S A M ST A G, 4 .
SEP T EM B E R 20 10
Das malerische Popeye Village auf Malta: Es wurde eigens für eine aufwendige Filmproduktion errichtet, heute tummeln sich dort Hunderte Badegäste.
Malta intensiv
Die kleine Insel im Mittelmeer zieht jedes Jahr Millionen von Touristen
an. Das milde Klima, die vielfältige Kulturlandschaft sowie herrliche
Badestrände ergeben eine spannende Mischung.
BERTHOLD SCHMID
D
er Frust ist groß: 20 Kilometer
Stau auf der Autobahn vor dem
Tauerntunnel in Richtung Süden,
also mindestens drei Stunden
Wartezeit. Dazu noch Regen, im
Gebirge ist Schnee angesagt. So hat man
sich einen Spätsommer Ende August nicht
vorgestellt. Doch das Gute liegt nicht fern:
Nur zwei Stunden dauert der Direktflug
mit Air Malta von Wien nach Malta. Blauer
Himmel, Sonnenschein und 32 Grad. Ur-
lauberherz, was willst du mehr. Vier Stun-
den später der erste Sprung in das herrlich
warme Wasser des Mittelmeers, da stehen
die Freunde in Kärnten noch immer frus-
triert im Stau.
Wolfgang und Willi sind mit von der Par-
tie und zum ersten Mal auf Malta gelandet.
Schon auf der kurzen Fahrt vom Flughafen
in Valetta ins Fortina-Spa-Hotel in Sliema
staunen sie über die gewaltigen Festungs-
anlagen rund um den imposanten Naturha-
fen. Zwei große Kreuzfahrtschiffe, die
„Costa Pazifica“ und die „Aida bella“ sind
am Pier vertäut, daneben ist soeben ein
Wasserflugzeug in Richtung der Nachbar-
insel Gozo gestartet. Im Hintergrund ragen
riesige Kräne in den Himmel, Hinweise auf
große Werftanlagen. Ein Bohrschiff, das of-
fenbar dort gewartet wurde, schippert ge-
Beschauliche Ruhe im kleinen Fischerdorf Marsaxlokk.
mächlich, von zwei Lotsenbooten begleitet,
in Richtung Hafenausfahrt.
Doch jetzt ist erstmals Entspannung an-
gesagt: Baden in der blauen Lagune auf der
kleinen Insel Comino. Das Wasser ist kris-
tallklar, in den felsigen Buchten ankern
bunte Touristenboote, plötzlich erscheinen
Taucher an der Wasseroberfläche. Ein
Blick durch die Taucherbrille eröffnet beim
Schnorcheln ein wundervolles Bild: Kleine
Fischschwärme ziehen ihre Kreise, in der
sanften Strömung wiegen Pflanzen hin und
her. Der Gedanke an das regnerisch kalte
Wetter daheim wird sofort weggewischt.
Der Sonnenuntergang ist dann fast schon
kitschig schön und erinnert doch daran,
dass Malta nicht nur aus Badeinseln be-
steht.
Mit seiner kompakten Größe – 37 Kilo-
meter lang und knapp 20 Kilometer breit –
ist Malta binnen einer Stunde mit dem Auto
(Achtung Linksverkehr) zu durchqueren
und überrascht mit seiner Vielfalt, die ge-
schichtlich gewachsen ist. Hier waren
schon die Phönizier, Karthager, Römer, By-
zantiner, Normannen zu Hause. Dann folg-
ten die Johanniter-Ritter, Franzosen und
zuletzt für knapp 200 Jahre die Briten. Sie
alle haben ihre Spuren hinterlassen. Prak-
tisch Pflicht ist ein Besuch der St. John’s
Daten und Fakten
Air Malta fliegt im Sommer
sechs Mal pro Woche direkt von
Wien nach Malta, ab November
vier Mal. Tägliche Flüge ab
München gibt es Sommer wie
Winter.
Malta wurde 1964 unabhängig,
1974 eine Republik und trat am
1. Mai 2004 der Europäischen
Union bei. Seit 2008 gilt auch
dort der Euro als Währung. In
den vergangenen Jahren hat
Malta von diversen EU-Fonds
profitiert. Der EU-Beitritt führte
zu einer Wiederbelebung der
Wirtschaft und hat die Investiti-
REISE & FREIZEIT XI
Festlich geschmückte Straßen. Die imposante St. John’s Co-Cathedral mit ihren Meisterwerken.
