangslage vor der Gründung des OGH (Kapitel 2, A.) und die gesetzliche
Regelung des Tatbestands des Verbrechens gegen die Menschlichkeit (Kapitel
2, B.) folgt eine Darstellung von Problemschwerpunkten, die für die gesamte
Rechtsprechung des OGH zu NS‑Verbrechen relevant waren. Neben der Dis-
kussion um die Verletzung des Rechtssatzes „nullum crimen, nulla poena sine
lege“ (Kapitel 2, C.) und den vom OGH aufgestellten Grundsätzen zur Aus-
legung des Verbrechens gegen die Menschlichkeit (Kapitel 2, D.), wird auf das
stark umstrittene Konkurrenzverhältnis zwischen dem KRG 10 und den Tat-
beständen des StGB einzugehen sein (Kapitel 2, E.). Den Schwerpunkt der Ab-
handlung bildet das dritte Kapitel, in dem anhand der vier Verbrechenskom-
plexe der NS-„Euthanasie“ (Kapitel 3, A.), Justizverbrechen (Kapitel 3, B.),
Denunziationen (Kapitel 3, C.) und „Reichspogromnacht“ (Kapitel 3, D.) die
Rechtsprechung des OGH zu NS‑Verbrechen dargestellt wird. Der Aufbau der
Bearbeitung der einzelnen Tatkomplexe folgt stets dem gleichen Prinzip: Zu-
nächst wird jeweils anhand eines Überblicks über das Ausmaß der begangenen
NS‑Verbrechen und die Bilanz der Strafverfolgung durch die westdeutschen
Gerichte eine Einführung in die Thematik gegeben. Die sich anschließende
dogmatische Untersuchung der Judikatur des OGH erfolgt beispielhaft anhand
von ein bis zwei Prozessserien, wobei jeweils der gesamte Verfahrensgang ein-
schließlich sämtlicher instanz- und revisionsgerichtlicher Entscheidungen
chronologisch dargestellt wird. Schwerpunktmäßig gilt es hierbei, die Recht
sprechung zu den wesentlichen Problemschwerpunkten der NS‑Verfahren, wie
etwa die rechtliche Würdigung typischer Verteidigungslinien, materiell-recht-
genheitspolitik durch Strafrecht: Der Oberste Gerichtshof der Britischen Zone und die Ahn-
dung von Verbrechen gegen die Menschlichkeit, Baden-Baden 2020 (im Erscheinen).
Dies ist urheberrechtlich geschütztes Material. Bereitgestellt von: Universit?tsbibliothek Leipzig, 02.02.2022
8 Einleitung
Kapitel 1
A. Rahmenbedingungen
1 Erklärung in Anbetracht der Niederlage Deutschlands und der Übernahme der obersten
Regierungsgewalt hinsichtlich Deutschlands durch die Regierungen des Vereinigten König-
reichs, der Vereinigten Staaten von Amerika und der Union der Sozialistischen Sowjet-Repu-
bliken und durch die Provisorische Regierung der Französischen Republik vom 5. Juni 1945,
in: Abl. des Kontrollrats in Deutschland, Ergänzungsblatt Nr. 1, 1946, 7 ff.
2 Benz/Scholz, Deutschland unter alliierter Besatzung 1945–1949, S. 55; Görtemaker/Saf-
ferling, Die Akte Rosenburg, S. 32.
3 Feststellung über das Kontrollverfahren in Deutschland vom 5. Juni 1945, in: Abl. des
Kontrollrats in Deutschland, Ergänzungsblatt Nr. 1, 1946, 10; deklaratorisch bekannt gegeben
wurde die Arbeitsaufnahme durch die Proklamation Nr. 1 vom 30. August 1945, in: Abl. des
Kontrollrats in Deutschland Nr. 1, 29. Oktober 1945, 4 f.; Burkhardt, Das NS‑Euthanasie-Un-
recht vor den Schranken der Justiz, S. 175 f.; Hassel, Kriegsverbrechen vor Gericht, S. 90.
