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Hellenistische Königreiche 1st Edition

Kay Ehling Gregor Weber


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Hellenistische Königreiche 1st Edition Kay Ehling


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Kay Ehling / Gregor Weber (Hrsg.)

Hellenistische
Königreiche
Impressum
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen
Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über
http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Das Werk ist in allen seinen Teilen urheberrechtlich geschützt.


Jede Verwertung ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig.
Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen,
Mikroverfilmungen und die Einspeicherung in und Verarbeitung
durch elektronische Systeme.

Der Verlag Philipp von Zabern ist ein Imprint der WBG.

© 2014 by WBG (Wissenschaftliche Buchgesellschaft), Darmstadt


Die Herausgabe des Werkes wurde durch die Vereinsmitglieder der WBG ermöglicht.
Lektorat: Christoph Nettersheim, Nürnberg
Satz: Scancomp GmbH, Wiesbaden
Einbandabbildung: Prunkkameo, Sardonyx, wohl 278 v. Chr. anlässlich
der Hochzeit von Ptolemaios II. mit seiner Schwester Arsinoë II. entstanden.
Wien, Kunsthistorisches Museum. © akg-images / Erich Lessing
Einbandgestaltung: Katja Holst, Frankfurt am Main
Gedruckt auf säurefreiem und alterungsbeständigem Papier
Printed in Germany

Besuchen Sie uns im Internet: www.wbg-wissenverbindet.de

ISBN 978-3-8053-4758-7

Elektronisch sind folgende Ausgaben erhältlich:


eBook (PDF): 978-3-8053-4803-4
eBook (epub): 978-3-8053-4804-1
Inhaltsverzeichnis

7 Vorwort von Kay Ehling und Gregor Weber

8 Einleitung von Kay Ehling und Gregor Weber

13 Alexander der Große von Jürgen Malitz

19 Das hellenistische Herrscherporträt von Harald Schulze

24 Das Diadem – königliches Symbol in hellenistischer Zeit


von Matthias Haake

29 Das Antigonidenreich von Klaus Scherberich

36 Demetrios I. Poliorketes (306–282 v. Chr.) von Steffen Diefenbach

42 Hellenistische Palastanlagen von Gregor Weber

48 Das Ptolemäerreich von Stefan Pfeiffer

55 Ptolemaios III. (246–222/21 v. Chr.) von Werner Huß

61 Die Satrapenstele von Ptolemaios (I.) Lagou von Hilmar Klinkott

66 Kleopatra VII. Thea Philopator (51–30 v. Chr.) von Manfred Clauss

70 Der genervte Beamte in der Schule. Ein ptolemäischer Erlass


über die Zwangsverpachtung königlichen Landes von Thomas Kruse

77 Das Seleukidenreich von Kay Ehling

84 Königsbriefe von R. Malcolm Errington

90 Antiochos III. der Große (223–187 v. Chr.) von Hatto H. Schmitt

94 Frauen mit Mauerkrone: Stadtpersonifikationen und Stadtgöttinnen


von Marion Meyer
6 Inhaltsverzeichnis

99 Das Attalidenreich von Boris Dreyer und Aike van Douwe

106 Der Große Altar von Pergamon von Volker Kästner

111 Eumenes II. Sōtēr (197–158 v. Chr.):


Vom Günstling zum ungeliebten Bündnispartner der Römer
von Christian Mileta

117 Kistophoren. Eine einzigartige Währung des Hellenismus


von Wolfgang Leschhorn

123 Die Könige von Syrakus von Martin Dreher und Martin Müller

129 Die Könige in Sparta von Ernst Baltrusch

135 Die Kleinkönigreiche Bithynien, Pontos und Kappadokien


von Christoph Michels

141 Kommagene – ein hellenistisches Königreich zwischen Taurus


und Euphrat von Engelbert Winter

147 Könige und Hohepriester. Das Reich der Hasmonäer in Judäa


von Andreas Hartmann

154 Das Partherreich von Andreas Luther

160 Die Königreiche in Baktrien und Indien von Jörg-Dieter Gauger

166 Alexander, der Hellenismus und die Moderne


von Hans-Joachim Gehrke

171 Zeitleiste von Alexander Boss und Christopher Schliephake

174 Karten

178 Stammbäume

190 Abbildungsverzeichnis

192 Die Autoren des Bandes


Vorwort

von Kay Ehling und Gregor Weber

Mit dem Ausgreifen Alexanders des Großen in die östliche Mittelmeerwelt und
weit darüber hinaus etablierte sich flächendeckend die Monarchie als Form der
politischen Ordnung. In manchen Regionen, etwa in Ägypten und im Zweistrom-
land, besaß das Königtum eine bereits Jahrhunderte alte Tradition, und das gesamte
Weltbild war ohne König schlicht nicht vorstellbar. In anderen Gebieten, z. B. in
Kleinasien, hatten sich griechische Stadtstaaten (póleis) durchgesetzt und die Erin-
nerung an eine monarchische Herrschaft lag lange zurück bzw. war nicht unbedingt
positiv konnotiert – Freiheit und Autonomie wollte man trotz erbitterter inne-
rer Auseinandersetzungen, bei denen sich demokratisch und oligarchisch gesinnte
Bürger oftmals unversöhnlich gegenüberstanden, keinesfalls mehr aufgeben.
Während eines letztlich gut 50 Jahre anhaltenden Prozesses nach Alexanders
Tod zerfiel dessen einstiges Großreich, weil es weder einem Mitglied aus Alex-
anders Familie noch einem seiner früheren Gefährten gelungen war, das fragile
Gebilde in einer Person zu vereinen. Stattdessen entstanden unter den Nachfol-
gern, den sog. Diadochen, verschiedene Teilreiche unterschiedlicher Größe; seit
dem Jahr 306/05 v. Chr. nahmen immer mehr dieser Herrscher, die sich auf eine
direkte Verbindung mit Alexander berufen konnten, den Königstitel an. Jedoch
befanden sie sich alle – sie waren meist makedonischer Abkunft oder entstamm-
ten der griechischen Poliswelt – in einer prekären Situation und hatten deshalb
ihre Herrschaft nach innen wie nach außen zu sichern; dies galt in der Folgezeit
auch für alle weiteren Prätendenten von Sizilien bis nach Indien, die sich entwe-
der durch Abspaltung von den etablierten Reichen oder durch Ausrufung in einer
pólis etablieren konnten.
Der vorliegende Band zeigt die Geschichte und Charakteristika der einzelnen
Reiche auf und stellt wichtige Exponenten der Könige sowie relevante Phäno-
mene der Zeit vor.
Die Herausgeber haben vielfach Dank abzustatten – zunächst bei den Autoren,
die sich auf die Thematik eingelassen und Umarbeitungs- bzw. vor allem Kür-
zungswünsche vorgenommen haben; dann bei Katharina Friedl, Verena Hügle
und Sergej Kasper für die Unterstützung bei den Korrekturen der Manuskripte
und bei der Aufbereitung des Materials; außerdem für die Realisierung man-
cher Abbildungswünsche bei Nicolai Kästner; schließlich danken sie Constanze
Holler und Christina Stark vom Verlag Philipp von Zabern für die gute Zusam-
menarbeit und die kompetente Umsetzung des gesamten Projektes.
Einleitung

von Kay Ehling und Gregor Weber

Die hellenistischen Könige standen zur Konstituierung und Sicherung ihres


jeweiligen Reiches vor großen Herausforderungen, die sich auf mehreren Ebenen
bewegten. Der Blick in die einzelnen Teilreiche lehrt, dass dem nachstehend skiz-
zierten Anforderungsprofil beileibe nicht immer entsprochen werden konnte.
Zum einen war es erforderlich, die Herrschaft zu organisieren: Dies machte, da
nur selten auf vorhandene Eliten zurückgegriffen wurde, die Zusammenstellung
einer Gruppe kompetenter Helfer erforderlich, die »Freunde« (phíloi) genannt
wurden. Außerdem benötigte der König ein Zentrum oder auch mehrere, an
denen er seinen Aufgaben nachkommen konnte und die gleichzeitig seinen
Erfordernissen an Repräsentation und Selbstdarstellung genügten. Die Errich-
tung neuer, vielfach nach Mitgliedern der königlichen Familie benannter Haupt-
und Residenzstädten mit Hofgesellschaften und Palastanlagen einschließlich ver-
schiedener Funktionsbauten war deswegen nur konsequent. Schließlich galt es,
adäquate Kommunikationsformen für den Kontakt mit den genannten Grup-
pen zu entwickeln und konsequent umzusetzen – hierzu zählen z. B. Briefe und
Erlasse, ebenso die kultische Verehrung oder numismatische Zeugnisse. Dabei
griffen die Könige und ihre Helfer durchaus auch auf bereits bestehende Einrich-
tungen zurück, so dass es sich um einen dialektischen Prozess mit nicht unbe-
trächtlichem Experimentierpotential handelte.
Zum anderen mussten die Könige bei ihren nicht selten verschiedenen Unter-
tanengruppen auf Akzeptanz stoßen und deren Erwartungen entsprechen. Diese
waren z. B. bei der Bevölkerung der ägyptischen Siedlungen anders ausgerich-
tet als etwa in freien griechischen Städten (póleis), bei indigenen Priesterschaften
oder bei angeworbenen Söldnern. Außerdem wurden durch das Zusammenleben
verschiedener Bevölkerungsteile und durch eine starke Migration auf verschiede-
nen Ebenen etliche Akkulturationsprozesse angestoßen, die wiederum die Gestalt
bzw. Ausgestaltung der jeweiligen Herrschaft tangierten; hierbei kam den Köni-
gen und ihren Familien durchaus eine gewisse Vorbildfunktion oder ›Richtlini-
enkompetenz‹ zu, doch ergaben sich manche Problemkreise – etwa der Umgang
mit ›Mischehen‹, die Kompatibilität verschiedener Rechtssysteme o. ä. – erst aus
dem alltäglichen Zusammenleben, und darauf hatten die Könige wiederum zu
reagieren.
Der König musste folglich alles daransetzen, sich als ein legitimer Herrscher zu
erweisen, der sich für das Wohl seiner Untertanen verantwortlich zeigte; vor allem
Einleitung 9

durch seine militärischen Erfolge konnte er sein Charisma unter Beweis stellen,
das für die Akzeptanz seiner Herrschaft überaus wichtig war. Diese Siege waren
aber nicht nur für die Bewahrung oder die Erweiterung des eigenen Territoriums
wichtig: Auch bestand für die Truppen die Gelegenheit, Beute zu machen, für
den König, weiteres Land und Reichtümer dazu zu erwerben; vor allem aber ließ
sich aus Siegen erhebliches Prestige gewinnen, das wiederum von Dichtern, im
Rahmen großer Feste oder an panhellenisch relevanten Orten wie Athen, Delphi
oder Olympia durch Monumente umgesetzt werden konnte.
Nach der Phase der Etablierung der Herrschaft standen die Könige vor neuen
Herausforderungen, denn es gab stets Herrscher, die diesem Anspruch nicht
zu genügen vermochten. Zwar kam es nach wie vor zu Auseinandersetzungen
zwischen benachbarten Königreichen – z. B. gab es zwischen Ptolemäern und
Seleukiden im Zeitraum von 274 bis 168 v. Chr. nicht weniger als sechs Syrische
Kriege –, aber es konnte ja nicht nur Sieger geben. Es waren stets auch Bündnisse
mit den mächtigen Bundesstaaten in Aitolien und Achaia oder Mittelmächten
wie Rhodos möglich, und spätestens zum Ende des 3. Jh.s v. Chr. erwies sich die
aufstrebende Weltmacht Rom als erheblicher, immer konsequenter agierender
Machtfaktor. Darüber hinaus entwickelten sich in manchen Reichen durch die
auf makedonische Praxis zurückgehende Polygamie sowie bei den Ptolemäern in
Ägypten praktizierte Geschwisterehe familiäre Konstellationen, die nur schwer zu
kontrollieren waren bzw. ein fortwährendes Konfliktpotential, das zu Aufständen
führen konnte, in sich bargen. Dass die großen Reiche nach und nach – u. a. 146
v. Chr. die Antigoniden, 63 v. Chr. die Seleukiden, 30 v. Chr. die Ptolemäer und
72/73 n. Chr. Kommagene – ihre Existenz aufgeben mussten und in das Impe-
rium Romanum eingegliedert wurden, macht deutlich, wo die Beharrungskräfte
am stärksten waren, lässt aber auch nach den spezifischen Gründen dafür fragen.
Die Konzeption des Bandes sieht vor, drei verschieden ausgerichtete
Arten von Beiträgen miteinander zu verzahnen: Die wichtigsten hellenisti-
schen Reiche, denen – ausgehend von Alexander dem Großen als Archege-
ten – wichtige strukturelle Elemente gemeinsam waren, die aber mit Blick
auf das genannte Anforderungsprofil beträchtliche Unterschiede aufwie-
sen, werden in ihren Grundzügen und Charakteristika ausführlich vorge-
stellt (im Layout rot). Darüber hinaus erhalten einige wenige Herrschergestal-
ten von Demetrios Poliorketes bis zu Kleopatra VII. jeweils eine separate Dar-
stellung, weil sie nach Meinung der Herausgeber in besonderem Maße Spezi-
fika ihrer Dynastie bzw. der gesamten Epoche verkörpern oder aber signifikante
Besonderheiten aufweisen, die sie von den anderen Herrschern unterscheiden
(im Layout grün). Schließlich finden sich noch Beiträge zu einzelnen Sach-
themen aus der Kunst und aus der Herrschaftspraxis, die – freilich ohne Anspruch
auf Vollständigkeit – für wesentliche Facetten der genannten Bemühungen der
Könige stehen, Akzeptanz bei den Untertanen zu gewinnen, und die zentrale
Aspekte der herrscherlichen Selbstdarstellung verkörpern (im Layout blau). Auf
10 Kay Ehling und Gregor Weber

Abb. 1 Alexander der Große, hellenistische


Glaspaste. Nach Anlage der Haarlocken handelt
es sich um eine Umsetzung des Alexander-
Schwarzenberg-Typus, der auf das lysippische
Alexanderporträt zurückgeht. Der Makedonen-
könig ist ohne Diadem abgebildet.

diese Weise gelingt es, ein anschauliches


Bild von der Epoche des Hellenismus zu
zeichnen, das – ausgehend von dem zentra-
len Phänomen der Monarchie – die Beson-
derheiten der Zeit an sich und gleichzeitig
das komplexe Interagieren der Protagonisten angemessen widerspiegelt.
Der Name Alexanders des Großen markiert das Ende des klassischen Grie-
chenlands und den Beginn einer neuen Weltepoche, der Epoche des Hellenis-
mus, wie Johann Gustav Droysen schon 1833 pointiert formulierte. Der vorlie-
gende Band wird deshalb mit einem Beitrag über den großen Makedonen eröff-
net, dessen persönliche Tapferkeit, strategische Begabung und unerschöpfliche
Energie Jürgen Malitz hervorhebt. Aber nicht nur Alexanders historische Gestalt,
auch das für ihn geschaffene Porträtbildnis bedeutet einen Wendepunkt – einen
Wendepunkt in der Kunst, den Harald Schulze herausarbeitet. Von keiner
anderen Persönlichkeit wurden in der Antike so viele Bildnisse geschaffen wie
von Alexander. Zum Königsporträt in der Plastik und auf Münzen gehört das
Diadem, eine schlichte, am Kopf getragene Stoffbinde, über deren Herkunft und
Ursprung, wie Matthias Haake schreibt, aber keine Klarheit herrscht.
Alexander der Große stammte aus Makedonien. Später etablierte sich dort
die Dynastie der Antigoniden, deren Geschichte Klaus Scherberich bis zu ihrem
Untergang nachzeichnet, der im Jahr 215 v. Chr. eingeleitet wurde, als der Ver-
trag Philipps V. mit Hannibal die dauernde Feindschaft Roms nach sich zog. Am
Anfang des Antigonidenhauses stand die eigenwillige und exzentrische Gestalt
des Demetrios Poliorketes, dessen Biografie Steffen Diefenbach auf den Spuren
Plutarchs entwirft. Der Beitrag von Gregor Weber macht darauf aufmerksam,
dass die hellenistischen Palastanlagen der Selbstdarstellung der Könige und ihrer
Interaktion mit verschiedenen Personengruppen dienten.
Gut 300 Jahre regierten die Ptolemäer am Nil an der von Stefan Pfeiffer aufge-
zeigten Schnittstelle zwischen griechischer und ägyptischer Kultur. Werner Huß
und Manfred Clauss stellen mit Ptolemaios III. und Kleopatra VII. zwei außer-
gewöhnliche Mitglieder des Ptolemäerhauses vor: Der eine konnte große Teile
des Seleukidenreiches erobern, die andere bewahrte die Selbständigkeit Ägyptens
gegenüber Rom. Eine wichtige Hinterlassenschaft aus den Anfangsjahren des
Reiches ist die von Hilmar Klinkott vorgestellte, 1870 in der Sayvun-Moschee
von Kairo gefundene, schwarze Granitstele, auf der ein Text überliefert ist, der
Einleitung 11

