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Aer Meenung

1918-2010: Einst zielbewusst aus


den Krisen, heute mit CSV und
LSAP in die Krise
1918-1926: Mut ist, wenn man’s trotzdem macht!
Dieser Spruch von Ronald Jannasch passt wie die Faust
aufs Auge für die für Luxemburg wirtschaftlich sehr
schwierige Zeit nach dem ersten Weltkrieg. Man denke
nur an den Austritt Luxemburgs aus dem deutschen
Zollverein, gefolgt von einer damals ungewissen
Zukunft in der belgisch-luxemburgischen
Wirtschaftsunion (ab 1921). Des weiteren an die
Weltwirtschaftskrise in den zwanziger Jahren und die
aus der Krise resultierenden Hyperinflation! In
Luxemburg anfänglich verschärft durch den festen
Willen des Proletariats, sich durch Streikaktionen eine
wirtschaftliche Besserstellung zu erkämpfen!
Nach heutigem Ermessen gleicht es an ein Wunder,
dass die sich nach 1918 folgenden Regierungen – den
sich häufenden Krisen zum Trotze – die Zeit nutzten,
um grundlegende Reformen in der Besserstellung der
Arbeitnehmer nicht nur einzuleiten, sondern vor allem
auch in die Tat umzusetzen. So den Achtstundentag in
der Großindustrie, die betriebliche Vertretung der
Arbeitnehmer, Arbeitslosenunterstützung, Anpassung
der Staatsbeamtengehälter an den Lebenskostenindex,
Einführung von Berufskammern, genaue Bestimmungen
im Bereich Gesundheit und Sicherheit und die
Lohnfortzahlung im Urlaub (letztere eine für diese Zeit
fast revolutionäre Errungenschaft!).
So legen die Regierenden, mit feinem Gespür für die
Forderungen der Gewerkschaften, den Grundstein für
den sozialen Frieden Luxemburgs, gepaart mit einem
bis in unsere heutige Zeit andauernden Wohlstand
gleichermaßen für Arbeiternehmer und Arbeitgeber!
1975 – 1979: Trotz Öl- und Stahlriese
weitreichende Reformen!
Mit der sich ab 1975 anbahnenden Öl- und Stahlkrise
gerät das Wirtschaftsleben Luxemburgs, dessen
Ressourcen weitgehend aus der Stahlindustrie
kommen, in ernste Gefahr. Doch die neue DP-LSAP
Regierung (mit Staats- und Außenminister Gaston Thorn
und Wirtschaftsminister Marcel Mart, sowie Sozial- und
Arbeitsminister Benny Berg und Justiz- und
Kulturminister Robert Krieps, beide LSAP) stellen sich
mit Bravour den Herausforderungen diese Krise … und
retten so gleichermaßen Arbeitgeber wie Arbeitnehmer
über die Runden!
So zur Rettung der Stahlindustrie und im höheren
Interesse der von Massenarbeitslosigkeit bedrohten
Belegschaft: Einführung der Tripartite. Mit höchst
positiven Ergebnissen, wie 5 Prozent der
Staatsausgaben zur Finanzierung von
Arbeitsbeschaffung für 10.000 Arbeiter und
Angestellte (die Arbed zählte zur Beginn der Krise eine
Gesamtbelegschaft von 27.000 Personen). So wird
jegliche Arbeitslosigkeit vermieden. Insbesondere auch
durch die im Jahre 1977 eingeführte Frühpensionierung
für Stahlkocher. So wird das Luxemburger Modell
geboren, das – im Geiste des unvergesslichen
Staatsministers Gaston Thorn - prioritär darauf hinzielt,
im besten Einvernehmen zwischen Regierung, Salariat
und Patronat Arbeitsplätze in Luxemburg zu sichern und
den sozialen Frieden zu wahren.
Dazu, man höre und staune: Anpassung an den
Lebenskostenindex für alle Arbeitnehmer; 40
Stundenwoche; Jahresurlaub von 25 Tagen.
In der öffentlichen Funktion kontinuierliche Aufwertung
der Gehälter, Verbesserungen in den Laufbahnen und –
was kaum jemand für möglich hält – Einführung der
offenen Laufbahn!