4 Feststellung über die Besatzungszonen in Deutschland vom 5. Juni 1945, in: Abl. des
Kontrollrats in Deutschland, Ergänzungsblatt Nr. 1, 1946, 11; Benz/Scholz, Deutschland unter
alliierter Besatzung 1945–1949, S. 57. Die britische Zone erstreckte sich auf den Nordwesten
Deutschlands und umfasste das Gebiet der späteren Bundesländer Schleswig-Holstein, Nie-
dersachsen, NRW und Hamburg – Bremen hingegen war Enklave der amerikanischen Besat-
zungszone.
5 Vgl. Mitteilung über die Dreimächtekonferenz, in: Abl. des Kontrollrats in Deutschland,
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Zur Vernichtung des „deutschen Militarismus und Nazismus“ sollten die Kriegs-
verbrecher bestraft, die Rüstungsindustrie abgebaut und die NSDAP, ihre Glie-
derungen sowie die NS‑Gesetze abgeschafft werden.6 Bereits zuvor hatte Art. I
Nr. 1 des Gesetzes Nr. 1 der Militärregierung für Deutschland, Kontrollgebiet des
Obersten Befehlshabers der alliierten Streitkräfte7, zahlreiche NS‑Grundgesetze,
darunter das „Heimtückegesetz“ von 19348 und die „Nürnberger Gesetze“ von
19359, beseitigt.10 Dem schloss sich Art. I Nr. 1 des Kontrollratsgesetzes Nr. 1
(KRG 1) vom 20. September 194511 an, das weitere diskriminierende und poli-
tische Gesetze, wie das „Ermächtigungsgesetz“ von 193312, außer Kraft setzte.
Insgesamt 40 Straftatbestände aus dem RStGB, darunter das gesamte Staats-
schutzrecht (§§ 80–94 RStGB), verloren durch Art. I Kontrollratsgesetz Nr. 11
(KRG 11) vom 30. Januar 194613 ihre Gültigkeit.14 Beseitigt wurden nach Art. II
Nr. 1 KRG 11 zudem NS‑Terrorgesetze wie die „KSSVO“15, die „Rundfunkver-
ordnung“16, die sog. „Volksschädlingsverordnung“17 oder die „Polenstrafrechts-
Ergänzungsblatt Nr. 1, 1946, 13 ff.; Benz/Scholz, Deutschland unter alliierter Besatzung 1945–
1949, S. 51; Morsey, Die Bundesrepublik Deutschland, S. 3.
6 Vgl. Mitteilung über die Dreimächtekonferenz, in: Abl. des Kontrollrats in Deutschland,
Ergänzungsblatt Nr. 1, 1946, 14 f.; Görtemaker/Safferling, Die Akte Rosenburg, S. 33.
7 Das Gesetz ist abgedruckt in: Brandl (Hrsg.), Das Recht der Besatzungsmacht, S. 71 ff.
Der Geltungsbereich der Vorschriften der alliierten Streitkräfte in Nordwesteuropa (SHAEF)
unter Oberbefehlshaber General Dwight D. Eisenhower erstreckte sich auf das Gebiet der spä-
teren westlichen Besatzungszonen; in Kraft traten die nicht datierten Gesetze des SHAEF mit
dem Einmarsch in Deutschland am 18. September 1944 bzw. am Tag der Besetzung in dem je-
weiligen Gebiet, vgl. Brandl (Hrsg.), Das Recht der Besatzungsmacht, S. 5 ff.; Etzel, Die Auf-
hebung von nationalsozialistischen Gesetzen durch den Alliierten Kontrollrat (1945–1948),
S. 6 Fn. 6. Die Vorschriften des SHAEF sind im Folgenden mit dem Zusatz „Militärregierung
für Deutschland“ versehen.
8 „Gesetz gegen heimtückische Angriffe auf Staat und Partei und zum Schutz der Partei-
uniformen“ („Heimtückegesetz“) vom 20. September 1934, RGBl. 1934 I, 1269.
9 „Gesetz zum Schutz des deutschen Blutes und der deutschen Ehre“ („Blutschutzgesetz“)
und „Reichsbürgergesetz“ vom 15. September 1935, RGBl. 1935 I, 1146.