den Dynastiegründer, Ptolemaios (I.), der im Jahr 306 v. Chr. den Königstitel
annehmen sollte, noch als »Satrapen« tituliert. Thomas Kruse rückt ein Glanz-
stück ptolemäischer Verwaltungskunst in den Mittelpunkt, den später zu Unter-
richtszwecken kopierten Erlass über die Zwangsverpachtung königlichen Landes,
den der oberste Verwaltungsbeamte im Jahr 164 v. Chr. verfasste.
Immer in Konkurrenz zu den Königen Ägyptens standen die Seleukiden,
deren Gebiet im Osten weitgehend mit dem von Alexander dem Großen erober-
ten Perserreich identisch war. Ihre größte kulturelle Leistung bestand, wie Kay
Ehling meint, in den zahlreichen Städtegründungen, die zu Zentren des kulturel-
len Austauschs wurden. Den sog. Königsbriefen widmet sich R. Malcolm Erring-
ton. Darunter versteht man im königlichen Namen verfasste private, diploma-
tische oder verwaltungsmäßige Briefe bzw. Anordnungen und Erlasse als herr-
scherliche Kommunikationsmittel. Wie Alexander, so führte auch der Seleukide
Antiochos III. den Beinamen »der Große«, ob zu Recht, fragt Hatto H. Schmitt.
In der syrischen Hauptstadt der Seleukiden, Antiocheia (heute Antakya), wurde
erstmals die Personifikation der Stadtgöttin kreiert. Marion Meyer zeigt, wie die
Figuren aussehen, die das glückliche Schicksal der Stadt verkörpern.
In Kleinasien etablierte sich die Dynastie der Attaliden, deren Aufstieg und
Untergang als treue Bündnispartner der Römer Gegenstand des Beitrags von
Boris Dreyer und Aike van Douwe ist. Denn die Nähe zu Rom barg auch Gefah-
ren, und so war, wie Christian Mileta herausarbeitet, der pergamenische König
Eumenes II. zunächst der besondere Liebling der Römer, ehe er dann aber deren
Gunst verlor. Jeder Berlin-Tourist kennt den Pergamonaltar mit seinem monu-
mentalen Reliefzyklus, der vom Kampf der ordnungsstiftenden Götter gegen die
frevlerischen Giganten erzählt. Volker Kästner führt in Geschichte, Architektur,
Deutung und Datierung des Großen Altares ein. Von einer Geldwährung beson-
derer Art berichtet Wolfgang Leschhorn – den im Attalidenreich vor allem von
den Städten Pergamon, Ephesos, Sardeis und Tralleis geprägten Kistophoren, Sil-
bermünzen mit der Darstellung eines heiligen Korbes (cista mystica).
Obwohl Alexanders makedonische Soldaten nicht bis Sizilien kamen, entstand
auch in Syrakus ein Königtum nach hellenistischem Vorbild, das sich allerdings
durch gewisse demokratische Elemente auszeichnete, wie Martin Dreher und
Martin Müller nachweisen.
Blickt man nach Griechenland, so zeigt sich, dass Spartas einstige Großmacht-
stellung seit der verlorenen Schlacht bei Leuktra (371 v. Chr.) schwer erschüttert
war, so dass Alexander spotten konnte, der Aufstand des Spartanerkönigs Agis III.
sei für die Makedonen nicht mehr als ein »Mäusekrieg«. Welche Reformanstren-
gungen unternommen wurden, um Spartas alte Herrlichkeit im Rahmen der
neuen hellenistischen Wirklichkeit wiederherzustellen, untersucht Ernst Balt-
rusch.
Im kleinasiatischen Raum gab es neben dem Königreich von Pergamon auch
kleinere, indigene Königtümer, in denen sich Elemente griechischer Kultur aus-
12 Kay Ehling und Gregor Weber

breiteten, etwa in Bithynien, Pontos und Kappadokien. Wie Christoph Michels


betont, bleibt es allerdings fraglich, ob die Könige eine gezielte Hellenisierungspo-
litik betrieben haben. Noch weiter östlich, zwischen Taurusgebirge und Euphrat,
formierte sich um die Mitte des 2. Jh.s v. Chr. das Königreich von Kommagene.
Engelbert Winter führt den Leser auf den sagenhaften, über 2000 m hohen
Nemrud Dağ, auf dem sich das Grabmal von König Antiochos I. mit seinen bis
zu 10 m hohen Götterstatuen befindet.
In vorhellenistischer Zeit war Judäa ein kleiner Vasallenstaat unter persischer
Oberhoheit. Nach Alexanders Tod (323 v. Chr.) wurde es zunächst von den Pto-
lemäern kontrolliert und fiel um 200 v. Chr. an die Seleukiden. Das Verbot des
jüdischen Kultes durch Antiochos IV. im Dezember 168 v. Chr. löste, wie im
Alten Testament erzählt wird, den Makkabäeraufstand aus, an dessen Spitze sich
die Familie der Hasmonäer setzte. Obwohl sich diese als Verteidiger jüdischer
Traditionen und des Jerusalemer Tempels darstellten, schreibt Andreas Hart-
mann, suchten sie doch die Einbindung in die hellenistische Staatenwelt.
Erben des Seleukidenreiches im iranisch-mesopotamischen Raum waren seit
Mitte des 3. Jh.s v. Chr. die Parther, eine Dynastie, die auf Arsakes I. zurück-
ging. In seinem Artikel stellt Andreas Luther heraus, dass sich in der parthischen
Verwaltungspraxis iranischer Einfluss bemerkbar machte. Gleichwohl führten
Könige wie Mithradates I., Orodes I. oder Phraates IV. den griechischen Bei-
namen Philhéllen, d. h. »Griechenfreund«.
Im baktrisch-indischen Raum, dem heutigen Grenzland zwischen Afghanistan
und Pakistan, begegneten sich griechisch-hellenistische und indisch-buddhisti-
sche Kultur in fruchtbarer Weise, wie Jörg-Dieter Gauger nicht allein anhand von
Münzen und Inschriften deutlich machen kann. So gingen der griechische König
Menander und sein Gesprächspartner, der buddhistische Weise Nagasenah, in
die indische Literatur ein.
Das Gravitationszentrum des Hellenismus ist Alexander der Große und so
wirft Hans-Joachim Gehrke abschließend noch ein Mal einen Blick zurück auf
den Makedonenkönig. Während dieser in der Forschung nicht zu Unrecht mit
Aspekten der Modernität in Verbindung gebracht wird, betont Gehrke dagegen
die Alterität Alexanders und seiner Zeit, besonders im Hinblick auf ihr ›anderes‹
Verständnis von Religion, Mythos und Magie.
Schließlich listen Alexander Boss und Christopher Schliephake die wichtigs-
ten Daten des hellenistischen Zeitalters auf. Das Jahr 30 v. Chr., der Tod der
Kleopatra VII. und die Einverleibung Ägyptens in das Römische Reich, stellen
die entscheidende historische Zäsur dar, wenngleich der Hellenismus als ›geis-
tige‹ Macht auf den Feldern der Kunst, Philosophie und Dichtung noch weit
in die römische Kaiserzeit hineinwirkte. Ebenso die Gestalt des epochemachen-
den Makedonen: Glaubte doch noch der spätantike Kaiser Julian (355–361/63
n. Chr.), dass die Seele Alexanders in ihm wieder auferstanden sei (Sokrates, Kir-
chengeschichte 3, 21, 7).
Alexander der Große

von Jürgen Malitz

In nicht mehr als zwölf Jahren (334–323 v. Chr.) wurde Alexander


der Große zu einer der bedeutendsten Gestalten der Antike, die wie
wenige andere auch die Nachwelt bis heute fasziniert. Wer nach ihm
den Anspruch auf den Königstitel erhob, musste sich an dem messen
lassen, was für die griechische Welt erst durch ihn als ›königlich‹
erwiesen worden war: sein Charisma, seine persönliche Tapferkeit
und strategische Begabung, unerschöpfliche Energie und sein herr-
scherliches, durch keinerlei finanzielle Rücksichten eingeschränktes
Auftreten.

Der 356 v. Chr. geborene Sohn der epirotischen Fürstin Olympias und Phi-
lipps II. von Makedonien erlebte in der Zeit seines Heranwachsens, wie sein
Vater, glänzender Stratege und zugleich erfolgreicher Diplomat, das Königreich
in eine Großmacht verwandelte. Philipp sorgte für die denkbar beste Erziehung
und Ausbildung des Sohnes; der Nachwelt blieb der Unterricht bei Aristoteles in
besonderer Erinnerung.
Philipps II. Herrschaft seit 356 war durchaus eine Voraussetzung für Alexan-
ders spätere Erfolge. Die vom König geschaffene Professionalität der Armee, die
durchdachte Organisation des neuen, keineswegs homogenen makedonischen
Reiches, aber auch die Steigerung der repräsentativen Formen königlicher Herr-
schaft hatte Alexander selbst miterlebt. Die Griechen hatten nach der Schlacht
von Chaironeia (338 v. Chr.) Philipps Vormachtstellung anerkennen müssen
und ihm sogar die Vollmacht für einen ›Rachefeldzug‹ für das im Perserkrieg der
Jahre 479/78 v. Chr. erlittene Unrecht erteilt. Der Feldzug gegen den Perserkönig
Dareios III. war schon eröffnet, als Philipp II. im Sommer 336 einem persönlich
motivierten Attentat zum Opfer fiel.
Der 21-jährige Kronprinz, der sich schon mehrfach militärisch ausgezeichnet
hatte, wurde von der makedonischen Heeresversammlung als Nachfolger aner-
kannt und bekam damit auch die Möglichkeit, den Feldzug gegen die Perser zu
übernehmen. Das Heer, mit dem er im Frühjahr 334 v. Chr. den Hellespont
14 Jürgen Malitz

überschritt, war schon für die Zeitgenossen erstaunlich klein, wohl nicht viel
mehr als 30.000 Mann von sehr gemischter Zusammensetzung, darunter nur
12.000 Makedonen.
Den Übergang von Europa nach Asien inszenierte Alexander mit Opfern, die
Griechen (und Persern) den Angriff des Xerxes im Jahre 479 v. Chr. in Erinne-
rung bringen sollten. Nicht alle antiken Berichte überliefern den Speerwurf des
Königs vom Schiff aus in den Boden Asiens, eine Geste, die, wenn sie histo-
risch ist, von Anfang an seinen Besitzanspruch auf alles demnächst eroberte Land
demonstrierte.
Die persischen Satrapen ließen Alexander ungehindert in Kleinasien landen
und wurden gleich am Granikos geschlagen, mit höchstem persönlichem Ein-
satz des Königs. Ein schneller Vormarsch führte zur Vertreibung der Perser aus
dem Westen Kleinasiens. Nach der Unterwerfung von Lykien und Pamphylien
erreichte Alexander im Frühjahr 333 v. Chr. Gordion in Phrygien und zog weiter
südlich in Richtung Syrien, um Dareios III. zur Schlacht zu stellen. Bei Issos
errang Alexander einen eindrucksvollen Sieg über den zahlenmäßig deutlich
überlegenen Gegner; Dareios III. zog sich nach Osten zurück, um erneut eine
Armee aufzustellen.
Alexander hat ihn nicht sofort verfolgt, sondern entschloss sich stattdessen zur
Sicherung Phöniziens und zum Marsch nach Ägypten. Frühere Konflikte mit
den Persern führten zur schnellen Akzeptanz Alexanders durch die einheimische
Elite der Priesterschaft. In Ägypten wurde das nach ihm benannte Alexandreia
die erfolgreichste aller seiner Stadtgründungen.
Der Besuch des Orakels in der Oase Siwa war Alexander dem Großen im
Frühjahr 331 v. Chr. eine beschwerliche Reise durch die Wüste wert. Die dort
von Ammon-Zeus empfangenen Orakel-Antworten, über deren Inhalt viel spe-
kuliert wurde, müssen eine tiefe Wirkung entfaltet haben; die Erfolge seines Feld-
zugs bestärkten Alexander offenbar in dem Gefühl, an die üblichen Maßstäbe
politischen und militärischen Handels nicht wirklich gebunden zu sein.
Im Herbst 331 v. Chr. kam es bei Gaugamela, im Norden des heutigen Irak,
zur Entscheidungsschlacht. Nach der Niederlage gegen Alexanders wiederum
brillant geführte Armee flüchtete der Großkönig nach Osten, wo er im folgenden
Jahr von einem Prätendenten getötet wurde.
Vom ›Rachefeldzug‹ konnte seitdem keine Rede mehr sein – es ging um wei-
tere Eroberungen. Einige Quellen berichten, dass Alexander sich nach dem Sieg
zum »König von Asien« ausrufen ließ. Das Vorbild Philipps II. erinnerte ihn frei-
lich immer daran, dass Erhalt und Ausbau der Macht auch einer Organisation
bedurften. Die erste Grundsatzentscheidung war es, ehemalige iranische Amts-
träger, soweit sie selbst Loyalität versprachen, in die neu entstehenden Struktu-
ren einzubinden. Die Ernennung des Mazaios zum Satrapen von Babylon, der
noch bei Gaugamela gegen Alexander gekämpft hatte, war deshalb ein wichtiges
Signal.
Alexander der Große 15

Die Verfolgung des Dareios III. führte Alexander den Großen in die östlichen
Satrapien. Je länger er dort gegen einen zunehmend auch ›national‹ motivier-
ten Widerstand zu kämpfen hatte, desto klarer wurde ihm, dass seine künftige
Herrschaft nicht allein im Rahmen der überkommenen makedonischen Tradi-
tionen zu stabilisieren sei. Spätestens nach der Ermordung von Dareios III. im
Jahre 330 v. Chr. übernahm Alexander deshalb auch Attribute der persischen
Herrschaft, um sich die Loyalität der ehemaligen Untertanen des Großkönigs zu
sichern.
Die Feldzüge im Gebiet des heutigen Afghanistan, das formal den Per-
sern untertan gewesen war, zogen sich über drei Jahre hin. Es folgte im Jahre
326 v. Chr. der Übergang nach ›Indien‹, dem heutigen Pakistan. Auch hier hatten
die Perser schon einmal geherrscht, doch wichtiger als die Anerkennung durch
die einheimischen Fürsten war wohl der – in Ermangelung zuverlässiger Kennt-
nisse – geografisch völlig fehlgeleitete Wunsch, im fernen Osten ›Indiens‹ das
Ende der Welt, den die Erde umfließenden »Okeanos«, zu erreichen. Alexander –
hier fast mehr Entdecker als Eroberer – verfolgte dieses Ziel mit einer Bedenken-
losigkeit, die auch in seinem engsten Kreis mehr und mehr Unmut hervorrief.
Er selbst sprach vom »Pothos«, dem unbezwingbaren Drang nach Neuem und
Unerreichtem.
Besonders dieser Teil des Feldzuges ist zugleich ein Beleg für die unveränderte
Faszination, die Alexander der Große auf seine gesamte Umgebung, hoch und
niedrig, ausübte. Die Truppen erduldeten gefährliche Kämpfe mit den als Waffe
bisher unbekannten Elefanten (s. den Beitrag von K. Ehling) und marschierten
im Dauerregen des Monsuns. Die meisten hohen Offiziere, die nach Alexanders
Tod um die Vormacht kämpften, hatten diese Anstrengungen miterlebt.
Im Herbst 326 v. Chr. kam es zu einer Meuterei, die Alexander zur Umkehr
zwang. Er führte das Heer durch Pakistan zurück nach Süden, in Richtung des
heutigen Karatschi. Mehr als an die Strapazen und die auf diesem Rückzug
besonders rücksichtslose Kampffüh-
rung erinnerten sich die Begleiter Ale-
xanders aber an einen Eroberungs- und
Entdeckungszug ohnegleichen. Es ist
kein Zufall, dass Alexander, der Hera-
kles mit dem Löwenfell auf seine wich-
tigsten Münzen setzte (Abb. 1), schon

Abb. 1 Eine der wichtigsten Prägungen


Alexanders zeigt Herakles, geschmückt mit
dem Löwenfell – aber wohl schon antike
Betrachter waren unsicher, ob nicht doch
der König selbst gemeint sei.
16 Jürgen Malitz

Abb. 2 Kurz nach Alexanders Tod setzte


Ptolemaios I. dieses Porträt auf seine
Tetradrachmen: Der König trägt ein
Diadem und die Widderhörner, die seine
Beziehung zu Ammon, dem Gott des
Orakels von Siwa, demonstrieren, sowie
(von der Größe her noch unrealistischer als
ein Löwenskalp) einen Elefantenskalp zur
Erinnerung an den indischen Feldzug.

