mal so wenig. Meine erste Zigarette rauchte ich mit 12 Jahren. Damit war ich ein Spätzünder, denn viele der Jungs aus meiner Klasse haben schon ein paar Jahre früher damit begonnen. Mir hatte der rauchende Teil meiner damaligen Familie immer gesagt, dass ich auf keinen Fall mit dem rauchen anfangen solle, denn dann würde mir fürchterlich schlecht werden, ich bekäme Durchfall und müsse mich übergeben. Die hatten in diesem Moment wohl kaum damit gerechnet, das so manches Kind auch schon logisch denken kann. Das kann irgendwie nicht stimmen, überlegte ich still. Die erzählen Dir das mit einer Zigarette in der Hand, an der sie immer wieder ziehen, ohne dabei unaufhörlich zur Toilette zu laufen. Diese Tatsache machte mich nun neugierig auf eine erste Zigarette. Mir war ganz klar, dass ich angelogen wurde, und musste nun selber entdecken, was da wirklich dran war an der Zigarette. Die Furcht vor der Übelkeit war nicht so groß, wie die Neugier, die in mir geweckt wurde.
Irgendwann, die gesamte Familie meines
Onkels befand sich im Urlaub, war es meine Aufgabe mich in deren Wohnung um die Rollos zu kümmern. Schon am ersten Abend entdeckte ich auf dem Wohnzimmertisch eine angefangene Schachtel Zigaretten. Wird schon keiner merken, wenn da eine fehlt, dachte ich bei mir. Meine Erste rauchte ich vorsichtshalber auf einer Toilette. Es geschah nichts: keine Übelkeit, kein Durchfall, kein besonderer Geschmack. Aber irgendwie interessant war das Rauchen doch. Da war vor allem der Reiz des Verbotenen und das Gefühl damit auch noch erwachsen zu wirken. Das wiederum führte dazu, dass ich an den folgenden Abenden auch jeweils eine Zigarette aus der Schachtel nahm – bis diese irgendwann leer war. Es wird sich schon niemand erinnern, wenn er nach vier Wochen aus seinem Urlaub zurückkommt, dass er auf dem Wohnzimmertisch eine Schachtel mit Zigaretten vergessen hat, dachte ich mir, als ich die Schachtel verschwinden ließ. Und so war es dann auch wirklich. Zumindest kann ich mich an irgendwelche Folgen nicht erinnern. Zigaretten waren in den 60iger Jahren nicht teuer und auch für einen Schüler, der nur ein geringes Taschengeld erhielt durchaus erschwinglich. Also rauchte ich weiter. Gelegentlich zunächst. An jeder Ecke gab es ja Automaten, an dem jedes Kind heimlich so viel davon kaufen konnte, wie es wollte. Mit 14 Jahren durfte ich im Kreise der Familie öffentlich rauchen. Kurz vorher war ich von meiner Mutter „erwischt“ worden. In Wirklichkeit hatte sie wohl schon länger von meiner heimlichen Leidenschaft gewusst. Das machte das Rauchen aber zu diesem Zeitpunkt nicht mehr uninteressanter für mich, ganz im Gegenteil … Mit 14 Jahren oder auch 16 Jahren war mein Taschengeld zwar unwesentlich höher als mit 12, aber meine Rauchlust konnte ich damit auch nicht wirklich befriedigen. Irgendwann, ich weiß nicht mehr, wie alt ich damals war, begann ich mir eine Stange Zigaretten (die enthielt damals 200 Zigaretten und kostete 20,-- DM) zum Geburtstag, zu Weihnachten und allen nur möglichen anderen Anlässen zu wünschen. Heute weiß ich, dass ich damals schon süchtig war, da ich bereit war auf andere Geschenke zu verzichten, die mich auch interessiert hätten (z.B. Bücher) Tatsächlich erhielt ich an manchen