10 Eingehend zur „Entnazifizierung“ des Strafrechts Etzel, Die Aufhebung von nationalso-
zialistischen Gesetzen durch den Alliierten Kontrollrat (1945–1948), S. 80 ff.; Laage, Gesetz-
liches Unrecht, S. 29 ff.; Schroeder, in: Löhnig (Hrsg.), Zwischenzeit, S. 201 (206 ff.); Vogel,
Einflüsse des Nationalsozialismus auf das Strafrecht, S. 22 ff.
11 Abl. des Kontrollrats in Deutschland Nr. 1, 29. Oktober 1945, 6 ff.
12 „Gesetz zur Behebung der Not von Volk und Reich“ vom 24. März 1933, RGBl. 1933 I,
41.
13 Abl. des Kontrollrats in Deutschland Nr. 3, 31. Januar 1946, 55 ff.
14 Schroeder, in: Löhnig (Hrsg.), Zwischenzeit, S. 201 (209); zu Einzelheiten Etzel, Die
Aufhebung von nationalsozialistischen Gesetzen durch den Alliierten Kontrollrat (1945–
1948), S. 83 ff.
15 „Verordnung über das Sonderstrafrecht im Krieg und bei besonderem Einsatz“ („Kriegs-
sonderstrafrechtsverordnung“) vom 17. August 1938, RGBl. 1939 I, 1455.
16 „Verordnung über außerordentliche Rundfunkmaßnahmen“ („Rundfunkverordnung“)
vom 1. September 1939, RGBl. 1939 I, 1683.
17 „Verordnung gegen Volksschädlinge“ („Volksschädlingsverordnung“) vom 5. Septem-
ber 1939, RGBl. 1939 I, 1679.
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A. Rahmenbedingungen 11
verordnung“18.19 Für die nicht außer Kraft gesetzten Normen galt das Verbot
der Auslegung nach „nationalsozialistischen Grundsätzen“ (Art. III Nr. 4 Ge-
setz Nr. 1 der Militärregierung für Deutschland). Unzulässig waren zudem eine
Analogie zu Lasten des Täters20 und eine Bestrafung nach „gesundem Volks-
empfinden“.21
Für die Rechtspflege hatte die Übernahme der Regierungsgewalt durch die
Alliierten zunächst ein „Iustitium“ zur Folge: Mit dem Einmarsch der alliierten
Streitkräfte waren die deutschen Gerichte nach Art. III der Proklamation Nr. 1
und Art. I des Gesetzes Nr. 2 der Militärregierung für Deutschland22 geschlos-
sen worden.23 Der Volksgerichtshof, die Sonder- und Parteigerichte wurden ab-
geschafft.24 Entsprechend den Ergebnissen der Potsdamer Konferenz sollte das
Gerichtswesen nach demokratischen Grundsätzen wiederaufgebaut werden:
Die Proklamation Nr. 3 des Alliierten Kontrollrats vom 20. Oktober 194525 ga-
rantierte die Gleichheit vor dem Gesetz, die Gewährleistung der Rechte des
Angeklagten und die richterliche Unabhängigkeit.26 Das am 30. Oktober 1945
erlassene Kontrollratsgesetz Nr. 4 (KRG 4)27 legte für den Aufbau der ordentli-
chen Gerichtsbarkeit grundsätzlich das GVG vom 27. Januar 1877 in der Fas-
sung vom 22. März 192428 zugrunde und ordnete den Wiederaufbau der Amts-,
Land- und Oberlandesgerichte an (Art. I, II KRG 4). Unerwähnt blieb hingegen
das RG – oberste Revisionsinstanz in Straf- und Zivilsachen waren damit die
Oberlandesgerichte.29
18 „Verordnung über die Strafrechtspflege gegen Polen und Juden in den eingeglieder-
ten Ostgebieten“ („Polenstrafrechtsverordnung“) vom 4. Dezember 1941, RGBl. 1941 I, 759.
19 Safferling, in: Görtemaker/Safferling (Hrsg.), Die Rosenburg, S. 169 (174).
20 Das Analogieverbot war am 28. Juni 1935 durch das „Gesetz zur Änderung des Straf-
gesetzbuches“ außer Kraft gesetzt worden, RGBl. 1935 I, 839; Dannecker, in: LK‑StGB, § 1
S. 73; H.‑L. Schreiber, Gesetz und Richter, S. 196 ff.; Welp, in: Vormbaum/Welp (Hrsg.), Das
Strafgesetzbuch, S. 139 (145 ff.).
