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LOOK
M o r g e n b l a t t

f « r

gebildete Stände.

. . .

Zwei und zwanzigster Jahrgang.

I s n u a t.

Wenn Geist mit Muth ihr einet, u«d wenn in euch


DeS Schweren Reiz nie schlummernde Funken nährt,
Dann werden selbst der Apollonia
Listigste Priester euch nicht verkennen.
K l o p st v ck.

Stuttgart und Tübingen,


' M . B e r l a g der I. G. C o t t a ' s ch c n Buchhandlung.

2 8 2
^as „Morgenblatt für gebildVte.Stände« enchSlt soigmde «rNkrl: / , '
I. Schone Literatur. Uebersicht des Znstaudes derselben in Deutschland, Frankreich, Großbritannien,
Kleine 'Aussätze über schöne Wissenschaften überhaupt. — Kurze beürtheileitbe" Anzeigen der neuesten dellettistiilche«
Schriften, der Romme, Schauspiele, MM«nache> Gedichte. — Gedrängte Auszüge aus seltenen interessanten Werken.
— Revision einzelner Reccnsionen aus den besten kritischen Blättern. — Rackricht vom Zustande der ausländische»
schönen Literatur, besonders der Französischen, Englischen, Italienischen, Holländischen, u^, — Uebersetzungen als Probe».
II. Kunst. Kurze Slbhgndluugen über Gegenstände der Kuuff. — Beurtheilung yeuer Schriften: Malere«, BtH-

sante topographische Schilderungen.


IV. Biographische Skizzen, einzelne Züge aus dem Leben interessanter Menschen. — Beiträge zur Bildungs-
Geschichte vorzüglicher Schriftsteller, Künstler. — Ungedxuckte Briefe nach der Original - Hanbschrift. — Anzeige» pgg .
den gegenwärtigen Beschäftigungen der Gelehrten, ihren Reise» «. - «>
V. Kleine Reisebeschreibnugen. Auszüge aus interessanten größer» Werken dieser Art; kleinere Ortginak!
Aufsätze. , , , > , , , , . ^ , , ,l. ',
VI. Gedichte. Oden, Lieber, Idyllen, kleine Balladen, Romanzen, Fabeln, Epigramme. — Proben aus grös
sern ausländische» und deutschen Gedichte«! ' , . , ,^ ! . x ,< ,
MiszeNen. Anekdoten. Satprische Aufsätze. Kleine leichte Erzählungen in Pros« und Verft^;
Charäden und bergleichen. ^ > s ,
VNI. Besondere Beilagen enthalten die Uebersicht der Literatur.
Alle Tage, mit Ausnahme des Sonntags, erscheint ei» Blatt. I» besondern Intelligenz-Blättern werden gelehrte
so wie andre Anzeige» bekannt gemacht.
JederMonat erhält ein Titelblatt, mit allgemeiner Inhalts - Anzeige.

In wie weit obiger Plan eine Ausdehnung erhalte« hat, zeigt Wende Anzeige:
Seit einer Reihe von Jahren sind im „Morgenblatt" Aufsätze und Nachrichten über Gegenstände der bildenden
Künste geliefert' worden. Zur besseren Uebersicht für Kunstfreunde wurde später eine eigene Beylage unter dem Na
men des „Kunstblatts" für diesen Zweck bestimmt, die jedoch in ungleichen Fristen erschien , je nachdem Stoff
und Auswahl zu Gebote stand. > , . i
DK Liebe zur Kunst hat sich in den letzten Deeennien, trstz Kriegen und politischen Umwälzungen, mehr und
mehr ausgebrettet und gesteigert; jetzt, nach eingetretenem Frieden, zeigen sich davon bedeutende Wirkungen, und las
sen den erfreulichsten Fortgang hoffem ., . ? . , '>
Daher wird eine Zeitschrift, welche Nachrichten und Beurtheilungen von allen merkwürdigen Erscheinungen im Ge
biete der bildenden Kunst gäbe, zum fühlbaren Bedürfnis,, und die unterzeichnete Verlagshandlung wird auf Beyfall
rechnen dürfen, wenn sie unternimmt, das „Kunstblatt" in solcher Ausdehnung und Regelmäßigkeit erscheinen zn
lassen, daß es, diesem Bedürfniß entsprechend, den Lesern des „Morgenblatts" eine bedeutende und interessante Zu
gabe sey , für Künstler und Kunstfreunde aber auch abgesondert eine selbstständige Zeitschrift bilde.
Man wird zu dem Ende sich bestreben, zunächst in zwey, wöchentlich erscheinenden Blättern so viel möglich voll
ständige Nachrichten über das Merkwürdigste zu ertheilen, was in Deutschland und den übrigen Ländern in allen Thei-
len der Kunst, in der Malere» und den ihr verwandten Zweigen, dann in der Bildnere» und Architektur sich ereignet,
Beurtheilungen von Kunstwerken und Abhandlungen über allgemeine Kunstgegenstände zu liesern , und Beyträge zur
Geschichte der ältern und neuern Kunst zn sammeln. Hiermit sollen Auszüge aus älter« und ncuern die Kunst betref
fenden Werken, so wie eine Uebersicht der iieuesten artistiscken Literatur und Beurtheilungen der bedeutendsten
Schriften dieses F«chs verbunden werden. Auch wird man darauf bedacht sevn, das Blatt mit Umrissen in Kupferstich
«der Steindrnck befriedigend auszustatten. , :, ,"„ - .,,>' . , i ^v ö?^
Die Red,Mon hat Hr. Dr. Schorn, Verfasser der Schrift über die Studien der griechischen Künstler, übernomme». ,
Wir stellen nun an alle Freunde und Kenner der Kunst die Bitte , unser Unternehmen durch Bevträge an Origi
nal - Aufsätzen und Nachrichten kräftigst zu unterstützen. Besonders ersuchen wir auch Künstler , u»S von ihren eige
nen, oder den in ihrer Nähe entstehenden Kunstwerken Notizen einzusenden, damit die Uebersicht möglichst vollständig
werde. In allen Beziehungen wird man stets den Gnmdsah strenger Unvarthevlichkeit befolgen, und wir klaube» >
deßhalb die bereits in den bedeutendsten kritischen Zeitschriften angenommene Regel, alle Beurtheilungen mit' >
Namcnsunterschrift oder anerkannter Chiffre^« versehen, auch für unser Blatt feststellen
zu müssen. Dieft wird, die Redaktion vor jedem Verdacht ungegründeten oder ungemessenen Lobes ober Tade»
schützen, und dazu be»tragen, unsrer Zeitschrift den edlen und anständigen Ton zn erhalten, welcher überall vor dem
Publikum, und besonders, wo von den höchsten Fähigkeiten und Gütern des menschlichen Geistes die Rede ist, beobacht«
werden sollte. , , .
So wie nach obie.er Anzeige der bisher für das „K ui, st - B l a tt" bestimmte Raum nicht zureicht, wenn für dieses so
interessante Fach dasjenige geleistet werden soll, was das gebildete Publikum davon erwarten kann, eben so ist es
der Fall mit dem „Literatur-Blatt." — Der bisher ihm gewidmete Raum ist zu beengt. — Wir sehen uns daher
6^3

genithigt, auch diesem „Morg enblattS" eine größere Ausdehnung ju geben, um unsere Leser mit den „„„.
sie» Erscheinungen der ,dle, °hne zu den strengwissenschastliche» zu gehören, von allgen.einen^Jmeresse sind,'
bekannt machen zu können.
Diese gedoppelte Ausdehnung , zn der wir genöthigt sind, wenn wir wirklich den für Gründung des ..Morgen-
blattS- beabsichtigten Zweck vollkommen erreichen wollen, erheischt natürlich auch größere, bedeutende Äusla«», und
wenn wir gleich durch das ^pfer, daö wir bisher durch die, diesem Zweig bestimmten Bevlagcn brachten, bi„>,n,ailch
zeigten, daß wir zu ledem neuen möglichst bereit sind, so können wir dieses de» der Vermehrung von I ^ s wochent-
lichen Pevlagcn damit nur beweisen, daß wir bloS auf die Hälfte dessen, was wir nach dem bisherigen Preis des „Mor
genblatts." dafür fordern könnten, Anspruch machen, und für diese Ausdehnung mit dem kleinen 'Aufschlag von
s fl. oder z Rthlr. » Gr. für's Halblahr uns begnügen.
Sollten Künstler und Kunstfreunde doS.. Kunst-Blatt" einzeln halten «ollen, so wird du...
gang für ; g. erlassen. Das Gleiche gilt für einzelne Bestellungen des „Literatur-Blatts.-
Für diejemgen Liebhaber aber, welche beyde, das „Kunst-« und Literatur-Blatt", miteinander zu haben wün
scheu , kostet der halbe Jahrgang nur s fl.

Der Halde Jahrgang des Morgenblatts-, mit Sinfchluß des Literatur-« uud «Kunst-Blatts, »urde
also kosten ......
Der hawr Jahrgang des „Literatur-" und „Kunst-Blatts"
.Kunst-Blatts" j« fl.
Der halbe Jahrgang von jedem dieser Blätter einzeln, nämlich daS ohne
„ L i tdas
e r a„Morgeu'bl'at't
t ur- Bl a tt " z fl.
- das „Kunst-Blatt^ z fl.
Für diesen Preis kann, nach Uebereinkunfr mit dem Libl. Haupt-Postamt in Stuttgart, das „M orgenblstt"
in Würtegtdeez^ Bayern, Franken, am Rhei», Sachse» und m der Schweiz durch alle Postämter bezogen werde«.
I. G. Cotta'sche Buchhandlung,

« h

lDie Zahl zeigt die Nummer des Blatte« an.) '


k d i ch t e. «u« Jean Paul« Nachlaß. 5. IS. lg. 2g.
Visio» «m Jahresschluß 1827,
t827, »°n
von <S.
S. Schwab. Nro. 1I. Norvamcvikanische
Rordaincrikanische Altcnbüincr.
.. «.
Rikanders Runen. Z. Ig. Der Tod de« Kardinal« Mazarin. 1Z. 16.
Waldtraum , von Schöll. S. , Sab« dc« A,,,zc«bliirs, von Mdnuich. 22, 27»
Gedichte von S. Zimmermann. 12. lö. ZZ» Keigh Hunt über Kord, Byron. ZZ. 24.
An« Zachar. Wer»«« Nachlaß. 16.
Seeschlacht von Navaria. Zt. . ' K 0 r r e s p o » d e n z.
Niobe. No» E. Waiblingn. ZK. Pari«. 1. 2. 1«. Ii: 12. 1Z. 1«. 17. 1». 19. 21. 22. 25.
Rätbsel. To.d. 5. - Eyarade«. Zeitschriften. II. Donau. 24. 25. - Rom. l. 2. 9. I«. SS. - Berlin. Z.'6. 7. 8.
17. — Lvgogryph. Renn». Jenner. 2Z. - London, z. 4. 5. - Wien. 4. 5. 7. ». U. - Dresden.
Erzählungen und Romane. 12. IZ. - Hannover. 14. - Lausanne. 15. 16. — News
Yv«. 17. IS. - MNnchen. IS. SO. 2Z. 24. 25. 2«. -
Die vi« Norweger , ,»» H. Steffens. Erstes Bruchstück. Z. Edinburgh. 21. 22. - Senf. 27.
4. 5. 7. S, H. 1«. II. 52.
Die Braut e«» Venedig. Von Hermes. IS. l«. 17. 18.
A u n st , B l a t t.
^,.'?zK?F';^",7^ S««t- Der «ötterftat in de. Glycin München. Sin S.spr.«H.
Länder,
^. und Völkerkunde. . , Nr». 2. 1 '
d«stdi«s«e» VolkscharaNerS. 21. 22. 2Z. Der Göttersaal ,c. ,c. (Forts.) - Pari«.
. ' ' -. , «». Z.
Ä ' <, Heise n. Der Göttersaal :c. ,c. (Forts.) - Goethe als Kupferstecher,
Ausflug »« Doris, m die Normandie , von Depping. Z von K. Büchner.
S. 6. 7^Az>. 2j. 25. 2«. 27. 27. . , ^/ ^ - > , , Nro.
«iro. 4.
z. i.
«««Hardt ««« Vas.l. 1 l. 1 , Söttersaal :c. ,e. (Beschluß.) - Wasserleitung von Segovia.
^5. ««.«^Iksti.'-i,''.' ' " - - Nene Knnstfachen. - Grabschrift de« Hugo van der
N N « .» x z e! sr chek k-ch .t 1« i ch e^ «.
. ' Goes.
Uev« die <MMS>e des, Paradieses, ,0« Antenrieth. 15. «, Nro. S.
IS. 16. ?7?s8^1g. 20. 21. Goets'e al« Kupferstecher. (Forts.) - Kunstausstellung in
Brüssel. (Forts.)
Aufsätze gemischte» Inhalts. Nro. 6.
Zum NeuM KZS. 1. ,< , Di« des Mittelalters im Gegensätz gegen die Bau-
«rieft Slei»S « Slrchenhvlj. 2. 9. 11. IZ. 14. 17. 19.2«. .,. ^>,,,».>„,^>» vsrgrn,«? gegcn vir Van:
kunff^d» Alten, lte» . von Trahntorff.
Hr^Knd«,^ - — Kunstausstellung
»„«««„«o.ik,,«^ in!«
Türkisch« Art «d Weift. Z. S. Brüssel. (Forts.) - ^ Goethe alS Kupferstecher. (Beschluß.)
^ Neu« Kunstsachen. den.
8!l>!ll, c>ä»Iel» II Oklello S! K»br!ns
Nr». 7.
Knnstausstellung in Brüssel. (Beschluß.) - Die Baukunst des
Mittelalters c. von Trahndorss. (Forts.) — Nachricht über Nro. 5.
eine» gänzlin, »»bekannten Künstler mit seine!» Mono: Italienische Literatur. (Bechluü.^ — Kleine S.i'vif-
«en. historische«, politische» und iiiriflisch.-» JnhaltS. Boq
qramm. — Petersburg. — Stockholm.
Nro. ». - vr. L. ». Drcsch,
Die Baukunst des Mittelalters ic. von Tral'«dorff. (BcscKlusi.) Nro, «.
— Nene Kupferstiche. — Auch ein Wort über de» Ltzrische Dichtkunst. Lv ische Gedichte, «on ?. Nenffev,
Kelch und die Schlange des Apostels Johannes, — ZXom, — Gedichte von Just. Kcrner. — Pl, ilo sop >, ie, Kleine
Nro. ö. Schriften von Kajetan Wewer, — Dichtungen von I,
Der rasende Roland; rechtfertigende Erklärung der Fresko G. Scidl.
malerei eines Salles im Eastiio der Villa Masssmi in Rom, Nro. 7.
von Julius Schnorr, — Ausstellung der von de» franzbsi>Geschichte. Sntsielmnasqeschichtc der nrcnsiadnmien Bünde
scheu Peiistonärs in Nom »ach Paris eingesandte» Werke, — im Mittelalter und in der neuer» Zeit. Bon De Fr,
London, im Dez. t8S7. ^ Anzeige. Kortüm. — Geographie. Geograplüc für Gvmnaneii ,
Mittelschulen und Privatunterricht, ven T>i. F. Dittcnbcr:
Lircratur-Blatt. gcr. — Spstemalische Bildergallerie zur allgemeine» Real-
Nro. ,. ^ Enn?«opqdi«.
Astronomie, lieber die Doppclsterne , von Struve, -, Nro. «,
Lehrbuch der Literaturgefchichtc, von vr. L. Wachlcr. Kinde rschr iftc», 1) Waizcnkbrncr . gestreut in Znuge
Nro. S. zcrzen, vcn Dr. H. Dittmar. S) Die kleinen Bcarner.
A st r o n o m i e. (Schlufl.) — Gedichte von Fr. Hang, de>n Franz. von Mad, Dclafat«, — GescNiK, te.
niseence» ä'li«r«ce W«IpoI«. — Biograpl'ik.
Literarische Notiz.
' i> ! . Nro. Z. Nro. !>.
Dramatische Literatur. Dido , von A. Scholl, — Ue« Volksschriftei,. t) Hebels Scha»kästlcin, 2) Sin Aolks-
der allgemeine Ortl'eqraplne. — Der Koran und die Oö< l'üchlei». — ?tcugricchifche Literatur. — Panc-
mancn im Jal'r 1826. gvriscke Dichtkunst. L, v. Beethovens Tod, voi,
Nro. I. Fr. Sl, Kann??
Italienische Literatur. 1 k>ro»°5,i «?oii

°—,

Anzeigen.

s?zZ Bey Th. Chr. Fr'. Euslin in Berlin ist er Geschichte der Europäischen Staaten
schienen : seit dem Friede« von Wen, 141- Bd. oder bistori,
sches Taschenhuch, lir Jahrgang, von Fiiedr.
Geschichte Napoleon Vonaparte's Buchholz, enthaltend die Begebenheiten des
von Friedrich Buchholz, in drcy Bänden, ir Bd. Jahrs 1825, g.b. 2 Nthlr. od. Z fl. Z5 kr.
die Geschichte der franz. Revolution enthaltend. Die früher» Pcnde befinden sich in den Händen jedes
2 Rkhlr. !6 Gr. oder 4 fl. 48 kr. gebilketen Geschichtsfreui',dcS, und so ivird glich diese in
Indem ich dieses Werk anzeige, denke ich hinzufügen teressante ffvrtseznng willkommen senn.
zu dürfen , das? der Herr Bertasser mit Niemand wettei f7ZZ Vey mir ist erschienen und in alle» Buchhandlun
fert, der sich in derselben Laufdahn bewegt. Der Inhalt
des ganzen ersten TbeilS bewcißt, daß es ihm bloS dar gen des In - und Auslandes zu Erhalten:
auf ankommt, die suecessiven Erscheinungen der französi Allgemeines Handwörterbuch,
schen Umwälzung bis znm ziveirni Pariser Friedensschluß
in ihrem nan'n'lichcn Zusammenhange, d. h. in ihrer be dev philosopkschcn Wissenschsfren ncbst ihrer Lite«
dingten Notlnrendigkeit darzulegen. Ohne zu loben oder ratur mid Geschichte, Nach dem heutigen Stand,
zu tadeln , hofft er durch die Entwickelung der großen punkte der Wissenschaft bearbeitet und herausge
Thatsaci«« unserer Zeit das Gebiet der gesellschaftlichen geben von Wilhelm Trc«zelr Krug. In 4 Bdn.
Wissenschaft wesentlich zu erweitern, ein Kiel, wonach ister u. 2rcrBd. A — M. <?r. 8. 48 und
die lHefchichtsebrcibnng ausschließend streben sollte. Wie
wenig das qleichartigr Werk Walter Scotts den gros Boa/n ans gi,<cm Druckpr. Subseiipt.-Prcis des
sen Erwartnngeu entsprochen hat, die man vor seiner Er Bandes 2 Tblr.
scheinung von ihm Keate, haben, außer der öffentlichen Einstweilen dauert der SubKriptionSprcis fort, später
Stimme, anch die kritischen Institute aller Länder ausge tritt aber ein bedcur. nd erhöhter Ladenpreis ein.! Der dritte
sprochen > eo ist zu boffeu, daß »m so mehr der Wer.h »>',d vierte Band dieeS Werks werden im Laufe des nächsten
des hier angezeigte» Werkes werde erkannt werden.
Tvr zweite Band ist unter der Presse und erscheint Jahres erscheinen.
Leipzig, den töten Dezember l«Z7.
zuverlässig zur nächsten ^stermesse, der dritte und lezre F. A. Brockho'.is.
wird ihm ungesäumt folgen.
n°. 1.

o r g e n b l a t

für

gebildete Stände.

Dienstag, i. Januar i 8 2 s.

Die Hoffnung aller Welt und meine.


Die jedem Jal'r entgegenront.
Ob endlich einmal das erscheine.
Von welchem scy das Werk gckrö nt.
Ob endlich das seu angebrochen,
Von welchem uns erfüllet fty.
Was von de» vor'gcn ward versprochen?
Wenn du das bist, so sag' miri frey.
Rückert.

B r s i o „. Kaum erhöhet, räumt er


Den ersten Platz.
Am Jahresschluß 1827. Erschrocken schcn's.
Won Gustav Schwab Denn sie liebten ihn, die Menschen:
Doch bev der Wellen TriumpKlied,
Vorbereitet Die sei» Eiland umschlinge«.
Sind die Geschicke der Welt. Wandelt hinauf er zu Gott.
In allen Jonen drängt sich aus dem Boden
Die Saat hervor.
Decket mit ihrem Sammte Vor des Höchsten TKrone
Die Erd', als einem Festgewand, Wirft er sich nieder und spricht :
Und harrt des befruchtenden Donners. ..Begonnen ist, 0 Herr, dein Werk!
Die in der Völker irrenden Händen
Wen in den zögernden Himmel Lange geschwankt.
Sendet die Erde hinauf Gefaßt bab' ich die Fackel
Snm Vater In nie ine Hand,
Mit dem Flehe» der Völker,
Habe sie hoch geKoben in die Lnft.
Daß ihm gefalle zn lenken Sic zündet! riefen die Thoren,
Seiner Allwissenheit StraKl
Aber sie leuchtete nur.
Auf des Menschengeschlechts arbeitende Flur,
Und zu senden schaffende Allmacht?
Ein Sämann ging ich aus
Einer aus seines Königes Rath In ihrem Scheine,
Steht auf. Warf in langdurchwühllen.
')V«> Beginn dieses Jobrqangs Kaden wir die Freude unsere Lockeren Boden
Leser benachrichtigen zu können, daß der Dichter, der denselben Körner des Heils.
eröffnet. Herr Professor G. Schwab, der Redaktion seine be: Sprießen sollte sie
Andere Mitwirkung zugesagt und namentlich das Fach der Dcn Geschlcchtcrn dcr Erde allcn,
Poe,,e übernommen hat. Die Red. Deiner Freyheit köstliche Frucht.
2
Frey im geselligen Tausch Aber lange durchläuft sei» Blick
Mögen die Schätze des Erdballs Die entrollten Lande,
Rollen von Lande zu Land ; Denn mehr als Eins
Frey wandle das vernünftige Wort, Ist, was ihn kümmert.'
Frey glühe der fromme Glaube Nach dem Norden schaut er.
In jeder Menschenbrust; Wo das riesige Land
Frey diene der Bürger dem Gesetz, Bewaffnete gebiert, wie Drachensaat.
Jede Fessel falle, Doch aus der Zaare Pallast
Won der neuen Welt jungbraufenden Strömen Tönt ihm entgegen
Bis zu des Curotas versiegender Flut. Der Selbstverläugnung
Nicht geraubt, wie der Titanenfohu, Lautrer, Frieden bethcuernder Schwur.
Hab' ich dein Licht; Weiter,
Auf dein eigen Geheiß Nach der heimischen Insel
Hielt ich's den Völkern vor. Schweift sein sorgliches Aug'.
Und der Erde besorgte, Aber am Ruder dort
Zweifelnde Herrscher Sieht er sein eig'nes
Haben mir, trauend, Gnade genickt, Herrliches Schattenbild
Haben gefüget die mächtigen Hönde Immer die Straße noch weisend stehn.
In dreyfaltigem, heiligem, Und den Steuermann ihm gehorchen.
Frevheitspcndendem Bund.
Und hinüber zur Seine
Und jetzo fleh' ich: Flieget der Blick.
Laß nicht umsonst seyn Siehe! welch Wunder'
Deiner Crdensöhne Thun. Gestaltet sich dort?
Was die Höchsten wollen. Im Lande des Bluts, im Lande des Aufruhrs,
Was die Niedrigsten hoffen. Friedlich, in des Gesetzes Schatten,
Was meines Lebens Licht verzehrt hat. Unter der cinverstand'neu Menge
Schaff es, du ewiges Licht!" Wirkendem Flüstern ,
Bildet die Volkögcmcinde sich um.
Und die Krone glänzt,
Und nieder zu des Thrones Stufen Und die Freyhcit wird
Winkte der Allmächtige Unverdunkelt,
Den harrenden Geist; Wie in Albion, unter ihr leuchten.
Und eingewiegt ward er Und auch anderswo strahlt's;
Vom tiefen, träumelosen Schlaf Der Einigkeit Geist
Der Ewigkeit. Kehrt seg'nend ein
Bis daß die geit gekommen war, In gespaltuen Gauen.
Da berührte der Herr Aölle sinken.
Des Unsterblichen Haupt, Und der Welt zum Beyspicl
Und der fernen Erde Getümmel Oeffnen weise Fürsten
Der freyen Völker tauschenden Markt.
Sog herauf in Aug' und Ohr,
Und ihn weckt' ein schmetternder Donner. Aber fern im Süden
Sieht er die Lande dunkel,
Und im Schlummer halb Oder geröthet
Mief der selige Geist : Von der Iwietracht Brand und
„Ich höre meiner Herren Schiffe!« Nur an der fremden
Und nieder staunet er, erwacht. Heißesten Küste
Er schaut die griechische Bucht, Hält die Gerechtigkeit Wacht,
Und der berstenden Kiele Qualm. Und es bebt der Raubstaat
Eines Welttheils Jubel Vor alter Jahrhunderte
Dröhnt durch sein wunderbar fassendes Ohr. Plötzlich reifendem Plan. .,
3
Sinnend blickt Jener hinab. tur nur wenige Namen zu lesen sevn; zwar wurden in
Da verschwindet das Gesichte vor ihm. Kirchen und Kapellen, in Blättern und Blättchen zu man
Und die Erde chem Festtag die Glocken gezogen, aber die Hymnen, von
Mit ihrem Lärm und Glanz heisern Stimmen gesungen, verklangen, der Kapellen und
Sinkt hinab m die «olkige Tiefe. Meynungen sind zu viele , und des andächtigen Te Dc»m
Doch im durchstrahlten Gemüthe spottete dicht daneben der Lärm des Alltagsgeschäfts. — Wir
Lebt der Glaube on's Licht, freuen uns der Umwandlung, die sich in der französischen
Und unt dem Danke der Menschheit Literatur vorbereitet, und sind stolz darauf, das der Fran
Wirst der seelige Geist zose, der immer blos uns lieh, auch einmal etwas uns,
Schweigend sich nieder am Throne des Herrn. und zwar Geist abborgen will, lacken auch mitunter, wenn
er auf dem romanttfchen Pferde nicht besser sizt als Gotsched
auf dem klassische». Ist eS aber doch, als gäbe der Um
Und der Sänger erzählt. stund, daß bey den Franzosen einmal das Nachahmen Mode
Was er träumend gesehn. geworden ist, auch unserm alten, längst bejammerten Natio-
Wenn in den Himmel nalfchler neue Nahrung, ist es doch, als ob wir unsrrn
Sich verlieren darf seine Seele. neuen Hang, auch in dem nachzuahmen , was «och am mei
Lächelnd »ernimmt es. sten uns eigenthümlich war, in der Literatur, dadurch, daß
Ungläubig die Menge; auch sie, die wir so oft nachahmten, nachzuahmen anfangen,
Sie schauet nur den Keim, durch Autorität gerechtfertigt hielten. Kur, , die sog,c
Den niedrig sprossenden ; nannte schöne Literatur ist Modewaare geworden, und
Gleichgültig wandelt sie theilt das Schicksal dieser Maare; ein fremdes Dessein hat
Ueber den schwarzen Kern, vorzügliches Glück geniacht, und nun arbeiten hundert
Den die Hoffnung dem Boden vertraut. und aber hundert deutsche Webestühle ihm nach ; aber die
Dem Dichter aber ist's gegeben. Kopie ist schief, der Faden ist ungleich, die Farbe schmutzig
Schon offen zu schau'n und nicht dauerhaft. Und sonderbar! während die Franzo
Im Kern und im Keim, sen darüber her sind , die geradlinigten Beete ihrer Apo
Die dereinst erscheint. thekergärten umzubrechen, um einmal auch kräftigere, wilde
Die Frucht und die duftende Blume. Kräuter zu kosten, greift der Deutsche nach der Hcckenschcrre
und schneidet in die lebendigen Hecken Ritter- nndanmu»
thige Frauenbilder, die geradeso viel Charakter und Wahr
Zum Neujahr 1828. heit haben, als Taruostatuen haben können. — Politische
Bekanntlich hat es in Deutschland wie überall nicht Stürme reinigen manche Atmosphäre, säubern manchen
viel auf sich, wenn man sich über Literatur im Allgemei Horizont; könnte nun nicht das Gewitter, das im Osten
nen tadelnd ausspricht. Der Konvent des revolutionären, aufzieht — und östliche Gewitter gelten bev uns für die
gelehrten Deutschlands besteht so ziemlich aus so vielen Mit schwersten — wenigstens dazubevtragen, daß der literarische
gliedern, als die Republik Bürger zählt, und so viel auch Wind einmal ans einer andern Ecke bliese? denn, wenn gleich
die armen Girondisten von Staatshaushalt und Verfassung kein Hagelwetter der Censur droht, —frevlich hagelt es blos
sprechen und träumen mögen, die Jakobiner und die Anar bey Tag, nie bev Nacht — so wäre doch die Hoffnung, daß
chie siegen. Der Tadel beleidigt daher wenigstens keine der Wolkcnbrnch dieses Gewitters eine schöne Saat auf dem
Regierung, und die einzelnen Kouventsglieder bezie dürren Felde der Literatur wecken werde, gerade so vernünf
he» keine Ironie noch Grobheit, fo lange sie dem ganzen tig als wenn einer in den dichterischen Ergüssen, welche die
Körper gilt, auf sich , und thun recht daran; ist es doch Schlacht von Navarin veranlaßt?, die ersten Tropfen dieses
überall etwas fehr Trostreiches um die Eigenliebe. So we wohlthätigen Regens erblicken wollte.
nig ersprießlich dieser Zustand für das Heil der Nation
seyn mag, so ruft doch mancher Deutscher : der Himmel be Korrespondenz-Nachrichte n.
wahre uns vor einem Konsul und vor militärischem Des Paris. Dcccmber.
potismus; steht es aber in den Sternen geschrieben, daß Ein Londncr Blatt, IVew wünscht der Mensch
n über Deutschland kommen soll, so nehmen mir ihn ge heit Glück dazu , daß n,»i die bcydcn große» Volkes Europas,
die Engländer und die Französin, so brüderlich zusammenwirken,
duldig hin und er gelte uns als Uebergang zu einem besse und so große« Wohlwollen gegen einander bezeigen. Zu Na-
ren, rechtlichen, wenn auch fernen Instand. — Auch vom varino stckcn ihre Flotten und schießen mit vereinten Kräften
rerftossenen Jahre werden , wie von so vielen seiner Bor die Türkcnsttiiffc in den Grund dcS Meeres ; zu Paris spielen
gänger, in dem hundertjährigen Kalender deutscher Litera auf einem der Haupttl'eater englische Schauspieler, imd in
London nehmen französische Schauspieler auch eine Bühne ein.
Freylich wenn man bedenkt, wie «or zehn Jahren noch so vie! ihr Biliniß hängt Key den Bilberkrämern aus, und der NIreelcnir
Abneigung gegen einander unter den bevden großen Natio- <ies Ko«ux »rt5, Vicomtc de la Rochefoucauld hat ihr, halb
neu herrschte, wie sie sich in ihren Zeitschriften anfeindeten, und halb im Namen des Königs, zwey prächtige Porzclanvascu
wie ihre Politik gar nicht zusammenstimme» wollte, wie sie aus der königlichen Fabrik zu ScvreS zum Geschenk gemacht.
in der Literatur so manche entgcgengesezte Mcynungcn und Dem. Mars hat sich zur Frenndin und Beschützerin der jun
Ansichten liattcn , und sich über Dramatik gar nicht vercinba: gen Engländerin aufgeworfen , und man sieht bcyce zuweilen
ren konnten , so muß man erstaunen, daß jezt manches so ganz beyfammen als Zuschauerinnen in andern Theatern. Es ist
anders geworden ist. Dazu haben mehrere Umstände bcyges wahr, Gefühl, Anmuth und Schönheit sind auf eine» auffallen
tragen. Nimmer hätte ein Castlcrcagh das Zusammenwirken de Art bey dieser Schauspielerin vereint. Auch ist sie bcscheis
englischer und französischer Seemacht bewirkt, nimmer hätten den wie es der Jugend geziemt , und an den auffallenden und
unter einem solchen Minister die Sachen sich so gefügt, daß brausenden Charakter des Pariser Publikums kann sie sich so
die Franzosen sich willig der Leitung und den« Oberbefehle eis wenig gewöhnen , baß sie einmal, als sie unbändig beklatscht
nes englischen Admirals zur Erreichung eines großen und er wurde , beynahe von Sinnen kam , und nicht zu wissen seinen,
habene» Zweckes untergeben hätten. Aber ein Canning war daß ihr Spiel diese elektrische Wirkung auf den lebhafte» Sinn
im Stande eine solche merkwürdige Erscheinung einzuleiten mid der Pariser hervorgebracht hatte.
vorzubereiten. So lange als Franzosen und Engländer noch (Der Beschluß folgt.)
dem alten Schlendrian folgten , und nichts für ebenbürtig ans
sahen , als was ihrem eigenen Boden entsprossen war , konns Rom, 8. December.
tcn sie an ihrem gegenseitigen Theater keinen Geschmack fin Hier ist der Abbate Mariottini gestorben , ein Mann der
den. Allein durch den langen Frieden haben sich die bevden sich nicht minder durch seine Gelehrsamkeit als durch seine sa
Rarionen gewöhnt sich mehr um einander zu bekümmern, tyrische Lanne ausgczeichnct hat. Lczterc griff nicht allein
in der fremden Literatur etwas Neues für ihre eigene aufzu feines Gleichen an, sondern verstieg sich oft in höhere Sphäre»,
suchen , und sich die Schönheiten der Schriften ihrer Nachbarn wo ihm seine böse Zunge hätte gefährlich werden können, wenn
zuzueignen. Vey jedem dieser Volker blieb zwar eine Parthcy nicht die Verdienste des Mannes , fo wie überhaupt seine übri
sehr anselmlich, die sich allen Neuerungen in der Literatur gen guten Eigenschaften zu feinen Gunsten geredet hätten. So
hartnäckig widcrsezte, den Nationalqcschmack für den besten hat die vorige Regierung mit seltener Grogmuth keine» der
erklärte und einen gewissen Typus als Muster aufstellen zahllosen Ausfälle, welche sich Marivttini bey jeder Gelegen
wollte, nach welchem alle geistigen Produkte gebildet werden heit gegen sie zu erlauben pflegte, geahndet, sondern ihm vicls
sollte». Diese Parthcy verfocht ihre Mcvnungen eben fo hart mehr unnnrerbeochen eine kleine Pension ausbezahlen lasse» ;
näckig als einige Söldlinge der Macht das Beybchaltcn alter e)' ist in der größten Armuth gestorben , so daß sein Gönner',
Migbränchc in den Staatscinrichtungen. Allein die cntgcgens der Kardinal Pacca , die Kosten seiner Beerdigung hat bestrei
gesczte Parthcy bat sich endlich doch Lust gemacht, und einen te» müsse». ES wird allgemein versichert , er scy oknc die
großen Thcil dcS Publikums für sich gewonnen. In Frank Sakramente zu nehmen mit Tod abgegangen , obgleich keine
reich und England hat man eingesehen , das, es außerhalb eines plötzliche Krankheit, sondern ein langjähriges chronisches Nebel
jeden dieser Heyden Länder doch auch Vortreffliches geben seinem Leben ei» Ende gemacht hat. Mariottini Kat viel und
könne, und daß die fremde Literatur wirklich manches Gute in vielen Wissenschaften geschrieben. Man sagt, unter scincn
enthalte, wovon man sich bisher nichts hatte tränmen lassen. hinterlasse»?» Papieren befinde sich unter dem Titel: I'Iwvo-
In England, wo alle Partheycn nngchinbert laut werde» dür »tur, äegl' ^ntiquiri K«»,»»! , eine heftige Schrift grgcn
fen , und wo man gewohnt ist jedweden anzuhören , auch den die hiesigen Antiquare, deren zahllose Jrrthümcr »nd unver
Beklagten , hatte man schon früher dem französischen Theater schämte Anmaßung er ohne Schonung und mit eben so viel
Aufmerksamkeit geschenkt. Talina war in London ganz nach Kenntniß als Scharfsinn aufzudecken strebt. Wie es heißt, wird
seinem Verdienste gewürdigt worden , und man hatte ihn dort der Kardinal Pacca dicse Schrift zum Drucke befördern.
auf der Bühne auf eben so ausgezeichnete Art empfangen wie Die Nachgrabungen auf dem Forum , welche sich bis jezt
in P'ris. Die Franzoscn , bei? denen Ton und Mode mehr noch auf das Thal zwischen dem Palatinns , Colins und Es-
gebieten , konnten nicht so schnell il'rc Sinnesart ändern , und quilinus nach dem Colosseo zn beschränken, dauern fort, has
ikre Abneigung gegen fremdes Theater ablegen. Die erste ben aber in Hinsicht auf Kunstwerke noch zu gar keinem Re
englische Schauspiclcrtruppe , welche in Paris erschien , wurde sultate geführt. Dagegen wird die Topographie dieses inter
schlecht aufgenommen und hatte wenig Einfluß. Dicßmal hin- essantesten Playc« des alten Renn bcy dieser Gelegenheit nicht
gegen ist der Zulauf zum englischen Theater außerordentlich, leer ansgckcn. Schon längst ist nämlich allen Fremden, wel
und obschon die Preise eben so lhcncr sind als bcy der italicni: che das Forum und die angränzendc Gegend dem Colosseo zu
sehen Oper, in deren Saal die englische Truppe jezt spielt, so mit Aufmerksamkeit uud Sachkenntnis, betrachtet haben, die
ist es doch immer voll ; die meisten Stücke haben mehrmals außerordentliche Erhöhung des Bodenö aufgefallen, welche zwi
aufgcsükrt werden müssen, so begierig war man, die Darstels schen dem Bogen des Titus und der Kirche di S. Franccska
lunacn der Hauptrellcn mit einander zn vergleichen. Aber zu Romana anhebend, sich bis in jenes TKal nach dem Colosseo zu
dieser Wirkung hatten nicht allein Shakespeare und Rowe bcy- erstreckt , und neben lcztcrcm so beträchtlich ist, daß sie mit der
qctragen, sondern auch die reizende Schauspielerin Miß Smiths Cornichc de« Erdgeschosses des Colosseo cincrley HöKe hat. Hier
so», die einen außerordentlichen Zauber über die Tragödie» ver ist jezt durch das Nachgraben ein unterirdisches Mauerwerk zn,n
breitet, in denen sie spielt. Hat sich das Pariser Publikum ein Vorschein gekommen, in welchem sich fünf Bogengänge nebst
mal in eine Schauspielerin verliebt, so ist es unbändig in ihren Ocffnunacn zeigen, welche ehemals nach Hinte» zn , näm
seinen Bcvfallsbezcignnqe» und benimmt sich mit dem Ungcs lich nach dem Tempel 6i Venere « Nom» , Weimer auf dicstr
stumm eines feurigen Liebhabers. So ging es vor zwey Jah Anhöhe erbaut worden ist , einen Ausgana gehabt zu haben
ren mit der Dem. Sontaq , so geht es Zczt mit der Miß scheinen, ob sie jezt gleich mit Schutt angefüllt sind.
Smithson ; in England hatte diese Schauspielerin »och keinen (Der Beschluß folgt.)
großen Ruf, in Paris ist sie auf einmal berühmt geworden,
und es gehört zum guten Tone Miß Smithson spielen zu sckcn ; Bey läge: LiteraturblaN Nr. i.
Verlegt von der I. G. Corra'fckcn Buchhandlung.
2.
— —

K v r g e n b l a t t

gebildete Stände.

Mittwoch, 2. Januar i 8 2 8.

Seit solch Singen uns begeistert,


Ziel,t »,,« all' der Seele Strebe«
Deiner starken Welt entgegen.
Zu deS Norden? lichtem Kreis?
Th. Körner.

Die vier Norweger. einem Verzeichnis!, und schickte einen Bedienten auf das
Aus dem neuen Novellen-C«kluS von Henrich Steffens"). Schiff, die Frauen herunterzubegleiten. Sine breite hol
landische alte Dame mit einem flachen, verdrießlichen Ge
Erstes Bruchstück. sicht trat, von dem Bedienten begleitet, auS der Kajüte.
Bev Bommelsen , vor dem großen, tief in Norwe Sie war ziemlich altmodisch gekleidet; die kleinen Augen
gen hinewschneidendenHardangesfiord sah man gegen Ende lagen bedeutungslos in dem dicken, pockennarbigen Gesicht,
Mai des Jahres izgz ein Schiff, an dessen Seite ein die stumpfe Nase war von dem großen Mund fast nach
großes Boot mit gepolstertem Sitz und acht Rudern lag ; der Srirne hinausgedrängt, und die vielen breiten Ricke
Matrosen wäre» beschäftigt, Kisten und Kasten aus dem wurden, während sie fortschritt, hin und her geworfen.
Schiffe nach dem Boote zu bringen. Auf dem Verdeck Eine junge, höchst anmuthige Dame begleitete sie. Die
erblickte man einen altlichen Mann mit einer hohen, kah schlanke Gestalt schien unsicher zu schwanken, und lehnt,
len Srirne und wenigen, schlicht herunterhängenden grauen sich an die dicke Begleiterin. Lange braune Locken sielen
Haaren. Er trug einen schwarzen Rock, bis an den Hals über die Schulter, und das schöne blasse Gesicht zeigte
zugeknöpft, und hatte das Ansehen eines katholischen Geist Spuren des tiefsten Kummers ; die großen hellen Augen
lichen. Seine Züge waren strenge , eine große stark gebo blickten zum Himmel auf, als wollten sie dort Trost und
gene Nase, lange, buschige Augenbrauen gaben ihm etwas Hülfe suchen, und die Seeleute, die gleichgültig den
Finsteres, sein Gesicht war bedeutend , nur entdeckte man Herrn und die alte Frau das Schiff verlassen sahen, dräng
einen lauernden Zug um die Augen , und die Lippen wa ten sich theilnehmend um das schöne Mädchen. Sie suchte
ren zusammengekniffen. Er ging verdrießlich auf dem sich zu fassen; indem sie frenndlich grüßte, ergriff ehrer
Werdecke auf und nieder, weil ihm die Zollbeamten viele bietig der Schiffer ihre Hand und verneigte sich tief, und
Schwierigkeiten gemacht hatten, rechnete darauf mit dem man sah es wohl , wie sehr sie der Gegenstand der Bewun
Schiffer ab, und als ihm der Bediente zurief, daß nun derung und der mitleidsvollen Theilnahme war.
Alles glücklich nach dem Boot gebracht sev , stieg auch er Die Matrosen führten erst das zitternde Mädchen
hinunter, verglich sorgfältig alle Kisten und Koffer mit und dann die Frau die Schiffsleiter hinunter, und jezt
*) Dieses neue Werk de« geistvollen Erzählers erscheint zur stieß das Boot von dem Schiffe ab, während die Seeleute
»ichsten Ostnmcssc, im Verlag der Buchhandlung Joseph den Abfahrenden den lczten Äbschiedsgruß zuriefen. Das
Mar und Kompagnie in Breslau, und wir freue» uns
b» Benbrer des Verfassers im Voraus darauf aufmerksam Boot, obgleich groß, war schwer delastet und segelte in de»
zu dürfen. Hardangesfiord hinein.
Van der Nael, ein angesehener katholischer Geistli Von Schaum umsprüzt, von den hohen Wellen hin
cher aus den Niederlanden, hatte i» Hamburg den Besitzer und her geschleudert, waren unsere Reisenden in finstere
von Rvsendal, einem Edelhof in Hardangesfiord, kennen Nacht gehüllt und rund um sie tönte mitten aus dem Ge
gelernt. Dieser hatte ihm die reizende Umgebung seiner heul des Sturmes das Krachen stürzender Baume und
Wohnung beschrieben, und wie einsam und dicht von Fel Wohnungen. Die Fischer vermochten das Boot nicht zu
sen eingeschlossen, weit von der allgemeinen Fahrstraße sie lenken ; der Sturm hatte es indessen in die Nähe von Rv
liege ; und da er zugleich erfuhr, daß der Besitzer den gan sendal und mit wunderbarem Glück zwischen die Inseln,
zen Sommer in Kopenhagen zubringen wollte, so gelang die vor dem Cdclsitz liegen, getrieben. Aber dennoch
es ihm jleicht, die, Wohnung auf einige Monate zu mie- konnten sie nirgends anlegen. Todesangst hatte die Rei
then. Van der Nael hatte Geschäfte von Wichtigkeit in senden ergriffen, als sie die Fischer selbst rathlos und ver
Norwegen, aber er wünschte persönlich so unbemerkt als zagt sahen; diese versuchten inzwischen die Hülfe der Be
möglich zn bleiben. Cr liebte die Einsamkeit, die Spra wohner herbeyzurufen und feuerten Flinten ab.
che des Landes war ihm unbekannt, und er hoffte hier ge (Die Fortsetzung folgt.)
nauer die schöne Nichte bewachen zu können, die er von
allem Umgang, wie er in einer großen Stadt nicht zu ver
meiden war, abzuhalten die gegründetste Ursache hatte.
Diese, Klara van der Nael, war die einzige Tochter ei Briefe Gleims an Archcnholz.
nes der reichsten Bankiers in Brüssel, der, wie man be
hauptete, in die Verschwörung Pichegrü's und Georges Mcmorabilien von großen Männern in Las Cases
verflochten, sich früher oft in Paris aufgehalten hatte, Geschmack sind meist unnöthig, oft lächerlich ; wenn es unS
und zulezt, da man ihn verfolgte, plötzlich flüchtig gewor wenig kümmert, zu erfahren, daß Heroen der Geschichte
den war. Sein großes Vermögen war in Beschlag genom oder der Wissenschaft geschrieben und gehandelt haben, wie
men worden, doch wollte man wissen, daß er den größ jeder von uns im betreffenden Falle schreibt und handelt,
ten Theil zu retten gewußt habe. Seine Frau, eine Dä so ist cö dagegen sehr interessant und belehrend, die auf
nin' von Geburt, in den Rheingegenden erzogen, war, geklärtesten, wenn auch nicht größten Männer einer Na
als sie das Unglück, welches im drohte, erfuhr, ohne es tion , die einem Zeitalter angehören , das dazwischenlie
vorher auch nur gcahnct zu haben, in tiefe Schwermuth ge gende Jahrhunderte oder ein jäher Umsturz der Dinge dem
sunken, und der geistliche Verwandte, der nächste, nach unsrigen unähnlich machen , ihre Zeitereignisse ungezwun
dem der Vater verschwunden war, fand es nöthig, sie in gen besprachen zu hören, und bey ihrer Furcht und ihrer
ein Kloster einzusperren , und die Sorge für die hinter- Hoffnung bald wehmüthig, bald freudig zulächeln, oder
lassene Tochter sich gerichtlich übertragen zu lassen. uns ihres Scharfsinns zu freuen. Mitteilungen der Art
Es war schon spät nach Mittag. Die Reisenden wa sind oft die besten Chronometer der geistigen Entwicklung
ren kaum eine Meile von Rvsendal entfernt, als die Fi eines Volks. In diefer Beziehung scheinen uns die fol
scher die Segel einzogen, indem sie besorgt einen Wind, genden Briefe deS alten Gleims an den HeranSgeber
bemerkten, der südöstlich aus den Gebirgsschluchten, erst der Minerva, der langjährigen beliebte» politisch-litera
fast unmerklich, herausblics.,. „Wir können, noch ehe wir rischen Zeitschrift, der Mittheilung würdig; Hirz« kommt
landen, einen gefährlichen Windstoß erhalten," sagte der noch, daß die eingestreuten Gedichte hier, wo wir sie
eine, und kaum hatte er es gesagt, als sie vor sich die gleichsam entstehen sehen, interessante Vergleichungsxunkte
Wellen in mächtiger Bewegung sahen. Finstere Wolken zwischen der damaligen und der modernen Poesie nach
warfen einen schwarzen, dunkeln Schatten auf die Wasser Geist und Form darbieten. — Gleim war einer der frey
fläche, die sich immer höher, immer drohender erhob. sinnigsten, edelsten Männer seiner Zeit; in wiefern sich
Da stürzte der rasende Sturm, wie man ihn in wenigen aber fein Liberalismus vom heutigen unterscheidet, mag
Gegenden der Erde furchtbarer kennt, aus den Schluchten, der Leser selbst abwägen. Der alte Grenadier, der sei
heulte in den Bergen , brauste auf den Fiord , allenthal nes Königes Schlachten besungen hatte, der fest hielt nm
ben erhob sich der sprühende Schaum thurmhoch, man Vaterland und dem Andenken an feinen Einzigen, Un
hörte das lante Krachen von stürzenden Bäumen, die, mit vergeßlichen, und der Menschenfreund konnte den
Steinen vermischt, tobend mit entsetzlichem Geräusch in Orkan , der unter Strömen von Blut alle Throne zn ent
das wilde Meer hineinstürzten. Auf dem Lande wurden wurzeln drohte, nicht ohne Grauen und Abscheu näher
Planken aus der Erbe gerissen und umgeworfen, Dächer kommen sehen. Es war, als ob der Lärm einer Welt,
abgedeckt, und, als wollte Alles zu einem wilden Chaos die sich neu gestaltete, den Hochbetagten nicht znr Ruhe
sich vermengen, ergoß sich die finstere Wolke in furchtbare kommen ließen ; aber kaum war mit Bonapartes Konsu
Ströme , daß man nichts um sich herum er'annte. lat eine trügerische Windstille eingetreten, so ging er be
ruhigt hinüber (im Februar tS«Z). Wohl ihm, er «hnete Weil Sie, wie ich aus dem August der Minerva er
nicht, welch harte Prüfung seinem Baterlsnde bevorstand. sehe, noch immer aus den Nachtwachen des preußischen
Grenadiers etwas zu machen scheinen , so leg' ich seine
5 lczten Gedichte, die nur für seine Freunde gedruckt sind,
und ein noch übriges feines Sremplar seiner nicht auf Be
Halberstadt den l„. Sept. I79Z. fehl, sondern auf Bitte gesungnen Soldatenlieder bey,
Daß Archenbolz sehen werde, meine treuherzige Mey- wünsche meinem lieben Archenholz das vollkommenste Wohl-
nui:g sev von großer Hochachtung der beste Beweis , das ergchen , das zufreidenste längste Schriftstcllerleben , und
dacht ich; den Beweis, daß dieser Gedanke kein falscher bin mit der reinsten und größten Hochachtung
gewesen sey, empfing ich, theurer Mann! in Ihrem Sein
Schreiben von 22ten May! So lange mußt ich warten, Ihm ergebenster
bis Geschäfte, Zerstreuungen, und wahrlich auch die nieder «lrer
schlagenden bösen Zeiten, die Beantwortung eines so lie Gleim.
ben Schreibens »erstatteten. Sie haben keinen aufmerk (Die Fortsetzung folgt.)
samer« Leser und keinen wärmern Freund als mich, den
alten Gleim, mein lieber Herr Hauxkmaun! Sie fezten
meinem Kleist ein schönes Monument in Ihrer Geschichte Korrespondenz-Nachrichten.
des siebenjährige» Krieges, das schon erwarb Ihnen meine
große Hochachtung; aber auch unendlich viel noch außer Pari«, Dcccmber.
diesem schonen Monument erwarb sie Ihnen; ich los Alles, (Beschluß.)
und konnte nur nicht begreifen, wie es zuginge, daß ein
so welterfahruer vortrefflicher Schriftsteller mit scinem In Vtway« Venie» xreieexeZ spielte Miß Smithson
mehrmals die Belvidcra ; die ersten Auftritte mit Jafficrs, dann
großen Publikum es so leicht verderben konnte ! Man kann der Austritt, worin sie sich mit ihrem Vater aussöhnen will,
nntEr,varung eines Worts, mit irgend einer kleinen Wen vorzüglich aber lbr Monolog nach ihrer lcztcn Trennung von
dung' 5««« man groxe Verdrießlichkeiten sich ersparen! ihrem Manne, erregten eine lebhafte Thcilncchme. Mit bitte-
um/kem //eöen Archeriholz war mir mehrmalen nicht rcm Schmerze rief sie die energischen Worte:
wenig bange! Man /ebt nur einmal, dacht' ich auch hier! tlovx i coulcl KI«»<Z, 1,0« dorn, Kov ör««n , tk« «»I«
Mehrmalen war ich sein lauter Lobrcdncr ; einmal sein Uu«,i»z «nck livokvinß rouncl »inkinz t»»<I
heftiger Vertheidiger, es half nichts; aus einer unserer l'ill i cke»cei>ckeii l« >Ke voicvsul botloin.
s)K ! >K«r«'» »II quiet , Ker« «II r«g« »url lur^
größer« Gesellschaften wurde seine Minerva verwiesen ic. T/K« »i^', lo« tki», »ng piirc«» «e»I« br«ia ;
Es geht mir in der Seele nahe, wenn ein Mann wie Sie, 1 Ivnß svr tkick, ,ul»l«»ti»l »leei».
deren es in nnserm theuern deutschen Vaterland« so we Auf einem französische» Theater würbe eine Schauspielerin,
nige gibt, durch irgend ein Minimum von Versehen der die i» dem pathetischsten Auftritte eines Trauerspiels sich »ach
Humanität zu nahe tritt, und seinen Wirkungskreis da einem dicken, substantiellen Schlafe sehnt, lau
durch verkleinert! Wie zum Bevspiel in der Werrhei- te« Gelächter errege» ; allein im englischen gebt dicß durch,
digunz des Herzogs Ferdinand, bey den Worten: „Und und d,e Schauspielerin ist so bewegt, daß ihre Leidenschaft,
nickt ihre Worte die Zubdxer rühren. Dieser Monolog wurde
er schwieg!" Auf Jbre Rechnung Hab' ich die Aufsätze daher auch immer mir dem lautesten Vcyfall aufgekommen.
der Mitarbeiter wohl nie gesezt, ich kenne meinen Ar Aber Miß Smitiisons Triumph war ^»»» LK«r« in Rowes
chenholz zu gut! aber ich sorgte, daß man, was Sie auf Tranerspiele dieses Namens. Ganz Paris hat nun die lies
benswürdiac Engländerin den Hungertod sterben sehen, und
nähmen, Ihnen zur Last legen möchte! Kurz, vortreff man gesteht allgemein, daß es nicht mdglich ist, eine» ..Trunk
licher Mann! Ich habe Sie sehr lieb, darum sorgt' ich, Wasser und ein Stück Brod" ans eine rührendere Art zu
und höre zu sorgen nicht auf, denn Sie sind ein warmer fordern, und daS Mitleid der Zuschauer auf cincn hdbern
Wahrheitsfreund, und als solcher läßt man dahin, wo man Grad zu steigern. Indessen hat diese langsame Ü.ual doch
dem Wahrheitsfreunde nicht wohl scvn läßt, so leicht sich clwaS allzu Peinliches für den Zuschauer, und für mich wenig
stens ist ei» tüchtiger Dolchstich, wie er in den französischen
hinreißen ! Trauerspiele» crthcilt wird, und wclchcr der Sache mir einem
UebrigenS, liebster Herr Hauptmann, versteh' ich Male ein Ende mnchk , oder allenfalls auch ei» außerhalb der
Bühne eina^ücmmciicr Gifttrank, dessen vlos aUerlcztc Wir
nicht, was Sie damit sagen wollen „daß ich geleitet durch kung die ^'»scnaner noch zu sehen bekommen , besser als eine
/ugendliche "Rückerinnening , Dankbarkeit, u. s. w. das solche laiigscmic O.uälcrcy. die leider mir allzusehr an wirkliches
Bild des Guten unbefleckt in meinem Herzen aufzubehal Elend in de» Städten und auf den Dörfern erinnert. RowrS
ten wünschen müsse," denn wahrlich! keinem großen und ^«ne LKor« wird übrigen« doch gespielt wie der Verfasser sie
geschrieben hat, allein Venie« s>re»«evec> so zu spielen. vo,i
keinem keinen Fürsten bin ich Dankbarkeit schuldig! Kei tT'lwctt) dieses Stück gedichtet hat, würden die englischen Schau
nem LZnzige« «. spieler auf einer Pariser Buhne nimmer gewagt haben ,
daran haben sie auch recht getha». Wie würben die Pariser in Zeder Hinsicht gewinnen kann. Um auf die obige Zusam
gelacht haben, wenn sie einen venezianischen Senator wie einen menstellung der englisch-französischen Flotte und der eng
Hund bellen gehört und i» die Waden seiner Geliebte» beis- lisch-französischen Schauspieler durch die 1'ime, zurückzu
sen gesehen hätten? Im Grunde ist dieser Zug auch so nieder kommen, so wie der IVIonileur ganz ernsthaft z» beweisen
rcr Art, dag er gar wohl wegbleiben kann. Zwar mcynt gesucht hat, der Großsultan müsse über die Vernichtung seiner
der Olobe, die Narrheit eines Senators Nage dazu bey, die Seeniacht im Gruude herzlich froh seyn, aus Ursachen, welche
Verächtlichkeit des venezianischen Senats ins Licht zu stellen, der !««»iteur dein Divan haarklein vorbemonstrirt, so könnte
und die Verschwörer einigermaßen zu erheben ; allein wenn man mit ein BiSchen mehr Bündigkeit beweisen, daß das
der Dichter kein anderes Mittel wüßte, um die Verächtlichkeit Spielen der englischen Truppe in Frankreich und der franzö
eines Senators zu schildern , als daß er ihn bey seiner Gelieb- sischen Truppe in England für beyde Länder sehr ersprießlich
ten die Rolle eines Hundes spiele» läßt, so hätte er auf die seyn wird , wäre eS auch nur um einige der National ^orur-
ganze Schilderung lieber Verzicht reisten sollen. Wie würden thcile zu entfernen , womit alle Völker behaftet sind , fo sehr
ferner die Pariser gestaunt habe», wenn man ihnen im leztcn sie sich auch mit ihrem unpartheyischcn , richtigen Urthcil brü
Auftritte des Stückes das Schaffst und die Hinrichtung , wie sten. Alle sind eitel und auf das Eigene erpicht, als ob eS das
es im Original angezeigt ist , vor Angen gestellt hätte? Wie Beste wäre, und je zahlreicher eine Nation ist, je fest»
der schneidende Nordwind würde ihr Pfeifen durch den Schau- wurzeln sich diefe VorurtKeilc ein, weil sie von weit mehr Men
spielsaal erschollen scyn , und man würde mit Uingcflüm das schen angenommen und vertheidigt werben. Von Shakespeare
Niederfallen des Vorhangs verlangt haben , um des scheußlichen sprach man sonst in Paris nur wie von einem Barbaren. Seit,
Schauspiels los zu werden. Es läßt sich leicht begreifen, daß dem aber Kemblc und Miß Foote einige seiner Trauerspiele
in einer Stadt , wo vor breymnd-drcyßiq Jahren so viele edle vor den Parisern aufgeführt haben , gestehen sie, daß er, wenn
Menschen ihr Leben auf dem Blutgerüste verloren haben , der man fei» Zeitalter erwägt, doch ein ausierordeutliches Genie
Anblick eines solchen Gerüstes keine anderen Gefühle als schmcrzs ist, und daß sich unter den Schlacken Züge der größten Erha
lichc erregen kann , und eine Spielern) damit auf der Bünne benheit »nd bewunderungswürdige Schönheiten vorfinde». Hö
einen widrigen Eindruck machen muß. Achnliche Abänderun her ^rird schwerlich die Bewunderung Shakespeares in Franz-
gen hat man mit mehreren englischen Stücken vornehmen reich steigen.
müssen, wie man deren denn auch sogar in London vornimmt, Dg.
obscho» das Londoner Publikum bey weitem nicht den Zartsin»
des Pariser besizt. — Man hatte geglaubt, das englische Theater
in Paris scy ein fortdauerndes, und so war es auch in den Zei Rom, 8. December.
tungen angekündigt worden. Allein jczt vernimmt man, daß (Beschluß.)
die Truppe bald nach Brüssel gehen wirb , wohin bereits die
Osagcn mit ihrem aus dein Schulde»t>,»rme entlassenen Führer Man frägt sich (was bisher aber noch keinem einzigen l,ie,
abgegangen sind; woher dieser veränderte Entschluß rdnimt, siqen Antiquare eingefallen ist) ob sich diefe Erhöhung vom Ur
hat man dein Publikum zu entdecken nicht für gut befunden ; sprung Roms Iicrschrcibc, oder ob sie in den späteren Zeiten, das
vielleicht liegt die Ursache in der Schwierigkeit , ausgezeichnet heißt unter den Kaisern, künstlich geschaffen worden seye, und
gute Schanfpieler auS England herbeyzuzichen, wenigstens welcher Epoche jenes unterirdische Gemäuer init seinen Bogen
auf lange Zeit. Mit mittelmäßigen Schauspielern konnte diese gängen angehöre? Höchst interessant ist, baß die vor einigen
Bühne auf dem glänzenden Fuß, wie sie eingerichtet war, nicht Jahren auf der entgegengefczten Seite, nämlich neben dem
bestehen, und nur unter den glänzendsten ober klingendste» Be Bogen des Titus, aufgegrabenen Marmorsticgcn, von denen
dingungen würde man die Hanptschauspieler der Londncr Büh bis jezt ebenfalls noch kein Antiquar befoiidere Notiz genommen
nen Sazu bewegen » eine Zeitlang ihr Publikum zu verlassen sM. offenbar vom Forum her auf diefe Erl'dhung geführt zu ha
«nd nach Paris zu kommen. Dennoch war um ein Schauspiel- ben scheinen. ES ist keinem Zweifel mehr unterworfen, daß
Privilegium lange angehalten worden, und es ».itte Monate das Niveau des alten Forums mit dem des Cvlosscums ol>n-
lang gedauert, ehe die Sache hatte gehörig eingclcitct werden gefähr auf derselben Höhe, das heißt dreyßig Fuß unter dem jetzi
können, so baß man also hätte glauben sollen, von nun an gen Niveau deS Cainpo Vaccmo gewesen ist, und daß sich zwischen
werbe Paris beständig das Vergnügen haben , eine englische Heyden jene Erhöhung befunden hat, auf welcher von der ei
Bühne zu besitzen. Es ist zu bedauern, daß diese Hoffnung ge nen Seite der Bogen deS TituS, und auf der andern der
rade in dem Augenblicke verschwindet , da man glaubte sie er Tempel cki Vense« » K«»>» erbaut worden sind. Ich habe
füllt zu sehen. Vielleicht habe» auch die Pariser nöthig erst über die Entstehung dieser Erhöhung meine eigenen Vcrmu-
das Englische besser zu stubiren. Bis jczt hat man den sonder tlinngc», welche mitgethcilt werde« sollen sobald ich sie erst
baren Ausweg genommen , baß man zu jedem Stücke . welches erfahren haben werde, waS die Kiesigen Antiquare von je
aufgeführt wurde, einen gedrnckten Auszug vertheilte, wo nem unterirdische» Gewölbe erachten. Nicht minder merk
durch die der Sprache Unkundigen in Stand gefczt werden sollten, würdig ist, daß diese Erhöhung auch rechtS nach der Straf«
wenigstens die Handlung zu begreifen. Bey den Shakcspeare- zu mit ähnlichen Mauerwerkcn , welche aber längst schon
schen Trauerfpielen , in welchen die Handlung oft so zu sagen auf der Oberfläche gelegen haben., besczt ist. Leztere scheinen
handgreiflich ist, und welche auch durch Nachahmungen und modern zu seyn, da hingegen sich an erster?» Spuren eines
Uebersegungen den Franzosen" schon bekannt sind, ging das höheren AlterthumS zeigen. Zu bedauern ist, baß auf dieser
Verstellen und Srratben leichter. Wahrscheinlich hat sich man Erhöhung gar nicht, ober boch nicht bis zum ursprünglichen
cher durch die Aufführung englischer Schanstütte veranlaßt ge Niveau deS PkntzeS. nachgegraben werben kann , weil jenes
funden, feine englischen Studien ernsthafter vorzunehmen als Mauerwerk Hindernisse in den Weg legen möchte. Dagegen
bisder > »nd sich in der fremden Literatur ein wenig mehr um hat man bereits vom Colossco rechtS auf der Anhöhe lnntcr
zusehen als zuvor. Auch manchen Pariser Schauspieler mag dem genannten Tempel in einem Garten, dessen abschüssige
die Verglcichung deS französischen Spiels mit dem englischen Lage ans kein neueres Nachgraben mutbmaßen läßt, nachzu
z» nüylichcn Gedanken angeregt haben , so daß also die Kunst suchen begonnen.

Verlegt von der I. G. Cotla'schen Buchhandlung.


M o r g e n b l a t

für

gebildete Stände.

Donnerstag, z. Januar 182 8.

Hoch klingt das Lied vom braven Mann,


Wie Orgelton und Glockenklang.
Wer hohen Mutbs sich rühmen kann.
Den lohnt nicht (Sold, den lolmt Gesang.
Bürger.

NikaaderS Rune Hob Thorgnv auf dem Richterstein


Vom Recht zu reden an.
Thorgny So scholl sein Wort so klar und rein
Vor Volk und Königsinann,
Wie tönt am Strand der Wogen Klang,
Wie Donnerschall die Berg' entlang.
Voll Kraft war er, doch niemals wild.
Ging vorwärts, nie zurück.
Von Lagmann Thorgny, Lied, erzähl, Im Leben wie ein Lichtalf mild.
Cr liebte Volk und Thron, Im Amt von ernstem Blick.
Und war ein Mann an Leib und Secl, Die Kunst nur selten wirst du sebn.
Das sagt uns Srnrleson. Daß Mild' und Kraft bcvsanimcn zehn.
Doch Alles wechselt mit der Zeit, Hochragend, wie gemacht zum Streits
Kein Thorgny mehr ist weit und breit. Ging rukig er einher;
Sein Silberbart floß bis zum Knie, Noch in des Alters Winterzeit
Ein Bart von rechter Art; War keiner schön wie er.
Noch fehlten bey uns Minner nie. Wem Schönheit sich mit Älter eint.
Schuf nur den Mann der Barr. Der war als Jüngling Balders Freund.
Der zwölfte Karl war glatt am Kinn, Wie Oden Alles weiß, so war
Und doch ein Mann von rechtem Sinn. Auch Alles ihm bekannt;
Vo.» einem war er frc» und bar,
Und dieß wird Furcht genannt.
*) Unsere Leser erinnern sich der Nicander'schen Runen, Denn schwedisch ist die Furcht ja nicht.
welche ffrau Elise von Hohenhausen im Oktobcrheft Nein viel zu bleich ist ihr Gesicht.
de? MorgenblattS vom verflossenen Jahr beschrieben hat , »nd
mosoi, «jr auch mehrere Proben in metrischen Ueberscyungen Willst gern, o Jüngling, werden du
vonMobni k e gegeben Kaben. Wir tbcilen min wieder eis Ein achter Schwcdenmann,
nige dies« interessanten Dichtungen, von Mohnike nach der Wo Weisheit /önt,, da höre zu,
neuen Ausgabe der Runen übertragen, mit, roobey wir im Ser> TKvrgn», geht es an.
Allgemeine» auf ovenet'wa'lmte Beschreibung 241 — 245 des Sinkst auch lm Shrenlauf du hin.
Morgenoktts I8S7 »erweise». Was thut'ö! nach Ehre rang dein Sinn.
D. Red.
Thor, T dorn ober Thürs ist der Name der Rune. N. Jlahp, und sollte nach allen solchen Proben nicht die Grund
Thorgny Thorgreyson, Laginann oder Volksspre- sätze meines Ordens kennen ?
cher in Tiunduland. einem Thal der Provinz Upland, und ein Arzt. Alles das macht aber doch am Ende den Ma
bekannter Volksfrcund, lebte im cilftcn JalirKundert. Snorre
spricht von ihm in der Olof Helge Haraldsons Saga Kap. 77, gen nicht voll.
79 und 8t. Beck-Taschy. Von einem Verfe des Korans auf
Ricyterstcin oder Tin gs stein (tiaz«t, sten). Das Papier geschrieben und einem Segen lebe ich eine ganze
Ting - die allgemeine Volksversammlung, in welcher auch das
Recht gesprochen wurde. Woche.
Arzt. Ihr müßt taufend Mährchen erzählen und
euren armen Leib auf hundertfache Art martern, um ei
Türkische Art und Weis e°). nige Paras zu gewinnen , während wir Acrzte , nament
lich in Konstantinopel, in einigen Tagen und ohne die ge
Ein Gespräch. ringste Mühe ungeheure Summen zusammenbringen *).
Ein Beck- Taschy.cBettclmdnch Einjübischcr Arzt Beck-Taschy. Wenn wir uns so abmartern, so ge
und eine türkische Frau, welche später dazu kommt. schieht dieß nicht, um Geld zu gewim^n, sondern um un
Arzt. Sure Beschäftigung kann sich doch mit dcr un- ser Fleisch zu töotcn und den Gl>mbigen unsere Unterwer
srigen gar nicht in Vergleich stellen, Derwisch^Cffendy, fung unter den Willen der Gottheit zu zeigen. Wir ver
denn es gibt kein angesehenes Haus, in welchem wir nicht langen kein Geld von ihnen alö :ur Vergeltung unserer
Jutritt hätten. Niemand, der uns nicht schätzte. Dienste.
Beck-Taschy. Und haben wir nicht etwa auch bey Arzt. O Derwisch-Effendv ! es glückt euch freylich
allen Großen Jutritt, um unsere Wunder vor ihnen zu manchmal, sie fo zu betrügen.
zeigen ? B e ck - T a sch y. Du lügst, Djifuty **) ! Ihr abscheu
Arzt. Steht denn euch dcr Harem auch offen wie
lichen Acrzte, ihr betrügt alle Welt. Nach euren Reden
uns? Selbst der eifersüchtigste Mensch ist genöthigt, den
habt ihr Gott alle Geheimnisse abgelauscht, und das nur
Hekim (Arzt) allein mit seiner Frau zu lassen. Was sagst deßhalb, weil ihr in dem Lande der Franken gewesen seyd,
du zu diesem Vorrechte? wo man die Heilkunst an Leichnamen lernt, oder auch
B e ck - T a sch y. Rede mir nicht von Frauen. Schon
ihr Name verunreinigt meine Ohren. Für immer habe nur , weil ihr einige alberne Bücher durchblättert habt,
ich diesem verwünschten Geschlechte, der ersten Ursache al worin die Verfasser behaupten , einige Krankheiten be
les Unheils unter den Menschen, entsagt. Ohne die Frauen schrieben zu haben, die ihnen eben so unbekannt sind,
hätten wir nie Sünde und Unglück kennen gelernt. als dir.
Arzt. Allerdings, wir wären aber auch dann nicht Arzt. Da macht ihr es freylich besser als wir. Ihr
auf der Welt. behauptet eure Kranken zu heilen , indem ihr ihnen Waf
Beck-Taschv. Gott hätte das auf eine andere Art fer zu trinken gevt, in welches ihr ein Papier tauchet,
einrichten können. Warum hatte denn der Mensch sich auf das ihr gewisse Worte geschrieben habt.
nicht wie die Pflanzen aus sich selbst vermehren können ? Beck-Taschy. Unreiner! Das sind stets göttliche
Arzt. Dn bist ein achter Derwisch! Worte, Gebete an Mahomet oder Drohungen gegen die
Beck-Taschy. Das wär auch schlimm, wenns nicht bösen Geister. Und das sind auch die einzigen
so wäre. Ich bin zwölf Jahre im Tekkie (Äloster) geblie wirksamen Heilmittel, die einzigen, welche Gott
ben, ich habe Tag und Nacht in der Küche dieses heiligen und sein Prophet gutheißen. Nicht indem man sich dcr
Orts gearbeitet, ich wiederholte dort aufs eifrigste und Gottheit widersezt, sondern indem man sie zu besänftigen
wiederhole noch täglich dreyhundertcinmal die Worte des sucht, kann man einen ihrer Beschlüsse zu mildern hoffen.
6) Aus den vor Kurzem erschienenen l)i«Ioguv» ,ur le, Arzt. Da kommt eine Frau auf mich los.
niovur» luriiuo, , p»r 0. p»I»i«I«gue, die den Lesern B e ck - T a fch y. Nein , nein , mit m i r will sie spre
deS Morqcnblatts bereits aus einer in Nro. j Z0. n.ff. des vo
rigen Jahrs mirgctkcilre» Probe bekannt sind. chen. Mische dich nicht darein. Geh!
Die Bett - Taschys sind aus dem Orden der Derwische,
welcher während de« Herbsts und Frühjavrs die Kloster ver ") Ein Mann mit einer Pclzmüy« und einem Diener hinter
läßt und im Lande nmher Almosen erbittet. Sie vorzüglich sich, der eine kleine Büchse trägt, braucht sich nur auf deu
führe» die religiösen Tänze aus. welche den Reisenden be Straßen KonflantinopelS sehen zu lassen, um gewiß zu sc»n,
kannt sind. Uebrigens flehen sie zwar in grober Achtung daß ihm die Männer den PulS und die Frauen die Zunge hin«
bey den abergläubischen Türken , werden aber von den aufge halten , wa« dann stets sevr reichlich bezahlt wird.
klärter» ?vcgcn ihrer schändlichen Ausschweifungen eben so ver »") Ein Schimpfname für die Juden in der Türke«.
achtet.
I
Arzt. Sie mag selbst thun was sie will. Wir wol scheinlich englischer Einrichtung ; sie sind sehr lang , und
len sehen, an wen sie sich wenden wird. „Niemand darf durch Scheidewände in vier Theile getheilt. Zuerst ei»
das für sich benutzen, was Gott für einen andern be sogenanntes Oo«xe mit schönen Glasfenstern, nach vor»
stimmt hat." zu und zur Seite für drrv Personen; dann eine ähnliche
(Die Fortsetzung folgt.) Abtheilung, die aber natürlich nur Fenster zur Seite hat;
hierauf H>lgt daö eigentliche Innere der .Kutsche, für
sechs Personen, und endlich das 'Ende oder die sogenannte
Ausflug von Paris in die Normandic im Herbste n.o,«oä«, ebenfalls mit sechs Sitzen; außerdem ist oben,
1827. nach vorn zu, noch ein Sitz für vier Personen, also i»
Summa zwey „nd zwanzig Personen! und doch rollt dieser
Von Depping. Wagen mit fünf Pferden über den gut gepflasterten Land
Vielleicht wird in England für die Bequemlichkeit der straßen und Chausseen schnell daher; überall wo Pferde ge
Reisenden noch mehr gesorgt als in Frankreich ; indessen wechselt werden, stehen dieselben schon bereit; An- und Aus
lassen jezt die französischen Reiseanstalten, wenigstens auf spannen ist das Werk einiger Minuten ; nirgends wird über
de» Hauptlandstraßen, oder wie es in den Postbüchern fünf Minuten still gehalten, der Reifende hat nicht nöthig
heißt, ro»t« sehr wenig zu wünschen übrig, da aus Langeweile oder aus einer Art von herkömmlichem An»
her denn auch des Reifens viel geschieht und in der schö stand in den WirthShäufern Geld zu verzehren ; er kommt
ben Jahrszeit volle Landkutschen und Diligenccn auf allen nicht einmal in eins hinein, und so geht es rasch fort bis am
Zandstraßen hin und her rollen. Nach Rouen fahren we Morgen, Zu Rouen findet er wieder Wagen bereit um
nigstens täglich sechs Diligencen, die zehn bis zwanzig nach Dieppe , Hivre u. n. o. Orten zu fahren ; nirgends
Personen aufnehmen , ohne noch diejenigen Landkutfchen Zeitverlust, nirgends Zwang zum Geldverzchrcn , und
zu rechnen , die nur eine gewisse Strecke des Weges fah darin besteht die Vollkommenheit der Reiseanstalken. So
ren, vis zu irgend einer Stadt, von wo aus dann wieder etwas wird nie in Ländern statthaben wo die Landkutschen
andere Kutschen nach Rouen abgehen. Man kann anneh ein Monoxolium sind, oder wo die Regierung selbst sich
me/?, öevnahe zwevbundert Personen täglich auf. dem zum Postmeister gemacht hat; nur da, wo Jedermann
Wege von Paris nach Rouen und eben fo viele auf dem Landkutschen anlegen kann, und wo die Konkurrenz die
Rückwege mit den Landkutschen fahren. Im Sommer und Unternehmer zwingt die Gunst und den Zuspruch des Pu
bis mitten in den Herbst kommen auch noch eine Menge blikums durch schnelle und wohlfeile Bedienung zu gewin
Ertraposten hinzu wegen der vielen reichen Familien, wcl- nen , werden die Reiseanstalten den englischen und fran
che eine Lustreise nach Hävre uuternebmen, oder die See zösischen gleichen.
bäder zu Dicxpe brauchen, zwey Reiseziele , die jezt unter <?s gibt zwe» Hauptwege von Paris nach Rouen ; der
deu.Parisern sehr zur Mode geworden sind. eine I» roui« a'«n K»ut genannt, über Gisors, ist der
Die Diligencen nach Rouen fahren zu allen Tageszei kürzeste aber auch der mindest anzügliche; diesen pflegt
ten ab, Morgens, Mittags und Abends, die lezte sogar man de« der Nachtreise zu nehmen; der andere, I» ?«>»!»
um eilf Uhr in der Nacht. Man kann am Abende »ach ck'en b», , hält sich nahe an der Seine, geht durch eine
vollendeten Tagesgeschäften von Paris abfahren , langt am Menge von Städtchen und durch schöne Gegenden, ist
andern Morgen zu Ronen an; den Tag über kann man aber länger; leztern beschloß ich bcy der Rückreise ein
seine Geschäfte dort verrichten , sich am Abend wieder in zuschlagen.
die Diligence setzen und am folgenden Morgen früh wieder
in Paris anlangen, fo daß man fünfzehn Meilen oder drev- Die Morgendämmerung ließ schon eine Veränderung,
ßig Stunden von Paris beschäftigt gewesen, und doch nur in der Bauart der Häuser bemerken, Zu Paris und in
einen Tag von Paris abwesend war. Diese zeitersxarende einem Umkreise von sechs Meilen sind alle Häuser von
Nachtfahrt wird daher auch von den meisten Reisenden Stein gebaut, und die gewöhnlichen Bürgerhäuser ohne
vorgezogen, zumal da sie über Pontoise und Gisors, zweycn die geringste äußerliche Verzierung; höchstens wird die
eben nicht merkwürdigen Orten, und durch eine ebenfalls Borderseite weiß oder gelblich angestrichen ; von Gisors an
unbedeutende Landschaft geht. Man kann ohne vielen Ver waren die Häuser von Zimmerholze, und die Balken, auf
lust zu Paris einschlafen und in der Normandie wieder recht oder quer, mit einer dunkeln Farbe angestrichen,
erwachen. Diese nächtliche Reiseart wählte auch ich , um meistens schwarz oder dunkelblau.
Seit zu ersparen. (Die Fortsetzung folgt.)
Die Jumelles, mit denen ich abfuhr, sind eine beson
dere Diligence von äußerst elegantem Ansehen, und wahr-
IS
Korrespondenz-Nachrichte n. der Brunnen am Markt, die Stabtwiest, die Zunftverhält-
nisse, der Patrizierstolz, der Bürger- und HandwerkSneib,
Berlin, December. alles soll nns so lebendig werden als fcyen wir in Nürnberg
geboren . und nie weiter als auf die Stadtwiefe gekommen.
Wo» TKcaterneuigkciten ist gegenwärtig nur da« Trauer Besonders aber wird uns der Gegensatz von Patricicrn und
spiel „das Ehrcnschwerdr." vom Baron Frh. v. Uechtriy her Handwerkern weitläuftig ausgeführt , weil er der Grund aller
vorzuheben. Vor zwey Jahren brachte der Dichter seinen Kollisionen des Stückes feyn soll. Leider aber ist dieser Ge
..Alexander und Darius" auf die Bühne , über welchen sich gensatz in seinem altdeutschen Nürnberger Krämerkleide , in
für und wider ein langdauerndcS kritisches Geschrei? erhob. seinem veralteten Philisterstaate von gar keinem Interesse
Man warf dem Dichter mit Recht vor , daß er nicht etwa ir mehr. Wer lüstern nach der Darstellung diese« Politischen
gend ein gegenwärtiges Interesse in die Gestalt Alexanders ha Zwiespalts ist, der nehme , wenn er die Gemüther' bewegen
be verkleiden wollen, sondern Alexander, die weltgeschichtliche Fi will, die französische Revolution und ihre weltgeschichtlichen
gur selber, ihrer innern weltgeschichtlichen Bedeutung »ach darzu Interessen zum Gegenstände ; welche Wirkung »nacht ein sol
stellen die Absicht zeige, während er doch in der Tl'at seinem Alexan cher Hintergrund nicht in Goethes natürlicher Tochter und in
der nur einige Reflexionen über Alexander in den Mund ge Herrinann »nd Dorothea ! So zeigt sich denn auch bey Herrn
legt und nun geglaubt babc, damit sey Alexander schon von v. Ucchtritzs Darstellung, daß eigentlich der Gegensatz von Patri-
den Tobten wieder zum Kunstlebcn anscrstandcn. Ferner war cicrn und Handwerkern nicht da« Bewegende de« Stücks sey,
man wenig damit zufrieden . daß mit jenem Streben nach in sondern der väterliche Eigensinn, die Schlechtigkeit des Nürn
nerer weltgeschichtlicher Wahrheit der Darius mit seinem mo berger Bürgermeisters.
dernen GnnütK, mit seiner Liebe zur Nation ». s. f. in grel (Die Fortsetzung folgt.)
lem Widerspruche stekc, und die ganze Tragödie zu einer Am
phibie mache , die weder auf dem festen Grund und Boden ik-
rer welthistorischen Bedeutung, noch im Wasser modernster
Gesinnungen atkme und lebe. Diese Vorwürfe sind es, von denen
Tie« in seiner Vorrede zu dein jczt bereits im Druck erschiene London, Dcccmbcr.
nen Darius und Alexander sagt, „er habe sie nur halb ver Da« eben erschienene Stück des Edinburger Kev!e«v ent
standen . da der dramatische Dichter seine Zeit weder »crlaugs hält mehrere sehr gehaltreiche Aufsätze, untcr andern über
neu könne »och solle." Dicg ist zuzugeben ; wird uns aber Andrews Reise von Buenos - Ayres nach Chili , mit einer
eine weltgeschichtliche Gestalt dargestellt, und leuchtet bcy die Menge neuer Thatsachen , welche dein Politiker und Geschichts
ser Darstellung die Absicht hervor, nicht unmittelbar gegen forscher sehr willkommen seyn müssen. Dagegen sind für den
wärtigen Interessen nur die MaSke dieser Gestalt zu leihe», Denker ein Aufsatz über Evpcrimcntalpbilosophic , und ei» an
sondern sie selbst und ihre Welt an uns vorüber zu führe», so derer über Metaphysik wichtig. Den Deutschen wird ein sehr
bleibt als einziges gegenwärtiges Interesse nur übrig eine weitläufiger Aussatz über de« gegenwärtigen Zustand der deut
solche Gestalt dem tiefsten Bcwusitsevn der Bedeutung d.'s be schen Literatur inlcresssrcn, der, wie man sagt, von der Feder des
stimmten weltgeschichtlichen Individuums gemäß künstlerisch in Herrn Earlyle, ist, des Ueberscgcrs von Goethes Wilhelm
frischer Lebendigkeit und den Formen der gegenwärtigen Stufe Meister. Der Verfasser geht nicht ins Einzelne , wie leicht zu
der Kunst anpassend verwirklicht zu sehen. Dicß ist Herrn erachten, er nennt wenige Verfasser, sondern sucht vielmehr die
Ucchtritz nicht gelungen, das Bühnenlebcn seines Helden ist deutsche Literatur von der in England so gewöhnlichen Be
bcßhalb bei) uns auch nur von kurzer Dauer gewesen. Ob schuldigung der Geschmacklosigkeit des Misticism»« und des
dem gedruckten Alexander eine längere Unsterblichkeit gebührt, Unglaubens zu befrcyen, und zu zeigen, daß das wahre innere
muß das Lesepublikuni entscheiden. Wen» Ticck, um für sei Wesen ihrer Dichtkunst in dem Anschauen des Schönen »nd
nen jungen Schützling noch eine» anderen VcrtKcidigcr als sich Wahren, in der Natur und im Menschen bestehe; und ihre
zu, finden, den Cälderon Kcrbcyruft, der ja doch auch Moderne« Philosophie auf genauer Zergliederung und strengen Schluß-
und Romantisches mir Antikem vermischte . so scheint er Cälde formen beruhe. „Wir Kalte» ," fo schließt er, „ihre (der Deut
ron und den geschüztcn Alcrander gleichfalls nur wie jene Ein schen) Dichtkunst in der Tbat für besser, als die neuere Dichtkunst
würfe „halbverstandcn" zu habe», denn bei) Calbcrvn sieht je irgend einer andern Nation; als ein Ganzes betrachtet aber
der auf den ersten Blick . baß es sich bcy ikin überall n u r um für weniger gut als die von mehreren; nicht nur weniger
die rein romantischen Interessen , um die moderne Liebe und gut als die unfcrige, sondern auch als die italienische, viel
Ehre, um die gottergebene Andacht, den christlichen Glau leicht selbst alS die spanische Poesse. Auch ihre Philosophie
ben u. s. f. handle . und daß die Vcrscizung solcher Gestalten muß alS noch ungewiß , anfS Höchste als der Anfang eines
in die antike Welt nur rein formell , nur eine Umänderung bessern betrachtet werben ; aber auch biefcs ist nicht z» verach
von Namen, von Orr und Zeit, »nd weit entfernt von ten. Ein wenig Licht ist' kostbar in großer Finflcrniß . anch
dem Streben se«, sich die weltgeschichtliche Bedeutung und Er sind unter den Myriaden von Dichterlingen und Grüblci-n.
scheinung solcher Cl,avaktere, oder auch »ur den Charakter ih Dichter und Denker nicht so zahlreich, daß wir sie geringach
rer Zeit, ihrer Umgebung u. s. w. zum Inhalt zu machen. — ten dürfen , wenn sie zu uns in den Karten , aber männlichen
Das Gefülil. der Darstellung großer weltgeschichtlicher Thatcn, tiefen und ausdrucisvollcu Tönen jener altsächsischcn Sprache
nicht gewachsen zu sei)», scheint Herrn von Ucchrritz selber von reden , die unsere Muttersprache ist." Ein Aussatz über die
ähnlichen Versuchen abgehalten zu haben , denn wir sehen ihn Privattheater in Irland ist unterhaltend.
pleylich von dem Zuge Alexanders »ach Nürnberg Kinübersprin-
gen, um aufdic Frage seines ersten Helden : „Erde bist du denn (Der Beschluß folgt.)
ewig?" die Auseinandersetzung krähwinklichcr RcichsstadtSin-
teressc» , zum Bchufc einer unglücklichen Liebe folgen zu las-
fen. Des Dichters erstes Bemühen ist, nns in Nürnberg Bevlag<: Kunstblatt Nr. i.
recht heimisch zu mache»; die Sebaldus- und Lorenzokirche,

Verlegt von der I. G. Cotta 'schen Buchhandlung.


o r g e n b l a t

für

gebildete Stände.

Freytag, ^. Januar i 8 2 8.

Find ich den ersten, dem aus tiefer NotK


Ich Blick und Wort entgegen wenden darf.
So mild und edel, als du mir erscheinst,
Dicß Angstgefühl, ich hoffe, wird sich heben.
>vetht. .

Die Vit, Norweger. wegen nicht seltenen, schönen männlichen Gestalten. Schlank
Von Henrich Steffens. gebaut, fest, sicher, das Auge groß, braun und feurig, die
Stirne hoch und schön gewölbt, die Haare schwarz, die Nase
(Fortsetzung.) groß und sanft gebogen^ der Mund geschlossen , das Gesicht
Die Wolken vertheilten sich, auf dem Lande konnte länglich ; so erschien er schon in früher Jugend ernst
man das Boot sehen. Zwev junge Leute stürzten aus ei hafter, älter, aber mit den Jahren nahmen die Aüge an
ner Wohnung nahe am Ufer hervor. Kaum «ermochten sie Bedeutung zu. Sein Freund Jngier war der Sohn eines
sich auf dem Lande gegen den Sturm aufrecht zu erhalten. verniögenden Bauern, durch jenen schon frühzeitig für eine
Sie bestiegen kühn ein kleines Boot, arbeiteten sich durch höhere Bildung gewonnen. Sein Blick hatte etwas Kek-
die schäumenden Wogen und näherten sich dem größeren. kes, ja Trotziges, sein riesenhafter Bau war völlig regel
Clara, in Todesangst, mit fliegenden Haaren, ohne zu mäßig und eine unbeschreibliche Güte milderte den Trotz,
wissen, was sie that, streckte mit einem Angstgeschrey der nur da hervortrat, wo Ansprüche laut wurden, die
ihre Arme den Kommenden entgegen, und mit starken er nicht gelten zu lassen beschloß.
Armen ward sie in das kleinere Boot hinübergchoben. In Bevde betrachteten mit sorgender Theilnahme das ohn
diesem Augenblick drängt sich eine mächtige Welle zwischen mächtige Mädchen. «Wie sie reizend ist,« sagte Jngier.
bevde Boote, das kleine wird von dem größern entfernt Aber so mächtig war der Sindruck, den sie auf Thorstein
und nach dem Lande zu geworfen. Nur ein Paar Rnder- gemacht hatte, daß er keine Worte fand; stumm staunte
schlage noch und sie hatten das Ufer erreicht. Das ohn er sie unverwandt an, während die Bauersfrau emsig be
mächtige Mädchen ward schnell in die Wohnung getragen ; müht war, sie ins Leben zurückzurufen. „Diese Auge,"
eine alre Frau trat hülfreich hinzu, und jezt erst, da sie fuhr Jngier fort, „sind nicht die des Schreckens, es sind
ruhig in der Stube waren, entdeckten sie die große Schön güge des tiefsten Kummers, die in die Ohnmacht mit
heit der Geretteten, die noch immer blaß und in tiefer hinübergangen sind." Thorstein machte stillschweigend eine
Ohnmacht dalag. Miene, die Bevfall andeutete. „Die Arme!« sagte die
Die jungen Männer, die sie gerettet hatten, waren Frau, „wer weiß, was sie leiden mag." Jezt sing Klara
Freunde; dereine, Asbiorn Thorstein, der Sohn eines an an sich zu bewegen. Sie öffnete die Augen , blickte ver
gesehenen Beamten, war vor Kurzem von Kopenhagen zu wundert um sich herum und schien sich zu besinnen. Die
rückgekommen, um seine Eltern zu besuchen, ehe er eine Frau redete sie an, ungewiß, ob sie ihre Sprache ver
Reise in öaS Ausland anträte. Er gehörte zu den, in Nor stehen würde. Klara horchte hin; die Worte schienen
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ihr nicht unbekannt, aber sie klangen fremdartig. Sie reicher Kaufmann war. Der Verwandte, der mich hier
schwieg »och immer, sah die jungen Minner an, sah sich her führt, ist das Unglück meiner Eltern gcwefen, ergab
auf einem Ruhebette hingestreckt und horchte auf die meinen Vater einer politischen Verfolgung preis. Mein
Worte. Endlich rieb sie sich die Stirne, sah die Frau armer Vater irrt jezt verlassen und hülflos in fernen Ge
freundlich an und fragte in der nämlichen Sprache: „Mein genden herum, meine Mutter ließ er als eine Wobnsin-
Gott! ist das nicht dänisch, was ihr da redet?" Die Frau uige in ein Kloster sperren , und als nächster Verwandter
freute sich, als sie die bekannten Töne hörte, und Klara meines Vaters.hat er gewußt, sich meiner zu bemächtigen.
hatte sich völlig erholt. „Ich war," sprach sie, „wie ich Seine Absichten durchschaue ich nicht ganz; was ihn ver
mich jezt besinne, auf einem Boote in großer Gefahr, der mocht hat, die Reise nach dieser fernen Gegend anzutre
Sturm heulte. Alle verzweifelten, und ich weiß nicht, wie ten!, ist mir völlig unbekannt , doch sein Bestreben, mir
ich gerettet worden bin." Die Frau erzählte, wie die meinen Glauben zu nehmen, durch alle möglichen Überre
bevden jungen Männer sie ohnmächtig in das Haus ge dungskünste mich zum Ucbcrtritt zur katholischen Religion
bracht , und Thorsten, näherte sich furchtsam. «Wo sind zu vermögen , ist mir nur jzn bekannt ."
meine Begleiter ?" fragte sie. Thorstein erzählte, wie es „Je, mein Gott!" rief die Frau, und das Schrecke«
ihnen gelungen se», sie in ihr kleines Boot zu retten. malte sich in allen ihren Augen , ..zur 'Papistin will er dich
„Was aus dem großen'Boot geworden ist, weiß ich nicht, machen? das ist ja ein entsetzlicher Mensch!" — ,,Ss ist
doch sind einige Fischer ihnen zu Hülfe, und sie sind hof die Religion meines Vaters ," antwortete Klara milde;
fentlich außer Gefahr, obgleich der Sturm noch immer „ich aber bin, wie meine Mutter, in dem lutherischen
forttobt." „Wo bin ich?" fragte sie weiter — „Wenn du Glauben, dem sie mit ganzer Seele anhing, erzogen."
aus dem Fenster hinausfchauest, entdeckst du in einiger Die Frau schüttelte den Kopf. Ablenkend fuhr Klara
Entfernung ein großes Gebäude. Das ist der Edelhof fort: „Das wundert Euch, daß ich Eure Sprache rede?
Nofcndal." — „Derselbe Ort," erwiederte Klara, „wo Aber meine Mutter ist eine Dänin , sie liebte ihr Vater
mein Verwandter sich einige Monate aufhalten wird." — land, sie dachte mit Freuden an ihre Kindcrjabrc, nnd
„Sie sind also, meine Gnädige, die Nichte des Herrn oft ergriff sie eine geheime Sehnsucht nach der fernen, lieb»
van der Nael ," sagte Thorstcin. „Der Bewohner dieses lichen Heiniath. Ich war das einzige Kind, und dnrch
Hauses und seine Frau, die Sie hier sehen, haben in sie lernte ich ihre Muttersprache ; nur mit ihr konnte ich
der Abwesenheit des Besitzers die Aufsicht über den Edel mich in dieser Sprache unterhalten , und Keiner, kaum
hof, und neulich erhielten sie ein Schreiben, worin der der Vater wußte, daß ich sie verstand und reden konnte.
Besitzer ihnen auftrug , die Wohnung einem Herrn van Verzeiht, daß ich über diesen Gegenstand mich so ausführ
der Nael, der mit seiner Nichte ankommen würde, zu lich äußere. Der boshafte Verwandte, in dessen Gewalt
übergeben." Jezt hatte Klara sich völlig gefaßt. Sie über ich bin, kann nicht wissen, daß ich dänisch spreche, er weiß
sah ihre Lage, die höchst unglücklich war, sie sah ein, daß kaum, daß hier in Norwegen dänisch gesprochen wird,
sie diese wenigen Augenblicke , die sie , ohne beobachtet zu wußte ich es doch nicht. Cr darf das nicht wissen ; ich
seyn , mit den Fremde» zubringen durfte , benutzen müsse, werde durch eine Frau genau bewacht, aber da weder er,
und indem sie alle Umstände ihrer Rettung überdachte, noch sie glauben, daß ich mich mit den Einwohnern unter
und wie sie durch eine große Gefahr in eine Lage vcrsezt halten kann, so darf ich wohl hoffen, daß sie mich hier
war, die ihr eine unerwartete, nie gehosste Hülfe darbot, weniger strenge beobachten werden. Und nun den Grund,
sah sie in dieser seltsamen Verschlingung der Ereignisse warm» ich es nothwendig fand, diese Augenblicke für eine
eiue besondere Fügung, die sie dankbar anerkannte. Sie solche Mitteilung zu benutzen. Meine Mutter hat einen
faltete die Hände zum stillen Gebet und schien dann einen Bruder in Kopenhagen, er ist der einzige, der mich, viel
Augenblick in tiefes Nachdenken versunken. Während der leicht auch meine Mutter retten kann , an ihn werde ich
Aeit standen die jungen Männer und die Frau in still mich wenden."
schweigender Erwartung um ihr Lager. Darauf erhob sie (Die Fortsetzung folgt.)
sich, völlig Vj^derhergestcllt, wie es schien, und offenbar
in einer große» Spannung. Sie ließ sich auf einen Stuhl
«jeder und fing an: „Sie sind mir unbekannt, meine Ausflug von Paris in die Normandic im Herbste
Herren, aber Sie haben mich gerettet, ich sehe Euch zum 1827.
ersten Mal , liebe Frau , aber Ihr habt mich liebreich ge (Fortsetzung.)
pflegt; wie sollte ich nicht Vertrauen zu Euch fassen, da
eine gütige Fügung mir durch Euch eine Hülfe bietet, die Je naher man der Stadt Rvuen kömmt , desto mehr
Mir fo wichtig ist, die ich kaum erwarten konnte. Ich Veränderung erblickt man ; ein Deutscher könnte glauben,
bin in Brüssel geboren, wo mein Vater ein «„gesehener. er trete in e.n deutsches Land. Obstbäume ans bevden
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Seiten der Landstraße, Bauernhäuser, die alle auf einige falls gothische Thurm der St. Maclonkirche hervorragen.
Verzierung Anspruch machen und im Schatten von Bäu Hinter diesem Steinhaufen schlängelte die Seine sich durch
men stehen, FruchtgZrten um das Haus herum, grüne schöne Wiesen , auf dem AbHange vor der Stadt schaute
Hecken anstatt der um Paris herum üblichen weißen Mauern, man in die Gärten derLusthäufer und Fabrikanlagen binein.
weiß oder grün angestrichene Gitter und Stakete, und da- Zur Seite zog sich ein mir Gebüsch bewachsener Berg in
bey eine kräftige, saftvolle Vegetation , ein lebhaftes, schö die Ferne.
nes Grün ; wie ganz anders ist alles dieses als die spar Oben auf der Anhöhe steht ein schingebauteS WirrdS-
same Vegetation mit den Steinhäusern und den unange Haus, ein Ruhepunkt für alle Wagen, welche den mühse
nehmen Dörfern um Paris! Auch erblickt man hier über ligen Weg hinauf zurückgelegt haben. Von hier an ist der
all die hochrorhen Ziegelsteine , womit in der ganzen Nor- Weg durch das ganze Caur-Land beständig eben, nicht ein.
mandie gebaut wird und welche mit den Schieferdächern mal einen Hügel erblickt man. Sine Stunde lang fährt
und dem lebhaften Grün der Gebüsche um die Häuser man zwischen zwei Reihen von kleinen Landhäusern, die
herum eine auffallende Farbenmischung bilden. schnnrgrade wie die Häuser in einer Stadtgaffe zu beiden
Gegen Ronen zu ging der Weg bergauf, dann aber Seiten gebaut sind, oder wenn die Häuser rückwärts lie
führte er durch weite Umkreise in das tiefe Thal hinunter, gen, so sind doch die Hecken ganz gerade längs der Land»
worin die alte Stadt liegt ; Lusthäufer und Schenken wech straße geordnet. Es entsteht daraus eine Straße von ei
selten auf bcvden Seiten des Weges mit einander ab ; zu- ner ganz besondern Art, wie ich mich nicht erinnere irgend
lezt tritt man in eine, aus ziemlich elenden hölzernen Häu ein, andere gesehen zu haben. Ein Rasen mit Obstbäumen
sern bestehende lange Vorstadt, und aus dieser gelangt gehört zu jedem LusihäuSchen ; manche dieser Häuschen ste
man in die engen Straßen der eigentlichen Stadt. ES hen mitten auf solchen Rasen , andere stehen unter hoben
war trübes Wetter, die dunkeln Straßen voll Schmutz; Buchen, andre haben niedliche Blumengärtchen vor dem
vevm Absteigen wurden die Reisenden von einem Schwärm Hanse. Die Landhäuschcn haben die mannigfaltigste Bauart.
von Bettlern und zudringlicher Menschen umzingelt, die ihre Einige roth auS Ziegelsteinen, andre aus Zimmerholz«,
Dienste anboten. Alles dieses machte einen widrigen Ein» weiß und dunkelblau. Manche ahmen im Kleinen die Ge
druck «us ml'ch, unö st> sehn/ich ich gewünscht hatte, Ronen stalt großer Schlösser nach , und sind wahre Schlösser ,»
/epm, so wollte ich doch dießmal lieber sogleich meine mi«i«,»r,. Hier bringe» die Handelsleute und Fabrikan
Reise fortsetzen und Sie Stadt in einer bessern Stimmung ten aus Rouen die Sonn - uud Ruhetage zu , einige woh
und unter günstigern Umständen bev der Rückkehr beschauen. nen die ganze schöne Jahrözeit hindurch in diesen niedli
Die Diligence nach Neufchatel stand gerade im Hofe, wo chen LusthäuSchen, deren gewiß hunderte auf dlefer schönen
die Pariser Diligence eingefahren war, zur Abfahrt bereit ; Straße stehen. Woher mag doch den Rouenern dieser Ge
das Innere derselben war ganz von Betschwestern oder Non schmack zu angenehmen, schön verzierten Landwohnungeu
nen aus Neufchatel befczt , die, wie es schien, die Vakanz gekommen seyn , den man in andern französischen Provin
zeit bey ihren Mitfchwestern zn Rouen zugebracht hatten, zen nicht so findet? Schreibt er sich noch von den alten
und nun in ihr eigenes Kloster nach Neufchatel zurückkehr Normännern her, oder ist er eine Folge des häufigen
ten ; es war kein anderer Platz als oben auf. Bev den ho Handelsverkehrs der Normandie mit Flandern und
hen, nach alter Art eingerichteten Diligence» sind diese Holland? Zwar findet man in der Umgebung der meisten
Plätze gefährlich; indessen versicherte man, der Weg fey großen Handels- und Fabrikstidte Frankreichs die Neigung
eine gute, ebene Chaussee, und man habe nicht im minde zn kleinen Lustbäusern , die mehr Eleganz und Annehm
sten das Umwerfen zu befürchten. Also war mein Ent lichkeit als Pracht und Glanz »errathen. Bekannt sind die
schluß bald gefaßt. Die Nönnchen, wovon die eine häß sogenannten BastideS im mittäglichen Frankreich , die auch
licher und mißgestalteter war als die andere, füllten das solche Lustdäuschen des gewerbfleißigen Standes find. Al
Innere der Diligence aus ; die Männer stiegen oben auf, lein so hübsch geschmückt und mit der Vegetation im Ein
und so ging es aus Rouen und dem tiefen Thale hinaus klang stehend sind sie doch nicht, als diese niedlichen Gar
nach Neufchatel zu. Es währte eine Stunde, ehe das tenhäuser der Rouener Fabrikanten und .Handelsleute, und
Hinauffahren zur Anhöhe ein Ende nahm. Es war eine ich habe keine Stadt in Frankreich gesehen , welche von so
mühselige Arbeit' für die Pferde, eine fo schwerfallige vielen kleinen, dem Aeussern nach gefälligen Lusthäufer«
und stark besetzte und beladene Landkutsche eine Stunde lang umgeben wäre wie Rouen.
hinaufzuschleppen. Aber welch' einen herrlichen Anblick ge (Die Fortsetzung folgt.)
währte von der Anhöhe herab die alte Stadt und ihre Um
gebung! Zwischen die Berge gedrängt lag die ungeheure
HZusermasse, aus welcher die Katbebralthürme, der schöne
gothische ?hurm der alten Abtey St. Oven und der eben
Korrespondenz-Nachrichten. Wien, September bis December.
London, December. Die Neuigkeiten, welche ich Ihnen im Schlußberichre
(Fortse«ung.) dieses Jahres zu melden habe , beziehen sich größtentheils aufs
Hr. Bullock, der bekannte Eigcnthümer de« ehemals in Theater-, doch hoffe ich werden Sic darin in dieser Hinsicht ziem
Piccadilly unter seinem Namen bestandenen Mnstums» welchem lich Befriedigendes finden. Das Hofburgrhcater brachte von
ein -mexikanische« Museum folgte , dessen Bestandrhcile er auf grbßern Stücken Schillers „Teil." „Vormund und Mündel,«
einer von ihm bekannt gemachten Reise in Mexiko selbst ges von Raupach, und „Hans Sachs" von Deinhardstein , von
samnklt, hat so eben eine statistische Beschreibung der Stadt kleineren, zum ersten Mal Beers „Paria," die „Ehrenrettung"
Cincinnati im Staate Ohio herausgegeben, ncbst einer Skizze nach dem Französischen , von Mab. Krikcberg , und den „Dich
seiner Reise von Neu-Orleans durch die westlichen Staaten nach ter ans dem Lande," nach dem Französischen , von Kurländcr,
Neu-Pork, begleitet von den Meinungen verschiedener Schrift« und als neu in die Scene gcsczt „Wallenstein," in einer neuern,
steller über die Aussichten derjenigen, die sich in dem Staate zweckmäßigeren Bearbeitung, „die Dame im Schleyer" nach Feo-
Ohio niederzulassen wünschen. Hr. Bullock hat unstreitig ein derlei, von Vogel, JfflandS „Hausfrieden," und die „Zeichen
Interesse an dem vorthcilhaftcn Gemälde, daS er hier entwirft, der Ehe," vvn Sreigentcsch , alles bieg in dem kurzen Zeitraum
denn er hat Cincinnati gegenüber auf der Kentucky-Seite des von drey Monaten, zur Aufführung. Man mnß gestehen, daß
Flusses ein Gut gekauft, auf welchem er ein Städtchen unter keine deutsche Bühne thärigcr genannt werden kann , und über
dem Namen Hygeia anzulegen gedenkt, wovon dem Büchlein jene Tbätigkeit um so mehr erfreut werden, wenn man die
ein sehr einladender Plan beygegeben ist , und wohin er Euro Natur jener Leistungen, und die richtige Anwendung, welche
päer von mittelmäßige» Vermögensumständen als Ansiedler die Hofbühne vvn dein Vereine der seltenen Kräfte, die ihr
einladet ; aber er hat nichts übertrieben , und seine Angaben, zu Gebote flehen, macht, ins Auge nimmt.
welche mcistentheilS auf öffentliche Dokumente gegründet sind, Schillers „Tell," dessen Aufführung am 2Ssten November
werden von vielen Schriftstellern bestätigt. So oft ich anch stattfand, versammelte eine so ungeheure Anzahl von Kunst
Nachrichten über die vereinigten Staaten gclefen habe, fo fühle freunden , daß am ersten Abende die Mehrzahl derselben we
ich doch jedesmal, wenn mir ein ucucS Buch über diesen un gen Mangel an Raum zurückgewiesen werden mußte. Die
erschöpflichen Gegenstand vor Angcn kommt, eine Art vvn Ehr Direktion hatte durch die Bcscyung der Rollen sowohl als durch
furcht vor der Macht deS menschlichen Geistes , wie er in sei äußere Ausstattung eine , dem Gehalte dcö Werkes würdige
ner angestammten Freyhcit zwar, aber durch Bildung und Darstellung vorbereitet. Die Dekorationen, nach Zeichnungen
Erfahrung bereichert strebt , wirkt und schafft ; wie in wenigen nach der Natur aufgenommen, waren in der TKat Kunstwerke
Jahren pfadlose Wildnisse von einer zahlreichen Bevölkerung zu nennen und die Ausführung von Seite der Schauspieler konnte
belebt worden sind , wie sich allentlialbcn schöne Städte und eine der Vollendetste» genannt wcrde». Hr. Anschüy spielte
niedliche Dörfer erhoben, Landstraßen und Märkte gebildet, die Hauptrolle, Wilhelm i Gcßlcr, Heurtenr den alten
die Flüsse und Seen mit Schiffen bedeckt haben, und mittelst Allinghausen, Kor» den Rudcnz . Löwe den MclchtKal,
vicleMcilen langer Kanäle, welche die großen Flüsse und Seen Koberwein den Staussachev , und der Nestor unsrer Bühne,
des beglückten Landes unter einander verbinden , sich eine Bin Koch, dcn Rcding, Dem. Müller spielte die Bertha, Mab.
nenschiffahrt von 25>>U engl. Meilen gebildet hat, wodurch Löwe Stauffachers, und Mab. Schröder Tells Gattin.
in Kurzem Neu-Vorr mit Neu-Orleans in ununterbrochenc Sie soll sich mit besonderer Vorliebe um die kleine Rolle der Arm:
Verbindung gebracht werden wird . ohne baß man ndtkig bat gard beworben haben. Gcßlcr erschien leider zn Pferde.
eine stürmische und gefährliche See zu befahren. Zu glei Vormund und Mündel , Schauspiel in fünf Akten von
cher Zeit aber befällt mich auch eine gewisse Scham für meine Raup ach. am dritten Nov. zum ersten Mal dargestellt, zer
tlicurc» Lanbslcute, ja für die meisten europäischen Völker, fällt in zwcy Hälften ungleichen Werwes ; die erste Hälft?,
welche mit einer Fülle von Hülfsmitteln in vielen Jahrhun welche die drey ersten Akte umfaßt, macht in Rücksicht na
derten nicht zu tbu» vermochten . was jene neuen Völkchen in turgemäßer Entwicklung der Leidenschaften nnb der gediegenen
so kurzer Zeit bewirkt Häven. Schon seit tausend Jahren hat man Haltung der Charaktere auf Klassicität Anspruch, die
z. B. in Deutschland da« Bedürfnis, einer Vereinigung der zwcyte Hälfte, welche den vierten uud fünften Akt in sich
Heyden Hauptstrdmc, des Rheins und der Donau, erkannt, und schließt , ist von viel gcringcrcr Bedeutung, die Schlußfccne deS
noch ist der Anfang nicht dazu gemacht ; in Amerika hat man lcztc» Aktes ausgenommen. In der Verbindung bcydcr Tbeile
gute Landstraßen durch Wildnisse , vcy nns sind sie oft in den wirkt besonders störend das Mißvcrhältniß deS unbedeutenden
bcvblkcrtsten Gegenden, bcu schwerem Wcggcld , unfahrbar; häuslichen Zwistes im vierten Akt zn den bedeutenden Inter
während man kaum einige Dampfschiffe auf dem Rheine hat, essen , um welche es in den früheren Akten sich handelt . und
zählt man schon auf dem Missisippi und Ohio 15», welche sammt- der Ma»gel an Zartgefühl, wclchen wir plöglich im Benehmen
lich Beschäftigung finden. Jede kleine Stadt hat ihre Kolle der Dame wahrnckincn. Der Beifall war allgemein . aber
gien , öffentliche Büchersammlungcn , Versicherungsanstalten, mäßig. Die Rolle deS Vornuinds gekört zu den vollendetsten
ja oft sogar Micthkutschen oder Fiaker, während bequeme, Leistungen deS Hrn. Korn. Die Rolle der Mündel bietet
schnelle Landkutschen die Verbindung unter denselben erhalten. Schwierigkeiten dar, welche kam» von einer Schauspielerin
Und wenn man bedenkt, daß alles dieses das Werk von mei- fämmtlich glücklich beseitigt werden können. Dem. Miller
flcnthcils unbemittelte» Abenteurern ist, die thcils auS de» bewährte auch hiev ihre Meisterschaft, ohne jedoch die große
älteren Staaten am atlantischen Meere, thcils aus Europa, Aufgabe vollkommen gelöst zu haben. So ließ sie z. B. ihre
aufs Gcrathrwobl in jene Wildnisse gezogen sind, ihre eige Zuneigung zum Vormunde in seiner Gegenwart viel zu sicht
nen Beamten gewählt, und auS frcyem Antriebe, blos daS bar werden.
allgemeine Beste im Auge, so r!cl Schönes und Nützliche« voll De» Erfolg des dramatischen Gedichtes : Hans Sachs
bracht habe» , und diesen Zustand mit dem Zustande anderer hat Ihnen bereits in No. z„« ein anderer Corrcsponbent ge
Länder zusammenhält , so kann man nicht umhin mit Hamlet meldet.
auszurufen : tnere i» »on>elking rotte» in tke >t«t« o5O»> (Die Fortsetzung folgt.) ^
veu>«K. Bcvlage: Literaturblatt Nr. 2.
(Der Beschluß folgt.)
Verlegt vvn der I. G. Cvtra'schen Buchhandlung.
N°. 5.

M o r g e n b l a t t

f ü r

gebildete Stände.

Sonnabend, 5. Januar 182 8.

Wcnn l'ier nur kavier Boden wär'.


Da« wäre doch, bey meiner Skr',
Jl>r ^e.rn, nicht bald so schon.
D,i»n wäre »in ui'.S Kcr kein Bauin,
Dann wäre I'icr nur bder Raum.
Claudius.

