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Im Juli 2015 wurde eine historische Einigung erzielt, die den friedlichen Charakter des

iranischen Atomprogramms garantieren soll. Am Montag (19.10.) fand im Außenausschuss


eine Anhörung über die Strategie der EU gegenüber dem Iran statt. Experten sagten, die
Abneigung des Irans gegenüber Verhandlungen mit den USA könne eine Tür für Europa
öffnen. Die Abgeordneten äußerten Bedenken wegen der Menschenrechtslage und
sagten, es sei wichtig, den Iran in die Friedenslösung für Syrien einzubinden.

Im vergangenen Jahrzehnt haben die Vereinten Nationen und die EU eine Reihe
unterschiedlicher Sanktionen gegen den Iran verhängt. Dazu zählen
Handelsbeschränkungen wie der Export von Waffen oder die Einfuhr von Rohöl und
Erdgas sowie das Einfrieren von Vermögenswerten. Das Abkommen sieht nun ein
schrittweises Aufheben der nuklearbezogenen Sanktionen vor.

Welche Möglichkeiten ergeben sich für die EU und den Iran? Welche Strategie soll die EU
verfolgen?

Der polnische EU-Abgeordnete und stellvertretende Vorsitzende des Außenausschusses


Ryszard Antoni Legutko (EKR = Europäische Konservative und Reformer) eröffnete die
Anhörung. Er bezeichnete das Abkommen als einen "großen Schritt vorwärts" und
betonte, die Aufhebung der Sanktionen "eröffne neue Möglichkeiten für die iranische
Wirtschaft".

Der britische EU-Abgeordnete Richard Howitt (S&D) verfasst einen Initiativbericht über die
Strategie der EU gegenüber dem Iran nach dem Abschluss des Nuklearabkommens. Er
sagte: “Wir müssen realistische Erwartungen haben." Es gebe eine gemeinsame Agenda,
die den Kampf gegen den Terrorismus und gegen den Drogenhandel beinhalten werde.

Doktor Rouzbeh Parsi, Direktor der European Iran Research Group (Europäisch-Iranische
Forschungsgruppe) hob die Notwendigkeit des Dialogs hervor: "Die EU hat das Potenzial,
der bedeutendste Handelspartner und politische Gesprächspartner zu werden." Er wies
jedoch darauf hin, dass bestimmte Themen - wie Syrien - den Dialog enden lassen
könnten, bevor er überhaupt begonnen habe.
2018

Während sich die EU auf einen gemeinsamen Standpunkt im Streit mit den
USA in Bezug auf das Atomabkommen mit dem Iran geeinigt zu haben
scheint, hebt Polens Premierminister Mateusz Morawiecki das Zerwürfnis mit
den USA hervor und preist sein Land als informellen Mediator an. Ein Bericht
von EURACTIV Polen.

Morawiecki betonte, er hoffe, dass im aktuellen Streit zwischen der EU und den
USA über das iranische Atomabkommen „eine Lösung gefunden werden kann“.

Warschau könne dabei als „informeller Vermittler“ zwischen Brüssel und


Washington auftreten, schlug der Premier vergangene Woche vor. „Wir haben eine
konstruktive und positive Stellung gegenüber unseren Partnern,“ unterstrich der
polnische Regierungschef.

Morawiecki war von Reportern nach dem polnischen Ansatz für den Rückzug der
USA aus dem Atomabkommen und der darauffolgenden Bewertung durch den
polnischen Außenminister Jacek Czaputowicz während eines Treffens in
Washington befragt worden.

Czaputowicz hatte nach dem Treffen mit seinem amerikanischen Amtskollegen


Mike Pompeo erklärt, Polen werde versuchen, andere EU-Mitgliedsstaaten davon
zu überzeugen, „nicht nur die Interessen von Unternehmen zu berücksichtigen, die
bereits im Iran investiert haben, sondern auch Sicherheitsfragen in Betracht zu
ziehen“. Obwohl Polen in der Frage der wirtschaftlichen Interessen „gemeinsam
mit anderen EU-Mitgliedstaaten“ handeln müsse, verstehe das Land „in Bezug auf
Strategie und Sicherheit die Besorgnis der USA über die Gefahren, die der Iran für
die Welt und die Region darstellt,“ so der Außenminister damals.