21 Art. II Nr. 3 Proklamation Nr. 3 des Alliierten Kontrollrats vom 20. Oktober 1945, in:
Abl. des Kontrollrats in Deutschland Nr. 1, 29. Oktober 1945, 22. So zuvor bereits Art. IV Nr. 7
Gesetz Nr. 1 der Militärregierung für Deutschland, in: Brandl (Hrsg.), Das Recht der Besat-
zungsmacht, S. 71, 73.
22 Beide Gesetze sind abgedruckt in: Brandl (Hrsg.), Das Recht der Besatzungsmacht,
S. 19 f., 87.
23 Wenzlau, Der Wiederaufbau der Justiz in Nordwestdeutschland 1945 bis 1949, S. 51,
64 ff. Die Tätigkeit des RG endete im April 1945 mit dem Einmarsch der Amerikaner in Leip-
zig, Pauli, in: Justizministerium des Landes NRW (Hrsg.), 50 Jahre Justiz in Nordrhein-West-
falen, S. 95 (96).
24 Vgl. auch Art. III der Proklamation Nr. 3 des Alliierten Kontrollrats, in: Abl. des Kon-
trollrats in Deutschland Nr. 1, 29. Oktober 1945, 22.
25 Abl. des Kontrollrats in Deutschland Nr. 1, 29. Oktober 1945, 22 f.
26 Die Gerichte unterstanden allerdings der Kontrolle der Alliierten, eingehend Raim, Jus-
tiz zwischen Diktatur und Demokratie, S. 30 ff.; vgl. hierzu S. 35 f.
27 Abl. des Kontrollrats in Deutschland Nr. 2, 30. November 1945, 26 f.
28 RGBl. 1924 I, 299 ff.
29 Raim, Justiz zwischen Diktatur und Demokratie, S. 72. In der zeitgenössischen Lehre
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war dies nicht unumstritten. So nahm etwa Schmidt-Leichner, DRZ 1948, 225 ff. lediglich einen
vorübergehenden „Verlust der Amtsgewalt“ des RG an; dagegen Lüders, DRZ 1948, 273 ff.
30 Vgl. Art. III Nr. 5 Gesetz Nr. 2 der Militärregierung für Deutschland. Hierzu Stolleis,
Das Parlament 1987, 8; eingehend zum Wiederaufbau der Gerichte in der britischen Zone
Raim, Justiz zwischen Diktatur und Demokratie, S. 85 ff.; für NRW Boberach, Geschichte im
Westen 1997, 7 (9 ff.); Heilbronn, in: Justizministerium des Landes NRW (Hrsg.), 50 Jahre Jus-
tiz in Nordrhein-Westfalen, S. 1 ff. Ähnlich verhielt es sich in der amerikanischen Zone, vgl.
Raim, Justiz zwischen Diktatur und Demokratie, S. 73 ff. Etwas verzögert setzte der Wieder-
aufbau in der französischen Zone ein, so wurde das erste Gericht, das LG Freiburg, erst am
4. Oktober eröffnet, Görtemaker/Safferling, Die Akte Rosenburg, S. 76; ausführlich Raim, Jus-
tiz zwischen Diktatur und Demokratie, S. 90 ff.
31 Zu Einzelheiten Raim, Justiz zwischen Diktatur und Demokratie, S. 85 ff., 109 ff.
32 Abl. des Kontrollrats in Deutschland Nr. 2, 30. November 1945, 27.
33 Vgl. zur Entnazifizierung der Justiz Broszat, VfZ 29 (1981), 477 (508 ff.); Müller,
Furchtbare Juristen, S. 255 ff.; Raim, Justiz zwischen Diktatur und Demokratie, S. 277 ff.;
Rüping, Staatsanwälte und Parteigenossen, S. 23 ff.; Vollnhals/Schlemmer, Entnazifizierung;
Wenzlau, Der Wiederaufbau der Justiz in Nordwestdeutschland 1945 bis 1949, S. 94 ff.
