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ARBEITSGEMEINSCHAFT FÜR FORSCHUNG

DES LANDES NORDRHEIN-WESTFALEN

GEISTESWISSENSCHAFTEN

69. Sitzung
am 27. ] anuar 1960
in Düsseldorf
ARBEITSGEMEINSCHAFT FüR FORSCHUNG
DES LANDES NORDRHEIN-WESTFALEN
GEISTESWISSENSCHAFTEN

HEFT 89

C. R. van P aassen

Platon in den Augen der Zeitgenossen

SPRINGER FACHMEDIEN WIESBADEN GMBH


ISBN 978-3-663-00926-9 ISBN 978-3-663-02839-0 (eBook)

DOI 10.1007/978-3-663-02839-0
C 1960 Spri nger Faehmcdicn Wicsbadcn
Urspriinglich crschicncn bei Wcstdcutschcr Vcrlag
Ges:>m!hersteUung: v;reatdeu!s<:hcr Vcrlag .
Platon in den Augen der Zeitgenossen
Von Rektor Dr. C. R. vanPaassen) Amsterdam

"Me thorubeite, macht keinen Krach, auch nicht wenn es scheint, daß ich
etwas Verwegenes sage." So sprach Sokrates, als er vor seinen Richtern
stand. Ich bin weit davon entfernt, mich mit Sokrates zu vergleichen, und
Sie werden weniger streng sein als das athenische Gericht, aber doch habe
ich eine ähnliche Bitte: vielleicht wird es Ihnen verwegen erscheinen, wenn
ich als meine Überzeugung ausspreche, daß man den großen, den göttlichen
Platon nicht nur bewundern und verehren darf, und zwar weil er ein Mensch
war, homoiopathes hemin, von der gleichen Art wie wir.
In der ganzen Geistesgeschichte gibt es kaum eine zweite Gestalt, die die
Leidenschaften, sowohl pro als contra, so sehr aufstachelt. Ob jemals eine
Zeit kommen wird, wo über Platon sine ira et studiogeredet werden kann,
scheint fraglich. Besonders in letzterer Zeit stehen die irati und die studiosi
einander feindlich gegenüber. Als K. R. Popper 1945 seinen Angriff vom
Zaun brach, eilten die Anhänger Platons an die Gewehre. In Holland hörte
man den Ruf, Platon sei unantastbar, und eine derartige Kritik ein Sakri-
legium. Diese Behauptung läßt sich tatsächlich nicht aufrechterhalten: Philo-
sophie ist Kritik, Platon selber gibt das Beispiel, er hat Kritik geübt an
Allem und Jedem, und wer am Wege baut, kann erwarten, daß man seine
Fenster einwirft. Poppers Buch "The open society and its ennemies" ist
zweifellos cum ira geschrieben und enthält handgreifliche Fehler, die der
Widerlegung eine bequeme Handhabe bieten. Aber es wurde gelesen:
das umfangreiche Werk liegt jetzt schon in der vierten Auflage vor und ist
auch ins Holländische übersetzt worden. Man erinnerte sich, wie früher
schon ähnliche Stimmen laut geworden waren, und allem Eifer der Studiosi
gelang es nicht mehr, die Kritik zum Schweigen zu bringen, besonders als
Schriftsteller wie Benrand Russell (A history of Western Philosophy) und
Alexander Rüstow (Ortsbestimmung der Gegenwart), deren Stimmen sich
nicht überhören ließen, Popper in der Hauptsache recht gaben. Nimmt es
wunder, daß ein Buch, das mit den üblichen Bestsellern nicht die geringste
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Ahnlichkeit hat, so viele Leser anziehen konnte? Braucht man zu fragen,


woher dieses Interesse stammt?
Es handelt sich um ein Problem, zu dem wir alle Stellung nehmen müssen.
Als wir auf dem Gymnasium Bekanntschaft mit Platon machten und unser
Lehrer, ein eifriger Bewunderer des Philosophen, es verstand, seine Begei-
sterung auf die Schüler zu übertragen, wurden selbstverständlich auch die
politischen Ratschläge erörtert wie sie im "Staat" und in den "Gesetzen"
vorgelegt werden. Wer Platon kennen lernen will, so wurde uns gesagt, soll
an erster Stelle die Politeia studieren. Er habe zwar kein eigentliches System
geschaffen, aber hier finde man doch gewissermaßen alles beisammen, was er
den Zeitgenossen vorhalten wollte, was er der Menschheit zu sagen hat.
Unser jugendlicher Enthusiasmus wurde erweckt; ein leises Kopfschütteln
war auch dabei, wenn wir der Meinung waren, daß Platon es mit der Ein-
schränkung der persönlichen Freiheit vielleicht doch zu arg treibe, daß der
menschlichen Natur zu sehr zuwiderlaufe, was Platon hier verlangt. Aber
es blieb alles Theorie: brauchte man doch damals keine Partei zu ergreifen.
Das ist inzwischen anders geworden. Der Aufenthalt im elfenbeinernen Turm
der akademischen Abgeschiedenheit ist uns weiterhin versagt. Man kann
nicht mehr über Platon reden, als ob kein Wölkchen am Himmel wäre.
Paries proximus ardet: das Haus des Nachbars brennt. Die erprobte
Methode des Totschweigens- man könnte es ein silentium castigationis nen-
nen -, womit Lesky es in seiner übrigens ausgezeichneten Geschichte der
Griechischen Literatur versucht, kann nicht mehr helfen. Man kann sich auch
nicht damit begnügen, Popper in manchen Einzelheiten zu widerlegen und
zur Tagesordnung übergehen. Es gibt nun einmal bei Platon - vorsichtig
gesagt - totalitäre Züge, die sich nicht mit dem Mantel der Bewunderung
zudecken lassen. Gerade, wenn man ihn bewundert, muß man versuchen, sie
im Zusammenhang mit seiner Philosophie und seinem Charakter zu werten
und zu erklären. Wir können Platon nicht mehr unberührt von den Ereig-
nissen des Tages beurteilen. Diese Art der Objektivität würde von Mangel
an Verantwortlichkeit zeugen. Platon ist aktuell. Seien wir froh darüber,
daß die Griechen trotz allem uns noch etwas bedeuten, daß man sich ge-
zwungen fühlt, sich mit ihnen auseinanderzusetzen.- Aber man wird sagen:
"Was wissen wir eigentlich von Platon als Menschen?" Levinson (In defense
of Plato), einer der bekanntesten Platon-Verteidiger, spielt die Verkleinerer
(detractors) wie er sie nennt- der Ausdruck enthält schon eine petitio prin-
cipii- gegeneinander aus, indem er ihre sehr verschiedenen Auffassungen von
Platons persönlichen Eigenschaften nebeneinanderstellt; eine communis
Platon in den Augen der Zeitgenossen 7

opinio besteht also nicht, es zeigt sich, daß es sehr schwer ist, eine richtige
Vorstellung von Platon zu bekommen. Da kann es wertvoll sein, zu ver-
folgen, wie die Zeitgenossen ihn sahen. Wenn wir dieses Bild kombinieren
mit demjenigen was Platons Schriften über ihn sagen, so tritt er uns vielleicht
deutlicher als Mensch entgegen.
Es ist nicht meine Absicht, alle Stellen, wo Platon genannt wird, anzufüh-
ren und zu überprüfen. Von der in dieser Beziehung geleisteten philolo-
gischen Kleinarbeit werde ich dankbar Gebrauch machen und versuchen zu
zeigen, daß die Daten eine einheitliche Deutung zulassen, und weiter ver-
suchen, diese Wertung Platons im Altertum mit den heutigen Auffassungen
zu verbinden. Wenn es dabei ab und zu den Anschein hat, daß ich weit von
meinem Gegenstand im engeren Sinne abschweife, weniger von Platons
Zeitgenossen als von den unsrigen spreche, möge man das der zweifachen Art
des Themas zuschreiben. Man kann wie gesagt heutzutage nicht über Platon
reden, als ob es uns nicht anginge; die Probleme, vor die er uns stellt, gehen
uns zu nah.
In seiner poikile historia erzählt Aelianus folgende Geschichte. In Olym-
pia teilte Platon einmal ein Zelt mit unbekannten Leuten, die auch ihn nicht
kannten. Da er sich ganz einfach mit den Fremden unterhielt und den ganzen
Tag mit ihnen verbrachte, gewann er dermaßen ihre Sympathie, daß sie
sich außerordentlich freuten, die Bekanntschaft eines solchen Mannes ge-
macht zu haben. Weder die Akademie erwähnte er noch Sokrates; er sagte
ihnen nur, daß er Platon heiße. Als sie nach Athen kamen, empfing Platon
sie sehr gastfreundlich. Da sagten ihm die Fremden: "Wohlan, Platon, zeige
du uns jetzt auch deinen berühmten Namensgenossen, den Schüler des Sokra-
tes, führe uns in die Akademie und stelle uns dem Manne vor, damit wir
etwas von ihm haben." Aber er, leise lächelnd, wie er es gewohnt war, sagte:
"Der bin ich selbst." Als die andern das hörten, waren sie ganz erstaunt,
daß sie mit einem so großen Manne zusammengewesen waren, ohne ihn zu
kennen, und daß er so einfach ohne jede Prahlerei mit ihnen verkehrt hatte.
Derartige späte Anekdoten, wie wir sie massenhaft bei Aelianus, Diogenes
Laertius, Athenaios finden, sind selbstverständlich mit der größten Vorsicht
zu benutzen, zumal, wenn sie- wie die vorliegende- Varianten von einem
viel vorkommenden Typus sind. So soll beim Ostrakismos ein unbekannter
Analphabet den Aristeides gebeten haben, seinen eigenen Namen in die
Scherbe zu ritzen. Gefragt, warum er Aristeides verbannt haben wolle, ob
er ihn denn kenne, antwortete der Mann: "Das nicht, aber daß er vor den
andern der Gerechte genannt wird, gefällt mir nicht", worauf Aristeides
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schweigend seinen eigenen Namen auf die Scherbe kratzte.- Das kann sich
unmöglich so zugetragen haben, schon deshalb nicht, weil Athen zur Zeit des
Aristeides noch eine richtige polis war, wo jeder jeden kannte, gerade weil
es damals noch Distanz, natürliche Ferne gab, man sich noch nicht gegenseitig
auf die Füße trat, man einander noch anschauen konnte. Allerdings, zu
Platons Zeiten hatte die Vermassung, die Entwicklung zur Großstadt ange-
fangen, wie sie sich in unserer Zeit vollzogen hat, wo jeder jedem beängsti-
gend auf den Leib rückt, ohne ihn zu kennen, wo man sich in Kinos, Straßen-
bahnen, Warenhäusern aneinanderdrängt, wo es eigentlich nur noch Steh-
plätze gibt, nur noch erzwungene Nähe und künstliche Entfernung. Wir
können uns kaum mehr vorstellen, wie anders das Leben damals war. Platon
gibt uns einen Eindruck davon; er ist der größte Darsteller des attischen
Geistes, des Lebens in der Zeit vor ihm, deren Erinnerung er noch auf-
bewahrte.
In einer solchen Gemeinschaft zeichnen sich die Individuen noch weniger
deutlich ab; deshalb kann man sich von den Persönlichkeiten aus jener Zeit
oft so schwer eine Vorstellung machen. Erst, wenn die Gemeinschaft zur
Gesellschaft wird, erwacht das Interesse am Einzelmenschen und damit der
biographische Eifer, der bekanntlich oft so merkwürdige Methoden anwen-
det: Erdichtung in Ermangelung zuverlässiger Angaben, Fälschungen von
Briefen und dergleichen. In solchen Geschichten, wie die vorhin erzählten,
haben wir das Motiv vom berühmten Manne, der anonym bleibt, der sich
nicht auf seinen Ruhm oder hohe Stellung zugute tut, nicht sagt: "Ihr wißt
wohl nicht, wen ihr vor euch habt"; wie auch Plato hier erscheint: so groß
und doch so einfach, so erhaben und doch so freundlich. - Nun, freundlich
war Platon gerade nicht, einen freundlichen Eindruck hat er auf die Zeit-
genossen bestimmt nicht gemacht - und auch moderne Verehrer geben zu,
daß Platon wahrscheinlich ein unangenehmer Mensch war. Das beredteste
Zeugnis findet man beim Komödiendichter Amphis. Hier möchte ich im
voraus einem naheliegenden Einwand begegnen: "der Komiker", wird man
sagen, "liefert doch eine Karikatur, kein naturgetreues Bild", und man wird
Aristophanes anführen, der doch so jämmerlich daneben gehauen habe, als
er Sokrates auf die Bühne brachte. Das hat man uns auf der Schule tat-
sächlich immer erzählt, und jeder Schulmann weiß, wie schwer es ist, was
man einmal gelernt hat, wieder abzulernen. Aristophanes stellt Sokrates
dar als Naturuntersucher und als Sophisten; beides ist richtig, wie Rüstow
gezeigt hat. Er war Schüler des Anaxagoras und des Archelaos, was ihm auch
vor Gericht vorgeworfen wurde, bei der Beschuldigung, daß er sich mit
Platon in den Augen der Zeitgenossen 9

Physik beschäftigt hätte. Indem er sich dieser Beschuldigung mit einem


Advokatentrick entledigt, erbringt er zu gleicher Zeit den Beweis, daß er
sehr gut versteht ton hettö logon kreittö poiein, wie es den Sophisten vor-
geworfen wurde; und daß er mit seinem Rationalismus zu der griechischen
Aufklärung gehörte, läßt sich doch nicht leugnen. Er war eine stadtbekannte
Figur; wie hätte Aristophanes Erfolg haben können bei den Zuschauern,
wenn er da einen ganz verfehlten Sokrates vorgeführt hätte? Selbstverständ-
lich sind dem Komiker einige Übertreibungen bei seiner Verspottung ver-
gönnt, aber das Wesentliche der Karikatur ist gerade, daß sie erkennbar
ist. Wie auch Sokrates im Theater aufgestanden sein soll, damit die Zu-
schauer den Sokrates auf der Bühne mit dem Original vergleichen konnten.
So würden auch die Zeitgenossen Amphis sicher auf die Finger geklopft
haben, wenn seine Beschreibung Platons mit der Wirklichkeit nicht über-
eingestimmt hätte. "Wie verstehst du, Platon", heißt es in einer Komödie von
Amphis, "sonst nichts als mürrisch dreinzuschauen mit feierlich aufgezogenen
Brauen"! Eine Szene aus einem sonst unbekannten Stück von Epikrates,
scheint dieser Beschreibung zu widersprechen. Als ein sizilianischer Arzt
sich da ganz unanständig benimmt, regt Platon sich nicht auf, sondern bleibt
ganz ruhig. Man hat hieraus geschlossen, Epikrates habe Platon die Eigen-
schaft der Freundlichkeit zugeschrieben! Das griechische Wort präiös, das
ich hier mit "ruhig" wiedergegeben habe, bedeutet nämlich meistens
"freundlich", aber der Kontext beweist, daß es hier diese Bedeutung nicht
haben kann. Man kann Platon doch kaum zumuten, daß er jenes salon-
unfähige Betragen freundlich hinnimmt, und von dort wäre es noch ein
weiter Schritt bis zur Charaktereigenschaft der Freundlichkeit. Die ganze
Szene verfolgt nur die Absicht, die Akademie lächerlich zu machen und will
komisch wirken durch den Gegensatz: der seine Überlegenheit zur Schau
tragende hochwürdige Scholarch und die Grobheiten, die er über sich hin-
gehen lassen muß.
Aber hat es einen Sinn, wird man vielleicht fragen, so umständlich zu
untersuchen, ob Platon freundlich gewesen sei oder nicht? Ist das so wich-
tig? Uns interessiert nicht der Mensch Platon, sondern der Philosoph, der
die unsterblichen Werke geschaffen hat. Der musikalische Genuß einer
Symphonie wird doch auch nicht beeinträchtigt, wenn man zufällig weiß,
daß der Komponist ein kaltherziger Mensch war?- Es ist fraglich, ob man
überhaupt Werk und Mensch so absolut trennen kann; beim Philosophen,
der die Normen des menschlichen Handelns, die arete, in den Mittelpunkt
rückt, ist es jedenfalls unmöglich. Gewiß, es gibt eine oberflächliche, nicht
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gemeinte, billige Freundlichkeit, die ärger als wertlos ist; wir können nur
froh sein, daß Platon die nicht besessen hat. Anders wird es, wenn Platons
mürrische, abweisende Art der Ausdruck eines Mangels an Wärme, an
echtem Wohlwollen wäre, einer Strenge, die sich der Grausamkeit oder
wenigstens der Rücksichtslosigkeit nähert, kurz eines Mangels an Mensch-
lichkeit, an Humanität. Die Verteidiger Platons wissen ganz genau, daß es sich
hier um etwas ganz Wichtiges handelt, worauf sich eigentlich alles, was man
an Platon auszusetzen hat, gründet. Die Verteidigung kommt immer auf
eins heraus: Man erwarte von Platon, was in der damaligen Zeit noch un-
möglich war. Abgesehen davon, daß man von einem auserwählten Führer
der Menschheit doch wohl etwas mehr erwarten darf als nur ein Kind seiner
Zeit zu sein, stimmt die Behauptung auch nicht, sondern stellt es sich heraus,
daß Platon hinter seiner Zeit zurückgeblieben ist, zum Beispiel in seinem
Verhalten den Sklaven gegenüber. Wo sie in den Dialogen vorkommen, sind
sie Dinge, keine Menschen. Als der junge Hippokrates noch bei nachtschlafen-
der Zeit zu Sokrates kommt, mit der Bitte, ihn bei Protagoras zu introdu-
zieren, entschuldigt er sich, daß er am Tage vorher, obwohl Protagoras da-
mals schon in der Stadt war, nicht gekommen sei. Er wäre nämlich ganz spät
nach Hause zurückgekehrt, weil er sich einen durchgebrannten Sklaven habe
zurückholen müssen. Hier wäre nun eine Gelegenheit, etwas menschliches
Interesse zu zeigen; nichts davon, über den Unseligen wird kein Wort ver-
loren. Sokrates fragt nicht, ob Hippokrates den Sklaven vielleicht schlecht
behandelt hätte, was er mit ihm gemacht habe; nur über den geplanten Be-
such bei Protagoras wird ausführlich geredet. Man antwortet, daß in der
damaligen Zeit von Sklavenbefreiung noch nicht die Rede war. So sicher ist
das nicht: es gibt Aussprüche, die ganz entschieden in dieser Richtung gehen.
Daß Platon in seiner Politeia an Abschaffung der Sklaverei nicht gedacht
hat, steht fest, sonst würde er es wohl ausdrücklich gesagt haben, gerade
weil die Sklaverei bei den Griechen etwas Selbstverständliches war. Wohl
rügt er das Zumsklavenmachen von Griechen; Nicht-Griechen kommen also
offenbar wohl dafür in Betracht. Schlimmer macht er es in den "Gesetzen",
wo die Sklaven eher grausamer behandelt werden als in der athenischen
Gesetzgebung vorgesehen war, ebenso wie er dort die Aussetzung unerwünsch-
ter Kinder sanktioniert, die in Athen nur nicht verboten war. Es ist keine
starke Verteidigung, wenn man sagt: so waren nun einmal die Zeiten. In der
ganzen Politeia wird über den dritten Stand, das Volk, kaum ein Wort
verloren. Manchmal scheint es, daß P. entweder seine Existenz ganz ver-
gessen hat oder ihm das Bürgerrecht absprechen will, wenn er nämlich
Platon in den Augen der Zeitgenossen 11

über Bürger (politai) redet, wo er Wächter (phylakes) hätte sagen sollen.


