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AB zum Thema: „Der Handel“ BWVG 2b

Der Einzelhandel

Öffnungszeiten - wie liberal ist Österreich? (ORF/Kärnten vom 8.1.08) ©


Liberalisierung der Öffnungszeiten ab 1. Jänner! Dennoch hat Österreich eines der
restriktivsten Ladenöffnungsgesetze im internationalen Vergleich. Wer profitiert,
wer verliert? In erster Linie profitieren große Handlesagglomerationen und
Filialisten, verlieren werden jene, die sich nicht an die veränderten
Marktbedingungen anpassen.

Die Ausweitung der Öffnungszeiten ist in erster Linie eine Anpassung an


veränderte Familienstrukturen und flexiblere Arbeitszeiten. Der Markt passt sich
den Kundenbedürfnissen an, zusätzlich erhofft man sich natürlich auch positive
Auswirkungen auf Umsatz und Beschäftigung. Im Umsatz werden sich die längeren
Öffnungszeiten zwar kaum auswirken - „wir rechnen mit einem Plus von maximal
1,5%“, schätzt der Geschäftsführer von RegioPlan, DI Wolfgang Richter – die
Anpassung an die Anforderungen der Konsumenten ist im heutigen Markt jedoch
essenziell. Dennoch wird es durch die Liberalisierung auch Gewinner geben, etwa
die Tourismusgebiete oder überregional bedeutenden Einkaufszonen, die durch
längere Öffnungszeiten ihre Position weiter stärken können.

Neben den großen Handelszonen profitieren von der Liberalisierung vor allem die
Filialisten, die die längeren Öffnungszeiten auch als Instrument einsetzen, um ihre
Kundenorientierung zu signalisieren. „Die Händler, die die Kundenbedürfnisse am
besten erfüllen, setzen sich durch“, bringt es DI Richter auf den Punkt, „und
Filialisten passen sich eben schneller an den Markt an“, so Richter weiter.

Kleinere Händler können meist aufgrund fehlender Ressourcen nicht ausreichend


auf neue Marktbedingungen reagieren und verlieren stetig an Marktanteilen.
„Diese Strukturbereinigung ist ein langfristiger Prozess, der bereits seit über 20
Jahren andauert“, erläutert DI Wolfgang Richter. Das neue Öffnungszeitengesetz
wird diesen Prozess lediglich beschleunigen. Die Konsequenz: die Starken werden
noch stärker und die Schwachen noch schwächer, wenn sie nicht gegensteuern.

Dass große Unternehmen von der neuen Öffnungszeiten-Regelung profitieren


bedeutet nicht, dass kleine Händler das nicht auch können. Klar ist, dass
Unternehmen, die nicht auf Veränderungen am Markt reagieren, verlieren werden.
„Wichtig ist, den Kopf nicht in den Sand zu stecken sondern Chancen zu finden
und wahrzunehmen“, macht Mag. Hanna Bomba-Wilhelmi, Marketingchefin bei
RegioPlan deutlich. Flexiblere Öffnungszeiten können auch eine Chance sein, sich
vom Mitbewerb abzuheben. „RegioPlan kann diese Chancen aufzeigen“, setzt
Bomba fort, „der erste Schritt ist jedoch der Wille zur Veränderung.“

Die Regelungen der Öffnungszeiten sind von Land zu Land sehr unterschiedlich,
gemeinsame Normen gibt es nicht einmal innerhalb der Europäischen Union. Im
internationalen Vergleich wird deutlich, dass es kaum ein Land gibt, das bei seiner
Öffnungszeiten-Regelung restriktiver ist als Österreich.

1 © Dr. H. Hagen
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Nur noch Belgien, Deutschland, Italien und die Niederlande stehen mit Österreich
in einer Reihe. Zu den liberalsten Ländern gehören Irland, Kanada, Polen,
Slowakei, Tschechien, Ungarn und die USA, die keinerlei Beschränkungen der
Ladenöffnungszeiten vorschreiben. Liberale Öffnungszeiten bedeuten jedoch nicht
automatisch, dass auch der Filialisierungsgrad hoch ist. In England oder Irland
etwa ist der Markt trotz sehr liberaler Öffnungszeiten klein strukturiert.

Land Werktag Samstag Sonn- und Feiertag


Belgien 5:00 - 22:00 5:00 - 21:00 -
Deutschland 6:00 - 20:00 6:00 - 20:00 4 Sonntage pro Jahr*
Finnland 9:00 - 20:00 9:00 - 24:00 9:00 - 24:00**
Frankreich 0:00 -24:00 0:00 -24:00 -*
Großbritannien 0:00 -24:00 0:00 -24:00 0:00 - 24:00**
Irland 0:00 -24:00 0:00 -24:00 0:00 - 24:00
Italien 9:00 - 20:00 9:00 - 20:00 8 Sonntage pro Jahr*
Kanada 0:00 -24:00 0:00 -24:00 0:00 - 24:00
Niederlande 6:00 - 22:00 6:00 - 22:00 12 Sonntage pro Jahr
Norwegen 0:00 - 24:00 0:00 - 24:00 -*
Österreich 6:00 - 21:00 6:00 - 18:00 -*
Polen 0:00 -24:00 0:00 -24:00 0:00 - 24:00
Schweden 5:00 - 24:00 5:00 - 24:00 5:00 - 24:00
Slowakei 0:00 -24:00 0:00 -24:00 0:00 - 24:00
Spanien 0:00 -24:00 0:00 -24:00 8 Sonntage pro Jahr
Tschechien 0:00 -24:00 0:00 -24:00 0:00 - 24:00
Ungarn 0:00 -24:00 0:00 -24:00 0:00 - 24:00
USA 0:00 -24:00 0:00 -24:00 0:00 - 24:00
Quelle: RegioPlan Consulting, eigene Recherchen
*Ausnahmen für Verkaufsstellen an Bahnhöfen, Flughäfen, für best.
Warengruppen, touristische Destinationen oder familiengeführte Unternehmen
**Unterschiedliche Regelungen nach Betriebsgröße

