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Der Oberste Gerichtshof für die

Britische Zone und die Aufarbeitung


von NS Unrecht Juliane Ohlenroth
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Dies ist urheberrechtlich geschütztes Material. Bereitgestellt von: Universit?tsbibliothek Leipzig, 02.02.2022

Juliane Ohlenroth

Der Obers‌te Gerichtshof


für die Britische Zone
und die Aufarbeitung von
NS-Unrecht
Unter besonderer Berücksichtigung
der Bedeutung für die Fortentwicklung
der Strafrechtsdogmatik

Mohr Siebeck
Dies ist urheberrechtlich geschütztes Material. Bereitgestellt von: Universit?tsbibliothek Leipzig, 02.02.2022

Juliane Ohlenroth, geboren 1987; Studium der Rechtswissenschaften an der Universität


Augsburg; Erstes juristisches Staatsexamen; Wissenschaftliche Mitarbeiterin am Lehrstuhl für
Strafrecht, Strafprozessrecht, Risiko- und Präventionsstrafrecht sowie Juristische Zeitgeschichte
an der Universität Augsburg; derzeit Rechtsreferendarin im OLG-Bezirk München.

Zugleich Dissertation, Universität Augsburg, 2019.


Gedruckt mit Unters‌tützung des Förderungsfonds Wissenschaft der VG WORT.

ISBN 978-3-16-159170-9 / eISBN 978-3-16-159171-6


DOI 10.1628/978-3-16-159171-6
ISSN 0934-0955 / eISSN 2569-3875 (Beiträge zur Rechtsgeschichte des 20. Jahrhunderts)
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen National­
bibliographie; detaillierte bibliographische Daten sind über http://dnb.dnb.de abrufbar.

© 2020 Mohr Siebeck Tübingen. www.mohrsiebeck.com


Das Werk einschließlich aller seiner Teile is‌t urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung
außer­halb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes is‌t ohne Zus‌timmung des Verlags
unzu­lässig und s‌trafbar. Das gilt insbesondere für die Verbreitung, Vervielfältigung, Überset-
zung und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Sys‌temen.
Das Buch wurde von epline in Böblingen aus der Times gesetzt, von Gulde Druck in Tübingen
auf alterungsbes‌tändiges Werkdruck­papier gedruckt und von der Buchbinderei Spinner in
Ottersweier gebunden.
Printed in Germany.
Dies ist urheberrechtlich geschütztes Material. Bereitgestellt von: Universit?tsbibliothek Leipzig, 02.02.2022
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Vorwort

Die vorliegende Arbeit wurde im Wintersemes‌ter 2018/2019 von der Juris‌ti-


schen Fakultät der Universität Augsburg als Dissertation angenommen. Die
mündliche Prüfung fand am 24. Juli 2019 in Form einer Disputation s‌tatt.
Rechtsprechung und Literatur sind auf dem Stand von Oktober 2019.
Mein besonderer Dank gilt zunächs‌t meinem Doktorvater Herrn Professor
Dr. Arnd Koch. Er hat mir die Thematik vorgeschlagen, die Ents‌tehung der
Arbeit in besonderem Maße gefördert und s‌tand mir jederzeit mit Rat und Tat
zur Seite. Daneben möchte ich mich für die schöne und lehrreiche Zeit als wis-
senschaftliche Mitarbeiterin an seinem Lehrs‌tuhl bedanken. Herrn Professor
Dr. Dr. h.c. Michael Kubiciel danke ich vielmals für die rasche Ers‌tellung des
Zweitgutachtens.
Danken möchte ich zudem Herrn Professor Dr. Thomas Duve, Herrn Pro-
fessor Dr. Hans-Peter Haferkamp, Herrn Professor em. Dr. Dr. h.c. Joachim
Rückert und Herrn Professor Dr. Chris‌toph Schönberger für die Aufnahme der
Dissertation in die Schriftenreihe „Beiträge zur Rechtsgeschichte des 20. Jahr-
hunderts“. Für die freundliche Unters‌tützung bei meinen Recherchetätigkeiten
geht mein Dank an Frau Dr. Sabine Eibl und Herrn Dr. Martin Schlemmer vom
Landesarchiv Nordrhein-Wes‌tfalen sowie Frau Lisa Hellmann vom Bundes-
archiv Koblenz.
Meinen ehemaligen Kolleginnen und Kollegen am Lehrs‌tuhl danke ich für
die gute Zusammenarbeit. Besonders bedanken möchte ich mich bei Frau An-
drea Lieb und Herrn Daniel Ricker für die zahlreichen motivierenden und an-
regenden Gespräche. Frau Dr. Rebecca Heiß danke ich für ihre Unters‌tützung
bei organisatorischen Fragen rund um die Abgabe der Dissertation. Herzlich
bedanken möchte ich mich zudem bei meinen Freunden, insbesondere bei Frau
Julia Bayer, die während des gesamten Ents‌tehungsprozesses ein offenes Ohr
für mich hatte. Des Weiteren gilt mein Dank Frau Valerie Amort, Frau Laura
Ohlenroth, meinem Mann David und besonders Herrn Rolf Kloos für das enga-
gierte Korrekturlesen. Meinem Vater sowie Herrn Fabian Binder danke ich für
ihr sorgfältiges Lektorat und ihre wertvollen Hinweise. Beides hat wesentlich
zum Gelingen dieser Arbeit beigetragen.
Abschließend möchte ich mich von ganzem Herzen bei meiner lieben Fami-
lie bedanken. Meine Eltern waren mir durch ihre Unters‌tützung s‌tets ein wichti-
ger Rückhalt. Meine Tochter Phelina gab mir den Ans‌toß, die Dissertation end-
Dies ist urheberrechtlich geschütztes Material. Bereitgestellt von: Universit?tsbibliothek Leipzig, 02.02.2022

VI Vorwort

gültig fertigzus‌tellen. Besonders bedanken möchte ich mich bei meinem Mann
David. Er hat immer an mich und mein Vorhaben geglaubt, mich in allen Phasen
des Ents‌tehungsprozesses liebevoll unters‌tützt und mir den nötigen Freiraum
zur Ers‌tellung der Arbeit gegeben.

Augsburg, im März 2020 Juliane Ohlenroth


Dies ist urheberrechtlich geschütztes Material. Bereitgestellt von: Universit?tsbibliothek Leipzig, 02.02.2022
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Inhaltsverzeichnis

Vorwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . V
Abbildungsverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . XVII
Abkürzungsverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . XIX

Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1
A. Thema und Frages‌tellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1
B. Forschungss‌tand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3
I. Quellenlage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3
II. Stand des Schrifttums und Forschungsdesiderat . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3
C. Vorgehensweise und Gang der Untersuchung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6

Kapitel 1: Überblick über die Geschichte des OGH . . . . . . . . . . . . . . . . 9


A. Rahmenbedingungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9
I. Die Errichtung der Besatzungsherrschaft und der „Stills‌tand der
Rechtspflege“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9
II. Der Wiederaufbau der deutschen Jus‌tiz in der britischen Zone . . . . . . . . . . 12
1. Wiedereröffnung der Gerichte und „Entnazifizierung“ des
Jus‌tizpersonals . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12
2. Jus‌tizverwaltung und Errichtung des ZJA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14
III. Die Strafverfolgung von NS‑Verbrechen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16
1. Die Ahndung von NS‑Verbrechen durch die Alliierten . . . . . . . . . . . . . . 16
a) „Nürnberger Hauptkriegsverbrecherprozess“ und das IMT‑Statut . . . 16
b) Verfolgung von NS‑Verbrechen in den einzelnen Besatzungszonen
und das KRG 10 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17
2. Die Ahndung von NS‑Verbrechen durch wes‌tdeutsche Gerichte . . . . . . . 18
a) Bilanz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18
b) Die Zus‌tändigkeit deutscher Gerichte zur Ahndung von
NS‑Verbrechen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19
c) Die Anwendung des KRG 10 in der britischen Zone . . . . . . . . . . . . . 21
aa) Die Vorgaben der britischen Militärregierung zur
Verordnung Nr. 47 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21
bb) Die sachliche Zus‌tändigkeit der deutschen Gerichte zur
Ahndung von Verbrechen gegen die Menschlichkeit . . . . . . . . . . 24
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VIII Inhaltsverzeichnis

B. Errichtung und Tätigkeit des OGH . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25


I. Gründung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25
1. Zonenübergreifende Versuche zur Wiederhers‌tellung der Rechtseinheit . 25
2. Die Verordnung Nr. 98 der britischen Militärregierung zur
„vorläufigen Errichtung eines Deutschen Obers‌ten Gerichtshofs“ . . . . . 28
3. Eröffnung und Aufnahme der Tätigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30
II. Kompetenzen und Organisation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32
1. Zus‌tändigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32
a) Strafsachen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32
b) Zivilsachen und freiwillige Gerichtsbarkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33
2. Senate und organisatorischer Aufbau . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 34
III. Personelle Besetzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35
1. Richter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35
a) Diens‌tliche Stellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35
b) Ausschlusskriterium der ehemaligen NSDAP‑Mitgliedschaft . . . . . . 37
c) Überblick über die Biographien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37
aa) Präsidentens‌telle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 38
bb) Strafrichter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 39
cc) Hilfsrichter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 43
2. Staatsanwaltschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 43
3. Rechtsanwaltschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 45
IV. Verfahrensanfall zum KRG 10 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 45
C. Das Ende des OGH . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 50
I. Der Übergang der Zus‌tändigkeiten auf den BGH und die Zukunft der
OGH‑Richter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 50
II. Fortführung der „Tradition des OGH“? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 52
1. Personalpolitik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 53
2. Das Ende der Strafverfolgung nach dem KRG 10 . . . . . . . . . . . . . . . . . . 54

Kapitel 2: Die Anwendung des KRG 10 in der Rechtsprechung


des OGH . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 57
A. Ausgangslage: Weitgehende Rechtszersplitterung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 57
B. Überblick über die gesetzliche Regelung des Verbrechens gegen die
Menschlichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 58
I. Tatbes‌tand (Art. II Nr. 1 lit. c KRG 10) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 58
II.Beteiligungsformen (Art. II Nr. 2 lit. a–e KRG 10) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 59
III.
Strafrahmen (Art. II Nr. 3 KRG 10) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 59
IV.Individuelle Verantwortlichkeit von Staatsorganen und Handeln auf
Befehl (Art. II Nr. 4 KRG 10) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 60
V. Ruhen der Verjährung und Unbeachtlichkeit von NS‑Begnadigungen
(Art. II Nr. 5 KRG 10) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 61
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Inhaltsverzeichnis IX

VI. Regelungen zum Verfahrensrecht und zur Auslieferung


(Art. III–V KRG 10) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 61
C. Die Diskussion um die Verletzung des Grundsatzes „nullum crimen,
nulla poena sine lege“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 62
I. Problems‌tellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 62
II. Zeitgenössischer Meinungss‌tand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 65
1. Unvereinbarkeit mit dem Rückwirkungsverbot . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 65
2. Legitimität des KRG 10 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 68
a) Scheinbare Rückwirkung des KRG 10 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 69
b) Gerechtfertigter Vers‌toß des Rückwirkungsverbots . . . . . . . . . . . . . . 70
3. Rechtsprechung des OGH . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 72
a) Rückwirkungsverbot . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 72
b) Bes‌timmtheit des Tatbes‌tands . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 74
III. Würdigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 75
D. Die Auslegung des Verbrechens gegen die Menschlichkeit
in der Rechtsprechung des OGH . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 77
I. Allgemeine Rechtsgrundsätze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 77
1. Rechtsnatur des KRG 10 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 77
2. Übergesetzliches Recht als Beurteilungsgrundlage . . . . . . . . . . . . . . . . . 78
3. Das überindividuelle Schutzgut der Menschlichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . 79
II. Objektiver Tatbes‌tand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 80
1. Tatbes‌tandsmerkmale . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 80
2. Beteiligungsformen (Art. II Nr. 2 KRG 10) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 82
3. Kausalität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 82
III. Subjektiver Tatbes‌tand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 83
IV. Verteidigungseinwände . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 84
1. Handeln auf Befehl . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 84
2. Rechtfertigungs- und Entschuldigungsgründe des StGB . . . . . . . . . . . . . 85
E. Konkurrenzverhältnis zwischen dem KRG 10 und dem StGB . . . . . . . . . 86
I. Zeitgenössischer Meinungss‌tand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 86
II. Würdigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 90

Kapitel 3: Die Rechtsprechung des OGH zu NS‑Verbrechen . . . . . . . 91


A. NS-„Euthanasie“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 91
I. Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 91
1. Organisation und Ablauf der NS-„Euthanasie“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 91
2. Bilanz der Strafverfolgung durch wes‌tdeutsche Gerichte . . . . . . . . . . . . 98
II. Verfahren zur NS-„Euthanasie“ in Wes‌tfalen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 100
1. Gegens‌tand der Anklage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 100
2. Urteil des LG Müns‌ter vom 20. Oktober 1948 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 103
3. Urteil des OGH vom 5. März 1949 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 105
a) Beihilfe zum Mord, §§ 211, 49 StGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 105
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X Inhaltsverzeichnis

aa) Tatbes‌tand des Mordes und Beteiligungsform . . . . . . . . . . . . . . . . 105


(1) Tatbes‌tandsmäßigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 105
(2) Beteiligungsform . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 108
bb) Verteidigungseinwände . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 108
(1) Fehlender Vorsatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 108
(2) Rechtsgültigkeit des Führererlasses vom 1. September 1939 . 109
(3) Fehlendes Unrechtsbewuss‌tsein . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 110
(a) Ausführungen des OGH . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 110
(b) Die zeitgenössische Diskussion über die Behandlung
des Verbotsirrtums . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 110
(4) Handeln auf Befehl . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 113
(5) Nots‌tand und Nötigungsnots‌tand (§§ 52, 54 StGB) . . . . . . . . . 115
(6) „Ärztlicher Widers‌tand“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 117
(a) Übergesetzlicher rechtfertigender Nots‌tand . . . . . . . . . . . . 117
(b) Rechtsfigur des übergesetzlichen persönlichen
Strafausschließungsgrundes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 118
b) Verbrechen gegen die Menschlichkeit, Art. II Nr. 1 lit. c KRG 10 . . . . 120
c) Rezeption im zeitgenössischen Schrifttum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 121
aa) Mordtatbes‌tand und Beteiligungsform . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 121
bb) Meinungss‌tand zur rechtlichen Würdigung des „ärztlichen
Widers‌tands“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 122
(1) Übergesetzlicher rechtfertigender Nots‌tand . . . . . . . . . . . . . . 122
(2) Übergesetzlicher persönlicher Strafausschließungsgrund . . . . 123
(a) Zus‌timmung im Schrifttum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 123
(b) Kritik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 124
(3) Gegenvorschlag eines übergesetzlichen
Entschuldigungsgrundes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 125
4. Weiterer Verfahrensverlauf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 126
a) Urteil des LG Müns‌ter vom 29. Augus‌t 1949 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 126
b) Urteil des BGH vom 28. November 1952 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 128
aa) Abkehr von der Lösung des OGH . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 128
bb) Verbotsirrtum aufgrund „umgesetzter Rettungsabsicht“ . . . . . . . . 131
c) Urteil des LG Dortmund vom 2. Dezember 1953 im Fall
Petermann und Stolze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 133
d) Urteil des LG Müns‌ter vom 9. Juli 1959 im Fall Schneider . . . . . . . . 135
5. Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 137
III. Verfahren zur NS-„Euthanasie“ in der Rheinprovinz . . . . . . . . . . . . . . . . . . 138
1. Gegens‌tand der Anklage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 138
a) Tatkomplexe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 138
b) Verteidigungseinwände . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 142
2. Urteil des LG Düsseldorf vom 24. November 1948 . . . . . . . . . . . . . . . . . 144
a) Verurteilung von Wesse, Wrona und Müllender . . . . . . . . . . . . . . . . . . 144
b) Freispruch von Creutz und aller übrigen an der „Aktion T4“
beteiligten Ärzte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 146
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Inhaltsverzeichnis XI

3. Urteil des OGH vom 23. Juli 1949 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 149


a) Beihilfe zum Mord, §§ 211, 49 StGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 149
aa) Tatbes‌tandsmäßigkeit und Beteiligungsform . . . . . . . . . . . . . . . . . 149
bb) Verteidigungseinwände . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 152
(1) Rechtswidrigkeit des Führererlasses, Nots‌tand und
Handeln auf Befehl . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 152
(2) Fehlendes Unrechtsbewuss‌tsein . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 152
(3) „Ärztlicher Widers‌tand“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 153
(a) Übergesetzlicher rechtfertigender Nots‌tand . . . . . . . . . . . . 153
(b) Übergesetzlicher Entschuldigungsgrund . . . . . . . . . . . . . . 154
(c) Verfes‌tigung der aufges‌tellten Grundsätze zum
übergesetzlichen persönlichen Strafausschließungsgrund . 155
b) Verbrechen gegen die Menschlichkeit, Art. II Nr. 1 lit. c KRG 10 . . . . 156
c) Rezeption im zeitgenössischen Schrifttum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 156
aa) Abgrenzung zwischen Täterschaft und Teilnahme . . . . . . . . . . . . 156
bb) Unrechtsbewuss‌tsein . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 157
cc) Meinungss‌tand zur rechtlichen Würdigung des „ärztlichen
Widers‌tands“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 158
(1) Übergesetzlicher rechtfertigender Nots‌tand . . . . . . . . . . . . . . 158
(2) Lösung des „übergesetzlichen persönlichen
Strafausschließungsgrundes“ und der Gegenvorschlag des
„übergesetzlichen Entschuldigungsgrundes“ . . . . . . . . . . . . . . 159
(a) Zus‌timmung im Schrifttum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 159
(b) Übergesetzlicher Entschuldigungsgrund nach der
herrschenden Lehre . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 161
4. Weiterer Verfahrensverlauf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 162
a) Urteil des LG Düsseldorf vom 27. Januar 1950 im Fall Creutz
und der übrigen an der „Aktion T4“ beteiligten Ärzte . . . . . . . . . . . . 162
aa) Freispruch mangels Förderung der Haupttat bzw. mangels
Vorsatzes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 163
bb) Widers‌tand gegen die Lösung des übergesetzlichen
persönlichen Strafausschließungsgrundes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 164
b) Urteile des LG Düsseldorf vom 31. Mai 1951 und 7. Februar 1953
im Fall Wrona und Müllender . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 166
5. Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 167
IV. Überblick über die weitere Rechtsprechung in der Bundesrepublik . . . . . . . 170
1. Annahme von Totschlag s‌tatt Mord . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 170
2. Abgrenzung zwischen Täterschaft und Teilnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . 172
3. Verteidigungseinwände . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 174
a) Fehlendes Unrechtsbewuss‌tsein . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 174
b) „Ärztlicher Widers‌tand“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 176
V. Würdigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 178
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XII Inhaltsverzeichnis