Die Erziehung der Wächter wird bis in das kleinste Detail geregelt, vom
dritten Stand hört man nicht, ob er überhaupt erzogen werden soll. Wenn
Lesky sagt, daß Platon "allen Teilen dieses Staates das höchste ihnen er-
reichbare Glück sichern will", fällt es schwer, nicht ironisch zu werden.
Offenbar will er dieses Glück dem dritten Stand sichern, indem er ihm den
Schmerz der Erkenntnis erspart.
Die Verteidiger geben zu, daß dem Platon der richtige Begriff von der
Bedeutung der Persönlichkeit, von der Würde des Menschen abgegangen ist.
Auch jetzt lautet die Antwort wieder, daß die Idee der Humanitas wesent-
lich jüngeren Ursprungs und zu Platons Zeiten noch unbekannt gewesen sei.
Tatsächlich hat Reitzenstein in seiner berühmten Kaisergeburtstagsrede über
Werden und Wesen der Humanität im Altertum, die Entstehung dieser Idee,
die wir in erster Linie aus Cicero kennen, in die Mitte des zweiten vorchrist-
lichen Jahrhunderts verlegt. Damals hätte man im Kreise der Seipionen dem
einseitigen römischen Nationalismus den Typus des homo humanus gegen-
übergestellt. Der Meister, aus dessen Lehre von den Pflichten man diesen Ge-
danken übernahm, war der Stoiker Panaitios. Der homo humanus hat nicht
nur Pflichten der Nation, sondern auch sich selbst und den Mitmenschen
gegenüber. Später fand man zu dieser Idee derhumanitasauch Ansätze bei
den Griechen, und zwar in den Wortbedeutungen von anthröpikos (mensch-
lich), philanthröpia und anthröpos (Mensch im prägnanten Sinne). Aber da
gab es mehr als Ansätze. Meerwaldt, einem der fähigsten Gräzisten im heu-
tigen Holland, gebührt das Verdienst, den griechischen Ursprung und die
Entwicklung des Humanitätsgedankens in einem Aufsatz mit dem Titel
Anthröpismos-Humanitas aufgezeigt zu haben. Im folgenden werde ich Meer-
waldts Darlegungen ausgiebig benutzen.
Einer von den bedeutendsten griechischen Denkern war Demokritos, wie
viele andere aus jener Zeit ein Opfer der iniuria temporum oder vielleicht
richtiger der iniuria Platonis. Er ist fast ausschließlich als Verfechter der
Atomlehre bekannt. - Von Demokritos stammen folgende pädagogische
und ethische Grundsätze: "Was vor allen Dingen den Grundwert - die
arete- bedingt: Scham und Rücksicht lernen".
"Man soll sich vor sich selbst am allermeisten schämen."
"Unsere Würde als Mensch verlangt, daß wir über Unglück von Mitmen-
schen keine Schadenfreude, sondern Erbarmen zeigen."
Um den zuletzt genannten Ausspruch, mit dem Demokritos seiner Zeit
voraus war, richtig zu veranschlagen, muß man wissen, das damals die sym-
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pathetische Einstellung ("was du nicht willst, daß dir geschieht" usw.) noch
nicht etwas Selbstverständliches war, wie für uns. Wie bei dem kleinen
Kinde, das, wenn es der Fliege die Flügel ausreißt, nicht "grausam", aber
noch "sans pitie" ist, war das natürliche Verhalten idiopathisch.
Demokritos gehört zu der von Popper so genannten großen Generation,
im Vergleich zu welcher Platon ein Rückschrittler sei. Levinson setzt sich
daran, diese Behauptung zu entkräften u. a. durch Verkleinerung Demokrits.
Es lohnt sich davon Kenntnis zu nehmen, wie er dabei zu Werke geht, weil
es kennzeichnend ist für die Voreingenommenheit der Platonkämpen und
zu gleicher Zeit unser Bild von Demokritos dabei deutlicher werden wird.
Das erste der vorhin angeführten Fragmente hätte Popper falsch über-
setzt mit "den Andren" respektieren, es stehe aber nur aidös da, und das
sei nichts Neues im griechischen Schrifttum, z. B. in der Ilias XIII 95, wo
Poseidon den Griechen Mangel an Tapferkeit vorwirft, lese man aidös,
kouroi neoi "es ist eine Schande Ihr jungen Männer". Das hat wenig mit der
Bedeutung an unserer Stelle zu tun, wo übrigens wörtlich steht "was vor
allen Dingen die arete bedingt, das Respektieren"; respektieren selbstver-
ständlich den Mitmenschen. Popper darf aber nicht, sagt Levinson, ein an-
deres Wort von Demokritos: "der Mensch, eine kleine Welt" damit in Ver-
bindung bringen, denn das habe Demokritos nicht im moralischen Sinne ge-
meint. überhaupt wähle Popper seine Zitate unehrlich: er führe nur an, was
ihm passe, z. B. folgendes Fragment: "die Armut in einer Demokratie ist dem
gepriesenen Glücke bei den Despoten gerade so sehr vorzuziehen, wie die
Freiheit der Knechtschaft". Das stimme gar nicht mit anderen Fragmenten
überein, die Popper verschweige, weil sie anti-demokratisch seien. Man höre:
"Einem geringeren Manne zu gehorchen ist schlimm", und: "Es ist besser
für die Unverständigen zu gehorchen als zu herrschen."
Ist das anti-demokratisch? Levinson scheint keine hohe Meinung von der
Demokratie zu haben. Ist es das Kriterium der Demokratie, daß da die
Geringeren und Unvernünftigen am Steuer sitzen? Ebensowenig anti-demo-
kratisch ist das folgende: "Je unwürdiger die schlechten Bürger, die Ehren-
ämter antreten, dazu sind, um so nachlässiger werden sie, und um so mehr
zeigen sie sich von Torheit und Frechheit geschwollen." Warnt hier nicht
deutlich einer, dem die Demokratie am Herzen liegt, vor einer Gefahr, die
dieser Staatsverfassung droht, was wir alle nur zu gut wissen? Bleibt schließ-
lich noch: "Das Interesse des Staates soll man unter allen am höchsten stellen,
damit es gut verwaltet werde. Man darf dabei nicht durch Streitlust die
Billigkeit verletzen oder sich wider das allgemeine Beste irgendeine Gewalt
Platon in den Augen der Zeitgenossen 13

anmaßen. Denn ein wohlverwaltetes Staatswesen ist der große Hort. Alles
ist darin beschlossen: ist dies gesund, dann ist alles gesund, und wenn es zu-
grunde geht, dann geht alles zugrund".
Wenn Platon das gesagt hätte, behauptet Levinson, würde man es als
einen neuen Beweis für seinen Totalitarismus ansehen. Platon könnte es aber
nicht gesagt haben: in seinem Staat wäre so eine "Streitlust" unmöglich.
Auch hier warnt wieder ein Demokrat vor extremem Individualismus. Selbst-
verständlich liegt es im Interesse aller, daß die polis gesund ist.
Das meiste, was Demokritos auf ethischem Gebiet vorbringt, könne man
auch bei Platon finden, sagt Levinson. (Popper hat nämlich behauptet, daß
die Aussprüche des Demokritos sich manchmal als gegen Platon gerichtet
lesen lassen.) Dann hat es doch den Anschein, daß Platon manches von
Demokritos übernommen hat. Wem gebührt da die größere Ehre?
Wo Platon, wie auch Sokrates, für die im eigentlichen Sinne seelischen
Werte kein Auge hatte und manchmal zu vergessen scheint, daß der Mensch
nicht nur einen Kopf, sondern auch ein Herz hat, gründet die Sittenlehre des
Demokritos sich auf den stark mit Gefühlswert geladenen Begriffen aidös
(Respekt, Rücksicht, Achtung, Scham, Ehrgefühl) und paideia (Bildung);
ähnlich die von Protagoras, dessen berüchtigter homo-mensura-Satz "aller
Dinge Maß ist der Mensch" in Platons Interpretation, nämlich als subjektiv-
relativistisch gemeint, verbreitet worden ist. "Warum hat Protagoras nicht ge-
sagt", fragt Sokrates im Theaithetos "daß das Schwein oder die Kaulquappe
das Maß aller Dinge seien". Dabei hat Platon gewußt, wie es wirklich ge-
meint war: in den Gesetzen lesen wir (716 C): "So wäre denn Gott für uns
am ehesten aller Dinge Maß, weit eher als ... irgendein beliebiger Mensch".
Ganz richtig bemerkt Rüstow (II 114) dazu, daß diese Worte Platons die
Umkehrung sind von dem was Protagoras wollte: nämlich die Leugnung des
Dualismus. Es gibt nicht, meint er, eine irdische, menschliche Wahrheit und
darüber eine metaphysische göttliche, sondern nur die eine menschliche: "Der
Mensch ist das Maß aller Dinge, der seienden, daß sie sind und der nicht-
seienden, daß sie nicht sind."
Der Beruf des Protagoras wird ganz allgemein umschrieben als Menschen
bilden. Dieser Begriff der Bildung (paideia) finden wir auch beim Sophisten
Antiphon: "Als das Erste und Wichtigste im Menschen betrachte ich die
Bildung ... wenn man in einen jugendlichen Körper die richtige Bildung
sät, lebt und blüht diese das ganze Leben hindurch." Unter Mensch ver-
stehen die genannten drei Denker den gebildeten Menschen (anthröpos pepai-
deumenos); paideia wird von Gellius mit humanitas übersetzt.
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Schüler des Demokritos war Aristippos, ein meistens ganz falsch beurteil-
terund nicht für voll genommener Denker. Folgende Anekdote wird über
ihn erzählt. Er leidet Schiffbruch und landet mit seinen Freunden an un-
bekannter Küste. Die Freunde fürchten sich: welches Schicksal erwartet sie?
Aber Aristippos, der im Sande mathematische Figuren entdeckt hat, ruft
aus: Hier leben Menschen! Es zeigt sich, daß eine Stadt in der Nähe ist. So
wie er ist, zerlumpt und halbnackt, begibt sichAristippos in das Gymnasium,
wo er mit einer philosophischen Dissertation so große Bewunderung erregt,
daß er von den ihm dargebotenen Ehrengaben die Freunde für die Rück-
reise ausrüsten kann. Als sie fragen, ob sie den Seinen zu Hause noch etwas
ausrichten sollen, antwortet er: "Sagt, daß sie ihren Söhnen nur solches
Reisegeld mitgeben sollen, das bei Schiffbruch mit ans Land kommt."
Auch von dieser Geschichte gibt es andere Varianten. Der Dichter Simo-
nides, schiffbrüchig geworden, soll gesagt haben, als seine Schicksalsgenossen,
die bettelnd mit ihren Täfelchen umhergingen, sich über seine Munterkeit
wunderten: "Ich habe nichts verloren: omnia mea mecum porto"; nur der
geistige Besitz ist wichtig. Wir haben hier einen unverkennbaren Fall von
sogenannter Diffusion. Die historische Wahrheit ist dabei nicht wesentlich,
auf den Sinn kommt es an. Panaitios, ein großer Bewunderer des Aristippos,
nennt als eine seiner Schriften Nauagoi (Die Schiffbrüchigen); zweifellos
stand darin diese Geschichte und auch die Lehre, die Aristippos daraus ge-
zogen hat: "Es ist besser Bettler zu sein als ungebildet, denn jene haben kein
Geld, diese keinen anthröpismos." Hier also das griechische Wort, worauf
Meerwaldt zuerst aufmerksam gemacht hat, die genaue Entsprechung von
humanitas: anthröpismos.
In dieser ganzen Entwicklung suchen wir vergebens einen Anteil Platons.
Wie stand er zu den genannten Denkern?
Obwohl im gleichnamigen Dialoge Protagoras üblicherweise lächerlich
gemacht wird, ist er doch der Einzige der Sophisten, an dem Platon etwas
übrigläßt. "Sogar Platon", sagt Meerwaldt, "hat des Protagoras hochgesinnte,
auf aidoos gegründete Ethik noch erkennbar gelassen".
Daß Platon auch von Protagoras etwas übernommen hat, scheint gewiß.
Aristoxenos behauptet, daß von der Politeia eigentlich alles schon in des Pro-
tagoras Schriften drinstand, was natürlich eine böswillige Übertreibung ist.
Jedenfalls betätigte Protagoras sich auch auf politischem Gebiet: bei der
Gründung von Thurii hat er die Gesetze gegeben. Es ist sehr zu bedauern,
daß von seinen Schriften fast nichts erhalten ist: er war zweifellos einer der
bedeutendsten Denker, wie auch Demokritos, den Platon zwar benutzt, aber
Platon in den Augen der Zeitgenossen 15

nicht nennt. Vielleicht zielt Soph. 246 C auf ihn. Der Materialismus wird
da angegriffen. Selbstverständlich war Demokrits kausale, mechanische
Naturerklärung Platon ein Dorn im Auge. Diagenes Laertios berichtet, er
habe verlangt, daß man die Schriften Demokrits verbrenne. Das scheint
nicht so ganz unmöglich, wenn man Platons Ansichten über Zensur und Be-
handlung von Andersdenkenden in Betracht zieht.
Mit Aristippos ist Platon oft - es kann nicht anders sein - in Berührung
gekommen. Beide waren Schüler des Sokrates. Ein absolut zuverlässiges Bild
von dieser einzigartigen Gestalt werden wir wohl nie haben. Er hat einen
starken Einfluß auf sehr verschieden geartete Persönlichkeiten ausgeübt. Die
Zeitgenossen sahen Platon als einen feinen, wohlgepflegten, gutgekleideten
Herrn. Diesen Zug hat er bestimmt nicht von seinem Meister, der immer im
verschlissenen Mantel umherging. Des Sokrates einfache, man könnte sagen
puritanische Art und seine Geringschätzung der Zivilisation ist wohl einer der
Gründe, weshalb Antisthenes sich selbst als den einzigen, richtigen Fortsetzer
des Sokrates betrachtet. Er hat auch sokratische Dialoge geschrieben. Zwi-
schen Platon und ihm ist keine Liebe verlorengegangen; die Trennung von
noumenale und phaenomenale Welt hat er abgelehnt und sich über die
Ideenlehre lustig gemacht: "Den Tisch sehe ich", soll er gesagt haben, "aber
die Tischheit nicht". Umgekehrt macht Platon auf ihn ziemlich verächtliche
Anspielungen. Wenn er spricht von "alten Knaben, die in ihrer geistigen
Armut so etwas schön finden" - es handelt sich um den Satz, daß es nur
identische Urteile geben könne- "und wunder was damit gefunden zu haben
glauben" meint er bestimmt Antisthenes.
Ein ganz anderer Mann war Aristippos, bei dem ohne Zweifel der Ein-
fluß von seinen anderen Lehrern, Demokritos und Protagaras überwog.
Aristippos lehnte des Sokrates puritanischen Rationalismus, seine Monopoli-
sierung der Verstandeswerte, ab, verwarf die Errungenschaften der Zivilisa-
tion keinesfalls und fand Wohlgefallen am Lebensgenuß. Selbstverständlich
soll man hier in erster Linie an seelische Güter, wie z. B. Kunstgenuß,
denken. Platon sagt fast nichts über ihn, obwohl er ihn wohl am Hofe in
Syrakus getroffen hat. Aber bei so verschiedenen Naturen wird es wohl
kaum zu gegenseitigem Verständnis gekommen sein. DieZeitgenossen warfen
Platon Ehrgeiz vor, und in seinen Schriften finden "·ir wenig Anerkennung
von Fachgenossen. Er duldete niemand neben sich, und auf den Namen
Philosoph darf nur Anspruch machen, wer denkt wie er. Seine schroffe,
keinen Widerspruch duldende Art soll Aristippos einmalleise getadelt haben
mit den Worten: "das würde unser Meister nicht so gesagt haben".
16 C. R. van Paassen