34 Abl. des Kontrollrats in Deutschland Nr. 5, 31. März 1946, 98 ff.
35 Raim, Justiz zwischen Diktatur und Demokratie, S. 278.
36 Abl. des Kontrollrats in Deutschland Nr. 11, 31. Oktober 1946, 184 ff.
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A. Rahmenbedingungen 13
37 Vgl. Raim, in: Koch/Veh (Hrsg.), Vor 70 Jahren, S. 41 (64); Müller, Furchtbare Juristen,
S. 256.
38 Eingehend zur Entnazifizierung in der britischen Zone Drecktrah, in: Schumann (Hrsg.),
Kontinuitäten und Zäsuren, S. 271 (280 ff.); Raim, Justiz zwischen Diktatur und Demokratie,
S. 340; Rüping, Staatsanwälte und Parteigenossen, S. 25 f.
39 Zahlen nach Müller, Furchtbare Juristen, S. 256; Rüping, JJZG 1 (1999/2000), 88 (102
Fn. 70).
40 Görtemaker/Safferling, Die Akte Rosenburg, S. 82; Raim, Justiz zwischen Diktatur und
Demokratie, S. 345 ff.
41 Vgl. Raim, Justiz zwischen Diktatur und Demokratie, S. 348 f.
42 So konnte z.B. von Oktober 1945 bis Juni 1946 nach dem sog. „Huckepack-Verfah-
ren“ für jeden unbelasteten Juristen ein formell belasteter Jurist eingestellt werden; schließ-
lich musste nur noch ein Entnazifizierungsverfahren durchlaufen werden, hierzu Raim, Justiz
zwischen Diktatur und Demokratie, S. 382 ff.; Pauli, Die Rechtsprechung des Reichsgerichts
in Strafsachen zwischen 1933 und 1945 und ihre Fortwirkung in der Rechtsprechung des Bun-
desgerichtshofes, S. 26; eingehend Drecktrah, in: Schumann (Hrsg.), Kontinuitäten und Zäsu-
ren, S. 271 (280 ff.); Broszat, VfZ 29 (1981), 477 (508 ff.).
43 Raim, Justiz zwischen Diktatur und Demokratie, S. 342 ff., 350 ff.
44 Zahlen nach Wenzlau, Der Wiederaufbau der Justiz in Nordwestdeutschland 1945 bis
1949, S. 138; Müller, Furchtbare Juristen, S. 257.
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45 Vgl. hierzu und allgemein zur Entnazifizierung in der amerikanischen Zone Raim, Justiz
zwischen Diktatur und Demokratie, S. 315 ff., 325. Am drastischsten ging dagegen die sowje-
tische Militärregierung vor. Dort wurden alle belasteten NS‑Juristen entlassen und durch sog.
„Richter im Soforteinsatz“ und später durch sog. „Volksrichter“ ersetzt, zur Entnazifizierung
in der SBZ Meyer-Seitz, Die Verfolgung von NS‑Straftaten in der Sowjetischen Besatzungs-
zone, S. 33 ff.
46 Görtemaker/Safferling, Die Akte Rosenburg, S. 83; hierzu Raim, Justiz zwischen Dik-
tatur und Demokratie, S. 402 ff.
47 Görtemaker/Safferling, Die Akte Rosenburg, S. 74; Raim, Justiz zwischen Diktatur und
Demokratie, S. 30 ff.
48 Hanseatisches Justizverwaltungsblatt 1946, 72 f.
49 Zu Einzelheiten Drecktrah, in: Schumann (Hrsg.), Kontinuitäten und Zäsuren, S. 271
(275 ff.); Heilbronn, in: Justizministerium des Landes NRW (Hrsg.), 50 Jahre Justiz in Nord-
rhein-Westfalen, S. 1 (9 ff.); Wenzlau, Der Wiederaufbau der Justiz in Nordwestdeutschland
1945 bis 1949, S. 155 ff. Zuvor war die Justizhoheit von den Ober- bzw. Ministerpräsidenten
bzw. dem Bürgermeister von Hamburg ausgeübt worden, Raim, Justiz zwischen Diktatur und
Demokratie, S. 84.
50 Kiesselbach, ZJBl. 1949, 209; Drecktrah, in: Schumann (Hrsg.), Kontinuitäten und Zä-
suren, S. 271 (276 f.); Raim, Justiz zwischen Diktatur und Demokratie, S. 112.