B. Jus‌tizverbrechen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 181
I. Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 181
1. Ausmaß des NS‑Jus‌tizunrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 181
2. Bilanz der Strafverfolgung durch wes‌tdeutsche Gerichte . . . . . . . . . . . . 185
II. Verfahren gegen den Marinerichter Adolf Herbert Holzwig („Buea-Fall“) . 187
1. Gegens‌tand der Anklage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 187
2. Urteil des LG Hamburg vom 4. Juni 1948 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 190
3. Urteil des OGH vom 7. Dezember 1948 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 193
a) Strafbarkeit nach § 336 StGB und Ablehnung einer Sperrwirkung . . . 193
b) Verbrechen gegen die Menschlichkeit, Art. II Nr. 1 lit. c KRG 10 . . . . 194
aa) Objektiver Tatbes‌tand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 194
bb) Subjektiver Tatbes‌tand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 196
c) Rezeption im zeitgenössischen Schrifttum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 197
4. Weiterer Verfahrensverlauf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 198
a) Urteil des LG Hamburg vom 4. Augus‌t 1949 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 198
b) Urteil des BGH vom 29. Mai 1952 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 199
aa) Strafbarkeit der Richter nach deutschem Strafrecht . . . . . . . . . . . 199
bb) Sperrwirkung des Rechtsbeugungs‌tatbes‌tands . . . . . . . . . . . . . . . 201
c) Urteil des LG Hamburg vom 27. Februar 1953 . . . . . . . . . . . . . . . . . . 203
5. Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 205
III. Verfahren gegen den Kölner Landgerichtspräsidenten Walter Müller . . . . . 207
1. Gegens‌tand der Anklage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 207
2. Urteil des LG Bonn vom 4. November 1948 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 210
3. Urteil des OGH vom 10. Mai 1949 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 212
a) Unternehmen der Verleitung zur Rechtsbeugung,
§§ 357 Abs. 1 Var. 2, 336 StGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 212
aa) Allgemeine Ausführungen zu § 357 StGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 212
bb) Nachträgliche Urteilskritiken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 213
cc) Eingriffe in schwebende Verfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 214
b) Verbrechen gegen die Menschlichkeit, Art. II Nr. 1 lit. c KRG 10 . . . . 215
c) Rezeption im zeitgenössischen Schrifttum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 217
4. Weiterer Verfahrensverlauf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 218
a) Urteil des LG Bonn vom 13. März 1950 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 218
b) Urteil des BGH vom 16. Dezember 1952 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 219
c) Urteil des LG Bonn vom 17. Juni 1953 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 220
5. Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 222
IV. Die übrige Rechtsprechung des OGH zu Jus‌tizverbrechen . . . . . . . . . . . . . 223
1. Verfahren gegen den Marine-Oberkriegsgerichtsrat Karl-Heinrich
Hagemann („Fall Kusch“) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 223
2. Offener Widers‌tand im Verfahren gegen den
Standgerichtsvorsitzenden Karl Brumshagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 226
V. Überblick über die weitere Strafverfolgung in der Bundesrepublik . . . . . . . 230
1. Die res‌triktive Auslegung des Rechtsbeugungs‌tatbes‌tands . . . . . . . . . . . 230
a) Beurteilungsgrundlage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 230
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Inhaltsverzeichnis XIII

b) „Vorsatzschwelle“ und Sperrwirkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 233


c) Der „Fall Rehse“ und das Ende der Strafverfolgung von
NS‑Jus‌tizunrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 235
2. Späte Selbs‌tkritik des BGH im Rahmen der Rechtsprechung zu
DDR‑Jus‌tizunrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 237
a) Beschränkung des objektiven Tatbes‌tands auf offensichtliche
„Willkürakte“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 239
b) Aufgabe der erhöhten Vorsatzanforderungen und Annäherung an
die Grundsätze des OGH . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 241
VI. Würdigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 243
C. Denunziationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 246
I. Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 246
1. Denunziationen in der NS‑Zeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 246
2. Bilanz der Strafverfolgung durch wes‌tdeutsche Gerichte . . . . . . . . . . . . 249
II. Verfahren gegen R. und J. wegen der Anzeige von „Rundfunkverbrechen“ 251
1. Gegens‌tand der Anklage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 251
2. Urteil des LG Oldenburg vom 10. Februar 1948 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 252
3. Vorlagebeschluss des OLG Oldenburg vom 15. Juni 1948 . . . . . . . . . . . 252
a) Überblick über den zeitgenössischen Meinungss‌tand und Ansicht
des OLG Oldenburg zur Auslegung des KRG 10 . . . . . . . . . . . . . . . . 253
aa) Objektiver Tatbes‌tand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 253
bb) Subjektiver Tatbes‌tand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 255
b) Offener Widers‌tand gegen die Rechtsprechung des OGH . . . . . . . . . . 256
4. Urteil des OGH vom 16. November 1948 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 257
a) Verbrechen gegen die Menschlichkeit, Art. II Nr. 1 lit. c KRG 10 . . . . 257
aa) Objektiver Tatbes‌tand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 257
(1) Tatbes‌tandsmäßige Schädigung mit überindividueller
Wirkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 257
(2) Ursächliches Angriffsverhalten und Zusammenhang mit
dem NS‑Gewalt- und Willkürsys‌tem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 258
(3) Beteiligungsform, Art. II Nr. 2 KRG 10 . . . . . . . . . . . . . . . . . . 259
bb) Subjektiver Tatbes‌tand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 260
(1) Anforderungen an den Vorsatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 260
(2) Fähigkeit zur Unrechtseinsicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 261
(3) Stellungnahme zur Kritik des OLG Oldenburg . . . . . . . . . . . . 262
b) Rezeption im Schrifttum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 263
aa) Vers‌toß gegen das Schuldprinzip . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 263
bb) Unvermeidbarer Verbotsirrtum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 264
5. Weiterer Verfahrensverlauf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 264
a) Urteil des LG Oldenburg vom 30. März 1949 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 264
b) Beschluss des OGH vom 1. Juni 1949 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 265
6. Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 266
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XIV Inhaltsverzeichnis

III. Verfahren gegen H. wegen der Anzeige von „Rundfunkverbrechen“


und defätis‌tischer Äußerungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 266
1. Gegens‌tand der Anklage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 266
2. Urteil des LG Braunschweig vom 28. Oktober 1948 . . . . . . . . . . . . . . . . 268
3. Urteil des OGH vom 20. April 1949 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 270
a) Objektiver Tatbes‌tand des Verbrechens gegen die Menschlichkeit . . . 270
aa) Tatbes‌tandsmäßige Schädigung mit überindividueller Wirkung . . 270
bb) Kausales Angriffsverhalten im Zusammenhang mit der
NS‑Gewalt- und Willkürherrschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 271
b) Subjektiver Tatbes‌tand des Verbrechens gegen die Menschlichkeit . 272
4. Urteil des LG Braunschweig vom 22. Juni 1949 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 273
a) Verbrechen gegen die Menschlichkeit, Art. II Nr. 1 lit. c KRG 10 . . . . 273
b) Gesetz über die Gewährung von Straffreiheit vom 31. Dezember
1949 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 274
5. Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 275
IV. Die übrige Rechtsprechung des OGH zu Denunziationen . . . . . . . . . . . . . . 275
1. Relevante Straftatbes‌tände . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 275
a) Verbrechen gegen die Menschlichkeit, Art. II Nr. 1 lit. c KRG 10 . . . . 275
aa) Objektiver Tatbes‌tand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 275
bb) Subjektiver Tatbes‌tand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 277
b) Das Verhältnis des KRG 10 zum deutschen Strafrecht . . . . . . . . . . . . 279
2. Verteidigungseinwände: Handeln auf Befehl oder bes‌tehende
Zwangslage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 280
3. Rezeption in Literatur und Rechtsprechung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 280
a) Die Ablehnung der Strafbarkeit von Denunziationen . . . . . . . . . . . . . 281
b) Ansätze zur res‌triktiven Auslegung des objektiven Tatbes‌tands
des KRG 10 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 284
c) Ansätze zur res‌triktiven Auslegung des subjektiven Tatbes‌tands
des KRG 10 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 286
aa) Der Streit um die Vorsatzanforderungen des OGH . . . . . . . . . . . . 286
bb) Berücksichtigung etwaiger Motive und der Gesinnung des
Täters . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 287
cc) Anforderungen an die Fes‌ts‌tellung des Unrechtsbewuss‌tseins . . . 288
d) Das nachlassende Interesse an der Strafverfolgung von NS‑Unrecht . 289
V. Überblick über die weitere Strafverfolgung in der Bundesrepublik . . . . . . . 291
1. Die Ahndung von NS‑Denunziationen nach deutschem Strafrecht . . . . . 291
2. Der Abschluss der Strafverfolgung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 293
3. Die Strafverfolgung von DDR‑Denunziationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 294
VI. Würdigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 296
D. „Reichspogromnacht“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 298
I. Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 298
1. Die nationalsozialis‌tische Judenverfolgung vor 1938 und der Ablauf
der „Reichspogromnacht“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 298
Dies ist urheberrechtlich geschütztes Material. Bereitgestellt von: Universit?tsbibliothek Leipzig, 02.02.2022

Inhaltsverzeichnis XV

2. Bilanz der Strafverfolgung durch wes‌tdeutsche Gerichte . . . . . . . . . . . . 301


II. Verfahren gegen Walter Jasser wegen Beteiligung an der
„Reichspogromnacht“ in Rosbach an der Sieg . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 303
1. Gegens‌tand der Anklage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 303
2. Urteil des LG Bonn vom 26. September 1947 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 305
3. Vorlagebeschluss des OLG Köln vom 6. Augus‌t 1948 . . . . . . . . . . . . . . 307
4. Urteil des OGH vom 22. Februar 1949 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 307
a) Schwere Brands‌tiftung, § 306 Nr. 1 StGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 307
b) Landfriedensbruch, § 125 StGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 308
aa) Anwendbarkeit im NS‑Staat . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 308
bb) Einfacher Landfriedensbruch, § 125 Abs. 1 StGB . . . . . . . . . . . . . 309
cc) Schwerer Landfriedensbruch, § 125 Abs. 2 StGB . . . . . . . . . . . . . 310
c) Verbrechen gegen die Menschlichkeit, Art. II Nr. 1 lit. c KRG 10 . . . . 311
aa) Verhältnis zwischen dem KRG 10 und dem deutschen
Strafrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 311
bb) Tatbes‌tandsmäßigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 311
d) Verteidigungseinwände . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 312
aa) Fehlende Kausalität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 312
bb) Handeln auf Befehl . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 312
cc) Verfolgungsverjährung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 313
(1) Problematik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 313
(2) Rechtslage in der britischen Zone . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 314
5. Weiterer Verfahrensverlauf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 316
a) Urteil des LG Bonn vom 14. Februar 1950 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 316
aa) Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens . . . . . . . . . . . . . . . . . 316
bb) Widers‌tand gegen die Rechtsprechung des OGH . . . . . . . . . . . . . 317
b) Beschluss des OGH vom 23. Augus‌t 1950 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 320
c) Urteil des LG Bonn vom 20. Oktober 1950 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 321
6. Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 322
III. Die übrige Rechtsprechung des OGH zur „Reichspogromnacht“ . . . . . . . . 323
1. Relevante Straftatbes‌tände . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 323
a) Verbrechen gegen die Menschlichkeit, Art. II Nr. 1 lit. c KRG 10 . . . . 323
b) Landfriedensbruch, § 125 StGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 324
c) Weitere Straftatbes‌tände . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 325
2. Verteidigungseinwände: Handeln auf Befehl und Nots‌tand . . . . . . . . . . . 326
3. Rezeption in der Rechtsprechung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 327
a) Res‌triktive Auslegung der Straftatbes‌tände . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 327
b) Verkennung des Unrechtsgehalts und Strafmilderung . . . . . . . . . . . . . 329
IV. Überblick über die weitere Strafverfolgung in der Bundesrepublik . . . . . . . 330
V. Würdigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 333
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XVI Inhaltsverzeichnis

Schlussbetrachtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 335
A. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 335
B. Die Rolle des OGH bei der Aufarbeitung von NS‑Unrecht . . . . . . . . . . . 339

Anhang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 343
Anlage I – Kontrollratsgesetz Nr. 10 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 343
Anlage II – Verfahrensübersicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 346

Quellen- und Bes‌tändeverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 357

Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 359
Personenverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 383
Sachverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 385
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Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Neueingänge und erledigte Strafsachen des OGH mit Bezug


zum KRG 10 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  46
Abbildung 2: Urteilspraxis des OGH zum KRG 10 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  47
Abbildung 3: Übersicht über die an den Verfahren zum KRG 10 beteiligten
OGH‑Richter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  50
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Abkürzungsverzeichnis

a.A. andere Ansicht


Abl. Amtsblatt
Abs. Absatz
Abt. Abteilung
a.F. alte Fassung
AG Amtsgericht
AHK Alliierte Hohe Kommission
a.M. am Main
Anm. Anmerkung
Art. Artikel
Aufl. Auflage
AT Allgemeiner Teil
Az. Aktenzeichen
BArch Bundesarchiv
BayObLG Bayerisches Obers‌tes Landesgericht
BBG Bundesbeamtengesetz
Bd. Band
Bde. Bände
bez. bezeichnend
BGB Bürgerliches Gesetzbuch
BGBl. Bundesgesetzblatt
BGH Bundesgerichtshof
BGHSt Amtliche Entscheidungssammlung des BGH in Strafsachen
BGHZ Amtliche Entscheidungssammlung des BGH in Zivilsachen
Bl. Blatt
brit. britisch
BRD Bundesrepublik Deutschland
BT‑Drucks. Bundes‌tags-Drucksache
BVerfG Bundesverfassungsgericht
BVerfGE Amtliche Entscheidungssammlung des BVerfG
bzw. beziehungsweise
DAF Deutsche Arbeitsfront
DBG Deutsches Beamtengesetz
DDR Deutsche Demokratische Republik
DDR‑StGB Strafgesetzbuch der Deutschen Demokratischen Republik
ders. derselbe
d.h. das heißt
dies. dieselbe[n]
DM Deutsche Mark
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XX Abkürzungsverzeichnis

DOG Deutsches Obergericht


Dr. Doktor
DRiZ Deutsche Richterzeitung
DRZ Deutsche Rechtszeitschrift
DStR Deutsches Strafrecht
DVO Verordnung zur Durchführung der Militärregierungsverordnung
Nr. 98 über die Errichtung eines Obers‌ten Gerichtshofes für die Briti-
sche Zone
ebd. ebenda; ebendort
EGStGB Einführungsgesetz zum Strafgesetzbuch
f. folgende Seite
ff. folgende Seiten
Fn. Fußnote
gem. gemäß
Ges‌tapo Geheime Staatspolizei
GG Grundgesetz
ggf. gegebenenfalls
GVBl. Gesetz- und Verordnungsblatt
GVG Gerichtsverfassungsgesetz
h.L. herrschende Lehre
h.M. herrschende Meinung
HRG Handwörterbuch zur deutschen Rechtsgeschichte
HSR His‌torical Social Research
Hrsg. Herausgeber
i.d.F. in der Fassung
IfZ Ins‌titut für Zeitgeschichte
IMT Internationales Militärtribunal/​Militärgerichtshof in Nürnberg
IMT‑Statut Statut des Internationalen Militärtribunals in Nürnberg
insbes. insbesondere
IStGH‑Statut Römisches Statut des Internationalen Strafgerichtshofs
JA Juris‌tische Arbeitsblätter
JJZG Jahrbuch der Juris‌tischen Zeitgeschichte
JMBl. NRW Jus‌tizminis‌terialblatt für das Land Nordrhein-Wes‌tfalen
JoJZG Journal der Juris‌tischen Zeitgeschichte
JR Juris‌tische Rundschau
JuS Juris‌tische Schulung
JZ Juris‌tenzeitung
KG Kammergericht
KJ Kritische Jus‌tiz
KRG Kontrollratsgesetz
KSSVO Kriegssonders‌trafrechtsverordnung
KStVO Kriegss‌trafverfahrensordnung
KWVO Kriegswirtschaftsverordnung
KZ Konzentrationslager
LAV Landesarchiv
lfd. laufende
LG Landgericht
LK Leipziger Kommentar zum Strafgesetzbuch
MDR Monatsschrift für Deutsches Recht
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Abkürzungsverzeichnis XXI

MK Münchener Kommentar zum Strafgesetzbuch


MRG Militärregierungsgesetz
MRVO Militärregierungsverordnung
MStGB Militärs‌trafgesetzbuch
m.w.N. mit weiteren Nachweisen
NdsRpfl. Niedersächsische Rechtspflege
NJ Neue Jus‌tiz
NJW Neue Juris‌tische Wochenschrift
NK Nomos Kommentar zum Strafgesetzbuch
Nr. Nummer
NRW Nordrhein-Wes‌tfalen
NS Nationalsozialismus; nationalsozialis‌tisch
NS‑AufhG Gesetz zur Aufhebung nationalsozialis‌tischer Unrechtsurteile in der
Strafrechtspflege
NS‑AufhGÄndG Gesetz zur Änderung des Gesetzes zur Aufhebung nationalsozialis‌ti-
scher Unrechtsurteile in der Strafrechtspflege
NSDAP Nationalsozialis‌tische Deutsche Arbeiterpartei
NStZ Neue Zeitschrift für Strafrecht
OGH/OGHBZ Obers‌ter Gerichtshof für die Britische Zone
OGHSt Amtliche Entscheidungssammlung des OGH in Strafsachen
OKM Oberkommando der Marine
OLG Oberlandesgericht
Orig. Original
o.V. ohne Verfasserangabe
RAO Rechtsanwaltsordnung für die britische Zone
RG Reichsgericht
RGBl. Reichsgesetzblatt
RGSt Amtliche Entscheidungssammlung des RG für Strafsachen
RGZ Amtliche Entscheidungssammlung des RG für Zivilsachen
RJ Rechtshis‌torisches Journal
RKG Reichskriegsgericht
RM Reichsmark
Rn. Randnummer
Rs. Rückseite
Rspr. Rechtsprechung
RStGB Reichss‌trafgesetzbuch
RuP Recht und Politik
s. siehe
S. Seite
SBZ Sowjetische Besatzungszone
SchlHA Schleswig-hols‌teinische Anzeigen
SHAEF Supreme Headquarters, Allied Expeditionary Force
SJZ Süddeutsche Juris‌tenzeitschrift
SK Sys‌tematischer Kommentar zum Strafgesetzbuch
SMAD Sowjetische Militäradminis‌tration
Sp. Spalte
SS Schutzs‌taffel der NSDAP
StA Staatsanwaltschaft
StGB Strafgesetzbuch
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XXII Abkürzungsverzeichnis