Aristippos wurde bekannt als der Grundleger des Hedonismus, von Geg-
nern böswillig mißverstanden als die Schule der Liederlichkeit. Freilich er-
achtete er es nicht unter der Würde des Philosophen, die Verfeinerungen des
Lebens zu genießen. Aber das ist keineswegs Genußsucht. Materielle Güter
sind vielleicht angenehm, aber keineswegs unentbehrlich, wie das ja in der
vorhin erzählten Geschichte zum Ausdruck kommt: Nur geistiges Gut ist
unverlierbar. Aber seine Haltung der Zivilisation gegenüber ist der der
Kunikoi entgegengesetzt, die bei Diagenes ganz in Schamlosigkeit entartet.
Aristippos verlangt Respekt, aidoos. Er ist der richtige homo humanus wie
dieser in Thomas Manns Zauberberg in der Gestalt des Settembrini gezeich-
net wird, mit dem er manchen Zug gemeinsam hat. Settembrinis Gegenspie-
ler, Naphtha, der homo dei, ist umgekehrt in vielem Platon ähnlich. Der
fadenscheinige Settembrini, wie der schiffbrüchige, bettelhafte Aristippos,
hält in erster Linie auf geistige Güter, mit Entrüstung bekämpft er alles, was
den Menschen herabwürdigt. Freiheitssinn und Bürgertugend betrachtet er
als lobenswerte Eigenschaften; er bejaht das Leben, verachtet auch das Kör-
perliche nicht. In der civitas dei dagegen ist die individuelle Persönlichkeit
ohne Belang: blinder Gehorsam wird verlangt, die Bürgertugend ist im
Lichte der geistigen Welt wertlos oder nur der unteren Schicht vorbehalten.
Nur auf die höheren Werte, auf den allerhöchsten Zweck kommt es an.
Dazu sind die Mittel erlaubt. Naphtha zieht die äußerste Konsequenz, wäh-
rend bei Platon, dem die Möglichkeit der Verwirklichung seiner Ideale vor
Augen stand, alles gemildert erscheint. Aber die Ansätze zu dem, was wir
als verabscheuungswürdig haben kennenlernen, Zensur, Angebertum, Ter-
ror sind deutlich vorhanden. Man lese das 10. Buch der "Gesetze". Prof.
D. Loenen, den seine große Bewunderung für Platon nicht von einem ob-
jektiven Urteil abhält, steht nicht an, diesen ganzen Teil eine der schwär-
zesten Seiten der griechischen Überlieferung und dabei einzigartig zu nennen.
Ein anderer hölländischer Gelehrter, Prof. G. J. de Vries, stellt sich in
seiner gegen Popper gerichteten Streitschrift "Antistehenes redivivus" aus-
gesprochen auf die Seite der Studiosi. Wer sein früheres Buch "Spel bij Plato"
kennt, ist davon nicht überrascht. Nach de Vries betrachtet Platon alles
Schreiben als ein Spiel. Die Stelle am Schluß des Phaedrus, die de Vries da-
für in erster Linie anführt, läßt zwar eine so einfache und weitgehende
Interpretation m. E. nicht zu. Platon "spielt" bestimmt nicht immer, und
wenn er es täte, würde es seine Wirkung, die auf dem Kontrast beruht,
ganz verfehlen. Am deutlichsten wird das in der Komposition des Euthu-
demos, die sich mit der von E. T. A. Hoffmanns Kater Murr vergleichen
Platon in den Augen der Zeitgenossen 17

läßt: die immer toller werdende logische Akrobatik der beiden Brüder wird
durch ganz ernste Zwischenspiele unterbrochen. Gewiß nehmen in den Schrif-
ten Platons Scherz, Ironie, Parodie und Satyre einen großen Raum ein.
Man braucht das nur zu verallgemeinern, und man hat ein bequemes Mittel
zur Hand, um Platons "sonderbaren und beunruhigenden Geschmack an
Sophismen", wie ein französischer Studiosus sich ausdrückt, zu erklären. Pla-
tons zahlreiche logische Schnitzer und Fehlschlüsse seien zum allergrößten
Teil keine Versehen, keine Paralogismen, sondern Sophismen, also beabsich-
tigt, wie man gesagt hat: dialektische Scherze. Freilich kommen sie auch da
vor, wo die Sache Platon bitterer Ernst ist, z. B. im Gorgias. Prof. de Vries
meint, daß sie sich da aus Platons ethischer Besorgnis erklären lassen. Der
Philosoph, der to agathon, das Gute an sich, kennt, fühle sich berechtigt, die
anderen zu zwingen einzugehen. Um das zu erreichen, übertrete er sogar die
Gesetze der Logik. Man fragt sich, ob er bei Lesern, die selbst einigermaßen
logisch denken können, nicht gerade das Gegenteil erreicht. Der Dialektiker,
der die Idee des Guten geschaut hat, sagt de Vries, ist über die Normen der
Ethik erhaben und darf lügen. Damit wären dann nebenbei auch die "from-
men" Lügen im Staat entschuldigt. Man sieht, daß bei Platon alles erlaubt ist:
das Feld ist frei. Das Buch von de Vries ist in der besten Absicht, in maiorem
gloriam Platonis geschrieben, man fragt sich aber, ob Platon mit solcher Ver-
teidigung gedient ist. Sogar die "feierlich aufgezogenen Brauen", wovon
Amphis spricht, können nicht stimmen, weil sie zu allem Scherz und Spiel
nicht passen und das griechische Wort für feierlich (semnos) bei Platon
immer eine ironische Bedeutung habe. De Vries verschweigt dabei ganz, daß
Amphis an erster Stelle Platon als mürrisch (skuthröpos) charakterisiert,
und dazu bildet sein sogenanntes Spiel durchaus keinen Widerspruch, denn
es ist fast immer ironisch oder satirisch, nirgends wohlwollend, es geht auf
Kosten des andern, nicht selten auf billige und unfeine Weise. Auf der Schule
haben wir herzlich darüber gelacht, wie Platon so köstlich seinen Spaß mit
den Sophisten treibt, denen er immer wieder - er läßt keine Gelegenheit
dazu vorübergehen - vorwirft, daß sie Geld für ihren Unterricht nehmen,
und unsere Lehrer, die doch auch ihr Honorar nicht ablehnten, hatten es
dabei bequem - die Kinderhand ist bald gefüllt - die Lacher auf ihre Seite
zu bekommen. Das würde also heißen, daß in philosophicis nur mitreden
darf, wer ein begüterter Mann ist, oder doch reiche Freunde hat, die ihn
freihalten. Eine solche Ironie ist nicht witzig, sondern höchst ärgerlich: sie
ist aus Haß geboren, wie der holländische Philosoph Bierens de Haan ganz
richtig bemerkt (Idee-Studies 3 bld. 74). ·
18 C. R. van Paassen

Etwas ganz anderes ist die Selbstironie, aber davon ist bei Platon, trotz
Prof. de Vries, wenig oder nichts zu finden. Der Gedanke, daß er sich selbst
verspottet in der Gestalt des fanatischen Sokrates-Anhängers Apollodoros,
des Berichterstatters im Gastmahl, ist so weit hergeholt, daß er wohl nie-
mand überzeugen wird. Der Grundton in der berühmten Theaithetos-Epi-
sode, worüber sogleich mehr, ist nicht Selbstironie, sondern Ressentiment.
Echter, befreiender Humor gibt es bei Platon wenig. Im Gegenteil, so wie er
in den Augen der Zeitgenossen erschien, so begegnen wir ihm auch in seinen
Schriften. Platon war nicht freundlich, nicht wohlwollend, er dachte gering
von den Menschen (das ist etwas ganz anderes als vom Menschen), er war im
Grunde antihumanitär. Prof. de Vries meint, daß die vorhin genannte The-
aithetos-Episode das Gegenteil beweist. Dieses Stück war Popper beim
Schreiben seines Buches unbekannt, sonst hätte er es, meint de Vries, un-
geschrieben gelassen. Platon beschreibt hier den weltfremden Philosophen
im Gegensatz zum weltgewandten Staatsmann und Rhetor. In der Über-
setzung von Wilamowitz lautet der von de Vries angeführte Teil wie folgt:
"Wenn (die Leute) Lobreden halten, von jemandem in hohen Tönen reden,
läßt (der Philosoph) merken, daß er lacht, ganz ehrlich: er stellt sich nicht
an. Das finden sie albern. Da preisen sie einen Tyrannen, einen König. Er
hört das wie das Lob eines Hirten von Schweinen oder Schafen oder Rin-
dern, der gepriesen wird, weil er viel zu melken hat; der König hütet nur
ein wilderes und tückischeres Vieh als jene, aber auch er muß durch sein
Geschäft ebenso bäurisch und ungebildet werden wie die anderen Hirten,
nur sitzt er in einem Schlosse statt in einer Sennhütte. Dann hört der Philo-
soph, daß jemand wegen seines wunderbaren Reichtums gepriesen wird,
weil er zehntausend Morgen Land oder noch mehr besitzt; das scheint ihm
eine Kleinigkeit, weil er seinen Blick auf die ganze Erde zu richten gewohnt
ist. Da preisen sie den Adel, einen hochadligen Mann, er könnte ja sieben
reiche Vorfahren nachweisen; ein kurzsichtiges Lob, das nur die Unbildung
aussprechen kann, die Unfähigkeit, überall auf das Ganze zu sehen, nach-
zurechnen, daß wir alle ungezählte Myriaden Ahnen haben, unter denen für
jeden Reiche und Bettler, Könige und Sklaven, Barbaren und Hellenen zu
vielen Tausenden sind. Daß man stolz ist auf eine Reihe von fünfund-
zwanzig Vorfahren, die bis auf Herakles, den Sohn des Amphitryon, zu-
rückgehen, scheint ihm besonders kleinlich!"
In der 4. Auflage seines Buches bemerkt Popper, daß er diese Stelle, wo
Griechen und Barbaren, Könige und Sklaven gleichgestellt werden, nicht
mit den sonstigen Anschauungen Platons in Übereinstimmung bringen kann.
Platon in den Augen der Zeitgenossen 19

De Vries stellt frohlockend fest, das Popper hier sich selbst widerlegt hat:
es ist jedoch nicht schwer, Popper gegen Popper zu verteidigen. Alles dreht
sich um die Frage, welche praktischen Absichten Platon hatte. De Vries sagt:
gar keine; und so haben die Zeitgenossen es auch gesehen, meint er. Wenn
Platon Tyrann von Athen hätte werden wollen, würden die Komiker nicht
versäumt haben, ihn an den Pranger zu stellen. Er sagt ausdrücklich, daß
sein Staat "nur" ein Modell im Himmel sei, damit sei also der Vorwurf des
Totalitarismus abgewiesen. Aber "nur im Himmel" kann doch nur heißen,
daß der ideale Staat zwar totalitär ist, aber die Erdbewohner nichts davon
zu befürchten haben. Platon hat wohl nicht gleich Tyrann von Athen wer-
den wollen. Aber daß seine Projekte als Ratschläge gemeint sind und speziell
für die Wiederherstellung seiner Vaterstadt, muß man doch wohl annehmen.
Was hat es alles sonst für einen Sinn? Wäre dieser gewaltige Aufwand nur
da, um zu einer Definition der dikaiosune (Gerechtigkeit) zu gelangen? Daß
es anders gemeint ist, beweisen die Gesetze, wo er sein zweitbestes Projekt
vorlegt, "denn wir haben es mit Menschen zu tun"- sagte er-, "und nicht
mit Göttern".
An Hand dessen, was wir von Platons Charakter wissen, können wir auch
nichts anderes erwarten. In den Augen auch der ihm nicht feindlich gesinnten
Zeitgenossen war er wie gesagt ehrgeizig. Es bedarf keiner tiefen psycho-
logischen Deutung, um diese Eigenschaft abzuleiten. Platon neigte zu einer
asketischen Moral. Wir wissen jetzt allmählich, daß die Askese charakterolo-
gische Gefahren mit sich bringt. Es ist ein abscheuliches Mißverständnis, daß,
wer körperlich nicht sündigt, schon deswegen ein tugendhafter Mensch sei.
Gerade die Askese macht empfänglicher für die Sünden des Geistes: Grau-
samkeit, Ehrgeiz, Hochmut, Herrschsucht, Machtwille. Auch davon können
wir seit den jüngsten Geschehnissen mitreden. Jemand, der sich selbst so viel
versagt, meint - selbstverständlich meistens unbewußt und bona fide -, daß
er doch irgendwie ein Anrecht auf Entschädigung hat.
In Platons Charakter ist dieser Zug unverkennbar: er wollte auf die Mit-
bürger wirken, eine Rolle in der Politik spielen. Ich glaube, daß v. Wilamo-
witz hier richtig gesehen hat. Schmerzlich enttäuscht wird er gewesen sein,
als jede Wirkung ausblieb. Die scharfen Angriffe auf die Demokratie hatte
er teilweise zurückgenommen, er war, wie er meinte, den Athenern ein Stück
Weges entgegengekommen. Seine Hoffnungen hatten sich nicht erfüllt. Er
fühlte sich mißachtet: "wohl, ich werde euch zeigen", sagt er hier im Theai-
tetos, "daß ich euch noch vielmehr verachte, auch den reichsten, geehrtesten,
mächtigsten unter euch, dem wahren Weisen gegenüber seid ihr nicht besser
20 C. R. van Paassen

als Sklaven". "Platon hatte lernen müssen", sagt v. Wilamowitz "daß er


Philosoph im stillen Winkel der Akademie bleiben mußte. Bitter war es
ihm; aber wenn's schon so war, nun gut, so sollten sie hören, welche Würde
ihm zukam. Mochten sie sagen, er wäre ein unpraktischer Träumer, mochten
sie ihn hochmütig schelten ..., daß es der Stolz der Entsagung ist, wird
wenigstens der nicht verkennen, der erkennt und anerkennt, daß es Platon
mit dem Ernst war, was er im Staate gesagt und gewollt hatte."- Wer aus
der Theaitetos-Episode eine humanitäre Stimmung heraushört, irrt sich
vollkommen. Kurz vor dem soeben angeführten Teil heißt es: "Es geht
(dem Philosophen) wie dem Thales in der bekannten Geschichte. Der fiel bei
seinen astronomischen Beobachtungen in eine Zisterne, weil er in die Luft
hinaufblickte, und da machte sein gescheites thrakisches Dienstmädchen den
Witz, er wollte erkunden, was im Himmel ist, und sähe nicht, was ihm vor
der Nase wäre. Der Witz trifft auf alle Philosophen zu. In der Tat, von
seinem Nächsten, seinem Nachbar, weiß er nicht, was er treibt, kaum ob
er ein Mensch oder irgendein anderes Tier ist. Aber was der Mensch ist,
was die speziell menschlichen Eigenschaften sind, das zu erforschen bemüht
er sich." - Also für die Menschen um sich her, mit denen er zusammenleben
sollte, zeigt er nicht das geringste Interesse, nur der Mensch in abstracto
interessiert ihn. Das thrakische Dienstmädchen, eine Vorläuferin Nietzsches
mit seinem Motiv der "nächsten Dinge", trifft den Nagel auf den Kopf.
über allerlei Luftschlössern und Wolkenkuckucksheimen hat die Menschheit
zu ihrem Schaden dasjenige, was ihr vor den Füßen liegt, verkannt oder
geleugnet. Dem Philosophen ist das nicht wichtig, er richtet seinen Blick auf
die ganze Erde, aber "was hülfe es dem Menschen, wo er die ganze Welt
gewönne und nähme doch Schaden an seiner Seele?". Alt-chinesische Weis-
heit drückt das so aus: "Der Berufene tut ab das Ferne und hält sich ans
Nahe". Es ist ungriechisch, in die Ferne zu schweifen, in irgendeine unsicht-
bare Welt. Theios (göttlich) leiteten die Griechen her von theatos (sichtbar)
und für sie gilt:
Der Schein, der in die Sinne fällt,
Das und nichts andres ist der Sinn der Welt.
Bei den Zeitgenossen erregte Platons Ideenlehre teils Staunen, teils Spott.
So Antisthenes, so auch Isokrates. Die bekannte Stelle am Schluß des Phai-
dros, wo Sokrates sagt, daß er sich von Isokrates Großes verspreche, kann
nicht ironisch gemeint sein. Freilich ist es etwas Ungewöhnliches, von Platon
gepriesen zu werden. Aber das Lob enthält nichts übertriebenes. Wer die
Stelle unbefangen liest, kann unmöglich Ironie heraushören. Es sieht eher so
Platon in den Augen der Zeitgenossen 21

aus, wie v. Wilamowitz meint, als ob Platon Isokrates die Hand entgegen-
strecke, vielleicht um ihn zur Mitarbeit aufzufordern. Diese Einladung hat
Isokrates jedenfalls nicht angenommen, er war eitel und wird es nicht als
die höchst denkbare Ehre betrachtet haben, von Platon gepriesen zu werden.
Vielleicht war auch jalousie de metier im Spiel. Es handelt sich hier um
konkurrierende Schulhäupter, die sonst wenig Punkte der Berührung hatten.
Isokrates hat sich immer mehr von Platon abgewendet. Er betrachtete die
Metaphysik, wie Platon sie trieb, als eine unpraktische und überflüssige An-
gelegenheit. Er hat das Glück gehabt, daß seine politischen Ansichten und
Erwartungen sich als richtig herausgestellt haben, wenn es auch damals als
Hochverrat betrachtet wurde, nicht für die Autonomie der Polis aufzu-
kommen. Für Platon - und die Menschheit- war es ein Glück, daß seine
politischen Projekte nicht in Erfüllung gegangen sind. Sein Tatendrang war
nicht stark genug; es hat ihn zwar dreimal nach Sizilien getrieben, aber
andererseits lockte ihn die Beschaulichkeit der Schule, wo er unbestrittener
Meister war.
Die Zeitgenossen haben Platon abgelehnt, einen kleinen Kreis von Be-
wunderern ausgenommen, hatte er sich unbeliebt gemacht. Er wurde nicht
ernst genommen, herabgesetzt und sogar verleumdet. Platon des Plagiats
zu zeihen, wie Aristoxenos und Theopompos es gemacht haben, ist in dieser
Form, gehässig wie es gemeint ist, natürlich Unsinn. Selbstverständlich hat
er von seinen Vorgängern manches entlehnt: man kann sagen, daß er eine
Synthese vom philosophischen Gut der Griechen versucht. Der sokratische
Rationalismus, in dem berühmten arete-episteme-Satz gipfelnd, die Lehre
vom Tugend-Wissen, war, wie Rüstow zeigt (II 558) und auch Field (Plato
and his Contemporaries p. 93-96) Gemeingut in der damaligen Zeit. Oudeis
hekoon hamartanei, "Niemand sündigt mit seinem Willen", steht in so
krassem Widerspruch zu dem uns so viel geläufigeren Ausspruch: "der Geist
ist willig, aber das Fleisch ist schwach", daß hier offensichtlich grundver-
schiedene, einander zuwiderlaufende Lebenshaltungen zum Ausdruck kom-
men. Die herkömmliche Moral verlangt vom Griechen kaum etwas, was
sich der Natur widersetzt, keine fast übermenschliche Leistung, um "sich
selbst zu überwinden"; er braucht dazu nicht stärker zu sein "als derjenige,
der eine Stadt einnimmt", er braucht keine Kraft, die sich seinen natürlichen
Neigungen entgegenstemmt, wenigstens braucht er diese Kraft in viel ge-
ringerem Maße. Diese Gegenkraft ist der Wille, worin der Geist sich be-
tätigt: "der Geist ist willig". Daß die psychische Struktur der Griechen in
dieser Beziehung von der unsrigen abweicht, spiegelt sich in der Sprache. Das
22 C. R. van Paassen