Co-Cathedral, in der Caravaggios Meister-
werk „Die Enthauptung Johannes des Täu-
fers“ ausgestellt ist. Überhaupt ist Malta für
Kulturinteressierte ein Paradies. Die Groß-
meister des Ritterordens haben imposante
Bauwerke hinterlassen, ob das „Manoel
Theater“ mit der mit 22-karätigem Gold
verzierten Decke oder die Paläste in der
früheren Hauptstadt Mdina im Norden von
Malta. Mdina wird auch die stille Stadt ge-
nannt. Fernab vom Lärm moderner Zivili-
sation fühlt man sich hinter mächtigen
Mauern in frühere Jahrhunderte zurückver-
setzt, ehe man auf der Terrasse eines Lu-
xushotels, wie dem „Xara Palace“ Platz
nimmt. Hier wird mediterrane Küche vom
Feinsten geboten. Nicht ohne Stolz erzählt
die Rezeptionistin, welche Prominente hier
schon Ruhe und Erholung gesucht hätten.
Ob Brad Pitt oder Jennifer Aniston, die Lis-
te ist lang. Denn zur Vielfältigkeit von Mal-
ta gehören auch eindrucksvolle Filmkulis-
sen: Szenen für den Hollywood-Streifen
„Troja“ wurden hier ebenso gedreht wie für
„Popeye, the Sailor“ mit Robin Williams.
Zurückgeblieben ist Popeye Village, das mit
seinen schrägen, bunten Häuschen als ein-
zigartiges Erlebnisdorf in einer Badebucht
am Rand einer Steilküste für Urlauberfami-
lien zur Verfügung steht.
onsbereitschaft aus dem Aus-
land erhöht.
Zu den typischen maltesischen
Gerichten gehören Kaninchen,
Bragjoli (mit Würstchen und Ei
gefüllte Rindsroulade), Timpana
(Makkaronieauflauf), Lampuki
(Goldmakrele oder Dorade),
Schwert- sowie Thunfisch.
Für Fahrer von Mietautos wich-
tig: In Malta gilt Linksverkehr.
Bei Kreuzungen gewähren Sie
dem Fahrzeug zu Ihrer rechten
Seite Vorfahrt. Vorrang hat jenes
Fahrzeug, das einen Kreisver-
kehr oder eine Verkehrsinsel zu-
erst erreicht.
Bilder: SN/BERTHOLD SCHMID (4)
Für Wolfgang und Willi wird der Tag
schon zu kurz: Abseits der pulsierenden
Hauptstadt Valetta haben sie im Süden das
Fischerdorf Marsaxlokk entdeckt. Wie hin-
gemalt liegen Dutzende kleine bunte Fi-
scherboote auf dem spiegelglatten Wasser.
In den Straßenrestaurants am Kai wird
schnell klar: Hier gibt es keine Hektik. Ein
Fischer spannt seine Leinen quer über die
Esplanade, hält ein Schwätzchen mit Kolle-
gen. Der Kellner serviert ein kühles Bier,
das bloß einen Euro kostet. Jetzt kommen
schon wieder Gedanken an Zuhause hoch.
Für Wolfgang und Willi werden künftige
Urlaubspläne bereits konkreter. Wenn es
hier so günstig ist, könnte man ja bald mit
der gesamten Familie wiederkommen, sa-
gen sie nach einem Blick in die Speisekarte.
Das kleine Malta mit seinen rund 400.000
Einwohnern sei wie eine wunderbare Pra-
linenschachtel. Jedes Mal, wenn man sie
öffnet, gibt es etwas Neues auszusuchen
und zu entdecken, lesen die beiden Neulin-
ge in ihren Reiseunterlagen und stimmen
zu. Es sei der Mix aus Kultur, Erlebnis und
Erholung, der die Faszination Malta aus-
mache. Und wie gesagt, zu Hause regnet es
Ende August und auf den Bergen gibt es am
letzten Sommertag schon bis zu 20 Zenti-
meter Neuschnee.