bald nach seinem Tod von Ptolemaios I. (s. den Beitrag von S. Pfeiffer) mit dem
Skalp eines Elefanten als Kopfschmuck auf Münzen porträtiert wurde (Abb. 2).
Im Sommer des Jahres 325 v. Chr. erreichte der Zug den Süden Pakistans.
Von hier aus organisierte Alexander der Große die Rückkehr zu den Zentren des
Perserreichs auf dem Weg durch die Wüstengebiete des heutigen Belutschistans
und an der Küste des Golfs von Oman entlang. Diese Flottenfahrt diente der
Erkundung und Erschließung einer wichtigen neuen Verkehrsader; der Marsch
durch die Gedrosische Wüste sollte wohl beweisen, dass der König selbst nach
den Entbehrungen der letzten Jahre über ein Heer verfügte, das allen Naturge-
walten gewachsen sei. Erst im Frühjahr 324 v. Chr. kehrte er zurück, zuerst nach
Susa, einer der alten Hauptstädte des Reiches; Anfang 323 zog er wieder in Baby-
lon ein, das er acht Jahre vorher verlassen hatte.
Alexander, mehrfach schwer verwundet, war sicher nicht mehr so gesund
wie zu Beginn des Feldzuges, doch hätte sich bei der Ankunft in Susa auch nie-
mand vorstellen können, dass dem König nur noch achtzehn Monate bleiben
würden. Alexander entwickelte unverzüglich Feldzugspläne, die vermutlich noch
seine kampferprobtesten Generäle verzagen ließen, doch dachte er auch über die
Zukunft seines Reiches nach.
Philipp II. war bei den Griechen bekannt für die vielen Ehefrauen, die er nach
Maßgabe politischer Nützlichkeiten geheiratet hatte. Alexander schloss seine erste
offizielle Ehe im Jahre 327 v. Chr. Er heiratete Roxane, die Tochter eines seiner
gefährlichsten Widersacher im umkämpften Baktrien. Der politische Aspekt der
Ehe ist nicht zu leugnen, doch ist unbestritten, dass auch Zuneigung eine Rolle
spielte. Ein Kronprinz aus dieser Verbindung, der tatsächlich einige Monate nach
Alexanders Tod zur Welt kam, würde die Weite des neu eroberten Reiches in
besonderer Weise unter Beweis stellen. Ähnliche Hochzeiten seiner Generäle mit
adeligen Frauen der indigenen Elite hatte Alexander 324 in Susa angeordnet und
zugleich selbst eine persische Prinzessin geheiratet.
Alexander der Große 17

Diesen ersten Schritten einer dynastischen Politik entsprachen die zuneh-


mende Integration von Attributen der großköniglichen Herrschaft und die Ent-
wicklung eines ›Hofes‹ (s. den Beitrag von G. Weber). Skeptische Makedonen
und Griechen hatten schon im Jahre 327 v. Chr. einen Vorgeschmack davon
bekommen, als der König den Versuch machte, das Hofzeremoniell in seiner
direkten Umgebung an die neuen Umstände anzupassen. Griechische Quellen
berichten von dem missglückten Versuch, von allen Mitgliedern des Hofes die
persische Form der ehrerbietigen Begrüßung des Herrschers, die sog. Proskynese,
zu verlangen. Alexander hatte dabei unterschätzt, wie sehr diese Geste missver-
standen werden konnte: So gut wie keiner der damals anwesenden Makedonen
und Griechen mochte bei der Proskynese davon absehen, dass man jetzt den
König so ehren sollte, wie man in Griechenland die Götter zu verehren pflegte.
Auch die geringer werdende Bedeutung der Makedonen für die Armee des
Reiches stieß auf Argwohn. Es hatte schwere Verluste gegeben, und es war fast
unmöglich geworden, neue Rekruten aus Makedonien zu bekommen. Alexan-
der verstärkte deshalb die Integration iranischer Truppen in die Armee. Im Jahre
324 v. Chr. hatten die »Epigonen«, iranische Rekruten, ihre militärische Ausbil-
dung im makedonischen Stil abgeschlossen. Wenige Monate vor Alexanders Tod
wurden sogar Einheiten aufgestellt, in denen Makedonen und Iraner gemeinsam
dienten.
Ein Beispiel für Alexanders sorgsame Unterscheidung zwischen dem, was
Makedonen (und auch Griechen) zuzumuten war, und dem, was er für die

»Wenn Alexander bei Makedonen und Grie- blau, andere scharlachfarben. Vor ihnen stan-
chen Recht sprach, hielt er es für richtig, einen den dann schließlich 500 der größten Silber-
schlichten und bescheidenen Gerichtsplatz schildner. In der Mitte des Zeltes befand sich
zu haben, bei den Barbaren aber bevorzugte der goldene Thron, auf dem Alexander Audi-
er einen prächtigen, einem Feldherrn ange- enzen gab. Wenn er Recht sprach, standen die
messenen Platz, wobei er die Barbaren allein Leibwächter auf beiden Seiten. Rings um das
schon durch dessen Ausgestaltung in Stau- Zelt hatten das vom König gemusterte Elefan-
nen versetzte. Wenn er bei Baktrern, Hyrka- ten-Korps und tausend Makedonen in makedo-
nern und Indern zu Gericht saß, verfügte er nischer Uniform Aufstellung genommen; dann
über ein Zelt dieser Art: Es bot Platz genug für kamen 500 Susianer in purpurnen Gewän-
100 Liegen; es wurde getragen von 50 golde- dern, und nach ihnen, alle im Kreis, 10.000
nen Pfosten, und goldene, reich verzierte Bal- der ansehnlichsten und größten Perser, ange-
dachine waren darüber gespannt. Im Zelt stan- tan mit dem schönsten persischen Schmuck,
den in der ersten Reihe 500 persische Apfel- und ausgerüstet mit persischen Kurzschwer-
träger in purpurner und leuchtend gelber Klei- tern. So sah Alexanders Gerichtsstätte bei den
dung. Hinter den Apfelträgern war die gleiche Barbaren aus.«
Zahl von Bogenschützen in anderer Klei-
dung postiert, einige feuerrot, einige dunkel- (Polyainos 4, 3, 24, Übersetzung: J. Malitz)
18 Jürgen Malitz

Akzeptanz bei den Besiegten, den ›Barbaren‹, an ›orientalischer‹ Selbstdarstel-


lung für nötig hielt, ist ein Text über das höfische Zeremoniell, das Alexander bei
der Rechtsprechung (und sicher nicht nur dort) entfalten ließ. Die zu Beginn des
Quellentextes genannten Baktrer, Hyrkaner und Inder lassen vermuten, dass sich
dieses Zeremoniell bereits lange vor der Rückkehr aus Indien im Jahre 324 v. Chr.
stufenweise entwickelt hat.
Auf die Strukturierung des Erreichten hat Alexander der Große in den letz-
ten Monaten seines Lebens wohl weniger Wert gelegt als nötig. Zwischen den
(angeblich) unzähligen Gelagen mit seinen Vertrauten entfaltete er lieber Pläne
für weitere militärische Unternehmungen. Gesichert sind die Vorbereitungen für
die Eroberung der arabischen Halbinsel; noch auf dem Sterbebett gab Alexander
letzte Anweisungen.
Weniger gesichert, aber keineswegs unplausibel sind die Pläne für eine Erobe-
rung des gesamten westlichen Mittelmeerraums. Im Jahre 324 v. Chr. verfügte
er vielleicht nicht schon über den besten Verwaltungsapparat, dafür aber über
eine Armee, der unter seinem Kommando kein Gegner im Westen der Oiku-
mene gewachsen gewesen wäre. Selbst in Italien hatte man schon davon gehört:
Im Januar 323 v. Chr. kamen Gesandte der Etrusker und der Völker Süditaliens
in Babylon an.
Im Juni 323 v. Chr. starb Alexander an einem Fieber, vielleicht Malaria. Einen
designierten Nachfolger hatte er nicht, und niemand wusste, ob die schwangere
Roxane Mutter eines Kronprinzen werden würde. Als Eroberer und Herrscher
hatte er mehr erreicht als je ein Mensch vor ihm. Er herrschte über ein Reich,
wie es in diesem Umfang nie vor ihm einem Einzelnen untertan war – selbst die
erfolgreichsten der persischen Großkönige hatte er in den Schatten gestellt. Ver-
mutlich starb er in dem Gefühl, sich nur noch mit Gestalten der griechischen
Mythologie vergleichen lassen zu müssen.

Literatur
R. LANE FOX, Alexander der Große. Eroberer der Welt (²2004).
H. STRASBURGER, Die griechische Antike, in: Funk-Kolleg Geschichte. Bd. 2 (1981), 38–52.
H.-U. WIEMER, Alexander der Große (2005).
M. WOOD, Auf den Spuren Alexanders des Großen. Eine Reise von Griechenland nach Asien (2002).
[Eine Dokumentation der BBC zu diesem Buch ist bei YouTube in vier Teilen abrufbar.]
Das hellenistische Herrscherporträt

von Harald Schulze

So wie die historische Gestalt Alexanders des Großen einen epo-


chalen Wendepunkt in der Geschichte markiert, hat auch sein Bild-
nis einschneidende Bedeutung für die Entwicklung des Porträts:
Es wurzelt in der spätklassischen Kunst und legt die Grundlagen für
die Darstellungen der Angehörigen der ihm nachfolgenden hellenis-
tischen Dynastien. Eine Beurteilung der hellenischen Herrscherpor-
träts muss daher auf einer Analyse des Alexanderbildnisses auf-
bauen.

Das Alexanderporträt
Von keiner anderen antiken Persönlichkeit sind über einen so langen Zeitraum
so viele Bildnisse in unterschiedlichen Kulturzonen geschaffen worden wie von
Alexander dem Großen (s. den Beitrag von J. Malitz). Eine große Spannbreite
umfassen auch die Materialien, die Formate und die Ikonografie. Neben den
erhaltenen griechischen Originalen gibt es römische Kopien nach verlorenen
griechischen Originalen. Die Denkmäler gliedern sich in verschiedene Überliefe-
rungsstränge, Typen und Varianten, die innerhalb der archäologischen Forschung
umstritten sind. Abweichende Meinungen gibt es auch bei der Identifizierung
mancher Stücke als Alexander sowie bei ihren Datierungen.
Die Entwicklung des griechischen Porträts ist geprägt vom wechselvollen
Zusammenspiel zweier Darstellungstendenzen: der Verkörperung allgemeiner
Normen in idealen Zügen und der physiognomischen Erfassung einer individu-
ellen Persönlichkeit. In der Alexanderzeit fallen wissenschaftliche Erkenntnisge-
winne mit Veränderungen im Arbeitsprozess der Porträtgestaltung zusammen. So
hat das naturwissenschaftlich-empirische Weltbild des Aristoteles auch Auswir-
kungen auf die Kunst seiner Zeit, in der die Physiognomie des Porträtierten eine
neue Bedeutung bekam. Der ältere Plinius überliefert, dass der Bildhauer Lysi-
stratos in dieser Zeit erstmals Gipsabgüsse vom Gesicht des zu Porträtierenden
anfertigte und zum Ausgangspunkt seines Arbeitsprozesses machte.
20 Harald Schulze

Abb. 1 Ein Wechselspiel zwischen klassisch beruhig-


ten Gesichtszügen und dynamisch bewegten Locken
prägt das Porträt des ›Alexander Schwarzenberg‹. Die
römische Kopie geht zurück auf eine Bronzestatue von
Alexanders ›Hofbildhauer‹ Lysipp: So wollte sich der
Weltenherrscher zu Lebzeiten dargestellt sehen.

Antike Schriftquellen berichten, dass sich


Alexander nach seiner Thronbesteigung nur von
Lysipp, dem berühmtesten Bildhauer seiner Zeit,
sowie vom ebenso prominenten Maler Apelles
porträtieren ließ. Aufgrund der Überlieferungslage
sind von den gemalten Bildnissen Alexanders nur
das Prinzenporträt auf dem 336 v. Chr. entstan-
denen Wandbild von Vergina sowie das Porträt
auf dem Alexandermosaik, eine Umsetzung nach
einer gemalten frühhellenistischen Vorlage, erhal-
ten. Anders bei den plastischen Porträts: Zunächst einmal gilt es, aus der Viel-
zahl der Bildnisse diejenigen herauszufiltern, die mutmaßlich zu Lebzeiten Alex-
anders entstanden. Dies sind das Prinzenbildnis im Typus Athen-Erbach aus der
Zeit um 340 v. Chr. sowie die beiden dem Lysipp zugewiesenen Typen Schwar-
zenberg (Abb. 1) und Azara aus der Zeit um 330 v. Chr. Alle drei sind durch
eine Reihe römischer Kopien überliefert und können durch stilistische Vergleiche
mit Werken der Alexanderzeit datiert werden. Als individuelle Merkmale zeigen
alle Porträttypen die jugendliche Bartlosigkeit und die langen Haare mit den
aufspringenden Stirnlocken. Bezüglich der Gestaltung der Gesichtszüge ist das
Prinzenbildnis weitgehend der Tradition spätklassischer Idealdarstellungen ver-
haftet, während die beiden dem Lysipp zugeschriebenen Typen stärker individu-
elle Merkmale aufweisen. Ein spezielles Problem ist die Frage nach dem Realitäts-
gehalt dieser Züge und ihrer Verbindung mit der widersprüchlichen schriftlichen
Überlieferung zum Aussehen Alexanders. Keines der zu Lebzeiten entstandenen
Porträts zeigt Alexander mit Diadem, das offenbar erst in seiner Nachfolge zur
verbindlichen Herrscherinsignie wurde (s. den Beitrag von M. Haake).
Das älteste erhaltene rundplastische Originalporträt Alexanders ist der vor
einigen Jahren im Umkreis der makedonischen Hauptstadt Pella gefundene Kopf
des ›Giannitsa-Alexander‹. Er stammt aus der Diadochenzeit. Das hochqualita-
tive Porträt beeindruckt durch eine Kombination aus präziser Oberflächenbe-
handlung und dramatisch bewegten Einzelelementen. Zur Ausdrucksstärke des
Porträts trägt die emphatische Kopfwendung bei, die als Kennzeichen Alexanders
auch in den Schriftquellen genannt wird, wobei wahrscheinlich ist, dass dieses
Merkmal ursprünglich im Porträt ausgeprägt war und dann in der späteren Über-
lieferung auf die Person Alexanders übertragen wurde.
Das hellenistische Herrscherporträt 21

Abb. 2 Der Alabasterkopf Alexanders des Großen ist


eine typisch alexandrinische Arbeit aus hellenistischer
Zeit. Er war als Einsatzkopf in eine Statue aus anderem
Material eingelassen. Eine auf dem Kopf eingesetzte
ägyptische Götterkrone vervollständigte das Porträt des
vergöttlichten Alexander.

Unter den in hellenistischer Zeit entstandenen


Porträts Alexanders stellen die aus Ägypten stam-
menden Bildnisse die mit Abstand größte Gruppe
dar. In der von ihm gegründeten Stadt Alexan-
dreia wurde Alexander kultisch verehrt (Abb. 2).
Es gab offensichtlich einen lebhaften Handel
mit Alexanderbildnissen, die als Votiv- und pri-
vate Kultbilder, vielleicht auch als Andenken, in
unterschiedlichen Größen und Materialien ange-
boten wurden. In ihrer physiognomischen Gestal-
tung ist eine Tendenz zu einer pathetischen Idea-
lisierung zu beobachten. Die Vermischung griechischer und ägyptischer Kultur-
elemente führte zu einer Verbindung des griechisch geprägten Alexanderporträts
mit der ägyptischen Hemhem-Götterkrone. In zahlreichen Fällen zeigen Befes-
tigungslöcher auf dem Scheitel alexandrinischer Alexanderbildnisse, dass dort
solche Kronen als Attribut von Alexanders Vergöttlichung angebracht waren.
Ein spezifischer Fall ist der Statuentypus des Alexander mit der Aigis. Dieser
Typus gibt wahrscheinlich das Kultbild Alexanders als Stadtgründer von Alex-
andreia wieder. Die ungewöhnliche Gestaltung der Aigis als langer Mantel kann
mit einer antiken Überlieferung, wonach der Grundriss der Stadt Alexandreia der
Form eines makedonischen Mantels geglichen habe, in Verbindung gebracht und
als symbolische Andeutung dieses Grundrisses gedeutet werden.