Ausflug von Paris in die Normandie im Herbste Baucrnhiitte, aber in der Nornnndie bedeutet es Hütte
1827. nnd Zruchtgarten, und meistens lezteres allein. Siderist
das einzige Getränk der Landbewohner in der Normandie,
(Forts«suug.) daher die Obsternte ein wichtiges Hcrbstgrschäfr für sie ist.
Die Heyden Reihen längs der Landstraße hören end SS soll einige Hundert verschiedene Sorten Aepfcl in diefer
lich auf, und gegen Neufchatel zu tritt man in das ei- Provinz geben ; allein die Hauptgattung ist ein bittersüßer
gentliche Caurland, ein flaches, wohlbebanteS und sehr Apfel, der zum Sssen gar nicht taugt und bloS zum Auspres
ergiebiges Land , mit schwerem und fettem Erdreiche, das sen dcS Saftes gebraucht wird. Daher können denn auch die
an Korn nnd Obst einen überaus großen Neichtlmm be- Apfelbäume ohne G>'faKr des Stehlrns an den Landstras
sizt. Der Flüsse und auch der Bäche fließen in diesem sen und auf den Feldern ihre Früchte tragen. Niemand
Lande äußerst wenige; auch der Brunnen hat man nicht viele. entwendet sie. Auch der Cider der Normandie ist für Je
DaS Trinkwasser wird in großen Wasserbehältern gesam mand, der an dieses Getränk nicht gewohnt ist, eine saure,
melt, und wenn es. filtrit wird, ist es ebenso gut als unangenehme Labung. Doch hat man eine angenehmere
Fluß - oder Brunnenwasser. Da der schwere Boden den Sorte, die wie Champagner sprudelt und süßlich schmeckt;
Regen aufhält, so bleibt in demselben Feuchtigkeit genug von diesem Getränke wird auch ziemlich viel nach Paris ge
zum Gedeihen der Pflanzen und Bäume. Indessen man sandt, aber dort oft verfälscht oder nachgemacht. Aus den
in einigen andern Provinzen Frankreichs bestündig der Birnen wird ein anderes besseres Getränk, das sogenannte
Dürre entgegen arbeiten und mit großen Kosten das Land Poir« bereitet, das oft fo stark als gewöhnlicher weißer
bewässern muß, wenn man keine Bäche in der Nähe hat, Wein wird, und in Paris als solcher verkauft werden soll.
ist man im Caurlande dieser Mühe und Kosten überhoben, In diesem Jahre war die Obsternte ganz mißlun
der Boden bedarf keiner Bewässerung. Der Wiesen gibt gen und nur hie und da trugen die Bäume Apfel und
es daher aber auch nicht viele ; dagegen erblickt man überall Birnen , die meisten standen ganz leer ; dagegen war im
auf den Kornfeldern Obstbäume, und außerdem hat jeder vorigen Jahr der .herbst äußerst gesegnet gewesen und man
Bauer nnd LandeigentKümer seinen Frnchtgarten oder ei hatte noch einen beträchtlichen Vorrath von Getränk;
gentlicher seinen Fruckthsf, wie denn auch jeder sroöc ein so heißt in der Volkssprache der Cider im Gegensatze ge-
gezäunte, mit Obstbäumen besezte Rasenplatz eine Cour oder gen den Wein. Die Apfelbäume, die man auf den Fel^
auch Masure heißt; lezteres Wort bezeichnet im übrigen dern und auf den Obstböfen sieht, sind alle klein und ha
Frankreich ein elendes, baufälliges HauS, oder eine schlechte ben von weitem die Gestalt eines ausgespreizten Regen
«
schirmes. Seit einigen Jahren hat sich ein furchtbarer ein. Diese schien noch immer nicht die Angst überwunden
Feind der Obstbäume gezeigt, nämlich ein kleines Insekt, zu haben; der alte Herr aber blickte spähend umher, und
das plötzlich in den Obstgärten zum Vorschein gekommen besonders Thorstein schien ihm verdächtig. Er redete die
ist, ohne daß man weiß woher, und viele Verheerungen Anwesenden erst auf Holländisch an, und als er merkte,
angerichtet hat. Die ökonomischen Zeitschriften und auch daß ihnen diese Sprache unbekamit war, sandte er sich,
die Obrigkeit haben sich mit dem Thiercheu abgegeben und französisch redend, an Thorstein. Dieser antwortete ihm
den Bauern die eben nicht sehr wirksamen Mittel ange- unbefangen, und van der Nael erschrak nicht wenig, olS
zeigt, dasselbe los zu werden oder doch wenigstens seiner er ihn bcy seinem Namen nannte. Aber Thorstcin, völ
Vermehrung zu steuern. Jndeß hat die Kälte der bev- lig besonnen, that, als merke er es nicht, erzählte ruhig,
den leztcn Winter mehr gethan als die ökonomischen For wie sie schon durch ein Schreiben des Besitzers von seiner
schriften, und es scheint, daß das furchtbare Infekt jezt Ankunft unterrichtet wären, wie sie aus dem Hause ein
nicht mehr Verheerungen anrichtet als so manche andere Boot in großer Gefahr erblickt hätten, wie es ihnen ge
seines Gleichen. lungen wäre, die Nichte zu retten, die sich eben jezt aus
Schön und kräftig wachsen die Buchen in der Nor- einer tiefen Ohnmacht, die sie Alle sehr besorgt gemacht,
mandie empor; diese Provinz ist ein wahres Buchcnland. einigermaßen erhole. In der That war Klara bis jezt in
Bcy den meisten Schlössern und Landhäusern sieht man eine ängstliche Spannung vcrsczt, völlig erschöpft, -und es
herrliche Alleen und Gehölze, und auch die Bauernhäuser schien also glaublich , daß sie kaum aus der Ohnmacht er
sind meist alle mit einigen dieser Bäume umgeben. wacht sey. Van der Nael schien dadurch etwas beruhigt
Ueberhaupt liebt der uormönnische Laudmann das Gehölz und Klara schwieg. „Ich bin sehr erfreut, Sie uud uns
weit mehr als der Bauer in den andern Provinzen Frank Alle gerettet zu sehen," sagte er, und näherte sich mit
reichs ; die meisten Dörfer liegen im dicken Schatten der vieler Höflichkeit dem Mädchen. „Vermögen Sie wohl,
Bäume, und man erkennt ein Dorf schon von weitem an theure Nichte, das Haus zu verlassen, damit wir die uns
dem Gehölz, worin es wie versteckt liegt. Auf den großen bestimmte Wohnung erreichen? Hier können Sic doch keine
Landgütern läßt man die Buchen sehr alt werden, uud Ruhe finden." — „Ich sehne mich nach Ruhe und Ein
man sieht wirklich riesenhafte Bäume unter denfclben. In samkeit," antwortete Klara, indem sie sich mühsam zu er
einige» Lustgärten werden die Buchenalleen auch noch zu heben suchte. „Sie haben niein Leben mit Gefahr zu ret
folge des altfranzösifchen Geschmacks geschoren , um grüne ten gesucht," fnhr sie fort und wandte sich mit einem
Wände darzustellen, nur auf die abenteuerlichen Thierse» Blick, über welchen sie ftlbst erröthcte, französisch redend
stalten scheint man Verzicht geleistet zu haben , aber die an Thorstein ; „ich werde es nie vergessen. Danken Sie
lieben grünen Wände behält man bey. Es fehlt nichts in meinem Namen Ihrem braven Begleiter, danken Sie
weiter, als daß man in Neifröcken und hoch frisirte» und der Frau , die mir so liebreich Hülfe leistete."
gepuderten Haaren in diesen Alleen spaziere» gehe. Unterstüzt von van der Nael und einem Fischer ver
(Die Fortsetzung folgt.) ließ sie das Haus, und die holländische Frau schlich still
schweigend und verdrießlich, wie es schien, hinterher.
Der Sturm würhete zwar noch, aber seine Richtung war
Die vier Norweger. gegen den Edelsitz, und so gelangten sie ohne große Mühe
Wo» Henrich Steffens. dahin.
Als sie die Stufen hinaufstiegen, die zu dem ansehn
(FortseSmig.) lichen Gebäude führten, war man beschäftigt Kisten uud
So weit war Klara in ihrer Erzählung gekommen, Koffer hineinzutragen. Klara war noch immer in den
als sie eine Menge Menschen, kämpfend gegen den Sturm, durchnäßten Kleidern, ein Ficberfrost schüttelte sie, aber
der noch immer wüthcte, auf das Haus zuschreiten sahen. begierig durchlief sie dic^ Stuben und entdeckte bald eine
„Sie sind da, es sind Fremde; einen alten Herrn und eine mit einer grünen Tapete. Dem Anschein nach war keine
ältliche Frau erkenne ich," rief Jngier. „Dann muß ich abbre weniger für eine geheime Zusammenkunst geeignet als
chen," sagte Klara ; „aber wie treffe ich Euch, liebe Frau ?" — eben diese. Sie hatte nur einen Ausgang , dieser führte
„Versuch' »ur die Stube mit der grünen Tapete zu erhalten, nach einer zweyten, völlig eingerichteten Wohnstube, und
für das Uebrige laß mich nur sorgen. Mein Gott, liebes es war leicht vorauszusehen, daß, wenn sie sich die innere
Kind, sie wollen dich unglücklich, sie wollen dich zur Papistin Stube zur Wohnung wählte, die strenge Wächtern, sich
machen. Ich wäre ja keine Christin, wenn ich dich nicht in der äußeren einrichten würde, um so jede Gelegenheit
zu retten suchte." — „Also die grüne Stube," wiederholte zu einem fremden Besuch abzuschneiden. Aber eine zweyte
Klara. „Jezt aber seyd stille, sie öffnen schon die Thüre." Stube wie diese fand sich nicht, ihr Vertrauen zu der
Gleich darauf trat van der Nael und die alte Dame her gutmüthigen Frau war unerschütterlich, und sie sah wohl
19
ein, daß cben diese Lage die Bitte, hier ihre einsame «blichen Gut sonst gehörten, liegen in der Nähe. In ei
Wohnung ausschlagen zu dürfen, kräftig unterstützen würde. nem solchen Hofe wohnte Thorsteins Vater. Vermögende
Auch fing sie kaum an , die Ruhe, die abgeschiedene Lage, Bauern haben ihre zerstreuten Wohnungen in der nahen
die Aufsicht zu rühmen, als van der Nael ihr vorschlug, Umgegend, und in geringer Entfernung ist eine Kirche.
sie zur Wohnung für sich zu wählen , indem er der Frau Aber Rosendal selbst ist nicht blos durch die Hoden
die vordere Stube einräumte. Felsen des Festlandes umschlossen ; drcv felsige Inseln be
. Diese Frau, die Wittwe eines Brüsseler Bürgers, schränken auch die Aussicht nach HardangcSsivrd. In diese
Magdalena toor Straaten, stand seit vielen Jahren in GebirgSeinsamkrit zog sich, «IS durch die Einführung der
einem vertrauten Verhältnis zu ihrem gegenwärtigen Herrn Souveränetät die herrschende Aristokratie des AdclS inDä-
und war eine eifrige Katholikin. nemark gelähmt wurde, ein mächtiger dänischer Edelmann,
Als van der Nacl sich entfernt hatte, und sie sich in Ludwig Rosenkrany zurück, und obgleich ihn eine reiche
der freundlichen , sehr anständig eingerichteten Wohnung Hcirath in dieser Gegend festhielt, scheint doch auch Un
mit Klara allein fand, ward endlich die Aunge gelöst. zufriedenheit mit der Stellung des Adels viel dazu beyge-
„Ihr zittert ja vor Külte, liebes Kind, eilt Such umzu- tragen zu haben ; denn noch immer findet man eine, von
ziehen, ich bin auch durchnäßt," sagte sie, und während ihm herrührende bedenkliche Inschrift über dem Thorweg:
sie sich umkleideten, stellte sie die Angst, die sie ausge- IVloliu» ett i» Iil>ert«l« mori , qu»m I« »er,itute ,iv«re
standen hatte, in breiten Worten dar. „Uud welch ein (Vesser in Zrcyheit sterben als in Knechtschaft leben), als
Land ist das! Nichts als starre, himmelhohe Felsen, Sturm, zöge er den bürgerlichen Tod unter Kiefen rauhen Felsen
Regen und kein Mensch , mit dem man sprechen kann — der Knechtschaft in seinem Vatcrlande vor. Und bicr ver
lauter Ketzer, denen Gott eine menschliche Sprache ver barg van der Nael die geheimen Plane , die ihn bewogen
sagt hat; denn was sie reden, versteht ja kein Mensch, es hatten eine so lange und bedenkliche Reise zu wagen. Daß
ist weder holländisch noch französisch, und ich möchte nur geheime Anschläge ihn beschäftigten, merkte man bald. Nach
wissen, ob sie sich unter einander verstehen. Wie fatal ist Bergen ward der Bediente schon den Tag nach seiner An
daS Vott'." — „Sie haben doch Euer Leben gerettet," un kunft geschickt, und brachte einen Advokaten, mit welchem
terbrach sie Klara. — „Ei was ! es sind Zauberer, Berg- er sich fast einen ganzen Tag einfchloß. Papiere wurden
/ow/öe, ö/e unter dem Wasser leben können wie in der unterfucht, Dokumente dem Advokaten vorgelegt, und
Luft, Jesus Maria!" rief sie, ,.als das stürmende Meer diefer eilte nach Bergen zurück.
sich aufthat, um uns zu verschlingen, war nicht Einer, (Die Fortsetzung folgt.)
der sich ein Kreuz schlug, und es ist entsetzlich, daß wir
in diesem wüsten Lande unter solchen Heiden leben müs
sen. Sieh, mein Kind, jezt sind wir nun ganz an einan Aus I e a Pauls Nachlaß.
der gewiesen ; ich will dich nie aus den Augen verlieren,
und du hast hier keinen Menschen, an dem du dich hal Man zeigt höhere Liebe durch stummes, aber liebendes
ten kannst, als den Herrn und mich.' Nun, wir wollen mit Ertragen und Verzeihen fremder Schwächen, als durch
Gottes Hülfe für dich sorgen, nur gib dich ja mit den warmes Offenbaren eigner Liebe.
Leute» hier nicht ab; gewiß , es sind lauter schlechte Men Die Menschen brauchen immer den Tod und das Ver
schen, ohne Glauben und von allen Heiligen verlassen. schwinden zum rechten Anschauen ihrer Geliebten.
Hier kannst du nun sehen, wie die Ketzere» die Menschen
wie die wilden Thicre in Wüsten treibt."
«Ich fthne mich nach Ruhe, ich bin matt und müde Korresxonde nz-N achrichte n.
und will versuchen, ob ich schlummern kann," antwortete
Klara, und zog sich stillschweigend in die grüne Stube Kondon, December.
(Beschluß.)
zurück. Magdalena wagte nicht zu folgen. „Sie bleibt Von Neu-Orlean« sagt der angefahrte Schriftsteller : „Uns
immer störrisch," brummte sie ihr nach, „aber hier könnte geachtet dcS jährlich, oder wenigstens alle zwcy Jahre wie«
«ohl eine halsstarrigere, als sie ist, zulczt gebändigt werden. derkckrenden gelben Fiebers , das immer eine Menge nicht «„
Rosendal ist ein ansehnliches Gebäude. Sin ziemlich das Clima gewöhnter Arme» hinwegrafft »>ib die Reicheren zu«
Flucht zwingt, ungeachtet der Furcht, welche der Name dieser
großer, von hohen Mauern umschlossener Garten stößt dicht Stadt alleim,alben einfldst, »immt doch die Bevölkerung der
an das HauS. Er ist dicht von mehr als viertausend Fuß selben ftlir samcU zu. Wenn ich die Stadt nach einiger Zeit
hohen schroffen Bergen umgeben. Auf dem flachen , hohen wiedersehe, bemerke ich eine offenbare Veränderung. Neue
Rücken dieser Berge ruht eins der größten ewigen Schnee Gebäude sind emporgestiegen und neue Verbesserungen sind im
Werke. Ihre gewöhnliche Winterbevölkerung rou 40 bis
felder in Norwegen. Das fruchtbare Ufer ist stark bevöl- ZO.VNII Seelen ist fünfmal starker alS zur Zeit , wo sie uns
bewohnt, die dem ter die amerikanische Regierung kam. Es liegen zuweilen 5y
20
Dampfschiffe m bcm Hafen. Wir rechneten von 12 bis 1Z,NN« stein," de«, nachdem er eine Zeitlang nicht gegeben werden war,
flache Fa>,rzeuqc von I» bis 5U Tonnen im Durchschnitte im mit dem der Wi'idc des HoftbeatcrS und dem Gehalte deS
Flusse. Die Anzahl der Schiffe im Hafen vom Herbst bis zum Stückes entsprechen«» Aufwände in einer neue» Bearbeitung
Frühjahr ist sehr groß. Es wird hier mehr Baumwolle ver von West wieder erschien. Die „PIccolomini" und „Wallen-
laden als in irgend einem andern Hafen in Amerika, ober viel steinS Tod" sind hier mit der sorglichste» Berücksichtigung deS
leicht in der Welt. Ich hätte mir nie eine» Begriff davon ma Originals in ei» Stück zusammengezogen worden, welches
chen können , wenn ich nicht die Ungeheuern Haufen gesehen mit dem Gastmahl in den Piccolvminis anfängt nnd mit Wal-
hätte , die zur Erndtezeit davon auf den Straßen aufgethürmt lcnstcinS Tob endet. Mit verständiger Wahl ist der Astrolog,
sind. Bekanntlich ist die Menge deS hier erzielten und ver welcher in der früheren Bearbeitung ausgeschieden war, in
schifften Zuckers sehr groß, und vermehrt sich immer mehr. der neuen wieder aufgenommen worden. A n s ch ü tz stellte
Wie weit es mit den Erzengnissen des Oberlandes komm:» die Titelrolle, Kor» de» Mar, Heurteur den Oktavio,
mag , ist nicht zn bestimmen , und der Handel dieser wichtigen und die Schr öder die Terzky dar. Diese Leistung kann eine
Stadt ist immer im Steigen." — Eincinnati, welches wirklich der bedeutendsten jener Künstlerin genannt werden.
ein herrliches Städtchen zu seyn scheint, zählt bereits über I» JfflanbS „Hausfricben" zeigte sich Mad. Schrö
6>>U» Einwohner, worunter auch, wie allenthalben, Deutsche, der im bürgerlichen Fache. Die Erwartung zog eine unge
doch nicht über 6li; und ein Ort, welcher erst 17L3 ge wöhnliche Menge von Kunstfreunden hcrbcy, und die erste tra
gründet wurde, hat sein Museum, seine Büchersaminlnng , gische Schauspielerin Deutschlands entfaltete auch im Lust
seine Lehr- und Gelehrten-Anstalten, sei» medicinisches Colle- spiele einen bedeutenden Grad von Meisterschaft. DaS Stück
gium, sein SiecheubauS, seine religiösen, geselligen und Han- wurde seither mel'rmal , jedes Mal bey gefülltem Hause , wie
belsvereinc, seine Bank, seine Assccuranzanstaltcn und Fabri derholt. So wird Jfflanb in Rücksicht treuer Schilderung bür-
ken , worunter besonders die Druckerei , die Maschinenfabriken gerlicher Verhältnisse, in Rücksicht der festen und sichern Cha
für Dampfschiffe und die Schiffsbauhöfe. Seit der Einführung rakteristik . besonders aber als Sittcnmalev seiner Zeit, mit
der Dampfschiffe auf den westlichen Gewässern hat man deren dem sich in dieser Beziehung kein Schriftsteller irgend einer
2ZZ gebaut, wovon jetzt noch 14Z, zusammen 24,Nl)st Tonnen Nation messen kann , »och lange bestehen , wenn manche der
haltend , daselbst fahren , die übrigen sind zu Grunde gegan hvchgepriescnen hypcrpoerischen Erscheinungen der neuer» und
gen , verbrannt ober »»brauchbar geworben. Vom 5. bis zum neuesten Zeit lange im Meere der Vergessenheit schlummern
12. Febr. d. I. wird bemerkt, baß 21 Dampfschiffe von 4117 werden.
Tonne» bei dieser Stadt angekommen nnd von da abgegangen Die „Dame im Schleyer," Lustspiel in vier Akten, ging
sind. Von alle» bürgerlichen Anstalten scheinen mir die Vors nicht ohne Beyfoll , aber auch ziemlich spurlos vorüber.
kelnungen gegen Feuersbrönfle am beachtungSwcrthesten. Die Die Reprise der „Zeichen der Ehe," welches Lustspiel an
Stadt l'at 4 Spritze», und zu jeder eine Compaqnie von 25 Mann demselben Tage mit dem Paria dargestellt wurde, war er
mit einem Hauptmann , eine Compagnic für die Schläuche folgreicher. Steige » teschS Lustspiele sollten beständig «uf
von 25 Mann, welche 1»UU Fuß Schläuche »nter sich hat, der deutschen Bübnc erhalten werden. Witz, Laune >r»d
eine Hacken - und Leiter-Cvmpagnie von zu Mann , eine Eis cii.e seltene Kenmniß des Umgangstones höherer Cirrcl s!>ib
mersCompagnie nnd eine Schuygcsellschaft von ungefähr 5» dem Verfasser tbeilS durch Anlage, thcils durch seine bürgerliche
Mitgliedern. Man hat in den verschiedenen TKeilcn der Stadt Stellung eigenthümlich geworden. Die Feinheit im Ausdruck
fünf feste Behälter, deren jeder an 5»»» Eimer hält, nnd und in de» Wendungen, welche wir bei) ihm antreffe» , wirb
welche mit den Röhren , die das Wasser durch die Straßen fäh in der Regel nur bey den Franzvscn gefunden , und diese sind
ren, in Verbindung stehen, so baß sie, wenn sie bei einem bei) »,,s doch sonst so beliebt.
vorfallenden Feuer geleert würde», innner wieder gefüllt wer Von Gästen sahen wir nur Hrn. Nielsen, einen gebor-
ben können. Die Lebensmittel scheinen so wohlfeil als ir »en Dänen , vom Tk>eatcr von Kopenhagen , der im Septem
gendwo in Deutschland. ber in den drc« Rolle» Arcl, in „Arel und Walburg," Ba
ron, im Lustspiel „Stille Wasser sind tief," und Allegri im
Wien, Septcniber bis Dccembcr. „Correggio" aus der Hofbülme auftrat. Er zeigte eine eigen-
(Fortsetzung) thümliclie Auffassungs- und Darstellungsgabe, ringt aber noch
„Die Ehrenrettung," und „der Dichter ans dein Lande," zum mit der Sprache , und kann von einer etwas störende» Gleich
ersten Mal am 2g. Okt. dargestellt, wurde» beifällig aufgenom förmigkeit in der Deklamation nicht frepgcsprechen werden. Er
men. Das erste Stück bot Hr». Koberwein als Lumpen gefiel in allen dreh Rollen, mir am »leisten als Axel.
sammler, das zweite Hrn. Wothe als Dichter Glanzrol (Die Fortsetzung folgt.)
len dar.
Beer« „Paria," am 19ten December dargestellt, ging,
aller Anstrengungen der Schauspieler ungeachtet , spur
los vorüber. Die eigentliche Handlung geht in Sentenzen, Auflösung der Cbarade in Nro. ZI 2!
Bildern und Gleichnissen unter. Dabei? leidet das Stück an Handkuß.
Unwahrschcinlichkciten mancher Art , und sezt daS dem grdßern
Publikum nicht bekannte Kaflenspstcm nnd die eigenthümlicheStel-
lung deS Paria zu wenig auseinander. I» einem Stücke von
solch einem Umfange war dicß auch kaum möglich , und es R ä t h s e l.
mnstc schon beßbalb jene Charakteristik und jene Motivirung,
welche uns in Dclavignes Paria so sehr gefallen, weg Lies das kleine Wort von hinten.
bleiben. Die Hauptrollen des Stückes waren in den Händen Falsch geschrieben wirst bu's finden.
der Dein. Müller nnd des Hrn. Löwe, welche, wie schon Doch eS bleibt derselbe Laut,
bemerkt, mit allem Aufwände von Kunst und dem sichtlichsten Und ein Wort, vor dein uns graut.
gute» Willen nicht durchgreifen konnten. Trefflich zu des Wortes Sinne
Von den Reprisen ist die bedeutendste unstreitig „Wallen- Paßt der Wehlaut mitteuinne.
Verlegt von der I. G. Eokta'schcn Buchhandlung.
6.

M v r g e n b l a t t

f s ,

gebildete Stände.

Montag, 7. Januar 1323.

Wie sich in dimter Träume ReiK>»


Vergnügt de« Sänger« Blick!
Doch denk' ich träumend a»ch allein
An Sang und Dickterglüct.
Th. Körner.

W a l d t r a u m. So müssen unter meiner Finger Schlag


Die eiugeschlafnen Lieder auferstehn
An einem Walde ging ich sinnend still. Hell rings im ganzen Walde.
Und bey der Buchen flüsterndem Gespräch
Kam ich weit ab von dem gemeinen Weg, Und schon in meinem Innern stiegen aus
BiS in des .Haines inn'res Heiligthmn, Die alten Städte und die Könige
Mir unbewußt in Träumen. In ihren Marmorsälcn, um sie her
Die Helden, als ein eisern Achrenfcld,
An einer Stelle wacht' ich endlich auf, Und graubehaarte Weise.
Wo in der Zweige dichtgewovncm Netz
Sin unnennbares Schweigen mich umffng; Den Ritter sah ich, der den Lindwurm schlug
Nicht Vögel wagten sich hinein und nicht Hochbäumcuden mit vielgcwicht'gem Schwert,
Vorwitzige Lazertcn. U»d an den Berg gebunden, anmnthsvoll,
In Hoffnung, Furcht und Liebe schöner noch
Die wunderschöne Jungfrau.
Die Lüftchen feverten, und unbewegt
Sag Schatten hier und Licht auf leisem Krim Und wie die Abenteuer höher stets
Bevfammen. WvKl erkannt' ich scheuerfüllt. Aufstiegen über meinem bangen Haupt,
Daß eine Todtenstille unerlöf't Und aller Wunder wurde voll der Wald,
Auf dieser Stätte ruhe. Da tönt mit eins ein Jägerhorn und ich
Wacht' auf aus meinem Traume.
Ach fühle, sprach mein Herz, daß diesen Ranm Ad. Schill.
Erfüllet eines alten SängerS Geist,
Der hier mit allen feinen Liedern liegt
Im tiefen Schweigen; sprach's und sah am Baum
Dahausen seine Harfe. Türkische Art und Weise.
Die goldnen Saiten schliefen traurig stnmm (Beschluß.)
Im dunkeln Laub, am Schaft von Elfenbein
Quoll ein Rubin mit leiser Gluth hervor. Die Frau. lSie wendet sich an den Juden.) Hekim
Und al,o drang sein Strabl mir in's Gemüth, Baschi, ich bitte dich, sieh meine Zunge an.
Daß ich vor Sehnsucht brannte. Arzt. Ach! was für eine Zunge! Da sich, Derwisch,
Ifen meine junge Hand, wie sie belegt ist! die arme Frau! du leidest gewiß rechl
und recht ein Sänger bin, sehr, das sehe ich; hast keinen Appetit, die Beine rhun
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dir weh, wenn du zum Sultan-Bayasite (eine Moschee ich erschrak und wollte davon laufen, als ein Araber mich
Konstantinopels) gestiegen bist. Du konntest gestern nicht mit Gewalt beym Arme ergriff und mir die Hand an die
einschlafen, nicht wahr? Kel)le legte, um mich zu ersticken. Ich weinte und fchrie ;
Die Frau. Ja, Hekim, alles das ist vollkommen da befreyte mich endlich mein Erwachen von diefer gräß
richtig. Ich habe diese Nacht in schrecklichen Krämpfen ge lichen Angst.
legen. Sin Traum hat mich fürchterlich gepeinigt. Beck-Taschy. Das ist mehr als ein gewöhnlicher
Arzt. Du mußt eine Purganz einnehmen. Da , in Traum, das ist eine Erscheinung, ein Gesicht.
diesem Päckchen ist ein gelbes Pulver, du nimmst es auf Die Frau. Der Araber, den ich sah, könnte der
zwey Mal in kaltem oder warmem Wasser, und wirst auf Djinn (Geist) unsers Hauses seyn. Er ist mir schon meh
der Stelle wieder gesund werden. Es kostet nur fünf rere Nächte in derselben Gestalt erschienen.
Piaster. Beck-Taschy. Das wollte ich eben sagen. Was das
Die Frau. Da find sie. Weiter soll ich nichts thun? Gespenst betrifft, dessen Gliedmaßen verschiedenen Natu
Arzt. Nichts für jezt. Sollte das Uebel aber doch ren angehörten, so ist es unstreitig ein drohendes Zeichen,
nicht weichen, woran ich sehr zweifle, so wollen wir noch zu welchem sich die Katzen, Hunde nnd Vögel vereinigt ha
ein stärkeres Pulver versuchen. ben. Du hastviellcicht diesen Thieren kein Almosen gegeben ?
Die Frau, lind wo treffe ich dich? Die Frau. Verzeihemir, Derwisch-Effendv, mein
Arzt. Ich werde morgen ungefähr um diefelbe Stunde Mann unterhält fünf Hunde; er bezahlt dem Fleischer mo
auf dem Balik-pazar (Fischmarkte) feyn. natlich drey Piaster, um Lebern an die Katzen in der Nach
Die Frau. Ich habe dich noch nach etwas zu fragen. barschaft zu vcrtheilen, und hat nvch ohnlängst ein Dutzend
Mein Mann ist auch krank. Vögel gekauft, um ihnen die Freyheit zu geben.
Arzt. Was fehlt ihm denn? Beck-Taschy. Das ist sehr lobenswerth ; nun , da
Die Frau. Er eilte in dieser Nacht voll Schrecken muß noch irgend eine alte, nicht gehörig abgebüßte Sünde
über das Geschrcy, das ich in Folge meines Traums er vorhanden seyn. Gib daher stärkere Almosen, händige sie
hob, zu meiner Hülfe hcrbey, und da es finster in der den Derwischen ein , welche sie schon wieder an die Arme»
Kammer war, stieß er sich an die Thür. 'lertheilen werden , wir kennen die Bedürfnisse besser als
Arzt. Schon gut (sucht in seiner Büchse). Ach du mein ihr. Dringe vor allen Dingen in deinen Mann , daß er
Gott! Nun habe ich keine Purganz mehr bcy mir! Doch irgend einerMoschcc ein Geschenk mache, auf das er seine»
das schadet nichts, gib ihm nur die.Hälfte von dem Pul Namen schreiben soll ; das wird euch dann vor allen AniaK
ver, das ich dir gegeben habe. len des bösen Geistes schützen. ,
Die Frau. Es wär mir aber doch lieber, Hekim- Die Frau. Wir werden nicht verfehlen, deinen Ge
Baschi, wenn du ihm ein äußerliches Mittel gäbst, damit boten zn gehorchen. Aber was soll ich denn nun gegen
er sein Fasten nicht zu unterbrechen braucht. Die Buße, meine Krankheit brauchen?
die er dann thun müßte, ist gar zu hart. Beck-Taschy. Nimm dieses Papier, tauche es in
Arzt. Run, so nimm das. (er gibt ihr ein anderes reines Wasser und trink dann alle Morgen vier Tage lang
Päkche» und geht ab). davon. Hilft das noch nicht, so lege das Papier erst auf
Beck- Tisch». Das ist ein Diifutv (ein Unreiner), deinen linken Backen, wo es sieben Stunden lang liegen
ich kenne ihn schon lange. Diese Hekims sehen einander bleiben muß, nnd dann auf den rechten. So mußt du
alle ähnlich. Sie betrügen euch jeden Tag aufs gröblichste, vier Mal damit wechseln und dann wirst du vollkommen
und doch lauft ihr ihnen immer wieder zu. Der Himmel wieder hergestellt seyn. Man muß nur Vertrauen auf den
aber unterhält in dieser Stadt ekrwürdige Derwische, die heiligen Propheten haben.
allein im Stande wären eure Leiden zu lindern; ihr hütet Die Frau. Und mein Mann?
euch aber wohl , sie um Rath zu fragen. Immer wendet B e ck - T a sch y. Der muß nach Ssky-Ali-Pascha-Ma-
ihr euch an einen Franken, einen Juden, oder an jeden balessi gehen, wo man jezt Ab-nirca y stherit (Wasser von
andern Ungläubigen, der eine Pelzmütze trägt. Wirf das dem heiligen Gewände *) verkauft. Da soll er sich eine
Pulver weg und laß dir das zur Lehre dienen. (Die Frau Flasche kaufen und auf eilfmal austrinken, das wird ibm
wirft da« Pulver weg.) Ich hoffe, daß dir Gott es vergeben
wird ; da hast du deine fünf Piaster gnt angewendet ! Er ") Man taucht ein heilige« Gewand des Propheten in« Wast
zähle mir «vir jezt deinen Traum. ser, und füllt mit dein lezten kleine Fläschgen, die man ver
Die Frau. Mir träumte, ich gehe am Ufer des siegelt , und in den ersten vierzehn Tagen des Ramazan für
Gelb vctthcilt. In Konflantinopel gibt e« zwey Gewänder
Meeres. Plötzlich stieg aus dem Wasser ein fürchterliches Makomets, ein« ist im Serail, und das andere vry einem
Ungeheuer empor, das einen Hundskopf, einen Vogel- Privatmann, der in der Vorstadt EsK)-ali-Pascha-Mayalesst
schwänz und die Stimme einer Katze hatte, es spie Fever ; wvynr.
2Z
mehr helfen als alle Arzneymittel in der Welt. Vergiß leicht macht die Nähe der Gefahr vorsichtiger. Auch hat
auch nicht, an dein Bett einige Knoblauchzwiebeln zu hän man den Gebrauch, die Häuser von einander zu trennen,
gen, vielleicht ist ein biseS Auge Schuld an allen diesen und auf d«i Pachthofen steht jedes Gebäude, einzeln. An
Krankheiten*). . Ctouteville zeigte mir der GutSherr einen Pachthof, der
Die Frau. Und waö habe ich für alles das zu einem schönen, kleinen Dorfe glich, wofür ich ihn auch
zahlen ? hielt, zumal da die kleine Kirche oder Kapelle mitten auf
Beck-Taschy. Was dir gefällig ist, die kleinste Klei dem Hofe lag. Sin großes Gebäude enthielt die Pferdeställe,
nigkeit, so ein zehn Piaster. eiu anderes die Viehställe, ein drittes die Kornboden, ein
Die Frau. O Derwisch-Sffendv ! das ist viel. viertes den Heuboden, ein fünftes die Ciderkclter, und unter
B e ck - T a sch y. Gibst du es nicht von Herze» gern, derselben die gewölbten Keller mit großen Fässern, in welche
so wirst du nur zur Hälfte gesund. durch eine Röhre im Boden der Lider sogleich aus der
Die Frau. Wir sind nicht reich und „man muß nicht Kelter hineinfließt. Die Wohnung der Pächterofamilie
mehr auf einen Esel laden als er tragen kann." stand ebenfalls einzeln da ; ein Fruchtgarten von einigen
B e ck - T a sch o. Ich will einige Gebete an die Dives **) Morgen Landes umgab die sämmtlichen Gebäude; fette
richten , sie werden euch einen Schatz zeigen und ihr wer Kühe und Schweine weideten, unter den Obstbäumen. Hier
det sehr bald reich werden. waren alle Gebäude aus Backsteinen und mit Ziegeln be
Die Frau. Da nimm, hier sind die zehn Piaster, deckt; sonst haben, wie gesagt, die meisten Bauernhäu
aber du mußt mir noch etwas sagen. Wir wollen unser ser Strohdächer; nach dem bestehenden Herkommen ist
Haus verkaufen, weil wir glauben, daß es behert ist. der Pächter verpflichtet das Strohdach in gutem Stande
Daun wollen wir ein neues bauen, möchten aber gern wis zu erhalten, besteht das Dach aber aus Siegeln, so liegt
sen, ob wir dabev glücklickex sevn würden; wir hatten die Unterhaltung nickt dem Pächter, sondern den, Guts
Lust, darüber einen Fakir ***) zu befragen. herr» ob, weßhalb dieser lieber Stroh- «IS Ziegeldächer
Beck-Tasch». Darauf will ich dir gleich antworten. auf den Gebäuden seiner Pächkercvcn machen läßt. Ueb-
(.Tr siebr vv. ewen klcmen Spiegel, den er an« der Tasche zieht, rigens werden solcke Strohdächer sehr sauber nukerhalten,
denkt eim>>e Z«e».,ch, nimmt eine finstere Miene an und sagt aber zuweilen nimmt es sick sonderbar aus, auf einem schön
Km» m/t lvitni» Sesimr:) Ihr habt Neider, ihr werdet ei angestrichenen Hanse, das auf Eleganz einigen Anspruch
nige Unannehmlichkeiten erdulden , aber endlich wird Alles macht, ein Hüttendach zu erblicken. Ich begreife nicht,
gut gehen, baut nur euer Haus. «Was Gott in dein warum die vielen Ziegelbrennerevcn, die man in der Nor«
Herz geschrieben hat, muß geschehen.", mandic erblickt, nicht mehr Ziegeln liefern und absehen.
Vielleicht thut hier Gewohnheit und Bequemlichkeit ihre
alte Wirkung .
Dieser bey den Türken sebv verbreitete Aberglaube , den Sinei, schönen Schlag Pferde besizt die Normandie,
die Griechen lt«?'/'«?/« oder /3«?-«»kr^a und die Italiener schlank, stark und munter. Lullin de Shatcauvieur be
«ui?« occdi« nennen, ist sehr alt. Die alten Griechen be hauptet sogar, sie seyen den englischen Pferden vorzuzie
zeichneten ihn mit dem Namen j3a?««i/i«, und a»ch Virgil
spricht davon. Man wendet den bbsen Einfluß ab, indem die hen. Jeder Bauer spannt seine dre» Pferde in einer Reihe
Person, welche sich davor schützen will, Knoblauch, ein kleines vor den Pflug, und mit einem solchen Zug geht das Ta
rotheS Band, einen blauen Stein u. s. w. an sich trägt. gewerk flink von Statten. Anch vor den Landkutschc» tra
") Ve« den MaKomedanern sind Divci Geister, denen die ben diese nvrmännischen Pferde vortrefflich. Cs ist zu
Bewachung der in der Srde verborgenen Schäfte anvertraut ist. verwundern, daß man in Paris zu den Sauipagen lieber
Fakir bedeutet arm. Man nennt diejenigen Derwische so, meklenburger als normännische Pferde kauft; vielleicht
welche sich der Wahrsagern? widmen und Wunder im W«sser, geschieht es , weil erstere viel stattlicher aussehen.
oder mittelst eine« Degens , den sie in die Erbe stoßen , oder Die Heerstraßen sind in der Normandie so gut, wo
auch mit Spiegeln verrichte». nicht noch besser, als in andern fraiizöfischen Provinzen be
schaffen, weil sie ans Staatskosten unterhalten werden.
Anch erfordert dicß der beständige Verkehr Dieppco mit
Ausflug von Paris in die Normandie im Herbste Rouen und Paris. Aber mit den Nebenwegen zwischen
1827. den Dörfern und Städtchen ist es meistens sehr schlimm
bestellt. Diese sind zum Theile holpcrichte Hohlwege, in
.Fortsetzung.) denen die Steine, die man hineingeworfen, zwar das Ein
Aussallend ist die Menge von Strohdächern , die man sinken der Wagen verhindern, aber aus dem Fahren dar
in diesem reichen Lande findet; dennoch sollen Feuers- auf eine schwierige Sache machen. In der Lbernorman-
bninste nichc häufiger hier vorfallen als anderswo. Viel die trifft man den Gebrauch der in Norddeutschland, br.
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sonders in Westphalen, so gewöhnlichen Wallhecken wieder Nachricht bringt ihn, die Geliebte, und Ihr Ohm der Stadt«
an, die zwar die Landereven beschützen, aber auf den da Hauptmann. Was ist natürlicher, als daß er, die Geliebte am
Arm, aus Nürnberg auswandert? Aber der Ohm erinnert
zwischen liegenden Wegen eine beständige Feuchtigkeit un» ihn an die Schmach , die über die Familie durch diese Flucht
terhalten. kommen würde, und dadurch ist ihm Flucht und Ausland und
(Die Fortsetzung folgt.) Leben vergällt. Er will sterben ! Spricht Gott doch nur in
der Sebalduskirche zu ihm , und ist doch Nürnberg allein die
Welt! Die urplötzliche Energie dieser Vatcrstadtsliebe wir»
hier komisch , da sie sich nicyt zur Vaterl a n d S liebe «weiter«
Korrespondenz-Nachrichten. kann. Nürnberg ist eine sehr beschränkte Welt. Daß er sterben
müsse, weil er ein Verbrechen begangen, und also gestraft wer«
Berlin, Decemi». den soll«, tritt jezt ganz in den Hintergrund, und mit Recht»
(Fortsetzung.) denn er leidet ja Strafe, er wird verbannt, und aus»
serdem ist daö Verwerfen der Gnade selbst wieber ein Ver
Im „Ehrenschwerdt" des Herrn von Uechtriy liebt breche» gegen die Heiligkeit der Majestät, deren Wort jede
ein Waffenschmidt die Tochter des Bürgermeisters . mir That , in so weit sie Rechtsverletzung ist , ungeschehen macht.
der er erzogen worden; sie liebt ihn desgleichen, und der Der Verbrecher aber stirbt allein als Verlctzcr de« Rechts; für
Vater verspricht seine Einwilligung zu geben, wenn der dm moralischen Menschen gibt eS andere Bußen als den Tod.
Geliebte , der so eben vor Nürnbergs Mauern gegen den Der Waffenschmidt stirbt, weil er in Nürnberg bleiben will.
Markgrafen ficht, als Lohn der Tapferkeit mit dem Ehren» Doch der Dichter weiß ihn glücklich vom Hcnkcrtodc z« befrevcn,
schwcrbtc geschmückt werbe. Der Waffenschmidt kehrt zurück» und zwar auf folgende Weise : ein niederträchtiger Nürnberger,
und da er in der Thar der Held des Tage« gewesen ist, Maleflcus , eine traurige Nachahmung des Raupachfchen Ossip
Klaubt er nun Ehrenschwerdt und Braut schon erkämpft zu h»< cmS „Isidor uub Olga", sucht o»S Rache» daß ihm die
vcu. Doch unterdessen hat sich schon ein anderer a b e l i ch e rNürnberger seinen Sohn Christian, einen Räuber, auf
(von Nürnbergischcm Adel) Bewerber gezeigt, der zuerst dem Marktplatze a» den Galgen befördert haben (jede verstän»
zwar, als er erfährt die BürgermeistcrSrochter liebe schon den dige Obrigkeit hätte dasselbe gcthan) » so wie ferner aus Sic»
Waffenschmidt, zurücktreten will » doch sich durch den Bürger» che dafür, daß ihm der Bürgermeister ein Gärtchcn, in wel»
meister bereden läßt, damit dieser seines Versprechens ledig chem der gehängte Christian begraben lag , als Pfand einer
werde, um Ehrenschwerdt und Mädchen ritterlich zu werben. unbezahlten Schuldverschreibung wegnehmen ließ, nun ganz
Dieß geschieht, und durch die Reden des Bürgermeisters und Nürnberg aufzuwiegeln. Schon im dritten Akte hatte er de»
die stolze Gesinnung der Patrizier erhält denn, obgleich er eS Waffenschmidt aufgchezt; jezt aber ist er mit den äußern Fein«
offenbar nicht verdient , der Patrizier das Ehrenschwerdt, wäh den der Stadt Kn Ei»vcrstä,idiiiß ; er weiß sich der Schlüssel
rend der Waffenschmidt, weil er sich einige ungeziemliche Res des Arsenals zu bemächtigen , bewaffnet seine Spießgesellen,
tvnSarten erlaubt , vom hohen Nathe der Sieben in den Thurm öffnet die Thore, und als der Waffenschmidt so eben zum Tode
gesteckt wird. Dieß füllt die beyben ersten Akte aus. Man sieht, geführt wird , dringen die Feinde mordend In die Stadt. Do
das einzige Hinberniß ist hier der Bürgermeister, hätte er den ergreift der junge Held baS Ehrenschwerdt , das ihm vorge«
jungen Patrizier nicht beredet, so würde dieser zurückgetreten tragen wird , vertreibt , besiegt die Feinde , besrcyt die Stadt,
seyn , hätte er im Rath für den Waffenschmidt gesprochen , so und stirbt verwundet auf dem Markt am Brunnen in den Av»
würde des edlen Jünglings Tapferkeit nicht «„belohnt, wohl mcn seiner Geliebten, die »nterdessen Gift genommen hat,
aber die Tragödie ungeschrieben geblieben seyn. Außerbein und also gleichfalls verscheidet. Ziehen wir nun dicfen ?!»'rn»
zeigt sich die Gesinnung des Vaters als ganz zufälliger Stolz ; bcrgern ihre Nürnberger Trachten anS, nehmen wir aus dem
sein Bruder, der Stadthauptman» > gleichfalls Patrizier, Stück die Stabtwicse, die ScbalduSkirche, und den Brunnen
wünscht die Ehe, welche der Vater verwünscht, hintcrtrcibt, am Markte fort, so wirb der Bürgermeister ein Präsi«
ja unmöglich macht, indem er schon die Verlobung seiner Toch, denk» der Waffenschmidt ein bürgerlicher, der Patrizier ein
ter mit dem Ehrenschwerdt s Ritter ansczt. Da gährr der adlichkr Assessor, der Malesikant ei» aus de,» Dienst gejagter
wieber frcygelassene Waffenschmidt auf; im Gefühl seines Rechts Geheimsekretär , der falsche Wechsel macht, »nd das ganze Stück
versammelt er auf dein Markt am Brunnen die Bürger uin so durchaus Kotzebue, daß wir damit schließen können» eS okS
sich her, erregt sie zum Aufruhr, die Sturmglocke läutet; der eine Ucbersetzung aus dein Kotzebne'schcn ins Nürnbergifche an»
junge Patrizier geht zufällig vorüber, vom Waffenschmidt her» zusehen. Will der Dichter nichts weiter geleistet haben , so
cmSgcfordcrt , will er nicht kämpfen, verhöhnt den Bürger, können wir zufrieden fcyn » macht er höhere Anfordernngcn, so
»nd wird nun von dem Wütbcnden, der sich nicht länger Ist er dazu nicht berechtigt. Leider scheint er aber die in sei»
halten kann , niedergehauen. So endet der dritte Akt. In ner Tragödie abgehandelten Verhältnisse und Interessen für
einer früheren Bearbeitung soll, wie es heißt, das Stück von so wichtig , so gediegen zu halten » daß er sogar jeden Schmuck
jezt an ein anderes Interesse gewonnen haben, nicht die Lie: der Sprache, des Verses u. s. f. verschmäht hat, um sie für
besgcschichte, nicht Patrizier und Plebejer, sondern das bes sich selbst wirken zu lassen. Doch so kann diese Tragödie nur
gangene Verb rechen machte damals den Inhalt des weiteren sagen: Da steh' ich ein entlaubter Stamm! von schaffender
Verlaufes aus. Zum Tode verurtheilt, vom Kaiser aber Gewalt aber , die innen im Mark wohne» soll, muß sie schwei»
auf die Bitten seiner Geliebten begnadigt, nahm der Was- gen , sie ist kein Wallenstcin. Gut erzählt, würde der Inhalt
fenschmibt die Gnade nicht an, weil Ihm seine Strafe in seiner Nürnberger Tracht jedcS Frauentaschenbuch schmücken,
seine Ehre schien, weil er nur durch seinen Tob für sein auf dessen Deckel die gothischen Verzierungen das Mittelalter
Verbrechen sich selber und seinen Mitbürgern gcnugthun zu nachäffen und wieder lebendig machen wollen.
können glaubte. Dieß hatte aber unglücklicher Weise Kohlhas, (Die Fortsetzung folgt.)
obgleich später geschrieben, dennoch auf der Bühne früher ges
than, für den Waffenschmidt mußten daher andere Stcrbcmit»
kel gesucht werden. Er wirb begnadigt , aber verbannt. Diese Be plage: Kunstblatt Nr. z.
Verlegt von der I. G. Cotta'schen Buchhandlung.
7.

M o r g e n b l a t i

f ü r

gebildete Stände.

Dienstag, 8. Januar 182 8.

Wa« diesen Wunsch zu deinem macht.


Das »ämlichc verhindert, daß er meiner
Je werden kann.
LtssiNg.

D i t vier Norweger. los. Zuweilen tauchte die Gestalt des schönen JünglingS
Von Henrich Steffen«. auf, der sie gerettet. Der tiefe Eindruck, den sie «uf ihn
gemacht hatte, war ihr nicht entgangen. Aber nur mit
(Fortse«ung.) einer Art von Scheu betrachtete sie das Bild ; es ward
Tage waren vergangen, in dem stillen Hause sah zurückgedrängt, verbarg sich aber nur desto tiefer in das
Mar« keinen Menschen als den verhaßten Verwandten geheimste Innere der Seele.
und Magdalena ; sie verließ das Haus nie , nur zuweilen Eines Abends, als während des Abendessens van
ging sie, stets von der aufmerksamen Wächterin begleitet, der Nael viel von mancherlep Revolutionösc^nen gespro
in den verschlossenen Garren. Den Tag über beschäf chen, hatte Klara mehr als gewöhnlich an dem Gespräche
tigte sie sich mit weiblichen Arbeiten und Lesen. Oft, Thcil genommen. Selbst eine erzwungene Gewohnheit
wenn sie allein in ihrer Stube war, untersuchte sie diese hat nicht selten eine große Gewalt über die Menschen. Van .
auf das Genaueste, aber sie vermochte nicht das Gering: der Nael war unterrichtet, er konnte selbst geistreich über
sie zu entdecken, was auf einen geheimen Eingang deu viele Gegenstände reden. Klara hatte selbst Revolutiono:
tete, und schon sing sie an alle Hoffnung aufzugeben, scenen erlebt, an welche sie nicht ohne Schrecken zurück
als sie einmal aus dem Fenster die Hülfteiche Bauersfrau dachte. So entspann sich jezt eine Unterredung, die das
sah, die ihr ein Zeichen machte, welches sie zwar nicht Mädchen zu interessiren schien. Sie ward immer lebhaf
verstand, aber wodurch doch ihre Hoffnung neue Nahrung ter. Klara vergaß über dem Gegenstande die verhaßte
erhielt. Smsig arbeitete sie daher an einem weitläufigen Persönlichkeit und Beyde schienen völlig einig, indem der
Briefe, in welchem sie ausführlich das unglückliche Schick Verwandte mit vielem Geschick eine jede Aeußerung, die
sal ihrer Eltern und ihre eigene Lage darstellte. Der einen Anstoß geben konnte, zu vermeiden wußte. Mag
Brief, nur in den frühen Morgenstunden unter vielen dalena hatte sich entfernt.
Tbränen geschrieben, war längst fertig, und sie ängstigte „Wenn wir nun aber dem Ursprung aller dieser GräucI
sich schon, wenn sie bedachte, daß alle ihre Behälter ohne nachspüren, liebe Nichte," sagte van der Nael, indem er
allen Zweifel der stets lauernden Umgebung zugänglich freundlich näher rückte, „können wir läugnen, daß die
waren. Sie verbarg ihn deßhalb in einer Ritze der Ta erste Quelle aus der Trennung von der Kirche entstand?
pete. So verschwanden die Tage in stiller Beschäftigung Diese unglückliche Trennung hat alle Verwirrung hervor
dem Zungen, in eine fo peinliche Lage verfezten, von trau gerufen. Man muß blind scnn, um es zu rcrlrnncn. Sie
rigen Erinnerungen gequälten Mädchen trübe und freuden hat den ordnenden Mittelpunkt aller großen geselligen
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Verhältnisse zerstört, daß Gott das verwirrte Volk hin- wir nicht; und unser Glaube, unsere Religion, mein
gab dem wüsten Sinn, dem verworrenen Streben, daß Herr, hängt. Gottlob ! von solchen Untersuchungen nicht ab."
ein Jeder sich selbst als Mittelpunkt hinstellte, daß ein „Sie irren sich, theuerste Nichte," unterbrach sie »an
jeder Arm gegen Alle und Alle sich gegen einen Jeden erho- der Nael. „Ist nicht alle Autorität verschwunden, seit man
den. War nicht die erste Trennung von der Kirche zugleich sich der Kirche nicht, mehr unterwirft? Kein Genie wird
der Keim der Trennung von dem Reiche ? Sie sind nicht anerkannt. Es bildet nur eine Parthey, ja verdient nicht
unkundig in der Geschichte, theure Klara, Sie haben anerkannt zu werden , denn durch die Partheysucht in eine
Ucberlcgung und Besonnenheit genug , um in eine weit einseitige Richtung hineingezogen, vermag es nicht, sich
umfassende Untersuchung einzugehen. Sie wissen es, wie reich und allseitig zu entwickeln. Eine jede mächtige Na
der drevßigjährige Krieg sich entspann, welche Verwirrung tur, bis auf die eine, die jezt über Frankreich herrscht,
die Hugenotten in Frankreich erregten, und wie sie den und bald über die Welt herrschen wird, wird zurückge
Keim des Unglaubens säeten, der fortwucherte, selbst nach drängt, denn Keines will sich unterwerfen, dem Wort
dem sie vertrieben waren. Sie sind eine Niederländerin, nicht, der Kraft nicht. Aber gilt nicht von der Religion das
Ihnen ist es bekannt, wie mit der Trennung von der Kir- selbe? Was nennen Sie, unter den Abtrünnigen erzogen,
che auch hier die Trennung von dem rechtmäßigen Herrn das Christenthum ? Von denjenigen, die alle Göttlichkeit
stattfand. Aber selbst in England waren es schwärmeri des Christenthums abläugnen, aber der sittlichen Einfach
sche Sekten, aus der Mitte der abtrünnigen Ketzer er heit und Reinheit der Lehre huldigen, bis zu den schwär
zeugt, die Nordamerika bevölkerten und hier aufrühreri merischen Sekten, welche Menge von Abstufungen! Und
sche Gesinnung nährten, die einen unglücklichen Krieg her alle nennen sich Christen."
vorrief. Das Geschrey nach Freyheit schlug in Frank „Auch hier stellen Sie mich zn hoch, mein Herr,"
reich ein, und die verwilderte Welt sah die Gräuel, die sagte Klara. „Diese Streitigkeiten sind mir. Gottlob ! fast
wir alle erlebt haben, und die der mächtige Geist, der alle unbekannt, und wo ich sie äußerlich kennen lernte,
durch Gottes Macht jczt herrscht, kaum zu beschwichtigen machten sie keine» Eindruck."
vermag." (Die Fortsetzung folgt.)
„Mein Herr," antwortete Klara, die ernsthaft ge
worden war, als sie die bedenkliche Richtung wahrnahm,
die das Gespräch genommen hatte, „Sie haben mir zu Ausflug von Paris in die Normandie im Herbste
viel zugetraut. Wenn mir die Ereignisse, die Sie er
wähnt haben, auch im Ganzen nicht unbekannt sind, so 1827.
kenne ich doch die genaueren Verkältnisse keinesweges. (Fortsetzung.)
Ich bin ein Mädchen , wie sollte ich es wagen dürfen, ein Ueber einem niedlichen Städtchen, neben welchem ein
Urtheil über jdie großen Kämpfe der Völker zu fällen ?" schönes Schlößchen liegt, und über die Dörfer Qucudeville
„Aber eben darum muß Ihnen das Urtheil kundiger und Verville begab ich mich nach Dvudcville, einem eben
Männer lieb seyn ," erwiederte der Verwandte. falls hübschen Stäbchen, wenigstens hatten die Häuser ein
„Verzeihen Sie mir, wenn ich durchaus nicht geneigt freundliches Ansehen; die Kirche lag höher als die Stras
bin, ein solches Urtheil anzuerkennen. Kann ich die Ge sen und nahm sich gut aus. Hier ist die Kattunweberey
rechtigkeit, die Gründlichkeit des Mannes schätzen, der ein bedeutender Nahrungszweig , wie überhaupt in allen
sich zum Richter aufwirft? Wenn eine Empörung in un Städten und Dörfern der Obernormandie, besonders nach
sere Nähe tritt, wenn sie die Treue des Dieners gegen dem Meere zu, und dieß trägt zur Wohlhabenheit der Ge
seinen Herrn, der Untcrthanen gegen ihren Fürsten, wenn gend außerordentlich bev. In jedem etwas beträchtlichen
sie allenthalben Freundschaft und wechselseitige Liebe zer Bauernhause befindet sich ein nach englischer Art eingerich
stört, dann wird das Herz , die unmittelbare menschliche teter Webstuhl mit allem Zubehör. Ein solcher Stuhl
Empfindung verlezt, und auch das Mädchen darf, ja soll wird vom Vater auf den Sohn vererbt; Mädchen bringen
eine solche Empörung hassen. Habe ich nicht blühende Fel ihn zur Aussteuer ins eheliche Haus. Während die Män
der verwüsten sehen? haben sie nicht die redlichsten Men ner im Felde arbeiten , oder ihrer Hanthierung obliegen,
schen, den König ermordet? war nicht wechselseitiges weben die Frauen, bejahrte Männer thun dasselbe; ärmere,
Vertrauen , alle Anmuth und milde Sitte aus der Gesell die keinen Webstuhl anschaffen können, spinnen Baumwolle
schaft verschwunden und RoHheit und wilde Sittenlosigkeit und gewinnen auch so ein Hinreichendes zu ihrem Lebens
an die Stelle getreten ? Ein solcher Sturm verscheucht die unterhalte. Kleinere Krämer und Kaufleute verabreichen
Frauen. Die wilden Amazonen, die sich unter den rohen den Webern und Spinnern die nöthige Baumwolle und
Hgufen zu mischen wagten, mußten eine jede Spur der nehmen sie gesponnen oder gewoben wieder. In einem
zartern weiblichen Natur verläugnen. Aber weiter gehen Bauernhause, in welches ich trat, waren zwcy Mäd
chen , »ovo« jedeS seinen Webstuhl besaß ; sie versicher ins Meer ergießt. Die beyden Abhänge des Thals waren
ten mich , sie verfertigen jede täglich zwölf bis drevzehn mit Gebüsche von Seerohr (joa« »»itim) bewachsen, das
Ellen Kaliko oder Baumwollenzeug zu Hemden , Bettü man auch längs den Gehölzen pflanzt, um die jungen Bau
chern u. s. w. Die Krämer und Kaufleute setzen die Ge me vor dem vorüberziehenden Vieh zu schützen. Das See-
webe zu Volbec ab, wo sich der Hauptmarkt für die Baum- rohr selbst, wenn es ganz ausgewachsen und getrocknet ist,
wollenzcuge befindet. Der Gang dieses Handels hängt na gibt ein gutes Brennmaterial ab , besonders für Packöfen,
türlich sehr von den Umständen ab. Jezt, da man das und ist deßhalb ein nützliches Gesträuch.
rohe Material wohlfeil durch Engländer und Amerikaner Zu Ourville besuchte ich einen Gutsbesitzer, dem nn-
bekommen kann, und der geringe Preis der Baumwollen gefähr zwanzig Bauern Pacht bezablen, und der bevnahe
zeuge die meisten Haushälterinnen bewegt, denselben den eine Meile weit von seinem Landgute auf seinen Lände-
Vorzug zu geben vor der dauerhafteren, aber im Ankaufe reyen jagen kann. Solcher großen Güter gibt eö i»
theureren Leinwand, ist dieser Srwerbszweig in einem Frankreich noch eine große Menge, und diejenigen Staats
blühenden Zustande und wird es wahrscheinlich so lange männer, welche vor wenigen Jahren das Vor - und Un
bleiben , bis ein Seekrieg die Zufuhr des rohen Materials recht der Erstgeburt wieder herstellen wollten, unter
erschwert. Dieß würde ein harter Stoß für die Obernor- dem Vorgeben , die Landgüter würde» bep der jezt beste
mandie sevn, in welcher das Spinnen und Weben der henden Gleichheit der Geburtsrechte so zerstückelt, daß
Baumwolle eine allgemeine Beschäftigung des Stadt- und nach Verlauf von zwanzig oder drevßig Jahre» Frankreich
Landvolks geworden ist. Mit einem Acker, einem Obst mit nichts als kleinen , armseligen Landbesitzern be
garten und einem Webstuhl kann eine normännifche Land völkert sevn würde, müssen sich wahrlich nicht die Mühe
familie recht gut leben. gegeben haben den wahren Zustand der Provinzen aus
zuforschen. Es gibt fast kein Dorf in Frankreich, wo
Die Bauern haben sich auch seit einigen JaKrcn stark nicht ein Paar reicher Gutsbesitzer ein oder gar zwev Drit
auf den Anbau des Repses gelegt, den sie wahrscheinlich tel der umliegenden Ländereven besäßen, indessen die ge-
ihren Nachbarn, den Bewohnern der Pikardie und Flan sammle Volksmenge im Dorfe sich mit dem übrigen Drit
derns, abgelernt haben. Diese haben seit einiger Zeit an- tel begnügen muß. Ungeheure Parksund sonstige zum Ver
se/angen, den Runkelrübenbau im Großen zu betrei gnügen bestimmte Gehege nehmen einen beträchtlichen
be«, aus welchem augenscheinlich ein großer Gewinn ent Theil des Ackerlandes in Anspruch, und gehen für die Pro
stehen wird, da es nun erwiesen ist, daß sich in unfern duktion verloren. Weit schlimmer würde es damit stehen,
Gegenden ein sehr guter Zucker noch etwas wohlfeiler als wenn die Erstgeburt wieder Vorrechte bekäme, und wenn
der westindische verfertigen läßt. Sie mögen daher den die Güter der Erstgebornen unveräußerlich würden. Jezt
Anbau des Repses zum Theile den Bewohnern der Nor- hat die Nation doch immer zu hoffen , daß ein großes
mandie überlassen haben. Uebcrall auf den Feldern sah Landgut, welches dem jetzigen Besitzer blos zum Vergnü
ich die Bauer« mit dem Umpflanzen des Repses auf die gen dient, nach seinem Ableben unter mehrere vertheilt
frisch gepflügten Becker beschäftigt; Männer, Weiber und und dem Ackerbau werde zurückgegeben werden. Frcvlich
Kinder theilten sich in diefe Arbeit; was nicht des Um- wenn alle Vermögensumstände dieselben wären, so würde
xffanzenS Werth war, wurde als Dünger aufgehäuft. Die man zulezt nichts als kleine Ländereven erblicken, die
ser Nepsbau soll jezt eine der einträglichsten Feldarbei kaum im Stande sevn würden den Eigenthümer zu er
ten sevn , indem das daraus gewonnene Oel sich leicht und nähren. Allein da es beständig sehr reiche Leute gibt,
ziemlich theuer absezt. Vor nicht gar langer Zeit hatte und diese ihren Reichthum größtenthcilS auf Ländereven
die Einführung der Gasbeleuchtung plötzlich ein starkes verwenden, so entstehen noch immerhin sehr große Land
Sinken in den Preisen der Pflanzenöle bewirkt; allein seit besitze, und cS bedarf wahrlich keines Gesetzes, keines
dem man angefangen, auch aus Oelen Gas zu entwickeln, unbilligen Vorrechtes, um das Entstehen derselben zu
sind die Preise wieder gestiegen, und das Gas wird ohne befördern ; die Ungleichheit des Vermögens bringt schon
hin den Gebrauch des Oels auf dem Lande nimmer auf hinlängliche Ungleichheit in den Gutsbcsitzungen hervor;
heben können. „eben einem Landcigenthümer, der unermeßlich viel be-
Ueber Ouville l'Abbaie, wo ein großes, im alten sizt, wird man immerhin eine Menge von Familien an
Style gebautes Schloß der Landstraße gegenüber stcbt, treffen, die fast gar nichts besitzen.
kam ich nach Ourville. Eine viertel Meile vor diesem (Die Fortsetzung solgt.)
Dorfe floß ein kleines Flüßchen durch ein enges und tiefes
Thal, dem einzigen das ich, seit ich Ronen verlassen, auf
dem Weae angetroffen hatte; diefer Bach vereinigt sich
we/teröin mit der Argu«, einem Flusse, der sich bev Dicppe
Korrespondenz-Nachrichten. nichts von besonderer Bedeutung zur Aufführung gebracht.
Noch ist es »icut ganz entschieden, ob der Pacht Barbajas sich
Berlin, Deceinber. erneuern oder mir nächsten Ostern zu Ende gehen werbe. Vor
(Fortsetzung.) der Hand sind alle angestellte« Mitglieder mit jener Zeit ent
Die Berliner ästhetische Literatur hat sich seit zwey Mo lassen , wenn , wie eS i» den Entlassnngsdekreten heißt , keine
naten wiederum durch ein neues Blatt : „Monatliche Bevträge weitere Verfügung eintreten wird. Das gedachte Ballet ge
zur Geschichte dramatischer Kunst und Literatur" vermehrt. hört zu den beste« Erscheinungen im Gebiete der Tanzkunst,
Der Redakteur, Hr. Carl v. Holtet, spricht in der Ankündi uud kau« in Rücksicht der Behandlung der Massen und Grups
gung die beste Absicht aus, dem jetzigen Unwesen der Thea pirungen vielleicht einzig in seiner Art genannt werden. Be
terkritik und Kunstkritik überhaupt durch bessere, tiefere und sonder« Bevfall erhielt die Scene im ersten Akte, in welchem
gründlichere Einsicht, so viel i» seinen Kräften steht , eine» die Tänzer im ober» Thcile eines im Hintergründe mit Trep».
Damin entgegenzusetzen. Doch nach den bis jezt erschienenen pcn verfthcuen, reichgefchmückten Saales, aus eiuer engge-
zwey Heften zu urtheilcn, sind die Kräfte schwach, indem schlösse»?« Masse, immer mehr sich von einander trennend,
sich besonders in Hcrr» von Holteis eigenen Aufsätzen die Ten- übex die Treppen sich nach dem Vordergründe der Bühne be
dcuz zeigt, auch mit dem Mittelmäßigen schon zufrieden zu wegen, und zulezt den ganzen Raum derselben einnehmen.
seyn, ja es in matter Billigkeit sogar des höchsten LobeS wür Der Inhalt, daß ein Edelmann den Schimpf, welcher seiner
dig zu halten. Wenn nun aber der einzige Zweck der Kri Tochter durch die Treulosigkeit ihres Geliebten wieberfährt, das
tik nur seyn kann, einerseits das Vortreffliche und Beste auch durch rächt , baß er das Haus , in welchem dieser das Vcrmäh»
für das Denken zu rechtfertigen, wie eS sich selbst vor dem lungSfest mit seiner Braut feuert» durch Pulver, welches er in
Richterstuhl des umnitrelbarcn Kunstgenusses durch diesen Ge die Krllergewölbe zu bringen weiß, in die Luft sprengt, eig»
nuß rechtfertigt, anderseits aber das Mittelmäßige als mittel net sich durch Klarkeit und Interesse gut zur Aufgabe eines
mäßig aufzuzeigen? und wo es sich als das Höchste und Lezte Ballcts. Auch die Musik dazu , von Graf Wcuzel von G a l-
in breiter Bequemlichkeit geltend machen will, in sein Nichts lenberg, verdient Lob. Im Ucbrigcn l,at das Ballet durch
zurückzuverweisen, so muß es um so schädlicher seyn die Mit die Abreise des Hrn. Guera einen bedeutenden Verlust er
telmäßigkeit hochzuachten , da unser Publikum allein durch die litten. — Die deutsche Oper kann , aller Bemühungen der Di«
Freude über das Mittelmäßige theilweise fast bis zur Ge rektion ungeachtet , nicht recht auskommen , weil sie bey ihrer
schmacklosigkeit herabzukommcn vermochte. Es ist immer schlimm, zweifelhaften Existenz auf keine kontraktmäßigen Engagements
wenn es der Kritiker als Dichter selbst nur biS zur Mittel bedeutender Sänger denken kann. Im Deceinber kam S p on«
mäßigkeit gebracht, ohne es über sich gewinnen zu können, tinis „Vestalin," zum Vorthcil des Hrn. Forti, wieder auf
seinen ganzen poetische» Plmider preiszugeben , und sich die Scene , in welcher Hr. C i cl in a r a , früher bey der ita»
auf freye kritische, d. h. kunstwissenschaftliche Füße zn licnischcn Oper angestellt, zum ersten Mal als Licinius in
stellen. TKut er daS nicht, so wäscht eine Hand die andere, einer deutschen Oper austrat. Die Darstellung war nicht miß
und dieS scheint Herrn von Holteis Fall zu seyn. Denn er lungen zu nenne», doch hält sie keinen Vergleich mir den
spricht es «IS Prinzip aus, ja kein aufblühendes poetisches früheren Darstellungen der Oper aus, die wir auf diesem
Blümchen durch Tadel zurückzuschrecken, da es doch jezt eigent Hoftheater sahen. Dem. R o sc r als Vcstali» hat außer ei<
lich kritisches Prinzip seyn muß , alle die poetischen Diminu «er besondern Lieblichkeit der Stimme, noch viele einpfehleuS»
tive vom Kunstboden auszureißen, auf daß er endlich von Kraut werthe Borzüge , doch ist sie für jene Rolle viel zu schwach.
und Unkraut rein werbe, und ächte Blumen aus ihn,, wenn Am 49ten Dec. gab Kapellmeister Gyrowcg zu seiner Be-
es noch möglich ist , entsprießen können. Als gelungen müssen ueffzvorstellung eine kleine , von ihm kompouirte Oper , „der
wir aus dem ersten Heft der monatlichen Bevträge den Auf blinde Harfner," zu welcher der talentvolle Opcrndichter, <5>.
satz über de» jetzigen Musikzuflanb von Hermann Frank, so v. Hofmann, den Text, dem Vernehmen nach, nach cincin
wie aus dem zwcytcn Heft den Frankfurter Brief über das französischen Vaudeville bearbeitete. Die Musik hat viel Me»
Komische hervorheben ; auch die Jronie über »nscr Berliner lodie, und fand allgemeine TKcilnahine. Eine Dem. A a>
Theater (über den jetzigen Zustand des Marionettentheaters zu tcn, welche darin ihren ersten Versuch machte, gefiel gleich
Pecking, von Nr. 4.) ist treffend und ergötzlich. Doch sollte falls, und wurbc mit dem Kapellmeister gerufen. Von der
sich der Rebakteur in Acht nehmen, solche kritische Träume, wie italienischen Opcrngcscttschaft sind bereits Hr. und Mab. ,N u«
die Erzählnng : „Ophelia und der Student von Wittenberg" bini, und Hr. und Mad. Tamburini angelangt. Von
zu wiederholen. Der Student träumt , er liege auf dem Kirchs der früheren Gefellschaft blieben die Hrn. Berctoni, Cici,
l>of mit Ophelia im Grabe, die sich ihm in Liebe ergab , indem mar«, Monclli und Paccini, dann Dem. de Vecdi
sie in anmuthiger Sinnlichkeit aufging , und in diesem Augen in Wie». Ob wir als Primadonna Mab. Pasta oder Mab.
blicke lag Hamlets Charakter , der ich ja selbst war (erzählt L a land e hören werden , ist noch ungewiß. Am 20ste» Dec.
der Träumende) so offen vor meinem Geiste , als OpKelicns wurde die Oper „Donna di Logo," von Rossini gegeben , in
reizende Fülle in meinen Armen." Zu solchen Träumen schei welcher Hr. und Mab. Rubini und Mad. Tamburin i,
nen die Tieck'fchcn dramaturgischen Blätter eingeschläfert zu crsierc als Donna di Logo auftraten. Von den Damen bn
haben, welche der Träumer (er hat sich als Graf R. «nter- friedigte Mad. Rubini inckr , Mab. Tamburini minder ;
zeichnet), alS er erwachte, noch aufgeschlagen vor sich lie- Hr. R nb in i gefiel ausnehmend. Er wurde nach der Arie
-gen fand. im zweyten Akt zw«) Mal gerufen. Seine Stimme hat seit
(Der Beschluß folgt.) seiner lczten Anwesenheit an Sicherheit und an Kraft bedeu«
tcnd gewonnen. Tamburini wird in der nächsten Woche
alS Figaro in Rossinis ..Barbier" auftreten.
Wien. September bis Deeember. (Die Fortsetzung folgt.)
(Fortsetzung)
Das Kärnthncrtborthearer hat außer einem Ballette von
Samengs „Ottavio Pinelli." oder „Schimpf und Rache," Bey läge: Literaturblatt Nr. z.

Verlegt von der I. G. Cotta 'scheu Buchhandlung.


N«. 8.

M v r g e n b l a t t

f ü r

gebildete Stände.

Mittwoch, 9. Januar i 8 2 8.

Ob Frantreichi blutgkdüngter Srde,


Die schdnn Saat entkeimcn w.rbe —
D» zweifelst , und tu siehst sie doch.
Dclavigne.

Ausflug von Paris in die Normandie im Herbste mens Sassalot, welches dem Namen nach von den Sach
1827. sen herrühren soll , die sich unter der Regierung der frän
kischen Könige auf der Küste Galliens niedergelassen hat
(Fvrtst,»na.) ten. Vielleicht hat der Name zu einem Jrrthume verlei
Daß es viele Landeigenthümer aus dem Mittelstande tet; Indessen ist der Ursprung doch möglich, denn die Nie:
in Frankreich gibt, die alle ihr Stück Landes besitzen und derlassung der Sachsen in der Normandie ist eine erwie
vergnügt und unabhängig leben, das eben ist der Vor- sene Thatsache. Der Marquis von Martainville,, jetziger
rheil, den die französische Verfassung, so wie sie seit der Re Maire der Stadt Ronen, besizt hier ei» schönes Schloß,
volution besteht, selbst vor der englischen hat , und dieser an dessen Verschönerung eben sehr emsig gearbeitet wurde,
Vortheil ist so einleuchtend, daß man die französische Na und das wirklich ein prächtiger Landsitz werden wird. Ob-
tion nimmer wird überreden können, es sey zu ihrem schvn das Gut nur eine Viertelmeilc vom Meere entfernt
Heile nöthig, die großen Laudbesitzungen der Aristokratie liegt, spürt man doch die Nähe des Oceans sehr wenig, der
unveräußerlich zu machen, damit ein Sqnire die Freude Boden ist immer noch sehr fruchtbar und wohlbebaut, und
haben möge, eine «iM.so große Fuchsjagd anzustellen als da die Küste sehr hoch ist, so läßt sich das Meer nicht ein
sein Urgroßvater. Wenn man hört, wie vor der Rcvolu- mal erblicken, wofern man nicht etwa ein Gebäude besteigt.
rion der Bauernstand in Frankreich geplagt und der Adel Hinter dem Dorfe beginnt eine Schlucht, die sich als
übermüthig war, und wenn man dagegen den Wohlstand ein enges nnd tiefes Thal hinwindct, und auf beyden
der gewerbffeißigen Stände jezt sieht , so muß man geste Seiten mit hohen Bäumen und einer Menge von kleinen
hen, daß die Revolution sich zwar schrecklich geäußert, aber Häufern und Hütten besezt ist. Man nennt dieses enge
den Anstand der Nation unendlich gebessert und eine Menge Thal le, zr«ncke, 0,11«, zur Unterscheidung von einem
verjährter Ungerechtigkeiten und Mißbrauche vertilgt hat. ähnlichen in der Umgegend liegenden Thale, welches I«
Schon durch die Wahlfähigkeit zur Deputirtenkammer haben petii« Dalle» heißt; bcpde führen nach dem Meere zu,
die großen Landeigenthümer in Frankreich ein fehr großes und haben offenbar ihren Namen von dem skandinavischen
Vorrecht bekomme» ; doch diese Wahlfähigkeit sollte eigent Worte o»l erhalten.
lich auch denjenigen angehören , die sich durch Wissenschaft Nur Bauernkarren können durch diese Bergschluchr
auszeichnen, und die andere Güter besitzen als liegende hinunterfahren, weil der Weg unter dem Gebüsche der
Grünte. Wallhecken fast ganz versteckt ist. Der Nähe des Meeres
DrirtHa/b Stunden von Ourville liegt ein Dorf Na ungeachtet, wachsen die Buchen hier noch so kräftig und
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hoch empor, als mitten im Caur- Lande. Die Hütten Die vier Norweger.
hatten fast alle ihre Obstbäume, einige waren ganz von Von Henrich Steffens.
denselben beschattet. Von allen Seiten erscholl das Ge:
röusch der Wcbestühle, und dazwischen der Gesang der (Fortsetzung.)
Weberinnen. Es war so lebhaft und geräuschvoll in dieser «Ich bin von einer frommen Mutter erzogen," fuhr
einsam liegenden Schlucht, als ob Man sich nebe» einer Klara fort, „von einem christlichen Lehrer unterrichtet,
großen Stadt befände. Eine ungeheure Menge Calicots ich habe gelernt den Heiland zu lieben , auf ihn zu hof
muß jährlich, aus dieser arbeitsamen Gegend hervorgehen. fen, durch den Sohn zu dem Vater zu gelangen. Ich bin
Schwerlich liegt hier ein einziges , Hans , das nicht an noch jung, ich habe wenig Erfahrung; aber Sie wis
diesem Gewerbe Theil nähme. So abgelegen dieses Thal sen es, ich habe viel gelitten und leide noch, doch nie
also auch ist, so steht es doch durch seinen Gewerbfleiß in hat mein Glaube mir Trost versagt, nie habe ich mich ver
beständigem Verkehr mit der übrigen Welt. Die Bauern gebens in stillem Gebet an ihn gewandt, der einem Jeden
kleiden sich wie im übrigen Frankreich und die Frauen un nahe ist, der sich mit Zuversicht an ihn wendet."
terscheiden sich nur von den Bäuerinnen anderer Provin „Möchten Sie sich doch nicht durch solche vorüberge
zen durch die hohen Mützen, die ein ^charakteristisches hende, irreleitende Empfindung täuschen lassen. Immer
Kennzeichen der sogenannten c,ucnoi»e» oder Bewohne von Neuem, Sie können es nicht läugnen, kommt die
rinnen des Caur-Landes sind. Ehemals scheint mit die zweifelnde Stimmung, die Unsicherheit, die Sie immer
sem Kopfputze eine viel größere Pracht als jezt getrieben von Neuem, wie durch ein künstliches Reizmittel, durch
worden zu feyn. Auf einem Landgute zu Ourville zeigte Gebete, die ohne die Macht der Kirche keine Kraft haben,
man mir als eine Rarität eine alte Ausgeberin , die an nur wie durch eine augenblickliche Betäubung beschwichtigen,
Sonn- und Feyertagen noch den alten Kopfputz beyb/bält, aber nicht überwinden können. Auf den Fels Petri hat
und wirklich ist dieser Kopfputz ein kurioses Stück Arbeit. der Herr seine Kirche gebaut."
Dl>Grundlage besteht aus einem ganz runden Käppchen «Ist der nicht erschüttert ?" unterbrach ihn Klara.
von Goldstoffe, das auf die gepuderten Haare gesezt «Er ist noch mächtig. Seine Grundveste ist uner
wird, doch so, daß auf allen Seiten die Haare hervor schütterlich, so lange die Welt steht," erwicderte der Geist
stehen. Hinten an dem Käppchen erhebt sich wie eine liche und erhob seine Stimme.
prachtvolle Staude ein Aufsatz von feiner Leinewand und «Sie berufen sich auf meine geschichtlichen Kenntnisse,"
Spitzen, und in einer Hohe von etwa zwcn Schuh breitet unterbrach ihn wieder Klara, «die mögen freylich schwach
sich die Staude so aus, daß sie in zwc» Tbeile zerfällt, die genug feyn, aber dennoch ist mir nicht unbekannt, welche
herabhängend den Kopf bufchigt beschatten. Auch hängt, furchtbare Verbrechen sich in dem Innersten dessen, was
glaube ich, noch hinten eine lange und breite Spitze herab. Sie den Fels Petri zu nennen wagen, erzeugt haben, wie
Ich bin froh diese alte Tracht gesehen zu haben, denn sie öfters verheerend wie ein feuriger Vulkan aus dem
geht einmal jene Äusgeberin aus der Welt, so geht viel Sitz des vermeinten Heiligthums hervorbrachen und Völ
leicht mit ihr die Tracht im Lande verloren. Zwar habe ker und Länder verwüsteten."
ich hernach bey einem Künstler die Zeichnung eines ähnli «Sie haben, theucrste Nichte, von früher Kindheit
chen Kopfputzes gesehen, den er an einer alten Frau neben an die Verläumdungen der Abtrünnigen gehört. Doch
Fe'camp bemerkt hatte, jedoch nach der Zeichnung zu ur- Manches wollen wir zugeben ; wahrlich, ich will den Ver
theilcn, war er nicht so künstlich und kostbar, als derje fall der Kirche nicht abläugnen , der siolche Strafen herbe»-
nige der bejahrten Schließerin zu Ourville. rief, um eine Reinigung zu bewirken; aber nicht nach den
Auch die Sprache hat in dieser Gegend etwas Eigen- Thaten, nach den Lehren sollen wir uns richten. Sagt
thümliches. Was die Franzosen »ceent »ormonS nennen, doch die Schrift, daß selbst Kaixhas weissagte, weil er
wird hier allgemein gehört. Er besteht in einem etwas Hohepriester war."
singenden Tone, oder vielmehr in einem Wechsel von ho «Und er brachte das Volk durch seine Weissagung da
her und niederer Intonation. Dabev ändern sie einige zu , den Heiland zu kreuzigen," rief Klara und die Stim
Wörter der französischen Sprache ab ; so sagen sie I« me'e me nahm an Kraft zu, als wollte sie einen jeden Angriff
statt I» mer, UN >»p statt UN s»xin , UN g,I statt UN g». mit diesem abwehren. «Proxhezeyen konnte Kaiphas, doch
lei ; auch haben sie einige besondere Worte und Ausdrücke, Propheten bedürfen wir nicht mehr, feit die höchste, selig
die aber doch alle aus der französischen Sprache gebildet ste aller Verhcissungen in Erfüllung gegangen. Konnte
sind; von der skandinavischen Sprache sucht man verge aber Kaiphas das zerknickte Rohr aufrichten, dem beunru
bens Spuren; höchstens findet man einige Ucbcrreste des higten Herzen Frieden verschaffen ? Kann die Wahrheit
Nordischen in den Ortsbenennungen. sich hinter die Lüge, die Liebe sich hinter den Haß verber
(Die Fortsetzii'ig folgt.) gen? Daß ^rlfe in Schafskleidern erscheinen würden, las
lehrt uns die heilige Schrift und warnt unS vor diesen. Kräfte der fogenannten Urbewohncr Amerikas nimmermehr
Daß aber das unschuldige Lamm Gottes in Wolfsgestalt hingereicht hätten, vielleicht eine der überraschendsten, die
erscheinen sollte und von uns Glauben erwarten, das je gemacht wurden , und die merkwürdigsten Reste dieser
steht nicht in der Schrift, mein Herr. Sie haben feit Art sind die in Palauque, in der alten Provinz Guatimala,
langer Aeit ein solches Gespräch nicht angefangen, ich fing entdeckten. Sie beweisen aufs Sicherste, daß die neue
an zu hoffen, daß Sie den vergeblichen Versuchen entsagt Weltweit früher bevölkert war als man glaubt, den»
haben. Ich bin zu schwach , um Ihre Gründe zu fassen, dicfe Spure» alter Kunst reichen vielleicht über die Zeit hin:
oder zu unwandelbar in meiner eigenen Ucberzeugung , zu auf, wo die Geschichte der europäisch-asiatischen Völker aus
verirrt, um Ihren Glauben anznnehim'n , oder zu fest in dem Zwielichte der Fabelwelt tritt. Vor Kurzem hat Wo ir
meinem. Ich glaube an eine Kirche, aber nicht an dieje den der Pariser Akademie der Wissenschaften eine Ab
nige, die mächtig war in der Welt und wieder nach einer handlung vorgelegt, in der er mannigfaltige, in den ver
ähnlichen Gewalt strebt. Ich glaube an die unsichtbare einigten Staaten von Nordamerika entdeckte und näbcr
Kirche, die unscheinbar in dem Innersten der Seele die untersuchte alte Denkmäler auf eine interessante Weise
Keime reifen läßt für eine feiige Zukunft. Viele sind be- mit den Palankcsischen Ruinen in Verbindung bringt.
rufen , aber Wenige sind auserwählt.« Diese so lange Zeit in den dichten Wäldern Nordameri
„Und Sie gehören, meine Thcucrste, zu diesen Aus- kas verborgenen Alterthümer bestehen in beträchtlichen
erwählten?" fragte der Verwandte und blickte sie schlau an. Werken, die vom mittäglichen Ufer des Sriesee bis zum
„Sie wollen mich irre machen," erwiedcrte Klara; merikanischcn Meerbusen, und den Missouri entlang bis
„es soll Jlmen nickt gelingen. Weiß ich es, weil ich es zn den steinigten Gebirgen vorkommen. Diese nach Form
hoffe? Ist der Erbe, der zukünftige Erbe Besitzer des und Größe verschiedenen Denkmälcr und bis jezt entdeck
Vermögens? geht die stille Furcht nicht neben der freu- ten Alterthümer sind: l) Festungswerke, 2) Tuniuli oder
digcn Hoffnung, bis wir den wahren Besitz erlangen? Grabhügel, z) parallele Erdmaucrn, 4) unterirdisches Ge
Ich müßte an meinem Glanben zweifeln, um in einem mäuer von Erde und Backsteinen, mit verschiedenen Ge
andern wem HeN zu suchen ; aber ich zweifle nicht, mein genständen, die in beträchtlicher Tiefe vergraben liegen,
Herr, und so ist ein jeder Versuch vergebens. Dieser s) in die Erde getriebene Schachte, «) Felsen mit In
S/suöe ist mir Asses, er lehrt mich mein Unglück tragen, schriften, 7) Götzenbilder, 8) Schaalthiere, die andern
/« segnen , er lehrt mich, selbst diejenigen lieben, die mich Ländern angehören, ») Mumien. — Ein altes Festungs
Haffen und verfolgen. Ja, mein Herr!" sagte sie und er» werk im Staate Ohio hat üver hundert Acres Zlächcn-
hob sich , ^ist der innere tiefe Wunsch , daß Sie für die räum, und ist mit einer, an der Grundfläche zwanzig Fuß
heilige Wahrheit, die keinen Trug, für die heilige Liebe, dicken, zwölf Fuß hohen Mauer, und einem gegen zwan
die keine Verfolgung kennt, gewonnen werden möchten, ist zig Fuß brenen Kraben umgeben. Auf den Maliern der
das stille Gebet für Sie ein geugniß der Liebe, dann darf Verschaiizungen und den Grabhügeln fand man Bäume
ich sagen, daß ich selbst Sie liebe." von ungeheurer Dicke, an denen zum Theil ganz deutlich
(Die Fortsetzung folgt.) über vierhundert Jahresringe zn zählen waren; es ist zu
bemerken, daß bev den heutigen Indien, weder Grabhügel
noch Verschnnzungen üblich sind. Die Götzenbilder, die
man im Staat Tcnessee und zu Natchez im Staate Missi-
Nordamerikanische Alterthümer.
sippi fand, die Scemuscheln vom Geschlecht Murcr, die
Die Europäer nannten das westliche Festland, das in einer alten Schanze in Kcntukv gefunden wurden, die
sie entdeckt hatten, natürlich genug, die neue Welt; Mnmien in den Kalkhöhlen desselben Staats, endlich die
und die oberflächliche Ansicht des Landes und seiner Be hieroglvpkischen Inschriften, die man auf einem Felsen im
wohner rechtfertigte den Begriff von absoluter Neuheit, Staate Massachnssets sieht, sind eben so viele wichtige Ver
der sich bald dem der relativen zugesellte. Naturkundige er träge zn der großen Frage über den Ursprung der Bewoh
klärten Amerikas Naturprodukte für unreifer , seinen Bo ner der neuen Welt. Man kann aus diesen Thatsachcn
den für später der Meeresfluth entstiegen; daß sich das schließen, daß das Thal des Ohio vom Lande Illinois bis
jüngere Land später bevölkert habe , gab sich damit fast gegen Meriko hin einst von einem Volke bewohnt war,
von selbst, und das Schwerdt der christlichen Eroberer das sich sehr von den Stämmen unterschied, die das Land
fand ja nur Völker zu vertilgen, deren wenige auf einer inne hatten, als die französischen Ansiedler von Kanada
ähnlichen Stufe der Civilifation standen wie die Völker, und Louisiana es entdeckten. Aber Ursprung, Dauer und
mit deren Geschichte die Geschichte der alten Welt beginnt. Untergang dieses Volks sind in undurchdringliches Dunkel
Daher war die Entdeckung alter Denkmäler in Südameri gehüllt; doch ist es keinem Zweifel unterworfen, daß es auf
ka, zu dcr.'n Errichtung die körperlichen und geistigen einer weit höheren Stufe der Bildung stand, als irgend ei-
Z2
nes der Völker, die be» der Entdeckung von Amerika be zendsten Publikum tegonnen. Der ganze Hof, die ersten Man
standen. Indessen muß dieses Volk gegen die alten Bewohner ner der Staatsverwaltung, des Militärs, die Gelehrte, die Ge
eines Theils von Südamerika, namentlich »on Palanque, bildeten aller Stände waren gegenwärtig. Denn mit allen stellt
Herr v. Humboldt entweder in wissenschaftlichem oder geselligem
noch weit zurück gewesen seyn ; denn die Trümmer von Verhältnis. Die zweyte Vorlesung ehrte die Gegenwart Sr.
Denkmälern, die in Palanque entdeckt worden sind , weisen Majestät des Königs. Fast noch nie hat sich eine solche Ver
darauf hin, daß diese sich mit den Denkmälern der größten sammlung zu lehrreicher Unterhaltung zusammengefunden, doch
Städte Europas messen konnten, und daß die geistige wohl nur auS dem Grunde, weil es bisher an solchem Leh
rer fehlte. ^
Entwicklung des Volkes sehr weit gediehen war. — Da
sich jene Linie von Verschanzungen und Grabhügeln Wien, September bis Decemi».
von Meriko bis zu den großen Seen der Vereinigten
Staaten erstreckt, so, könnten die alten Völker am Ohio (Fortsetzung.)
eine Kolonie von Palanque gewesen sevn, die zu Zwecken Von Virtuosen hörten wir den Konzertmeister Maurer
des Kriegs und des Handels hiehcr verlegt war. Diese von Hannover auf der Violine , den Ritter Anton d a l O c c a
Frage könnte so ziemlich gelöst werden, wenn ein Natur aus Petersburg auf dein Contrabaß, Hrn. Salveti, Zög
ling des Konservatoriums von Neapel, auf der Violine, und
forscher die in den Grabhügeln im Thale des Ohio gefun Hrn. Jean Müller ans Paris auf der Klarinette. Die
denen Schädel genauer untersuchte und sie mit den Pa- Hrn. Maurer und Müller gefielen am meisten, der hohe
lankesischcn vergliche, welche der zugesxizte Kopf und die Grad ihrer Virtuosität wurde hinlänglich anerkannt. Auch
eigene Gesichtsbildung von allen bekannten Völkern un die Kunstfertigkeit des Hrn. dal Occa wurde allgemein ge
würdigt, nur konnte er weniger durchgreifen, da sich sein
terscheiden. Instrument nicht so ganz für eine Konzcrtdarflellung eignet.
Hr. Salveti ist nicht ohne Anlage, leider aber scheint er
den zur Mode geworbenen Weg , den der Ueberwindung bedeu
Korrespondenz-Nachrichten. tender mechanischer Schwierigkeiten, dem, durch Melodie das
Herz zu treffen, vorzuziehen.
Das WicdnertKeater, welche« längere Zeit nach seiner Wie
Berlin, December. dereröffnung hindurch, gute Hoffnungen für ei» glückliches Gedei
(Beschluß.) hen gab, wird nun weniger besucht. Die Direktion thut alles
Mögliche, um rasch und vielfältig abzuwechseln und fehlt vielleicht
Seit dem Oktober hat sich in Berlin auch eine Gesell gerade darin. In Wien scheint ein eigentliches Theater c»s
schaft für bildende Künste zu dem Zwecke vereinigt, sich über te» nicht aufkommen zu können ; man verlangt von jeder Bühne
Kunstwerke älterer und neuerer Zeit theilS zu besprechen, eine eigenthümliche charakteristische Richtung. Darum erhält sich
theils durch Vorträge wissenschaftlich zu verständigen. Sie das Leopoldstädtertheater so lange, weil eS ein eigentliches Volks-
besteht deßhalb sowohl aus Künstlern als auch aus Gelehrten. theater für Lokalkomddie ist. Ein Theater 6c, v,riele, kann
Die Namen Schinkel. Rauch, Fr. Tieck, Schadow, Weichs begreiflicher Weise nicht alle Zweige der Darstellung in glei
mann , Wach, Begas, Crüger beweisen, daß die ersten Künst cher Vollkommenheit liefern , und stattet den einen Zweig auf
ler diesem Vereine bcygetreten sind, und als Gelehrte stehen Kosten der übrigen vorzugsweise aus. Die Wiener,
ihnen die Namen Hirt, Hegel, von der Hagen, Tölken, Le- welchen sich allenthalben die vorzüglichsten Genüsse bieten, fin
vezo«, v. Raumer, würdig zur Seite. Auch mehrere Rä- den sich nnr bey derlei? Vorstellungen ein, bcy de» übrigen blei
tbe im Ministerium des Unterrichts finden sich unter der Zahl ben die Häuser leer. Das Wiednertbeater eignet sich, nach seiner
der Gelehrten. Unter Mitwirkung dieses Vereins wer Bauart und seiner Stellung zu den übrigen Bühnen , noch am
den Herr Prof. Tblken und vr. Förster ein Berliner Kunst- besten für die Oper und das große Ballet, und wird damit
blatt herausgeben, welches in monatlichen Heften philoso um so bessere Geschäfte machen , wenn das Kärnthnerthortkca-
phische, historische und kritische Abhandlungen, so wie die ter, wie zu vermuthen ist, mit nächsten Ostern geschlossen
Kritik der neuesten Kunstlitcratur , Abbildungen älterer und wird. Am meisten erregte auf dem Wicdnerthcoter die Tl'eil»
neuerer Kunstwerke in lithographirten Blättern, Korrespon nähme „MoisasurosZaubersprnch," ein tragikomisches Zanbcr-
denzen, amtliche Mittheilungen über Kiinstanstalren , so wie mäbrchen, von Ferd. Raimund. Der beliebte Komiker,
da« jedesmalige Protokoll des wissenschaftlichen Kunstvercins welcher seit einiger Zeit mit entschiedenem Glücke auch als Lo
enthalten soll. Daß aber das Kunstblatt von dem Vereine kaldichter aufgetreten war, versuchte sich in jenem Mährclicn
selber herausgegeben werde, scheint nur eine irrige An auch im ernsten Fache. Der Erfolg war gut , obschon die zu
zeige der Vcrlagshanblnng (der Schlesingcrschcn Musik- und grelle Vermcngung beS Komischen mit dem Ernsten, welche in
Buchhandlung) zu seyn. Da Herr Schlesinger jezt neben sei diesem Stücke gefunden wird, unstatthaft erscheint.
ner musikalischen Zeitung, welche des Lobes nicht mehr be Die Theater in der JosephSstadt und Leopvldstadt liefer
darf, und dem Berliner Konversationsblatt, das durch seine ten bald nach dem Erscheinen von Raimunds Mährchen Paro
Mitarbeiter einen glänzenden, zweyten Jahrgang verspricht, dien desselben , unter denen die in der Leopvldstadt gegebene
auch die Herausgabe dieses dritten Blattes unternommen hat, Parodie „Moisasuros Herenspruch," welche den bckannntcn
so wünschen wir ihm und dem Publikum zu diesem kritischen Volksbichter M e i ß l zum Verfasser hat, sehr ansprach. Sonst
Kleeblatt das beste Glück. gaben jene Theater nichts Neues »on Bedeutung. B ä u e r l e S
' Herr Alexander von Humboldt bat nun schon seit acht ..Kabale und Liebe" erhält sich noch immer mit vielem Glücke
Tagen den zweyten Kursus seiner Vorlesungen über physika auf der Bühne.
lische Geographie in dem Saale der Akademie vor dem glän (Der Beschluß folgt.)

Verlegt von der I. G. Cotta 'scheu Buchhandlung.


n°. 9.

M o r g e n b l a t t

für

gebildete Stände.

Donnerstag, 10. Januar 1323.

Ich darf nicht zweifeln, ja! ich bin gerettet!


Ja! dieser isls. der mich bcstimmcn soll;
Gesendet auf mein Fleh» erschien er mir.
Goethe.

Die vier Norweger. hatte, schien ihr wenigstens zweifelhaft. „Aber sein Be
Bon Henrich Steffens, nehmen gegen deine Mutter," sagte sie dann, „wie em
pörend!" Sie konnte nicht mit sich einig werden. Leb
v (Fortsetzung.) hafter als sonst durchlebte sie die furchtbare Zeit. Die
Klara ging , und überrascht durch die Wendung des erste Nachricht von dem Verschwinden des Vaters, die
Gesprächs, die ihm so unerwartet kam, wagte van der Angst der Mutter, die Zerstörung der ruhigen Lage schwebte
Nael nicht, sie aufzuhalten. So viele Kühnheit in ihrem vor ihrer Seele. Sie erinnerte sich, wie die Mutter
Widerspruch hatte sie bis jezt nicht gezeigt, und diese schwermüthig in stillem Grübeln versunken war , wie sie
schien ihm, als er Alles überdachte, sehr bedenklich. fast bewußtlos von ihrer Seite gerissen ward, ohne daß sie
Sollte sie hier, in diesem protestantischen Lande irgend dieselbe wiedersah, wie sie selbst aus dem zerstörten Haufe
eine Stütze hoffen , erwarten, vielleicht schon gefunden ha in die enge Kammer geschleppt wurde, nm von der wi
ben? Er ließ Magdalena herbevrufen ; aber diese versi- derwärtigen Frau bewacht zu werden. In wenigen Ta
cherte ihn, daß sie nie, seit sie hier sey, von ihrer Seite gen war sie plötzlich aus Wohlstand in Armuth, von der
gewichen wäre. „Sie hat keinen Menschen gesehen," Seite ihrer Eltern , die sie höchst unglücklich wußte, in
sagte sie, „keinen außer uns gesprochen. Sie war »ie aus: eine nie gekannte Knechtschaft gerathen. Tbränen stürzten
ser dem Hanse , nur ein Paar Mal, von mir begleitet, in aus ihren Augen. Sie hörte Magdalena kommen, sich ent
dem Garten." Van der Nael schüttelte bedenklich den Kopf. kleiden und niederlegen. Mitternacht war vorüber , das
Als Klara sich in ihre einsame Stube zurückgezogen Licht brannte dunkel, und noch immer saß das trauernde
hatte , war sie sehr bewegt. Das Gespräch hatte sie mehr Madchen , den Kopf auf den Arm gestüzt , und blickte
als gewöhnlich aufgeregt. Sie konnte nicht läugnen , daß weinend vor sich hin.
in der Art, wie der Verwandte redete, sich eine wirkliche Da glaubte sie ein leifes Klopfen zu hören. Sie
Sorge, eine innere Ueberzeugung ausspreche, und, wie erschrak. Die späte Stunde, die Einsamkeit, ihre auf
bis jezt noch nie, fing sie an zu zweifeln, ob sie ihn nicht geregte Stimmung machte dieses geheimnißvolle Klopfen
zu harr, ob sie ihn nicht ungerecht beurtheile. Dann aber furchtbar. Aengstlich horchte sie und vernabm es noch
überdachte sie Alles : Ist dein Vater doch vielleicht mehr deutlicher. Lange vermochte sie nicht zu unterscheiden ,
durch eigene Unvorsichtigkeit als durch die Verfolgung des wo das Klopfen herkomme. Endlich war es ihr, als
Verwandten in Unglück gerathen. Manches für Leztern käme es auö einem Kleiderschrank. Sie hatte sich ge
Nachtheilige, was sie bis jezt alö gewiß angenommen faßt, eine freudige Ahnung gab ihr den Much aufzu
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stehen. Nicht o/ne Furcht eröffnete sie den Schrank. der Normandie verkündet gar nichts die Nähe des Welt
Aber da war nichts zu sehen ; sie schob die Kleider bey meers. Ackerbau und Dörfer und Wälder sind gerade so
Seite; da hörte sie abermals das Klopfen sehr deutlich wie mitten im Lande, und erst wenn man sich am Ufer
an der hintern Wand. Sie faßte Muth und fragte flü befindet, hat man den großen Anblick vor Augen; erst
sternd: „Wer ist da?" — „Ich bin es, die Frau, die Euch fünfzig Schritt vom M^ecre hören die Hänser und Hütten
in der Ohnmacht bepstand." Freudig fragte sie Klara: auf. Die ganze Küste der Normandie besteht aus einem
„Könnt Ihr hereinkommen?" — „Betrachte nur," ant hohen Kalkfclsen, der oben mit Erde und GraS bedeckt ist,
wortete die Frau, „die linke Seite des Schrankes. Du unten aber vom Meere heftig angegriffen wird. Diese
mußt auf einen Stuhl steigen. Hoch oben wirst du eine Felsenmauer dient dem Lande zum Schutz und macht, daß
Feder finden, drücke sie einwärts, dann eröffnet sich eine das Land bis zum Rande der Küste fruchtbar bleibt. In
Thüre, die hinter dem Schrank verborgen ist." Klara dessen schlagen die Wellen doch mit solcher Kraft an, daß
eilte. Alles zu tlmn, wie ihr die Frau gerathen hatte, die an manchen Orten der Felsen einstürzt, daher man auch hie
Thüre sprang auf und die Frau trat herein. Obgleich und da ungeheure Felsstücke am Ufer liegen sieht. Diese
Klara mit vieler Freude die Gegenwart der Frau wahr- werden aber wiederum so heftig umspült und zernagt, daß
nahm, zitterte sie doch, als sie hereintrat. „Wir müssen sie zulczt in Trümmer zerfallen ; zndcm sind diese Kalkfcl
stille sevn," flllsterte sie voller Angst, „die Frau, die alle sen nicht sehr hart und verwittern leicht, und schon der bloße
meine Schritte bewacht, schläft hier dicht an dieser Wand, Regen trägt sehr zur Zerstörung der Schutzmaucr bev.
und kann jeden Augenblick aufwachen und hercintreten. Anm Glücke wird sie einigermaßen durch die Haufen run
Ihr seyd lange weggeblieben." — „Habe ich doch," ant- der Steine geschüzt, welche das Meer am Fuße des Felsen
wertete die Frau, „jeden Abend nach Euren Fenstern ge ausgeworfen hat, und woran sich seine Wuth meistens
sehen; aber immer noch war Euer Licht früher als die bricht. Nnr bey großen Stürmen fährt cö über diese
übrigen ausgelöscht ; erst heute sah ich es bis tief in die" Steinhaufen weg und greift die Felsen selbst an. Diese
Nacht brennen.'- — „Wir müsse» uns leider gleich wieder Filsen sind schon ihrer Bcsiandthcile halber merkwürdig.
trennen," erwiederte Klara; „ach, wie gerne spräche ich Das Untere besteht nämlich aus einem Gemenge von talk
Euch, freundliche, gute, treue Frau, oberes ist zu ge artigem Steine und von schwarzen Kieselstücken oder Feuer
fahrlich." Sie schlich stille nach der Stelle, wo sie hinter stein. Diese Kiesel müssen Bruchstücke uralter Felsen sevn,
der Tapete den Brief verborgen hatte. „Seht, hier ist die das Meer oder eine Umwälzung auf unserer Erdku
ein Brief an meinen Onkel in Kopenhagen, den vertraue gel zerstört hat. Das Meer hat wahrscheinlich die Kiesel
ich Euch. Ist eine Poststation in der Nähe ? Könnte der gegen das Festland aufgehäuft und sie mit einem kalkarti
junge Herr nicht den Brief besorgen Z" — „Wen mevnst gen Brey umgeben , der sich in der Folge verhärtet hat.
du?" fragte die Frau; „ach Thorstein, der ist schon fort." Späterhin hatte das Meer vielleicht keine Kiesel mehr auf
„Fort?" rief Klara, und vermochte kaum die Stimme zu zuhäufen, allein des kalkartigen Schlammes führte es noch
dämpfen. „Ja, der ist nach Bergen gereist," fuhr die genug mit sich, und warf diesen über jene »recci», wo
Frau fort, „aber fürchte dich-nicht, liebes Kind, mein durch also der obere Theil der Kalkfelscn entstand; in die
Mann wird selbst den Brief nach Qnindherred bringen, sem findet man keine Kiesel vor. Vielleicht ist die Unter
er wird ihn abgeben und du wirst Antwort erhalten." — lage auch auf eine ganz andere Art entstanden, denn die
„Ach liebe Frau !" sagte Klara, „Ihr müßt gehen, ich zit Natur bat manchcrlcv Wege und Mittel, und was die
tere vor Angst." Und kaum war.es gesprochen, als die Umwälzungen betrifft, welche auf unferm Erdboden statt
Frau schon wieder durch eine geheime Treppe hinunter gehabt haben, so bleibt uns doch nichts anderes übrig, als
schlüpfte. die Geschichte derselben zn errathen. Niemand sagt uns,
(Die Fortsetzung folgt.) ob wir das Räthsel gut aufgelöst haben.
Die Kiefel, deren ich eben erwähnte, spielen eine
bedeutende Rolle in der normannischen Bauart. Schon
Ausflug von Paris in die Normandie im Herbste ehe man von Paris ans Ronen erreicht, erblickt man Kie
1827. sel zwischen den Backsteinen sn der Vorderseite der Häu
ser angebracht, aber zu Rourn selbst und weiter in die
(Fortsetzung.) Obernormandie hinein werden sie allgemein. Man legt
So wie man aus der Schlucht der ssr»nSe, v«II«5 sie nämlich schichtenweise zwischen die Ziegelsteine , oder
rritt, hat man den Ocean vor Augen; dieser überraschende man bildet regelmäßige Vierecke daraus, die dann eine
Anblick gewahrt ein außerordentliches Vergnügen. In Art Zierde sevn sollen. Man umgibt die Gevierte Hann
Holland erblickt man das Meer schon von Weitem und ge mit sehr weißem Mörtel, zieht auch wohl ein Viereck
wöhnt sich nach und nach an dieses Schauspiel. Hier i« chen von demselben Mörtel um jeden Feuerstein herum.
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vermnthlich um die Mtheilung der viereckigen Backsteine Kanten versteht sich, 2Z I Stück Bücher schon geliehen. Seit
nachzuahmen. Zu Sassalot sah ich die Mauer des Lustgar d?m Tode der Königin isw er wie betäubt, spricht selten
tens hinter dem Schlosse des Marquis von Martainville oder gar nicht, der arme Mann! bey seiner Durchreise
fast ganz aus schwarzen Kieseln erbaut. Man nennt diese hatte ich ihn kennen gelernt. Das Duplum war mir
Feuersteine in der Normandie c»ill«ui a» mer. indessen als Beweis ihrer Freundschaft äußerst angenehm.
An der kleinen Bucht, welche durch den Einschnitt Möchte ich die gegenseitige, die wahrlich der JKrigen
der AraaS«, Oulles in den Kalkfelscn gebildet wird . stand daS Gewicht hält, Ihnen beweisen können ! Mit mei>
ein Wachtbäuschen für zwey Mautbsoldaten, welche hier, »cn vortrefflichen Gedichten, mein lieber Herr Haupt'
da keine Schiffe landen, und Sassalot nicht einmal Fi mann , vortrefflich sind sie nicht, ich habe die Zeit nicht sie
scherböte besizt, nichts anders zu thun haben, «IS aufzu vortrefflich zu machen, und mit Hergebung meines Na
passen , denn Schleichhandel wird in dieser Schlucht nicht mens, mevnen Sie, könnte ich meine Freundschaft Ihnen
getrieben. Die Beschaffenheit der Küste erleichtert der beweisen ! Mit den Gedichten bewiese ich sie so herzlich gern,
Mautbverwaltung die Aufsicht außerordentlich. Nur da, die gebe ich Jedermann preis, aber mit Hergebung deS
wo Häfen sind, oder wo Schluchten tiefe Einschnitte in die Namenö? auS Ursachen, die in meiner politischen Lage lie»
Felsenmauer gemacht! haben , ist das Anlanden und der gen, nicht eben so gern. Kenner und Freunde brauchen
Schleichhandel möglich ; an solchen Orten stehen aber auch meinen Namen nicht zu lesen, und die andern ? die andern
überall kleine Wachthäusrr. Vielleicht kömmt einmal eine lesen unter Gedichten ihn nicht gern! Ein Geschäftsmann,
Zeit, da man die Völker ohne Hindcrniß miteinander mevnen sie, müsse mit Reimerev sich nicht abgeben, er
wird handeln lassen. Auf der nvrmännischcn Küste soll hätte was Besseres zu thun, versäume seine Arbeit ic. , sie
das Volk sebr geneigt sevn, den Lumpenhandel mit Eng können es nicht begreifen, daß der Umgang mit den Musen
land zutreiben, weil sich die Lumpen theurcr iu England Erholung ist, daß die Stunden genuzt werden, die sie bey
ais in Frankreich absetzen lassen. Es liegt etwas Komi Tafel und bevm Spiel verschwenden u. s. w. Indessen,
sches in der äußersten Sorgfalt, womit jezt fast alle Staa mein verehrtestcr Herr Hausmann, wenn Sie glauben, daß
ten ihre Lumpen zu bewahren suchen. Sie kommen viel- der Name »örhig ist, so setzen Sie nur immer ihn, unter
/tt'chlttimms so weit, daß sie begreifen, es sep doch billi die bevgehenden Kleinigkeiten.
ger, die Unterthanen ihre Lumpen dort srex absetzen zu Ob ich Ihre Minerva noch lese? Mit solchem Eifer
lassen, wo sie am besten bezahlt werden. und solchem Verlangen nach ihr, daß ich für mich allein
(Die Fortsetzung folgt.) mit der Post sie kommen lasse ; sie kommt mir nie früh ge
nug an! Auch wird sie von Andern viel gelesen; es muß
eine beträchtliche AM von Cremplaren hieh/r kommen ; als
sie so barsch noch nicht war als jezt, damals bestelltem«»
Gleim an Archenholz. sie ab; nun, hoff' ich, wird man sie wieder verschreiben.
Halberstadt, den 2«. Dec. I79Z. Sie scheinen ein Gedicht zum Lobe des Sinzigen vorzüglich
Sie sind ein herrlicher Mann, mein lieber Herr zur Einführung des neuen Jahrgangs haben zu wollen.
Hauptmann; Sie nahmen, daß ich Ihr vorleztcS, mir so Leider aber Hab ich keines, das nicht schon gedruckt wäre,
sehr angenehm gewesenes Schreiben unbeantwortet ließ, vorräthig; also, dächt'.ich, nehmen Sie das über den Geist
mir nicht übel! Wahrlich aber, ich hatte die Zeit, hatte der Zeit, wenn's Ihren Bevfall hat.
die Laune nicht, die man zur Beantwortung solch eines Da les' ich eben in Mauvillons Werk über die preußi
Schreibens haben muß. Die unglücklichen Zeiten , so sehr sche Monarchie, neuer Bearbeitung erstem Bande S. j»5
man auf feiner Huth ist, ich wollte sagen, so sehr man die Beschreibung des Todestages des Einzigen: „Alles war
ihrem Einfluß auf das Gemüth entgegen arbeitet, verstim todtenstill , Niemand war traurig ! Alles war beschäftigt.
men uns doch. Man hört, man sieht nichts anderes als Niemand war betrübt! nicht ein Bedauern, nicht einen
Gräuel! Zwarbatt' ich die historischen Bemerkungen bereits Seufzer, nicht ein Lob bekam man zu hören!"
gelesen, harte bevm Lesen in Ihr: Möcht' es doch den Welch eine häßliche Lüge, lieber Herr Hauptmann!
Herrschern gefallen >c. mit eingestimmt, aber ich zweifelte mit hundert Dokumenten aus meinem Bricfarchiv könnt'
gar sehr an der Erfüllung dieses Wunsches. Auch möchte ich sie zu Boden schlagen! Leider aber, wer kann alle
man wohl politische Bewegungsgründe haben, sehr erheb Schmeißfliege» tvdt schlagen!
liche, nicht ihn loszulassen. Wer weiß, obs nicht sein Glück Uebrigens, wcrthestcr Freund, erlauben Sie' mir die
ist, daß er sizt. *) Cr befindet sich wohl, liest bestandig. Ei sen Name», der besser als .Hauptmann ist, bin ich noch böse
ner meiner Freunde hat ihm, mit Vorwissen des Koniman- auf Sie darüber, daß Sie bey Ihrer Durchreise den
Mann, dem Sie iu ihrer Geschichte des siebenjährigen Krie
») Lafayette in Magdeburg. ges ein Ehrendrnkmal sczten, nicht persönlich wollten ken
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nen lernen ; Sie hatten damals schon geHirt, daß er mit vorgefunden, welcher Eichen- ober Lärchenholz wäre. Daß übri
sehr großer Hochachtung Ihr Freund und Diener ist. gens der Marmor ans dein Schiffe nicht gefi>art gewesen ist,
Gleim. ergibt sich aus den manchcrley Bruchstücken, welche man davon
gefunden hat; unter diesen befindet sich besonders viel Ser
pentin. Doch hat sich kein einziges Fragment von einer St«
Korrespondenz-Nachrichte n. tue gefunden, ein Beweis, daß vor der Versenkung des Schiffs
Rom. December. alle Kunst : oder sonstigen Gegenstände von Werth aus demsel
Die Nachsuchungcn im See »on Nemi sind wegen der ben fortgenvmmen worden sind.
vorgeschrittenen Jahreszeit eingestellt worden. Sachen von Sachen von Werth oder eigentliche Kunstschätze sind dein?
Werth Hot man nicht gefunden; dagegen tröstet sich Hr. nach nicht gefunden, und eben fo wenig von erfahrenen Männern
Fusconi mit der Hoffnung , in seinen künftig anzustellen erwartet worden , ja die gefundenen Gegenstände scheinen man
den Nachsuchungen glücklicher zu sevn. Er will im folgenden chen Leuten von so weniger Bedeutung , daß sie dieselben nicht
Jalire i» der Tiber nachfischen lassen , ein Vorhaben . baS einniak der Mühe des Ansehens Werth halten. Wie groß würde
glücklichere Resultate liefern dürfte , hernach soll die Reihe an
dagegen der Jubel des großen und kleinen Pöbels gewesen scun,
den albanischen See kommen. Die aus dein See von Nemi wenn eine medicäische Venus, ein Apoll von Belvedere u. s. w.
/ gezogenen Gegenstände hat Hr. Fusconi seit einigen Tagen aufgefischt worden wäre! Und doch läßt sich dreist behaupten, daß
für Geld zu zeigen begonnen. Aber nur Wenige scheinen ein solcher Fund die Wissenschaft bey weitem nichts» gefördert haben
Lust zu haben die Trümmer des Tiberischcn Luftschiffes in würde, wie es jezt durch die aus dein See gezogenen Gegen
Augenschein zu nehmen. Sie bestehen hauptsächlich aus ei stände geschieht. Wie kunstvoll Griechen und Römer den Meißel
nem tannenen, durch eiserne Nagel an einander geschlagenen zu führen und init Stein zu bauen verstanden, ist uns schon aus
Doppelbalken, welcher, i» seiner ursprünglichen Länge aus tausend Denkmälern der antiken Skulptur und Architektur be
dem See heraufgezogen, nach Hrn. Fusconis Versicherung eine kannt ; aber von ihrer Art und Weise, mit Holz zu bauen, er
Länge von IN Palmen gehabt haben soll , jczt aber, des beque halten wir durch die Trümmer des Tiberischen Schiffes die
mer» Transports wegen, zersägt worden ist. Er war außen mit ersten Proben. Aus ihnen sehen wir, daß nicht allein ihre
einer Bohle gefüttert, die mit kupfernen Nägeln aufgeschla Steinbauten, sondern auch ihre hölzernen Gebäude für die
gen , aber fast ganz abgefault ist. Diefer Ueberzug diente Ewigkeit errichtet wurden.
sichtbar zum Schulz gegen die Fäulniß, wcsihalb die Nägel <Der Beschluß folgt.)
auch von Kupfer sind. Ferner Kaden sich eine Menge Backstein-
platten vorgefunden, welche aus einer Masse bestehen, die heut Wien, September bis December.
zu Tage nicht mehr üblich ist, in der man aber Puzzolancrdc, fo (Beschluß.)
wie sie jczt in der Nähe von Rom gegraben wird, erkennt, die Man spricht viel von dem neue» Bau des Hofburgthea«
drei) Palmen im Quadrat messen, auf der Oberfläche vollkommen tcrs , wovon der Plan bereit« den Behörden vorgelegt wor
glatt geschliffen sind , und offenbar zu Fußböden gedient baben. den ist. Der Bau soll auf dem sogenannten Ballplalze vor sich
Mehrere derselben besitzen die höchst sonderbare Gigentliümlich- geben. Schön mag daS Theater werden so viel möglich,
keit, daß sie auf einen gleich großen eisernen Rahmen befe wenn es nur nicht , wie inanche gerade erwarten nnd hoffen,
stigt sind, welcher außer seinen vier Quadratseiten noch drcy sehr groß wird. DaS feinere Lustspiel, ja überkaupt jedes auf
Mittclstäbe besizt. Dieser Rahmen hat offenbar dazu gedient, zartere, inimische und konische Schattirnngc» und Uebergänge
dem Fußboden eine desto größere Festigkeit zu geben . obgleich berechnete Stück , also die Mehrzahl deutscher Meisterwerke,
ein solches Verfahren nach nnsern modernen Ansichten sonder kann darunter nur leiden. Da der von der Bühne entfern
bar scheinen möchte. Man könnte sogar fragen, warum man tere Zuschauer von all' diesen Dingen , welche mit zur Seele
nicl't einen Schritt weiter gegangen sey, »nb ganz eiserne Fuß der Schauspielkunst gehöre» , nichts bemerken kann , wendet
böden gebaut habe? Mclir oder weniger sind diese Rahmen er seine Aufmerksamkeit auf Acnßerlichkcitcn , und die stark
sämmtlich zerfresse». Außer obige» Gegenstände» Kar man bemerkbaren Umrisse , vlme auf das Wesentlichere Rücksicht zu
eine irdene Lampe ohne Fuß gefunden , in der Gestalt derjeni nehmen. Diese Art der theatralischen Beobachtung wird aber
gen, wie sie, jedoch von Blech, blos zum Beliälter des Ocls und leider bald die allgemeine , weil sie die bequemste und die sinn
des Dochts dienend, noch heut zu Tage bey unser» Bauern iin lichste ist, uird erscheint um so gefädrlicher in einer Zeit, in
Gebrauche sind. Sie hat. statt des Henkels ei» Loch , welches welcher das deutsche Schauspiel ohncdieß durch Oper nnd Ballet
kaum so groß ist, daß man de» Zciqessngcr dadurch stecken kann, fast zum Sinken gebracht worden ist.
wodurch das Halten derselben böchst unbequem gemacht wird. Von fonstigen Neuigkeiten weiß ich Ihnen , außer dem
Erwägt man die übrige Pracht , wclcne vermntblich im Schiffe Tobe des fruchtbaren Theaterdichters Zieglcr, diesimal
geherrscht >>at, so sticht dagegen die armselige Lampe auf eine nichts zu berichten. Die Originalausgabe seiner Werke er
höchst sonderbare Weise ab ; nichts desto weniger betrachtet schien kurz vorlier noch vom Verfasser besorgt in vielen Bän
man dieses wcrtl los: Gefäß mit einem cigentdümlichen In den in der Kaulfus'schen Buchhandlung i» Wien. Unter dem
teresse. Endlich l'at man drn> Stücke von einer Wasserleitung, Nachlasse des Verstorbenen wurde» viele Plane zu neuen Lust
aus demselben irdenen Matcrialc. woraus die obengcdachtcn spielen und einige fertige Stücke gefunden , die wahrscheinlich
Backsteine sind . aufgefischt. Sie beweisen, dag sich die Römer bald iin Drucke erscheinen werden.
wie des Steins zu ikrcn größeren Wasscrkanälen, so einer ir Der Himmel verleihe Ihnen besseres Wetter als »nS.
denen gebrannten Masse zu ibrcn Hanswasserröliren , und we Im November hatten wir einige Wochen lang Schnee und
der zu jenen noct, zu diese» des Bleches bedient haben, lie Kälte wie im strengsten Winter, plötzlich trat eine warme
ber die Konstruktion des versenkten Schiffes, nnd wie viel Temperatur ein, und eine Differenz von scchszcön Wärme
ober wenig vom Gerippe desselben noch übrig ist, besonders graden in einem Tage bestürmte unsere Gesundheit. Es ist
von den Zimmern , dem Mosaikfußboden u. s. w. , weiß Hr. zu verwundern, daß sich nicht mehr Krankheiten gezeigt haben,
Fusconi keine Nachricht zu gebe» ; er entschuldigt sscli. wenn als der Fall war. ^-st—
man ibn befragt, mildem römischen Ausrufe: .,LKi I» ,,^>
Das aufgefischte Holz ist lauter Tannenholz; kein Spalm hat sich Bey läge: Kunstblatt Nr. z.
Verlegt von der I. G. Cotta 'schon Buchhandlung.
N°. 10.