Griechische hat kein Wort für das nackte Wollen oder für Wille an sich:
boulesthai bedeutet eigentlich wählen, d. h. wollen als Resultat der Über-
legung; boule ist daher Beschluß, Plan, Rat, wovon bouleuesthai: beraten;
ethelein bedeutet eigentlich bereit sein. Der natürliche Trieb und der geistige
Wille befanden sich bei den Griechen noch nicht in Gegensatz. Verwechslung
der beiden aber gibt zu großer psychologischer Unordnung Anlaß. Zu oft
vergißt man bei der Beurteilung von philosophischen Theorien, daß die
menschliche psyche die Jahrhunderte hindurch nicht immer dieselbe geblieben
ist. Man projektiert die eigenen Voraussetzungen auch da hinein, wo der
Ausgangspunkt vielleicht ganz anders war. Von den archai (mit Grundstoff
übersetzt) der vorsokratischen sogenannten hylozoisten versteht wenig, wer
von der heutigen Naturwissenschaft ausgeht. Damals hatte man den mytho-
.logischen Standpunkt kaum verlassen. Vom" Wasser" des Thales kann man
in der Chemie nichts finden, wohl aber im zweiten Teil des Faust. So soll man
auch bei der Beurteilung des Rationalismus der Sophistik mit Vorsicht vor-
gehen. Die Sprache gibt wieder einen Fingerzeig. Es wurde über Theorien ge-
sprochen. Theorein heißt eigentlich schauen, besehen, und noch heute schauen
oder sehen wir, z. B. ob etwas in Ordnung ist, auch wenn die Augen dabei
wenig zu tun haben. Das ursprünglich Bildhafte der Sprache hat für uns
zum größten Teil dem Nurbegrifflichen Platz gemacht, wir sehen wenig
oder nichts mehr dabei. Für die Griechen, die der ursprünglichen Wirklich-
keit noch näher standen, sind Wissen und Sehen weniger weit voneinander
entfernt, wie eidenai und idein auch derselben Wurzel entstammen. So ver-
steht man auch Protagoras' ethisches Kriterium des "orthon": Tugend ist
Wissen, d. h. sehen, daß es nicht schief(!) geht. Die Sprache hat noch immer
die alte Weisheit aufbewahrt, wir sind taub dafür geworden, brauchen nur
wieder hinzuhören. Bis so weit besteht Übereinstimmung zwischen Protagaras
und Sokrates; bei der Frage, woran man nun das Rechte= Richtige messen
soll, scheiden sich die Wege. Protagaras meint, daß es in der menschlichen Natur
selbst liegt, "nach demRechten zu sehen", Sokrates sucht seinen Maßstab
außerhalb, womit in nuce die Zwei-Weltenlehre da ist. Das ist das Neue,
Ungriechische, das die Zeitgenossen so befremdet hat. Auch Platons begab-
tester Schüler ist ihm hier nicht gefolgt. Man hat bedauert, daß Aristoteles
sich dem Meister gegenüber pietätlos verhalten habe. Ich glaube, daß der
Grund auch hier wieder derselbe ist: man findet die eigene Bewunderung
und Verehrung etwas Selbstverständliches. Die Zeitgenossen aber hatten die
spätere Apotheose Platons noch nicht mitgemacht. Gewiß, Aristoteles hat
Kritik an seinem Lehrer geübt, aber darf er nicht sagen, daß ihm die Wahr-
Platon in den Augen der Zeitgenossen 23

heit wertvoller ist als Platon? Er spricht damit ganz im Sinne des Meisters,
denn das geflügelte Wort amicus Plato magis amica veritas geht auf Platon
selbst zurück.
Einen ganz anderen Ton erlaubt sich Platon seinem Lehrer Kratylos
gegenüber. Man wird sagen, daß er Kratylos auch viel weniger verdankt
als Aristoteles ihm. Er hätte aber viel mehr von ihm lernen können. Im
Dialoge Kratylos nämlich wird die Lehre des Herakleitos angegriffen, beson-
ders wie sie sich im wörtlich Nehmen der Namen betätigt. Gerade weil man
übersieht, wie wichtig das ist, hat man den Kratylos nicht richtig erklärt,
deshalb sei eine kurze Digression hier gestattet. Meistens wird dieser Dialog
mit dem Euthydemos zusammengeworfen. Wie dieser zeige, wie man Sophis-
men nicht gebrauchen soll, nämlich wenn die Absicht sie nicht rechtfertigt,
so räume der Kratylos mit der populären Scheinwissenschaft der Etymologie
auf und lehrt, die Erkenntnis nicht im Wort, sondern in der Idee zu suchen.
Dies (Autour de Platon) betrachtet das angekündigte Thema: die Richtig-
keit der Namen (orthotes onomaton) als einen Vorwand, und die Wider-
legung von Protagoras Erkenntnislehre als eigentliches Ziel. Wer das wahre
Wissen im logischen Begriff oder in der Idee sucht, muß den Wirklichkeits-
gehalt der Sprache leugnen und verschließt sich damit der Hauptquelle der
Einsicht. Die ursprünglichen Namen bedeuten etwas im prägnanten Sinne,
und diese Bedeutung kann man nicht straflos ignorieren. Es ist die Aufgabe
der Philosophie, sich darauf zu besinnen; wer es nicht tut, wird von der
Sprache zu Fall gebracht. Die Sprache denkt für uns: daß wir sprachlos
denken und nachher unsere Worte "einkleiden",ist ein weitverbreiteter Irr-
tum. Wenn wir wähnen, daß die Worte unsere Sklaven sind- etwas Ähn-
liches sagt Platon im Theaitheios - werden wir selber zu Sklaven der
Sprache. Merkwürdig ist in dieser Hinsicht gleich der Anfang des Dialogs:
Kratylos hat da gesagt, daß die Namen eine natürliche Richtigkeit haben,
und die Frage, ob das auch mit seinem eigenen Namen so ist, hat er bejaht.
Es ist kaum anzunehmen, daß der einsichtige Herakliteer nicht begriffen
hätte, daß seine Sache damit von vornherein verloren war. Ist es doch gerade
das Bestreben der logozentrischen Denker, den Namen auf das Niveau des
Eigennamens, d. h. des willkürlichen Zeichens, herabzudrücken. Die Eigen-
namen haben selbstverständlich keine natürliche Richtigkeit und keinen
Wirklichkeitsgehalt, obwohl auch hier noch Bedeutungsgefühle mitspielen:
der Eigenname kann nicht ohne weiteres dem abstrakten Zeichen gleich-
gesetzt werden. Bei Naturvölkern hat man eine gewisse Gewalt über den-
jenigen, dessen Namen man weiß. Daher das Verbot, den Namen auszu-
24 C. R. van Paassen

sprechen. Diese magische Kraft des Namens ist auch bei uns nicht ganz er-
loschen: wenn man bloß noch eine Nummer ist, ist man entwürdigt. Man
fragt sich, ob Platon wirklich die Doppelbedeutung von onoma entgangen
ist, oder ob er - wie so oft - den Gegner mittels einer scheinbar ungefähr-
lichen Frage ins Garn lockt. Es bleibt natürlich nicht dabei: Sokrates wartet
mit einer Flut von Worterklärungen auf, eine toller als die andere, auch
einige richtige darunter. Daß eine Methode falsch angewendet wird, beweist
natürlich nicht, daß sie wertlos ist. Platon "beweist" die Wertlosigkeit der
Sprache für das wahre Erkennen folgendermaßen (ich fasse ganz kurz zu-
sammen):
Womit schneidet man? Mit dem Messer.
Womit nennt man? Mit einem Namen.
Wer macht das Messer? Der Schmied.
Wer macht den Namen? Großes Fragezeichen.
Glaubst du nicht, daß der nomos (Brauch, Gesetz) uns die gibt? Zögernde
Zustimmung. Dann ist es also der Gesetzgeber, der die Namen macht. -
Was ist bis jetzt geschehen? Per analogiam ist Nennen zu einer Technik
gemacht, wozu man ein Werkzeug braucht, das wie jedes andere künstlich
verfertigt, folglich nicht natürlich entstanden ist. Die große Streitfrage, ob
die Sprache thesei "durch Übereinkunft" oder phusei "von Natur" ent-
standen ist, findet hier eine bequeme Lösung. Thesei und nomöi ist ungefähr
dasselbe; nomos bedeutet auch Gesetz; so wird der Namengeber durch Miß-
brauch der Doppelbedeutung zum Gesetzgeber promoviert.
Kann so ein Gesetzgeber sich nicht mal irren, wie auch ein Schmied mal
ein schlechtes Messer macht? Kratylos behauptet "nein", sobald ein Name
nicht mehr richtig ist, ist es kein Name mehr, wie ein Porträt, wenn es nicht
"richtig" ist, kein Porträt mehr ist. Aber eine vollkommene Abbildung von
Kratylos wäre ein zweiter Kratylos. Ein Wort kann also die Sache nicht
nochmal sein, also keine vollkommene Abbildung, also auch mal unrichtig,
Eine einfache Erwägung, daß homoios auch "ähnlich" heißt, hätte die Sache
aufgeklärt. Ich möchte nebenbei noch folgendes bemerken: Der Name ist
weder eine Lautnachahmung, noch nennt der Name die Sache, aber darauf
kann hier nicht eingegangen werden. Vgl. Klages "Die Sprache als Quell
der Seelenkunde" und Klages' Hauptwerk passim.
Sokrates behauptet, daß die Namen sich auf die Lehre gründen, daß sich
alles in Bewegung und Fluß befindet: panta rhei. Die Leute in der Vorzeit,
die die Namen gegeben haben, wären nämlich schwindlig geworden vom
fortwährenden Herumgucken, genauso wie die späteren Weisen, und so
Platon in den Augen der Zeitgenossen 25

kam es ihnen vor, daß die Dinge sich drehten. Zu guter Letzt sagt dann
Kratylos, was er am Anfang hätte sagen sollen, daß es natürlich gar keinen
"Gesetzgeber" oder Sprachschöpfer jemals gegeben hat, daß nicht irgendein
prähistorischer Dr. Zamenhof die Sprache gemacht hat, sondern daß eine
meizoon dunamis dabei im Spiele ist. Diese meizoon dunamis ist selbstver-
ständlich die phusis selbst, die für das logische Denken wesentlich unfaß-
bar bleibt.
Zum Schluß sagt Sokrates, daß vielleicht die Namengeber doch wirklich
überzeugt waren, daß alles sich bewegt und strömt (also nicht nur schwindlig).
Aber diese Theorie muß falsch sein, denn Erkenntnis wäre unmöglich, wenn
es nirgends einen festen Punkt oder Halt geben würde. Wenn das erken-
nende Subjekt existiert wie das erkannte Objekt, wie das Schöne, das Gute,
kann das panta rhei nicht zu Recht bestehen. Jedenfalls ist es unvernünftig,
sich den Namen anzuvertrauen und auf Grund davon zu behaupten, daß
nichts heil ist, und alles rinnt wie das irdene Geschirr; sich die Dinge vorzu-
stellen wie erkältete Leute mit laufenden Nasen.
Es ist merkwürdig, daß ein Sprachkünstler, wie es kaum einen zweiten
gibt, kein Verständnis für das Wesen der Sprache hat und ihr mit billigen
Witzen auf den Leib rückt. Die Sprache ist eines der kostbarsten geistigen
Güter der Menschheit, aber Platon spottet auch da, wo ihm Ehrfurcht ge-
ziemt hätte. Die Bewunderer freilich sehen das anders. De Vries meint, daß
der mutwillige und übermütige Ton des Werkes aus Platons Freude darüber
stammt, daß er eine neue und befriedigende Antwort gefunden hat. Damit
ist noch nicht entschuldigt, daß er seinen Lehrer als einen einfältigen Tropf
darstellt, der auf Sokrates' krumme Sprünge fast nichts zu entgegnen weiß.
Reden wir lieber nicht über Mangel an Pietät.
Platon meint, im Kratylos ein Hindernis für die Ideenlehre, wovon
Sokrates schon träumt, das heißt, die er noch nicht mit eben so vielen Worten
zu formulieren wagt - vollkommen falsch, hierin etwas von Selbstironie zu
sehen- hinweggeräumt zu haben. Aber so leicht wird die Bahn nicht frei.
Wir haben schon an mehreren Beispielen gesehen, wie Platon zu Fall kommt,
weil er die Sprache zwar mit Virtuosität handhabt, aber sich nicht auf ihre
Bedeutung besinnt. Die griechische Sprache scheidet nicht Sein, Werden und
Wirklichkeit. Gignesthai, werden, kann auch sein bedeuten, und für Wirk-
lichkeit gibt es im täglichen Sprachgebrauch kein eigenes Wort, einai (sein)
wird mit menein (bleiben) zusammengeworfen. Dieser Sachverhalt ist Platon
und der ganzen idealistischen Philosophie zum Verhängnis geworden. Hera-
kleitos ist bezeichnenderweise der einzige, den die Sprache hier nicht irre-
26 C. R. van Paassen

geführt hat. Platon nennt sein metaphysisches Objekt to ontös on, das
seiend Seiende oder auch das wirklich Wirkliche. Er meint in der Idee eine
höher potenzierte denkbare Wirklichkeit erfaßt zu haben, neben welcher
die erlebbare Wirklichkeit zum Schein verblaßt. Herakleitos hatte den
letzten Versuch gemacht, die Wirklichkeit gegen die Angriffe des regulie-
renden Verstandes, gegen "des Menschen höchste Kraft" zu schützen. Auch
alt-chinesische Weisheit hat davor gewarnt, aber die Entwicklung ließ sich
nicht aufhalten, obwohl die Griechen aus sicherem Instinkt vor der prak-
tischen Anwendung der genannten Kraft zurückgeschreckt sind (wie übrigens
auch die Neuzeit bis zu der zweiten Hälfte des achtzehnten Jahrhunderts).
Heutzutage muß man wohl sehr kurzsichtig sein, den Griechen daraus einen
Vorwurf zu machen, daß sie von ihrem Rechte als "Herren der Schöpfung"
keinen besseren Gebrauch gemacht haben, wie man es noch im Anfang
unseres Jahrhunderts tat, im Bewußtsein, es so herrlich weit gebracht zu
haben. Die Beherrschung der Natur - was meistens auf ihre Vernichtung
herauskommt - bezweckt die Konstruktion einer mechanischen Welt, wo
immer mehr durch Druck auf Knöpfe und Hebel zum Ablauf gebracht
wird. Schon bevor wir dieses Ziel ganz erreicht haben, versuchen wir unsere
Pionierarbeit in den Weltraum zu verlegen. Ob das jemals gelingt, bleibt
noch fraglich; die Gefahr besteht, daß mal auf den falschen Knopf gedrückt
wird und alles ein Ende mit Schrecken nimmt. Der Mythos von der Rache
der Erinyen, die den Muttermörder ereilt, hat einen tiefen Sinn. Bei aller
Zerstückelung und planmäßigen Wiederherstellung der Natur, war man
bis vor kurzem noch nicht gegen die Materie, d. h. gegen den Mutterstoff
selbst vorgegangen, jetzt tastet man auch sie an.
Wie sehr wir auch Platon bewundern als einen der allergrößten Geister
der Menschheit - und in dieser Bewunderung stehe ich niemandem nach -,
wir können nicht umhin, anzuerkennen, daß sein Denken sich in einer ver-
hängnisvollen Richtung bewegt hat. Die eingewurzelte Verehrung Platons
macht es uns schwer, es zuzugeben, aber wir müssen es auch wider unseren
Willen. Denn gibt es jemand, der die Verwirklichung von Platons Politeia
herbeiwünscht und in solchem Staat tatsächlich leben möchte?
Wenn man trotz allem meint, daß hier Platon Unrecht geschehen ist,
bedenke man noch folgendes: Nachdem Athen gefallen war, wurde ein
oligarchisches Regime eingesetzt, die sogenannten dreißig Tyrannen: viele
Anhänger der Demokratie wanderten aus. Von der übriggebliebenen männ-
lichen Bevölkerung wurden in wenigen Monaten acht Prozent von den "Drei-
ßig" ermordet. Platon, obwohl eingeladen, beteiligte sich nicht an der Regie-
Platon in den Augen der Zeitgenossen 27

rung, wohl blieb er, wie auch Sokrates, ruhig in der Stadt. Zu den "Dreißig"
gehörten Kritias, ein naher Verwandter und Charmides, der Onkel Platons.
Wenige Jahre später, als die Demokratie längst wiederhergestellt war,
führt Platon diese Henker Athens dem Publikum vor in dem Dialog Char-
mides, wo der Titelheld als ein bildhübscher - seine körperliche Schönheit
wird ausführlich beschrieben - und sympathischer junger Mann dargestellt
wird und auch Kritias auf der Bühne erscheint. Man fragt sich, wie es
überhaupt möglich war- es zeugt von fast unbegreiflicher politischer Tole-
ranz-, an dermaßen kompromittierte Persönlichkeiten nicht nur zu erinnern,
sondern sie auch gewissermaßen zu rehabilitieren. Platon hatte eine Schwäche
für seine Verwandtschaft, sie kommen massenhaft vor in den Dialogen und
werden - so kritisch er andern gegenüber war - stets als sympathisch vor-
geführt. Man muß aber wohl sehr familienfromm sein - und ein großer
Verachter der Demokratie -, um auf solche Verwandtschaft noch stolz zu
sem.
Im Rahmenplan des deutschen Ausschusses zur Umgestaltung und Ver-
einheitlichung des allgemeinbildenden öffentlichen Schulwesens wird "die
kritische Freiheit des Urteils" gepriesen "als ein Kernstück der abendländi-
schen Überlieferung" und diese "bedarf . . . einer besonnenen Pflege, die
große Erscheinungen und Gedanken der Vergangenheit in ihrer reinen
Gestalt hervorhebt". Solche Gedanken sind Demokratie, Freiheitssinn,
Humanität. An Poppers "großer Generation" hat man viel Kritik geübt.
Trotzdem finden wir dort die Vorbilder, die wir jetzt mehr brauchen als
je, denen die Menschheit Gefolgschaft leisten soll. Platon dagegen hat fast
alles bekämpft oder abgewiesen, was uns im alten Griechenland lieb und
wertvoll ist. Weil er wider seinen Willen dennoch ein Grieche war, bewun-
dern wir ihn, aber wir folgen ihm nicht.
Summary