Porträts der hellenistischen Herrscher


Denkmälerbestand und Gattungen: Nach der hier geltenden Definition sind hel-
lenistische Herrscherporträts die Bildnisse der Angehörigen aller hellenistischen
Dynastien einschließlich der weiblichen Mitglieder. In den verschiedenen Mate-
rialgattungen sind insgesamt mehrere Hundert solcher Herrscherbildnisse erhal-
ten. Hinzu kommen zahlreiche durch Inschriften und literarische Nachrichten
überlieferte Bildnisse.
Im Bestand der Rundplastik finden sich mehr als hundert lebens- und über-
lebensgroße originale hellenistische Herrscherbilder, überwiegend in Bronze
und Marmor, aber auch in lokalen Steinsorten gearbeitet. Hinzu kommen eine
Anzahl nur in römischen Kopien erhaltener Bildnisse sowie zahlreiche kleinfor-
22 Harald Schulze

matige Darstellungen. Rundplastische hellenistische Porträts sind dabei grund-


sätzlich Ganzkörperstatuen; erst die römischen Kopien geben Büsten und Köpfe
wieder. Reliefdarstellungen sind nur in den Darstellungen der Ptolemäer auf den
ägyptischen Reliefs überliefert. Die ehemals sehr prominenten Darstellungen auf
Gemälden sind bis auf das Herrscherpaar von Boscoreale lediglich in der schrift-
lichen Überlieferung bezeugt. Herrscherbildnisse finden sich auch in der Glyp-
tik, d. h. auf Gemmen und Kameen sowie auf zahlreichen Siegelabdrücken, ver-
einzelt auch auf toreutischen Arbeiten. In den Münzbildern der einzelnen helle-
nistischen Monarchien sind die Angehörigen der Dynastien in unterschiedlicher
Gewichtung vertreten. Die Identifizierung der rundplastischen Bildnisse erfolgt
in der Regel aufgrund von Münzvergleichen, wobei in vielen Fällen die Zuwei-
sungen in der Forschung umstritten sind. Die Datierung der Porträts stützt sich
auf die Lebensdaten der Dargestellten, auf
Grabungsstratigrafie, vor allem aber auf stilis-
Merkmale des Alexanderporträts: tische Vergleiche.
Funktion, Typologie, Ikonografie: Die rund-
Allen Überlieferungssträngen des Alexander- plastischen Herrscherstatuen lassen sich ihrer
porträts gemeinsam sind folgende Kriterien:
Funktion nach einteilen in Ehren- und Kult-
Das wichtigste Erkennungsmerkmal für Zeit-
genossen und Nachwelt bildet die Frisur:
statuen. Die Ehrenstatuen für die Könige und
Lange Locken umrahmen das Gesicht und über ihre Angehörigen machten einen Großteil
der Stirn streben die Haare in einem aufstei- der hellenistischen Ehrenstatuen des 3. und
genden Lockenwirbel nach oben. Dieses Haar- 2. Jh.s v. Chr. aus. Wie die Inschriften auf den
motiv erinnert sowohl an die Zeus-Ikonogra- Statuenbasen zeigen, fungierten in der Regel
fie als auch an den Mähnenkranz eines Löwen.
städtische Institutionen als Stifter. Aufstel-
Seine Bedeutung für die Alexander-Ikonogra-
fie manifestiert sich auch darin, dass dieses lungsorte waren prominente Plätze der Städte
Haarmotiv mit der Bezeichnung anastolē wie die Agora oder das Theater.
(griech. »Hochwerfen«, nämlich der Stirn- Seit Alexander dem Großen konnten die
haare in einem Wirbel) eine eigene Begriff- hellenistischen Könige als Götter verehrt
lichkeit erhielt. Die Frisur kann bei den ein-
werden. Im Herrscherkult manifestierten sich
zelnen Porträttypen variieren, ihr Grundprin-
zip bleibt aber immer erkennbar. Typisch für
dynastische Legitimation und Kontinuität,
Alexander ist zudem seine jugendliche Bartlo- und es wurde Loyalität zum Herrscherhaus
sigkeit, die im Gegensatz zur klassischen Bär- demonstriert. Es gab verschiedene Formen,
tigkeit griechischer Männer steht. Von nach- die vom offiziellen Dynastiekult über städ-
folgenden Herrschern und Bürgern als Vor- tische bis zu privaten Herrscherkulten reich-
bild aufgegriffen, wurde sie zu einer hellenis-
ten. Dabei konnten Bildnisse der lebenden
tischen Modeerscheinung.
Die postum entstandenen Bildnisse erweitern Herrscher sowie der Ahnen und Angehöriger
das Porträt durch pathetische Formeln und des Hofes in eigenen teméne (»Kultbezirken«)
betonen damit ideale Wesenszüge des Welt- oder öffentlichen Gebäuden sowie in Tempeln
herrschers in überhöhender Form: Dazu gehö- anderer Gottheiten aufgestellt werden. Ent-
ren die dramatische Kopfwendung, die seine
sprechend der Ausrichtung des Herrscherkul-
schwärmerische Sehnsucht ausdrückt, sowie
eine vorgewölbte Stirnpartie mit tiefliegen-
tes waren dynastische Familiengruppen von
den Augen und breitem Nasenrücken, die das besonderer Bedeutung.
Löwenhafte seiner Persönlichkeit zur Geltung
bringt.
Das hellenistische Herrscherporträt 23

Die propagandistische Zielsetzung sowie die zu beobachtenden Zusammen-


hänge zwischen Münzporträts und plastischen Bildnistypen sprechen dafür, dass
es offizielle Porträttypen gab. Allerdings sind weder regelrechte Kopienserien
noch klare Typenabfolgen zu scheiden. Dies erklärt sich aus den allgemeinen
Prinzipien der hellenistischen Kunst, die nicht auf Serialität, sondern auf Origi-
nalität abzielte.
Die Typologie der männlichen hellenistischen Herrscherstatuen umfasst
Reiterstatuen, Panzerstatuen, bekleidete und nackte Herrscherfiguren; hinzu
kommen sitzende oder stehende bekleidete Herrscherinnen. Eine Sondergruppe
bilden die Ptolemäerstatuen im ägyptischen Pharaonentypus.
Bei den Nachfolgern Alexanders war die Annahme des Königtitels mit dem
Tragen des Diadems als Herrscherinsignie verbunden. Entsprechend zeigen die
Porträts die Monarchen mit dem Diadem. Im Zusammenhang mit der Anglei-
chung an Götter können hellenistische Herrscherbildnisse Götterattribute aufwei-
sen wie Aigis, Löwenfell, Strahlenkranz sowie Widder-, Stier- und Bockshörner.
Auf der Grundlage des durch Alexander geprägten neuen dynamischen Herr-
scherbildes entwickelten sich in den einzelnen hellenistischen Reichen eigen-
ständige Bildnistraditionen. Diese wurden beeinflusst von den politischen und
sozialen Verhältnissen und Akkulturationsprozessen, von dynastischen Zusam-
menhängen und propagandistischen Absichten. Dabei sind unterschiedliche
Formen des Umgangs mit den Münzbildnissen und den rundplastischen Porträts
zu beobachten; dies betrifft sowohl die Dynastien wie einzelne Herrscherper-
sönlichkeiten. So kennen wir Münzbildnisse aller Seleukidenkönige und einiger
Königinnen, während rundplastische Bildnisse aufgrund der geringen Bedeutung
des Herrscherkultes im Seleukidenreich eher selten sind. Anders in Ägypten, wo
der Herrscherkult eine große Rolle spielte und zahlreiche rundplastische Por-
träts erhalten sind. Es finden sich sowohl griechische wie ägyptische Bildnistypen
sowie Mischformen. Fehlende Münzbildnisse für einige Ptolemäer und Fami-
lienähnlichkeiten erschweren zum Teil die Identifikation der Porträts. Ähnlich
schwierig ist die Situation bei den Porträts der Attaliden, deren Zuweisungen in
der Forschung vielfach umstritten sind.

Literatur
E. BRUNELLE, Die Bildnisse der Ptolemäerinnen (1976).
R. FLEISCHER, Studien zur seleukidischen Kunst: Herrscherbildnisse (1991).
B. FRÖHLICH, Die statuarischen Darstellungen der hellenistischen Herrscher (1998).
U.-W. GANS, Attalidische Herrscherbildnisse (2006).
H. KOTSIDU, TIMH KAI DOXA, Ehrungen für hellenistische Herrscher im griechischen Mutterland und in
Kleinasien unter besonderer Berücksichtigung der archäologischen Denkmäler (2000).
H. KYRIELEIS, Bildnisse der Ptolemäer (1975).
R. R. R. SMITH, Hellenistic Royal Portraits (1988).
Das Diadem – königliches Symbol in
hellenistischer Zeit

von Matthias Haake

Das Diadem gilt zu Recht als das Symbol hellenistischer Könige


schlechthin. Keine Klarheit besteht allerdings über Herkunft und
Ursprung dieses weder materiell wertvollen noch künstlerisch
anspruchsvollen Symbols, das nichts anderes ist als eine gesäumte
Stoffbinde, die um den Kopf gelegt wird, durch einen Knoten im
Nacken zusammengebunden ist und zwei lange Enden hat. Doch lässt
sich plausibel machen, dass die Erfolgsgeschichte des Diadems als
omnipräsentes königliches Symbol in der hellenistischen Welt zwi-
schen Sizilien im Westen und Baktrien im Osten, der Krim im Norden
und Ägypten im Süden am 1. Oktober 331 v. Chr. auf dem staubigen
Schlachtfeld von Gaugamela ihren Anfang nahm.

Den Herrscher markieren


Am 26. August 1849, einen Tag nach seiner Proklamation zum Kaiser von Haiti,
wurde der als Sklave geborene vormalige Präsident der Insel, Faustin Soulouque,
im Senat mit einer über Nacht aus Pappe und falschen Edelsteinen gefertigten
Krone gekrönt. Doch weder die Krönungszeremonie noch die Insignie stellten
den glühenden Verehrer Napoleon Bonapartes zufrieden. Mit eigens in Paris
angefertigten Regalia, einem Imitat der napoleonischen Insignien, kam es des-
wegen nach ebenso langwierigen wie aufwendigen Vorbereitungen am 18. April
1852 in der Kathedrale von Port-au-Prince zu einer erneuten Investitur: Im
Rahmen einer überaus prachtvollen Zeremonie krönte sich Faustin I. wie sein
Vorbild selbst und setzte seiner Frau Adélina eine Krone auf.
Auf instruktive Weise führt dieses Beispiel vor Augen, dass Alleinherrschaf-
ten wie jede politische Ordnung ritueller Akte und symbolischer Verdinglichun-
gen bedürfen. In diesem Zusammenhang kommt Kopfbedeckungen in ganz
unterschiedlicher Ausformung eine herausragende Rolle zu. Dies gilt zweifels-
Das Diadem – königliches Symbol in hellenistischer Zeit 25

ohne auch für das Diadem in hellenistischer Zeit. Doch auch wenn diese Aus-
sage mit Sicherheit zutrifft: Obwohl das Diadem im Hellenismus allgegenwärtig
war (s. Abb. S. 34, 55, 69, 112, 127, 134, 148, 157), so besteht wegen der über-
aus spärlichen und zugleich ungemein disparaten schriftlichen Quellenlage, die
prima facie jeweils eine Vielzahl von Hypothesen ermöglicht, hinsichtlich einer
ganzen Reihe von zentralen Fragen bezüglich dieses königlichen Symbols in der
Forschung ein ›babylonisches Diademgewirr‹. Besonders deutlich manifestiert
sich dies in der Diskussion um mögliche vorhellenistische Ursprünge des Dia-
dems und seine Implementierung in die politische Symbolsprache der hellenisti-
schen Welt in Form einer Translation, Adaption, Transformation oder Kreation.
Weder ist die Annahme, dass das Diadem als spezifisch königliche Insignie dem
Ornat des persischen Großkönigs entstammen würde und von Alexander dem
Großen in sein eigenes royales Kostüm übernommen worden sei, zur communis
opinio der Forschung geworden, noch die These, dass das Diadem einen griechi-
schen Ursprung hätte und unmittelbar aus der agonistischen Siegerbinde abge-
leitet werden könne. Gleiches gilt auch für den Ansatz, aus dem Diadem einen
originären Bestandteil der traditionellen Tracht der makedonischen Könige zu
machen, und für die Überlegung, in der Binde des Gottes Dionysos ein Vor-
bild für das Diadem der hellenistischen Herrscher auszumachen. Auch herrscht
keine Einigkeit über die Frage, ob der Ursprung dieses am weitesten verbreiteten
royalen Symbols im Hellenismus zeitlich bereits unter Alexander dem Großen
oder erst unter den Diadochen zu verorten ist.

Anfänge im Staub
Als die Schlacht von Gaugamela am 1. Oktober 331 v. Chr. geschlagen war,
gab es einen glanzvollen Sieger: den 25-jährigen Alexander (s. den Beitrag von
J. Malitz). Nach Issos hatte er zum zweiten Mal sein Heer durch einen persönlich
geführten Angriff auf das um den Großkönig Dareios III. gruppierte Zentrum
des zahlenmäßig weit überlegenen persischen Reichsaufgebots zum Sieg geführt.
Die Quellenlage erlaubt den Schluss, dass Alexander auf dem noch staubver-
hangenen Schlachtfeld von seinen Truppen spontan in einem ungeregelten Akt
zum »König von Asien« ausgerufen wurde. Es ist darüber hinaus eine plausible
Annahme, dass im Rahmen dieser Proklamation Alexander in einem situativen
Vorgehen als Zeichen seines Sieges und zur Manifestation seiner neuen Macht-
position mangels einer besseren Alternative von einer im Dunkel der Geschichte
verborgenen Person oder Personengruppe ein Stück Stoff um den Knopf gebun-
den wurde. Trifft diese These zu, so lägen die Anfänge des Diadems als hellenisti-
schem Königszeichen auf dem Schlachtfeld von Gaugamela.
Zwar vermag dieses Szenario die Entstehung des Diadems zu erklären, dessen
späteren Erfolg hingegen jedoch nicht. Dafür ist es zunächst notwendig zu
26 Matthias Haake

klären, welche Bedeutung der Proklamation auf dem Schlachtfeld innewohnte


und welche Semantik der Bezeichnung »König von Asien« und der Alexander
um den Kopf gebundenen Binde zuzuschreiben ist: Alexanders Ausrufung zum
»König von Asien« besitzt weder eine staatsrechtliche Dimension noch beschreibt
sie einen spezifischen Status; auch ist die Bezeichnung »König von Asien« weder
ein Titel, noch ist sie mit einem spezifischen Territorium verbunden. Vielmehr ist
»König von Asien« eine griechisch-makedonische Kreation, die nicht auf achai-
menidische Vorstellungen zurückgeführt werden kann und auch nicht mit der
geografischen Extension des Perserreiches deckungsgleich ist. Ebenso wie der
Akklamationsruf »König von Asien« auf die Person Alexanders bezogen ist, so ist
zunächst auch das Diadem ein Zeichen, das Alexanders Sieg in der Schlacht von
Gaugamela manifestiert: Es ist ebenfalls auf kein definiertes Territorium bezogen,
und auch ihm eignet keinerlei staatsrechtliche Komponente. Schließlich markiert
es Alexander auch nicht als neuen Achaimenidenkönig.
Auch wenn das Diadem mit einem der größten Triumphe Alexanders verbun-
den war und wohl nach den Geschehnissen von Gaugamela zumindest partiell
durch eine Herleitung von der Binde des Gottes Dionysos semantisch aufgewer-
tet wurde: Zu Alexanders Lebzeiten spielte das Diadem in dessen herrschaftli-
cher Repräsentation eine allem Anschein nach allenfalls untergeordnete Rolle –
womöglich gerade deshalb, weil es mit seinem entscheidenden Sieg über die
Perser in Verbindung gebracht werden konnte und somit eher konträr zu seiner
insbesondere seit dem Tod des Dareios III. im Juli 330 v. Chr. verfolgten Politik
der Integration des bisherigen Gegners in sein neues Reichsgebilde stand.
Doch wie kam es vor diesem Hintergrund dazu, dass aus der zu Alexanders
Lebzeiten eher marginalen, doch exklusiv auf diesen Herrscher bezogenen Stoff-
binde das hellenistische Königszeichen schlechthin wurde?

Eine glanzvolle Karriere


Zentrale Voraussetzung für die Karriere des Diadems in hellenistischer Zeit war
dessen sich über mehr als ein halbes Jahrhundert hinweg vollziehender Bedeu-
tungswandel nach dem Tod Alexanders des Großen am 10. Juni 323 v. Chr., der
mit einer völligen Neugestaltung der politischen Landkarte der östlichen Mittel-
meerwelt einherging.
Zunächst war das Diadem, von dem es aufgrund seiner stofflichen Konsistenz
schon zu Alexanders Lebzeiten mehr als ein Exemplar gegeben haben muss, zwar
nicht in untrennbarer Symbiose mit dem Leichnam des toten Königs verbun-
den, doch wurde ihm eine stark personale Komponente zugeschrieben, so dass es
quasi als ein Symbol für Alexander aufgefasst werden konnte. Zugleich konnte
das Diadem aufgrund seiner hohen semantischen Spezifität und exklusiven Bezo-
genheit auf Alexander auch als ein Symbol für das von diesem eroberte und von
Das Diadem – königliches Symbol in hellenistischer Zeit 27

Abb. 1 Tetradrachme des Lysimachos mit dem Bildnis


Alexanders des Großen aus den 290/80er Jahren v. Chr. Im
Frühjahr 331 v. Chr. besuchte Alexander das Heiligtum des
Zeus-Ammon in der ägyptischen Wüstenoase Siwa (s. den
Beitrag von J. Malitz). Mit dem Attribut dieses Gottes,
dem Widderhorn, lässt Lysimachos den großen Makedonen
auf seinen Münzen darstellen. Das gebogene Horn ist am
Diadem angebracht.

seiner Person zusammengehaltene Reich konzeptio-


nalisiert werden. Während die erste Bedeutungszu-
schreibung an das Diadem aufgrund der Interessenlage der
Akteure rasch wieder von der politischen Bildfläche verschwand,
verlor sich die zweite Sinnkomponente des Diadems erst in den Jahrzehnten nach
dem langen »Jahr der Könige«, einem echten ›Epochenjahr‹ für die hellenisti-
sche Geschichte. Nach der Ermordung von Alexanders postum geborenem Sohn
310 v. Chr. war für die in den Kämpfen um den ›Platz an der Sonne‹ in Alexan-
ders ehemaligem Reich verbliebenen Akteure die letzte Hemmschwelle gefallen:
Zwischen 307/6 und 303/2 v. Chr. nahmen zuerst Antigonos Monophthalmos
und sein Sohn Demetrios Poliorketes (s. den Beitrag von S. Diefenbach) sowie
dann auch Lysimachos (Abb. 1), Ptolemaios I. (s. die Beiträge von H. Klinkott
und S. Pfeiffer), Seleukos I. (s. den Beitrag von K. Ehling) und Kassandros jeweils
nach militärischen Erfolgen mit dem Anspruch auf das gesamte Alexanderreich
den Königstitel an und begannen – wohl mit Ausnahme des Letzteren – zugleich
Diademe zu tragen.
Diese Vervielfältigung eines ursprünglich allein das personale Königtum Alex-
anders des Großen symbolisierenden Zeichens und sein Einsatz durch die neuen
Könige bedingten einen doppelläufigen Prozess: die semantische Umwertung des
Diadems zu einer grundsätzlichen Insignie für das Königtum und die Nivellie-
rung seines exklusiven Alexander(reichs)bezugs. Die Verwendung von Diademen
auch bei den Nachfolgern der Diadochen ist die Fortsetzung dieser Entwicklung
in den ersten Jahrzehnten des 3. Jh.s v. Chr. (Abb. 2), die ihren vorläufigen End-
punkt im zweiten Viertel dieses Jahrhunderts erreicht: Diademträger lassen sich
von da an auch unter Herrschern ausmachen, die keinerlei Bezug zu Alexander
oder dessen Reich aufweisen konnten – wie etwa die Beispiele des syrakusani-
schen Monarchen Hieron II. (s. den Beitrag von M. Dreher und M. Müller) und
der spartanischen Könige Kleomenes III. (s. Abb. 1 im Beitrag von E. Baltrusch)
und Nabis zeigen. Schließlich verwandten seit dem 2. Jh. v. Chr. sogar nicht-
griechische Herrscher in bestimmten Kontexten das Diadem als Teil ihrer könig-
lichen Tracht – man denke hier etwa an die jüdische Dynastie der Hasmonäer
oder die asarkidischen Könige (s. die Beiträge von A. Hartmann und A. Luther).
Das Diadem war ab dem frühen 3. Jh. v. Chr. ein eindeutiges Symbol für all
diejenigen, die sich der in der hellenistischen Welt entstandenen politischen Zei-
28 Matthias Haake

Abb. 2 Tetradrachme des Seleukidenkönigs Alexander I.