51 Informell waren die Präsidenten der Oberlandesgerichte bereits seit Ende 1945 zusam-
mengekommen, Griess, „Im Namen des Rechts“, S. 19 f.; Heilbronn, in: Justizministerium
des Landes NRW (Hrsg.), 50 Jahre Justiz in Nordrhein-Westfalen, 1 (11); Kiesselbach, ZJBl.
1947, 1.
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A. Rahmenbedingungen 15
A. Rahmenbedingungen 17
68 Raim, Justiz zwischen Diktatur und Demokratie, S. 502. Vollstreckt wurde die Todes-
strafe in 486 Fällen; für die sowjetische Besatzungszone wird die Zahl der Verurteilten da-
gegen auf rund 45.000 geschätzt, vgl. hierzu Görtemaker/Safferling, Die Akte Rosenburg,
S. 37; Werle/Jeßberger, Völkerstrafrecht, Rn. 140; zu Prozessen vor ausländischen Gerichten
Rückerl, NS‑Verbrechen vor Gericht, S. 101 ff.
69 Hierzu Mitscherlich/Mielke (Hrsg.), Medizin ohne Menschlichkeit.
70 Zum Nürnberger Juristen-Prozess Friedrich, Freispruch für die Nazi-Justiz, S. 19 ff.;
Ostendorf/Ter Veen, Das „Nürnberger Juristenurteil“; Peschel-Gutzeit (Hrsg.), Das Nürnberger
Juristen-Urteil von 1947.
71 Görtemaker/Safferling, Die Akte Rosenburg, S. 37; Rückerl, NS‑Verbrechen vor Ge-
richt, S. 96 ff. Vgl. zu den weiteren Verfahren in der amerikanischen Zone, wie etwa dem Ha-
damar-Prozess („Hadamar Trial“) zur Tötung ausländischer Zwangsarbeiter in der Anstalt
Hadamar oder den sog. „Dachauer Prozessen“ zu den Konzentrationslagern Dachau, Buchen-
wald, Mauthausen, Mittelbau-Dora und Flossenbürg Henkys/Goldschmidt (Hrsg.), Die natio-
nalsozialistischen Gewaltverbrechen, S. 189; Raim, Justiz zwischen Diktatur und Demokratie,
S. 502, 507 ff.; Form, in: Justizministerium des Landes NRW (Hrsg.), Verbrechen gegen die
Menschlichkeit, S. 8 (22 f. m.w.N.).
72 Raim, Justiz zwischen Diktatur und Demokratie, S. 503; eingehend zu Verfahren vor
britischen Militärgerichten Hassel, Kriegsverbrechen vor Gericht, S. 5, 98 ff. m.w.N.
73 Vgl. hierzu Raim, Justiz zwischen Diktatur und Demokratie, S. 504; Rückerl, NS‑Ver-
brechen vor Gericht, S. 99.
74 Abl. des Alliierten Kontrollrats Nr. 3, 31. Januar 1946, 50 ff.; ein Auszug des Gesetzes
ist abgedruckt im Anhang auf S. 343 ff.
75 Broszat, VfZ 29 (1981), 477 (485); Werle/Jeßberger, Völkerstrafrecht, Rn. 35, 37 f. Ei-
nige Verfahren – wie etwa das „Hadamar Trial“ – waren bereits im Herbst 1945 und damit vor
Erlass des KRG 10 verhandelt worden; in der britischen Zone fielen zahlreiche Kriegsverbre-
chen unter das „Royal Warrant“ vom 18. Juni 1945, ausführlich Hassel, Kriegsverbrechen vor
Gericht, S. 5, 98, 104 ff.
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76 Vgl. Präambel und Art. I des KRG 10, abgedruckt im Anhang auf S. 343. Zum Tat-
bestand des Verbrechens gegen die Menschlichkeit vgl. insbesondere S. 57 ff.
77 Meyer-Seitz, Die Verfolgung von NS‑Straftaten in der Sowjetischen Besatzungszone,
S. 30, 92 ff.
78 Görtemaker/Safferling, Die Akte Rosenburg, S. 84; Raim, Justiz zwischen Diktatur und
Demokratie, S. 518 ff.
