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Skript Faellung
Skript Faellung
Fällungsanalytik
6. Fällungsanalytik
ACHTUNG: In den Kapiteln 5 - 8 dieses Skripts werden - ausser wenn explizite etwas Anderes erwähnt
ist - Gleichgewichtskonstanten immer in empirischer Form angenommen, d.h. in den MWG's werden
Ionenaktivitäten durch Konzentrationen ersetzt. Der Einfluss der Ionenstärke auf die Gleichge-
wichtslage wird vernachlässigt.
6.1. Fällungsgleichgewichte
Die Auflösung eines Ionenkristalles kann als heterogenes Gleichgewicht mit der folgenden Reaktionsglei-
chung beschrieben werden:
+ i−
AiBk(s) R i Ak(aq) + kB(aq)
Die beweglichen, in der flüssigen Phase solvatisierten Ionen stehen also im Gleichgewicht mit ihrer im
Kristallgitter des Festkörpers fixierten Form. Die Gleichgewichtslage kann wie üblich mit dem Massenwir-
kungsgesetz beschrieben werden:
ci (Ak + ) ⋅ ck (Bi− )
K=
c(AiBk )
Solange fester Bodensatz mit der Lösung in Kontakt ist, bildet er ein unerschöpfliches Reservoir für mehr
Substanz, sodass c(AiBk) konstant bleibt und (wie auch bei der Definition der Säurekonstanten, vgl. Kap.
5.1.3) in die Gleichgewichtskonstante integriert werden kann:
Diese Gleichung sagt aus, dass das Produkt der beiden Ionenkonzentrationen (bzw. eigentlich Ionenakti-
vitäten!) konstant bleibt, solange die Lösung im Gleichgewicht mit dem Festkörper steht.
gültig für 25°C und Ionenstärke → 0 (= thermodyn. KL), falls nichts anderes angegeben
1
1 mol/l KNO3
2 2+ 2
M = Hg2, d.h. KL=c(Hg2 )·c (L)
3
1 mol/l NaClO4
4
3 mol/l NaClO4
5
4 mol/l NaClO4
6
0.5 mol/l NaClO4
KL (AiBk )
Löslichkeit eines Salzes AiBk: L(AiBk ) = i+k (G56)
ii ⋅ kk
Beispiele
1. Wieviele g Kalk (CaCO3; KL = 10-8.3 mol2/l2) löst sich maximal in 1 m3 Trinkwasser?
2+ −
Reaktionsgleichung: CaCO3(s) R Ca(aq) + CO23(aq)
KL (Fe(OH)3 ) 4 10−38.7
L(Fe(OH)3 ) = 1+3 = = 9.3 ⋅ 10-11 mol/l
11 ⋅ 33 1 ⋅ 27
KL (Ag2CrO4 ) 3 10−11.6
⇒ L(Ag2CrO4 ) = 3 = = 8.56 ⋅ 10-5 mol/l
22 ⋅ 11 4
2. 0.1 mol/l Na2CrO4-Lösung:
Hier wird c(CrO42-) nur durch das Natriumchromat bestimmt: c(CrO24− ) = C tot (Na2CrO4 ) = 0.1mol / l
KL
KL = c2 (Ag+ ) ⋅ 0.1 = 10−11.6 mol 3 ⋅ l −3 ⇒ c(Ag+ ) =
= 5.01 ⋅ 10−6 mol / l
0.1
Da Ag+(aq) nur aus dem gelösten Silberchromat stammen kann, lässt sich aus c(Ag+) die Löslichkeit berech-
nen (Achtung: pro mol Salz gehen 2 mol Ag+ in Lösung!):
c(Ag+ )
⇒ L(Ag2CrO4 ) = = 2.5 ⋅ 10-6 mol/l
2
Die Löslichkeit ist hier also ca. 30x schlechter als im reinen Wasser
Dies bedeutet, dass nach Le Châtelier die Löslichkeit von Metallhyroxiden pH-abhängig ist:
Begründung:
x+ −
Gleichgewichtsreaktion: M(OH)x(s) R M(aq) + x OH(aq)
Löslichkeitsprodukt: KL = c(Mx + ) ⋅ cx (OH− )
x+
Aus der Reaktionsgleichung folgt, das pro mol Salz, das sich auflöst, genau ein mol M in Lösung geht,
x+
daraus folgt für die Löslichkeit: L(M(OH)x) = c(M )
KL
Eingesetzt ins Löslichkeitsprodukt und aufgelöst nach L, findet man: L=
c (OH− )
x
log KL = -10
30 20 x=2
log L(M(OH)x
log L(M(OH)x
20 10
10 0
0 -10
-10 -20
0 7 14 0 7 14
pH-Wert pH-Wert
Wird die Löslichkeit der Metallhydroxide als Funktion des pH hingegen nicht logarithmisch aufgetragen,
sondern linear, so zeigt sich, dass die Löslichkeit bei Senkung unter einen für das Metall charakteristi-
schen pH schlagartig ansteigt (vgl. nachfolgende Grafik). Dieses Phänomen kann benutzt werden, um
Metallgemische aufzutrennen, indem der pH schrittweise erhöht wird und die einzelnen Niederschläge
abfiltriert oder zentrifugiert werden.