An evaluation ofPlato sine ira et studio seems hardly possible. Especially


since the publication of Popper's sensational book "The open Society and
its Ennemies" adherents and opponents have been more sharply divided
than ever.
lt may help to clear up the matter if we consider how Plato was regarded
in Greece itself in his own time. Then we see that his contemporaries - with
the exception of the more intimate circle of pupils and admirers- reacted
partly with antipathy, partly with surprise because of the un-Grecian cha-
racter of his philosophical and political theories. Plato was thought to be
haughty and unsympathetic. This fits in with the philosopher's personality
as we encounter it in his books: nowhere do we find warm, genuine human
kindness, spiritual values are the only thing that matters while, as with
Plato's teacher Socrates, the heart does not receive its due.
lt has been said, wrongly, that no humanist ideas may be expected from
Plato, because the idea of humanism is of later origin, and in Plato's time
unknown. In his treatise on Anthröpismos-Humanitas Dr. ]. Meerwaldt has
shown this assertion to be at complete variance with the real facts and that
the Greek equivalent of the Latin humanitas has already been formulated
by Plato's contemparary Aristippos.
In his judgment of slavery, in his militarism Plato is behind his times.
His argumentation, which is often manifestly unfair, and the way he some-
times is silent about his colleagues, at other times belittles and ridicules them,
cannot arouse the admiration at all. Indubitably Plato is largely to blame
that tradition has such meagre information about figures of equal importance,
such as Demokritos and Protagoras.
His model state finally, has given the supporters of the idea of the
totalitarian state an opportunity of appealing to him. At the end of his life
he is a champion of ruling by terror, of moral constraint and capital punish-
ment, in short of everything we have in recent times learnt to abhor.
30 Resurne

There can be no doubt that Plato is one of the most highly gifted writers
of all times. He gives us an impression of Attic life in the Golden Age, the
time at which he situates his dialogues. In so far Plato is a Greek. On the
other hand, however, he mocks and scorns almost everything we Iove and
admire in that selfsame Greece.

Resurne

It semble presque impossible de juger de Platon sine ira et studio. Surtout


depuis Ia publication du Iivre fameux de Popper, « The open society and
its enemies », les controverses entre les disciples et les adversaires se sont
envenimees. Nous pourrions peut-~tre jeter quelque lumiere sur le theme de
Ia polemique en examinant l'opinion des contemporains grecs concernant
Platon.
Nous constatons que les contemporains- a l'exception d'un Cercle restreint
d'eleves et d'admirateurs - ont reagi soit avec etonnement, soit avec une
franche antipathie a ses theories philosophiques et politiques a cause de leur
manque de caractere grec.
On jugeait Platon hautain et peu aimable et ce jugement est en accord
avec la personnalite du philosophe teile que nous la rencontrons dans ses
reuvres. Nulle part nous ne trouvons chez lui Ia chaleur d'un veritable senti-
ment humain. L'reuvre toute entiere, ainsi que celle de son mahre, Socrate,
est orientee vers l'esprit pur, au detriment du creur.
a
C'est a tort qu'on a pretendu qu'il ne faut pas s'attendre trauver chez
Platon des idees humanitaires parce que le concept de l'humanisme s' est
constitue et manifeste ulterieurement et qu'il aurait ete inconnu a l'epoque.
M. le Docteur J. Meerwaldt a demontre dans son expose sur l' Anthropismos-
Humanitas que cette assertion est contraire aux faits et que l'equivalent grec
de l'humanitas latine fut deja formule par Aristippe, le contemporain de
Platon. Dans sa conception de l'esclavage et dans son esprit militaire, Platon
est en retard sur son siede. Il a souvent une maniere bien indigne d' argumenter
et sa fa~on de passer sous silence ses collegues ou de !es minimiser ou ridi-
culiser ne saurait guere susciter de l'admiration.
31

a
11 faut sans doute s'en prendre Platon de ce que l'histoire nous donne
si peu d'informations sur des personnes de non moindre valeur telles que
Democrite et Protagoras.
Et enfin, la republique ideale qu'il a conc;ue a ete un motif pour les parti-
a
sans d'une politique totalitaire de s'en referer lui.
Vers la fin de sa vie il defend avec instance la terreur, l'espionnage, la
contrainte morale (avec la peine capitale comme sanction ultime), bref il
defend tout ce que nous abhorrons depuis le passe le plus recent.
Sans aucun doute Platon compte parmi les auteurs les plus geniaux de la
Iitterature universelle. 11 nous donne une impression de la vie en Attique a
l'epoque de sa plus grande splendeur, l'epoque ou il situe ses dialogues. Sous
ce rapport Platon est bien grec. Pour une autre partie cependant il nargue
et fletrit presque tout ce que nous aimons et admirons dans ce m~me pays
de Grece.
Diskussion

Professor Dr. ]oachim Ritter

Wer eine Idee zur Wirksamkeit bringen will, ist auf den verwiesen, der
sich durch sie zu Bejahung oder Verneinung bewegen läßt (Chesterton). Eine
Philosophie, die nur noch Objekt historisch gelehrter Beachtung und so ein
Vergaugenes ist, hat keine gegenwärtige Wahrheit und Unwahrheit mehr.
Poppers Angriff auf Platon als "Feind der offenen Gesellschaft", Wegberei-
ter des Totalitären, wird sich nicht leicht des Vorwurfs einer die Eigenart
des Gedankens in seiner geschichtlichen Bestimmtheit ignorierenden Aktuali-
sierung seiner Philosophie erwehren können. Aber er hat bewirkt, daß Platons
Philosophie auf eine erstaunliche Weise in den USA lebendige Gegenwart
geworden ist: Gegenstand von Auseinandersetzungen, deren Anliegen bis-
weilen mehr ihre unmittelbar politische Bedeutung als ihre philosophische
Analyse ist. In diesem Zusammenhang wird man auch das sehen müssen,
was Herr Dr. van Paassen zu Platon vorgetragen hat: Kritik des Ruhms,
der Platon, dem "Göttlichen", durch die Jahrhunderte gehört, um seine Philo-
sophie in den Zusammenhang zurückzuholen, in welchem sachlich nach dem,
was sie heute zu sein vermag, im Abwägen des Negativen und Positiven
gefragt werden kann. Dafür wurde die Beurteilung zum Leitfaden genom-
men, die Platon bei den Zeitgenossen erfahren hat. Indes scheint hier eine
gewisse methodische Schwierigkeit zu liegen. Auf die Philosophen und ihren
Bios bezogene Berichte und Anekdoten sind in der antiken und spätantiken
Überlieferung weithin durch die positive wie negative Typisierung des Philo-
sophen und des "philosophischen Lebens" bestimmt. So könnte man fragen,
wieweit es überhaupt möglich ist, aus dem Typischen ein unmittelbar auf
die Person als Person bezogenes Urteil herauszulösen. Die gegen den Sokra-
tes erhobene Beschuldigung, er "grübele den Dingen am Himmel nach und
habe das unter der Erde alles erforscht und verstehe, das Schwächere zum
Stärkeren zu machen", wird in der "Apologie" bekanntlich zuletzt auf
34 Diskussion

Aristophanes zurückgeführt. Damit soll deutlich gemacht werden, daß es


in dieser Anklage darum gehe, Sokrates mit Anaxagoras zusammenzubrin-
gen und so als "Philosophen" zu treffen. Dem wird im Bild des sokratischen
Philosophen und seines zur Polis gehörigen Lebens wiederum das Typische
entgegengesetzt. Das Individuelle und Einmalige bleibt Zeichen des Allge-
meinen. Werden so Züge des unmittelbar Persönlichen mehr sein können
als Hinweise, die nur im Zusammenhang dessen, was die platonischen Schrif-
ten vom Philosophen sagen, verstehbar und deutbar sind?

Professor Dr. Josef Pieper

Nachdem ich sozusagen "aufgerufen" bin, will ich nicht damit hinter dem
Berge halten, daß mir die Diskussionslage als einigermaßen hoffnungslos
erscheint- insofern nämlich, als er eigentlich notwendig wäre, Platons Opera
Omnia auszubreiten und alle Einzelheiten, die der Herr Vortragende in
Richtung auf eine negative Deutung interpretiert hat, erneut Wort für
Wort durchzudiskutieren. Und das ist natürlich kaum möglich.
Zu dem von Herrn Dr. van Paassen augewandten Verfahren würde ich
generell sagen: So sehr ich Herrn Ritter darin zustimme, daß es zu begrüßen
sei, Platon einmal auf solch unhistarische Weise ernstgenommen zu sehen,
so sehr bin ich anderseits davon überzeugt, daß es ein unzulässiger "Kurz-
schluß" ist, einzelne Worte etwa der platonischen "Politeia" unmittelbar von
der Norm des neuzeitlichen Humanitätsbegriffs oder gar angelsächsischer
Demokratie-Vorstellungen her zu deuten.
Außerdem: Die Dialoge Platons scheinen mir zu den wenigen Oeuvres
der Geistesgeschichte zu gehören, die das Ganze der Welt rundum zur Aus-
sage bringen - so wie das Werk Goethes oder Shakespeares oder des Thomas
von Aquin. In solcherart Weltaussagen findet sich notwendigerweise vie-
lerlei Unstimmigkeit. Eben deswegen aber ist es auch unmöglich, Einzelnes
zu isolieren und auszuwählen und darauf eine Gesamtbeurteilung aufzu-
bauen. Leicht könnte man eine Reihe Goethescher 1\ußerungen zusammen-
stellen, die ihn als einen "mürrischen" Mann erweisen; und von Thomas
von Aquin könnte ich leicht auf Grund einer Reihe von Zitaten ein Bild
zeichnen, das ihn als den Inhaber geradezu abstruser Meinungen erscheinen
läßt. Gerade gegenüber den großen, umfassenden, das Ganze in sich ent-
haltenden Werken ist solches Auswählen ein unangemessenes Verfahren,
scheint mir.
Diskussion 35

Im einzelnen: Um das "Totalitäre" in Platons Staatsdenken zutreffend


beurteilen zu können, muß man sehen, daß hier zwei Dinge zu unterscheiden
sind, die auch die aktuelle Diskussion über den zeitgenössischen Totalitaris-
mus betreffen. Das eine ist das im engsten Sinn politische Element von
Zwang, "Zensur" und, wie Dr. van Paassen sogar gesagt hat, von "Terror".
Und ich glaube, man kann nicht gut leugnen, daß es etwas von dieser Art in
der platonischen "Politeia" gibt. Dennoch wird man Platon nicht gerecht, wenn
man nicht auch das zweite Element sieht. Ich meine die Bemühung, ange-
sichts der radikalen sophistischen Relativierung eine übermenschliche, das
Leben und Denken normierende, "absolute" Wahrheit zu formulieren, die
Platon im Mythos fassen zu können meint, und die dennoch für ihn tra-
gischerweise nicht eigentlich fixierbar ist. Dies Unvermögen gehört zur
Situation des vor-christlichen Denkens ingesamt. Unvermeidlicherweise
kommen hier sehr prinzipielle Dinge ins Spiel. Ich möchte sie hier nicht
weiter diskutieren; aber es liegt mir daran, deutlich zu machen, daß mir
eine Beurteilung des platonischen "Absolutheitsanspruchs" nur auf dem
Grunde der hier angedeuteten Unterscheidung sinnvoll möglich zu sein
scheint.
(Ich sagte, eine ähnliche Unterscheidung sei auch für die aktuelle Proble-
matik des modernen Totalitarismus von Bedeutung; zum Beispiel in der
Frage, ob der Absolutheitsanspruch des Christentums und der des "dialek-
tischen Materialismus" prinzipiell gleichberechtigt oder gleichunberechtigt
seien).
Ferner: Dr. van Paassen nimmt doch wohl eine einzelne anekdotische Be-
merkung zu ernst, wenn er Platon schlechthin einen "mürrischen" Menschen
sein läßt. Aber er fügt hinzu, es gebe ja auch in den platonischen Dialogen
keinen Humor; vielmehr sei Platon ein enger Rechthaber, der die Meinun-
gen anderer nicht gelten lasse. Hierzu würde ich zu bedenken geben, ob nicht
gerade die dialogische Struktur des ganzen platonischen Werkes gegen diese
Deutung spreche. Obwohl der historische Platon sicher eine führende Rolle
gespielt hat in den Gesprächen mit Sokrates, kommt dennoch in den plato-
nischen Dialogen Platon selber nicht vor; der Autor schweigt hier von sich
selbst.
Und das "Symposion" (zum Beispiel), in dem sieben höchst verschieden-
artige Reden auEeinanderfolgen und einander auf eine schwer faßliche Weise
ergänzen, ja sogar aufzuheben scheinen - das platonische Symposion ist
offenbar so wenig "Rechthaberei", daß es bekanntlich sehr schwer ist, Pla-
tons eigene Meinung überhaupt herauszufinden.
36 Diskussion

Und nun wären, wie gesagt, die Einzelheiten zu diskutieren. Eine genaue
Textinterpretation könnte, wie ich glaube, vieles von dem, was hier gegen
Platon gedeutet worden ist, zu seinen Gunsten wenden. Zum Beispiel scheint
mir die Essenz des platonischen Gedankens, welcher der Polemik gegen das
Sich-bezahlen-lassen der Sophistik zugrunde liegt, überhaupt nicht in Sicht
gekommen zu sein; es handelt sich nicht um die hochmütige Ironie des be-
güterten Patriziers angesichts mittelloser Intellektueller, sondern um die
fundamentale Unterscheidung zwischen "Honorar" und "Lohn". Auch die
Behauptung, Platon sei ein puritanischer Asket gewesen, ließe sich aus dem
Werke selbst unschwer widerlegen; das Offensein für die Erschütterung
(durch den Eros, durch den Tod, durch die göttliche Inspiration) gehört
geradezu zu dem Menschenbilde, das die Dialoge "Symposion" und "Phai-
dros" zeichnen. Aber dies im einzelnen herauszuarbeiten, würde eine Zeit-
spanne erfordern, die uns heute nicht verfügbar ist.