M o r g e n b l a t t

für

gebildete Stände.

F r e y t a g, 11. Januar 1 82 3.

— Mich trieb ein mächtig Hoffen ;


Wandle , rief'S . der Weg ist offen.
Immer »ach dem Aufgang fort.
Schiller.

Schelk Ibrahim, Johann Ludwig Burckhardt, der zartesten Abschiedsgefühle ans : „Evern Segen, liebe El
Afrikaner, aus Basel. tern, (sagt er unter andern,) betrachte ich als das beste
Gut, das mich begleiten soll, und, glaubt es mir, es ist
(Beyrröge zur Charakteristik des vortrefflichen Menschen und eine Aussage, die ich thun würde, wenn ich auch auf dem
berühmten Reisenben auS ungedruckren Fainilieiibriefc».) Sterbebette jczt läge; ich bin dessen nicht unwürdig! Se-
Die brittischen Herausgeber der Burckhardt schen gen für Such werde ich erflehen, wo auch nur das Schick
Reisen nach Nnbien haben denselben einen Abriß der sal mich hinschlcudern mag, und daß ich hoffen kann, un
Lebensschicksale des edeln und liebenswürdigen Schweizers sere Stimmen für gegenseitiges Wohl treffen sich am höch
vorgesezt; dieser und ein Aufsatz im Y»«el«rl? K°"«"> her sten Throne dessen, der sie allein erhören mag, wird mir
einem deutschen, in Zschokkes ausgewählten Schrif das Gebet, wie du, theure Mutter ! mit Recht hoffst, um
ten (B. s.) befindlichen, zum Grunde liegt, sind die so labender machen. Was mich anlangt, so habe ich ge
Quellen der übrigen zahlreichen Berichte über den merk lernt, keine eiteln Wünsche mehr gen Himmel zu schik-
würdigen und berühmten Reisenden. Die B a s l e r i sch e ken; was wir verlangen, beweist sich oft gerade als das
Gesellschaft zuBeförderung desGemeinnüz- Gegcntheil dessen , was uns zuträglich ist , baß es Thor-
zigen und Guten hat ihr Jahresblatt für t8s» eben heit seyn würde , in steten Hoffnungen sich zu wiegen ; ich
falls dem Leben des ausgezeichneten Mitbürgers gewidmet hoffe nicht viel : das Wiedersehen von Such , theure El
nnd ihr kam zu gut, die schöne Zeichnung des Bildes von tern ! ist das Einzige, was mich unaussprechlich glücklich
Ludw ig Burckhardt, das der Britte, Herr Salt, machen würde."
zu Kairo im Februar j8l7 für die Mutter des Reisenden In Aleppo und Damaskus brachte der Reisende
gefertigt hatte, in reinem Steindrucke dem Lebensabrisse bekanntlich eine sehr geraume Zeit mit vorbereitenden
vorsetzen , diesem selbst aber auch aus dem nach Hause an Studien und mit allmähliger Eingewöhnung in arabische
die Mutter und Geschwister geschriebenen Briefen man Art und Sitte zu. Als Sprachübung übersezte er damals
che charakteristische Stellen, dem Wunsche der Familie ge Campe's Robinson Krnsoe ins Arabische, oder modelte
mäß unverändert in Stvl und Ausdruck, einverleiben zu ihn vielmehr zu einem arabischen Mährchen um, Our ,1
können. Diese brieflichen Anekdota sind es, die L»K«r (die Secperle) betitelt. Am i«. Januar «8!«
»ir hier ausheben. schrieb er an die Eltern : „Ich wäre mit der Anwendung
Vor dem Antritt der Reise drückte ein aus London meiner Aeit während diesen sechs Monaten vollkommen
im September 13«8 nach Hause geschriebener Brief die zufrieden , hätte ich nicht oft Gelegenheit gehabt, zu be
dauern, daß mein« Kenntnisse in manche» Fächern und netem Kameelsdünger, welchen man gewöhnlich an solchen
Wissenschaften viel zu oberflächlich sind, um eine solche Orten antrifft, oder den von der Sonne gedörrten Wüste-
Reise dem gelehrten Publikum interessant zu machen. In sträuchern ist sogleich angezündet, und während einige von
ganz unbekannten Ländern mögen wohl die geographische der Gesellschaft die Lastthiere tränken, bereiten die übri
Beschreibung des Landes und die Betrachtungen über das gen das Abendmal, gewöhnlich ein gebratener Kuchen von
Volk dafür entschädigen ; aber in Syrien, das schon so oft Mehl , Butter und Zwieback. Doch öfters ändert sich die
beschrieben worden , sind physikalische Beobachtungen aller Scene. Die Reisenden finden eine zahlreiche Horde von
Art nothwendig, um nicht zu wiederholen, was schon von freundlichen Arabern um die Quelle herum gelagert; sie
manchen Vorgängern ist beschrieben worden. Ich thue steigen vor irgend einem Zelte ab; Tapeten oder Mat
mein Möglichstes, und diese Verrichtung versüßt mir ten werden ihnen zu Ehren auf dem Boden vor dem Zelte
mein Leben in hiesigen Gegenden, so daß ich mit Wahr ausgebreitet, Kaffee sogleich gebrannt und herumgebo
heit bekennen kann, keine Periode meines Lebens je mit ten, ein Lamm oder Ziegenböckchen geschlachtet und auf
mehr Ruhe und Zufriedenheit zugebracht zuhaben, wozu getischt, und Kameelsmilch im Uebcrfluß angeboten. Der
die freundschaftlichen Briefe der Hauptmitglieder der afri Abend wird mit Rauchen und Anhören von Historien zu
kanischen Gesellschaft m'cht wenig beytragen." — Der näm gebracht; von ferne ertönen ringsherum die Gesänge der
liche Brief enthält auch das mit morgenländischcu Farben jungen Arabermädchen. Der prachtvolle Sternenhimmel
gezeichnete nachstehende Reisebild : „Selbst das Reisen in entriß mich oft diesem Cirkel ; einsam nm das Lager her
der Wüste, allein, umgeben von Leuten, deren Treue umwandernd ließ ich meinen Gedanken vollen Lauf und
man in Zweifel ziehen kann , ohne die geringste Bequem suchte am Horizont das Gestirn in Westen auf, unter
lichkeit, geplagt von Hitze und Ungeziefer, hat seine großen welchem die Wohnplätze meiner theurcn Eltern sich befin
Reize. Siehe den Reisenden z seine Gefährten wecken ihn den. O gewiß! auch eine solche Reise hat ihre Reize —
lange vor Tagesanbruch, er verläßt die Zeltbewohncr, sie seg auch in der Mitte der Wüste kann der Mensch seine Zu
nend für einen freundlichen Empfang, ein sicheres Nachtlager friedenheit finden! Das Glück hat ja seinen Wohnplatz
und ein reichliches Wendmahl. Die Kamecle treten schwei auf dieser Erde nirgends aufgeschlagen; jeder kann es in
gend ihren mühsamen Weg an und bezeichneten von ferne seinem eigenen Busen finden , und er mag es dort Herber
schon durch das Dunkel der Wüste den Pfad zum nächsten gen, ob er sich nun in dem Cirkel der gebildetsten Nation
Abendlager. Die Sonne tritt dann in unbeschreiblicher Ma in Europa oder der halbwilden Araber befindet."
jestät über das Sandmeer der Wüste hervor, und wessen (Die Fortsetzung folgt.)
Herz wäre so gefühllos, seinen Schöpfer hier nicht zu lo
ben, dessen Güte und Vorsehung den Wanderer auch in
Arabien begleitet? Die Kühle der Morgenluft dauert nur Die vier Norweger.
kurze Zeit; schon drey Stunden nach dem Aufgange glüht Von Henrich Steffens.
die Luft in der Hitze der Sonnenstrahlen; aber der vor
sichtige Reifende ist mit einem dichten Mantel versehen, (Fortsetzung.) '
der jene Strahlen auffängt, und sein treues Lastthier trägt Ms die Thüre mit dem Schrank zugeschlossen ward,
gefüllte Wasserschlänche, die ihm erlauben, seinen Durst geschah es mit einigem Geräusch und Magdalena rief:
augenblicklich zu stillen. Die Araber begrüßen gewöhnlich „Was ist das?" Schnell eilte Klara nach dem Tische, stüzte
die aufgehende Sonne mir Gesang und muntern, Gesprä wie vorhin den Kopf auf den Arm und saß stille da mit
che ; aber Alles schweigt, wenn nun die Sonne dem Mit klopfendem Herzen. Magdalena trat herein. „Ich hörte
tag sich nähert, und tröstet sich mit der Hoffnung auf die ein Geräusch," sprach sie, „als wenn etwas umfiele." —
kühle Quelle, wo man das Nachtlager aufzuschlagen gedenkt. „Ich stieß an den Schemmel," antwortete Klara. „Wa
Bisweilen gibt der Anführer in der heißesten Stunde des rum sizt Ihr noch hier in der späten Nacht?" fuhr die
Tages das Zeichen zum Ausruhen ; die Kameele lagern Frau fort. „Ich bin so unruhig," antwortete Klara,
sich dann im Kreise um ihre Herrn und das Gepäcke, und „aber ich will versuchen, ob ich schlafen kann, verlaßt mich
Jeder sucht im Schatten seines Kamecles, eingehüllt in nur." Magdalena ging brummend fort, und Klar« ver
seinen Mantel , ein Paar Stunden erfrischenden Schlafes suchte vergebens zu schlafen. Das Abcndgespräch , die
zu genießen. Jene Momente waren es, die ich bcnuzte, aufgeregte Stimmung, die Freude und Angst während
um insgeheim unter meinem Mantel einige Bemerkungen des kurzen geheimen Gesprächs mit der Frau verscztcn sie
meinem Journal anzuvertrauen. Der Aufbruch zögert nicht in unruhige Spannung, vor Allem aber fühlte sie sich in
lange und die Reisenden erblicken endlich gegen Abend den nerlich gekränkt und gedemüthigt durch die unwürdige
grünen Weideplatz um eine Quelle henim , wo sie zur Zeit Stellung gegen ein geringes Weib, das sie durch gemeine
des Sonnenunterganges anlangen ; ein Feuer von getrock List und Unwahrheit hinterging. Dann dachte sie an das
Z9
Schicksal deS Briefes , an die Möglichkeit einer Rettung an ihm' entdeckt hatte. „Wir müsse» uns eilig erkundi
aus dieser Lage, und mitten unter den vielen quälenden gen, ob irgend ein Schiff fertig liegt. Wo es hingebt,
Borstellungen drängte sich das Bild des jungen Mannes her nach Hamburg oder nach einem holländischen oder franzö
vor. „Und der ist nun auch fort," sagte sie mit ei sischen Haft«, daö ist gleichgültig. Wer weiß, was noch
nem tiefen Seufzer, als fühlte sie sich durch die Abwe in wenigen Tagen geschehen kann."
senheit eines Jünglings, den sie nur einen Augenblick ge (Die Fortsetzung folgt.)
sehen hatte, ohne Hoffnung ihn je wieder zu sehen, dop
pelt verlassen. Erst gegen Morgen fiel sie in einen un
ruhigen Schlummer. Das Bett stand nahe an dem Schrank, Nikanders Runen.
sie rückte es noch naher und vergaß nie die Thüre des
Schrankes zu eröffnen. Oskar.
Abermals vergingen» einige Tage in trauriger Ein
samkeit; mit unruhiger Sehnsucht blickte Klara nach den
fliegenden Wolken, und es dünkte ihr nothwendig, daß
nun irgend etwas Ungewöhnliches geschehen müsse, um sie -I-
aus einer Lage zu retten , die ihr immer peinlicher ward. Oskarn nennt einmal der Runen Zahl,
Van der Nael war völlig verschlossen, ein Gespräch, wie Oskars Namen preist Gesang einmal.
Den noch singe» hoch nach tausend Jahren
das lezte, fand gar nicht mehr statt, aber oft blickte er Grünbekränzte, weißgesckmückte Schaaren;
seine Richte an, als wollte er ihr Innerstes durchschauen, Und die Rune schreibet Sweas Hand,
wenig beruhigt, wenn sie seinem Blick auszuweichen suchte, Unser Schweden Heiset Oskars Land.
indem sie eine innere Angst mühsam bekämpfte. Endlich Flieg und spiegle dich , du stolzer Schwan,
erschien wieder der Advokat aus Bergen ; van der Nael In oer Liebe stillem Ocean.
Motz sich mit ihm ein und erschien bcv Tische höchst ver Wälzt der Sturm der Zeit sich her zum Norden,
Jünglinge, die kühnsten, die geworden.
drießlich. .Mir werden bald dieses armselige Land ver- Sterben wollen sie in heißem Drang
ÄLn?,- sagte er. „JHr könnt Euch nur zur Abreise be Vor dir, für dich, unterm Waffensang.
reit machen. Ei, Sie scheinen ja zu erschrecken, theuerste Von der Nunc Os.
Nichte?- fuhr er fort, indem er den Eindruck bemerkte,
den diese Nachricht auf Klara machte, und den sie nicht
zu ververgen vermochte. «Wodurch ist Jbnen dieses trau Korrespondenz-Nachrichten.
rige Land so lieb geworden?" Er blickte sie mit durchboh
renden Augen an. «Und Sie wundern sich, mein Herr," Paris, Dccember.
antwortete Klara, die sich völlig gefaßt hatte, „über mein Ans einmal ist Pari« wie nach einein Winterschlafe von
Erschrecken? Muß nicht eine jede Veränderung meiner einigen Monaten wieder aufgerhauet und aufgewacht ; es regt
sich allcs lebliast in den Zeitungen und in der politischen Welt ;
Lage mich erschrecken ? Gehöre ich zu den Glücklichen , die die alles erstarrende und entmannende Hand der Ecnsur ist
einem entfernten Vaterlande mit Freuden entgegeneilen? zum zehnten oder zwölften Mal zurückgezogen , die Journale
Habe ich eine Heimath, wo sehnsüchtige Eltern mich er können wieder Kraft, Vernunft und Talent an den Tag le-
warten ?" Die Thränen stürzten ihr aus den Augen, aber gen. In ganz Frankreich hat man sich wegen der Dcputir-
tenwahlc» getummelt. Liberale , Ministerielle nnd Ultras
sie trocknete sse schnell. Daß dieser Mann sie in eine haben alles aufgeboten, um für ilre Partbey zu werben,
Lage versezt hatte, die sie zur Verstellung zwang, em nnd seitdem es gewiß zu scvn scheint, daß der Freysinn be»
pörte, erbitterte sie, und indem sie sich selbst gedemüthigt den Wahlen den Sieg über Befleanmg, ObskurantisnnlS und
fühlte, erschien er ihr doppelt verhaßt. Sie erhob sich, Aristokratismus davon getragen Kat, lebt die Hoffnung wie»
der auf, daß in Frankreich die Aufklärung doch dicßmal nicht
trat mit einem Stolz, der ihr sonst fremd war, ihm ge zu Grunde qclien, nnd daß dieses schöne Land daS Elend
genüber und sprach: „Kinnen, ja dürfen Sie mir sol Spaniens nicht theilen werde. Dieß plötzliche Wiederaus?
che Fragen vorlegen?" Dann ging sie stillschweigend fort. tauchen deS FreyslnnS zu einer Zeit, da man glaubte, die
Van der Nael sah ihr verwundert nach. „Wir müssen Obskuranten bätten vor der Hand gewonnen Spiel, war eine
ganz unerwartete Erscheinung , die beweiset , daß im Grunde
fort," rief er, „übermorgen, morgen." „Ja, wenn nur doch alle so künstlich und so geheim rrsonncnen politischen Pläne
sogleich ein Schiff da wäre. Niemand kann sich mehr durch unerwartete Umstände vereitelt werden. Wer bättc
«ach einer Abreise fehnen als ich," sagte die besonnenere nicht glaube» sollen, in Frankreich werde nun der Obskurantis
Magdalena. „Es ist ein fatales , ein widerwärtiges, ein mus , nachdem er so große Hindernisse beseitigt und sich znlezt
auch wieder der Preßfreyheit bemächtigt hatte, um sie bloS
verdammtes Land," rief der Geistliche höchst ungeduldig zu seinen Ablochten zu benutzen , mit großen Schritten seinem
und mit einer Heftigkeit, die Magdalena kaum bisher Zielt entgegengehen? wer Härle sich nicht mit den Machthaber»

Frankreichs eingebildet , sie hätte» vom Zeitgeiste wenig zn in Velabro umzugraben und, in so fern es thunlich ist, zu ebne»,
befürchten , der Frchsinn sev ganz unterjocht , und der knechti wobey ma» zugleich den Zweck hat, die etwa aufzugrabende« al
sche Sinn werde die Wahlen der neuen BolkSdeputirten lenke»? ten Denkmäler , Straße» u. s. w. nicht wieder zu verschütten,
wer hätte nicht gedacht, der Minister Villele scv allzu schlau, sondern zur vollkommenen Ansicht ihrer ursprünglichen Gestalt
alz daß er sich der Gefahr neuer Wahlen aussetzen sollte, wenn offen zu lassen, doch mit Mauern zu umfassen, nach der Art,
er nicht völlig überzeugt wäre, baß er sie ganz nach seinem Wil wie es schon unter der Regierung Pius VII. mit den Bogen
len lenke» könnte? Und doch ist alles ganz ander« ausge des Septimius Severus, Constantin u, o. geschehen ist. Den
fallen. Paris hat sich mit einer solchen Unabhängigkeit und ei sichersten Nachrichten zu Folge sind nicht mehr denn ynnbert-
nem so entschiedenen Freyssnne benommen , daß auch nicht ein uud-zwanzig Arbeiter angestellt, deren jeder täglich zwanzig
einziger Serviler unter den neuen zwölf Dcputirtcn vorhanden Bajvcchi (sechs Gr. neun Pf. säch.) erhält. Frcvlich haben sich
ist ; alle sind als freysinnige Männer bekannt. In den Pro mehr denn zweytauscnd Individuen gemeldet; die Kommission
vinzen war es zwar nicht überall wie in Paris , allein im All ist aber entschlossen die Zahl weder jezt noch in der Folge zu
gemeinen bekamen doch die Unabhängigen und Liberalen die vermehren. Wenn man erwägt, baß alle diese Menschen aus
Oberhand ; überall sprach sich Haß gegen Obskurantismus und der Hefe des Volks, folglich rohe, ««gezähmte, vom bösen
Servilität aus, und so kam denn nach und nach eine Kammer zu Geiste der Ungebundcnhcit besessene Menschen sind , welche die
Stande, in welcher die ausgezeichnetsten und aufgeklärtesten ihnen von der Regierung erzcigte Wohlthat für Schuldigkeit
Männer Frankreichs sitzen, (gewiß die merkwürdigste Versamm nehmen, und folglich allen bösen Willen zur Arbeit bringen,
lung, die seit Wiederherstellung des kbnigl. Thrones in Frank so begreift sich, baß lcztcre, besonders bcy der Maxime der Re
reich vorhanden gewesen ist) und die gewiß eine merkwürdige gierung , mehr väterlich zu verzeihen als herrisch zu gebiete«
Epoche in der Geschichte dieses Reiches bezeichnen wird , wo und zu bestrafen , sehr saumselig betrieben wird. Die Kom
fern nicht Bestechung sie verdirbt , oder andere Umstände ihre mission hat sich daher gcnölhigt gesehen, gewisse Maßregeln z»
Wirkung beschränke». Die Mcirschbeit muß wünschen, baß ihr nehmen , welche, ohne der Duldsamkeit der Regierung zu wi
Wirkungskreis freu und ungchindcrt sich erweitern möge ; denn derstreben, wenigstens absichtliche Vernachlässigungen verhin
das Wohl einer großen Nation, und vielleicht auch mehrerer dern werden. Dazu gehört die auf den erste» Blick hart scheinende
hängt von ihr ab. Natürlich erregt solch ein Sieg in dieser Maxime, denjenigen Arbeitern, welche krank werden, keinen
üppigen Hauptstadt die höchste Freude , und auch die englischen Arbeitslohn zu zahlen. Freylich wird baruntcr einer oder der
Blätter drücken ihre Verwunderung über den unabhängigen andere leiden , aber im Ganzen dein uiigchcuern Mißbrauche,
Geist der französischen Bürger und über ihre Eintracht bcy den welcher mit völlig oder theilweise erdichteter Unpäßlichkeit ge
Wahlen ihrer Stellvertreter aus ; sie gestehen , daß in Eng trieben werden würde . gesteuert werden. Das schon früher
land weit mehr Bestechlichkeit herrscht als hier, was frcylich erwähnte große unterirdische Gemäuer, welche« sich »o» der Ecke
auch von der Verschiedenheit der Verfassungen herrührt. I» des PalatinuS bis zum Bogen des Tim«, von dahinüber bis auf
England haben schon die Zwey-und-vierzig-Schillings-Bürger das die andere Seite zu dem sogenannten Fricdeustempel, und von
Wahlrecht , wogegen in Frankrcich ZW Franken Abgabe erfor diesem hinunter bi« wieder gegen das Colostrum zu zieht, und
derlich sind , um daS Recht zum Wählen zu haben. Nun setzen gleichsam ein ungehcnreS Viereck bildet , auf welchem der Tem
ZW Franken Abgabe schon ei» bedeutendes Einkommen voraus, pel der Venus und Roms erbaut ist, nehmen die hiesigen An
und hier ist nicht so viel Raum zum Bestechen als bcy Leuten, tiquare für die Grundmauer des genannten Tempels und s»p-
die vierzig Schillinge zahlen. Aber da die französische Regierung ponircn , um den Umfang jenes mit der Kleinheit des lcztern
weit mehr Stelle« zu vergeben hat als die englische , so weiß in Einklang zu bringen, einen oder gar mehrere denselben
sie denjenigen Wahlhcrrn, welche Stellen bekleiden, durch Dro umgebende Säulengänge. Aber selbst durch diese Voraussetzung
hungen und Versprechen beyzukomme» , und dicß bringt dann wirb weder die Ausdehnung des Gemäuers , welche immer
oft dieselbe Wirkung hervor wie das Bestechen mit baarem Gelde, noch bey weitem mehr beträgt alö ZOt) Fuß, (die vermeintliche
daS in England auf so unverschämte Weise statt hat. Keines Breite des Tempels) noch weniger die Existenz der sechS Bo
wegs unempfindlich gegen gute Stellen oder gegen Ehrenbe gengänge erklärt. Vielleicht dürfte es sich in Kurzem zei
zeugungen sind die französischen Dcputirtcn , und auf diese Art gen, was eigentlich dieses Gemäuer in seinem Ursprünge ge
werden stets viele von ihnen bcstochcn. Glücklicherweise be wesen ist. Die Bauart desselben ist jene, über welche in der
steht in der Nation ein unverwüstliches Ehrgefühl, das sich neueren Zeit, unter den hiesigen und fremden Antiquaren cin
gegen solche bestechbare Menschen durch tiefe Verachtung äußert ; so großer Streit geherrscht hat, ein Streit, an welchem auch
die sogenannten Veutru» oder im Ccntrum der Kammer ge unser Landsmann, Herr Sicklcr , TKeil gcnommc» hat. Die
wöhnlich sitzenden und mit dem Ministerium stimmenden Dc ses Gemäuer nun, man mag c« Lmpleclvn oder ?5euc>i,«-
putirtcn sind dabcr auch cin Gegenstand des bittersten Spottes äomum, oder Cyklopisch, oder gar Dorisch nennen, besteht, wie
in den Tagesblättern , besonders in den kleineren , die unauf alle ähnlichen , ans zerschlagenen Marmvrstücken, Peperin (al
hörlich diese verkauften Menschen init beißendem Witze verfolgen, banischem Steine) und Travertin , sammtlich ohne Ordnung
und was läßt sich in der Thar Verächtlicheres denken, als sein und unter sich vermischt , durch eine» Kitt oder Mörtel , der
Gewissen , seine Ueberzeugung sklavisch hinzugeben , und gegen der hcntigen Puzzolanerdc gleicht, mit einander verbunden.
Aemrer und andere Belohnungen nmzutauschen ? Ein zwcvtes Gemäuer, welches hinter diesem, nach dem Es-
(Die Fortsetzung folgt.) quilinus z» , in gerader Linie mit der hier vcrmuthcten Via
sacra , als« mit dem Fricdenstempel , dein Tempel des Rom»-
Rom. December. luS u. s. w. liegt, »nd cin spätcrcr Fortsalz des ersten zu sev»
(Beschluß.) scheint , befleht gar nur aus lauter zerschlagenem Kiesel. Daß
die Topographie Roms bey diesen Nachgrabungen nicht leer aus
Der Plan der Zezt begonnenen ernstlichen Nachgrabung gehen dürfte, ist nach diesen Resultate» sehr wahrscheinlich.
auf dem Form» besteht barin. die ganze Gegend vom Colosseo
a» über das Forum Romanum und das Forum Boarium (?)wcg
bis nach dein Vclabrum oder nach der Kirche di S. Georgio Berlage: LiteraturblaN Nr. 4.

Verlegt von der I. G. Eotta'schen Buchhandlung.


n°. 11.

M o r g e n b l a t t

f ü r

gebildete Stände.

Sonnabend, 12. Januar 1 8 2 8.

Ein Andrer mag als Dichter höher fliegen,


AlS seine Keikre Muse stieg.
Wird einer ilm an Tugend überwiegen 1
Und dieses ist der schdnre Sieg.
Seume an Gleims Manen.

Gleim an Archenholz. An Herrn von Archenholz.


Den Zl. Dez. ,79Z.
Halberstadt den 27. Dec. I7SZ. Die Muse der Geschichte sizr
Hier ist etwas nicht Gedichtetes, sondern aus dem Ben dir am Pulte. Rache blizt
Ans ihren Augen; lieber Treuer?
Herzen Gesungenes, an Sie, mein «erthestcr Herr Haupt- Spricht sie, beschreib das Ungeheuer,
mann , gerichtetes , vielleicht finden Sie's , so wenig eö DaS auf der Erde wüthet! Nein!
ist, nicht eben würdig, sondern nur schicklich zur Sinlei» Beschreib's nur nicht! Wer könnt' eS lesen?
rung in den nächsten Jahrgang Ihrer Minerva zu dienen. Es müßt' ein Ungeheuer seyn.
Wie Tieger Marat eins gewesen,
Diesen Augenblick erhalte ich die Nachricht, daß der Ge- Und wie der Meister Atheist,
Heime-Rath Bode, der Uebersetzer Aoriks, an einem Ohr Abt Boltzendreher eins noch ist*)!
geschwüre zr» Weimar gestorben ist. Dieser Mann wurde Ach! welch' ein Jahr geht heut zn Ende!
von mir und Andern für einen der sogenannten unsichtba Wie herzlich weint' ich oft mit dir !
Die Menschheit schlug in ihre Hände,
ren Obern in der Gesellschaft der neuer» Freomaurer ge Was, sprach sie, Schwester, wird aus mir!
halten; er war mein Freund, ich scherzte darüber sehr oft Verachtet schon, und schon verspottet.
mit ihm, er warf die Beschuldigung nicht weit weg, und Belasten schon, und ausgerottet.
durch einige seiner räthsclhaften Reden wnrd' ich bewogen Beraubt schon ganz des hellen LichtS
zu glauben, er habe zu dem obersten Grade der heiligen Mau Der Wahrheit, find wir Bevde nichts!
ren» sich aufgeschwungen, in der guten Absicht, das etwa Wirf in die Zukunft scharfe Blicke!
Was siehst du? größ're Bubenstücke!
nicht Heilige derselben zum Besten der Menschheit zu ent: Mehr noch als Wolf- und Tiegerwuth,
decken und bekannt zu machen. Entdeckt hat er Etwas, das Die ganze Menschheit schwimmt in Blut!
ist gewiß, aber er fürchtete die Folgen der Bekanntmachung. Ach, Freund! kann eine Menschheit bleiben?
Ohne Zweifel ist der überall gewesene thntige Mann anch Alecro geht von Haus zu Haus.
Ihnen persönlich und wohl besser noch als mir bekannt ge- Wirf weg die Feder ! das zu schreiben
wescn, und Sie werden also, was es mit seinen Sntdek- Hält deine Menschlichkeit nicht aus !
So spricht die Muse. Gott bewahre.
knngen zu bedeuten bat, besser auch als ich wissen. Daß nicht in dem verftoßnen Jahre
Ich bin in bösen und guten Tagen u. s. w. Von der verfluchten Tyrannen
Der alte Gleim. Das Böseste gesündigt sey !
») Abt SieyeS.
42.
Und also, Freund! Wir wollen hoffen! Frau fuhr fort sie zu überreden , aber Klara sank auf die
Zwar steht im öden Frankreich noch Treppe chin. „Kind," rief die Frau ungeduldig, „jezt,
Des Ungeheuers Rachen offen. da Gott Euch unerwartet Hülfe schickt, ist nicht Zeit in
Und Millionen zieh« im Joch
Der Tiranney, sind noch verblendet; Ohnmacht zu fallen." Klara antwortete nicht, und bald
Jndeß, wer weiß, ob nicht das Blatt sah die Frau, daß sie die Hände faltete und in stilles Ge
Des bösen Schicksals bald sich wendet. bet versunken war. Nach wenigen Augenblicken richtete
Ob nicht auf einem Ararat sie sich getrost auf, mit einer ruhigen Entschlossenheit, die
Der Menschheit Jammer bald sich endet?
die Frau in Erstaunen sezte. „Kann ich, selbst wenn
Deßmegen, liebe Muse! laß
Die gute Feder ihn behaltend meine Wächterin aufwachte , durch diefe Treppe fo schnell
Die guten Geister werden walten. entkommen, daß ich unter dem Schutz deiner Landsleute
Und der Tyrannen Menschheitshaß, bin, ehe man mich findet?" fragte Klara. „Allerdings,"
Dem sie, wer weiß warum? so lange antwortete die Frau. — „Und würdet Ihr es wagen, mich
Zufahn, besiegen. Sanskülott!
Wem ist vor deiner Herrschaft bange ? gegen den Verwandten zu vertheidigen ? würdet Ihr mich
Mir nicht, Pariser Hottentott! gegen feinen Willen zu meinem Onkel führen ?" — „Ei
Wir trotzen deinem Blutgefange! *) frevlich," erwiederte sie. — „Gut, dann folgt mir, aber
Der Preuße lebt, und Gott ist Gott! feyd ruhig, sprecht kein Wort." Sachte schlüpften nun
Seinem tz» ir«. Bepde nach der Stube zurück. Klara schlich nach der Thüre,
die zn Magdalenas Schlafkammer führte, und schob leise
den Riegel vor. Dann suchte sie mit einer Besonnenheit,
Die vier Norweger. durch welche sie die Frau völlig beherrschte, Kostbarkeiten,
Von Henrich Steffens. Kleider, Wäsche und Mäntel zusammen. Sie vergaß
(Fortsetzung.) nichts, was zur Reise und für eine längere Entfernung
Klara war in der höchsten Unruhe. „Du wirst jezt nothwendig war, und reichte das sorgfältig eingewickelte
Norwegen verlassen müssen, ohne Antwort von dem On Bündel der Frau. Selbst eine Gnitarre ward nicht ver
kel, ohne Hülfe," rief sie. Der Tag verging in den trost gessen. Die Schubladen batte sie leise geöffnet, als aber
die Frau sie wieder einschieben wollte , verhinderte sie es,
losesten Betrachtungen und schlaflos brachte sie einen gros
ebenso als diese die geheime Thüre zuzuschließen begann.
sen Theil der Nacht zu. Da vernahm sie deutlich ein
Klopfen. Mit Freude sprang sie auf, schlich an den „Wir lassen Alles offen stehen," flüsterte Klara, „das Zu
Schrank und flüsterte: „Ihr seyd es?" — „Ja, ja," ant schließen erregt Geräusch, und ich wünsche, daß sie erfah
wortete die bekannte Stimme, „mach gleich auf!" Klara ren, auf welche Weise es mir gelang, in diesem Lande
zog sich schnell an und eröffnete die Thüre. „Komm hier Schutz zu finden, auf welchem Wege ich entflohen bin."
her sprach die Frau , „auf der Treppe wollen wir spre Sie gingen, ohne gestört zu werden, die Treppe hin
chen , damit wir nicht gchört werden. Euer Onkel ist unter, die nach einer Stube führte, wo eine geheime
hier." — „Hier?" rief die erstaunte Klara und zitterte Thüre auf die nämliche Weife, wie oben, offen stand; die
vor Freude. „Cr ist diesen Fiord hinauf gereist, erst ge Stube führte nach dem Garten. Sie schlichen durch den
stern Abend. In Quindherred ist ein Skytsort *) , dort Garten , die Frau schloß auch hier eine Thüre auf, und
hat er ein großes Boot bestellt, um tiefer in den Hardan- ein alter kolossaler Bauer mit einem grauen Bart stand
gessivrd nach Aga, einem Hof in Sösftvrd, hineinzuru- vor ihnen.
„Maren," sprach er, „wie ich sehe, ist Alles gut ge
dern. Meinem Manne ist es nach vieler Ueberredung
gangen. Endlich sehe ich dich, Mädchen, ja wahrlich dn
gelungen, das Skytsbuch, in welches er seinen Namen
bist schön!" sagte er, indem er ihr die Hand reichte und
eingetragen hat, zu erhalten. Kennst du seine Hand
sie mit stillem Vergnügen betrachtete. „Viel habe ich von
schrift?" — „Freylich kenne ich sie," antwortete Klara,
dir gehört, ich bedauerte, daß ich nicht da war, als du
ergriff schnell das Buch, eilte nach der Stube zurück,
ohnmächtig in mein Haus gebracht wurdest, aber die Frau
nahm Licht und Feuerzeug mit sich. Auf der Treppe zün
dete die Frau das Licht an , und Klara konnte sich über hat seit der Zeit von nichts Anderm gesprochen — und,
weiß Gott, sie hat Recht." Mit großer Freundlichkeit,
zeugen, daß es in der That die Handschrift des Onkels
aber auch mit ängstlicher Unruhe erwiederte Klara den
war. Bis jezt hatte diese unerwartete Nachricht fast be
Gruß. „Kannst du reiten ?" fragte der Bauer. „Ich be
täubend auf d«s Mädchen gewirkt, und als die Frau ihr
stieg noch nie ein Pferd," antwortete Klara, „aber ich
begreiflich zu machen suchte, daß sie jezt gleich entfliehen
fürchte mich nicht." — „Du brauchst dich auch nicht zu
müsse, sah sie dieselbe erst starr und kopfschüttelnd an. Die
fürchten ," antwortete der Bauer, „unsere Pferde sind ge
') Eine Station für Boote. duldig und treu wie wir. Halt nur den Aüg/l ganz lole.
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das Pferd wird schon mit unfern zusammengehen." Sie scha vorzeigt. Meine Reisemanier ist ganz tut-
ward in den Zrauenfattel gehoben und man ritt langsam gegengesezt. Ich kehre jedes Mal in dem schmutzigsten
weiter. Anfänglich war Klara wohl etwas ängstlich , aber Karavanserav ein, habe meinen Mantel und die Erde als
bald fühlte sie sich völlig sicher, und zwischen dem Bauern Decke und Matratze, esse mir den Kameeltreibern, striegle
und seiner Frau reitend, fing sie an, sich nach dem Wege mein eigenes Pferd, sehe und höre aber Manches, waS
zu erkundigen , den sie zurückzulegen hatten. dem bequemen Reisenden unbekannt bleibt. In der Wüste
„Wir reiten nach Quindherred," berichtete der Bauer, machte ich mir alle Gewohnheiten der Araber zu eigen, von
„dort an dem Skytsorte liegt ein Boot für uns bereit, um welchen ich euch doch ein Paar erzählen muß."
uns nach Jondal, einige Meilen gegen Norden zu bringen. „Der Mangel an Bedürfnissen des Lurus sowohl als
In Jondal besteigen wir wieder die Pferde, um queer der ersten Nothwendigkcircn, welchem der Wüstebewohncr
durch das Land nach Aga zu reiten, wo du deinen Onkel von Jugend auf ausgesezt ist, hat ihm eine Genügsam
findest." — „Holvor !" rief die Frau, „wie freue ich mich keit zum Gesetz vorgeschrieben, welche den Stadtebewoh-
auf den Augenblick, wenn sie ihren Verwandten treffen ncrn beynahe unglaublich scheint. Oft legt sich der durch
wird. Das wird ein Jubel sevn!" Sie ritten in der nächt: Hitze und schnellen Marsch ermüdete Beduine zum Schlafe
lichen Dämmerung, die alle Gegenstände erkennen ließ, nieder, ohne den ganzen Tag hindurch etwas Anderes ge
an mehreren Bauernhöfen vorbey. Alles war ruhig, und nossen zu haben als einen Schluck von KnmcelSmilch oder
Klara hatte sich allmählich von der ängstlichen Spannung eine Hand voll Mehl, gemischt mit etwas Salz. Seine
erholt; sie war ruhig, ja heiter gestimmt. „Wie viel gewöhnliche Speise ist das Fatite, ein ungesalzener
verdanke ich euch, ihr lieben, treuen Menschen," sagte Mchlkuchen , mit Wasser geknetet und in der Asche von
sie , „ich bin ans einer traurigen Gefangenschaft gerettet, Kameelsdünqcr gebraten. Dieß wird nach Sonnenunter
ich othme wieder frey und fröhlich auf in einer großarti gang aufgetischt ; bis dahin bleibt der Araber den ganzen
gen , herrlichen Gegend, unter treuen, verständigen Men Tag hindurch nüchtern. Wenn aber ein Gast im Seite
schen , die mir wohlwollen , deren Glauben ich theile ; ihr einkehrt , dann wird geschmaust. Ist der Gast ein Mann
Wichet nkch dem theuren Bruder meiner Mutter entgegen, von Wichtigkeit, so wird eine Siege geschlachtet, und die
dessen SKMnsr Hier, i» diesem Augenblick so völlig un Freunde des Wirthcs bitten sich alle zu Gast ; daö gekochte
erwartet, mir die einzige Hülfe gewährt, die ich in dieser Fleisch wird, in Stücke zerschnitten, in einen Topf gewor
Weit erwarten konnte, der wahrscheinlich, der gewiß auch fen, um welchen herum die Gesellschaft lagert; jeder er
für meine armen unglücklichen Eltern thätig seyn wird." greift mit den Fingern einen Knochen, von dem er ein
Halver wandte sich gegen das schöne Mädchen mit einem Paar Stücke Fleisch abreißt und ihn dann wieder i» den
unbeschreiblich liebevollen, väterlichen Blick. „Ja, wir dan Topf wirft, wo ein anderer ihn ausnimmt, dergestalt, daß
ken Gott, daß er uns erlaubt hat, dich aus großer Noth jeder Knochen von der ganzen ehrbaren Gesellschaft durch
zu erretten, liebes Kind, er wird dich auch ferner in sei genagt wird und von Mund zu Mund geht. Die armen
nen Schutz nehmen. Gewiß, er wird es," sagte er, und Weiber müssen sich mit den Ohren und Füßen der geschlach
die Frau weinte. teten Thiere begnügen,"
(Der Beschluß folgt.) Währenddes längeren Verwcilens in Damaskus
drückt e n Brief vom i z. Mai 1812, die der Feimath zu-
gewan> n Gefühle rührend also aus: „Ja wohl wünschte
Schelk Ibrahim, Johann Ludwig Burckhardt, der ich p einst in der geliebten Hcimath ein stilles Ruhe-
Afrikaner, aus Basel. xlätzchen zu erbauen, und dort zufrieden nach ausgestande
nen Mühseligkeiten zu leben.
(Fortftsung.) Dort im Schatten der Buche,
Uebergehend zu seiner eigenen Art und Weise des Im Auge die blühende Flur,
Reifens, sagt der Brief in die Heimath: „Wahrlich, der Und Freundschaft, Lieb' und Ruhe
Im Herzen, in Gottes Natur.
Genuß einer morgenlündifchen Reife, wenn sie mit aller O! wenn auch ich einst der Welt,
Bequemlichkeit vorgenommen wird, ist dem Reisen in Eu Dem Strome des Lebens entfliehe.
ropa weit vorzuziehen. Wer bewaffnete Begleiter und Zelte Dort, dort laßt mich bauen mein Seit.
hat, schlägt die leztern jeden Abend an einem schön gele Ich bin gewiß nicht zum Dichter geboren , aber ich
genen Platze auf, und hat sich weder um grobe Postillone, weiß , daß meine Einbildungskraft nie stärker arbeitet, als
noch schlechte Pferde, noch schmutzige Wirthshäuser zu be wenn ich an die glücklichen Kinderjahre denke , die ich auf
kümmern, sondern reist mit eigenen Pferden, hat feine dem Lande, im Krcife meiner theucrn Familie verlebt
eigene Küche und sein Bett, und wird überall mit Höflich habe ; doch vor jczt muß ich gestehen , baue ich noch keine
keiten überhäuf», sobald er die Empfehlungsbriefe des Pa Lustschlösser ; ich suche mit Fleiß und Anstrengung mein
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Ziel zu verfolgen , führe ein ruhiges und nicht unange pc» bekommen ; die Schneider in Paris sagten jezt nicht mehr :
nehmes Leben. Hoffnung trügt so oft, und der Genuß gieb die Schee« her , sondern gieb die Censur her ; einer der
des gehofften Glücks ist fo selten befriedigend, daß es sich wurde Sensoren hieß zum Unglücke Pain (Brod) ; mit diesem Namen
außerordentlich gewitzelt: seit Aufhebung der Eensur
der Mühe gar nicht lohnt durch täuschende Aussichten den seh Pain schiminelicht geworben, »nd man werfe ihn weg, weil
gegenwärtigen Augenblick zu verbittern. Die Bekannt- er »ichtS mehr Werth scy ; Pain hoffe, man werbe ihn »mbacken
fchaft mit den Arabern lehrte mich Genügsamkeit mehr und etwas anderoS ans ihm machen ; Pain wolle sich in der
als alles andere schätzen, und in so fern hoffe ich stets man Ku« four (Backofcustraßc) einmiethe» , in der Hoffnung,
werde noch etwas ans ihm machen können; Pain habe
reich zu sevn." mit Freude vernommen, baß die Brodrare werde erhöht werden,
Vom damaligen Aufenthaltsorte heißt es in Kiefen da er jezt viel zu niedrig stehe u. s. w. ; so ging es wochen
Briefen: „Damaskus sowohl als ganz Syrien sind lang. Auch verfehlten Hie Togesblätt» nicht, manche Aufsätze
in einem kläglichen Auftande, der Handel ist zerrüt und Stellen, welche von der weiland Censur gestrichen wor
den waren , abdrucken zu lassen , stets mit der Bemerkung :
tet, der Kaufmann verarmt, der Bauer zu Bode» ge seht ihr Leser, so unsinnig verfuhren die Sensoren : Schrift
drückt, unzählige Dörfer stehen verlassen, die Vvlkszahl steller, deren Werke die Eensur nicht einmal hatte wollen an
vermindert sich jedes Jahr, während sich der Charakter kündigen lasse» . ermangelten man dieses Verbot sich zum Ver
täglich verschlimmert; es ist ein trauriges Schauspiel für ben. dienste anzurechnen , und sich als Verfolgte zu erkennen zu ge
Die Censur hat also zu nichts anderem gcnüzt, als daß
einen fühlenden Menschen, ein sterbendes Reich zu beobach sie Unwillen gegen diejenigen erregt hat, die sie verordnet hatten,
ten, um so mehr, wenn ihm die Erinnerung eines der Voll und es ist ein merkwürdiger Umstand, daß sich zu dieser Cen
kommenheit immer näher strebenden Landes (Britanniens) sur auch nicht ei« einziger berühmter oder geschalter Schrift
stets gegenwärtig ist. Auch dieses wird einst unter dem steller hat wollen brauchen lassen, obwohl man sich viele Mühe
gegeben hatte, angesehene Namen zn bekommen. DcrVicomte
eisernen Arm des Schicksals fallen, und nach tausend Jah de Bonald, welcher an der Sxiye der Eensur stand, ist der
ren mögen amerikanische Reisende die Trümmer von der einzige, der einen großen Ruf hatte, allein dieser Maim, der
St. PanlSkirche in London eben so bewundern, wie englische beständig unter Napoleon, so wie «ntcr den Königen, zu ge
waltsamen Maßregeln gerathcn hat, muß mit einem Hange
Reisende jezt das einst königliche Palmvra ; daö Werk der zur Inquisition auf die Welt gekommen seyn. Auch hat er noch
Menschenhände verschwindet; die Dauer ihrer Geisteswer zn guter Lezt eine Flugschrift z» Gunsten der Unterdrückung
ke und das Andenken ihrer Thaten zeugen, daß der Ruhm der Prcfifrcyheit erscheinen lassen , worin er die Unmöglich-
eines guten Namens wohl das einzige ist, wornach der Sterb kctt darzuthun trachtet, in cln.ni konstitutionellen Staate mit
der Prcßfreuheir zu regieren. Solch ein Starrkopf wie die
liche streben soll." ser wird sich wahrscheinlich durch keine Gcgcngrünbc überzeu
(Die Fortsetzung folgt.) gen lassen; die unabhängigen Blätter haben daher auch sehr
unnütz gehandelt , indem sie durch lange Aussätze seine Behaup
tungen bekämpft haben. Was läßt sich hierin von einem Manne
Ävrrespondenz-Nachrichte n. erwarte» , welcher einmal , bey Gelegenheit der Erörterung
Paris, December. des Gesetzentwurfs über die Strafen der Kirchenschänbmig, ganz
kaltblütig behauptet hat, einen Gotteslästerer ums Leben brin
Fortsetzung.) ge», seu weiter nichts, als ilm vor feinen natürlichen Rich
Man kann leicht denken, wie man in Paris wiycln mochte, ter stellen ! Ein solcher Inquisitorgeist ist in Frankreich nicht
als neulich sechs-und-siebenzig Männer, unter denen sich bcy- am rechte» Orte; er sollte über die Porcnäcn ziehen; allein
nahc fünfzig Veniru» befanden, mit einem Male ans ihrer jenseits derselben würde er vielleicht, och der jetzigen Avmuth
nieder» Sphäre heraus in die Pairskammcr erhoben wurden. der Staatskasse, keine so beträchtlichen Pensionen erhalten
Man spöttele in Paris über die Sechs-und-sicbzigcr , gnade wie wie hier.
man vormals in Preußen vey der Huldigung Friedrich Wil (Die Fortsetzung folgt. )
helms über die vielen neuen Adeligen, dicScchs-und-achtzigcr, ge
spottet hatte. Ein Blatt bemerkte, Villele habe Recht gehabt,
als er geweissaqt habe, der niedere Stand (seiner drc» Proccnte) Auflösung des RZthsels in Nr. S.
werbe über fünf-und-sicbcnzig steigen ; ein anderes fand, es scyc» Tod.
gerade so viele neue Pairs als Artikel in der Vcrfassunqsur-
künde; wenn also jedweder neue Pair nur einen Artikel weg
zunehmen stich« , so werde das Staatsgcbäudc von selbst zusam
menfallen ; solche Absichten schreibt mau dem unrühmlichen Han C h a r a d e.
sen bep ! Die kleinen« Journale hatten in den ersten Tagen jed Wenn Hände nicht die beydcnLczten
wedes wenigstens ein halb Dutzend Epigramme und Wort Olm' Unterlaß zufainmcnscztcn.
spiele über die ncugcbaekne» Pairs. Auch wurde die eben Die Erste ganz sich dazu nähmen,
wieder verschwundene Censur nicht vergessen ; alle diejenigen Wirs Ganze nicht zu schn bekämen.
Namen der Tensoren, die nur immer zu einem Wortspiele An So aber fliegts in Schwärmen her.
last geben komiten . wurden aufs Unbarmherzigste mitgenom Klärt auf die Welt »nd nützet sehr.
men und herumgczcrrt. Es hieß, die Sensoren würde» bald in Wie die Prospekte all' besagen;
die Pairskammcr geschoben werden und eine Schcerc zum Wap- .Oft aber dient's allein dazu.
") Maust"« Geschichte des preußische» Staats, Um geistreich, doch in Geiflcsruh
B. I. S. 141. Die liebe
Verlegt von der I. G. Cotta 'sehen Buchhandlung.
12.

M v r g e n b l a t t

für

gebildete Stände.

Montag, i4. Januar 1323.

«läsn klingen, Nektar glüht.


In dein vollen Becher,
Und ein trnnkne« Gdtterlied
Tbnt im Krei« der Zecher.
Die Jugendkraft
Wird neu erschafft.
In Nektars Gluth
Entbrennt der Muth.
Körner.

Gedichte von Gottlieb Zimmermann. Wenn Einem in des Lebens Enge


Ein rauhes LooS die Seele drückt;
1. Benin froden Aufschwung der Gesänge,
Die Freunde beym Becher. Pcvm Becher, fühl' er sich erquickt.
Wir meincnS gut.
Wie ein Smaragd im guten Golde, Er fasse Muth,
So zierr Gesang bey gutem Wein, Er fühle nach Leiden sich doppelt beglückt!
Und lieblich schließt des Sphev'S Dolde
DeS »ollen Bechers Lippen ein, Dem Menschen reift im heißen Leben
Der Jugend Bild, Auch mancher köstliche Gewinn;
Die schäumend quillt Für gute That, für reineS Streben
Verjüngend und glühend aus perlendem Wein. Lohnt immerdar ein heit'rer Sinn.
Auch Mosen zieren wohl den Becker; So strebt hinan
Ihr Reiz, in Farbenpracht erglüht, Die Lebensbahn
Malr vor dem Auge weiser Jecher Mit freudiger Hoffnung, mit frischem Beginn!
Die Schönheit, welche reizend blüht.
Das Herz erfreut. Und kommen wir auch nicht zum Ziele,
Das Herz erneut Ward uns so mancher Wunsch vergällt.
Die Schönheit, — der Becher, das fröhliche Lied. So schaffen wir im Ernst und Spiele
Uns selber eine kleine Welt:
Wo Geist und Herz in Selbstbefreyung Naturgetreu,
Der Sinne frische Lust verschont. Genügsam freo.
Da fühlr der Mensch aus der Entzweyung Und freundlich und herzlich zusammen gesellt!
Sich selbst und And're ausgesöhnt ;
Die weite Welt,
Vor ihm erhellt.
Wie blüht sie so lieblich, wie lacht sie verschönt!
Die vier Norweger.
Wohl nns! hier sizt in Freundes Hülle
Kein Lauscher, der es weiter trägt. Von Henrich Steffen«.
Wenn aus des Herzens frischer Fülle
Ein frcyes Wort sich keck bewegt. (Beschluß.)
Fern unserm Bund Jezt erst blickte Klara mit frevem Auge um sich.
Bleibt falscher Mund . Wie groß und herrlich erschien ihr die Natur. Rechts er
Urtd gleißendes Wort, von der Lüge geprägt!
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hoben sich in nächtlicher Dämmerung die hohen, dunkeln gar herrlich da droben," sagte die Frau. „Ich folge euch,"
Felsenwände, mit Bäumen bedeckt, in der Hohe kahl, antwortete Klara.
und in die tiefen Schluchten ragten glänzende Schncemassen Halvor ging auf den Burschen zu, er vertraute ihm
hinein; links wälzte der Hardangesfiord seine Wogen; fel Alles, nur nicht, daß der Onkel in Aga war. „Siehst du,
sigte Inseln und rauhes Gebirg am jenseitigen Gestade, Erik, nun brauchen wir deine Hülfe, beim du bist ein
undeutlich und finster in weiter Ferne; Aecker, Fruchtgär braver Kerl. Viel Geld ist freylich nicht dabcy zu ver
ten, zerstreute Wohnhäuser umgaben die Reisenden, und dienen, denn das Mädchen hat wenig, aber darnach fragst
als die Morgcnröthe klar und wolkenlos hervorbrach, lag du nicht. Setz' dich auf mein Pferd und reit' eilig nach
die Kirche in Qnindherred vor ihnen und sie ritten auf Cnnas. Laß dir da ein Boot nach Jondal bringen, du
den Skytsort am Ufer zu. Als sie sich diesem näherten, wirst früher ankommen als wir, bestelle Pferde nach Aga,
entdeckten sie einen Mann, der in einem kleinen Boot hörst du?" — „Ich will es thun," antwortete Erik, nahm
auf das Haus zuruderte ; er war der erste , der ihnen be eine kleine Geldsumme und ritt fort. „Er würde dich
gegnete. Als sie eben vor dem Haufe, wo noch Alles doch erkennen," sagte Halvor, als er zurückkam und KKra
schlief, stillhielten, legte der Mann an das Ufer an und in das Haus brachte, „er würde auf jeden Fall nach Rv-
Halver erkannte ihn. „Daß auch der nichtswürdige Bur scndal eilen , jezt mag er es thun. Hab ich ihn aber für
sche uns begegnen mußte!" sagte Halvor, „er wird uns schlechter gehalten als er ist, nun desto besser." Der Wirth
verrathcn. Es ist ein liederlicher Kerl, der sich weit in war aufgewacht und kam heraus, er war von Allem un
der Welt herumgetrieben hat, und jczt vom Schleichhan terrichtet; jezt erzählte Halvor ihm, wie sie den schwar
del lebt. Er war lange in holländischen Diensten, und zen Erik getroffen und benuzt hatten. „Vor allen Dingen
hat mit dem Bedienten deines Verwandten, und gewiß laß den fremden Herrn nicht erfahren, daß der Oberst
auch mit dem Herrn Bekanntschaft gemacht. Doch wir fürch hier ist. Schwarz Erik weiß es doch nicht?" — „Kaum,"
ten uns nicht, wenn auch der Herr uns findet; hier in die antwortete der Wirth, „denn er istj fo eben von Bomme
sem Lande soll nichts uns verhindern, dich nach Aga zn lsen angekommen, der Oberst aber segelte zwischen Sto-
deiner Mutter Bruder zu bringen." — „Ich weiß das rven und Tysnas in den Fiord hinein. Uebrigens kannst
wohl," antwortete Klara, „und fürchte jezt selbst den du dich auf mich verlassen. Kein ächter Norweger wird
Herrn van der Nacl nicht. Aber .dennoch wäre es mir das schöne Mädchen verrathen." Das Boot lag bereit
unangenehm, wenn ich die Hülfe fremder Menschen ge da; Wirth und Wirthin begleiteten Klara freundlich
gen ihn gebrauche» müßte. Wie ganz anders, wen» mein Glück wünschend zn dem Boot, Knechte und Mägde
nächster Verwandter, der dasselbe, der größeres Recht hat, standen ehrerbietig in der Ferne und Alle waren über die
als er, mich in feinen Schutz zu nehmen, sich ihm ent Anmuth und Schönheit des Mädchens in Erstaunen. Es
gegenstellt! Könnten wir diesen Menschen, ja selbst seine war spät am Abend, als sie in Jondal ankamen. Was sie
Schlechtigkeit nicht benutzen?" — Halvor sann nach; „al erwartet hatten, traf ein. Schwarz Erik hatte sich nicht
lerdings," antwortete er, „wenn du Muth hast, liebes blicken lassen. Auch hier vertrauten sie sich einem Bauern,
Kind! Was' ich dir vorschlage, ist nicht gefährlich, aber der den Skyts besorgte, ohne Umstände an. Er erstaunte,
beschwerlich, und wird dir, da du an das Gebirge nicht als er das Mädchen sah, wie Alle, die sie zum ersten Mal
gewöhnt bist, fast zu kühn vorkommen." — „Ich verlasse erblickten, aber er versprach jede Hülfe. „Du verdienst
mich ganz auf Euch, und ein jedes Mittel, das ihr zu dir einen Gotteslohn," sagte er, „lieber Halvor, daß du
wählen wagt, ergreife ich unbedenklich," erwiederte Klara. das herrliche Mädchen gerettet hast, und bist ein glückli
„Nun wohl," fuhr Halvor fort, „dann mußt du von Ion- cher Mensch, daß du ihr einen so großen Dienst leisten
dal quer über das Schneescld, reifen." Klara erschrak. darfst. Für mich und meine Leute hafte ich." Freylich
»Sind dort nicht gefährliche Klüfte, tiefe Risse, von Schnee dachte Halvor erst daran, Klara jezt gleich weiter zu brin
bedeckt, in welche wir, ohne sie zu erkennen, hineinstür gen ; aber an eine solche Anstrengung nicht gewohnt, war sie
zen können ?" fragte sie besorgt. „Wie ich gelesen habe, völlig erschöpft ; es war klar, daß sie einen langen, be
findet man in hohen Eisbergen immer solche, die selbst schwerlichen Ritt quer über die Halbinsel, ohne auszu
dem Kundigsten gefährlich werden." — „Bev uns nicht," ruhen, nicht würde aushalten können, und es blieb daher
antwortete Halvor, „der Schnee liegt fest und treu auf bev dem ersten Plan, der, obgleich scheinbar kühn«, doch
dem tüchtigen Gebirge. Wir miethen Bursche, die dich für sie mit weniger Anstrengung verknüpft war. Ein
tragen , wir hüllen dich gegen die Kälte in Pelzwerk ein, Lehnstuhl ward zwischen zwey starke Stangen festgebunden
und du wirst deinen Onkel auf einem Wege suchen, den und so zum Tragsessel eingerichtet, vier starke Bursche
dein Verfolger nicht errathen kann.« — «Du kannst es wurden bestellt, um sie abwechselnd über das hohe Gebirg
unbedenklich wagen, ich bin schon einmal diesen Weg ge und über die SchnLkfelder zu tragen, und nachdem sie eine
gangen, und wenn das Wct/er schön ist, findet man es Mahlzeit genossen hatten und eben sich zur Ruhe begeben
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wollten, trat ein Bursche eilig herein und kündigte an, steigen , um ihn zu erreichen. Froh hoffe ich zu Gott, daß
daß ein Boot mit einem vornehmen Herrn sich nähere. Standhaftigkeit und Muth mich nie verlassen werden ; zu
Man hatte ihm den Auftrag gegeben, genau aufzumerken. schön ist mein Ziel, um ihm nicht jedes Opfer zu bringen,
Klara zitterte. „Fürchte dich nicht," sprach Halvor, „wir dessen ich fäbig bin.
müssen uns alle drep verborgen halten." — „Eilt mit dem Auch wieder au« Kairo (Z8. Dec. j8iu) schreibt
Mädchen zu meinem Nachbar Thrane ," sagte der Wirth, der liebende Sohn an die Mutter, über daö von ihr ge
„ich will euch begleiten, er wohnt auf dem Wege, den ihr wünschte Bild des Reisenden und über die Leistungen, wo
morgen früh zurücklegen müsset, dort seyd ihr sicher. Den mit er der Londner Gesellschaft die ihm bcwicsne Teil
Herrn werde ich schon festzuhalten wissen." Sie gingen. nahme lohnte: „Ich muß Dir zuerst von dem Porträt spre
(Ende de« ersten Bruchstücks.) chen. Du kannst, liebe Mutter, meinem Worte fest glau
ben, wenn ich dir sage, eS soll und wird gemacht werden.
Aber Herr Salt hat viele Geschäfte, er ist seit beynahe
Schelk Ibrahim, Johann Ludwig Burckhardt, der zwey Monaten in Alerandrien, wir erwarten ihn hier
Afrikaner, aus Basel. nächste Woche, und ich werde dann nicht aufhören drin
(Fortsetzung.) gend zu scyn , bis er fein gegebenes Versprechen erfüllt.
In Kairo empfing der Afrikaner Burckhardt die Der kolossale Kopf von Lbercgyptcn (der Memnonskopf),
Trauerbotschaft von seines Vaters Tode. „Nach einer von dem ich früher schrieb, ist glücklich hier angelangt,
langen Reise (so schreibt er am zten Juli t8lZ an die und vor fünfTagen nach Alerandrien abgegangen. Der Ad»
theure Mutter) bin ich endlich vor sechs Tagen glücklich miral von Malta hat versprochen ein Schiff nach Alerand
wieder hier angelangt. Wenige Minuten nur dauerte die rien zu schicken, nm ihn nach England zu bringen, waS
Freude über meine Rückkehr und Erlösung aus so man- mir besonders lieb scvn wird, indem es die Kosten etwas
chcrlev Gefahren, deine Briefe waren die Ursache von tief- erleichtert, die schon bey 4„v Louisdor betragen, und zu
gefichwm Kummer. Mein guter Vater ist also nicht denen ich die Hälfte zahlte. Glücklicher Weise habe ich
mehr ; o möge er in einer bessern Welt den Lohn seiner auf meiner lezten Reise notbgezwungen so wenig verzehrt,
MechMkMHeit empfangen ! Wie oft und immerwährend daß eine gute Summe von meinem Gehalt rückständig war,
naHtte ich die Hoffnung, in seinem Alter ihm bcnznstehen, welche ich nun auf diese schöne Spekulation verwenden
ihm meine Dankbarkeit für so oft bezeugte Liebe zu be kann , die mir gewiß den Dank von Manchem erwerben
weisen , und den Rest seiner Tage ihm zu versüßen. Ach, wird. Ich habe nun auch schon eine große Sammlung von
das Schicksal trügt und zernichtet so oft die Hoffnungen schätzbaren arabischen Manuskripte» gemacht, wie sie vielleicht
ans künftiges Glück! Seit der Nachricht seines Todes wenige öffentliche Kabinette und wohl kein Privatmann in
empfinde ich in meinem Gemüthe eine Leere, die ich dir Europa bcsizen. Ungefähr ZS« Bände von auserlesenen
gar nicht beschreiben kann ; mich vaterlos zu wissen, scheint Manuscrixten , größtentheil« historischen Inhalts, sind
mir gleichsam in eine Einöde verpflanzt zu seyn. Ich ein großer Schatz, und diejenigen, welche wissen, wie schwer
habe gewiß stets meinen Vater innigst geliebt und geehrt; es h,Ut sie in Syrien und Egypten zu erlangen, werden
die Erziehung , die er mir gab, ist mir unendlich mehr meine Bemühungen wohl erkennen. Die meisten dieser
Werth, als wenn er mir Säcke Goldes hinterlassen hätte; Bücher sind schon in England, die andern habe ich noch
ich werde ihn noch lange innigst b7weinen und nie aufhö hier."
ren ihm zu danken, daß fein rechtschaffener Wandel mir Ferner über den nämlichen Gegenstand (am Z4. Mai
von Jugend auf ein Bevspiel gewährt hat, welches ich 1817): „Du erkundigst Dich, liebe Mutter, nach dem
hoffentlich stets befolgen werde. Und nun lebe wohl, beste kolossalen Kopfe ; er ist glücklich in Alerandrien angelangt
Mutter.' möge dich eine gütige Vorfchung noch lange und wartet nun auf ein Schiff, er wiegt ungefähr zu«
Jahre deinen treuen Kindern schenken, deren Verlust durch Centncr. Unterdessen habe ich schon Berichte aus England
den Hintritt ihres geliebten Vaters du allein ersetzen erhalten, daß er dort mit großer Neugierde erwartet
kannst. Möge mir vergönnt seyn, dich noch einmal zu wird. Manche Reisende haben ihn in Egypten gesehen,
umarmen ! Wie oft flehe ich um dieses Glück ; es ist mein und er ist schon durch viele Rcisebeschreibunge» bekannt;
sehulichster Wunsch , ohne dessen Erfüllung ich mich stets die Franzosen haben in ihrem prachtvollen Werke über
unglücklich schätzen werde. Ja gewiß, meine heißen Thrä- Egypten erklärt, daß er das schönste Ueberblcibsel von Egyp
ven werden bann zeugen, daß keine, auch die längste Ab tens Antiquitäten sey , und sie hatten während ihrer An
wesenheit mein Herz je verändern kann, welches, von wesenheit hier zu Land vergebens versucht ihn zu transpor-
allen andern Banden losgerissen , allein für dich und dein tiren. Es gereichte mir zur großen Freude ein Theilnch-
Glück, beste Mutter, schlägt. Doch entfernt ist noch je mcr an diesem Unternehmen gewesen zu senn, und ich
ner Zeitpunkt, manche Schwierigkeit muß ich noch über hoffe, eö werde auch dir und allen meinen Freunden einst
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Freude bringen. Der Kopf kostet mich bis dahin t5o ti« Haus« gedrängt hatten, um be« blutgierigen ober viel
Louisdor, und wird vielleicht noch 5« mehr erfordern. Hr. mehr erhizten Reitern auszuweichen. So ging eS zwey Abende
oder Nächte hindurch ; das Volk zog natürlich dießmal , wie
Salt zahlt die andere Hälfte, und diese kleine Ausgabe immer , den Kürzcrn ; denn was vermag ein unbewaffneter,
soll das brittische Museum in Besitz eines Schatzes setzen, zusammengelaufener Haufen gegen eine wohlbewaffnete Reite,
der gewiß drey bis viertausend Louisdor Werth ist , und rey, die in guter Ordnung gegen ihn anrückt, und keinen
welche mir, und ich hoffe dem Namen jedes Schweizers, Grund zu haben glaubt diesen Feind zu schonen?
(Die Fortsegung folgt.)
in England zur Ehre gereichen wird."
(Die Fortsetzung folgt.) Dresden, im Deceniber.
Die Wiedereröffnung der kdnigl. Bühne ist für den zwey-
ten WeilmachtSfeyertag bestimmt, und dem Vernehmen nach
soll .Bclisar," das brave Trauerspiel des geistvvllcn Schenk
Korrespondenz-Nachrichten. den Neiden eroffnen. Für de» Darsteller der Titelrolle scheint
ein trefflicher Repräsentant in Herrn von ZahlhaaS gefunden
, Paris, December. zu scy». Auch sieht man nach der nun erfolgten Genesung
(Fortsegung) Babbinyg« bald Her Aufführung des Wcbcrschen „OberonS"
Man kann sich vorstellen, welchen Jubel die Dcputirten-
wählen in Paris verursachten. In einigen Stadtrevierrn, be entgegen.
sonders in der St. Dcnisstraße, wurde illuminirt , jedoch war An bffentlichenstlnterhalrungen gab eö in diesen lezten Wochen
diese Illumination keineswegs allgemein; auch war bey weis blos die Vorlesungen , welche der Herr Professor Schottky in
rem der Jubel nicht so laut und so einstimmig als iin May dem Saale des Kreuyischcn Gasthauses hielt. Holtet und Schall
dieses Jahres, da der Gesetzentwurf wider die Preßfreyheit hatten bekanntlich seit einigen Jahren schon angefangen, für ei
nen gewissen KreiS von Zuhörern dramatische Werke der ge
von den Minister« zurückgezogen wurde ; solch einen feyerlichcn,
freudevolle» Abend wie den damaligen wird Paris vielleicht schertsten Acltern und Neuer« vorzulesen , und dadurch diesel
so bald nicht wieder erleben; er kam ganz unvorbereitet, und ben ihren Zuhörern entweder wieder ins Gcdächtnig zurückzu
- noch jczt würde eS schwer zu erklären seyn, wie sich die Freuderufen ober sie erst damit bekannt zu machen. Eigentlich kann
auf einmal so durch die ganze Stadt verbreiten, und jede wohl nur eins oder das andere der Hauptzweck ähnlicher Vor
Gasse Auftritte de« FreudcnausbruchS darbieten konnte. Dies lesungen seyn , sobald sie ans dem engern Kreise deS Hauses
mal ging es viel stiller her , allein desto ärger waren die Folhinaustreten , und sich für Jedermann ankündigen. Allerdings
gen. Da man mehrmals die Erfahrung gemacht hatte , daß gibt es in der Geschicklichkeit des VorlcscnS eine sehr große Stu
b?y Ähnlichen Vorfällen die Polizei) die Gensdarmcn unbarm fenleiter, von der Unvcrständlichkeit bis zu dein höchsten Grad
von Deutlichkeit, Richtigkeit, Wohllaut. Diese lezten drey
herzig auf das Volk lostrcibe , ohne sich darum zu bekümmern, Eigrnschaften möchten ohngefäbr die seyn, welche der Zielpunkt
ob der Unschuldige nicht mit dem Schuldigen leide, so war jedes Vorlesers werden müßten. Immer bleibt es aber nur ein
das Volk dießmal so klug gewesen und hatte aus Bauholz und Lesen, und soll und muß ein solches bleiben, wenn eS nicht
Steinen quer durch die Straße eine Art von Vcrschanzung ausarten , einen ganz andern Charakter annchmcn und, in daS
veranstaltet , um hinter derselben vor den Säbeln der Gens Gebiet der Darstellung halb übergehend, auch nur eine Halb
darmcn und den Huffchlägen ihrer Pferde sicher zu seyn. Un heit wiedergeben will. Es kann bann ein solches Vorlesen
terdessen wurden wirklich vom niedrige» Pbbel einige Exccssc leicht zu dem werden, waS in den bildenden Künsten gemalte
verübt, die hauptsächlich barin bestanden, daß man einige KauftStatuen sind , welche zwischen die bcydc» Gebiete der Plastik
leute in der St. Denisstraße zwingen wollte zn illumiuircn, u»d Maler«) tretend, das, was sie erzeugen, eben dadurch
und denen , die eS nicht tliaten , die Fenster einschlug und ihwieder von Heyden gleichweit entfernen , und als Zwittcrgar-
nen die Waarcn in ihren Kramläden verdarb. Jnbeß m,'n die tuug keiner angehörend auch kein wahres Wohlgefallen errc-
Hotels der Hoflcute und Staatsbeamten in der Vorstadt St. gcn kbnncn, obgleich nnsere Vorfahren sich daran weidlich er-
Germain, wovon keins illmnimrt war, miangcfeindet ließ, göztcn. Wir sind daher durchaus der Meynung , daß Kevin
lieg der Pöbel, man weift nickt warum, hier seine Rache Vorlesen eines dramatischen Werkes man alle Idee , als wolle
oder seinen Unwillen an einige» Kaufleuten «us, die sich gewiß man dein Zuhörer die Illusion geben , eS werde so eben vor
durch keine politischen Gesinnungen bcmcrklich gemacht hatten. ihm aufgeführt , entfernen muß , daher es auch ndtkig wird
Gegen diese Unruhstifter hätte die Polizc» ihre Tätigkeit be das, was nach deS Dichters Absicht auf der Bühne in Hand
weisen solle» , allein sie kamen fast alle ungestört davon. Da lung ohne Wort sich zeigen soll, ebenfalls mit vorzutragen,
gegen hatte die Gcnsdarnieric, welche von Linientruppen zu Abgänge und Eintritte zu bemerken u. s. w., und besonders
Fuß und zu Pferde unterstüzt wurde, einen Angriff auf die kleinen
wenn mehrere Personen zusammenkommen, die Namen der
Vcrschanznnqen der St. Dcnisstraße unternommen und. da Sprechenden hören zn lassen. Eine gewisse Modulation der
dieselben nur mit Steinen vertheidigt wurden, sie bald erstürmt,
Stimme , wodurch ein Charakter von de», andern untcrschie-
und schoß und hieb nun auf alle , die ihr in den Weg kamcn. de» werben kann, ist allerdings eben so gut denkbar, als we
loS. als ob sie mit einein feindlichen Heere z» fechten habe. sentlich norhwendig. Doch wird es gewiß keine,» Vorleser
Einige Schüsse sind, wie es scheint, aus den Fenstern und von einfallen, die weiblichen Stimmen in der Fistel sprechen zu
den Straßenecken erwicdert worden; allein dieß scheint wenig wollen, selbst nicht beym Lustspiele, es müßte denu der Kul
auf sich gehabt zn haben. So glaubten sich denu die Gensdar- minationspunkt der Posse seyn. Wie viele Nüancen bleiben
mei, berechtigt das Volk überall hin zu verfolgen ; gctödret ihm aber für die Unterscheidung seiner männlichen und weib
wurden einige Menschen < verwundet viele ; nach allen Seiten
schrie und floh daS Volk ; die Gensdarmcn aber verfolgte» es lichen Charaktere.
sogar in den Seitengassen , und einige Menschen . welche zu (Der Beschluß folgt.)
fällig durch dieselben gingen, ohne im Geringsten mit dem
Auflaufe etwas zu thun zu haben, wurden mit Säbelhieben von den
vorbeygallopircnden Gensdarmen begrübt, obschon sie sich gegen Be plage: Kunstblatt Nr.
Verlegt von der I. G. Colta'sche,n Buchhandlung.
1Z.

M o r g e n b l a t t
fS,

gebildete Stände.

Dienstag, 15. Januar 1 8 2 8.

Wenn man von einkm Lichte der Wissenschaft überhaupt spricht,


so ist da« der Naturwissenschaften, wie da« nothwendigste zum Forts
schritte der ndrigen, so da« unaetrndresie ; e« leuchtet nur, und wa«
e« verzehrt, sind Vorurtheile.
Alibert.

Ueber die Schlange des Paradieses. schengeschlechtes von Zweifeln frey zu machen, die bey je
Eine akademische Red« von Kanzler Dr. v. Autenrieth dem, nicht an orientalische AnffassungSart nndDichterspra-
in Tüdingen. 'che Gewöl>nte» so leicht ihr wörtlicher Ausdruck erregt.
Schon sür sich zeigt diese Wissenschaft, daß der Mensch,
Die Naturgeschichte bietet wohl am meisten wissen verhülrnißmißig zu frühern, wieder verschwundenen Schö
schaftliche Gegenstände von allgemeinerer Beziehung dar, pfungen von organischen Wefen auf der Erde, ein neues
sofern sie uns d?e Kenntniß von den so höchst mannigfa Geschlecht seye , von welchem ieine Spur vorkommt unter
chen Arten ber Thiere und Pflanzen gewährt, und unö den zahllosen Ueberresten jener lebenden Geschöpfe, die
von der änßern Beschaffenheit der leblosen Körper unter vor ihm diese Erde bewohnten. Die Naturgeschichte schon
richtet , welche uns auf der Erde umgeben. Sie nüzt un gibt Winke über des Menschen erstes ursprüngliches Ba
mittelbar dadurch, daß sie uns zeigt, was auf der Erde zur terland und über den Ursprung Aller aus einer ersten Fa
Befriedigung der vielfache» menschlichen Bedürfnisse die milie. Ich erlaube mir hier einen Versuch, aus ihr zu
nen kann , oder was uns zu schaden im Stande ist. Ader zeigen, daß auch die heiligen Sagen, in welche schon die
sie gewährt dabcy auch dem Geiste mannigfachen Genuß erste Geschichte unseres Geschlechtes gehüllt ist, aufgeklärt,
einer hbhcrn Art. Namentlich leitet sie auch in dem Dun und in genauen Zusammenhang mit der verständlichen
kel der Vorwclt den Alterthumsforscher ; und darum sollte Ordnung gebracht werden können, die wir sonst in der
selbst der Theologe als Schrifterklärer mit ihr genauer ganzen Natur bewundern.
bekannt feyn, denn auch seine Urkunden stammen aus Ge Die Drachen des Alterthums bieten dieses
genden, deren Natur eine uns Europäern fremde ist. auffallende Bevspiel dar, wenn sie in Verbindung mit
Und Kenntniß der Natur, welche jeden Menschen, dessen der Schlange in der Mosaischen Geschichte der Eva und des
.Gefühl noch nicht erstorben ist, zur Ahnung eines mächti Sündenfalls gesezt werden.
gen und weisen Schöpfers leitet, ist nicht nur die Quelle Es ist hier nicht von jenen Fabelthieren die Rede,
schon jeder natürlichen Religion , auch einen großen Theil welche eine dichterische Einbildungskraft aus wahren Schlan
der Nachrichten und vorzüglich der Bilder , welche uiisere gen, «ns dem gleichsam gepanzerten vierfüfsigcn Krokodill,
positiv lehrenden heiligen Schriften enthalten , kann nur ans den abenteuerlichen Formen der großen, mit einem
die Naturgeschichte aufklären. Nur sie kann jene Bilder Kamme versekenen Jnguaneidechse, aus den großen Sala
unserm prüfenden Verstände näher bringen, und dadurch manderlarven oder Prvteusarten und ans der kleinen nied
beptragen, das Ansehen dieser älteste» Urkunden des Men lichen fliegenden Eidechse phantastisch zusammeiigesezt hat.

welche Iczterc Eidechse der Naturforscher Linn« aus Spott Schelk Ibrahim, Johann Ludwig Burckhardt, der
einen Drachen nannte. Gepanzerte Thiere, die neben Afrikaner, aus Basel.
ricscnmäßiger Größe zugleich Gift und Flammen spieen,
die Flegel und Füße, einen Schweif mit tödtcndcm Sta- (Fortsetzung.)
che! und einen blutrothen Kamm haben , hat es nie und Ueber Mekka und Medina und über persönliche
nirgends gegeben. Verhältnisse meldet ein Schreiben ans Kairo vom 2. Au
Die wahren Drachen der alten Griechen und Römer, gust i»!5: „Ein hitziges Fieber in Dhidda, ein anderer hef
die Lindwürmer unserer deutschen Vorsahren sind jene ein tiger Anfall in Mekka, ein dreymvnatliches Fieber in Me
fachen, aber, obschvn ohne Gift, doch durch die ungeheure dina, gestatteten mir nur wenige heitere Stunden, und
Stärke , womit sie selbst die größten Thiere zu umschlin bald hätte ich gefürchtet, meine Gebeine in Arabien zurück
gen und zusammenzubrechen vermögen, so furchtbaren Rie lassen zu müssen. Auch verhinderte mich der Krieg , den
senschlangen ; ihre mannigfachen Arten bewohnen noch ge Mahomcd Ali Pascha von Egypten gerade in jener Zeit
genwärtig zahlreich die feuchten Gegenden des heißen Erd- gegen die neue Religionssekte der Wechabiten führte, meine
gürtelö der alt«! und neuen Welt. Wie überhaupt in Reisen in das Innere des Landes fortzusetzen. Doch hatte
den bcyden großen Festländern Geschöpfe einen gleichen ich Gelegenheit, während eines langen Aufenthaltes in
äußern Standpunkt einnehmen, die sich im Allgemeinen Mekka manche interessante Beobachtungen machen zu kön
ähnlich sehen, aber bev genauerer Untersuchung doch der Gat nen, auch eine,? treuen Grundriß dieser noch unbekannten
tung oder wenigstens der Art nach verschieden erscheinen, Stadt aufzunehmen. Ich besuchte T a v f, drcv Tagcrci
so sind auch die Riesenschlangen der alten Welt von denen sen im Süden von Mekka, ein Städtchen auf dem Gipfel
in der neuen Welt in Manchem verschieden. Jene des al der Gebirge gelegen, welches wegen seiner Gürten und
ten Festlandes fassen die Naturforscher gegenwärtig unter vortrefflichen Früchte das Paradies von Arabien heißt.
dem GattungsnamcnPpth on zusammen; denen im wär Im Monat Oktober begleitete ich eine Anzahl von wenig
mern Amerika gaben sie willkührlich den Namen Boa. stens 8000 Pilgrimmen nach dem Berge Arafat, wo die
jährlichen berühmten religiösen Ccrcmonic» statthaben,
Die Pythonschlangen der alten Welt sind meist Wald- um deren willen viele Türken ans den entferntesten Län
bcwohner von ungeheurer Größe, mit verhältnißmäßig dern sich hier versammeln. Mekka verwandelt sich in eine
kleinen Schuppen bedeckt, am Bauche mit «verlaufenden ungeheure Messe, und kaum mag man das Gewühl in den
einfachen, hornigtcn Platten bekleidet, die aber am Straßen durchdringen. Pilgrimme bringen Waarcn zum
Schwänze in Paare gespalten sind. Sonst wie alle Schlangen Verkaufend so sieht man hier alle möglichen Fabrikate der
ohne besondere Gliedmaßen, sind sie doch am Anfange des dre» alten Welttheile. Von Mekku reiste ich durch das
Schlanzes unten mit einem Paare von einfachen, kleinen, Innere des Landes nach Medina, einer Stadt, berühmt
hvrnigten Sporen versehe», welche sie in ihren Leib zurück durch das dort befindliche Grab Mohomeds , welches
ziehen können. Mittelst der von einander entfernbarcn zwölf Tagereisen vorwärts von Mekka entfernt liegt.
Hälften des Unterkiefers kann sich ihr Rachen in einen Kaum hatte ich Zeit, hier die berühmte Moschee in Au
Schlund ausdehnen, der weiter wird, als fclbst die Dicke
genschein zu nehmen, wo jenes Grab sich befindet, und
ihres Körpers beträgt. An sich träge, lauren sie blos den
vorübergehenden Thieren auf, auf die sie schnell unter die umliegenden Gegenden während ein Paar Tagen zu
furchtbarem Aschen mit dem »ordern Theile ihres Körpers besuchen, als ich «on dem leidigen Fieber befallen wurde,
losschießen. Mit ihren spitzigen hakenförmigen Zähnen, welches damals epidemisch in Medina herrschte. Ohne
ihr Oberkiefer hat vier zahlreiche, Reihen derselben, ihr Arzt und Medizin nmßte ich der Natur ihren Lauf las
Unterkiefer zwey, fassen sie die lebend ergriffene Beute, sen und mich nur auf Diät beschränken. Drey unaus
winden sich mit ihrem langen Körper Um sie , zerbrechen sprechlich langwierige Monate besuchte mich das Fieber
dem unglücklichen Thiere alle Knochen, strecken dasselbe täglich, und mattete mich so sehr ab, daß ich nach erfolg
ter Genesung mich kaum auf meinen Füßen halten konnte.
zngleich in die Länge und verschlucken es dann mühsam,
aber ganz, immer zuerst mit dem Kopfe desselben anfan Mein Plan war gewesen, zu Land durch die Wüste von
gend. Ihren größten Arten sähe man schon asiatische Tic- Medina nach Kairo zurückzukehren, aber nun waren meine
gcr, selbst Büffel unterliegen ; man fand welche, die ganze Reisekräfte dahin ; ich schleppte mich mit genauer Noth
«on ihnen so erwürgte Menschen verschlungen hatten. bis nach Jambo , einem Hafen des rothen MeercS , fünf
Tagereise» von Medina, um mich dort nach Egypten ein
(Die Fortsetzung folgt.) zuschiffen. Hier fand ich die Pest, welche von Kairo dahin
verpflanzt worden war, und mußte einige Wochen unter
den Pestkranken in großer Gefahr zubringen, bis ich
endlich ein Schiff vorfand. Auf dem Meere hatte ich ei
5r
nen neuen Fieberanfall. Ich ließ mich daher auf der Halb die Geschichte seiner Jetten «äre. Voltaire beschrieb
insel des Gebirges Sinai on's Land fetzen und lebte dort die Zeiten Ludwigs Xlv. um der großen Männer wil
vierzehn Tage in einem arabischen, reizend gelegenen len , die diese Zeiten der Nachwelt ehrwürdig mach
Dörfchen nahe beym Berge Sinai , wo ich mich von dem ten; die Zeiten Friedrichs könnte man so beschreiben, daß
Fieber wieder erholte. Von dort kam ich zu Lande über er allein, ein großer Mann, in derselben erschiene. Lud
Suez in Kairo an, und die Beschwerden dieser Reise, wig Xlv. gegen Friedrich II. scheint mir ein x»r-
auf der ich von heißen Winden viel zu leiden hatte, ver vum. Zwar hatt' er d»s Verdienst, den Gelehrte» 'An
ursachten einen dritten Anfall des Fiebers. Doch bin ich weisungen auf seine, dem armen Sandmann geraubten
nun, Gott sey Dank, hergestellt, jedoch noch fchwach, Gelder zu geben, hatte er aber, mit Einem nur, den
kann mich aber hoffentlich durch die gute Seeluft in Ale- nämlichen Umgang, den Friedrich mit so vielen hatte ? schrieb
randricn wieder erhohlen, wohin ich in wenigen Tagen er eine Zeile, wie bereu Taufende Friedrich schrieb, sang
abzugehen gedenke. Mit der zurückgelegten Reise bin ich er eine Ode, wie die an den Erbprinzen von Braunschweig,
im Ganzen zufrieden , ob ich gleich nicht alle Projekte aus macht er ein Codicill? Lesen Sie, lieber Herr Gevaner,
führen konnte, welche ich mir vorgenommen hatte; aber doch jezt einmal diese vortreffliche Ode; schrieb ich die Mi
so geht eZ immer mit dem Reisen, und noch bin ich von kei nerva, so machte ich einen Kommentar über sie, oder war
ner Reise ganz vollkommen befriedigt zurückgekommen. Ich ich ein Ebert, ein Eschenburg, so bött ich sie verdeutscht,
habe viel Neues gesehen, viele Menschen kennen gelernt, und mit ihr meinen Landesherr« bcwiUkommt! Lesen Sie
bin aber darüber alt geworden , denn alle meine hiesigen doch auch jezt das Codieill.
Bekannten und selbst der Spiegel versichern mich, daß KloxstocksOde*) verdient zehnmal die erste Stelle ; zwar
mein braungelbcs, eingefallenes Gesicht und mein dichter verstanden viele hiesige Kenner sie nicht, als ihnen aber
Bart eher einem Manne von vierzig Jahren als einem das Verstandniß geöffnet war , da waren sie die größten
von nn-und-dreyßigen zukommen." Lobredncr derselben in unfern literarische» Gesellschaften,
(Der Beschluß folgt.) denn wir haben ihrer mehr als eine.
Der alte G l e i m.
Beym Lesen in der Zeitung,
Gleim an Archcnholz. im Mär; I79Z.
Halberstadt den ss.'Dec. !79Z. Salpeter! ist der Ruf der Mörder jezt, Salpeter!
Minerva, liebster Herr Hauptmann , läßt ihren Helm Ha! diesem Rufe folgt nun bald, gebt acht, ein Zeterl
Zum großen Fürstenbnnd tritt nun die .yungeroiioth!
ausbessern; vermuthlich will sie den künftigen Feldzug Brod, ruft die Menschheit nun, ihr Ticger, gebt uns
mitmachen. Im dießjährigen Habens ihr (MarS ist nicht Brod!
zu Felde gewesen) die Furien zu arg gemacht. Ihre Prie Brod! Brod! Die Tieqer steh» auf ihren hohen Stufen
sterin trägt eine Opferschaole ; möge sie dort in den La Und Kören: gebt uns Brod! erbärmlich unten rufen.
Und sehen unerweicht der Menschheit offnes Grab,
gern der preußischen Helden, die unter Schnee und Eis Und sehn ihr eigenes, und steigen nickt Kcrab!
zum Besten der Menschheit in offenem Felde noch fechten, Ach! ach! Unmenschlichkeit, wie weit wirst du getrieben!
bald doch ausgegossen werden ! Wann endlich werden sich die Menschen alle lieben?
Sie, liebster Herr Hauptmann , waren ein Preuße; ') Wahrscheinlich die Ode: das Wort der Deutsche», 179Z.
find Sie noch einer, (und wie denn sollt' es zugehen, daß
Sie keiner mehr wären?) so wünschen Sie denselben K o r r e sp o n d e nz - N a ch r i ch t e n.
Wunsch im neuen Jahr, und ich bin in demselben Dresden, im Dcccmbcr.
Ihr (Beschluß.)
fleißigster Leser und ergebenster Freund nnd Diener, Eine Vorlesung bleibt aus obigen Gründen »och stets
himmelweit von der Wirkung einer Darstellung unterschieden,
der alte Gleim. so geneigt man jezt auch oft ist , den gewiß nur wlb verstan
dene» Arundsech aufzustellen, baß sich manche Lrüclc, und na
mentlich die Hochpoetischcn unter ilincn , wie ..Tasso" u. s. w.
Halbersta dt den 5. Marz 1794. mehr zum Vorlesen als zur Darstellung auf der Buhne eig
nen. Freilich, wenn von einer durchaus schlukke» Darstellung
Lassen Sie, liebster Herr Gevatter, die jetzige Lese- die Rede ist , so mag selbst das Mangelhafte einer Vorlesung
welt gleichgültig sevn , es wird , wenn eine Nachwelt sevn ihr vorzuziehen seyn, aber wahres Leben gewinnt doch ein
wird , anders werden. Was ich von Geschichten des gros dramatisches Werk erst eben durch daS Lebendige, und das
Wohlgefallen an einer Vorlesung kann nur dadurch bedingt
se» Unsterbliche» bis diese Stunde las , kam der Ihrigen werden, daß ich mir eben durch die bedingte Lebendigkeit dersel
nicht bep; Schade, daß sie nur die Geschichte des sieben ben die Illusion einer wirklichen Darstellung mache , die ich
jährigen Krieges ist! Mehrmalcn wünschte ich, daß es mir gleichsam während derselbe» auf meinem inner» Privat
theater aufführe. Etwa« ganz anderes ist es mit bem für sich genommen, so wäre bald ganz Paris mit Feuer unöSchwerdtver«
Lesen auf seinem Zimmer. Hier , wo gleichsam nur der Ge- heert, die Häuser geplündert worden ; es sey offenbar ein Plan
danke waltet, gilt es auch nur der Würdigung des Gedichts zu einer Revolution verabredet gewesen und mit Kühnheit
als solches , und nur als Nebenanklang, als Schattenfigur aus angelegt worden , und was dergleichen mehr ist. Die antimi-
dem Hintergrunde kann die Betrachtung , wie sich das Drama nifleriellen Blätter wendete» die Beschuldigung um. Di«
denn nun auch auf der Bühne ausnehmen werde, hervortreten. Polizei? habe selbst die Unruhestifter besoldet , um dadurch eis
So bald aber das laut ausgesprochene Wort hinzukommt, sind ncn Vorwand zu bekommen, sich an den Parisern wegen de«
diese Schranken überschritten , und man hat sich einem Gebiete Wahl der liberalen Dcputirre» zu rächen; warum sie nicht so-
genähert, dessen Einfluß dann nicht mehr vermieden werden gleich bem Einschlagen der Fenster Einhalt gethan , was ihr
kann. Mir dünkt es daher am zweckmäßigsten, wenn der Bors ein Leichtes gewesen wäre; auf jeden Fall sey sie strafbar» weil
lescr hauptsächlich neuen Erscheinungen im Gebiete des Drama, sie die bewaffnete Macht habe anrücken und sogleich den Angriff
oder lange und zur Ungebühr Vergessenen, oder endlich solchen, beginnen lassen, ohne die Bürger zuvor zu warnen, wie es das
welche ihrer individuelle» Beschaffenheit nach sich schwerlich Gesetz gebiete, beginnen. Wahrscheinlich haben beyde Partheycn
zu einer Darstellung bringen lassen dürsten, sein Organ wid, darin Unrecht, baß sie einen verabredeten Plan voraussetzen. Der-
met , und Herr von Holrci hat bereits in dieser Art, besonders gleichen »nrnhige Auftritte ereignen sich in einer große» Haupt
bev dem neuen Kursus seiner Vorlesungen, niehrereö aufgestellt. stadt, ohne baß es dazu demagogischer Umtriebe, «der rltzijzcy-
So hat mir dessen Idee sehr gefallen , Ueversichten und Pro, licher Sdldlinge bedarf. Bey solchen Vorfällen muß eine men
bestellen aus ncuern dramatischen Dichtungen fremder Natio, schenfreundliche Polizey sich so zu benehmen wissen , daß bi«
ncn zu geben, um dadurch auch zugleich den Geschmack bersel- Ruhe wieber hergestellt wirb, ohne daß eS dabcy zum Blut
den z» charakterisiren , Parallelen zu ziehen , Winke abzuleiten vergießen kömmt ; daö Anrücken der Gcnsdarmcn wäre schon
n. s. w. Ein sehr umsichtig dafür ausgewählter Gegenstand hinreichend gewesen; die Säbel und Flinten waren ganz un
war der „Tasso" von Duval , bey dem die Beziehungspnnkte nütz , hat sich das Volk dicßmal mit Steinen gegen die Gens-
so klar am Tage liegen, und der so ganz verfehlte „Faust" bannen »ersehen, so ist es daher gekomme», weil es aus Er»
Thcolons wäre dazu nicht weniger geeignet. Gleichen Stoff fahrung weiß , baß die Genödarmcn sogleich den Säbel zücken,
würden Italien und England bieten , und Zusammenstellungen und es entweder sich muß niederhauen lassen, ober sich vcrthci-
vielfacher Bearbeitungen desselben Gegenstandes solchen Vorle digen. Wäre der Vorfall zu Konstantinopcl vorgefallen , fo
sungen einen Reiz verleihen, der mit der Belehrung Hand in hätte die Polizey vielleicht regelmäßig gehandelt ; aber in Paris,
Hand gehen, und sie weit über bloßen Zeitvertreib und Mode- unter einer konstitutionellen Regierung , die Rechenschaft von
besuch erheben müßte. ihrem Betrage» gegen die Bürger ablegen muß , kann solch
Vielleicht bedarf es bey Herrn Schottky nur einer solchen eine türkenmäßige Maßregel nicht geduldet weiden. Die Er
Anregung , da er durch prosaische und portische Einleitungen bitterung war daher auch allgemein , die Zeitungen wurden voll
schon bey seiner ersten Vorlesung , welcher ich allein bevwoh- von Klagen der Verwundeten und ihrer Familien. Die Justiz
nen konnte, bereits gezeigt hat, daß es ihm nicht um das fand es für nbthig einzuschreiten, und die Borfälle unpartl'cvisch
bloße Lesen zu thun sey, sondern daß er seine Zuhörer gern zu untersuchen. Die liberalen Blätter hoffen, es werde der
tbeils in das Verständnis, des Dichters und seines Werks ein Justiz gelingen die »zen, xr«voc»leurs aufzufinden; allein
führen, theils sie zu allgemeiner,, Betrachtungen vorbereiten diese provocateur,, die jede Parthey der andern vor
wolle. Was ich in jene« ersten Vorlesung hdrte, war ,.Eg- wirft, sind ein eitles Hirngespinst. Wenn die Justiz nur aus-
mont," und so wenig ich auch diese Wahl aus den oben an: miltclt, wer den Befehl zum Schießen und Aicdcrsäbcl» erthcilt
gegebenen Gründen ganz billigen konnte , so mußte ich doch hat, so thut sie alles, was man von ihr verlangen kann. Denn
dem Vorleser das Zeugnis, eines deutlichen, wohllautenden, hier liegt die ganze Frage : wer hat die Befehle zum Blutver
wenn auch eben nicht kräftigen und fast durchgängig richtigen gießen ertheilt? wer hat gegen das Gesetz gehandelt, und die
Vortrags geben. Sein Dialekt ist rein, und besonders zeigt Kriegsmacht auf die Bürger loSgejagt , che die bürgerliche Po
er in den gemüthvollen Stellen einen angenehmen Anklang lizey ihre Pflicht gethan hatte? waS beweist, daß die Lage der
von Innen heraus. Das Komische scheint am wenigstcn in Dinge aufs Acußcrste gekommen war , nnd baß nur die schreck
seinem Bereiche zu liege», wie die Volkssccncn beweisen, das lichen Maßregeln, die ergriffen worden sind , noch den Staat
gegen blieb seine Stimme frisch und ohne Erschöpfung bis retten konnten? Man sieht, daß alle Verantwortlichkeit auf die
zum Ende. Mehr meinen Ansichten sich annähernd, hat er Oberhäupter der Polizey fällt , denn nur von diesen ko»„ten
in den darauf folgende» Vorlesungen ..Belisar" von Schenk, solche «»bedachtsame Befehle ausgeben. Aber die Gensdavinr-
(Manuskript) das „Trauerspiel in Tirol von Jmmermann, rie verdient ebenfalls bittere Vorwürfe; denn wenn sie «uch
und den zur Ungcbül'r von den Bühnen verdrängte» ..Julius den Befehl erhalten hatte, gegen das Volk loSzuzieKcn» so
von Tarent." von Lcisewitz. vorgetragen, und bey allen ein mußten die Befehlshaber doch Mäßigung genug besitzen, nm den
sehr aufmerksames und dankbares Auditorium gefunden. Auftrag mit der größten Schonung auszuführen, und sich wohl
in Acht nehmen, die Unschuldige» nicht mit den Schuldigen
Paris, Deccmber. zu verwechseln , nnd ihre Wuth nicht an wehrlosen , einzeln
(Fortsetzung.) flehenden Menschen auslassen. Dafür , dag sie gerade das Ge-
Da es in Paris jezt nur zwey Arten von Zeitungen gibt, gentbeil von diesem gethan, und das Unglück und die Verwir
rung an jenen beyden Abenden schrecklich vermehrt haben, ver
ministerielle und antiministericllc, so hat eigentlich keine diese trau-
rige» Vorfälle mit der gehörigen Unparthculiclikeit dargestellt. dienten sie zu harter Strafe gezogen zu werden. Allein so
Die ministeriellen Blätter haben nicht ermangclt ; das schrecklichesehr sich auch der königl. Gerichtshof bemühen wirb , diesen
Verfahren der Gensdarmcric als eine unumgängliche Norbwchr Vorfällen auf den Grund zu kommen, so ist eS doch wahr
zu schildern ; die revolutionäre Faktion habe das Volk aufge scheinlich, daß diejenigen, die an, meisten gefehlt haben, nämlich
wiegelt , um eine gänzliche Verwirrung hervorzubringen , man die Oberhäupter , ungestraft davon komme» werden.
habe auf die ruhig wartende» Ge»sdan»en geschossen und mit (Der Beschluß fol>,t.)
Steinen geworfen, man habe sich ihnen tl'ätlich widersczi;
hätte die Polizey nicht zu strengen Maßregeln ihre Zuflucht Bevlage: Lttcrgturblatt Nr. 5.
Verlegt von der I. G. Cotta 'schen Buchhandlung.
14.

M o r g e n b l a t t

f ü r

gebildete Stände.

Mittwoch, 16. Januar i 8 2 8.

Dir, Baterhau«. dir, Vaterland,


Ist meine Seele zugewandt.
Sb ich euch wiedersehen werbe?
Hart ist der Tod auf fremder Erde.
Weisse.

Schelk Iöi-ahim, Johann Ludwig Burkharde, der dina so lange geplagt hatte. Während meines Aufcut-
Afrikaner, aus Basel. haltö sah ich, daß mein Sklave jeden Morgen vor Son-
nenauf'zang das Karavanserai verließ, wo ich wohnte, und
(Beschluß.) nach einer Stunde wieder zurückkam. Als ich ihn fragte,
UeberderTürlenGlaubenan dieVorherbestimmung drückt wohin er gehe , erfuhr ich, daß er nach dem MeereSstrand
sich ein Schreiben aus Kairovom iL. April i«!6 bedeutsam sich begebe, nm dort die Tobten zu waschen, die während
also ouS: ,.Es ist nun die Pest hier seit vier Jahren stets der Nacht gestorben waren und welche jeden Morgen auf
im Frühjahr ausgebrochen. Die Türken glanbrn, daß Gestellen on's Ufer getragen wurden, um nach türkischer
..Alles geschrieben steht/- und daß, wenn ein Mensch be Gewohnheit sie vor der Beerdigung vollkommen zu wa
stimmt ist zu sterben, kein Hülfsmittel ihn retten könne. schen. Mein Sklave, der dazu half, um, wie er sagte,
Deßwegcn schließen sie sich während der Pest gar nicht ein, ..den Himmel sich gnädig zn machen war sehr verwun
halten eS auch für Gotteslästerung, oieß zn thun, und dert, als ich ihm verbot, ferner Tobte zn berühren , nnd
werden zu Tausenden von der Krankheit weggerafft. Doch er antwortete mir: „ob ich ihm auch verbiete, mich selbst
fand ich leztes Jahr in Arabien die Einwohner anderer zu waschen, wenn ich sterben würde?" In den «ändern
Meynung. Als ich in Jemvo, einem Hafen am rothen der Schwarzen ist die Pest ganz unbekannt, aber die Pol
Meere liegend, mich befand, wo die Krankheit wüthcte, len sind dort so gefährlich wie die Pestseuche,nnd entvölkern
und wo ich keine Mittel hatte mich einzuschließen, sah oft ganze Distrikte. Seit Kurzem hat man angefangen,
ich, daß eine große Zahl der Einwohner auf das Gebürge die Kuhpockcn auch nach Syrien und Egvpten zu bringen."
floh. Wenn man sieftagte, warum sie sich fürchteten, und Die zwcy lezten, wenige Zeit vor dem Tode des edeln
sagte, wenn sie anders bestimmt seycn zu sterben, werde Reisenden geschriebenen und im väterlichen Hause einge
sie der Tod auch auf dem Gebirge einholen, so antworteten troffenen Briefe (Kairo «. Juli und 2«. August !8l7)
sie: „Die Pest ist eine Gnade, welche Gott auf die Erde waren heimathlichcn Angelegenheiten gewidmet. „Dein
schickt, um die guten Menschen schleunig in den Himmel zu herzlicher Brief vom i». April ist mir so eben zu Händen
rufen ; wir fühlen , daß wir dieser Gnade noch nicht wür gekommen (schreibt er an die Mutter), und kann etwas
dig sind, und entweichen ihr daher bis auf weitere Zei die Freude erhöhen, die ich immer benm Empfang deiner
ten." Unglücklicherweise konnte ich nicht fliehen , ich war Nachrichten empfinde, so ist es der Ton von nihiger Zu
tete auf ein Schiff, mich nach Egypten einzuschiffen, und friedenheit, welcher aus jeder Zeile deines lieben Brie
war »och immer an dem Fieber krank, das mich in Me- fes aHmet. D i ch glücklich zu wissen , würde mir Trost
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seyn , wäre ich selbst unglücklich. Doch ist dieß nicht mein Ueber die Schlange des Paradieses.
Lovs, und meine Zufriedenheit ist wahrscheinlich ähnlichen Von Kanzler 0r. v. Auteurietl,.
Umständen zuzuschreiben , wie diejenigen , welche die Dei-
«ige verursachen. Ich habe keine leidigen Geschäfte, die (Fortsetzung.)
mich plagen, fühle, daß ich meine Pflicht thue, und sehe Wie der grausame Panther schön gefleckt ist, so siud
mit Frohsinn der Zukunft entgegen. Ich bin gefaßt auf auch die meisten Riesenschlangen schön gezeichnet; doch ist
Gutes und Uebels, was sie bringen kann, und hoffe auf im Allgemeinen ihre Grundfarbe mehr dunkel. Auch die
jeden Fall mein Ziel zu erreichen. Dich in dieser oder Drachen der Alten werden von dem Arzte AStius im
jener Welt wieder zu sehen, glaube mir, meine liebe Mut vierten Buche seines t«tr«biblio« als entweder von schwärz
ter, und dein Lob zu erwerben, ist mir thcurer als der lichter, oder rothgelber, oder von aschgrauer Farbe beschrie
Lvbschall des Publikums. Ruhm, wenn einst erworben, ben. Pin dar aber gibt schon von dem Drachen, welchen
ist ein leeres Gefühl, aber der Mutterliebe gewiß zu seyn, Jason tödtete, ausdrücklich an, sein Rücken sev mannig
und sich sagen zu können, daß wir unserer Pflicht in man fach gefärbt gewesen.
chen schweren Tagen treu geblieben, das ist ein Gefühl, Wie noch zu Aristoteles Seiten in Suropa, na
welches die Seele erhebt. Die Zeit wird einst kommen, mentlich noch in Thessalien zwischen den Flüssen Achelvus
wo ich dem Ehrgeiz entsagen werde, aber jene Triebe kön und Nessus Löwen waren , so waren auch Riesenschlangen
nen mich nie verlassen." — Und weiterhin : in den ältesten Zeiten weiter als gegenwärtig und bis in
„Deine Nachricht von der Noth in der Schweiz ist die gemäßigten Erdstriche verbreitet, und sogar noch auf
mir sehr zu Herzen gegangen; ich hatte schon vorher in den Inseln des Meeres von Griechenland anzutreffen. Pa
englischen Blättern ähnliche Bemerkungen gelesen, und ei lästina, Griechenland und selbst Italien kannten sie als
nen Auszug aus einer kleinen Schrift von Herrn Pfarrer einheimisch in jenen ältesten Zeiten. Nebudcadnezar habe
Heer, in welcher die traurige Lage von Glarus geschildert wie ein Drache Israel verschlungen, klagt Jeremias
ist; ich halte es für meine Pflicht, doch auch etwas für im ötsten Kapitel seines Werkes; Griechenlands Sagen
meine armen Landsleute zu thun. Unglücklicherweise bin sind voll von Drachen; nach Plinius wurde selbst noch
ich jezt mit meiner Kasse etwas auf der Neige, aber zu unter dem Kaiser Claudius auf dem Vatikan in Rom
Ende des folgenden Monats werde ich wieder einen Wech eine, von ihm Boa genannte Schlange getödtet, in deren
sel aus London ziehen und dir eine kleine Summe über Bauch man ein ganzes Kind fand.
machen , um sie unter die Armen zu vcrtheilen." Doch sind nicht, alle Drachen der Alten eigentliche ko
Der zweyte Brief brachte das Verheißene und die lossale Riesenschlangen ; sonach Pausanias nicht die
Bitte, den Bevtrag unter die armen und nothleidendcn rvthgelben Drachen des Aeskulaps im Peloponnes. A«
Schweizer, von welchem Kantone sie immer seyn mögen, tius spricht auch von Drachen, die nur fünf Cubitus, also
zu vertheilen. „E5 ist so wenig (sczt der Bescheidene bloS sieben und einen halben Fuß lang gewesen sepen, und
hinzu), daß ich mir nicht schmeicheln kann, dadurch viel Avicenna gibt im vierten seiner Bücher von der Arznei
Gutes zu bewirken ; aber wenn diese kleine Summe zu kunst an, in Vorderasien erreichten die Drachen nur die
Decken und Kleidungsstücken angewendet wird, so könn Länge von vier Cubikus. Denn eigentlich jede größere oder
ten doch mehrere Familien den bevorstehenden Winter ge dickere Schlange rechneten die Altenau den Drachenarten,
mächlicher zubringen." und Drache ist bey ihnen gleichbedeutend mit großer
Den Schluß dieser Briefauszüge soll die Uebersetzung Schlange. Schon Pin dar bedient sich im Viertenseiner
einer arabischen, zum Ruhm und zur Aufmunterung der pvthischen Siegcsgesänge, wo er von dem goldenen Vließe
Reisenden geschriebenen Stanze bilden. in Colchis redet, ohne Unterschied bald des Ausdruckes
Der Reisende findet neue Gegenstände als Ersatz für Schlange, bald des Wortes Drache. So frägt auch Pau
das Verlorne; sanias im achten Buche seiner Beschreibung Griechen-
Brcch auf dein Zelt alsh! süß ist das herumreisende landcs, welcher Art wohl die Schlange gewesen, welche
Leben ! vor der Antinoe verkriechend sie zu dem Orte führte, wo
Nichts wird gehalten für ehrenvoller und klüger als
Abwesenheit. hin die Stadt Mantinea zu verlegen war, er glaubt dann
Verlasse dein Vaterland und die Freunde, und besuche aus einer Stelle Homers erweisen zu können, diese Schlage
ferne Lander; habe zu den Drachcnarten gehört. Es war sogar ein grie
Wir sehen, daß stehendes Wasser leicht faul und ver
dorben wird. chisches Sprichwort, es werde keine Schlange zum Dra
Es bessert sich, wenn es fließt, und bleibt schlecht, so chen, sie habe denn vorher selbst schon eine andere Schlange
lange es stehend ist. verschlungen. Was aber villig entscheidend wird, ist der
Umstand , daß noch dieselbe Bildsäule des Laokoons der
Zerstörung seit dem Umstürze des römischen Reiches ent
55
gangen ist , welche einst den Pallast des Titus zierte, und schon in seinen Klauen. Wir erlebten schreckliche Dinge, die
an der P l i n i u s vorzüglich in den Windungen der bey- schrecklichsten mögen noch zurück seyn.
de» „Drachen," die den unglücklichen Vater mit seinen Ich habe Nachricht aus Marburg, baß Herr Matthis-
Söhnen umschlingen, die Kunst des Bildhauers bewun son vor wenigen Tagen daselbst noch gewesen ist, willens
dert. Und diese nämlichen Drachen des Laokoons, welche nächstens über Hamburg nach Kopenhagen abzugehen. Mar-
Virgil im zweyten Buche der Aeneis als Dichter so thisson, lieber Herr Gevatter! der Dichter, der Freund
furchtbar mit blutrothen Mähnen ausstattet, sind ganz eines Salis, eines Bonstädt, soll bey Ihnen zu Hani
einfache Riesenschlangen, ohne Flügel, ohne Füße noch burg jezt diesen Augenblick sich aufhalten. Soll! istö
Krallen, mit keinem Kamme, noch mit tödtcndem Sta wahr, so wissen Sies, oder könnens bey Hloxstock leicht
chel am Ende des Schweifes versehen. . Ausdrücklich be erfahren. Seit den Gräueln in Lyon war ich äußerst be
merkt auch Strabo im töten Buche seines Werks, es kümmert um ihn. <?r war zu dieser Gräuclzeit bey einem
sep eine Fabel , daß die indischen und libischen Drachen rechtschaffenen Mann , sein Name fällt mir nicht ein, in
geflügelt seyen , und P l i n i u s sagt im eilften Buche sei Lyon. Micht er doch bey Ihrer Minerva sein Augenzcug-
ner Naturgeschichte, es habe noch Niemand einen Drachen niß ablegen. ZeugenS keine Matthiffons, so sind, so blei
mit einem Kamme gesehen. Nach Bocharts Kier„««i. ben die in den Girtanncrschcn Annale» erzählten Unmensch
««» bedienten sich auch die Juden eines und desselben Wor lichkeiten unglaublich.
tes, welches im engern Sinne einen Drachen bedeu Ist er noch bey Ihnen? Cr gehe, sagt man, ins
tet, um überhaupt auch eine Schlange zu bezeichnen. So Land der Frevheit , nach Kopenhagen , ach ! daß er ins
wird auch die Schlange der Eva im mosaischen Paradiese Land der Freyhcit, in sein Vaterland, er ist ein Magde
in der Offenbarung Johannis der große Drache genannt, burger, zurückkehren möchte! sagen Sie, lieber Herr Ge
der die ganze Welt verführte. vatter, dem lieben Mann, daß ich mich seiner Rettung
(Die Fortsetzung folgt.) herzlich erfreue. Sehr eilig
Gle im.
?. 5. Man gibt ja den Abt Siiyes für den unsicht
baren Direktor aller französischen Revolutionen an ? od daS
Gleim an Archen holz.
wahr seyn mag ? Minerva konnte diese Frage gewiß am
Halb erst« dt den t4. März l79i. besten beantworten.
ObS mit der Hungersnoth in Frankreich wohl so gar * . *
schlimm sevn mag, wie's die kölnisch-französische Zeitung
beschreibt? Ach! Sie wäre der stärkste, wäre aber auch der Sinngedichte
rraurigste Alliirte! Daß man, die Tyrannen zu Boden zu auf den im November 179Z Hingerichtete» Philipp Orleans.
werfen, solch' etnes Mittels sich bedienen mußte ! Gott!
Sott! An die Dichter, die eine Grabfchrift auf
ihn zu machen bepsammen waren.
Straft Gott daS gute Volk, das unter Henkerpeitschen
Schon seufzte, nun auch noch mit seiner Hungersnoth? Legt auf sein Grab, ihr Herrn! den schlechtesten der Steine,
War'S durch Justizmord nicht, nicht durch Kartätschen tob, Der Stein, so schlecht er ist, wälzt sich von selbst, gebt
War's von der Knegeskunst der Britten und der Deutschen acht!
Noch nicht genug gestraft ? Gebt ihm daS liebe Brod, Von seinem Grabe weg, und wäscht sich in der Seine;
Ihr guten Völker! gebts von euern Ueberflüssen! Was Hilsts denn, daß ihr eine
Ha! die Tyrannen sind des Mordens müde! gebts! Grabschrift ihm macht?
In de» Tyrannen wacht der Tieger, das Gewissen,
Und «ird ihr Henker seyn! Auf! gute Völker, gebtS! Nehmt Vipcrgift, zehn Pfund, das Herz von einer Maus,
Nehmt hundert Pfunde Fleisch von Kröte, Salamander
Sin Wunder wZrs, wenn die Tyrannen des Mordens Und Molch, arbeitete! durcheinander.
tndlich nicht müde würden, so wie's eins ist, da,ß nicht zehn So wird für einen Höllenschmaus
tausend Corbaps » «,,tt>u» «n«ri», sie Meuchelmorde: Ein Philipp Orleans daraus.
risch umzubringe», entstände» sind. Die bösen Menschen
aber und die stockdummen, die sich zu Geräthschaften Als Philipp Orleans in jener Welt erschien
blindlings gebrauche« lassen, waren die meisten, man ließ Und alle bösen Fürsten ihn
Kis Schrecke» Tagesordnung sey» n. s. w., deßwegen ists Bewillkommt hatten, da, da sprach das Haupt der Teufel,
Seht, dieser Bube hat an meiner Cristenz
Ki« Wunder. Rodespierre liegt krank, Barrere will ab Gezweifelt; ha! für diesen Zweifel
danken. Ists wahr, so hat sie der Tieger, das Gewissen, Bekomm' er gleich die Pestilenz
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Und sterbe nicht. Cr se« ein schlechter Fraß dem Drachen, »«fehlten nicht , über bie Erschlaffung der politische» und
Der alle böse Fürsten frißt! religiösen Grundsätze des Gerichts zu schrcyen. Dieser wollte
Und Nero! du, du sollst bep seinem Bette wachen. nun zeigen, daß er keineswegs erschlafft sey, und dafür
Bis er an Seel und Leib gesund geworden ist. mußte der armeTouauer büßen.
Gleim. Dg.
Hannover. '
In diesen Tagen fand hier die Einweihung deS neuerban:
Korrespondenz-Nachrichten. ten Tempels der israelitischen Gemeinde flott. Diese Synagoge,
von dcm durch mehrere geschmackvolle Gebäude als tüchtiger
Pari«, Deccmber. Architekt bewahrten Bauineifler Hellner erbaut, ist eine seiner
schönsten- Baute» , welche bey einem Anstriche von golhischein
(Beschluß.) Style dein Zeitgeist« dennoch angepaßt ist. Die Einweihung
war gerade nicht sehr pomphaft , und eben so wenig waren es
Indessen ist es schon lobenswert!, , baß bie Justiz, die, die dazu angefertigte» Hymnen , die bereits mehrere Monate
znm Glücke für Frankreich , «lS unabhängige Behörde oft bie vor derselben feil geboten wurden, und so am Tage deS Fe
Bürger in Schutz nimmt wider ministerielle Eigcnmacht, die stes nichts Neues mehr waren. Die Rede, welche der Rabbi
Untersuchung jener Vorfälle aus den Händen der Polizcy ge: ner, Hr. Frensdorf, bey dieser Gelegenheit in deutscher Spra
risse» hat, um sich selbst damit zu befassen. Schon hat sie che mir biblische« und talmudiflischc» Citatc» hielt , war ohne
neulich der Polizcy eine Lektion gegeben , indem sie diejenigen allen Wortschwall, sehr sinnig abgefaßt, ganz des frommen
lossprach, welche bey Manuels Bcgräbuift sich de» störenden Gegenstandes würdig, und eben so würdig vorgetragen. —
Gcnsdarmen widersezt hatten , und dabcy entschied , die Po Bey einem unglücklichen Duell , welches jüngst zwischen zwcu
lizei? sey nicht befugt gewesen, ein Lcichcnbcgäiigniß durch An Offizieren dcr Garnison stattgehabt hatte, fiel ein braver, höchst
rücken der Gcnsdarmen untcrbrechcn zu lassen ; auch bey der skan geachteter Offizier dcr kdnigl. Jagergardc , dessen Verlust all
dalöse» Geschichte deS liederlichen Abbe Contrafatto, den das Po- gemein betrauert wird. — Im PalaiS unscrS Herzogs von
lizwgcricht ungestraft weggeben ließ, wodurch ein solcher Un Cambridge ist unter dcr Lcirung dcs Direktors von Holbei»
wille im Volke entstund , baß sich der Verbrecher in eine Kirche ein sehr geschmackvolles Dilcttantcntheater erbaut, nnd a,n
flüchten mußte um sich zu retten . benalim sich der kdnigl. Ge Sylvestcrabend mit Wcigls Operette: „Adrian von Ostadc"
richtshof sehr energisch, indem er den schändlichen Jtalicuer vor cingcwciht worden. Die am Schlüsse von Holbcin arrangir-
seinen eigenen Richterstuhl zog, und ihn zur Brandmark,»,« und ten Tablcanx-vivantS , in denen der junge Prinz uud die
zur Kettenstrafe verurthcilre , so daß also die Absicht der Je höchst liebenswürdige Prinzessin von Cambridge mitwirkten,
suitischen Parthcy ganz vereitelt wurde, welche den Verbre gehörten zu dein geschmackvollsten in dieser Art. — Die hier un
cher , weil er ein Geistlicher war , ungestraft entschlüpft,, las längst erablirte Kunsthandlung des Herrn Rocca bcsizt eine
sen wollte. Man sieht aus diesen Bcyfpiclen, wie wichtig es sür reiche Auswahl dcr besten Kupferstiche , worunter eine Sauim-
eine» großen Staat ist, Gerichtshöfe zu besitzen, deren Richter lung dcr bekannte» Hogardschcn Bilder, jcdoch so vollst an-
nicht abgcsezt werden können , und die folglich unabhängig big, wie sie bis jezt noch keine Kunsthandlung zusammenges
von den PartKeyen im Staate ihre Pflicht ausüben. Der kö tragen hat. — Unsere Bühne hat mit dcm Schlüsse dcs Jah
nigliche Gerichtshof übernimmt in der jetzigen Zeit gewisser res viel Neue? dargebracht, Hr. und Frau von Zielen, vom
maßen die Rolle, welche einst das Parlament in Frankreich Leipziger Stadrlheater , traten bey uns auf, und crsterer be
spielte ; denn auch dieses widcrsczte sich oft de» eigenmächtigen währte als „Shylock," Daniel im „Majorat^ u. f. w. >uch
Verfügungen und Umtrieben der Minister; nur beging es zu bey uns sein anerkanntes Talent. — Die hier zuerst auswicht
weilen dumme Streiche, zum Bcnspicl. als es Rousseans Emil getretene Oper: „der Doppclprvzeß," gedichtet von ?Aoys
unten an der Treppe des Justizpallastcs durch den Henker ver Schmitt, cnrsprach den großen Erwartungen nicht. DerÄoni-
brennen ließ. Hoffentticl, wird der königl. Gerichtshof sich pouist hat zwar einen reichen Schatz schöner Tondichtungen
solchen UnsinnS nicht schuldig machen, obschon er einige Mal vor uns ausgebreitet, und die Jnstrumentirung gehört un
bereits Schriftsteller über Gebühr hart bestraft l,at, wie z. B. streitig zu den vorzüglichsten; doch schien uns das Sujet nicht
den Oberst Touauet, den der Gerichtshof zu einjährigem Verhaste komisch und nicht ausgearbeitet genug. Wir entsinne» uns
vcrurrhcilt bat. blos weil er den historischen Theil des Evange in einem dcr Tecamerone dcs Boccaz cin ganz ähnliches Su
liums abgedruckt harte, olme der Wunder Erwähnung zu tbu». jet gelesen zu habe», wo frcylich der in diese Opcr cingefloa,-
Bey diesem Urtbeile ging es dein Gerichtshöfe gerade wie es tcnc Duellant nicht mitwirkt; hier spielt derselbe aucy eben
dem Parlamente bey dem Urtbeilc über Rousscaus Emil gegan keine bedeutende Rolle, und cntschwindct unfern Blicken ^ ohne
gen war. Damals nämlic» hatte das Parlament eben die Auf nnS über sei» Schicksal in Kcnntniß zu setzen. Dag dcr K om-
hebung der Jesuiten entschiede». Die Obskuranten schrieen ponist sich oft auch zu sthr ausgcdehnt bar , ist ein Vorwurf,
gegen dasselbe, und beschuldigte» es, es sey vom Zeitgcistc mit de» wir dem großen Thcoreriker machen müssen. Die erste
ergriffen »nb angesteckt , und um nun zu zeigen, daß es noch Darstellung dcr .,Wanda," von Zacharias Werner, möchte
das alte Parlament sey , verfuhr cs wider Rousseaus Schrift wohl nicht viele Wiederholungen erleben. Mit dem Buche in
gerade wie cs vor einigen Jahrhunderte» mir den Widersa der Hand, muß die anziehende Sprache dcm Leser allerdings Un,
chern des Aristoteles verfahren war. Eben so ging es dein lerkalrung gewähren; auf der Bühne aber läßr dafsolve in
Gerichtshöfe bey der Touguetstlic» Angelegenheit. Der Gerichts mancherlcy Beziehungen uubefricdigt. Die zwcyre Darstellung
hof Karte vor Kurzem den Oonstiwtionnol und de» Oou^ricr 0»n- dcs ..Oberon ' hat mehr alS die erste augefvrochen. Für die
losgesprochen, die vom Ministerium leidenschaftlich vcrs krank gewordene Dem. Böhm übernahm Mad. Schund die Par-
folgt wurden; auch gegen die Jesuiten hatte er sich deutlich thie dcr Rczia , und wahrlich sehr zu unserer Zufriedenheit.
ausgesprochen. Die Ultras und die niiniflcriellc Parthcy S. H .
Verlegt von der I. G. Cotta'schen Buchhandlung.
15.