79 Vgl. hierzu die neueren Forschungen von Eichmüller, VfZ 2008, 621 (624 ff.); ders.,
Keine Generalamnestie, S. 225 f.
80 Hiervon wurden 172 wegen Mordes und 1.147 Personen wegen Tötungsdelikten zum
Tod bzw. lebenslanger Haft verurteilt, Eichmüller, VfZ 2008, 621 (639).
81 Von den 172.294 Beschuldigten wurden bereits lediglich 16.740 Personen angeklagt, zu
den Zahlen vgl. Eichmüller, VfZ 2008, 621 (631 f.).
82 So erließ das „Gesetz über die Gewährung von Straffreiheit“ vom 31. Dezember 1949,
BGBl. 1949 I, 37, die Bestrafung aller vor dem 15. September des Jahres 1949 begangenen
Taten, die mit Gefängnis bis zu sechs Monaten bestraft werden können. Zugute kam NS‑Straf-
tätern zudem das „Gesetz über den Erlaß von Strafen und Geldbußen und die Niederschlagung
von Strafverfahren und Bußgeldverfahren“ („Straffreiheitsgesetz“) vom 17. Juli 1954, BGBl.
1954 I, 203, zur „Bereinigung der durch Kriegs- und Nachkriegsereignisse geschaffenen au-
ßergewöhnlichen Verhältnisse“.
83 Relativierend ist anzumerken, dass oftmals gegen sämtliche Angehörige von Einheiten
und Dienststellen ermittelt wurde – unabhängig davon, ob diese noch am Leben oder zum Tat-
zeitpunkt tatsächlich Mitglied in der Einheit gewesen waren, eingehend Eichmüller, VfZ 2008,
621 (630 ff.); ders., Keine Generalamnestie, S. 227; Freudiger, Die juristische Aufarbeitung
von NS‑Verbrechen, S. 33.
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A. Rahmenbedingungen 19
84 Eichmüller, VfZ 2008, 621 (626); ders., Keine Generalamnestie, S. 226; instruktiv auch
die Grafik von dems., in: Raim, Justiz zwischen Diktatur und Demokratie, S. 657.
85 Eichmüller, VfZ 2008, 621 (626 f.).
86 Auch bei den Zahlen zu den neu eingeleiteten Strafverfahren und Anklagen sind ab
1950 massive Einbrüche zu verzeichnen, vgl. Eichmüller, VfZ 2008, 621 (626 f.).
87 Eichmüller, VfZ 2008, 621 (626 f.).
88 Eichmüller, VfZ 2008, 621 (626 f.); ders., Keine Generalamnestie, S. 226.
89 Zuvor waren Ermittlungen vorwiegend erst auf private Anzeigen hin eingeleitet wor-
den, Eichmüller, VfZ 2008, 621 (627); Freudiger, Die juristische Aufarbeitung von NS‑Ver-
brechen, S. 26 ff., 33; eingehend zur „Zentralen Stelle“ Rückerl, NS‑Verbrechen vor Gericht,
S. 139 ff.
90 Abl. des Kontrollrats in Deutschland Nr. 2, 30. November 1945, 26 f.
91 Benz/Scholz, Deutschland unter alliierter Besatzung 1945–1949, S. 101; Eichmüller,
VfZ 2008, 621 (632 f.); Rückerl, NS‑Verbrechen vor Gericht, S. 109; hierzu auch Burkhardt,
Das NS‑Euthanasie-Unrecht vor den Schranken der Justiz, S. 178 f.; Kappo/Lermer/Rebentrost
(Hrsg.), Der Strafprozess vor den deutschen Gerichten und den Gerichten der Militärregierun-
gen in den drei westlichen Besatzungszonen Deutschlands, S. 18 ff. Außer Kraft gesetzt wurde
das KRG 4 durch Art. 14 Gesetz Nr. 13 der Alliierten Hohen Kommission zum 1. Januar 1950,
vgl. Abl. AHK Nr. 6, 9. Dezember 1949, 54 (57).