StPO Strafprozessordnung
StrÄndG Strafrechtsänderungsgesetz
StrRG Gesetz zur Reform des Strafrechts
StS Strafsenat
StV Strafverteidiger
u.a. und andere
Urt. Urteil
v. von; vom
VfZ Vierteljahreshefte für Zeitgeschichte
vgl. vergleiche
VOBL. BZ Verordnungsblatt für die Britische Zone
WRV Weimarer Reichsverfassung
ZAkDR Zeitschrift der Akademie für Deutsches Recht
z.B. zum Beispiel
ZfG Zeitschrift für Geschichtswissenschaft
ZIS Zeitschrift für Internationale Strafrechtsdogmatik
ZJA Zentraljus‌tizamt für die Britische Zone
ZJBl. Zentral-Jus‌tizblatt für die Britische Zone
ZNR Zeitschrift für Neuere Rechtsgeschichte
ZRG GA Zeitschrift der Savigny-Stiftung für Rechtsgeschichte, Germanis‌ti-
sche Abteilung
ZStW Zeitschrift für die gesamte Strafrechtswissenschaft
ZVOBl. Zentralverordnungsblatt
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Einleitung

„Der OGH hat, wie seine ersten Entscheidungen erkennen lassen, das Wesen des nazisti-
schen Unrechtssystems in seiner Tiefe und seiner Vielgestaltigkeit erfaßt und hieraus im
wesentlichen die richtigen Folgerungen gezogen. Deshalb besteht begründeter Anlaß zu
der Annahme, daß unter seiner Leitung die künftige Rspr. der deutschen Gerichte mehr
als bisher zu einer gerechten Sühne für die im ‚Dritten Reich‘ begangenen Untaten füh-
ren werde.“1

A. Thema und Fragestellung

Das vorgenannte Zitat des OGH‑Richters Werner lässt erahnen, weshalb der
in der Forschung lange Zeit unbeachtete OGH heute zu Recht als vielverspre-
chender Forschungsgegenstand der Juristischen Zeitgeschichte gilt.2 Errichtet
im Frühjahr 1948, war der OGH mit Sitz in Köln nach der Schließung des RG
im April 1945 bis zur Gründung des BGH zum 1. Oktober 1950 das oberste
Revisionsgericht in Zivil- und Strafsachen auf dem Gebiet der britischen Zone.
Wie im Einzelnen aufzuzeigen sein wird, sollte sich die Urteilspraxis des OGH
zur Aufarbeitung3 von NS‑Unrecht grundlegend von der übrigen Nachkriegs-
rechtsprechung unterscheiden. Denn wie es das Eingangszitat andeutet, setzte
es sich der OGH zum Ziel, die Verbrechen des NS‑Staates in aller Deutlichkeit
aufzuzeigen und konsequent zu verfolgen.
Im Rahmen der vorliegenden Arbeit sollen die dogmatischen Grundsätze des
OGH zur Aufarbeitung von NS‑Unrecht herausgearbeitet und deren Bedeutung
für die Fortentwicklung der Strafrechtsdogmatik aufgezeigt werden. Untersucht
werden dabei nicht nur die Urteile des OGH zu einzelnen NS‑Verbrechenskom-
plexen, sondern auch die teils unveröffentlichten Entscheidungen der Instanz-
gerichte und des BGH. Diese Vorgehensweise ermöglicht einen Einblick in den
unterschiedlichen Umgang der Rechtsprechung. Im Fokus der Betrachtung steht
die rechtliche Würdigung der Verteidigungslinien, die in den einzelnen NS‑Pro-
1 W. Werner, NJW 1949, 170 (174).
2 Vgl. Form/​Pöpken/​Wogersien, in: Justizministerium des Landes NRW (Hrsg.), Verbre-
chen gegen die Menschlichkeit, S. 1.
3 Unter dem Terminus der Aufarbeitung wird vorliegend eine gerichtliche Aufklärung und
strafrechtliche Würdigung der NS‑Verbrechen verstanden, vgl. hierzu I. Keller, Die strafrecht-
liche Aufarbeitung von DDR‑Justizunrecht, S. 32 ff.
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2 Einleitung

zessen eine tragende Rolle gespielt haben. Dabei soll aufgezeigt werden, dass
von Seiten der Lehre und der übrigen westdeutschen Justiz auf restriktive Aus-
legungsgrundsätze und dogmatische Rechtsfiguren zurückgegriffen wurde, die
einer umfassenden Ahndung der NS‑Verbrechen im Weg standen. Neben dem
Aufzeigen der Unterschiede in der Rechtsprechung wird zu klären sein, inwie-
weit die Rechtsauslegung des OGH die Möglichkeiten zu einer „gerechteren
Sühne“ der NS‑Verbrechen geboten hat. Ein Schwerpunkt der Darstellung liegt
hierbei auf der Rechtsprechung des OGH zu dem vielkritisierten Kontrollrats-
gesetz Nr. 10 (KRG 10). Ferner stellt sich die Frage, wie sich die aufgestellten
Grundsätze innerhalb der westdeutschen Justiz durchsetzen konnten.
Die Abhandlung erhebt hierbei nicht den Anspruch, die gesamte Rechtspre-
chung des OGH zur Strafverfolgung von NS‑Unrecht zu analysieren.4 Sie kon-
zentriert sich vielmehr auf die vier NS‑Verbrechenskomplexe NS-„Euthanasie“,
Justizverbrechen, Denunziationen und „Reichspogromnacht“. Nicht eingegan-
gen wird auf die weiteren vor dem OGH verhandelten Tatkomplexe der Ver-
brechen nach der Machtergreifung, wie Ausschreitungen, Misshandlungen, An-
prangerungen oder Tötungen politischer Gegner, sowie den im Amt begangenen
NS‑Verbrechen. Außer Betracht bleiben schließlich die Verfahren zu Endphase-
verbrechen, Verbrechen gegen Juden durch Anprangerung und Misshandlung
sowie sonstige NS‑Verbrechen wie etwa Verschleppungen von sog. „Zigeunern“
nach Auschwitz. Die vorgenommene Beschränkung auf die ausgewählten Tat-
komplexe ergibt sich aus folgenden Gründen: Wie im Einzelnen darzustellen
sein wird, vollzog sich insbesondere bei der juristischen Aufarbeitung der NS-
„Euthanasie“ und der Justizverbrechen ein grundlegender Wandel. Von der Lehre
und der Rechtsprechung wurden dabei dogmatische Rechtsfiguren und Kon-
struktionen entwickelt, wie etwa der übergesetzliche entschuldigende Notstand
oder die „Vorsatzschwelle“ bei der Auslegung des Rechtsbeugungstatbestands,
die die Rechtsentwicklung wesentlich prägen sollten. Gerade bei diesen Tat-
komplexen bietet es sich daher an, die vom OGH aufgestellten dogmatischen
Grundsätze herauszuarbeiten und der Position der übrigen Nachkriegsrecht­
sprechung gegenüberzustellen. Herausgriffen wurden zudem die Verbrechens-
komplexe der Denunziationen und der „Reichspogromnacht“, nachdem diese
mit rund 38 % bzw. 20 % den größten Anteil der vor dem OGH verhandelten
Fälle zum KRG 10 bildeten und somit einen repräsentativen Blick auf die Recht-
sprechung zum Verbrechen gegen die Menschlichkeit ermöglichen.5
Von der Bedeutung nicht zu unterschätzen, gleichwohl aber nicht Gegen-
stand der vorliegenden Arbeit, ist die Bedeutung der Judikatur des OGH für die
Fortentwicklung des Völkerstrafrechts. Darüber hinaus können im Rahmen der

4 Vgl. hierzu die Verfahrensstatistik der vor dem OGH verhandelten NS‑Verbrechen auf
S. 47 ff. m.w.N.
5 Vgl. die Verfahrensstatistik auf S. 47.
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B. Forschungsstand 3

strafrechtsdogmatisch ausgerichteten Analyse zivilrechtliche, politische oder


historische Aspekte, die im Zusammenhang mit der Ahndung von NS‑Unrecht
stehen, allenfalls am Rande berücksichtigt werden.

B. Forschungsstand

I. Quellenlage
Als Grundlage für die Urteilsanalysen diente in erster Linie die drei Bände um-
fassende amtliche Entscheidungssammlung des OGH in Strafsachen (OGHSt).
Die Mehrzahl der den Prozessserien zugrundeliegenden Entscheidungen des
OGH, der Landgerichte und des BGH ist zudem dokumentiert in der von Chris-
tiaan F. Rüter und Dick de Mildt herausgegebenen Urteilssammlung „Justiz und
NS‑Verbrechen“6 sowie der von de Mildt veröffentlichten Edition zur „Eutha-
nasie“-Rechtsprechung ost- und westdeutscher Gerichte7. Darüber hinaus ließ
sich auf Urteilsauszüge in zeitgenössischen Fachzeitschriften zurückgreifen.
Als hilfreich erwies sich zudem die im Jahr 2010 von Werner Schubert heraus-
gegebene Edition des Nachschlagewerks der Straf- und Zivilsachen des OGH.8
Um einen Blick auf den vollständigen Instanzenzug in den Prozessserien zu er-
möglichen, wurden darüber hinaus bislang unveröffentlichte Urteile und Be-
schlüsse gesichtet.9 Die Primärquellen zum OGH einschließlich sämtlicher Re-
visionsentscheidungen mit Bezug zum Verbrechen gegen die Menschlichkeit
sowie zahlreicher instanzgerichtlicher Entscheidungen befinden sich im Bun-
desarchiv Koblenz. Die dort nicht befindlichen Abschriften landgerichtlicher
Urteile konnten in Beständen der Landesarchive Baden-Württemberg und
Nordrhein-Westfalen eingesehen werden.

II. Stand des Schrifttums und Forschungsdesiderat


Vorhanden sind bislang Arbeiten, die sich mit einzelnen Aspekten der Gründung
und Rechtsprechung des OGH auseinandersetzen. So gibt es Veröffentlichun-
gen, die sich mit der Justizpolitik in der britischen Zone befassen und hierbei
Bezug zur Errichtung des OGH nehmen.10 Die Forschungslücke im Hinblick

6 Rüter/de Mildt (Hrsg.), Justiz und NS‑Verbrechen. Sammlung deutscher Strafurteile


wegen nationalsozialistischer Tötungsverbrechen 1945–2012, 49 Bde.
7 de Mildt (Hrsg.), Tatkomplex: NS‑Euthanasie. Die ost- und westdeutschen Strafurteile
seit 1945, 2 Bde.
8 Schubert (Hrsg.), Oberster Gerichtshof für die Britische Zone (1948–1950).
9 Vgl. detailliert hierzu die Verfahrensübersicht und das Quellenverzeichnis im Anhang
auf S. 346 ff. und 357.
10 Wenzlau, Der Wiederaufbau der Justiz in Nordwestdeutschland 1945 bis 1949; Stolleis,
Das Parlament 1987, 8.
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4 Einleitung

auf die Einordnung der Zivilrechtsjudikatur des OGH konnte jüngst durch die
Dissertation „‚Im Namen des Rechts‘ – Der Oberste Gerichtshof für die Briti-
sche Zone als Höchstgericht in Zivilsachen zwischen Tradition und Neuord-
nung“ von Martin Grieß aus dem Jahr 2015 geschlossen werden.11 Eine Aus-
wertung der Rechtsprechung zu Zivilsachen war zuvor lediglich durch einen
im Jahr 1981 erschienenen Zeitschriftenbeitrag von Reinhard Zimmermann er-
folgt.12 Grieß beschäftigt sich in seiner 420-seitigen Abhandlung mit der Frage
nach Kontinuitäten und Zäsuren zwischen der Zivilrechtsprechung des OGH
und der Judikatur des RG und des BGH.13 Unter Heranziehung umfangreichen
Archivmaterials widmet er sich nicht nur der Rechtsprechungsanalyse, sondern
auch den institutionellen und tatsächlichen Rahmenbedingungen für die Tä-
tigkeit des Gerichts sowie dessen personeller Besetzung. Hierbei ermöglicht
Grieß erstmals einen Blick auf das Arbeitsumfeld und Charakteristika der Zi-
vilrichter des OGH. Abschließend resümiert Grieß, dass der OGH nicht nur als
„Bindeglied“ zwischen dem RG und dem BGH zu würdigen ist, sondern auch
„als Höchstgericht, das unter schwierigen Rahmenbedingungen die Fahne der
Rechtsstaatlichkeit wieder aufzurichten half“.14 Trotz seines kurzen Bestehens
konstatiert Grieß, dass der OGH in organisatorischer und judikativer Hinsicht
durchaus ein „eigenes Profil“ begründen konnte und sich dessen Urteilspra-
xis sowohl im Straf- als auch im Zivilrecht als eine „Episode ‚Im Namen des
Rechts‘“ bezeichnen lässt.15
Hinsichtlich der Rechtsprechung in Strafsachen wurden zwar deutlich mehr
Beiträge veröffentlicht, doch konzentrieren sich diese auf einzelne Teilaspekte.
Vorhanden sind zunächst zeitgenössische Zeitschriftenbeiträge, die sich vorwie-
gend auf die Anwendung des KRG 1016 beziehen. Eine umfassende Darstellung
der Urteilspraxis findet sich bislang in der 130-seitigen juristischen Disserta-
tion von Karl-Alfred Storz aus dem Jahr 1969.17 Den Schwerpunkt seiner Ar-
beit legt Storz dabei auf dogmatische, für die Rechtsentwicklung bedeutsame
Ansätze aus dem Bereich des Straf- und Strafprozessrechts. Die alleinige Be-

11 Griess, „Im Namen des Rechts“.


12 R. Zimmermann, ZNR 1981, 158 ff. Zum bisherigen Forschungsstand in Zivilsachen
vgl. im Übrigen Griess, „Im Namen des Rechts“, S. 8 ff.
13 Vgl. Griess, „Im Namen des Rechts“, S. 2 f.
14 Griess, „Im Namen des Rechts“, S. 389.
15 Griess, „Im Namen des Rechts“, S. 387 ff., 390.
16 Beispielhaft zu nennen sind die Beiträge von Geier, SJZ 1950, 657 ff.; Klefisch, MDR
1949, 324 ff.; Jagusch, MDR 1949, 83 ff.; ders., SJZ 1949, 620 ff.; ders., SJZ 1949, 324 ff.;
Lange, SJZ 1948, 655 ff.; ders., JR 1950, 615 ff.; W. Werner, NJW 1949, 170 ff.; ders., JR 1950,
561 ff. Gegenstand zahlreicher Veröffentlichungen waren zudem die vom OGH aufgestellten
Grundsätze im Rahmen der Aufarbeitung der NS-„Euthanasie“, vgl. etwa die Urteilsanmer-
kungen von Hartung, NJW 1950, 151 f.; Eb. Schmidt, SJZ 1949, 559 ff.; Welzel, MDR 1949,
373 ff. Im Übrigen sei verwiesen auf die Literaturnachweise im zweiten und dritten Kapitel.
17 Storz, Die Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes für die Britische Zone in Straf-
sachen.
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B. Forschungsstand 5

urteilungsgrundlage dieser Abhandlung bildeten allerdings veröffentlichte Ur-


teile. Darüber hinaus lässt das Werk zeitgeschichtliche Aspekte, wie die Recht-
sprechung zum KRG 10, weitgehend außer Betracht. Beachtung wird der Rolle
des OGH bei der juristischen Aufarbeitung von NS‑Unrecht erst in neueren Pu-
blikationen geschenkt: Als grundlegende Veröffentlichungen aus rechtswissen-
schaftlicher Sicht sind die Beiträge von Gerhard Pauli aus dem Jahr 199618
und von Hinrich Rüping19 aus den Jahren 1999/2000 anzusehen. Vorhanden
ist zudem ein Tagungsband aus dem Jahr 2012 über die Judikatur des OGH zu
den Verbrechen gegen die Menschlichkeit mit juristischen und geschichtswis-
senschaftlichen Beiträgen, u.a. von Michael S. Bryant, Wolfgang Form, Hen-
ning Radtke und Gerhard Pauli.20 Darüber hinaus enthält der Band einen Index
der Richter, einen Verfahrensindex der Strafsenate über sämtliche Entscheidun-
gen des OGH mit Bezug zum KRG 10 sowie Kurzbiographien über die Richter
und Staatsanwälte.21 Daneben finden sich in rechtswissenschaftlichen Arbeiten
Rechtsprechungsanalysen zu einzelnen NS‑Verbrechenskomplexen.22 Gewür-
digt wird in neuerer Zeit zudem die Rolle des OGH bei der Fortentwicklung des
Völkerstrafrechts.23 Schließlich nehmen eine Reihe von historischen Publika-
tionen Bezug auf die Rechtsprechung des OGH bei der Ahndung von NS‑Un-
recht.24

18 Pauli, in: Justizministerium des Landes NRW (Hrsg.), 50 Jahre Justiz in Nordrhein-
Westfalen, S. 95 ff.
19 Rüping, JJZG 1 (1999/2000), 88 ff.; ders., NStZ 2000, 355 ff.
20 Vgl. Justizministerium des Landes NRW (Hrsg.), Verbrechen gegen die Menschlich-
keit – Der Oberste Gerichtshof der Britischen Zone, u.a. mit den Beiträgen von Form, in: ebd.,
S. 8 ff.; Pauli, in: ebd., S. 64 ff.; Bryant, in: ebd., S. 114 ff.; Radtke, in: ebd., S. 124 ff.
21 Form, in: Justizministerium des Landes NRW (Hrsg.), Verbrechen gegen die Mensch-
lichkeit, S. 194 ff.; ders., in: ebd., S. 247 ff.; Irmen/​Pöpken, in: ebd., S. 180.
22 Zu nennen sind etwa die Ausführungen zum Tatkomplex der NS-„Euthanasie“ in der
Dissertation von Burkhardt, Das NS‑Euthanasie-Unrecht vor den Schranken der Justiz, insbes.
S. 481 ff., 564 ff.; vgl. auch Tausch, NJW 2017, 3099 f. Erwähnung finden die Grundsätze zur
Aufarbeitung von NS‑Justizunrecht beispielsweise bei Freund, Rechtsbeugung durch Verlet-
zung übergesetzlichen Rechts, S. 120 ff.; v. der Ohe, Das Gesellschaftsbild des Bundesgerichts-
hofs, S. 42 ff. Eine Auseinandersetzung mit der Rechtsprechung zum KRG 10 unter besonderer
Berücksichtigung der Grundsätze zur Ahndung der Denunziationsverbrechen findet sich bei
Meyer-Seitz, Die Verfolgung von NS‑Straftaten in der Sowjetischen Besatzungszone, S. 124 ff.
23 Vgl. Ambos, Der allgemeine Teil des Völkerstrafrechts, S. 163 ff.; Werle/​Jeßberger, Völ-
kerstrafrecht, Rn. 39; Kreß, JZ 2016, 948 ff.
24 Erwähnung findet der OGH etwa in den Monographien von Raim, Justiz zwischen Dik-
tatur und Demokratie, insbes. S. 119 ff.; Bahlmann, Verbrechen gegen die Menschlichkeit,
S. 297 ff. Eine erste umfassende Darstellung der aufgestellten Grundsätze zum KRG 10 lieferte
der Zeitschriftenbeitrag von Broszat, VfZ 29 (1981), 477 (482 ff.). Die Judikatur des OGH wird
zudem u.a. in folgenden Beiträgen untersucht: Boberach, Geschichte im Westen 1997, 7 ff.;
Homann, RuP 2001, 210 ff.; dies., Herausforderungen an den Rechtsstaat durch Justizunrecht,
insbes. S. 24 ff.; dies., in: Begalke/​Fröhlich/​Glienke (Hrsg.), Der halbierte Rechtsstaat, S. 43 ff.
Darüber hinaus ist die Urteilspraxis des OGH zum KRG 10 Untersuchungsgegenstand einer
im Erscheinen befindlichen geschichtswissenschaftlichen Dissertation von Pöpken, Vergan-
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6 Einleitung

Wie der Blick auf den Forschungsstand verdeutlicht, widmen sich gerade in
jüngerer Zeit einige Monographien und Beiträge der Institution und der Recht-
sprechung des OGH. Wie aufgezeigt worden ist, beleuchten sämtliche Arbeiten
aber nur einzelne Teilaspekte der hier zugrundeliegenden Fragestellung. Eine
umfassende rechtswissenschaftliche Darstellung zu den vom OGH aufgestell-
ten strafrechtsdogmatischen Grundsätzen zur Ahndung von NS‑Unrecht und
deren Fortentwicklung fehlt dagegen bislang. Die vorliegende Arbeit will diese
Forschungslücke schließen.