Löslichkeit
Löslichkeit von
von Metallhydroxiden
Metallhydroxiden
0.10
0.10
3+
3+ 2+2+ 2+
2+ + + 2+ 2+
Fe
Fe Cu
Cu Zn
Zn Ag
Ag Ca
Ca
0.08
0.08
[mol/l]
L(M(OH)XX)) [mol/l]
0.06
0.06
L(M(OH)
0.04
0.04
0.02
0.02 2+
2+
Cr
Cr
0.00
0.00
0.0
0.0 2.0
2.0 4.0
4.0 6.0
6.0 8.0
8.0 10.0
10.0 12.0
12.0 14.0
14.0
pH
pH
3. Wieviele % des ersten Metalls sind ausgefallen, wenn die Fällung des 2. einsetzt?
c(Zn2+) bei pH 7.3 berechnen:
logc(Zn2+ ) = logL = logKL + 14 ⋅ 2 − 2 ⋅ pH = −15.5 + 28 − 2 ⋅ 7.3 = −2.1
⇒ c(Zn2+ ) = 7.9 ⋅ 10−3 mol / l = 7.9% von0.1mol / l
Es sind also erst 92.1% des Zinks ausgefallen, wenn bereits die Silberfällung beginnt!
Thermodynamisches Löslichkeitsprodukt:
KL(thdyn.) = ai (Ak + ) ⋅ ak (Bi− ) = fAi ⋅ ci (Ak + ) ⋅ fBk ⋅ ck (Bi− ) (G58)
1 KL(thdyn.)(AiBk )
L(AiBk ) = i+k ⋅ i+k (G59)
f ⋅ fB
i
A
k
ii ⋅ kk
1 1
⇒ L(CaCO3 ) = ⋅ L(CaCO3 )H2O = ⋅ 7.1g / m3 = 21.9g/m3
fCa2+ ⋅ fCO2− 0.3242
3
c(HB) ⋅ c(OH− )
Protolyse des Anions: −
B(aq) −
+ H2O R HB + OH(aq) KB (B− ) =
c(B− )
Es stehen also nicht alle gelösten Anionen für das Fällungsgleichgewicht zur Verfügung, weil ein Teil von
-
ihnen protoniert wird. Je grösser dieser Anteil ist, desto besser wird die Löslichkeit sein, da weniger B
für die Bildung von Festkörper zur Verfügung stehen. Wie gross der Protolysegrad der Anionen ist, hängt
primär von den folgenden Einflussgrössen ab:
Wenn der pH-Wert eines wässerigen Systems bekannt ist (z.B. durch Pufferung oder direkte Messung)
lässt sich der Protolysegrad aller Anionen darin leicht mit den entsprechenden Verteilungsfunktionen β
berechnen (vgl. Kap. 5.2.2). Dies hat zudem den Vorteil, dass bei mehrprotonigen Basen alle möglichen
Protolysestufen berücksichtigt werden.
c(B)
n-protonige Base B: βn = ; Ctot (B) = c(B) + c(HB+ ) + ... + c(HnBn+ )
Ctot (B)
βn misst also direkt den relativen Anteil freier "fällbarer" Anionen, die nun in das Löslichkeitsprodukt
eingesetzt werden können (Beispiel binäres Salz AB):
KL (AB) = c(A + ) ⋅ c(B− ) = c(A+ ) ⋅ β1 ⋅ Ctot (B− )
- + -
Stammt alles B im System aus der Auflösung von AB(s), so gilt c(A ) = Ctot(B ) = L(AB), daraus folgt sofort
die pH-Abhängigkeit der Löslichkeit des Salzes AB:
KL
LpH(AB) = (G60)
β1;pH
Der Quotient KL/βn wird auch als (pH-abhängiges!) "scheinbares Löslichkeitsprodukt KL' " bezeichnet.