Morawiecki: Warschau versteht sowohl die EU als auch die USA

Da viele Kommentatoren die Meinung des polnischen Außenministers als „nicht


ganz klar und uneindeutig“ bezeichnet hatten, baten Journalisten den
Premierminister, die polnische Position zu erläutern.

Morawiecki führte an, der polnische Ansatz in der Iran-Frage und in Bezug auf die
Aufkündigung des Atomabkommens durch die USA sei konsequent. In diesem
Zusammenhang erinnerte er an den jüngsten EU-Gipfel in Sofia, bei dem sich die
Diskussion ebenfalls auf die Lage im Iran konzentrierte: „Unser Vorschlag war –
und diese Position wurde kürzlich auch in Sofia vorgestellt – die Aspekte dieses
Programms und die Beziehungen zum Iran zu betrachten, die sicherlich die
Besorgnis aller wecken.“

Genau zu beobachten seien vor allem das iranische Raketenprogramm und die
Aktivitäten Teherans im Nahen Osten, insbesondere in Syrien, Libanon, Jemen,
Irak und Israel.
„Unterschiedliche Arten der Präsenz, natürlich auf verschiedenen Ebenen,
manchmal ganz direkt, führen zu einer gefährlichen Verschmelzung der Situation
im Nahen Osten; und dem muss mit Sicherheit entgegengewirkt werden,“ sagte
der Premierminister.

„Nach der Entscheidung von Präsident Trump müssen wir nun auf einen Versuch
warten, neue Lösungen zu entwickeln.“ In diesem Zusammenhang könne Polen
als informeller Vermittler zwischen Brüssel und Washington fungieren, da
Warschau sowohl das „Recht als auch die Pflicht der EU, ihre Unternehmen zu
verteidigen“ verstehe und gleichzeitig die amerikanischen Sicherheitsbedenken
teile.

Morawiecki weiter: „Wir weisen auch auf die Notwendigkeit hin, für Sicherheit zu
sorgen. Wir sind hier in gewisser Weise ein Vermittler. Natürlich im informellen
Sinne. Wir versuchen, unseren amerikanischen Freunden unsere Rolle innerhalb
der EU zu erklären, und andererseits übersetzen wir unseren Freunden aus der
EU alle sehr wichtigen Sicherheitsaspekte, die von der amerikanischen Regierung
angesprochen werden.“

Zum Abschluss unterstrich der Premier erneut, Polen spiele eine „äußerst
konstruktive und positive Rolle, sowohl gegenüber unseren amerikanischen
Partnern als auch gegenüber den Partnern in Europa.“
2019