(150–145 v. Chr.) mit ›klassischer‹ Königsbinde. Der
wahrscheinlich illegitime Sohn des Antiochos IV. kam mit
Hilfe der Ptolemäer (s. den Beitrag von S. Pfeiffer) auf den
syrischen Königsthron. Über seine Regierung wird ausführ-
lich im ersten biblischen Makkabäerbuch berichtet.

chensprache stets oder in spezifischen Kommunika-


tionskontexten bedienen wollten und den Anspruch
erhoben und durchsetzen konnten, Könige zu sein. Über
Natur und Charakter der sich hinter dem Begriff ›König‹ ver-
bergenden zahlreichen Ausformungen von Alleinherrschaft sagt
das Diadem, das nie einen territorialen Bezug aufwies oder eine staatsrechtliche
Komponente besaß, allerdings nichts aus.
Unklar bleiben müssen bezüglich des Diadems in hellenistischer Zeit zwei
wichtige Aspekte, die mit monarchischen Symbolen grundsätzlich auf das Engste
verbunden sind: einerseits die Frage nach der Einbindung des Diadems in Inves-
titurakte – das Wissen über die Existenz und den Ablauf derartiger Rituale ist für
die hellenistische Zeit so begrenzt, dass man nur unterschiedliche Formen pos-
tulieren kann. Andererseits gibt es hinsichtlich weiblicher Diademträgerinnen
(s. Abb. 1 im Beitrag von M. Clauss) mehr Fragen als Antworten.
Um die offenen Fragen zum Diadem im Hellenismus beantworten und neue
stellen zu können, wäre eine ›histoire totale‹ dieses königlichen Zeichens ein loh-
nendes Unterfangen; zugleich könnte dies auch ein Beitrag zu einem noch besse-
ren Verständnis der Monarchie in der hellenistischen Welt sein.

Literatur
J. E. BAUR, Faustin Soulouque, Emperor of Haiti. His Character and his Reign, in: The Americas 6 (1949),
131–166.
E. A. FREDRICKSMEYER, The Origin of Alexander’s Royal Insignia, in: Transactions of the American Philo-
logical Association 127 (1997), 97–109.
H.-J. GEHRKE, The Victorious King: Reflections on the Hellenistic Monarchy, in: N. LURAGHI (Hrsg.), The
Splendors and Miseries of Ruling Alone. Encounters with Monarchy from Archaic Greece to the Hellenis-
tic Mediterranean (2013), 73–98.
M. HAAKE, Diadem und basileus. Überlegungen zu einer Insignie und einem Titel in hellenistischer Zeit, in:
A. LICHTENBERGER / K. MARTIN / H.-H. NIESWANDT / D. SALZMANN (Hrsg.), Das Diadem
der hellenistischen Herrscher. Übernahme, Transformation oder Neuschöpfung eines Herrschaftszeichens?
(2012), 293–313.
A. LICHTENBERGER / K. MARTIN / H.-H. NIESWANDT / D. SALZMANN (Hrsg.), Das Diadem der hel-
lenistischen Herrscher. Übernahme, Transformation oder Neuschöpfung eines Herrschaftszeichens? (2012).
O. MURRAY, Diadem and Kingship, in: Classical Review n.s. 16 (1966), 224–227.
H.-W. RITTER, Diadem und Königsherrschaft. Untersuchungen zu Zeremonien und Rechtsgrundlagen des
Herrschaftsantritts bei den Persern, bei Alexander dem Großen und im Hellenismus (1965).
Das Antigonidenreich

von Klaus Scherberich

Den Antigoniden gelang es erst relativ spät, in Makedonien eine


Dynastie zu etablieren. Nachdem sie zwischenzeitlich die unum-
strittene Hegemonialmacht in Griechenland geworden waren,
zog der Vertrag Philipps V. mit Hannibal 215 v. Chr. die dauer-
hafte Feindschaft Roms nach sich und führte schließlich zu ihrem
Untergang.

Schlussakt in Rom
Drei Tage lang dauerte der Triumphzug des Aemilius Paullus. Drei Tage lang
zogen mit Gold, Silber und anderen Beutestücken beladene Wagen durch Rom.
Schließlich, am dritten Tag, kam endlich der ruhmreiche Sieger selbst und mit
ihm der in Ketten gelegte Perseus, der besiegte König der Makedonen. Dieses
sorgfältig inszenierte Siegesschauspiel markierte 167 v. Chr. in augenfälliger
Weise nach gut hundert Jahren das Ende des Antigonidenreiches (Abb. 1).

Schwierige Anfänge
Anders als etwa bei den Ptolemäern in Ägypten (s. den Beitrag von S. Pfeiffer)
dauerte es bei den Antigoniden mehrere Jahrzehnte, bis sie ihre Herrschaft in
Makedonien dauerhaft festigen konnten. Sie führten ihre Dynastie zurück auf
Antigonos Monophthalmos (»der Einäugige«), einen der Generäle Alexanders
des Großen. In den Diadochenkriegen gelang es ihm zwischenzeitlich, den größ-
ten Teil des vormaligen Alexanderreiches unter seine Kontrolle zu bringen. Nach-
dem die Ermordung der letzten Familienangehörigen Alexanders bekannt gewor-
den war, nahm er 306 v. Chr. zusammen mit seinem Sohn Demetrios Poliorketes
(»der Städtebelagerer«) als erster der Diadochen den Königstitel an (s. den Beitrag
von S. Diefenbach). Dabei beanspruchte er für sich in der Nachfolge Alexanders
ein einziges, alles umfassendes Königtum, was die anderen Diadochen jedoch
nicht anerkannten. Ihrem Angriff unterlag Antigonos 301 v. Chr. bei Ipsos, sein
Abb. 1 Der Triumph des Aemilius Paulus. Historiengemälde von Carle Vernet, 1789.

Reich zerbrach, Demetrios behielt nur wenige Gebiete, darunter mehrere Städte seines verstorbenen Vaters angetreten hatte und eine expansive, gegen Makedo-
in Griechenland. nien gerichtete Außenpolitik betrieb.
Demetrios nutzte einige Jahre später eine Schwächeperiode in Makedonien, Die größte Herausforderung für Antigonos stellte der sogenannte Chremo-
um dort einzufallen und sich selbst zum König der Makedonen zu akklamie- nideische Krieg dar (269/68?–263/62? v. Chr.), in dem u. a. Athen und Sparta
ren (294 v. Chr.). Seine Herrschaft war allerdings nur von kurzer Dauer, schon (s. den Beitrag von E. Baltrusch) mit Unterstützung ägyptischer Schiffe und
287 v. Chr. wurde er von Pyrrhos von Epirus und Lysimachos von Thrakien Soldaten gegen ihn kämpften. Nach Siegen zunächst über Sparta, dann auch
wieder aus Makedonien vertrieben. Nach seinem Tod 283/82 v. Chr. erbte sein über Athen war die makedonische Hegemonie in Griechenland zunächst jedoch
Sohn Antigonos Gonatas seine Besitzungen in Griechenland. Nach einem Sieg wieder unangefochten.
über die in Griechenland einfallenden keltischen Galater 277 v. Chr. konnte Antigonos nutzte seine durch den Sieg gewonnene Handlungsfreiheit, um nun
er die Königsherrschaft in Makedonien zurückerlangen und in den folgenden seinerseits aktiv gegen Ptolemaios II. vorzugehen. Seesiege bei Kos (255 v. Chr.?)
Jahren gegen Pyrrhos erfolgreich verteidigen. Nach dessen Tod 272 v. Chr. hatte und Andros (245 v. Chr.?) führten zu einer temporären Schwächung der ägypti-
er Makedonien unangefochten in Besitz und kontrollierte zudem weite Teile schen Machtstellung in der Ägäis. Dagegen konnte er nicht verhindern, dass es
Griechenlands. dem Achaierbund unter der Führung des Aratos von Sikyon und mit Unterstüt-
zung ptolemäischer Gelder gelang, sich auf der Peloponnes auf Kosten des make-
donischen Einflusses erheblich auszudehnen.
Antigonos Gonatas (276–239 v. Chr.)
Seine lange Regierungszeit brachte Kontinuität und Stabilität, allerdings wurde Demetrios II. (239–229 v. Chr.)
die makedonische Machtposition in Griechenland mehrfach deutlich geschwächt.
Hauptgegner waren dort neben Athen und Sparta die aufstrebenden Bundesstaa- Fast die gesamte Regierungszeit von Antigonos’ Sohn Demetrios II. wurde
ten der Aitoler und Achaier. Auf der großen politischen Bühne musste sich Anti- bestimmt durch den Krieg gegen die bisher verfeindeten Bünde der Achaier und
gonos mit Ptolemaios II. auseinandersetzen, der 283/82 v. Chr. die Nachfolge Aitoler. Trotz einzelner Erfolge konnte er die weitere Expansion des achaiischen
32 Klaus Scherberich

Bundes auf der Peloponnes nicht verhindern. Bei seinem Tod 229 v. Chr. hinter-
ließ er mit seinem neunjährigen Sohn Philipp (später Philipp V.) einen unmündi-
gen Erben. Diese Schwächeperiode Makedoniens führte in den nächsten Mona-
ten zu einem nahezu vollständigen Zusammenbruch der antigonidischen Herr-
schaft über Mittel- und Südgriechenland.

Antigonos Doson (229–221 v. Chr.)


In dieser katastrophalen Situation wurde Antigonos Doson, ein Vetter von
Demetrios II., zum Vormund Philipps (V.) und Reichsverweser ernannt. Durch
einen Feldzug tief in das Kerngebiet des von Ptolemaios III. (s. den Beitrag von
W. Huß) mit Subsidien unterstützten Aitolischen Bundes konnte er diesen zu
einem Kompromissfrieden bewegen, durch den der größte Teil Thessaliens unter
makedonische Kontrolle zurückkehrte. Außerdem brachte er 227 v. Chr. in einer
Flottenexpedition nach Kleinasien Teile Kariens unter seine Herrschaft, was seine
Ernennung zum König nach sich zog.
Auf der Peloponnes war es dem spartanischen König Kleomenes III. zwi-
schenzeitlich gelungen, die meisten Städte des Achaiischen Bundes zu erobern.
In dieser existentiellen Krise sahen die Achaier schließlich keine andere Ret-
tung mehr, als ihre bisherige antimakedonische Politik aufzugeben und Doson
um Hilfe zu bitten. Gegen große Zugeständnisse erklärte sich der makedoni-
sche König schließlich zur Hilfe bereit. 224 v. Chr. wurde in Aigion ein großes
Bündnissystem unter seiner Führung gegründet, mit dem die Vormachtstellung
Makedoniens in Griechenland institutionell abgesichert werden sollte. Es han-
delte sich bei diesem sog. ›Hellenenbund‹, dem die meisten Staaten Griechen-
lands angehörten, allerdings um ein eher lockeres Bündnis mit großer Autono-
mie der Mitglieder. Mit militärischer Unterstützung des Hellenenbundes konnte
Doson Kleomenes 222 v. Chr. besiegen, Sparta musste dem Hellenenbund bei-
treten, die antigonidische Herrschaft war auf einem neuen Höhepunkt.

König, Hof, Verwaltung


Die Antigoniden suchten in Form einer fiktiven Abstammung von Philipp II.
eine Anknüpfung an die alte makedonische Königsdynastie und präsentierten
sich so wie diese als letztlich aus Argos stammend und als Abkömmlinge des
Herakles. Anders als etwa die Seleukiden (s. den Beitrag von K. Ehling) fanden
sie eine einheitliche Sprache und Kultur bereits vor, beides musste nicht erst
mühsam geschaffen werden. Auch war die Poliskultur in Griechenland voll ent-
wickelt, schon deshalb kam es nur selten (z. B. Demetrias) zu Städtegründungen.
Der König verfügte über einen riesigen Grundbesitz, ihm gehörten die wichtigs-
Das Antigonidenreich 33

ten Bergwerke, er erhob Zölle und Steuern und war oberster Heerführer. Er hatte
auch kultische Funktionen und pflegte Beziehungen zu wichtigen Heiligtümern
wie Delos oder Olympia. Der König besaß mehrere Residenzen, in denen er und
sein Hof sich häufiger aufhielten, z. B. Pella (s. den Beitrag von G. Weber). Eine
wichtige Rolle als Berater am Hof spielten die vom König ernannten »Freunde«
(phíloi), die in Makedonien allerdings nicht so strikt hierarchisch gegliedert
waren wie bei den Ptolemäern. Die Ernennung zum »Freund« war verbunden
mit einem zeremoniellen Akt, bei dem der König einen purpurgefärbten Mantel
(Chlamys) und eine spezielle Kopfbedeckung (Kausia) verlieh. Durch Geschenke
band der König die phíloi, bei denen es sich auch um Nichtmakedonen han-
deln konnte, an sich. Der Hof bildete auch ein kulturelles Zentrum; die königli-
chen Trinkgelage, die Symposien, boten zudem einen strukturierten Rahmen für
die Interaktion und Kommunikation zwischen dem König und der Elite. Eine
Besonderheit am Hof der Antigoniden war, dass die Söhne der makedonischen
Aristokratie dort in drei nach Alter getrennten Gruppen dienten.
Bis heute in der Forschung umstritten ist die Frage nach dem Charakter des
antigonidischen Königtums, d. h. ob es sich eher um eine ›autokratische‹ oder
um eine ›konstitutionelle‹ Monarchie gehandelt hat. Dabei wird z. T. eine regel-
mäßig zweimal im Jahr zusammentretende Volksversammlung mit weitreichen-
den Kompetenzen sowie ein u. a. aus den phíloi bestehender Rat angenommen.
Auch wird teilweise davon ausgegangen, dass die Städte ein hohes Maß an Selb-
ständigkeit und Autonomie von der königlichen Zentrale besaßen.

Philipp V. (221–179 v. Chr.)