Professor Dr. Günther ]achmann

Der Vortrag unseres verehrten Gastes hat sehr viel mehr geboten, als er
mit seinem Titel "Platon im Urteil seiner Zeitgenossen" versprach. Der Vor-
tragende hat das Thema mit höchst besonnener Kritik erörtert und ist zu-
gleich weit darüber hinausgegangen, indem er- um es mit einem Wort zu
sagen - auch den Gesichtspunkt zur Geltung brachte: Platon in unseren
Augen; was bedeutet er für die spätere Zeit, und was bedeutet er im beson-
deren für uns?
Man wird, so meine ich, diese beiden Sphären reinlich scheiden müssen.
Es kommt ja nicht alles darauf an, wie Platon nach den mehr oder minder
fragwürdigen Zeugnissen seiner Zeitgenossen gewesen ist als eine Person des
Umgangs und der Unterhaltung. Erinnert sei - um ein Analogon anzu-
führen - an die vieldiskutierte Frage, ob das Sokratesbild der aristopha-
nischen Wolken der Wahrheit entspricht oder nicht. Darüber wird die Wis-
senschaft schwerlich jemals zu einem endgültigen Urteil gelangen. Was immer
nun an Anekdoten über Platon umläuft, ob er mürrisch oder humorlos ge-
wesen sei und dgl., - das mag wohl ein menschliches Interesse haben, ist aber
nicht wesentlich für seine Bedeutung als Philosoph, wie das auch der Vor-
tragende dankenswerterweise zum Ausdruck gebracht hat. Wenn also unter
den Zeugnissen biographischer Art manches zweifelhaft bleibt hinsichtlich
seiner Grundlage und seines Gewichts, so steht es anders mit dem, was man
Diskussion 37

in seinen Schriften handgreiflich vor sich hat. Das ist schließlich das ent-
scheidende Moment, und da muß ich gestehen, daß ich die Bedenken und
Tadel, welche der Vortragende geäußert hat, weitestgehend unterschreibe.
Um nun einiges herauszugreifen: die Frage nam dem Humanismus. Es
ist keine Frage, daß die noch heute vielfach namgesprochene These von
Richard Reitzenstein, nach welcher der wahre Humanismus erst bei den Rö-
mern im zweiten Jahrhundert vor Christus entstanden sein soll, unhaltbar
ist. Ulrim v. Wilamowitz, der ja aum schon zu Wort gekommen ist, hat das
gelegentlich ausgesprochen: bei den Römern hat sich nicht der Begriff,
sondern nur das Wort Humanität gebildet. Der Begriff und die Wesensart
des Denkens ist bei den Griechen entwickelt worden, einerlei, ob man etwa
von Anthropismus oder Philanthropie spricht. Es gab keinen genau fixierten
Terminus, aber die Denkungsart ist durchaus griechisch, dafür braucht man
- um im vierten Jahrhundert zu bleiben - nur auf die Entwicklung der
attischen Komödie, zumal unter den Händen Menanders, hinzuweisen. Wie
hat sich nun Platon dazu gestellt? Die Antwort auf diese Frage fällt nicht
eben zu seinen Gunsten aus.
Das gleiche gilt von dem Begriff der menschlichen Freiheit innerhalb der
politischen Ordnung. In unserer hiesigen Diskussion wurde geltend gemacht,
man dürfe an die Griechen des vierten und fünften Jahrhunderts nicht etwa
mit den angelsächsischen Demokratievorstellungen herantreten. Demgegen-
über sei der Kürze halber nur an die Leichenrede des Perikles erinnert, was
sogar ins fünfte Jahrhundert hineinführt. In ihr bildet die Wahrung der per-
sönlichen Freiheit des Einzelmenschen förmlich einen Brennpunkt des Staats-
ideals; dort findet sich, gleichsam in Keimstufe, gar manches, was durchaus
ähnlich ist mit dem, was sich in neuzeitlichen Demokratien herausgebildet
hat. Demnach bedeutet es doch wohl nicht die Anlegung eines durchaus in-
kommensurablen Maßstabes, wenn man Platon daraufhin verhört. Die Ein-
schätzung wird dann gewiß individuell verschieden ausfallen, wie ja über-
haupt - das kam auch bei dem, was heute hier gesagt wurde, erneut zum
Ausdruck - das Platonbild wie wenige schwankt in der Geschichte. Ich will
nicht geradezu sagen "von der Parteien Gunst und Haß verwirrt", aber
begreiflicherweise doch je nach der eigenen geistigen Position des Beurteilers,
und folgeweise danach, was er innerhalb des platonischen Gesamtwerkes mit
seiner gewaltigen Fülle und Vielfalt als wesentlich und wertvoll, als dauer-
haft und in der Geschichte der Menschheit haltbar ansieht. Wer sollte nun
nicht Schöpfungen wie Symposion, Phaidros, Phaidon in ihrer künstlerischen
Schönheit und geistigen Erhabenheit höchlichst bewundern. Starke Bedenken
38 Diskussion

jedoch regen sich nicht selten bei der Lektüre jener Werke, die uns augenblic.k-
lich hier am nächsten angehen, will sagen derjenigen, welche den Menschen
im Leben miteinander und innerhalb der staatlichen Gemeinschaft betreffen.
Es sind dies Platons umfangreichste Werke und diejenigen, in welche sein Den-
ken gleichsam ausklingt. Darin wird das Bild eines Idealstaates aufgestellt,
in welchem der Mensch für seine individuelle Betätigung und Entwicklung
in engste Schranken gebannt ist, also ein solches, das zu jener Zeit innerhalb
des wahren Griechentums in Wahrheit längst überwunden war. Oder durfte
man den damaligen Hellenen, unter Aufhebung von Ehe und Familie,
Frauen- und Kindergemeinschaft vorschreiben und auf dem geistigen Felde
ihnen jegliche Dichtung, soweit sie nicht dem Götter- oder Staatsdienst gilt,
radikal verbieten? Es war eben ein Umfall, in den Begriff eines Staatswesens
mit so einseitigen Totalitätsanspruch wie er kaum zu überbieten ist.
Der Vortragende hat bereits in verwandtem Sinne die "Gesetze", also
Platons letztes und größtes Werk, berührt. Begreiflicherweise konnte er im
Rahmen seines weitgespannten Themas nicht eigentlich auf Einzelheiten ein-
gehen. Jetzt in der Diskussion bietet sich eine leichtere Möglichkeit dazu,
und da in unserem Kreise eine nähere Vertrautheit mit diesem Werke schwer-
lich verbreitet sein kann, so mag es erlaubt und zweckdienlich sein, ein fun-
damentales Element aus den "Gesetzen" vor Augen zu stellen, nämlich die
Behandlung der Frage nach dem Verhältnis zwischen Staat und Religion
und damit der Gedankenfreiheit überhaupt. Platon nun befiehlt die restlose
Anerkennung der Götter, genauer gesagt der Staatsgötter. Er beruft sich da-
für in nachdrücklichster Weise auf die Tradition, er fordert den Glauben an
sie bis in alle Einzelheiten, und zwar nicht bloß im Sinne des Verbotes
religionsfeindlicher Betätigung und der Verführung zum Abfall vom Götter-
glauben. Nicht allein ein solches Verhalten wäre verwerflich und durch den
Tod zu sühnen; nein, selbst diejenigen Staatsbürger, welche lediglich in ihrem
eigenen Inneren Zweifel an dem Dasein der Götter oder auch nur an deren
Fürsorge für das Menschengeschlecht hegen, sie sollen auf mindestens fünf
Jahre in Haft genommen werden. Dort wird dann der Gefangene einer kul-
tischen Zucht unterworfen, und wenn er nach Ablauf der fünf Jahre nicht in
vollem Sinne rechtgläubig geworden ist, dann wird er als Ketzer hingerichtet.
Bewußt gebrauche ich diese Worte, denn wie jeder ohne weiteres erkennen
dürfte: von hier zu den Scheiterhaufen der Inquisition führt kein weiter
Weg. Wie man nun ein solches System beurteilen will, das bleibt natürlich
jedem einzelnen anheimgestellt. über die Urteils- und Bewertungsweise
seitens des HerrnVortragenden glaube ich keinerlei Zweifel hegen zu dürfen.
Diskussion 39

Protonotar Professor Dr. Georg Schreiber

Dem Herrn Vortragenden danke ich, daß er hier das nach wie vor
fesselnde Porträt von Platon vor uns gestellt hat, sowohl hinsichtlich des
Positiven als auch des Negativen.
Man freut sich im übrigen, daß gerade von Holland her ein Vortragender
gesprochen hat. Wir wollen daran denken, daß von den Niederlanden her
einst an einer Wende der Zeiten die Fraterherren zu uns gekommen sind.
Sie bewegten sich vom Niederrhein her nach Westfalen. Diese Reformer
des Genossenschaftslebens, diese Bahnbrecher humanistischen Denkens, diese
Inhaber einer kontemplativ-mystischen Lebensauffassung haben auch die
Sprache Platons gesprochen und auch ihrerseits eine hochgemute Ideenlehre
entwickelt, auf die Sie als Holländer nach wie vor in Ihrem nationalen Be-
wußtsein stolz sein können. Zum weiteren denke ich daran, daß wir vor
Jahrzehnten mit einem Blick auf Holland einmal in Deutschland durch den
Autor Julius Langbehn ein ideenreiches Buch bekommen haben mit dem
Titel "Rembrandt als Erzieher" (1890 und öfter). Es sind dazu in Ihren
eigenen Kreisen Widersprüche erfolgt. Gleichwohl hat dieses Buch für uns
eine ernste zeitgeschichtliche Bedeutung gehabt, im Verhältnis zu Bismarck
und zur wilhelmischen Ara, wiederum zu Paul de Lagarde und zu Nietzsche.
Jedenfalls möchte ich doch zum Ausdruck bringen: Dieser Vortrag steht heute
im Mittelpunkt einer geistigen Bewegung, für die Sie uns als Holländer
manches zu geben haben.
Aber das, was Sie uns näherhin boten, war ein Negativum und ein Posi-
tivum. Glauben Sie mir, es ist manchem von uns schwergefallen, das Ver-
neinende zu hören. Meiner Erziehung und Ausbildung nach ist Platon gerade-
zu mit einem Nimbus ausgezeichnet. Man griff auch in der kirchengeschicht-
lichen Entwicklung auf ihn zurück, so oder so, grundsätzlich wie genossen-
schaftlich. Aber ganz gleichgültig wie man sich zu ihm stellte, er blieb der
unvergängliche Meister einer erhabenen Ideenlehre. Persönlich ist es mir
schwergefallen - ich deutete es schon an -, eine Reihe von kritischen .1\uße-
rungen von Ihnen zu vernehmen. Das Negative, das Sie entwickelt haben,
geschah auf Grund mancher Kommentare zu Platon, die sich von philologi-
schen Voraussetzungen und von literaturhistorischen Prämissen bemerkens-
wert entfernten. Sie haben in der Tat an Hand des Schrifttums viel entblät-
tert und anderes beiseite geschoben. Vieles, was uns verehrungswürdig an
Platon war, ist durch die kritischen Stimmen, die sie mitteilten, weggewischt
oder herabgedrückt worden. Am Schluß haben Sie allerdings. versucht, ein
40 Diskussion

harmonisierendes Finale zu erbringen. Ganz ist Ihnen der Versuch zu einer


Synthese nicht gelungen.
Und dennoch, es war ein erregendes Erlebnis, was Sie uns geboten haben. In
der Beurteilung Platons wird jeweils der Standort entscheidend sein. Theo-
dor Mommsen irrte mit seiner Lehre von der voraussetzungslosen Wissen-
schaft. Jedes Zeitalter wird Platon gegenüber mehr oder minder eine wech-
selnde Auffassung haben. Die jeweils mächtige Zeitströmung wird sich eben
auch in der Beurteilung Platons durchsetzen. Und doch, er ist nicht nur rela-
tiviert zu sehen. Er bleibt nach wie vor unsterblich. An seine Ideenlehre, an
den kosmos noetos, wird man immer wieder anknüpfen. Ganze Jahrhunderte
melden sich zu Wort. Der Augustinismus des Mittelalters und die Früh-
wellen und die Hochkultur der Renaissance (Platonische Akademie in
Florenz). Darüber hinaus wird man sich mit den spanischen Dichtern des
16. und 17. Jahrhunderts auseinandersetzen, vor allem mit den Dichtern
der soledad, also der iberischen Einsamkeit. Da haben wir übrigens auf der
Pyrenäenhalbinsel besondere Berührungspunkte mit dem Katholizismus. In
der gesamtabendländischen Entwicklung wollen zudem die romantischen
Zeitalter auf platonische Elemente ergründet sein. überdies sind W. Solow-
jew und N. Berdjasew als christliche Platoniker anzusprechen.
Nicht mitgehen kann ich hinsichtlich des Begriffs der Askese. Sie haben
die Askese etwas abgewürdigt. Das sollten Sie nicht. Wenn heute eine Olym-
piade gemacht wird, fällt hie und da der Blick auf eine sportliche Askese,
die allerdings mehr äußerlich genommen wird. Die echte Askese hat ihrerseits
die Tugend, also eine entwickelte geistig-seelische Fähigkeit mehr oder min-
der zur Voraussetzung. Die Arbeit an dem vollkommenen Menschen, also der
paulinische Kampf gegen den alten Menschen, verlangt eine sittlich hoch-
stehende Askese. Da gehen allerdings in der Gegenwart die Begriffe ausein-
ander, so wenn sie als Selbstzweck genommen wird. Es wurde auch über die
Sklaverei gesprochen. Wenn diese so unbarmherzig ins Neonlicht gerückt
wird, und Platon auf der wenig fortschrittlichen Seite erscheint, erleben wir,
daß er in manchen Bereich nicht tiefer eingedrungen ist. Sie werden sagen,
es ist überflüssig, heute noch von der Sklaverei zu sprechen. Sie liege hinter
uns, wenn auch verfeinerte Formen, so im Mädchenhandel in Lissabon, noch
vorhanden sind. Wir wissen als Historiker, daß sie in der Tat erst allmählich
abgebaut wurde. Doch noch in der karolingischen Zeit wurden Sklaven über
Verdun bis nach Spanien verkauft. Der Export aus Dalmatien will ebenso
erwähnt sein. Aber wenn solche Entwicklungen im Zusammenhang mit Pla-
ton gesehen werden, geht ein gewisses Erschauern durch unsere Seele, daß
Diskussion 41

eine geniale Persönlichkeit, die versuchte, große Ideen schöpferisch zu bewäl-


tigen, doch in dieser Hinsicht noch das gefesselte Kind seiner Zeit blieb.
Sehr gefreut hat mich zu hören, daß Sie die politischen Eigenschaften des
attischen Genius erkannten. Wir haben heute im Zeitalter illustrierter Zeit-
schriften viel zu wenig von diesem Höhenflug. Die Politik von heute ist
mehr ein Rechene:xempel geworden, das stark von der Wirtschaft bestimmt
wird. Opportunität und Taktik machen sich dabei kleinlich, aber gleichwohl
schicksalhaft geltend. Zudem versucht die Sensation, den Mitregenten zu
spielen. Die Leidenschaft, die jedoch Platon zu seinem Vorteil aufweist, ist
etwas ganz anderes. Sie haben das gut herausgearbeitet.
Die politischen Hinweise, die Sie brachten, reizen förmlich zu einem Ver-
gleich mit unserer Zeit, selbst nach der Seite des Grundgesetzes. Es ist im
übrigen kein Zufall, daß in der Politeia der Gedanke der Totalität herausge-
arbeitet ist. Dazu noch eine Illustration. Der Historiker Hans Delbrück hat
mit einem geistvollen Wort den Wiener Kongreß von 1815 als ein Spiel von
eroberungslüsternen Bestien bezeichnet, die möglichst viel Territorien an sich
reißen wollten. Ein psychologisches Wort mit tiefem Sinn. Es bezeugt gleich-
zeitig den Mangel an einer hochstehenden politischen Theorie.
Es wäre noch manches zu ihrem reizvollen Kulturgemälde zu sagen. Aber
lassen Sie mich schlicht und einfach danken. Ich möchte nur wünschen, daß
öfter der eine oder andere Vortrag von Holländern gehalten wird.

Professor Dr. Günther ]achmann

Es sei mir gestattet, noch etwas ergänzend beizufügen, das mir eigentlich
von vornherein vorschwebte und das mir nun erneut zu Sinn kam, nachdem
die Diskussion auf Platons Stellung zur Sklaverei gekommen ist, und zwar
auf seine erbarmungslose Haltung gegenüber den Sklaven. Herr Prälat
Schreiber sagte, Platon sei darin ein Kind seiner Zeit gewesen. Trifft das in
vollem Sinne zu? Wie war der Begriff der wirklich erleuchteten griechischen
Geister von dem Verhältnis zwischen Freien und Unfreien? Hingewiesen sei
dafür auf die Schrift "Der Eid des Arztes" von Hippokrates, der um eine
Generation älter war als Platon. Dort schwört der Arzt, daß er es zu seinen
Pflichten zählen werde, einen Sklaven genauso zu behandeln wie einen
Freien. Dabei verschlägt er nichts, ob diese Schrift wirklich von Hippokrates
stammt oder nicht, worüber die Kritiker unterschiedlich denken; soviel steht
nämlich sicher, daß der Eid nicht etwa in nachplatonische Zeit fällt. über-
42 Diskussion

dies steht er als Zeugnis der darin sich bekundenden Denkweise keineswegs
isoliert. Aus einer Schrift des Alkidamas, eines Redners in der ersten Hälfte
des 4. Jahrhunderts, ist uns der Satz erhalten: "Allen Menschen hat Gott die
Freiheit verliehen; keinen hat die Natur zum Sklaven erschaffen." Und wie
war es im 5. Jahrhundert? Bei dem Tragödiendichter Euripides stehen die
Verse "Bei vielen Sklaven ist allein der Name Schimpf; der Geist ist freier
als bei denen, die nicht Sklaven sind", und ähnliche Worte begegnen bei ihm
noch öfter, wie er sogar mit einer gewissen Vorliebe die Gestalt des "edlen"
Sklaven auf die Bühne gebracht hat.
Wohl stand Euripides dem theoretischen, zumal dem moralphilosophischen
Denken wesentlich näher als sein großer Dichtergenosse Sophokles, aber auch
von ihm vernehmen wir: "Ist auch der Leib versklavt, der Geist ist frei."
Solche Töne erklingen später innerhalb der stoischen Philosophie mit voller
Kraft. Hingegen bei Platon, der sich die orphisch-pythagoreische Lehre von
den die Menschen durchwandernden Gestirnseelen zu eigen macht und für
seine dreistufige Ständestaatspyramide eine entsprechende Seelenskala auf-
stellt, fällt für die naturgemäß nichtswürdige Sklavenseele überhaupt kaum
etwas ab. Doch darüber mögen diese gedrängten Angaben genügen.

Protonotar Professor Dr. Georg Schreiber

Darf ich eine entgegengesetzte Frage stellen? Die Schrift des humanitär
denkenden Mediziners Hippakrates habe ich oft in der Hand gehabt, be-
sonders dort, wo ich die Heilkunst des hochmittelalterlichen Byzanz in
meinen "Gemeinschaften des Mittelalters" behandelte. Aber es liegt doch so,
daß diese Bekenntnisschrift, die in der damaligen griechischen Literatur nicht
ohne Einfluß bleibt, doch nicht vermocht hat, die Gesetzgebung jener Zeit-
alter zu ändern. Aber darin möchte ich Ihnen recht geben, daß im Hinblick
auf die Stoa eine gewisse Cäsur vorliegt, die nie verlorengegangen ist. Es
hat erst des hohen Mittelalters bedurft, um diesen Rest der griechischen Auf-
fassung von der Sklaverei einigermaßen beiseite zu schieben. Daranhat sich
eine christlich bestimmte Ideenlehre ganz wesentlich beteiligt, wenn auch
suchend und tastend. Die wegweisende Bulle des Papstes Paul III. von 1537
liegt verhältnismäßig spät.
Eine andere Frage, die auch damit zu tun hat, ist die, ob der Sklave im
christlichen Altertum wallfahrtswürdig war oder nicht. Er war es nicht. Er
war auch nach dem germanischen Recht für die Bedefahrt an die Zustim-
Diskussion 43

mung des Grundherrn gebunden. Gewiß ist solche Bindung ein Gradmesser
der Freiheit. Die oft von Historikern verkannte Sakralkultur erweist sich
auch an dieser Stelle als Quelle als aufschlußreich.