M o r g e n b l a t t

gebildete Stände.

Donnerstag, 17. Januar 1 8 2 8.

— Nmor, da bringst du
Deine Fackel, und sie leuchtet im Dunkel uv« »er.
Ab» du führest uns bald verworrene Pfade; wir braucht«!
Deine Fackel erst recht, ach! und die falsche erlischt.
Goethe.

Dii Braut von Venedig. „Gondola!" rief er hier in das Gedränge der Gon
Norelle von L. H. Herme«. doliere und Barcarolcn auf der Riva hinein.
Zwey Ruderschläge, und die Gondel lag vor ihnen; sie
«WoSiu so n7ig^".M Luigi Morosini seinem Freund stiegen ein und saßen allein in dem engen, zierlichen Häus
Giovanni Papafava zu, der, tief in seinen rothen Mäntel chen auf schwellenden Kissen, von den Wogen in leichter,
gehüllt, eben bcv ihm vorübergehen wollte, vhne ihn zu schwankender Bewegung dem Canale Grande zugetragen.
bemerken. „Aber bey San Marco," begann jezt Papasava, „du
Dieser, so unerwartet angeredet, wandte sich mit einer hättest mich fast ungeduldig gemacht. Allerdings ist es
halb unwilligen Bewegung: „Ah, bist du's, Luigi!" rief ein Gebcimniß, was ich dir auvertranen will, aber kein
er aus, als er seinen Freund erkannte, „das freut mich; fo schreckliches, daß du »öthig gehabt hättest, durch dein
dich wollte ich eben aufsuchen." ängstliches Wesen den Pöbel auf uns aufmerksam zu ma-
„Nun, und in solcher Hast? ist dir etwas begegnet? chen. Gut, daß wir nicht lange auf deiuen Gondoliere
ein Carlel ?" warten mußten! — Alles, was ich dich bitten will, Luigi,
«Wo denkst du hin ? wir sind in Venedig." ist, mir heute Abend auf einige Stunden dein Kasino ein
„Du siehst aber so geheimnißvoll und zugleich verwirrt zuräumen."
ans, Giovanni, daß ich nicht verwundert wäre — aber wir sind Morosini , der eher eine Ausforderung für sich selbst
auf der Piazza und dort sehen die Löwenrachen *) herüber! erwartet hätte, da viele französische Kavaliere sich in Ve
wenn du etwas Ernsthaftes mit mir zu redcu hast, machen nedig befanden, welche auf die Gesetze der Republik fcbon
wir es besser zwischen vier Wänden ab." Mit diesen damals wenig Rücksicht nahmen, errothete, in dem Ge
Worten schlug er seinen Mantel zurück, nahm seinen fühl, sich dnrch feine uuzcitige Beforgniß um daö Wohl
Freund unter dem Arm und zog ihn nach der Piazzetta seines Freundes lächerlich gemacht zu haben; und vielleicht
mit sich fort, so daß dieser noch nicht Zeit gehabt hatte, hätte er demselben in diesem Augenblicke lieber die ernst
ein Wort zn entgegnen, als sie bereits vor der Sänke des hafteste Gefahr gewünfcht, als sich dieser kleinen Beschs
Heiilgen Theodorus standen. mung ausgesezt zu sehen. .Und um einer Curtisane wil
len," begann er endlich, nachdem er eine Zeitlang verge-
') D« Lbwenrachen am Eingang in den Palaz;? ducalc mit bens seine unangenehme Cnipftndung zu unterdrücken ge
der Ueberschrift : Oenunrie ,«gr«te, die neuerer Zeit ver sucht hatte, ..um einer Curtisane willen diefe Vorberei
schwunden ist. tungen? dieß gcheimnißvolle Wesen? Wenn es nicht die
5S
Tochter des Caps de' Dieci ist, oder die Frau des Dogen, «Dann ist frevlich vorauszusetzen," fiel Morosini lä
so hattest du mir in der That die Mühe ersparen können I" chelnd ein , «daß sie noch völlig unerfahren ist. Erst fünf
Hictey zog er die seidenen Vorhänge auf, die er bepm zehn Jahre! Die Macht ihrer Schönheit ist so groß, daß
Eintreten geschlossen hatte , und betrachtete mit angenom- du ungeachtet des Lärmcns und Geschrevs über uns ver-
, mener Gleichgültigkeit die kürzlich yollendete und vor we gißst, daß wir hier unter Rialto sind."
nigen Tagen erst aufgedeckte Fa?ade der Kirche Santa «Wie, schon unter Rialto? Sey so gut und lasse hal
Maria della Salute, der sie sich eben gegenüber befanden. te»! Ich wollte an der Riva del Ferro aussteigen."
«Sin schönes Gebäude!" sagte er, «wie hoch man auch «Gewiß, um noch zarte Liebespfänder in der Merce-
Palladio und Sansovino rühmen mag, hier hat unser ria einzukaufen?" Cr rief zur Thüre hinaus: «Gondola
Longhena doch gezeigt, daß die alten Meister nicht allein all« Riva! Deine Schöne also erfährt man nicht?" wandte
zu bauen verstanden *) !" er sich darauf wieder gegen feinen Freund, «nichts von
«Ich glaube gar, du bist empfindlich, Luigi?" nahm ihr ? die Farbe ihrer Augen ? ihres Haares ?"
Paxafava das Wort, der Morosini lange genug kannte, «Du spottest, Luigi, aber ich kann es nicht ändern.
um seine innere Bewegung sich durch den Schein der Ruhe Wenn du sie sehen dürftest, würdest du mich beneiden;
nicht verbergen zu lassen. aber es ist nicht möglich. Denke dir ein blasses rundes
«Warum ? weil ich mir Longhena's Fa?ade betrachte ? Gesichtchen, mit einem leichten Anflug von Roth, das,
Ich meine doch, sie verdient es. Aber ich weiß, daß du wie bey einem reifenden Pfirsich, nur eben durch die Haut
die Reihe der venetianischen Baumeister mit Scamozzi ge- durchscheint; einen kleinen, zum Küssen geschwellten Mund,
schlössen hast.« mit Lippen, die vor Liebe brennen; unter den langen
«Höre, Luigi," erwiederte Papafava, «ein anderes Wimpern mattglänzende graue Augen, bald unschuldig,
Mal magst du mir einen Streich spielen, welchen du kindisch, bald schalkhaft Herausfehend, bald, wie von über
willst; nur heut bring' mich nicht durch irgend eine List irdischem Feuer ergriffen, begeistert leuchtend; reiches,
um mein Abenteuer. Du mußt mir nothwcndig dein Ka goldenes Haar, feiner, weicher, glänzender als Seide.
sino überlassen." Aber was hilft dir meine Beschreibung! Die Gondel liegt
«Muß ich, so muß ich!" entgegnete Morosini, der am Ufer. Gib mir den Schlüssel und^cv' wohl! bis auf
besserer Laune zu werden anfing, als er sah, daß er den Mvrgen!"
Krieg in Feindes Gebiet gespielt hatte. «Muß ich, so «Wenn ich ihn nun nicht bey mir hätte? Aber ich will
muß ich! Aber den Schlüssel erhältst du nur unter der Be dich nicht länger quälen; hier nimm! viel Vergnügen!"
dingung, daß du mir nicht verschweigst, wer die Schöne (Die Fortsetzung folgt.)
ist, die dein flatterhaftes Herz gewonnen hat. Der Pfeil
sizt darin, läugne es nicht. Deine Verlegenheit verräth
dich, die Ungeduld brennt dir ans den Augen!" Ueber die Schlauge des Paradieses.
«Alles, was du willst, Luigi, nur dieß eine nicht. Von Kanzler Dr. v. Autenrieth.
Sie ist das schönste Mädchen in Venedig. Wenn du mein
Freund bist, ist dir das genug." (Fortsegung.)
«Und nicht weniger adlig als schön, und nichtwenigcr Das heiße Afrika und Indien sind nach den Schrift
sittsam als adlig ?" sezte Mvrosini mit spöttischem Lächeln stellern des Alrcrthums das Vaterland der größten Dra
hinzu. chen, wie diefe Gegenden auch gegenwärtig noch das Va
«Spotte so viel du willst!" entgegnete Papafava, «aber terland der eigentlichen Riesenschlangen des alten Festlan
frage nicht! Sie ist aus einem der ersten Häuser von Ve des sind. Wir kennen die Thiere der sogenannten neuen,
nedig, und wenn ich je ein schöneres Mädchen gesehen genauer von wissenschaftlich gebildeten Europäern besuch
habe, so heiße ich nicht mehr Giovanni Papafava!" ten Welt im Allgemeinen besser , als die des alten Kon
«Du bist also wirklich ernsthaft verliebt, sehe ich ; du tinents außer Europa; und darum sind uns auch bis
machst mich allmälig neugierig !" jezt nnr die wenigsten Arten der Riesenschlangen des ei
«Ich wünschte, du könntest sie sehen." gentlichen Indiens und Afrika's ganz bestimmt bekannt.
«Und den Namen des Engels darf man nicht erfahren?" Es ist auch mehr als wahrscheinlich , daß selbst wieder in
«Unmöglich, Luigi! Frage nicht! Ich weiß, daß un der alten Welt die Riesenschlangenarten Indiens alle ver
ser heutiges Abenteuer ihre erste Jntrigue ist. Sie ist schieden sind von denen des heißen, kaum noch oberflächlich
noch nicht fünfzehn Jahr." bekannte» Afrikas. Unter den indischen Arten muß es
nach altern und neuern Schriftstellern auch eine der furcht
") Die Kirche S. Maria bell« Salute ist im Jahr 16Z1 er barsten geben, die sich durch sehr große Augen mit feuri
baut worden. gem Blicke und durch einen verhöltnißmäßig großen Kopf
59
auszeichnet. Zwar geHirt sichtbar die Nachricht Aelians, der Wasser von den Gatesgebirgen in die niederen Gegen
daß in Indien ein t«5 Fuß langer: für heilig gehaltener den herabgerissen. Der Holländer Haafner (f. seine
Drache, mit Augen von der Größe eines macedonischen Schil Fußrcise in Ceylon, wurde im Jahr j?«z in
des, sich unter schrecklichem Zischen beo der Annäherung von den Gebirgen von Bocaul durch eine furchtbare Riesen
Aleranders Heer erhoben habe, zu den Uebertreibungen schlange in Todesangst vcrsezt ; er schizte. sie auf sieben-
der Alten. Aber doch kennt auch Marco Polo in dem zig Fuß lang und doppelt so dick, als ein Mann ist;
vbern Theile der Halbinsel jenseits des Ganges eine doch mag ihrer Länge sein Entsetzen etwas zugegeben ha
Schlange, die selbst Tieger zu verschlingen vermöge, und ben; mit feurigen Blicken verfolgte sie ihn noch, als er
die leuchtende Augen von der Größe eines , vier vcnetia- bereits athemloö einen steilen Felsen erklettert und dadurch
nische Danari zu seiner Zeit kostenden Arodes habe. Sie sich gerettet hatte.
sey zehn Schritte lang, zehn Spannen dick, und hinter- (Die Fortsetzung folgt.)
lasse eine Spur auf dem Boden wie ein schwerer Balken.
Nach seiner weitern Beschreibung würde dieses Nie-
senamxhibium zum Geschlecht oder eK,Iei, der neuer« Der Tod deö Kardinals Mazari».
Naturforscher zu rechnen seyn.
Ausgezeichnet dagegen ist in Hinsicht auf einen, bey Die so eben in Paris erschienenen
aller sonstigen Größe des Körpers verhältnißmäßig sehr cl» I.oui» Uenri cke I.«meaie, Oomte 6e Lrionne, »ecr«»
kleinen, aber mit wunderbar ausdehnbarem Rachen ver I«ire ck'o't«! ,o«, Ii««!, XIV., scheinen sich unter der Masse
sehenen Kopf, und in Hinsicht auf ihm entsprechende nur von authentischen und falschen Memoiren, die gegenwar
kleine Angen, die in ncuern Zeiten auch in Suropa bekann tig Frankreich überschwemmt, vortheilhaft auszuzeicbncn.
ter gewordene Snmpfricsenschlange Ostindiens. Diese Art Die Charakteristik Ludwigs xiv. und des siebzehnten Jahr
mar es, von welcher ein unausgewachscncs, doch schon hunderts könnte dadurch Manches gewinnen. Als Probe
achtzehn und einen halben Fuß langes Sremplar aus Java des Tones dieser Schrift möge folgende Schilderung der
lebend such hier in Tübingen im August des Jahrs t824 Todesfurcht des Kardinals dienen, die, wäre sie nicht
gezeigt wurde. Schon Philostratus beschreibt in sei fo munter, fast peinlich werden könnte. Der große Nach
nem Leben des Apxolvnius von Tyana diese Art des Dra folger des Kardinals Richelieu trennte sich fast fo schwer
chens a/S m öen Sumpfen Indiens wohnend; er weiß, vom Leben, wie Herr von Villile vom Ministerium.
ö«L sie trage „nb langsam sey, von schwärzlichter Farbe
auf dem Rücken, kleine Schuppen habe, und den Kopf Die Verhandlungen, welche den Pvrenäenfricden her-
kaum von der Srde erbebe , allein sie erreiche eine Länge bcyführtcn, erschöpften den Kardinal fo sehr, daß er sich
von dreyßig Kubirus oder von fünf- und- vierzig Fuß. die Krankheit zuzog, an der er, wenn ich mich recht er
Aber fchon dieser Schriftsteller bemerkt, daß noch größere innere, noch im nämlichen Jahre starb. In Sibourre, mo
Drachen in den Gebirgen Indiens wohnen, die hoch den er wohnte, während sich der König mit der Königin in
Hals cmporrecken, und deren Schuppen wie Silber, de St. Jean de Lnz aufhielt, bekam er die ersten Anfälle des
ren Augen wie Feuer glänzen. Auch die neusten Beobach Uebcls. Eines Tags besuchte ihn in meiner Anwesenheit
ter bestätigen diesen Unterschied zwischen den Arten der die Königin Mutter. Sie erkundigte sich ; wie er sich be
Sumpf- und Gebirgsriesenschlangen Indiens. Baron v. finde. „Sehr schlimm," antwortete er, warf die Decke
Wurmb (im zten Bande des Lichtenbergischcn Maga weg, streckte das Bein zum Bett heraus, und sagte zu der
zins für Phvsik) bemerkt ausdrücklich, die große Schlange Königin , die so erstaunt war als alle andern Zuschauer :
der sumpsigten Reißfelder in Java erreiche die Größe nicht, „Sehen Sie, Madame, was aus meinen Beinen gewor
zu der die Riesenschlange der waldigten Gebirge jener In den ist , während ich Frankreich die Ruhe schenkte."
sel anwachse, und die eine Länge von dreyßig Fuß erhalte. Sein Bein befand sich wirklich in einem kläglichen Zustan
Percival sagt in seiner Beschreibung der Insel Ceylon, de, auch konnte die Königin sich nicht enthalten einen
die ungeheure Felsenschlange daselbst habe eine Länge von lauten Schrey zn thun, und einige Tbränen zu vcrgies-
dreyßig Fuß ; sie wohne vorzüglich an den felsigen Ufern sen, es war, als ob Lazarus aus dem Grabe stiege. Ich
der Flüsse ; ihre Farbe fey graulicht, doch mit breiten weis dachte nachher oft mit Verwunderung daran, und fragte
sen Streifen. Sine Bergschlange in Malabar, doch diese mich : «Ist eS möglich, daß sich ein Kardinal vor einer Frau,
von dunkelbrauner Farbe, beschreibt Fr« Paolino in vor einer Königin , umgeben von ihren Hofdamen , fo
seiner, am Ende des vorigen Jahrhunderts erschienenen sehr vergessen kann ! Der Schmerz mußte ihm arg zusetzen,
Reisebeschreibnng nach Ostindien , als dreyßig bis vierzig oder er glaubte, ein Mann, der eben mit Gefahr seines
römische Fuß lang , und die so dick als ein Ochse sey ; sie Lebens Suropa die Ruhe gesichert habe, dürfe sich alles
werde zuweilen bep Uebcrschwemmungen durch die Gewalt erlauben."
6o
In dem berühmte«, aus zwölf Aerzte» bestehende» nicht unsere unglücklichste Zeit ; dadurch ist auch eine sittliche
Concilium, hatte ihm Guenaud das Leben abgesprochen. Verwandtschaft entstanden , die sich bis auf den heutigen Tag
Da keiner seiner Kollegen Sr. Eminenz diese Trauerpost noch in dem Volksibiom zeigt , das in Savoycn und bey uns
fast dasselbe ist, und wechselseitig leicht verstanden wird. Da
hinterbringen wollte, that eS Guenaud in folgenden Wor her kömmt cS auch wohl, daß unsere Gesellschaft den Fremden
ten: „Gnädiger Herr, es wäre Unrecht Ewr. Eminenz zu weit mehr anspricht als in Genf. Was sich «NM Volk und
schmeicheln. Unsere Mittel können Ihr Leben fristen, aber auf dem Lande findet, läßt sich auch in der höher« Gesellschaft
die Quelle des Uebels können sie nicht hebe» ; Sie müssen nachweisen; Hingeben, Zutraulichkeit, Offenheit, Freudigkeit,
da« ist nicht überall so in unserer Nachbarschaft, Auf den er
an dieser Krankheit sterben, doch so schnell eben noch nicht. ste» Blick hat Misere Gesellschaft Achnlichkcit mit Genf. Es
Bereiten Sie sich also vor auf diesen traurigen Schritt. gibt bey uns wie bort eine dourg und cit«, es gibt Cote-
Ich glaubte mich gegen Ew. Eminenz ganz frey aussprechen rirn und Abstufungen, ja in mancher kleinen Stadt des
zu müssen; wenn meine Kollegen anders sprechen, so hin Waabtlands, z. B. in Morgci, sind diese noch ärger wie in La«,
sänne ; lebt man aber länger hier, so zeigt sich bald ein großer
tergehen sie Ew. Eminenz; ich aber sage Ihnen die Wahr Unterschied im Umgangslcvcn der bcydcn Uferstädtc . und dazu
heit." Der Kardinal war sehr bewegt den dieser Erklä tragen am meisten unsere Frauen bey , wie sie denn immer de«,
rung, und sagte blos : „Wie lange habe ich noch zu leben ?" Gesellschaft Form, Farbe und Haltung geben. Die Fremden
„Höchstens zwey Monate." — ,Sas ist genug ; leben Sie behaupten, die Lausanncrinnen scycn angenehmer und liebens
würdiger als die Genferinnen, sie hätten mekr Anmut» und
wohl, besuchen Sie mich oft; ich bin Ihnen als Freund änßere Grazie u. s. w. Doch das lassen wir dahin gestellt sevn.
verbunden ; wenden Sie die kurze Seit , die mir uoch ge Billig wäre eS allerdings, daß die Unsrigc» auch Etwas zum
gönnt ist, an, um sich emporzubringen, so wie ich mei Woraus hätten, da man sie, wie gesagt, in Gründlichkeit der
nerseits Ihren heilsamen Rath mir zu Nutzen machen Bildung und des Unterrichts, in Häuslichkeit und Sparsam
keit Andern nachscyen will. Ich bin nach vielfacher Erfahrung
werde. Noch einmal leben Sie wohl, sehen Sie zu, in was nicht dieser Meynung und lege wenig Gewicht auf das UrtKcil
ich Ihnen dienen kann." Darauf schloß er sich in sein Ka schnell durchreisender Fremden , die — wenn sie je die Wahrheit
binet ein , und begann ernstlich an den Tod zu denken. sagen — nur nach einzelnen Erscheinungen nrtheilcn.
(Der Beschluß folgt.) U«ser öffentliches Vergnügungslcben darf auch nicht mit
Genf verglichen werdend Dort haben sie den ganzen Winter
über Theater , zu uns verläuft sich weder die komische noch die
tragische Muse. In Genf vereinigen die hänsigen Redouten das
Korrespondenz- Nach richten. Beste an Einheimischen und Fremden, unser schönes neues
Casino, dem Genfer als Gebäude wohl vorzuziehen, ertönt nur
La «sonne, Deccmber. selten von Musik und Tanz. Dagegen ist man in engerem Zir
kel in allen Sphären der Gesellschaft Keitcr und froh in man-
Charles Dupin wird unsere Stadt und unser kleines Ge nichfaltigcr Art. Wie überall, so findet sich die rechte Lust
meinwesen freylich nicht mit den Republiken Griechenlands und mit den Grazien am häufigsten in wiserem wohlhabenden Mit
Italiens vergleichen, eine Ehre, die er bekanntlich Genf an- telstand.
gethan hat. Auch machen wir keinen Anspruch auf solche Aus Unter den Künsten, die daS Leben verschönern und ver
zeichnung. Bey alle dem ist es doch nicht zu verkennen, dag edeln , ist nur Eine bisher bey uns heimisch geworben. Denken
Lausanne und das Waadtlaud überhaupt so gut eine intellektuelle Sie ja nicht an die bildenden mit Pinsel, Meisel und Grabsti
Restauration haben, wie die vornehme und reiche Nachbarin. chel. Wir sind viel zu arm, um unS so hoch zu versteigen; wie
Die unsrige hat freylich eine ganz andere Farbe, und wiein unserm könnte ein kleiner demokratischer Staat an solche — e>,v«es su-
Staatsleben im Mißbrauch einer leider sehr lückenhaften Verfas tiles denken, dessen agronomischen Volksrepräscntanten nicht
sung das alte aristokratische Element hervortritt, während vieles, einmal einen botanischen Garten an dem Siy ihrer Akademie
was demokratisch an uns ist, manches Gute und Schöne hin, haben wollten, wiewohl dergleichen Anstalten auch für den
de« , so gestaltet es sich auch bey der Gründung, Verbesserung Landbau von großem Bvrtheil sind. Hoffe man doch nichts von
und Pflege unserer öffentlichen Aiiflalten, ja hier und da sogar kleinen demokratischen Republiken für das Aufkommen der bil
in dein geselligen Leben. dende» Kunst ! Wohlfeiler und bequemer , auch schneller beloh
Sprechen wir zuerst von dem lczteren. Den reisenden nend ist die , welche im Waadtland Eingang , und sorgsame
Russen , Engländer» und Franzosen haben wir es zu verdan Pflege gefunden hat — die Musik.
ken , wenn Lausanne in Beziehung auf die Sittcnrcinheit eines
eben nicht feinen Rufs im Auslände genießt. Ich glaube aber, Die Tonkunst ist vielen gebildeten Waadtländern die an
es ist dabev die Farbe zu stark aufgetragen. Zwar kann die genehmste Erholung geworben. Unsere musikalische Gesellschaft
höhere Sirtenreinheit von Genf nicht geläugnet werden; aber verdankt ihre Entstehung und ihr Aufkommen ihrem uncrmüde ten
vieles wirkt hier günstig dafür zusammen. Es herrscht in Präsidenten von Seigneur. Es ist aber zu fürchten, baß der er
Genf in der Gesellschaft viel mehr Zurückhaltung gegen die freuliche Verein wieder eingeht , wenn dieser Mann über lang
Fremden, deren man weniger bedarf als in Lausanne, und oder kurz nicht mehr leitend, ermuthigenb, versöhnend und er
überdieß ist ja über das spröde und kalte Element der Genfer hebend an seiner Spitze steht. .
Gesellschaft, und zumal der Frauen, nur Eine Stimme. Vie (Der Beschluß folgt.)
les davey mag auch klimatisch seyn. WirWaabtländer gekörten
lange Zeit hinüber nach Savouen, wo viel mehr Lebenslust ist.
Und das war unter der damaligen Regierung von Savcven
und bey der gewissenhaften Erkaltung unserer Frcyheiten lange Be plage: Kunstblatt Nr. s.

Verlegt von der I. G. Cotta 'schcn Buchhandlung.


N°. 16.

M v r g e n b l a t t

für

gebildete Stände.

Freytag, 18. Januar 1323.

— Und der Engel vcrstinvanb mit l«gs«m «rlbfthendem Schimmer.


Kloxstock.

Aus Zacharias Werners Nachlaß. Ucber die Schlange dcS Paradieses.


Nr» Kanzler Or. v. AutenrictI'.
Sonett
(Fortsesung.)
zu einem Bilde der Gebrüder Riepenhaufen, Mevhistophele«,
Faust und Sretchen darstellend, ln dein Moment, wo der Wichtig ist es nun, zu bemerken, daß diese Ungeheuer
Schuyenge! der leztereu daronflicgt. lezterer Art nicht selten große Bäume besteigen , um von
da aus mit furchtbarem Gerassel plötzlich auf ihre unten
Faust. sorglos vorübergehende Beute herabzuschießen. Hafner
wurde die Schlange, die ihn verfolgte, zuerst hoch über
Du beides Sind, voll Einfalt und voll Treue, sich in einem dicken Baume an einem Zischen wie Schmie-
Du bist so schön , o dürft' ich dich verfuhren !
Doch deine Anmutv will zum Schmerz mich rühren. degebläße gewahr, als er in einen flüstern Wald eindrang.
Den Ostermorgen fühl' ich auf das Neue. De la Bisfachire sagt in seiner, im Jahre 13N er-
schienen Beschreibung von Tunquin und Cochinchina , daß
G retchen. daselbst Schlangen von der Dicke eines Mannsschenkels
Wie kommt es doch, daß ich so sehr mich freue? auf hohen Bäumen sich aufhielten und von ihnen herab-
Wird er's auch im gesenkten Blicke spüren ? schössen. Der Engländer Forest, der in den Jahren
WaS sich wie Kohlen in mir an will schüren,
Ist es noch Andacht oder ist es Reue ? t774 bis I77S das östliche Jnselmeer Indiens von Bor-
neo aus bis Neu-Guinea bereiste, führt an, daß die In:
Mephistopheles. seln Mindanao, Salaper und Ssalan Riesenschlangen be
Mein Engelsffttig trägt zum Scherz nur Klauen; herbergen, die sich auf Banme winden, und von da auf
Laß dich gelüsten Seele ! — Fluchbeladen den sichern Wanderer herabstürzen ; sie seyen fähig , eine
Zum Abgrund dann im wilden Wirbeltanze.
ganze große Ziege von der Erde wegzuschnappen. Auch
Gabriel. die alten Schriftsteller kannten schon dieses Bäumebestei-
Herr! den du schufst, im ew'qen Licht zu baden. gen des indischen Drachens. PI i n iu s berichtet es , und
Ruf ihn zurück von jenen nächt'gen Auen, ausführlich gibt Aelian im vten seiner Bücher von der
Denn er verglimmt, der Strahl von deinem Glänze. Natur der Thiere an, daß diese Drachen auf Bäume krö
chen , mit der hintern Hälfte ihres Körpers die Aeste der
selben umschlängen, den vorder« Theil ihres Körpers aber
62
wie ein Seil herabhängen ließen, und der Sage nach selbst feilte, nachsah. Dem Gondoliere, der, die Gewohnheiten
vorübergehende Elcxhantcn angriffen. und Bedürfnisse seines Herrn kennend, halblaut fragte:
Die Naturgeschichte zeigt uns also den wirklichen Fel „Piazza?" antwortete er durch ein leichtes Kopfnicken,
sen - und Höhlendrachen der Fabel als eine ungeheure Art nnd nach wenigen Minuten befand er sich wieder am Fuß
von Schlangen, welche in heißen Gegenden an den Bächen des Campanile di San Marco und stand an derselben Ecke
der Gebirge, 'oder nach der, auch von Neuern bestätigten der Loggia , an der sein Freund ihm begegnet war. Die
Angabe des Diodors von Sieilien in den Schluch Statue der grauäugigen Göttin , ein Meisterwerk des
ten ihrer langen Thäler wohnt, die ihren einmal gewähl Snnsovino, auf die zufällig sein Blick fiel, erinnerte ihn
ten Aufenthaltsort nicht leicht völlig verläßt, die aber aber nicht an die Weisheit , die der Künstler personifici-
auch große Bäume besteigt, von da aus jedem lebenden ren wollte, sondern an die grauäugige Schöne, die Papa-
Wesen, das sich nähert, Tod drohend. fava mit so vielem Feuer geschildert hatte.
Aus solchen GcbirgsbSchen, an welchen diese Drachen Er ging mit langsamen Schritten über die Piazza, tie
Hausen , wascht man auch gegenwärtig noch überall auf den fer in seinen Mantel gehüllt als gewöhnlich, als wollte er
großen Inseln Hinterindicns Gold; so auf Sumatra, auf die Gedanken, die ihn beschäftigten, den Augen der Menge
Börnes, Timor und andern. Es erklären sich auf diese entziehen. Diese theilte sich bep der Annäherung eines
Art ganz ungezwungen die weitverbreiteten Sagen von Nobile; einige Klienten, die ihn erkannten, grüßten ehr
grausamen Drachen, die bald als Hüter heiliger Quellen, erbietig, erhielten aber heut keinen Dank. So war er
wie in Thebä in Griechenland, bald als Bewahrer von einigemal über die ganze Länge des Platzes hin und wie
köstlichen Baumfrüchten, oder aber auch von Gold und der gegangen, hatte mechanisch das Portal von San Gi-
Schätzen vorkommen. miniano *) an dem einen Ende betrachtet, lind warf jezt
In jenen Gegenden des asiatischen Jnselmeers, wel eben so mechanisch an dem andern seine Blicke auf die vier
ches nach Morgen und Mittag zu den ganzen Raum zwi ehernen Rosse, auf der Gallerie der vbern Arkaden der
schen Indiens Halbinseln, Neu-Holland und Neu-Guinca Basilica di San Marco, deren Goldmosaik, von den
erfüllt, ist dieser „Drache« nach Osten zu zulezt noch der Strahlen der untergehenden Sonne beleuchtet, wie Feuer
einzige unter den Thieren vorhandene Feind alles Lebens. glänzte. Endlich war sein Entschluß gefaßt. „Ich muß
Die, Ostindiens Festland nahen, großen Inseln beher sie sehen ," rief er aus.
bergen nämlich neben ihm noch nicht nur Elephanten und Die Gondola erwartete ihn bereits; auf den Wink:
Nashörner und wilde tückische Büffel , sondern auch über- „Cafino," sezte sie sich in Bewegung , jezt aber nicht ge
dieß die grausamsten Tiegcr und Krokodille ; aber weiter gen den Canalazzo, sondern links wenige Schritte an der
nach Osten hin haben schon Vornco, Celcbcs , Gilolo keine Riva dcgli Schiavoni hin , in den düstern Kanal zwischen
Ticger, noch Elephanten oder Naßhörncr mehr, und die dem Palazzo ducale und de» Carccri hinein, unter dem
wilden Büffel fehlen auf den noch mehr nach Morgen ge Ponte de' Sospiri hinweg, und durch mehrere andere
legenen Inseln. In Vorneo und Mindanao gibt es selbst enge und einsame Kanäle in die Gegend von San Andrea,
nur noch kleine Aligators statt des großen indischen Kroko- wo die Gondel vor der Wasserthüre eines kleinen unansehn
dills. Die furchtbare Riesenschlange hingegen ist es, die lichen Hauses anlegte. Auf das erste Klopfen wurde so
allein noch am weitesten nach Osten zu, vom Festland? In gleich geöffnet; ein alter Diener reichte dem Herrn die
diens aus gerechnet, angetroffen wird, bis endlich auch Hand, der eintrat und die Treppe hinaufstieg, indeß die
sie auf den paradiesischen Inseln des eigentlichen Süd Gondel abstieß, um in der Nähe seine Rückkunft zu er
meers sich nicht mehr sinket. warten.
(Die Fortsetzung folgt.) „Papafava wird kommen ; ich will nicht, daß er erfahre,
daß ich hier sev!" sagte MoroIni, als er in ein Seiten-
gemach trat, das rechts von dem Gange , dnrch den man
Die Braut von Venedig. in das Hauptzimmcr gehen mußte , die Aussicht zugleich
(Fortsetzung.) auf den Kanal und durch ein kleines Fenster auf den Gang
hatte. Unruhig schritt er darin auf und nieder, indem
Papas«»« war in dem Getümmel des Fischmarktes*) bald er sich nicht verhehlen konnte, daß er das Vertrauen sei
aus den Blicken seines Freundes verschwunden, der ihm nes Freundes mißbrauchte, und doch auch nicht stark ge
mit einer Mischung von Neugierde und Verwunderung,
nug war, die Neugierde zu bezwingen, die ihn mit un
wozu sich vielleicht auch «ne kleine Regung von Neid ge-
widerstehlicher Gewalt ergriffen hatte. Es dämmerte schon
Auf der Riva bcl Ferro , dem Quai recht« vom Ponte di
Rialto, wenn man nach San Marco sieht, auf der linken ") Vor Napoleon« Zeit an der Stelle, wo jezt der Palaz
Seite des Eanalazzo. zo reale.
63
und er mar noch nicht mit sich einig geworden, wozu er — „Dieß kann nicht feyn , fetzen Sie sich keine Chimären
sich entschließen sollte. «Ferne Ruderschläge auf dem Ka in den Kopf." — „Ich weiß es anders, doch sprechen
nal, sie sind es!« wir nicht mehr davon. Ich muß sterben; lieber denn heute
Das Plätschern, das durch den einsamen Kanal weit als morgen. Er wünscht meinen Tod, ich weiß es." Ich
her schallte, näherte sich, eine Gondel hielt vor dem Hause merkte wohl, daß er den König meynte, dessen Talent,
und der Gondoliere klopfte leise an die Thür. Diese öff das er recht gut zu schätzen wußte , seine Eifersucht rege
nete sich und Paxafava stieg mit einer schlanken weiblichen machte. Wie wenig >ist doch der Mensch , wenn ihn Gott
Gestalt aus der Gondel. Auf der Treppe vernahm Mo sich selbst überläßt, und ihn verdammt, die volle Last seines
rosini neben dem festen Tritt feines Freundes den der Elends zu tragen!
Dame und glaubte ihren leichten, schwebenden Gang zu Der Kardinal war sehr krank. Ich trat eines Tags
sehen. auf den Zehenspitzen in sein Zimmer im Louvre, weil Ber-
(Die Fortsetzung folgt.) nouin, sein Kammerdiener, mir gesagt hatte, er schlafe am
Feuer in seinem Lchnstuhl ; ich fand ihn in sonderbarer
Unruhe ; sein Körper, fiel bald vorwärts, bald wieder zurück,
Der Tod des Kardinals Mazarin. sein Kopf schlug bepnahe auf den Knieen auf und sank dann
wieder rückwärts auf die Stuhllehne, er warf sich unauf
(Beschluß.) hörlich nach Links, nach Rechts herum ; in diesen Paar
Eines Tages wartete ich in der kleinen Gallerte, wo Minuten schwingte der Pendel seiner Uhr nicht rascher als
sich eine wollene Tapete befand, die Scipio nach Julius sein Körper ; es war, als ob ein böser Geist in ihm hauste,
Romanus Zeichnung vorstellte. Ich hörte den Kardinal und sonderbar, er sprach, doch konnte ich ihn nicht verste
kommen, und versteckte mich hinter die Tapete. Da hörte hen, die Worte waren nnartikulirt. Ich besorgte, er
ich ihn sagen : „Alles dieß muß ich verlassen !" bcv jedem möchte ins Feuer fallen, und rief Bcrnvuin ; dieser rüt
Schritt blieb er stehen, denn er war sehr schwach, be telte ihn heftig. „Was gibts, Bernouin?" rief er erwa
trachtete einen Gegenstand , und sprach dann aus tiefstem chend, „was gibts? Guenaud hats gesagt."— ..Der
Herzen: „Mes dieß muß ich verlassen/' wandte sich um Teufel hole Guenaud und sein Sagen!" erwiedcrte der
und fuhr fort: „und auch dieß! was hat es mich für Mühe Kammerdiener; „wollen Sie denn immer und ewig davon
SeMeO ö/e/e Eschen zu bekommen ! kann ich mich ohne sprechen!" — „Ja, Bernonin, ja, Guenaud hats gesagt!
Kummer von ihnen trennen? da wo ich hinkomme fehe nur zu wahr hat er gesprochen; ich muß sterben, ich kann
ich sie nicht wieder !" Diese Worte rührten mich vielleicht nicht wicder^auskcmmrn. Guenaud hatö gesagt." Was
mehr «ls ihn selbst, denn ich weiß nicht recht, ob er sich ich nicht hatte verstehen können als er schlief, hörte ich nun
dabey seines Zustands bewußt war, wenigstens ist dieß ganz deutlich. Aber noch mehr als die Worte ergriff mich das
nicht die Stimmung eines reuigen Sünders. Ich seufzte Entsetzen, das sich in seinen Augen malte. „Lieber Freund,"
unwillkührlich laut, er hörte es und rief : „wer da ? wer sagte er zu mir, „ich sterbe." — „Ich sehe es wohl," ant
da ?" — „Ich , gnädiger Herr, ich wartete bis ich Ew. wortete ich, „aber glauben Sie mir, Sie bringen sich
Eminenz würde sprechen können.« Er ließ mich aber nicht selbst »ms Leben. Quälen Sie sich nicht mit so schreckli
von Geschäften reden, sondern sagte: „Ich bin nicht chen Worten, die Ihre Diener ausser sich bringen, und
im Stande dergleichen anzuhören ; sprechen Sie mit dem Ew. Eminenz mehr Schaden thun als die Krankheit selbst."
Könige darüber, und thun Sie was er sagt; .ich habe jezt „Es ist wahr, lieber Herr v. Brienne, aberGuenaud hat
ganz andere Dinge im Kopfe;" nun kam er wieder auf es gesagt, und Guenaud versteht sein Handwerk."
seine alten Gedanken : „sehen Sie, Freund, diesen schö Trotz dem ließ sich der Kardinal vier oder fünf Tage
nen Cvrreggi«, und diese Venus von Titian, und hier die vor feinem Tode rasircn und den Schnurrbart mit dem
unvergleichliche Sündfluth von Antonio Carrachi, denn Eisen aufziehen ; man legte ihm Roth auf Lippen und Wan
ich weiß, Sie sind ein Freund von Gemälden, und ver gen, und schminkte ihn so schön mit Bleiweiß, daß er vielleicht
stehen sich recht gut darauf. Ach! lieber Freund! von Al in seinem Leben weder so weiß noch so roth gewesen war. Dann
lem muß ich fort! Lebt wohl, ihr thenren Bilder, die mir bestieg er seine vorne offene Sänfte und ließ sich in diesem
so viele Freude gemacht— und mich fo viel gekostet haben!" schöne» Aufzuge im Garten »nihcrrragcn, um, wie er selbst
Ich sagte : „Ach! Sie befinden sich nicht so schlecht als Sie sagte, mit Ehren das Feld zu räumen. Nie überraschte mich
glauben, wenn sie noch an Ihren Gemälden Freude haben. etwas mehr als diese plötzliche, vollständige Umwandlung ;
Muth, gnädiger Herr! Niemand wünscht mehr Ihren er war aber seinem Ende nahe, und ich bin überzeugt, diese
Tod ; im Gegentheil, Jedermann betet für Ihre Wieder Anstrengung beschleunigte dasselbe um mehrere Tage.
herstellung." „Ist es wahr? man will meinen Tod nicht So groß diese Thorhcit vor Gott sevn mag , sie war noch
mehr? Ach! Sie wissen nicht Alles, Einer wünscht ihn." größer vor den Menschen; sie diente blos dazu, den ster
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bcnden Staatsmann noch mchr herabzusetzen, und die macht; mttmt man aber, mit dein gezwungenen Wesen oder gar
Hofleutc, unbarmherzig wie sie immer sind, bekamen da mit Vornehmt!«» bey tiefer Armut« . uiit dieser Momcric der
durch Gelegenheit zu sagen : kourbe i! » vec», sovrbe !I Dichtkunst sc» es gethan ? O, vergefit doch nicht, daß die Kunst
untergegangen ist, seit sich die Akademien ihrer angenommen
haben. Wir haben hier nur einen Namen , der über da«
Zulezt erwähne ich noch, baß vor seinem Bette gespielt Weichbitd unscrcr franzdsischrcdendc» Kantone hinausgedrungen
wurde, bis der päpstliche Nuntius, auf die Nachricht, n ist, Frau ». Montolieu, die i» hohem Alter und bey schmerz-
habe das Viatikum empfangen, ihm den Ablaß ertheilt Kasten körperlichen Leiden die ewige Jugend des Gemüti's er
halten hat. Wer kennt ihren allerliebsten Roman , die OKA-
hatte, worauf die Karten verschwanden. Der Kommandeur troiix 8ui,,es, nicht? Ihre Ueberseyungen aus dem Deutschen,
von Souvr« fpielte für ihn ; ich war dabev ; Souvre zog zumal die von Fouque'S Uudine, haben die schöne Dichterblume
bedeutend und sagte dieß sogleich der Eminenz, weil er in französischen Boden verpflanze» wollen! dabei? sind aber
dachte, es werde derselben Vergnügen machen. „Kom einige Blüthen und Blätter geknickt rovrdcu. Aus dem Städt
chen Orbe ist vor Kurzem ei» junger Manu mit Hclvo'ticnnes
mandeur," entgegnete der Kardinal sehr verständig, „ich aufgetreten, worin zwcy sehr poetische Gegenstände, die Schlacht
verliere weit mehr in meinem Bett, als ich am Tisch, von Rothenthurm und das Heimweh , höchst prosaisch behan
wo Sie für mich spielen , gewinne und gewinnen kann." delt sind. Ans dem deutschen Gefühl ,,dem Heimweh" I'aben
„Ei, ei," sagte der Kommandeur, „muß man nicht das die Franzosen bekanntlich I'Iteviv« gemacht. So frauzdsirt
hat es auch Richard , der Verfasser dieser Helvetiennes , de»»
Feld mit Ehren räumen ?" — „Ja," antwortete er, „aber er hat seinem Gedicht politische Ideen angehängt, die übcrdieß
ihr, meine Freunde, werdet aufräumen, und ich muß schief sind. Wir haben zwcy Journale, was allerdings viel
die Leichenkosten bezahlen." Er sprach dieß sehr kraftvoll ist für eine so kleine Stadt: die <Ie I.«ii5«nn« , fast
und mit Geistesgegenwart. Ich konnte mich nicht genug nur politischen Inhalts, ist auch im Ausland bekannt, der
IV«uveIIi5te V»uck«is hat mehr cigenthüinlichc Farbe; neben
wundern, daß ein Mann, der sich so sehr vor dem Tod politischen Nachrichten enthält er auch manche für Land und
fürchtete, weil sein Herz blos an der Erde hing, so ver Stadt interessante Artikel von la Harpe, Cliavannes :c. Mit
nünftig gesprochen und fo schlecht aufgeführt habe. Talent und Eifer suchen die Mitarbeiter alles Schädliche der
Aristokratie und der Demokratte zu hindern oder zu vermei
den, und sich faßlich, aber mit Wärme über Nationalangcle-
gcnheitcn auszusprechen.
Aus Jean Pauls Nachlaß. Die Naturwissenschaften werden hier mit Auszeichnung
getrieben , und der Professor F. Chavannes kann als unser
Keine Schönheit ist sogroß, daß sie sich nicht vor dem Decandvlle gclrcn. Frcvlich habe» wir nicht die schönen na
verdoppeln sollte, dem sie Liebe zeigt. Ist Schönheit eigent turhistorische» Anstalten und Sammlungen wie Genf. Unsere
lich schon anschaubar verkörperte Liebe, nste viel mehr, Theologie leidet nn schroffer Orrhodoric und Intoleranz , die
alles, was anders denkt, niederschlägt und ausstößt. Man merkt
wenn die Liebe zu dm festen Theilen die beweg es daran wohl , daß wir Savoyen gegenüber liegen.
ten fügt. Eine sehr erfreuliche Erscheinung bey uns ist die Gesell
Die Liebe des Hundes zu seinem Herr» ist nicht schaft des allgemeinen Wohls, die Locie'ie e»niv,i»Ie cl'utilii«
durch den Geruch zu erklären; denn Anfangs haßt er ihn, publique. In ihr sind unsere edelsten und bcstdcnkenden Män
ner vereinigt. Die la Harpe, v. Staöl :c. führten darin bisher den
trotz des Geruchs, dann wird er den Hausgenossen, un Vorsts , und es sind in diesem Vereine schon eine Menge Fra
geachtet des ihrigen, doch nicht ergeben ; die Angewöhnung gen über öffentliche Anstalten , Erziehung , Ackerbau , Indu
besteht eben im Erkennen der fremden Liebe. strie u. s. w. vorgekommen, die in unserem kleinen Staat von
großein Nuyen sind, wo Neues auf allen Seiten gegründet
wird und die Regierung wenigstens den Willen hat , Gutes
nndNüizlichcs zu schaffen.
Korrespondenz-Nachrichten. Einen unersetzlichen Verlust erlitt die Gesellschaft und unser
Kanton im Allgemeine» durch den Tob des Baron von Staöl zu
Lausanne, December. Coppct. Wervereinte wie er alle Eigenschaften des GemürhS und
des Geistes, so viel Erfahrung und Ueberlcgniig, solche schöne Be
(Beschluß.) geisterung für alles Gute und Schöne bey solchen Mitteln, über
Viel weniger Gutes läßt sich über den Zustand unserer all helfend nnd Bevspiel gebend eingreiscn z» können ? Zu jeder
schönen Literatur sagen. Wir liegen in einer der reizendsten Tagesstunde war er für den Niedrigsten zugänglich, wenn er
Lage» der Schwei) , wo sich südliche und ndrbliche Natur die mir Rath und Tliat helfen konnte. Die wolilthätigen Anstalten
Hand reichen. Zu unser« Füßen schimmert silbcrblickend die unscrS und deS Nachbarlandes hatten an i>>m einen so groß
himmelttare Fluth in meilenbreitem Feld, um uns und drü mütigen Freund wie die Protestanten in Frankreich, die Bi
ben ist ein ewiges Blühen und Grünen. Uebcr den Wald- belgesellschaften nnd MissionSvereine. Nicht weniger bedeutend
und Fclscnkrauz der savoyisclien Alpen erheben sich die Riese»- sind seine stillen WoKlthatcn in Coppet , in Paris , in Genf
krvstallc der Gletscherwclt , erglühend am Morgen und Abend und in Lausanne. So war der Soh» der berühmten Corinna
in zauberischem Roscnlicht; ja unten bey Bevay, Clarcns und vom Leina» , der Schriftsteller, der selbst einen europäischen
Montreux plätschern die SeeweUen selbst um Lorbecrc und Ruf halte.
Myrthen. Aber der Lorbeer schlingt sich zu keinem Dichter-
kränz. Verse und Reime werden genug bey der Akademie ge B e v l a g e : Literaturblatt Nr. 6.
Verlegt von der I. G. Cotta'schen Buchhandlung.
N". 17.

Morgenblatt

f ü r

gebildete Stände.

onnabend, 19. Januar 182 8.

Die SrzäKlung ist schon gewandt. Hier lelirt Baum , Schlange,


Handlung, »nd die Worte entwickeln nur, was leider! die Ersah,
rung lehrte.
Herder, vom Paradiese.

Ueber die Schlange des Paradieses. Wasserstrom von ihm aus. Hier erschien nun mitten un-
Vor, Kanzler 0r. v. Autenrieth. ter den Bäumen die „Schlange" der Eva, die an andern
Stellen der heiligen Schrift ein „Drache" genannt wird.
(Fortseyung.) Schon kleine Schlangen können Vögel, Eichhörner
Nach Indiens Gegenden hin, als Urvaterland des oder andere kleine Thiere durch gleichsam feurige Blicke,
Menschen, weisen von Vorder- und Mittelasien ans stu welche sie starr auf diese ihre Beute richten , bezaudern.
fenweise alle Spuren der Geschichte, alle :m Verlaufe der Unter Angstgeschren taumelnd und zulezt bewußtlos stürzen
Jeir immer weiter vom Morgen- dem Abendlande zu vor solche Thierchen selbst in den Rachen der Schlange. Welch
gerückten Namen wie der Volkerstämme, so auch der Ge nie gefühltes Grauen und Schrecken müßte nun nicht das
birgszüge , der Flüsse u. s. w., alle Sagen und Mvthen. Herabschießen einer lauernden furchtbaren Riesenschlange
Sie weisen von uns auS Osten zu> dorthin als auf der^ von einem Baume einem jungen Weibe verursachen , das
Sckanplatz der ältesten menschlichen Gesittung, als ans die im Naturzustände kindlicher Unwissenheit des Baumes
erste Wiege des auf der Erde auftretenden Menschenge Früchte lüstern, weil diese ihm neu und lustig anzusehen
schlechtes. Jenseits des lezten Aufenthalts des Drachens waren, äße und ihrem Manne zu essen gäbe? Schon das
auf den Inseln Hinterindiens treffen auch gegenwärtig diesen Schlangen eigene furchtbare Zischen, ihr zischendes
noch, und zwar «uf der Erde hier allein, auf den vom Blasen oder Feüerspeven, wie man es auch bey andern
Südmeere bespühlten Svlanden, alle die äußern Bedingun erzürnten Raubthieren heißt, müßte einem solchen uner
gen zusammen, welche schlechthin erfordert würden, wenn fahrenen Menfchenpaar eine tödtliche Furcht einjagen und
ein nackt und wehrlos auf die Welt gekommenes, noch mit Entsetzen es die ganze Gegend fliehen machen , wo
kindlich unerfahrenes Menschenpaar in harmloser Sicher dasselbe das erste Mal die dunkle Ahnuug des größten Un
heit sich hätte sollen entwickeln und ungestört fortpflanzen glücks so unerwartet befallen hätte.
kennen. Vertrieben durch den furchtbaren Drachen aus dem
Gegen Morgen zu lag auch nach der Bibel der Garten bisherigen harmlos glücklichen Aufenthalt, sich zurückseh
in Eden, in welcher der erste Mensch gesezt wurde. Al- nend nach der Heimath, und doch schaudernd vor dem Nie-
lerlex Baume mit Früchten wuchsen in diesem Garten, senthiere dort, würde wohl Alles, was dem ausgewander
mid in seiner Mitte der Baum des Lebens und der Baum ten Paare späterhin in Aufeinanderfolge Unglückliches be
des Erkenntnisses des Guten und des Bisen. Auch nicht gegnete, ihm als in «ursächlicher Verbindung" mit sol
ein flacher Erbstrich war Eden, denn es ging ein großer cher Veranlassung zur ersten Flucht stehend vorgekommen
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seyn. Won den nie gefühlten heftigen Schmerzen des er Bewegung ab , als er fiel. Sie müßte Morvsini gefehen
sten , vielleicht bald auf die Flucht erfolgten, oder dadurch haben , wenn sie die Augen aufgeschlagen hätte.
vollends beschleunigten Gebärens des schwangern Weibes Das Licht der Lampe, welche den Gang erhellte, fiel
an, bis zum schwieriger werdenden Aufsuchen von Nah auf ihr blasses Gesicht; es war eine Unbekannte. Aber
rung für die sich vermehrende Familie, und bis zur ersten nie hatte ein Mädchen aus Morosini diesen Sindruck ge
Kenntniß des Todes, welche ein bis zum Morde gestei macht. Mit dem taftenen Schleyer wetteiferte ihre zarte
gertet Zwist unter den erstgebornen Söhnen schreckcnsvoll Haut an Weiße und die Haare, die in reichcu Locken un
aufschloß. Alles ging von der Schlange aus, denn es ter dem Zindado hervorquollen, glänzten wie reines Gold
folgte auf das Zusammentreffen mit ihr am Baume. In auf einem Grund von Silber , während die scharf abge
armer Natursprache, welche äußere Begebenheit und inne schnittenen, von kindischem Trotz aufgeworfcneu Lippen,
res dadurch erregtes Gefühl noch gleichförmig bildlich dar wie Rubine leuchteten. Jezt ging eine leichte Rithe auf
stellt, weil sie selbst für abgezogene Begriffe noch ganz un ihren Wangen auf und entbrannte plötzlich in Heller Flam
entwickelt ist, würde wohl auch den Kindern und Kindes me, die Gesicht und Stirn und Busen und Nacken er
kindern diese erste wichtigste Begebenheit während eines griff, als sie sich Papafava in die Arme warf, an feinen
mehr und mehr forgenvo? gewordenen Lebens oft erzählt Hals flog und in einem langen feurigen Kusse an seinem
worden feyn. In diefem Leben mußte bep manchem Wi Munde hing.
drigen nothwendig nach und nach auch immer deutlicheres Lange stand Morosini noch wie betäubt mit der heißen
Gefühl davon, was Selbstverschuldung sep, erwachen; im Stirn an das Fenster gelehnt, als das liebende Paar schon
mer aber das Erscheinen der furchtbaren Schlange den verschwunden war. Nicht die Schönheit der Gestalt war
Wendepunkt zwischen dem frühern, einsam, aber jugend es, die ihn so mächtig ergriffen hatte, obgleich er sich ge
lich froh genossenen Glück und der spätern Noth bilden. stehen mußte, nie eine schönere gesehen zu haben. Aber
Diese Noth mußte zu mannigfacher äußerer und innerer die Seele, die in diesen sanften, kindlichen, himmlisch-
Erkenntnis?, drängen. Der Baum des Drachen wurde der reinen Zügen lag, war aus einem einzigen Blick der feuch
Baum des Erkenntnisses des Guten und des Bosen. Die ten Augen, als sie bepm Weitergehen, aufs Neue in Scham
in den warmen Erdstrichen zuerst sich ausbreitenden Nach erglüht, sich von ihrem Freunde abwandte, in die innerste
kommen mußten dort bald für sich selbst sich vor Schlan Tiefe feines Gemüthes gedrungen. Dieser eine Augen
gen hüten lernen und dicß wieder ihre Kinder lehren. Jede blick sollte über sein ganzes Leben entscheiden.
Erscheinung aber, die dem Naturmenschen furchtbar ist, Es war ihm jezt, als kehrten die Spiele seiner Kind
gewinnt früher oder später religiöse Bedeutung für ihn ; heit ihm im Traume wieder. Dann schreckte er plötzlich
betet ja in einigen Gegenden des heiße» Afrikas der Ne auf, wollte heraus in das Zimmer stürzen, den Feind
ger wirklich noch eine Art Riesenschlange an. Ist schon vernichten, der Papafavs'S Gestalt angenommen hatte,
an sich eine Schlange mit ihren schleichenden Bewegungen um unter der Maske des Freundes die Unschuld zu tödten.
ein natürliches Grauen erweckendes Geschöpf, um wie Bald kam ihm aber die Besinnung wieder : es war sein
viel mehr mußte die lauernde, zwar schön gefleckte, Freund, der sein Gehcimniß ihm anvertraut hatte! und
aber grausame Riesenschlange verräterisch und feindlich verständige Ueberlegung erinnerte ihn, daß ein Mädchen,
erscheinen. In Gegenden, wo er noch der einzige tod- welches zu diesem Schritte herabsinken konnte , längst ge
drohende Feind war, mußte der jugendlichen Menschheit fallen fem, mußte. Und dann warf alle Kraft des Hasses,
der Drache als das größte physische Ucbel, zulezt als Ab den er eben erst gegen den Verführer empfunden hatte,
bild eines dunkel gedachten bösen Grundwesens selbst vor sich mit doppelter Gewalt auf ein Wesen , das mit diesen
kommen. Cngclszügen Einfalt, Reinheit, Unschuld — heuchelte.
(Die Fortsetzung folgt.) Bittere Verachtung, Widerwillen trat jezt an die
Stelle der leidenschaftlichen Bewunderung, die ihn beym
ersten Anblicke dieses Geschöpfes hingerissen hatte. Aber
Die Brautvon Venedig. es liegt etwas Dämonisches in dem Zauber, der solche
(Fortsetzung.) Täuschung wirken kann, und wer diese zerstört, gleicht
dem Unglücklichen, von dem die alte Sage erzählt, die
Sie kamen den Gang herauf. Der Zendado, der auf Gestalt einer reizenden Buhlerin, die ihm erschienen,
Busen und Nacken herabfiel, verbarg ihr Gesicht. Sie durch die er verleitet worden sey, habe sich in seiner heis-
waren dem Seitenfenster gegenüber, hinter dessen Vor festen Umarmung in ein scheußliches Ungeheuer verwan
hängen Morosini lauschte,, als Papafava ihr einige Worte delt, ihn zerrissen und Leib und Seele vernichtet. Schwei
in das OKr flüsterte. Cr wollte den Schleyer heben ; sie gend trat Morosini in die Gondel , die ihn nach Hause
sträubte sich sanft und wandte sich mit einer schamhaften führte ; gegen seine Gewohnheit zog er sich dort auf sein
Zimmer zunick und brachte die Nacht, die er in der Ge werden Sie sagen, annehmen. Ganz recht! ich nabm
sellschaft lustiger Gesellen zu durchschwärmen gedacht hatte, ihn an, als ich für einen guten König ihn hielt, wie fang
in Gebeten an die heilige Jungfrau und an seinen heiligen ichs , ohne Aufseben zu machen , an , daß ich ihn zurück
Schutzpatron Ludovicus zu. gebe? tragen werd ich ihn nicht, das versteht sich! Hin
(Die Fortsetzung folgt.) ich Zeit, so müßt ich gegen dieß interessante Buch etwas
schreiben ; behaupten müßt ich, daß Preußen ouS riebe zur
Menschheit getheilt hat, und daß die polnischen Fürsten
die drep Mächte zur Thcilung gezwungen haben.
Gleim an Archenholz. Der alte Gleim.
Halb erst« dt den 7. Aug. 17S4.
Ganz vortrefflich ist, was Sie zur Belehrung des
weisen Garve von der jetzigen Energie der Franzosen Nach Durchlesung der MemoireS
gesagt haben. Führte nur diese Energie nicht zu tau- von Dumouriez.
send Gräuelthaten ! Ist die Verbrennung Cußels was Du locktest umsonst in dein rhetorisch Netz!
anders als Mordbrennerey? Unsere Fürsten stehen um Den Sxrecbcr widerlegt der Thätn,
her auf den Bergen, und sehen den Greuelrhaten zu. Und Dumouriez , du bist und bleibst Verräther
Bringen Sie, liebster Herr Gevatter, doch Energie, Am heiligen Gesetz. *)
wavre menschliche bringen sie doch in die Seelen aller un-
serer deutschen Fürsten; geschiehts nicht, so werden wir ') An der Konstitution.
der Raub der Robespierren. Die Preußen sind die m»zn»
,x« gottlob noch immer! Unser Möllendorf und * . *
unser Kalkreuth, hoff ich, werden sagen, so weit, nicht
«evtn sM ihr kommen. Die Rodomontaden der Mord Halberstadt den 2. Sept. t7SZ.
brenner, ich kann sie nicht anders nennen, zu hören, ist Was sagen Sie, lieber Herr Gevatter, zu KoburgS
mm»sM//ch,' von den Fünfzehnhunderten, die neulich Aufruf? Unsere Fürsten, glaub' ich, halten ihn für ei»
Hk'eöurch »ach Magdeburg gingen, waren die Gemeinen Stück der feinsten Politik; baS so großmächtige Haus
gute, gesittete Leute, die Offiziers aber betrugen sich sehr Oesterreich kann in so großer Ohnmacht sich nicht befinden ;
ungesittet; der Magistrat ließ die Offiziere einladen des es ist ein politischer Norhschuß auf Englands und Hollands
Mittags zum Essen; sie Zehntens nicht höflich ab, sondern Gcldkastcn; glaubten sie das nicht, so wärs abscheulich,
sagten , wir verlangen keine Almosen , und als sie nun daß sie thun, al? Hirten sie den Aufruf, den Nothschuß
für ihr Geld speisten, betrogen sie die Wirthe und blieben wollt ich sagen, nicht gehört, so Iwiren sie werth, daß
schuldig ; es fehlte nicht viel, so hätten unsere patriotischen Ohnehvsen die unthätigen Fürsten , die der Ohnmacht ab
Bürger zur Unzeit sich als Preußen gezeigt. ES ist ein helfen können und nicht wollen, ihre Herrn würden, so
Jammer, daß die kalte, gesunde Vernunft nirgend mehr die wären die Stände des Reichs, die Reichsstädte mit einge
Oberhand hat. In ein Paar Tagen gehen wieder zwölf schlossen, wcrtk, daß die Reichthümer, von welchen sie
hundert französische Kriegsgefangene hier durch. Es war den kleinsten Theil dem Vaterlande nicht aufopfern wollen,
kein Wunder, wenn nicht hier und dort ihr Hauch die guten den Ohnebosen in die Hände fielen. Scp's wie's will,
glücklichen Preußen ansteckte. Man siehts, alle sind toll ich bin ein Deutscher, und weil die Ohnehosen sich zu
gemacht, nicht, wie man sagt, mit Opium, sondern mit mausig machen, so schäm' ich mich einer zu sepn, und
Frechheitslieöern ; toll machen micht ich unsere lieben wünsche, daß ich ein Jüngling wäre, denn so müßt' ich
Deutschen nicht, aber mehr Patriotismus, mehr Enthu gegen die Hohnsprecher zu Felde zieh«. Hohnspreche?
siasmus fürs Gute wollt ich sagen , möcht ich ihnen in die sind sie! Ihre Kriegsgefangenen, die neulich hier zu be
Seelen singen können. trachten waren , sagten ernsthaft, daß vor Ende dco dieß-
Ich lese jezt ein interessantes Buch , vom Entstehen jährigen Feldzugs Pichegrü zu Magdeburg und verniutb-
und dem Untergange der polnischen Konstitution vom zten lich zu Berlin fevn würde. London sey Karthago, Friede
Mai j79t— l79Z. Es scheint von einem trefflichen Manne könne nicht werden, bis Karthago vom Erdboden ver
zu sepn. Stanislaus Augustus wird geschildert wie ich tilgt sev!
von dem Zeitpunkt an, als er den Russen nicht entgegen Wie, wenn Hcrrmaun solch einen Aufruf an unsere
S»a, mir ihn vorstellte. Pfui! solch ein König muß man Fürsten, an die Fürsten seiner Zeit meyn' ich, hätte er
«ich/ sepn ; auch muß man keinen Ring von solch' einem. gehen lassen, und die Fürsten wären auf ihren Eopha's
sitzen gebliebe», wäre» wir das heilige, frepe römische häuft. Hei» in Philadelphia, wo er ei» Hötel besaß, da« er
Reich deutscher Nation? jedoch wieber verkauft hat, und nun im Gasthofe absteigt, ober
Lebe» Sie recht wohl. in New-Vork zu.
(Der Beschluß folgt.)
Ihr
Gleim. Paris.
Jede Woche bringt einig« dramatische Stücke in Paris
Korrespondenz-Nachrichten. hervor ; mit dein Winter sind alle Theater außerordentlich rege
geworden, und es liält schon schwer, blos ein Verzcichniß der Thea-
New-Vork. terneuigkeiten zu liefern. Es soll hier auch nur das Wesent
lichste angezeigt werden. Einen „Faust" hat Theaulon auf
Nach einer ziemlich langweiligen Fahrt langten wir ganz der Bühne des Nouveautv'stlicatcrS aufführen lassen. Aber was
gemächlich im Hafen von New-Vork «„ , wo man uns bereit« für einen Faust ! wahrlich keinen deutsch«, ! DaS S7ück sollte
für verloren hielt, da die Reise, bcy Pakerfchiffen unerhört, eher heißen : „Der Teufel in der Klemme," denn darauf läuft
volle zwey Monate gedauert hatte. Ans Land gestiegen, ging doch eigentlich der Inhalt hinaus. Hätte Theaulon den deutschen
ich mit dem Kapitän inS Zollhaus, hier wurden mir vier Faust travestiren wollen , so hätte er sich nicht anders benom
Scheine überreicht , welche die Erklärung über meine mitges men; dieß scheint aber keineswegs seine Absicht gewesen zu
brachten Effekten enthielten. Mit dem einen dieser Scheine ging seyn. Gewiß hat er sich mit dein ernstlichen Willen, den Fran
ich zum Zollbeamten Nr. j, legte eine» Eid ab, baß ich meine zosen den berüchtigten Faust darzustellen , an sein Schreibpnlt
mitgebrachten Effekten wirklich getreu angegeben habe. Bey gesezt; allein bcym Schreiben hat ihm sein Hang zu Schwän
dem Beamten Nr. 2 bezahlte ich die Taxe von drcy einviertel ken einen Streich gespielt und ihn verleitet , aus der Teufels-
Dollars ; bey Nr. Z wurden diese Borgänge registrirt , und geschichte einen Schwank zu machen. Vielleicht hat er aiich
mit dem Scheine Nr. 4 ging ich zum Schiffe, worauf ein Zoll: gefürchtet, das Pariser Parterre möchte über einen TKeater-
beamter meine Sachen vom Bord wegbefdrdertc. Auf ineine Helden, de» am Ende des Stückes der Teufel holt, zu sehr sich
Frage, ob ich die Kisten offnen solle, war die artige Antwort aufhalten, und er mag eS dakcr für possierlicher gehalten
nein. Geld ober überhaupt Bestechung anzutragen , wie es in haben, den Teufel selbst in die Enge treiben zu lassen , so baß
dem aufgeklärteren Frankreich und Deutschland der Fall ist, Faust mir heiler Haut davon kömmt, und MephistophcleS ohne
würde ich hier Keinem rathen. In einer halben Stunde war eine Seele mitzunehmen abziehen muß. Dieser Schwank ist
ich, ,so wie Zeder meiner Mirpassigiere, mit dem Zollhause im mit großem Theaterprunke ausgestattet , und hat daher Bey-
Reine» , und konnte gehen wohin ich wollte. Von Pässen oder fall erhalten ; in Dcntscblanb würde man sich vielleicht an dem
dergleichen ist hier natürlicher Weise gar keine Rede. In der Theaterdichter geärgert haben, der die ehrwürdige alte Legende
That ist hier das Land, wo man gar nicht fühlt, daß eine Regie: so verhunzt hat ; allein in Paris nimmt man an diese- Legende,
r»»g eristirt. Man mag zehn Jahre da leben , und wird nie die nur durch die neuer« dichterischen Bearbeitungen bekannt
fühlen, daß man regiert, d. h. beherrscht wirb. Hierin liegt ist, nicht Antheil genug, um TbvaulonS Verfahren anstös-
der ganze Unterschied zwischen dem Vankeelaude und dem frcy- sig zu finden. Ucbrigcns ist jeder Tcufelsspurk auf dem Thea
lich gebildeteren Europa. So vieles auch gegen Bruder Jo ter für die Franzosen bcy weitem nicht so erbaulich als für die
nathan einzuwenden seyn mag , so ist doch vo» ihm auch man nordischen Völker. Ohne die Webersche Musik würde der Frey
ches zu lernen. — Stnen gvb«er»«o»rrast als die zwey Städte schütz nicht den mindesten Beyfall in Paris gefunden haben;
New-Vork und Philadelphia darbieten, so nahe sie einander lie eben so würbe auch der Tbeaulonsche Faust unbeachtet geblieben
gen , und so häufig sie miteinander auch in Berührung sind, scyn » wenn die Tlicatcrdirektio» die Darstellung nicht ganz für
dürfte man kaum in ganz Europa finden. Erstercs mit seinen die Augenlnst eingerichtet hätte.
165,000 Einwohnern ist voll Geräusch, Thätigkcit. und um (Die Fortsetzung folgt.)
die Sache bcym rechten Namen zu nennen, voll PraKlcrey und
Abenteuerlichkeit, Philadelphia dagegen das Bild der Ruhe
und eines Phlegmas , da« unerschütterlich ist. In eilf Stun
den gelangt man von New-Vork nach Philadelphia, hundert Auflösung der Charabe in Nro. N !
Meilen weit. Ein Dampfschiff nimmt den Reisenden zu New- Leitschriften.
Vork um L Uhr frühe auf und bringt i>in i» den Staat New-
Jersey, wo er breyßig Meilen in dem Postwage» <«t»ge co»c>>)
zurücklegt , und 'zu Trenton sich auf dein Delaware wieder auf
das Dampfschiff begibt. Im ersten Dampfschiffe wird gefrüh C h a r a d e.
stückt, im zwcylen das Mittagsmahl eingenommen. Die Fahrt Mein Erstes und mein Ganzes ist ein Fluß,
kostet vier Dollars , oime Unterschied der Person. Da Alle Nach Einem Meere sieht man beyde fließen.
Bürger und Bürgerinnen der vereinigten Staaten sind, so Doch, wenn nicht enge Felsen ihn umschließen.
haben auch alle gleiche Preise zu bezahlen, «nd man sieht oft Strömt jeder Fluß und Bach durchs Zweyte.
einen New-Vorker Dandy (Stutzer) neben einem bcrben^Baucr- Wer meine Frage lösen will , der muß
jungen zur Tafel niedersitzen, und den erstcrcn, nämlich den Hinübcrschanen , wo zu heißem Streite
Dandy, ganz arrig seinem Mitsouveraine zu dem Flügel cincS Die Waffen klirren, bis aus Tod und Nacht
Huhns oder einer Hammclskeule verhelfen. Dreyßig Meilen Ersehnte Freyheit einem Volk erwacht.
ober Philadelphia an dein herrlichen Delaware erblickt der G.
Reisende die Wohnung Josephs Bonaparte, ErkdnigS von
Spanien, eines ruhigen, gcmüthlichc» Mannes, der allcnt,
halben beliebt ist. Er bringt seine Zeit theils auf feinem Land« Be plage: Jntelligenzblatt Nr. t.

Verlegt von der I. G. Cotta'schm Buchhandlung.


N°. 18.

M o r g e n b l a t t

f n r

gebildete Stände.

Montag, 21. Januar i 8 2 8.

Ob aui der Tiefe ernst die Saiten rauschen,


Ob fle zum heitern Scherze inunter klingen,
Kannst dn den Genius zu dem Spiele bringen,
Werd' ich begeistert deinem Sange lauschen.
Moore.

Gcdichte von Gottlicb Zimmermann. Die Braut von Venedig.


(Fortsetzung.)
D i e Sänger. Monate waren vergangen, und der Rausch von Be
Die aus ihrer Seele Tiefen lustigungen, Vergnügungen, Ausschweifungen aller Art,
Der Natur Orakel senden, in welchen der vcnetianische Adel in de» Zeiten des Wer
Heil'ge Sänger, treue Mittler falls der Republik seine besten Kräfte verschwendete, hatte
Zwischen Schöpscr und Geschöpf, allmähiig den tiefen Eindruck, den die verhangnisivolle
Leickt zu fassen, unergründlich, Scene jener Nacht auf ihn gemacht hatte, geschwächt und
BildloS, wie im schönen Bilde, fast gänzlich verwischt. Aber unauslöschlich waren die Züge
Sind sie einer Wahrheit Stimme, des Mädchens, welches durch einen Blick ihr ganzes We
Hell und dunkel, leicht und tief.
sen in seine Sinne gegossen zu habin schien, seinem Ge
Tief und dunkel, gleich dem Strome, dächtnis? , seiner Phantasie eingeprägt. Oft wenn er in
Der durch Thales Engen schleichet, ^der Merccria, oder in den Arcaden der Procnratie Nuove
Zwischen Schatten, tief verschlossen,
Ahnung weckend, schauervoll. auf der Piazza eine schlanke weibliche Gestalt, von ihrem
Zendado umflossen, bey sich vorüberschweben sah, glaubte
Hell und heiter, wie der Strom sich er plötzlich seine Unbekannte zu erkennen; aber immer, so
In die sonnenhelle Freve
Hinwälzt durch der Änen Fülle oft ein Paar große verwunderte Augen ihn ansahen, war
Zwischen Ufern, frisch begrünt. er sogleich von seinem Jrrthuni geheilt.
Lauschend steh'n an dunkler Tiefe In der Blüthe seines Alters, schön von Gestalt, und
Stille Wanlz'rer, einsam sinnend. durch Sitten, Kenntnisse und Verdienste nicht weniger
Kaum sich fragend, wie's da drunten geadelt, als durch seinen Reichthum und sein Geschlecht,
Webe , wie geheimnißvoll. wünschte ihn manches Mitglied der Aristokratie mit dem
Aber an des glänzend heitern Interesse seines Hauses zu verbinden. Mehrere Anträge
Breiten Stromes bnntem Ufer waren ihm gemacht worden , die er als elende Zeichen
Schreiten Wandrer, munter jauchzend. einer freundschaftlichen Gesinnung aufgenommen, aber zu
Hell gespiegelt in der Flut. gleich, ohne die Achtung zu verletzen, durch ausweichende
Antworten abzulehnen gewußt hatte. Ein alter Freund

seiner Familie schlug ihm jezt eine Vermählung mit der „Schlecht!" antwortete Morosini, indem er die Ach
einzigen Tochter und Erbin eines Senators vor, dessen seln zuckte ; „übrigens Euch zu dienen."
Adel und Reichthum dem seinen gleichkam, und dessen , «Wie? unzufrieden, Signor Luigi? und verlobt mit
mächtiger Einfluß auf alle Swatsverhältnisse ihm die glän der reichsten und schönsten Erbin von Venedig? Wie soll
zendste Laufbahn eröffnete. Gereizt zwar durch die Aus ich daö verstehen?"
sicht, die sich feinem Ehrgeiz darbot, doch auch wieder zu „Mit der reichsten , mag seyn , Signor !" entgegnete
rückgehalten durch eine Scheu, die er sich selbst nicht deut Morosini, „ich habe darüber noch keine so genaue Berech
lich zu erklären vermochte, hatte Morosini manche Be- nung angestellt; aber mit der schönsten?"
dcnklichkeiten, die indeß von Osbaldo, unterstüzt durch „Ihr zweifelt doch nicht daran? welch sonderbare
die Scherze Papafava's und anderer jüngerer Freunde, Grillen quälen Euch?" unterbrach ihn Osbaldo verwundert.
leicht gehoben und beseitigt wurden. „Ich zweifle weder, noch zweifle ich nicht, Signor
Signor Pietro Angarani, der durch Osbaldo bereits Osbaldo! Habt Ihr Donna Bianka gesehen?"
gewonnen war, verweigerte seine Cinwillung nicht; der „Nein," sagte Osbaldo, „denn —"
Tag der Vermählung wurde bestimmt und die gewöhnliche „Und wie könntJhr also behaupten, daß sie schön sev?"
Förmlichkeit beobachtet, eine bedeutende Summe als Reu siel ihm Morosini in die Rede. „Ich habe Donna Bianka
geld für den zurücktretenden Theil auszusetzen. Zugleich gleichfalls noch nicht gesehen, und dcßhalb enthalte ich mich
erhielt Morosini die Erlaubniß, der schönen Bianka, die alles Urtheils."
bereits vor mehreren Monaten nach vollendetem vier „So, das ist es," nahm Osbaldo das Wort, „was
zehnten Jahr aus dem Kloster in das väterliche Haus zu Ench quält, junger Freund? Ihr habt Donna Bianka bis
rückgekehrt war, seine Verehrung zu bezeugen, indem her immer nur in den Zendado gehüllt gesehen, und nun
seine Gondel unter dem Balkon vorüberfuhr, auf dem sie mepnt Jhr, sie fürchte ihre Mißgestalt Evern Augen bloß
sich zeigte. zu stellen!"
Er versäumte nicht, diese Erlaubniß zu benutzen und „Signor Osbaldo!" unterbrach Morosini die Ausru
täglich zu der Stunde sich einzustellen, wo seine Braut fungen seines alten Freundes.
auf dem Balkon zu erscheinen pflegte ; aber so oft er hier «Nein, Signor Luigi," fuhr dieser fort, «Ihr sevd
sie erblickte, hatte er das Mißvergnügen, sie in einen sehr im Jrrthum!"
dichten Schleyer gehüllt zu sehen, der nicht nur die Züge „Signor Osbaldo!" unterbrach ihn Morosini aufs
ihres Gesichtes , sondern auch die Formen ihres Körpers Neue; „ich sagte Euch, daß ich über einen Gegenstand,
vor ihm verbarg. Er wagte nicht, da er die strenge Sitte den ich noch nicht gesehen habe , mich alles Urtheils ent
Venedigs kannte, welche Braut und Bräutigam bis zu halte. Aber welche andere Gründe kann Donna Bianka
dem Augenblicke ihrer Vermählung getrennt hält, sich in haben, sich so sorgfältig vor ihrem künftigen Gemahl zu
dem Hause seines künftigen Schwiegervaters über eine Zu verbergen? Verachtung sind die Morosini nicht gewohnt!"
rückhaltung zu beschweren, von der er nicht wußte, ob sie „Es ist mir jezt doppelt lieb, daß ich Euch begegnet
Stolz und Verachtung , oder jungfräuliche Sprödigkeit sey, bin, Signor Luigi," entgegnete auf diese leidenschaftliche
und ertrug lieber die Spöttercyen, mit denen seine Freunde Rede Osbaldo ; „es ist mir doppelt lieb. Such zu sehen, um
ihn überhäuften, wenn er, aufgefordert, die Schönheit Euch aus Eurem Jrrthum reißen zu können. Weder Ver
seiner Erwählten zu beschreiben, gestehen mußte, das er achtung gegen Euch, noch Mißtrauen in die Macht ihrer
sie noch nicht gesehen habe. ^ Reize ist es, was Donna Bianka zu dieser, wie es scheint,
Endlich, nachdem er bereits einige Wochen in dieser Euch so unangenehmen Verhüllung veranlaßt. Was ihre
unangenehmen Spannung zugebracht hatte, führten ihn Schönheit betrifft, so fragt eine Dame in Venedig, ob
eines Tages feine Geschäfte in das' Gebäude, welches jezt sie es wage, mit Donna Bianka Angarani in die Schran
die Fabbriche Vecchie in Rialto *) genannt wird, und das ken zu treten ; und Verachtung, da habt Ihr Recht, haben
damals in Venedig die Stelle einer Börse vertrat. Er die Morosini nicht zu befürchten , auch von dem Ersten in
war im Begriff, die lcztcn Stufen des Ponte di Rialto Venedig nicht."
hinabzutrcten , als Osbaldo, den er seither nicht wieder „Aber, Signor, —"
gesehen hatte, ihm entgegenkam und ihn begrüßte: „Wie „Der Grund, den Eure Braut hat," fuhr Osbaldo,
geht es, wie befindet Ihr Euch, Signor ^uigi?" ohne sich unterbrechen zu lassen, fort, „sich auch vor Euch
nicht zu enthüllen, ist ehrenvoller für Donna Bianka, als
") Bcyläi,«q mag Kier bemerkt werden, b«K Shakespeare, Ihr zu glauben scheint. Als Bianka auf den Befehl ihres
wenn er im «ereK«nt«k Veniee den Salanio fragen läßt: wk«t
new» vn tke Ki»I>« ? wahrscheinlich diese Fabbriche mcynt, Vaters, der nach dem Tode seiner Gemahlin wenigstens
die ab« vline wcitläuftige topographische Erläuterung nicht ge die geliebte Tochter in seiner Nähe zn haben wünschte,
nannt werden konnten. das Kloster verließ, in welchem sie erzogen worden war.
7
Hat sie zu der heiligen, Jungfrau das Gelübde, vor keinem dert, nach dem Zeugniß »on Marco Polo, wegen
Manne sich unverschlcpert zu zeigen, außer vor ihrem Pa Menge derselben ganze Provinzen im Innern Chinas un
ter und vor ihrem Gemahl." bewohnt waren ?
Morosini, der sich beschämt fühlte und zugleich auf Jenes heilige Buch der Feueranbetenden Parsen , de
das Angenehmste überrascht war, schwieg, und Osbaldo ren Religion also mit der jüdischen nichts zu thun hat,
fuhr daher fort: «Ich will Euch keinen Vorwurf über Sure wird Aoroaster zugeschrieben, welcher schon zur Zeit
Ungeduld machen, Signvr Luigi , denn in Surer Lage und des Urgroßvaters von CvruS gelebt haben soll. Nach die
in Eurem Alter —" sem Buche war das erste Mcnschenxaor unter der Form
„Nein, nein, alter Freund!" rief Morosini aus, in eines fünfzehn Jahre lang wachsenden Reivasbaumce, nie
dem er ihm die Hand reichte, „ich bin ein Thor gewesen ! zwep neben einander gestellte Körper, der Erde entspros
Wer ich werde mich künftig vor Kiefen Albernheiten zu sen. Es folgte Anfangs Ormuzd, dem guten Grundwesen ;
hüten wissen; ich danke Euch für Sure Zurechtweisung. aber Ahriman, der in Gestalt cineS Drachen vom Him
Ihr sollt keine zweyte bey mir nothig haben." mel Kerab auf die Erde gesprungen war, belog diese erste»
„Ihr habt Geschäfte, Signor Luigi ?" fragte Osbal Mensche». Er gab ihnen „Früchte z» essen," und dadurch
do, als Morosini sich von ihm trennen wollte. verloren sie hundert Glückseligkeiten, bis auf eine. Sie
„Unbedeutende," erwiederte diefer, „einen kleinen fanden Sisen und bereiteten eine Art daraus. Nun
Besuch nur bey Abele." wurde ein Mensch deS andern Feind, einer füKIie Haß
„Bey dem Wechsler?« und Neid gegen den andern, schlug und beschädigte ihn.
„Bev demselben." Mannigfacher zersplittert zwar, aber doch noch mit
„So begleite ich Such, wenn ich Euch nicht listig allen ihren Grundzügcn zeigt sich im alten Griechenland
bin; ich habe gleichfalls noch eine Verabredung mit ihm die Sage von diesem ersten Drachen. Im Garten der
zu treffen." Hcsxeriden, dessen Hut jungfräulichen Halbgöktiiinen
Em Gespräch über Geldangelegenheiten trat jezt an anvertraut war, umschlang ein Drache einen Baum mir
d« SteU« der freundschaftlichen Unterhaltung, und wäh goldenen Äpfeln; Herkules tödtete hier den Drachen
rend desselben traten Be?de in die Fabbriche ein , wo Mo- und nahm die Früchte. In einem Walde in Colchiö hü
»Mi Sc» «rr^te» Tyeil des Vormittags durch Rechnun tete ein furchtbarer Drache das goldene Vließ ; mit Hülfe
gen und Berichtigungen derselben zurückgehalten wurde. der Medea überwand ibn Jason, und nahm das Vließ;
(Die Fortsetzung folgt.) , aber auf seine Verbindung mit Medea folgte nun auch
Bruder- und Kindermord, Tödtung deS OheimS und
der Ncbenbnblerin. Aus den Zähnen deS Drachen , den
Ueber die Schlange de< Paradieses. Cadmus bev Tdebä tödtete, wuchsen kriegerische Män
Von Kanzle« vr. ». Autenrieth. ner hervor, die einander erschlugen. Wenn nach
der mosaischen Erzählung Krankheit und Tod durch die
(Fortsegung.) Schlange in die Welt gekommen sind, so wird es auffal
Sollte denn nicht wirklich eine wahre Begebenheit lend, daß Griechenland dem AeSculap, dem Gott derHeil-
mit einer Riesenschlange unter ähnlichen Umständen zur künde, gerade Schlangen heiligte, und in seinem Tem
Jeit deS ersten Menschenpaares sich zugetragen, und den pel in Sxidauruö eine eigene Art kleiner Drachen un
Anfang zur wichtigsten Veränderung im Leben desselben terhielt,
gegeben haben, da wir gerade diefelbe Sage, nur abgeän (Die Fortsetzung folgt.)
dert nach späterer Oertlichkeit, auch bev den unter sich
entferntesten Völkern treffen, denen nur von Anfang an
fortgepflanzte Überlieferung aus einer, ihnen allen gemein Korrespondenz-Nachrichten.
schaftlichen, Quelle sie kann mitgetheilt haben ? Warum ist
es sonst auch im Bun-dehefch, einem heiligen Buche Pari S.
(Fortsegungl
der Parsen, gerade ein Drache, oder nach einer andern
Stelle des Buches eine große Schlange, unter deren Ge An der kölnischen Oper, wo die Zwietracht lange ihre»
Srnck trieb . ist endlich der Friede wieder hergestellt : m> u
stali Ahriman, der Fürst der Finstcrniß, vom Himmel wird sich erinnern, dost vor einigen Menatc» die Ha»xlsa>au-
auf die Erde herabsprang? Warum ist es bestimmt ein sricler sich zurückgezogen »alten, und nicht ever wieder sxie?
Drache in der Höhe, der bey einer Sonnenfinsterniß nach lc» wollten, als bis der Direktor Pirereeourt, der sie eigen
mächtig S>'>>a„dcln wollte, abgcsezt würde. ES erschien be
dem Volksglauben der Chinesen jedes Mal die Sonne zn kanntlich eine k^nigl. Verordnung, welcbc einige dieser Re
verschlingen droht? warum nicht eher ein Tieger, der in bellen vom Tlicat.'r «««schloß und ander» besalil wieder auf:
China ?'o häutig war, daß noch im drevjchnrm Jahrhun zutreten ; im Wcigerungtfalc sollte» sie zur Zahlung einer
72
Entschädigungssumme angehalten werben , nnb ba« Recht ver New -York.
lieren auf irgend einem ander» Theater Frankreichs zu spie,
len. Der Herzog von Aumvnt, welcher'«» Schauspielinten- (Beschluß.)
banc diese Verordnung bewirkt hatte , mochte nun wohl glau
ben, es sey nicht möglich das Geringste daran auszusetzen ; al Um fünf Uhr Abends waren wir in Philadelphia , dem
lein die so in die Enge getriebenen Schauspieler lachten dar unvergänglichen Monumente William Penns , in dem sein
über, weil sie wohl wußten, baß man ihrer doch zulezt bedür ruhiger , kalter, philosophischer Geist so sichtlich fortlebt.
fen und sie zum Spielen nicht nöthigen , sondern bitten wer D^r Quäker zeigt sich in der ersten Minute in dieser Stadt.
de. Dieß geschah auch wirklich ; sie thaten als ob sie mit dem Es gibt zuverlässig keinen Ort in der Welt mit 120,000 Ein
Auslände unterhandelten, um irgendwo eine französische Oper wohnern, wo mehr Ruhe und Anstand herrscht, und alles dieß
anzulegen. Die Einnahme b.»r Pariser komischen Oper ver ohne Polizey, ohne Militär. Man hört Sonntags nicht
minderte sich mit jedem Tag , weil nur mittelmäßige Schau einen einzige» Wagen; rings um die Kirchen sind die Gassen
spieler austraten, und manche Stücke gar nicht gespielt wer gesperrt, kaum einen Menschen findet man an diesem Tage
de» konnte». Es erfolgte auch wirklich bald eine Unterhand müßig in der Straße , alles eilt zur Kirche ober befindet sich
lung; die widerspenstigen Sänger bestanden steif und fest auf in derselben. Erst Abends ergeht man sich mäßig. Kein
der Entfernung des Theaterdirektors; dieß war ihre Lovcki Dorf von zwanzig Häusern in Europa kann stiller seyn. Man
tic, sine qn» n«a. Der gebieterische Herzog von Aumont mag dieß langweilig finden, aber es ist der wahre Geist, der
hielt Nachgeben für rathsam, Pirerccourt mußte fort» die in einer Republik Wehm soll; biesein Geiste hat Pennsylvanicn
Schauspieler kamen wieder, und mit ihnen die Zuschauer in den zu verdanken, daß es unter allen Staaten für den am mei
Saal und das Geld in die Kasse; seitdem ist alles still und sten republikanischen gilt, und zu diesem Geiste trägt der Deut
ruhig an dem Theater, und es sind einige neue Operetten sche, der in dieser Stadt und in biesein Staat mehr alS irgend
gegeben worden, unter andern der „Hausirer," Text von Pla- wo vorherrscht , sehr viel, und gegenwärtig das Meiste bey.
nard, Musik von Onslow. Dieser Tonkünstler hatte bisher
seinen Ruf nur seinen Kompositionen für Instrumentalmusik Ein folgerechter Psycholog dürfte nun wahrscheinlich auS
zu danken ; da aber jeder Tonseyer, wenn er bekannt wird, auch bicser,Freudclosigkcit am Sonntage den Schluß ziehen, daß kein
fürs Theater etwas setzen will, so hat sich endlich OnSlow Leben und keine Thätigkeit bey uns sey ; wer aber die Geschichte
auch an eine große dramatische Komposition gewagt ; allein man des Landes auch nur wenig kennt , weiß das Gegcnthcil. Vor
hat es dieser Komposition sogleich angemerkt, daß sie von einem wenigen Jahren war keine einzige Fabrik in Pcnnsylvanien. In
Tonkünstler herrührt , der nur die Instrumente zu handhaben ganz Philadelphia war blos ein kleiner, unbedeutender Kauf-
pflegt, nicht aber mit der Stimme Umgang hat, denn die In mannsladen , der grobes Segeltuch, im Lande fabrizirt , ver
strumentalmusik in der neuen Operette ist mit großer Sorgfalt kaufte. Mit einem Worte, selbst Besenstiele wurden von
behandelt ; die Instrumente , wie sich ein Kiesiges Blatt aus England eingefükrt, und obwohl die Amerikaner nicht zehn
drückt . halten ein recht interessantes Gespräch mit einander, Schritte auS ihren Städten zu gehen brauchten, um im Walde
die Violoncelli besonders sagen recht hübsche Dinge. „Für den zu sevn , so wurden doch Steinkohlen von England eingeführt,
Hrn. Onslow, bemerkt der Olobs, sind Klarinette, Oboe und frcylich alS Ballast , aber dieser Ballast mußte doch bezahlt wer
Violoncell Individuen ober Personen, deren Charakter, Ei- den. Gegenwärtig könne« die vereinigten Staaten England
genrhümlichkeit und Gespräch ihm bekannt sind ; er hat sie so oft ganz entbehren, die einzigen Artikel , die es noch einigermas-
mit einander sprechen lassen , baß eS nicht zu verwundern ist, sen von England nbthig hat , sind feine Messer und Porzellan-
wenn er nun, da er eine Sängerin soll hören lassen, sie un arbeiten. Alles Uebrige, Tuch, Baumwolle, Leinwand, Glas,
willkürlich sich als eine Flöte oder eine Violine ausdrücke» Eisen u. s. w. , wirb im Lande eben so gut , und wahrschein
läßt." Es folgt daraus, daß der Gesang in der neuen Ope lich in kurzer Zeit weit besser gearbeitet. , Es ist keinem Zwei
rette etwas wunderlich ausgefallen ist, und wenig Bcyfall ge fel uulerworfen, daß die Politik Englands den vereinigten
funden hat. Wenn doch die Opernkomponistcn nimmer vcrgäs- Staaten durch sein Handelsverbot mit Wcstindien einen bedeu
scn , daß eS zur Setzung einer Oper nicht hinreicht , ein guter tenden, einen harten Schlag vcrsezt hat. Nie war weniger Geld
und geschickter Tonkünstler zu seun , sondern daß man auch den iin Lande als Zczt ; nie hatte der Landwirth weniger Aufmun
Gesang durchaus verstehen, und mit dem Gebrauche und Um terung zur Kultur seines BobenS als jezt, wo bcynohe gar
fange desselben völlig vertraut sey» muß. Dem Texte dcS Hau- keine Ausfuhr ist. Was ist und muß aber die natürliche Folge
sirers soll angeblich eine Begebenheit ans der russischen Geschichte diese« Handelsverbotes seyn ? daß die Zölle auf englische Ein
zum Grunde liege»; ein junger russischer Prinz soll nämlich fuhren noch mehr erhöht werden, die Manufakturen des Lan
in der Verborgenheit gelebt haben, okne von seiner Geburt des sich dadurch vermekren , baß viele Einwohner statt auf
und seiner Familie das Geringste zu wissen ; nur ein einziger den Lanbbau sich auf Manufakturen verlegen, und daß die
Bouar soll um das Gcheimniß gewußt, allein, da der ein vereinigten Staaten, durch England dazu getrieben , bald mit
Erzschelm war, es sorgfältig verschwiegen Kaden. Ein eif diesem Land wetteifern werden. Amerika hat den Vortheil
riger Anhänger des rechtmäßigen Tdronerbcn habe aber, der Nähe von Südamerika vor England voraus, und es ist
als Hausircr verkleidet, seinen Aufenthalt erspäht, und ihm daher keinem Zweifel unterworfen, baß Nordamerika Englands
den Thron wieder verschafft. Der Prinz Karte in seiner Handel mit Südamerika, wenn auch nicht sogleich, doch bald
Verborgenheit eine Schifferin liebgewonnen , und diese wirb, vernichten wirb. Alles hat seine Zeit, England wirb nicht
nach alter russischer Sitte , mit ans den TKron gehoben. Es durch verlorene Seeschlachten oder Besitzungen, sondern durch
ist eben des Witzes nicht zu viel in diesem Tcrte ; allein er ist seinen eigenen kaufmjnnischen Geist, den es ans seine Kinder,
für den Tonkünstler bequem zugerichtet, und das ist immerhin die Nordamevikaner , »ererbt hat, gebemürhigt werben.
ein Verdienst ; denn besser ist bey einer Operette ein mittel
mäßiger Tcvt mit guter Musik , als schlechte Musik mit witzi
gem oder rührendem Terte.
(Die Fortsetzung folgt.) Be plage: Kunstblatt Nr. ö.

Verlegt von der I. G. Cotta 'scheu Buchhandlung.


n°. 19.

M o r g e n b l a t t

f ü r

gebildete Stände.

Dienstag, 22. Januar 1 8 2 8.

Wie eine Lächerlichkeit oft mehr entehrt oli ein Laster, so tl,ur
Spott oft weher als Schmach , und balbverdienter am »ehesten.
Larochefoueaul t.

Die Braut von Venedig. zen Stadt die schöne Bianka genannt wird, ohne daß Je
mand sich rühmen könnte, sie gesehen zu haben."
(Fortsetzung.) „Man thut Donna Bianka viele Ehre an," sagte hier
,^S» wirst fette», Luigi," rief ihm am Abend Papa-, auf Morosini ernster als gewöhnlich.
fava entgegen, als er in -eine fröhliche Gesellschaft trat, die „Si, ist das noch immer Alles, was du von ihr zu
dieser be? sich versammelt hatte. sagen weißt? Luigi, ich fange an zu glauben, daß deine
„Geschifte, lieber Giovanni!" entgegnete Morosini, Brant eine Fee ist, denn von Kiefen soll man gleichfalls
indem er Barett und Mantel einem Diener übergab. selten mehr zu sehen bekommen, als den Zipfel ihres Ge
„Die kennen wir wohl," rief ein Dritter dazwischen. wandes. Aber es gibt gute und böfe Feen, und ich will
„Die Geschäfte eines jungen Bräutigams !" hoffen, daß die deinige zu den erster» gehört."
„Und der die beste Parthie in Venedig macht !" fügte „Wenn sie eine Fee ist," versezte Morosini, „kann
ein Anderer hinzu. ich, um deiner Besorgniß ein Ende zu machen, dich ver
„Ist die Angarani denn in der That so schön, wie sichern, daß sie eine gute sevn muß."
der Ruf gebt?" fragte ein junger Verwandter, der kürz „Wie?" fragte Papafava, „du hast sie also endlich ge
lich erst von Padua gekommen war und durch Papafava, sehen ?"
an den er empfohlen war, in die große Welt eingeführt „Ich habe sie gesehen ," antwortete Morosini.
werden sollte. „Und babev so einsvlbig? sprich! rede! erzähle! Wie
„Ei, wie kannst du uns fragen?" crwicderte Papafa ist sie gewachsen? schlank? voll? was für Augen?"
va, „hier ist der Bräutigam, der ist die beste Quelle! — Alle waren erstaunt, als Morosini die Fortsetzung
Luigi," indem er sich wieder zu Morosini wandte, „ich dieser Fragen durch die Antwort abschnitt: „Ich habe sie
habe die Ehre , dir meinen Vetter, Giacomo Carrava von nicht gesehen."
Padua, vorzustellen." ^ „Wie!" rief Papafava aus, . du hast sie qeseben und
..Signor Giacomo, es freut mich. Eure Bekanntschaft hast sie auch nicht gesehen ? Du willst uns Räthsel aufge
zu machen." ben! — du hast sie verschlevert gesehen, wie gewöhnlich ?"
„Er ist bereits so neugierig, wie wir alle," fuhr Pa „Habe aber dennoch ihre Schönheit erkannt ; nicht die
pafava, nachdem die neuen Bekannten ihre ersten Bcgrüf- vergängliche ihrer Gestalt, ihrcr Züge, ihres Körpers,
fangen gewechselt hatten, fort, „er ist eben fo begierig als sondern die bleibende ihrer Seele."
wir, etwas von deiner Braut zu hören, die in der gan „Nichts weiter ?" sagte Papafava lachend. „Ich sehe.
du möchtest >ms gern ein Ammenmährchen erzählen. Oder nannt. Von Chaldäa aber, das mit Persien gränzt, zog
bist du jezt «uf einmal, da du dich dem prosaischen Ehe- Abraham ans ins gelobte Land. So könnte immer noch
stände näherst , ein Platoniker geworden ?" der Grund aller jener Sagen die Erzählung der Genesis
„Brechen wir diese Unterhaltung lieber ab, Giovanni, allein seyn, die nur in ihrer Verbreitung mannigfach ver
da wir uns doch hierin schwerlich vereinigen werden." stümmelt worden wäre, und erst die mißverstandenen
Mit diesen Worten knüpfte Morosini ein anderes Ge heiligen Bücher der Juden könnten die gemeinschaftliche
spräch über gleichgültige Dinge an, das sich allmählig be- Quelle aller Nachrichten von einer alten Schlange gewor
lebte, von einem Gegenstand auf den andern übersprang den sevn, durch die das Böse in die Welt kam, weil das
und damit endigte, daß die ganze Gesellschaft, sehr wohl ersteWeib, mit ihr zusammentreffend, nach köstlichen Baum
zufrieden, den Abend so angenehm zugebracht zu haben, früchten lüstern Mar.
auseinanderging, ohne ferner an Morosinis Bräutigams Aber wie sollte, wenn dieses wäre, von dem Sitze
stand und seine Braut zu denken. Auch später wurden, der Nachkommen Abrahams aus, deren Hauptbestreben
da man die Unschicklichkeit derselben einmal gefühlt hatte, von Moses an bis zur chaldüischcn Gefangenschaft war,
die Neckereven nicht mehr wiederholt, durch die Morvstnt sich von andern Völkern abgesondert zu halten, die Sage
bisher verfolgt worden war. auch 145 Langengrade weiter nach Osten zu auf die hinter
(Der Beschluß folgt.) Asien im ungeheuren Südmeere gleichsam verlornen klei
nen Jnfeln haben gelangen können?' Noch mehr, wenn
man selbst Araber auf ihren ostindischen Seefahrten mit
Ueber die Schlange des Paradieses. Mälayen und diese durch Zufall mit noch östlicher« India
Von Kanzler vr. v. Autenrieth. nern zusammentreffen lassen will, wie konnte die Sage,
hätte sie nur vermittelst der heiligen Schriften der Inden
(Fortsetzung.) , in späterer Zeit erst sich verbreitet, ins innerste Herz
Nach der Edda, welche die Götterlehre des ranhen von Nordamerika zu Völkerstämmcn gelangen, deren Da-
germanischen Nordens von Europa, des alten Skandina seyn selbst den Europäern erst seit wenigen Jahrzehenden
viens enthält, umgibt eine ungeheure Schlange, die dort bekannt geworden ist? Es ist dieses undenklich I
von der Mitte eines Garten Mitgart benannt ist, Und doch trifft man auch auf den Südfeeinscln anfs
und welche die Götter hassen, die ganze Erde; Uebcrraschcndste die meisten Sagen an, welche das erste Buch
diese Götter besaßen A e p f e l d e s L e b e n s. Thor , der Mosis in Bruchstücken uns ausbewahrt hat. M o r i n e r
Sohn des obersten Gottes Odin, schlug die Schlange auf zufolge (Nachrichten über die freundschaftlichen oder Ton
den Kopf, daß die ganze Erde darob erbebte. Wirkli ga-Inseln von 1816) erschlug nach dem Volksglauben auf
ches Gold hütete nach der Sämmidischen Edda auch die de« Tonga-Jnfcln unter den ersten Menschen auch der ä l-
bezauberte, giftige, große Schlange Fafner; Sigur er tere Bruder aus Neid den jüngern; er wurde dafür
schlug sie; er erhielt dadurch vorher nie gekannte mit seinen Nachkommen schwarz, während die des erschla
Er kennt« iß, hier die der Vogelsprache; aber die Er genen edlern Bruders weiß blieben. In Neuseeland, das
werbung jenes Goldes brachte Unglück ohne Ende, von gleichem Menschenstamme wie die freundschaftlichen,
auch hier wieder zunächst durch ein Weib herbeygcführt, überhaupt die Südseeinseln bewohnt wird , läßt die ein
und das erste sich ereignende Unglück war der Meuchel- heimische Göttcrlchre, wie Nicholas in seiner Reise
m o r d eines Freundes. nach Neuseeland in den Jahren 1814 und 1815 angibt,
Rückwärts Asien zu läßt sich nun der Ursprung aller das erste Weib gleichfalls aus der Ribbe des Mannes ent
dieser, auch der «ltcuropäischen Mythen führen. Der ver stehen.
götterte Eroberer Scandinaviens, Odin, war erst in spä gwey Göttertöchter aber hatten einst gegen
teren Zeiten mit seinen Asen von der nordöstlichen asiati das Verbot ihres Vaters jene Tonga-Inseln aus
schen Küste des schwarzen Meeres dahin gezogen. Die Lüsternheit besucht. Eine derselben starb , weil sie
viel ältern Gärten der griechischen Hesperidcn wurden von den Früchten der Insel gegessen hatte;
zwar von den Dichtern zulezt auf die westlichste Küste von die andere wurde zur Strafe in eine Schildkröte verwan
Afrika verlegt, sie lagen jedoch früher in Spanien, unk delt. Die Männer, der Insel, deren Huldigung zu geuics-
noch früher noch östlicher, in Italien, und der Water der sen, die vorher unsterblichen Töchter das Verbot ihres
Hcsperiden selbst war ein Sohn der Nymphe Asia. Cvl- Vaters übertreten hatten, ermordete« sich nachher
chis mit seinem das goldene Vließ hütenden Drachen ist aus Eifersucht uutereinander selbst. Diese Tonga- oder
schon ein Theil Vordrrastens, und in Mittelasien bildete frenndschaftlichcn Inseln liegen aber viel weiter von Asien
sich ^ ' N','li",ivil d,'r Porse» an?. Endmue wird einPhö- aus nach Morgen zu , als sich der Aufenthalt der Bäume
>?.ier, « >, ei» ?cx.chn,'r der ^«löste ro« ^Us.iä.« ge Kstci^c,.dcii Riestüschlaiige!: erstreckt; darum crscheiiU ai',^>
« /
in dieser Sage kein Drache mehr, wohl aber noch ein Name; sie haben keine Seelen, sie bestehen «us Zunge
kriechendes Amphibium , eine Schildkröte ; es kommen je und Magen. Ein Hamburger sagte zu mir, er schätze sich
doch auch hier lüsterne Weiber und der Tod als Folge des glücklich, daß er an einem Orte, der das beste Rinbfleisch
verbotenen Genusses von Früchten vor. hätte , geboren sev. Wie wenig hoch schäzt man meinen
(Die Fortsetzung folgt.) guten Orpheus Bach, den es tausend Mal gereute, daß er
gegen einen König den Hamburgischen Konsul vertauscht
hatte. Wie gings dem großen Lessing! dem armen Ben
jamin Michaelis! Gchts Schinken nicht wohl, so wird er
Gleim an Arche „holz. gestraft dafür, daß er ein Preuße nicht geblieben ist. Es
Halberstadt den z. Jan. 1797. ist doch »ahrlich in keinem Winkel der Erde so wie im
Preußischen Frevhcit und Gerechtigkeit , ein oder ein Paar
. Längst schon wünscht ich, daß ein guter Geist dem be Cremxel, die das Gegentheil beweisen sollen, sind der
ste» Könige, der beste von allen jezt lebenden ist er, die Anführung nicht werth. Eramcr läuft Jahr und Tag nach
Ausländer mögen sagen was sie wollen , gewiß, eingeben einer Bürgcrcharte zu Paris, zu Berlin wär' er unglück
möchte, d -ß der ums Vaterland so hoch verdiente Geschicht
lich, wenn man bey seiner Einfahrt nach seinem Namen
schreiber des siebenjährigen Krieges mit einem Canonikat
ihn fragte.
an unscrm Liebfrauenstift belohnt werden müßte. Zwar
Bon Klopstock ist wegen Lafaycttcs nichts versucht? das
sind die Einkünfte nur etwa tausend Ncichsthaler, wären
thnt mir leid. Er hat zu Wien doch Freunde, Graf
aber znm ruhigen Hüttchenleben mehr als hinlänglich. Wo
Dietrichstein ist einer ; Voltaire hätte längst schon an den
denn aber sind die guten Geister ? Es gibt ihrer, vnd wär
Kaiser geschrieben.
ich zu Berlin, ich wollte sie schon finden, und mich freuen,
Die armen erccntrischcn Köpfe! ruan muß Mitleiden
wenn sie machten, daß mehr solche hnmane königliche haben mit ihnen. Sie sind sich ihrer nicht mächtig.
Briefe wie der an Ramlcr neulich -geschrieben würden.
Wieland, dünkt mich, bat die Xenicr wie ein guter
Die Musen gehen nach Rußland, sagte zn mir der
Dater seine Buben behandelt, auch bin ich mit Nikolais
König.'') Em. Maj. lassen sie nicht aus dem Lande, sagt'
Uh. WiMien die Gitter, daß des Königs und Prophe Art vnd Weise gar sehr zufrieden, die andern Antire-
ten Weissagung nicht eintreffe! Wir wollen es zn verhin- nicr machen das Ucbel nur ärger. Klopstock, der Schwei
Sc'Nk un/er Möglichstes thun, wollen damit, daß wir ger, sollte, müßte reden.
die ffurien auf unserm Parnasse nicht leiden, anfangen; Er schweigt, und aller Welt Bezeigen
wahrlich, es ist entsetzlich zu denken, daß die Schiller und Ist Mißmutb über ihre» Scherz.
Cr schweigt ihm! Ha! was ist sein Schweigen?
die Goethe die Verfasser der Temen sind ! Hat er zu sprechen nicht das Herz?
Ich darf nicht ansangen ! Im S. Almanach so viel Er red' ein Wort nur, daß wir Alle
Vortreffliches und so viel Schändliches ! Nun schweigen können, nur ein Wort
Bey Gott! der Eingang ist, als wären im Hause Bon ihrem groben Sündenfalle;
Bev Hören vnd Grazien Mit Einem spart er uns den Mord
Die Götter zum Schmaust ; Der schönen Jeit, lebrt seine Freunde
Die hohe Wissenschaft der Lcbcns-Eurvthmie,
Gottt und sie sind's bev Furien! Und macht, daß Haufen ihrer Feinde
Der Ihrige Sich nicht versündigen wie sie.
der uralte Gleim. Ja, wahrlich! Klopstock sollte so stolz und so eigensinnig,
. . .
den Zerstörern unsers Parnasses nicht schweigen.
Halberstadt, ?7. Mai ,797. Gleim.
Daß Sie des frommen Ministers Einladung ausge
schlagen haben , ist mir lieb und thut mir leid. Alles je
doch ist, wie es ist, gut, also gut auch, daß Sie ein Ans Jean Paul« Nachlaß.
Hamburger sind. Ich für meinen Theil möchte keiner
seyn. Die Krämer, von welchen mein lieber alter Hage Alles können die Menschen aufsperren, nur — keine
dorn sagt , sie würden , daß sie nicht Fürsten würden , ge Särge. O, so liebt denn, ehe sich euch der Geliebte
beugt von Gott dem Herrn , diese sind mir zu stolz ; was verspettt !
sie an einem Klopstock, einem Busch, einem Archenholz Geistreiche Weiber werden immer politisch an dum
haben, wissen sie nicht; Ebeling ist ihnen ein unbekannter me Männer »erheirathct.
°1 1795.
?6
Korrespondenz-Nachrichten. Pa r KS.
München, Anfang Januars.
Zu den interessanteste» Zeitabschnitten gehört unstreitig (Fortsetzung.)
das Christfest. ES ist der Tag der Erfüllung, der den
Kindern »erheißen ist , ihr Trost und ihre Hoffnung in ban Auber , der so viele Operetten in kurzer Zeit «nf ein
gen Stunde,; ; denn auch die Kinderjabre haben ihre Leiben, ander folgen ließ , scheint nun ein wenig auszuruhen , eben
und man sollte sie nicht immer selig prcißen. Um den ganzen so Boyeldieu ; vielleicht »ersparen sie ihre Neuigkeiten auf die
Reiz der Weihnachtsfeycr zu fühlen, muß man Knabe seyn Mitte des Winters, welches die wahre Triumphzeir für die
oder Vater ; wer keine« von bcyde» ist , der freut sich wohl Pariser Theaterdichter und Komponisten ist; unterdessen wer
mit , aber es ist die Freude der Jungfrau am Hochzeitfeste ih: den die älter» Stücke dieser bcvdcn Tonkünstler, wie auch He
rer Gespielin ; er hat höchstens das Vergnügen einen Almanach rolds „Marie" oft gegeben. Für die große Oper bat Scribe.
oder eine Bonbonniere zu spenden, und dem lustige» Treiben der, wie cS scheint, sich in allen Gattungen der dramatischen
zuzuschauen, wob« die lieben Eltern nicht selten kindischer Kunst versuchen will, eine ..Nachtwandlerin" als Ballet auf,
sind als ihre Kinder. Sie merke» wokl, Ihr Korrespondent führen lassen. Schon vor einigen Jahren hatte er ein Vaudc-
ist ein alternder Junggeselle, dessen Kindheit in das alte Testa villc unter diesem Titel gegeben , das auch noch oft dargestellt
ment der neunziger Jahre fällt. Damals hatte der heilige wirb. Den Inhalt desselben hat er nun umgearbeitet und
Christ in unsern Gegenden noch nicht sein freundliches Reich pantomimisch behandelt. Eine Verlobte wird NachtS auf einem
gegründet ; ernst und fcyerlich durchzog der heilige Nikolaus Kanape in dem Gemache eines Offiziers schlafend angetrof
die Straßen des altkatliolischen Münchens , in seinem Gefolge fen ; >l,re EKre ist verloren , man beschuldigt sie schlechter Auf
der gefürchtet« „Klaubauf;" nur dem Strafgerichte folgte führung ; allein zulczt erfahrt man, daß sie eine Nachtwandle
damals die Bescherung , und der arme Rcichthum »ergalt nicht rin ist , indem man sie in der ?>,^>r, weiß gekleidet , auf dem
die reiche Noth , die ihm voranging. Wie gering waren da Gesimse eines Hauses cinhcrschreitni sieht. Dadnrch wird ihr
mals die Ansprüche der Kinder ! Einige Teller mit Naschwcrk, Schlaf in dem Gemache des Offiziers begreiflich , man läßt ihr
eine Puppe, oder ein Paar Dutzend Blcysoldatcn stillten jede Gcrechügkcit widerfahren . und die Heirath wird endlich ge
Sehnsucht, während jezt Stahlbarnischc und Festungen, Tem schlossen. Schwerlich würbe ein anderer dramatischer Dichter
pel und Schaubühnen zu den Interessen der Kinderwelt gehö aus diesem sonderbaren Stoffe ein anzüglichcs dramatisches
ren. Wie die Forderungen der Erwachsenen ans Leben, so sind Stück verfertigt Kabe» ; allein was ist dem gewandten Scribe
auch die Ansprüche der Kinder gestiegen, und der diesjährige nicht möglich? so geschieht es denn auch, daß dieses neue Ballet
Christmarkt hätte sie wohl alle befriedigen können. Das spiel- sehr gefällt, und dag die kleinen Tl'cater fast alle gleichfalls
wcrtrcichc Nürnberg schien sc)»/ Ve^rätKe i» den glänzenden' Nachtwandlerinnen bestellt und aufgeführt haben. Eine junge
Buden hinterlegt zu haben; was nur zur Domäne des Jokus und hübsche Tänzerin, Mimi Dupnis, spielt im Opernbatlct
gehört, was der Forschungsqeist der Bcflclmaycr in Stunden die Somnambule «nf eine äußerst reizende Art. Nicht allein
der Weihe ersonnen und ins Lebe» gerufen, lag hier blank mir diesem Ballet hat Scribe daS Wicdercrwachen seiner lite
und leuchtend ausgebreitet, und man musitc die Fortschrilte rarische» ThäUgkcii beurkundet, sondern auch mit zwey neuen
der Zeit bewundern, die im Kleinen so grofi ist; nur dicZuk- Viudcvillcs und einem großen Schauspiele in fünf Aufzügen.
kerbäcker , diese Glücklichen, denen es vergönnt ist, in bitterer Eins der brpdcn VandcvilleS heißt „der Diplomat,^ und be
Zeit Süßes zu spenden . scheinen , trotz mancher gelungenen ruht auf der Verwechslung ciues Künstlers , der . on Paris
Leistung, noch immer nicht ganz ihre Aufgabe zu kenne». nach Deutschland geschickt worden ist, um Kostüme für die Fast-
Der Zuckerbäcker ist ein plastischer Künstler , der dabcv »och uachrsbälle zu zeichnen oder zu holen , mit einen: Gesandten,
den Vortheil hat, das Schöne mit dem Guten verbinden, woraus denn allerlei) <z»i pro quo entstehen, was jedoch den
der gelungenen Form auch einen intensiven Gehalt geben zu Künstler nicht verhindert, ein großes Geschäft zu Ende zu brin
können. Er nennt sich, wohl nicht sehr bescheiden, einen ge» , nämlich die väterliche Anerkennung der im Bcrbvracnen
Conditor, also einen Erbauer, einen Gründer; kein Rauch, vorgegangenen Hcirath des Erbprinzen. Schon andere Dich
kein Schadow hat sich diese» Titel bcvgcleqt , aber Romulus ter haben aus dergleichen Verwechslungen eine» Schwank oder
war ei» Conditor. Mit Recht stellt man große Forderun ein Vaudeville gemacht , die Idee war also nicht nc« ; aber
gen an die Zuckerbäcker; in den Bereich ihrer Schöpfungen Scribe versteht sich auf das witzige Darstellen längst bekannter
gehört Alles, was Gegenstand der Geschichte oder der Kon oder unbedeutender Stoffe; auch hat er über dasOorps äixlo-
versation geworden ist; sie sollten dem Publikmn in diesen mslique manchen Wiy cinqcschaltct , und da dieser Stand so
Tagen eine izolerie pl««t!que aller Begebenheiten und Per gut seine Blößen und lächerlichen Seiten hat als andere Stände,
sonen eröffnen, die im Laufe des Jahres berühmt, odc^ viel welche unaufhörlich auf der Bühne mitgenommen werden, so
seitig besprochen worden sind. Wie mancher Gelehrte z. B., hat Scribe nicht übel daran gethan, daß er auch diese Herrn
wie mancher Volksrcdncr würde sich in Buttcrteig gut aus einmal zur Zielscheibe seines Witzes gewählt hat. Besonder«
nehmen, ein Ibrahim ans Chokolade würde einem Philhellenen- hat er die Wichtigkeit, welche sich gewisse Lcgationsmänncr
magen wohl bekommen , die Seeschlacht bcy Navarin ließe sich bcplcqcn , obschon sie nie etwas Wichtige« zu thnn haben , als
etwa in einer Punschbowlc darstellen, einen Heidegger aus Gastmale anzuordnen oder anzunchmen , und nach Hofe zu ge
Zucker (Kandia) würden unsere Dame» wohl gern verspeisen, hen, sehr ironisch behandelt, und wahrscheinlich weil es ihm
und eine Schcchncr von Biscuir wäre doch immer besser als geschienen hat , daß diese Wichtigkeit der Gcsandtschaftslcute in
gar keine. So würde der Vortrag manches Professors leich-, Deutschland häufiger und auffallender ist als anderswo , hat er
tcr eingenommen, wenn er mit 8irop c»pill»ire vcrsezt, und die Handlung seine« Vaudevillcs »ach Deutschland verlegt.
manche Tragödie besser gefallen, wenn sie aus Dragee verfertigt (Die Fortsetzung folgt.)
wäre. Kurz . eine solche reale Encttklopädie . die auch das
Interesse des Magens beherzigt . würde gewiß Beyfall finden,
und ihren Heransgebern Vvrrlieil bringen.
(Der Beschluß folgt.) Beplag e: Literaturblatt Nr. 7.