C. Vorgehensweise und Gang der Untersuchung

Die vorliegende Arbeit setzt sich in drei Kapiteln mit der Rechtsprechung des
OGH zu NS‑Verbrechen auseinander. Nach einem Überblick über die Geschich-
te des OGH im ersten Kapitel, wird im zweiten Kapitel auf die Anwendung des
KRG 10 in der Rechtsprechung des OGH eingegangen. Einem Blick auf die
Ausgangslage vor der Gründung des OGH (Kapitel 2, A.) und die gesetzliche
Regelung des Tatbestands des Verbrechens gegen die Menschlichkeit (Kapitel
2, B.) folgt eine Darstellung von Problemschwerpunkten, die für die gesamte
Rechtsprechung des OGH zu NS‑Verbrechen relevant waren. Neben der Dis-
kussion um die Verletzung des Rechtssatzes „nullum crimen, nulla poena sine
lege“ (Kapitel 2, C.) und den vom OGH aufgestellten Grundsätzen zur Aus-
legung des Verbrechens gegen die Menschlichkeit (Kapitel 2, D.), wird auf das
stark umstrittene Konkurrenzverhältnis zwischen dem KRG 10 und den Tat-
beständen des StGB einzugehen sein (Kapitel 2, E.). Den Schwerpunkt der Ab-
handlung bildet das dritte Kapitel, in dem anhand der vier Verbrechenskom-
plexe der NS-„Euthanasie“ (Kapitel 3, A.), Justizverbrechen (Kapitel 3, B.),
Denunziationen (Kapitel 3, C.) und „Reichspogromnacht“ (Kapitel 3, D.) die
Rechtsprechung des OGH zu NS‑Verbrechen dargestellt wird. Der Aufbau der
Bearbeitung der einzelnen Tatkomplexe folgt stets dem gleichen Prinzip: Zu-
nächst wird jeweils anhand eines Überblicks über das Ausmaß der begangenen
NS‑Verbrechen und die Bilanz der Strafverfolgung durch die westdeutschen
Gerichte eine Einführung in die Thematik gegeben. Die sich anschließende
dogmatische Untersuchung der Judikatur des OGH erfolgt beispielhaft anhand
von ein bis zwei Prozessserien, wobei jeweils der gesamte Verfahrensgang ein-
schließlich sämtlicher instanz- und revisionsgerichtlicher Entscheidungen
chronologisch dargestellt wird. Schwerpunktmäßig gilt es hierbei, die Recht­
sprechung zu den wesentlichen Problemschwerpunkten der NS‑Verfahren, wie
etwa die rechtliche Würdigung typischer Verteidigungslinien, materiell-recht-

genheitspolitik durch Strafrecht: Der Oberste Gerichtshof der Britischen Zone und die Ahn-
dung von Verbrechen gegen die Menschlichkeit, Baden-Baden 2020 (im Erscheinen).
Dies ist urheberrechtlich geschütztes Material. Bereitgestellt von: Universit?tsbibliothek Leipzig, 02.02.2022

C. Vorgehensweise und Gang der Untersuchung 7

lich zu analysieren. Eingegangen wird in diesem Zusammenhang zudem auf


die Rezeption der Grundsätze des OGH in der zeitgenössischen Literatur. Die
gewählte Vorgehensweise ermöglicht eine Gegenüberstellung zwischen der Po-
sition des OGH und der übrigen westdeutschen Rechtsprechung. Gleichzeitig
lassen sich anhand der Prozessserien, die sich ab der unmittelbaren Nachkriegs-
zeit bis in die 1950er Jahre erstreckten, neben der Rezeption der Grundsätze
des OGH auch grundlegende Änderungen bei der juristischen Würdigung der
NS‑Verbrechen veranschaulichen.
Während sich die Rechtsprechung des OGH zur NS-„Euthanasie“ auf zwei
Prozesse beschränkt, wurden bei den übrigen Verbrechenskomplexen Verfahren
ausgesucht, anhand derer sich das Wechselspiel zwischen dem OGH und den
Instanzgerichten eindrucksvoll veranschaulichen lässt. So wählten die Schwur-
gerichte oftmals einen anderen Weg, der eine Ahndung der NS‑Verbrechen er-
schwerte oder gar unmöglich machte. Fast ausschließlich handelt es sich bei
den Beispielprozessen zudem um solche, die nach der erneuten Hauptverhand-
lung infolge der Zurückverweisung durch das Revisionsurteil des OGH in wei-
teren Verfahren verhandelt wurden. Teilweise entschied dabei auch der BGH in
derselben Sache, was einen direkten Vergleich zwischen dem OGH und seinem
Nachfolgegericht ermöglicht.
Der Darstellung der einzelnen Prozessserien schließt sich ein Überblick über
die übrige Rechtsprechung des OGH25 und die weitere Strafverfolgung in der
Bundesrepublik an, wobei in den Abschnitten zu den Justizverbrechen und De-
nunziationen zudem ein Seitenblick auf die Grundsätze des BGH zur Straf-
verfolgung des DDR‑Systemunrechts geworfen wird. In einer kritischen Wür-
digung gilt es am Ende eines jeden Verbrechenskomplexes zu klären, welche
Bedeutung der Judikatur des OGH insgesamt zukommt und inwieweit diese zur
Fortentwicklung der Strafrechtsdogmatik beitragen konnte. Zuletzt werden in
einer Schlussbetrachtung die wesentlichen Ergebnisse der Abhandlung zusam-
mengefasst und eine abschließenden Würdigung vorgenommen.
Zur Vorgehensweise sei folgendes angemerkt: Soweit auf unveröffentlichte
Entscheidungen zurückgegriffen wurde, werden diese nach Bezeichnung des
Gerichts, Datum der Entscheidung, Aktenzeichen, Archivfundstelle und ge-
nauer Seitenbezeichnung zitiert. Bei den Urteilen, die aus den Bänden der von
Rüter und de Mildt herausgegebenen Urteilssammlung „Justiz und NS‑Ver-
brechen“ und der von de Mildt veröffentlichten Urteilssammlung zur NS-
„Euthanasie“-Rechtsprechung herangezogen wurden, wird neben der Angabe
des Gerichts und des Entscheidungsdatums noch der Band der jeweiligen Ur-
teilssammlung, die laufende Nummer des Verfahrens und die genaue Seiten-
bezeichnung aufgeführt. Hinsichtlich der Zitierweise von Normen gilt, dass der

25 Eine Ausnahme bildet der Verbrechenskomplex der NS-„Euthanasie“, da dem OGH


zwei Verfahren zur Entscheidung vorlagen.
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8 Einleitung

rechtlichen Beurteilung grundsätzlich jeweils der Gesetzestext in der zum Ur-


teilszeitpunkt geltenden Fassung ohne den Zusatz a.F. zugrundgelegt wird.26
Sofern zwischenzeitlich außer Kraft getretene oder geänderte Normen zitiert
werden, wird bei erstmaliger Nennung auf die Fundstelle im RGBl. bzw. BGBl.
verwiesen. Die in den Prozessakten geschwärzten oder abgekürzten Namen der
Angeklagten werden – sofern sie bereits Gegenstand von Veröffentlichungen
waren – vollständig wiedergegeben.27

26 Obwohl das „Reichsstrafgesetzbuch“ offiziell erst 1953 in „Strafgesetzbuch“ umbe-


nannt wurde, werden Normen – wie in der vom OGH gewählten Form – nach dem StGB zi-
tiert, vgl. zur Änderung im Jahr 1953 Art. 10 des 3. StrÄndG vom 6. August 1953, in: BGBl.
1953 I, 735 (750).
27 Nicht genannt werden daher u.a. die Namen der Angeklagten in den Prozessserien zu
den Denunziationen, vgl. dazu S. 246 ff.
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Kapitel 1

Überblick über die Geschichte des OGH

A. Rahmenbedingungen

I. Die Errichtung der Besatzungsherrschaft und


der „Stillstand der Rechtspflege“
Knapp einen Monat nach der bedingungslosen Kapitulation der deutschen Wehr-
macht am 8./9. Mai 1945 übernahmen die Oberbefehlshaber der vier Hauptsie-
germächte USA, Großbritannien, Sowjetunion und Frankreich mit der Berliner
Deklaration vom 5. Juni 19451 die oberste Regierungsgewalt („supreme autho-
rity“) in Deutschland.2 Zuständig „in allen Deutschland als Ganzes betreffen-
den Angelegenheiten“ war künftig der Alliierte Kontrollrat, der sich aus den
vier Oberbefehlshabern zusammensetzte.3 Im gleichen Zuge wurde Deutsch-
land in vier Besatzungszonen aufgeteilt, deren oberste Regierungsgewalt die
Oberbefehlshaber der jeweiligen Militärregierung inne hatten.4 Als zentrale Be-
satzungsziele einigten sich die Vertreter der drei wichtigsten Alliierten USA,
Großbritannien und Sowjetunion im Potsdamer Abkommen, dem Protokoll der
Potsdamer Konferenz vom 17. Juli bis 2. August 1945, auf die Entmilitarisie-
rung, Entnazifizierung, Demokratisierung und Dezentralisierung Deutschlands.5

1 Erklärung in Anbetracht der Niederlage Deutschlands und der Übernahme der obersten
Regierungsgewalt hinsichtlich Deutschlands durch die Regierungen des Vereinigten König-
reichs, der Vereinigten Staaten von Amerika und der Union der Sozialistischen Sowjet-Repu-
bliken und durch die Provisorische Regierung der Französischen Republik vom 5. Juni 1945,
in: Abl. des Kontrollrats in Deutschland, Ergänzungsblatt Nr. 1, 1946, 7 ff.
2 Benz/​Scholz, Deutschland unter alliierter Besatzung 1945–1949, S. 55; Görtemaker/​Saf-
ferling, Die Akte Rosenburg, S. 32.
3 Feststellung über das Kontrollverfahren in Deutschland vom 5. Juni 1945, in: Abl. des
Kontrollrats in Deutschland, Ergänzungsblatt Nr. 1, 1946, 10; deklaratorisch bekannt gegeben
wurde die Arbeitsaufnahme durch die Proklamation Nr. 1 vom 30. August 1945, in: Abl. des
Kontrollrats in Deutschland Nr. 1, 29. Oktober 1945, 4 f.; Burkhardt, Das NS‑Euthanasie-Un-
recht vor den Schranken der Justiz, S. 175 f.; Hassel, Kriegsverbrechen vor Gericht, S. 90.
4 Feststellung über die Besatzungszonen in Deutschland vom 5. Juni 1945, in: Abl. des
Kontrollrats in Deutschland, Ergänzungsblatt Nr. 1, 1946, 11; Benz/​Scholz, Deutschland unter
alliierter Besatzung 1945–1949, S. 57. Die britische Zone erstreckte sich auf den Nordwesten
Deutschlands und umfasste das Gebiet der späteren Bundesländer Schleswig-Holstein, Nie-
dersachsen, NRW und Hamburg – Bremen hingegen war Enklave der amerikanischen Besat-
zungszone.
5 Vgl. Mitteilung über die Dreimächtekonferenz, in: Abl. des Kontrollrats in Deutschland,
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10 Kapitel 1: Überblick über die Geschichte des OGH

Zur Vernichtung des „deutschen Militarismus und Nazismus“ sollten die Kriegs-
verbrecher bestraft, die Rüstungsindustrie abgebaut und die NSDAP, ihre Glie-
derungen sowie die NS‑Gesetze abgeschafft werden.6 Bereits zuvor hatte Art. I
Nr. 1 des Gesetzes Nr. 1 der Militärregierung für Deutschland, Kontrollgebiet des
Obersten Befehlshabers der alliierten Streitkräfte7, zahlreiche NS‑Grundgesetze,
darunter das „Heimtückegesetz“ von 19348 und die „Nürnberger Gesetze“ von
19359, beseitigt.10 Dem schloss sich Art. I Nr. 1 des Kontrollratsgesetzes Nr. 1
(KRG 1) vom 20. September 194511 an, das weitere diskriminierende und poli-
tische Gesetze, wie das „Ermächtigungsgesetz“ von 193312, außer Kraft setzte.
Insgesamt 40 Straftatbestände aus dem RStGB, darunter das gesamte Staats-
schutzrecht (§§ 80–94 RStGB), verloren durch Art. I Kontrollratsgesetz Nr. 11
(KRG 11) vom 30. Januar 194613 ihre Gültigkeit.14 Beseitigt wurden nach Art. II
Nr. 1 KRG 11 zudem NS‑Terrorgesetze wie die „KSSVO“15, die „Rundfunkver-
ordnung“16, die sog. „Volksschädlingsverordnung“17 oder die „Polenstrafrechts-

Ergänzungsblatt Nr. 1, 1946, 13 ff.; Benz/​Scholz, Deutschland unter alliierter Besatzung 1945–
1949, S. 51; Morsey, Die Bundesrepublik Deutschland, S. 3.
6 Vgl. Mitteilung über die Dreimächtekonferenz, in: Abl. des Kontrollrats in Deutschland,
Ergänzungsblatt Nr. 1, 1946, 14 f.; Görtemaker/​Safferling, Die Akte Rosenburg, S. 33.
7 Das Gesetz ist abgedruckt in: Brandl (Hrsg.), Das Recht der Besatzungsmacht, S. 71 ff.
Der Geltungsbereich der Vorschriften der alliierten Streitkräfte in Nordwesteuropa (SHAEF)
unter Oberbefehlshaber General Dwight D. Eisenhower erstreckte sich auf das Gebiet der spä-
teren westlichen Besatzungszonen; in Kraft traten die nicht datierten Gesetze des SHAEF mit
dem Einmarsch in Deutschland am 18. September 1944 bzw. am Tag der Besetzung in dem je-
weiligen Gebiet, vgl. Brandl (Hrsg.), Das Recht der Besatzungsmacht, S. 5 ff.; Etzel, Die Auf-
hebung von nationalsozialistischen Gesetzen durch den Alliierten Kontrollrat (1945–1948),
S. 6 Fn. 6. Die Vorschriften des SHAEF sind im Folgenden mit dem Zusatz „Militärregierung
für Deutschland“ versehen.
8 „Gesetz gegen heimtückische Angriffe auf Staat und Partei und zum Schutz der Partei-
uniformen“ („Heimtückegesetz“) vom 20. September 1934, RGBl. 1934 I, 1269.
9 „Gesetz zum Schutz des deutschen Blutes und der deutschen Ehre“ („Blutschutzgesetz“)
und „Reichsbürgergesetz“ vom 15. September 1935, RGBl. 1935 I, 1146.
10 Eingehend zur „Entnazifizierung“ des Strafrechts Etzel, Die Aufhebung von nationalso-
zialistischen Gesetzen durch den Alliierten Kontrollrat (1945–1948), S. 80 ff.; Laage, Gesetz-
liches Unrecht, S. 29 ff.; Schroeder, in: Löhnig (Hrsg.), Zwischenzeit, S. 201 (206 ff.); Vogel,
Einflüsse des Nationalsozialismus auf das Strafrecht, S. 22 ff.
11 Abl. des Kontrollrats in Deutschland Nr. 1, 29. Oktober 1945, 6 ff.
12 „Gesetz zur Behebung der Not von Volk und Reich“ vom 24. März 1933, RGBl. 1933 I,
41.
13 Abl. des Kontrollrats in Deutschland Nr. 3, 31. Januar 1946, 55 ff.
14 Schroeder, in: Löhnig (Hrsg.), Zwischenzeit, S. 201 (209); zu Einzelheiten Etzel, Die
Aufhebung von nationalsozialistischen Gesetzen durch den Alliierten Kontrollrat (1945–
1948), S. 83 ff.
15 „Verordnung über das Sonderstrafrecht im Krieg und bei besonderem Einsatz“ („Kriegs-
sonderstrafrechtsverordnung“) vom 17. August 1938, RGBl. 1939 I, 1455.
16 „Verordnung über außerordentliche Rundfunkmaßnahmen“ („Rundfunkverordnung“)
vom 1. September 1939, RGBl. 1939 I, 1683.
17 „Verordnung gegen Volksschädlinge“ („Volksschädlingsverordnung“) vom 5. Septem-
ber 1939, RGBl. 1939 I, 1679.
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A. Rahmenbedingungen 11

verordnung“18.19 Für die nicht außer Kraft gesetzten Normen galt das Verbot
der Auslegung nach „nationalsozialistischen Grundsätzen“ (Art. III Nr. 4 Ge-
setz Nr. 1 der Militärregierung für Deutschland). Unzulässig waren zudem eine
Analogie zu Lasten des Täters20 und eine Bestrafung nach „gesundem Volks-
empfinden“.21
Für die Rechtspflege hatte die Übernahme der Regierungsgewalt durch die
Alliierten zunächst ein „Iustitium“ zur Folge: Mit dem Einmarsch der alliierten
Streitkräfte waren die deutschen Gerichte nach Art. III der Proklamation Nr. 1
und Art. I des Gesetzes Nr. 2 der Militärregierung für Deutschland22 geschlos-
sen worden.23 Der Volksgerichtshof, die Sonder- und Parteigerichte wurden ab-
geschafft.24 Entsprechend den Ergebnissen der Potsdamer Konferenz sollte das
Gerichtswesen nach demokratischen Grundsätzen wiederaufgebaut werden:
Die Proklamation Nr. 3 des Alliierten Kontrollrats vom 20. Oktober 194525 ga-
rantierte die Gleichheit vor dem Gesetz, die Gewährleistung der Rechte des
Angeklagten und die richterliche Unabhängigkeit.26 Das am 30. Oktober 1945
erlassene Kontrollratsgesetz Nr. 4 (KRG 4)27 legte für den Aufbau der ordentli-
chen Gerichtsbarkeit grundsätzlich das GVG vom 27. Januar 1877 in der Fas-
sung vom 22. März 192428 zugrunde und ordnete den Wiederaufbau der Amts-,
Land- und Oberlandesgerichte an (Art. I, II KRG 4). Unerwähnt blieb hingegen
das RG – oberste Revisionsinstanz in Straf- und Zivilsachen waren damit die
Oberlandesgerichte.29