10−6.46 ⋅ 10−10.4
pH 10: β2 := = 0.285
(10 ) + 10 ⋅ 10−6.46 + 10−6.46 ⋅ 10−10.4
−10 2 −10
10−6.46 ⋅ 10−10.4
pH 14: β2 := = 0.9997
(10 ) + 10−14 ⋅ 10−6.46 + 10−6.46 ⋅ 10−10.4
−14 2
KL 10−8.3
LpH(CaCO3 ) = pH 3: L(CaCO3 ) = = 19.1mol/l(!)
β2;pH 1.38 ⋅ 10−11
10−8.3
pH 10: L(CaCO3 ) = = 1.33 ⋅ 10-4 mol/l
0.285
10−8.3
pH 14: L(CaCO3 ) = = 0.71 ⋅ 10-4 mol/l
0.9997
1.0
0.8
L(CaF2) [mmol/l]
0.6
0.4
0.2
HF F-
0 7 pH-Wert 14
pKS(HF)
0.5
Hg
0.0
0 2 4 6 8 10 12 14
pH-Wert
6.3.4 Komplexbildung
Im vorhergehenden Abschnitt wurde die Erhöhung der Löslichkeit durch Protonierung des Salz-Anions
vorgestellt. Analog dazu kann auch das Kation dem Löslichkeitsprodukt entzogen werden, indem es mit
einer Lewis-Base einen löslichen Komplex bildet:
Lösungsreaktion: +
AB (s) R A(aq) −
+ B(aq) KL (AB) = c(A + ) ⋅ c(B− )
c(AL+n )
{ALn}(aq)
+ +
Komplexreaktion des Kations: A(aq) + nL R KKn =
c(A+ ) ⋅ cn (L)
Hier stehen also nicht alle gelösten Kationen für das Fällungsgleichgewicht zur Verfügung, weil ein Teil
von ihnen in der Lösung Komplexionen bildet. Je grösser dieser Anteil ist, desto besser wird die Löslich-
+
keit sein, da weniger A für die Bildung von Festkörper zur Verfügung stehen. Wie gross der Anteil der
komplexierten Kationen ist, hängt primär von den folgenden Einflussgrössen ab:
• Stabilität der Komplexe {ALn}
z+
(aq)
: je grösser KKn
- desto ....................... der Anteil freier Metallionen
- desto ....................... die Löslichkeit von AB
2+ 2+
ZnS(s) Zn (aq) {Zn(en)} (aq)
Metallionen bilden in Wasser nicht nur Aquokomplexe (wodurch sie ja erst wasserlöslich werden!), sondern können
die relativ schwache Bindung zu den freien Elektronenpaaren des Wasser-Sauerstoffes auch lösen, wenn als Alterna-
tive eine andere Lewis-Base zur Verfügung steht, ein sog. Ligand, der mit dem Metallion stabilere Bindungen ein-
geht als die Wassermoleküle. Dieser Ersatz von H2O in der Solvatisierungshülle der Kationen durch Liganden erfolgt
stufenweise und kann mit einer Reihe von Gleichgewichtsreaktionen beschrieben werden (Beispiel Zink(II)-Ammino-
Komplexe):
Anstelle der stufenweisen Darstellung wird manchmal auch gleich die Totalreaktion bis zu einer bestimmten Stufe
betrachtet:
{Zn(H2O)6 }(aq) +
2+
4NH3(aq) R {Zn(H2O)2 (NH3 )4 }(aq) + 4H2O
2+
K4 =
(
c {Zn(NH3 )4 }(aq)
2+
)
c ( Zn2+
(aq) ) ⋅ c (NH )
4
3
Diese Reaktion und ihr MWG sind die Kombination der ersten 4 Einzelstufen-Reaktionen, die ein Set von verkoppel-
ten Gleichgewichten darstellen (vgl. Kap. 3.6 Skript AnC1). Daraus folgt dann, dass die Brutto-
Komplexbildungskonstante K4 das Produkt der vier Einzelkonstanten ist:
K 4 = KK1 ⋅ KK2 ⋅ KK3 ⋅ KK4
Auf der Homepage der Analytischen Chemie steht eine EXCEL-Datei bereit, mit welcher der Einfluss der
verschiedenen Gleichgewichtskonstanten auf die pH-Abhängigkeit der Löslichkeit von Metallhydroxiden
untersucht werden kann.
Löslichkeit
Löslichkeit von
von M(OH)
M(OH)xx
0.00
0.00
-1.00
-1.00
-2.00
-2.00
-3.00
-3.00
logLL
log
2-
{M(OH)4} (aq)
-4.00
-4.00 {M(OH)2}(aq)
-5.00
-5.00
-
{M(OH)3} (aq)
-6.00
-6.00 +
{M(OH)} (aq)
-7.00
-7.00
00 11 22 33 44 55 66 77 88 99 10
10 11
11 12
12 13
13 14
14
pH-Wert
pH-Wert