Verlegt von der I. G. Cotta'schen Buchhandlung.


N°. 20.

M v r g e n b l a t t

f ü r

gebildete Stände.

Mittwoch, 23. Januar 182 8.

Zeigen nicht alle spätere Mährchen, die schbnfle,, Zaubcribcen der


alten Welt, daS goldene Vließ, die goldenen Aexfel, das Gcwäch«
der Unsterblichkeit, daß ursprünglich eine einfachere Sage, irgend
eine wahre Begebenheit der Urwelt ihr Grund gewesen scy» muß?
Herder.

Ur^er 5n? Schlange des Paradieses. es ein Weib, zur stillen Wohnung unter der Erde , deren
Von Kanzler 0r. v. Autenricth. Handlung, zum Aufenthalt in der Finstcrniß verurtheilt
wird.
(Fortsetzung.) So ist, in Hieroglyphen der Vorwelt gehüllt, eine
Am obern Misonri >m Innersten von Nordamerika und dieselbe Sage über den ganzen Erdkreis verbreitet ;
find erst seir etlichen und zwanzig Jahnen rnrch Kapitän Le sie ist deßwegen höchst wahrscheinlich Erzählung einer wirk
wis auf feiner Entdeckungsreise au den öolumbiastrom lichen, zwar nach der gewöhnlichen Ordnung der Natur
die Mandanenindianer bekannt geworden. Sie erzählen, vorgefallenen Begebenheit aus der ersten Zeit dcS Dascyns
ihre Urverfahren hätten zuerst unter der Erde an einem unseres Geschlechtes, die aber in ursächliche Verbindung
unterirdischen Wasser gewohnt. Ein Weinstock drang mit gesczt wurde mit der ganzen Reihe der auf sie folgenden
seiner langen Wurzel von oben zu ihnen herab. Einige ersten und wichtigsten Erfahrungen, welche das sich ver
der Kühnsten des Volkes kletterten an dieser Wurzel hin mehrende Menfchenxaar unter Sorge, Schmerz und Tod
auf, erkannten jezt erst die Schönheit der Erde und wur machen mußte. Der Kampf des physischen und moralischen
den entzückt von dem Genüsse der Früchte des WeinstockS. Bösen mit der frühern harmlosen Unschuld mußte mit die
Nun kletterte an der Wurzel auch das übrige unterirdische sen Erfahrungen beginnen. Ungeschieden in dem, was
Volk nach, bis mit einem dicken, vielleicht sollte es heif- bloßes Aufeinanderfolgen war, pflanzte sich die ganze Ge
sen schwängern, Weibe die Wurzel brach, und dieses Weib schichte der großen Veränderung durch Ueberlieferung in
mit allen übrigen noch nicht hcraufgekletterten nun auf im Bildersprache auf die Nachkommen fort, welche allmäh:
mer unter der Erde, des Sonnenlichtes beraubt, zurückblei lig über die Erde sich verbreitere». Die Schlange wurde
ben mußte. Nordamerika hat ebenfalls keine Riesenschlan frühe zur moralisch-religiösen Allegorie des Schicksals der
gen mehr; darum vertritt hier in der Sage die lange krie Menschheit, aber darum bleibt diese Allegorie doch ge
chende Wurzel des Weinstocks die verführende Schlange. schichtliche Wahrheit. Der Ursprung der Sage selbst fällt
Die Wälder sind dort mit wilden Reben reichlich versehen, offenbar jenseits aller historischen Zeit; an der Hand der
und so wurde die in der Genesis noch unbestimmte Frucht Naturgeschichte aber vermag noch der Alterthumsforscher
des Baumes der Erkcnntniß, welche im Lande der Ei- sie auf ihrem Wege rückwärts zur wahrscheinlichen Quelle
krönen und Pomeranzen sich in die goldenen Aepfel des Gar zu verfolgen. Wenigstens führt sie uns in die einzige Gegend
tens der Hesperiden verwandelt hatte, am Misouri zur der Erde zurück, in welcher allein ein Menfchenxaar sich
Traube. Die Gruudzüge der Sage» blieben ; auch hier ist erhalten könnte, und in die Nähe von Wohnplätzen, wo
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sein Leben allein der Lindwurm unter allen dortigen und Fahnen und Siegeszeichen aller Art, die von den
Thieren könnte bedroht haben. Aber diese Sage gehört Vorfahren der Angarani in den Kriegen der Republik auf
durch ihre Allgemeinheit auch zu den wichtigsten Doku der Tcrrafirma, in Negroponte, Morca und Covern ge
menten, daß das ganze Menschengeschlecht auf der Erde wonnen worden waren, hingen, zum Theil durch die Zeit
einen gemeinschaftlichen Ursprung habe, daß alle seine geschwärzt und halb zerstört, pon den Wänden, und auf ver
Stämme also auch eincrley menschlicher Gesittung sähig, goldeten Kandelabern brannten Wachskerzen, die durch ihr
alle unter sich Brüder sepen. flackerndes Licht zwar nicht die Helle des Saales, aber die
Es hat schon Philosophen gegeben, welche ohne Kennt- Pracht des Ganzen vermehrten.
niß des Gemeinschaftlichen, was in allen Sprachen und Sowie Morosini eintrat, öffneten sich dem Braut
in den Ursagen auch der von einander entferntesten Völ führer die inneren Gemächer, in denen die Braut, von
ker sich findet das Gegentheil erweifen zu können glaub «blichen Damen umgeben, den Moment der Cercmonie
ten, und die, mißachtend den ganz unmerklichen Uebergang, erwartete. Auf die Thüre, die dorthin führte, waren alle
der die anscheinend noch so verschieden gebildeten Men Augen, vor allen aber die des Bräutigams mir unbeschreib
schenrayen durch Mittelglieder mit einander vereinigt, je licher Ungeduld geheftet. Einen Augenblick Erwartung
des Volk abgesondert an dem Orte entstehen ließe», den und die Braut trat in den Saal.
es seit Menschengedenken bewohnte. Der plötzliche Schrcy, den in dicfcm Momente Mo-
So wurde und wird von Vielen' noch dem Europäer rosini ausstieß, verlor sich unter den Stimmen der Be
gegenüber der Neger Afrikas und der Jndier in beyden wunderung, der Begeisterung, die sich von allen Seiten
Amerikas nicht als wahrer Mensch angesehen, sondern bey dem Anblick einer so vollkommenen, ja wunderbaren
für geboren, jenem als Lastthier zu dienen und ohne Schönheit erhoben. Nur Papafava, der in Morosinis Nähe
Klage jedes Unrecht zu erdulden. stand und durch die Menge gehindert war, die Braut zu
(Der Beschluß folgt.) sehen, bemerkte, daß seinem Freund sich die Augen ver
dunkelten, daß er wankte und im Begriff war zu sinken.
Er drängte sich hindurch, ihn zu halten, überrascht und
befremdet durch diese unerwartete Bewegung. Aber Mv-
Die Braut von Venedig. rosini hatte sich bereits ermannt, warf einen wüthenden
(Beschluß.) Blick auf Papafava, trat, als jezt seine Verlobte, die den
väterlichen Segen empfangen hatte, sich ihm nahte, zwev
Der Tag der Vermählung war gekommen. Die Freun Schritt zurück, und rief, indem er mit der Hand Still
de und Verwandte beyder Häufer versammelten sich in dem schweigen gebot: ,.Mc kann diese mein Weib sevn! nie
großen Saal des Pallastes Angarani ; der Kanal war mit
werde ich ibr Gemahl seyn !"
Gondeln bedeckt, die kamen und gingen, oder die Festlich Bianka Angarani, die, kindliche Unschuld und Rein
keiten erwarteten , welche den Schluß der Vermühlungs- heit in den sanften, himmlisch-schönen Zügen des blasse»,
eeremonien machen sollen. Aus den Fenstern des Palla runden Gesichts , und jungfräuliche Schüchternheit in dem
stes und von den Balkons hingen prächtige Tapeten, und feuchten Blick der schanchast niedergeschlagenen Augen, den
zwanzig Barken lagen zur Regatta bereit. Die Braut schlanken Leib von seidenen Gewändern umflossen, mit de
selbst sollte an die Barcarolen die Preise vertheilen. nen ihre zarte Haut nn Weiße wetteiferte, das Haar mit
An der Wasscrpforte des Pallastes stand der Bräuti
Perlen und Diamanten geschmückt und in reichen Locken
gam und empfing die eingeladenen Gäste ; er selbst stieg, herabfallend, die wie Gold anf Silber glänzten, im Braut
der lcztc, die breite Marmortreppe hinauf. Die tiefe Be
kranz ihm entgegentrat, war die Freundin Papafava's,
wegung , von der er ergriffen war, wurde bey seinem Ein
die schöne Unbekannte, deren Bild mit unauslöschlichen
tritt in den Saal durch den großartigen und prachtvollen
Anblick zerstreut, der sich ihm darbot. Zu beyden Seiten Zügen in sein Gcdächtniß gegraben war.
Bianka, durch seinen Ausruf getroffen, warf einen
bildeten mit kostbaren Teppichen belegte Stufen ein Am
phitheater, anf welchem die Nvbili standen. Im Hinter irren Blick auf Morosini, /inen zwevten anf Papafava,
der unbeweglich neben feinem Freunde stand, und sank leb
grund, zwischen den Glasthüren des Balkons war ein
prächtiger Altar errichtet, vor dem ein Priester in dem los zu Boden.
festlichen Schmuck der Kanoniker von San Pietro *) Ge Alles, wie vom Donner gerührt, war stumm.
bete für das Wohl der bcvden Familien las , die durch Gränzenloses Getümmel, Aufruhr und Verwirrung
trat , als Bianka von ihren Frauen hinausgetragen wurde,
diese Vermählung vereinigt werden sollten. Standarten
an die Stelle des Entsetzens , das Anfangs Alle gelähmt
«) Vor dem Jahre 1807 war St. Pietro die Kathedrale hatte. Die Nvbili stürzten von den Stufen herab, dräng
von Venedig. ten sich in die Mitte um Mvrosini und forderten eine
79
Erklärung. Nur der greise Pietro Angarani stand starr war ans dem Canale grande in den Kanal von Fnsina und
und regungslos gleich einem Marmorbilde. in die Lagunen hinausgefahren, aber nicht wieder zurück
Er hatte, als »r die unerwarteten Worte Morvstnis gekehrt.
vernahm, eine kurze heftige Bewegung mir der Hand gemacht,
als ob er das Schwert zückte, darauf seine Tochter, die
hinausgetragen wurde, mechanisch mir den Angcn verfolgt,
uud starrte einen Augenblick, als wäre alles Leben aus Gleim an Arche „holz.
ihm gewichen, gespenstisch in die Menge hinein. Plötzlich
raffte er sich zusammen, kheilre das Gedränge, und trat Häverstädt den it. Januar j«„z.
mir festem Schritte, äußerlich ruhig, in seinem Innern Ihre Gedanken , vortrefflicher Mann , über den brir-
aber von einem Sturm bewegt, der nur in dem Zusam tischen Unfrieden, sind eine Philixxische Rede; besonders
menziehen, Erstarren, Versteinern der Gcsichtsmuskeln abgedruckr auf Velinpapier, eingebunden in Gold und
sich »erriech , zu Morosini und sagte , indem er ihm Ige- Seide, gefendet durch einen Kourrier an Europas Mo
waltsam den Arm zusammenpreßte: „hast du beschlossen narchen und an die Fürsten und Stände des heiligen rö
mich und das Haus Angarani zu beschimpfen? Rede! mischen Reichs, mit flehentlicher Bitte, sie zu lesen und
wann soll dieser Scherz enden zu beherzigen, könnte sie, glaub' ich, der Menschheit
„Nie!" antwortete Morosini fest und entschieden. Nutzen verschaffen. Mit größtem Vergnügen trüg ich die
Hälfte der Kosten.
„Ve»ü«u«:» erschallte es in diesem Augenblicke von
allen Seiten; Dolche blitzten, die alten Schlachtschwerter Gleim.
wurden von den Winden gerissen. „Hier Angarani!"' O
„Hier Morosini!" riefe« die bendcn Parthepen, die im
Augenblick getrennt einander auch schon gegenüberstanden; Der böfe Geist der Zeit, das Kind der Hille, treibt
Sein Wesen in allen .
die Freunde des Bräutigams wurden nnter dem Angstge- Hütten und Hallen,
schrev der Frauen und den Zriedensermahnungen der Prie Und sizt und schreibt
ster und einiger Greise , die allein ihre Besinnung be- Ein Buch von Menschenrechten.
östtr« Kstte», auf das Wüthendste angefallen von den Und macht die grcpen zu Knechten,
Und ist und bleibt.
ssreunöen der Braut, als der alte Pietro Augarani sich in Ich sorge, noch lange
die Mitte warf, mit Stimme und .Gebcrde Ruhe gebot, Der guten Polirik, die oft die Stir» sich reibt,
und, nachdem es ihm gelungen war diese herzustellen, Nachgebende Schlange
sich an Luigi Morosini wandte. „Geh," sagte er, „ich
verzichte auf meine Rache," und, indem er die Stimme Ich kann das Zriedenöfest mit Tanz
erhob, die tief und schwer wie ein ferner Donner in dem Nicht fevern, kann nicht jubiliren;
ganzen Saal vernommen wurde — „sie sev dessen, der die So lange wir den Rhein Halbiren
Hand meiner Tochter anspricht !" Ist keine Freude ganz.
Morosini entfernte sich, vergebens von feinen Frcun-
den bestürmt, ihnen Aufklärungen zu geben. Nach wenigen So lange Vater Rhein
Tagen wurde sein Leichnam von zehn Dolchstichen durchbohrt Von Zorn und Rache glüht.
So lange singt er nicht das schöne Rheiuweintted,
in einer engen Gösse gefunden, die von diefer That bis So lange .trinkt er keinen Wein,
auf den heutigen Tag den Namen ckel ^3,«,i«o be Der arme Vater Rhein.
halten hat. " . *
Auch Giovanni Papafava, der während des Tumults Mein Gebet für den ersten Konsul.
im Saal verschwunden war, wurde vermißt. Er war Macht der Konsul seinen Frieden
zulezt, an demselben Tage, der die Vermählvng seines Mit den Königen im Süden
Freundes zerrissen hatte, im Pallast Morosini gesehen Und im Norden nicht zum Spott
worden. Alle Nachforschungen seiner Verwandten blieben Aller, macht er ihn zum Besten
Aller, und durch ihn znm größten
fruchtlos. Äuch die Aussagen der Barcaroli, die verhört Menschen sich, so laß ibn, Gott!
wurden, weil es nicht selten geschah, daß Ermordete des Lange leben, laß ihn seinen
Nachts in die Kanäle geworfen wurden, führten zu keinem Zweck erreichen, seines einen
Lebens reckt sich zu erfreu«.
Erfolg. Eine einzige Barke war in der Nacht, die auf Varer Unftr! laß ihn deinen
jene verbängnißvolle Scene folgte , in der Nähe des Palla- Guten Helfershelfer fron.
steS Moroiini gesehen worden, sie schien beladen, und

Wie leicht es ist, ein Volk zufrieden Kunstblatt erscheine». Vor der Hand genüge eS zu melden,
I» stellen, das beweist baß der Eindruck, den der Saal selbst mit den zahlreichen und
Das große Volk im Süden. geräumigen Ncbenqcmächern auf die Eintretenben hervorgebracht
Seitdem sein König Konsul heißt. hat, der günstigste war; und wahrlich! dieser Saal mit seinen
Seitdem ist es zufrieden. acht-uud-fünfzig Säulen bietet einen überraschenden, wahr
Gleim. haft imposanten Anblick dar ; neun Lüstern von sechs-und-breyßig
Armen, nebst unzähligen Wanblenchtern, lassen in TagcShelle den
geschmackvollen Bau dieser, dem Vergnügen geweihten Halle er
blicken, die nicht nur als solche, sondert« auch als ein neues Denk
AuS Jean Pauls Nachlaß. mal der Regierung unser« kunstsinnigen Königs dasteht. Der
Bau und die innere Ausschmückung des OdconS wurden unter
Den Streit in der Che erfährt oder erräth Jeder, die der Leitung des Geheimen Oberbauraths und Intendanten von
K lenze in weniger als zwey Jahren vollendet.
Liebestunden Niemand, dem man sie »och mehr ans Schick-
lichkeir verbirgt als jene, weil wohl an j e n e m die Stadt In dem Atelier unfcrs sinn- und talentvollen StielcrS
ist in diesen Tagen ein weibliches Bildniß der Gegenstand all
Theil nimmt, aber nicht an diesen. gemeiner Bewunderung. Es stellt unsere Königin Tlie,
Man gewöhnt sich an das Gute so sehr (in der Ehe, rese in Lebensgröße dar, und ist der reinste Abdruck ihrer
Freundschaft) , daß man noch das Bessere darüber hinaus- hohen Persönlichkeit und des Ideals, das sich wohl einst Schil
ler entwarf, als er „die Würde der Frauen" schrieb. Von
fordert, und was vor einem Jahre entzückt hätte, wird allen Porträts, die wir von Sticler gesehen, ist dieses, dem
später nur gebilligt und gefordert. allgemeinen Urthcil nach, das gelungenste, und wenn die Fol
gezeit da« Andenken der verehrten Fürsten segnet, das dieser
Künstler ihr so treu überliefert , so wird sie mit einem Law
rence und Bcgasse auch seinen Namen nennen.
Korrespondenz-Nachrichten. Auf unserem Hofthcater sind seit längerer Zeit nur
Reprisen an der Tagesordnung, Die Direktion , wenn auch
München, Januar. vom besten Willen beseelt , wird in ihrem Wirken auf man
(Beschluß.) nigfache Art gehemmt. Unsere berühmte Schcchner ist seit
drep Monaten der Bühne entfremdet, und seit ihrer Wieder-
Wir wollen nun die Kinder ihren seligen Träumen über kedr nur zwey Mal aufgetreten. Eine heftige Halsentzündung,
lassen, und uns zu den Erwachsene» wenden , denn auch diesen) die zwar längst geKoben ist. aber an deren Folgen sie noch lei
in so ferne sie Andächtige oder Nachtschwärmer sind, bereitet det, macht ihr vor der Hand jede Anstrengung «nratl'lich;
der Cliristabcnd ein heiliges ober profanes Fest. Nach dem doch ist nach Versicherung der Acrztc für ihre Stimme nichts
Ritus der römischen Kirche beginnt nach eilf Uhr Abends mit zu fürchte». Auch der Tenorist Baicr liegt feit Wochen krank
Gesängen und Ceremvnien die sogenannte CKristmcrrc, und darnieder, und so ist Mab. Sigl Vcspermann die einzige Cbaria-
mit dem Schlage der MitternachtSstunbe das scherliche Hoch tide, die den schwanke» Bau unserer Oper trägt. Für die
amt. Man kann annehmen, daß in dieser Nacht die Hälfte der Länge möchte auch ihr die Last zu schwer werden. Ei» be
Bevölkerung unserer Stadt auf den Beinen ist ; die Nacht ist deutender Gewinn für die Anstalt ist die Ernennung des ver
,in Tag verwandelt. Das Drängen und Treibe» in den Stras dienstvollen Konzertmeisters Moralt zum Jnstrumcnialmusik-
sen , die Tausende von Laternchen , die de» Frauen und Mäd dircktor ; es war diese Ernennung die eigene Wal'l des Mo
chen zur Kirche leuchten, der Donner der Kanonen, das Ge narchen, dessen Scharfblick eS nicht entging, dag nur eine
läute aller Glocke», die Fanfaren, ans den hellerlcuchteten crnstkräftigc und unverdrossene Leitung ein so vielglicdrigcS
Tempeln schallend, deren weite Räume nicht die Taufende zu Ganzes zusammenhält. — An unserem VallckKimmel , wo die
fassen vermöge» , die durch ihre Thvre bringen — dies, alles ge liebliche Taglioni entschwand, nm Ihrem Stuttqart aufzugehen,
währt ein eigenes , charakteristisches Bild , das manchen Frem glänzt seit drcy Monaten ein nc«er, schöner Stern. Hr. Ro-
den wohl seltsam, doch immer interessant erscheine» muß. Daß zier ist unstreitig einer der ersten jczt lebenden Tänzer, der da-
es bcy solch nächtlichem Treiben nicht iinmer ohne Unfug und bey die Kunst besizt , alle Mitwirkenden zu elektrisircn und Le
Ausschweifung abgeht , versteht sich wohl , zumal wen» man ben und Feuer in seine Umgebung zu bringen. Mab. Hör-
bedenkt, daß einige Tausend junge Leute, niitmiter in eral- schelt , die Gattin unfcrs Ballctmeistcrs, steht ihm würdig zur
tirtem Zustande, sich umherbewegcn ; im Ganzen aber war die Seite. Der rastlose Eifer diefcr Frau, dein sie selbst die Sorge
ses Mal sittliche Ordnung und religiöses Gefühl überall vor für ihre Gesundheit unterordnet, hat sie nunmcdr auf ciuc
herrschend ; wir sind fromm und andächtig geworden , und Stufe von Kunstausbildung gestellt, die ihr auch auf andern
der Genius der Zeit ist nicht spurlos an uns vorüberge Bühnen das Prädikat einer ersten Tänzerin sichert. — Ich
gangen. werde Ihnen in meinem nächste» Berichte eine gedrängte Uc-
Man ist in unser,» vielgestaltenben München gewohnt, bersicht und Würdigung der neuen Erscheinungen liefern, wel
baß Zeder Jahreswechsel durch Gründung ober Bollendung ir che die Bühne in den leztcn Monaten an uus vorübcrführte,
gend eines Denkmals, eines Tempels oder Staatsgebäudes ver und als ein gewissenhafter Korrespondent nachholen, was ich
in diesem Zeiträume , weniger lässig , als mannigfach abgehal
herrlicht wird ; so war es dießmal die Eröffnung des O d e v n S,
was uns den Eintritt des neuen Jahres denkwürdig macht. ten , zu berichten unterlassen habe.
Eine zergliedernde Würdigung der großen Schönheiten und
Vorzüge dieses grandiosen Gebäudes , und , da kein Menschen
werk vollkommen ist, auch seiner Mängel, wirb hoffentlich
bald aus der Feder eines Berufenen in Ihrem gcschäzten Be plage: Intelligenz«!«« Nr. 2.
»
Verlegt von der I. G> C o t ta'schen Buchhandlung.
K". 21-

M o r g e n b l a t t

für

gebildete Stände.

Donnerstag, 24. Januar 1 8 2 8.

Hart sind der Mitwelt Herzen, ftlsenbart;


Doch nicht umsonst ist unser Blut vergossen,
<Zs strichlet Zukunft ob der XScgenwarr.
Friderikr Brun.

Seeschlacht von Navaria. Und mit ihm Hevden, Rignv, wack're Streiter.'
Vereinte Macht führt sichrer« Sieg Kerbe»,
Triumph.' Triumph! mir ihres Fittigs Flammen Im Scheidcstrolile blickt die Sonne heiter
Sank endlich die Vergeltung doch herab. Auf Navarinö durch Blut entsühnte Bav.
Und brannte dieser Schiffe Wust zusammen
Und stürzte sie in der Vernichtung Krad. So sah sie einst auch auf die Brüderheere,
Und Griechenland erhob auS Kerkernächten Als Don Ina» Lepanto's Sieg errang.
Von Neuem seine freye Stirn empor. Und seine Flagge zu der Christen Ehre
Und dankte ihm, dem Sw'gen und Gerechten, Auf Adrias bcfreytcn Flurbcn fchwang.
Der endlich doch die Rächer auSerkohr. Doch bald verhüllte sie mit Wolkenschlevern
Ihr Haupt, als List und feiger Rücksicht Plan
Dem Schwert gebot, den Kampf nicht zu erneuern.
Es klügelten mit tief bcfang'nem Sinne Und Muth und Glaube schloß die Siegcsbabn.
Die weisen Männer, wie daS spikc Ev
Doch Halt auf seinem schwächern Thcil gewinne O! daß ein Gleiches nicht nach Eurem Siege,
Und sorgsam grade aufzustellen sen. Ihr Helden Navarins, Europa sek".
Da kam Kolumbus, und mit frischem Muthe Nein, Sure Bahn des Nordens Adler fliege.
Ergriff er eS und stieß es kräftig ans. Die Lilie blühe in des Pardels Näh'!
Daß es von selbst auf feiner Spike rukre. Und was des Herzens Stimme bat begonnen.
Ein Vorbild für des kühnen Seglers Lauf. Nicht wartend auf der Diplomaten Ruf,
DaS walle fort, dem werde Raum gewonnen.
So unterhandelten mit weisen Mienen Und frcv fey wieder, was Gott frey erschuf!
Die Herrn auch dort im trüg'rischen Byzanz, Reinhold.
Und immer stand der Halbmond unter ihnen
Mehr als das Kreuz in der Verklärung Glanz; Ucber die Schlange des Paradieses.
Da kam ein Held, und mit des Donners Grollen
Gab er den Uebcrmüth'gen ihren Lohn, Von Kanzler Or. v. Autenrieth.
Entschied was Männern ziemt und Christen sollen.
Und ewig lebt der Name Codrington. (Beschluß.)
. Die größten Grausamkeiten, vor welchen die Mensch
Was kümmert ihn die Uebcrmacht der Flotte, heit schaudert, begünstigte ein theoretischer Jrrthum, dem
Die als ein Bild des Halbmonds vor ihm liegt? schon die geographische Ansicht der Verbreitung der Haupt-
Er will, daß nicht der Türk' des Christen spotte.
Greift an im Gottvertraun und kämpft und siegt! ro?en des Menschengeschlechtes widerspricht, welche diese
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auf einen gemeinschaftlichen Ausgangspunkt aus einer lenäußerungen , mag sie von der einen oder der andern
sehr beschränkten Gegend im Osten der alten Welt zurück Seite veranlaßt worden seyn, früher oder später zur Un
führt. Die Naturgeschichte des Menschengeschlechtes über menschlichkeit führe. Nur in Vereinigung des Glaubens
haupt und die ganze Kunde von der anßern Natur unserer mit der Vernunft kann die Menschheit zu immer weite
Cröe in Bezicl un , zum Menschen dient dazu , eine in rer Vollkommenheit fortschreiten.
ihren Folgen so menschenfeindliche Philosophie zu widerlegen. Möge unsere Hochschule nie einen Zeitpunkt erleben,
Zwar kann der Theologe solcher, immer nur schwan wo mit Vernachlässigung immer weiterer Ausbildung des
kend bleibender Unterstützung aus andern menschlichen Wis religiösen Gefühles bloS Kenntnisse des kalten Verstandes
senschaften entbehren, wenn er die Pflicht allgemeiner entwickelt würden, aber auch nie eine Zeit, wo der Glaube
Menschenliebe zu erweisen hat. Er kann ruhig mit den irregeleitet wähnen dürfte, an Unwissenheit und darum
unerschütterlichen Beweisen sich waffnen, die eine Religion Unvernunft eine Stütze zu finden !
darbietet, welche die innersten Tiefen des menschlichen Ge-
müthcS anspricht, und in Viesen ihre Stutze findet. Aber er
bedarf der umfassendsten Kenntnisse, sobald er die einzelnen Gemälde dcS römischen Volkscharakters.
Sätze seines positiven Glaubens, dcr zn einem ganzen Svstcm Bon G. L. P. Sie »er«.
sich ausgebildet hat, auch geschichtlich begründen will. Nicht
blos die Geschichte wird ihm unentbehrlich, wie überhaupt Die Fastnachtsfrittc llen, oder das Josephsfest.'
der religiöse Instinkt des menschlichen Gemüthes auf der Es ist früh Morgens; ich öffne das Fenster; kanm
verschiedenen Ausbildungsstufe der einzelnen Völker sich aus glaube ich meinen Augen trauen zu dürfen; der ganze
gesprochen habe, sondern er muß auch wissen, wie die das trajanische Säulenplatz und sämmtlichc umliegende Gasscu,
einzelne Volk, in welchem das Glaubenssystcm sich aus welche ich übersehen kann, haben sich in Lorbeerhaine ver
bildete, umgebende äußere Natur gewesen sev, da diefe wandelt; die Bäume, in üppiger Fülle mit ihren strotzen
Vorzüglich auf die Bilder, auf die Geschichte und den gan den weißen Blüthenknospcn prangend, bilden Lauben, und
zen Ausdruck des religiösen Glaubens den größten Einfluß diese sind von innen mit gewirkten Tapeten oder blendend
hat. Wie könnte auch der Theologe sonst scheiden, was weißen Laken behängen und von außen mit bunten Bän
schon natürlich sich erklärt, von dem, was im Gegentheile, dern geschmückt. Innen stehen Tische mit blanken Gefäßen,
wie z. B. die erste Schöpfung des Menschenpaars und al daneben Kohlenfeurr, auf welchen ein gewaltiger Kessel
les Lebenden auf der Erde überhaupt, selbst den kältesten dampft, und rings herum gafft eine Menge Volks, mit
Verstand zwingen muß, das, Dasevn von Einwirkungen, dem Sonntagsschmuckc angethan. lieber Alles ragt eine
die für uns übersinnlich sind, anzunehmen? Nur ein sol geschnizte schwarze Figur hervor, in welcher ich, da ihr
ches Nachweisen kann die Vernunft nöthigcn, demüthig einige aus dem Volke (blos Männer) mit abgenommenem
an Uebersinnliches zu glauben, wo sie einsieht, Dinge feyen Hute die Hände oder Füße, mitunter sogar, sich auf die
wirklich, deren Grund zu erfassen sie schlechthin nicht Fußzehen stellend und den Hals weit emporstrcckend, den
vermöge. Mund küssen, ein Heiligenbild erkenne.
Ist daher irgend einem Stande umfassende, vorur- Ich frage den KaffeehanSburfchen, der mir mein Früh
theilsfreye Kenntniß der geistigen und physischen Geschichte stück bringt, waS das Schauspiel auf dem Platze zu bedeu
der Menschheit, der verschiedenen Entwicklung derselben ten habe. Verwundert mich ansehend erwicdert er: ..«»
in den verschiedenen Zonen der Erde, aber auch der äus eovie, non 5»? i?«nv le lrittell«." (das wissen Sie nicht?
sern Natur nöthig, die sich in den verschiedenen Wohn- es sind die Frittcllen). Ich will ihn weiter fragen, er
plätzcn des an sich Einen Menschengeschlechtes so mannig aber eilt fort, sprechend: „Sc«»:: K« temz«, , «a«
fach darstellt, so ist eine solche ausgebreitete,« Kenntniß »m,«gi,r le friiieHe.« (Verzeihen Sic, ich habe nicht Zeit,
gewiß dem Stande am nothwcndigstcn, der den hohen Be ich gehe Frittcllen zu essen). Der Diener des Hauses, mit
ruf hat, Lehrer der Menschheit zu scyn. Es wäre selbst meinen Kleidern eintretend, macht es noch ärger; er läuft
gewissenlos zu wähnen , wenig liege daran , ob der davon, ohne mir nur Rede zu stehen, durch die Zähne
Geistliche auch aufgeklärt sey in solchem menschlichen Wis murmelnd: „<1 ?ri»elle denkte»«!"
sen, wenn er nur ohne weiteres Forschen glaube, was er Höchst neugierig, was die Lorbecrhütten und die Frit
glauben solle. Den» mit blutiger Schrift, überall und in tcllen, welche ich zum ersten Mal nennen höre, sagen wol
allen Zeiten, hat die Geschichte aufgezeichnet, daß Verach len, nehme ich eilig Mein Frühstück ein, kleide mich noch
tung der Aufklärung suchenden Vernunft, ihre Verbannung eiliger an und verlasse meine Wohnung, um mich mit
beym Glauben, ist dieser gleich an sich nur Sache des in eigenen Augen von der Bedeutung bcyder zu unterrichten.
nersten Gefühles, immer das Heil der Menschheit zer Aus Aller Munde höre ich das Wort „Frittelle" erschal
störte, und daß solche Trennung der bcvden höchsten See le»; vergebens suche ich bep den Lauben durchzudringen,
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um zu sehen, was auf dem Feuer raucht und knistert, welche lezrere geleistet, erster« aber nicht empfangen zu
denn das Volk steht zehn und mehr Mann hoch und gafft haben behauptet. Bon den Worten kömmt es zum Schim
mit langem Halse in die Pfannen. Da es mir auf dem pfen, von diefcm zu Schlägen, und von diesen zum Mes
trojanischen Säulenplahe nicht gelingen will meine Neu: ser; der Brater versezt dem Kunden, zum Beweise, daß
qierde zu befriedigen, so gehe ich weiter. Allenthalben er nicht bezahlt hat, einen Stich ins Antlitz. Alles flieht,
dieselben Hütten, dieselben Kohlenfcucr, dasselbe Getüm ich hinterdrein; die Carabiner kommen, arretiren den
mel. Auf dem Corso haben erster? ein noch grandioseres Brater, und der Verwundete wird ins nahgelegene Ja-
Ansehen; ich glaube mich in einen wirklichen Lorbeerwald kobshosxital gebracht. Mir vergeht der Appetit zu den
versezt. Da steht eine schöne Mtnentin *), eine ungeheure Frittelle».
Düte mit Gebackenem in der Hand, von dem sie mit dem Ich stelle mich auf den Sciarraxlatz und sehe dem Wesen
besten Appetite ißt. Ich trete niher, sehe ihr neugierig von Weitem zu. Herr und Knecht, Weib nnd Kind, Magd und
zu und frage alsdann höflich: „Schöne Schwester, was Bieh , denn wirklich sind die Römer so große Liebhaber
eßt Ihr da?" Im Vorbevgehen melde ich, daß cö Stnl von den Hunden, daß auch diese ihren Theil bekommen,
unter dem hiesigen Volke ist, sich gegenseitig wie die nach- eilen herbev und kaufen Frittellen. Das Pettelvolk steht
stcn Anverwandten zu behaut ln, und daß es Jedermann von Ferne mit zitternden Lippen , und den Birbaccionen,
gern sieht, auch von den Fremden so behandelt z» werden. welche den Frittellenbrater nicht aus den Augen lassen,
Sie blickt mich fast höhnisch an und sagt : „Woher seyd aber bep der geringsten Annäherung von damicn gejagt
Ihr, mein Sohn, daß Ihr die Frittellen nicht kennt?« werden, fließt der Mund nicht etwa vom Oel der Frit
End! ch wiederfährt mir also das Heil , wenigstens durch tellen, welche sie nicht zu stehlen vermögen, sondern von
das Gesicht belehrt zu werden,. was Frittcllen sind. Da Stachclrcden über. Sie erzählen ehrenrührige Geschich
sie sehr appetitlich aussehen und »och besser riechen, ten von Frtttcllen aus Mehl, mit Kreide oder Kalk ver
so kommt mir das Wasser in den Mund. Aber bcy der sezt, und in Hunde- oder Katzenfett gebraten.
Pude ist kein Durchkommen ; einige liegen sich hier schon Ein Anderer, hungriger, aber auch beherzter als die
in den Haaren , und der Frittellenbrater sieht sich nach übrigen, übt das Kunststückcheu, von welchem meine Lefer
den Caradinern (Tensdarmen) um. Mein Gelüste wichst, weiter oben an mir selbst eine Probe gesehen babcn , an
da fühlt die schone Minentin Mitleid mir mir und fragt: einem riesenhafte« , bärtigen Grenadier aus. Dieser
,,iVe xv/,ke?" Ich nicke, ohne ein Wort zu sagen, regle: aber springt hinter ihm drein, erhascht ihn und schlägt
n'g mit dem Kopfe. Sie fährt mit allen fünf, von Oel ihn mit einem einzigen Schlage dergestalt zu Boden,
tricftnden Fingern in die Düte, langt eine Frittelle her-, daß 'dem Birbaccionen das Blut aus Nase und Mnnd
vor und reicht sie mir dar, sprechend: „Vene,«!" Ich sprüzt. Das Volk stürzt herbe», nimmt die PartKev des
greife zu und fahre damit nach dem Munde. Doch war Birbaccionen, und lacht den Grenadier, welcher Mühe
es mir vom Schicksale nicht bestimmt, daß ich diese ge- hat, am nächsten Brunnen die Blutflecken ans dcni weiß-
beuedeyte Frittelle essen sollte; denn als ich sie eben woll'nen Bcinkleide zu waschen , noch obendrein aus.
in den Mund stecken will, stößt mir einer der um Der Birbaccione steht von der <?rdc auf, wischt sich
stehenden Birbaccionen , welcher bis dahin mit isticren mit dem Kaniisolärinel das Blut vom Barte und stellt sich
Blicken, zitternden Lippen und schlotternden Beinen in die an die Ecke des Sciarraplahes , wo er gemächlich die Frit
Düte gesehen hatte, sich stellend, als werde er selbst ge- telle ausißt, welche er während seiner Niederlage, gleich
stoßen, die Frittelle aus der Hand, rafft sie blilzschncll den Kriegern, welche selbst im Fallen die Falmc nicht
von der Erde auf und läuft lachend davon. Alles lacht, fahren lassen, sorgfältig in der Hand aufbewahrt hat.
selbst die Minentin , ich aber gebe beschämt von bannen. ^ (Die Fortsetzung folgt.)
Je weiter ich den Corso hinunter gehe, desto ge
schmückter werden die Lauben , und desto eleganter die
von Kopf bis zu Friß in die feinste , blendend weiße Lein Korrespondenz-Nachrichten.
wand gekleideten Frittellenbrater. Mein Appetit steigt, Pari«.
da gewahre ich eine Laube, wo das Gedränge minder hcf- (Fortseyunq)
tig zu sevn scheint; ich trete hinzu und fordere ein Kalbes Scril>cs zwevtt« Vandcvillc : „die Patli» ist ein kleine?
Dutzend Frittellen. Schon hat der Brater das Papier unbedeutcndeK Stück, das gewiß seinen Ruf nicht im gering-
ergriffen, um sie darauf zu legen, als sich zwischen ibm stcn vcrmel'r.n wird. Aber ScribeS wic «»derer fran^dnschcr
und einem der Kunden Streit über die Bezahlung erhebt. Tveaterdichrcr Wunsch ist immer, auf dem ?Kr«>,r »»„(.»>»
der eigentlichen Nationoll'üline, einen baiicrl'gfte» R»l m ein:
zuerndtcn ; l>i?>,er war il»n diesi nicht geglückt . »nd die Thea?
Minenten und Minentlnnen (Linin««t) sind bis PeritS- terkritiker halten tlm mel'rmalS zu de» VaudeviUedütmen
maitreZ ve,)derley KeschlechtS uuter dem untersten rbmische»Pc>del. zurückgewiesen , da sei» Talent nur sür sie passe. Den
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noch hat Scribe einen neuen Versuch gewagt, und nach lan lich wen» in«, das viele Geschmiere bey der jetzigen Kunstaus
ge» Vorbereitungen ist denn endlich ein großes Lustspiel in stellung sieht, so geht man nüt der festen Ucberzeugung da
fünf Aufzügen von ihm unter dem Titel: ^dic Geldheirat!?," von, daß unter de» Künstlern zwar viele bernfen, aber we
von den Schauspielern des "rke«>r« 5r»n^»i5 bey ganz vollem nige anserwählt sind , u»d daß Zwevbritthcile derjenigen,
Hause aufgeführt worden. Man wußte im Voraus, baß er der welche Gemälde ausgestellt haben , nnmöglich von ihrer K.inst
Verfasser sey , und man niav begierig zu erfahren, ob er denn allein sich ernähren können, es müßte denn swn, daß sich
endlich auch in großer« dramatischen Dichtungen eben so aus das Publikum leicht befriedigen ließe, was doch auch wieder
gezeichnete Fähigkeiten au de» Tag legen wü,de, wie er nicht wahrscheinlich ist ; den» warum ständen sonst in den Ta-
in seinen klcinern Dichtungen täglich thur. Die Geldheirat!) gesblattcru so manche Epbttcreycn über die vielen mittelnräs-
soll ein Sittengemälde scyn. wie deren in der leztern Zeit meh sigcn Kunstwerke?
rere von Picard, Eoscmir, Bonjour u. a. gegeben worden (Die Fortsetzung folgt.)
sind. Sende hat drcu ehemalige Jliqendfreunde dargestellt,
wovon der eine ein Buikier , der andere ein Oberst , und der Edinburgh, am Neujahrstage.
dritte ein Künstler geworden ist. Der Bankier ist ein ziemlich
plumper, geldgieriger Mann, der Oberst ein niedc''trächtigcr Der lczte und der erste Tag im Jahre ist in allen Län
Verschwender, «nd der Künstler ist der eigentliche Held deS dern der Freude geweiht; wer nur irgend kann, wirst für diese
Stückes. Man hat eS dein Dichter sehr übel genommen , daß zwcumal vicr:und:;wanzig Stunden die Sorgen und Bürden
er dem Bankier Gesinnungen und Ausdrücke in den Mund legt, deS Lebens ab. Vielleicht zeigen sich die verschiedenen Sci'Ot-
wie sie. allerdings wohl bcu einem Bankier vernommen werden tirungcn deS Klima« und Bolkscharakrers nie deutlicher, als
könne», die aber doch in der jeyigcn Zeit bey diesem Stande in der Art, wie die Fröhlichkeit sich bey ähnliche» cdn glemicn
in Paris nicht gewöhnlich sind. Dicß muß eine Rückerinuc- Veranlassungen ausspricht.
ruug an die 'alte Zeit sepn , da die sogenannten Fmanciers Der frohe Italiener untcr seinem schönen.Himmel braucht
oder gcldumwülilcndcn Leute der unerträglichste, kalt/innig zu seinem Feste der Bevbülfc der Kunst fast gar nicht; seine
ste und gröbste Stand in Frankreich waren. Allein heut Flure» bieten ihm eine Fülle der herrlichsten Blumen ; üvorall
zutage legen die sogenannten Industriellen , also auch die lustiges Getümmel und Massen, Musik von allen Seiten,
Hgndelslente und Bankiers, in dieser Hauptstadt so edle Ge lantc Freude ebne Trunkenheit. Der Franzose muß schon die
sinnungen au den Tag , «nd bringen der Beförderung der Hu Kunst zu Hülse nehmen, und wer einen Ncujabrcibcnd im
manität so große Opfer, daß das Gegentheil dieses Betragens strahlenden Palais roual zubringt , uno am NeujaKrstage die
nur als eine Ausnalune von der Regel bemerkt wird. Nu» ist Franzoscn mit ihren Ktrenve» mnkerrcnnen sieht, erhält ein
aber das Darstellen eines von der Regel abweichenden Cha lebhaftes Bild des Natirnalcharakters ; und weichem Deutschen
rakters ans der Bül'ne meistens ei» Fehler. Reben dem gibt nicht noch im späten Atter daS Andenke», an den präcm
plumpe» Finanzmann bat Scribe den »och gehässiger» Oberst tigc» Weihnachtsbaum mit seinen Heiperidenäpfeln ein frobcs
gestellt , der vor zcln Jabre» , a>S die Franzosen nec» ganz Gefühl? — I» Snnland wird, wie in Deutschland, dieWcil«
ideale Begriffe vom Militärstande battcn . und reo ei» Krieger naci,s« zeit mit acwisscn Spiele», besonders Verkleidungen und
nur stets als ein Ausbund aller Tugenden auf der Bülnie ge, ähnlichen Belustigungen für Kinder «nd Erwacyicnc. Iiinac-
schildert wurde , schwerlich mit Rulic und Gleichmut!, würde bracht , wozu noch das Essen besonders für diese Zeit bestimm
rom Publikum aufgenommen worden scyn. Von jenen über ter Küche» :c. kommt ; die Hänser werden, mit Stechpalme»
spannten Begriffen ist man nun frculich zurückgekommen ; in-- und der bedeutungsvollen Mistel geschmückt; docn von jenen
dessen beleidigt es noch immer das Naticnalgcfül'l . wenn auf freundlichen Spende» , die bev nnS allen Mitgliedern des Hau
dem Theater ei» Officier als ein der Nicdcrträchiiakcit über ses . wäre es auch nur als ein kleines Zeichen des Wohlwollens
wiesener Mensch dargestellt wird. Es war ein kühnes Wag einen heitern Augenblick gewähren, ist dort nur selten die
stück von Scribe, daß er diesen Charakter in das Stück brach Rede. In Schottland, wo der strenge kalvinistische Glaube das
te; frculich hat er denselben mir vieler Kunstfertigkeit ange Weihnachtsfcst, ans Furcht vor einer Hinneigung zu dem ver
legt, und er hat all scin Talent anwenden müsse», um ili, haßten Katholicisinus, nicht als Kirchcufcst zu fcpei'N erlaubt,
nicht allzu gehäßig zu machen; dennoch ist den französischen erscheint der Weihnachtstag in nichts verschieden von jedem an:
Zuschauern ein . unangenehmer Eindruck von dieser Person ge dcrn Tage ; allein der Ncujahrstcig ist hier in Edinburgh , so
blieben, worüber sich denn auch alle Theaterkritiker auslassen. sagte man uns, der Tag der öffentlichen Fröhlichkeit, und wir
Das, der Künstler ein ganz vollkoimncncr Mann ist . der immer erwarteten ungeduldig den Ausbruch derselbe» , um so mehr .
edel denkt und edel handelt , ist eine Idee , die jczt auf dem da hier niemais etwas von dem , was mau m andern Län
Tbcatcr oft wiederkehrt , und iie auch manchem RoHane «ir dern Volksfeste nennen kann, zu sehen ist,
Grundlage dient. Allerdings sollte die Kunst das Gemürh (Der Beschluß folgt.)
adeln und erbeben, bcv ächten Künstlern mag das auch der
Fall sev», jedoch beweist die Erfahrung, daß die Pflege der
Kunst nicnt immer über kleinliche Gel^nungen und nnrhrbare
Leidenschaften hinauSsczt. Denn wen» die» der Fall wäre, Berichtigung.
worum träfe man unter den Künstlern so viel Neid, Eifersucht, In Nr. Z. des Morgenblattes, Korrespondenz Berlin,
Herabsetzung fremden Verdienstes, und zuweilen so viel Un Zeile 16 von oben, steht: Darius mit seinem modernen Ge
ordnung im sittlichen Betragen an? Es mag jedoch sein Gutes müts, , seiner Liebe zur Nation, lies: zur Statira;
haben, dem Publikum den Künstler nur von der schonen Seite ferner: Nr. Z0. Seite 77, Spalte 2, sind die zwey ersten
darzustellen, damit es Neigung für ihn und die Kuust gewinne. Linien zu lesen: ist es ein Weib, das zur stillen Wohnung un
Giebt eS ja doch so mancve Leute, welche noch nicht begreifen, ter der Erde , zum Aufenthalt in der FinsterniH verurtheilt.
wozu die Kunst taugt; wie mnnaier Familienvater bält es fast
für ein Unglück, wenn scin Sohn die Künstlerbalm betrete»,
oder wenn seine Tochter einen Künstler heirothcn will ? Frep- Beolage: Kunstblatt Nr. 7.

Verlegt von der I. G. Cotta'schcn Buchhandlung.


22.

M o r g e n b l a t t

f ü r

gebildete Stände.

Freytag, 25. Januar 1323.

— Als wenn sie meine wäre,


Stravlet deutswer Weisen Ekre
Frbl'lichkcir in meine» Geist.
Gerne klingen meine Saiten
Ihren Nomen zu verbreiten.
DeniS.

Die vier Norweger. hoch verehrten , in seiner tiefern Bedeutung hervortrat.


Bon Henrich Steffen«. Und welche Männer waren hier versammelt! — der starke
Fichte, der mächtige Schi lling, dessen gewaltiges Ringen
Swevtes Bruchstück. uns anzog, Tieck, die Gebrüder Schlegel ; Novalis er
Adolph Rössing ritt mit einem Freunde, den wir Ju schien als Gast; Schleiermache.', obgleich fern, gehörte
lius nennen wollen, durch den wüste» Grvllenburger Wald dem Kreise zn, und wenn gleich mancher Widerstreit un
zwischen Frevbcrg und Dresden, um noch vor Anbruch der ter s« entschiedenen Naturen sich frühzeitig entwickeln
Nacht Tharand zu erreichen. Sie hatten ziemlich spät mochte, wir kannten ihn nicht, ahneten ihn kaum und er
Frevdcrg verlassen und die breiten sandigen Wege mit den blickten den blühenden Frühling einer neuen geistigen
düster», einförmigen Kiefern störten das Gespräch nicht. Zeit, den wir mit jugendlicher Heftigkeit frohlockend be
,.ES war wohl eine.schöne Zeit," sagte Julius, „die grüßten. Ich spreche frevlich nur von dem enger» Kreise
ich in Jena verlebte. Ich kann ohne freudige Rührung, verbündeter Freunde ; daß in der Masse die leere Rohheit,
ja ohne Begeisterung nicht an sie denken. Ein neues Zeit die mir auf deutschen Universitäten immer zurückstoßend
alter wollte beginnen und regte sich in allen empfänglichen erschien, keineswegs sich verdrängen ließ, versteht sich von
jugendlichen Gemütbern. Wo wir hinsahen, erblickten selbst. Iu diesem Kreise gehörten auch in der Ferne le
wir bedeutende Männer , die hier einen Mittelpunkt des bende Jünglinge, die sich früher unter Fichte gebildet und
wechselseitigen Verständnisses gefunden hatten. Goethe kürzlich die Universität verlassen hatten. Wir versammele
gehörte diesem Kreise zu, und ward als sein Stifter be ten uns gewöhnlich in der Wohnung eines Dichters, des
trachtet. Die bedeutende Stelle, die er bekleidete, wie sen vortreffliche Ucbersetzungen ihm einen Ruf erwarben.
.sie sonst wohl die Jugend entfernt, nicht selten zum Wi Ich hatte das Glück, auch beo Schlegel und bev einem Buch-
derstand reizt, schien uns durch ihn einen hohen Glanz bändler eingeführt zu werden, und in diesen Kreisen Goe
zu erhalten, indem sie ihn auch äußerlich erhob. Es the« gesellig näher zn treten. Ich hörte Tiecks poetische
war für die anmuthigeren Formen des Lebens, für die Werke vortragen , lernte den ätherischen Novalis kennen,
zarteren Verhältnisse der Geselligkeit nicht ohne Einfluß, der Natur und Geschichte wie ein fremder , aber nahe ver
daß ein solcher Mann der Jugend genähert wurde, wenn wandter Gast besuchte, der Grüße und Erinnerungen aus
er auch uur aus der Ferne erschien und an keine nähere der uralten gemeinschaftlichen Hcimath brachte, und dessen
Verbindung zu denken war. Er war dennoch geistig in Sprache, wie seltsame Musik tönend, äußerlich uns wun°
unserer Mitte, indem sein Geist durch Männer, die wir so derbar erklang, eben weil sie die tiefsten Grundröne, daS
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längst Vergessene, Ivos in der Geschichte, in der Natur, Gemälde 5cs römischen VolkScharaktcrS.
in unserer eigenen Kindheit wie ein liebliches Geheimniß
verhüllt lag, plötzlich enthüllte, daß die eröffnete Tiefe (Fortsetzung.)
unseres eignen Däferns uns mit freudigem Schrecken er
griff. Freylich waren Viele in unferm Kreife selbst nicht Ein ältlicher Mann, ärmlich aber reinlich gekleidet,
für eine so mächtige Erscheinung reif. Einige spielten mit aus der Bürgerklasse , mit einer jener glücklichen Physiog
philosophischen Formeln, als wenn es irgend solche gäbe, nomien, welche man im Auslände vorzugsweise römisch
die an sich einen Werth hätten, ja brauchten sie als Zau nennt, steht neben mir und sieht in den Tag hinein, ohne
berformeln , die dem Geistlosen , dem Tobten ein Schein sich eben um die Frittellen zu bekümmern. Dicß macht
leben ertheilen sollten ; Andere tändelten mit künstlichen mir Hoffnung, von ihm die Ausschlüsse über daö Fest zu
Versmaßen, daß der Klang der Worte aus der Ferne an ei erhalten, welche ich bisher vergeblich gesucht habe. Ich
nen tiefen Geist mahnte, der, wenn wir näher traten, ent suche ihm Rede abzugewinnen und bitte ihn mir zn er
wichen war; nicht Wenige ergözten sich an den Kämpfen klären, was das Frittellencssen , besonders aber, was daö
und glaubten schon das Höchste ergriffen zu haben, wenn sie Bild auf den Tischen der Brater, welches ich von Einigen
auf das Gemeine schimpften. Vor Allem schlich sich aber ein kijsscn sah , zu bedeuten habe ? Er sagt mir , lezteres sey
höchst gefährliches geistiges Naschen , ein willenloses Drän das Bild des heiligen Joseph, Gemahls der Mutter Ma
gen, eine jeden höhern, tüchtigen Keim tödtcnde Redse ria (wobey er das Haupt entblößt) und diejenigen, wel
ligkeit ein, erhabene Träume, deren gaukelnder Wechsel che es küßten, solche Perfonen, welche feinen Namen
uns entzückte. Aber dennoch war die starke, mannhafte, führten und folglich heute, als am Sankt Josephsfeste,
nur in bestimmter That glückliche deutsche Natur in Vie ihren Namenstag feycrten ; es fey ein uralter Gebrauch,
len mächtig, daß ein Jeder suchte in einer festen, eigen- an diesem Tage Frittellen zu essen. Auf offener Gasse,
thümlichen Richtung Meister zu werden. Ich glaube fezt er hinzu , müßten sie , der Fasten wegen , in Oel ge
zwar, daß Novalis phantastische Ansicht der nächtlichen backen werden ; in den Häufern hielten es die Weltkinder
Beschäftigung der Bergleute keinen geringen Einfluß auf damit wie sie wollten; die Andächtigen äßen sie jedoch
meinen Entschluß, das Bergfach zu wühlen, gehabt hat; auch hier nur dann, wenn ihnen ihrer Gesundheit wegen die
aber der ursprüngliche praktische Sinn , der gern mit Fleischspeisen erlaubt wären, mit Schmalz zubereitet;
Schwierigkeiten ringt und sie überwindet, war es doch übrigens Kauere das Frittcllcnesscn, obgleich nicht in dem
eigentlich, der mir dieses Fach auch früher schon ange selben Maße, bis zum weißen Sonntage. Da er zugleich
nehm machte und alle dichterischen und philosophischen bemerkt, daß auf dem Platze, wo wir stehen, die beste»
Träume und Lehren schienen mir dann am bedeutsam gebacken würden, so lade ich ihn ein, mit mir in die
sten, wenn ich ein ganz bestimmtes endliches Ziel mit l'rkttori« g'^rmei:«» zu gehen und dort ein halbes Duz-
aller Anstrengung zu erreichen strebte, wenn ich Gebirge zend mit mir zu essen. Cr lehnt es ab, bittet mich
untersuchte und ihren geheimen Bau enträthselt hatte, aber, ihm statt dessen eine Kleinigkeit in baarcm Gelde zu
wenn ich Steine zerlegte. Auch das Fremdartigste schoß wie geben, *) wofür er ein Pfund Fleisch kaufen und sich eine
Krystalle an Kiefen unscheinbaren Faden an , und nur von Suppe kochen wolle , welche er lange nicht gegessen. Ich
einem festen, sinnlichen, mühsam erworbenen Punkt ver willfahre seiner Bitte, er geht zum Metzger und ich in
mochte ich ohne Schwindel in die seltsame Welt hineinzu die Trattoria, wo ich mir einige Frittellen holen lasse,
schauen , die sich vor meinen Augen enthüllte. Ich erin welche mir recht wohl schmecken.
nere mich gern an diese fröhliche Zeit, die auch noch heute Da mir der Alte gesagt hat, daß das Frittellenfcst
mein einsames Streben veredelt ; jezt aber rede ich da besonders im Viertel jenseits der Tiber, wo man über
von, weil ich dich, lieber Rössing, auffordern möchte, haupt noch mit mehr Neligiösitüt an alten Gebräuchen
mir die Geschichte deines innern Lebens mitzutheilcn. hängt, als im übrigen Rom, gefcvert werde, so mache
Die Gegend um uns herum ist reizlos, aber bequem ; die ich mich dorthin auf de» Weg. Allenthalben erblicke ich
Pferde scheinen den langsamen Gang zu lieben, und in denselben Appetit, dieselbe Freude, denselben Tumult ;
Frevbcrg war so Vieles zu sehen, so manche Hütte und sogar die Carabiner vergessen , im Anschauen und Genüsse
Grube zu besuchen, und eine lärmende Umgebung so we der Frittellen begriffen, hin und wieder ihren Dienst zu
nig zu entfernen, daß eine Minheilung der Art nicht versehe». Auf dem Custatiusplatze steht die berühmteste
möglich war. Wie tief geistig bewegt erschienst du mir
in Halle, in der Mitte ähnlich gestimmter Freunde, als
«) Wir erinnern die Leser an den Aussatz „die römischen
sich auch hier ein Kreis von Lehrern und Zuhörern gebildet Bettler,« im Sept. 1827 deS MorgenblattS , der diese« sons
hatte, der mich freudig an jenen frühcrn erinnerte.« derbare Begehre» erklärlich macht.
(Die Fortsetzung folgt.) D. Red.
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aller Frittellenhütte» von ganz Rom, nicht etwa weil sie So wenig irgend ein großer deutscher Dom, den
hier besser, reinlicher oder geschwinder zubereitet werden, Straßburger Münster nicht ausgenommen, zur Vollen
im Gegentheil geht alles schlechter, schmutziger und lang- dung des ihm zu Grunde gelegten Planes gebracht wor
sanier zu, sondern weil dort die sogenannten Sonetten- den ist, so wenig ist die Idee des Mittelalters, von wel
frittellcn «erkauft werden. Ueber der Bude sind nämlich cher mebr gefaselt als nachgewiesen wird, irgendwo und
an hohen Stangen drey Sonette zum Lobe der Frittellen, wie völlig realisirr zu treffen. Wie jene Dome nur im
mit ellenhohen Buchstaben geschrieben , aufgehangen ; eins Geiste ihrer ursprünglichen Baumeister, so hat das ganze
besagt, Alerander der Große sey mit einer Zrittelle ver Mittelalter seiner Idee nach höchstens in dem Geiste we
giftet morden, und dos andere, den Tod der Klcopatra niger ausgezeichneter Helden, Priester und Sänger dessel
durch eine Viper für eine Unwahrheit erklärend, behaup ben wirkliches Leben gewonnen. Ehe dasselbe sich zu et»
tet, sie sey an einer Unverdaulichkeit, von zu viel genosse nein erhabenen, der Ewigkeit trotzenden Organismus ge
nen Frittellen herrührend, gestorben und habe sich hernach stalten konnte , hatten sich schon unzahlige Schwalbenne
nur zum Scheine die Natter an den Busen gesezt, um ster von allerley Haus- und Privotkapellen an Pfeiler und
nicht in den Augen der Nachwelt für eine Frcsserin zu Fenster geklebt, und stahlen dem Ganzen Licht und Luft.
gelte».
(Der Beschluß folgt.) Männer wie Lucia» und Horaz , Voltaire und Wie
land werden und wirken, wenn gleich wider Absicht und
Willen, überall unmoralisch, wo sie Sünden und Laste«
als bloße Thorheiten darstellen und lächerlich machen.
Gaben des Augenblicks.
Denn indem sie einerseits durch dieses Verfahren allen
Bon vr W. B. M ö n n i ch. Begriff, ja das Vorhandensevn von Sünde und Laster in
Jean Pauls Seele schwamm fast immer in einem äthe Vergessenheit bringen , fordern sie anderseits ebendadnrch
rischen Rostnmeer poetischer Gefühle, Vorstellungen und den Verstand der Schlechten nur dazu auf, in Zukunft
Wonnen , und nur um auszuruhen , landete sie zuweilen mit mehr Bedacht und Vorsicht, mit mehr Feinheit und
svföen iVHevoen Inseln menschlich-schöner Verhältnisse, Geschmack zu sündigen.
ober auf den Sandbänken der widerwärtigen und hassens-
würdigen, in denen er das Leben seiner biographischen Die meisten Werke über Kirche und Staat, welche
Menschen sich entwickeln und verlaufen läßt. Nur wessen die nene Zeit hat entstehen sehen, verbinden weit selte
Seele mit der seinigen in jenem Meere zu schwimmen ner Tiefe mit ihrer Dunkelheit , als Seichtigkeit mit ih
und dessen liedanspülende Wellen zu empfinden vermag, rer Klarheit.
wird in des Verklärten Biographien nicht vermissen, was
man »ollendete Form nennt.
i> Korrespondenz-Nachrichten.
Als man in Frankreich die Freyheit xroklamirte, hob Edinburgh, am Neujahrstage.
man sie auch schon wieder durch die Gleichheit auf, die (Beschloß.)
man ihr bevgesellte. Denn die Gleichheit muß, wenn sie
nicht ausdrücklich blos auf die vor dem Gesetz beschränkt, Der ?, l . Dec. verging ungefähr so wie fast alle andern Tage,
wenig Unterschied war in den Kauftnannsläde» zu bemerken, aus
sondern von einer erhizten Phantasie auf Stand, Vermö genommen die der Jruchthändlcr und Zuckerbäcker, die, so wie
gen, Persönlichkeit ausgedehnt wird, nothwendig die un die Buden der Hdckerweiber auf dem öffentlichen Markte, hin
naturliche, lieblose Mutter der Knechtschaft werden. Das und wieder mit den grünen Zweigen der Stechpalme und Epheu-
wußte Napoleon wohl, der die Formel „Freyheit und ranken geschmückt waren. Gegen zehn Ul'r Abends fingen die
Straßen , besonder« in der Altstadt (die Neustabt ist bcv wci«
Gleichheit^ so lange brauchte , bis er den reellen Werth tcm dem größer,, Thcile nach von den hoher» und mittler«
der ersteren für sich behielt und das Trugbild dieser dem Ständen und von wohlhabenden Krämern und Handwerkern
Volk in der Gestalt militärischen Gehorsams überließ. bewohnt) an sich mit Leuten au« den Niedern Dolksklasscn z«
fülle»; einige Branntwciiiflaschen 'wurden hier und da ficht
bar, doch blieb alle« ziemlich rnbig bis »,» Mitternacht ; mit dein
Mit der in nnsern historischen Romanen überhand Schlage zwölf Ulir brach aber nun auf einmal ein Geschrc« oder
nehmenden Naturmalerey der Gegenden, Zeiten und vielmehr Gebrülle und ein Getümmel aus, von dem man Zeuge
Sitten sinke» die Hand elndcn Personen , welche sich durch gewesen sev» muß, um sich einen Begriff davon zu mattien.
Alle stürzte» wild auf einander los . umarmten sich unter Neu:
Geist und Charakter auszeichnen sollten, immer mehr zu jahrswünschc» , und boten sich Käse . Brod und Branntwein
Staffageffguren herab. an. Jedermann, der fich um diese Stunde zu Fuß in dcr Straße
zeigt, läuft Gefahr fich angefallen und gezwungen zu sehen.
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den Lastträncrn nnb Straßenfegern ans ihrer Branntwelnfla, ken trösten, baß keiner der Zezt lebenden französische« Dich
sche Bescheid z» tliun. Bian sagte uns, es sey sogar geschehen, ter gefälligere Vaudcvilles dichtet als er, und daß zu keiner
dag man Dame» in ihren Sanften angehalten und sie gezwun Zeit der französischen Dramatik solche Stücke je größer« Bcy
gen habe, sich diesen Neujahrsbegrüßungen zu unterwerfen; fall gehabt haben als die seinigen. Man räth ihm daher auch
das wilde Toben , welches unserem Gefühle »ach durchaus nicht in .den Zeitschriften an , bey den Vaudevilles zu bleibe« und
die geringste Aehnlichkcit mit einer Aeußerung der Fröhlich sich nur an dieses Fach zu halten. Allein Scribe befindet sich
keit hatte, dauerte so einige Stunden fort, bis endlich viele in seiner vollen Mannskraft ; vielleicht gelingt einem so geistrei
erschöpft, und noch mehrere vom Branntwein berauscht, sich in chen Manne wie ihm ein neun Versuch besser wie der lezte ;
die Heuser zurückzogen, oder die leztern auch ihren Ransch an Muth fehlt es ihm nicht, eben so wenig als an Thätigkcit, und
auf den Treppen vor den Häusern ausschliefen. Am Neu: da er auf allen Bühnen, wo er seine Kunst versucht hat, Lorbee
jahrSmorgen findet man sie so herumliegen, oder sieht sie in ren cingccrndtet hat, so bringt er es vielleicht doch einmal durch
den Straße» herumtaumeln. Dieser ganze Tag geht noch Beharrlichkeit zu einem vollkommenen Siege auf dem 1°Ke»
ziemlich unruhig dahin, bis an' zweuten Januar Alles wieder tr« l>»n<)«i». Auf der Odconbühne haben zwcy neue Lust
in den gewöhnlichen Gang kommt. In den höhern und Mitt spiele in der lcztcn Zeit Aufsehen erregt. Das eine „l.» vre-
lern Ständen ist die Zeit zwischen Weihnachten und Neujahr, mier« »ff»,re," von Mcrville, soll gegen die Duellsnchr ge
wo die Tribunale und Schulen Ferien haben , der Erholung richtet seyn. Ein junger Offizier bringt seine kranke Mutter
und Belustigung geweiht; doch gehen viele auf das Land, und nach Marseille; im Wirthshause stößt er auf einen Duellan
für die andern besteht das Vergnügen hauptsächlich im Essen ten von Profession, der sich einen Scherz daraus macht, junge
und Trinken. Leute zum Duelliren zu nvthigen und ihre Familie zu ängsti
Seit einem Monate ungefähr ist Signor de Begnis mit gen. Er fängt Händel an , der junge Mann inuß sich schla
einein Theil der italienischen Truppe von dem Londner Theater gen; ein Oheim, der ihn begleitet, und der schon cininal ei
hiev; de Begnis ist ein ausgezeichnet«' Schauspieler, die Pri nem Duellanten eine derbe Lektion gegeben hat , über»i»imt
ma Donna , eine Engländerin , Miß Fanny Aytonn , hat eine feine Stelle, und bringt dein Streitsüchtige» eine tiefe Wunde
angenehme Stimme, ist in Italien gebildet, und hat dort bey. Um diese Personen bat der Dichter einige andere gestellt,
auf mehreren Bühnen mit Bcyfall gesungen; überhaupt ist die etwas Heiterkeit in dicß rrnfle Drama bringen , z. B.
daS Ganze, ungeachtet des sehr mittelmäßigen Orchesters, so einen andern Oheim, der ein Fabrikant ist, die Duelle haßt,
gut , daß man selbst in Italien in den Städten vom zweyten den Streitsüchtigen mit den heftigsten Schmähungen überhäuft,
Range damit zufrieden scyn würde. Allein troy der großen und sich zulezt selbst mit ihm schlagen will ; dann einen neugie
Liebe für die Tonkunst, die fast Jedermann hi/r 'zu besitzen rige», furchtsame» Wirth, der sich über alles Ungemach mit
glaubt ober zu besitzen vorgibt, ist doch das sehr kleine Schau dein Fagotspiele» tröstet, und dem Duelle von weitem aus
spielhaus nur selten gefüllt ; man denke sich hierzu noch , daß bloßer Schaulust zusieht. Ma» hat den Dichter sehr gelobt,
wahrscheinlich von allen Zuschauern, die wenigen Fremden aus daß er die moralische Absicht . das Gehässige de« Duells auf
genommen, Keiner öfters als höchstens zwcy Mal der Vorstel der Bühne zu schildern, so gut erreicht habe ; allein ich zweifle,
lung desselben Stücks bevwohnt. Die Wahrkeit ist, daß man im ob ihm dicß gelungen ist. Allerdings ist der Charakter des
Allgemeinen , den» natürlich gibt es in einer so großen Stadt Streit - und DneUsüchtigen in seiner häßlichen Blöße dargestellt
viele Ausnahmen, Musik weder versteht, noch wirklich als worden ; zu gleicher Zeit wird aber , so oft von dem jnngen
Musik um ihrer selbst willen liebt , obgleich es ohne Aufhören Ofsizier die Rede ist, von der Unvermeiblichkeit einer Genug-
,Mu,iK«l psrli«," und eine Unzahl von Musiklchrcrn gibt. thuung wegen angethancr Unbilde geredet , so daß der Dichter
Bey weitem der größte Theil der Gesellschaft zieht die schotti doch wohl im Grunde überzeugt gewesen scyn muß , ein Duell
schen Gesänge von unharmonische» , schottische» Stimmen ab sn? in ähnliche» Fällen »öthig und nnvermcidlich. Eben so bat
gesungen , den herrlichsten Arien von Mozart und Rossini vor. Merville den Zuschauer auf Unkosten des furchtsamen Gastwir-
Dicß liegt wahrscheinlich nicht darin, daß jene trübscligcn, ein theS belustigen wollen, welcher auf die Frage seiner Frau,
förmigen, unznsammenhängenden Töne ihr Ohr angenehm be was er im Falle einer solche» Beleidigung thun würde , frey-
rühren, sondern kömmt von den Erinnerungen und Jdecnver- niüri'ig antwortet, er würde sich mit ciner Jnjurienklagc a»
bindungen her, welche sich an jene Ballade» knüpfen, nnd ih den Polizcykoinmissär wenden. Man sollte glauben, in einem
nen den eigenthünilichcn Reiz geben, den alle Völker in ihren wohlgeordneten Staate sey dieß auch der einzige rechtliche Weg,
Nationalgesängen finden, so unharmonisch und bedeutungs der einem beleidigten Bürger offen stehe , und jede Selbstrache
los sie auch oft dem Fremden erscheinen möge». sey ein Vergehen wider die Gesetze. Dieß scheint aber nicht
die Gesinnung des Verfassers zu scyn ; denn er läßt nur den
Gastwirt» also antworten, um seine Furchtsamkeit ««„ Mutbe
Paris. des jungen Offiziers gcgenüberzustcllc» , wie Schatten und
(Fortsetzung.) Licht. Anstatt also den Hang znm Duelliren zu bekämpfen, scheint
das neue Stück dazu geeignet zu seyn, die beflchenben Vorur-
Um auf Scribes .Geldheirat!," zurückzukommen, die zu- theile zu befestigen. Nur die Streitsüchtigen kommen in dem
lezt eine Liebesheirath wird , indem der Künstler die Braut Stücke übel weg , diejenigen aber, die sich mir denselben duel-
von dannen führt, welche zuerst der Gegenstand einer Gclospcs lire», die kaltblütigen Duellanten, werden hervorgehoben. Ich
kulation war , so muß ich noch hinzuseye» . daß die erste Auf zweifle, ob dieses Stück das Geringste in den herrschenden Ge
führung manches Murren Veranlagte ; der Dichter nahm also sinnungen über das Duell ändern wird.
flink die Feder zur Hand , strich fleißig ans , besserte hier und (Der Beschluß folgt.)
da , und nun gehen die Darstellungen so leidlich fort ; man ist
aber mehr als zuvor überzeugt, daß Scribe nie ein großes
Lustspiel wird hervorzubringen im Stande sei,», und baß er
darauf Verzicht leisten muß , Picard , Duval und Lavigne den Bey läge: Literaturblatt Nr. 8.
Rang abzulaufen. Je nun, er kann sich mir dem Gcban-

Verlegt von der I. G. Cotta 'scher, Buchhandlung.


23.

M o r g e n b l a t t

f ü r

gebildete Stände.

Sonnabend, 26. Januar 182 8.

Keine Skr«f> ist cuiigeseyet


Auf de« Nette« Gift ;
Denn er ist ,u aller Zeit
Selbst so voll Gerechtigkeit,
D>iß er glüalich trifft.
Und sich durch stch selbst verleyet.
Fr. V. Loga u.

Lcigh Hunt über Lord Byron. er, sich auf mich zn besinnen, so sehr hatte ich abgenom
Leigh Hunt, in Deutschland weniger als Dichter, men. Er trug ein weites Nankinwamms und weiße Bein
hestomchx aber als radikaler polirischer Schriftsteller be kleider. Mit seinem offenen Hemdkragcn und den Haa
kannt, läßt gegenwärtig in London ein Werk drucken, das ren, die in dünnen Locken auf seinen Hals niederfielen,
den Titel führt: Lord Byron und einige seiner gab er mir ein völlig anderes Bild als der nervigte, kraft
Zeitgenossen. Hunt legte im Jahr t«o9 ein Staats- volle Mann mit dem Lockenkopfe, den ich in England ken
. amt nieder, nm die Zeitschrift »Ke Lx«»iner zu gründen. nen gelernt hatte. Er führte mich hinein und stellte mich
Aber feine allzukräftige Sprache und endlich ein Pasquill einer, jungen Dame vor, die sich in sehr aufgeregtem An
auf den Prinz-Negentcn brachten ihn in das Gefängmß ; stände zn befinden schien. Ihr Gesicht war sehr roth, ihre
hier verfaßte er fein Hauptgedicht, Francesco von Ri- Augen entzündet, und ihre Haare, sie trug sie auch herab
miui. Auf einer Reise durch Italien traf er in Livorno hängend, in großer Unordnung. Es war die Tochter des
Lord Byron, den er schon in England hatte kennen ler- Grafen Ganiba, die Gemahlin desChcvalierGuiccioli. Gleich
neu. Mir Byrons Unterstützung uirternahm er später das darauf kam ihr Bruder, der GrafPietro, gleichfalls in großer
Blatt, ld« Iib«r,I. Sein Urtheil über Bvron in seinem Bewegung, den Arm in der Schlinge, herein. Ich erfuhr,
neuesten Werke ist sehr freymüthig, aber nach den Proben, es habe Streit unter den Bedienten gegeben, der Graf habe
die wir den Lesern mittheilen, wird es ihnen vielleicht Vermitteln wollen und einen Dolchstich erhalten. Er war
scheinen, als ob Neid und Eifersucht einigen Einfluß darauf sehr erzürnt, Madame noch mehr und nicht sehr geneigt,
gehabt hätten, und die Engländer beschuldigen ihn nach den Lord Byrons liebreichen Erklärungen ihr Ohr zu leihen,
Auszügen, die das Weerix Kevie« gibt, eines der schwär der dafür hielt, man solle sich die Sache nicht so sehr zu
zesten Laster, der Undankbarkeit. Herzen nehmen. Der Vorfall war allerdings so ziemlich
Die Erzählung seines ersten Besuchs bey Bvron in beunruhigend, der Stich war zwar nicht tief, aber der
Italien ist in mehr als einer Hinsicht eine der merkwür ihn gegeben hatte, drohte es noch schlimmer zu machen,
digsten des Buchs. und lauerte gerade unter dem Portikus, offenbar in der
« Absicht, über den ersten, der hinausgehen würde, herzu
,.Nach Verfluß von einigen Tagen besuchte ich den fallen. Ich sah /ms dem Fenster und begegnete seinem
edel» Barden, der sich zu Montenegro, wie die Italiener Blick, der gleich dem eines Tiegers funkelte. Der Kerl
sagen, in Vileggiatnra befand. Äaum erkannte ich ihn trug eine rothe Mütze, wie eine Sansculottenmützc, und
wieder, so dick war er geworden, und noch länger brauchte sah so abschreckend, so mager und furchtbar, fo ganz wie

«in Bisewicht aus. Das Haus war förmlich blockirt; Herrn Gemälde des römischen Volkscharakters.
und Diener darin konnten nicht von der Stelle undl wurden
(Beschluß.)
von einem elenden Lakapen in Respekt erhalten. — Ich
weiß nicht, wie lange es so geblieben wäre, hätte nicht Endlich lange ich auf der Sirtusbrücke an und schon
die Stunde geschlagen, wo Byron und seine Freunde ge schallt mir von jenseits der Tiber her ein ungeheurer Tu
wöhnlich ihren Abendspaziergang mgchten. Nun mußte mult entgegen. Je näher ich der cki 8i„«
man der Sache auf irgend eine Weise ein Ende machen. komme, je fürchterlicher klingt es. Die Trasteverincr sind
Byrons Kammerdiener, Fletcher, war nach der Polizey zwar zanksüchtig, aber zu den Messern greifen sie nicht;
gegangen und nicht wieder gekommen. Endlich sezten wir somit schreite ich auf den Tumult los , ohne leztere zu
uns in Marsch, Madame Guiccioli Byron flehentlich fürchten. Auf dem Platze steht ein dichter Haufen , wie
bittend, er möchte hinten bleiben, wir, uns bemühend ein Knaul ineinander verwickelt. Einige lachen. Andere
dem Grafen Pietro vorzukommen, der äußerst erbittert pfeifen gellend auf dem Finger, wieder Andere schreven :
war. Es war dieß ein wunderliches Schanspiel für einen „povereit» , eil» » r,zi«ae !" (die Arme, sie hat Recht)
Mann, der eben aus England kommt; mir war nicht an- eine vierte Parthey ist der entgegcngcsezten Meviiung.
ders zu Muthe, als sev ich in eine Scene aus Udolphos Kaum glaube ich meinen Augen trauen zu dürfen ; denn
Geheimnissen versezt, unter Montoni und seine lärmen was erblicke ich? einen jungen Trasteverincr Minente,
den Gefährten. Alles war neu für mich , Alles trat mir welcher eine große blecherne Schüssel voll Frittellen in den
bizarr, leidenschaftlich entgegen; die Dame, wie sie er- Händen haltend, leztere eine nach verändern wie wüthend
hizt, mit fliegenden Haaren gegen den Scelerato ei einem schönen jungen Weibe an den Kopf schleudert und
ferte, der junge verwundete Graf, wie er Drohungen oabey schreyt: ,,c»r«e.»,, m«uzi, , «ep«, e xvi »oi-i,
ausstieß, der Mörder, wie er mit seinem Stylet unser cke «on m'imxor!, uu r . . Dazwischen falle» sich die
wartete, und um das Gemälde voll zu machen, mein eng Virbaccionen, welche am Boden herumkriechen nnd die Frit
lischer Freund, so ganz verändert, so dick, im Wamms, tellen aufsammeln, in die Haare ; dem jungen Weibe end
wie er sich bemühte, diese Flammen alle mit seinem kalten lich, welches geduldig seinen Rücken preisgibt, um von
Ton, mit einer gewissen wollüstigen Sorglosigkeit zu däm vorne den Säugling an der Brust vor den Frittellen-
pfen. Er hatte indessen ein offenes, mazarinblaues Reit würfen zu schützen, laufen die hellen Thränen über das
kleid angezogen und eine Sammtmütze aufgesezt , und so Gesicht, während sie schreyt: „«»nc« v»Ie , e»»e m»I»-
sah er zwar vornehmer aus , aber so sonderbar als zuvor. cketto ! SuU»I« xer lerr« , soicke «on vuoi, ek'i« Ie v>««»
Es war wirklich eine verdrießliche Geschichte und eine Ver 8>:" Nachdem die Frittellen verworfen sind, tritt der
legenheit für ihn, er wußte ja nicht wie es ablaufen Brater herzu, klopft dem Minente auf die Achsel und
würde; doch hielt er sich wacker. Was mich anlangt, so spricht, die Hand hinhaltend: ,,k>»k«>e«>»; >r««,« b,j«v.
war ich durch die Neuheit des Auftritts so in Anspruch eki." (bezahle mich, drepßig Majocchi.) Ruhig greift jener
genommen, daß ich nicht Aeit hatte, Angst zu bekommen. in die Tasche und bezahlt; mich gewahr werdend, stürzt er
Endlich geht es ans der Thüre, Jeder drängt sich vor, auf Mich ein UNd ruft: „ln>i»,z!aote« , tr»l«IIo, <zu»„»
denn Jeder will den Ruhm haben , der Beherzteste gewe c»r«5i>» ai MI, «PO», . . .« (stellt Such vor, Bruder, mein
sen zu seyn. Aber die Ehre, der Tragödie ein Ende zu elendes Weib da..) Ehe er weiter sprechen kann, thut
machen, war dem Landstreicher vorbehalten; er warf sich die Frau desgleichen und schreit: ,,k°igli« m>«, veck«,« »»
auf eine Bank und beliebte die Hände zu ringen und in PO, <zuel d«j, äi mi« »x«>«, (mein Sohn, sehr einmal,
Thränen zu zerfließen. Die Mütze bedeckte zur Hälfte wie unbarmherzig mein Mann..) Nun unterbricht eines
seine Augen; fein Gesicht war entsetzlich häßlich und ab das andere und Beyde schreven , daß mir Hören und Se
gezehrt, sein Bart lang und fein ganzes Ansehen weit hen vergeht. Von des Mannes Seite verstehe ich so viel:
erbärmlicher, als ein Engländer von einem Bedienten seine Gemahlin («»<»«) habe vorige Fasten von zu vielen
eines solchen Hauses erwartet hätte. Er fuhr fort zu Frittellen das Fieber bekommen (mir siel die Königin
heulen, zu seufzen, sein Unrecht abzubitten, und sczte Klcopatra des Sonetteiifrittellenbraters ein), sey vier
dem Handel die Krone ans, indem er Lord Bvron bat, Monate krank daran gelegen und er habe zwanzig Scudi
ihn zu umarmen. Solch Ucbcrmaß von Herablassung dünkte für Doktor und Apotheker bezahlen müsse». Die Frau
nun dem edcln Lord überflüssig; er verzieh ihm, gab ihm schreyt dazwischen: „KI« il »vi« e«ntr»tl« Si !" (aber
aber zu verstehen, es sey nicht daran zu denken, daß er mein Ehekontrakt!). Der Mann, ohne sich stören zu las
im Dienste bleiben dürfe. Drauf fing der Bursche wieder sen, fährt fort: „Dieses Jahr hat sie ein Kind an der
an zu heulen und ihm die Hände zu küssen." Brust, (der Gattin das Musselintuch vom Busen reißend)
(Der Beschluß folgt.) sehen Sic!" Die Frau schreyt immerwährend: »I
Mio covlr»«« cki »«,»,:" Der Mann fährt fort: „Ich habe
sie deßhalb gebeten , ja beschworen , dieß Jahr keine Zrit- Leitung, und wenn auch einige dadurch von ernsthaften,
kellen zu essen." „Kl» U »»» «o»tr»ti» cki :« „Sie Beschäftigungen abgehalten wurden, fo war sein Einfluß
ist aber blind und taub gegen alle meine Vorstellungen und dennoch wohlthätig. Er war Lehrer der Aesthetik bev der
pocht auf ihren Heirathskontrakt.^ Die Frau : , «>, Universitär. Obgleich in den Jahren vorgerückt, schloß
ll mi« coilir.ll« cki welchem ich ihr, toll er sich mit jugendlichem Sinn an die Jugend an, und ,S
genug, jedes Jahr vom Josephs - bis zum zweyten Oster: war ihm Ernst. Du darfst, lieber Julius , um den Grad
tage täglich zwey Dutzend Frittellen habe versprechen müs meiner Ausbildung zu schätzen, nie die Umgebung, in
sen. Nun sehen Sie, um zu beweisen, daß ich sie ihr welcher ich erzogen war, vergessen. Höhere Ansichten
nicht aus Geiz verweigere , habe ich ihr heute, als am er waren mir nie nahe getreten, und alles tiefere Geistige
sten Tage, sechs Dutzend nicht in den Hals, sondern an schwebte wie in einer unbestimmten Traumwelt vor mei
den Kopf geworfen. Die Krau : ,M« , >l »i» eon»«»» ner Seele. Durch einen Lehrer, der zugleich mein Freund
cki »o«« ! Voglio I« MI» cko»io« cki Oittell» , « cki. war, erhielt ich nun den ersten dämmernden Schein; die
(ich will mein Dutzend Frittellen , oder ich lasse Poesie trat zuerst in ihrer tiefer« Bedeutung hervor ; aber
mich scheiden.) Damit läuft sie von bannen, der Mann vor allem erschien mir Lcssing , der uns als das höchste
ihr nach, und der Haufen zerstreut sich, einige dem Manne Muster vorgehalten wurde , als ein unerreichbarer geisti
Recht, andere ihm Unrecht gebend. Von Ferne fehe ich ger Heros. Ich kann jezt kaum noch sagen , was mich so
die Birbaccionen in der Sonne gelagert, die aufgelesenen gewaltsam hinriß; oft zwar war es der Inhalt, seine Ge
Frittellen essend, das bekannte Sprichwort aufführen : ?r. lehrsamkeit, seine Tüchtigkeit und entschiedene Weise, daß
cku« Ii,iz««ti il tttr« zock, (wo sich Zwev zanken, gewinnt er nicht blos studirt, sondern auch gelebt hatte, daß ein
der Dritte). bedeutendes, mamiigfaltigcs äußeres wie inneres Leben
ans seinen Werken unS ansprach; aber öfters war es doch
die bloße Form, die mich hinriß, selbst wo der Gegenstand
Die vier Norweger. k«»m meine Theilnahme erregte. Ich erinnere mich noch,
Bon Henrich Steffen«. wie nicht selten mir eine solche klare Form ohne allen In
halt vorschwebte; irgend einen Gegenstand, ich wußte
(Fortsetzung.) selbst noch nicht welchen, wollte ich mit dieser Klarheit,
„Lieber Julius ,« erwiederte Rössing, „soll ich deiner dieser Rundung behandeln, nnd eine seltsame freudige Sehn
Aufforderung genügen, dann mußt du die Geduld ha sucht, als läge die Gewißheit ihrer Erfüllung in einer na
ben, dick mit mir in eine frühere Zeit zu verfeyen. Als hen Zukunft, ergriff mich. Diefe freve Behandlung, in
ich die Universität in Kopenhagen besuchte, war diese in welcher die Methode sich nicht aufdrang, vielmehr wie
einer traurigen Lage. Ich wüßte in der That nicht mich das Knochengerüste sich hinter die lebendigen Muskeln ver
zu erinnern , daß irgend ein Lehrer, einen jungen Mann barg, erschien mir als das Höchste.
ausgenommen , der frühzeitig starb, mich angezogen hätte. Ich war noch sehr jung, ich lebte still und eingezogen,
Die Träume meiner Kindheit, die sich wunderlich genug meine Eltern waren vermögend , und noch hatte ich mich
zwischen den einsamen Bergen gestaltet hatten, gingen nicht entschlossen, welches Studium ich wählen sollte; aber
nicht in Erfüllung. Als blos äußerliches Werk ward Al die Geschichte, die Dichtkunst, der Mensch beschäftigten mich
les betrieben , und es gab Augenblicke, wo ich mich fragen ganz. In einer solchen Stimmung, von außen und innen
konnte: wozu das Alles? was wollen die Menschen mit mannigfaltig angeregt, während das Leben fortdanernd,
dem Allen, womit sie sich unermüdlich belasten ? Es war wie in dämmernden Nebel gehüllt, ein Gegenstand tiefer,
etwas in mir, was eine bestimmte Antwort geben zu ungewisser Sehnsucht mir vorschwebte, erhielt ich, durch
wollen schien , aber es blieb stumm. Es war die Seit der einen Aufall kann ich sagen, ohne viel davon zu erwarten,
französischen Revolution , die schon fast ausgespielt hatte, aus einer Leihbibliothek Goethe'S Faust. Es mag wunder
aber in Kopenhagen hatte die Gesinnung, in gewissen Krei bar klingen, daß einem Jünglinge, dem cö mit seiner
sen wenigstens, tiefe Wurzeln geschlagen, und ich ward, geistigen Ausbildung tiefer Ernst war, Goethe noch ganz
ich glaube aus geistiger Langerweile, Jakobiner. Da unbekannt war ; aber es war in der Tbat so. Zwar hatte
wurde ich mit einem Mann bekannt, der schon früher der ich von seine», Wcrther reden hören , und wie eine Ueber-
Einzige war, der einen freyen, geistigen Einfluß auf die setzung durch einen höhern Befehl unterdrückt wurde; zwar
Regsamer« ausübte. Seine Ausbildung fiel in eine Zeit, in war mir Goethe als ein bedeutender Geist bekannt, aber
welcher die dramatischen Vorstellungen fast allein der er gehörte nicht zn den Mustern, die uns vorgeholten wur
Dichtkunst eine rationale Bedeutung liehen, und er ergriff den und die uns die eigentliche, gründliche Literatur des
Kiefen Weg mit großer Leidenschaft. Ein Privattheater auf unfern Kreis mächtig einwirkenden Nachbarlandes aus
ohne Frauen verband mehrere Jünglinge unter seiner machten. Englische Dichter, Milton, Pope, standen uns
92
sehr hoch; die französischen, da ich mich an Lessing hielt, lassen , um kein Hindernis bey seinem Emporkommen zu hos
erschienen mir schon geringer." den. Die schwärzesten Thatcn begeht er kaltblütig , weil sie
(Die Fortsetzung folgt.) ilm zun, Zwecke führen ; so beträgt sich nicht ein gewöhnlicher
Weltmann, wohl aber cjzi Niederträchtiger, er mag nun ein
Weltmann seyn oder nicht. Das Stück ist angreifend rüh
rend; beßbalb bat es auch zinnlich gute Aufnahme gefunden.
Korrespondenz: Nachrichten. Der Ancelvl'sche Roman wurde zinnlich häufig gelesen, weil
München. man wußte , daß der Verfasser darin mehrere bekannte Perso
Mit nicht geringem Erstaunen wird hier ein , durch die nen au« der großen Gesellschaft in Paris geschildert hatte.
Nummern 247. 24«. 2«. 250 und 251 Ihrer Blätter vom Den deutschen Baron , welcher eben so anzüglich Beschreibun
vorigen Jahre fortgesezter Aussatz aus München gelesen, der gen von Amerika als skandalöse Anekdoten aus den Opcrn-
in den ersten brey genannten Nummern sich bcynakc anSfchlics- kulisscn in Gesellschaft vorträgt, und der seine Wissenschaft et
send init dem beschäftigt . was im Fache der Baukunst hier ge was zu stark mit Epigrammen würzt, erkannte sogleich jedwe
schieht, in den Nummer» 25» und 251 aber lediglich von dem der, der ihn in einer Gesellschaft reden gehört hatte, weil der
hiesigen Theater und Orchester handelt. Mann berühmt ist. Die andern Porträt« sind nicht so leicht
Wenn Zeirblätter, die ihr kränkliches, und häufig nur zu erkennen. Bald nach Aufführung des Weltmanns gab An
sehr kurzes Daseyn durch jcdeS, wenn auch noch so unrechtli celot noch ein Lustspiel, ..der Wichtigthuende;" dieses Stück
che Mittel zu fristen trachten , sich gerne dazu hergeben , her: erregte aber wenig Aussehen. Auch Merville gab ein neues
abwürdigende Angriffe auf langjährig mit Ruhm bestandnrr Stück: „der Bruder und die Schwester;" es wurde ausge
Anstalten aufzunehmen , und sogar ihre leeren Räume mit pfiffen. Da man jede Nation nach ihrem Geschmacke bedienen
den gröbsten und nicht selten «erläumderischen Persönlich muß, so hatte man neulich in Paris dafür gesorgt, daß die engli
keiten gegen achtunqswcrthc Menschen auszufüllen , so wun schen Jagdlicbhabcr auch einmal einen genußreichen Abend be
dert sich darüber Niemand. Ganz anders aber verhält es kämen. Ein gewisser Bullenbeißer Dan , der bey ihnen be
sich, wenn eine Zeitschrift wie die Ihrige, welcher das Le- rüchtigt seyn soll , und ich weiß nicht welchem Lord oder son
sepiiblikum des gestimmten Deutschlands so wie das Ausland stigen Engländer angehört , sollte gegen einen andern Hund
seit langen Jahren das Zeugniß der vollkommensten Bewährtheit kämpfen. Es war ein Saal in der St. Honorestraße zu dem
und Parrheylosigkeit erthcilt, dazu gemißbraucht wirb, den Kampfe gcmietbet worden , und nach englischer Weise mußte
ungerechtesten und »nerweißlichsten Tadel über berühmte Kunst- für da« Schauspiel beS Kampfes beym Eintritte bezahlt wer
anstaltcn auszusprechen. Solchen enthalten die obcnbczcichne- ben ; vermutlich wurde auch gewettet , denn bekanntlich wet
te» Nummern 25» und 2Z1 des MorgcnblattcS , und diesen tet man in England auf alle Vorfälle , deren Ausgang unge
Tadel wenigstens größtcutheils durch reine , unverfälschte wiß ist, wie man z. B. neulich in London wettete, am Ende
Darlegung der Wahrheit zu entkräften, habe ich mir als Novembers würde kein christlicher Gesandter zu Konflantinoxel
treuer Anhänger Ihres Blattes vorgenommen. sein Haupt mehr auf seinen Schultern tragen. Kurz, die Sxor
Wie herabwürdigend spricht nicht jener Referent von un tinA woi-Iü ober die jagende Welt fand sich zahlreich ein,
serem, noch immer gleich vortrefflichen Hoforchcstcr ? — Wie um zwcy Hunde einander die Ohren zerreißen zu sehen. ES
läßt sich aber da« von einem Spontini noch ganz neuerlich scheint aber, daß die Hunde klüger waren als ihre Herrn und
mündlich und schriftlich so öffentlich ausgesprochene Urtheil: die Schaulustigen, denn sie wollten nicht kämpfen; wenigstens
„dag er vorher gewußt habe, baß München eines der erste» der eine wollte init dem Bullenbeißer nicht anbinden , so sehr
Orchester Europas besitze , daß seine Erwartungen aber , so man ihn auch hezte , weßwegcn auch da« Pariser englische Blatt
hoch sie auch in dieser Beziehung standen, dennoch weit übertref bemerkt, bieXmzteurs «er« greitiz? «tiösxpvinteä Um jedoch
fen worden scyen," mit dein Ausspruche des Referenten: „daß den Kampflustigen einige Entschädigung z« verschaffen, so zog
vom frühern Ruhme dieses Orchesters beynahe nur noch die ei» bekannter englischer Klopffechter, Namciis Lathanc. der
Erinnerung geblieben sey," zusammenreimen? Wie konnte sich in. der Gesellschaft befand, die büffcllcdcrnen Handschuhe
den» aus einem so tief gesmikcncu Orchester auf einmal wie an; cm Amateur trat als Gegner auf, und nun vergnügten
der ein so ganz vortreffliches werde» ? So ein trefflicher Di bcvde die der Freude dcö Hundekampfcs beraubten Zufchauer
rektor Spontini auch ist. so ist er doch kein Zauberer, der Schlech mit einer Klopffechtern), welche, wie eben jenes Blarr ver
tes in ausgezeichnet GutcS umzuwandeln wüßte. sichert, 6«ve L«»er»I »»tiiliclivn.
Ist es die bisherige Direktion unsers Orchesters, die dein Dg.
Referenten so sehr mißfällt , so hätte er diese angreifen . ihre
Mängel gründlich rüge», aber nicht ein ganzes achtungswerthes
'Korps verunglimpfen solle». Auflösung der Cbarabe in Nro. 17:
Ei» durchaus falscher Grundsatz ist es , die Vortrefftichkeit Donau.
eines Orchesters nach der Zahl der dabey befindlichen ausge
zeichneten Solospieler abmesse» zu wollen. Aber wenn dieser
Grundsatz auch nchrig wäre , so wäre er wenigstens auf unser
Orchester nicht anwendbar. Logvgryph.
(Die Fortsetzung folgt.) Du magst von vorne mich, von hinten lesen
So stürm ich nach dem Ziele durch die Bahn ;
Paris. Für'S erste Zeichen nimm ein I, und wer genesen.
(Beschluß.) Wer sich erfreuen will im grünen Plan,
Der „Weltmann," ein Schauspiel von Ancelot und Sains Der sehnt sich nach dem Lenz, dem lieben, warmen,
tine. hat das Eigene, daß Ancelor zugleich der Mitverfasser Hinweg aus meinen frost'gen, weißen Armen.
des Romans dieses Namens und des Schauspiels ist. Der Ti S.
tel ist nicht passend . denn Ancelots Weltmann ist ei» Bdse,
wicht, den der Ehrgeiz verleitet, eine arme Verführte zu ver B e y l a g e : Jntelligenzblatt Nr. z.
Verlegt von der I. G. Eotta'schen Buchhandlung.
M o r g e n b l a t t

f ü r

gebildete Stände.

Montag, 28. Januar i 8 2 8.

— Sic schwell«,,
Sie l'Kpfcn munterer, des breitern Jlussc« WeUen,
Wenn sie durch den Smaragd normanuscher Wiesen ziclm.
Gresset.

Ausflug von Paris in die Normandie im Herbst« nun immer bergab bis zur Barriere, zwischen Schenke»
1827. und Landhäusern hindurch, die auch eine Art von Porstadt
bildeten. Zur Rechten erblickte man in einiger Zerne den
Von Dexping. Lauf des Seineflusseö mit schönen gnincn Ufern, wo hie
(Fonsegung von t>". 9.) und da Fabrikhäuser mit neuen Anlagen standen ; einige
Auf der Rückreise nach Rouen gelangten wir ungefähr hatten große Alleen von Pappeln, die auch wohl zur Kränz,
anderthalb Meilen hinter Yvetor an das Gebirge, das die bezeichnnng der Landgüter dienten. Von Rouen aus ko
Stadt Ronen umgibt. ?ur Linken hatten wir ei» langes mcn uns eine Menge sonderbar gestalteter Wagen entge-
schmales Thal mir Hellem Grasgrunde und schin gebauten gengefahren, die alle voll von Leuten saßen. Diese Wa-
Häusern und Fabriken. Ist man durch Barentin gefah gen, die ich mich erinnerte auf alten .Kupferstichen abgebil
ren , daS auch in einer Tiefe liegt, so hat man eine lange det gesehen zu haben, und die wahrscheinlich die ehemaligen
mit Holz bewachsene Hügelkette zur Linken ; alle Häuser zu allgemein gebrauchten Landkutschen waren, sind sehr lange,
Heyden Seiten der Landstraße haben ein freundliches An: nach unten zu etwas spitz zulaufende Kasten. Oben mttcr
sehen. Die Frachtkarren, die nach Ronen fuhren, wa dem Verdecke sind sie zn bevden Seiten offen, so daß man
ren meistens mit Oelfässern nnd Baumwollensäcken beladen. ans f^der Seite eine Reihe von Köpfen sieht, und fönst
Die Landstraße zieht sich etwas bergab durch den Laval- nichts. Jeder Kasten kann ungefähr zwanzig Perso
letter Wald, der ebemals für die Reisenden wegen der nen fassen. Diese Wagen dienen den Bewohnern der
Räuber sehr gefährlich gewesen sepn soll. Jezt wird die umliegenden Dörfer, um nach Ronen auf den Markt und
Landstraße so häufig befahren , und es gibt im ganzen von da wieder nach Haufe zu fahren. Wahrscheinlich kostet
Lande so viel Gcnsd'armen, daß man in dem Gehölze diese Fahrt nur eine Kleinigkeit, und da in der ganzen
nichts mehr zu befürchten hat. Ucbrigens gewährt das wilde Gegend ein außerordentlicher Gewerbfleiß herrscht, so kön
einsame Ansehen der mit Wald bedeckten Hügel in der nen die Landleute, die aber keine eigentlichen Bauern
Nähe einer so volkreichen Stadt wie Rouen einen überra sind, eine solche Ausgabe leicht bestreiten.
schenden Anblick. Dießmal lernte ich Rouen von seiner schönen Seite
Wir fuhren min noch durch ein Städtchen oder ein kennen. Bev der Barriere beginnt eine breite, mit Bäu
großes Dorf, Namens Maromme, das bcvnake eine Vor men bepflanzte und mit schönen Steinhäusern bcsczre Straße,
stadt vo» Rouen ist. Es ist hübsch gebaut und zwar schö die geradewegs auf den Markt zuführt. Dieser Theil der
ner als ein großer Theil der Stadt Rouen selbst. Es ging Stadt ist neu, die Straßen sind regelmäßig und die Hau
S4
ser wie in Paris. Man baut in diesem Stadtrevier noch und Alles, nicht als ein Einzelnes, Zersplittertes, nur
immer fort. Sonst waren hier überall tiefliegende Ge äußerlich dürftig Jusammcngcscztcs, sondern als ein Gan
müsegärten wie in den Pariser Vorstädten. Man war zes, Lebendiges in seinem Innern zu fassen, zu gestalten,
noch eben damit beschäftigt, die tiefen Gründe mit Srde zu genießen, schwebte mir zuerst mit eigener Klarheit vor.
auszufüllen und den Boden zu ebnen. Um dasselbe Stadt Ich genoß, ich verschlang dieses Werk, ich lernte eS aus
revier ziehen sich bis zur Seine hin die Boulevards, die wendig. Margarctha'S Klage, Faust'S hoher Genuß in
gerade wie zu Paris um die eigentliche Stadt herumge der einsamen Bcrggegend, viele Stellen aus diesem selt
hen , und auf beyden Seiten schöne Alleen von hohen und samen Werke tönten wie eine ferne Musik, brachen in
dunkeln Ulmenbäumcn, und hinter diesen zwev Reihen von stillen Stunden hervor und häuften „der Erde Weh, der
großen Häusern haben. Nur sieht es hier freylich einsa Erde Wohl" auf meine tief bewegte, bis in das Innerste
mer aus wie auf den so belebten Pariser Boulevards. erschütterte Brust. Diese mit einer innern Furcht, ja
Geht man von dem Markte bey der Kathedralkirche vor- mit Grauen gepaarte Lust trug ich allein als stilles Ge-
'bey nach der Seine oder nach der Pariser Landstraße hin, hcimniß; ich erinnere mich nicht, daß ich in dieser ?eit
so gelangt man in den alten Theil der Stadt, wo enge irgend einem Freunde mitgetheilt hätte, was mich bewegte
und krumme Gassen mit erbärmlichen hölzernen Häusern und durchbcbtc ; aber von jezt war Goetbc mir AlleS, er
überall den Anblick verkümmern. Auf dem Kap reißtman ward mein einziger Lehrer, die Ucbrigcn alle traten in
ganze Reihen solcher armseligen Häuser ein , was wahr den Schatten. Ich bin mit einem reichen Bauermädchen
scheinlich der Stadt wenig Kosten verursacht, denn sie in Norwegen erzogen. Frühzeitig bildete sich ein inni
müssen doch wenig werth seyn. Dagegen entsteht ein brei ges Verhältnis?, welches bey der großen Einfachheit und
ter Kay mit großen Steinhäusern , die vorne schöne Kauf Unschuld, die das ganze Leben in den fernen norwegischen
läden haben. Auch in einigen andern Gegenden der Stadt Gebirgen durchdringt, nie von uns als Liebe erkannt
wird fleißig niedergerissen, die Straßen werden breiter wurde. AlleS, waS ich dachte, träumte, ahnte und wünschte,
und die Häufer nicht mehr aus Holz, sondern ganz aus tkcilte das anmuthigc Mädchen, und erst als wir uns
Steiu gebaut. Allein es wird noch lange Zeit vergehen, trennten, erkannten wir, was wir uns waren und Gott
ehe Roucn eine schöne Stadt wird, sie muß sich zuvor bey- lob! noch sind. So bin ich bewahrt geblieben vor allen
nahe ganz umgestalten, und dazu gehört vielleicht ein Jahr Vcrirrnngen, die nur zu sehr das Gemüth vieler Jüng
hundert. Es verschwinden freylich auch einige merkwür linge zerstören. Wie war mir, als ich daS Bild der Liebe
dige Privathäuser, die man nur noch in so alten Städten bey Goethe erkannte! Margaretha, Klärchcn in Egmvnt,
wie Roucn antrifft. waren sie nicht wie meine Else, ganz Hingebung, sich selbst
(Die Fortsetzung folgt.) erst erkennend und entfaltend an dem geliebten Manne?
Jene frevlich wurden in der Blüthc des Lebens plöblich
von gewaltigen Nattiren ergriffen und in ihr Schicksal
furchtbar bineingcrissen, diese aber war still mit mir Ker-
Die vier Norweger. angewachsen. Empfing sie nicht Alles durch mich? erhielt
nicht Jegliches eine Bedeutung für mich erst nachdem ich
Von Henrich Steffen«. es ihr mitgetbcilt hatte ? quoll nicht aus dem kindlichen
(Fortscyling.) Gespräch, aus dem Geben und Empfangen jener frische
„Wie soll ich dir, lieber Freund," fuhr Rössing fort, LebenSsirrm unschuldiger Träume, wie die Vergangenheit
«den Eindruck schildern, den Gocthe's Faust, dieses ge in der Geschichte, in süßer, sich selbst verborgener Hoff
waltige Werk auf mich machte? Es erschien mir wahr nung der Ankunft unendlich reiche Geheimnisse verbergend?
haft riesenhaft. Ich darf nicht behaupten , daß ich es da Egmont ward mir bald fo wichtig wie Faust. Lebt dieser
mals verstanden hatte, und doch sagte mir eine innere nicht in der Fülle, in dem vollen frcven Genuß alles gei
Gewißheit, daß ich eS begriff. Daß hier ganz etwaS An stigen Rcichtbums, und eröffnet mit frevelhafter Kühn
deres mir entgegentrat, als waö ich bis jezt in der Welt heit den unermeßlichen Algrund, der ikn zu verschlingen
kannte , das war mir zuerst klar. Selbst die Sprache, ob droht? er erschien mirals Werther auf einer bechern Stufe.
gleich klar und verständlich, schien mir eine andere; es Ist lencr nicht in die Mitte eines großen Lebens gestellt,
waren mir Töne seltsamer, tiefer, ergreifender Art, wie dessen widerstrebende Elemente immer verworrener, im
aus einer andern Welt. Die unergründliche Tiefe der mer zerstörender sich um ihn her anhäufen ? aber aus dem
Liebe in einer einfachen weiblichen Seele und ihre furcht Chaos diefer Verwirrung treten Egmont und Klärchcn
baren Qualen, das unruhige Streben, verklärt hcrvor. Die fchwcllcnde Knospe der Jamben in
den Monologen, die Kühnheit, vor unfern Augen dir Ge
«der Erde Weh, der Erde Wohl zu tragen," liebten zu verwandeln, die klagenden Freunde ilnen «n

»
Y6
die Seite zu stellen , die sie der bettelbaften Lumpen der chenland zu beschleunigen. Die Geschichte von seiner Be
Erde entkleiden, während sie, Morgenluft witternd, was herztheit zur See und Shellcvs Angst auf einer Ueber-
die Menschen unter Streit und Elend erringen wollten, fahrt nach Sicilien ist geradezu das Gegentheil von dem,
siegreich retten, daß die Särge sich in Brautbetten ver- was hätte geschehen können , wäre die Reise wirklich ge
kehren, das Trauerspiel in ein Lustspiel. Alles hauchte macht worden ; die ganze Geschichte aber ist erdichtet.
mich, wie der Duft eines ewigen Frühlings an. Egmont Drmnngeachtet zog er die Reise znr See vor, wo er sie
schien mir die höhere Stufe von Götz zu seyn. — Ich hatte hätte vermeiden können ; anderseits stieg er nie okne Be
Spinoza durch Jakobi kennen gelernt. Er war der Erste, klemmung in den Wagen ; mit Einem Wort, sei» ^barak-
der mir die Porhallen der Philosophie eröffnete ; er schien tcr war ein wunderliches Gemisch der widersprechendsten
mir das Ewige, Unverwüstliche, was die sehneude Seele Vorzüge und Fehler, die er zn gleichen Hälften von
in der Dichtkunst Hülle verehrte und liebte, besaß und Vater und Mutter geerbt hatte. Bev gewissen Wor
nie erreichen konnte, mit der Wissenschaft Ernst darzustel ten war , um noch einige Eigenheiten von ihm anzufüh
le». Ein Freund und Landsmann hatte in Kiel die neuere ren, seine Aussprache gesucht, er fluchte hin und wieder,
Philosophie nicht durch Lehrer, sondern durch begeisterte und sprach die Northnmberländische Mundart , er konnte
Jünglinge kennen gelernt; er versammelte eine Gesellschaft Freuen nicht essen sehen, und sagte, er habe noch einen
innig verbundener Freunde, und unser gemeinschaftlicher ander» Grund , warum es ihm eben nicht sehr darum zu
Wunsch rvar Deutschland zu besuchen. tbun fev, mit ihnen zu speisen, nämlich weil man ihnen die
(Die Fortsetzung folgt.) Porderstücke vom Geflügel vorlege. — Er hat die Liste der
Whartons und Bukinghams um einen Namen vermehrt,
indessen waren seine Fehler in gewisser Hinsicht vernünf
tiger, an Genie stand er weit über ihnen, und sein Ende
Lci'gh Hunt über Lord Byron. war viel schöner. Von Geburt sonderbar, unker ungün
stigen persönlichen Einflüssen erzogen, durch schlechte Ge
(Beschluß.)
sellschaft verdorben, wie er war, mußte das, selbst sür
Zeigendes ist die flüchtige Skizze , welche Hunt von sein Genie übermäßige Glück, das er als Dichter machte,
Byrons Charakter und Aeußerem entwirft. seinem Charakter vollends eine schiefe Richtung geben.
«Er hatte eine weiße, feine .5and, war aber auch ei Und da er nie unglücklicher gelebt hatte , als zur Zeit wo
tel darauf und suchte sie durch die Ringe, die er trug, be- er scheinbar am glücklichsten war, so konnte ihm nichts ge
merkbar zu machen. Er glaubte, eine schöne Hand sey noch legener komme» und ihm sicherer das gewähren, wonach er
das Einzige, was ^heutzutage einen Mann von Stande immer und überall gestrebt hatte, alS der Tod."
auszeichne; dieß kst aber sicher nicht richtig, so wenig als
diese Eigenschaft den hohen Stand einer Frau bezeichnet,
wenn gleich allerdings eine rauhe Hand von groben For Korrespondenz-Nachrichten.
men auf gemeine Beschäftigung schließen läßt. Er trug
oft ei» Taschentuch, auf dem sich seine weißen Finger und München.
der Glanz seiner Steine wie auf einem alten Portrait (Fortsetzung.)
heraushoben. Auf weiße Wäsche hielt er so viel als ein Nicht minder ungerecht als über unser Orchester läßt sich
Quäker, und den Rest seiner Haare ließ er ängstlich, wie der Referent grdßtentheilZ auch über die drev verschiedenen
ein Sardanaxal nur immer thnn konnte, salben und zu Zweige uiiserer Hofbüt'nc verneymcn.
rechtlegen. Seine Gewohnheiten gaben ihm einen An Wenn wir gleich mit ibm darin gerne übereinstimme»,
strich von weibischem Wesen, selbst auf seinen Reisen in baß Eßlair , Vespcrmann und die Fricß mit Recht als Ko-
rvphäen unscrs Schauspiels genannt werden, so wollen wir
der Levante, denn der Großherr soll ihn für ein verklei dcßwcgcn doch nicht ungerecht gegen andere Mitglieder dieses
detes Frauenzimmer gehalten Ka!cn. Dabev aber fand er Kunstzweiges scn» . welche entweder durch schnelle Entwicklung
Geschmack an männlichen Vergnügungen; er schwamm sehr ihrer Talente , oder durch langjährige , der Anstalt geleistete
nützliche Dienste ein volles Recht auf Anerkennung und Wohl
gerne , und wagte sich oft im Golf von Genua weit hin wolle« de« Vublikums erworben Kaden. Solche Mitglieder
aus ; er ritt auch sehr gut und hatte gerne einen oder sind doch ganz gewiß die Schauspieler Urban , Holsen , Hei
zwev große Hunde um sich. Daß er indessen wahren zet, Stake, Augnsti, Kohrs. Schwadkc :c. , und die Schau
Muth besessen , bezweifle ich sehr ; es kam mir auch im spielerinnen Trainer, Slubenrauch, Stcntzsch (Mnttcr und
mer vor, als ob Angst für seine Person und Furcht vor Tochter) und die mit vielen Anlage» begabte Anfängerin Haqe.
Alle diese sind wenigstens auf einer solchen Stufe der Kunst-
Gefahr bev einer durch Strapatzen geschwächten Konstitu auSbildung , oder lassen , wenn sie ncch in der Periode ihrer
tion vieles dazu bevgetragen habe, seinen Tod in Grie Ausbildung begriffen sind, nach ihren btSH>r gemachte» Fort
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schritt?!! b,",!-,',i.,chst b'i.' Evrcichnng ein« solch«! Ansbildungs- b:grüßre: ^Da haben wir nun auch die S m i tl? son des Ge
stufe erivarrcn . dag man sie «hne Bedenken in dic ReiKe jener säuges. Welch ein glücklicher Verein der Grazie mit dein Ta
Schauspieler stellen darf, deren sich nicht nur keine Bühne zu lent ! Wie die brittische Künstlerin , verdankt Dem. Sontag
schämen hat , sonder« die mit Vergnügen in Heden fremden den ersten Flug ihres hoben Ruhm« dem französischen Ge»
Künstler»««« würden aufgenommen werden, schinacke. (!) Obgleich hschbelobt in Deutschland, würde sie den
l Wo in Deutschland ist denn die Bühne, welche , wen« sie noch nur ein Pfianzcnleben dort gelebt haben, wie jezt die
die ihr zu Gebor stehende» Geldmittel auf die drey verschiede Schechner, vielleicht in der Kunst noch über jene erhaben, ob-
nen Kunstzweige des nzitircuden Schauspiele«, der Oper und schvn an Liebreiz ihr nachstehend, die vor zwey Jahren in
des Ballers zugleich verwenden , dabcy die Regiekosten des Wie» zum ersten Mal auftrat, und nun die Hauptstädte ih
größten und glänzendste« Theaters Deutschlands tragen , »nd res Geburtslands eiue nach der andern bereist. Dem. Son
endlich sich die wohlfeilste» Eintrittspreise, welche gegenwär- tag, besser bnathen, war nach Paris gegangen ; da reihte sie
tig bestehen, gefalle» lasse» muß, dcunoch im Stande sei?» der I our n alis m in die ihr zugchörende Stelle ein, und so
sollte, noch mehr gauz ausgezeichnete, oder wenigstens ihre» erhielt sie ihre jetzige europäische Berühmtheit. Dicßmal trat
Fächern vollkommen gewachsene Individuen für einen einzelne» sie zum ersten Mal auf unserer Bühne in einer Rolle auf.
Kunstzweig anzustellen , als dos hiesige rezitirende Scha«- welche durch herrliche Erinnerungen dein Publikum heilig ge
spiel ohnehin schon hat? worden war und nachher immer nur entweiht wurde; DcS-
Was das auffallende Zurücksey» de« hiesige» Schauspiele« demona war der höchste Ruhm einer große» Schauspielerin,
in den Aufführungen älterer und neuerer Werke gegen andere die zugleich eine sehr geschickte Sängerin ist (der Pasta). Dun.
Bühnen betrifft, so müssen wir aufrichtig gestehen, daß wir Sonrag zeigte sich nicht eben' als große Tragikerin , aber ihr
dieß bey einer Bülme eben nicht bemerken kdnncn , bey welcher Spiel gefällt und rüi'rt durch eine gewisse Einfachheit, Nai-
fast alle Nassischen Werke Schillers, und die meisten der auf velät uub Wahrheit, worin die deutsche Herzlichkeit sich aus
andern Bühnen gangbare» von Goethe, SKakcspeare, Lessing, spricht; ihre sanfte und ruhige G:sichtsbildnng wirb sehr spre
und den besser» und auerkanutern neuern deutsche» dramatische» chend, sobald sie sich belebt; ihre Augen sind schön, und ein
Dichtern stetö auf dem Repertoire erhalten werden. Wenn Deutscher würde sage», ihre festen, durchdringende» Blicke
aber, was wirklich der Fall ist, unsere Bühne sich eben nicht seilen poetisch ; «ber besonders dann, wenn ilire Stimme in« Sanfte
beeilt . alle Zezt erscheinenden Produkte auswärtig« sowohl übergebt , und über dem Gefühle gleichsam dahinstirbt , da
als Kiesiger Dichter unverzüglich zur Darstellung zu bringen, schließen sich die Wimpern der Sängerin zur Hälfte mit einem
welche ihr aufgedrungen werden , so kann man de» Grund eben wollüstigen Schmachten . bey welche!« der sich allinählig verlie
so gut in der wenigen Tbeilnabme suchen , welche das Publi- rende Ton einen wunderbaren Eindruck macht. Durch ihre
Kim vielen solchen bereit« gegebenen Produkten h.rt angedei- jugendliche» Reize geschüzt, und ermuthiqt durch das bestän
Ii>'n lassen . obnerachtet ibncn nicht selten schreibende Posaunen? dige Gelingen ittcr Wagestücke, erlaubt sie sich, ihren Ge
klänge des Lobes von ander» Bühne» h«, wo sie früher geqe- sang mir Fioriturcn auszuschmücken, deren vortreffliche Aus
den wurden , vorangcgangcu waren. Wenn nun der Tadel, führung sogar die strengere Kritik des GcschmackS entwa/mct ;
in den sich der Referent über das hiesige rezitirende Schauspiel eiue solche Koketteric von ihrer Seite möchte man tadeln, «ber
ergossen hat, keineswegs so ganz verdient seyn dürfte^ als mau liebt auch diese. Frcylich sind ve""" tc nicht« schlechte
mancher Leser, der nur eine Patthe» gehört hat, «nf den er Nichter; weil He nicht fiep sprechen können, so lassen
sten glauben mochte, so können wir das, was iu Nr. sie durchschlüpfen. Aber die Zuhörer wurden doch all
SZU ü^er die hiesige Oper gesagt ist. nur für noch ungerech gemein ergriffen bey dem hcrzzerschiicide«den Final de« zwey-
tere Entstellung der Tharsachcn erklären. te» Akt«. Hier war Dem. Sontag ganz 'einfach , ganz wie
(Die Fortsetzung folgt.) die Leidenschaft; mehr als mit alle» vorherigen Kunststücken
entzückte sie da, wo sie vor ihrem Vater auf den Kniceu
Paris, 2«. Januar. liegt, die Hände heftig ringt, und das Wort piot» entschlü
pfen läßt; nachher als sie mit dem Le il p»örs m'»bbai>Z«n«
Seit dem ersten dieses Monats ist Dem. Sontag wieder einfällt . den Vater unerbittlich sieht , und sich mit offenbar««
auf unserer italienischen Bühne aufgetreten. Von den Bedin Schrecke» entfernt, da ist sie das ächte Bild der Verzweifluag ;
gungen ihres jetzigen Engagements und von dessen Dauer ist noch voin lächelnden Gesicht stürzen Thräncn, und gerade so schil
nichts Gewisses bekannt geworden. Dic Hauptmcrkwüvdigkcit, dert Homer dic Andromache bevm Abschied von Hcktor."
dic jcbem auffällt, daß die Künstlerin seit ihrer «rsten Erschei Nach der zweyten Vorstellung wurde die Virtuvsin von
nung in Paris ihr Talent mehr ausgebildet hat. und daß auch ihren Bewunderern noch lebhaft« belobt, weil sie der Arilik
die Jungfrau holdseliger, liebreicher geworden ist, kann zwar Gehör gegeben, und einen Theil der Fioriturcn weggelassen
nickt geläugnet werden , aber offenbar hat die Eifersucht wäh hatte ; zwar wurde auch in diesen ihre außerordentliche Fer
rend ihrer Abwesenheit ihren Himmel zu trüben gesucht; schon tigkeit anerkannt; jedoch ein Wiyling hielt ihr das Bcyspicl
erlaubt sich die Kritik , die vormals als vollkommen verehrte Alexanders des Großen vor, der den Tauscudkünstler unl>c<
Gottheit nunmehr ihren menschlichen Urweiler, zu unterwer lohnt ließ , welcher gelernt batte , Hirseukörner durch cin Na
fen ; der italienische Kmiststol; , die französische Eigenliebe, und delöhr zu werfen. Man gestand sogar zu, daß sie dießmal
ohne Zweifel auch deutscher Frauenneid mögen die Zwischen auch im dritten Akt das Duett als Schauspielerin . und ganz
zeit bcnuzt haben. ohne Anspruch auf daS Verdienst als Sängerin gegeben harre.
Hören wir zuerst, wie «m Tag nach dem Neujahr, wo Auch schien man dicßmal erst entdeckt zu haben, wie sie bey den
sie sich ihren Anbetern zum Angebinde gebracht hatte, das Gtsammtstellcn bisweilen iHre schöne Stimme in prächtig durch:
leichte, luftige Volk der Rccensenten vom zweyten Range sie dringender Fülle vorherrschen zu lassen weiß.
(Der Beschluß folgt.) >
*) Zeitungsnachrichten sagen , daß sie nach Ablauf ihre« En
gagements zu Paris, für das Grosihcrzogl. Hostheater zu Darm-
stadt, mir einem Gehalt von 11,^!)!) fl., engagirt seye. Be plage: Kunstblatt Nr. 8.