Professor Dr. Güntherfachmann

Ich weiß sehr wohl zu unterscheiden zwischen dem, was rechtens geworden
war und von dem Gesetzgeber innerhalb der Staatsgewalt anerkannt wurde,
und anderseits dem, was als rechtliche Konzeption vorhin erwähnt wurde.
Zugleich jedoch drängt sich mir die Überlegung auf, ob es nicht gerade die
Aufgabe eines wahrhaft hochgesinnten Philosophen in der Rolle des Staats-
denkers gewesen wäre, edles staatsrechtliches Gedankengut, wo immer es zu-
tage getreten war, zu berücksichtigen und fruchtbar zu machen.

Dr. C. R. van Paassen

Ich werde versuchen, auf die gemachten Bemerkungen so gut wie möglich
zu antworten.
Herr Professor Ritter hat gesagt, daß die Anekdoten und biographischen
Notizen, die ich angeführt habe, in diesem Zusammenhang wenig bedeuten.
Ich glaube aber, daß man bei so einer Gestalt wie Platon dieser Überliefe-
rung entnehmen kann, wie die Zeitgenossen ihn gesehen haben, um so mehr,
als sie zu dem Bild stimmt, das Platon von sich selbst gegeben hat.
Was über die Apologie gesagt wurde, ist richtig, nämlich, daß Sokrates
damals in seiner letzten Zeit, in der hauptsächlichen Arbeitszeit, nicht mehr
ein Physikus war. Aber der Trick, von dem gesprochen wurde, bestand darin,
daß er auf den Vorwurf, Physik betrieben zu haben, antwortete: "Sie kön-
nen für wenig Geld die Schrift des Anaxagoras kaufen und daraus ersehen,
daß die mir vorgeworfene Lehre nicht von mir stammt." Es wurde aber
gar nicht behauptet, Sokrates sei der Urheber dieser Lehre, sondern er habe
sie verbreitet.
Dem Diskussionsredner möchte ich recht geben, der gesagt hat, daß eine
gemeinschaftliche Basis da sein soll, wenn man diskutieren will. Pour dis-
cuter il faut etre d'accord. Ich gebe Herrn Professor Pieper gern zu, daß
man einen Denker nach seinem Gesamtwert beurteilen soll und nicht nach
einzelnen pour besoin de la cause ausgewählten Aussagen. Aber das heißt
doch wohl nicht, daß man überhaupt nicht zitieren darf; nur sollen die Zitate
44 Diskussion

charakteristisch für das Ganze sein. Ich behaupte nun, daß die von mir an-
geführten Worte Platons das sind, daß sie keine "abstrusen" Meinungen
enthalten, die anderswo widersprochen werden.
Wenn Herr Professor Pieper sagt, Platon sei doch wohl kein doktrinärer
Rechthaber gewesen, habe er doch in seinen Dialogen niemals selbst das
Wort geführt, antwortete ich darauf, daß Platon und Sokrates nun einmal
nicht zu trennen sind: Platon spricht durch den Mund des Sokrates.
Ich kann Herrn Professor Pieper überhaupt nicht folgen, daß es einen
Wesensunterschied geben soll zwischen Honorar und Lohn. Aber das sind
Details, auf die ich nicht eingehen möchte.
An dieser Stelle möchte ich dankbar die Unterstützung erwähnen, die mir
von seiten des Herrn Professor Jachmann zuteil wurde. Wenn ich richtig
sehe, geht Herr Professor Jachmann sogar in einigen Punkten noch weiter
als ich selbst.
Herr Prälat, ich glaube, Sie haben mich hinsichtlich der Askese etwas miß-
verstanden. Ich habe sie an und für sich nicht verwerfen wollen und nur ge-
sagt, daß man auch geistig, nicht nur körperlich sündigen kann und daß, wer
sich vieles versagt, eo ipso noch kein guter Mensch ist. Man tut der Askese
Unrecht, wenn man meint, sie beschränke sich auf das Körperliche und
Natürliche. Das Wesen der Askese bezieht sich m. E. hauptsächlich auf das
Geistige.
Zur Sklavenbefreiung hat auch Herr Professor Jachmann in dankens-
werter Weise schon Wichtiges gesagt und die in Frage kommenden Stellen
angeführt. Die Apologeten Platons behaupten zu Unrecht, es sei überhaupt
an die Möglichkeit einer Sklavenbefreiung zur Zeit Platons nicht gedacht
worden.
Herr Prälat, seien Sie überzeugt, ich habe Sie in Ihrer Liebe zu Platon
nicht kränken wollen, vielmehr habe ich von Jugend an diese Liebe genau-
so empfunden. Aber es ist bei einer Gestalt größter historischer Bedeutung
wie Platon nötig, daß uns die Augen aufgehen für eine bedenkliche Seite
seines Wesens, deren wir uns bis jetzt nicht genug bewußt werden konnten.
Die historische Größe Platons wird dadurch nicht angetastet.
Wir können sogar, was wir besser verstehen, noch mehr- wenn auch nicht
kritiklos- bewundern.
VERÖFFENTLICHUNGEN
DER ARBEITSGEMEINSCHAFT FÜR FORSCHUNG
DES LANDES NORDRHEIN -WESTFALEN

NATURWISSENSCHAFTEN

Friedricb Suwald, Aarben Neue Entwicklungen auf dem Gebiet der Antriebsmaschinen
Friedrkb A. F. Srhmidl, Aarben Technischer Stand und Zukunftsaussichten der Verbrennungsmaschinen,
insbesondere der Gasturbinen
Rmlolf Friedrkh, Miilheim (Ruhr) Möglichkeiten und Voraussetzungen der industriellen Verwertung der
Gasturbine
Wolfgong Rietfer, Bonn Probleme der Kernphysik
Frilt Mirbeel, Miinsler Isotope als Forschungsmittd in der Chemie und Biochemie
Emil Lehnortf_, Miinster Der Chemismus der Muskelmaschine
Gun/her Lehmonn, Dortmund Physiologische Forschung als Voraussetzung der Bestgestaltung der
menschlichen Arbeit
Heinrkh Kraul, Dortmund Ernährung und Leistungsfähigkeit
Franz Wever, Diisseltlorf Aufgaben der Eisenforschung
Hermann Srhenrle, Aarbtn Entwicklungslinien des deutschen Eisenbüttenwesens
Max Haas, Aarbtn Die wirtschaftliche und technische Bedeutung der Leichtmetalle und ihre
Entwicklungsmöglichkeiten
Waller Kikulh, Diisseltlorf Virusforschung
Ro/f Danneel, Bonn Fortschritte der Krebsforschung
Werner S rhulemann, Bonn Wirtschaftliche und organisatorische Gesichtspunkte für die Verbesserung
unserer Hochschulforschung
Waller Weizel, Bonn Die gegenwärtige Situation der Grundlagenforschung in der Physik
Siegfried Slrugger, Miinsler Das Duplikantenproblem in der Biologie
Fritz Gummert, Essen Überlegungen zu den Faktoren Raum und Zeit im biologischen Geschehen
und Möglichkeiten e.iner Nutzanwendung
August Gölte, Aarben Steinkohle als Rohstoff und Energiequelle
Kar/ Ziegler, Miilheim (Ruhr) Über Arbeiten des Max-Pianck-Institutes für Kohlenforschung
Wilhelm Furles, Aarben Die Naturwissenschaft, die Technik und der Mensch
Wallher Hoffmonn, Miinster Wirtschaftliche und soziologische Probleme des technischen Fortschritts
Franz Bollenratb, Aarben Zur Entwicklung warmfester Werkstoffe
Heinrkb Kaiser, Dortmund Stand spektralanalytischer Prüfverfahren und Folgerung für deutsche
Verhältnisse
Hans Braun, Bonn Möglichkeiten und Grenzen der Resistenzzüchtung
Carl Heinrkh Denrleer, Bonn Der Weg der Landwirtschaft von der Energieautarkie zur Fremdenergie
Her111arl Opilf., Aarben Entwicklungslinien der Fertigungstechnik in der Metallbearbeitung
Kar/ Kreleeler, Aa&ben Stand und Aussichten der schweißtechnischen Fertigungsverfahren
Hermann Ratherl, Entwicklung auf dem Gebiet der Chemiefaser-Herstellung
Wuppertai-Eiberfeltl
Wilbelm Welttien, Krefeltl Rohstoff und Veredelung in der Textilwirtschaft
Kar/ Herz, Frankfurt a. M. Die technischen Entwicklungstendenzen im dektrischen Nachrichtenwesen
Leo Brand/, Diisseltlorf Navigation und Luftsicherung
Burrlehardl Helferkb, Bonn Stand der Enzymchemie und ihre Bedeutung
Hugo Wilbelm Knipping, Köln Ausschnitt aus der klinischen Carcinornforschung am Beispiel des Lungen-
krebses
Abrahtllll Esau f, Aarben Ortung mit elektrischen und Ultraschallwellen in Technik und Natur
Bugen Flegler, Aarben Die ferromagnetischen Werkstoffe der Elektrotechnik und ihre neueste
Entwicklung
Rutlo/f S1Jf!trl, Köln Die Problematik der Distribution
Tbeotlor Beste, Köln Der Leistungslohn
Frietfrkh Suwald, Aarben Die Flugtechnik und ihre Bedeutung für den allgemeinen technischen
Fortschritt
Bdouartl Holldremont f, Bmn Art und Organisation der Forschung in einem Industriekonzern
Werner Schulemann, Bonn Theorie und Praxis pharmakologischer Forschung
Wilhelm Groth, Bonn Technische Verfahren zur Isotopentrennung
Kurt Traenckner f. Buen Entwicklungstendenzen der Gaserzeugung
M. Zvegint:(_ov, Lontlon Wissenschaftliche Forschung und die Auswertung ihrer Ergebnisse
Ziel und Tätigkeit der National Research Development Corporation
Alexantler King, Lontlon Wissenschaft und internationale Beziehungen
Robert S ehwart, Aachen Wesen und Bedeutung der Siliciumchemie
Kurt Altler f, Köln Fortschritte in der Synthese der Kohlenstoffverbindungen
Otto Hahn, Göltingen Die Bedeutung der Grundlagenforschung für die Wirtschaft
Siegfrietl Strugger, Miin!ter Die Erforschung des Wasser- und Nährsalztransportes im Pflanzenkörper
mit Hilfe der fluoreszenzmikroskopischen Kinematographie
Johannes von Allescb, Göttingen Die Bedeutung der Psychologie im öffentlichen Leben
Olto Graf, Dortmund Triebfedern menschlicher Leistung
Bruno Kuske, Köln Zur Problematik der wirtschaftswissenschaftlichen Raumforschung
Stephan Prager, Diisseldorf Städtebau und Landesplanung
Rolf Danneel, Bonn Über die Wirkungsweise der Erbfaktoren
Kurt Her:(_og, Krefeltl Der Bewegungsbedarf der menschlichen Gliedmaßengelenke bei der Arbeit
Otto Haxe/, Heide/berg Energiegewinnung aus Kernprozessen
Max Wolf, Diisseltlorf Gegenwartsprobleme der energiewirtschaftliehen Forschung
Frietlricb Becker, Bonn Ultrakurzwellenstrahlung aus dem Weltraum
Hans Straßl, Bonn Bemerkenswerte Doppelsterne und das Problem der Sternentwicklung
Heinrich Behnke, Miin!ter Der Strukturwandel der Mathematik in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts
Bmanuel Sperner, Hamburg Eine mathematische Analyse der Luftdruckverteilungen in großen Gebieten
O.rkar Niemczyk, Aachen Die Problematik gebirgsmechanischer Vorgänge im Steinkohlenbergbau
Wilbelm Abtens, Krefeltl Die Bedeutung geologischer Forschung für die Wirtschaft, besonders in
Nordrhein-Westfalen
Bernhartl Rensch, Miin!ter Das Problem der Residuen bei Lernvorgängen
Hermann Fink, Köln Über Leberschäden bei der Bestimmung des biologischen Wertes ver-
schiedener Eiweiße von Mikroorganismen
Frietlricb Seewaltl, Aacben Forschungen auf dem Gebiete der Aerodynamik
Kar/ Ltist, Aachen Einige Forschungsarbeiten aus der Gasturbinentechnik
Frit:(_ Miet:(_sch f, Wuppertal Chemie und wirtschaftliche Bedeutung der Sulfonamide
Gerbara Domagk, Wuppertal Die experimentellen Grundlagen der bakteriellen Infektionen
Hans Braun, Bonn Die Verschleppung von Pflanzenkrankheiten und Schädlingen über die Welt
Wilbelm RudorJ, Voltlagsen Der Beitrag von Genetik und Züchtung zur Bekämpfung von Virus-
krankheiten der Nutzpfl2nzen
Volker Aschoff, Aachen Probleme der elektroakustischen Einkanalübertragung
Herber/ Döring, Aachen Die Erzeugung und Verstärkung von Mikrowellen
Rutlo/f S chenck, Aacben Bedingungen und Gang der Kohlenhydratsynthese im Licht
Bmil Lehnarf:(_, Miinster Die Endstufen des Stoffabbaues im Organismus
Wilbelm Pucks, Aachen Mathematische Analyse von Sprachelementen, Sprachstil und Sprachen
Hermann Schenck, Aachen Gegenwartsprobleme der Eisenindustrie in Deutschland
Bugen Piwowarsky f, Aacben Gelöste und ungelöste Probleme im Gießereiwesen
Wolfgang Riezler, Bonn Teilchenbeschleuniger
Gerhartl Schuber/, Hamhurg Anwendung neuer Strahlenquellen in der Krebstherapie
Pranz Lotze, Miin!ter Probleme der Gebirgsbildung
Co/in Che"J, Lontlon Kybernetik. Die Beziehung zwischen Mensch und Maschine
Brich Pietsch, ClatiStbai-Zellerfeltl Dokumentation und mechanisches Gedächtnis - zur Frage der Ökonomie
der geistigen Arbeit
Heinz Haase, Hamburg Infrarot und seine technischen Anwendungen
Abraham Bsau f, Aachen Der Ultraschall und seine technischen Anwendungen
Fritz Lange, Bocb~~m-Hortlel Die wirtschaftliche und soziale Bedeutung der Silikose im Bergbau
Walter Kikutb rmtl Die Entstehung der Silikose und ihre Verhütungsmaßnahmen
Werner S cbliepköter, Diisse/tlorf
Bberbartl Grost, Bonn Berufskrebs und Krebsforschung
Hugo Wilbelm Knipping, Köln Die Situation der Krebsforschung vom Standpunkt der Klinik
Guslao-Viclor Lachmann, London An einer neuen Entwicklungsschwelle im Flugzeugbau
A. Gerber, Ziirich-Oerlikon Stand der Entwicklung der Raketen- und Lenktechnik
Theodor Kraus, Köln Über Lokalisationsphänomene und Ordnungen im Raume
Frilz Gummert, Essen Vom Ernährungsversuchsfeld der Kohlenstoffbiologischen Forschungs-
station Essen
Gerhard Domagk, Wupperlal Fortschritte auf dem Gebiet der experimentellen Krebsforschung
Giovanni Lampariello, Rom Das Leben und das Werk von Heinrich Hertz
Waller Weizel, Bonn Das Problem der Kausalität iu der Physik
Jose Ma Albareda, Madrid Die Entwicklung der Forschung in Spanien
Burckhardt Helferich, Bonn Über Glykoside
Fritz Micheel, Miinster Kohlenhydrat-Eiweißverbindungen und ihre biochemische Bedeutung
John von Neumann f, Entwicklung und Ausnutzung neuerer mathematischer Maschinen
Princeton, USA
Eduard Stiefel, Ziirich Rechenautomaten im Dienste der Technik
Wilhelm Weltzien, Krefeld Ausblick auf die Entwicklung synthetischer Fasern
Wallher Hoffmann, Miinster Wachstumsprobleme der Wirtschaft
Leo Brand/, Diisseldorf Die praktische Förderung der Forschung iu Nordrheiu-Westfalen
Ludwig Raiser, Bad Codesberg Die Förderung der an gewandten Forschung durch die Deutsche Forschungs-
gemeinschaft
Hermann Tromp, Rom Die Bestandsaufnahme der Wälder der Welt als internationale und wissen-
schaftliche Aufgabe
Pranz Heske, Schloß Reinbek Die Wohlfahrtswirkungen des Waldes als internationales Problem
Giinther Bohnecke, Hamburg Zeitfragen der Ozeanographie
Heinz Gab!er, Hamburg Nautische Technik und Schiffssicherheit
Fritz A. F. Schmidt, Aachen Probleme der Selbstzündung und Verbrennung bei der Entwicklung der
Hochleistungskraftmaschinen
August-Wilhelm Quick, Aachen Eiu Verfahren zur Untersuchung des Austauschvorganges in verwirbelten
Strömungen hinter Körpern mit abgelöster Strömung
Johannes Pätzold, Erlangen Therapeutische Anwendung mechanischer und elektrischer Energie
F. A. W. Patmore, London Der Air Registration Board und seine Aufgaben im Dienst der britischen
Flugzeugindustrie
A. D. Young, London Gestaltung der Lehrtätigkeit in der Luftfahrttechnik in Großbritannien
D. C. Martin, London Geschichte und Organisation der Royal Society
A.J. A. Roux, Südafrika Probleme der wissenschaftlichen Forschung in der Südafrikanischen Union
Georg Scbnadel, Hamburg Forschungsaufgaben zur Untersuchung der Festigkeitsprobleme im Schiffsbau
Wilhelm Sturtzel, Duisburg Forschungsaufgaben zur Untersuchung der Widerstandsprobleme im See-
und Binnenschiffbau
Giovanni Lampariello, Rom Von Galilei zu Einstein
Waller Dieminger, LindaufHarz Ionosphäre und drahtloser Weitverkehr
Sir ]ohn Cockcroft, London Die friedliche Anwendung der Atomenergie
Fritz Schultz-Grunow, Aachen Das Kriechen und Fließen hochzäher und plastischer Stoffe
Hans Ebner, Aachen Wege und Ziele der Festigkeitsforschung, besonders im Hinblick auf den
Leichtbau
Ernst Derra, Diisseldoif Der Entwicklungsstand der Herzchirurgie
Guntber Lehmann, Dortmund Muskelarbeit und Muskelermüdung in Theorie und Praxis
Theodor von Karman, Pasadena Freiheit und Organisation iu der Luftfahrtforschung
Leo Brandt, Diisseldorf Bericht über den Wiederbeginn deutscher Luftfahrtforschung
Fritz Schröter, U/m Neue Forschungs- und Entwicklungsrichtungen im Fernsehen
Albert Narath, Berlin Der gegenwärtige Stand der Filmtechnik
Richard Courant, New York Die Bedeutung der modernen mathematischen Rechenmaschinen für
mathematische Probleme der Hydrodynamik und Reaktortechnik
Ernst Peschl, Bonn Die Rolle der komplexen Zahlen in der Mathematik und die Bedeutung der
komplexen Analysis
Wolfgang Flaig, Braunschweig Zur Grundlagenforschung auf dem Gebiet des Humus und der Boden-
fruchtbarkeit
Eduard Miickenhausen, Bonn Typologische Bodenentwicklung und Bodenfruchtbarkeit
Waller Georgii, Miinchen Aerophysikalische Flugforschung
Klaus Oswatitsch, Aachen Gelöste und ungelöste Probleme der Gasdynamik
A. Butenandt, Tübingen Über die Analyse der Erbfaktorenwirkung und ihre Bedeutung für bio·
chemische Fragestellungen
]. Straub, Köln Quantitative Genwirkung bei Polyploiden
Oskar Morgenstern,Princeton, USA Der theoretische Unterbau der Wirtschaftspolitik
Bernbard Rensch, Münster Die stammesgeschichtliche Sonderstellung des Menschen
Wilhelm Tönnis, Köln Die neuzeitliche Behandlung frischer Schädelhirnverletzungen
Siegfried Strugger, Münster Die elektronenmikroskopische Darstellung der Feinstruktur des Proto-
plasmas mit Hilfe der Uranylmethode und die zukünftige Bedeutung für
die Erforschung der Strahlenwirkung
Wilhelm Pucks, Aachen Bildliehe Darstellung der Verteilung und der Bewegung von radioaktiven
Substanzen im Raum, insbesondere von biologischen Objekten (Physikali-
scher Teil)
Hrtgo Wilhelm Knipping und Bildgebung von Radioisotopenelementen im Raum bei bewegten Objekten
Brich Liese, Köln (Herz, Lungen etc.) (Medizinischer Teil)
Friedrich Paneth f, Mainz Die Bedeutung der Isotopenforschung für geochemische und kosmo-
chemische Probleme
J. Hans D. Jensen und Die Nichterhaltung der Parität
H. A. Weidenmüller, Heide/berg
Francis Perrin, Paris Die Verwendung der Atomenergie für industrielle Zwecke
Hans Lorenz, Berlin Forschungsergebnisse auf dem Gebiete der Bodenmechanik als Wegbereiter
für Gründungsverfahren
Georg Garbolz, Aachen Die Bedeutung der Baumaschinen- und Baubetriebsforschung für die Praxis
Maurice Roy, Chatillon Luftfahrtforschung in Frankreich und ihre Perspektiven im Rahmen Europas
Alexander Naumann, Aachen Methoden und Ergebnisse der Windkanalforschung
Sir Harry Melville, Die Anwendung von radioaktiven Isotopen und hoher Energiestrahlung
K.C.B., F.R.S., Lontlon in der polymeren Chemie
Eduard Justi, Braunschweig Elektrothermische Kühlung und Heizung. Grundlagen und Möglichkeiten
Richard Vieweg, Braunschweig Maß und Messen in Geschichte und Gegenwart
Fritz Baade, Kiel Gesamtdeutschland und die Integration Europas
Günther Schmölders, Köln Ökonomische Verhaltensforschung
Rudolf Wille, Berlin Modellvorstellungen zur Behandlung des Übergangs laminar - turbulent,
hergeleitet aus Versuchen an Freistrahlen und Flachwasserströmungen
Josef Meixner, Aachen Neuere Entwicklung der Thermodynamik
A. Gustafsson, Ditervon Wettstein Mutationsforschung und Züchtung
und Lars Ehrenberg, Stockholm
Josef Straub, Köln Mutationsauslösung durch ionisierende Strahlung
Marlin Kersten, Aachen Neuere Versuche zur physikalischen Deutung technischer Magnetisierungs-
vorgänge
Günther Leibfried, Aachen Zur Theorie idealer Kristalle
W. Klemm, Münster Neue Wertigkeitsstufen bei den Übergangselementen
H. Zahn, Aachen Die Wollforschung in Chemie und Physik von heute
Henri Cartan, Parit Nicolas Bourbaki und die heutige Mathematik
Harald Cramer, Stockholm Aus der neuerenmathematischen Wahrscheinlichkeitslehre
Georg Me/ebers, Tübingen Die Bedeutung der Virusforschung für die moderne Genetik
Alfred Kühn, Tübingen Über die Wirkungsweise von Erbfaktoren
Frideric Ludwig, Paris Experimentelle Studien über die Distanzeffekte in bestrahlten vielzelligen
Organismen
A. H. W. Aten jr., Amslerdam Die Anwendung radioaktiver Isotope in der chemischen Forschung
Hans Her/off Inhof!en,BriJIIIIJchweig Chemische Übergänge von Gallensäuren in cancerogene Stoffe und ihre
möglichen Beziehungen zum Krebsproblem
Rolf Danneel, Bonn Entstehung, Funktion und Feinbau der Mitochondrien
Max Born, Bad Pyrmonl Der Realitätsbegriff in der Physik
]oachim Wüstenberg Der gegenwäl"tige ärztliche Standpunkt zum Problem der Beeinflussung
der Gesundheit durch Luftverunreinigungen
Paul Schmidl, München Periodisch wiederholte Zündungen durch Stoßwellen
Waller Kikuth, Diimldorf Die Infektionskrankheiten im Spiegel historischer und neuzeitlicher
Betrachtungen
R.]1111g, Aachen Die geodätische Erschließung Kanadas mit Hilfe der elektronischen
Entfernungsmessung
H. E. Schwiele, Aachen Ein zweites Steinzeitalter ? - Gesteinshüttenkunde früher und heute
Horst Rothe, Karlsruhe Der Molekular-Verstärker und seine Anwendung
Roland Lintlner, Göteborg Atomkernforschung und Chemie, aktuelle Probleme
Paul Denzel, Aachen Technische Probleme der Energieumwandlung und -fortleitung
]. Cape/Je Der Stand der Ingenieurausbildung in Frankreich
Friedrich Panse, DIJmldorf Klinische Psychologie, ein psychiatrisches Bedürfnis
Heinrich Kraul, Dorlm1111d Die Deckung des Bedarfs an Vitaminen und Mineralstoffen in der Bundes·
republik
Max Haas, Aachen Neuzeitliche Erkenntnisse aus der Geschichte der Leichtmetalle
Wilhtlm Bischof. Dortmund Materialprüfung - Praxis und Wissenschaft
VERÖFFENTLICHUNGEN
DER ARBEITSGEMEINSCHAFT FÜR FORSCHUNG
DES LANDES NORDRHEIN-WESTFALEN