18 „Verordnung über die Strafrechtspflege gegen Polen und Juden in den eingeglieder-
ten Ostgebieten“ („Polenstrafrechtsverordnung“) vom 4. Dezember 1941, RGBl. 1941 I, 759.
19 Safferling, in: Görtemaker/​Safferling (Hrsg.), Die Rosenburg, S. 169 (174).
20 Das Analogieverbot war am 28. Juni 1935 durch das „Gesetz zur Änderung des Straf-
gesetzbuches“ außer Kraft gesetzt worden, RGBl. 1935 I, 839; Dannecker, in: LK‑StGB, § 1
S. 73; H.‑L. Schreiber, Gesetz und Richter, S. 196 ff.; Welp, in: Vormbaum/​Welp (Hrsg.), Das
Strafgesetzbuch, S. 139 (145 ff.).
21 Art. II Nr. 3 Proklamation Nr. 3 des Alliierten Kontrollrats vom 20. Oktober 1945, in:
Abl. des Kontrollrats in Deutschland Nr. 1, 29. Oktober 1945, 22. So zuvor bereits Art. IV Nr. 7
Gesetz Nr. 1 der Militärregierung für Deutschland, in: Brandl (Hrsg.), Das Recht der Besat-
zungsmacht, S. 71, 73.
22 Beide Gesetze sind abgedruckt in: Brandl (Hrsg.), Das Recht der Besatzungsmacht,
S. 19 f., 87.
23 Wenzlau, Der Wiederaufbau der Justiz in Nordwestdeutschland 1945 bis 1949, S. 51,
64 ff. Die Tätigkeit des RG endete im April 1945 mit dem Einmarsch der Amerikaner in Leip-
zig, Pauli, in: Justizministerium des Landes NRW (Hrsg.), 50 Jahre Justiz in Nordrhein-West-
falen, S. 95 (96).
24 Vgl. auch Art. III der Proklamation Nr. 3 des Alliierten Kontrollrats, in: Abl. des Kon-
trollrats in Deutschland Nr. 1, 29. Oktober 1945, 22.
25 Abl. des Kontrollrats in Deutschland Nr. 1, 29. Oktober 1945, 22 f.
26 Die Gerichte unterstanden allerdings der Kontrolle der Alliierten, eingehend Raim, Jus-
tiz zwischen Diktatur und Demokratie, S. 30 ff.; vgl. hierzu S. 35 f.
27 Abl. des Kontrollrats in Deutschland Nr. 2, 30. November 1945, 26 f.
28 RGBl. 1924 I, 299 ff.
29 Raim, Justiz zwischen Diktatur und Demokratie, S. 72. In der zeitgenössischen Lehre
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12 Kapitel 1: Überblick über die Geschichte des OGH

II. Der Wiederaufbau der deutschen Justiz in der britischen Zone


1. Wiedereröffnung der Gerichte und „Entnazifizierung“ des Justizpersonals
Der angeordnete „Stillstand der Rechtspflege“ war in der britischen Zone indes
nur von relativ kurzer Dauer. Auf Anordnung der britischen Militärregierung
wurden die Straf- und Zivilgerichte bereits ab dem Frühsommer 1945 schritt-
weise wiedereröffnet – die ersten Gerichte, das AG und das LG Aachen, sogar
wohl noch vor der Kapitulation Anfang April bzw. Mai.30 Während der Großteil
der Amts- und Landgerichte im Laufe des Jahres 1945 die Tätigkeit wieder auf-
genommen hatte, begann die Wiedererrichtung der Oberlandesgerichte in der
britischen Zone – Braunschweig, Celle, Düsseldorf, Hamburg, Hamm, Köln,
Oldenburg und Schleswig (vormals Kiel) – erst ab dem Herbst 1945.31
Was die Auswahl des Justizpersonals betraf, so bestimmte Art. IV KRG 432,
dass alle ehemaligen NSDAP‑Mitglieder, die sich „aktiv“ für die Partei ein-
gesetzt hatten, sowie alle Personen, die an der NS‑Strafjustiz „direkten An-
teil“ hatten, vom Amt des Richters oder Staatsanwalts auszuschließen waren.33
Diese unbestimmt gehaltenen Vorgaben wurden in weiteren Direktiven prä-
zisiert: Art. X der Kontrollratsdirektive Nr. 24 (KRD Nr. 24) vom 12. Januar
194634 enthielt 99 Kategorien für belastete Personen, die aus öffentlichen Äm-
tern oder verantwortlichen Stellungen zu entlassen waren.35 Um die Verant-
wortlichkeit des Einzelnen gerechter beurteilen zu können, legte Art. I KRD
Nr. 38 vom 12. Oktober 194636 die Einteilung in fünf Kategorien fest: I. Haupt-
schuldige, II. Belastete, III. Minderbelastete, IV. Mitläufer und V. Entlastete.
Relativ bald setzte sich jedoch die Einschätzung durch, dass die Ziele der Al-
liierten – strikte Entnazifizierung des Justizpersonals und möglichst rascher

war dies nicht unumstritten. So nahm etwa Schmidt-Leichner, DRZ 1948, 225 ff. lediglich einen
vorübergehenden „Verlust der Amtsgewalt“ des RG an; dagegen Lüders, DRZ 1948, 273 ff.
30 Vgl. Art. III Nr. 5 Gesetz Nr. 2 der Militärregierung für Deutschland. Hierzu Stolleis,
Das Parlament 1987, 8; eingehend zum Wiederaufbau der Gerichte in der britischen Zone
Raim, Justiz zwischen Diktatur und Demokratie, S. 85 ff.; für NRW Boberach, Geschichte im
Westen 1997, 7 (9 ff.); Heilbronn, in: Justizministerium des Landes NRW (Hrsg.), 50 Jahre Jus-
tiz in Nordrhein-Westfalen, S. 1 ff. Ähnlich verhielt es sich in der amerikanischen Zone, vgl.
Raim, Justiz zwischen Diktatur und Demokratie, S. 73 ff. Etwas verzögert setzte der Wieder-
aufbau in der französischen Zone ein, so wurde das erste Gericht, das LG Freiburg, erst am
4. Oktober eröffnet, Görtemaker/​Safferling, Die Akte Rosenburg, S. 76; ausführlich Raim, Jus-
tiz zwischen Diktatur und Demokratie, S. 90 ff.
31 Zu Einzelheiten Raim, Justiz zwischen Diktatur und Demokratie, S. 85 ff., 109 ff.
32 Abl. des Kontrollrats in Deutschland Nr. 2, 30. November 1945, 27.
33 Vgl. zur Entnazifizierung der Justiz Broszat, VfZ 29 (1981), 477 (508 ff.); Müller,
Furchtbare Juristen, S. 255 ff.; Raim, Justiz zwischen Diktatur und Demokratie, S. 277 ff.;
Rüping, Staatsanwälte und Parteigenossen, S. 23 ff.; Vollnhals/​Schlemmer, Entnazifizierung;
Wenzlau, Der Wiederaufbau der Justiz in Nordwestdeutschland 1945 bis 1949, S. 94 ff.
34 Abl. des Kontrollrats in Deutschland Nr. 5, 31. März 1946, 98 ff.
35 Raim, Justiz zwischen Diktatur und Demokratie, S. 278.
36 Abl. des Kontrollrats in Deutschland Nr. 11, 31. Oktober 1946, 184 ff.
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A. Rahmenbedingungen 13

Wiederaufbau der Justiz – kaum vereinbar seien.37 Insbesondere in der briti-


schen Zone galt die Personalsituation aufgrund des Mangels an unbelasteten
Juristen als äußerst angespannt.38 In Westfalen etwa waren 93 % des gesam-
ten Justizpersonals Mitglieder der NSDAP oder ihrer Organisationen gewe-
sen, im Oberlandesgerichtsbezirk Braunschweig traf dies auf 84 % der Rich-
ter und im Bezirk Celle auf 87 % der Richter und Staatsanwälte zu.39 Zunächst
hatte sich die britische Militärregierung zwar erhofft, den Personalbedarf durch
die Einstellung von Kriegsgefangenen, Emigranten, Anwälten oder durch be-
reits vor 1933 pensionierte bzw. von den Nationalsozialisten entlassene Jus-
tizjuristen decken zu können, doch zeigten diese Maßnahmen nur bedingten
Erfolg.40 So gelang die Berufung von Emigranten, wie etwa von dem aus Ko-
penhagen zurückgekehrten Dr. Fritz Bauer als Landgerichtsdirektor in Braun-
schweig, nur in Einzelfällen; zudem führte die Reaktivierung von Pensionä-
ren zu einer Überalterung des Personals.41 Nach zahlreichen Milderungen der
Entnazifizierungsvorgaben,42 beschränkte sich die britische Militärregierung
schließlich darauf, lediglich Anwärter auf „Schlüsselpositionen“, d.h. etwa die
Präsidenten der Land- und Oberlandesgerichte oder die Generalstaatsanwälte,
gründlich zu überprüfen.43 Im Ergebnis führte dies zur Rekrutierung von zahl-
reichen, mitunter schwer belasteten NS‑Justizjuristen. Zum Jahresende 1948
betrug der Anteil ehemaliger NSDAP‑Mitglieder unter den Landgerichtsräten
und -direktoren der britischen Zone über 80 % und selbst unter den Juristen in
„Schlüsselpositionen“ bis zu 30 %.44 Ähnlich verhielt es sich in der amerika-
nischen und französischen Zone: Die amerikanische Militärregierung hatte die
Entnazifizierung zwar zunächst noch unnachgiebig betrieben, doch waren z.B.
in Bayern nach einer Bilanz aus dem Jahr 1949 rund 75 % der Richter und

37 Vgl. Raim, in: Koch/​Veh (Hrsg.), Vor 70 Jahren, S. 41 (64); Müller, Furchtbare Juristen,
S. 256.
38 Eingehend zur Entnazifizierung in der britischen Zone Drecktrah, in: Schumann (Hrsg.),
Kontinuitäten und Zäsuren, S. 271 (280 ff.); Raim, Justiz zwischen Diktatur und Demokratie,
S. 340; Rüping, Staatsanwälte und Parteigenossen, S. 25 f.
39 Zahlen nach Müller, Furchtbare Juristen, S. 256; Rüping, JJZG 1 (1999/2000), 88 (102
Fn. 70).
40 Görtemaker/​Safferling, Die Akte Rosenburg, S. 82; Raim, Justiz zwischen Diktatur und
Demokratie, S. 345 ff.
41 Vgl. Raim, Justiz zwischen Diktatur und Demokratie, S. 348 f.
42 So konnte z.B. von Oktober 1945 bis Juni 1946 nach dem sog. „Huckepack-Verfah-
ren“ für jeden unbelasteten Juristen ein formell belasteter Jurist eingestellt werden; schließ-
lich musste nur noch ein Entnazifizierungsverfahren durchlaufen werden, hierzu Raim, Justiz
zwischen Diktatur und Demokratie, S. 382 ff.; Pauli, Die Rechtsprechung des Reichsgerichts
in Strafsachen zwischen 1933 und 1945 und ihre Fortwirkung in der Rechtsprechung des Bun-
desgerichtshofes, S. 26; eingehend Drecktrah, in: Schumann (Hrsg.), Kontinuitäten und Zäsu-
ren, S. 271 (280 ff.); Broszat, VfZ 29 (1981), 477 (508 ff.).
43 Raim, Justiz zwischen Diktatur und Demokratie, S. 342 ff., 350 ff.
44 Zahlen nach Wenzlau, Der Wiederaufbau der Justiz in Nordwestdeutschland 1945 bis
1949, S. 138; Müller, Furchtbare Juristen, S. 257.
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14 Kapitel 1: Überblick über die Geschichte des OGH

Staatsanwälte vormals in der NSDAP oder einer ihrer Gliederungen gewesen.45


In der französischen Zone waren im Jahr 1949 wohl nahezu 70 % der mit einer
NSDAP‑Mitgliedschaft belasteten Juristen wieder im Justizdienst oder gar in
Ministerien tätig.46

2. Justizverwaltung und Errichtung des ZJA


Eine der wesentlichen Grundlagen für den Wiederaufbau der deutschen Ge-
richtsbarkeit war die Errichtung einer demokratischen Justizverwaltung.47
Diese oblag in der britischen Zone zunächst den Präsidenten der acht Ober-
landesgerichte, denen nach der „Allgemeinen Anweisung an die Oberlandes-
gerichtspräsidenten Nr. 1“ vom 10. September 194548 sämtliche Befugnisse
des früheren Reichsjustizministeriums übertragen wurden.49 Zu den weitrei-
chenden Kompetenzen zählten die Personalhoheit über das gesamte Justiz-
personal im Gerichtsbezirk sowie die „volle legislative Zuständigkeit“, was
nicht nur unter den Generalstaatsanwälten, sondern angesichts des Verstoßes
gegen das Gewaltenteilungsprinzip auch unter den Ober- bzw. Ministerprä-
sidenten auf entschiedenen Widerstand stieß.50 Um eine Rechtszersplitterung
in der britischen Zone zu verhindern, traten die Oberlandesgerichtspräsiden-
ten und der Leiter der Rechtsabteilung der britischen Militärregierung ab März
1946 im sog. „Zentralen Rechtsausschuss“ zusammen.51 Zeitgleich wurde ein
sog. „Rechtsunterausschuss“ eingerichtet, der aus Vertretern der Oberlandes-
gerichtsbezirke gebildet wurde und dem die Erarbeitung von Gesetzesentwür-

45 Vgl. hierzu und allgemein zur Entnazifizierung in der amerikanischen Zone Raim, Justiz
zwischen Diktatur und Demokratie, S. 315 ff., 325. Am drastischsten ging dagegen die sowje-
tische Militärregierung vor. Dort wurden alle belasteten NS‑Juristen entlassen und durch sog.
„Richter im Soforteinsatz“ und später durch sog. „Volksrichter“ ersetzt, zur Entnazifizierung
in der SBZ Meyer-Seitz, Die Verfolgung von NS‑Straftaten in der Sowjetischen Besatzungs-
zone, S. 33 ff.
46 Görtemaker/​Safferling, Die Akte Rosenburg, S. 83; hierzu Raim, Justiz zwischen Dik-
tatur und Demokratie, S. 402 ff.
47 Görtemaker/​Safferling, Die Akte Rosenburg, S. 74; Raim, Justiz zwischen Diktatur und
Demokratie, S. 30 ff.
48 Hanseatisches Justizverwaltungsblatt 1946, 72 f.
49 Zu Einzelheiten Drecktrah, in: Schumann (Hrsg.), Kontinuitäten und Zäsuren, S. 271
(275 ff.); Heilbronn, in: Justizministerium des Landes NRW (Hrsg.), 50 Jahre Justiz in Nord-
rhein-Westfalen, S. 1 (9 ff.); Wenzlau, Der Wiederaufbau der Justiz in Nordwestdeutschland
1945 bis 1949, S. 155 ff. Zuvor war die Justizhoheit von den Ober- bzw. Ministerpräsidenten
bzw. dem Bürgermeister von Hamburg ausgeübt worden, Raim, Justiz zwischen Diktatur und
Demokratie, S. 84.
50 Kiesselbach, ZJBl. 1949, 209; Drecktrah, in: Schumann (Hrsg.), Kontinuitäten und Zä-
suren, S. 271 (276 f.); Raim, Justiz zwischen Diktatur und Demokratie, S. 112.
51 Informell waren die Präsidenten der Oberlandesgerichte bereits seit Ende 1945 zusam-
mengekommen, Griess, „Im Namen des Rechts“, S. 19 f.; Heilbronn, in: Justizministerium
des Landes NRW (Hrsg.), 50 Jahre Justiz in Nordrhein-Westfalen, 1 (11); Kiesselbach, ZJBl.
1947, 1.
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A. Rahmenbedingungen 15

fen oblag.52 Ein Ende fand das „Regiment der Oberlandesgerichtspräsidenten“


am 1. Oktober 1946 mit der Errichtung des ZJA53, welches die Aufgaben des
Zentralen Rechtsausschusses und des Rechtsunterausschusses übernahm.54
Zum Präsidenten des ZJA ernannte die britische Militärregierung den Ham-
burger Oberlandesgerichtspräsidenten Dr. Wilhelm Kiesselbach (1867–1960).
Zum Zeitpunkt des Amtsantritts war Kiesselbach zwar bereits 79 Jahre alt,
doch war er nach Ansicht der Legal Division, einer Abteilung der Militärregie-
rung zur Kontrolle der deutschen Justiz,55 aufgrund seiner besonderen fach-
lichen Qualifikation der geeignete Kandidat.56 Zudem war er politisch unbe-
lastet: Aufgrund seiner offenen Ablehnung gegen den Nationalsozialismus war
er 1933 aus dem Justizdienst entlassen worden.57 Zu den zentralen Aufgaben
des ZJA zählten – vorbehaltlich der Genehmigung der Militärregierung – so-
wohl die Erarbeitung von Gesetzesvorschlägen auf den Gebieten des Straf-
und Strafprozessrechts, sowie des Zivil- und Zivilprozessrechts, als auch die
Verkündung der Gesetze sowie der Erlass von Vorschriften über die sachliche
Zuständigkeit der deutschen Gerichte (Art. IV Nr. 9 lit. a, c MRVO Nr. 41).58 In
Abstimmung mit der Militärregierung oblag dem ZJA nach Art. IV Nr. 9 lit. b
MRVO Nr. 41 außerdem die Ernennung der leitenden Justizbeamten, etwa der
Präsidenten der Oberlandes- und Landgerichte und der General- und Ober-
staatsanwälte.59