Die Initiative für die Konferenz ging von Washington aus. Doch auch Polen werde
profitieren, versicherte der polnische Außenminister Jacek Czaputowicz im Vorfeld:
„Unser Land wird an der Lösung von gewichtigen internationalen Problemen beteiligt
sein. Polen ist dazu geradezu verpflichtet, wir sind aktuell Mitglied im UN-
Sicherheitsrat. Wir setzen uns ein für die Stabilität und den Frieden im Nahen Osten.
Außerdem hoffen wir, dass so das Vertrauen zwischen Polen und den USA wächst
und sich die USA stärker als bisher in Polen engagieren.“
Atomabkommen mit Iran schwingt im Hintergrund mit
Bei der Konferenz soll es vor allem um die internationale Terrorismusbekämpfung
gehen – und um das iranische Raketenprogramm. Das Atomabkommen mit dem Iran
steht nicht auf der Tagesordnung. Zumindest nicht offiziell, sagt Michal Baranowski
vom „German Marshall Fund“, einer US-amerikanischen Denkfabrik:
„Das Atomabkommen ist der Hintergrund, vor dem die Gespräche stattfinden. Es ist
aktuell eines der schwierigsten Themen, es spaltet das transatlantische Bündnis. Die
USA haben es aufgekündigt. Und die Europäische Union hält daran fest. Die EU hat
gerade eine Firma gegründet, unter deutsch-französisch-britischer Führung, die den
Handel zwischen Europa und dem Iran auch weiterhin möglich machen soll.“
Ein Ziel so einer Konferenz könnte also sein, die Positionen wieder
zusammenzuführen. Doch die Vorzeichen dafür stehen schlecht. Denn die Konferenz
war im Vorfeld nicht mit der EU abgesprochen, obwohl Frankreich, Deutschland und
Großbritannien den Atomdeal mit dem Iran 2015 mit ausgehandelt haben.
Soll der Druck auf Iran erhöht werden?
Außerdem deutet vieles deutet darauf hin, dass die USA mit der Veranstaltung gezielt
den Druck auf den Iran erhöhen wollen. So hatte es der US-Fernsehsender „Fox
News“ dargestellt, der als erster über die Konferenz informierte. Renata Kim von der
regierungskritischen Zeitschrift „Newsweek Polska“:
„Das polnische Außenministerium stellt sich hier in die Dienste der US-amerikanischen
und der israelischen Politik. Und das, obwohl Polen bisher relativ gute Beziehungen
zum Iran gepflegt hat. Die Konferenz in diesem Format bietet keine Chance dafür,
mehr Frieden im Nahen Osten zu schaffen.“
Mit ihrer Kritik ist die Journalistin nicht alleine. Der ehemalige Außenminister
Radoslław Sikorski von der rechtsliberalen Oppositionspartei „Bürgerplattform“ ging
noch weiter. Er warf der Regierung vor, sich mit der Ausrichtung der Konferenz illoyal
gegenüber den EU-Partnern zu verhalten. Schließlich hatte auch Polen der EU-
Position zugestimmt, am Atomabkommen festzuhalten.
US-Rüstungsgüter für Polen
Eine Verständigung in Warschau ist auch deshalb unwahrscheinlich, weil die
Teilnehmer mit ganz unterschiedlichen Delegationen anreisen. Aus den USA kommen
Vize-Präsident Mike Pence und Außenminister Mike Pompeo. Der israelische
Ministerpräsident Benjamin Netanjahu hat sich angekündigt. Großbritannien und
Italien werden von den Außenministern vertreten sein, Deutschland und Frankreich
dagegen nur von Staatssekretären.
Michal Baranowski vom „German Marshall Fund“:
„Wir sehen hier, dass Europa auch im Inneren gespalten ist. Und nicht nur zwischen
Ost und West. Das ist auch für unsere Europäische Gemeinschaft unangenehm.“
Zumindest ein konkretes Ergebnis des hohen Besuchs aus Washington steht fest:
Polen und die USA werden heute eine weiteres Rüstungsgeschäft besiegeln.
Warschau kauft US-Mehrfachraketenwerfer vom Typ „Himars“. Umfang des
Geschäfts: 400 Millionen US-Dollar. Die Verantwortlichen in Warschau hoffen
außerdem, dass sie durch die Konferenz ihrem Ziel näher kommen: eine ständige
Militärpräsenz der USA auf ihrem Staatsgebiet.
September 2019

Der Iran bricht das Atomabkommen stückchenweise. Am Wochenende hat der Leiter der
iranischen Atombehörde angekündigt, man werde 40 hochmoderne Zentrifugen in Betrieb
nehmen. Schon zuvor hatte sich der Iran von der im Abkommen von 2015 festgelegten
Obergrenze von 3,67 Prozent Anreicherung verabschiedet. Eine neue Obergrenze nennt
die Regierung in Teheran nicht. Ob man demnächst die kritische Schwelle von 20 Prozent
erreichen wolle, darüber schweigt die Teheraner Regierung. Ab 90 Prozent könnte das
Land Atombomben herstellen.