GEISTESWISSENSCHAFTEN

Werner Richter, Bonn Von der Bedeutung der Geisteswissenschaften für die Bildung unserer Zeit
Joaehim Riller, Miinsler Die Lehre vom Ursprung und Sinn der Theorie bei Aristoteles
josef Kroll, Köln Elysium
Giinlher ]achmann, Köln Die vierte Ekloge Vergils
Hans Brich Stier, Miinller Die klassische Demokratie
Werner Casktl, Kö/11 Lihyan und Lihyanisch. Sprache und Kultur eines früharabischen König-
reiches
Tho111as Ohm, Miinsl~r Stammesreligionen im südlichen Tanganyika-Territorium
Georg SchT~iber, Miinsler Deutsche Wissenschaftspolitik von Bismarck bis zum Atomwissenschaftler
Otto Hahn
Waller Holtzmann, Bonn Das mittelalterliche Imperium und die werdenden Nationen
lf7erntr Caskel, Köln Die Bedeutung der Beduinen in der Geschichte der Araber
Georg Schreiber, Miinsltr Irland im deutschen und abendländischen Sakralraum
Peler Rassow, Köln Forschungen zur Reichs-Idee im 16. und 17. Jahrhundert
Hant Brich Stier, Miinsler Roms Aufstieg zur Weltmacht und die griechische Welt
Kar/ Heinrich Rengstorj, Miintler Mann und Frau im Urchristentum
Hermann Conrad, Bonn Grundprobleme einer Reform des Familienrechtes
Max Braubach, Bonn Der Weg zum 20. Juli 1944- Ein Forschungsbericht
Paul Hiibinger, Miinsler Das deutsch-französische Verhältnis und seine mittelalterlichen Grundlagen
Pranz Steinbach, Bonn Der geschichtliche Weg des wirtschaftenden Menschen in die soziale Freiheit
und politische Verantwortung
}otef Koch, Köln Die Ars coniecturalis des Nikolaus von Kues
Jamet B. Conanl, USA Staatsbürger und Wissenschaftler
Kar/ Heinrich Rmgtlorj, Miintler Antike und Christentum
Richard Alewyn, Köln Klopstacks Publikum
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Ludwig Rais~r, Bad Codesberg Rechtsfragen der Mitbestimmung
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Theodor Klauter, Bonn Die römische Petrustradition im Lichte der neuen Ausgrabungen unter
der Petcrskirche
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Frilt Schalk, Köln Calderon und die Mythologie
Josef Kroll, Köln Vom Leben geflügelter Worte
Thomas Ohm, Miiluler Die Religionen in Asien
johann Leo Weisgerber, Bonn Die Ordnung der Sprache im persönlichen und öffentlichen Leben
Wernff' Caskel, Köln Entdeckungen in Arabien
Max Brflllbach, Bann Landesgeschichtliche Bestrebungen und historische Vereine im Rheinland
Frilz Schalk, Köln Somnium und verwandte Wörter in den romanischen Sprachen
FriedrichDmauer,Frankfurla.M. Reflexionen über Erbe und Zukunft des Abendlandes
Thomas Ohm, Miinsler Ruhe und Frömmigkeit
Hermann Conrad, Bonn Die mittelaltetliche Besiedlung des deutschen Ostens und das Deutsche Recht
Hans Sckommodau, Köln Die religiösen Dichtungen Margaretes von Navarra
Herber/ von Einem, Bonn Der Mainzer Kopf mit der Binde
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Frilz Schalk, Köln Diderots Essai über Claudius und Nero
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Johann Leo Weisgerb~r, Bonn Die Grenzen der Schrift - Der Kern der Rechtschreibereform
RicharJ Alewyn, Köln Von der Empfindsamkeit der Romantik
Theotlor Schietler, Köln Die Probleme des Rapallo-Vertrages. Eine Studie über die deutsch-russischen
Beziehungen 1922-1926
Andreas RNmpJ, Köln Stilphasen der spätantiken Kunst
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Wallher Holttmann, Rom Das Deutsche historische Institut in Rom
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Harry Westermann, Milluter Person und Persönlichkeit als Wert im Zivilrecht
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Frietlrich Kar/ Srh11111ann, Miinster Mythos und Technik
Kar/ Heinrich Rengstorj, Milluter Die Anfänge des Diakonats
Georg Schreiber, Milluter Der Bergbau in Geschichte, Ethos und Sakralkultur
Hans j. Wolf!, Milluter Die Rechtsgestalt der Universität
Heinrich Vogt, Bonn Schadenersatzprobleme im Verhältnis von Haftungsgrund und Schaden
Max Bra11hach, Bonn Der Einmarsch deutscher Truppen in die entmilitarisierte Zone am Rhein
im März 1936. Ein Beitrag zur Vorgeschichte des zweiten Weltkrieges
Herbert von Einem, Bonn Die "Menschwerdung Christi" des Isenheimer Altares
Ernst Joseph Cohn, London Der englische Gerichtstag
Albert Woopen, Aacben Die Zivilehe und der Grundsatz der Unauflöslichkeit der Ehe in der Ent-
wicklung des italienischen Zivilrechts
Kar/ Kerlnyi, Ascona Die Herkunft der Dionysosreligion nach dem heutigen Stand der Forschung
Herbert jank11hn, Kiel Die Ausgrabungen in Haithabu und ihre Bedeutungfür die Handelsgeschichte
des frühen Mittelalters
Stephan Ska/weit, Bonn Edmund Burke und Frankreich
Ulrich Sche11111r, Bonn Die Neutralität im heutigen Völkerrecht
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im nördlichen Mesopotamien 1955
Joachim Ritter, Miinsler Hege! und die französische Revolution
Hermann Conrad 1111d Die Konstitutionen von Melfi Friedrichs IT. von Hohenstaufen (1231)
Carl Arnoltl Willemsen, Bonn
Georg Schreiber, Milluter Der Islam und das christliebe Abendland
Werner Conze, Miinster Die Strukturgeschichte des technisch-industriellen Zeitalters als Aufgabe
für Forschung und Unterricht
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Frilt Schalk, Köln Poetica de Aristoteles tradueia de latin. TI!ustrada y commentado por Juan
Pablo Martiz Rizo (Erste kritische Ausgabe des spanischen Textes)
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griechischen Plastik
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Josef M. Wintrich, Karlsrtlhe Zur Problematik der Grundrechte
Josef Pieper, Essen Über den Begriff der Tradition
Waller F. Schirmer, Bonn Die frühen Darstellungen des Artburstoffes
Wil/iam Lloyd Promr, Berkeley Kausalzusammenhang und Fahrlässigkeit
Johann Leo Weisgerber, Bonn Verschiebung in der sprachlichen Einschätzung von Menschen und Sachen
Walter H. Br11jord, Cambridge Fürstin Gallitzin und Goethe. Das Selbstvervollkommnungsideal und
seine Grenze
Hermann Conrad, Bonn Die geistigen Grundlagen des Allgemeinen Landrechts für die preußischen
Staaten von 1794
Herbert DOn Einem, Bonn Asmus Jacob Carstens, Die Nacht mit ihren Kindem
Pa11/ Gieseke, Bad Gotlesberg Eigentum und Grundwasser
Werner Richter, Bonn Wissenschaft und Geist in der Weimarer Republik
Johann Leo Weisgerher, Bonn Sprachenrecht und europäische Einheit
Otto Kirchheimer, New York Gegenwartsprobleme der Asylgewährung
Alexander Kn11r, Bad Codesberg Probleme der Zugewinngemeinschaft
Helm111 Coing, Frankfart a. M. Die juristischen Auslegungsmethoden und die Lehren der allgemeinen
Hermeneutik
Andrl George, Paris Der Humanismus und die Krise der Welt von heute
Haraltl fon Petrikovill, Bonn Das römische Rheinland. Archäologische Forschungen seit 1945
VERÖFFENTLICHUNGEN
DER ARBEITSGEMEINSCHAFT FÜR FORSCHUNG
DES LANDES NORDRHEIN-WESTFALEN

WISSENSCHAFTLICHE ABHANDLUNGEN

Wo/jgangPriuler, H.-G.Bennewil~ Radiobeobachtungen des ersten künstlichen Erdsatelliten


llflli P. Ltngrüßer, Bonn
Johann Leo Weisgtrber, Bonn Verschiebung in der sprachlichen Einschätzung von Menschen und Sachen
Eri<h Meu/ben. Marburg Die letzten Jahre des Nikolaus von Kues
Hans Georg Kirrhhof!, Die staatliche Sozialpolitik im Ruhrbergbau 1871-1914
Romm~rskirrhen
Giinther ]arhmann, Köln Der homerische Schiffskatalog und die Ilias
Pe/er Harlmann, Miinsler Das Wort als Name
Anion Moorlgat, Berlin Archäologische Forschungen der Max-Freiherr-von-Oppenheim-Stiftung
im nördlichen Mesopotamien 1956
Wolfgang Pries/er und Bahnbestimmungen von Erdsatelliten aus Doppler-Effekt-Messungen
Gerhartl Hergenhahn, Bonn
Harry Weslermann, Münster Welche gesetzlichen Maßnahmen zur Luftreinhaltung und zur Verbesserung
des Nachbarrechts sind erforderlich?
Hermann Co11ratl~~ntl Carl Gottlieb Svarez 1746-1796. Vorträge über Recht und Staat
Gerd Kleinheyer, Bonn
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Giinter Bantlmann, Bonn Melancholie und Musik
W. Goerdt, Miinster Fragen der Philosophie. Ein Materialbeitrag zur Erforschung der Sowjet-
philosophie im Spiegel der Zeitschrift "Voprosy Filosofii" 1947-1956

SONDERHEFTE

}osef PiejHr, Münster Über den Philosophie-Begriff Platons


Waller Wei~el, Bonn Die Mathematik und die physikalische Realität
Guntber Lehmann, Dortmund Arbeit bei hohen Temperaturen
Hans Kauf!mann, Köln Italienische Frührenaissance
18 neue Forschungsstellen im Land Nordrhein-Westfalen
Wissenschaft in Not

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