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PENDANT L’ÉTUDE
Tous les quinze jours, le samedi, Isabelle Andral allait voir ses
pauvres. Elle avait bon cœur et tenait en mépris l’égoïsme. Grâce à
ce petit devoir bi-mensuel qu’elle s’imposait, elle pouvait jouir en
paix du bonheur d’être riche, jolie, encore jeune, bien portante, et
d’avoir un mari parfait, qui, depuis dix-huit ans qu’il l’avait épousée,
n’avait cessé d’être aux petits soins pour elle et de satisfaire ses
moindres désirs.
Comme l’après-midi d’automne était d’une sereine douceur, Mme
Andral, qui aimait l’hygiène et voulait combattre une légère tendance
à l’embonpoint, s’en alla à pied, du boulevard Haussmann, où elle
habitait, jusque par delà l’avenue du Maine, où habitait une des
familles qu’elle secourait.
La marche lui fit du bien. Ce jour-là, plus que de coutume, elle se
sentait heureuse de vivre et elle arriva fraîche et gaie chez ses
protégés.
C’étaient des demi-pauvres, car Isabelle Andral avait beaucoup
de délicatesse nerveuse et la détresse vraiment sordide
l’impressionnait trop cruellement. Il y avait la mère, qui était
brodeuse, et trois enfants chétifs, sages et débarbouillés. La maison
était misérable, mais le logement bien tenu, et la visiteuse put
s’asseoir sur une chaise propre.
Elle défit les paquets qu’elle avait apportés et les effusions de
gratitude de la mère, l’émerveillement timide des trois petits lui furent
très agréables. Elle savourait cette satisfaction lorsque, soudain, des
coups frappés à la cloison qui était derrière elle la firent sursauter.
— C’est le voisin, dit la brodeuse. Mon Dieu ! il vous a fait peur,
ma bonne madame. Mais c’est un vieux monsieur qui est malade,
voyez-vous. Ça le tient dans les jambes et depuis huit jours il ne se
lève pas. Alors, comme il est tout seul, on s’occupe un peu de lui. Je
suis sûre qu’il a frappé pour avoir à boire… — Je vais y aller tout à
l’heure, monsieur Buraille ! cria-t-elle à travers la cloison.
Mme Andral, qui se levait pour partir, eut un petit mouvement.
— Comment s’appelle-t-il ? demanda-t-elle.
— Buraille. Son petit nom c’est… Attendez donc. Un nom pas
habituel… Ah ! oui, Valentin.
Mme Andral s’était détournée pour prendre son parapluie au coin
de la cheminée. Elle s’était sentie devenir toute rouge ; elle avait été
si surprise… et pourtant ce nom qu’elle venait d’entendre était,
depuis des années, si bien enterré dans sa mémoire qu’elle était
stupéfaite de l’émotion qu’elle éprouvait. Du reste, elle doutait
encore, mais une vive curiosité la dominait.
— Et vous dites qu’il est très âgé ? reprit-elle d’un air indifférent.
— Très âgé, non… Pour moi, il paraît plus vieux qu’il n’est… Et
c’est un drôle d’homme… Il vous raconte des histoires à n’en plus
finir… Je crois qu’il a la tête dérangée et puis, souvent, il boit un
coup… Ce qui est sûr, c’est qu’il a eu des malheurs…
— Ne le faites pas attendre… Je vais vous accompagner auprès
de lui… peut-être pourrais-je lui être utile…
— Mais, ma bonne madame, c’est sale comme tout chez lui, et
puis il n’est pas toujours de bonne humeur, objecta la brodeuse,
mécontente de fournir peut-être un nouveau protégé à sa visiteuse.
— Allez donc, dit Isabelle Andral qui, à sa suite, sortit sur le palier
et entra dans un logement voisin.
Dans une vaste chambre à peine meublée et effroyablement
sale, qui sentait aigrement la moisissure et le tabac refroidi, sur un lit
de fer à demi disloqué, un homme était assis, les jambes allongées
et enveloppées d’une couverture trouée, le dos appuyé au mur. Il
était maigre. Les mèches rares de ses cheveux poivre et sel
pendaient jusqu’à sa barbe longue. Il avait sur les épaules une
seconde couverture jouant la peau de tigre et tout en loques, et il
travaillait, peignant d’une main mal assurée de petites images qu’il