Verlegt von der I. G. Corca'scben Buchhandlung.


N°. 25.

M o r g e n b l a t t

für

gebildete Stände.

Dienstag, 29. Januar 182 8.

Wie Feld und A»


So blinke« d im Tbo«:
Wie perleiisanver
Die Pflanzen umher!
Ach aber da,
Wv Licbchcn ich sah.
Wo dlicb die Erde weit und breit
Mit aller ihrer Herrlichkeit!
Goethe.

Gtdlchtc von Gottlieb Zimmermann, Und laßt es wallen durch das grün« Meer
Bald im Schatten, bald i« Licht,
z. Mit leichtem Gang;
Die bezauberte Wiese. Jezt ruhig stch'n,
Wie mein Äuge das frische Grün erquickt. Jezt mit Gesang
Diese Smaragde, die zahllos quellen! Munter und tanzend vorübergeh'n.
Und wie die ganze Wiese, so bunt gestickt Mit jedem Schritte zehnfach hold.
Mit sö dem Blumengold, Ach, und all« die Rubinen,
Und den Blumen , den purpurhellen. Die brennend hellen, und das Gold,
Und den azurnen, so himmlisch hold. Und die Smaragden, die üppig grüne«.
Mir im sonnigen Mergenthau Und die Bäume voll Gesang,
Entgegen blickt! Und die .Lammlein , die Bienen,
Ja, der goldnen Jugend Hoffnungslust Und das Bächlein, das verüberrinnt —
Unter dem himmlischen Blau Mes , alles gewinnt
Hehrt wieder ein iu die strebende Brust. Schönere Farbe, milderes Licht,
Aber fezt an dem grünen Plan Süßeren Klang
Einen sanften Hügel an; Durch die holde Gestalt, durch das liebe Geficht,
Und auf dem Hügel einen blühenden Baum Durch den muntern Gesang!
Und singende Vögel im grünen Raum ;
Laßt ein Büchlein , krvstallenklar.
Durch das wankende Gras, durch die Blumen rinnen, Die vier Norweger.
Einladend zum Stehen, , zum stillen Besinnen;
Laßt Lämmlein grasen an der Hih' Von Henrich Steffen«.
Und Bienchen summen über dem Klee; (Fortsetzimg.)
Sieh', und alles umher.
Die ganze Wiese, schon lieblich «nzuseh'n. „Die Philosophie war es vorzüglich, die mich anzog,"
Wird auf einmal doppelt fchön. fuhr Rössing fort. „Wie sie mir jezt aus der lebendigen
Aber noch mehr! Fülle der Geschichte und der Natur entgegentrat , war sie
Säubert ein weiblich Wesen , ein liebes Äinb mir das Höchste, was der Mensch erreichen konnte, und jezt
Mir in die Wiese hinein. erst wußte ich, warum Faust mir in seinem dämonischen
In der AnmutK magischem Schein,
Mit einem Gesicht, Treiben so riesenhaft erschien. Es war der uralte Mythos,
Das man gleich recht lieb gewinnt; nicht wie er äußerlich, todt, uiiverstanden uns überliefert

ward, vielmehr neu erzeugt, frisch, wic er aus unser« ei kein Wort für mich. Soll ich dir meine Schwäche geste
gensten Leben hervorsprang; nicht blos, was als äußeres hen? und warum nicht? So natürlich es war, daß
Sreigniß die Menschen bewegt, die innere, j« die innerste ein unbedeutender, unbekannter junger Mann ihm völlig
Geschichte des Geistes enthüllt sich in der scheinbaren Ver gleichgültig erscheinen mußte , dennoch schien es mir völ
hüllung. Es gelang mir und einem Freunde, nachdem wir lig unverzeihlich. Also blind ist dieser große Mann doch,
unsere Heimath Norwegen, ich meine Geliebte begrüßt, wie wir übrigen Sterblichen! Wie? dieses durchbohrende
nachdem das unbewußt keimende Liebesverhältniß sich völlig Ange sollte dich nicht unterscheiden können von den jun
bestimmt entfaltet hatte, den alten Wunsch, Deutschland gen Thoren, die den Verfasser von Wcrthcrs Leiden auf
zu bereisen, in Erfüllung gehen zu sehen. Wir wurden suchen , um ein Paar Zeilen für ihr Stammbuch zu erha
noch vor unserer Abreise in ein Sreigniß hineingezogen, schen? Der nordische Stolz regte sich. Du wirst ihn nie
dessen Zusammenhang ich dir in einer andern günstigen sehen; vermagst du doch, was mehr ist als die äußere Er
Stunde mittheilen werde, ein Sreigniß, welches uns mehr scheinung, seinen Geist zu bannen, daß er dir dienen
oder weniger in das Schicksal einer niederländischen Fa muß. Wenn du ihn liebst, verehrst, wenn er dir so viel,
milie verflocht, zwey andere Freunde mit ergriff, uns wenn er dir Alles ist, was geht das ihn an ? sagte ich
alle miteinander inniger verband und gemeinschaftlich nach mir, jener bekannten Aeußerung in Wilhelm Meister mich
Deutschland führte. Doch trennte ich mich bald von den erinnernd. Ich hielt mich von Gesellschaften entfernt, wo
Uebrigen. Ich sehnte mich nach einer einsamen Fußreise, ich chn vermuthen konnte, und diefer Trotz allein ließ
und während die Uebrigen Berlin, Göttingcn aufsuchten, mich einen Verlust weniger fühlen, der mir fönst uner
eilte ich über den Harz nach Jena. Die schöne Zeit, die träglich gewesen wäre. Aber, wie war mir zu Muthe,
du mir so lebhaft vorführtest, war zwar verschwunden. als nach einigen Wochen Goethe unvcrmuthct nach Jena
Fichte war vertrieben, Schelling, Tieck, Schlegel hatten kam , in einen Kreis hereintrat, in welchem ich mich eben
sich entfernt; aber er war in der Nähe, der Mann, den befand, und, als wären wir alte Bekannte, mit anmuthi-
ich vor Allen zu kennen wünschte. Ich ward mit deinen ger Freundlichkeit auf mich zutrat, ein bedeutendes Ge
Freunden bekannt. Eine innere, wunderbar fröliliche Zu spräch anknüpfte, mir vorwarf, daß ich ihn in Weimar
versicht durchdrang mich ; ich durfte den verschlossenen Geist nicht besucht hätte und mich einlud. Ich sähe ihn , sah
in der Natur als einen verwandten, jegliche Kraft, die ihn öfters in feinem Haufe. Du wirst mir vorwerfen,
in schönen Zeiten mächtige Heroen durchglühte, Völker daß diefe ganze Begebenheit höchst unbedeutend sev ; mir
und Staaten verherrlichte, als ein Befreundetes begrüs- erscheint sie nicht so. Der Umgang mit Goethe machre
fen; eine verborgene Sonne beleuchtete, erwärmte, be mich , ich möchte sagen, ansaßig in Deutschland. Ich war
fruchtete eine neue, herrliche Welt, in deren lebendiger Zeuge seiner vielen, bedeutenden Beschäftigungen, ich sich,
Mitte ich meine Heimath fand, und Liebe, Poesie und wie dotz Knochengerüst sich unter seinen Händen belebte,
Spekulation gössen einen jugendlich heitern Glanz über wie das scheinbar Bedeutungslose, ja Zurückstoßende, einen
mein von großen Hoffnungen gehobenes Leben. Daher trat ich lebendigen Zusammenhang erhielt, wie dieser reiche Geist
mit Zuversicht hervor ; was mich ergriff, thcilte ich in leb mit großer Entsagung und Geduld die kleinste Farbencr-
hafter Begeisterung mit, und mit einer unbegreiflichen scheinung in allen ihren wechselnden Beziehungen aufmerk
Schnelligkeit, die mich dennoch nicht überraschte, stand ich sam verfolgte, und, wie mit diesem ununterbrochenen Fleiß,
«ls ein Vertrauter , nicht als ein Fremder , in dem der das Mühsamste, Geringste nicht verschmähte, sich das
Kreise, an welchen ich mich anschloß. In einer Familie, Höchste verband , wie bevdes , wie in der Natur, aus der
die mich freundlich aufnahm und an die ich immer mit nämlichen grundlosen Tiefe des Geistes austauchte und sich
Liebe denke, ward ich bcy einer Abendgefellschaft zugleich gestaltete. Sein Haus schien mir daS wahrhaft väterliche,
mit einem liefländischen Baron , der mir keincöweges be zu welchem eine ursprüngliche Erinnerung aus einer längst
deutend vorkam, zum ersten Mal Goethen vorgestellt. Ich vergessenen Kindheit mich wieder zurückführte. Nie bestieg
hatte Manches von ihm gehört, er war mir oft geschildert ich die breiten Treppen , oknc von einem wunderbaren,
worden; als ich ihn sah, überraschte er mich dennoch. sehr bestimmte» Keimathlichen Gefühl durchdrungen zu fepn,
Die hohc Stirne, das große, brennende, durchbohrende Auge, und das Hausgeräth, die herumliegenden Papiere, die ge
die starken Züge, wie gewaltsam zur Ruhe gebracht, und färbten Gläser, die Knochen, die Kunststudien, Alles trat
die hol>e, edle, zuversichtliche Gestalt, Alles schien mir mir, oft bcy scheinbarer Unordnung, in einen innigen,
diesem Geschlecht fremd wie sein Geist. So dachte ich geordneten geistigen Zusammenhang. Selbst die ruhige
mir Plato, der ja die Griechen selbst durch seine Gestalt, Weise, die oft zu traulichem Gespräch ermunterte, aber
wie durch seine Nede beherrschte. Goethe grüßte mich ein jedes zu nahe Verhältniß zu entfernen suchte, die man
flüchtig, wandte sich darauf, ohne auf mich zu achten, ge chem jungen Manne, den Goethe an sich zog, drückend er
gen de» Baron, und hatte den ganzen Abend hindurch schien, die Mehrere mit unbescheidener Zudringlichkeit zu
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ftören sucktm, erhielt mir das ganze Verhältniß rein, familien, die jezt entweder Aemter bev der Verwaltung oder
heiter. Es war mir, als wenn ein bedeutungsvolles Ge im Justizwefen haben. Die Ueberbleibsel des alten Adels
heimniß mich aus der Ferne begrüßte, welches, zu nahe sind unbedeutend. In Frankreich gibt es jezt keinen wah
gerückt , seinen Zauber verlieren konnte." ren Adel als die Pairswürde ; aller andere Adel ist bloße
(Die Fortsetzung folgt.) Titularsache und sonst nichts. Sine bedeutende Klasse
machten ekedem die GroßKändler auS ; allein der Groß
handel hat sich dauptsächlich nach Havre bingezogen. Harre
Ausflug von Paris in die Normandie im Herbste ist jezt der Häven von Paris, und die geschäftigste aller
1S27. Seestädte Frankreichs aus dem Grunde, weil Havre mir
(Fortsetzung.) Amerika in direkter Verbindung steht, und nur mit die
Noch sehr elend sieht es in dem Stadtreviere aus, das sem Welttheile ein eigentlicher Handel getrieben wird.
von dem Flüßchen Robec durchschnitten und KanptsZchlich Dagegen ist seit der Revolution eine andere Klasse, die
von Färbern bewohnt wird, welche hier das Baumwollen- Manufakturistcnklasse, außerordentlich empor gekommen.
und Leinengarn färben, womit grobe, aber auch dauerhafte Diese ist im Besitz großer Fabrikanstalten, ernährt eine
Zeuge verfertigt werden; diese Zeuge, meistens bläulich Menge Familien aus der Volksklasse, hat schone .Häuser,
roth oder ganz blau , sind unter dem Namen Roucnne- herrliche Landgüter, und maci't einen bedenkenden Tbeil
r!e bekannt und waren sonst der HaupterwerbSzwcig der der Wahlkollegien a»s. Mit diesen meistens frevsinuigen
Stadt Ronen. Jezt werden sie aber nur noch von den und unabhängigen Leuten kann die Regierung nicht recht
untern Wolksklassen getragen, wogegen Ronen aber auch fei fertig werden. Sie find nicht geschmeidig und gelehrig ge
nere Zeuge verfertigt, und eben so gut als andere große nug, um sich blindlings in den Willen der Minister zu er
Zabrikstädte nach dem neuesten Geschmacke arbeitet. Ich geben; sie haben einen Eigenwillen, und widerstreben
sah eben in einer Fabrik Halstücher » >» Oir.r« und Schnupft kühn allen Vorkehrungen des Obskurantismus, um z»
tüchcr »I'«!»ge drucken, mit Giraffen und Abbildungen den alten Einrichtungen zurückzuführen. Manche un
im Wilden , weil die Ankunft dieser beyden Gegenstände ter ihnen, welche schnell aus der VolkSklasse emporge
gerade die HauvNageöbegebenheit zn Paris war, und man kommen sind, haben wenig Bildung; allein ibr Neich-
alles « I, und » l'0„«e zubereitete. I» Paris ist thnm sczt sie in Stand, ihren Kindern eine glänzende
»l'essttchr in Zeit von sechs Wochen keine Rede mehr da Erziehung zu geben ; die jezt emporwachsende Generation
von ; allein in den Provinzen fängt man erst an davon zu dieser Klasse wird also den höhern Ständen an Bildung
sprechen, und da man dort nicht so viele Abwechslung hat, sehr bald gleich kcmmcn. Die Beamten der königlichen
so dauern die Moden auch länger; dieß ist ein Glück für Regierung , wenn sie nicht Familienvcrbindungcn haben,
die Fabrikanten, die auch noch im Auslände einen Ab stehen in Ronen immer etwas allein da; auch die Offi
satz finden, wenn die Sachen in Paris schon längst ans ziere werden wenig in die bürgerlichen Zirkel zugelassen.
der Mode gekommen sind. Das Flüßchen Robec sah Außer den Linicntruxpen liegt hier beständig ein Garde-
selbst ganz gefärbt aus, so stark wird es zum Färben ge rcgimcnt in Garnison, das einige Monate Dienste in Pa
brauch?; Trinkwasser kann es deßhalb unmöglich abgeben; ris tkut und dann wieder hierher verlegt wird. In einer
indessen sollte es mich nicht wundern, wenn das Volk in Stadt von hunderttausend Seelen spielt überhaupt das
diesem Stadtreviere dieß schmutzige Wasser in der Haus Militär in Frankreich eine sehr untergeordnete Nolle, und
haltung brauchte. cö bat in den französischen Städten bc» weitem nickt das
Die Hauptstraßen Rouens sind eben so belebt wo Ansehen und daS Uebergewicht wie in den nordischen
nicht noch belebter als in Paris ; in der Straße Grand- Staaten.
Pont, welche am Seinekay anfängt und die ganze Stadt (Die Fortsetzung folgt.)
g«er durchzieht, geht es fehr geräuschvoll zu; nur ist die Korrespondenz- Nachrichten.
Volksmenge verschieden. In Paris besteht ein großer Pari«, ZN. Januar.
TKeil der auf den Gassen hin und herwozendcn Menge kBkschtusi.)
Am Tage der Desdemona stellte man vor dem Aufziehen
aus Leuten, die eigentlich keine Handthierung treiben des Vorhangs die Frage auf: ob Dem. Sontaa in iln'cr Stim
und elegant gekleidet sind. Au Rouen hinge gen macht die me selbst jene tragische Salbung , in il're» Stcllungcn und
Bauernschaft, das Landvolk und die Handwerker fast die Bewegungen icncS Romantische, jene Hingebung in dem Sanner-
ganze Volksmenge auf den Gassen ouS. Man sieht wenig ,e wie die Pasta' besitze? Viele Dilettanten, welche sich dura,
Sieganz in der Kleidung, und noch weniger eigentlichen Einflnstcrungen hatten Verführen lassen, und während der lan
gen Abwesenheit undankbar geworden waren , riefen «n5 . e«
Putz. Die Gesellschaft besteht in Rouen auö niedrer» he scy nicht möglich, daft eine Pasta zum zwenten Mal in die
terogenen Theilen. Vormals war eS eine Parlamcnts- Welt komme. Der Vorhang ging auf. DonzeM trat ein
ft»)r; daZer gibr es auch manche sogenannte Parlaments u»d war hinreißend , iMposant , »ordogni stbtcte mit seiner
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Zuckerstimme süße Rouladen ; plötzlich forderte man allgemein wesentlich zuwider sehen. Und so könne denn auch Dem. Son
Stillschweigen, und da erschien sie, glänzend im Prunke der tag durch ihre jetzigen entscheidenden Siege alle ihre Gegner,
Dogestochtcr, blendend schön in der Fülle der jugendlichen alle bisherige Theorie Lügen strafen ; von dein „Othello" strebe
Re^e, und bezaubernd, an sich ziehend durch ihre ungekünstelte sie empor zur „Donna del Lago," von dieser zur „Cencren-
Grazie; dreymal verneigte sie sich, und dreyinal erschallte« die tola," zu „il Crociato," und so immer crescendo bis zur höch
klatschenden Hönde und diclärinenbcnBravos. Die Eingangs, ava- ste» Periode. Der Kritiker sezt hinzu : „Ich fordere die Di
tine war weggelassen, die man vormals als ein Anleihen aus d« lettanten auf, sich das Vergnügen zu machen und in der neuen
„Donna del Lggv" in den Othello" eingeschaltet harre. To Desbcmvna die große Arie des zweytcn Akts mit besonderer
erhielt man denn sogleich das liebliche Duett zwischen Desde- Auftnerksamkeit anzuhören; hier kömmt eine chromatische, stei
mvna und ihrer Vertrauten. Somit trat der Reiz der gan gende Gamme vor, welche im Text der Arie selber ihr Motiv
zen Partitur nur nach und nach ein ; die schöne Stimme d« hat , und mithin von Rossini selber gesezt ist. Ganz wun
Sängerin wurde nicht sogleich in einer einzige» Stelle vergeudet! derbar wirb dieses Kunstwerk durch Dem. Sontag ausgeführt.
der Genuß kam nach und nach, und die einzelnen Genüsse hos Nie habe ich so etwas gehört; eS lüpfte mich empor von
den einer den ander«. Gewiß für manche , für viele , viel? meinem Sitze, «nb ich bemerkte das erst, olS ich bey der Co
leicht für die meiste« war der Eindruck wenigsten? eben ft> den; der Bässe wieder auf denselben tucvcrfiel/-
stllrk , wo nicht stärker , als der, den einst Mad. Pasta machte.
Die Dilettanten Hespcriens selber, welche dem deutschen Ver M ü n ch e n.
dienste, wenigstens ehrenhalber, Abbruch zu thun sich vorgenom (Fortsetzung)
men hatte«, erwachten wieder auS ihren neidischen Träumen, Die hiesige Oper ist unstreitig gegenwärtig in Beziehung
bekamen wieder ihre Krämpfe, und sprachen wieder in Hyper auf ihren Personalstand dicom Besten bestctltc in ganz Demschland,
beln und dichterischen Stanzen. Mau erzählt jezt , daß auch und keine der übrigen Bühnen kam, sich rühmen , gleichzeitig
Mad. Pasta in dcn ersten Tagen ihres Ruhms als DeSde- neben einander so viel« ausgezeichnete Gesangtalente zn be
inrna keinen großen Eindruck durch das lezte Duett des drit sitzen , als wir bey Lebzeiten der zu früh verblichenen Metzger-
ten Akts gemacht habe , baß sie deshalb bey der ersten Vor Vcspcrmann hatten, und jezt durch den Wiedcrgewinn der
stellung nicht herausgerufen worden sey , und nun erst ein« trefflichen Echechner «irklich haben. Wir belegen diese De-
neue Gebärde und Stellung einstudirt habe, womit sie den houptuug, indem wir fragen: Wo in Deutschland sind denn
Nichtkenncrn imponirte, und so gerade nicht auf eine ganz jezt zwey ausgezeichnetere erste Sängerinnen als Dem. Schcch-
göttliche Weise den Namen der Diva eroberte. »er und Mab. Sigl-Vespermann ? Wo zwey schönere, in voll
Die Kritik von höherem, vom ersten Range bemerkt, daß ster Kraft befindliche Tcnorsiimmen , als die der Sänger Lölile
die Italiener erst von dcn Deutschen und Franzose» gelernt und Bayer? Wo endlich ist den» die Baßpartbie besser uud
habe» , roie die Opera seria uothwendig dramatisch sich gestak zahlreicher besezt als sie es hier durch die Sänger Pellegrini,
ten , wie die Sänger in ihre Rollen Kraft und Haudllmg legen Mittermayr, Staudacher, Frieß und Lenz ist? Dabei? ist die
muffen. So habe Mad. Pasta die Rolle der DeSdemona ge Besetzung deS Slwres, besonders der Sopran - und Altpartbicn
schaffen. Zwar habe sie babey nicht baS Vorbild der zärtliche«, ausgezeichnet, und übersteigt bey großen Opern nicht selten
sauften Jungfrau , wie Shakespeare sie gemalt hatte, vor sich die Zahl von achtzig Individuen ; das Orchester ist eines der
gehabt , sondern in ihrer Seele sey auS derselben eine Medea, ersten m Europa ; Dekorationen und Garderobe sind höchst
eine Semiramis geworden, und zwar deßroegen, weil der Ton- glänzend und geschmackvoll. Was soll denn die Oper noch mehr
seyer wirklich in dieselbe da! Grandiose, baS Majestätische ge leisten ? Der Herr Ref. will noch eine dritte brauchbare Sän
legt, und das Ganze in einem ganz andern Tone als Shake gerin und ei» mannigfaltigeres' Rcpcrtoir. Was versteht er
speare gehalten habe. Unmöglich könne also die Sängerin den» aber unter dun Ausdrucke dritte brauchbare
jezt wieder in die Shakespcaresche Ueberlieferung zurücktreten z S än gerin?
sie wurde dadurch mit der Musik in Widerspruch kommen , sie Wenn das heißen soll: eine dritte erste Sängerin
wurde nicht die Desdemvna des Rossini geben. Was Shake zu dcn zweyen, die wir schon besitzen , so müssen wir srcy ge
speare dadurch erreicht habe , baß er de« Mohren als einen stehen , daß wir in Deutschland keine Sängerin wissen, welche,
Löwen darstelle, der eine Gazelle in seinen Tatzen hält, das wenn sie einen solchen Grad der Ausbildung besizt, daH sie
habe Rossini gesucht durch die Wirkung der Musik zu erhal würdig in ersten Parthien neben Dem. Schechner und Mad.
ten. Wenn Rossini die Rolle durchaus in dem Style deö er Sigl-Vespermmm stcnen kann, soviel Selbstaufopferung und
sten Duo: vorrei ekei il in« z>e«5i«r gesczt hätte, so wäre Vernachlässigung ihrer eigenen Interessen an den Tag zu le
das ganze Werk schmachtend und einförmig geworden. Danim gen geneigt sey» dürfte, baß sie von einer andern Bühne, wo
sey auch baS Wagestück der Dem. Sontag desto größer; ihre sie eine hochgefeyerte erste Sängerin seyn kann, weggeben
Stimme sey ein Sopran , gleich der Flöte in ihrer Höhe und würde . um Hier ein Engagement zu nchmcn , welches ihr den
zugleich dem HoutboiS in seiner Kraft ; sie spreche die Töne untergeordneten Wirkungskreis anwiese , nur dann erste Rollen
ganz bewundernswürdig , ihre Stiimnc klinge voll und lieb zu singen, wenn eben eine Oper vorkömmt, in welcher dreh erste
lich, ihre Gewandtheit sey gränzenlos, und besonders in den Parthien sind, iin übrigen aber eine zwcyte Sängerin abzugeben.
äußerst sanften Stellen könne man die Feinheit ihres Ohrs So« jener Ausdruck aber nur im Allgemeinen eine branch
bemerken , woraus ibre crstaunenswürdige Kühnheit und Si bare Sängerin bezeichnen , ft> fürchten wir , baß eine solche,
cherheit im Anschlag des Tons sich ergebe. Aber es scheine denn deren wir zum Theil an Mab. Pellegrini, Dem. Stern und
doch , als ob diese mächtige Stimme den Ausdruck der tragi Mad. Höllen für manche Rollen ohnehin besitzen , in absolut
schen Gefühle versage. Oft zerstöre ein pldtziichdnrchschallender ersten Parthien neben imscrn ausgezeichneten ersten Sängerin
To» das Gefühl, das eine ausdrucksvolle Stelle erregt hatte. nen nnmer so sehr im Schatten stehen würde, baß der Klage
Die liebenswürdige Thalia suche sich vergeblich unter der ern des Referenten doch nicht abgeholfen wäre.
sten Maske der Melpomeue zu vcrlarven. (Der Beschluß folgt.)
Allein diese Kritik muß am Ende doch zugestehen, baß
schon frül'er Garcia und nachher Past» die Rouladen entschul
digt haben , und daß diese der Tragödie ganz und gar nicht Vehlage: LireratnrblaN Nr. s.
Verlegt von der I. G. Cotta 'sehen Buchhandlung.
26.

M o r g e n b l a t t

f ü r

gebildete Stände.

Mittwoch, zd. Januar i 8 2 8.

Wir wandern tief, wo da« Lcbcn beginnt.


Auf nie ergründeten Wegen,
Der «ange verswliniqcnc« Labyrinth
Durchschreiten wir kühn «nd vn-wcgen.
Th. Körner.

Die vier Norweger. den Himmel überzogen, ein trüber Nebel sich auf die ganze
Von Henrich Steffen«. Gegend gelagert, und diese lag öde, finster und baumlos
vor mir, die kahlen Halder, zwischen welchen einsam und
(Fortfcvung.) still Bergleute in ihrer schmutzigen , abgetragenen schwar
..Goethe's Haus, sein Leben war mir ein großes, zen Tracht ermüdet hernmschlichen, ließen mich den Sin-
schönes, neues Gedicht," sprach Rössing weiter, „Gottlob! gang zum Tartarus erblicken , so abgestorben , tobt , ein
kein Kommentar seiner übrigen Gedichte. Vor Allem er: sam kam mir Alles vor. Glocken, die den Umschwung der
griff mich hier das Bedürfniß, ja die Notwendigkeit, die unterirdischen Räder zählten, tönten einförmig und in
Kunst z» fassen. Sie erschien mir als herrlichere Nttur, gleiche» Pausen in die grauenhafte Oede hinein, und als
voll lebendiger Gestalten, deren Sprache eben durch die ich in die Stadt hineinfuhr, war auch hier Alles still und
Poesie und die höhere Weisheit laut ward. Diese hat die Straßen leer. Ich eUte dich aufzusuchen, und fand
ten sich wie unsichtbar vernehmen lassen , aber ich hatte dich in der Bergmannstracht mit Steigern und Gcschwor-
sie noch nicht von Angesicht zu Angesicht gesehen. Zwar nen, wie du dich mir den Grundrissen von Schachten und
fand ich manches Schätzbare in Goethe's Wohnung; er selbst Stollen beschäftigtest. Kaum hattest du mich gegrüßt, so
aber gestand, daß es nur für denjenigen einen wahren ward daö Gespräch, welches mir so fremd war, und mich
Werth haben könne, der schon in größerem Zusammen in die nächtliche Finsterniß der unterirdischen Gange »er-
hange die großen Werke der alten Plastik, der nencrn Ma- sezte, wieder aufgenommen.
lerev überschaut hatte, und rierh mir, da Verhältnisse Den Tag darauf mußte ich die Halsbrückner Hütte be
mich verhinderten Italien zu besuchen , nach Dresden zu suchen ; die Glut in den Schmelzöfen zwischen den schwar
reisen. zen, eckigen Schlacken brannte mir wie aus der Hölle, und
Doch erst mußte ich Schölling aufsuchen, der mir so als du mich durch die Schachte, durch die Stollen und
Vieles geworden war. Ich kam nach .Halle , ehe ich nach Gczeugstreckcii schlepptest, als du mir dit Lampe hinhicl
Würzburg reiste. Ich ward SchellingS Freund , und jezt test, damit ich durch den nassen Schmutz hindurch die edlc
eilte ich, dich, lieber Freund, in Freyberg aufzusuchen, Gangmasse erkennen sollte, und mir begreiflich machen woll
um mit dir zuerst in Dresden mir den ersehnten Genuß test, nach welcher Richtung sie hinliefe und wie sie sich
zu verschaffen. kreuzte, scharrte und schleppte mit andern Gangmasscn in
Als ich Frevberg nahe kam, war mir seltsam zu Mü der finstern N.icht, und ich dich so dastehen sah, wie dir
rbe. Es war ein trauriger Abend , dicke Wolken hatten das Gebirg offen schien, d.iß dn die verschlossenen Massen
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in ihrer verworrenen Richtung in der dunkeln, nächtlichen Man drohte den unsinnigen Generalvikar in die Seine zu
Tiefe verfolgen konntest , glaubte ich in dir selbst einen werfen; er hielt es für klug, sich in Paris zu verbergen.
spukhaften Bergdämon zu erblicken und vermochte kaum zu Der Erzbischof mußte , um die Gemüther zu besänftigen,
begreifen, wie du, aus dieser Hölle dich losreißend, mich eine öffentliche Erklärung geben, daß es benm Alten
in den Himmel der Kunst begleiten konntest." bleiben solle, und nahm einen vernünfrigern Gencralvi-
Während des Gesprächs hatten die Freunde ein D«f kar an. ^
erreicht. Ein breiter Weg ging durch das Dorf, der Ich war so glücklich , beym Besuchen der Denkwürdig
links in eine falsche Richtung führte; da sie aber keinen keiten Rouens denselben Führer zu haben wie der engli
andern Weg sahen, da dieser eine breite Landstraße zu sche Reisende Dibdin, nämlich den gefälligen Gelehrte»
seyn schien, ritten sie immer redend, ohne sich zu erkun le Prevost, einen Mann, der sehr viel zur Verbreitung
digen, durch das Dorf und in den Wald hinein. Ziemlich des Geschmackes und der Neigung zu Nationalalterthümern
lange blieb der Weg breit; sie sprachen, wenig auf die in seiner Provinz gethan hat und auch noch thut. Vormals,
Richtung, die sie nahmen, achtend, immer fort; es sing sagte er mir, wären ihrer drcy oder vier gewesen, die
an Nacht zu werden, und nun merkten sie, daß der Weg sich jeder einzeln mit denselben beschäftigt hätten, ohne
völlig aufhörte und daß sie, durch einen Holzweg verführt, miteinander in Berührung zu stehen. Er habe sich mit
sich verirrt hatten. „Du wirst, lieber Rössing, ein zwey- ihnen besprochen, und nun haben sie einander ihre Kennt
tes nächtliches Abenteuer erleben, ehe dir die Morgen- nisse, Wünsche und Absichten mitgctheilt; so scy die
rithe der Kunst entgegenleuchtet ," sagte Julius lachend ; Gesellschaft der normä nnischen Altcrthumsforscher entstan
„wer weiß, ob der Bergdämon, der dich begleitet, nicht den, die zu Caen ihren Sitz hat, wovon aber meh
seinen Spuk mit dir treibt." — „Wohl möglich," erwic- rere ausgezeichnete Mitglieder zu Ronen wohnen. Diese
derte Rössing lustig. „Ich bin eben in der rechten Laune Gesellschaft hat bereits vier Bände Abhandlungen nebst
ein Abenteuer zu bestehen , und nur die armen Pferde einer Menge lithographirter Abbildungen von Denkmä
dauern mich." Sie suchten aus dem Gebüsch herauszu lern herausgegeben, und viel dazu bcvgetragcn , die
kommen , und ritten in der sinstern Nacht, die jezt Lust zum Anfsnchen, Beschreiben und Abzeichnen der
herrschte, auf dem ersten Wege, den sie fanden, weiter. alte» Kunstgcgcnstände zu erwecken und zu verbreiten.
(Die Fortsetzung folgt.) Es war hohe Zeit, die alten merkwürdigen Gebäude der
Normandie herauszugeben, denn mit jedem Jahre ver
schwinden einige , welche seit der Revolution Privatcigcn-
Ausflug von Paris in die Normandie im Herbste rhum geworden sind, den Fabrikanten oder Landbewohnern,
1827. die sie angekauft haben , im Wege stehen und daher mei
stens niedergerissen werden. Die Gesellschaft zn Caen hat
(Fortsetzung.) das Verdienst, eine Menge von Kunstgcgcnsiänden ans
Die Volksklasse lebt größtentheilS vom Fabrikwesen dem Mittelalter durch ihre Sorgfalt der Vergessenheit ent
und kennt nur eine Wohlfahrt des Staats, nämlich die in rissen zu haben. Auch ist man seitdem aufmerksamer auf
den Manufakturen herrschende Thätigkeit. Sind diese dergleichen Dinge geworden und trägt zu ihrer Erhaltung
im vollen Gange, so haben sie nichts mehr zu wünschen, mehr bcv als zuvor. In Ronen selbst bestehen zwev gelehrte
stocken die Fabriken, so sind Aufläufe und Empörungen Gesellschaften, eine sogenannte 4c«Se'mie r«z?,i« und eine 5o-
zu fürchten, wie derfclbcn auch fchon mehrere ausgebrochen e,«'i« ck'emuiilio», die sich mit Allem abgeben und daber
sind. Die Geistlichkeit hat wenig Einfluß außerhalb der in jedem besondern Fache wenig leisten. Ich lernte den
Kirchen. Roucn hat das Unglück, seit langer Zeit Erzbi- Sckretair einer dieser Gesellschaften kennen, Herrn Gat-
schöfe von sehr beschränktem Geiste zu habe». Der jetzige, tinger , welcher feines deutschen Namens ungeachtet
welcher einen Theil des Jahrs am Hofe lebt, hatte vor nichts Deutsches an sich hat, und unter andern Dichtun
einigen Jahren fein geistliches Regiment einem unsinni gen einige hübsche Fabeln geschrieben hat. In Frankreich
gen Generalvikar überlassen. Dieser bildete sich ein, die ist das Fabcldichte» eine zwar allgemeine, aber sehr undank
Geistlichkeit könne noch verfahren wie vor zwey Jahrhun bare Arbeit, denn das Publikum vergleicht sogleich alle
derten. Cr faßte ein sogenanntes Mandcnient ab, das neuen Produkte dieser Art mit den Lafontaineschen Fa
der blödsinnige Srzbischof blindlings unterschrieb. In die beln , die jedem Franzosen von der Schule an geläufig sind,
sem mit Wolfswuth abgefaßten Hirtenbriefe wurden die und diese Verglcichung kann dann freylich nicht zu Gunsten
Leute angehalten zur Kirche zu kommen , Messe zu hören der Nachahmer ausfallen.
und zu beichten; wo nicht, fo sollten ihre Namen an den Mit der alten St. Gervaiskirche fingen wir das Be
Kirchtimke» angeschlagen werden. Allgemeiner Unwille suchen der Gebäude und Anstalten Rouens an. Diese Kir
wurde über diese Verletzung der Gewisseilsfreyheit laut. che steht «in AbHange eines Hügels, und war vormals ei»
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einsam liegendes Priorat, in welchem Wilhelm der Ero- einer geschmack- und kunstlosen Zeit bevm Wiederausbes-
derer »ach seiner Verwundung den Geist aufgab. Sie soll fern der Vorderseite einen Thcil der künstlichen gothi-
auf römischen Substrukrionen stehen und hat eine Krypte scher Verzierungen weggeworfen, und dafür Fenster »ach
oder Gruft unter dem Hochaltar, worin man römisches dem jetzigen Gefchmacke eingefezt , ohne sich darum zu de
Mauerwerk zu erkenne» glaubt. Unten an der Treppe kümmern, ob dieß mit der Bauart des Ganzen übereinstim
dieses unterirdischen Gewölbes erblickt M» rechts und linkS me oder nicht. Eine breite Treppe führt zu der großen
eine Nische, worin ehemals die bcvdcn ersten Bischöfe Halle hinauf, die nach dem Muster der geräumigen
Rouens sollen begraben gelegen haben. Die Gräber find Halle im Pariser Zustizpallast errichtet zu feyn scheint.
längst verschwunden und die Heyden Nischen, die fo ziem Sin schöner Saal ist derjenige, worin der Assisenbof Ge
lich den Backöfen ähnlich fehen, wiewohl sie nicht tief find, richt hält. Hinter dem Präsidentensessel hängt ein sehr al
dienen allein noch zur Bezeichnung der ehemaligen Grab tes kleines Gemälde, Christus am Kreuze vorstellend und
stelle. Ein Fcnsterchen, der Treppe gegenüber, mit Gras auf Goldgrund gemalt; es soll italienischen Ursprungs sevn.
und andern Pflanzen eines kleinen Hofes umgeben, wirft Unter der großen Halle des JustizpallasteS befindet sich ein
das Tageslicht etwas schräge in die Grnft und gibt dem Gcfängniß, Concicrgerie genannt, gerade wie zu Paris;
Ganzen ein sehr fremdartiges Ansehen. dicß sollte man bepderfcits abschaffen, da solche niedere und
In der St. Patricekirche, die neben den Boulevards dunkle Gefängnisse immer feucht und ungesund sind, und
liegt, besahen wir die gemalten Fenster, die aus dem folglich die Lage der Gefangenen ungebührlich verschlim
fechszchnten Jahrhundert sind, und mcis.ens auf das ?e- mern ; frevlich dient die Conciergerie nur zum Aufenthalt
den Christi Bezug haben. Ein einziges dieser Glasge der Gefangenen während des Gerichts, allein vierzehn
mälde stellt einen Zug auö der Legende des irländischen Tage in einem fruchten Kerker zugebracht, sind schon eine
Heiligen Parricius dar ; ein Dieb hat feinem Nachbar ein ungerechte Vermehrung der Strafe.
Schaf gestohlen ; der Heilige zwingt nun den Dieb zu ei (Die Fortsetzung folgt.)
nem beständigen Blöcken , und dadurch vcrräth dieser sei
nen Diebstahl. Das Merkwürdigste aller dieser Glasge
mälde ist dasienige des ersten Menschenpaars, mit der N i o b c.
Schlange, dem Tode, der hier nicht als ein Geripp, son O so lang' eine Mutter noch heilig ist, und nur Sine
dern als eine ausgemergelte Figur dargestellt ist, und dem Mutterbrust noch für's Kind ihrer Umarmungen glüht.
Fleisch, das allegorischer Weife als eine prächtig gekleidete Sine Seele noch leidet, und Sine den Schmerz noch der
und mit Perlen geschmückte Frau abgebildet ist. Alles die Liebe,
Den unsäglichen, fühlt, eine für andre noch seufzt ;
ses ist vortrefflich gezeichnet und beweistH daß im fechszchn Sine mit menschlicher Kraft noch gefüllt ist, eine mit
ten Jahrhundert die Glasmalere» in Frankreich auf einer Treue,
hohen Stufe stand. Ueberhaupt bcfizt Ronen einen gros Eine das klopfende Herz liebend dem Tode noch weint:
sen Reichthum an'Glasgcmälden in feinen alten Kirchen. Bleibst du das heiligste, rührendste Bild, denn es schuf
dich die Liebe,
Besonders berühmt war ehemals die St. Godardkrrche we Sanft wie ein Muttergemüth, stark wie Olympische
gen ihres Schmuckes dieser Art, sie besizt aber nur noch sind.
zwey solcher Gemälde ; sie sind Z2 Schuh hoch und stellen Reiche dem Tod nur den Busen, empfange den Pfeil nur
die Könige Judas, Vorfahren der Mutter des Heilandes, und drücke
Sterbend dein furchtsames Kind schirmend und zärtlich
und einige Züge und Wunder aus der Legende des heili an dich;
gen RomanuS vor. Ein geschickter Künstler zu Ronen, Dein erbarmen die Gitter sich schon , ja die himmlische
Hr. Langlvis, hat ein besonderes Buch über die Glasge Schönheit
mälde der Stadt vor einigen Jahren drucken lassen und Aanbert ihr süßestes Licht schon auf die Stirne dir hin.
Kaum noch gewahr' ich den menschlichen Schmerz; dein
die merkwürdigsten in Kupfer abgebildet. erhabenes Antlitz
In mehreren Straßen erblickte ich noch ehemalige Ist schon verklärt, und du sinkst eben dem Himmel in Arm.
gothische Kirchen , die seit der Revolution verkauft wor W. Waiblinger.
den sind. Glücklicherweise hat Ronen dadurch kein einzi
ges großes Kunstwerk verloren, obschon ungefähr zwanzig Korrespondenz-Nachrichten.
Kirchen eingegangen sind. Ein schönes gordisches Gebäu München.
de, dessen äußeren Verzierungen aber etwas von der Pracht (Beschluß.)
der maurischen Bauart an sich haben, ist der Justizxallast. Auf d>7s, wai der Reftrcut in Beziehung auf Beschrankt:
Es ist nicht regelmäßig, da es nur zwev Seiten eines gros heit und Mangelhaftigkeit de« Repertoire, sagt , «landen wir
nicht besser antworte» zu können, alt wenn wir die Opern
sen viereckigen HofeS einnimmt, und ihm also wenigstens und Singspiele nennen, welche in den 556 Ovcrnvoesicll»»!
noch der eine Flügel zu fehlen scheint. Auch hat man in gm, die vom Anfang Januar« 1825 (alt der Wiedereröffnung
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beS neuen Hofthearers) bis zum lezten Oktober 1827 abwechselnd Reform der gegenwärtigen inner» Verhältnisse der Anstalt
gegeben worden sind. Sie find folgende : verlangen , sondern müssen vielmehr bedauern , d,,ß man ohne
„Don Juan," „Titus/- „die verfängliche Wette," „die vorherige Berücksichtigung der Mittel, welche eine solche An
Entführung aus dem Serail," von Mozart. , Die Veflalin," stalt zu stets gleicher Forterhaltung auf der nämlichen Höbe
von Spontini. „Fidelio," von Beethoven. „Das Spferfest," für die Zukunft fordern wird , ein Theater gebaut hat, wel
„der Bettelflubcnt," „Sänger und Schneider ," von Winter. ches durch die Großartigkeit seiner Dimensionen und seinen
„Fauft," von Spohr. „Der Freyschütz," „Euryanrhe," von prachtvollen Baustpl schon an und für sich zu prächtigen Dar
Weber. „Die Schweizerfamilie," von Wcigl. „Die Mülle? stellungen nicht nur auffordert, sondern häufig sogar das Ge
rin," von Paifiello. „Othello," „Tancred," „Mofes," „die lingen minder auf Glanz der Darstellung berechneter Produkte
diebische Elster," „der Barbier von Sevilla ," von Rossini. zweifelhaft macht, weil in diesen weiten und prächtigen Hal
„Octavian, < „die Prinzessin von Provence," von Poigl. „Der len eines der ersten Kunfltcmpel Europa? das Konversations
Schnee," „Levcadia," „das Konzert am Hofe," „der Maurer," stück, die Operette und das anspruchslose ländliche Ballet
von Aubcr. „Armand," von Cherubim. „Joseph," vonMe- oder Divertissement in der Regel wirkungslos vorübergehen,
lml. „Johann von Paris," „der neue Gutsherr," „die weiße selbst wenn die Darstellung noch so vollkommen ist. Da nun
Frau," von Boyeldicu. Der „Kreuzritter," von Meyerbcer. aber einmal diese« TKeatcr, dessen Führung in allen Theilcn
„Sargines," von Paer. „Carlo Fioras." von Fränzl. „Con^ nothwenoig sehr kostspielig sc«» muß. vorhanden ist, so können
stantin," von Stünz. „Alme," von Verton. „Fanchon," wir nur wünschen, daß das Publikum eine Anstalt, von der
von Himmel. „Corbelia," von Kreutzer. „Doktor und Apo es so viel fordert, auch vcrhältnisimäßig unterstützen möge, oder
theker," von Dittersdorf und Poisil." „Das Scyloß von Möns daß die Regierung , wenn sie sich überzeugt haben wird , daß
tcnero ," „Macdonald," von Dalleyrac. „Das Sonntagskind," die Anstalt mir den disponibel,! Mitteln nimt auf einem fo
„die Schwestern von Prag." von Müller. „Das Dvnauwcib- glänzenden Fug fortgeführt werben kann, entweder den von
chen," von Kaucr und Stünz." „Der Dvrfbarbier ," von dem Referenten ganz falsch angegebenen Sraatszuschuß ver
Schenk. „Die Verwandlungen," von Fischer. Endlich die stärken , oder die Beschränkung einzelner Zweige , z. B. beS
bcydcn Licberpossen : „Sieben Mädchen in Uniform," und Ballets verfügen wolle.
„die Wiener in Berlin."
Wir überlassen es nun jedem Leser , selbst zu beurtheilen, Rom.
eb man an einer Bühne über wiederholtes Aufdringen Ungeachtet keine große Stadt in der Welt mehr Ursache
genugsam gekannter Opern klagen kann, wo bey jL>> Vor: bat, die Fortdauer des bestehenden Zustands der Dinge zu
stellungen unter 47 verschiedenen Werken abgewechselt wor- wünschen, als Rom, so hat dennoch die Freude über die Schlacht
den ist. und wenigstens 20 derselben neu, oder neu einflu- vonNavarino sich vorigen Sonntag in der ^co^emi, likerin«
dirt sind. Luft gemacht. Eine Ode auf diese Schlacht wurde von einem
Außer diesen genannten Opern enthält das Repertoire hiesigen Arzte , dem Verfasser des Trauerspiels ..I» V«5i«Io,"
noch wenigstens drcyßig früher mit Bepfall gehörte Werke, gelesen und so stark beklatscht , daß die Ccnsorcn zur Verant
welche eine Zeitlang geruht habe» , dem Vernehme» nach wortung gezogen wurden , und ihnen fm politischer Censor
aber wieder aufgenommen werden , und wozu schon in die beigegeben werden wird.
sem Monat mit Poißl's „Athalia," und für den nächste» Mo Vor einigen Tagen starb das größte Original Roms, ein
nat mit Glucks „Jphiqenia auf Tauris" der Anfang gemacht Graf X„ der lczte Kines Stammes. Er gehörte allen höheren
wirb. Wenn man nun noch bedenkt, wie gering die Anzahl des Cirkelir der Römer an , wie die Kartoffeln jedem englischen
hiesig?» theaterbesuchendcn Publikums ist , und wie hoch dassel Essen , sprach gut von allen die lebten , wußte alle Anekdoten
be , trotz seines eben nicht großen Hanges die Anstalt zu un von Gestorbenen , war in die Geheimnisse aller Familie» des
terstützen , seine Forderungen i» Beziehung auf Glanz und höheren Adels eingeweiht, sagte nie ein geistreiches Wort und
Großartigkeit der Darstellung spannt, so dürfte der fachkun nie eine Dummheit, hatte seine Habe verspielt und lebte arm.
dige Beurlhcilcr darüber erstaun.'«, daß bey so geringer unter aber ohne etwas anderes als den Tisch anzunehmen. Vep den
stützender Teilnahme so viel Großes und Ausgezeichnetes ge höflichsten Formen hatte er große Unabhängigkeit des Charak
geben werden kann. ters; abergläubisch über alle Begriffe, starb er ohne Priester.
So ungerecht nun jener Referent in feiner Bcurtheilung Seine Wohnung war jedem ein Gcheimnig ; nie trug er eine»
des Orchesters , des rezitirendcn Schauspiels und der Oper sich Ucberrock oder Stiefeln, nie brauchte er eine» Arzt. Seine
bewiesen hat, so drückt er seinem Aufsatz doch in Nr. 2Zl, Zeit war zwischen Besuchen und einem Kassecbause geweilt,
wo er zum Beschlüsse vom Ballet und den vorzunehmenden welchem er , wie seiner alten Lebensweise überhaupt , un
Veränderungen in den Grundsätzen der Führung der 'Anstalt erschütterlich treu blieb. Er trug eine tddtlichc Krankheit
spricht, erst recht den Stempel absichtlicher Herabwürdigung mehrere Wochen umher , und versicherte seine Freunde , er be
und eigener Unkenntniß der bestehenden Verhältnisse auf. finde sich leidlich. Rur der Todeskampf trieb ihn ins Bette,
Wahrlich , er muß keines der übrigen Ballcts in Deutschland wo er MvrgcnS todt gefunden wurde. Er hatte auf erwähnte
oder den angrenzenden Ländern gesehen habe» und die Lei Weise seit vierzig JaKrc» hier gelebt, sei» Verlust wurde allgemein
stungen des hiesigen selten oder nie besuchen , sonst wäre es bedauert , und er verdiente durch den Grafen Giraud in einem
nicnr möglich, ein so oberflächliches Unheil über diesen Kunst: Charakterlustspiele verewigt zu werden.
zweig auszusprechen. Künftige» Fasching werde» fünf Theater geöffnet werbe»,
Wenn wir übrigens auch allerdings Her Mevnung des aber kein l'ooir« cli c»cie1Iv, b. h. mit eigens bestellter neuer
Referenten darüber sind , daß München nie in Beziehung auf Musik. Törbinone wird das besuchteste scyn, da es Ballette gibt.
prachtvolle Darstellungen und Erhaltung eines geldvcrschlin- M.
gcnde» Ballettes gleichen Schritte« mit Wien oder Berlin wird
gehen können . weil das hiesige Thcatcrpublikum weder so ver
möglich noch so zahlreich ist als das jener Städte, so können Berichtigung.
wir doch darin weder einen Grund zum Tadel der jetzigen Ad In Nr. 25. , erste Kolumne, neunte Linie von unten
ministration finde», noch von derselben degwcgcn eine totale anstatt: Weerlz? lies W,«KI/,
Verlegt von der I. G. Cotta'schen Buchhandlung.
27.

M o r g e n b l a t t

für

gebildete Stände.

Donnerstag, Zi. Januar 132 8.

Gern weil' ich sinnend, wo der Sonne Licht,


Das purpurn durch die bunten Scheiben strahlet.
Sich auf des Bischofs Steingcwande malet.
Lenz.

Ausflug von Paris in die Normandie im Herbste len der Kinder preisgegeben und werden, bald ganz un
1827. kenntlich werden. SS ist die Rede davon, die Stadt
wolle dieses merkwürdige Gebäude an sich kaufen und ein Ge
(Fortscyung.) meingut daraus machen ; allein den Städten wie den Re-
Der alte Markt, der eben nicht der reinlichste ist, gierungin fehlt es nur zu oft an Geld zu folchen An
und auf welchem es sehr geräuschvoll zugebt, ist durch die käufen.
heillose Hinrichtung des Mädchens von Orleans berüchtigt. Rouens Kathedralkirche ist berühmt ; sie steht etwas
Eine schlechte Bildsäule der Unglücklichen, welche der Kö baufällig von außen aus, zumal da vor zwey Jahren der
nig und das Vaterland der Wuth der Engländer und dem Blitz die Thurmspitze ganz verbrannt hat ; auch hatte vor
fanatischen Eifer der Priester überließen, steht auf dem Kurzem das Portal einen starken Riß bekommen.' DaS
Springbrunnen eines kleinen Platzes, der sonst zum Markte Innere besteht aus dre» langen und hohen gothischen Schif
gehörte, jezt aber durch Häuser davon getrennt ist. An fen mit schlanken Pfeilern. Ein Altar in einer Kapelle
diesen Platz stößt auch ein Gebäude an, das erst seit eini hinter dem Hochaltar war neulich von oben bis unten ver
gen Jahren die Aufmerksamkeit der Kunstkenner an sich ge goldet worden. Bevm Eingänge in die Kirche macht die
zogen hat, nachdem es Jahrhunderte lang ziemlich ver ser von der Ferne her schimmernde Altar allerdings eine
wahrlost dagestanden hatte. Man nennt es n«>el c>« blendende Wirkung; allein im Grunde zengt es doch von
Lsurzliikroulös, Von dem Platze ist es durch ein Thor schlechtem Geschmacke, eine so große Oberfläche nebst allen
und durch eine hohe Mauer mit einigen gothischen Ver Verzierungen ohne Unterschied mit Gold zu überziehen.
zierungen getrennt. Das Gebäude bildet, wie der Justiz- Ich suchte begierig die Grabmülcr des nordischen Helden Rolf
pallast, einen rechten Winkel auf einem viereckigen Hofe, und seines Sohnes Wilhams, mit dem langen Schwerte
ist aber klein und hat von oben bis unten in Stein ge auf, die hier begrabe» liegen, obschon die Kathedrale erst
hauene Basreliefs und Verzierungen. Die Basreliefs einige Jahrhunderte nach dem Tode dieser bevden ersten
stellen die Geschichte der Zusammenkunft Königs Franz I. normannischen Herzoge erbaut wurde. Die beydcn Grab-
und Heinrichs vrii. in dem bcka,?ntenlLager des Draxd'or, mälcr befinden sich in zwey dunkeln Seitenkapcllen, unter
so wie Schäferidvllen mit galanten Devisen vor. Laque- zwev Nischen, wo sie kaum bemerkbar sind.' Mit viel
ri«e bat diese Basreliefs in seinem Werke über die Häu mehr Aufsehen und Pracht sind dem Groß-Seneschal der
ser Ronens dargestellt. Leider sind einige Bildercven schon Normandie, Peter von Br«ze, und seinem Enkel, wie
sehr beschädigt; die untern besonders sind dem Muthwil- auch dem Kardinal von Amboise Denkmäler in der Kapelle
ic>6
hinter dem Hochaltar errichtet worden. SS ist ein Glück, seineMeynung darüber hätte fagcn können, denn solch einWerk
daß diese merkwürdigen Monumente nicht wie in so vie verdient doch wohl ernstlich geprüft zu werden , ehe man
len andern Kirchen Frankreichs während der Revolution damit beginnt. Rühmlich ist es für die Normandie, daß
vernichtet worden sind. Anch der lcztverstorbene Erzbischof die Kosten größtentheils von den Bürgern werden getra
von Ronen, der Kardinal Cnmbac«'r°s, liegt hier neben dem gen werden; die Regierung gibt wenig dazu. Der Thurm
Kardinal von Amboise begraben, jedoch besteht sein Denk war fchsn wieder hergestellt, und man begann eben die ei
mal blos aus einem Stein mit einer im Namen des Kapi serne Pyramide zu errichten, die mit dem Thurm 4Z6 Pa
tels abgefaßten Inschrift. Es ist sonderbar, hier zwey riser Fuß, also nahezu so hoch als das Straßburger Mün
Kardinäle aus so verschiedenen Zeiten bevsammen liegen ster werden soll. Die Laterne auf der Spitze soll zu me
zu sehen, wovon der eine dem König Louis Xll. und der teorologischen Beobachtlingen eingerichtet werden.
andere ,dem Kaiser Napoleon diente. Sie sollen Beyde (Die Fortsetzung folgt.)
freygebig gegen die Kathedralkirche gewesen sepn. Bon
ersterm rührt die ungeheure Glocke her, die vor der Re
volution in einem der Thürme hing und die größte in Die vier Norweger.
ganz Frankreich war. Bon Henrich Steffen«.
Im Jahr 1822 siel der Blitz auf die im sechszehnten (Fortscyung.)
Jahrhundert sehr künstlich erbaute Spitze des höchsten
Thurmes; es erfolgte ein fürchterlicher Brand, welcher Endlich fanden sich die bevden Freunde auf einem of
beynahe die ganze Nacht hindurch dauerte ; das BIcy ergoß fenen Platze mitten im Walde. Ein einsames Haus lag
sich von allen Seiten ; das Aimmerwerk siel in den Thurm dicht vor ihnen, und ein Licht leuchtete trübe aus einem
zusammen und machte eine furchtbare Esse aus demselben. Fenster. Sie ritten auf das Haus zu und fanden es ver
Der Maler Langlois erzählte mir, er sey zu der Zeit krank schlossen. Als sie die Stimmen erhoben , eröffnete sich im
gewesen; allein bey dem fürchterlich großen Anblick des zweytcn Stock ein Fenster und ein Mädchen fragte ver
Brandes, dem er aus seinem Fenster zugeschaut habe, ftp drießlich , wer da unten in so später Nacht lärme. „Ret
ihn die Lust angekommen, Zeichnungen davon zu entwerfen. sende, liebes Mädchen," antwortete Julius freundlich ,
Dieß that er, und er gab hernach ein Werk über den Brand „die sich auf dem Wege von Freiberg nach Tharand in dem
des Thurmes mit mehreren Kupfern heraus, wovon eins Walde verirrt haben." — „Ihr feyd wohl mehr verwirrt
illuminirt ist und den Brand auf eine frappante Art dar als verirrt," rief das Mädchen; „der breite Weg lag ja
stellt. Wäre dieser Thurm im gothischen Stvle erbaut vor euch, wie feyd ihr Hieher gerathcn? Wir eröffnen das
gewesen , und Hütte er mit dem großen Domgebäude ein Hans nicht in der späten Nacht für solche Herumstreicher."
liarmonischeS Ganzes ausgemacht, so wäre der Verlust un „Das Ding wird lustig," sagte Rössing. „Im Nothfall
endlich zu bedauern. Allein die Pyramide war im klas können wir hier kampiren, bis es Tag wird." — „Wir
sischen Geschmack und hatte nichts Gothisches; überhaupt müssen aber doch erst sehen , ob das Mädchen nicht zu ge
fehlte an dem Nouener Dome Ucbereinstimmung in der winnen ist," erwiederte Julius. „Sie hat das Fenster
Bauart, da man mehrere Jahrhunderte lang daran gebaut noch nicht zugeschlossen und blickt neugierig nach uns her
hat und zwar immer nach dem herrschenden Geschmocke unter. Hör' Mädchen," rief er und wandte sich nach dem
der Zeit. Kurz nach dem Brande wurde von Paris aus Fenster, „du bist ein gutes, gewiß auch ein hübsches Kind ;
ein geschickter Baumeister, Namens Alavoine, nach Rouen du wirst doch nicht verirrte Reisende in der finstern Nacht
gesandt, um zu sehen, wie dem Uebcl abzuhelfen sev. vor dem verschlossenen Hanse stehen lassen."
Sonst pflegen gothische Gebäude in Frankreich nicht wieder Noch ehe daS Mädchen geantwortet hatte , ward die
errichtet zu werden, oder wenn man etwas daran wieder Thür geöffnet; sie hörten das Mädchen mürrisch, aber
aufbaut, so geschieht es im neuern Geschmack. Auf diese scheu , als fürchtete sie sich, schelten, und das Fenster ward
Art sind manche Gebäude aus dem Mittelalter verdorben heftig zugeworfen. Aus der Thürc trat ein junger Mensch
worden. Au Rouen aber fand der Pariser Baumeister so mit einem Licht in der Hand, der einem Bedienten ähn
viel Teilnahme an dem beschädigte» Donigebaude und so lich sah. „Steigen Sie ab und treten Sie herein ," sagte
viel Geschmack bey den Kunstkennern, daß bald der Entschluß er höflich. „Sie können doch in dieser Nacht nicht wei
zur Reife kam , die Thurmfpitze in einem mit dem gothi ter." — „Es würde uns sehr nnangenehm seyn, hier blei
schen Dome übereinstimmenden Style wieder aufzubauen, ben zu müssen ," erwiederte Julius ; „Freunde erwarten
und zwar höher als sie gewesen war. Sie, soll aus Guß uns in Tharand, und weit kann es nicht seyn." — „Kaum
eisen verfertigt werden und zwar in durchbrochener Ar Dreyvierrelmeilen ," antwortete der junge Mann , «wenn
beit. Ich hätte gewünscht, man hätte daS Projekt durch man den kurzen Weg nach der Weiseriy durch de» Wald
Kupfer oder in Steindruck bekannt gemacht, damit Jeder kennt, aler für den Unkundigen ist dieser Weg schwer zu
finden bey Tage, jezt in der Finsternis, wäre es ohne ei diesen Wold komme ich zum ersten Mal. Mein Freund
nen Begleiter unmöglich." — „Auch unmöglich, mein ist in dieser Gegend villig fremd." Cr sprach mir einiger
Freund, gegen eine gute Belohnung einen solchen hierzu Scheu und wagte kaum den Führer als einen bloßen
erhalten?" fragte Julius, der mit seinem Freunde wäh Bauern zu behandeln.
rend des Gesprächs abgestiegen und in das Haus getreten Jezt ging der Weg , noch immer in dichtem Walde,
war, wo die Reinlichkeit und fast städtische Umgebung auf sehr steil hinunter, die Freunde stiegen ab und führten
dem Flur schon sie überraschte. Während sie darüber spra- die Pferde, und bevde, von gleicher Neugierde getrie
che« und der Bediente ihnen die Schwierigkeit, einen Bc- ben , nahmen den Führer in ihre Mitte. Dieser wandte
gleite? zu erhalten , darstellte , eröffnete sich eine Thüre, sich gegen Julius. «Sie heißen Julius und Sie Rössing,"
und sie sahen in eine hellcrlenchtete, wie es schien, zier sagte er. „Sie kennen uns ?" riefen bexde erstaunt. „Aller
lich eingerichtete Stube hinein. Ein ältlicher Mann, in dings," erwiederte der Begleiter; „Sie besuchen in Dresden
einen groben blauen Mantel gehüllt, den Kopf mit einem den Doktor Wagner, und werden dort eine sehr angcnebme,
großen Bancrnbut bedeckt, dessen breiter Rand das Gesicht gefährliche Bekanntschaft machen, ich warne Sie." „Aber,
verbarg, trat mit einem mächtigen Knotcnstock in einer mein Herr," unterbrach ibn Julius, „Sie sind nickt was Sie
und mit einer Laterne in der andern Hand heraus und scheinen. Wir müssen eS bereuen Sie unsertwegen in die
grüßte die Freunde. „Ich werdeSie begleiten," sagteer kurz. finstere Nacht herausgebracht zu haben." „Eine solche nächt
,.Aber," sprach der Bediente. „Schweig," unterbrach ihn liche Wanderung macht mir Freude," antwortete der Be
gebieterisch der Mann, und der Bediente zog sich stillschwei gleiter, indem er alles fernere Fragen mit großer Gewand-
gend und, wie es schien, verwundert zurück. Aber Ju heit zu umgehen wußte.
lius und Rössing , obgleich der Auftritt sie in Erstaunen (Die Fortsetzung folgt.)
sezte, nabmen das Anerbieten unbedenklich an, bestiegen die
Pferde und ritten, wäbrcnd der Begleiter mit der Laterne
vorschritt, auf den dichten Wald zu. Als sie so fortritten,
sing Julius , dem die nächtliche Waldrcife auf ungebahn Gaben de« Augenblicks.
ten Wegen gefiel, an, laut das bekannte Schillerfche Räu- Don vr W. B. Mdnnich.
ber/k'ed zu singen, und Rössing stimmte mithin.
Der Begleiter ging ruhig fort und schien nichts zu Noch heute möchte nicht ganz ohne Anwendung gefun
hören. Als aber der Weg immer ungleicher, der Wald den werden, was Louiö Xll. vom französischen Adel seiner
immer dichter, die nächtliche Finsterniß immer stärker Zeit zu sagen pflegte: die meisten Sdellcute meines Reichs
wurde, wandte er sich gegen die Reiter. „Sie thäten bes werden, wie Akiäon und Diomedes, von ihren Hunden
ser," sagte er, „auf Ihre Pferde Acht zu geben, «IS so in und Pferden verschlungen.
die finstre Nacht hineinzusingen. Die Thiers scheinen mir
eben nickt den sichersten Gang zu haben , und das Wur- Heldenmuth und Glück vereinige» sich gern wie Mann
zelmerk zieht sich so verworren über den schmalen Fußpfad, und Weib; wenn jener dieses zu erobern weiß, aber auch
daß sie leicht stürzen können." Die Bemerkung war nur nur dann, ergibt es sich ihm leicht.
zu richtig, denn kaum hatte er die Warnung ausgespro
chen , als Rössings Pferd unsicher ward ; er zog de» Zü Nichts charakterisirt wohl besser die abweichenden Ansich
gel an, aber als eben das Pferd schon zu stürzen schien, ten, welche in Berlin und Wien über Ehre und Werth de?
ergriff es der Begleiter mit rüstiger Hand und hob es in Menschen in der Gesellschaft herrschen , «IS die Gewobn-
die Höhe. Waren sie in dem Hause 'verwundert, als sie hett, nach welcher man in Berlin einem wohlgcbildet und
diese» Mann , der ein bloßer Bauer schien , aus einer wohlhabend erscheinenden Mann, dessen Stand und Würde
bellerleuchtcten Stube heraustreten , als sie ilm dem Be unbekannt ist, gern mit dem Titel „Herr Doktor oder
dienten gebieterisch Stillschweigen befehlen sabcn, so über Herr Hofrath" entgegen kommt, wäbrend ein solcher in
raschte sie seine Sprache noch mehr, und ohne sich einan Wien die Anrede „Ew. Gnaden" oder auch wohl „Herr
der mitzutheilen, dachten sich Beyde in der Tbat in ein Baron" zu erwarten hat. Man sieht, daß in Wien der
nmnderliches Abenteuer verflochten. „Sie reisen »ach Abel der Gebnrt, in Berlin der des Verdienstes in all
Dresden," fing nach einiger Zeit der Begleiter an, wäh gemeinerer Achtung steht.
rend die Freunde stillschweigend, nachdenklich und jezt auf
den schwierigen Weg achtend, fortritten, „aber diefe Ge Jeder Mensch sst eine Art von Januskopf, der mir
gend muß Ihnen wohl völlig unbekannt sevn?" „Ich war," dem einen Gesicht der Welt und gcitlichkcit, mit dem an
erwiederte JuliuS, „schon einige Mal in Dreeden, und dern sich selbst und der Ewigkeit zugewendet ist.
seit ein Paar Monaten wohne ich in Frcyberg, aber durch
io8
Ss gibt keine Tiefe ohne Höhe und keine Hohe ohne ger sie wünschen. Besonders aber können wir jezt besser nnd
Tiefe, wie sich Jenith und Nadir wechselseitig voraussez- vollständiger für die armen Wahnsinnigen sorgen , die unsere
Liebe und Sorgfalt dcßhalb nicht weniger verdienen , weil sie
zen und wie schweizerische Riesenberge ihr Haupt über ihres Verstandes beraubt sind und uns nicht danken können.
Wolken heben, ihre Füße i» tiefe Seen senken. D« öffentliche Unterricht, diese Lebensluft republikanischer
Staaten wirb auf allen Punkten deö Kantons sehr aufgemun
tert, erweitert und verbesser t, er verspricht uns ein Geschlecht
aufgeklärter u»d helldenkender Männer, die dcßhalb auch gute
Korrespondenz-Nachrichten. Bürger seyn werden. Der öffentliche Geist nimmt täglich eine
bessere und höhere Richtung. Jeder hält die Gesetze in Eh
Genf, Januar. ren , nnd streng wird aus ihre Befolgung gesehen , Eintracht
und Wohlwollen herrscht zwischen allen Kindern der Genfer
Im Sommer j826 würbe das große helvetische Konzert Familie. Bey unserem Militär zeigt sich wachsender Eifer
in unserer St. PeterSkirche gehalten. Einst nahm man darin und ganz schweizerische Gesinnungen. Neben der Regierung
andere Feierlichkeiten und Staatsaktionen vor , schone Frauen bestehen Verbindungen und Vereine für Wissenschaften , Kün
theilteu Ritterdanke aus , am PromorionSfefl erhielt darin die ste , Ackerbau , Handel und Industrie , die aufgeklärte Vater
Jugend , seit Calvin , ihre Auszeichnung. Nun hat die schöne landsliebe in steter Thätigkeit erhält. Anstalten , die auS der
gothische Kirche für die Genfer neue Bedeutung erhalten. Bis Großmuth der Bürger hervorgehen , zeigen sich überall , und
her fand die Feierlichkeit der Installation und Vcrcidung der bedeutend wächst die Zahl der Namen der Männer an , welche
Sindiken und ersten Magistrate von Genf am lcztcn Tag die denkende Nachwest WoKlthäter ihres Vaterlands nennen wird.
deS JahrS in einem Saale des Stadthauses statt. Da die GeKen wir auS der Sphäre des StaatslcbcnS in die des stillen
Handlung aber öffentlich ist , und die Leute hier großes In Hanfes über. Hier finden wir im Allgemeine» Sittenreinheit in
teresse au allem nehmen, was das öffentliche Lebe» betrifft, so de» Familien, wir sehen die Elten, voll Sorge für die Erziehung
war der weite Saal immer zu klein für die Feycr. Dazu ist ihrer Kinder, und die Kinder in Wissenschaft, Fleiß und Fröm
nun die Kirche von St. Peter gewählt worden , und eS wurde migkeit erzogen, in ihre» Herzen Dankgcfühl gegen die Eltern.
mehrfach wiederholt, daß jezt auch Frauen und Knaben Ans Dieß ist, hochgeehrteste Herrn , im Allgemeinen das Bild un
tbcil nehmen dürften , waS in einer Republik allerdings, von seres Kantons. Seit der Gründung der Republik haben we
Nutzen ist. Am ZI. Dcc. v. I. sollte die erste Installation nige Jahre die Männer an der Spitze der Regierung so glück
in der Kirche allen gleich zugänglich sein. Schon früh brumm lich gemacht wie uns, deren Glück nur in dem des Vaterlands
ten die Kanonen, und dazwischen hallten Misere herrlichen liegt. Sehen wir auf so viele Völker, die umsonst Friede
Glocken. Tausend gcpuzter Frauen und Mädchen gaben sich und Ruhe suchen , und preiße» wir unser Loos ! Ja , wir kön
ein Ansehen über die neue ihnen zugestandene Würde. Stu nen es mir Zuversicht sagen: die Genfer sind glücklich, denn
fenweise erhoben sich die Sitze, so daß alle gut sehen konn die sicherste und nie versiegende Quelle des Volksglücks besteht
ten, trog der ungeheuren Hüte, mit denen unS Paris in in weiser Freiheit, in Einigkeit und in Vertrauen der Bür
Verzweiflung bringt. Gegen zehn Uhr begann ein treffliches ger. So, hochgeehrteste nnd souvcvaine Herrn, gelangen wir
Orgelspiel , so geeignet für die Würde des Moments wie die an da« Ende unser« Amts. Ew. Herrlichkeiten danken wir
bunten Glasftnster, durch die mildcS Licht auS der Höhe auf für die Ehre, uns zur ersten Stelle der Republik erhoben zu
den Chor siel, wo die feierliche Handlung vor sich geben sollte. haben. Wir haben unS bemüht, dem in uns geseztcn Ver
Nach einander traten nun die StaatsrätKe und die Herrn vom trauen zu entsprechen. Unsere Absichten waren immer gut,
Ovnkeil 8c,uv«r»i» herein , und „ahmen die ihnen bestimm denn sie gründeten sich auf innige Anhänglichkeit ans Vater
ten Playe ein. In der Mitte standen die Sitze für die zwei land. Urrheilcn nun Ew. Herrlichkeiten, ob wir würdig un
alten und die zwei neuen Sindiken. Endlich erschiene» auch serem Amte vorgestanden habe». Wir legen es jezt mit den
diese, den schwarzen, silberbeschlagcnen Stab der Gewalt tra Jnsignicn der Gewalt in Hände , denen der Staat mit Recht
gend, hinter ihnen die Weibel, alles in feierlichem Kostüm. sein ganzes Vertrauen schenkt. Aber bevor wir von «»sercr
Der erste SindikRigand hielt nun eine, ihrem ganzen Inhalt Stelle herabsteigen , danken wir allen unser» Mitbürgern, daß
nach inerkwürdigcNcde : ..Sehr geehrte und souvcraine Herrn ! . sie unS unser Amt so leicht gemacht haben, und bitten den
Die Ratbskollcgien der Republik haben ganz vor Kurzem die Himmel, er möge dem Vaterland fortwährend gnädig und huld
Entschließung gefaßt, daß die Feierlichkeit, die uns zusam reich sei«. Hoffen wir , das, die Vorsehung unsere Zuversicht
menführt, künstig eine ganz öffentliche sei» soll. Alle Bür nicht täuschen werde, hoffen wir, daß unsere Kinder und Kin-
ger sollen den Eid ihrer Obrigkeit hören, und wie sie ver dcSkinder unter dein Banner der Schweiz , festlmltcnd an die
sprechen, das Vaterland zu liebe». ihm zu dienen nnd im se,« Bund , fortgesczt das Glück genießen , das uns jezt er
merbar seine Rechte nnd Freiheiten zu wahren. ES ist dieß freut. Möge sich, und das ist unser lezter Wunsch, die Liebe
ein feierlicher Tag, der die Genfer an dieser heiligen Stelle zum Vaterland mit der Liebe zur Freiheit , mögen sich immer
an die Wiedererlangung ihrer Unabhängigkeit erinnern soll. die Pflichten deS Beamten mit denen des Bürgers einen !"
An diese Stelle knüpft sich auch daS Andenken an so man Nun traten die neuen Syndikcn zum Tisch heran um de» Eid
chen, der Republik wichtigen Tag. Unser erstes Gefühl sei abzulegen. Hierauf steigen die alten Syndikcn von ihrem hö
Dank dem hohen Lenker der Völker und der Staaten, denn hern Platze herab, und überlieferten ihren Nachfolgern die Stäb«
er goß reiche Wolilthaten über unser Vaterland aus. Ein der Gewalt; diese stiegen nun hinauf, und die ehemaligen
flüchtiger Blick auf die lcztvcrgangenen Jahre zeigt uns tiefe Sindiken nahmen ihren Sitz nnter den andern Mitgliedern
Rul'e und Sicherheit. Alle Zweige der Industrie sind im des Staatsraths ein. Hierauf folgte eine passende Rede de«
Allgemeinen blühend. Der Werth der Grundstücke bat sich nenen Syndiks Schmidtmeyer , worin die vorigen Syndikcn be
bedeutend erHöhr, denn unsere Gesetze sind in Einklang mit lobt wurden u. s. w. Die Justizbeamtc» legen den neuen
dem wahren Vorthcil des Landes. Der glückliche Zustand un Sraatshäuptern den Eid ab, und die Ccrcmoni« hat ein Ende,
serer Finanzen gibt uns die Hoffnung, daß manche neue Ein
richtung und Schöpfung ins Leben treten wird, da die Bür Beilagen: Kunstblatt Nr. 9 . u. Monatsrcgister Januar.
Verlegt von der I. G. Cotta 'scheu Buchhandlung.
M o r g e n b l a t t

für

gebildete Stände.

Zwei und zwanzigster Jahrgang.

1 8 2 8.

Februar.

Wenn Geist mit Much ihr einer, und wenn in euch


Des Schweren Reiz nie schlummernde Funken nährt.
Dann werden selbst der Apollonia
giftigste Priester euch nicht verkennen.
A l o p si o ck.

Stuttgart und Tübingen,


im Verlag der I. G. C o t t a ' s ch e n Buchhandlung.

1 8 2 8.
Ä«s „Mvrgenblatt für gebildete Stände" enthält folgende Artikel:
I. Schöne Literatur. Uebersicht des Auslandes derselben in Deutschland, Frankreich, Großbritannien, lc.
Kleine Aufsätze über schöne Wissenschaften überhaupt. — Kurze beurtheilende Anzeigen der neuesten belletristischen
Schriften: der Romane, Schauspiele, Almanache, Gedichte. — Gedrängte Auszüge aus seltenen interessanten Werken.
— Revision einzelner Recensionen aus den besten kritischen Blättern. — Nachricht vom Austande der aiisländischen
schönen Literatur, besonders der Französischen, Englischen, Italienischen, Holländischen, ic. — Uebersetzungen als Proben.
II. Kunst. Kurze Abhandlungen über Gegenstände der Kunst. — Beurtheilung neuer Schriften: Malere», Bild
haueren, Baukunst, Gartenkunst ic., Auszüge. — Kunstnachrichten: Theater. Periodische Uebersicht des Austandes der
vorzüglichsten Schaubühnen in Deutschland, Frankreich u. s. w. Scenen aus ungcdruckten Schauspielen. Musik.
Nachricht von neuen musikalischen Produkten. — Kurze Kritiken neuer Werke.
III. Beiträge zur Sitten- und Kultur-Geschichte einzelner Städte und Völker. Geselliges
Leben; Vergnügungen; Mode; Lurus; Sittengemälde der Universitäten, Messen, Bäder, Carnevals; zuweilen interes
sante topographische Schilderungen.
IV. Biographische Skizzen. Einzelne Aüge aus dem Leben interessanter Menschen. — Beiträge zur Bildungs-
Geschichte vorzüglicher Schriftsteller, Künstler. — Ungedruckte Briefe nach der Original-Handschrift. — Anzeigen von
den gegenwärtigen Beschäftigungeu der Gelehrten, ihren Reisen >c.
v. Kleine Reisebeschreibungen. Auszüge aus interessanten größern Werken dieser Art; kleinere Original-
AufsStze.
VI. Gedichte. Oden, Lieder, Idyllen, kleine Balladen, Romanzen, Fabeln, Epigramme. — Proben aus grös
sern ausländischen und deutschen Gedichten.
VII. Miszellen. Anekdoten. Satyrische Aufsätze. Kleine leichte Erzählungen in Prosa und Versen; Räthfel,
Charaden und oergleichen.
vill. Besondere Beilagen enthalten die Uebersicht der Literatur..
Alle Tage, mit Ausnahme des Sonntags, erscheint ein Blatt. In besondern Intelligenz-Blättern werden gelehrte
so wie andre Anzeigen bekannt gemacht.
Jeder Monat erhält ein Titelblatt, mit allgemeiner Inhalts -Anzeige.

In wie weit obiger Plan eine Ausdehnung erhalten hat, zeigt folgende Anzeige:
Seit einer Reihe von Jahren sind im „Morgenblatt" Aufsätze und Nachrichten über Gegenstände der bildenden
Künste geliefert worden. Aur besseren Uebersicht für Kunstfreunde wurde später eine eigene Beylage unter dem Na
men des „Kunstblatts" für diesen Aweck bestimmt, die jedoch in ungleichen Fristen erschien, je nachdem Stoff
und Auswahl zu Gebote stand.
Die Liebe zur Kunst hat sich in den letzten Decennien , trotz Kriegen und politischen Umwälzungen, incbr und
mehr ausgebreitet und gesteigert; jetzt, nach eingetretenem Frieden, zeigen sich davon bedeutende Wirkungen, und las
sen den erfreulichsten Fortgang hoffen.
Daher wird eine Zeitschrift, welche Nachrichten nnd Beurrheilnngen von allen merkwürdigen Erscheinungen im Ge
biete der bildenden Kunst gäbe, zum fühlbaren Bedürfnis!, und die unterzeichnete Verlagshandlung wird auf Bepfall
rechnen dürfen, wenn sie unternimmt, das „Kunstblatt" in solcher Ausdehnung und Regelmäßigkeit erscheinen zu
lassen, daß es, diesem Bedürfnis, entsprechend, den Lesern des „Morgenblatts" eine bedeutende und interessante An
gabe sey , für Künstler und Kunstfreunde aber auch abgesondert eine selbstständige Zeitschrift bilde.
Man wird zu dem Ende sich bestreben, zunächst in zwe», wöchentlich erscheinenden Blättern so viel möglich voll
ständige Nachrichten über das Merkwürdigste zu ertheilen, was in Deutschland und den übrigen Ländern in allen Thei-
le» der Kunst, in der Malercy und den ihr verwandten Aweigen , dann in der Pildncrc» und Architektur sich ereignet,
Benrtheilungen von Kuustwerken und Abhandlungen über allgemeine Knnstgegenstände zu liefern, und Beyträge zur
Geschichte der älter» und neuer» Kunst zu sammeln. Hiermit sollen Auszüge aus ältern und neuer» die Kunst betref
fenden Werken, so wie eine Uebersicht' der neuesten artistischen Literatur und Beurtheilmiqen der bedeutendsten
Schriften dieses Fachs verbunden werden. Auch wird man darauf bedacht scyn, das Blatt mir Umrissen in Kupferstich
oder Steindruck befriedigend auszustatten.
Die Redaktion hat Hr. 0r. Schorn, Verfasser der Schrift über die Studien der griechischen Künstler, übernommen.
Wir stellen nun an alle Freunde und Kenner der Kunst die Bitte, unser UntenieKmen durch Beyträge an Origi
nal- Aufsätzen und Nachrichten kräftigst zn unterstützen. Besonders ersuchen wir auch Künstler, uns von ihren eige
nen, oder den in ihrer Nähe entstehenden Kunstwerken Notizen einzusenden, damit die Uebersicht möglichst vollständig
werde. In allen Beziehungen wird man stets den Grundsatz strenger Unparthevlichkeit befolgen, und wir glauben
deshalb die bereits in den bedeutendsten kritische» Zeitschriften aniienommcne Regc4, alleBeurtheilungen mit
Namensunterfchrift oder anerkannter Chiffre zn verseben, auch für unser Blatt feststellen
zu müssen. Dieß wird die Redaktion vor jedem Verdacht ungegründcten oder unqemcssenen LobeS oder Tadels
schützen, und dazu bevrragen, unsrcr Zeitschrift den edlen und anständigen Ton zu erhalten, welcher überall vor dem
Publikum, und besonders, wo von den höchsten Zähigkeiten und Gütern des meuschlichen 'Geistes die Rede ist, beobachtet
werden sollte. , .
So wie nach obiger Anzeige der bisher für das „Kunst-Blatt" bestimmte Raum nicht zureicht, wenn für dieses so
interessante Fach dasjenige geleistet werden sell , was das gebildete Publikum davon erwarten- kann , eben fo ist es
der Fall mit dem „Literatur-Blatt." — Der bisher ihm gewidmete Raum ist zu beengt. — Wir seh« uns daher
genötbigt, auch diesem Theildes „Morgenblatts" eint größere Ausdehnung zu geben, um unsere Leser mit den neue-
ften Srscheinungen der Literatur , die, ohne zu den strengwissenschaftlichen zu gehören, von allgemeinem Jmeresse sind,
bekannt machen zu können. . ^ . . .
Diese gedoppelte AusdeKnung, zu der wir aenotblgt sind, wenn wir wirklich den für Grimdung des .. Morgen
blatts" beabsichtigten Zweck vollkommen erreichen wollen, «heischt natürlich auch größere, bedeutende Auslagen, und
wenn wir gleich durch das Opfer, daS wir bisher durch die, diesen, Zweig beftimniten Bevlagen brachten, hinlänglich
jeigten , daß wir zn jedem neuen möglichst bereit sind , so können wir dieses bev der 'Vermehrung von 4 — s wöchent
lichen Bevlagen damit nur beweisen, daß wir blos auf die Hälfte dessen, was wir nach den, bisherigen Preis des „Mbr-
genblatts" dafür fordern könnten, Anspruch machen, und für diefe Ausdehnung mit dem kleinen Aufschlag von
2 fl. oder t Rthlr. 8 Gr. für's Halbjahr uns begnügen.
Sollten Künstler und Kunstfreunde das „Kunst-Blatt" einzeln halten wollen, fo wirb diefen der halbe Jahr
gang für z fl. erlassen. Das Gleiche gilt für einzelne Bestellungen des „ L i t e r a t u r - B l a tt ö."
Für diejenigen Liebhaber aber, welche bevde, daS „Kunst-" und „Literatur-Blatt", miteinander zn haben wün
schen, kostet der halbe Jahrgang nur 5 fl.
«, «
Der Kalbe Jahrgang des ..Morgenblatts", mit Einschluß des „Literatur-" und „Kunst-Blatts", würde
also kosten lu fl.
Der halbe ^abrgang des „Literatur-" und „Kunst-Blatts" ohne daS „Mvrgendlatt" ... 5 fi.
Der halbe Jahrgang von jedem diefer Blätter einzeln, nämlich das .. L i t e r a t u r - B l a t t " z fl.
das „Kunst-Blatt" z fl.
Für diesen Preis kann, nach Uebereinkunft mit dem Löbl. Haupt-Postamt in Stuttgart, das „M orgenb latt"
in Würtemberg, Bayern, Franken, am Rhein, Sachsen und in der Schweiz durch alle Postämter bezogen werden.
I. S. Eotta'fche Buchhandlung.

l t.

(Die Zahl zeigt die Nu mmer des Blattes an.)


Gedichte. Jean Paul Fr. Nichter an Smamiel. ZN. ZI. ZZ. Z6.
Die Grotte der Diana, von W. Waiblinger. 28. Gaben des Augenblicks, von Mbnnich. Z2. Z7. 49.
Hug und MatKilde, von A. 8. Follk». I. Z2. II. Z4. Das Strafarbeitsi'auS zu Lausanne. ZZ. Z4. Z5. Z6. Z7.
Zur Kultur- und Sittengeschichte des scchszclmicn und sieb-
Bcnvcnut? Cellini , Claude Lorrain , von W. Waiblinger. ZZ.
Mathilde, von A. Holling. Z8. zclmten Jahrl'underts. 4Z. 45.
Tasso, von W. Waiblinger. 41. Pariser Anekdoten. 44. 5t.
Napoleon in Moskau, von Nikander, übcrsczt von A. vonDie Kammer der Semcincn des englischen Parlaments. 48. 49.
Helwig. 42. Die Stellung der deutschen Dichter zu den Buhnen und ei»
Was ruht in sich selbst? von Carove. 46. " Vorschlag zur Verbesserung: von L. Robert. Zu. Zl.
Logogryph: Basen. Boye«. 29. Korrespondenz.
Ehoraden: Zaunkönig. ZZ. Halsband. 41. Jungfrau. 47.
Frankfurt. 28. - London. 28. 29. ZU. Z7. - Dresden.
Erzählungen und Romane. 29. ZU. - Leipzig. Zl. Z2. ZZ. 45. - Paris. Z2. Z4.
Die vier Norweger, von H. Stedens. (Forts.) 28. 29. — ZZ. Z6. Z7. Z9. 4U. 4t. 42. 4Z. 44. 4S. 47. 48. 49. -
Drittes Bruchstück. ZI. Z2. Gotha. Z4. - Ebambm,. ZZ. - Zürich. Z8. - Stutt
gart. Z9. 4N. 41. 42. - Berlin. 4Z. 44. 4Z. 46. 47.
Die Sct,la«t vou Levanto. Z7. 5». 59. 4u. 41. 42. 4Z. 44.
4Z. 46. 47. 48. 49. ,SU.^ 4«. 5U> 51. - Schwei,. SU. - Boston. 5t. 52.
Länder, und Völkerkunde.
Falun. Bilder «ns Schweden, von W. Alexis. ZZ. ZI. ZZ. K u n st . B l a t t.
Ueber den VampvriSmus. Z«. 59. Nro. «u.
Skizzen aus Sonflantinopel. 40. 4t. IZ. Der rasende Roland, von Schnorr. (Forts.) — Stein pcl-
Der böse Blick. »2. fchncidekunst. Denkmünze auf die Vollendung des cl>c-
Naturgeschichrlicheö. maligen Provinzial - Korrcktionshauses , jcyigcn Centralgc-
Zur Naturgeschichte der Eulen. ZU. ZI. fängnisseS zu Gent, qravirt von Braemt. — Main,. —
DaS Krvkodill uns der Trochilus. Z6. Neue S» v feri.'k Vte. ö«Ierie cke Lculxiur« cke l'e'rol,
Die Schafro^e Purik. ZU. sr»n<)«iic! moilrene,
Nro. II.
Reisen. Die Sainmliüia alt - , nieder und - oberdeutscher Gemälde dcr
Ausflug von Paris in die Vormandic , «0» Depping. (Forts.) Brüder Bcisscree und Berkram, liti'ograpkivt ve„ Strirner.
S». S!>. ZU. Ven SpctI'. — Der rasende Roland, vo» Schurre. (Be
Reise naH Nubien, von F. C. Sau. 11. 45. 16. 47. Sl. 52. schluß.) — Kupferstichwerke. I«u»«e , vublie
x»r »»cl. t iIK«I.
Aufsätze gemischten Inhalt«. Nro. 12.
AuS ?ea» PaulS Nachlaß. 28. Kunstausstellung in Paris, im I. 1827. — Die Sammlung
alt:, nieder- und ol'N'deutschcr Gemälde ber Gebr. Boiss ler. - Mittelalterliche Dichtkunst. D«« hohe Lieb
scree und Bertram, Myographie von Strixncr. (Beschluß.) Salomonis in drey und vierzig Minnelicdern aus dem drey,
— Herkulanum. zelmtcn und vierzehnten Jahrhundert. Herausgegeben von
Nro. 1Z. I. G. Battholmä. .
Kunstausstellung in Paris. (Forrs.) — Der Tob de« Hanni- " Nro. iz.
bal Carraeci. Religiöse Literatur. 1) GeKen wir einer neuen Bar»
Nro. 14. barcy entgegen? Von I. M. Rädlinger. 2) Betrachtungen
K upferst ichkun de. l),i»Io^u« r«i»«nn« cko» e,t«mpe« cku über den Protestantismus. Z) Die Hierarchie und ihre
c«binet seu ^Ir le U«ro» ck Kretin , p»r ?r. LruIIiot» Bnnbesgenossen iu Frankreich.
— Kunstausstellung i» Paris. — Verinischtc Kunstnachrichtcn.
Nro. IS. Nro. 14.
Kunstausstellung in Paris. (Forts.) — K»p ferstich kun de. Religiöse Literatur :c. (Beschluß.)
L«l«I«guo r»i»o»ne ^e« est»mz><:s <Iu e»binet je seu Nro. IZ.
ä Kretin, x«r ?r. LruIIivt. (Beschluß.) — Lithographie. Biographic. Lulozio» «n l'Kom»» ^«st«r»«n ck«I!v«r«<I
Nro. 1«. b»f«re tke «««rie»» PKiI««opKie»I 8oci«i/ on lke i ilk
Nebcr eine neue Zeichnung des Historienmaler? Prof. Rcysch 6,x «s ^pril bz' Kick. Siäcklv - Dichtkunst.
in Dresden, von K. Borrom>ws v. Milti». — Bamberg, Brittische Dichterproben. Die Insel , nach Lord Bvron. —
im November. — Neue artistische Werke. S i r ch e n g c sch i ch r c. Geschichte und Literatur der Kirchen-
Nro. 17. geschichte, von 0r. K. F. Stäudlin. Herausgegeben von
Ueber Wilhelm Hauffs Büste von Theodor Wagner. — I. T. Hemsen.
Neue artistische Werke. Nro. lg.
I. H. v. Wesscnbergt jüngste Dichtungen. —Biographie.
Litcratur<Blatt. Briefe über de» Vichter Ernst Wagner. Herausgegeben von
Nro. in. Fr. Moscngcil.
Geographie. Taschenbuch zur Verbreitung geographischer Nro. 17.
Kenntnisse. Herausgegeben von I. G. Sommer. Itter Jahrg. Dichtkunst. Bildersaal beutscher Dichtung ze. Ron Sl. L.
— Novellen. Novellen von Leopold Schcfer. — Dicht, Jollen. — Biographie. X«tic« »ur Pe5l»lo«i , x»r
kunst. Pyantasiegemalde aus dein heilige» Lanbe, von H. K1,ck. ^ä»I. cku l'Ko«. — Philosophie. ?.»»»!, »ur l»
F. ». Bruiniugk. vi« »ve»ir , ou,r«z«i ineckils cle l)l,»rle» öoooet.
Nro. 11. Nro. 18.
Dichtkunst. I,« r«n>»n ck« K«u et les ckue» ck« X«rm»»> Neueste Denkwürdigkeiten der 4e«ck«'mie S« lnicrixt!«»,.
ckie, p«r ttobert Wie«, subli» p»r ^r. ?Iu^uet. — Geschichte. Idee« zur EKronographie ober zur Kunst
Was sind Werke? des Entwerfen« sinnlicher HülfSmittel historifcher Zeit,
Nro. iz. xechnuug . von I. I. Pries. - Literarische Noti^
Dichtkunst. Der Jnde,^ dcurschc« Sittengemälde aus der
ersten Halste des fünfzehnten Jahrhunderts, von E. Spinds

Anzeige.
1781. IX. Beginn der Räthscllcsnng. Erste Station des
!l?5l Jcan Paul's Biographie. Schriftstellerlebens im März 1782. X. Fortsetzung. Räth-
Von dieser ist so eben im Verlage der Buchhandlung setlösung. gwevtc Station des Schriftsrellerlebens. XI. Epi
Joseph Mar und Komp. ««Breslau, das dritte sode von Pauls Kostüm. MißHelligkeiten. XII. Fortsetzung.
Lcftlein erschienen, nämlich: Magister Gräftlchein. Gränzstrcittgkeiten mit ihm. XIII.
Fortsetzung. Aweyte Kvstümsleideustation. XIV. Streit-
Wahrheit aus Jean Paul's Leben. Briefe über das Kostüm. XV. Rühmliches Ende des
Drittes Heftleiu. Kleider - Mgrtyrthums. XVI. Nachtrag zur Kostüms-Epi
sode. Selbstbekenntnisse. XVII. Witzspiele. Freundschaftpro
«. 1828. 4Z8 Seiten. Preis 2 Wthlr. s Gr. ben. XVIII. Zwevter Liebesblitz. Vorübung in der Liebes-
Briefstellerci. XIX. Kurzes Schriftstellerglück. Hoffnung
Inhalt. auf größeres. Schriftstellerfleiß. Plage. Mühseligkeit.
Einleitung. I. Jodiz^. Schwarzenbach von 1776 bis Noth. Schwarze Seite des Glücks. XX. Andachtsbüchlein
1779. Sclblehrer. 7l. HKfer Primaner. Primaner -Hus- vom Jahre 1784. XXI. Familien - Notbstand. Kindliche
siten. Ercurrens - Streitigkeiten. Höfer Gymnasium. IN. Leiden. Kindlicher Rath «nd Trost. XXII. Rückkehr nach
Disputirübnng. Erfolg. IV. Jugendfreunde. Schnlperiode Hof. Aufenthalt daselbst. Zunehmendes Mißgeschick. XXIII.
von 1779, 178« und 1731. V. Kontrast. Denkübungen AnKang. Enthalt unter ' andern eine der frühsten Jean
in den Jahren 1779 bis l?8i. VI. HäuÄiche>VerKältnisse. Paul'schen Satpxen: die mörderische Menschenfreundlichkeit.
Vis. Leipzig. Student vom 19. Mai 1781 an. Studien -
Rechenschaft. VIll. Tagebuch vom August und September
N°. 28.

M o r g e n b l a t t

für

gebildete Stände.

Frey tag, i. Februar 1323.

Aus deinnn Schutt »nd <?ra„S,


Wo dein« Tobten Schotten mich erschrecken.
Flieh ich zum grüne» , sovn'gcn Berg hinaus.
D e la v igne.