52 Vgl. Kiesselbach, ZJBl. 1947, 1.


53 Verordnung Nr. 41 der britischen Militärregierung (MRVO Nr. 41) zur Errichtung eines
Zentraljustizamtes für die Britische Zone vom 1. Oktober 1946, in: Abl. Militärregierung
Deutschland, brit. Kontrollgebiet 1946, 299 ff.
54 Die Verwaltungsaufgaben einschließlich der Personalverwaltung der nicht leitenden
Justizbeamten fiel weiterhin in die Zuständigkeit der Oberlandesgerichtspräsidenten, vgl. hier-
zu Heilbronn, in: Justizministerium des Landes NRW (Hrsg.), 50 Jahre Justiz in Nordrhein-
Westfalen, S. 1 (5 ff., 14 f.); Griess, „Im Namen des Rechts“, S. 20; eingehend zur Errichtung
und Organisation des ZJA Raim, Justiz zwischen Diktatur und Demokratie, S. 129 ff.; Wenzlau,
Der Wiederaufbau der Justiz in Nordwestdeutschland 1945 bis 1949, S. 194 ff.
55 Eingehend hierzu Broszat, VfZ 29 (1981), 477 (502 ff.).
56 Raim, Justiz zwischen Diktatur und Demokratie, S. 133, 349.
57 Lührs, in: Historische Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften
(Hrsg.), Neue Deutsche Biographie, S. 599 (600).
58 Vgl. zu den weiteren Aufgaben des ZJA Art. IV MRVO Nr. 41 und den Anhang zur
MRVO Nr. 41, in: Abl. Militärregierung Deutschland, brit. Kontrollgebiet 1946, 299 (300 f.).
59 Zum Verhältnis zwischen ZJA und den Justizministerien der Länder, Kiesselbach, ZJBl.
1947, 1; eingehend Heilbronn, in: Justizministerium des Landes NRW (Hrsg.), 50 Jahre Jus-
tiz in Nordrhein-Westfalen, S. 1 (15 ff.); Wenzlau, Der Wiederaufbau der Justiz in Nordwest-
deutschland 1945 bis 1949, S. 254 ff. Aufgelöst wurde das ZJA am 27. Oktober 1949, ZJBl.
1949, 209 ff.; s. Art. I Nr. 3 des Gesetzes Nr. 4 der Alliierten Hohen Kommission vom 21. Sep-
tember 1949, in: Abl. AHK Nr. 1, 23. September 1949, 6.
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16 Kapitel 1: Überblick über die Geschichte des OGH

III. Die Strafverfolgung von NS‑Verbrechen


1. Die Ahndung von NS‑Verbrechen durch die Alliierten
a) „Nürnberger Hauptkriegsverbrecherprozess“ und das IMT‑Statut
Die Strafverfolgung von NS‑Verbrechen lag in der unmittelbaren Nach-
kriegszeit zunächst in den Händen der Alliierten. Bereits während des Zwei-
ten Weltkriegs hatten sich die USA, Großbritannien und die Sowjetunion in
der „Moskauer Erklärung“ vom 30. Oktober 1943 auf eine Ahndung von NS-
und Kriegsverbrechen verständigt.60 Für die Aburteilung der „Hauptkriegsver­
brecher“, deren Gräueltaten „keine bestimmte örtliche Begrenzung“ hatten, sah
die Deklaration eine gemeinsame Entscheidung der verbündeten Regierungen
vor.61 Die rechtliche Grundlage für den „Nürnberger Hauptkriegsverbrecher-
prozess“ vor dem IMT wurde schließlich durch das Londoner Viermächte-Ab-
kommen vom 8. August 194562 geschaffen.63 Das dem Abkommen als Anlage
beigefügte IMT‑Statut64 normierte in Art. 6 lit. a–c die völkerrechtlichen Straf-
tatbestände Verbrechen gegen den Frieden, Kriegsverbrechen sowie Verbrechen
gegen die Menschlichkeit.65 Rund zehn Monate nach Eröffnung der Hauptver-
handlung folgte am 30. September und 1. Oktober 1946 die Urteilsverkündung:
Zwölf Angeklagte wurden zum Tod durch den Strang, drei zu lebenslanger und
vier zu zeitiger Freiheitsstrafe verurteilt, drei freigesprochen.66 Vier Organisa-
tionen, das Führerkorps der NSDAP, die Gestapo, der Sicherheitsdienst (SD)
und die SS, wurden für verbrecherisch erklärt.67
60 Form, in: Justizministerium des Landes NRW (Hrsg.), Verbrechen gegen die Mensch-
lichkeit, S. 8 (12 ff.); Raim, Justiz zwischen Diktatur und Demokratie, S. 501; Rückerl, NS‑Ver-
brechen vor Gericht, S. 88.
61 Kriegsverbrecher, deren Taten sich lokalisieren ließen, sollten hingegen in die Länder
überführt werden, in denen sie die Taten begangen hatten; Verbrechen von Deutschen gegen-
über der deutschen Bevölkerung blieben zu diesem Zeitpunkt noch unberücksichtigt, vgl.
Form, in: Justizministerium des Landes NRW (Hrsg.), Verbrechen gegen die Menschlichkeit,
S. 8 (12); Raim, Justiz zwischen Diktatur und Demokratie, S. 501.
62 Abgedruckt in: IMT, Bd. 1, S. 7 ff.
63 Als Gerichtsort war zunächst Berlin vorgesehen, doch wurde der Prozess aus infra-
strukturellen Gesichtspunkten schließlich nach Nürnberg verlegt, Safferling, Internationales
Strafrecht, § 4 Rn. 29. Eingehend zum Prozess vor dem Internationalen Militärgerichtshof
und dessen Bedeutung für die Fortentwicklung des Völkerstrafrechts Ahlbrecht, Geschichte
der völkerrechtlichen Strafgerichtsbarkeit im 20. Jahrhundert, S. 65 ff.; Ambos, Der allgemei-
ne Teil des Völkerstrafrechts, S. 78 ff.; Jung, Die Rechtsprobleme der Nürnberger Prozesse,
S. 109 ff.; Werle/​Jeßberger, Völkerstrafrecht, Rn. 15 ff.
64 Abgedruckt in: IMT, Bd. 1, S. 10 ff.; vgl. zur Verfahrensordnung des Internationalen Mi-
litärgerichtshofs ebd., S. 20 ff.
65 IMT, Bd. 1, S. 11 f., 30 ff.
66 Das Urteil ist abgedruckt in: IMT, Bd. 1, S. 189 ff., zu einer Übersicht über die einzelnen
Angeklagten und die Sanktionen vgl. ebd., S. 412 ff.; Hassel, Kriegsverbrechen vor Gericht,
S. 92 ff.; Werle/​Jeßberger, Völkerstrafrecht, Rn. 24.
67 IMT, Bd. 1, S. 286 ff., insbes. 289 ff., 294 ff., 301 ff.; Ahlbrecht, Geschichte der völker-
rechtlichen Strafgerichtsbarkeit im 20. Jahrhundert, S. 93.
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A. Rahmenbedingungen 17

b) Verfolgung von NS‑Verbrechen in den einzelnen


Besatzungszonen und das KRG 10
Neben dem „Nürnberger Hauptkriegsverbrecherprozess“ fanden in den einzel-
nen Besatzungszonen zahlreiche NS‑Prozesse vor Militärgerichten statt. Vor
Tribunalen der westlichen Besatzungsmächte wurden dabei mindestens 5.025
Personen verurteilt, davon 806 zum Tode.68 Die wohl bekanntesten Verfahren
sind die sog. zwölf „Nürnberger Nachfolgeprozesse“, in denen sich Medizi-
ner,69 Juristen,70 Vertreter des Militärs und der SS, Industrielle und weitere
hochrangige Vertreter des NS‑Regimes vor US‑Militärgerichten strafrechtlich
zu verantworten hatten.71 Zu den Prozessen vor britischen Besatzungsgerich-
ten zählen u.a. die Verfahren zu den Konzentrationslagern Bergen-Belsen, Neu-
engamme und Ravensbrück.72 Auch in der französischen Zone richteten sich
zahlreiche Prozesse gegen ehemaliges Lagerpersonal, darunter die Verfahren
vor dem obersten Militärgericht (Tribunal Général) in Rastatt zu den Lagern
Neue Bremme und Natzweiler.73 Die Rechtsgrundlage der meisten Prozesse,
wie etwa der „Nürnberger Nachfolgeprozesse“ war das am 20. Dezember 1945
erlassene KRG 1074.75 Nach seiner Präambel sollte das Gesetz in den einzel-
nen Besatzungszonen die „Strafverfolgung von Kriegsverbrechern und anderen

68 Raim, Justiz zwischen Diktatur und Demokratie, S. 502. Vollstreckt wurde die Todes-
strafe in 486 Fällen; für die sowjetische Besatzungszone wird die Zahl der Verurteilten da-
gegen auf rund 45.000 geschätzt, vgl. hierzu Görtemaker/​Safferling, Die Akte Rosenburg,
S. 37; Werle/​Jeßberger, Völkerstrafrecht, Rn. 140; zu Prozessen vor ausländischen Gerichten
Rückerl, NS‑Verbrechen vor Gericht, S. 101 ff.
69 Hierzu Mitscherlich/​Mielke (Hrsg.), Medizin ohne Menschlichkeit.
70 Zum Nürnberger Juristen-Prozess Friedrich, Freispruch für die Nazi-Justiz, S. 19 ff.;
Ostendorf/​Ter Veen, Das „Nürnberger Juristenurteil“; Peschel-Gutzeit (Hrsg.), Das Nürnberger
Juristen-Urteil von 1947.
71 Görtemaker/​Safferling, Die Akte Rosenburg, S. 37; Rückerl, NS‑Verbrechen vor Ge-
richt, S. 96 ff. Vgl. zu den weiteren Verfahren in der amerikanischen Zone, wie etwa dem Ha-
damar-Prozess („Hadamar Trial“) zur Tötung ausländischer Zwangsarbeiter in der Anstalt
Hadamar oder den sog. „Dachauer Prozessen“ zu den Konzentrationslagern Dachau, Buchen-
wald, Mauthausen, Mittelbau-Dora und Flossenbürg Henkys/​Goldschmidt (Hrsg.), Die natio-
nalsozialistischen Gewaltverbrechen, S. 189; Raim, Justiz zwischen Diktatur und Demokratie,
S. 502, 507 ff.; Form, in: Justizministerium des Landes NRW (Hrsg.), Verbrechen gegen die
Menschlichkeit, S. 8 (22 f. m.w.N.).
72 Raim, Justiz zwischen Diktatur und Demokratie, S. 503; eingehend zu Verfahren vor
britischen Militärgerichten Hassel, Kriegsverbrechen vor Gericht, S. 5, 98 ff. m.w.N.
73 Vgl. hierzu Raim, Justiz zwischen Diktatur und Demokratie, S. 504; Rückerl, NS‑Ver-
brechen vor Gericht, S. 99.
74 Abl. des Alliierten Kontrollrats Nr. 3, 31. Januar 1946, 50 ff.; ein Auszug des Gesetzes
ist abgedruckt im Anhang auf S. 343 ff.
75 Broszat, VfZ 29 (1981), 477 (485); Werle/​Jeßberger, Völkerstrafrecht, Rn. 35, 37 f. Ei-
nige Verfahren – wie etwa das „Hadamar Trial“ – waren bereits im Herbst 1945 und damit vor
Erlass des KRG 10 verhandelt worden; in der britischen Zone fielen zahlreiche Kriegsverbre-
chen unter das „Royal Warrant“ vom 18. Juni 1945, ausführlich Hassel, Kriegsverbrechen vor
Gericht, S. 5, 98, 104 ff.
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18 Kapitel 1: Überblick über die Geschichte des OGH

­ issetätern dieser Art“ nach einer einheitlichen Rechtsgrundlage gewährleis-


M
ten.76 Das KRG 10 übernahm dabei die Grundsätze des Londoner Abkommens
und damit auch das IMT‑Statut. Die Straftatbestände in Art. II Nr. 1 lit. a–d
KRG 10 stimmten daher weitgehend mit Art. 6 IMT‑Statut überein: Strafbar
waren Verbrechen gegen den Frieden, Kriegsverbrechen sowie die Verbre-
chen gegen die Menschlichkeit. Neu aufgenommen wurde in Art. II Nr. 1 lit. d
KRG 10 das sog. „Organisationsverbrechen“, das die Zugehörigkeit zu den
vom Internationalen Militärgerichtshof für verbrecherisch erklärten Organisa-
tionen (Führerkorps der NSDAP, Gestapo, SD, SS) unter Strafe stellte.77

2. Die Ahndung von NS‑Verbrechen durch westdeutsche Gerichte


a) Bilanz
Bereits im Sommer 1945 begann auch auf Seiten der deutschen Justiz die Straf-
verfolgung von NS‑Verbrechen.78 Vor westdeutschen Gerichten wurden dabei
bis 2005 insgesamt 36.393 Strafverfahren gegen 172.294 namentlich benannte
Beschuldigte, sowie 2.378 Verfahren gegen Unbekannt eingeleitet.79 Die Bilanz
der Urteilspraxis ist ernüchternd: Rechtskräftig verurteilt wurden 6.656 Ange-
klagte,80 5.184 Personen wurden – meist aus Mangel an Beweisen – freigespro-
chen, während in den übrigen Fällen das Verfahren eingestellt wurde.81 Zu der
hohen Einstellungsquote führten neben Amnestien82 und Verjährung u.a. Nicht-
ermittlung, Verhandlungsunfähigkeit oder Tod der Beschuldigten.83 Zeitlich

76 Vgl. Präambel und Art. I des KRG 10, abgedruckt im Anhang auf S. 343. Zum Tat-
bestand des Verbrechens gegen die Menschlichkeit vgl. insbesondere S. 57 ff.
77 Meyer-Seitz, Die Verfolgung von NS‑Straftaten in der Sowjetischen Besatzungszone,
S. 30, 92 ff.
78 Görtemaker/​Safferling, Die Akte Rosenburg, S. 84; Raim, Justiz zwischen Diktatur und
Demokratie, S. 518 ff.
79 Vgl. hierzu die neueren Forschungen von Eichmüller, VfZ 2008, 621 (624 ff.); ders.,
Keine Generalamnestie, S. 225 f.
80 Hiervon wurden 172 wegen Mordes und 1.147 Personen wegen Tötungsdelikten zum
Tod bzw. lebenslanger Haft verurteilt, Eichmüller, VfZ 2008, 621 (639).
81 Von den 172.294 Beschuldigten wurden bereits lediglich 16.740 Personen angeklagt, zu
den Zahlen vgl. Eichmüller, VfZ 2008, 621 (631 f.).
82 So erließ das „Gesetz über die Gewährung von Straffreiheit“ vom 31. Dezember 1949,
BGBl. 1949 I, 37, die Bestrafung aller vor dem 15. September des Jahres 1949 begangenen
Taten, die mit Gefängnis bis zu sechs Monaten bestraft werden können. Zugute kam NS‑Straf-
tätern zudem das „Gesetz über den Erlaß von Strafen und Geldbußen und die Niederschlagung
von Strafverfahren und Bußgeldverfahren“ („Straffreiheitsgesetz“) vom 17. Juli 1954, BGBl.
1954 I, 203, zur „Bereinigung der durch Kriegs- und Nachkriegsereignisse geschaffenen au-
ßergewöhnlichen Verhältnisse“.
83 Relativierend ist anzumerken, dass oftmals gegen sämtliche Angehörige von Einheiten
und Dienststellen ermittelt wurde – unabhängig davon, ob diese noch am Leben oder zum Tat-
zeitpunkt tatsächlich Mitglied in der Einheit gewesen waren, eingehend Eichmüller, VfZ 2008,
621 (630 ff.); ders., Keine Generalamnestie, S. 227; Freudiger, Die juristische Aufarbeitung
von NS‑Verbrechen, S. 33.
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A. Rahmenbedingungen 19

lag der Schwerpunkt der Ermittlungstätigkeit in der unmittelbaren Nachkriegs-


zeit. Bis zum Ende des Jahres 1949 wurden von der westdeutschen Justiz über
14.000 Verfahren eingeleitet und 4.667 Angeklagte rechtskräftig verurteilt.84
Erreicht war der Höhepunkt der Strafverfolgung von NS‑Verbrechen bereits im
Jahr 1948 mit über 4.100 Ermittlungsverfahren und 2.000 rechtskräftigen Ver-
urteilungen.85 Ab Beginn der 1950er Jahre gingen die Zahlen drastisch zurück.
So wurden 1950 lediglich 743 Personen rechtskräftig verurteilt, während es im
Vorjahr noch über 1.470 gewesen waren.86 Fast zu einem Stillstand der Ahn-
dung von NS‑Unrecht kam es im Jahr 1954 mit lediglich 46 rechtskräftigen
Verurteilungen und 162 neu eingeleiteten Verfahren.87 Deutlich intensiviert –
mit über 1.000 neuen Ermittlungsverfahren – wurde die Ahndung von NS‑Ver-
brechen schließlich wieder ab dem Ende der 1950er Jahre.88 Einer der maß-
geblichen Faktoren für den Wiederanstieg der Verfahren war die Gründung der
„Ludwigsburger Zentralen Stelle der Landesjustizverwaltungen zur Aufklärung
nationalsozialistischer Verbrechen“ zum 6. November 1958, die eine systema­
tische Verfolgung von NS‑Unrecht ermöglichte.89

b) Die Zuständigkeit deutscher Gerichte zur Ahndung von NS‑Verbrechen


In der frühen Phase der Strafverfolgung von NS‑Unrecht war die sachliche Zu-
ständigkeit der deutschen Gerichte durch die Vorgaben der Besatzungsmäch-
te zunächst stark eingeschränkt. Nach Art. III KRG 490 blieb die Aburteilung
von Straftaten gegenüber Angehörigen der Vereinten Nationen – und damit der
Großteil der zwischen 1939 und 1945 begangenen NS‑Verbrechen – den Alli-
ierten vorbehalten.91 Die zentrale Rechtsgrundlage der deutschen NS‑Prozes-
se war neben den Tatbeständen des StGB insbesondere das Verbrechen gegen