Als Antigonos Doson starb, war Philipp noch unmündig. Die Aitoler nutzten
diese scheinbare Schwächeperiode Makedoniens, um ihre Expansionspolitik
wieder aufzunehmen. In dem sog. Bundesgenossenkrieg zwischen dem Helle-
nenbund und den Aitolern und deren Verbündeten (220–217 v. Chr.) erwies
sich Philipp jedoch als fähiger Feldherr. Für die nächsten Jahrzehnte wurde nun
Rom der entscheidende Faktor in der Geschichte des hellenistischen Makedoni-
ens. Die Römer griffen erstmals 229 v. Chr. militärisch jenseits der Adria ein, um
ihren von illyrischer Piraterie bedrohten Seehandel zu schützen (Erster Illyrischer
Krieg, 229/28 v. Chr.). Nach ihrem raschen Sieg nahmen sie an der Küste nörd-
lich von Epirus ein Gebiet unter ihren Schutz (sog. röm. ›Protektorat‹). Als der
von ihnen eingesetzte Demetrios von Pharos gegen die Abmachungen mit Rom
verstieß, griffen sie erneut ein, vertrieben ihn und stellten die Ordnung in ihrem
Sinne wieder her (Zweiter Illyrischer Krieg, 219 v. Chr.). Demetrios floh zu Phil-
ipp V. und versuchte ihn dafür zu gewinnen, das römische ›Protektorat‹ anzugrei-
fen und ihm seine verlorene Herrschaft zurückzugeben. Als Philipp 217 v. Chr.
die Nachricht von der Niederlage der Römer gegen Hannibal am Trasime-
34 Klaus Scherberich

Abb. 2 Silberdidrachme Philipps V. (220–197 v. Chr.):


Bärtiger Kopf Philipps im Profil nach rechts mit
Diadem.

nischen See erreichte, hielt er die Römer für hin-


reichend geschwächt und beendete rasch den
Bundesgenossenkrieg. Nach der vernichtenden
Niederlage der Römer bei Cannae 216 v. Chr.
schloss er im folgenden Jahr in der sicheren Erwar-
tung eines karthagischen Sieges einen Vertrag mit
Hannibal, der seine Ansprüche auf das ›Protektorat‹
sichern sollte (s. Infokasten). Für die Römer, denen der Ver-
trag in die Hände fiel, stellte sich Philipp damit auf unverzeihliche Weise auf die
Seite ihres Erzfeindes Hannibal. In dem folgenden Ersten Makedonischen Krieg
(215–205 v. Chr.) gewannen sie die Unterstützung des Aitolerbundes und wei-
terer griechischer Staaten mit dem Ziel, mit möglichst geringem eigenen Einsatz
Philipp in Griechenland zu binden. Der Krieg endete, als die Römer sich auf den
endgültigen Sieg gegen Hannibal konzentrieren wollten.
Philipp V. verlagerte in den nächsten Jahren seine Interessen nach Kleinasien,
wo ihm die Schwäche Ägyptens und die Kooperation mit dem Seleukiden Anti-
ochos III. (s. den Beitrag von H. H. Schmitt) neue Möglichkeiten zur Expansion
boten (Abb. 2). Die von seinen Gegnern Pergamon (s. den Beitrag von B. Dreyer
und A. van Douwe) und Rhodos zur Hilfe gerufenen Römer ergriffen gerne die
Gelegenheit, die Rache für den Vertrag mit Hannibal zu vollenden, der Zweite
Makedonische Krieg (200–197 v. Chr.) endete mit der Niederlage Philipps V. bei
Kynoskephalai. Der Hellenenbund und alle sonstigen Bündnisse Makedoniens
wurden aufgelöst, Philipp musste alle Besitzungen in Griechenland und Klein-
asien abtreten. Rom wollte verhindern, dass Makedonien eine hegemoniale Stel-
lung in Griechenland zurückgewann und eine Bedrohung für seine Interessen
darstellen konnte. Die Geschicke Griechenlands wurden von nun an im römi-
schen Senat entschieden.

Das Ende des Antigonidenreiches


Obwohl Philipp V. in der Folgezeit mehrfach auf Seiten der Römer kämpfte, blieb
deren Verhalten ihm gegenüber feindselig. Innenpolitisch nutzte er die Jahre bis
zu seinem Tod 179 v. Chr. zur Reorganisation und zum Wiederaufbau seines
Königtums. Außenpolitisch orientierte er sich nun vor allem nach Thrakien, um
nicht mit der von Rom installierten Ordnung in Konflikt zu geraten. Philipps
Sohn Perseus (179–168 v. Chr.) setzte die Aufbaupolitik seines Vaters fort und
Das Antigonidenreich 35

Auszug aus dem Vertrag Hannibals mit Philipp V., 215 v. Chr. (Polybios 7, 9, 4–14)
„[…] Der Feldherr Hannibal und alle es erforderlich ist und wie wir über- nen, und dass die Römer nicht Herren
Mitglieder des karthagischen Rates, einkommen. Wenn die Götter uns sein sollen über Kerkyra, Apollo-
die bei ihm sind, und alle Karthager, den Sieg gegeben haben im Krieg nia, Epidamnos, noch über Pharos,
die mit ihm im Felde stehen, erklä- gegen die Römer und ihre Bundes- Dimale, die Parthiner und die Atinta-
ren [...], Freunde, Verbündete und genossen, wenn dann die Römer um nen. Die Römer sollen Demetrios von
Brüder zu sein, unter dieser Bedin- einen Freundschaftsvertrag bitten, Pharos alle seine Untertanen zurück-
gung: […] Ihr werdet aber auch uns dann werden wir ihn so abschließen, geben, die jetzt zum römischen Herr-
Bundesgenossen sein in dem Krieg, dass dieselbe Freundschaft mit euch schaftsbereich gehören. […]«
den wir mit den Römern haben, bis bestehen soll, und unter der Bedin- (Polybios 7, 9, 4–14, Übersetzung:
die Götter uns und euch den Sieg gung, dass es ihnen niemals erlaubt H. Drexler, Polybios. Geschichte
geben, und ihr werdet uns helfen, wie sein soll, Krieg gegen euch zu begin- (21978))

nutzte die gewachsenen finanziellen Ressourcen dazu, in den griechischen Staa-


ten als Wohltäter (Euerget) aufzutreten. Dieses erfolgreiche Werben um Anhän-
ger und Bündnispartner stieß im römischen Senat auf großes Misstrauen. Make-
doniens Gegner, u. a. Eumenes von Pergamon, taten das Ihre, um den Konflikt
bis zum Kriegsbeschluss eskalieren zu lassen. Nach anfänglichen Erfolgen erlitt
Perseus in diesem Dritten Makedonischen Krieg (171–168 v. Chr.) eine kata-
strophale Niederlage bei Pydna, wenige Tage später nahmen die Römer ihn gefan-
gen. So endete die Dynastie der Antigoniden und damit das erste der drei großen
Nachfolgereiche Alexanders des Großen. Makedonien aber wurde zunächst von
den Römern in vier unabhängige Republiken geteilt, bevor es 148 v. Chr. mit
Illyrien und Epirus zur römischen Provinz Macedonia vereinigt wurde.

Literatur
R. M. ERRINGTON, The Nature of the Macedonian State under the Monarchy, in: Chiron 8 (1978), 77–133.
R. M. ERRINGTON, König und Stadt im hellenistischen Makedonien: die Rolle des Epistates, in: Chiron 32
(2002), 51–63.
J. J. GABBERT, Antigonus II Gonatas. A Political Biography (1997).
N. G. L. HAMMOND / F. W. WALBANK, A History of Macedonia. Volume III. 336–167 B.C. (1988).
M. B. HATZOPOULOS, Macedonian Institutions under the Kings. I. A Historical and Epigraphic Study.
II. Epigraphic Appendix (1996).
M. B. HATZOPOULOS, L’organisation de l’armée macédonienne sous les Antigonides. Problèmes anciens et
documents nouveaux (2001).
R. J. LANE FOX (Hrsg.), Brill’s Companion to Ancient Macedon. Studies in the Archeology and History of
Macedon, 650 BC – 300 AD (2011).
S. LE BOHEC, Antigone Dôsôn roi de Macédoine (1993).
J. ROISMAN / I. WORTHINGTON (Hrsg.), A Companion to Ancient Macedonia (2010).
K. SCHERBERICH, Koinè symmachía. Untersuchungen zum Hellenenbund Antigonos’ III. Doson und
Philipps V. (224–197 v. Chr.) (2009).
Demetrios I. Poliorketes (306–282 v. Chr.)

von Steffen Diefenbach

Kaum ein anderer Herrscher der Diadochenzeit zeigt ähnlich


eigenwillige und exzentrische Züge wie Demetrios. Bei aller
Unverwechselbarkeit steht er jedoch zugleich auch exempla-
risch für die allgemeinen Entstehungsbedingungen des helle-
nistischen Königtums. Demetrios macht Handlungs- und Kom-
munikationsspielräume sichtbar, innerhalb derer sich nach dem
Tod Alexanders des Großen als eine spezifische Herrschafts-
form auszubilden begann.

Demetrios – eine Standortbestimmung


Johann Gustav Droysen galt er ob seiner »exzentrischen Größe« als »der hellste
Stern in der Sturmnacht, die mit Alexanders Tod hereinbrach«, und noch in
jüngster Zeit gelangte Pat Wheatley zu einer ähnlichen Einschätzung, indem
er festhielt, Demetrios solle wegen seines »glanzvollen Strebens« und als »schil-
lernde Figur« in Erinnerung bleiben. Diese Urteile der Forschung gründen im
Wesentlichen auf zwei Faktoren, die bereits das Bild des Demetrios in der Antike
bestimmt haben: seinen ungebrochenen politischen Ambitionen, die ihn trotz
zahlreicher Rückschläge über mehrere Jahrzehnte hinweg auf unterschiedliche
Schauplätze des östlichen Mittelmeerraums führten, und seinem äußeren Auf-
treten, das seiner Herrschaft eine ausgesprochen theatralische Schauseite verlieh.

Stationen
336 v. Chr. als Sohn des Antigonos Monophthalmos in dessen phrygischer Resi-
denz Kelainai geboren, wurde Demetrios bereits früh in die politischen Pläne
seines Vaters einbezogen. 320 heiratete er Phila, die Tochter des Antipatros, und
trug auf diese Weise dazu bei, das gegen Perdikkas gerichtete Bündnis zwischen
Antigonos und Antipatros zu stärken (s. den Beitrag von K. Scherberich). Im Ver-
Demetrios I. Poliorketes (306–282 v. Chr.) 37

lauf des Zweiten und Dritten Diadochenkrieges übernahm Demetrios eine Reihe
von kleineren Kommandos, die er mit unterschiedlichem Erfolg bewältigte. Erst
seit dem Jahr 307 v. Chr. begann Demetrios, ein stärkeres eigenes Profil zu entwi-
ckeln. Anlass dafür war die Freiheitspolitik für die griechischen Städte, die Anti-
gonos Monophthalmos seit 315 v. Chr. offen propagierte. Demetrios befreite im
Auftrag seines Vaters Athen von den Truppen des Kassandros und koordinierte
von dort aus zwischen 304 und 302 v. Chr. den Aufbau eines Hellenenbundes.
Mit der verheerenden Niederlage von Ipsos, in der Antigonos 301 v. Chr.
gegen eine Koalition der übrigen Diadochen sein Leben verlor, erfuhren Demet-
rios’ Ambitionen einen empfindlichen Dämpfer. Sein Aktionsradius beschränkte
sich auf einige Küstenstädte in Kleinasien, der Levante und Griechenland, doch
verfügte er nach wie vor über eine große Flotte, die es ihm ermöglichte, eine See-
herrschaft aufrechtzuerhalten (Abb. 1 a.b). Ab 297 v. Chr. wandte sich Demetrios
wieder verstärkt Griechenland zu, wo er im Jahr 295 Athen erneut eroberte, indem
er es von der Tyrannis des eng mit Kassandros verbundenen Strategen Lachares
›befreite‹. Infolge der Thronwirren nach Kassandros’ Tod gelang es Demetrios,
sich 294 zum König der Makedonen ausrufen zu lassen. Als solcher behauptete
er sich für die folgenden sechs Jahre, bevor er unter dem Druck von Pyrrhos und
Lysimachos seine Stellung räumen musste. Demetrios versuchte daraufhin ver-
geblich, in Kleinasien erneut eine Herrschaftsstellung aufzubauen. 285 v. Chr.
ergab er sich seinem Schwiegersohn Seleukos I. (s. den Beitrag von K. Ehling),
unter dessen Aufsicht Demetrios bis zu seinem Tod das paradoxe Dasein eines
zwar machtlosen, aber mit königlichen Ehren lebenden Herrschers fristete.

Annäherungen
Die zentralen Stationen dieser politischen Biografie lassen sich – bei allem Dis-
sens in Details – weitgehend verlässlich rekonstruieren. Selbstdarstellung und
-verständnis des Demetrios sind hingegen deutlich schwieriger zu fassen. Sieht
man von den Porträts und Münzprägungen ab (Abb. 1 a.b und 2), steht jegli-
che Annäherung an Demetrios unter dem Vorbehalt, dass die literarische Perspek-
tive auf seine Person bereits in der Antike in vielfältiger Weise gebrochen wurde.
So überlagern sich in der diesbezüglich äußerst aufschlussreichen Demetriosvita
des Plutarch unterschiedliche Darstellungsebenen, die sich nur schwer voneinan-
der trennen lassen. Ist etwa die Stilisierung des Demetrios als tragische Bühnen-
figur, die die Vita leitmotivisch durchzieht, Ausfluss einer biografischen Konzep-
tion Plutarchs? Fand er sie bereits in der Geschichtsschreibung des Frühhellenis-
mus vor, die entsprechend stilisierte Bilder der historischen Akteure zeichnete?
Oder geht sie letzten Endes in entscheidendem Maße bereits auf Demetrios selbst
zurück? Ähnliche Fragen stellen sich auch für zahlreiche Anekdoten, die in der
antiken Überlieferung über Demetrios und sein Hofleben kursierten. Bereits früh
38 Steffen Diefenbach

Abb. 1 a.b Tetradrachme, ca. 301/295 v. Chr. Auf der Vorderseite eine geflügelte Nike auf
dem Bug eines Schiffes; auf der Rückseite Poseidon, der einen Dreizack in seiner Rechten
schwingt. Beide Motive nehmen Bezug auf Demetrios’ Seesieg bei Salamis und die Thalasso-
kratie, die er auch nach der Schlacht von Ipsos behauptete. Die Münzprägungen für
Demetrios greifen dieses Thema sehr häufig in unterschiedlichen Variationen auf.

boten vor allem seine Beziehungen zu Hetären Stoff für Komödien und verwandte
Schriften, die später exzerpiert und mehrfach neu kontextualisiert wurden.
Daraus Anhaltspunkte für die ursprünglichen Sinngehalte einzelner Episoden
und Äußerungen zu gewinnen, ist außerordentlich schwierig. Die Überlieferung
konzentriert sich zudem in starkem Maße auf das Verhältnis des Demetrios zu
Athen. Das ist sicher kein Zufall: In der ›Schule von Hellas‹ existierte eine dif-
ferenzierte rhetorische, dramatische und literarische Öffentlichkeit, in der sich
Wahrnehmungen und Diskurse über Demetrios und sein Auftreten formierten
und tradierten. Der damit einhergehenden Verengung (und Verzerrungen) des
Demetriosbildes muss man sich immer bewusst sein. Doch hat die Beziehung
des Demetrios zu Athen gleichzeitig auch eine allgemeine, über den Einzelfall
hinausreichende Bedeutung, da sich in ihr wesentliche Elemente von Demet-
rios’ Selbstverständnis und den Auswirkungen seines Königtums (basileía) auf die
politische Kultur des frühhellenistischen Stadtstaates (pólis) widerspiegeln.

Basileía und pólis


Es ist unverkennbar, dass Demetrios der Kommunikation und Interaktion mit
der griechischen Poliswelt große Bedeutung zumaß und dass Athen dabei eine
wichtige Rolle spielte. Diese bereits von seinem Vaters Antigonos initiierte Poli-
tik offenbart – jenseits aller Pragmatik – zugleich ein tieferes Selbstverständnis
Demetrios I. Poliorketes (306–282 v. Chr.) 39

von Demetrios’ basileía. Seit Antigonos und Demetrios nach der Schlacht von
Salamis 306 v. Chr. den Königstitel angenommen hatten, gründete Demetrios,
wie auch die übrigen Diadochen, seine Herrschaftsansprüche nicht darauf, ein
bestimmtes Gebiet zu kontrollieren, sondern auf der Anerkennung seiner Macht
in der gesamten Oikumene. Der griechischen Poliswelt kam eine zentrale Bedeu-
tung als ideologische Projektionsfläche dieses prinzipiell nicht begrenzbaren Gel-
tungsanspruchs zu.
Wie reagierten ihrerseits die póleis darauf? Das Beispiel Athens macht exem-
plarisch deutlich, mit welcher Bereitschaft zumindest Teile der pólis sich auf dieses
Selbstverständnis einließen, indem die Athener – als Erste unter allen Menschen,
wie Plutarch hervorhebt – Antigonos und Demetrios zu Königen ausriefen. Vor
allem aber waren es kultische Ehren, die Demetrios in Athen seit 307 in großer
Zahl und Variation zuteil wurden. Diese das Maß des Menschlichen überstei-
genden städtischen Ehrungen erfüllten dabei nicht allein den Zweck, Demetrios
angemessenen Dank für seine herausragenden Leistungen abzustatten. Göttlich-
keit fungierte vielmehr als ein kulturelles Modell, das es den Athenern ermög-
lichte, einen universale Handlungsmächtigkeit beanspruchenden Herrscher auf
ihre Stadt zu beziehen und gleichzeitig eine gewisse Distanz zu ihm zu markieren:
Als Gott verblieb Demetrios außerhalb der Stadt und ihrer politischen Ordnung.
Auch auf dieser ideellen Grundlage blieb das Verhältnis des Demetrios zu
Athen jedoch fragil. Als Demetrios zwischen 304 und 302 v. Chr. für längere Zeit
im Parthenon auf der Akropolis Quartier bezog, provozierte dies scharfe Kritik
und Auseinandersetzungen zwischen Anhängern und Gegnern des Demetrios in
der Stadt. Die Polemik der Letzteren richtete sich einerseits gegen den Hof, der
als Ansammlung von Hetären und Schmeichlern gebrandmarkt wurde. Ande-
rerseits wurden mit dem Vorwurf, Demetrios habe sich an Bürgerfrauen und
Knaben vergangen, auch klassische Elemente traditioneller Tyrannentopik akti-
viert. Der Aufenthalt des Demetrios in Athen offenbarte damit eine tiefsitzende
Distanz zur Monarchie, die sich durch das kulturelle Modell, mit dem Herrscher
als Gott zu kommunizieren, nicht überwinden ließ.
Als Demetrios im Frühjahr 295 v. Chr. nach der erneuten ›Befreiung‹ Athens
von der Tyrannis des Lachares in Athen einzog, trug er diesen Erfahrungen Rech-
nung, indem er seine Ankunft gezielt mit der Feier der Dionysien synchronisierte
und sich der Bürgerschaft wie ein Schauspieler im Theater präsentierte – dem
Ort also, an den während der Dionysien traditionell das Götterbild des Diony-
sos in einem Empfangsritual verbracht wurde. Für die Folgezeit fasste man den
Beschluss, man solle Demetrios bei seinen Besuchen wie Dionysos und Deme-
ter willkommen heißen (Abb. 2 und der Hymnos im Infokasten). Durch diese
gezielte Angleichung an zwei Gottheiten, die im Mythos als Fremde nach Athen
gekommen waren, erschien Demetrios seinerseits als ein fremder Gott, der prin-
zipiell außerhalb der Stadt verblieb und sie nur periodisch aufsuchte. Göttlich-
keit als Grundlage der Kommunikation des Herrschers mit der pólis blieb frei-
40 Steffen Diefenbach

Abb. 2 Marmorbüste des Demetrios,


römische Kopie einer Bronzebüste, die
ca. 290 v. Chr. gefertigt wurde (Neapel,
Museo Archeologico Nazionale, Inv.-Nr.
6149). Dargestellt wird Demetrios mit
hier nur dezent angedeuteten Hörnern,
die seit den 290er Jahren auch auf den
Porträts seiner Münzprägung erschei-
nen. Die Hörner werden allgemein als
ein Attribut angesehen, das Göttlichkeit
signalisieren soll. Ihre ikonografische
Deutung ist jedoch umstritten – nehmen
sie Bezug auf Poseidon oder auf
Dionysos? Eine intendierte Angleichung
an Dionysos erscheint insgesamt
plausibler, da sie für Demetrios’
Selbstverständnis spätestens seit der
Mitte der 290er Jahre eine zentrale
Rolle spielte.

lich auch unter diesen modifizierten Bedingungen zweischneidig: Athenische


Abordnungen an Demetrios als Festgesandtschaften zu deklarieren, wie sie Göt-
tern zuteil wurden, ließ sich als Zeichen von Servilität deuten und markierte die
Grenzen dieses Modells, sobald man mit dem Herrscher in Person als Gott kom-
munizierte.