D t e Grotte der Diana.*) Da stört sie nicht in mächtiger Wirklichkeit


Die Ruhmsucht auf, sie «eher dem Lüftchen gleich,
O du vom »ei/'aen Boden der Fabelwelt, Sic dämmert, wie die Ab<>ndrötbe.
Vom Frühlingsgarren meines Hesperiens, Dufrct, wie Veilchen, um's Angesicht mir.
Von meiner Sehnsucht Grab und Wiege So ist's dem Kühnen, der ans der heiligen
Süssestes, theuersteS Schattenplatzchen, Urnacht des Meeres schwindelnd hervorgeraucht.
Wobin die SchwermutK flüchtet, die Ewige Roch taumelnd von den Wundern allen.
Verlassend, die Jahrtausende nicht gelehrt Die er gesehen im ew'gcn Abgrund,
Ihr stolzes Herrscherhaus zu bücken, Wie mir's ist, wenn ich deiner Gewalt entfloh,
Roma, die Einsame, wie die Line. O Rom! und dennoch hängt mein Gedank' au dir,
Hcracles du der Weltgeschichte,
Denn also ist das Menschengemüth. Der Geist, Nur daß ich ihn in der Züiege denke.
Der eisern lastet über den Trümmern all'.
Oft drückt er, und ein starkes Herz zürnt. Denn wo die Flutb, so selig durch Frühlingslaub
Wie sich die Hehre vor ihm entfaltet, Dnrckblinkend, dort am felsigen User spielt,
Stand ja die Mutter Alba, die ihr
Einst auch so großer Thaten und Götter voll. Leben geopfert der Riescntochter.
Wenn lorbecrlos noch glühet der Genius, Doch nicht der Schlachten, nicht der zerstörende»
Und Schaam ihm, gleich der Pnrpnrblüthe Streitkräfte, nicht des Kriegesgetümmels denkt
Künftiger Früchte, die Wange röthet. Mein Geist, eö jubeln hier und singen
Zu schwach auch ist er; immer im Tempel selbst Liebliche Vögel zurück die Götter,
Verharrt die Andacht nicht; der Olvmpier Die alten, die zur Heimath das Seegestad,
Legt oft den Donnerkeil zur Seite, Der Grotte Dunkel, und dieß erquickliche,
Unter dem schlummernden Kronos lächelt Dicß ew'ge Grün geweiht, und Keimlich
Noch ihr unsterbliches Leben führen.
Die Charts. Eilig flieg' ich zu dir alsdann.
Du kühles Dunkel, wo den Srinn'rungen Die Menschen ach ! vergess' ich so leicht und gern.
Der fernen Vorwelr noch zum Denkmal Die Scheu nur ist es , die mich beängstiget
Evbengewinde dem Fels entsinken. Ob nicht dem Grottenbach entsteigend.
Plötzlich die Zägerin mir erscheine.
") Diese Grotte, wie man glaubt, der Diana oder den W. Waiblinger.
Nvmvben geweiht , liegt an den Usern des Albanersec« imter
Saftet Sonsolfv an dem schöne» Fußwege, der zum Smissa-
rio süvrr.
IIS
Die vier Norweger. nender Hausknecht eröffnete scheltend das Haus, mur
melte etwas von nächtlichen Herumstreichern , und nur
Von Henrich Steffens. durch ein Trinkgeld gelang es ihnen, sich Eingang zu ver
(Fortsetzung.) schaffen. Die ermüdeten Pferde wurden in den Stall ge
Die Neugierde der Reisenden stieg immer höher, führt , sie selbst besorgte» das Futter , und traten in die
während sie den Berg langsam hinunterstiegen und in das dunkle , nur durch eine schmutzige Lampe spärlich erhellte
tiefe, enge, von der WeUeriz durchrauschte Thal herab- große Wirthsstube, wo eine Menge Fuhrleute, dicht ne
kamen. „Auf dieser Seite des Flusses," sagte der Be beneinander auf einer Streu liegend, schnarchten. Man
gleiter, „geht nur ein schmaler Zußsteg, drüben finden brachte Stroh , sie warfen sich neben die Fuhrleute hin ;
Sie aber einen breiten, bequemen Weg. Zu Fuß kann aber Mitternacht war lange vorüber, der Morgen fing an
ich nicht über den Fluß, aber Sie können getrost durch zu dämmern, und laut gähnend erhob sich ein Fuhrmann
reiten und verirren können Sie sich nicht, Sie sind kaum nach dem andern. An Schlaf war nicht mehr zu denken.
eine Viertelmeile von Tharand entfernt. Wenn Sie den Als sie i^ui so unter den gähnenden , polternden Fuhrleu
Doktor Wagner sehen, so sagen Sie ihm, der alte Ed ten, die sich »ach und nach aus der Stube verloren, da
ward hätte Sie begleitet. Adieu!" Und damit wandte er standen, sahen sie aus einem Winkel einen jungen Mann
sich schnell von ihnen ab, verschwand mit der Laterne zwi sich erheben, der laut »ach Wasser rief. Die Haare hingen
schen dem Gebüsch und sie standen allein vor dem Fluß. ihm lockig um den Kopf ; ein feiner Anzug und noch fei
„Nun, der ist seltsam genug," sagte Julius. „Cs ist ein nere Züge schienen einen Jüngling aus de» höhern Stän
verkappter Edler, ein verborgcnermenschenfeindlicher Men den zu bezeichnen. „Ich wette ," flüsterte Rössing seinem
schenfreund. Ach, wie viele bittere Erfahrungen drücken Freunde zu, „es ist ein verkleidetes Mädchen. Siehst du
dein edles, warmes, blutendes Herz!" rief Rössing und das bartlose Kinn , das schmachtende Auge, die starken
lachte. „Frevlich, freylich, der Mensch ist einem armen Hüsten?" — „Ich bitte dich, Freund! ein schmachtendes
Leipziger Schriftsteller, der ihn noch nicht völlig fertig Mädchen, hier, allein, nächtlicherweise auf der Streu
gemacht hatte, entschlüpft, um uns hier in der Nacht zwischen den Fuhrleuten !" erwiederte Julius. Beyde be
zum Besten zu haben." — „Zum Besten, mein Teuer trachteten den Jüngling neugierig. Dieser machte, als
ster? Er hat uns doch hoffentlich den rechten Weg gezeigt," das Wasser kam , eine sehr sorgfältige Toilette, nahm eine
mevnte Julius. Indessen entdeckten sie eine Fahrstraße, Guitorre von der Wand, einen Wandcrstab und eine
die nach dem Fluße führte , ritten vorsichtig durch und auf Mappe und näherte sich den Freunden, indem er sie höflich
der andern Seite weiter. Nach einiger Zeit sahen sie ei begrüßte.
(Der Beschluß folgt.)
nen breiten Weg von dem Flusse ab und einen Berg hin
auslaufen. Eine Straße, die längs dem Fluß weiterführte,
glaubten sie in der dunkeln Nackt nicht erkennen zu kön
nen. „Das Thal biegt sich um den Berg ," meynte Rös Ausflug von Paris in die Normandie im Herbsie
sing, „und der, Weg führt darüber ; jenseits des Berges wer 1827.
den wir Tharand finden." Der Weg ging ziemlich schroff,
der Berg wollte kein Ende nehmen , und die Pferde wa (Fortsetzung.)
ren so ermüdet, daß sie dieselben führen mußten. Der Domplatz dient zum Blumenmarkte ; vor demsel
Als sie die Höhe erreichten, ritten sie eine halbe ben zieht sich die sogenannte „große Straße" her , welche
Stunde über Felder, ohne ein Haus zu entdecken. Ju die ganze Stadt durchschneidet, hinter demselben geht eine
lius hielt. „Wir haben uns zum zweytcn Mal verirrt, Straße zum Kay der Seine herab. Man war hier mit
Freund," sagte er. „Ganz gewiß," erwiederte Rössing. dem Bau einer großen Brücke außerordentlich beschäftigt.
„Der Edle, der uns begleitete, war ein heimtückischer Bisher hatte Rouen nur eine Schiffbrücke , und eS war,
Dämon." — „Ein Bergkobold, mein Vetter vielleicht," wie es scheint. Niemand eingefallen, daß sie so gut wie
antwortete Julius. „Was machen wir aber? die Pferde jede andere Stadt ihre stehende Brücke haben könne. Diese
können kaum fort; umzukehren scheint mir nicht rathsam, wird freylich viel kosten, allein Jahrhunderte lang wird dieses
und wir werden Tharand aufgeben müssen; mein Freund Bauwerk der großen Handelsstadt nützlich sevn. Zwar liegt
Wagner, kenne ich ihn recht, wird schon seit ein Paar jenseits der Seine nur eine Vorstadt, allein die Brücke ist
Stunde» fort seyn." Still und etwas verdrießlich ritten wegen der Verbindung mit der Untcrnormandie , deren
sie langsam weiter und erreichten nach einiger Zeit ein Landstraßen bey der Seine beginnen , wichtig. Wahrschein
großes Dorf, durch welches die breite Landstraße lief. lich wird späterhin die Schiffbrücke weggenommen werden ;
Eine Menge Frachtwagen hielten vor d« Schenke. Alles zwar wünschen die Bewohner, man möge sie etwas weiter
schlief, sie mußten stark und anhaltend klopfen. Ein gäh nach unten hin verlegen, wodurch dann eine zweyte Ver
bindung mit dem linken Flußufer entstehen würde Z die die Schlafzimmer der Mönche waren. In diesem Rath-
sem Plane widersetzen sich aber die Schiffer, weil die Mast- Hause befindet sich nun die Gemäldegallerie und die öffent
boore nicht bis zum Kap gelangen könnten, man müßte liche Bibliothek. Erster? war in, Unordnung wegen des
denn jedesmal die Schiffbrücke öffnen. Es kommen hier Baues ; jedoch sah ich noch einige schöne Gemälde im hin
manche dreymastige Schiffe an ; mehrere lagen vor Anker. tersten Saale, w» die besten Stücke aufbewahrt werden,
Die Mosthändler, giegelbrenncr u. s. w. haben beträcht z. B. eine heilige Jungfrau mit den Engeln , eine Kopie,
liche Magazine neben dem Flusse. Große Schiffe kön nach andern ein Qriginalgemälde Raphaels, eine heilige
nen den Fluß nicht höher hinauf als Rvucn fahren , weil Familie von Mignard, der hier gar nicht die kleinliche,
die Seine hier eine große Insel hat und die bevden unter dem Namen Mignardise verrufene Manier bewie
Arme nicht Wasser genug enthalten. Die neue Brücke sen hat, einige Seransichtcn von Vernet. Ein großes
stuzt sich auf die Spitze dieser Insel, waö den Bau um Gemälde aus der italienischen Schule, den Verrath Judas
vieles erleichtert, so wie es bevm Pont-neuf in Paris auch darstellend, welches der Mairc von Roucn, MarquiS von
der Fall ist. Während der schönen Jahrszeit fährt ein Martainville, fürs Museum ankaufen wollte, war eben mit
Dampfschiff dre» Mal in der Woche von Paris nach Havre. ten im Saale anfgcstevr, Judas und die Bursche, welche
Diese Fahrt ist außerordentlich angenehm , und Hunderte mit ihm unterhandeln, haben ein barsches, aber recht le
von Parisern machen dieselbe jezt zu ihrer Erholung. Wäre bendiges Ansehen ; ferner stand noch mitten im Saale eine
man nicht genöthigt, zu Quillcboeuf auf die Ebbe zu war Kopie des Gerardschen Gemäldes , den jetzigen König
ten , um über die Sandbänke zu fahren , fo könnte diese von Frankreich in seinem Krönnnqsschmucte darstellend,
Fahrt in einem Tage geschehen , und wäre folglich noch keine sebr vorzügliche Arbeit, die man lieber im Raths
um vieles angenehmer; fo aber hängt die Dauer dersel saale als hier im Mnseum aufstellen sollte.
ben stets von der Ebbe ab, und verlängert sich bis in den (Die Fortsetzung folgt.)
zmeyten Tag hinein.
Die schönste gothische Kirche von Rouen und der gan
zen Normandie ist unstreitig die ehemalige Abtcykirche von
St. Ouen ; von außen ist sie reichlich verziert und mir Au< Jean Pauls Nachlaß.
einem schöne« Tbunne »ersehen, von innen hat sie ein
etwas schmales, aber außerordentlich langes und hohes Je mehr sich zwey Gatten an Tugenden ähnlichen,
Schiff: die schlanken Pfeiler erheben sich stolz und leicht ; desto weniger machen sie sich ein Verdienst! daraus.
drey Reihen Fenster, 125 an der Zahl, mit schönen Glas Jcdcri Gatte hat seine lange Jdeenreihe an demscl
malereven, erleuchten diese Kirche; leider haben in den den Tage, der Mann die wissenschaftliche, die Frau die
Religionskriegen die Kalvinisten die Uhr, den Prcdigt- ökonomische ; aber nun will Jedes für die Reihe Lxfer.
stuhl u. s. w. zerschlagen. In einer Kapelle bcsindct sich Jeder Ehemann sollte jeden Tag sich eine Viertel
ein Grabstein mit der Figur des Baumeisters der Kirche, stunde bestimmen und die Tugenden seiner Frau über,
Namens Alerander de Berncvol,-l/t4an; eine jüngere Gestalt rechnen. — Ueberhoupt sollte man, wie Winkclmaun, sich
ist neben der scinigen eingehaucn ; einer Volkssage gemäß jeden Abend leine Stunde hinsetzen, den Werth seiner
stellt sie den Jungen dieses Meisters dar; von ikm soll Freunde, Geliebten und Frau zu überrechnen und sich
eines der schönen Rundfenstcr über den Seitenportalen her vorzunialcn , da diese aus der täglichen Gewöhnlichkeit sich
rühren , aus Eifersucht soll ihn der Meister ermordet ha nur als fremde Wesen herausarbeiten können.
ben, und zur Strafe selbst hingerichtet worden seyn. Sol
che Histörchen werden von den meisten Kathedralkirchen Die Töchter sind die Blüthen der Mutter, die Söhne
erzählt. Won dem Abtevgcbäude steht nur noch ein Thcil, die deS Vaters.' ,
Vorderseite nach einem großen Platz hingckchrt, das Uc- Eine treffliche Mutter fev von schönen Töchtern um
brigc ist abgebrochen worden , und man hat einen öffentli ringt; — die schönen Gestalten verbergen sie nicht,
chen Lustgarten daraus gemacht. Der übriggebliebene sondern erheben sie nur.
Theil ist zum Rathhause geworden ; man hat vor Kurzem Töchter sind schönere Spiegel der Mütter als Toi^
zwey Flügel angebaut, wovon der eine leider längs der lettenspiegel, und sie sieht darin nicht nur ihre Gegenwart,
Kirche steht «nd einen Thcil des Aeußern derselben ver sondern auch ihre schöne Zukunft.
deckt. Man w« eben mit dem Bau eines Perisrvls mit
Säulen beschäftigt, welcher dem Rathhause zun, Eingänge
dienen soll. DaS Ganze wird ein stattliches Ansehen bekom
men «nd nicht vttmnthen lassen, daß hier ehemals blos
lI2
Korrespondenz-Nachrichten. Ein natürlich schöner , freylich nicht eben durch die Kunst aus
gebildeter Gesang der Dlle. Miccolini. eine von Hrn. Dobler
Frankfurt, a. M. trefflich vorgetragene Bagarie aus „Pictro Abano" von Spohr,
und das vorzügliche Spiel eines blinden Künstlers (des Herrn
Herr Kapellmeister Guhr pflegt dem Publikum in seinen Grunbcrg voin Kiesigen Orchester) ans der Flöte trugen ihrer
Konzerten Vieles zu geben, aber er gibt immer auch »>el, seits viel zur Verschönerung des Abends bey.
«nb so muß man ihm auch für jenes Dank wissen. LcztereS Den Beschluß machte ein Finale aus des KonzcrtgeberS
war auch bey dem zu seinem Vortheil gegebene» lcztcn Kon Oper: „Siegmar." daS unS vicl SchdneS und Liebliches zu ent
zerte, in hohem Grade der Fall, obgleich der Konzcrtgeber halten schien , aber man war zu ermüdet von dem Vielen . das
durch Krankheit verhindert war , selbst aufzutreten oder der Abend geböte» hatte , um sich genug fassen und ruhig ur-
es zu birigire». Das Publikum war vorzüglich gespannt, theilcn zu können.
mehrere bis jezt noch nicht bekannte Kompositionen des ge
nialen RieS. und einen junge» Künstler, Namens Hillev,
zum ersten Male in gereifter«» Alter zu hören. Von diesem London, Januar.
jungen Manne war nichts Geringes angekündigt ; er sollte ein
Konzert von eigener Komposition vortragen, und auf die Das so eben' vollendete Jahr ist , außer der großen mini
Weife Hümmels , seine« Meisters , nach aufgegebene» TKcmen steriellen Revolution und dem Tode Cannings, für uns in
frey phantasiren. Waö von Ries zu erwarten scy, darüber England ziemlich still hingeschlichen ; die Bühne liat un« nichts,
war nur eine Stimme , welche durch die Aufführung voll und die Presse wenig geliefert, daS auf das Leben in dem
kommen gerechtfertigt ward. Wir horten eine Ouvertüre zu nächsten Jalirhundert, viel weniger aufUnstciblichkcit Anspruch
„Don Karlos," welche von den Manen des Dichters selbst ein machen könnte ; wir habe» manches Hübsche, Unterhaltende und
gegeben schien, und mehrere Probe» auö der Ries'fchen Oper: Anziehende — anch wohl in der Kunst — erscheinen sehen, man
„die Räuberbraut," welche, wenn auch daS Singbare nicht ches Gute , aber äußerst wenig Vortreffliches. Zu der lezteren
immer gehörig berücksichtigt ist, doch überall »oll Leben und Gattung gcliört vielleicht Hollam's Geschichte der Englischen Ver
Geist sind. Einzelne Rcminiscenzen aus Beethovens „Fide fassung. Mit Novelle» und Romanen werben wir bis znm
lis" klangen wohl hie und da, besonders in dem Terzette, Eckel beschenkt , da diese Art von Literatur vor allen andern
durch. Entspricht übrigens die ganze Oper den mitgetheiltcn gedeiht nnd so lange gedeihen muß, als die unzähligen Leih
Proben , so dürfen wir derselbe» im Voraus eine glänzende bibliotheken im ganzen Lande sich genöthigt sehen, alles,
Aufnahme verbürgen. was von dem Schlage bey Colbourn , Sanders nnd Ortlcy
Verheilter waren die Erwartungen von dein jungen Hiller. oder Lonqmans erscheint, oft in brey- und mehrfachen Ercmpla-
Zwar hatte da« , was er schon als Kind in mehreren öffent rc» anzuschaffen. Eine so eben von Buckinghain, dem Redakteur
lichen Konzerten grcrtstrc, givf« H^ss,»,„gr« »«» s«,„?,n Spiel dc« Orient«! tter«Iä und SpKin«, angefangene kritische Zeit
erregt, das sich seitdem unter der Leitung eines Hummel nur schrift, lke 4iKe»e«m genannt, verspricht sich dein Romanen-
vcrvollkonimt haben konnte , aber viele vermutheren. die Com- Unwesen durch das Hinführen seiner Leser auf alles Bessere und
Position werde so seyn wie sie gewöhnlich die Künstler liefern, Ernstere in der Literatur entgegenzusetzen , ein Unternehmen,
welche dem Publikum als sogenannte Wunderkinder bekannt welches das höchste Lob verdient, aber, wie ich fürchte, von
geworden sind; meistens bemerkt man hier viel dithyrambischen geringem Erfolg fevn wird, da ein solches Journal für die
Aufflug, der sich in ein Nichts auflöst, viel Reininisccnzcn aus Romancnleser toc, Ke,vz? seyn muß, uin von ihnen benuzt
großen Meistern mit schülerhaften Zusähen von eigener Composi- zu werden, während die, welche ein gehaltvolles Literaturblatt
tion, aufs höchste einige Geistesblitze, aber ohne allen gründlichen lesen , kaum einer solchen Ermahnung bedürfen. Mir scheint
Zusammenhang. Sehr angenehm aber wurden die Zubörer daher der Plan des oft «mannten W««KIx welches
überrascht, alS sie statt dessen ein Werk voll Zusammenhang, durch die Vereinigung des Angenehmen und Leichten mit dein Nütz
Ordnung, Klarheit, ja nicht olme geistreiche, originelle Ideen lichen und Wichtigen die Masse der Leser allmäklig zu
hörten. De» Anfang machte ein recht liebliches Allcgro, an einein höheren Standpunkt zu erheben sucht, vernünftiger.
welches sich ein originelles Scherzo anreihte, dann folgte ein lV»rr»tiVe ok Vg^,^e, ,«Z LLcuriiovs o» tke L«»t
sehr ansprechendes Adagio, das endlich in ein fröklichcs Rons
deau überging. Alle« ging in einem Zuge fort und bildete ein O«»»t «ncl in tk« Interior «k Oentr»! ^meric« ete von
Ganzes, das ans einer bestimmten Eigentliümlichkcir hervorgegan O. W. Roberts (Edinburq j»27.) ist ei» sehr interessanter
gen, trog mancher Kühnheit die strenge Prüfung der Kritik aus- Beytrag zur näheren Kenntniß jener wenig bekannten Republik,
hielt. Nicht minder ausgezeichnet war das Spiel, nachdem besonders der an dem JsthmuS wohnenden Indianer, welche
die erste Befangenheit vorüber war. Wohl erkannte man. die selten von andern Personen besucht werden alS den engherzigen
' Weife des großen LeKrcrS , aber man bemerkte doch, daß sie und beschränkten Handelsleuten von Jamaika und ander» West
eigenthümlich aufgefaßt scy, und darf hoffen, baß der junge- indischen Inseln. Auch der Verfasser hat jenes Land alS Han
Künstler, wenn er sich so fortbildet, mit der Zeit nicht ein delsmann besucht, er ist aber offenbar ein Mann von einem
Hummelianer, sondern ein Hummel werden werbe. Das ganz andern Schlage. Er wurde von den Spaniern gefangen,
zeigte sich auch, als er später nach ThcmM, die ihm Ries auf den San Juan-Fluß hinauf und über de» Nicaragua-See
gab , eine freye Phantasie spielte. So wenig empfehlenswerth weg nach der Stadt Leon geführt , und »uzte diese Gelegen
im Allgemeinen das gebotene Jinprovisiren ist. fo fand man doch, heit, um zu beobachten, wie weit auf diesem Wege eine Wasser-
wenn man das Schwierige der Aufgabe, sich so plötzlich vor dem Verbindung zwischen beyde» Weltmeeren möglich sey.
Publikum zu fassen, und das Alter des jungen Künstlers be Die Fortsetzung folgt.)
denkt, auch hierin Unglaubliches geleistet. Besonders ist zu
loben, daß Hiller sich streng an das Kielt, was seine Aufgabe
z» seyn schien (Vivat Bacchus >c. Im Mohrenland gefangen
war :c. Menuett »us Don Juan) und nicht hin und her schweifte. Berlage: Literaturblatt Nr. to.

Verlegt von der I. G. Cotta'schen Buchhandlung.


29.

M o r g e n b l a t t

für

gebildete Stände.

Sonnabend, 2. Februar 182 8.

Ganz und gar


Bi» ich cin armer Wicht.
Meint Tramne sind nicht wahr.
Und meine Gedanken geralhen nicht.
Gerthe.

Die vier Norweger. und Qual, der unö ans den engen Schranken heraustreibt.
Du mußt mein Freund sevn." Gntmüthig empffeng Rössing
Bon Henrich Steffens. den Gruß, und glaubte in dieser überströmenden Fülle zwar
(Beschluß.) ein unreifes, ober doch wahres Gefühl zu erkennen. „O,
wie glücklich ist die Jugend, - rief der Fremde, ..wenn Hoff
Indessen brach der Morgen immer Heller hervor; die nung das Lebe» durchglüht, wenn Himmel und Erde uns
Frachtwagen sezten sich langsam in Bewegung ; die Stube winkt, wenn holde Töne uns rufen!"— „Ihr lieben Freun
war leer und die Reisenden ließen sich einen Tisch vor das de," sagte er darauf, „euch darf ich das Gedicht vortragen,
HauS setzen und ein spärliches Frühstück bringen. Der das ich gefesselt an die enge Stube zwischen Bücher und
Jüngling gesellte sich zn ihnen. „'Ich bin," sagte er, «auf Papier hinwarf, und das mich in die Fernerrieb." Aus der
einer Zußrnse durch das schöne Gebirge begriffen. Zwi Mappe suchte er zwischen mancherlei Zeichnungen ein Pa
schen Tönen und Farben verschwcbt mein jugendliches Le pier hervor. Es sah sehr zerlesen aus und die Freunde
ben, und wen» der Bleystift die anmuthigcn Umrisse der schüttelten bedenklich den Kopf. Erlas: ^
Gebirge auf das Papier hinzaubert, dann werden die Gei
ster in jenen Saiten wach und mbeln laut. Ach! daß sich Die engen Bande Hab' ich kühn zerrissen;
Seufzer zwischen diese jubelnden Töne, Thränen unter In ferner Gegend weilt der freie Geist.
Die alte Freude will den Freund begrüßen.
die Farben mischen müssen!" „O weh!" flüsterte Julius, Die Phantasie steigt königlich und dreist
„das ist der zwevte; der nächtliche Spuk dauert fort, und Hervor aus ängstlich engbeschrönktem Wissen ;
bekümmert sich weder um das Hahnengeschrev, noch um die Nach schön'ren Ufern die Srinn'rnug weist.
Gestalten seh' ich sich allmälig regen.
aufgehende Sonne." «Es ist doch lustig, lieber Herr," Mit heitern, Gruß sich um mich her bewegen.
sagte Rössing, und wandte sich gegen den Jüngling, „so
zwischen Jubeln und Seufzern, zwischen bunten, hellen Und kühner wölbt sich schon der Himmel oben.
Farben, wenn sie auch mir Thränen eingerührt sind, in Die Berge ragen hoch und schroff empor,
die weite Welt zu wandeln , daß man jubeln und seufzen, Ich höre die Gewässer unten toben,
lachen und weinen kann, wie man eben will." „Ja Teuer Die alten Töne schmeicheln süß dem Ohr,
Die Vvglein singen in den Bäumen droben,
ster, Du »erstehst mich," rief der Jüngling, sprang auf und Vereinigt in e,in lieblich tönend öhor.
reichte Rössing die Hand, „Du kennst das Schwellen der ju Und Stimmen rufen aus dem grünen Walde :
gendlichen Brust, das Sehnen, denbrausenden Strom voll Lust Warum entflohst du uns, o Freund, so balde?
,14
O komm' doch wieder her in unsre Kreise! die Frühlingssonne onmuthig in allen Aügcn spielt, ist
Wie eiltest du mit schnellem, flücht'gem Fuß! der verborgene Engel, der uns winkt und uns weit, weit
Die zarten Blümlcin winken dir so leise. in schönere Gefilde führt. — Du kennst doch den Doktor
Die Felsen selber bieten dir den Gruß.
Es warten deiner Düfte, schwüle, beiße. Wagner ? Du mußt ihn kennen lernen ; in diesem schönen
Und dir entgegen rauscht der rasche Fluß; Kreise werden wir nns oft sehen." Rössing, konnte seine
Da schwindet jedes Selmcn, jede Qual lezte Umarmung nicht abweisen , warf sich stumm auf das
Ich finde mich im heimisch stillen Thal. Pferd, und stillschweigend ritten die Freunde hinter dem
Die unvorbereitete, zudringliche Vertraulichkeit des Boten über die Ebene fort. Keiner wollte das Stillschwei
jungen Mannes verdroß Julius, der sich stillschweigend gen brechen. — Nun fing endlich Julius an : „du hast ja
zurückzog. Rössing aber fand sich durch die seltsame, einen vortrefflichen Freund gefunden, und bei Wagner
rücksichtslose Hingebung, indem er sie belächelte, dennoch werden wir von ihm, wie von dem verkappten Boten schon
angezogen. Er schloß sich an den fremden Jüngling an. mehr erfahren." — „Ich gestehe es," erwicdcrte Rössing
"Ich heiße Hvlbein," sagte dieser, „und stamme von dem verlegen, „ich schäme mich fast, daß ich gegen mein besse
berühmten Künstler her. Ich bin an dem königlichen res Gefühl mich für einen Augenblick täuschen ließ. —
Rhein geboren und lebe frei, unabhängig in Dresden für „Sich du nur zu," antwortete Julius, „wie du den Nar
Poesie und Kunst. Nach langem Winter kehren ihre schö ren los wirst, der sich an dich festgeklammert hat. Ein
neren Tage wieder; die gefrornen Quellen haben sich er verfchwimmender Thor, ein Mensch, der Bilder, Worte
öffnet, und die silberweißen Bäche rieseln durch die grü und Reime leicht, wie er sie zusammengerafft hat, an
nen Matten ; mit Kindcöaugen sehen uns ihre Frühlings einen Jeden austhcilt, der so albern ist, daß er kaum
blüten an, und der jubelnde Sängerchor wiegt sich auf weiß, wie er sich und Andere betrügt." — „Und warum,"
den! grünenden, schwankenden Zweigen," Rössing erzählte unterbrach ihn Rössing, „soll man sich nicht prellen lassen?
ihm nun auch , wie Philosophie und Poesie der Deutschen Ein solcher Thor ist nicht mit Golde zu bezahlen. Manch
ihn ans seinem fernen Vaterlands gelockt habe, und wie mal, lieber Freund, streifen wir doch selbst an die gefähr
er erwartungsvoll in Dresden die Wunder der Kunst zum liche Kränze; die Markzcichcn sind nirgends mit Be
erstenmal zu schauen hoffe. Holbein umarmte ihn mit stimmtheit hingestellt. Cr aber ist kühn über die Gränze
Feuer; Thränen traten ihm in die Augen, die großen gezogen, weit in das Feld der Thorheit hinein, und dient
Augen blickten ihn freundlich lächelnd nn, und Rössing nns zur Warnung , wenn er von da aus uns zuruft." —
vermochte nicht das übcrschwellende Gefühl abzuweisen, „Sin jeder muß freilich sich selber kennen," fuhr Julius
obgleich er sich mit einigem Widerstreben der stürmischen strenge fort. „Als der Thor seine ersten Töne mit Seuf
Umarmung hingab. Indessen strahlte das Morgcnroth zern mischte und seine Farben mit Thränen einrührte, als
immer brennender ; sie eilten auf das Feld, und eben er er sein zerlcsencs Gedicht, als hätte er es cbcu verfer
hob sich die Sonne über die östliche Ebene und warf ihre tigt, uns vortrug, als er ächzte, weil er die Sonncnglut
rothe Glut auf die Felder. „S, daß man diese Glut nicht nicht auf das Papier bringen und mit nach Hause nehmen
fesseln kann," rief Holbein, ,.daß die Andeutungen des konnte, wie konntest du da auch nur einen Augenblick
Pinsels so schwach sind! Wie Jcarus wollte ich mich die zweifelhaft bleiben? Und bei Wagner treffen wir ihn
ser Pracht nähern, aber ich fühlte, wie die Flügel sich wieder! Es ist mir, wenn ich an den nächtlichen Boten >
lösten, Ich ahnte den gefährlichen Sturz, und Wolken ver: und an diesen Morgengruß der Thorheit den^e, als wären
hüllender Sehnsucht ergossen sich in eine» Thränen-Regcn- mir zwei zerrissene Blätter aus unserm zukünftigen Dres
strom." — Julius ward immer ungeduldiger, während dener Roman in die Hände gefallen. Ich möchte das
Rössing siuzte; es ward ihm plötzlich klar, daß Aeuße- Ganze, nach diesen Proben, ungclescn bei Seite werfen —
rungen der Art nicht wahr seyn könnten. Er fürchtete und wir sollen es noch durchleben! — das ist zu arg!"
sich fast vor Julius und schämte sich seiner Hingebung. (Enbe des zweytcn Bruchstücks.)
„Ich habe einen Boten besorgt," sagte der wiederkehrende
Julius, „unsere Pferde erwarten uns, es istgeit, fortzu Ausflug von Paris in die Nvimandic im Herbste
reiten." Hdlbein drängte sich an Rössing. „Du verläs
est mich, Freund," rief er, „da wir uns eben gefunden 1827.
haben. Doch in Dresden finden wir uns. Jetzt, da (Fortsetzung.)
ich dich dort weiß, eile ich zurück. Wohl sind Berge und Die Bibliothek stößt an die Bildcrgallcrie; sie ist
Wälder und grüne Anger schön, wohl ergreifen uns Son sehr schön eingerichtet; vorne befindet sich der Saal, in
nenschein und die rieselnden Bache; aber dicThränen der welchem die königl. Akademie der Wissenschaften ihre Siz-
Sehnsucht in dem Auge des freundes, lind der heitere zungen hält. Die Bibliothek sieht, wie zu Paris, täglich
Blick, der wie aus den Wolken hervorschimmert, und wie ! offen. Der Bibliothekar Licguct ist Verfasser eines kürz-
"5
lich erschienenen Handbuchs für Reisende über Reuen, rte VitalS, ist vor zwcy Jahren von einem nvrmännischen
das wirklich meisterhaft genannt zu werden verdient. Auch Gelehrren, Louis DuboiS, dem Herausgeber der geschicht
bat er DibdinS Reise durch die Normandie aus dem Eng lichen ärckiv« cke Aormtnäie , W0V0N jährlich ein Band
lischen übersetzt, und diese Uebersetzung mit vielen An erscheint, ans dem Lateinischen ins Französische übersezt
merkungen begleitet, aus denen hervorgeht, daß der eng worden. Diese Uebersetzung ist der Guizvtschcn Sammlung
lische Bibliothekar oder Bibliomane meistentheilS sehr der geschichtlichen OriginalschrifrsteUcr Frankreichs einver
unrichtig das Gesehene beobachtet nnd^daS Gehörte falsch leibt worden.
berichtet hat. Ein wahres Schaustück der Nvuener Bib Bev dem Künstler Langlois sab ich eine Menge von
liothek ist das ungeheure, auf Pergament geschriebene Zeichnungen, die er auf einer Kunstrcise mit seiner Toch
Graduale oder Kirchengcsangbuch, auf dessen Verfertigung ter nach F°camp vor Kurzem verfertigt hatte. Langlois
ein ehemaliger Mönch der St. Oven -Abtei z„ Jahre soll und seine Tochter zeichnen und stechen bevde sehr gut. Die
verwendet haben. Mit dem schweren Umschlage wiegt meisten Kupfern, die in VcrlagsN'crken zu Rouen erschei
dieser Foliant ?z Pfund; er liegt auf einen, besondern nen , rühren von diesen bevdcn her. Ein schöner Beweis
Tische, und wird gewiß durch das häufige Vorzeigen zulezt ihres Fleißes uud ibreS Kunstgcschmackes ist die von Lang
ganz abgenüzt werden. Solche Schaustücke sind eine wabrc lois in diesem Jahre hcrausgcgcbcxe Beschreibung der Ab
Plage für die Bibliothekaufseher ; denn eö tritt kein Neu te» St. Wandrille, mit vielen Kupfern. Es gibt einige
gieriger in die Bibliothek, der nicht daö Graduale zu se- Ercmplare dieses Werks auf Schreibpapier mit breitem
den wünschte. Es ist mit einem Schlosse versehen, wozu Rande und mit Kupfern auf chinesischem Papier, die
der Aufwärter den Schlüssel hat. UebrigenS ist das Gra wabre Prachtwerke sind. Au Fe'camp Katte Langlois die
duale des Sehens wertk; die Worte unter den Noten Merkwürdigkeiten der alten Abte» gezeichnet , und zwar
sind mit großen schönen Buchstaben geschrieben, und jeder ans Kosten deö DepartementSrathcS , welcher den Beschluß
Gesang bat oben und am Ende eine schön gemalte Vig gefaßt zu haben scheint, die Hauxtdcnkmäler ans dem Mit
nette mit den glänzendsten Farben; es sind deren 2„>, ; telalter, welche sich im Departement der Unterseinc «er
ine Ki>te stellt den Tod vor und das Ende der Dinge ; finden, abzeichnen zu lassen, um dadurch nach ibrem
wahrscheinlich hat sich der Mönch nach Vollendung dieser Verfalle wenigstens ein Abbild derselben zu erhalten.
großen Ssröeir auch ^ir Ruhe begeben. Man zeigte mir F>ätte man vor einem Jahrhundert diesen löblichen Ent
noch einige andere Handschriften, unter andern ein latei schluß gefaßt, wie manche Kunstwerke, die seitdem unter
nisches Kirchenbuch mit angelsächsischen Anmerkungen; gegangen sind, wären noch jezt bekannt!
die Bibliothek bcsizt auch einige hundert typographische (Der Beschluß folgt.)
Seltenheiten aus dem jzten Jahrhundert. Das älteste
in Rouen gedruckte und mit einem Datum versehene Buch
ist die Chronik der Normandie, t4»7, Fol. Man zeigt Korrespondenz-Nachrichten.
noch ein altes Haus in einer engen Gasse, wo die erste London, Januar.
Druckerei angelegt worden ist. Gegenwärtig besizt die (Fortsetzung.)
Stadt mehrere Vuchhandlnngcn und Buchdruckereicn. Eine sehr interessante Biographie findet sich in der eben
Wollen die Verleger aber etiras Vorzügliches liefern, so herausgegebenen Korrespondenz des Admirals Collingwocd. ei
lassen sie es in Paris drucken. So hat Crapelct neulich in nes der vortrefflichsten, edelsten Seemänner. Ein Hauplvor-
Paris für den Verlag des Buchhändlers Frere in Ronen zuq dieses tapfer» Offiziers, der besonders die Beherzig»»« der
Fuchtelmcistcr aller Rationen verdient, war die Menschlichkeit,
eine schöne Ausgabe des Roman du Ron, oder der Nor die er gegen die Nun untergebenen Matrosen zeigte. Mit fast
mannischen Chronik in alt französischen Versen, von Robert väterlicher Sorgfalt sah er auf ivvc Pflege in Gesundheit und
Wacc , einem Hofgeistlichen König Heinrichs II. von Eng Krankheit , bestickte sie in de» Hospitäler» , redete ihnen z».
und suchte sie auf jede Weise so glücklich zu machen, als il>r
land, also aus dem iztcn Jahrhundert, gedruckt. Dieses Ge Zustand es erlaubte; auch liebte ihn dieses sonst so rohe Volk
dicht oder diese Geschichte war noch nie gedruckt wor wie einen Vater, und ibre Furcht, ihm zu misisallcn, machte
den, weil man die Kosten der Ausgabe scheute. Jezt es ihm vielleicht mehr als irgend ein anderes Mittel möglich,
aber, da sich ein so lebhafter Eifer für das Vaterlän auf allen Schissen, wo er den Befehl füvrtc. die beste Ordnung
und die strengste Mannszuckt zu erhalten, ohne je einem
dische regt, haben sich eine Menge Subscribenten gefun Mann einen einzigen Schlag geben zu lassen. Daß ein Ma
den, und so ist denn dieses Werk, eines der frühesten trose ilim selbst hätte den Kevcvsam verweigern sollen . machte
Produkte der französischen Literatur, schön ausgestattet ans schon seine Charakterfestigkeit fast »nmdglich : geschah es aber,
Tageslicht getreten. Einige Gelehrte, als Plaguet, Le- baß einem von den jünqcrn Offizieren ein Mann etwas zu nabe
tbat. so befahl er, daß derselbe den folgende» Morgen gepeitscht
xre'vost, Langlois, haben es mit Anmerkungen und Erläu werden sollte; wenn nun die Zeit herankam, mußte sich au
terungen versehen. Ein anderes, für die Geschichte der Collingswoods Veranstaltung der Beleidigte ins Mittel schla
Normanne wichtiges Werk, die Kirchcngeschichtc Orde gen, und auf seine Jürbittc wurde dem Schuldigen mit einer
passenden, eindringlichen Rede die Strafe des Peitschen« er Unsere Künstler hatten dießmal die Ferien zu fleißigem
lasse». Indessen hakte er manche andere Straft« eingeführt, Studium angewendet, und schon am dritten Feyertage, nach
die seitdem in der Marine allgemein geworden sind, (denn zu dem Wolframs ,.bczaubcrte Rose" den Neiden begonnen hatte,
CvllinZwoods Zeit war das Peitschen fast baS einzige Straf« sahen wir zum ersten Male ,,Bclisav," von Schenk. Je grös
«Nittel für jeden »och so «einen Fehler) z. B. die Verdünnung seren Beyfatl dieses Trauerspiel schon auf mehreren Bülinen
des Grog mit Wasser, die Absonderung eines Mannes von sei? gefunden hatte, und je mehr wir glaubten in unserem Zahl-
ncn Tischkaineraden , und die Vcrurtheilung zu den gemeinsten haS einen würdigen Repräsentanten der Hauptrolle zu besitzen,
Arbeiten, welche ihn dein Gcspdtte der ganze» Mannschaft um so gespannter waren wir aus biefe Darstellung, um so an
Preis gaben und eine solche Wirkung hatten, daß der Bestrafte genehmer Überrascht , als sie endlich uns gcwälirt wurde. Auch
zehnmal lieber die Peitsche ausgehakten hätte. hier hat dieses brave Werk , das, ungeachtet mancher Ausstel
Wir haben zwcy Lebensbeschreibungen von Hrn. Canning, lungen, welche selbst eine unbcfangcne Kritik nicht ohne Grund
die eine von einem Hrn. Rede, die andere von einem Unge daran zu machen fand, doch deS Trefflichen , Ergreifenden und
nannten; bcybe haben das Verdienst, gut gesammelt zu haben, wahrhaft Dramatischen so vieles enthält, baß es unter den
und ersparen denjenigen , welche sich die bekannte Geschichte neuer» Erzeugnissen für die Bühne gewiß eine der ersten Stel
dieses großen ManneS ins Gedächtniß zu rufen wünschen < die len einnimmt, eine sehr erfreuliche Wirkung hervorgebracht,
Mühe, die Zeitungen der lezten drcyßig Jahre zu durchblättern ; und bey zweimaliger Darstellung bereits bewährt, daß es ei
aber mehr darf man nicht darin erwarten ; wir hoffen indessen, nen bleibenden Plag auf dem Repertoire behaupten werbe. Ich
daß nach einigen Jahren, wenn die Partheyen ruhiger gewor enthalte mich des Urthcils über den Werth der Dichtung, da
den sind, einer von den viele» literarischen Freunden des Staats schon von mehreren Seiten her Urtheile gefällt worden sind,
mannes , welchem noch andere Quellen offen flehen dürften als und beschränke mich blos auf einige Andeutungen über daS Spiel
die Zeitungen , diesem hohe» Genie werde Gerechtigkeit wider der Hauptpersonen. Herr v. Zahlbas war als Belisar sehr
fahren lassen. lobenswert!). Gestalt, Haltung, Organ, Studium, alles
Ein gewisser Lcigh Hunt , besser gekannt als der Redak »lachte ihn zum würdigen Repräsentanten dieses Charakters.
teur der zwar ulrraliberalen , aber doch gut geschriebenen Bc« der zweytcn Darstellung war auch noch eine Wärme be
Sonutagszeitung, tke Lxominer, als durch einige elende, un merkbar , welche bey der ersten zu wenig hervortrat. Beson
sittliche Gedichte, hat es gewagt sich zum Beurtheiler Lord ders gelungcn schien mir die zweyte Hälfte der Rolle, In der
Byrons, nicht nur in seinem Privatcharakter, sondern auch erste» hätte ich noch hie und da etwas mcbr Erbebung ge
als Dichter aufzuwerfen. Das Buch ist zwar noch nicht erschie wünscht , um die Vernichtung der Selbstanklage wirksamer
nen, aber das W«eKI/ Keview gibt eine Skizze und Beur- hervortreten zu lassen. Seine Gattin ward von Madame
thcilung davon , »ach welcher dasselbe D?edcr dem Herzen noch Wcrby mir vielem Fleiße gegeben. Ganz in den Gedanken
dein Verstände des Mannes Ehre zu machen scheint. Hunt war des Dichters ging sie wohl nicht ein. aber sie that Wohl daran,
mir Lord Byron in England bekannt, und lebte «achyer eine indem ihr auf der einen Seite ein minder kräftiges Organ cS
Zeitlang in Italien mir ihm, und zwar unter Umstanden, erschwert haben würde, während ich auf der andern eben diese
welche es ihm zur Pflicht gemacht habe» sollten , den Charakter Charakterschilderung für die minder gelungene des Dichter«
des Barden aus einem günstiger» Gesichtspunkt zu beurtheile» ; halte. Irene tritt in solcher Glorie der Kindlichkeit auf, daß
denn Hunt war zu jener Zeit mit ÄZcib und Kindern Lord Byrons es der Künstlerin nicht schwer fallen kann , diese Rolle zur Zu-
Gast, und zwar weil es dem Manne an Mitteln fehlte, für sich fricdcnhcir des Publikum« darzustellen, wenn sie äußere Lieb
zu leben, wenigstens sagt die Welt so; indessen schäzt Hunt lichkeit und innere Wärme mit dazu bringt. Bcyde fehlten
die ganze Summe, für die er Lord Byron erkenntlich scyn nun wohl Dem. Gley nicht , aber die lczrere schien manchmal
zu müssen glaubt , auf nicht Höker als siebzig Pfd. Sterling. unter einer allzugesuchtcn Deklamation zu leiden. Drcl, ver
Er betrachtet «icht nur den Cliaraktcr und die Lebens fehlte die herrliche Schlußsccne des dritte» Aktes ihre Wirkimg
weise, sondern auch das Genie des Barbe» durch das Medium auch hier nicht, und von da an begann eigentlich erst die wär
der üblen Laune, wo nicht des Hasses, der ihn verleitet, mere Theilnahme deS Publikums , welche sich nun bis ans Ende
Lord Byron sogar das Dichtertalcnt abzusprechen und zu be zeigte. So gewiß siegt stets das ächt Menschliche, während
haupten, daß er nirgends in seinen Werken etwas davon ent Staatstugenden meist kalt zu lassen pflegen. Rühmlich ist auch
decken kdnne alS in dem kleinen Gedichte Lara. Inzwischen noch Hr. Julius in der Rolle deS Justinian zu erwähnen. Für
mag das Buch doch lcsenswerth seyn , denn nach den Auszü die äußere Ausstattung war nicht eben glänzend gesergt , und
ge» zu schließen, enthält eö viele neue Anekdoten und Schilde das Stück mußte sich durch inneres Verdienst helfen ; um fo
rungen nicht nur von dem Helden des Werks, sondern auch rühmlicher für dasselbe.
von Vielen seiner Zeitgenossen. ^) (Der Beschluß folgt.)
(Der Beschluß folgt.)
°) Wir haben unfern Lesern bereits Proben aus diesem Werke
in Nr. 2Z. und 24. des Morgenblatts mitgetheilr. Auflösung des LogogryphS in Nro. 2Z:
Dresden, 4. Januar. Renner — Jenner.
Mit dem zwenten Weihnachtsfeycrtage begannen die öf
fentlichen Vergnügungen wieder , welche feit dein Ableben der
geliebten Königin Therese aufgehört hatten , und auch das kö- Logogryph.
nigl. Hoftheatcr warb wieder eröffnet. ES war dieß für das
lezrc eine ungewöhnliche Spielzeit , indem bisher die Bühne Gibst du mir a , so bin ich Selb ;
vierzehn volle Tage vor Weihnachten geschlossen , und erst mit Vom Reichen sagt man, daß er viele hat.
dem 2ten Januar wieder geöffnet ward, so daß in dieser festli Gibst du mir o, so bin ich Stadt,
chen und fröhlichen Winterzeit Ferien von mehr als drey Wo Zur Gränze zweyer Sprachen hingestellt.
chen eintraten.
Verlegt von der I. G. Cotta 'scher, Buchhandlung.
M o r g e n b l a t t

für

gebildete Stände.

Montag, 4. Februar 182 3.

Auf dein vergifteten Baiime der Welt roll bitterer Früchte


Blül'» zwo Blüthen , vrin TKan himmlischer Güte detlxmt;
Dichtung die eine, sie ladet den Seift mit Wasser des Leben«,
Freundschaft die andre, sie stärkt, heilt und erquicket da« Her,.
Herder.

Jcan Paul Fr. Richter an Emsnuel. wenn für diesen eine andere Originalität sevn könnte, «ls
unsere eigene.
Die Briefe Jean Pauls, die wir hier mittheilen, sind Es thut meiner ganzen Seele wohl, daß Sie mich
schon an sich interessant; ist ja doch jedem Gebildeten, er lesen, Lieder ! Ich und Sie gehören zusammen — unsere
mag viel oder wenig von ihm gelesen haben, er mag von Bekanntschaft ist kurz, aber unsere Verwandtschaft ist
seiner Manier urtheilrn wie er will, der Zauberer un ewig — meine Seele ist nicht der Wiederhall der Ihrigen,
vergeßlich, der ihn zum herzlichsten Wohlgefallen, wie zur sondern Echo und Klang fließen zusammen, wenn sie nahe
Thräne der süßesten Wehmuth zwang. Sic sind aber auch an einander sind , in der Physik und in der Freundschaft.
darum merkwürdig, weil sie zeigen, daß der eigenthüm- Ach in diesem zerstäubenden Leben, in dieser finster,,
liche, Humor, der alle seine Werke geschaffen hat, so ganz BanmannShöhle von Welt, wo Blut wie Tropfstein zu
seine Natur war, daß er sprudelte, auch wo er von ge imsern Gestalten zusammentroxfet und wo diese Gestalten
wöhnlichen Lebensvorfällen schrieb, und sie liefern durch so kurz blinken und so bald schmelzen, in diesem schillern
Winke über seine Lebensweise und die Art seiner Studien den Dunst um uns gibt es nichts Stehendes und Fortglü
Beitrage zu der Entstehungsgeschichte jener Romane , die hendes und nichts, was uns Gefühle der Unvcrgäyglichkeit
eine der merkwürdigsten Erscheinungen in der deutschen reicht, als ein Herz, das geliebt wird und eines, das liebt.
Literatur sind. Und doch brauchen diese zerfliessenden Schatten ein De-
cennium, um einen Bund zu schließen, und nur eiue Mi
Hof d. Zo. Okt. ,791. nute, um ihn zu trennen! Ich und Sie haben das De-
Geliebter EManuel! cennium nicht gebraucht.
Hier senwe ich Ihnen meine Mumien, die ihren Na Der Frühling, der uns so viele Blüten wiedergibt,
men nicht durch ihre Dauer, sondern durch ihr ägyptisches wird mir auch Bayreuth und die zwei geliebten Menschen
Predigen der Sterblichkeit verdienen. Wenn Sie soviel wiederschenken, die jezt, wie er, sich durch den Winter
Toleranz für ästhetische Digressiouen haben, als Sie für von mir trennen. AlS einen Vorläufer von mir werd'
moralische besitzen , so werden Sie den zweyten Theil des ich Ihnen dann mein neues besseres Buch ..Hcsxerns oder
Buchs noch leichter ertragen , als den ersten. Es ist son fünf-und-vierzig HundSpvsttage" entgegenschicken, das zu
derbar, d. h. menschlich, daß wir immer originelle Men Ostern inBerlin in zwc» Ausgaben und drevThcilen erscheint.
schen und originelle Bücher begehren — und doch, wenn Die Person, die darin die größte Liebe des Verfassers und viel
sie da sind, sollen sie ganz für unfern Gaumen sevn , als leicht auch des Lesers hat, trägt Ihren schönen Namen S
li8
Ich kann mich nicht dahin bringen zu glauben, daß Stadt angelegt ; jczt aber wird in diesem Revier viel ge
ich das erstemal an Sie schreibe — mir ist, als Hütt' ich baut, so daß sich das Hospital zulezt mitten in der Stadt
ein ganzes briefliches Felleisen schon an Sie geschickt und befinden wird. Durch ein prächtiges eisernes Gitter tritt
— empfangen von Ihnen. man in den großen Hos des Hospitals ; zur Seite befindet
Damit lcztcres wahr werde, so fangen Sie bald mit sich eine schöne, zwar kleine aber ziemlich hohe Kirche im
dem ersten Brief an. Ich bin Ihr Sie ewig liebender griechischen Style, mit einem Säulenpvrtale ; am Ein
und ehrender Freund gange einer langen Baumallee, an dessen Ende dieser
I. P. Fried. Nichter. Tempel sich perspektivisch sehr schön ausnimmt , und
auch von dem Portale der Kirche aus hat man auf die
Ausflug von Paris in die Normandie im Herbste lange Allee und auf die jenseits der Seine liegenden Hü
gel eine reizende Aussicht.
1827. An einem der schönsten Herbsttage machteich mit mei
(Beschluß.) nem Freunde le Prevost einen Abstecher nach Cantelcu,
Bey einem jungen Künstler, Namens Deville, sah einem Dorfe auf der Landstraße nach Hävre. Es ist im
ich Zeichnungen und Kupferstiche, die zu seiner Beschrei mer mühsam aus Rouen herauszukommen , weil man
bung der verfallenen Abtev St. Georges de Boscherville stets klimmen muß. Nach Cantelcu herauf geht es be
dienen sollen. Diese Beschrcibi-,g ist bereits auf Subscrix- ständig auf und ab ; die Landstraße ist breit und schön ; al
tion angekündigt. Auch englische Künstler, Cotman, Turner, lein für Frachtwagen muß sie äusserst beschwerlich seyn.
Pugin haben in den lezten Jahren normannische Gebäude Man geht vor schönen Landhäusern und vielen Fabri
aus dem Mittelalter gezeichnet, und in Kupfer» herausge ken vorbei ; je höher man hinaufkömmt, je mannigfaltiger
geben. Dibdin machte in seiner Neisebeschreibung viel zeigt sich die Landschaft umher. Wir erblickten am Ein
Aufhebens von den Zeichnungen seines Reisegefährten gänge von Cantcleu schöne Anlagen von Fichten und Tan
Lewis; die Normänner finden die darnach gestochenen nen. Zu Cantcleu hat der ehemalige Maire von Rouen
Kupfer, welche der Dibdin'schen Reisebeschreibung beige- Elie le Fevre, einer der ausgezeichnetsten Männer im
geben worden sind, höchst ungetreu. Handelsstande dieser Stadt, ein schönes Schloß. Einen
Von den beiden Theatern, welche Rouen besizt, war herrlichen Genuß gewährt die Aussicht auf die reizende
bei meiner Durchreise nur das größte, ?Ke«tre a« »r>s Gegend. So wie man in den großen Saal des Schlosses
genannt, offen. Es wurde alle Abend darin gespielt; die tritt, erblickt man durch drei nahe an einander stehende
Stücke waren meistens solche, welche in Paris eben Auf große Bogenfenster das schönste Naturgemälde, das sich
sehen erregen, besonders Operetten und Vaudevilles; in- denken läßt; der breite Fluß mit seinen grünen Inseln
dessen wurden auch alte Operetten mitunter gegeben ; ei und seinen Schiffen, Böten n. s. w. fließt uuten an dem
nige gute Schauspieler besizt dies Theater, auch kommen hohen Ufer vorbei, auf welchem Canteleu liegt. Er kömmt
oft vorzügliche Künstler von den Pariser Bühnen hin aus dem alten Ronen her, das man wie einen Ungeheuern
über. Nach dem alten abgeschmackten Gebrauche der fran Steinhaufen zur Linken zwischen Bergen liegen sieht ; die
zösischen Provinztheater müssen die Leute im Parterre Domthürme und die gothische Krone, welche den Thurm
noch stehen.- So war es auch vorckals in Paris, und es der St. Ouenabtei bekränzt, ragen aus dieser Steinmasse
hat viel Mühe gekostet, das Anlegen von Bänken zu bewirken. mit einigen andern Thürmen hervor. Zwischen Rouen
Der vordere Theil des Roucner Parterre hat jedoch Sitze; nnd Cantelcu erblickt man Waldhügcl, Thälcr voll Fabri
Kaffeehäuser, die mit grossen Spiegeln, Kronleuchtern und ken und Lusthäuser, Wiesen mit schlängelnden Bächen,
Gaölicht glänzen, umgeben das Theater, und es geht hier Pappelreihcn u. s. w. Jenseits des Flusses liegen Dörfer,
Abends sehr lebhaft her. An Kaffeehäusern hat Rouen weiterhin Hügel, Kornfelder, Obstgärten u. s. w. Zur
überhaupt keinen Mangel; man erblickt deren auf allen Rechten krümmt sich sanft der Fluß und das ihm folgende
Gassen. Auch hat die Stadt mehrere Bäder, auf den öf hohe und ziemlich steile Ufer mit seinen Waldungen ; in der
fentlichen Plätzen stehen Miethkntschcn. Es gibt einige Ferne verliert sich die Seine zwischen den Hügeln. Ich
schön eingerichtete Hotels, auch Ncstauratcurs und Trai- begreife nun wohl, wie die Normänner, als sie, aus Skan
teurs, alles »ach dem Pariser Geschmacke eingerichtet. dinavien vertrieben, Seeräuber wurden, durch die Seine
Eines der schönsten neuem Gebäude ist das große in Frankreich eindrangen und zu Ronen anlandeten,
Hospital oder ä« ville, das einem fürstlichen Pallaste hier zu bleiben beschlossen und ihr Vaterland über dem
ähnlich sieht. Eine schöne Straße mit Vamnallccn, welche reizenden Aufenthalt vergaßen; die Landschaft ist zum
den Namen des ehemaligen Provinzintcndantcn de Grolne Entzücken schön.
führt, geht zn diesem großen Hospital hinauf; man hatte Bei meiner Rückkehr nach Rouen besuchte ich noch ei
es vor der S>..'vvlution in einem abgl-legcu^n Theil der nige Merkwürdigkeiten, unter andern die St. Maclou
kirche, deren Port«! wegen seiner gothischen Blldnereien auf die sogenannten gebllderern .«lassen aufmerksam ist,
merkwürdig ist ; es ist mit Verzierungen fast übcrla- der wird ob der Menge abergläubischer Mev»u,igci>, erstau-
den ; die Fenster in der Kirche sind fast alle bemalt ; fer nen, welche oft von Mensche» geäußert werden, vl>n de
ner die sogenannten Halles, ein großes Kaufhaus zum neu man es am allerwenigsten erwarten sollte. Das Stu
Ausstellen der alten und neuen Leinwand/ der Baumwol- dium der Naturgeschichte und der Naturlcbre gibt uns
lcnzeuge u. f. w. Hier stand ehemals eine Burg mit ei- den sichersten Schlüssel, die Räthscl zu lösen und die Nrb, I
nein Gefängnißthnrm, in welchem der König Jean-Sans- zu zerstreuen, welche die Vernunft gefangen halten.
rerre feinen Neffen, Arthur von Bretagne, soll haben er Fast kein TKiergeschlccht ist übler berüchtigt und
morden lassen. Auch gieng hier die Feierlichkeit der Be flößt durch seine Lebensart mehr abergläubischen Scbrek
freiung eines Gefangenen vor, welche jährlich am Himmel ken ein als das Geschlecht der Eulen. Die mei-
fahrtstage stattfand, und einVorrccht deS Domkapitels war. sten Vögel sind Thiere des Tages, welche, sobald die
Da in> über die sogenannte Kouie S'e» b«, oder Nacht eintritt, sich zur Ruhe begeben. Selbst die mei
untere Landstraße wieder nach Paris zurückkehren wollte, sten Raubvögel sind Tagvögel, sie überfallen ihre Beute
so nahm ich die Diligence der sogenannten m«5»geri<:5 nur am Tag. Bev den Säugerbieren ist cS gerade umgc
r«?»!«, der Hauptanstalt für Landkutschen im Königreich. kehrt ; die meisten Ranbthierc dieser Klasse sind nächtlich,
Diese fäbrt Morgens um s Uhr von Nouen aus, und und sie machen sich über ihre Beute vorzugsweise gerne
langt Abends um 8 oder 9 Ubr in Paris an. Der Weg her, wenn diese schlafend sich ihnen nicht durch die Flucht
geht Anfangs längs der Kalk- und Kreidehügel am rechten entziehen kann. . Die zahlreiche Familie der Eulen aber ist
Ufer, und man liat von dorr ans eine schöne Aussicht auf nächtlich wie diese; sie haben ein Gefieder so weich wie
die nieder» Wiesengründe , welche vom Flusse bewässert Seide; sie fliegen zwar nicht schön, aber sehr leise, ohne
werden. Dann erweitert sich die Aussicht auf der andern alles Geräusch, so daß man sie gar nicht hört. Jbre Plötz-
Seite, die Hügel weichen zurück, und man durchzieht nun liche Erscheinung kanndaber allerdings in Schrecken setzen.
bis nach Paris große Ebenen, behält jedoch de» Fluß be Die Lebensart aller Eule» ist ungefähr die nämliche,
MMz Auge, ausqencmmen da, wo er zu große Krüm alle sind von der Natur auf thicrische Nahrung beschränkt,
mungen macht und sich zu sekr vom Wege entfernt. Au und genießen durchaus nichts aus dem Pflanzenreich ; alle
^ sind nächtlich , doch die einen mehr als die andern. Läßt
Po/ik öl' /'Srche fälirt man auf einer schönen und großen sich bev Tage irgend eine Eule seken, und ist sie von an
Brücke über den Fluß. Dieses Städtchen hat enge Gassen der» Vögeln bemerkt, so wird sie von allen angegriffen und
und hölzerne Häuser, wie daS alte Rouen ; allein Louviers, verfolgt. Selbst die kleinen Vögel, Schwaben »,id andere,
die darauf folgende Stadt, ist ganz von Stein, hat eine sonst ganz friedliche Vögel, stoßen schrevend auf sie. Am
meisten werde» die großen Arten von den Kräben verfolgt,
breite Straße, und eine ziemlich gut gebaute gothifche und m,i,i kann sich sehr leicht dieses lärmende Schauspiel
Kirche. Auch Fabriken bestehen hier in Menge seit eini verschaffen, wenn man einen lebenden oder ausgestopfte»
gen Jahrhunderten. Von hier aus wird fast ganz Frank Uhu an einen offenen Ort hinstellt. Die erste vorbepflie-
! «ende Krähe schlägt Lärm, fliegt weg, und benachrichtigtdiirch
reich mir feinem Tuche verfehen, und auch das Ausland " ihr Gcschrcn andere, welche nun auch alle berbevkonimen,
bekömmt eine beträchtliche Menge der schönen Louvierfchcn ! n»d unter großem Lärm auf die Eule stoßen , die jedoch
fchwarzen, grünen und blanen Tücher. Von Vernon bis ! ihre Angriffe wcnia fürchtet. Ihre .veldeiitkgtcn bestehen
Montes fährt man zwischen Hügel und Fluß; viele Häuser auch meist nur im Scbrenen, nur iveni -i wagen den wirk-
^ lichen Angriff. Man bcnuzt daher die Eule» lbeils »in
sind in den Hügelfelfcn hineingebant. Kurz vor Mantcs andere Vögel, besonders Krähen und Taqraubvöqel, an
liegt daS Gut RoSnv, das ehemals dem Minister Hein zulecken , und sie aus dem Hinterhalt zu ichicße»,
richs rv., dem edeln Sully, angehörte, und jezt ein Ei- , thcils um kleine Vögel zu fangen. In der italienischen.
zenthum der Herzogin von Berrv ist. Sin englischer Park Schweiz wie i» Italien werde» deswegen die kleinen En
l lcn häufig gezähmt und zum Vogelfang gebraucht, in
mit schönen Anlagen erstreckt sich längs der Landstraße. , dem man sie l» einer dafür besonders gewäklten waldigen
Mantes iir ein hübsches Städtchen, das mit Paris sowohl , Gegend auf einen erhöhten Stock fest macht , dann rings
auf der Seine als vermittelst einer guten gepflasterten i Kerum thcils an dem Stock, thcils an den benachbarte»
Landstraße Wielen Verkehr hat. Ueber Poissv, das feiner Bäumen Leimruthcn aufpflanzt, an welchen die herumflie
gcnden Vögel hängen bleiben. Die andern Vögel verra
wöchentlichem Viehmärkte halber bedeutend ist, und über then aber auch dem Jäger den Aufenthalt der Eulen, an
St. Germain geht es dann längs der Seine auf Paris zu, welchen er sonst wahrscheinlich unbemerkt vorbevgeken
wo man durch die schöne Barriere am Ende der elvsäi- würde. Da wo man Fasanen im Freuen zieht, müssen
die Raubthiere sorgfältig abgehalten werden. Man Kelr
scheu Gefilde hineinkommt. daher meist große Ohrculen an solchen ONen, die von Zeit
zu Zeit an Stellen ins Freve gebracht werden , wo der
Zur Naturgeschichte der Eulen. läger im Hinterhalt die Kraken und Raubvögel schieße»
Wer häufig mit dem Landmanne Umgang hat, wer kann. (Der Beschluß folgt.)
die gemeinem Klassen der Städter beobachtet, ja wer selbst
!2S
Korrespondenz-Nachrichten. Scott über sein Werk zu verbreiten gewußt, unstreitig gchaltvob
Dresden, 4. Januar. ^ ler und gedankenreicher seyn wird. Der Verfasser ist W.Hazlitt,
(Beschluß.) ei» Schriftsteller aus der Bcnkbamschen Schule, der sich durch,
Am leztenTage de« Jahre« warb ebenfalls zum ersten seine Kritiken über Shakespeare und andere Schriftsteller schon
Male das „Manuskript,^ ein Lustspiel der Frau von Weissen- vortheilhaft ausgezeichnet hat. Nach de» wenigen Auszügen
zn schließen, die wir davon gesehe», ist der Styl edler und
thurn aufgeführt, das unsere strengen Knnstrichtcr schon um dcß-
willm verdammen müssen, weil eine Blinde darin die Hauptrolle kräftiger als i» Scotts Napoleon , aber auch trockene« und we
spielt. Und doch hat e« recht anziehende Situationen , ohne niger anmuthig. Er scheint indessen mit mehr Muße unb
eben gerade ein Meisterstück von Komposition zu scyn. Der Geduld seine Materialien gesammelt, und sie nicht auf Treue
weiblichen Schriftflellerey wird barin ein Ehrenkranz gefloch und Glauben gewisser Zeitungen anfgenommen zu habe» ; auch
ten, aber auch die Dorne» werden nicht vergessen, welche vcrschmähctc er es, unverbürgte Gerüchte als Tatsachen anzu
norhwcndig barein gewunden scyn müssen. Dem. Fournier gab führen. Gegen die Franzosen ist er offenbar partheyisch;
die Rolle der blinde» Albertine mit hinreißendem Gefühle, und ob er es aber auch in Hinsicht Napoleons ist , habe ich noch
nicht entdecken können.
lies es bedauern, baß wir diese liebliche Erscheinung so selten,
und in so wenigen bedeutenden Rollen sehen. Ihr Organ eig Der unglückliche Maler Hayben , welcher seinen Künstlers
net sich ungemein für das Milde, Weichere, Sanftergreifendc, cigensinn, nnr große geschichtliche Gegenstände zu malen , für
und eine Elise vo» Balberg z. B. würde mit ihr gewiß welche weder unsere Medicäcr Geschmack, »och unsere Häuser
zn einer gelungenen Darstellung werden. Mehrfache An Raum haben, in Kingsbench hat büßen müssen, scheint end
erkennung warb ihr zu Theil. Auch die übrigen Rollen wur lich zur Ueberzeugung gekomme» zu sevn, baß es weit ange-
den mit Fleiß und Liebe dargestellt. Besonders legte Herr neinner ist durch ein vernünftiges Schmiegen in den Zeitge
Werdy in seinen Buchhändler Gehrman einen recht lebendigen schmack wie Sir Thomas Lawrence in Russell Sauare zu
Humor, und Dem. Glcv gab der chargirte» Rolle der wohnen und in einem schöne» Wagen nmher zu rollen , ohne
Emmcrike ihre volle Wirksamkeit. Herr Heyne zeichnete in dabeu eines gewissen Ruhmes zu entbehren , und zwar hat
dein HeliodoruS eine komische Ucbcrspannnng , welche nur ei ihm das Gefärigniß selbst die Mittel geliefert, seine neue Bahn
niger andern Züge bedurft hätte, um recht zeitgemäß zu scyn, auf eine auffallende Weise zu eröffnen. Während des gezwun
und der Millionär des Herrn Zcner war auch dein Leben ent genen Aufenthalts des Künstlers in diesen Wohnungen des
lehnt. Mehr zusammengedrängt würde diese neueste Arbeit der Elends, der Tborheit, dcö Lasters, der Vollere« und Ver
talentvolle» Schriftstellerin unstreitig noch größere Wirkung schwendung , ließe» es sich nämlich die Bewohner einfallen,
hervorbringen, da besonders die weinerlichen Sccnen etwas zum Zeitvertreibe eine spaßhafte Wahl eine« Parlamentsmit
zn gedchnt sind. gliedes für die Stadt Tenterden, (Lord Tenterden ist nämlich
der Titel des SbcrrichrcrS von dein Kingsbenchgerichtshofl
Ain 29flcn Dec. fand hirr wieder eine Börgcrfeyerlichkeit
statt , welche seit mehr als zwanzig Jähren nicht gesehen wor zu veranstalten. Es wurde demnach in gehöriger Form ein
den war , nämlich der festliche Umzug der Bäckcrinming. Es Gerüst aufgeschlagen, Shcriff, Conflabler, Wal'lschrcibcr u. s.w.
ist bekannt, daß dieser Festzng mehreren Städten Dcukscblaiids ernannt, kurz eine so vollkommene, lärmende Wahl veranstal
tet , als man sie nnr irgendwo in England fehcn kau» ; als
eigen ist , und sich von einem kaiserlichen Privilegium nach der
Befrcyung der Stadt Wien von der Belagerung der Türken die Lust in »ollem Gange war, machte Hayden von seinem Fen
hcrschrcibt. Hier war er auch schon seit jener Zeit eingeführt,ster aus eine Skizze von dein komischen Zluftriltc , und vollen
und im Jahre 4 727 hatte der hiesige» Bäckerinnung der da dete später sein Gemälde durch die Gefälligkeit seiner Mitgefan-
malige Regent von Sachsen für denselben eine besondere Fahne gcncii , die sich von ihm in de» verschiedenen Rollen , die sie
verliehen , deren hundertjähriges Alter dieses Mal durch das in der Posse gespielt , abmalen ließen. Der Ruf spricht sel r
Herumtragen derselben den Zug u», so festlicher machte. vortheilhaft von diesem Gemälde! cS soll ganz das.CKarattcri-
Dabcy fehlte denn eine gewäMgc.Christflolle, fast be flische «»eS Hogarth in der Zeichnung, mir der höchste» Kunst
trächtlich wie der WcUmgicnschc Pudding , welche dem Könige in der Farbenmischung und der Verthcilung des LichtS und
überreicht, und sehr gnädig aufgenommen wurde, das Fabs Schattens vereinigen.
«cnschwcnkcn und Werfen, und der Kampf der sogenannten Man hat auf de» große» »orbamerikanischen Gewässer»
Klopffechter nicht. Eine zahllose Menschenmenge umwogte die eine Art von Fahrzeug eingeführt , welches alle Vvrthcile
in stattlicher Kleidung und mit vieler Rüde Einherzichcnbcn, der Dampfschiffahrt ohne ihre Unbequemlichkeiten gewährt. Es
und eine kleine Störung , welche des Nachmittags vorsiel, ist nämlich ein großes, trefflich eingerichtetes Schiff, mit beque
konnte den angenehmen Eindruck nicht verwische», welchen men Schlafzimmern, Speise-, Lese- und Anklcidczimmcrn. Die
solche Bürgcrfcstc auf jeden hcrvorbrinacn müssen, der die ses Schiff wird von einem Dampfschiff gezogen, welches, nngc-
Wichtigkeit dieses Standes, die Krä>te, welche in ihm wglren, fälir sechs Fuß von dem Hauptschiffe entfernt, mit diesem durch
und den rcgcn Sinn für alle Arten von Verbesserungen kennt, eine Brücke verbunden ist, unb Küche, Vorrathskammcrn, kurz
welchen neuerdings fortschreitende Zeit und anregende Bcy- alles enthält, was den Reisenden durch Geruch oder auf andere
spielc i» ihm erweckt haben. Weise unangenehm scyn könnte. Es versteht sich von selbst,
Bald wirb nns Herr Bvsco mit seinen Wnndcrkünstcn daß die Entfernung des Geräusches dcs Räderwerks keiner der
unterhatten . welche er bereits in Leipzig zu großem Staunen geringsten Vvrthcile ist, welche dieser Plan gewährt , und wohl
der ihn Besuchenden gezeigt hat. Schon erzählt man sich kein minbercr, daß die Gefahr , welche Reisende von deiki Zer
mehrere komische Anekdoten von Mystifikationen, die er unbe platzen des Kessels befürchten könnten, dadurch fast gänzlich
kannterweise an hiesigen öffentlichen Orten zum Besten gege beseitigt ist.
ben hat. , Guido. Die Einwohner von Baltimore gehen mit dem Plane um,
einen gußeisernen Weg von dieser Stadt über das Allcghanuge-
London, Januar. birg biiZ^n den Ohio, eine Strecke von ungefähr Zim engl. Mei
(Beschluß.) len, anzulegen, ein Riesenwerk, welches, wenn es zur Ausführung
In Kurzem wird ein ncnes Leben Napoleons erscheinen, kommen sollte, alles von der Art je Unternommene verdunkeln muß.
welches, wenn ihm auch die Anmuth fehlen sollte, welche Sir W. Be plage: Kunstblatt Nr. iv.
Verlegt von der I. G. Cor ra'schen Buchhandlung.
31.

M o r g e n b l a t t

f ü r

gebildete Stände.

Dienstag, 5. Februar 182 8.

- Wie viel Feinde der Wahrheit! mir ilntet die Seele,


Seh» ich da« Eulengeschlecht , da« zu der Srnne sich drängt.
Schiller.

Die vier Norweger. „Du sprichst zu allgemein," unterbrach ihn Rössing,


Von Henrich Steffen«. ..bn kannst nur von einer eigenrhümlichen Richtung de?
Kunst reden. Mit demsilben Recht, ja, es wäre nicht
x Drittes Bruchstück. schwer zu beweisen, mit größerem Recht könnte man sa
Holbein erschien wieder. Man sah ihn immer mit gen, das Heidenthmn, der Dienst der alten Gitter müsse
dem katholischen Geistlichen ; von Sophien hielt er sich wieder aufblühen , aus diesem ist die Kunst entsprungen,
fern. Eines Abends trafen der Fürst, Rössing und Hol mit ihm steht und fällt sie."
bein bei dem Doltor zusammen. Sophie war in der lez- „Jch»sprach natürlich nur von christlicher Kunst," er
ten Zeit fast unzugänglich. Heute Abend erschien sie von widerte Holbein. — „Keineswegs," entgegnete Rössing,
dem Geistlichen begleitet; auch Julius war aus Freiberg „du und wir Alle sprachen von der Kunst im Allgemeinen.
herübergekommen, um seinen Freund nach langer Zeit zu Oder wagst du wirklich der christlichen Kunst, als solcher,
besuchen. den Vorzug vor der alten einzuräumen ?" — „In einen
Das Gespräch wollte zwischen Menschen, die einander solchen lmnvrhigcn Kampf lasse ich mich gar nicht ein,"
noch vor Kurzem so villig zu verstehen schienen, die sich rief Holbein mit Heftigkeit. „Wir sind Christen, oder
jezt, ohne es sich gestehen zu wollen, wechselseitig so ent nennen uns wenigstens Alle fo; das Reich der Seligen,
fremdet waren, gar nicht in Gang kommen, und Ju des Erlösers als Kind, als Lehrer, am Kreuze, als Auf
lius, der in Freibexg ganz für sein Geschäft lebte, hatte erstandener, die heilige Mutter, die Hrcrschoaren der Hei
von allem, rvas sich hier zugetragen , keine Kunde. Aber ligen, die Märtyrer, die Engel bilden die Welt der
der innere Isviespalr, der nur mühsam verheimlicht wurde, Kunst. Wenn diese Welt uns zerrinnt, dann erlahmt die
war ihm nur zu klar. Er sah sich ängstlich um. Allmälig Hand, die sich nur an dieser A„scham„ig zu stärken ver
fing man an, von einigen neuen Gemälden zu reden, die mag; die Kirchen zerfallen, irdische, bedeutungslose Ge
Aufsehen erregten. Das Urtheil war sehr verschieden, stalten treten frazenhaft an die Stelle der göttlichen, klein
das Lob sehr bedingt; die Meisten fanden Manches zu liche Bedürfnisse engen uns ein, die Lumpen der Eleganz
tadeln. sollen die Dürftigkeit des Dasevns illusorisch , theatralisch
„O redet nicht von dieser neuern Kunst," rief Holbein, zudecken, und der Geist der Kunst ist auf immer entwichen."
„damit die Kunst wieder aufblühe, muß die Kirche wie „Was du da sagst, hören wir mit andern Worten
der lebendig in die Zeit hcreintreten ; sie hat die Kunst nun an allen Ecken," erwiederte Rössing. „Ich kann ihm
erzeugt, mit ihr steht und fällt sie." keineswegs unbedingt beistimmen, und du hast meinen er
sten Einwurf in seinem ganzen Umfange keineswegs ver phen bekannt, um ein rechtgläubiger Heide zu seyn , und
standen. Ob die Kunst überhaupt feon soll, davon, kann ich kenne meinen Vasari genau genug, um zu wissen, daß
gar Nicht die Rede sepn; sie ist die schönste Zierde, die der christkatholische Glaube keineswegs in, der Künstler
höchste Blüthe der Erde. Aber ob eine besondere Eigen- welt der damalige!'. Zeit so ganz vorzügliche herrschte-.
thümlichkeit der Kunst in ihrem ganzen Umfang wieder Aber Tüchtigkeit war damals zu Hause ; kein, Schwätzer
aufblühen foll, das ist eine andere Frage. Sie ist ent durfte seine- Stümperei mit grosse« Worte« zudecken.
standen und zu Grunde gegangen mit einer bestimmten Man fragt, ob die Kunst sich »ach der Natur richten soll ;
Zeit, sie kann, in ihrem ganzen Umfange, eben fo wenig sie foll Natur sepn. Tüchtigkeit ist das Naturgesetz,
wieder aufblühen, wie diese Zeit selber. Ich achte die Be nicht das religiöse Gesetz der Kunst , obgleich der wahr
strebung den Alten nachzueifern, manches Schöne erhalten haft Religiöse auch hier, wie allenthalben, das Naturgesetz
wir auf diese Weise; aber erst, wenn die Kunst aus un als ein göttliches ehrt. DieseÄ Naturgesetz will, daß der
fern? eigenthümlichen Leben, ans allen Richtungen dessel Künstler, als solcher, erst ein Kind sepn soll, in bewußt
ben hervorblühr, lebt sie wirklich ; alles Uebrige ist Ma loser That, durch Gehorsam , durch Entsagung in den
terial, Studium. In unfern Tagen , feit Jahrhunderten Schulen strenge erzogen x dann erst darf er Geselle werden,
hat sich alles der freien Persönlichkeit zugewandt. Tempel darf frei um sich schauen , um zum Meister heranzureifen.
bauen wir nicht, aber weder Griechenland, noch die Römer, Die hohe Idee mag, wie der mächtige Trieb in gewaltigen
noch die blühenden Zeiten des Mittelalters kannten die Jünglrngsnature« de« Gesellen durchdringen, aber sie
Bequemlichkeit des persönlichen Lebens , die unsere TäA wirklich zu schauen, sie darzustellen, vermag nur der Mei
auszeichnet.^ ster. Wenn ihr aber i« unnatürliche» Verkehrt!) « mit
„Und das willst du loben,« rief Holbein, „was die dem Ziel der Kunst anfangt,, dann wird die Nichtigkeit
Kirchen verödet, jedes große öffentliche Leben zertrümmert. eures StrebenS allewege kund werden."-
Alles in ein Chaos von Verwirrung der Staatsverfassun (Der Beschluß folgt.)
gen, der Systeme, der Meinungen gestürzt hat, daß ein
Jeder sein Haus baut für sich, seine Religion, seinen
"Staat, seine Philosophie, und in abgetrennter Selbstsucht Zur Naturgeschichte der Eulen.
feindlich steht gegen Alle, wie Alle gegen.ihn — das willst
du loben?" (Beschluß.? ,"
«Auch dieses, lieber Hvlbein, höre ich ja wohl nicht Wenn gleich die Enlen von der Nat« auf thierische
heute zum erstenmal, und du hast, was du da sagst, nicht Nahrung beschränkt sind, so kann doch der Mensch in Hinsicht
aus dir selber. Aber ehe ich dir direkt antworte, muß ich auf seine Ockonomie höchstens die großen Arten eines
noch einiges erwähnen , was mir wichtig scheint. Keine Schadens anklagen; da nns diese zuweilen Hühner, Ha
einseitige Ansicht der Zeit, die Alles in Schatten stellt, sen , sogar junge Rehe weguchm«» ; daher den« auch an
die großen Keime der Entwickelung, die wir pflegen sollen, vielen Orten ein Schußgeld für die Erlegung der Eulen
in übermüthiger Beschränktheit übersieht, kann ohne ihre bezahlt wird. Allein es beruhet auch dicß auf Unkcnntniß
Strafe zu finden verfolgt werden. Diefe stillen Keime, der Naturgeschichte dieser Vögel, welche lehrt, daß die
und lägen sie in der Verwirrung noch so tief verborgen, Hauptnahrung derselben in den dem Haushalt der Men
bilden unfern Reichthum, unfern einzigen, wahrhaften; schen so schädlichen Mäusen besieht, die kleinsten Arten
alles übrige ist erborgter Prunk, ist nichtige Lüge. So aber nur von Insekten leben. Wenn man bedenkt., daß
gebiert sich die leere, hohle, in das Blaue (sie nennen es der Uhu auf euicn Hafen vielleicht hundert Mäuse ver
die blaue Blume, aber es ist nichts als Luft), in das Blaue zehrt, so wird man auch ihn eher unter die nützlichen als
gehende, unendliche Sehnsucht, jene phantastische Grübelei, schädlichen Vögel zählen können. Nur zur Vrütezeit wird
die alle Gegenwart gering schäzt. Um bei der Knust zu der Uhu schädlicher, und er scheint alsdann besonders äuch
bleiben; ist nicht eine eigene nichtige Generation von die Rebhühner zu verfolgen. Alle übrigen Eulen aber
armseligen,, seufzenden Stümpern, die von rechtswegen vergreisen sich nur sehr selten an Vögeln, sondern suchen
ein inniges Mitleiden mit sich selber fühlen, aus dieser ihre Nahrung in kleinen Säugethieren und Insekten.
leere« Richtung hervorgegangen? Kunst sezt zuerst Ta Statt daher sie zu verfolgen, sollte es der Landmann für
lent voraus ; wo dieses fehlt, kann keine Sehnsucht und ein eben so großes Glück halten, ein Eulenncst an seiner
keine Mutter Gottes es ersetzen. Dieses Talent ist, wie Scheune oder in einem hohlen Baume seines Baumgar
alle Gaben, die Gott zwar den Menschen schenkte, aber tens zu haben , als ein Storchennest ans seinem Dache.
deren Gebrauch zum Guten oder Bösen , zu seinem Heil Denn unbeachtet von ihm fängt das nistende Eulcnxaar
oder zu scinemUuheil, er ihm überließ, ganz von der Reli in seinen Wiesen nnd auf seinen Aeckern, oder in seine»
gion verschieden. Phidias war zu genau mir den Philoso Scheunen eben so viele und auch wohl noch mehr Mäuse,
I2Z
als die beste Katze, ohne auch nur den geringsten Schaden sich zu und antworten einander. Man kann die? beson
zu thun. Und doch schießt er die Eule herunter, wenn ders in Graubünden oft wahrnehmen. Wer nie eine Eule
er sie am Tage sieht, und nagelt zum Zeichen seiner SchieH- geHirt hatte, wird sicherlich getäuscht, und. glaubt das
kunst seine Wohltäterin an das Scheunenthor ober über Jauchze» Betrunkener zu hören.
die Hausthüre. Nur die ganz kleinen Sulenarten, und Bevor die jungen UhuS fliegen können, und also> im
es gibt solche, die nicht größer als Sperlinge sind, können Nest genährt werden müssen, schleppen die Alten ihnen
die Mause nicht ganz fressen ; sie suchen sich daher Insek sehr viele Nahrung herbep. Von Jemanden wurde ein
ten zur Nahrung, Heuschrecken, Mistkäfer, Nacht- junger Uhu in der Nähe eines Nestes gefangen , welches
schmettcrlinge und dergleichen, und sind also auch wieder nicht weit von dem Schlosse, wo diese Person wohnte,
für Landwirthschaft und Gartenbau sehr nützliche Ge« entfernt war. Der junge Vogel wurde in einen offnen
schöpfe. geräumigen Bauer gesperrt und so gestellt, daß oie Al
Kein Thier hat vielleicht so vielen Stoff zu Mähr ten sein Geschrey hörten. Am andern Morgen lag ei»
chen, und besonders zu der bekannten Sage vom wilden frischgetödtctes , noch warmeö Rebhuhn vor dem Bauer,
Jäger gegeben, als die große Ohreule, der Uhu oder und mehr als vierzehn Tage lang brachten die Alten fast
Brchu. Jene voir Bürger besungene Sage lebt noch jede Nacht Wildpret, grißtentheils junge Rebhühner,
weit umher- fort ; i» Dörfern , in deren Nähe große Wal auch eine Auerhenne, fast immer frisch.
bungen liegen, hört man die wilde Jagd zuweilen, und Die in größern Städten auf Thürmen und Kirchen
wer- die Ursache dieser Erscheinung nicht kennt, mag da wohnende Schlcyereule, so genannt, weil ihr wunderbares
durch wohl in Furcht gefezt werden. Diese wilde Jagd Gesicht wie mit einem Schleyer bedeckt ist, hat gleichfalls
besteht nämlich darin, daff in der Stille der Nacht plötzlich durch ihr Geschrey, wenn sie vom Thurme herab um Mit
aus den Waldern her ein hohles, gedämpftes , aber doch ternacht ruft, oder auf dem Gottesacker dasselbe ertönen
«nt hdrv«es Rufen puhu, vubue, oft von mehreren Sei läßt, schon manchen erschreckt, weil er eine Schlimmes
ten her, viel und Melk wiederholt, vernommen wird, weissagende Stimme zu hören glaubte. Es ist gerade, alö
welches zumei/eu auch wohl das Echo doppelt wiedergibt. ob ein Mensch mit offenem Munde schnarche ; diese Töne
Brausend und schnaubend zieht derAug durch die Gebüsche, geben sie oft stundenlang in denselben Zeiträumen voir sich,
und «er sich lir der Nähe befindet, bemerkt feurige, schnell und man glaubt sie auch ganz in der Nähe zir vernehmen,
umherfichrende Punkte. Bald ertönt ein höheres Hu, bald obschon dieselben vom Thurme herabkommcn; will man
glaubt man. eiir schallendes Hohngelächter zu hören, bald daher dem Schnarchen des Schläfers nachgehen , so findet
das Heulen und Klaffen der Hunde, bald ein jauchzendes man ilm nicht, oder wird dabev wohl gar von einer leise
Rufen der Jagerund das Wiehern von Pferden zu verneh fliegenden Eule wie von einem Schatten nnischwcbt, wäh
men. Man. denke sich dazu das Schauerliche des Orts, rend die andere forrschnarcht.
alte Ruinen, dunkle Wälder, und man begreift, wie leicht In ihren verschiedenen Arten sind diese nachtlichen Vö
die aufgeregte Phantasie noch Manches zu hören glaubt, gel ziemlich zahlreich, wie überall, so insbesondere auch
das eigentlich nicht gehört wird. SS rührt dieses Geschrei in der Schweiz und in den Berggegenden derselben. Im
von den Kriege« und Spiele« der Uhus her, welche Haushalt der Natur verzehren , sie eine grosse Menge an
znr Zeit der Begattung stattfinden , wo zuweilen ih derer, und namentlich auch dem Haushalt des Menschen
rer zehn und zwanzig sich versammeln , die unter jenem schädlicher Thiere. In Jahren , wo die Mäuse sich so
GesäNK sich herumjagen. Das hoheHu ähnelt dem starken vermebrten, daß sie fast zur Landplage wurden, sah man
Jauchzen eines Menschen, und scheint .der Paarungsruf auch die Eulen in solchen Gegenden sich !ehr vermehren.
zu seyn, wo dann auch das Weibchen ein gräßliches lautes So hat die Natur gegen jedes Uebel auch wieder das Ab-
Kreischen von sich gibt. Die grossen Angen phosphoresci- hülfsmittel erschaffen, und alles trögt dazu bev, dass das
re» wie bey den Katzen und andern nächtlichen Thieren. Gleichgewicht nie lange gestört werden kann. Oft aber
Wenn danir noch dazu kömmt, dass die Hunde der benach greift der Mensch mit frevelnder Hand ein und schadet
barten Dörfer, deren Gebell mam in stiller Nacht weit durch seine Mordlust seinem eigenen Interesse.
hört, von jenem seltsamen Lärm geweckt, zu bellen und zu
heulen anfangen , so kann man sich wohl denken, wie leicht
bey vorhandener Neigung znm Aberglauben Furcht und Jean Paul Fr. Richter an, Emanncl.
Schrecken verbreitet werden konnte. Schon das Geschrey
kleinerer Eulen , welches man irr Waldungen oder am de Hof, den Zt. Dcc. i?si.
ren Rande oft hört, hat etwas Schauerliches und Unheim Mein lieber Emanuel,
liches, besonders in Gegenden, wo «s viele alte Ruinen Nehmen Sie diesen Brief nur für den Anfang eines
gibt ; da rufen die Eulen, von einer Ruine zur andern Briefs. Wir müssen alle gewisse Abmarkunge» am Uftr
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und Strome der Zeit annehmen, und das ist für meine hingibt. Jn der zwcyten Abtheilung, welche mit dem ,.v«.
ReligionSparthey der heurige Tag ; aber im Grunde ist «in« ^e,u <ÜKri5>c^ beginnt, hat der Komponist auch einige
Thcmate aus Mozarts Requiem ausgeführt, und dadurch auch
er es auch für Sie, da doch jeder Tag der Geburtstag ei feine Meisterschaft in der Technik genügend beurkundet. Di«
nes neuen, und der Todestag eines alten Jahres ist. kürzere dritte Abtheilung, welche das» gewöhnlich bey der
Indem mir jezt um zwölf Uhr zu Nachts , wie bey einer Einsegnung vorgetragene .,l.iber, me" enthält, und aus ganz
Auktion , das neue Jahr sammt feinen Abendröthen und einfachen, choralmäßigcn Weisen besteht, gehört in der That
mehr für die Kirche , aber der Zweck der Feyer , bey welcher
Abendgewittern zugeschlagen wird, denk ich an Sie und an inan einen tiefern Antheil des Publikums vorauSscyen durfte,
Ihren Brief und an meine Wünsche für Sie, die Ihnen verstattete diesen Theil mich an diesem Orte auszuführen.
alles geben möchten, was ein schönes Herz »erdient. Und I» den folgenden Abonnementskonzerten hoben wir außer
meine Wünsche sind, daß Ihnen die Gegenwart so magisch mehreren jährlich hier mit immer wärmerem Eifer ausgeführten
und aufgenommenen Symphonien von Beethoven auch einige
werde wie eine Erinnerung oder eine Hoffnung, diese De- in der lcztern Zeit seltener vorgetragene von I. Haybn ge
korakionsmalerinnen unserer düstern Minuten , und daß hört, und uns an der jugendlichen Heiterkeit, Klarheit und
Sie für die Sehnsucht, die in jeder ausgedehnten Seele Unschuld des alten Meisters allgemein crgbzt. Von dem er
wohnt, auf dieser Erde nicht Stillung, sondern Nahrmig ster» , so wie von Cherubini und Weber, hörten wir
auch einige Ouvertüre» in großer Vollendung der Ausführung.
suchen, weil gerade das Bessere im Menschen, d. h. sein Nicht so genau war die der Ouvertüre von Onslow (zu der
Hunger nach einer hier unsichtbaren Tugend, Freude und Oper der ,.Alkabe '). Bey aller Menge von Noten, bei) aller
Weisheit ihm feine Verpflanzung in eine reichere Welt Lebhaftigkeit der Motive und bey aller Gewandtheit diese«
verbürgt, und daß Sie aus der Hand der Tugend jene lichen talentvollen Komponisten fehlt cS aber doch an der cinbring«
Kraft , mit welcher die vorgenannte» Meister ihre »»ist-
stumme Glückseligkeit empfangen, deren Entbehrung man kalischcn Gedanken gleichsam zeichnen. Von Instrumentalsolo-
durch die laute verlernt. stücken hebe ich hervor das von Fvänlein Rcichhold mit viel
ES gibt eine sanfte Melancholie, die das Auge mehr Eleganz und Fertigkeit vorgetragene (»r»nä Koncko von Kalk-
schimmernd als naß macht und die unsere guten Borsätze brenn er, das Konzertino für die Tenorposaune von Mül
ler , von dem in feiner Art einzigen Posaunisten Queisser mit
mit langsamen Augentropfen befruchtet; sie gleicht dem eben so viel Kraft als Delikatesse vorgetragen, und das vom
stillen dünnen Regen, der der fruchtbarste ist. Diese Me Herrn Musikdirektor Präger komponirte und mit außeror
lancholie ergreift uns in der lezten Minute eines an dentlicher Fertigkeit gespielte Eoncertino für die Viole. Von
Glocken seilen in die Ewigkeit hinabgelassenen Jahres, fremden Künstlern trat nur Herr Gerkc. Violinist der chur-
fürstlich hessischen Kapelle , welcher auf einer Kuiisircise begrif
und die kalten Glieder der Tobten , die wir verloren ha fen ist , auf. W« bewunderten schon vor vier Jahren , als
ben, berühren dann unsere Seele und heilen ihre Män er ungefähr sechszclm Jahr alt , hier auftrat , die Kraft und
gel. Ich sage zugleich eine gute Nacht und ein gutes Fertigkeit seines BogenS, und erkannten in der Solidität und
Jahr , und bin und bleibe Ihr Freund in dem gesangsmäßigcn Ausdrucke seines Spiel« den aiisge«
zeichneten Schüler Spvhrs, Hr. Gcrke hat die großen Erwar
Richter. tungen , welche wir damals von ihm hegen durften, nicht ganz
gerechtfertigt ; er hat die Bahn jener großartigen Schule »er
lassen und scheint sich rasende Wagstücke zur Aufgabe zu ma
Korrespondenz-Nachrichten. chen, ein schlüpfriger Pfad, auf welchem ein leeres Staunen
zu gewinne» , und «Ucö Gelingen dem Zufall preisgegeben
Leipzig, im Januar. ist. Grund zu diesem Urthcile gibt mir das von ihm selbst
Nach langer Pause ergreife ich die Feder wieder, denn komponirte Potpourri für die Violine , bey dem weder
zwar wurde» unsere hiesigen Institute für Musik »ub Thea Reinheit noch Ausdruck möglich war. Dagegen muß ich dem
ter nach der zwcyten Trancrperiode, welche in daS verflossene Vortrage des berühmten Konzerts in Forin einer Gcsangsscene,
Jahr fiel, schon am Schlüsse des Novembers wieber eröffnet, von Spohr, die Gerechtigkeit widerfahren lassen, baß in dem
allein seitdem hat sich so weniges von allgemeinerem Interesse selben Kraft, Ton und Ausdruck im Sinne des Ganzen ver«
in und an denselben hcrvorgcthan , baß ich hier die Ereig schmolzen. Was die Vokalmusik anlangt » so hörten wir, aus
nisse eines größer« Zeitraums zusammenfassen kann. — Zu ser einigen schäyenswerthcn Leistungen der Fräulein Henr.
erst wurde das Abonncmentskonzcrt durch eine musikalische Tod- Grabau, mehrere gut eiustudirte Ensembles, z. B. das italienische
tcnfeyer zum Gedächtnis, der jn unser» Mauern verschiedenen Terzett von Beethoven „'!><!».»><:, empj «>«. ," „nd ein hier zum
Königin eröffnet. Diese wurde durch Beruh. Mombergs mei ersten Mal ausgeführtes Quintett nebst Chor, von Carl Eber»
sterhafte Trauersymphonie (auf den Tob der Königin Luise von wein , aus dessen Oper „der Graf von Gleichen einnn ge-
Preußen) eingeleitet ; hierauf folgte das noch wenig bekannte sangvollen Stücke, welches sich Beyfall erwarb, auch Beetho
große Regniem von E v b l e r (Wien bey Haßlinger in Parti vens Hymnen (>Ui»i», mit bcutfchcm Tertc), unter welch«' die
tur erschienen); der Tctt ist mit tiefem, wahrhaft religiösem dritte AbtlMung , und vornehmlich der Sag : ,,o wie selig,"
Silin behandelt , und die musikalische Bearbeitung von solcher (Lenoäicius) vielleicht das Schönste und Würbigste ist, waS
Gründlichkeit, daß ein oberflächlicher Sinn, der in Konzerten Beethoven von kirchlicher Musik geschrieben Kar.
gewöhnlich nur das Elegante sucht , oder an irgend einem be (Dir Fortscymig folgt.)
rühmten Werke, wie z. B. Mozarts Reauicm . seine stcrco-
tvpe Musterform hat , dadurch nicht befriedigt werden kann.
Desto größer» Genuß findet in demselben ein gebildeter Mu
sikfreund, der sich mit religiösem Sinne seiner Einwirkung Berlage: LireraturbIattNr.il.
Verlegt von der I. G. Cotta 'scheu. Buchhandlung.
52.

Mo r g e n b l a t t

f ü r

gebildete Stände.

Mittwoch, s. Februar 182 8.

„Laß mich los, um Kottcswillen !


„Kieb mich armen Sklaven frey !
„Laß die Augen dir verhüllen,
„Daß ihr Glanz nicht tbdllich sN)!-°
Tieck.

Hug und Mathilde. Das gieng der holden Fraue nah,


wie sie den stille» Kummer fah;
Ballade. ach, hätt' er nur mit ihr gertjcilt,
Dem Dichter der heiligen Genoftva zugeeignet sie glaubte leichter ihn geheilt;
von A. A. L. Fellen. doch wenn sie zärtlich dringend bat,
I. ihm heiße Schaam zur Stirne trat.
Wer liebt, der guten Alten Art,
ihr tief Gemüth, so herb und zart, Wenn dann, von Lieb' und Leid bcrhaut,
die rechte deutsche Lieb' und Treu', ihr Auge strahlend anf ihn schaut,
dem sing.' ein altes *) Lied ich neu : dann wie, gelöst vom Sonnenbrand,
wie auch schon hier im Pilqerkleid sich trennt und weicht die Gletscherwand,
uns blüht des Himmels Seligkeit. und als Lauin' in kühner Flucht
zermalmend ihre Straße sucht:
In Schwaben wohnt' ein edler Graf,
vor Allen ehrenfest und brav ; So jagt der Graf in tiefsten Streit;
ein wandellofer Fels 'dem Recht, nur dortcn fühlt die Brust er weit,
ein rascher Hammer im Gefecht, dort fühlt er feine Heldcnkraft,
an milder Sitte Meisterschaft die wieder Seelenruh ihm fchafft;
ein Spiegel deutscher Ritterschaft. fühlt hoher Frauengunst sich Werth,
So schien des Ritters edlem Weib wann er den Siegsdank ihr verehrt.
die Anmuth durch den klaren Leib,
ans ibrem Aug' die hekre Schaam Doch immer, immer wiederkam,
bei Minne, die kein Ende nahm; der alte nievcrsohnre Gram,
ihr Gruß war Segnen, Tanz ihr Gang, und just der Gräfin Reiz und Huld
die Rede freundlicher Gesang. erschuf ihm Schmerz der Ungeduld. —
Und doch bei all' dem Preis und Gut Wohlan! wenn Ihr es fühlen könnt,
Graf Hug sich heimlich härmt den Muth; hört, was dem Herrn fein Glück mißgönnt.
je sanfter sein Mathilde pflegt,
je wilder Angst und Pein sich regt; Wohl war Herr Hug geschlank und stark,
je mehr er niederzwingt den Schmerz, und Arm nnd Bein voll Heldenmark,
je tiefer dringt fein Pfeil ins Herz. Gcbäbrd' und Anstand rasch und fein,
doch trüb' nnd siech der Wange Schein,
Nack einer gereimten Erzählung, etwa aus dem vier- sein Bart und Haupthaar rauch und schlicht,
zehnten Jahrhundert. entstellt von Narben sein Gesicht.
Drum schuf die Engelhuld der Frann mand beklagen. Wer IleidZr auch diese, die in ihrer Nai-
dein Grafen stets ein heimlich Graun, vctät oft Besseres liefern als die Ueberfchwenglichen, fan
und Kummer , der im Auge thout ; gen an, an sich selber irre zu werden. Wenn ich eine«
und in sich seufzt' er, ohne Laut:
„weh! daß ich mißgcthaner Mann phantastisch gekleideten Thoren mit fliegenden Haaren
vor Minne dich nicht lassen kann !" — sehe, dann kenne ich schon seine Krankheit. Er leidet an
Da barg vor dieser Sonnen Licht der Sehnsucht nach Italien ; er. blickt sehnsuchtsvoll nach
der Graf im Helm fein bleich Gesicht, der blauen Blume, und hofft, daß er durch irgend einen
im Heidenkrieg, im Heldenschweiß Zauber plötzlich ein Raphael werden soll. In unscrn Ro
zu ringen nach dem hichsten'Preis, manen fängt das Volk schon an, seinen Spuck zu treiben.
bei d e ß Bannir, der auch dem Tod Sic sind eine Art verkehrter, moderner Helden geworden ;
ein Herz voll ew'ger Liebe bot.
sie laufen irrend in den wüsten Gegenden herum, Madon
Wo prachtvoll steigt am Nogatstrom nen und Heilige zu suchen , wie die Ritter die Drachen,
Marienburg, Marien Dom,
wo Hermann Salzo's Morgenstern mit Seufzern, von welchen sie Wunder erwarten, armselig
Schwertbrüder führt und Deutsche Herrn, bewaffnet, wie die Ritter mit Feensäbeln."
und tont im Schlachtstnrm: „Gott gebeut's!" Ganz entrüstet stand Holbein auf und verließ das
da nahm der Graf das schwarze Ärcuz. Hans. Rössing fuhr in seiner Erbitterung fort : „Der
Und nun das Kreuzbannir sich schwang, Thor! er glaubt, wenn er katholisch würde und in ein
und „Gott gebeut's !" zur Schlacht erklang, Kloster ginge, würde die heilige Mutter Gottes selbst
da faßt der Graf, voran dem Heer, sich in ein Bild verwandeln, sich auf feine besudelte Leine
den Heidenfürsten mit dem Speer,
und bricht nnd stürzt, ein heil'ger Sturm, wand aufkleben und sich für fein Machwerk ausgeben."
des Preußenheeres Eisenthurm. Der Doktor war höchst unruhig ; dieser leidenschaftliche
Austritt in seinem Hause war ihm in der Seele zuwider ;
Doch auch des Preußen Lanze traf,
bricht Helm und Aug dein tapfern Graf. aber der Fürst war sehr zufrieden, winkte Rössing Beifall
Da führt sein Neff und Edelknecht zu und der Doktor mußte feinen Aerger verbeißen.'
den Sieger trauernd vom Gefecht; Van der Noel faß bis dahin ganz ruhig. „Sie haben
da weinten edle Frau'n und Herrn harte Worte gesprochen, Herr Rössing," sagte er mit vie
des Ritters frühvcrblich'nen Stern.
ler Gelassenheit; «aber das Haupttbcma des Streites ha
ben Sie noch gar nicht berührt. Sie behaupteten, daß die
Kunst nichts mit der Religion gemein habe, wenn ich Sie
Die vier Norweger. recht verstehe." v
Von Henrich Stcf/cnS. „Ich behaupte noch mehr," erwiedcrte Rössing, froh,
wie es schien, daß es erlaubt war, den Hauxtfcind anzu
(Beschluß.)
greifen, „ich getraue' mir zu beweisen, daß die Blüthe der
„Die leeren Madonnentränme," fuhr Rössing fort, „haben Kunst zu jeder Zeit den nahen Untergang einer bestehenden
nicht allein manche Unglückliche irre geführt, die mit Sehnen religiösen Form ankündigt. Verstehen Sie mich recht;
und Seufzen demjenigen nachjagen wollen, was die Natur eine jede in der Zeit sich entwickelnde äußere Form, die
ihnen strenge versagt hat ; sie haben auch manches wahre Ta als Erscheinung Religion zu seyn vorgibt, geht ihrem
lent im Keime erstickt. Mir sind die gewöhnlichen Portrait- Untergang entgegen , ja muß ihre eigene Nichtigkeit er
maler, selbst ganz mittelmäßige, die ihr Brod auf eine kennen, wenn es ihr gelingt, eine Kunst aus sich zu erzeu
ehrliche Weife erwerben , und sich um eure Ueberfchweng- gen; es ist die allerdings nur irdische Blüthe, die, als der
lichkeiten gar nicht bekümmern , in jeder Rücksicht respek Gipfel des Wachsthums, selbst zum Tode bestimmt, das
tabler. Sie wissen doch, was sie wollen, sie kennen ihr Verwelken der Blätter nach sich zieht, um sich zur her
Ziel, und ich wüßte nicht, wie man sie tadeln sollte. ben Frucht zusammen zu zkchen. Es ist das Edle
Handwerker, auch Gebildete wünsche» ihre Väter, Müt der Kunst, das Zeichen ihres höheren Ursprungs, daß sie,
ter, Kinder, Bräute, Freunde abkonterfeit. Es ist lä nur fruchtlos, ihren Tod überlebt, die erstarrten Blumen
cherlich, gegen ein Bedürfniß zu deklamiren , welches doch blätter, die auch die künftigen Pflanzen umgeben, ohne der
wohl natürlich scvn muß, da es so allgemein ist, und selbst fruchtbare Boden zu feyn. War nicht das Heidenthum im
wer von nichts als von Heiligenbildern träumt, erblickt Schwanken, als die Plastik ihre höchste Srnfe erreichte,
sich doch gar zu gern selbst in einem ähnlichen Bilde. die Kirche innerlich zerrüttet, als die Malerei ihre Blüthc-
Kurz, es ist ein allgemeines Bedürfniß, wie Kleider, zeit feierte? Und es ist nothwcndig fo; denn die-Kunst
Hausgrräthe. Finden sich Menschen, die dieses zur Zu steigert die Gestalt zur Idee, und diese gehört nicht der
friedenheit ihrer Kunden befriedigen, dann darf sich Nie Erscheinung. Daß das Hcidenthum sich erhielt, wie der
"7
Heiligendienst, selbst während die Kunst blühte, und nach: dem Heiligen, auf dessen erstem Kreuzzuge begriffen wa
her, hat seinen Grund darin, daß die Kunst eine allge- ren, trug einstmals Graf Heinrich von Champagne fein
meine erlösende Kraft hat, wie kein irdisches Talent. Die bußfertiges Herz in die Messe. Auf den Stufen der Kirche
Fetische, die wahren Götzenbilder, deren Fratze die Idee traf er einen knieenden Edelmann an, der ihn also anre
nicht ausdrückt, sie vielmehr ausschließt, behielten ihre dete: „Herr Graf, ich flehe Such um Gottes Willen an,
Gewalt, und mit diesen der verzerrte Glaube." daß Ihr geruhen möget, mir etwas zu schenken, womit ich
„Ich bin katholischer Priester/' sagte van der Noel meine beiden Töchter hier ausstatten könnte, denn ich
fest und ruhig, „und darf solche Anfälle auf meine Kirche habe nichts dazu." Man kann sich denken, daß die Ge
nicht dulden." — «Sie haben mich aufgefordert,- erwie- genwart der beiden edcln Fräulein, die ohne Zweifel eben
derte Rössing ; „ich finde Sie zum zweitenmal beschäftigt, fo schön als sittsam waren, nicht wenig dazu beitrug, alle
Prosclvten zu machen; läugnen Sie es, wenn Sie dür mildthätigen Empfindungen in dem Herzen des Grafen zu
fen — und ich bin Protestant/- — Der Geistliche schwieg. erwecken. Ehe derselbe aber dem flehenden Ritter etwas
Sophie warf einen zornigen Blick auf Rofsing und Trostreiches erwiedern konnte, nahm Artaud de Nvgent,
verließ die Gesellschaft. Der Doktor konnte nicht länger ein reicher Kaufmann, welcher die Bittrcde vernommen
schweigen. Daß ein solches Gespräch in seinem Hanse hatte, das Wort, und sagte zum Edelmann: „Ihr tbur
stattgefunden hatte, war ihm zu bedenklich. Er über, nicht wohl, den edcln Herrn anzugehen, daß er Euch etwas
wand selbst die Scheu vor dem Fürsten, der zwar keinen gebe; er hat schon so viel Igegcben, daß er selbst nichtS
TheN an diesem Gespräch »ahm, aber seine Freude unver- mehr hat." „JKr irrt Euch sehr," rief der zornglühende
holen äußerte. „Herr Rössing," sagte der Doktor mit ei- Graf zn Artaud gewandt, „wenn Ihr, Elender, meint, ich
ner ängstlichen Miene, „Sic haben mein Haus gewählt, hätte nichts mehr zu geben, Hab' ich doch Such selbst zu
um einen Streit auszufechten, der, glaube ich, an einer geben. Da, Herr Ritter, nehmt den Menschen, ich über
jeden andern Stelle schicklicher als in meinem stillen nehme die Verantwortung." Und der Edelmann, nichts
^usUchen Kreise stattfinden konnte." weniger «IS erstaunt über diese kühne Wendung , war so
„Ich will Niemanden beschwerlich fallen," sagte Ros- gleich auf den Füßen und bei der Hand, Artaud festzuneh
/7ns furz und kalt und verließ daö HauS. Cr ging mit men und ihm zu erklären, daß er ihn nicht eher los lassen
Heftigen Schritten, murmelte noch vor sich hin, nnd warf werde, als bis er sich mit ihm abfände. Artaud mußte
sich, als er nach Hause kam, verdrießlich, unzufrieden mit ihm die damals sehr bedeutende Summe von 5uu LivreS
sich selber und der ganzen Welt, auf das Soxha. Da als Lösegeld zahlen.
schwebte das schöne Bild von Maria und ihrem Kinde,
ihre Andacht, ihr stiller Friede vor ihm, eine heftige Reue Korrespondenz-Nachrichten.
ergriff ihn, und er fehnte sich nach den stillen Gebirgen. Pari«, 22. Januar.
„Aber, mein Gott, sage mir, waS ist das? waS ist Der Phhsskcr Arago hat der Akademie der Wissenschaften
Alles vorgegangen, seit ich euch verließ?" rief Julius, der mehrere merkwürdige Beobachtungen mitgetheilt. Die Ansicht,
nach einiger Jeit hereintrat. "Rössing fing an. Alles, was daß das Nordlicht eine magnetische Erscheinung sey , die bisher
noch nicht allgemein «»genommen war, scheint nun fast so streng
ihm begegnet war, zu erzählen. Es ward sehr spät. Julius erwiesen , als die alte Ansscht von der elektrischen Natur des
horchte aufmerksam, doch blieb ihm Manches noch dunkel. Bliv's , u»d die langst bekannte Verwandtschaft der Elektrizi
„So viel ist klar," sagte endlich Julius, „Ihr habt euch tät mit dem Magnetismus erhält durch eine Beobachtung im
Alle am Geistreichen übernommen und den Magen verdor Großen eine neue merkwürdige Bestätigung.
Schon zu Anfang des achtzehnte» Jahrhunderts Batten
ben. Aus dem Hause des Doktors bist du nun auf im mehrere Plwsikcr die Beobachtung gemacht , dag dem» Erschei
mer ausgeschlossen." „Hätte ich es nie gesehen!" ant ne» der Nordlichter die Magnetnadel immer sehr starke, u»rc»
wortete Rössing — „und doch, ich werde mich stets mit «ermäßig« Bewegungen zeige , zum sicher» Beweis , daß man
Freuden mancher schönen und reichen Stunde erinnern, sinis die Ursache der Nordlichter im Magnetismus suchen müsse. Cas
und Pater Eottts Beobachtungen zu Paris seztcn den
die ich dort erlebte." Einfluß der Nordlichter auf den Magnetismus bis in miscre
Gegenden , die doch schon sckr weit vom Pol entfernt sind, aus«
Gaben des Augenblicks. ftr allen Zweifel , aber Arago ging noch weiter ; er behauptete
zuerst , die Nordlichter äußer» nicht nur da eine Wirkung auf
Von o,. W. B. Mönnich. die Nabel, wo sie sichtbar werden oder e« würden . wen» der
Wir empfehlen den Feudaldichtern uird Feudalphilvsophen Himmel nicht »inwölkt wäre, sondern dieser Einfluß erstreike
folgende Anekdote, die jenen Stoff zu einem romantischen sich »och viel weiter, und die Nordlichter stvcn a» Orten, wo
Originallustspiel, diesen zu größerer Bewunderung des man sie nicht mehr seken kann , weil sie den Horizont nicht
mehr erreichen , durch die Bewegungen der Magnetnadel merk
«ohlgegliederren Staatsorganismus im Mittelalter dar bar. Diese Behauptung fand besonders von England aus leb
bieten wird : hafte» Widerspruch, und Arago merkte sich daher seit einigen Jah
Während andere Herren und Ritter mit Ludwig IX., ren ju Paris, wo die Nordlichter meistens nicht mehr sichtbar sind.
die Tage, an denen, seinen Beobachtungen nach, in höheren Brei« Savaru, in der neuesten Zeit mit sehr feinen Nabeln angestellt
te» welche erscheinen mußten. Seine Vorhcrsagunge» l'attcnsich hat, daß die Wirkung der Elektricität dabey gleich, am sprungss
immer bestätigt, nnr von dem Nordlicht, das nach sehr starken weise geht, d. h. die Stärke des Magnctisnus, welche die
Bewegungen der Nadel am Zg. März I82li zwischen achr und an einander gereihten Nadel» durch den elektischen Schlag er
zel'n Uhr Abends sich hätte zeigen sollen, wollte bis jczt Niemand halten, nimmt von dem Orte an, wo der Schlag gefallen ist, re,
etwas wissen , und die Engländer betrachteten diese Thatsache gelmäßig ab . der Magnetismus verschwindet endlich gänzlich,
als einen gegründeten Einwurf. Aber vor Kurzem enthielt ein und nimmt sodann iin nämlichen Verhältnis wieder zu, bi«
Brief des englischen Plivsikers Dalto» unter andern Beobach er ein Maximum erreicht, worauf er wieder abnimmt, und so fort.
tungen die Beschreibung eines Nordlichts, das am S9. März
zwischen acht und zehn Uhr beobachtet wurde. Leipzig, im Januar.
Sehr merkwürdig sind die Wirkungen zwever Blitzschläge, (Fortsetzung.)
die das Schiff Ncw-Vo« auf der Ucberfalirt von New-Pork Zum zweuten Male in dem verflossenen Jahre wurde die
nach London getroffen haben; der erste Schlag rist alle Ver Bühne mit Webers „Obervn" wieder eröffnet» mit welchem
schlage ohne Ausnahme nieder , beschädigte jedoch Niemanden ; sie auch geschlossen worden war. Der Werth dieses köstlichen
das Schiff hatte keinen Blitzableiter. Den folgenden Tag ließ VerinächtnisseS deS gescherten Weber Kat sich für unser, da
der Kapitän. Weiler ein zweytes Ungewittcr befürchtete, ei mit nun innig vertrautes Publikum festgestellt, und «ur die
nen Blitzableiter auf den großen Mast setzen. Der Blitz schlug Erinnerung an die vollkommene Ausführung dieser Oper bey
in die Stange und schmolz sie gänzlich , eben so schmolz er den früherer Besetzung ist der Grund, warum die Vorstellungen
eisernen Ableiter, der tropfenweise ins Meer fiel. Fast alle derselben jezt nicht mehr so gern nnd zahlreich wie die frü
Passagiere sahen, wie sich das Meerwasser in einer gewissen her« besucht werben. Außer dem Weggang Vetters ist nun
Strecke um die Stelle, wo der elektrische Strom ins Meer auch der Verlust der Frau Miedke den Freunden der hiesi
fiel , in die Tiefe zog. Die geschmolzene Stange war vier Fuß gen Bühne empfindlich geworden, und beschränkt die Wirk,
lang und j Zoll dick, der Ableiter blos Zoll dick, was samkeit der zu Ende gehenden Theatcrunternchmung. Vor,
offenbar zu wenig war. Eine vortreffliche Seeuhr, die in vier- stellungen wie „Romeo und Julie," „die Brüder nach Tcrenz,"
nnd-zwanzig Stunden kaum um 7^ Sekunde abwich, kam durch den „Minna von Barnhelm," zeugen indeß immer noch von den
Schlag so in Unordnung , daß sie während der Uebcrfahrt um schätzbaren Kräften unfers Tl'catcrs.
vier:und:dreyßig Sekunden vorging. Der Grund davon zeigte Die neuen oder erneuerten Stücke, welche seit No
sich i» London; sämmtliche Thcile des Instruments waren vember zur Aufführung gekommen sind, sind folgende: „die
nämlich stark magnetisch geworben, und seine Bewegung verän brcy Gefangenen," Lustspiel nach dein Französischen, vom Schau
derte sich merklich . je nachdem man es stellte. Dieser zweyte spieler Wolff. Aas Stück hat komische Ingredienzien, aber
Schlag tddtete auch Niemanden, ja er bewirkte sogar eine um als Ganzes oder als eigentliche Komödie zn wirken , dazu
merkwürdige Heilung; ein sehr alter, außerordentlich dicker fehlt ihm Einheit der Jntrigue , indem jeder Akt die Jntrigue
Passagier war so lalnn, dag er seit mehr als drcy Jal'rcn gleichsam von Neuem wieder anfängt. Ferner sind die Haupt
keine halbe Meile zu Fuß gemacht hatte; seit er zu Schiffe war, personen der Fabel gerade die uninteressantesten. Am meisten
hatte man ihn nicht ein einziges Mal auf seinen Füßen stehen wirkt der komische Jnvalidensergeant, welchen Herr Koch
sehen. Der Blitz schlug nahe am Bette des Patienten ein, da darstellt; die Darstellung ist aber der des Don Pedro in der
sah man mit Erstaunen, wie er aufstand, auf das Verdeck „Preziosa," und andern Rollen unseres Darstellers , z. B. in
ging und lange umherspazierte , als wäre er nie krank gewe den „sieben Mädchen in Uniform^ allzuähnlich , und läßt das
sen. Anfangs hatte er den Kopf verlören , diese Verwirrung französische Wesen jenes Sergeanten nicht zur Anschauung kom
verlor sich aber , und die Heilung blieb von Dauer. Der frü men. — Ferner wurde Webers erste Oper „Sylvane" wie
her Gelähmte konnte sich frcy bewegen , so lange er noch zur der auf die Bühne gebracht. Die Direktion hat sich dadurch
See war, hatte den Gebrauch seiner Beine, als man in Lon um die Freunde Webers, welche auch auf den Bildungsgang
don ankam , und begab sich zu Fug vom Hafen nach Hanse. dieses Meisters einen tbcilnehmcndcn Blick werfen, verdient
Arago bemerkt, daß Heilungen dieser Art nicht ganz selten gemacht, besonders da diese Oper mit Fleiß und Eifer einfludirt
sind ; mir Unrecht würde man aber in diesen Fällen den Be war. WaS da« Textbuch der Oper anlangt, so könnte man
weis von der wohlthätigcn Wirkung ciycs starken elektrischen die Frage aufwerfcn , wie Weber , der so vielseitig Gebildete,
Stromes auf den menschlichen Körper erblicken ; der pst)chischc ein solches Machwerk komponiren mochte, das nichr nur einer
Eindruck des Schreckens thut hier offenbar das Meiste zur Sa vernünftigen Handlung, sondern auch selbst des poetischen
che , und dies, erhellt namentlich daraus , daß noch weit mehr Ausdrucks ganz ermangelt, wenn man nicht wüßte, daß er die
Lahme durch Fcucrsbrünste geheilt worden sind als durch Don Arbeit schon sehr früh unternommen hat. Wahrscheinlich
nerschläge. — Alle Messer, alle Gabeln von Elsen auf dein Schisse lockte ihn die der Musik manches darbietende Situation eines
waren durch den Schlag elektrisch geworden, und „och merkwür im Walde und ferne von menschlicher Gesellschaft auferzogenen
diger ist die Veränderung , welche die Magnetnadeln erlitten ; Mädchens , und ihr Verhältnlß zu dein ihre natürliche Liebens
sie lagen alle in einem Zimmer bcy einander, aber die Wirkung würdigkeit empfindenden Ritters. Zwar könnte man ein
des' BlitzcS auf dieselbe war sehr verschieben ; bcy einige» zeigte wenden , daß das ihr auferlegte Schweigen dem Komponisten
sich der Magnetismus verstärkt , vey andern vermindert . bei) den Gesang abschneide, «nb stumme Personen nicht wohl für
einigen war er ganz verschwunden , bey noch andern fanden sich die Oper geeignet seue»; allein dieß gerade hat den Komponisten
die Pole umgekehrt. Schon Franklin hatte beobachtet, daß ein zu dem genialsten Zuge dieser Musik Gelegenheit gegeben.
elektrischer Schlag Magnetismus hervorruft, aber er und Denn Weber hat die Empfindungen seines NaturmädchenS
seine Nachfolger brachten diese Wirkung der Elcktricität mit durch Jnstrumentalspiel , welches ihre Gcbcrden begleitet, tief
der Tdatsachc in Verbindung, nach welcher ein Stück Eisen schon und anmuthig auszudrücken gesucht. Es sind namentlich meh
durch einen Hamniersctilag , durch die sogenannte Perkussion rere SolvS des Vivloncclls und der Klarinette , die er dazu bc-
magnetisch wird; auf diese Art bliebe die verschiedene nnzt hat. Hierdurch sind einige der schönst«. Stücke dieser
Wirkung des Blitzes auf die Magnetnadeln durchaus unerklärt. Oper entstanden, welche den Zuschauer unwiderstehlich anziehen.
Nun aber zeigen die Versuche, welche ein französischer Gelehrter, (Der Beschluß folgt.)
Verlegt von der I. G. Cotta'schen Buchhandlung.
N°. 55.

M o r g e n b l a- t t

für

gebildete Stände.

Donnerstag, 7. Februar i 8 2 8.

Großmut!) auch dem Bösewicht


Hoffnung auf de» Srcrbebetten,
Änade auf dem Hochgericht !
Schiller.