84 Eichmüller, VfZ 2008, 621 (626); ders., Keine Generalamnestie, S. 226; instruktiv auch
die Grafik von dems., in: Raim, Justiz zwischen Diktatur und Demokratie, S. 657.
85 Eichmüller, VfZ 2008, 621 (626 f.).
86 Auch bei den Zahlen zu den neu eingeleiteten Strafverfahren und Anklagen sind ab
1950 massive Einbrüche zu verzeichnen, vgl. Eichmüller, VfZ 2008, 621 (626 f.).
87 Eichmüller, VfZ 2008, 621 (626 f.).
88 Eichmüller, VfZ 2008, 621 (626 f.); ders., Keine Generalamnestie, S. 226.
89 Zuvor waren Ermittlungen vorwiegend erst auf private Anzeigen hin eingeleitet wor-
den, Eichmüller, VfZ 2008, 621 (627); Freudiger, Die juristische Aufarbeitung von NS‑Ver-
brechen, S. 26 ff., 33; eingehend zur „Zentralen Stelle“ Rückerl, NS‑Verbrechen vor Gericht,
S. 139 ff.
90 Abl. des Kontrollrats in Deutschland Nr. 2, 30. November 1945, 26 f.
91 Benz/​Scholz, Deutschland unter alliierter Besatzung 1945–1949, S. 101; Eichmüller,
VfZ 2008, 621 (632 f.); Rückerl, NS‑Verbrechen vor Gericht, S. 109; hierzu auch Burkhardt,
Das NS‑Euthanasie-Unrecht vor den Schranken der Justiz, S. 178 f.; Kappo/​Lermer/​Rebentrost
(Hrsg.), Der Strafprozess vor den deutschen Gerichten und den Gerichten der Militärregierun-
gen in den drei westlichen Besatzungszonen Deutschlands, S. 18 ff. Außer Kraft gesetzt wurde
das KRG 4 durch Art. 14 Gesetz Nr. 13 der Alliierten Hohen Kommission zum 1. Januar 1950,
vgl. Abl. AHK Nr. 6, 9. Dezember 1949, 54 (57).
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PENDANT L’ÉTUDE

Dans la cour plantée d’arbres étiolés que M. Nestor Bance


appelait, dans ses prospectus, le « Parc de récréation » de son
institution, les grands, dédaigneux de jeux puérils, s’étaient, en
sortant du réfectoire, groupés autour de leur camarade Gaston
Fréneuse, rentré de la veille seulement.
Les « grands » de l’institution Bance étaient une douzaine
d’adolescents que M. Nestor Bance, habile homme soucieux de ses
intérêts, ne contrariait que le moins possible et affectait de
considérer bien plutôt comme des relations mondaines que comme
des élèves qui devaient, sous son autorité, terminer leurs études. Le
prix de la pension était considérable et ils étaient nourris et logés
confortablement. Ils pouvaient même, lorsqu’ils désiraient le faire,
travailler avec d’excellents professeurs attachés à l’institution, mais
M. Bance, dans sa majestueuse bienveillance, ignorait avec
résolution la paresse la plus assidue et l’indiscipline la plus
incurable. M. Milage, le surveillant chargé de maintenir un semblant
d’ordre, avait défense formelle de soulever, pour de tels motifs, le
moindre incident. En conséquence, la vie de M. Nestor Bance était
paisible et prospère, celle des élèves agréable, et celle de M. Milage
le contraire.
Gaston Fréneuse, arbitre des élégances de l’institution Bance, et
à qui ses camarades de l’année précédente venaient de présenter
quatre nouveaux, discourait avec nonchalance tout en fumant, sans
prendre la peine de s’en cacher, une mince cigarette égyptienne.
— Oui, chers amis, je n’ai pas voulu revenir avant la fin d’octobre.
J’étais chez mon oncle, dans son château du Poitou, et vous savez
que j’adore l’automne à la campagne… Du reste il y avait là un
essaim de jolies femmes qui ne voulaient pas me laisser partir…
Enfin me voici de nouveau, pour une année encore, — la dernière,
Dieu merci ! — dans cette vieille boîte… Et je constate que rien n’y a
changé, ni les murs sales, ni les arbres moribonds, ni le père Bance
à la mine fleurie, ni l’Essuie-Plume…
— L’Essuie-Plume, c’est notre pion ? interrompit un nouveau,
haut gaillard efflanqué, auquel une barbe hâtive, qui croissait parmi
des boutons rouges, donnait de la fierté.
— Oui, dit Fréneuse, condescendant, c’est Milage que j’ai ainsi
surnommé, à cause de l’état de sa toilette. Et, à ce propos, je dois
dire qu’il exagère… C’est une honte pour nous que d’avoir un
surveillant à ce point négligé. Son chapeau, surtout, est une infamie.
Je frémis en songeant à l’âge de ce couvre-chef innommable…
J’espérais vraiment qu’il aurait la délicatesse de comprendre qu’il
nous doit quelques égards et qu’il reparaîtrait, à cette rentrée, coiffé
avec décence. Il n’en est rien, et je vous déclare que j’ai pris la
décision d’intervenir…
— Ne lui fais pas de sales blagues, objecta faiblement un ancien,
c’est un brave type. Tu sais bien qu’il nous laisse faire tout ce qu’on
veut en étude. Il ne se fâche jamais…
— Je voudrais voir ça, qu’il se fâche ! interrompit Fréneuse. Il
n’est pas là pour ça et nous ne sommes pas des gamins qu’on
embête… Du reste, c’est un service que je veux lui rendre en le
débarrassant de la guenille qu’il a sur la tête… Il est si myope qu’il
ne voit pas combien cette chose est dégoûtante, j’en suis sûr… Mais
moi je vois, et ça m’écœure. Alors voilà le plan…
Rapidement il leur donna ses instructions, et il avait à peine
terminé que la cloche sonna pour la rentrée en étude. Sortant du
préau, où il se promenait solitaire, parut M. Milage. Il était jeune,
sans doute, mais cela ne paraissait point. Mal vêtu de noir râpé,
débile et déjà courbé, il avait une face blême, qu’entourait un poil
pauvre, et on ne voyait pas ses yeux à travers les verres épais de
ses lunettes pareilles à des hublots.
— Allons, Messieurs ; allons, Messieurs, répétait-il patiemment
en attendant que ses élèves consentissent à se diriger vers l’étude.
Il y entra le dernier et prit place dans sa chaire, sur le coin de
laquelle il posa son chapeau, qui était, en effet, misérable. Puis il
ouvrit un livre vers lequel il pencha ses lunettes. Mais un tel tumulte
emplissait la salle que M. Milage, s’oubliant, releva un moment la
tête. Au même instant une grosse boulette de papier l’atteignit, puis
une autre. Les élèves, séparés en deux camps, échangeaient des
injures et des projectiles dont quelques-uns prenaient la direction de
la chaire. M. Milage ne dit pas un mot, il n’eut pas le plus léger
mouvement de colère ; comme si de rien n’était, il se remit à lire ou
plutôt à feindre de lire. Une longue habitude l’avait plié à la
résignation, parce qu’il savait bien qu’entre un élève et un
surveillant, M. Nestor Bance n’hésiterait pas et renverrait le
surveillant. Et M. Milage songeait à un logement indigent où une
vieille femme, qui était sa grand’mère, et deux jeunes filles sans
beauté, qui étaient ses sœurs et qui étudiaient pour être institutrices,
avaient besoin de ses appointements pour ne pas mourir de faim. Et
ce jour-là, particulièrement, une grave préoccupation l’absorbait, car
sa chaussure était percée et il faisait des calculs pour savoir si, à la
fin du mois, il serait en mesure de la faire réparer.
Une recrudescence de vacarme força de nouveau son attention,
et ce qu’il entrevit confusément à travers ses lunettes le fit
descendre précipitamment de sa chaire. Deux élèves, l’adolescent
barbu et un autre à cheveux roux, luttaient sauvagement en se
roulant sur le sol.
— Allons, Messieurs ; allons, Messieurs… voyons, vous allez
vous blesser, dit M. Milage, qui se pencha vers eux et s’efforça de
les séparer, non sans recevoir quelques bourrades.
— Ça y est, il l’a ! cria tout à coup une voix.
Les deux combattants, cessant de lutter, éclatèrent de rire. M.
Milage, étonné, se redressa. Il vit Gaston Fréneuse qui s’éloignait de
sa chaire en brandissant d’une main un objet noir et de l’autre un
canif.
« Mon chapeau ! » s’exclama M. Milage.
Des rires et des huées lui répondirent, Fréneuse avait gagné le
fond de la salle, mais M. Milage bondit à sa suite.
« Mon chapeau ! Vous voulez couper mon chapeau, misérable !
Rendez-le-moi ! A l’instant ! Je vous ordonne ! »
Sa voix était tragique ; il tremblait violemment ; ses yeux, à
travers les lunettes, lançaient des éclairs troubles. D’une main il
saisit Fréneuse au collet, de l’autre il lui arracha son chapeau.
Le tumulte avait cessé. Une stupeur régnait dans l’étude. Un
respect naissant environnait M. Milage, grandi par le courroux et qui,
de sa manche, brossait le feutre sordide. Fréneuse, ahuri et mortifié,
restait immobile.
— Monsieur Fréneuse, reprit sévèrement M. Milage, encore
frémissant de l’affreux péril couru, j’ai toujours déployé ici beaucoup
d’indulgence et je ne me suis jamais fâché pour des plaisanteries
sans conséquence. Mais vous saurez qu’il y a des choses avec
lesquelles il ne faut pas jouer.
Il ne s’expliqua pas davantage, et les élèves ne comprirent pas
bien que cette chose avec laquelle il ne fallait pas jouer c’était sa
misère.
LES INTRUS

Dans le petit pied-à-terre qu’ils avaient gardé à Paris et où ils


passaient un mois chaque année, M. et Mme Mailley achevaient de
s’habiller. M. Mailley semblait préoccupé, un souci ridait son front
chauve. Quand il fut prêt, il se retourna vers sa femme qui lissait ses
bandeaux gris :
— Voici dix heures, dit-il. La mère Pacifique va venir. Une
dernière fois, ma chère amie, as-tu bien réfléchi ? C’est très sérieux.
Résumons la situation comme s’il s’agissait d’étrangers : M. et Mme
Mailley après fortune faite dans le commerce, se sont retirés dans
une petite ville de province, où ils vivent heureux. Ils ont gardé un
pied-à-terre à Paris ; une femme de ménage est à leur service
pendant les séjours qu’ils y font. Cette femme de ménage, cette fois-
ci, est malade : Elle leur en envoie une autre. C’est une vieille
qu’accompagne sa petite-fille, une enfant de trois ans. Mme Mailley
s’intéresse à cette petite et forme le projet de la prendre avec elle,
de l’emmener, de l’élever, de l’instruire, en un mot de l’adopter…
Voyons maintenant les objections…
Mme Mailley arrêta son mari :
— Non, je t’en prie, tu me les as énumérées cent fois, et cent fois
je t’ai répondu : Un bébé ne peut pas avoir de mauvais instincts. La
grand’mère est travailleuse et honnête, depuis un mois je l’ai bien
vu. Du reste, si tu veux, prends des renseignements, ils seront bons,
j’en suis sûre. Elle est taciturne et revêche, mais ça nous est égal.
Ce n’est qu’une femme de ménage, mais si elle était millionnaire, je
n’aurais pas de projets sur sa petite-fille. Moi, je veux arracher cette
enfant, qui est charmante, à la misère, aux privations, à la maladie
peut-être, qui la guettent à Paris. Elle sera pour moi une société et
une distraction. Tu sais quel chagrin ç’a été pour moi de ne pas avoir
d’enfants… Je les aime tant !… Là-bas, je suis désœuvrée, je
m’ennuie… Toi, tu as ton café, ton bridge, tes amis. Tu t’intéresses
aux affaires du pays… Et réfléchis : cela fera le meilleur effet que
nous ramenions cette petite. On dira : les Mailley sont de braves
gens, ils font une bonne œuvre. On trouve que nous vivons comme
deux égoïstes, j’en suis sûre… Voyons, mon ami, tu ne vas pas
revenir sur ta décision maintenant ?
— Mais non, puisque tu y tiens tant que ça…
Mme Mailley, joyeuse, embrassa son mari. Il y eut un coup de
sonnette. Entra une vieille à tête de chouette ; dans ses bras était
une jolie enfant blonde et frêle qui, posée sur une chaise dans
l’antichambre, y resta souriante et sage.
Mme Mailley emmena la vieille en présence de M. Mailley et lui
exposa ses intentions. En l’écoutant, les yeux de la vieille
s’arrondirent encore ; un étonnement désapprobateur se répandit sur
sa face ravinée.
— Me prendre Berthe, ah ! ben non ! déclara-t-elle. Non, ça ne se
peut pas !…
— Pourquoi ? Pourquoi cela ? s’écria Mme Mailley avec
ahurissement, car elle s’attendait à une reconnaissance
enthousiaste.
— Parce que je l’aime, tiens donc, dit la vieille, et que c’est ma
petite-fille, et que je ne sais pas ce que je deviendrais si je l’avais
plus. Ses père et mère sont morts, alors elle est à moi. C’est pas la
peine d’en dire plus long. Ma petite Berthe, m’en séparer !…
— Voyons, ma brave femme, il ne faut pas être égoïste, il faut
voir l’intérêt de l’enfant, intervint M. Mailley. Vous seriez coupable de
refuser. Du reste, pensez-y à loisir ; nous en reparlerons demain.
La vieille, sans répondre, se mit au ménage, qu’elle fit tout de
travers, tant elle était absorbée. Puis elle reprit la petite Berthe et
partit.
— A demain ! Réfléchissez ! lui cria M. Mailley.
Il était indigné de l’égoïsme de la vieille ; sa femme en était
désolée. Et tous deux, maintenant, tenaient d’autant plus à l’enfant
qu’ils n’avaient pas la certitude de l’avoir. Ainsi préoccupés, ils
oublièrent les renseignements qu’ils voulaient prendre et qui, du
reste, seraient peut-être sans objet.
La mère Pacifique reparut le lendemain. Elle assit la petite Berthe
et vint rejoindre M. et Mme Mailley qui frémissaient d’impatience. Ils
virent qu’elle était blême comme après une nuit d’insomnie.
— J’ai réfléchi, prononça-t-elle durement. Alors, je dis oui dans
l’intérêt de Berthe. Mais je ne trouve pas que ça soit bien parce
qu’on est riche d’arracher une petite fille à sa grand’mère…
Mme Mailley, ravie, saisit l’enfant et la couvrit de caresses, après
s’être assurée qu’elle était bien débarbouillée. La vieille regardait de
côté et Mme Mailley vit des larmes dans ses rides.
— Elle me fait pitié, chuchota-t-elle à son mari… Si on pouvait
l’emmener !…
— Tu es folle, protesta-t-il, suffoqué.
Le surlendemain était le jour fixé pour le départ. La vieille devait,
à midi, amener la petite fille, mais elle parut seule.
— Je ne peux pas, déclara-t-elle d’un air morne. Je garde Berthe.
Je périrai, sans elle.
Ce fut un effondrement. Les Mailley s’efforcèrent en vain de
raisonner la vieille, qui resta inflexible. Alors, ils se concertèrent. Mme
Mailley, les larmes aux yeux, suppliait son mari, qui enfin céda, et
elle revint auprès de la mère Pacifique.
— Ma brave femme, dit-elle, nous ne voulons pas permettre que
votre petite-fille soit victime de votre affection mal comprise. Venez
chez nous avec elle. Il y a, au fond du jardin de notre villa, un
pavillon que vous occuperez, et vous ferez de votre mieux, nous y
comptons, pour vous rendre utile et reconnaître ainsi notre extrême
bonté.
— Ça va ! Comme ça, je veux bien ! dit la vieille, dont le visage
s’était éclairé. C’était mon désir de finir à la campagne.
Elle ne voulut pas consentir à laisser les Mailley emmener
l’enfant le jour même. Elle viendrait avec Berthe à la fin de la
semaine. On lui donna l’adresse et l’argent du voyage et elle s’en
alla. Les Mailley prirent le train deux heures après. Ils retrouvèrent
avec joie leur calme petite ville et leur confortable maison. Ils
racontèrent négligemment à leurs amis leur beau trait de
philanthropie, et firent débarrasser le pavillon.
Trois jours plus tard, ils déjeunaient, quand, après un coup de
sonnette à leur porte, leur servante survint, effarée.
— Monsieur, Madame, c’est une pauvresse avec une trolée de
gosses. Elle dit comme ça qu’on l’attend.
Les Mailley se précipitèrent vers le vestibule. La mère Pacifique,
la petite Berthe dans ses bras, s’y tenait. Trois gamins de cinq à neuf
ans, débiles et qui se ressemblaient, l’accompagnaient.
— Qu’est-ce que c’est ? dit Mme Mailley, affolée.
— Ben quoi, c’est la mère Pacifique, comme de convenu. Et puis
v’là Berthe et ça c’est ses trois frères : Julot, Louis et Émile…
M. Mailley leva les bras au ciel.
— Mais c’est fou ! C’est monstrueux ! Ma maison n’est pas un
asile ! Vous ne nous aviez pas dit…
— Je vous ai pas dit que Berthe avait pas de frères, hein ?
riposta la vieille, qui semblait sincèrement indignée de l’accueil. Vous
auriez pas voulu que je les laisse, ces petits ?… Qu’est-ce qu’ils
seraient devenus sans moi ? J’ai vendu tout mon petit fourbi pour
payer leur voyage…
— Allez-vous-en, vous êtes une vieille intrigante ! hurla M.
Mailley, hors de lui.
— Où ça que je m’en aille ? Mendier par les rues, hein !
maintenant que j’ai plus rien à cause de vous !… Eh bien ! oui, je vas
y aller ! mais soyez tranquilles, je raconterai à tout le monde ce que
vous me faites, à moi, une pauvre vieille qui ne vous ai pas cherché,
pas vrai ?… Et si on nous trouve tous morts de faim, on saura qui en
est cause…
Les Mailley échangèrent un regard d’angoisse. Mille misères leur
apparurent et peut-être de pitoyables drames dont ils seraient
responsables. Et que dirait-on d’eux ? Ils eurent peur.
— C’est un malentendu regrettable, dit Mme Mailley avec effort.
Mais, pour le moment… restez… Le pavillon est prêt…
La servante, furieuse, y guida les intrus. Entre M. et Mme Mailley,
restés seuls, il y eut un silence tragique.
— C’est du joli… C’est du joli… gémit, enfin, M. Mailley, si atterré
qu’il ne trouvait plus la force de se fâcher.
Mme Mailley ne répondit rien. Elle écoutait : Du jardin s’élevait le
bruit de petits pieds qui couraient dans les allées, de petites voix qui
s’émerveillaient de la terre, de l’herbe, des arbres, des bêtes…
L’ONCLE MORIN

