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Goethe-Institut , Weiterführende Bildungsmedien,


Kennedyallee 91–103, D – 53175 Bonn, E-Mail: landeskunde@inter-nationes.de
Wieso die Ostalgie? – Eine Umfrage
7.10.2003

1. Vorübung

Tragen Sie im Kurs Informationen zur "Ostalgie-Welle" in Deutschland zusammen.

Falls Sie noch nichts darüber gehört haben – oder weitere Informationen benötigen – können Sie sich im Internet
informieren: http://www.pz-news.de/kultur/lifestyle/berichte/33692/

2. Leseaufgabe

a) Teilen Sie Ihren Kurs in vier Gruppen auf und lesen Sie pro Gruppe jeweils nur ein Interview.

b) Äußern Sie Vermutungen über die Antworten der anderen interviewten Personen.

c) Berichten Sie dann im Kurs mit ihren eigenen Worten über den Text, den Sie gelesen haben, und
berücksichtigen Sie dabei besonders die folgenden Punkte, soweit Ihr Text dafür eine Antwort enthält:

1 Wie empfanden die Leute die DDR oder das Leben in der DDR?
.
2 Welche Strukturen der DDR werden genannt?
.
3 Welche Produkte der DDR bzw. "Kultobjekte" werden genannt?
.
4 Versuchen Sie mit einem Schlagwort den Grund anzugeben, warum die jeweilige Person geflohen
. bzw. nicht geflohen wäre.

3. Texte

Wieso die Ostalgie? – Eine Umfrage

Kerstin Brümmer, 24, Berlin


Warum ist die DDR mittlerweile Kult? Weil sie dazu gemacht wird. Die mediale Aufarbeitung der DDR –
oder was man davon noch sehen will – beschränkt sich auf die Vermarktung der Spaßgesellschaft
Ostdeutschland. Diese "Ostalgie-Welle" begründet sich wohl auf dem fehlenden Abschied. Der Film "Good bye
Lenin" hat des meines Erachtens gut geschafft, dem schnellen Ende so etwas wie Würde zu verleihen. Wenn
nicht von einem Tag auf den anderen fast alles aus der DDR als "schlecht" abgestempelt worden wäre, müssten
uns heute nicht Fernsehshows posthum aufzeigen, dass es doch nicht so schlimm war.

Wärst du geflohen damals? Nach einem unserer ersten Besuche im Westen gleich im November 1989, wäre
meine Mutter gerne dort geblieben. Allerdings vor die Entscheidung gestellt, nach Hause zu fahren oder dort zu
bleiben, habe ich mich entschieden, wieder nach Hause zu wollen. Es waren kindliche Gründe, dort waren meine
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Freunde, unser Haus, meine Katze ...

Christian Wilk, 18, Remscheid


Warum ist die DDR mittlerweile Kult? Ich würde nicht sagen, dass die DDR Kult ist. Zwar versuchen die
Medien, die DDR so für ihre Zwecke aufzubauschen, dass sie Kult wird. Jedoch finde ich, dass die DDR so, wie
sie damals war, ein Stück deutscher Geschichte ist, welche man nicht so einfach ins Lächerliche ziehen sollte.

Wärst du geflohen damals? Eine gute Frage. Es ist schwer, das zu beurteilen, schließlich habe ich es nie
miterlebt. Aber wenn ich heute die Leute in den Dokumentarfilmen sehe, die verzweifelt in den Westen kommen
wollten – vielleicht wäre ich auch geflohen.

Andrea Rüling, 24, München


Warum ist die DDR mittlerweile Kult? Weil der Kommerz und die Medien sie dazu gemacht haben. Und weil
die DDR ja auch nicht nur negative Seiten hatte.

Wärst du geflohen damals? Ich denke, es kommt darauf an, wie mein Leben dort gewesen wäre. Die sozialen
Strukturen – Arbeit, Sport, Gemeinschaft – waren sicher fester als im Kapitalismus, weil es nicht ganz so viel
Neid und solche Dinge gab – aber ob ich geflohen wäre, kann ich nicht sagen, denn ich weiß nicht wie es
gewesen wäre, wenn ich nichts anderes als das Leben in der DDR gekannt hätte.

Benjamin Greschner, 15, Selters (Rheinland-Pfalz)


Wieso ist die DDR mittlerweile Kult? Ich denke, weil es in der DDR viele Produkte gab, die nach der "Wende"
einfach aus den Supermärkten verschwunden sind. Viele Menschen sehnen sich vielleicht nach diesen
Produkten. Und man sieht ja, dass Dinge, die aus der DDR überliefert wurden, heute wirklich kultig sind, wie
beispielsweise das Sandmännchen. Aber warum genau die DDR mittlerweile "so gefragt ist", weiß sicherlich
keiner genau.