»Die größten Götter und auch die beliebtesten


sind in unserer Mitte.
Denn Demeter sowie Demetrios zugleich
Führte her die Stunde.

Sohn Poseidons, des mächtigsten der Götter, und
Aphrodites, dir zum Gruße!
Denn die anderen Götter sind, mag sein, sehr weit entfernt
oder haben keine Ohren,
mag sein, sie gibt’s nicht, oder sie missachten uns.
Du bist uns vor Augen,
nicht Holz, nicht Stein, nein in wahrhaftiger Gestalt,
dir gilt unser Beten. …«
Auszug aus einem dionysischen Hymnos, den die Athener bei einem Athenbesuch des
Demetrios 291/290 v. Chr. sangen (Athenaios, Das Gelehrtenmahl, eingeleitet und übersetzt
von C. Friedrich, kommentiert von T. Nothers (1998), hier VI 253 f.)
Demetrios I. Poliorketes (306–282 v. Chr.) 41

Nochmals: Demetrios – eine Standortbestimmung


Die »exzentrische Größe« des Demetrios beruhte demnach weder auf einem ein-
zigartigen Selbstverständnis, noch war sie Ausdruck eines einseitigen und über-
steigerten Repräsentationswillens. Demetrios mag zwar die Unbegrenztheit
seiner basileía exklusiver verstanden haben als die übrigen Diadochen, indem
er einen Mantel mit der Darstellung des Kosmos trug, sich auf der Bühne als
Wagenlenker, der die Oikumene entlangfuhr, darstellen ließ und den übrigen
Diadochen ihre Berechtigung, sich Könige nennen zu können, absprach. Auch
die übrigen Könige (basileís) teilten jedoch ihrerseits die Vorstellung von einer
uneingeschränkten Handlungsmächtigkeit, die als konstitutiv für die hellenisti-
sche Monarchie insgesamt gelten kann. Die exzentrische Schauseite des Deme-
trios wiederum formte sich in einem komplexen Wechselspiel aus herrscherli-
cher Selbstdarstellung und den Reaktionen der Städte darauf, in denen nicht
selten erbitterte interne Auseinandersetzungen um die Positionierung gegenüber
Demetrios geführt wurden. Das Schillernde an seiner Persona – vom aufsehen-
erregenden Hofleben des Demetrios über die göttlichen Ehrungen bis hin zu
seiner theatralischen Inszenierung und Angleichung an die Götter – war damit
zu einem nicht geringen Teil das Resultat von pólis-internen Verzerrungen und
von unausgesetzten Bemühungen, eine tragfähige kommunikative Basis für das
Verhältnis von Herrscher und pólis zu finden.
All dies macht Demetrios einzigartig und paradigmatisch zugleich: So außer-
gewöhnlich sein Erscheinungsbild, so exemplarisch waren sein Selbstverständnis,
die Bedingungen, unter denen sich dieses Bild formte, und auch die grundlegen-
den Ausdrucksformen, vermittels derer er als hellenistischer König in Relation
zur griechischen Poliswelt trat. Insofern kann er als das gelten, was auch Plutarch
in ihm sah: eine nahezu idealtypische Verkörperung des hellenistischen basileús.

Literatur
A. CHANIOTIS, The Ithyphallic Hymn for Demetrios Poliorketes and Hellenistic Religious Mentality, in:
P. P. IOSSIF u. a. (Hrsg.), More than Men, less than Gods. Studies on Royal Cult and Imperial Worship
(2011), 157–195.
K. EHLING, Stierdionysos oder Sohn des Poseidon: Zu den Hörnern des Demetrios Poliorketes, in: Göttinger
Forum für Altertumswissenschaft 3 (2000), 153–160.
S. MÜLLER, Demetrios Poliorketes, Athen und Aphrodite, in: Gymnasium 117 (2010), 559–573.
P. PASCHIDIS, Agora XVI 107 and the Royal Title of Demetrius Poliorcetes, in: V. ALONSO TRONCOSO /
E. M. ANSON (Hrsg.), After Alexander. The Time of the Diadochi (323–281) (2013), 121–141.
W. J. TATUM, The Regal Image in Plutarch’s Lives, in: Journal of Hellenic Studies 116 (1996), 135–151.
P. THONEMANN, The Tragic King: Demetrios Poliorketes and the City of Athens, in: O. HEKSTER /
R. FOWLER (Hrsg.), Imaginary Kings. Royal Images in the Ancient Near East: Greece and Rome (2005),
63–86.
G. WEBER, Herrscher, Hof und Dichter. Aspekte der Legitimierung und Repräsentation hellenistischer
Könige am Beispiel der ersten drei Antigoniden, in: Historia 44 (1995), 283–316.
Hellenistische Palastanlagen

von Gregor Weber

Zu den Charakteristika der hellenistischen Epoche gehören Palast-


anlagen: Sie waren für die Könige zur Verwaltung und Herrschafts-
organisation essenziell und dienten der monarchischen Selbstdar-
stellung und Interaktion mit verschiedenen Personengruppen. Make-
donische Elemente wirkten für die Ausgestaltung vorbildhaft, konn-
ten sich aber – regional unterschiedlich – mit achaimenidischen und
anderen indigenen Traditionen im Kontext größerer Akkulturations-
prozesse verbinden.

Der Ausgangspunkt: Makedonien


Mit König Alexander I. am Beginn des 5. Jh.s v. Chr. lässt sich das Königtum
der Argeadendynastie in Makedonien historisch fassen, wenngleich von seinem
Palast in Aigai, dem heutigen Vergina, nichts bekannt ist. Archelaos I. (413–
399 v. Chr.) hat dann sein Herrschaftszentrum in das zentraler gelegene und mit
Zugang zum Meer ausgestattete Pella verlagert, ohne Aigai aufzugeben. Pella
wurde von griechischen Künstlern wie Zeuxis prachtvoll ausgestaltet; im Königs-
palast entwickelte sich eine bedeutsame höfische Kultur. Typisch für Aigai und
Pella ist eine auf einem Hügel über der Stadt gelegene Palastanlage, von der man
auf die Agora und die Wohnbebauung hinabsah bzw. die von unten ihre Wir-
kung nicht verfehlt haben dürfte.
Philipp II. hat um die Mitte des 4. Jh.s in Aigai ein gewaltiges Bauprojekt ini-
tiiert – ein zweistöckiges großes Palastgebäude über der Stadt, von dem man sich
dank der jüngsten Ausgrabungen ein gutes Bild machen kann (Abb. 1). Auch in
Pella kam es zu einer Neuanlage oder Erweiterung, wobei das teils durch Steilhänge,
teils durch Mauern geschützte Palastareal später mehr als 70.000 m² umfasste und
nach einer Bautätigkeit vom 4. bis zum 1. Jh. v. Chr. aus sieben Gebäudeeinhei-
ten bestand. Der Palastbereich war zwar durch Mauern von der Stadt abgetrennt,
dennoch mit der Stadt verbunden, da sich der Makedonenkönig traditionell durch
Zugänglichkeit auszeichnete. Wie bei allen Palastbauten muss man sich auch
Hellenistische Palastanlagen 43

hier die Funktion der Räume erschließen, da die literarische Überlieferung keine
Zusammenstellung der notwendigen Ausstattung aufweist. Pella dürfte für die Zeit
des Hellenismus eine Art Prototyp abgegeben haben, da Alexanders Nachfolger in
den Diadochenreichen allesamt dort höfisch sozialisiert worden waren.

Bestandteile der Paläste


Aus Mauerresten, Funden und der Analyse verbliebener Architekturglieder lassen
sich Grundelemente erkennen, die durch allgemeine, von den Funktionen des
Palastes abgeleitete Überlegungen zu ergänzen sind: Der Palast wies monumental
gestaltete Schau- und Eingangsfassaden auf, die über 150 m lang sein konnten und
deren ausgefeilte Fassadengliederung durch die Farbigkeit in der Wirkung unter-
stützt wurde. Die Gebäude besaßen weitläufige, offene Peristylhöfe (über 30 x
30 m), für die man sich u. a. eine Statuenausstattung vorstellen kann; weitläufige
Wandelhallen (stoai) dienten als Verbindungselemente zwischen den Bauten. Cha-
rakteristisch sind auch sog. Dreiflügelraumgruppen – drei annähernd gleich große
Räume, die miteinander verbunden waren und deren mittlerer sich zum Peristyl-
hof hin öffnete: In einem solchen Ensemble konnten bei einem Gelage mehrere
Hundert Gäste untergebracht werden; es stellte einen angemessenen Rahmen für
die höfische Gesellschaft und deren Aktivitäten dar. Daneben findet sich eine grö-
ßere Halle, die eine politische Funktion, vielleicht im Zusammenhang mit Audi-
enzen, gehabt haben könnte. In das Bauensemble sind Rundbauten integriert,
denen – ähnlich wie Altären – eine kultische Nutzung zugesprochen wird. Auch
gab es Wohntrakte für die königliche Familie und ihre Bediensteten, außerdem
Funktionsräume (Küche, Palastwache, Magazine). Reste der Innenausstattung, die
auf eine hochwertige Mosaizierung, Stuckierung und Wandbemalung schließen
lassen, haben sich erhalten. Typisch ist die Kombination von Pfeiler und ange-
arbeiteter Halbsäule; Grabfunde vermitteln eine Ahnung davon, wie kostbar das
verwendete Geschirr gewesen sein muss. Identifiziert wurden ebenso Trainings-
und Übungsplätze sowie die königliche Münzstätte; außerdem ist davon auszuge-
hen, dass der Palast angesichts der intellektuellen Vorlieben der Könige eine Bib-
liothek enthielt. Wo sich die königliche Verwaltung befand, die auf ein Archiv
für die Korrespondenz und Entscheidungen des Königs angewiesen war, wissen
wir nicht. Dies gilt auch für die Unterbringung auswärtiger Gäste, zumal etliche
Räume sicherlich multifunktional nutzbar waren. Vermutlich wohnten die engs-
ten Vertrauten des Königs nicht permanent im Palastareal, sondern in der unmit-
telbaren Umgebung: Infrage kämen die großen Hausensembles im Süden der
Agora von Pella, die für ihren Ausstattungsreichtum bekannt sind. Ausgedehnte
Garten- und vor allem Parkanlagen dürften in Makedonien eine weniger promi-
nente Rolle gespielt haben als andernorts, da die Region zwischen dem Loudias-
See und den wasserreichen Flüssen Axios und Haliakmon überaus fruchtbar war.
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"
Abb. 1 Palast von Aigai, neue Rekonstruktion des monumentalen Eingangs und der Fassade (Ostseite).

Insgesamt stellte das Palastensemble im Ganzen für den König ein angemessenes sind jedoch vielfach überbaut und liefern, sieht man von punktuellen Grabun-
Ambiente dar, das auf seine Erfordernisse in puncto Kommunikation, Repräsen- gen einmal ab, keine Befunde. Demetrias in Thessalien wurde um 290 v. Chr.
tation, Interaktion, Sicherheit und Herrschaft abgestellt war. von Demetrios Poliorketes durch eine angeordnete Umsiedlung (synoikismós) der
Bewohner des Landstrichs von Magnesia, südöstlich von Makedonien gelegen,
gegründet (s. den Beitrag von S. Diefenbach): Die Stadt besaß eine Palastanlage
Neugründungen im Zentrum der megaloman geplanten und mit 12,7 km gewaltig ummauer-
ten Stadt, die über eine massiv befestigte ›Fluchtburg‹ verfügte. Auch für Kas-
Alexander der Große war also mit dem Leben im Palast von Kindesbeinen an sandreia, Thessalonike und Lysimacheia dürfen wir von entsprechenden Anlagen
vertraut (s. den Beitrag von J. Malitz), hat aber in Makedonien bekanntermaßen ausgehen, doch konnten sich deren Initiatoren Kassandros und Lysimachos nicht
keine eigene Anlage hinterlassen; inwieweit er bei der Gründung von Alexandreia lange halten bzw. eine Dynastie begründen. Demgegenüber haben sich die Atta-
entsprechende Direktiven gab, lässt sich nur vermuten – zumindest eine könig- liden auf dem Burgberg der polis Pergamon niedergelassen und dort nach und
liche Residenz könnte geplant gewesen sein. Während seines Zuges musste er nach ein Ensemble mehrerer reich ausgestatteter Palastgebäude errichtet (s. den
auf mobile Strukturen zurückgreifen – umso mehr, als er nach der Schlacht von Beitrag von B. Dreyer und A. van Douwe). Die Seleukiden haben um 300 v. Chr.
Issos auch das große königliche Zelt (skēnē) seines Gegners Dareios III. erbeutete mit Antiocheia und Apameia am Orontes sowie Laodikeia und Seleukeia am
und als sichtbares und symbolisches Zentrum weiter verwendete. Außerdem lern- Meer sogar einen Vier-Städte-Verbund in Nordsyrien gegründet und damit ein
ten er und seine Generäle traditionsreiche persische Palastanlagen kennen – in Zentrum zwischen Zweistromland und östlichem Mittelmeer platziert, während
Babylon, Susa, Persepolis und Ekbatana mit ihren im Vergleich zu Makedonien Seleukeia am Tigris auf Konkurrenz zum nahe gelegenen Babylon ausgelegt war
ungleich monumentaleren Ausmaßen, einer gewollten Isolation des Königs, einer (s. den Beitrag von K. Ehling). Der Palastbezirk der syrakusanischen Könige auf
stärkeren Zeremonialisierung und dem Fehlen von umgebenden Polisstrukturen. der Insel Ortygia war mit allem ausgestattet, was eine königliche Repräsentation
Alexanders unmittelbare Nachfolger und die folgenden Könige standen für Empfänge, für kultische Vollzüge und die Administration erforderte, war aber
bekanntlich in ihren Reichen vor der Herausforderung, eine Zentrale (oder auch durch die Lage auch militärisch gegenüber der Stadt gesichert (s. den Beitrag von
mehrere) zu errichten, die ihren Bedürfnissen entsprach. Dazu konnten sie ent- M. Dreher und M. Müller). Auch wiesen Statthalter- oder Gouverneurspaläste,
weder in einer bereits bestehenden pólis oder in Neugründungen entsprechende etwa Jebel Khalid und Dura Europos am Euphrat, Iraq-al Amir in Transjorda-
Palastareale (basíleion oder basíleia) anlegen, weshalb aus dieser Zeit zahlrei- nien oder Ai Khanum in Baktrien (s. den Beitrag von J.-D. Gauger), mitunter
che, freilich unterschiedlich gut erhaltene Bauten überliefert sind; etliche Städte vergleichbare Ausstattungsmerkmale auf, wobei dort wie in Jericho und Samosata
46 Gregor Weber

indigene Elemente stark akzentuiert wurden. Die konkrete Ausgestaltung konnte


folglich sehr verschieden sein, wenngleich es aufgrund der Funktionserforder-
nisse und Konkurrenz eine hohe Konformität gab.