Mit diesen signifikanten Realisationen hätten die beiden
Regierungsparteien von DP und LSAP die
Legislativwahlen von Juni 1979 haushoch gewinnen
müssen. Doch angesichts der von den beiden
Koalitionären in den Jahren 1975 – 1979 verwirklichten
Gesellschaftsreformen (wie Eherecht; Abtreibung;
Demokratisierung des Kulturlebens; Laienmoral; eine
Ferienordnung für die Schulen, die nicht prioritär an
katholischen Feiertagen gebunden war, usw.) wussten
erzkonservative Kräfte - in CSV und im katholischen
Klerus, bestens unterstützt durch die „Lusserten“ der
Bistumspresse - eine Weltuntergangsstimmung im
Lande zu erzeugen und so auch den Wahlausgang zu
ihren Zwecken stark zu beeinflussen! Dies zur höchsten
Enttäuschung der doch vielen fortschrittlichen Kräfte,
aus allen Bevölkerungsschichten, in unserem Lande.
Nebenbei bemerkt: Die CSV war 1975 gegen die
Einführung der Tripartite!
2010: Mit CSV und LSAP von der Wirtschafts- in
eine Staatskrise!
Während in anderen Ländern die Regierungen den
derzeitigen Konjunkturaufschwung – so zaghaft er auch
sein mag sein – begrüßen, nimmt die von CSV und LSAP
geführte luxemburgische Regierung die von ihr in den
letzten 6 Jahren verursachte Überschuldung des Staates
zum Anlass, um eine neue Wirtschaftskrise geradezu
heraufzubeschwören. Kündigen an, die –gesetzlich
verankerte - Tripartite nicht mehr einzuberufen, sofern
sich Gewerkschaften und Patronat vorher nicht in
Sachen Lebenskostenindex einigen und vergessen
dabei, dass die Regierung selbst die eigentliche
Schuldige an dieser höchst besorgniserregenden
Malaise ist, da sie in der Indexfrage total zerstritten
und demnach nicht konsensfähig ist!
Dabei sehen die Gewerkschaften nicht ein, dass die
Arbeitnehmer die Gelder, die sie im Juli 2010 durch die
Indexpassung erhalten haben, ab dem 1. Januar 2011
an den Staat an den Staat abtreten sollen. Durch
höhere Steuern (Lohn-, Solidaritäts- und Krisensteuer)
und durch die Halbierung der Anrechnung der
Fahrtkosten. Weiterhin die ihnen drohenden nur
teilweise Anpassung der Löhne an den
Lebenskostenindex und Nullrunden in
Lohnverhandlungen!
Während die Arbeitgeber, in ihren nicht zu
verkennenden Bemühungen um die
Wettbewerbsfähigkeit der Betriebe, nicht die
Zahlmeister der Nation sein möchten. Durch eine
Verteuerung der Löhne um 4 Prozent. Verursacht um
2,5 Prozent durch die Indexanpassung im Juli 2010 und
um 1,5 Prozent durch höhere Steuern und Beiträge in
die Krankenkasse.
Derweil der heißhungrige Staat bei Salariat und
Patronat gar gefräßig absahnt. So durch höhere
Steuereinnahmen als im Haushalt 2010 vorgesehen,
infolge einer verbesserten Wirtschaftslage, sowie durch
der Versteuerung der Erträge aus der Indexanpassung.
Eine Belastung, die mit den einschneidenden
Steuererhöhungen ab 1. Januar 2011 eine fürwahr
unglückselige Fortsetzung finden wird.
Mit dem von uns geschilderten Vorgehen hat sich die
Regierung in eine Position hineinmanövriert, in der sie
auf jämmerlichste Art und Weise ihre Befähigung
verspielt hat, in der Tripartite ein Einvernehmen
zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern
herbeizuführen.

Kurzum, dem Lande steht ein sehr heißer Herbst bevor


und - sofern die Konflikte keine für alle Akteure
befriedigende Lösung finden – die reelle Gefahr einer
für die Volkswirtschaft sehr beängstigenden Staatskrise.
Henri Schumacher

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