Wärst du geflohen damals? Das kann man nicht so pauschal sagen. Es kommt immer auf die genauen und
persönlichen Umstände und Lebensbedingungen an. Also kann ich dazu keine konkrete Antwort geben, denke
aber eher, dass ich geflohen wäre.

© "Schekker" – Jugendmagazin der Bundesregierung, September 2003 (http://www.schekker.de)


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4. Übungen

Übung 1: Leseerfolgskontrolle

a) Stellen Sie Ihre Ergebnisse aus der Leseaufgabe in einer Tabelle einander gegenüber. Vergleichen Sie Ihre
Ergebnisse. Lesen Sie noch einmal im Text nach, ob die Aussagen richtig wiedergegeben wurden.

b) Vergleichen Sie, welche von Ihnen erwarteten Antworten (in Teil b der Leseaufgabe) im Text enthalten
sind.

Übung 2: Erschließung vertiefender landeskundlicher Informationen I

a) Informieren Sie sich im Internet genauer über die im dritten Interview erwähnten Strukturen in der DDR
und vergleichen Sie sie mit der heutigen BRD und Ihrem Heimatland.
http://www.dhm.de/lemo/html/DasGeteilteDeutschland/JahreDesAufbausInOstUndWest/Wirtschaftlicher
Aufbau

b) Wie würden Sie vor dem Hintergrund Ihrer bisher erarbeiteten Informationen eine DDR-Show im
Fernsehen gestalten? Sammeln Sie im Kurs Ideen.

Übung 3: Erschließung vertiefender landeskundlicher Informationen II

a) Informieren Sie sich auf dieser Internetseite genauer über die DDR:
http://www.dhm.de/ausstellungen/lebensstationen/ddr_14.htm

Wenn alle Kursteilnehmer Internetzugang haben:


Surfen Sie auf der angegebenen Seite herum und klicken Sie auf Themenbereiche, die Sie interessieren.

Wenn nur der Kursleiter Internetzugang hat:


Einigen Sie sich im Kurs auf einige Themen und lassen Sie sich die Internetseiten ausdrucken.

b) Formulieren Sie dann einige Fragen und geben sie diese an einen Kursteilnehmer weiter, der die Fragen
beantworten muss.

c) Sprechen Sie im Kurs über Ihre gesammelten Informationen.

5. Lösungen

Zu Übung 1: Leseerfolgskontrolle

Lösungsvorschläge:

a)
1 Kerstin: das Leben war doch nicht so schlimm
. Christian: die DDR ist ein Stück deutscher Geschichte, ernst zu nehmen, nicht lächerlich die Bürger
wollten fliehen
Andrea: die DDR hatte nicht nur negative Seiten
Benjamin: es gab Produkte, die heute vermisst werden

2 Kerstin: die DDR hatte ein schnelles Ende ohne Würde


. Andrea: festere soziale Strukturen als im Westen in den Bereichen Arbeit, Sport und Gemeinschaft
weniger Neid als im Westen
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3 Kerstin: der Film "Good bye Lenin"


. Christian: nichts ist kult / es gibt keine Kultobjekte, die Medien bauschen die DDR nur auf
Benjamin: das Sandmännchen, es ist sehr kultig

4 kindliche Gründe (Kerstin wäre nicht geflohen)


. Verzweiflung (Christian wäre vielleicht geflohen )
Unwissenheit (Andrea wäre eher nicht geflohen)
persönliche Umstände (Benjamin wäre eher geflohen)

6. Vokabeln

der Kult: eine übertriebene Verehrung von Personen oder Dingen

die Spaßgesellschaft: eine Gesellschaft, in der Spaß und anspruchslose Unterhaltung große Bedeutung haben

etwas abstempeln: etwas aufgrund von Vorurteilen einordnen

posthum (hier): nach dem Ende der DDR, nach der deutschen Wiedervereinigung

etwas aufbauschen: etwas größer machen, als es eigentlich ist

die "Wende": die deutsche Wiedervereinigung

kultig: Adjektiv zu "der Kult"

pauschal: allgemein

7. Links zu Hintergrundinformationen (für Lehrer)

Liebe Frau Fontana, hier bitte einen Link auf den Beitrag Nr. 361 setzen
Themenverwandter Landeskunde-online Beitrag zur Debatte um die Ostalgie-Welle

http://www.spiegel.de/kultur/gesellschaft/0,1518,259265,00.html
Ein Artikel zur Kritik an der DDR-Show auf RTL

http://lehre.daad.de
Auf der Homepage des DAAD finden Sie Informationen zur Förderung der deutschen Sprache und der
Germanistik im Ausland.

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Redaktion: Dagmar Giersberg
DaF-Bearbeitung: Claudia Finner

September 2003

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