Tradition und Akkulturation


Es verwundert nun keineswegs, dass der makedonischen Tradition hierbei eine
zentrale Rolle zukam, dass aber auch – je nach Lage und Akkulturationsgrad –
vornehmlich seit der zweiten Hälfte des 3. Jh.s v. Chr. neue, d. h. indigene Ele-
mente aus achaimenidischer, ägyptischer etc. Tradition hinzukamen. Dazu gehö-
ren nicht nur z. B. lange Korridore mit zahllosen Räumen, große Audienzhal-
len, Schatzhäuser sowie die Anlage großer Parks und Gärten, sondern auch die
Detailgestaltung von Säulen, Kapitellen etc. So lässt sich der bei Athenaios (5,
204d–206c) überlieferten Beschreibung des ca. 115 m langen Palastschiffs (‚Tha-
lamegos’) von Ptolemaios IV. u. a. entnehmen, dass einer der prunkvoll ausge-
stalteten Speiseräume im ägyptischen Stil gehalten war; auch sonst ist der Text
aussagekräftig für etliche Details, etwa was die Gestaltung der Peristyle, Säulen
und Ornamente sowie die verwendeten Materialien angeht. Auch übernahmen
die Seleukiden – nachweisbar in Antiocheia am Orontes und in Seleukeia am
Tigris – aus der Tradition des Vorderen Orients den Usus, das Palastareal, das
ca. ein Viertel der Stadtfläche einnahm, zusätzlich durch einen Fluss und künst-
liche Kanäle von der Stadt abzutrennen (Abb. 2). Bei den Ptolemäern grenzte
der Palastbezirk direkt an das Meer und verfügte über einen eigenen Hafen. Der
Geograf Strabon hat eine entsprechende Beschreibung überliefert (s. Infokasten).
Der Textausschnitt zeigt mit den Hinweisen auf Museion und sēma die inhaltli-
chen und ideologischen Präferenzen der frühen Ptolemäer: Ein königliches Patro-
nat der ›Akademie der Wissenschaften‹, die u. a. eine Bibliothek, eine Sternwarte,

»Die Stadt besitzt sehr schöne öffentliche auch der gemeinsame Speiseraum der zum
Bezirke und die Königspaläste, die den vierten Museion gehörenden Gelehrten befindet. ...
oder dritten Teil des gesamten Umfangs aus- Zum Palastareal gehört auch das sogenannte
machen; wie nämlich jeder König aus Prunk- Grab (sēma), ein abgeschlossener Bezirk, in
liebe den öffentlichen Weihgeschenken irgend- dem sich neben den Grüften der Könige auch
eine Zierde hinzufügte, so baute er auch an die Gruft Alexanders befindet. ... Zur Linken
die schon vorhandenen Paläste einen neuen des Einfahrenden liegen die mit jenen auf der
für sich persönlich an. ... Alle sind miteinan- Landspitze Lochias zusammenhängenden
der und dem Hafen verbunden, auch die, die inneren königlichen Gebäude, die viele ver-
außerhalb des Hafens liegen. Zum Palasta- schiedenartige Säle und Parks umfassen.«
real gehört auch das Museion, mit einer Wan-
delhalle, einer mit Sitzen versehenen Halle (Strabon 17, 1, 8-9 mit Auslassungen; Über-
und einem großen Gebäude, in dem sich setzung: G. Weber)
Hellenistische Palastanlagen 47

Abb. 2 Seleukeia am Tigris – Rekonstruktion des Stadtplans in hellenistischer Zeit; rechts


oben befindet sich das Palastareal.

einen zoologischen Garten und eine medizinische ›Versuchsanstalt‹ beinhaltete,


und eine direkte Legitimation über Alexander den Großen. Die Parks, die zumin-
dest zeitweilig öffentlich zugänglich waren, boten Raum zur Aufstellung tempo-
rärer und mobiler Architektur in Form riesiger Zelte und für die Abhaltung reli-
giöser Feste. Damit konnten sich die Könige – zusätzlich zu den bestehenden
Palaststrukturen – inszenieren, ideologische Botschaften übermitteln sowie ihre
finanziellen und technischen Möglichkeiten darstellen.

Literatur
P. CHRYSOSTOMOU, Le palais de Pella, in: S. DESCAMPS-LEQUINE (Hrsg.), Au royaume d’Alexandre le
Grand. La Macédoine antique (2011), 294–295.
M. B. HATZOPOULOS, Macedonian Palaces. Where King and City Meet, in: I. NIELSEN (Hrsg.), The
Royal Institution in the First Millennium BC (2001), 189–199.
W. HELD, Die Residenzstädte der Seleukiden. Babylon, Seleukia am Tigris, Ai Khanum, Seleukia in Pieria,
Antiochia am Orontes, in: Jahrbuch des Deutschen Archäologischen Instituts 117 (2002), 217–250.
W. HOEPFNER / G. BRANDS (Hrsg.), Basileia. Die Paläste der hellenistischen Könige (1996).
M. KOPSACHEILI, Hybridisation of Palatial Architecture. Hellenistic Royal Palaces and Governors’ Seats, in:
A. KOUREMENOS et al. (Hrsg.), From Pella to Gandhara (2011), 17–34.
A. KOTTARIDI, The Palace of Aegae, in: R. J. LANE FOX (Hrsg.), Brill’s Companion to Ancient Macedon
(2012), 297-333 mit Abb. 31–36.
I. NIELSEN, Hellenistic Palaces. Tradition and Renewal (1994).
G. WEBER, Die neuen Zentralen. Hauptstädte, Residenzen, Paläste und Höfe, in: G. WEBER (Hrsg.), Kul-
turgeschichte des Hellenismus (2007), 99–117.
Das Ptolemäerreich

von Stefan Pfeiffer

Die ptolemäische Dynastie stellte mit fast 300 Jahren Dauer


das beständigste Herrscherhaus der Nachfolger Alexanders des
Großen. Im Schnittpunkt griechischer und ägyptischer Kultur
und auf Basis des durch den Nil bedingten Reichtums bildete
sich eine multikulturelle Gesellschaft von großer Langlebigkeit
heraus. Die Zurschaustellung des eigenen Reichtums war das
Herrscherideal eines doppelgesichtigen Herrschergeschlechts,
das für die Makedonen und Griechen als Könige und die Ägypter
als Pharaonen auftrat.

Ptolemaios und das speergewonnene Ägypten


»Dem Ptolemaios solle gehören: Ägypten und Libyen und der größte Teil des
jenseits von diesem Gebiet liegenden Landes und was er etwa in Richtung Son-
nenuntergang als speergewonnenes Land hinzugewinnen werde.« (Arrian, Dia-
dochengeschichte fr. I 34). Mit diesen Worten hielt Antipatros, einer der ehe-
maligen Generäle Alexanders des Großen, drei Jahre nach dem Tod des make-
donischen Welteroberers fest, dass sein ehemaliger Kampfgefährte von nun an
die Oberherrschaft über Ägypten und die angrenzenden Regionen haben solle.
Damit und mit den Ansprüchen der anderen Generäle war de facto die Einheit
des von Alexander dem Großen eroberten Reiches beendet. Bereits nach dessen
Tod im Jahr 323 v. Chr. hatte sich sein General Ptolemaios, der Sohn des Lagos,
in den Besitz Ägyptens gesetzt, was ihm nun die ehemaligen Gefährten, die zu
Konkurrenten geworden waren, bestätigten. Die Herrschaft lag aber weiterhin
offiziell in den Händen des geistig behinderten Halbbruders Alexanders, Phil-
ipp III. Arrhidaios, und anschließend in denen des von Roxane geborenen und
noch minderjährigen Sohnes, Alexander IV.
Das von Ptolemaios in Besitz genommene Ägypten konnte zunächst sicher-
lich nicht als der ›Hauptgewinn‹ aus dem aufgeteilten Alexanderreich angese-
hen werden, war Asien doch viel verlockender. Aber das Land am Nil verfügte
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Title: Friendly counsels for freedmen

Author: J. B. Waterbury

Release date: May 31, 2022 [eBook #68217]

Language: English

Original publication: United States: American Tract Society,


1860

Credits: The Online Distributed Proofreading Team at


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COUNSELS FOR FREEDMEN ***
FRIENDLY COUNSELS
FOR FREEDMEN.
BY REV. J. B. WATERBURY, D. D.

PUBLISHED BY THE
AMERICAN TRACT SOCIETY,
150 NASSAU-STREET, NEW YORK.
FRIENDLY COUNSELS
FOR
FREEDMEN.
We welcome all who have come out of bondage to the privileges of
freemen. Providence has unloosed your fetters. The war has been
made use of by the Almighty to bring about this great change in your
condition. We hope you will remember this; and when you pray, you
must not forget to give him thanks for your freedom.
Your condition is in some respects much better, and in others
somewhat worse, than when you were slaves. Your master, if he was
kind, took good care of you. Now that you are free, you have got to
take care of yourselves. At first this may be a hardship; but by and
by you will see that it is a good thing. In slavery you had little or no
care, except to see that your task was done. Now that you are your
own men, you have got to think and work both.
Thus freedom acts on the mind. It obliges you to seek a livelihood—
to look up work such as you can do, that you may support
yourselves and your families. It sets you to thinking how you can
earn wages, and how you can best spend them. Freedom,
remember, has its cares and anxieties as well as its benefits.
LABOR.
Don’t fall into the mistake of some, that freedom means idleness.
No such thing. Free people have to work, and some of them have to
work very hard even to get their bread. Some of the free colored
people have by their own labor gained the means of a comfortable
livelihood, and made themselves respectable. You can do the same,
if you will use the same diligence. By industry you will soon be able
to support yourselves and families, and lay up something perhaps for
a rainy day. Thus you may secure something to depend on when you
are sick or old and can’t work. There will no doubt be penny savings-
banks, where you can put some of your money, and where it will not
only be safe, but will increase. We hope, if there are such banks, that
you will take advantage of them.
At first, and before you get well a going, the government, aided by
good people, is ready to lend you a helping hand. This is done to
give you a chance to get used to your new situation. But the sooner
you stop leaning on the government and on the help of the whites,
the better for yourselves and for all concerned.
Don’t refuse to work then, even at low wages. Work at low wages is
better than idleness. The Bible says, he that will not work, neither
shall he eat. It says also, “Be diligent in business.”
Besides, if you are idle, and look for support to the whites, the
slaveholders will throw it in our teeth, and say, “There, you see
negroes wont work, unless there is a master over them.” And so we
shall be ashamed, not knowing what to say in reply. But if you are
industrious and willing to work even at low wages, they can’t say
this.
If the government wants able-bodied men among you for the army,
to dig trenches, to build forts, or to enlist as soldiers, let it not be said
that you refused. If you are invited to go in as field laborers, go in
and work. You work now as freemen, not as slaves; and the money
which is paid you, you can lay out for food and clothing, and for any
thing else that is proper. In this country nobody expects to live
without work.
CLEANLINESS.
Industry is one good thing. But there are other habits also we
would recommend. Cleanliness is very important. Black or white, a
dirty person is a disgusting object. Even a poor person can possess
the virtue of cleanliness. Soap and water are not very dear things;
but if one don’t use them, they might as well cost guineas instead of
coppers. What do you think of a mother who keeps neither herself
nor her children clean? Who likes to enter a cabin or cottage where
the dirt has to be wiped off a seat before a decent man or woman
can sit down upon it? A clean person will see that even the patched
garments he is obliged to wear are at least free from dirt. No matter
how poor the house is you live in, it should be kept clean. The Bible
says, “Wash you, make you clean.” Though this means soul
washing, yet it shows God loves cleanliness.
ECONOMY.
Economy is another thing we recommend. This means saving all
you can above and beyond what is needful for you to live upon.
Don’t spend your money foolishly. Don’t spend it on rum or tobacco.
Don’t gamble it away. Don’t buy expensive clothes or rich food.
Some poor people, when they get a little money, think they may
spend it in a frolic. All this is bad, and brings a man or a family very
soon to want.
We don’t wish you to be stingy, nor like one who hates to spend a
penny even for what is necessary. This is not what we mean. But
take care of your wages. Make them go as far as you can in
supporting yourself and family; and if there is any over, lay it up
against a time of need. Only don’t waste it; for the Bible makes the
waster and the slothful man brothers. “He also that is slothful in his
work, is brother to him that is a great waster.”
SOBRIETY.
Sobriety is another habit or virtue we hope you will observe. Rum is
the ruin of thousands. Keep clear of it, or it will ruin you. Soul and
body die under its ravages. A drunkard is worse than a beast. Look
at the drunkard’s home—or rather, dwelling; home is too sacred a
word—and see how desolate and dreary and wretched it is. The
Bible says, “Drunkards shall not inherit the kingdom of God;” so that
they are miserable here, and more miserable hereafter and for ever.
HONESTY.
Honesty is all-important. “Thou shalt not steal” is one of God’s
commandments. When you were in slavery you may have thought
that you had a right to take from your master what you could get hold
of, and hesitated only from the fear of being found out. Even some
slaves who call themselves pious, have thought it was not wrong to
take from the master’s crib whatever they could lay their hands upon.
But if they had read the Bible, they would have seen how wrong it
was. The apostle Paul, writing to the bondmen in his day, says they
must “not purloin;” which means, they must not steal even a little
thing from their masters, nor from anybody else.
If then any of you have fallen into this wicked habit, stop it at once.
Besides, if you steal, the law will seize upon you, and you may have
to go to prison, or suffer some worse punishment. You are now
under law, and must be an honest keeper of the law.
LYING.
Be truthful. Some have said that lying is universally practised among
the slaves—that they seem to think it is no sin, or if it be a sin, that it
is a very little one. If this be so, then we urge you to get your minds
at once set right in this matter. Lying is a sin, and a great sin. God
has said, “Thou shalt not bear false witness,” and that forbids lying of
all kinds. He says too, “Lie not one to another.” And still more, he
says, “Liars shall have their part in the lake that burneth with fire and
brimstone.” He is a God of truth, and he commands us all to “speak
the truth in love.”
SWEARING.
Perhaps you are not a profane swearer. We hardly think swearing is
as common among the blacks as it is among the whites: to the
shame of the whites be it said. Yet we have heard some shocking
oaths from colored men and women. This wicked habit the Bible
condemns. “Thou shalt not take the name of the Lord thy God in
vain; for the Lord will not hold him guiltless that taketh his name in
vain.” “Swear not at all,” said Jesus. If any of you have fallen into this
dreadful habit, break it off, stop it at once. And if you have not, then
guard against it.
PURITY.
Be chaste. I dare say you know what that means. Whatever bad
examples you may have had, you should now and henceforth keep
from that destructive vice which God has forbidden in the seventh
commandment. It is, “Thou shalt not commit adultery.” This means,
to keep to your own wife, and the wife keep to her own husband. If
you break over this bound, you break God’s law. In slavery, this vice
or wickedness has not been thought so very bad; and perhaps, in
some instances, it may even have been encouraged. But it was
wicked then, and it is wicked now. Whatever apologies you may
have made for it before, you are now out of the house of bondage,
and under the same laws that all are. A woman’s character, married
or unmarried, is blasted if she is impure; and in the sight of God an
impure man is equally sinful.
All young people should guard against this vice. They have a
character to form and to maintain; and how can that be done if this
vile habit is indulged? A virtuous character is as precious to a
colored woman as it is to any woman. And with regard to men and
women both, the Bible says, “Whoremongers and adulterers God will
judge.”
THE SABBATH.
Keep the Sabbath. Make it not a day of work nor of pleasure, but of
rest and of worship. The Bible says, “Remember the Sabbath-day to
keep it holy.” Cease on that day from all unnecessary work. Let your
families have rest also. Put on your best clothes—parents and
children both—and after you have prayed in your closet and prayed
with your family, then go to church, taking with you such of your
family as are old enough. Don’t idle about on the Lord’s day. If there
is a Sabbath-school, go to it yourselves, and take your children along
with you. If you follow these rules, you will grow wiser and better. It is
in this way that people are trained up for heaven.

These habits are, you see, all based on the Bible. It is God’s morality
we are recommending. And yet, after you have done all these things,
you have done nothing more than your duty. You must not make a
religion out of these good habits. That is, you must not think that
these are all that religion requires. Religion demands these, and
something more. You must have “the broken heart,” sorrow for sin—
sorrow before God, because you have broken his laws. Religion bids
you turn from all sin—even sins of thought. It commands you to go to
Jesus, that you may have your sins washed away in his precious
blood. It tells you that you must put your whole trust in the Lord
Jesus for salvation. Religion calls upon you to love Jesus, and from
love to do whatsoever he hath commanded.
This is the inward experience of religion. But all the good habits we
have been recommending are such as a religious person will
practise. If a man pretends to be religious, and is a bad man in his
outward conduct—if he loves to speak against his neighbors, or tells
lies about them, or steals, or swears, or is impure, he is not a
religious man; he is a hypocrite; and “that man’s religion,” the Bible
says, “is vain.” We want you to be religious and moral both.
LEARNING.
A great many good people are now engaged in teaching you to
read and write. This is very important; for then you can read the
Bible and other good books, and see your way to heaven clearer.
Besides, some learning is very necessary and useful in business, in
writing letters, and in many ways. While you were slaves, you were
for the most part not permitted to learn to read and write; but now
you have the opportunity, and you must give your attention to it.
It is a new thing to you, this learning to read and write, and it may
come hard at first; but if you keep on, it will soon become easier. And
when you have once learned these, what a pleasant thing it will be to
you to write a letter, or to sit down in your own house and read all
about Jesus and salvation!
You must see that your children learn also. Perhaps they will take it
quicker, and then they can read to you. How nice it will be, after your
day’s work or on the Sabbath, to listen to your children reading to
you out of the precious Bible! This will be one of the best blessings
connected with your new-found freedom.

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