Die iranische Ankündigung hat zwei Adressaten: erstens US-Präsident Donald Trump, der
das Abkommen 2018 einseitig aufkündigte, also brach – seither fährt der Iran die
Reaktoren hoch. Und zweitens die europäischen Vertragsstaaten, die versuchen, das
Abkommen zu retten. Den Graben zwischen beiden Seiten versucht die iranische
Regierung für ihre Zwecke zu nutzen.

Sie führt dem US-Präsidenten vor, dass man sich von der amerikanischen "Politik des
maximalen Drucks" nicht beeindrucken lässt. Weder gibt der Iran sein Atomprogramm
auf, noch erklärt sich das Land bereit zu Verhandlungen ohne Vorbedingungen, wie Trump
es sich wünscht. Beim G7-Gipfel in Biarritz hatte es kurzzeitig so ausgesehen, als würde
Trump auf Vermittlung des französischen Präsidenten Emmanuel Macron mit seinem
iranischen Amtskollegen sprechen können. Doch seither hat sich nichts getan.

So viel steht fest: Trump hat den Revolutionsgarden in Teheran mit dem Bruch des
Abkommens den Weg zur Atombombe wieder geöffnet. Das Land kann nun stets neue
Bedingungen stellen, es bricht Stück für Stück aus dem Abkommen aus, ohne dass die
Amerikaner oder irgendwer anders dies stoppen können. Auch nicht die oberschlauen
Saudis und Israelis, die Trump einst zum Bruch des Abkommens rieten. Die letzte
Notbremse wäre der große Krieg gegen den Iran, den aber keiner führen will. Die
Teheraner Revolutionsgardisten sind die Hauptprofiteure der Entscheidung Trumps, das
Abkommen zu brechen: Er hat ihnen den Anlass geliefert, ihr Atomprogramm wieder
anzufahren. Der Altmeister der Strategie, der französische Außenminister Talleyrand,
hätte hier geseufzt: "Es ist schlimmer als ein Verbrechen, es ist eine Dummheit!"

Für die Europäer, vor allem für die drei Vertragspartner des Abkommens, Deutschland,
Frankreich und Großbritannien, rückt der Moment der Entscheidung näher. Die Regierung
in Teheran übt mit der Ankündigung, die 40 Zentrifugen wieder anzufahren, direkten
Druck auf sie aus und bringt die E3 in eine Zwangslage: Denn die Iraner fordern einen
milliardenschweren Ausgleich für die harschen US-Sanktionen. Den aber können die
Europäer unmöglich leisten, wenn sie nicht selbst Ziel von US-Sanktionen werden wollen.
Deshalb versuchen sie, einen Teil des Handels mit dem Iran zu erhalten.
Das Mittel dafür ist eine Zahlungsagentur namens Instex mit Sitz in Paris und einem
deutschen Chef. Die europäische Agentur ist weitgehend arbeitsfähig, nur die Iraner
haben das notwendige Pendant noch nicht eingerichtet.

Die Europäer müssen Instex und sein iranisches Gegenüber jetzt endlich an den Start
führen. Zugleich aber sollten sie dem Iran klarmachen, dass eine Anreicherung von Uran
auf 20 Prozent oder mehr die Lage für sie komplett ändern würde. Wenn der Iran die Zeit
zum Bau einer Atombombe erheblich verkürzt, sollten auch die Europäer Sanktionen
verhängen.

https://www.zeit.de/politik/ausland/2019-09/atomabkommen-iran-usa-donald-trump-
hassan-ruhani-emmanuel-macron-verhandlungen

https://www.nzz.ch/international/abkommen-mit-iran-die-wichtigsten-etappen-des-
atom-deals-ld.137279

https://www.spiegel.de/politik/ausland/hassan-rohani-fordert-stopp-der-sanktionen-vor-
gespraechen-mit-den-usa-a-1288650.html

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