3 Monate länger offen - Ein erstes Resümee (Quelle: VOL


– 18.3.08)
Schwarzach - Seit 1. Jänner 2008 ist eine Novellierung des Ladenöffnungsgesetzes
in Kraft: Die Rahmenöffnungszeiten wurden ausgedehnt. Burkhard Dünser,
Geschäftsführer des Messeparks, und Manfred Fiel von der Wirtschaftskammer
Vorarlberg ziehen ein erstes Resümee.

Seit Anfang 2008 darf der Handel von Montag bis Freitag von sechs Uhr bis 21 Uhr,
sowie am Samstag von sechs Uhr bis 18 Uhr offen haben. Insgesamt dürfen jedoch
72 Stunden innerhalb einer Kalenderwoche nicht überschritten werden. Die
Sonntagsruhe bleibt erhalten.
„Samstag wird von den Kunden sehr gut angenommen“

2 © Dr. H. Hagen
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Innenstadtgeschäfte haben ihre Öffnungszeiten nicht bzw. noch nicht verlängert.


Hier will man noch abwarten. Im Gegensatz dazu hat der Messepark in Dornbirn
schon seit Anfang des Jahres länger geöffnet. Für ein erstes Resümee ist es laut
Burkhard Dünser, Geschäftsführer des Messeparks, jedoch noch zu früh. Eine
definitive Aussage kann man frühestens in einem Jahr machen. „Was wir bis jetzt
sagen können: Der Samstag wird von den Kunden sehr gut angenommen. Unter
der Woche gibt es sowohl tolle Tage, als auch solche, an denen das Geschäft
schon früher abbricht.“
Im Messepark gibt es 75 Geschäfte und wie es sich für ein Einkaufszentrum
gehört, mussten alle bei der Ausdehnung der Öffnungszeiten mitziehen. Ein paar
profitieren davon mehr, ein paar weniger. Der Messepark richte sich nach den
Kunden: „Das heißt, der Kunde kann erwarten, dass alle Geschäfte offen haben.
Da tut sich eine Innenstadt schwerer, weil dort jeder einzelne Kaufmann seine
Öffnungszeiten festlegt. Das ist sicherlich ein Vorteil für uns“ so Dünser.
Positiv blickt der Messepark-Geschäftsführer in Richtung Sommer, auch wenn die
Schwimmbäder bei schönem Wetter klar im Vorteil sind. Eine Ausdehnung der
Öffnungszeiten auf 21.00 Uhr, wie es theoretisch möglich wäre, ist für Burkhard
Dünser unrealistisch – auch nicht in der heißen Jahreszeit.
Abwarten, was der Sommer bringt
Manfred Fiel von der Wirtschaftskammer Vorarlberg erklärt, dass bisher
insbesondere der Lebensmittelhandel längere Ladenöffnungszeiten anbietet. Nun
will man abwarten, was der Sommer bringt. Dieser wird laut Fiel wahrscheinlich
eine weitere Änderung bringen. Einige Geschäfte werden wohl bis in den Abend,
also bis 21.00 Uhr, offen haben. Und nicht während der heißen Zeit.
Untersuchungen zufolge ist es seither nicht zu einer Steigerung der Nachfrage
gekommen. Vielmehr ist der Umsatz im Handel seit vier Jahren in etwa
gleichgeblieben und daran wird sich auch in der Zukunft nichts ändern. Laut Fiel
könnten die Zahlen sogar rückläufig sein, weil der Schweizer Kunde nachlässt.
Seiner Meinung nach wird es durch die längeren Öffnungszeiten jedoch eine
Verlagerung geben: Geschäfte mit den richtigen bzw. mit längeren Öffnungszeiten
werden profitieren. Die Leidtragenden sind sehr wahrscheinlich kleinere Betriebe
und Familienbetriebe. Für diese ist es praktisch unmöglich 72 Stunden offen
zuhalten.
Konsument weiß nicht mehr, wann die Geschäfte offen haben
Nachdem nun der Lebensmittelhandel die Öffnungszeiten verlängert hat, wird laut
Manfred Fiel, demnächst der Non-Food-Bereich nachfolgen. Nischenprodukte,
Vinotheken und dergleichen werden ihre Geschäfte womöglich am Abend öffnen.
„Die Differenzierung wird natürlich schwieriger. Insbesondere für den
Konsumenten, der nicht mehr weiß, wann die einzelnen Geschäfte offen haben“ so
Fiel weiter. Schon jetzt gibt es vor allem in den Ballungsräumen sehr viele
unterschiedliche Öffnungszeiten. Man wird zwar versuchen mit Kernzeiten zu
arbeiten, aber nachdem der Handel eine individuelle Branche ist, wird das nur
schwer möglich sein.

3 © Dr. H. Hagen

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