Weihnachtstagen und Geburtstagen Rauchstoff der Wochen hielt. Mit 18 rauchte ich bis zu 80 Zigaretten täglich. Mit 22 Jahren hörte ich zum ersten Mal von einem Tag zum anderen auf. Meine damalige Freundin erzählte mir fast täglich, einen Mann zu küssen der raucht, sei wie einen Aschenbecher aus zu lecken. Tatsächlich habe ich es damals geschafft und nach etwa 6 Wochen war auch das große Verlangen nach der Zigarette nicht mehr da. Das war 1978. So vergingen die Jahre. Ende der 80iger war ich mit meiner damaligen Frau, die 1978 noch meine Freundin war Gelegenheitsraucher, zum Beispiel im Urlaub abends auf dem Balkon, aber sonst nicht. Ich zumindest nicht. Nachdem wir uns getrennt hatten, aber für kurze Zeit noch unsere gemeinsamen Wohnungen hatten, kam sie mir einmal im Treppenhaus entgegen und roch so was nach kaltem Zigarettenrauch, das ich wütend wurde. Erzählt mir was vom ausgelutschtem Aschenbecher und riecht jetzt selbst schlimmer als jedes Raucherabteil, das es zu diesem Zeitpunkt noch in allen Zügen gab. Ich erinnerte mich, warum ich aufgehört hatte, zu rauchen, kaufte mir Zigaretten und schwor mir mit der Ersten, die ich damals ansteckte, nie wieder wegen einer Frau etwas aufzugeben, sei es ein Studium oder das Rauchen. Und so rauchte ich weitere 17 Jahre vor mich hin. Zwar nicht mehr so stark. An manchen Tagen waren es vielleicht nur 1 – 3, an anderen wiederum durchaus 20 – 30. Und an den Tagen, an denen ich weniger oder was durchaus selten vorkam, gar nicht rauchte, fehlte mir auch nicht wirklich was. Ich kann auch nicht wirklich sagen, das es mir schmeckte diesen schrecklichen Rauch einzuatmen, vor allem dann nicht, wenn es sehr viele Zigaretten am Tag wurden. Obwohl ich inzwischen wieder verheiratet war und meine Frau – sie ist es auch heute noch – noch nie in ihrem Leben geraucht hatte und auf jeden Fall die Nase voll hatte von meiner Raucherei, gab ich nicht nach. Ich werde dann aufhören, wenn ich es selbst für richtig halte, sagte ich immer nur.
Im Jahr 2007 war es dann soweit. Ich traf
einfach die Entscheidung nie mehr zu rauchen. Niemand hatte mich zu diesem Zeitpunkt dazu gedrängt. Ich entschloss mich einfach selbst dazu, kurz nachdem ich mir eine neue Schachtel gekauft hatte. Ich glaube so um die 5 Euro kostete sie damals. Als ich mich auf einer Bank gegenüber des Ladens, in dem ich mir die Schachtel gekauft hatte, niederließ, die Packung öffnete und ihr eine Zigarette entnahm, dachte ich plötzlich an meinen Freund Willi, der leider schon in den 90iger Jahren mit etwa 40 Jahren verstarb. Der hatte nie geraucht und immer wieder mal gesagt, dass er nichts dagegen hätte, wenn eine Schachtel Zigaretten 10 Mark kosten würde. Ich nahm zwei oder drei Züge von meiner gerade angesteckten Zigarette, ließ sie kopfschüttelnd fallen und zertrat sie unter meinem rechten Fuß. Gleichzeitig zerdrückte ich die gerade geöffnete Schachtel zwischen meinen Händen, stand auf und beförderte sie in den nächsten Papierkorb. Ich habe seit dem nie wieder geraucht. Ich hatte keine Entzugserscheinungen, wie sie mir nach dem ersten Aufhören bekannt waren. Ich werde nie wieder eine Zigarette anrühren. Schade nur, dass Willi diesen Triumph (eine Schachtel für 10 Mark) nicht mehr miterleben konnte.