Le soir tombait sur la campagne du Sud-Ouest quand le jeune


garçon, sous la pluie battante qui ne cessait pas depuis le matin,
arriva au bourg. Il semblait avoir quatorze ans, il était simplement
vêtu, en veston et casquette, trempé d’eau, couvert de boue, et si
fatigué qu’il ne pouvait plus avancer et changeait d’épaule, tous les
vingt pas, la petite valise en toile grise qu’il portait.
Sur la place il hésita et, voyant la devanture éclairée d’un café, il
s’y dirigea.
Il entra et cligna des yeux, un peu étourdi par la lumière du gaz,
la chaleur d’un poêle, l’odeur du tabac dans la salle étroite. Une
dame sèche brodait au comptoir, où dormait un chat gris. Quatre
vieux habitués, installés dans un coin, jouaient à la manille avec
passion, deux autres étaient penchés sur un jacquet et le patron,
petit homme rond, en manches de chemise quadrillée, faisait, en
expliquant chaque coup, une partie de billard avec un vieux à barbe
grise, coiffé d’une calotte noire et qui fumait sa pipe sans rien dire.
Tous regardèrent qui entrait.
— Mande pardon, dit le gamin, en portant la main à sa casquette,
c’est pour un renseignement.
Le patron interrompit ses carambolages.
— Quel renseignement ?… T’es pas du pays, je te connais pas…
D’où donc que tu viens pour être trempé comme ça ?
— De la ville, à pied, et ça pleut un peu.
Il s’essuya la figure avec son mouchoir et continua :
— Je voudrais savoir où habite M. Morin. A la ville, on m’a dit que
c’était ici, au bourg. Est-ce que vous connaissez ?
— Oui, je connais.
Le patron avait réprimé un geste. Il ajouta avec défiance :
— Qu’est-ce que tu lui veux, à M. Morin ?
— Je veux lui parler.
— Bon… Lui parler, c’est bientôt dit. Est-ce que tu crois que je
vas donner l’adresse de mes clients comme ça, sans savoir à qui
seulement… au premier mendiant venu…
— Je ne suis pas un mendiant, c’est pas vrai ! Et c’est vrai que
j’ai à lui parler !…
Le gamin, indigné, était devenu très rouge. Il reprit après une
hésitation :
« Et puis, quoi, je peux bien vous le dire, ça m’est égal : je suis
son neveu, à M. Morin.
— Hein ? quoi ? qu’est-ce qu’il dit ? Mon neveu ?
C’était l’habitué qui jouait au billard avec le patron. Dans sa
stupeur, il avait laissé tomber sa pipe et il regardait le gamin avec
effarement.
— Eh ben ! le voilà, M. Morin ! dit, ahuri, le patron en le
désignant.
Il y avait eu un mouvement dans le café. L’événement était
passionnant. Les joueurs, laissant leurs cartes, et la dame du
comptoir elle-même, s’étaient approchés.
— Alors… alors c’est vous monsieur Morin ? dit le gamin… Alors,
moi je suis votre neveu, Louis Langlois…
— Mais qu’est-ce qu’il raconte ? Mais qu’est-ce qu’il raconte ?
balbutia M. Morin, qui semblait affolé.
— Louis Langlois, poursuivit le garçon… Vous savez bien, le fils
de votre sœur Pauline… Et… et maman est morte…
Il eut un sanglot qu’il réprima et continua très vite, la voix
tremblante :
« Alors, je suis venu… Je viens de là-bas… Ben oui, de l’Est où
nous habitions… Faut vous dire que papa est mort il y a cinq ans, et
maman et moi nous sommes restés parce que la maison était à
nous… Mais maman était malade, et il y a eu la guerre. Et maman
voulait toujours s’en aller avec moi pour venir par ici… Et puis, elle
attendait toujours. Ça l’ennuyait de quitter de chez nous… Et puis,
ces temps-ci, on nous a évacués. Faut voir le bombardement et
tout… Alors maman… elle était si malade qu’elle a dû s’arrêter avant
qu’on soit à Paris… et puis elle est morte… Alors, avant, elle m’avait
dit de venir vous trouver, mon oncle, puisque je n’ai plus que vous.
Je sais bien que vous avez été brouillé avec papa et maman depuis
si longtemps que c’était d’avant que je sois né, mais tout de même
maman elle m’a dit de venir… Mais elle savait plus votre adresse.
Elle savait seulement que c’était par ici. Alors, quand elle a été
enterrée, j’ai été à Paris, et puis de Paris je suis venu par ici… Mais
l’argent ça file vite, n’est-ce pas, et puis, pour vous trouver, mon
oncle, ça n’a pas été commode ! Enfin, à la ville, à la mairie, on m’a
dit que vous habitiez le bourg, ici… Et je suis venu à pied par cette
sale pluie. »
Il se tut. Il avait raconté son histoire avec simplicité, s’efforçant
d’être bref et de rester calme. Tous l’avaient écouté, étreints peu à
peu par un sentiment confus, qu’ils n’auraient pu nommer
exactement, mais qui les dominait. Tous, en silence, regardaient cet
enfant debout, mouillé, fatigué et tranquille, et qui venait de si loin,
d’un là-bas si tragique, et qui avait eu tant de malheurs et tant
d’épreuves. Il leur apportait toute la guerre.
— Ah ! mais, j’oubliais, dit-il, tout à coup, voilà mes papiers, mon
oncle, pour que vous voyiez bien que je dis vrai.
Il fouilla dans sa poche. M. Morin prit les papiers.
— Écoute donc, mon garçon, commença-t-il d’un air embarrassé,
faut tout de même que je t’explique…
Le gamin le regardait en face et haussa les épaules avec un air
d’homme.
— Je crois que je comprends, dit-il. Je vois bien que je vous gêne
et que vous ne voulez pas me garder. Du reste, je ne suis venu que
parce que maman me l’avait dit, et je m’en vais… Je me tirerai bien
d’affaire tout seul, vous savez… acheva-t-il en reprenant la petite
valise grise qu’il avait posée à terre.
— Non, non, attends que j’explique… recommença le vieux.
Mais une explosion d’indignation de la part de tous les assistants
l’interrompit.
— C’est une honte ! un pauvre gamin tout seul, le recevoir
comme ça, quand on a de quoi ! Reste ici, mon garçon, on te garde,
nous ! On te trouvera de l’ouvrage, et pas au rabais, tu verras ça…
Ça serait honteux de te renvoyer ! T’inquiète pas de lui, va, c’est un
égoïste, il a jamais aimé que lui-même ! Tu vas dîner, et avant faut te
changer, trempé comme tu es, tu prendrais mal…
Ils s’empressaient autour du gamin, et la dame maigre, qui avait
été lui chercher une tasse de bouillon, se retourna vers M. Morin et
résuma l’impression générale.
— Vieux sans cœur, va !
Mais M. Morin semblait en colère, malgré sa timidité.
— Attendez donc que j’explique, à la fin ! cria-t-il, en élevant
autant qu’il pouvait sa voix faible. Depuis le commencement je ne
peux pas placer un mot ! C’est pas mon neveu, là ! Je n’ai jamais eu
ni frère ni sœur, alors, je n’ai pas de neveu ! Du reste, regardez ses
papiers : le nom de sa mère, c’est Morin par M, o, tandis que moi,
c’est Maurin par M, a, u. Quand il a demandé Morin, à la ville,
comme on me connaît, on l’a envoyé ici. Son oncle, c’est un Morin
qui aura habité dans le pays, sans doute…
— Ah, oui ! dit le patron. Je me rappelle maintenant. Au village
plus loin, il y a eu un vieux qui s’appelait Morin et qui est mort à
l’hospice il y a quatre ans…
Ils se regardèrent tous, ahuris et embarrassés. M. Maurin mit sa
main sur la tête du gamin.
— Bien entendu, on lui a dit qu’on le gardait, et on le garde ! Et
comme c’est moi qu’il est venu trouver, comme je suis son oncle en
quelque sorte, puisqu’il le croyait, eh bien ! c’est moi qui le garde…
Et il sera bien… C’est ça que je voulais expliquer, mais vous criiez
tous à la fois…
Il y eut une petite gêne, mais le patron prit un air dégagé :
— C’est vrai, ça, on était tous là à se chamailler sans rien
comprendre de ce qu’on disait…
— Oh ! si, moi, j’ai bien compris, dit seulement M. Maurin, en s’en
allant avec le gamin.
UNE FIN

Devant le morceau de miroir pendu à la fenêtre il refit la raie qui


séparait ses cheveux longs et à peine gris. Il resserra sa haute
cravate romantique, endossa son veston et coiffa son feutre.
— Prosper, tâche de trouver quelques sous, ce tantôt. Il reste à
peine de quoi pour dîner, et demain on n’aura rien du tout, gémit sa
femme.
Assise à côté d’une fillette maigre, d’une douzaine d’années, qui
comme elle reprisait des bas, elle était informe et sans âge dans son
vieux peignoir élimé. Levant vers son mari un visage flétri, elle
reprit :
— Ah ! mais c’est vrai, tu vas faire tes visites aujourd’hui, tu as
mis ton vêtement propre.
Il ne répondit pas et sortit. Sur le palier, ses deux plus jeunes
enfants se roulaient par terre avec d’autres galopins. Une voix
l’interpella comme il passait devant la porte entre-bâillée d’un taudis
où un savetier hirsute martelait une semelle.
— M’sieur Vougne, eh ben, et mon ressemelage ? M’ faut mon
argent, dites donc ! V’là assez longtemps que j’attends ! Si c’est pas
un malheur de voir ça !
— J’y pense, comptez sur moi… jeta, d’un ton qui voulait être
dégagé, M. Vougne.
Il fila en hâte, poursuivi par les invectives du savetier et, en bas,
passa comme un trait devant la loge de la concierge pour éviter une
nouvelle algarade qu’il prévoyait.
Dans la rue, il respira. Chaque pas qu’il faisait, en l’éloignant de
chez lui, allégeait le fardeau de sa misère. Quand il atteignit un autre
quartier, il redressa son torse maigre, il frappa le trottoir d’un talon
assuré et, cessant d’être Prosper Vougne, pour devenir Gaston de
Cormalis, il se dirigea vers son atelier.
Sa vie était faite de deux parts distinctes, et l’une le consolait de
l’autre. Il était Prosper Vougne (son vrai nom qu’il abhorrait) dans la
maison populeuse et indigente de la Glacière où il logeait avec sa
femme et ses cinq enfants. Là, il se débattait contre la misère
quotidienne sans cesse aggravée, avec ses humiliations et ses
besognes odieuses. Il y souffrait sans trêve pour lui, pour ceux qui
l’entouraient et par eux, car il croyait avoir manqué sa vie à cause de
son mariage, ayant épousé très jeune, et par coup de tête, une
petite provinciale extrêmement jolie, mais sans fortune et sans
éducation, qu’il avait, par la suite, tenue soigneusement à l’écart de
toutes ses relations.
Gaston de Cormalis était le nom qu’après de mûres réflexions il
s’était choisi quand il était arrivé à Paris dans l’intention de devenir
un peintre illustre. Toutes ses espérances, une à une, s’étaient
dissipées en même temps que le peu d’argent qu’il possédait, et il lui
était tout juste resté son pseudonyme qui, pour ses relations, était
son vrai nom. Il y plaçait une puérile vanité que masquait son allure
apprêtée de gravité hautaine. Il était Robert de Cormalis à l’atelier du
quai Voltaire que lui prêtait un ami toujours en voyage. Là, il recevait
ses lettres et était censé peindre, mais il ne le faisait pas parce que
de longs insuccès l’avaient découragé, et parce que, surtout, les
couleurs et les toiles coûtent cher. Il était Robert de Cormalis dans
les salons où il fréquentait encore, et où on ne savait rien de lui
sinon qu’il était un artiste homme du monde, parfaitement courtois et
très brillant causeur.
Après avoir passé à l’atelier, M. de Cormalis se dirigea vers le
boulevard des Invalides. C’était le jour de Mme Rivalte. Celle-ci,
encore belle, riche et recevant bien, était pour M. de Cormalis une
ancienne amie et la plus agréable des relations. Chez elle, il y avait
toujours beaucoup de monde et on faisait grand cas de lui. Quand,
dans son salon, il discourait avec feu sur l’art ou l’amour, au milieu
d’un cercle de jolies femmes, il oubliait entièrement, au moins pour
quelques moments, Prosper Vougne et la femme plaintive et sans
distinction, et les enfants mal mis, mal élevés, mal portants, et les
créanciers injurieux, et les cartes postales à colorier par milliers pour
quelques francs, et le logement sordide, et l’impérieuse misère.
Ayant, dans la glace d’une devanture, vérifié sa tenue et constaté
que son vêtement, qu’il entourait de sollicitude, avait encore bon air,
il entra chez Mme Rivalte. De nombreuses personnes s’y trouvaient
déjà. M. de Cormalis s’inclina devant la maîtresse de la maison, et
s’éloigna un peu après avoir échangé un salut froid avec un certain
M. Presseville qui était auprès d’elle et qu’il détestait.
Il prenait une tasse de thé tout en expliquant la peinture moderne
et ses tendances à une charmante jeune fille, lorsque Mme Rivalte
s’approcha de lui.
— Ah ! monsieur de Cormalis, lui dit-elle, très aimable, j’ai un
renseignement à vous demander. C’est pour la nouvelle œuvre dont
je suis vice-présidente… Elle vous intéressera, j’en suis sûre. Son
but est de venir en aide aux artistes pauvres… Si vous saviez
combien il en est qui sont à plaindre ! A ce propos, je vous ai marqué
parmi les souscripteurs. Je ne me gêne guère, vous voyez, ajouta-t-
elle en riant.
— Mais voyons… vous savez bien… commença Cormalis plein
d’angoisse.
Mme Rivalte l’interrompit.
— Je vous en reparlerai. Aujourd’hui il s’agit d’un renseignement.
Je fais demain ma première enquête. Une pauvre famille… une
situation affreuse : la mère, une admirable femme qui se tue à la
peine pour ses cinq enfants… C’est M. Presseville qui m’a indiqué…
M. Presseville, près d’elle, souriait aimablement. Elle continua :
« Il y a un père, un artiste. Sur lui les renseignements manquent,
mais j’ai pensé que vous, monsieur de Cormalis, qui, naturellement,
connaissez tout ce milieu-là… C’est un peintre. Il s’appelle…
Attendez donc… Je sais qu’ils habitent à la Glacière, mais le nom…
Ah ! oui : Vougne… »
M. de Cormalis regarda Mme Rivalte, dont la bonne foi était
évidente : il regarda M. Presseville et ne vit sur son visage qu’un
sourire agréable. Une seconde il hésita. Il faillit crier : « Ce n’est pas
vrai, ils n’ont besoin de rien. N’y allez pas ! » Mais c’était fou, il ne
pouvait ni la dissuader, ni se dissimuler. Et puis il songea au
logement indigent, à celle qui, depuis tant d’années, partageait,
résignée et effacée, sa misère. Autour de lui quelque chose, lui
sembla-t-il, s’écroula et, pâle d’horreur, il sentit que le cercle de
misère se refermait définitivement.
— Vougne ? répondit-il. Oui, je connais… Une affreuse misère,
Madame. Allez-y demain pour qu’ils mangent… Vous y trouverez M.
Vougne…
Et il s’enfuit.
LA VISITEUSE

Tous les quinze jours, le samedi, Isabelle Andral allait voir ses
pauvres. Elle avait bon cœur et tenait en mépris l’égoïsme. Grâce à
ce petit devoir bi-mensuel qu’elle s’imposait, elle pouvait jouir en
paix du bonheur d’être riche, jolie, encore jeune, bien portante, et
d’avoir un mari parfait, qui, depuis dix-huit ans qu’il l’avait épousée,
n’avait cessé d’être aux petits soins pour elle et de satisfaire ses
moindres désirs.
Comme l’après-midi d’automne était d’une sereine douceur, Mme
Andral, qui aimait l’hygiène et voulait combattre une légère tendance
à l’embonpoint, s’en alla à pied, du boulevard Haussmann, où elle
habitait, jusque par delà l’avenue du Maine, où habitait une des
familles qu’elle secourait.
La marche lui fit du bien. Ce jour-là, plus que de coutume, elle se
sentait heureuse de vivre et elle arriva fraîche et gaie chez ses
protégés.
C’étaient des demi-pauvres, car Isabelle Andral avait beaucoup
de délicatesse nerveuse et la détresse vraiment sordide
l’impressionnait trop cruellement. Il y avait la mère, qui était
brodeuse, et trois enfants chétifs, sages et débarbouillés. La maison
était misérable, mais le logement bien tenu, et la visiteuse put
s’asseoir sur une chaise propre.
Elle défit les paquets qu’elle avait apportés et les effusions de
gratitude de la mère, l’émerveillement timide des trois petits lui furent
très agréables. Elle savourait cette satisfaction lorsque, soudain, des
coups frappés à la cloison qui était derrière elle la firent sursauter.
— C’est le voisin, dit la brodeuse. Mon Dieu ! il vous a fait peur,
ma bonne madame. Mais c’est un vieux monsieur qui est malade,
voyez-vous. Ça le tient dans les jambes et depuis huit jours il ne se
lève pas. Alors, comme il est tout seul, on s’occupe un peu de lui. Je
suis sûre qu’il a frappé pour avoir à boire… — Je vais y aller tout à
l’heure, monsieur Buraille ! cria-t-elle à travers la cloison.
Mme Andral, qui se levait pour partir, eut un petit mouvement.
— Comment s’appelle-t-il ? demanda-t-elle.
— Buraille. Son petit nom c’est… Attendez donc. Un nom pas
habituel… Ah ! oui, Valentin.
Mme Andral s’était détournée pour prendre son parapluie au coin
de la cheminée. Elle s’était sentie devenir toute rouge ; elle avait été
si surprise… et pourtant ce nom qu’elle venait d’entendre était,
depuis des années, si bien enterré dans sa mémoire qu’elle était
stupéfaite de l’émotion qu’elle éprouvait. Du reste, elle doutait
encore, mais une vive curiosité la dominait.
— Et vous dites qu’il est très âgé ? reprit-elle d’un air indifférent.
— Très âgé, non… Pour moi, il paraît plus vieux qu’il n’est… Et
c’est un drôle d’homme… Il vous raconte des histoires à n’en plus
finir… Je crois qu’il a la tête dérangée et puis, souvent, il boit un
coup… Ce qui est sûr, c’est qu’il a eu des malheurs…
— Ne le faites pas attendre… Je vais vous accompagner auprès
de lui… peut-être pourrais-je lui être utile…
— Mais, ma bonne madame, c’est sale comme tout chez lui, et
puis il n’est pas toujours de bonne humeur, objecta la brodeuse,
mécontente de fournir peut-être un nouveau protégé à sa visiteuse.
— Allez donc, dit Isabelle Andral qui, à sa suite, sortit sur le palier
et entra dans un logement voisin.
Dans une vaste chambre à peine meublée et effroyablement
sale, qui sentait aigrement la moisissure et le tabac refroidi, sur un lit
de fer à demi disloqué, un homme était assis, les jambes allongées
et enveloppées d’une couverture trouée, le dos appuyé au mur. Il
était maigre. Les mèches rares de ses cheveux poivre et sel
pendaient jusqu’à sa barbe longue. Il avait sur les épaules une
seconde couverture jouant la peau de tigre et tout en loques, et il
travaillait, peignant d’une main mal assurée de petites images qu’il

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