DaS Strafarbeitshaus zu Lausanne. nothpeinlichen Halsgerickten für philanthropische Phanta


sterei halten dürften, das hat bei uns der menschliche Sinn
Wenn die Hauprperiodcn in der Bildungsgeschichte und die Erfahrung einiger Jahre ausser Zweifel gesezt.
des menschlichen Geschlechts häufig mit dem Austreten Strafe folgt bei uns nur in so ferne auf das Verbrechen,
großer Menschen beginnen, die durch die Kraft ihres Ge als sie Bcsserungsmittel sevn kann. Denn auch den ab
nius das trüge Geschlecht zu Riesenschritten zwingen, so scheulichsten Missethäter wollen wir wo möglich seiner Zeit
wirken auch nicht -selten großgedachte Anstalten freisinniger gebessert oder geheilt der Gesellschaft zurückgebe». AuS
Regierungen fördernd auf den langsamen, aber unaufhalt diesem Gesichtspunkte muß man das Genfer und das Lau-
samen Gang der Civilisation , und lassen uns oft seine sanner Strafarbeitshaus betrachten, die wohl im Bau,
Richtung und Ausdehnung für die folgenden Jahrzehnte, in der Administration und im ganzen inneren System ver
ja Jahrhunderte ahnen. Das Strafarbeitshaus, das vor schieden, im Zweck aber sich gleich sind.
zwev Jahren zu Lausanne eröffnet worden ist, gehört Allerdings hat die Genfer iu»is«n r>e'nile»ii,lre Vor
vielleicht Hieher, auf jeden Fall aber verdient dieses schöne züge vor unserer Anstalt. Sie ist sicherer und daö Ent
Vorbild der Humanität näher gekannt zu werden. weichen der Sträflinge ist viel schwerer als bei uns, wie
schon die Erfahrung einiger Monate gezeigt hat; der äus
Wer an den freundlichen Lemanufern das bluttriefende sere Charakter des Gebäudes ist passender, das panoptische
Gesetzbuch Kaiser Karls v. suchen wollte, das doch hier und System macht die innere Aufsicht viel einfacher und ge
da noch am Züricher und Vierwaldstädter-See spuckt, wer nauer. Jedoch hat auch unsere I«»i5vn peniieniiiire ihr
hier noch von Carvzov und Zeuerbach, von Rache und Ab eigenthümliches Schöne. Würde sie aber jezt gebaut, so dürf
schreckung in deutsch-criminalistischem Sinn sprechen wollte, te doch die Genfer zum Muster genommen werden, oieim
den würde man groß ansehen, und die hiesigen Rcchtsleh- Frühling i»S2, wo wir unser Haus zu bauen anfiengen,
rer würden meinen, er komme mit rothem Mantel und noch nicht bestand. Wir folgten dem Strafarvcitshaus von
Schwert aus dem fünfzehnten Jahrhundert. Philadelphia, die Genfer dem New -Yorker.
Des edeln Britten Jer. Bentham menschlichmilde An Gehen wir jezt etwas ins Genaue, um einen vollstän
sichten über Strafzweck und Strafmittel sind besonders digen Begriff von unserer Anstalt zu geben, welche seit einem
durch seinen Freund und Verehrer Dumont zu Genf in Jahr die Aufmerksamkeit zahlloser Reisenden aus sich zieht
unsere Cantone verpflanzt worden. Was wohl Manche Unsere I»»i,on x»ni,ei>,i»ire wurde am i l.März i»2Z
auf Deutschlands Hochschulen, Schöxpenstühlen und hoch- begonnen und am i. Mai i»26 bezogen. Mit dem An
kauf des Platzes und der ganzen inner« Einrichtung belaufen zu seyn. Aber wenn auch Alles verschlossen ist, so merkt
sich die Kosten auf Zl 5,00« franz. Franken. Das Haus liegt man doch keinen andern Geruch als den aller Werkstätten,
ausserhalb, im Nordosten der Stadt> rechts von der großen wo Leinwand gewebt wir», und wegen der Höhe und
Straße nach Be«, mitten auf einer bebauten Anhöhe, ganz Gcrjumizkeit der Säle ist er nur unmerklich.
frei. Gesunder und herrlicher könnte seine Lage mit der Jeder Sträfling hat seine eigene Zelle oder Kammer. In
herrschenden Aussicht über den weiten See und seine Ufer der correktivnellen Abtheilnng sind Z8für die Männer und
vom Einfluß der Rhone bis Nvon gar nicht seyn; SavoncnS 14 für die Frauen, in der criminellen aber 4u männliche
und die Waadtlandsgestade liegen hier in ihrem ganzen und 12 weibliche, im Ganzen also i«4 Zellen. Sie sind
Reiz hingebreitet, als wenn damit den Sträflingen die gewölbt und aus Quadern gebaut, 8 Fuß hoch, 6 Fuß
fehlende Freiheit um so fühlbarer gemacht und sie zu der breit und 9 Fuß lang. Oben sind die Fenster 2 Fuß lang
Besserung aufgemuntert werden sollten, die sie allein dem und iz Fuß breit mit starkem Eisengitter versehen und
schönen Lande wieder geben kann. dem Gefangenen unzugänglich.
Das Haus ist ein längliches Viereck, 28a Fuß lang und Das ganze Gebäude umgibt eine oben platte is Fuß
7« Fuß breit. I» der Mitte erhebt sich das Hauptge- hohe Mauer, die «0 Fuß weit von den Hauptfa?aden und
diude in sehr eleganten Proportionen, 8» Fuß lang. iz Fuß von der östlichen und westlichen schmalen Seite
Es dient dem Inspektor des Hauses und den vorzüglichen absteht. Offenbar aber ist diese Mauer viel zu niedrig.
Angestellten zur Wohnung. Hier haben auch die Schreib- Vier kürzere Quermauern vou derselben Höhe theilen
stuben und Magazine, die Küche, die Bäder, der Sßsaal den Raum vor den Gebäuden in acht Höfe nb ; die vier
der Beamten, die Kapelle, der Sitzungssaal der Com- großen sind für die Sträflinge selbst bestimmt; die süd
mission und das Sxrachzimmer des Pfarrers ihre Stelle. lichen gehören den Frauen, die nördlichen den Männern.
Auf die eleganten Treppen rechts und links fällt das Licht Alle sind zu Nutzgärten eingerichtet, und jeder Sträfling
von dem gewölbten Glasdach des Gebäudes. Die Treppen hat sein Beet, dessen Ertrag ihm ausschließlich gehört.
führen in die zwei Hanptabtheilungen von'iW Fuß Länge. Jeder Garten hat seinen Brunnen. So viel von dem Ge
Die östliche ist für die criminellen, die westliche aber für bäude selbst. Wer es auf dieser schönsten Stelle der Stadt
die korrektionellen Sträflinge, die in keinerlei Berührung mit seinen eleganten Bögen und Pfeilern, mit dem wahr
mit einander stehen. Jeder dieser Flügel hat wieder zwei, haft vornehmen Eingang, mit dem Glasdach, in mehr freund
wohl, nicht scharf genug geschiedene Abteilungen, eine lichem denn ernstem Charakter daliegen sieht, — und es zeich
für die Männer, die andere für die Frauen. Zwischen net sich schon von weitem aus — der glaubt nickt, daß
beiden lauft ein Corridvr, aus dem man in die Arbeits: es ein Strafarbcits - und Bcsscrungshaus scy. Mehrere
säle blicken kann. Ausserdem hat jede Abtheilung eine Fremde haben es für ein Museum oder für ein akademi
kleine Oeffnurrz, wo man sie genau Übersicht, ohne geft: sches Gebäude gehalten. Gewiß ist, daß sich gar manche
hen zu werden. Diese Arbeitssäle, viel höher, geräumi Aürstcnschlösscr nicht so schön darstellen. Ist dieß aber
ger und lichter als die zu Genf, sind 86 Fuß lang, zo Fuß ganz zweckmäßig? Begünstigt es die Gefühle von Reue,
hoch und 18 Fuß breit. In der nach außen gewendeten Dcmuth und Unterwerfung, Bescheidenheit und religiösem
Seite befinden sich die Fenster und darunter dreizehn Sinn, die hier walten, wirken und bessern sollen? Ich
Kammern der Sträflinge, aus denen sie von einer schma zweifle sehr daran.
len Gallerte auf einer kleinen Treppe in den Arbeitssaal (Die Fortsetzung folgt.)
herabsteigen. Die Arbeitssäle der Frauen sind kleiner als
jene der Männer, und nur sechs Kammern oder Zellen ste
hen damit in Verbindung, überdieß noch drei Strafzcllcn, F a l u n.
die dunkel gemacht werden könne«. In jedem der großen Bilder au« Schwebe».
Arbeitssäle stehen 14 Webestühle in zwei Reihe». Andere
enthalten Dreh- und Hobelbänke für Tischler und Schrei Es war Morgens zwischen drey und vier Uhr , als
ner, und eine Arbcitssiakt für Schuster; wieder andere wir vou einer Höhe herab einen weiten See erblickten.
dienen zum Flechten der Strohmatten. In den Arbeits- Wasscrdampf bedeckte ihn in seiner ganzen Ausdehnung.
salen der Frauen stehen Spinnräder und ähnliche Werk Erst allmählig glaubten wir die fernen Grenzen in
zeuge zu weiblichen Arbeiten. Ausserhalb dieser ArbcitS- den jenseitigen Bergen zu erkennen. Wunderbar aber
säle, del, gellen gegenüber, laufen Corrioors mit Fenstern kam unS der Schwefel - und Kohlendampf vor, der die
zur Aufsicht. ganze Atmosphäre bedeckte. Je mehr wir die Höhe behut
Durch Oeffming der großen äussern Fenster und derer sam hinunter rollten, traf aus diesem See eine dunkle,
des Corrioors entsieht in der .5öhe der ArbeitSsäle ein seltsam gestaltete Masse hervor. SS war ein nebliger Ho
Aug, der die Luft reinigt, ohne den Arbeitern empfindlich rizont, daö Morgengrau lag traurig auf dem ganzen
Septemberhimmel ; wir hatten am Abende bey aufsteigen: Der Landcshöfding von Falunlan, Herr Löricks,
den Regenwolken die Augen zugedrückt, und so oft wir nabm uns mir alle? der liebenswürdigen Artigkeit auf,
sie wieder ausschlugen, den Mond im Kampfe mit ihnen welche der gebildete Fremde von schwedischen Behörden
gesehen , so daß wir auch jezt , wo dieser ganz verschwun erwarten kann. Sei» Verwandter, Herr Direktor G a b n,
den war, die Herrschaft des feuchten Clements erwarteten. ein in der Wissenschaft hochgeachteter Name, Miteigen
Doch erinnerten wir uns keines Sees gerade auf diesem tümer und Leiter der verschiedenen , mit dem Kiesigen
Wege. „Liegt drüben Falun, oder schon dießseits?" frag Grubenbau verbundenen, Anstalten, übernahm es, uns
ten wir u>isern Dalecarlier; „das ist Falun !^ war die mit allem Merkwürdigen und SeKenowerrKen bekannt zn
Antwort, und er deutete gerade auf den See, aus dem machen, und wir können dem liebenswürdigen Manne
jezt deutlich eine massenhafte Kathedrale mit Igothischcn nicht genug Dank abstatten über die Art und Weise, wie
Formen auftauchte. er die Laien mir dem technischen Betriebe dieser un
Der Nebel schwand, wenn auch nicht von der Gegend, geheuren Werke bekannt machte. Die Gefälligkeit der
doch allmälig aus unsern Augen. Wir waren nicht die Wirthe kann den Gasten oft mehr zur Last fallen alS un
ersten, die so getäuscht wurden. Die alte Bcrgstadt liegt höflicher Troß. Es gibt Orte, wo die Gurmüthigkett
in einem Thale. Ans ihren Gruben und Hüttenwerken der Einheiniischen nie genug zu thun glaubt, und der
steigt ein beständiger Qualm, der die Atmosphäre schwän Fremde Alles sehen und hören soll, was oft in seine
gert, daß die Brust schon in weiter Entfernung die Nähe gemessene Zeit und auch in die Aufmerksamkeit, die
der Grubenstadt athmct, während sie in ihrem Dampftest doch ebenfalls nicht jedem ungemessen zugetheilt worden,
sel dem Auge verborgen bleibt. Unfere Karren rasselten durch eine unangenehme Verrechnung hineinbringt. Herrn
die tobten Gassen, eingehüllt im Bleigrau des frühen Mor Gabn möchten wir als Muster aller freundlichen Ci-
gens. Die Häufer waren schwarz, die Kathedrale mit ih ceronen anpreisen. Nicht gern hatten wir schon dre»
rem grünen BIcidach löste sich, wie nahe wir auch vor- Tage für Falun bestimmt, und fürchteten von dem gelehr
devwhren, noch immer nicht von dem Nebel, um ganz ten Mineralogen , Chemiker und diriqirenden Berg
ihre Gestalt erkennen zu lassen. Sie that wohl daran, mann, von welchem doch eine Vorliebe für feinen Stand
öenn öep der Mittagssonne konnten ihre modernisirten zu erwarten stand, er werde de» Termin um vieles ver
Wa»He nicht halb den Eindruck machen, den ihre geister längern und ähnliche Forderungen machen, wie icne italie
hafte Nvsengestalt im Halbdunkel des Morgens hervor nischen Cicervnen, welche vom Fremden verlangen, er
brachte. Kein Nachtschwärmer auf den Straßen, selbst folle eigentlich die ganze für Italien bestimmte Zeit für
kein Wächter, nicht einmal ein einziges Licht, wie weit ihre Stadt verwenden. Statt dessen erfreute er uns mit
wir auch die schwarzen Straßen durchfuhren, als iväre der Versicherung, in einem Nachmittage und dem darauf
die ganze Stadt in Metall verwandelt, wie der junge folgenden Vormittage lasse sich alles Sehcnswcrthe in
Bergmann in Stein, den das Mütterchen als ihren Bräu Augenschein nehmen, und die Art und Weise, wie er »nS
tigam wieder erkannte. Daß unser Dalecarlier den Gast in den Hüttenwerken herumführte und selbst die Erklä
geber nicht finden konnte , erhöhte nur den geisterhaften rung übernahm, ließ uns weder technisch noch historisch
Eindruck dieser Stadt, die wir mit zu den seltsamsten in eine umfassendere vermissen. Dabei dürfte man selten von
Schweden zählen. einem intcressirtcn Theilnchmer eine größere ttnpartbei-
Als die Geschäfte begannen und die Läden sich öffne lichkeit und Offenheit erwarten dürfen, und gleiches Cnt-
ten , suchten wir im Arm des Schlafs die empfangenen ferntfeyn von aller ruhmredneriscken Anpreisung, was
Eindrücke zu vergessen , «m uns zu den neuen des kom man an den wenigsten Orten, am wenigsten aber in
menden Tages zu stärken. Aber auch selbst beim« Son Schweden vorfindet.
nenlicht blieb Falun eine ganz eigenthümliche Stadt. Daß (Die Fortsetzung folgt.)
man in unserer Nähe ein Theater zimmerte, daß der so
ciale Ton im Winter sehr lebendig und lustig scyn soll,
störte nicht die einmal gewonnene Vorstellung, welche
uns selbst begleitete, als wir vor der dritten Nacht bcpM
heitersten Spätsommerhimmcl die dampfende Stadt ver Jean Paul Fr. Richter an Emanocl.
ließen. Nur die Freunde dumpfer Klänge und poetischer
Namen müssen wir in der ihrigen stören. Nicht das Hof, d. ! 6. März t 795.
tiefe u, sondern das lange a herrscht in der Aussprache Mein lieber Lieber !
vvr. Hoffmanns Held heißt daher nicht der Bergmann
von Falün, sondern der Bergmann von F»lun, was frev- Dieser Brief ist blos mcrkantilisch und daher so kurz
lich der ganjcn Sache einen andern Anstrich gibt. wie das Leben. Ich trassiere einmal ums andere in nici
neu Papieren auf Ihre — und doch schweigen Tie noch; zu schildern, in mehreren einzelnen Stellen schon zu Tage, z.B.
ich hoffe, ein Paar Hosen geben Ihnen die Feder. i» der Introduktion, wo mit einigen Zügen das Erwache» des
Tages in dem Thale , wo die Ritter jage» , geschildert wird,
Es ist so ; ich bitte Sie nämlich, die Güte zu haben, und dann in dein »erhallenden Hdrncrruf nach dem Jägerlicd.
mir so bald als möglich englisches Leder zu ein Paar welcher eine fast eben so rührende Wirkung hervorbringt , als
Beinkleidern zu schicken, oder irgend einen andern Hosen der allmählig vcrliolleudc Tanz im Freyschüycn.
zeug von ähnlichem Preise, der aber modischer sevn mnß So konnte also der Zuhörer sich nur an Einzelnes in der
Musik und in der mimischen Darstellung halten , während das
als die Weisheit. Nur schwarz sey er nicht, weil ich die Ganze keine befriedigende Gesammtwirkung hinterläßt. Wir
ses Negerkolorit an keinem Geschlechte liebe, als am weis haben hierbey die wiederholte Bemerkung gemacht , daß das Pu
sen, ich meine am weiblichen. Diese gabelförmige Schen- blikum sich durch äußern Glanz und Sccncnrciz über den cm»
kclkapsel gehöret unter einen blauen Rock. pfuiidcncn Mangel cincö vernünftigen Zusammenhangs in der
Handlung nicht zufriedenstellen läßt , und den Fackelt«»;, wo
Das Zeug, das Sie mir schicken, werden Sie in kur mit die Oper schließt, gleichsam als ob ein solches Ende voraus
zem wieder sehen — an meinen Beinen, weil ich, so gesehen und vorbereitet worden sey. zwar anschauend mitnimmt,
bald der Frühling nur ein wenig den Himmel und die und dem Talent und Fleißc der Darsteller den gerechten Bcy-
fall zollt, im Uebrigcn aber bcy seiner Mcynuug bleibt, Un
Knospen aufthut, mich von Frühlingslüften in Ihr Eden sinn im Ganzen sey schwer auSzuhalten. Fräulein Wagner,
wehen lasse. welche nach dem Schluß der gegenwärtige» Tl>caterunter»cl,s
Aber ich bitte Sie, mir ausser dem Preise und Datum mung als Mad. Brockhaus bey «nS bleibt, hatte die schwierige
Partl'ie der Sylvane , welche bis zum Schlüsse durch Gcbcrdc
noch etwas Anderes zu schreiben — nämlich einen Brief. und Tanz redet, mit großem Fleiß einstudirt. Die Deutlich
Leben Sie wohl, Geliebter von Ihrem Freund keit der Gcbcrden , welche dabey erfordert wirb , die Schwie
Richter. rigkeit, welche in der zweydeutigcn Rolle dieser Sylvane liegt,
die, von einem Diener ihres Hauses im Walde erzogen, doch
ein wenig die Wilde spielen soll, die Forderung, sinnliche
Natürlichkeit (z. B. bcy dem Genuß der Früchte, bev dein
Korrespondenz-Nachrichten. Schläfrigwcrdcn nach dem Genüsse des Weins) mit Reiz und
Anstand zu verbinden , endlich auch die Forderung, die Gcberde
Leipzig, im Januar. dem Fortgänge der Musik anzuschließen, macht diese Aufgabe
sthr schwer. Aber die lcztc Vorstellung war auch von dieser
(Beschluß.) Seite höchst gelungen. Von den Sängern wurde manches
Das Bewußtseyn , manches Gelungene in dieser Jugend Lobenswerthc geleistet, selbst von Herrn Voigt, der den
komposition geleistet zu haben, ja die angenehme Erinne von dem Vatcr verschmähten Klecburg darstellt. Bev Krips
rung selbst an diese jugendliche Ucbung der Kräfte i» einem wirkt der abgedroschene komische Stoff, in Vcrbindmig mit
Gebiete , welches er doch für die große Laufbahn und das Ziel der leichten und zum Thcil einschmeichelnden Musik noch im
seiner Kräfte ansehen mußte, haben den Komponisten wohl auch mer genug. Herr Fi scher mnß das oben genannte Schläfcr-
bewogen, mehrmals z» diesem Werke zurückzukehren. Aber licd immcr wiederholen.
der Anstoß von Veiten des TerteS ließ sich nicht heben, und Re Ei» kleines, cinacktiges Lustspiel, von dem Direktor der
ferent weiß ans mündlicher Mitteilung von dein verewigten Bühne nach dem Franzosischen bearbeitet, die ..Ehemänner
Meister selbst , daß er als Operndiriqcnt in Dresden nach Er als Junggesellen/' wurde kürzlich zum ersten Mal gegeben.
scheinung seiner später« großen Opern , die ihn berühmt ge Es scheint mehr die Einleitung zu einer Jntrigue als diese
macht haben , doch den Gedanken aufgab , seine Sylvane wie selbst zu enthalten.
der auf die Bühne zu bringen. Denn den guten Eindruck der besser» Zulezt muß ich noch der Gastrollen der Mad. Grünbamn
Musikstücke verderbt der sinnlose Tert wieder , sogar die Wald- gedenken. Die bisherigen waren, Rosine, in Rossinis ..Bar
natur der Sylvane ist, näher betrachtet, nicht notwendig bedingt, bier.-' Chlorinde in ..Aschenbrödel," Gräfin in „Figaro." Don
und erscheint wegen des langen, ebenfalls nicht hinlänglich be na Anna in ..Don Ina»." Noch immer ist die Gewalt zu
dingten Schweigens , als eine Koketterie des Dichters mit Pa- bewundern, welche die Künstlerin über ihre Stimme ausübt,
pagenofedcrn und Wildentanz. Was nun die Musik überhaupt die Zezt schon schwerer anspricht als früher, und an Klang be
anlangt, so ist sie sich sehr ungleich ; sie cntl'ält durchaus Mißlun deutend verloren hat. Zu dem Vollendetsten, was wir dies
genes , z. B. die Ouvertüre, Mangelhaftes und Unklares wie mal von ihr l'brtcn. müssen wir die Scene der Gräfin: Uove
das zwcyte Finale, sogar Gewöhnliches, wie es Wenzel Mül «ono . die Bravourarie der Donna Anna im zwcvtcn Akte des
ler oft geliefert hat , z. B. die Arie des ziemlich überflüssigen „Do» Juan." und die i» „Aschenbrödel" eingelegte Arie aus Ros
Knappen , anderntheils aber auch manches Gelungene im sinis Scmiramis rechnen. In der Parthie der Rosine wirkte
Volksmäßigen (das Jägerlicd , das lustige „Rnmbidividibum") vielleicht die Ucbcrladung etwas erkältend. Ein solcbcr Schmuck
und im künstliche» Gesang (z. B. die Scene der Mcchtilde und ist nur bcy einer jugendlichen Stimme angenehm, die desselben
das cmmutkige Quartett , welches in die Handlung wie durch aber wiederum nicht bedarf. Im Ucbrigen ist lobend zu be
Zufall hineinkommt) und Spure» von Genie , die den nahenden merken, daß Mad. Grünbaum den Swl eines Mozart (wie
Tag der Meiflerperiodc unsers Weber verkündigen. Diese in de» dramatische» Scene» dcS Don Ina») von italienischer
finde ich namentlich da. wo die hochflrebende Kraft schon mit und französischer Musik wohl zu unterscheiden weiß.
Scvwung das Charakteristische und ächt Dramatische sucht.
Auch kommt Webers bedeutendes Talent, gewisse Zustände
der Personen durch das Kolorit gutgewäblter Instrumente zu
bezeichnen, und Vorgänge der Scene durch das Instrumental Be plage: Kunstblatt Nr. 11.

Verlegt von der I. G. Cotta'fchen Buchhandlung.


M o r g e n b l a t t

für
'„»^'. ,. .

gebildete Stände.

Freytag, 8. Februar i 8 2 8.

Komm' Eriminmg, Liebe, Treue!


Die mir oft im Arm geruht;
Singe mir dein Lied, erfreue
Dieses matte Herz! der Smcue
FSytt dann Kraft und Lebensmuts,.
Tieck.

H u g und Mathilde. Da Hub der Knab den Athem schwer:


,.Ach, werthe Mnhme, bvfft nickt mehr!
Ballade. denn wißt, ein mitternächt'gcr Gram
Dem Dicht» der heiligen Genofcva zugeeignet den Geist des Oehmö gefangen nahm.
von A. A. L. Folle». Schaut hier dicß goldne Fingerlein,
er sprach : „es muß geschieden sevn ! "
ll.
Alltags, vom Morgen in die Nacht Und sprach : „Tntbeut ihr meinen Gruß,
die Gräfin auf dem Söller wacht ; die hier und dort ich minnen muß ;
sie wob ihm manch Gewand mit Fleiß , die Minne mir nie bieten kann,
und immer sprach und sang sie leis: weil Licht die Nacht nie liebgewann.
„du armes Herz ! wie schlägst du bang .' Doch sag' ihr Segen, tausend Dank
wo bleibt mein lieber Herr so lang? " fiir ihre Treue sonder Wank."
Wohl nicht umsonst, weissagend Her;! ..Scn's Väterschuld, sen's Zauberspruch,
Schau hin, was zieht dort niederwärts? scv's cianer unbewußter Fluch,
Des Grafen Neff und treuster Knapp was mich, vor dem den Blicken graut,
kommt, ach allein! den Hügel ab. dem lichten Engel angetraut;
Je mehr und mehr es naht dem Schloß, mich leichenfahl Gewölk der Nacht,
je leiser, langsamer das Roß. das Schaam zerschmelzt, wenn Sonne lacht."
Der gute Knapp erzählt genau -Nein, eigner Frevel, eigne Schmach,
des Grafen Fahrt der bangen Frau ; der Sinne Wahn, der zu mir sprach:
der Heiden Macht, der Christen Drang, ....du liebst die Seele, nicht den Leib,
dann^ wie dem Kreuz der Sieg gelang, der Himmel traut dem Mann das Weib. " "
als in den Staub der tapfre Hug Run Dank des Himmels Fingerzeig!
im Gegenritt den Fürsten schlug. er bricht ein Aug und heilt den Aweig."
Als drauf er sprach : „Jetzt sammle dich ! - «Jezt, wo das Aug der Welt erblich,
, ein Todesfrost die Frau beschlich; zum beil'gen Grab hinwcrf' ich mich,
doch als er schloß: „Nun hin sein Stern, zu fletm, in tiefste Reu versenkt,
so lebt der Graf, und stürbe gern," bis die des Wabnes Fessel wrenat,
lebt auf die Frau , und lachte frank ; bei der, von ird'scber Minne rein,
dann sprach sie leise: „Gott sev Dank! " einst ging des Himmels Minne ein."
134
Nie , nimmer trüben soll, o Weib, älteste» Bergwerke sey, ist Jedermann bekannt, neu aber
schon ongethan mit lichtem Leib ! möchte es Vielen scheinen, daß es schon zu König Salo
mein siech Gesicht, des Auges baar, mes Zeiten cultivirt wurde, t«d«n dieser berühmte Kö
— ich schwor's! — dein selig Augen-Paar.
Nur Engeln fällt ihr Pilgerkleid — nig alles Kupferwcrk zu seinem großen Tempelban aus de»
auf Wiedersehn , in Ewigkeit ! " Faluner Gruben bezog. Darübereristirt keine Urkunde, wohl
Als nun die Frau de» Schwur bedacht. aber gibt es eine sehr vollständige vom Jahr! 547 von dem rü
Da taucht ihr Auge sich in Nacht; stigen Könige Magnus Smek, nach welcher schon damals das
sie fühlt's, der Scheidung falker Schmerz Bergwerk als ein wohleingerichretes und ergiebiges bezeich
ihr nimmt aus warmer Brust das Herz. net wird. Jezt ist allmälig der ungeheure Kupferkegcl,
Dann eilt sie, plötzlich geisteswach,
mit festem Schritt ins Schlafgemach. der tief in die Erde eindrang, ausgehöhlt, die Arbeit ist
Wie sie den Knappen wiederfand, künstlicher, schwieriger geworden, und man berechnet schon
verschwunden war ihr Leidgewand; die Zeit, wo die Ausbeute nicht mehr die Kosten decken
ein Rosenkranz ihr Haupt umfing, wird. Doch ist für die Eristenz der Stadt noch lange keine
doch vor dem Einen Aeuglcin hing Besorgniß zu hegen , indem man viele einträgliche Neben
der Locken reich Geflecht herab,
wie Trauerweide birgt ein Grab. betriebe mit dem Bergbau verbunden hat. Das Faluucr
Sobald die Herrin sah der Knab, Kupfer hat übrigens einen weit bedeutender» Namen , als
die für den Herrn ihr Aeuglein gab, innern Gehalt.
zu ihren Füßen stürzt er hin, Ein unheimliches Bild der Zerstörung bieten schon
wie vor der Himmelskönigin. die Spaziergänge längs der Schlacken und Schuttbcrge.
Da sprach das heitre Angesicht: Hier werden im Freien die Steine geröstet. Das Feuer
„Bring' heim den Ning, und säume nicht!"
zehrt unmerklich von innen, nur hie und da leckt ein?
„Nun schaut ihn nie mein Augen -Paar, Zunge heraus. Aber das Feuer scheint Leben zu schaffen,
doch eins, von ew'ger Liebe klar!
nun brach der kalte, finstre Schwur denn die Steinhaufen überziehen sich sichtlich mit dem
und ewig lenzt der Minne Flur. lieblichsten Saftgrün, Moofe, so fein und zart, wie an
Bring' heim den Ning, es harrt die Braut, keinem Baum, wachsen vor unser» Augen aus den Kohlen
für Erd' und Himmel neu getraut!" heraus. Es ist der Schwefel, der sich grün krvstallisixt,
Als diese Möhr vernahm Herr Hug, in, nächsten Moment ist er graue Asche, und der leise
ein Himmelssunk' an's Herz ihm schlug ; Druck des kleinen Fingers zerdrückt zu Staub, was kaum
wie Schuppen fiel's^ von Aug' und Geist,
die Mannaregen tränkt und speist, in der frischesten Farbe das Auge erfreute. Ein Bach, in
und Dank und Wehmuth, Schmerz und Lust dem kein Fisch lebt, windet sich, die Ufer rothfärbend, zwi
zersprengten schier die Eisenbrust, schen den Sckutthaufen.
Bis, betend in Marien Dom, Vor noch nicht zweihundert Jahren stürzte die große
die Seele wird Ein Andachtssirom, Faluner Hauxtgrube ein. Ein deutscher Bergmeister —
und schaut, wie Frauen hold und mild in den technischen Benennungen verräth Alles die deutsche
uns sind der Cw'gen Gnadenbild.
Dann zieht er heimwärts, so geschwind Abkunft des schwedischen Bergbaus — hatte die drohende
wie Schwalben mit dem Frühlingswind. Katastrophe an einzelnen Wahrzeichen gemerkt und schon
Dort lebt das Paar, im Pilgerkleid, seit geraumer Zeit die Bergmänncr dcßhalb aus der Grube
fortan schon Himmels -Seligkeit; entfernt. Diese, ergrimmt darüber und in der Meinung,
l«, recht wie Mond und Sonne zehn, ein selbstsüchtiges Motiv treibe ihren Oben, zu diesem Be
und selig Aug' in Auge sehn. fehl, gingen schon mit Mordanschlägen gegen den Störcr
— Gott schenk' uns deutsche Lieb' und Treu,
so grünt die alte Eiche neu! ihres Verdienstes um , als zu seinem Glück seine Befürch
tung sich begründet zeigte. Die Grube stürzte an einem
Sonntage ein, glücklicher Weise, während alle Bergleute
F a l u n. in der Kirche waren. Es kam Niemand um. Jezt sieht
Bilder aus Schweden. man in den tiefen Kegel hinab; noch stehen Balken und
(Fortscgmig.) Fachwcrk ans der alten Zeit, weite Thon-, Lehm- und
Von mir erwarte man keinen statistischen Bericht über rothe Felswände ; hie und da unten ein schwarzes Loch in
die Fabrikationen von Fakun. Der Bücher darüber mit den Seiten, der geräumige Thorwcg zu den Stollen. Auf
aller tabellarischen Genauigkeit gibt es genug. Eines vonl dem hüglichtcn Boden karren sie und schaufeln. Die schrof
ehemaligen Landshöfding der Provinz, Jerta, gibt mit fen Abhänge sind mit Geländern umbaut, und jenseits er
ausgezeichneter Klarheit einen vollständigen Nachweis über heben sich die hohen Thurmbsnten von Holz , welche die
den ganzen Betrieb von Falunlün. Daß Falun eines der Ungeheuern Räderwerke zum Betrieb des Ganzen cnthal
135
ten; ein abentheuerlich großartig« Anblick, aber nichts ge- zu Sifen verdammt find — und dieß ist die größere An
rade Fürchterliches; die hellen, ins rothe überspielenden zahl — tragen ein gcnicthetes eisernes Halsband, das sie
Farben mildern das Schroffe der Formen. Alle Einrich nie ablegen. Die Bettücher werden alle Monat, das Stroh
tungen deuten auf ein hohes Alterthum. Hier sehen wir in den Matratzen alle fcchs Monate gewechselt.
das kupferhaltige Grubenwasser siltrirt. Was es an rei- Auffallend gut war bisher der GesundKeitözustand der
nen Kupfertheilen enthält, muß es herausgeben, dann lie Gefangenen und der andern Bewohner des HauseS.
fert es den Stoff zu einem ergiebigen Vitriolwerke. Hier So viel von der örtlichen Einrichtung der Anstalt.
ist auch die große Schatzkammer an rother Farbe , die von Wenden wir unS nun zu der sittlichen und moralischen,
Schonens Grinzen bis an die Lapxmarken Schwedens die wohl daS Merkwürdigste an derselben ist, und mit den,
die Häuser grell färbt. bei den mchrstcn Anstalten dieser Art angewendeten, Grund
(Der Beschluß folgt.) sätzen und Mitteln in starkem Contrast steht.
Der Hauptzweck der ganzen Anstalt ist lange nicht bloS,
Das StrafarbeitShau S zu Lausanne. die Schuldigen der Strafe zu unterwerfen, die daS Gefey
(Fortseyung.) und GerichtsKöfe über sie ausgefprochen haben, sondern
Bei dem innern Haushalt liegen zwei Haupttdeen zum wesentlich dabev ist die Verbessern ng des Sträflings.
Grunde. Die Strafe soll empfunden werden, ohne daß Dazu wirken folgende Mittel zusammen: unausgesezte Auf
irgend ein menschliches Gefühl dabei leide. Unter allen merksamkeit, in der sich Güte mit Strenge mischt , Unter
Gefangenen derselben Abthcilung muß vollständige Gleich richt, Ermahnung, Zureden, Ermunterung, unmittelba
heit herrschen, außer der Regel ist keinem etwas erlaubt, res Ahnden jeder Unordnung, endlich Unparthevlichkeit
wenn er auch dessen Kosten tragen wollte. Nach dem wah bey Strafen und Belohnungen. Darin bestehen die allge
ren Vortheil des Staats, der hier kein pekuniärer scpn meinen Mittel, wodurch der Sträfling immer in Furcht
rann, hat man die Uebcrzeugung, daß eö besser ist, die und Hoffnuug erhalten wird, wodurch er zum Recht und
Anstatt auf Staatskosten als durch Privatunternehmung zu wo möglich zur Tugend zurückgeführt, wodurch ihm vor
unterhakten. Dabei hat die Administration freilich mehr allem die Selbstachtung wieder gegeben, und auch die Hoff
MiiHe , denn es muß ins Genaueste eingegangen werden, nung in ihm erhalten werden soll, mit der Zeit und durch
es zeigt sich auch manche Versuchung, aber die Gefangenen seine Besserung selbst die Achtung seiner Mitbürger wie
gewinnen dabei , und die genaueste Aufsicht und Controlle der zu erhalten , die er durch eigene Schuld verloren hatte.
der Beamten wird geführt. Dadurch wird ihm die aufrichtende, crmurkigende Aussicht
Die Sträflinge erhalten täglich an Nahrung: i j Pfd. eröffnet, einst in de» Bürgerverband und in die Gesell
Roggenbrod, zum Frühstück eine Suppe von trockenem oder schaft zurückzutreten, und sich mir ihr zu versöhnen. Aber
frischem Gemüße, zn Mittag trockenes oder frisches Ge auch eine höhere Aussicht wird ihm dadurch noch, wie wir
müsse, zum Abendessen wieder eine Snxpe, wie zum Früh weiter unten sehe» werden.
stück. Die correktionellen Sträflinge haben überdieß Sonn Die Straf- und Besserungsmittel im Einzelnen be:
tags und Donnerstags Z Pfund Fleisch, die criminellen stehen hauptsächlich in Folgendem. Vorerst Arbeit. Es
Gefangenen nur Sonntags. Auf gute Lebensmittel wird ist dafür geforgt, daß der Sträfling immerfort beschäftigt
mit allem Fleiß gehalten. Die Zubereitung ist vottrefflich. ist. Davon ist nur die Zeit des Schlafs, der Mahlzeit
Es wird in einem großen Kessel aus gegossenem Sifen ge und des Ausrnhcns im Laufe des Tages ausgenommen.
kocht, der 12» Portionen (zu tj Maas) enthält. Dieser Wenn er des Nachts und in einigen RnKemomeiltrn des
eiserne Resse! steht in einem kupfernen , der zwischen zwei Tages nicht in feine Kammer eingeschlossen wird, so befin
Wänden einen Raum von 2 Zoll hat, welcher mitWasser an det er sich unter fortgesetzter und unmittelbarer Aufsicht.
gefüllt wird. Zwischen beiden ist ein freier Raum von z Zoll, Im Sommer ruft die Glocke um halb 5 Ul'r zum Aufste
wo die Flamme hindurchspielt. Ganz aussen ist von Eisen hen. Um 5 UKr treten die Sträflinge aus ihren Kammern
blech als dritte Einfassung ein z Zoll breiter Raum ange und gehen in den Hof, wo sie bis um 6 Ubr bleiben. Dann
bracht, welcher mir gestoßener Kohle gefüllt wird. Auf werden sie in die verschiedenen Werkstättc zur Arbeit bis
diese Weise erhält man gleiche und langdaucrnde Hitze, nm « UKr geführt. Hierauf folgt daS Znihsrück und Aus
und hat immer heißes Wasser. Bisher konnte man für ruhen in ihren Kammern. Von s bis 12 UKr wird wieder
die tägliche Nahrung eines Menschen (den Tisch der Be gearbeitet. Von 12 bis halb 2 Uhr essen sie zu Mittag und
amten nicht mir inbegriffen) 281V, Rappen, ungefähr ts kr. ruhen in ihren Kammern aus. Neue Arbeit beginnt von
rheinl., rechnen. halb 2 bis dreiviertel auf 7 Uhr. Nur um ! UKr ist einen
Die Kleidung derGefsngenen ist einfach, aber hinrei Augenblick Ruhe. Von dreiviertel auf 7 bis dreiviertel auf
chend. Hemden, Schnupftücher Mb Halstücher werden » Nhr wird im Gatten ausgeruht, daraus gehen Alle wie
alle Wichen gewechselt. Die crimineike» Sträflinge, die der ins Haus, eö wird zu Abend gegessen, i nd gleich dar
IZ6
a:,f schlafemzecMgcn. Am Winter ist «ur Einiges ver Nachfolger seines berühmten GrvßvaterS und Vaters, verdient
schieden. Bnni steht um li Ubr auf und legt sich lim 9 Uhr als Komiker mit Lob genannt zu werden, ferner Dem. Langt
nieder. Hiernach ergeben sich llj Sttinden Arbeit, und Mad. W e i n k a u f. Wir sahen ,,Maria Stuart," ,.Arur"
Sttinden Ruhe, und « Stunden schlaf. von Salievi und den „Maurer" von Auber, und hatten Ur
(Die Fortsetzung folgt.) sache mit dem Ganze« dieser Vorstellungen zufrieden zu scyn.
M.
Korrespondenz-Nachrichten.
Gotha, im Januar. Paris, Januar.
Wenn es auch der flüchtige» Beobachtung eines Reisenben Die politischen Tagesblätter in Pari« hoben sich ausge
kaum vergönnt seyn mag, ein Urthcil auszusprechen, so dür dehnt, und erscheinen nun in großen Vogen, die zwar noch
fen wir doch hier wohl des Eindrucks gedenke» , welchen der nicht den ungeheuren Umfang der englische» lmben > aber doch
jetzige Anblick der hiesigen Stadt und der Ausenthalt von weni um ei» Drittel größer sind als zuvor. Diese Vergrößerung
gen Tagen daselbst in uns hervorgebracht habe». Es scheint bildet eine Epoche in der französischen Journalistik. Be
für diese Residenz Zcne rnl'inwürdige Periode des Glanzes dnrch kanntlich ist sie durch ein neues Gesetz über die Briefpoflen ver
Künste und Wissenschaften wieder aufleben zu wollen, welche anlaßt worden, welches für die Zeitungen bis zu einer bestimm
in den Annale« derselben stets denkwürdig sevn wird , »nd wor ten Größe eine erhöhte Portotarc ansezt. Da die Tagesblätter
auf noch jezt die lebendige Erinnerung der Zeitgenossen hinge nicht weniger hätten zahlen müssen , wenn sie ihren bisherigen
richtet ist. Es ist bekannt, wie viele Talente zur Zeit der Regie beschränkten Raum beibehalten hätten , so haben sie sich lieber
rung Herzog Srnsts II, hier versammelt waren, und wie Gotha ansgcbehnt, weil die Ausdehnung doch nicht theurer zu stehen kam,
damals als eine der Frcvstärtcn deutscher Kultur betrachtet wenigstens nicht in Hinsicht des PostgeldcS. Einige haben in
wurde. Ein anderer Ernst, der jezt regierende Herzog , wel demselben VcrKältniß ihre Preise erhöht . und den gewonnenen
chem die Stadt Gotha mit dem größte» Theilc beSHcrzogthums Raum benutzen sie nun . wie die Londncr Blätter , zu Anzei
durch das Erlöschen beS hiesigen gürflenstammcS kürzlich zu gen aller Art. die sie sich bezahlen lassen. Wahrscheinlich war
gefallen ist , will nun. wie es scheint . jene schone Zeit zurück die Maßregel wegen der Erhöhung der Posttarc nur deßhalb
führen und mit den Früchten jener edlen Kunstlicbc, Ze»es re ausgesonnen worden , um der Verbreitung der Journale ein
gen Schönheitsinnes , die sich in allen seinen Unternehmungen neues Hinberniß in den Weg zu legen . oder wenn dicß nicht
aussprechen, nun auch das neue Besitzthum neu und würdig die Hauptabsicht babcy war, so war es doch sicher ein Neben
schmücken. Schon wird überall in der Nachbarschaft an Wie zweck, weßkalb dieselbe auch in den gesetzgebenden Kannnern
derherstellung der zum Theil vernachläßigten herzoglichen Lust von Seiten der Frevsinniaen und Unabhängigen ziemlich hefti
schlösser gearbeitet. Alle diese Arbeiten aber leitet der Herzog gen Widerstand erlitt. Die Maßregel wurde dennoch durchs«
selbst mit eben so viel Eifer als Kenntnis und Geschmack, und sczt , weil die Deputirtcnkammcr von "den Ministern besto
feiner feurigen Betriebsamkeit erliegen alle Schwierigkeiten und chen war. «nd im Grunde die Zeitungen bisher äußerst we
Hindernisse. In Gotha selbst wirb von Vcrschbunilng des ans nig Porto zahlten. Da man in nnfcrn heutige» Staa
einer bedeutenden Anhöhe herrlich gelegenen Schlosses, und von te» immer auf neue Mittel sinnen muß. Geld zu erwerbe»,
dem Anbau eines neuen Flügels geredet, wodurch das Ganze so mußte natürlich die Reihe endlich auch an die Zcittingen
zu einem regelmäßigen Quadrat gestaltet werden würde. Fer kommen. Schon während der Erörterung des Gesetzent
ner ist es als ausgeinacht zubetrachtcn, daß ei» neues Thcatergc- wurfs rieth Villöle den ZeitnngSexpcditionen , sich künftig mit
bäude aufgeführt werden wird, um das im Schlosse befindliche Ankündigungen abzugeben wie die Londncr Blätter, welche
TKeater , wo gegenwärtig gespielt wirb, entbehrlich z» machen, aus diesem Erwcrbszweige unermeßlichen Vorthcil ziehen. Nun
da die Nachbarschaft der hier aufbewahrten «»schätzbaren Kunst ist freylich kein so außcrorbeiitlicher Handel in Frankreich wie
sammlung diesem Vergnügen immer sehr lebhafte Besorgnisse in England , folglich bedarf es auch nicht so vieler Ankündi
an die Seite stellt. Auch fehlt es hier nicht an Männern, gungen; zn dem besteht seit langer Zeit ein großes Ankündi
deren Namen entweder durch früheres oder «och fortgestztcS gungsblatt , le» pellte» »lilieke« z allein andcrnseits werden
Wirken ausgezeichnet sind. Unter ihnen nennen wir den be die Haiiptzeitungen in Paris zu einer ungleich größeren An-
kannten Historiker Hofrath G a l l e t t i . den vielgereisten mib zcchl abgedruckt, nnd kommen auf den? ganzen Festlande I>er:
als zuicle «je» rov»geurs verdienstlichen Geh. Kriegsrath R c i- um. haben folglich mehr Einfluß; mithin läßt sich voraus
ch a r d , den als Schriftsteller der Frauenwelt so theuern Hof- sehen, daß das hinzugekommene Fach für iic Zcitnngscrpedi:
rath und Bibliothekar Jakobs, die Herrn von S ch l o t h e i in tionen eine wahre Goldquelle werden wirb. Anstatt also die
und von Hoff, welche um die Natnrkenntnig ihrer Umgebung sich Zeitungen zu beschranken nnd z« hemmen, hat man sie, wahr
bleibende Verdienste erworben haben , ferner den Herr« Le- scheinlich ohne es vorausgesehen zu haben, weit fester begrün
gationsrath S t i e l e r. der sich durch die Herausgabe seines geo: det ; denn von nun an werden die Redaktionen der Pariser Blat
graplnschcn Handatlas, den Dank aller Freunde der Erdkunde ter wichtige Institute ; zn solchen Unternehmungen gehöre» von
erwirbt. AlS Dramatiker bcüzt Gotha den Herrn Professor nnn an scl>v große Kapitalien ; dafür wird der durch die Her
Millenet, welcher unter dem Namen Tenelli dem Theater ausgabe bewirkte Geldumsatz beträchtlicher, und wirft einen sehr
manckc schätzbare Bearbeitungen geliefert hat. und den als Ver große» Gewinnst für die Eigcnthümev der Blätter ab. Jezt
fasser des dramatischen Spiels „Komm her !" bekannten Schrift werden sich die Unternehmer noch weit mehr als zuvor um die
steller, Herrn von E l s h o l z, welcher vom Herzog alS Hofthea: Gunst des Publikums bemühen müssen , da es sich mehr der
terintendcmt berufen worden ist. Was nun das Institut selbst Mühe verlohnt , und da sich diese Gunst nicht durch kriechende
betrifft , so zählt dasselbe unter seinen jetzigen Mitgliedern zwar Schmeichcleucn gegen die Machthaber, nicht Kirch servile Grund-
keine Eckhoff, Beck, Brockaus, Jffland , welche sonst ans sätzc. nicht dnrch Bigotteric erhalten läßt, so werde« sie mcbr
eben diesen Brettern glänzten, und den Ruhm Gothas in alS je streben müssen, einen frcvsiimigcn, unabhängigen Gang
der Tbeaterwelt unsterblich gemacht haben, allein es besizt doch bcuznbchalren , den» dadurch werden sie nicl>r gewinnen. alS
mebrcre recht wackere Künstler . und wird nuter einsichtsvoller wenn sie sich von de» Machthaber« besolden ließen.
Leitung seinen Rang unter den Hofthcatern gewiß bald wür (Die Fortsetzung folgt.)
dig behaupten können. Herr Doebbelin. ein nicht unwürdiger Beilage: Literaturblatt Nr. 12.
Verlegt von der I. G. Cotta'schen Buchhandlung.
N°. 35.

M o r g e n b l a t t

f ü r

gebildete Stände.

Sonnabend, 9. Februar 1 8 2 s.

Durch der Stollen weite Länge,


Durch da« Ladyrintl' der Gänge
Wandern wir den sichern Weg,
Uever „ie erforschte Grunde,
Ueber dunkle Höllensttiinnde. —
Doch der Weg ist »»« geöffnet
Wieder auf zum goldnc» Licht.
Th. Körner.

F a l u n. auf der Brust. Wer hätte nicht an den Bergmann von


Bilder aus Schweden. Falun auö Hoffmanns Erzählung denken sollen, so starr
und todt lag er da. Aber es war kein Jüngling, ein Greis,
(Beschluß.) mit gcbräuntvm, furchenreichem Antlitz, mit weißem, bor
Von einem schönen Gradirwerke herab gewinnen wir stigem Bart und grauen Haaren, die nervigen Arme und
einen Hauptüberblick der Gegend. Das ungeheuerste Bild Hände wie tue einer Mumie, der die ganze Gestalt in
der Zerstörung, einer Zerstörung , an der die Kräfte eines ihrem veralteten Bcrghavit sehr älmltch sab. Sein halbes
Jahrtausends arbeiteten ; Schlakenbergc von rothem im- Leben und drüber hatte er unten zugebracht, wo kein Son
fruchtbarem Steingcröll , keine vesuvischc Zerstörung, wo nenstrahl hiildringt, und die Feuerbrände hatten daS Licht
doch die Lava zulezt neues Leben schafft. Hier hat daS Me- seiner Augen nicht getrübt, die feuchte Grubenluft seinen
tall gesiegt über die Natur; was Vegetation heißt, ist aus- Körper nicht abgezehrt , der ewige Klang des Metalls den
gestorben, Nacktheit uud Verwüstung starren unö entgc: Geist nicht verrückt. Er konnte mitten in der Zelle unter
gen. Und nun ist selbst das Metall erschöpft ; da gähnt dem Geräusch der Gehenden und Kommenden, auf schma
uns die Zerstörung entgegen ohne Trost, ohne Aussicht, ler harter Bank so ruhig schlafen, wie der Schiffsjunge
und es ist gut, daß die Dämpfe qualmen und die meiste im Mastkorbc den König Heinrich beneidet. Wir benei
Zeit des Jahres den Umkreis der Stadt verbergen. deten den Maler, der ihn in dieser Stellung hätte por-
Eine Schwefelhütte liegt anf entfernten Anhöhen, aber trätiren können. Der hohe Achtziger erwartet jezt rnhig
nur im Winter ist sie in Thätigkeit, um im Sommer nicht den Ruf nach einem höhern Oben und freut sich im Rest
der geringen Vegetation zu schaden. Die Vögel scheinen seiner Tage des lang entbehrten Sonuculichrs.
aus diesem Horizont verschwunden. Ein Steiger ging vorauf, der andere folgte; so um-
Nachdem wir im gastfreundlichen Hause des Direktors gaukelte uns ein doppelter Fackelschein auf dem dunkeln
Gahn einen lehrreichen und angenehmen Abend verbracht, Wege. Die Faluner Gruben gehören zu den tiefsten,
stiegen wir früh am nächsten Morgen mit den uns zugeord ober es gibt in keinem Bergwerk eine bequemere Art hin
neten Steigern in die Hauxtgrnbe. In der Hütte dar: abzusteigen. Wie mit einem großen Bohrer sind die Grot-
über, wo das ewige Feuer brennt, an dem die Knappen tengänge in den Metallkessel schlangcnförmig tief und tiefer
ihre Kienbrände entzünden, lag der Wächter desselben, ein hineingehöhlt. Es sind große Wendeltreppe» mit flachen Stu
Bergmann, schlafend auf einer Bank. Ihn störte kein Ge fen ; wo der Stein thonartig und weich wird, sind siemitHolz
räusch; Friede auf seinem Antlitz, die Arme kreuzweis festgexflockt, und meistentheils so geräumig, daß auch eine
Hochgestalt sich nur selten zn bücken braucht. Auweilen I auch deutsche Bergleute erzogen werde». Das Eigenthum
kann der Fuß in taugen ebenen Gallerten ausruhen, erst I gehört, wie in den meisten schwedischen Bergwerken, nicht
in der weiteren Tiefe tritt man durch eine Pforte hinaus der Regierung , sondern einer Gesellschaft Kurinhaber.
«n senkrechte Abgründe, itber die nur eine Leiter zum W. Alexis.
Schacht hinunterführt. Plötzlich tritt uns bey einer Wen-
dung aus der Erdnacht ein Bergmann mit dem Grubenlicht
entgegen, dort weichen wir einem andern aus, der Me- Das Strafarbeitshaus zu Lausanne.
tallklumpen hcrauskarrt, hier eine Ritze, um in Seiten- > (Fortsetzung.) '
Höhlungen zu blicken, wo ein einsamer Arbeiter, auf den Vis jezt sind die männlichen Sträflinge als Weber,
Vorsvrnng gekauert, an den Wänden hämmert. Der An Schuhmacher, Tischler und Landbauer angewendet worden ,
blick wiederholt sich zn oft, um den Eindruck nicht zu ver die Frauen aber zum Nähen, Spinnen am Rad, u«d Stroh-
lieren, er war auch schon zu lange vorbereitet. Könige flechten. Das Weben ist bisher als die zweckmäßigste und
sind vor uns? niedergestiegen, und in den geräumigen Hal nützlichste Arbeit erfunden worden , denn das Erlernen ist
len sieht man die Namen der Gustave hinauf bis zu dem leicht, der Erwerb für das Hans und den Sträfling am
ersten großen Was«. Glastafeln bewahren die Schriftzüge bedeutendsten, und nach dessen Austritt aus der Straf
vor dem Erlöschen. Auch dieser König und der Kronprinz anstalt gewährt es ihm den sichersten Erwerb; überdieß
schrieben die ihrigen in die schwarzen Wände. Hier auf wird beim Weben die Vermeidung aller Berührung mit
der Gallcrie lassen uns die Führer in der Nacht stehen und Andern am sichersten erreicht. Die Arbeiter sind nicht bei
verschwinden zu beiden Seiten in den Schluchten ; nur un und neben einander, sie müssen an ihrer Stelle bleiben,
ten aus der Tieft des Abgrundes dämmert ein Licht her -so daß aller Annäherung und allem müßigen Reden leicht
auf, uns den gefährlichen Standpunkt zu zeigen. Da fällt gesteuert wird. Von diesen Webstühlen wurde ein großer
ein Feucrbrond aus dem Gewölbe über uns herab, die Theil der Bedürfnisse für die andern wohlthätigen Anstal
Funken und Kohlen knistern und stieben, während er von ten geliefert, z. B. für das Hospital, für das Irrenhaus,
de» Felsecken abprallt, durch den schwarzen Schacht, und für die Kaserne, und für das Strafarbeitshaus selbst. An
Balken ans Balken krachen fürchterlich durch die tiefe Stille dere Weber arbeiten für Privatpersonen, die das rohe
der Erde. Jezt singen sie ui^> sprechen in den Höhen. «Material hergeben und dagegen das Gewebe erhalten, wo
Welche Kraft gewinnt in diesen Gewölben die menschliche für sie einen geringen Arbeitslohn bezahlen. Ein geschickter
Stimme! Aber alles verschwindet gegen die Töne, welche Arbeiter hat die ganze Weberey in Stand gesetzt. Es wird
die Welt zu sprengen drohen, um dem Werke des jüngsten da nicht nur gewöhnliche Leinwand, sondern anch Da
Tages entgegenzuarbeiten. Wie schaurig verhallen diese mast, Baumwollen - und Wollenstoffe sehr gut gewebt, und
Kanonenschüsse in den .entfernten Hallen. Man lernt die für die Verwendung der anvertrauten Materialien ist volle
Ausdehnung des Bergwerks kennen, wenn das Ohr den Sicherheit vorhanden. Die Schuhmacher arbeiten für
dahinfausendrn Tönen Minuten lang folgt. Und doch spreng das Hans und für Auswärtige. Die Tischler haben im
ten sie oben nur einen kleinen Block. vergangenen Jahr einen guten Theil der Geräthe, Möbeln,
Aber nirgends ein Punkt , der dem Auge die weiten Thören und Fenster des Hauses und des Hospitals gear
Räume vcrriethe, kein Ueberblick, keine Aussicht. Doch beitet. ' Die Landbauer haben die Ländereien um das
welcher Raum ist dem Gedanken eröffnet, wenn wir stun Haus urbar gemacht ; indessen wird diese Art Arbeit für
denlang riefer und tiefer steigen , und erreichten wir auch die Folge nicht beibehalten werden, denn die Beschäftigung
den tiefsten Gnmd , doch noch in der Rinde der Erde wei der Leute außer dem Haus schadet dem Jsolirungssvstem
len. Die Phantasie, dünkt mich, müßte hier in den trich und führt zu täglichen Unordnungen.
terförmigen Hallen einen wahnsinnigen Kreislauf begin Ein Theil des reinen Erwerbs von allen Kiefen Ar
nen, und es ist ein Wunder, daß 'nicht mehr Bergleute beiten gehört den Sträflingen, und bildet ihren Sparpfen
mvstische Dichter wurden. Wie wohlthätig 'der erste Strahl nig (xeculium). Dieser ist durch einen festen Tarif bei je»
der Sonne, der uns aus dem ersten Seitenschacht entge- der Art von Arbeiten genau bestimmt. Er betrug früher
genbrang ? an jedem Arbeitstag t bis ^ Batzen; bedeutender war
" Als wir unsere Namen in das Buch schrieben, sahen die Summe schon im verflossenen Jahr, denn sie betrug
wir einige Südländer als nächste Vordermänner, darunterci- fast 2 Batzen, und wird künftig noch mehr steigen. Manche
«eiriranenischen Grafen, «escher, aufsteigend aus der tiefsten Männer und Frauen haben bereits acht Schweizerfranken
Grube, sein Entzück«, und die Versicherung eingetragen, monatlich erhalte».
noch im Spätherbst von hieraus Nach Lappland zu reifen. Jeder Sträfling hat seine offene Rechnung im großen
Ob ibu ein Bannstrahl dahin führte, stand nicht bemerkt. Buch, und dann ein kleines Buch Jeder für sich. Jeden
Falun enthält eine ausgezeichnete Bcrgschule, in welcher Monat wird eingetragen, waS er gut gemacht hat, die
'39
Smumen selbst aber werden in die Sparkasse gelegt, und zwölf Tage bleibt, je nachdem sein Verbrechen unmoralisch
diese liefet sie am Ende der Strafzeit dem Sträfling ab. scheint, je nachdem er Neigung zum Besserwerden zeigt,
Während derselben kann er jedoch nicht das Geringste davon oder sein Vergehen ein Recidivfall ist. Diese Gefangen-
für sich selbst bekommen, wohl aber darf er seinen Eltern ! fchaft hat den Zweck, den Sträfling in sich selbst zurückzu
Unterstützung schicken, wenn sie anerkannt arm sind. Weit führen, und ihm die Arbeit wünschcnswerth zu machen.
entfernt», die Srlaubniß dazu im passenden Fall zu verwei Hier bekömmt er auch nichts anders zur Nahrung als
gern, sieht man dergleichen Regungen und Anträge der Wasser und Brod, und wird nur alle drei Tage wie die
Sträflinge sehr gern , denn durch solches Wohltlmn werden andern Sträflinge gespeißt. Ist diese Gefänguißzcit vor:
sie am schnellsten mit ihren Familien ausgesöhnt. Es sind über, so wird der Sträfling wieder zum 'Pastor geflichrt,
Männer und Frauen ans der Anstalt entlassen worden, die und dieser sucht ihn besonders davon fest z» überzeugen,
sich l» baare öouisd'ors verdient hatten, und überdies! noch daß Gehorfam und Thätigkeit die einzigen Mittel sind, ihm
gut auf ihre Kosten gekleidet waren. Vor dem Bestehen seine Lage zu erleichtern.
diefes Hauses betrug der Reinertrag aller Arbeit «,n>» (Die Fortsetzung folgt.)
Schwcizerfranken. Jezt ist er weit bedeutender, und doch
werden jährlich l««a bis 2<n>0 Franken an Peculie» abge
geben. Daraus geht hervor, daß dieser Erwerb der Straft Benvenuto Celliiik.
liuge ihre Thätigkeit sehr erhöht hat. Gern bekenn' ich, d» bist der Ulyß der Künste, so vielfach
Die mchrsten Sträflinge wenden sich nicht ans angc- Trug dich dein guter Humor, Kraft und Genie durch
Horner Schlechtigkeit zum Verbrechen, sondern in Folge die Welt;
von Unordnung und Mangel an Sparsamkeit. Deßhalb ist Längst schon sperrte die Zei>, die schwarze Zauberin Circe,
Deine Genossen im Stall ew'ger Vergessenheit ein ;
alles im Hause darauf berechnet, sie ordnungsliebend und Aber durch manche Charybdis erreichtest du endlich die Hei-
sparsam zu machen. Streng hält das Reglement auf die math.
größte Reinlichkeit in Kleidern und Wäsche, so wie in den Deine Penclope schloß dich in die Anne — die Kunst.
Kammern und Werkstätten. Da sie alles zu ihrem Unter Claude korrain.
halt Nörhige haben, so mar eS nicht leicht, ihnen Sinn
für Sparsamkeit beizubringen. Endlich hat man auch dazu WaS der Historie Raphael ist, das bist du der Landschaft,
Eine Seele l?at auch benoen den Pinsel geführt.
Mittel und Wege gefunden, nämlich in den Kleidern und WaS der eine von lauterem Licht iu die Menschen gezaubert.
im Brod. Jene sind auf ihre Rechnung gesetzt worden, Hat der beseelten Natur dieser au Schönheit verlieh».
und man zieht ihren Werth vom Peculinm ab. Erhalten W. Waibliuger.
sie dieselben nun in leidlichem Zustande, so ikauft sie die
Anstalt für eine« passenden Preiß beim Austritt zurück,
Korrespondenz-Nachrichten.
um sie Andern zu übergeben. Die Anstalt gewinnt dabei
nichts, wohl aber die Gefangenen. Seit lange ist diesen Chamber» in Savovcn, Januar.
Wobl wenig Gräbt«
täglich ij Pfund Brod bestimmt. Viele aber aßen nicht te» Zeiten , und Key dem Uebcrganq baden in der Umgestaltung der lczs
aus einer Hand in die an-
so viel, das Brod kam um, und die Leute gewöhnten sich ocre ivr etgenchümliches Gesicht so behalten wie Sauo«e«s
an Verschwendung. Nun hat man die Einrichtung getrof Hauptstadt. Wer kannte ihre große Anhänglichkeit an den
fen, daß ihnen an Geld vergütet wird, was sie von ihrer Mann nicht, der il,re ritterliche», wassenknimcn Sdlinc zu
Brodration ersparen. Diese Vergütungen beliefen sich al sieg und Glan; führte ? wer Wusitc nicht . daü unter Napo
leons Generalen und Oberoffizicrcn eine Menge, Savouer wa:
lein in den neun ersten .Monaten des Rechnungsjahrs ren , und dag er sie zu seinen Brasflen und Treitsten zählte'/
auf 2n?« Pfund. Da« ist nun nicht mein? so. Auf die Regicrimg voll Glan; und
Strenger Gehorfam und Subordination Wunder ist die frühere wieder in ihre Rechte getreten. AllcS
ist unstreitig, eins der sichersten Mittel, Besserung zu be hat sich anders gestaltet , nur der Sinn der Einwohner von
Ähambe« nicht. Da ist alles noch, oder eigentlich wieder wie
zwecken. Indessen müssen die Sträflinge eher durch ei >.>or scchszig Jahren , dicß voöe , reiche Genußlcdc» , die weit-
gene Ueberzengung, denn durch Zwang dazu gebracht wer .«»icdene Koch - und Sßkunst, der Tarentische LurnS in Spei
den. Zur nöthigen Strenge mnß also Wohlwollen kommen, sin und Gttränten , der Hang zum Nichtstlmn und zum Strei<
vor Allem aber Unpartbeilichkeit. Keine Unordnung darf tcn mid Prozesm cN , die volle Liebenswürdigkeit der schönen
FtatteN . ihre altfränkischen Gesellfchaftstalente , denen
straflos bleiben. Die Strafe muß jedoch mit der ruhigen i,,s italienische Blut eine eigene Richtung gibt ic. Auch die
Zeltigkeit vor sich gehen , die auch dem Kecksten imponirt. L«st am Spiel und der Dünkel des Adelstattds ist Nicht ver
Wenn der Sträfling ins Hans kommt, führt man ihn zum gesse« worden. Dadurch wird unsere Stadt ei» sei'« angines»
Pastor, der sein Unrecht und sciu Uetheil schon kennt und mer Lrt für aenußliebende Fremde , denen es um nichts tvei,
t« z>l tbnn ist, als um immer wechselndes Hinbringen ihrer
ibm in dessen Gemäßheit ernstlich und freundlich zuspricht. Zeit ; und doch Kaden wir hier kein stehendes Theater ! erst
NMl kömmt er in das dunkle Gefaugniß, wo ^. drei bis ^caen Ende dieses Monat« kommt da« »on Genf herüder , und
140
die Leute thaucn btt? uns auf, besonders die jünger» Schau ober die Anzahl der vorhandene» Lcsebubcn und Zeitungsver»
spielerinnen , die sich dort gar still und züchtig hatten müsse», micrhcr wird sich bedeutend vermehren. Bisher e,g»ete sich
was hier kein Mensch von ilincn fordert. Unstreitig spielt das die Polizei? das Recht zu , die Erlaubniß zur Eröffnung von
Essen Key uns die erste öffentliche Rolle; cS ist der Wende dergleichen Buden zu ertheilc» oder nach Belieben zu verwei
punkt, um de» sich iin Sonnen - und Kerzenlicht fast alles dreht. gern ; allein der königl. Gerichtshof, der sich ei» Bische» um
Ich setze Ehambcry in dieser Beziehung noch über Wie« , wo die bürgerliche Fvchlieit bekümmert »nd der Eigcnmacht der
die Gutschmeckercy doch auch weit gediehe» ist. Hatten die Polizcy zuweilen Schranken sczt , hat neulich entschieden , daß
Wienerinnen etwas von der Anmurh , dem Geist und der Lies es dazu keiner polizeylichcn Erlaubnis, bedarf. Durch das in
benswürdigkcit unserer Frauen , und besaßen diese etwas von die Zeitungen eingeschaltete Jntclligcnzblatt gewinnt auch der
dem musikalischen Talent der Donanundinen, so wäre das für Buchhandel, der bisher nur durch Vergünstigung Anzeigen
beyde ein sehr glücklicher Tausch. neuer Schriften in de» Tagesblättern erlangen konnte. In
Nach literarischer und wissenschaftlicher Unterhaltung und Frankreich werden Litcratnrzcitungc» vom großen Publikum
Erregung frage man ja nicht. Wir haben hier. Gottlob, eine fast gar nicht gelesen ; man lernt ncue Schriften aus de» poli
savopische Akademie, Ackcrbaugescllschaft ». s. w. , sie setze» sich tischen Tagcsblätter» keime», und nimmt häusig die in den
aber keinem Sonnenstrahl aus. Lescvcrcinc und Jvurnalzirkel selben über die Verfasser und ihre Werke gcfälllcn Urtheile als
sollen ein pestartiges Miasma ausströmen , darin» läßt unsere Orakclsprüchc an. Daher legte» de»» auch die Buchhändler ein
Regierung dergleichen nicht aufkommen ; ja wüßt« sie, daß ei außerordentliches Gewicht darauf, in den Hauptzeitungen Arti
ner von uns in dem nahen Genf oft solchen bedenklichen Ver kel zu Gunsten ihrer neuen Vcrlagswcrkc zu bekommen , und
kehr triebe , sie würde ein aufmerksames Auge auf fein Leben brachten oft große Opfer , um zu diesem Zwecke zu gelangen.
haben, wenn er zurückkommt. Wir schreiben indessen selbst Da nun jedes Blatt seine Freunde »nd seine Feinde hat , so
ein Journal hier, das jede Woche herauskömmt , uud voll nütz fiel natürlich viel Partl'chlichkcit bcv diesen literarischen Auf
licher Sachen ist. Ideen sind darin nicht, aber dafür eine sätzen vor. Ein Verfasser oder ein Verleger , der mit den In
Menge hübscher Charadcn und Räthscl, Wittcrungsbcobachtnn- haber» oder Verfasser» eines Tanblattcs in gutem Verhält
gen und Marktpreise. Es macht dem Herausgeber, Pro nisse stand, ward beständig herausgestrichen, indcß ein «»de
fessor Raymond , viel zu schaffen. rer , der im e»tgcgc«gcsczte» Falle war, nicht einmal eine
Wir haben auch hier eine Bibliothek, für die aber seit bloße Erwähnung erlangen konnte > er mochte sich bemühen, so
drchßig Jahren nichts nachgcschasst worden ist. In der Stadt viel er wollte , oder immer übel bcliandelt wurde , so gute Sa
kann man die Büchcrsammlung benutzen, aber in die Provin che» er auch aus Tageslicht gebracht hatte. Jczt kam, ei» je
zen wird kein Buch gegeben. der Verleger oder Verfasser für sein Geld sich so gut und so
Doch sprechen wir von etwas Interessanterem. Dahin lange herausstreichen als er Lust hat; wenigstens kann ein
gehört unstrcitig die Wiederherstellung der alten Gräber in der jeder doch ein neues literarisches Produkt zur Kenntnis, des
Abte« Hautecombc. Dies, Kloster wurde 1125 von Ama Publikums bringen , ohne daß er deßkalb »öthig hätte zuvör
deus IN., Grafen von Savoyen, erbaut, uud fowohl von ihm als derst einen Redakteur oder einen Zcituugsinhabcr untcrthänigst
von allen feinen Nachfolgern rcicblich beschenkt. Hier war der zu bitten. Derselbe Weg steht von nun an den in de» Prcvinzcn
Begräbnißort der savoyische» Fürsten und Fürstinnen lange wobnenden Verlegern »nd auch den Fremden offen. Wahrscheinlich
Jalirhnnderte hindurch. Aber nicht allein ihre Gebeine ruhten wird die Anzahl der Ankündigungen , ihres hohen Preises von
hier. Es fanden sich da auch zwey alte Chroniken von Savoycn, drchßig Sous für die Linie ungeachtet, zulczt fo anwachsen , daß
die eine lateinisch , die andere französisch. Diese war betitelt : die Zeitungen ein noch größeres Format werden annehmen müssen.
8en5uit I» ze'ne»Iogie 6e« illüitres Oomte5 cke 8»voie j«> So ist denn die französische Journalistik schrittweise vom kleine»
6i5, leurs proszieriles , «eeroissemeiiz ci'Konneurs et titrez Quartformat bis zum Großfolioformat gelangt , »nd was noch
ä« Kien et »u5»i <Ie Ieur5 »ärer5ite!. Allerdings ein schö wichtiger ist, der Geist derselben ist auch besser und edler gewor
ner Titel. Alle Länder , alle Fürstenhäuser haben ihre alten den. Noch im vorigen Jahrhundert hatte Frankreich meistens
Chroniken; aber nicht alle wollten, das, sie offen neben ih »ur erbärmliche Hofzcituiigcn. Zwar w„rdc dar,» der fran
ren Gräbern als Richter ihres LcbcnS und ihrer Handlungen zösische Nationalgcist ma»ch,nal rege, allein das politische Fach,
liege». Diese Chroniken sind wahrscheinlich bey der vandali- welches gerade das wichtigste ist, konnte kam» berührt werde».
schcn Zerstörung der Gräber in der Revolutionszeit verloren , Die Fortsetzung folgt.)
gegangen , wenigstens finden sie sich in der neueren Zeit nicht
mehr vor, und dadurch wird die LKrvni^ue 6« I,»nge» noch
wichtiger , weil sie als die einzige bedeutende Chronikcnhand- Auflösung dcS Logogrvphs in Nro. 2S :
schrift von Savoycn angesehen werden muß, die auf uns gekom Baycn. Bogen.
men ist. Der jetzige König von Sardinien ließ dieß savohische ^
St. Denis wieder herstellen , die herausgeworfenen Leichname
wieder zu Grabe bringen , und auch die Gebäude in ihren vo
rigen Zustand wieder herstellen. Dankcnswcrth und eine Zierde C h o r a d e.
seiner Legierung ist eS , daß er die Gebeine seiner Ahnen den Der Herr, den meine Lezten nennen.
Untertbanen zur Verehrung zurückgab und unter den Schutz Thät' einst zu Roß durchs Blachfcld rennen,
der Religion stellte. Flog übcr's Erste ritterlich;
Gut! sprach das Ganze — das bin ich —
Paris, Januar. Herr Vetter, ich bin von den Kleine»,
(Fortsetzung.) Und Ihr könnt Alles , »ur , verzeiht.
Die neue Einrichtung der Tagcsblätter hat noch andere Ich fliege besser, will mir scheine».
Folgen. Dur«, die Verthcnrung^ der Zcitungsabonncmcnts ist Des Todtc» Knochen nur man weiht.
es manchen nicht mehr möglich darauf zu abonmrcn. Da Der Lebende kann sie zerbrechen;
jedoch das Zcitungslcsen allgemeines Bedürfnis^ geworden ist, Ver^jht die Frcyheit mitzusprechen.
so werde» entweder wohlfeilere VolkSzcitungcn entstehen müssen, evlage: JntcUigenzblatt Nr. 1.
Verlegt von der I. G. c>o tta'schen Buchhandlung.
36.

M o r g e n b l a t t

für

gebildete Stände.

. Montag, 11. Februari32 8.

Sind Ehrist und Julp eher Christ »nb Jude


Als Mensch?
«essing.

Jean Paul Fr. Richter an Emanuel. ersten Grade unrein sev." Und wenn wir Katholiken die Heili
gung durch Todtengebeine glauben, so dürfen wir auch un
Hof, den Z. April 1795. tersuchen, ob nicht Dinge, die an andere Dinge gestoßen,
Ich wünschte, Sie theilten mir statt einzelner Samen welche das Todteubein berührt haben, selber heilig und
perlen Ihrer Rabbinen eine ganze Halsschnur in Druckpapier gesund machen können. Der Philosoph kann dazu setzen :
eingewickelt mit. Leider hab'lch mehr über dieJuden als v o n wenn einmal die moralische Ergebenheit gegen den Schöp
den Juden gelesen ; von der Mischna könnt' ich den ersten fer durch ein körperliches Zeichen ausbrechen soll, so ist
Theil in Raabes Uebersetzunz bekommen. Besonders über die Wahl des Zeichens, da jedes Körperliche gleich un
die Seelenwanderunq und Unsterblichkeit möcht' ich Rabbi endlich weit vom Geistigen absteht, gleichgültig und zwi
nen boren. Ihre Lehrer haben zwei Seelen , eine philo schen Taufwasser und Beschneidung, und zwischen dem
sophisch-moralische, deren Sönncnblicke unS Moses Men Fasten am christlichen , und zwischen dem Schmause»
delssohn, Herder und Andere sehen lassen, und eine un «m jüdischen Schabbas ist als körperliche Handlung
begreiflich enge, eine Adne' sudeh, die mit der Nabelschnur kein Unterschied, außer daß die letztere Zeremonie ein we
in die Erde, und zwar in die palästinische eingewurzelt ist. nig angenehmer ist. Ihre Religion überholt darin unsere,
Sagen Sie mir Ihre Meinung über den kleinherzigen daß sie keine einzige theoretische Unbegreiflichkeit und Con-
Zwerg - Geist in Vorschriften wie folgende : Wenn einer trodtttion, wie unsere, fordert. Ein Philosoph kann leich
am Sabbath ein Geschwür aufzwickt, um es zu offnen, so ter ein Talmudist als ein Orthodor sepn. Gerade Religio
übertritt er ihn , «eil eS eine Art Bauen ist ; aber es nen und Völker mit vielen, scharf abgeschnittenen Zeremo
schadet gar nichts, wenn er's aufmacht, um die Feuchtig nien verwittern später im Wind und Wetter der Jahr
keit heranszubringeü. So die Untersuchung im Kapitel hunderte, als andere mit wenigen Zeremonien: so die
vorher, wie viel Tvdtengebeine dazu gehören, um ein Haus Sineser, Braminen, Katholiken und Juden; je näher
zu Verunreinigen ; und so alle Bücher des Talmuds , die ich aber eine Religion (wie die reformirte) der Philosophie
gelesen. Womit ein Katholik, ein Lutheraner den Rabbi recht kommt, desto öfter ändert sie wie d« Philosophie selber
fertigen muß, ist das : sobald einmal z. B. der Glaube zuläßig Körper und Kleid.
ist, daß ein Todter verunreinige, so muß derTalmudist doch Wenn Sie wollen <und ich kann), ss will ich mit Ih
die Granzen dieser Verunreinigung untersuchen dürfen, bis nen Briefe (d. h. Ablxmdlungen ) über die Offenbarung,
er heraus hat, „daß ein Geräthe, das ein Geräthe berührte, über Wunder, Religion u. wechseln. Aber Sie müssen
das wieder ein anderes berührte, das ein Todter berühret, im mich vorher versichern, daß wir in diesem Punkte nicht
Ichs
Cilajim sind, die die 6. M. des IV. Cilajim so gut zu tet er aus Unachtsamkeit oder Bosheit Schaden an, so
sammen zu werfen verbeut, als wilde und kultivirte Bäume. wird ihm der Betrag von seinem Peculium abgezogen.
Ich meine, Sie sollen mir vorher Ihre Toleranz mit dem Indessen würden alle diese Straf - und Bessrrungs-
wildesten Baum assekuriren , der vielleicht kein Banm des mittel nicht gehörig und nicht sicher wirken, wenn sie nicht
Erkenntnisses ist, und der seine herben Holzäpfel noch fort durch ein höheres Band zusammengehalten würden. Dieß
trägt, ohne daß ihm die Offenbarung viele Reiser in oku- geschieht durch den Geistlichen des Hauses, dem die gei
liren können. Sind Ihnen aber die freimüthigsten Be stige Leitung der Gefangenen anvertraut ist, und der in
hauptungen — die aber gleichwohl im unendlichen Tempel dieser Beziehung fchon Wunder gewirkt hat. Es ist Herr
des Universums anbeten, der auf drei kelossalischen Säu Manuel, ehemals Prediger bei der französischen Gemeinde
len ruht, auf Gott, auf Unsterblichkeit, auf Tugend — in Frankfurt a. M. Das Haus besitzt einen großen Bet
nicht zu freimüthig , so fangen wir sie an. saal, wo nicht nur die Geschlechter, sondern auch die vier
Da viele von Ihrer Religion am Schabbas-Abend an Abthcilungen scharf von einander getrennt sind, und auch
Gewürze rochen , um sich unter dem Verlust der Schabbas- so dahin gelangen, daß sie sich auf dem Hin - und Herwege
Seele zu erfrischen , so schicke ich Ihnen gerade Sonnabend nicht begegnen können. Der Gottesdienst ist hier ganz so
Abends ein solches gewürzhaftes refraichissement oder gar wie in den Kirchen, und hat Sonntags und Donnerstags
eine neue Schabbas - Seele zu , Ihre Freunde R. . . statt. Außerdem tritt der Pfarrer auch jedem Sträfling ins
besondere näher; besucht sie in ihren Kammern, und
benutzt jede Gelegenheit, wo er sie zn ihrer Pflicht zurück
Das Strafarbeitshaus zu Lausanne. führen und in guten Anlagen oder Vorsätzen bestärken kann.
(Fortsetzung.) So bringt er ihnen Worte des Trostes und des Friedens,
In den Werkstätten werden die Gefangenen so viel und sucht das Zutrauen der Unglücklichen zu gewinnen, de
als möglich fern von einander gehalten, und jede Berührung ren Gemüther ihm übergeben sind. Cr ist auch der Mitt
verhindert. Tiefes Stillschweigen muß bei der Arbeit und ler, durch den die Gefangenen mit den Ihrigen und mit
beim Sssen herrschen. Jedem Werksaal ist ein Aufscher der Commission des Hauses in Verbindung stehen, wenn
vorgesetzt , und er darf nicht weggehen , ohne sich durch ei sie irgend etwas zu bitten haben ; wenn sie Strafe leiden
nen andern ersetzen zu lassen. Durch Hoffnung von Be müssen, so bemüht er sich, ihnen die Gerechtigkeit dersel
lohnungen und durch Furcht vor Strafen sucht man sie ben zu zeigen , und sie zur Untcrwürsigkeit zn ermahnen.
besonders gehorsam zu erhalten. Die Belohnnngen beste Aber dieß sind noch nicht alle Mittel, um auf die Besse
hen in Mancherlei. Zuerst in dem Peculium, von dem rung der Gefangenen zu wirken. Jeder hat in seiner Kam
wir oben gesprochen, ferner in der Erlaubniß, an die Ih mer die Bibel , den Katechismus und die Psalmen. Aus
rigen zu schreiben, und von ihnen Antwort zu erhalten, serdem besitzt das Haus noch eine Bibliothek, deren reli
ja sie von Zeit zu Zeit bei sich sehen zn dürfen , und end giöse, moralische und sonst unterrichtende Werke von Hand
lich in der Abkürzung ihrer Strafzeit. Bisher durfte dieß zu Hand gehen. Der erste Beamte gibt übrigens bevdcn
aufs Höchste einen Monat für jedes Jahr betragen , man Geschlechtern Unterricht im Lesen, Schreiben, Rechnen und
wird aber in Zukunft darin weiter zu gehen suchen , wenn religiösem Gesang. Dieß is5 aber eine Gvnst, die nur als
Sträflinge ausgezeichnet gutes Benehmen zeigen. Bei den Belohnung für gutes Betragen stattfindet. Für jede Ab
Strafen wird sorgfältig alles vermieden , was den Sträf theilung besteht ein Register, worin regelmäßig und fort
ling erniedrigen oder empören kann. Schon seit langen laufend das Betragen jedes Gefangenen eingetragen wird.
Jahren werden keine Stockschläge und ähnliche Züchtigun Darin ist alles bemerkt, was ihn kenntlich macht und be
gen mehr angewendet, selbst nicht in den äußersten Fällen, zeichnet, sein Name, sein Geburtsort, seine Familienum-
und man findet es auch ganz hinlänglich, sich auf einsames stände, sein Verbrechen, seine Strafe, die Zahl feiner Ar
Gefangniß zu beschränken. Bei diesem finden mehrere Grade beitstage im Laufe des Jahres, die Tage der Ruhe, der
statt. Denn bei kleinen Vergehen wird der Sträfling nur Krankheit, der Gefangenschaft in der Kammer oder im Gc
in seine einsame Zelle eingeschlossen. Ist aber das Verge fängniß, das gewonnene Peculium, mit einem Wort das
hen bedeutender, so wird das dunkle Gcfängniß (g«'o>«) an Bild und die Darstellung seines Lebens während seiner
gewendet, und wenn auch dieses nichts hilft, so kömmt der ganzen Strafzeit.
Lattenarrest, d.h. man bringt den Sträfling in einen Kä Dieß Sittenregister wird auch dann noch fortgesetzt,
fig von scharfwinkelig zugeschnittenen Latten. Indessen ist wenn der Sträfling aus dem Haus tritt und im Canton
dieß Mittel bisher nur selten angewendet worden. Bei je, bleibt. Deßholb wendet sich die Commission an die Pfar
dem dieser Strafgrade bekömmt der Gefangene nichts als rer der Gemeinden, wo sie hinkommen, und diese erstatten
Wasser und Brod, «nd die Zeit der Strafe steht mit seinem Bericht über deren Aufführung und Subsistenzmittel. Im
Fehler und mit seiner Hartnäckigkeit im Verhältnis;. Rich Allgemeinen dauert diese Aufsicht fünf Jahre, und schon
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zeige» sich davon die günstigsten Folgen, und in der Regel sich mit offenen Kinnladen hinlegt, schlüpft der Trochilus
ist es gelungen, die Sträflinge auf dm Weg des Rechts, in den Rachen und sänbert ihn von den Bdellcn, die sich daran
der Ordnung und der Sitte zurückzuführen. Reinlich, gut befinden ; das Krokodil! ist dankbar, und thut dem kleinen
gekleidet, und mit einer kleinen Geldsumme kehren sie zu den Vogel, der ihm cino, so guten Dic»st leistet, kein Leides."
Ihrigen zurück. Damit können sie ihre ersten Bedürfnisse be Diese Stelle des Vaters der Geschichte, Hcrodots,
streiten , bis sie sich von dem erlernten Handwerk zu näh gehört zu denen, welche den Scharssinn der Erklärer ganz
ren im Stande sind. Dadurch wird es begreiflich, daß die besonders in Anspruch genommen habe»; während die ei
Leute von den Ihrigen nicht zurückgestoßen, sondern mit nen das Ganze für ein Mährchcn erklärten, ischufen die
Freude und Wohlwollen aufgenommen werden. Die Maß andern, in ihrem Eifer, Herodot zu rechtfertigen, ein Thier,
regel fortgesetzter Beobachtung ist bis jezt aber nur für die das im Stande seyn sollte, dem Krokodil! Respekt einzu
kriminelle Abtheilung beobachtet worden, denn bei der kor- flößen, und zu thun, was man vom Trochilus erzählt.
rektionellen ist sie wegen des immerwährenden Ab- und Geoffrop St. Hilaire überzeugte sich iwährend fei
Angehens sehr schwierig. Jedoch wird in der Zukunft auch nes langen Aufenthalts in Egypten, daß Herodots Er
auf diese mehr Rücksicht genommen werden, besonders bei zählung der Hauptfache nach ganz wahr, blos in einigen
den Sträflingen, die lange genug in der Anstalt waren, Umständen unrichtig seve. Es gibt wirklich einen kleinen
um auf ihre Besserung hoffen zu können. Vogel, der beständig von Ort zu Ort fliegt, und überall
Ein wichtiger Punkt ist die Sicherheit. Für die in hinschlüxft, sogar in den Rache» des Krokodills, wobcv
nere hat man so viel gesorgt, als in einem Strafarbcits- er den Insekten nachgeht, in denen vvrzugeweise seine
haus möglich ist, worin keine festen Löcher fenn follcn. Die Nahrung besteht. Man sieht ihn überall am User des
Zellen haben keinen andern Ausgang , als in die Wrrkfäle. Nils, und Geoffrop erkannte in ihm einen bereits be
Diese sind des Nachts erleuchtet, und ein bewaffneter Wäch kannten Vogel, den egvptischen Regenpfeifer, der dem
ter geht in den Eorridors auf und ab. Dnrch deren offene bey uns vorkommenden kleinen Regenpfeifer febr nahe
Fenster kann er alles sehen , waS in den Wcrksälcn vor steht. Mit seinem sehr feinen Schnabel kann dieser Vo
geht. Auch die Zelle» oder Kammern können leicht beaufsich gel nnr ganz kleine Insekten, Fischlaich ond die seinen
tigt werden. Jeden Abend werden ihnen ihre Kleider weg thicrischen Theile fressen, die daö Wasser beständig ans
genommen, und erst am folgenden Tag wieder gegeben. Ufer spült. Die Ucbcrsetzer geben Herodots Bdella mit
Nicht so lobenswerth sind die äussern Sicherheitsmaßregeln. Hirudo , Blutegel ; ist aber Herodots TrochiluS ein
Die Hofnmuern, innerhalb deren die Sträflinge einen Theil kleiner Negenrseiscr , so ist die Bdella kein Blutegel , ab
ihrer Ruhestunden zubringen, sind offenbar zu niedrig. Es gesehen davon, daß eS im fließenden Nilwasscr keine Blut
ist unbegreiflich , wie man sie nicht gleich im Anfang höher egel gibt, sondern ein ganz kleines Jnsekr von der Art,
als i2 Fuß machte. Nichts leichter, als daß ein Sträfling, wie sie in heißen und feuchten Ländern fo häufig find.
dem seine Kameraden Hände und Schultern leihen, l>inüber Monaden solcher kleinen Schnake» finden sich am Nil-
springt. Dieß wäre selbst unter den Angen der Aufseher ufer, und wenn daS Krokodil! aus dem Sande ausruht,
möglich, und sie könnten es nicht zeitig genug hindern. fallen ganze Schwärme über dasselbe , her; auch in den
Einem solchen Mangel an Aufmerkfamkeit ist es auch zuzu Machen, der nicht fest geschlossen ist, dringen ihrer so
schreiben, daß in fünfzehn Monaten fünf Gefangene ent viele, daß die innere Gaumenhaut, die von Natur hoch-
kommen konnten. Man ist jezt ernstlich darauf bedacht, die gelb ist, mit einer schwarzbraunen Kruste bedeckt er
Aufmerkfamkeit im Innern zu verdoppeln , und durch die scheint; die saugenden Insekten senken ihre Rüssel in die
Erhöhung der Mauer um 5 oder 6 Fuß dns Entkommen Oeffnnngrn der zahlreichen Gannieudrüsen. Bald kommt
zu erschweren. Unmöglich aber ist<s, vollkommene Sicher der kleine Vogel, der ihnen überall nachstellt, deni Kro
heit zn erreichen. Diese gewährten weder die Bleikammern kodil! zu Hülfe, und befrevt es von seinen Quälgeistern,
von Venedig, noch die festen Löcher der Inquisition, noch und dabcv läuft er keine Gefahr, denn wenn das Kroko
die Mauern und Gräben von Glatz, noch die Thürme der dil! den Rachen schließen will, macht es immer zuvor ei
Bastille. (Der Beschluß folgt.) nige Bewegungen , die dem Vogel sagen, es sey Zeit da
vonzufliegen. Auf St.Domingo gibt es ein dem Nilkrokodill
Das Krokodil! und der Trochilus. sehr ähnliches Krokodil!, das auf gleiche Art von den Ma-
«Da das Krokodil! sich im Nil nährt, so ist sein Ra ringonins verfolgt wird, und deren es sich nicht entledigen
chen innen beständig mit Bdell en desezt. Alle Vögel, könnte, denn seine Zunge ist, gleich der des Nilkrvkodills
einen einzigen ausgenommen , fliehen das Krokodil! ; die unbeweglich, wenn ihm nicht auch ein Vogel von besonde
ser einzige, der Trochilus, fliegt sogar gierig auf das rer AN den gleichen Dienst leistete.
selbe zu und leistet ihm einen sehr große» Dienst; denn Da nun zu Herodots Zeit Bdella einen S a u g e r be
,o oft daS Ärokvdill anS Land kommt, um auszurufen, und deutete, und dieses Wort erst später besonders auf den
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Blutegel angewandt wurde, so könnte n«n denken, Sero- nun an bestandig vorwalten , und es müßte wahrlich ein aus,
dor habe sich in nichtö geirrt ; er scheint «der wirklich die serordentlicher Sklavcnsinn die gesetzgebenden Kammern besee
Thiere, welche das Krokodil! plagen, nicht uäher gekannt len, wenn sie je wieder zur Anflegung des Preßzwauge« ihre
zu haben, denn sonst hätte er sie bei sewcr bekannten Ge Einwilligung gäben.
nauigkeit Conops genannt, da er diese Insekten sehr gut Die Conbitoren, für welche der Gebrauch der NeujaKrsges
kannte und genau beschrieb. Allem nach hat er die Geschichte schenke erfunb«, zu seyn scheint , hatten dießmal wieber ihren
vom Krokodil! blvö den Priester, von Memphis nacherzählt. Bonbons allerley neue Gestalten gegeben, sie mit neuen Vig
Das freundschaftliche Verhältniß zwischen dem Kroko netten und neue» Devisen geziert, die nicht dummer und auch
dil! und dem Trochilus war im ganzen Altertbum bekannt, nicht klüger waren als diejenigen der vorigen Jahre, und die
nie wurde dasselbe in Zweifel gezogen ; Aristoteles, Plinius, Krambuden bcs Palais royal und der Hauptstraßen prangten
'Aelian, Philo und mehrere Schriftsteller aus den ersten wieder wie gewöhnlich mit allerley kleinen und großen Lurus-
Jahrhunderten noch Christus erzählen es einfach und ohne waaren, unter denen sich dießmal manche Erfindungen zeigte,,,
Umschweife ; nur irren sie sich oft in der Art der Dienst» die bey der lezten Ausstellung der Kunftprodukte im Louvre
leismng des Trochilus; so sagt Aristoteles, der Trochilus Beyfall gefunden hatten. Eine dieser Erfindungen, die mir
fliege dem Krokodil! in den Rachen und reinige ihm die sehr aufsiel, war die in Scidentüchcrn eingewebte Schrift, aus
Bahne, wobei er sein Futter finde; Plinius läßt' das Kro der Fabrik des Hrn. Maissiat zu Lyon. Dieser Mann hatte das
kodil! den Rachen so weit als möglich aussperren, weil das ganze Testament Ludwigs XV!., und dasjenige der Königin
Picken des Vogels ihm eine angenehme Empfindung ver Autoinette in ein Seibentuch eingewebt, und er will von nun
ursache. Später aber fing man an, sich an dem wunderba an allerley Schriften und Drucksachen auf eine leichte Art, wie
ren Anstrich der Sache zu stoßen, man läugnete entweder er sagt, in Seide wirken. Es liest sich so gut als ob es ge
den Vorgang, «der wenn man ihn gelten ließ, entstellte schrieben ober gedruckt wäre,, und läßt sich nicht auf der Ober
man ihn, um das anscheinende Wunder zu erkläre«; ja fläche des SeibentuchS fühlen , da diefe Oberfläche völlig glatt
man machte aus dem Trochilus eine» Vogel von der Größe ist, hier wäre also ein neues Surrogat der Buchdruckercy ;
einer Drossel, mit Schuppen bedeckt, und mit Stacheln auf der Erfinder verspricht nämlich ein Mittel, diese gewebten
dem Rücken und an den Flügeln bewaffnet. So kam man Schriften auf eine leichte Art zu vervielfältige». Kann er es
im Bestreben, den Kräften und Hülfsmitteln der Natur nun dahin bringen, dieselben auch wohlfeil zu liefern , je nun,
eine Gränze zu setzen , mährend man sich von der Wahr so werden wir seidene Bücher vom Webstuhl bekommen. Schon
heit entfernte, auf Abgeschmacktheiten, und erst dem For- die Steinbruckcrey greift in das Gebiet der Buchdrucker«? ein,
schunasgciste der neuer« Zeit war es vorbehalten, durch indem dieselbe häusig in Frankreich zur Vervielfältigung der
unmittelbare Beobachtung, , hier wie in so vielen Migen, Abschriften gebraucht wird, und eS wäre zu wünschen, daß
die Wahrheit wieder in ihre Rechte einzusetzen. dieß noch HZnsiger geschähe , indem zur Anlegung eine«
solchen Druckerey bey weitem nicht die Kosten einer Type,»
Korrespondenz- Nach richten. druckerey erfordert werden, und dieselbe also leicht und be
Pari«, Januar. quem in kleinen Städten angelegt werden kann. Auch der
(Fortsetzung.) Preßzwang ist Hey solchen Vnstattcil ro,it ssy»»ve. mt Werk
Die Politik war «» vorigen Jahrhundert ein Monopol zu setzen , weil einige Steinplatte«, von h««^ man in einer
der Regierung, bevin Ausbruche der Revolution stürzte na Viertelstunde alle Spuren einer Schrift verwischen kann, nickt so
türlich auch der Zeitungszwang mn , und nun erschienen Hun leicht den, Späherblicke einer argwöhnischen Polizey unter
derte von Blättern aller Art, unter denen manche wegen ihrer worfen werben können, als große Druckereyen , weßh^ die
Uebertreibungen und wegen des leidenschaftlichen Tones cckcl- Steindruckerey noch größere und schnellere Wirkungen her,
Haft , manche andere aber auch sehr edel waren , und noch jezt vorbringen kann alS die Typenbruckercy , angenommen, daß
als Muster gelten können. Schon damals wurde mehrmals Schriften überhaupt eine plötzliche und schnelle Wirkung her«
von den Machthaber,, versucht , die freye Erörterung der öf vorbringen, was jedoch äußerst selten der Fall seyn möchte.
fentlichen Angelegenheiten zu hemmen ; dieß geschah aber nur Zu diesem neue» Mittel, Gedanken schnell und wohlfeil zu
auf kurze Zeit, bis endlich Napoleon sich der Alleinherrschaft verbreiten, gesellt sich nun vielleicht auch noch ein neues, näm
bemächtigte , und sein eisernes Joch auch auf die Journalistik lich die Schriftwcberey ; Schnupftücher und Halsbinden wer
legte. Die politischen Erörterungen wurbcn zwar nicht un den vielleicht dazu dienen, die Wahrheit in der Welt zu ver
terdrückt , allein sie mußten nach seinem Sinne und nach seinem breiten; wo sollen mißtrauische Polizeyen Argusaugen genug
Regicrungssvstcm gewendet werde». Bey der Wiederherstel hernehmen, um die Verbreitung gewisser Thatsachen , die
lung des königl. Throne« wurde' auch die Preßfreyheit wieder man gern verbergen möchte, zu verhindern? Gcsczt ein Rei,
hergestellt ; bald bereuten die Machthaber das schöne Geschenk, sender kömmt in ein Land, die Mauth hat ihm alle Bücher
und wollten es wieder zurücknehmen ; allein es war eine gesetzge weggenommen, die er bey sich trägt, oder sie ihm durch die
bende Kammer da. und die Preßfreyheit steht als Grundgesetz in Ecnfnr zcrfczt wieder gegeben ; gesezt sie habe auch alle litho
der Vcrfassuugsurkunde geschrieben. Nur mit großer Schwie graphischen Abdrücke, die sich in seinem Koffer befinden, in
rigkeit konnte den Zcittmgen neuer Zwang aufgelegt werde» ; Beschlag genommen ; wer weiß uun, ob er nicht die Geschichte
seitdem ist dieser Zwang bald aufgehoben, bald wieder aufge des Landes in sein Hemde oder in seine Weste, von Herrn
legt worden ; allem die Machthaber können eS sich nicht verheh Maissiat sauber eingewebt, auf dem Leibe trägt? wirb man
len , taß Frankreich zu Ertragung eines solches JocheS nicht nicht auch Inspektoren und Sensoren der Hemden, Strümpfe,
mehr taugt, mib das, es in einem ganz andern Geiste beherrscht Westen und Tücher anstellen müssen? Ich weiß nicht, was in
werden muß als ei» türkischer Staat. In Frankreich for 5er Zukunft aus der Erfindung de« Lyoner Webers werden
dert die aufgeklarte Nation freymüthige Erörterung aller df, wird; allein bringt es der Mann dahin, baß man eben so
fcutlichc» Angelegenheiten, und «npartbeyifche Beleuchtung leicht ,md wohlfeil webt als sezt und druckt , so werden wahr
und Benrtheilung aller Schritte der verantwortlichen Beamten. lich die alten Pvlizcyanstaltcn nicht mehr ausreichen.
Diese noihwendige Einrichtung bcsizt England seit länger als (Die Fortsetzung folgt.)
einem Jahrhundert ; in Frankreich wird sie wahrschemlich von Be y lag e : Kunstblatt Nr. 12.
Verlegt von der I. G. Cotta'schen Buchhandlung.
M o r g e n b l a t t

s i r

gebildete Stände.

Dienstag, 12. Februar 1 8 2 8.

- horcht <mf stj„e Sieg,


^n unstrm Lied und rüstet euch zum Kriegt.
Torquato Tasso.

Die Schlacht von Lepanto ihnen auf den erhöhten Stellen des Ufers dehnte sich eine
imJahrt57l. unzählige Volksmenge aus, die mit ihren zum Theil zer
lumpten, aber buntfarbigen Gewändern ein sehr maleri,
Der 8. September 1571 war ein wunderschöner Herbst schcs Ganze darstellte. Aller Augen waren in das Meer
tag, wie man ihn nur unter der glücklichen Sonne Sizi hinaus gerichtet, an dessen Horizont sich eine große Zahl
liens sehen kann. Der Himmel glich einem azurnen Meer, von Segeln zeigte, und man mochte leicht erkennen, daß ,
in heiterer Bläue ausgegossen ; die Hitze war von einem die erwartete Ankunft dieser Schiffe Ursache so festlicher
frischen Nordwind gemäßigt. Der Hafen und die Umge Bewegungen sev. In dem Maße, wie die Segel näher
bung von Messina, die mit ihrer grünen, von Orangen kamen, schien die allgemeine Thcilnahme zu wachsen, und
und Weingärten bedeckten Ebene und den Gebirgszackcn die Bemerkungen unter der Menge wurden lauter. Der
in der Ferne zu jeder Jahrszeit einen entzückenden An Sine mühte sich ab, die Zahl der Segel zu bestimmen,
blick darbietet, war heute durch eine unermeßliche Men ein Anderer wollte das Admiralschiff unter den andern
schenmenge am Gestade und durch festliches Gepränge be erkennen ; ein Dritter sprach von dem spanischen Prinzen
lebt. Im Hafen selbst lag eine Menge Schiffe, deren und vom Türkenkricg.
Bauart schon von weitem ihre Bestimmung zu einem an Links von der Menge, die zu beiden Seiten des Ge
dern Zwecke, als dem eines friedlichen Handels ankün rüstes ausgegossen war, drängten sich drei durch ihre Klei
digte; sie waren für ihre Größe schmal, aber sehr lang, dung und Gestalt ausgezeichnete Figuren auf einen ent
mir einem eisernen Schnabel am Vordcrtheile bewaffnet ; fernteren Vorsprung des Ufers hin, um die Ankommen
beide Seiten bekränzten Reihen von Ruderbänken, deren den lNigestvrtcr zu beobachten. Der Sine, seinem Accent
Ruder jezt, hie und da durch die Schwingungen des Schiffs und seinem ganzen Wesen nach ein geborner Sizilianer,
bewegt, im Wasser spielten. Sie standen in zwei regel trug ein rothcs Barett nach damaliger Sitte, mit einem
mäßig abgetheilte Haufen aufgestellt. Auf allen Masten Busche vielfarbiger Straußfedcrn ; ein sogenannter spani
wehten die Flaggen , aber nicht auf allen dieselbe ; über scher Mantel bedeckte seinen Rücken und seine linke Schul
dem einen Geschwader flatterte der Löwe von St. Marco, ter; sein Wamms und seine Beinkleider, beide von Seide,
über dem andern die dreifache Krone mit dem Adler und hatten rothe und weiße Schlitze; auf den Schuhen, die
den Schlüsseln Petri. Längs des Hafens hin waren Ge spitz zugingen, trug er eine große Schleife. Seine im
rüste aufgeschlagen, auf denen schöne Frauen und ein zahl Ganzen abgenutzte, aber doch zierlich erhaltene Kleidung
reicher glänzender Adel mit seinen Dienern saß. Hinter verrieth, daß er seinem Stande nach zu der vornehmen
Klasse, aber eben nicht zu der reichen gehöre. Seine lichen Stamms von Carl, junger Held, Rächer der Chri
schwarzen Augen hatten, obwohl er ziemlich ältlich schien, stenheit an den Ungläubigen. Der Sohn D?n Gvrgoglios,
ihr volles Feuer, doch mit einem gewissen phantastischen Abkömmling aus dem Geblüte Rogers des Normannen,
Ausdruck, und einer, der sich auf Entzifferung der Ge grüßt dich, und bietet dir sein Schwert, sein einziges
sichtszüge versteht , hätte in seinem Blicke und seinen Ge übriges Besitzthum, an. Nun, Antonio, kommt die Zeit der
bärden etwas Leidenschaftliches, aber ohne den Ausdruck Bestrafung für die Barbaren, die uirs zu Grunde gerichtet
von Welttlugheit, welchen ein langer Umgang mit den haben." Seine Augen begannen zu leuchten, und von der
Menschen gibt, gefunden. Die zweite noch auffallendere Klippe herunterspringend und mit lebhaften Gebährde»
Gestalt hatte blos ein Bein von Fleisch, das andere war bald ins Meer hinaus, bald auf sich deutend, fuhr er fort :
von Holz. Ihre Kleidung war ohne Schmuck; ein mäch „Jezt werden Eure Zweifel zu nichte; gebt ihr Such nicht
tiger Schlavphut, das Wamms von gelbem Lcder, der Man gefangen, Antonio? Hier kommen bei hundert Galeeren
tel braun und über die Schulter gehängt. An dem leben mit der Macht Spaniens und Genua's, dort im Hafen
digen Fuße war ein Stiefel mit fehr weitem Schafte zu se liegen die Schiffe von Venedig und die Macht des hei
hen ; an der Seite hing ein Schwert. Am Gürtel sah man ligen Vaters mit den ersten Seehelden der Christenheit,
zwep Fächer für Pistolen, diese selbst aber nicht. Der Barl mit Veneri und Colonna, und dem Prinzen von Oester
war schon grau, aber trefflich gekämmt, und gab beim er reich an der Spitze ; glaubt ihr nicht, daß diese die Türken
sten Anblick zu erkennen , daß der Besitzer viel darauf hal zerschmettern, wie ich dieses Gras zertrete, und daß sie
ten mußte. Seine Züge trugen das Gepräge eines mühe auf immer diesen Korsaren die Lust benehmen werden, frey-
vollen Lebens, aber zugleich eines kräftigen Charakters, geborne Christen in die Sklaverey zu führen ?"
und sein verständiger, fast etwas satyrischer Ausdruck stach (Die Fortsetzung folgt.)
merkwürdig gegen dieleidenschaftliche Unruhe des Erstern
ab. Die dritte Person endlich, die mehr von der Begierde,
aus dem Gedränge und dem großen Haufen entfernt zu Das Strafarbeitshaus zu Lausanne.
seyn, als um der Gesellschaft Beider willen, an der sie (Beschluß.)
nur geringen Antheil nahm, Hieher geführt schien, war
ein junger Mann von etwa 26 Jahren. Sein blondes Die Anstalt besteht nun neunzehn Monate, und in
Haar samt den blauen Augen verrieth, daß er nicht unter den zwei weiblichen Abtheilungen geht alles in Beziehung
dem heißen Himmel Siziliens geboren sey. Seine Züge auf das Aeusscre sehr erwünscht. Ordnung und Reinlichkeit
waren edel, offen und wohlwollend, hatten aber einen herrschen in de» Zellen wie in den Wcrksälen, eben so wal
Ausdruck von Trauer , der nur hie und da durch das In tet überall Anstand, Stille und Thätigkeit bei der Arbeit.
teresse an den herannahenden Schiffen verdrängt wurde; Die zwei Oberaufseherinnen (Oim« Oouver»»«!«) verei
seine Kleidung war schwarz vom feinsten Stoffe, und zwi nigen Wohlwollen mit Festigkeit, und wissen sich bei den
schen dem Aeußern eines Soldaten und eines Geschäfts Gefangenen in Liebe und Achtung zu erhalten. Sie leben
manns schwankend. Den Hut schmückten einige Federn, fast unausgesetzt mit ihnen , und lassen nur selten ihre
an der Seite hing ein Degen; er trug einen einfachen Stelle von Gehülsinnen versehen. Der Pfarrer ist im All
Kragen von holländischer Leinwand , der den obern Theil gemeinen mit dem sittlichen Wesen und der guten Rich
des Rocks bedeckte. Uebcr diesem trug er eine schwere gol tung der gefangenen Frauen zufrieden. Schwer aber, ja
dene Kette. unmöglich ist es, zu wissen, wieviel dabei Verstellung ist.
Kaum waren sie bis ans Gestade vorgedrungen, als Erst in der Folge wird sich zeigen, wie die vielfach zu ihrer
der ältliche Sizilianer auf eine Klippe hinaufsprang, und Besserung angewendete Bemühung auf die an wüstes und
bald auf die Zehen sich emporrichtend, bald gegen das Meer unordentliches Leben gewohnten Weibspersonen zu wirken
hinausgebückt die herannahenden Segel zu zählen begann. vermag. Es ist dabei leider mehr zu fürchten als zu hoffen.
„Drei, acht, neun, seht, Kapitän Antonio, eins hinter In den Abtheilungcn der Männer sieht es lange nicht
dem andern, bei St. Januario, ich kann sie nicht zählen, fo gut aus. Schon in Beziehung auf Reinlichkeit, Ord
sie taumeln mir immer wieder durch einander." Und wie nung, Stille und Thätigkeit ist Manches zu wünschen,
der von vorne anfangend kam er abermal bis neun, als und der Gehorsam fehlt fast überall. Bei manchen Sträf
das Schwanken der Schiffe ihm wieder die Zahl verrückte, lingen kann die Rohhcit und Widerspenstigkeit kaum nie
was ihm zum zweitenmal die Anrufung eines Heiligen dergehalten werden. Im Allgemeinen kann man aber doch
auspreßte. Aber sogleich fuhr er fort: „Seht, seht dort sagen , daß sich Neigung zum Bessern im Betragen und in
das große Schiff mit der Christusfahne, die der heilige Aeußerungen zeigt. Bei Einigen ist Hoffnung zum Bcsscr-
Vater geweiht hat, dort ist Don Juan von Oesterreich. werden.
Sey willkommen im schönen Sizilien, Sprosse des kaiser Diese große Verschiedenheit zwischen den Frauen und
Männern, die doch denselben Regeln unterworfen sind, sind. Hier hält di, gutdenkende Mehrzahl die Frevler
kommt hauptsächlich auf Rechnung der Aufseher. Beim zurück, und diese fühlen daS Hemmende, was in ihrem
Beginnen der Anstalt verstanden sie es durchaus nicht, Alleinhandel,, und ihrer Schwäche liegt.
Ernst, Strenge, M'lde und Gerechtigkeit iu ihrem Be Es definden sich gegenwärtig in der kriminellen Ab
nehmen gegen die Sträflinge zu zeigen, dadurch wurden theilung 44 Männer und 12 Frauen, in der korrektiv-
sie, so zu sagen, von ihnen abhängig. Dieß macht unstrei: „ellen nur l8 Männer uiH Frauen , ein auffallendes
tig der Administration die größte Mühe, und sie mußte Verhältnis, daS eben kein günstiges Licht auf das Volk
darum in die geringsten Kleinigkeiten eingehen. Indessen werfen würde, wenn dieß Uebergewlcht der Verbrechen
ist auch in dieser Beziehung in den lezten Monaten Vie über die Vergehen als allgemeiner Maßstab gebraucht wer°
les besser geworden. den könnte. Die große Mehrzahl in beyden Abtheilun
Dieß Strafarbeitshaus ist nur für solche bestimmt, gen bilden auch hier wie überall die Diebstähle, doch kom»
über die Urtbeil und Recht erkannt hat. Andere Gefan men anch Mörder, Brandstifter, Falschmünzer, Kinder
gene bleiben während ihres Prozesses in den Distriktsgcfing- mörderinnen vor. Die Recidivfälle sind leider sehr Käu
nisscn oder in dem des Kantons. Es sind also hier eigentlich fig, besonders bep den korrektioncllcn Frauen, die nur
nur Gefangene Einer Art. Nun ist die Frage aufgewor für einige Monate hier sind.
fen worden: sollte man diese Leute nicht nach der Art ihrer Wir haben diesem Auffaz über das neue Gtrafarbeits-
Vergehen , nach ihrem Alter , ihren guten oder schlechten Hans zu Lausanne eine bedeutende Ausdehnung gegeben,
Eigenschaften u. s. w. abtheilen ? sollte dasLausannerStras- weil es, so wie das in Genf, die Aufmerksamkeit vieler
arbeitshaus nicht wie das Genfer eine besondere Abtheilung Regierungen und Privatpersonen Deutschlands auf sich
für die haben, die sich durch ihr gutes Betragen auszeich gezogen hat. Täglich laufen hier und dort Briese ein,
nen? Die Commission hat sich lange mit dieser wichtigen die um genauere Darstellung der Anstalten bitten. Hier
Frage beschäftigt, aber sie hat am Ende gefunden, daß eine ist sie für das Hauö zu Lausanne. Ihr werden wir auch
solche Klassifikation für eine große Anstalt mit mehreren Hun die der Genfer folgen lassen, über
derten von Sträflingen sehr nützlich , ja nothwendig sevn die gleichfalls noch nichts Genaueres bekannt gemacht
rönne, öa? ffe aber nur geringen oder gar keinen Nutzen worden ist.
gebe für eine kleine, auf eine geringere Anzahl Sträflinge vr. Chr. Müller.
berechnete Anstalt. In dem Lausanne? Strafarbeitshaus
wäre überdieß eine solche Abtheilung mit unübersteiglichen
Hindernissen verbunden. Ueberdieß vergesse man doch nicht,
daß die Sträflinge in dieser Anstalt nicht im gesellschaftli Gaben des Augenblicks.
chen Zustand bei einander leben. Dieß ist durch ihre Abge Von vr. W. B. Mbnuich.
schlossenheit in den Zellen, durch das tiefe Stillschweigen
und die immerwährende Arbeit in den Werkstätten, und Mögen die Verketzerer aller Rcligions : und Confcs:
durch die unausgesetzte Aufsicht in Kiefen und in den Höfen sionspartheven , besonders die, welche neulich mit blinder
unmöglich gemacht. So können die bösartigen Sträflinge we Wuth über die ihrer Meinung nach katholisirende Jndo-
der durch Reden noch durch Handlungen über die Bessergesinn manie hergefallen sind, von indischen Bramincn richtige
ten herrschen und, so zu sagen, Lastcrschule halten. Nur einmal Grundsätze der Toleranz lernen, welche nach der Vorrede
war es der Fall, daß die unbändige Heftigkeit eines Gefan zu ihrem I77Z— t77Z zusammengetragenen Gesetzbuch also
genen die andern zum Aufstand reizte, die bisher gehorsam lauten : „ Gott ist der Innigste des Muselmanns und der
gewesen waren. Was entstand aber daraus? alle wurden be Freund des Hindu; der Begleiter der Christen und der
straft und kehrten hierauf für immer zu Ordnung und Gehor Juden Vertrauter."
sam zurück. Dieß möge beweisen, daß unter gehöriger Auf
sicht die Vereinigung mehrerer Sträflinge kein so großer Ueberhanpt sollte man bey Beurtheilung der Gesin
Uebelstand ist. Trennt man sie im Gegentheil, um aus nung, des Gemüths, der Absicht und des Charakters ei
den Verworfensten, Heftigsten, Ungehorsamsten und Un nes Menschen nach seinen Handlungen und sonstigen
sittlichsten eine eigene Klasse zu bilden , so kann man auch Aeußerunge» nie vergesse» , daß man aus den klaren Wel
darauf rechnen, daß ein einziges Wort, eine einzige Auf len eines Flusses weit sicherer auf seinen Ursprung a„S
forderung gleich alle aufregen, und sie zu langem, heftigem reiner, als auö den trüben auf sein Entstehen aus un
Widersrand bringen wird , denn jeder wird sich da durch lauterer Quelle schließen kann.
alle Gleichgesinnte stark glauben. Dieß ist aber nicht der
Kall da, wo mehrere Bessergesinnte und Ruhige zusammen
!4»
A«rrespondenz- Nachrichte». London, Januar.
Pari«, Januar. Die Hrn. Black haben da« erste Stück ihre« ko««iz» Ke-
(Fortsetzung.) vievx erscheinen lassen; e« enthält mehrere vortreffliche Auf
sätze, ist aber keincSwege« dem T«uttel'schcn überlegen,
Für den NeujahrStag hatte die Sreindruckerey auch allers und müßte e« in einem hohen Grade seyn, wenn e« diese«
ley hübsche Zeichnungen hervorgebracht , besonder« sogenannte unterdrücken sollte, welches den Northeil hat, früher In den
Albuin« , das heißt Zeichnungen und Skizzen eine« oder mehs Händen de« Publikum« gewesen zu seyn und dessen Forde
rerer Künstler , die, in einem Buche vereinigt , sich zu Neu- rungen befriedigt zu haben. Hinsichtlich des bekannten Streit«
Zahr«geschcnken eigne» ; einige Künstler i» Pari«, als Chor- zwischen beuden Häufern ist e« z» bedauern, daß so viel gute«
let, Mognier u. a. Erwerben sich einen Ruf durch die origi- Papier verdorben morden ; das Publikum bekümmert sich nie
nelle Darstellung von allerlei? Bolkssccne» ; manche dieser Stücke mals um dergleichen , und wenn ja die eine oder die andere
fallen in« Groteske^ indeß bleibt dieß doch in gewissen Schran Zeitschrift fallen muß , so hängt es gewiß nicht von dein Recht
ken und wirb mit Witz dargestellt. Andere geben Ansichten oder Unrecht der gegenseitigen Eigcnthümer ab , welch« daS
und Prospekte , die sie auf ihren Reisen aufgefaßt haben , und Feld behält. Ich bin überzrugt, daß der ganze Zank auf einem
man erhält jährlich in dieser Hinsicht durch den Steindruck Mißverständnis beruhet , welches durch einige« Nachgebe»
«ine Menge interessanter Gegenstände, die ohne diese Er hätte wohl leicht gehoben werben können ; auch hoffe ich, daß
findung wahrscheinlich nimmer zmn Vorschein gekommen sehn er nicht weiter gehen werde.
würben. Die Almanache und Taschenbücher waren dießmal
nicht vorzüglicher als in den vorigen Jahren, und in diesem Li- Gurneh« Danipfkutsche macht häufig Fahrten In der Näh«
teraturzweige zeigt sich in Frankreich kein Fortschritt ; verinutb- seiner Fabrik und hat auch eine Reise von fünfzehn Meilen
lich verhindert die Vollkommenheit anderer Ncujahrsgeschenke, ohne Unfall hin und her gemacht ; doch scheint de« Erfinder
welche den Damen lieber sind , die innere und äußere Verschö noch nicht ganz mit seiner Arbeit zufrieden zu feyn , da er
nerung der Almanache. Zwar beweisen die vorhandenen , daß noch immer an der Kutsche bessert, und sie »och zu keinem
die Pariser auch wohl etwas Schöne« in dieser Hinsicht leisten praktischen Gebrauch hergegeben hat. Indessen zweifelt man
können, wenn sie sich die Mühe geben wollen , allein diese Ta nicht, daß eS ihm bald gelingen werde, fit eine lange Reise un
schenbücher so zu vervielfältigen, wie e« in Deutschland ge ternehmen zn lassen,
schieht , oder sie mit Beyträgen der ausgezeichnetsten Schrift Pevkin« hat vor Kurzem wieder einen öffentlichen Ver»
steller anzufüllen, wie e« in England der Fall ist . daran denkt such mit seiner Dampskanone angcflcllt , welcher vollkommen
man in Paris nicht , die meisten Almanache sind bloße Samm bewies, daß diese Methode dem Gebrauch des Pulvers vvrzu-
lungen von allerlei? Dichtungen , welche im Laufe de« Jahres zicl'en ist, indem man mit dieser Kanonc mit weit weniger
erschienen sind; nur der Musenalmanach gibt manches »och Händen unvergleichlich geschwinder schießen kann. Ob solche
Unbekannte, worunter aber freylich ei» Tbeil füglich unbekannt indessen eben so leicht fortbeweat werden könne als andere,
hätte bleiben können. Zu Paris müssen am Ne»jahrstaHt die und ob e« überhaupt für die Menschheit besser scun würde,
Bonbons das Beste thun ; Verse sind nur überflüssige Zugabe. ein solch furchtbares Werkzeug des Tod«S allgemein zu ma
Am Neujahrstage, bemerkt ein Journal, verschenkt man in chen, ist eine andere Frage.
Paris Lügen und Bonbons , das Jahr hindurch lägt man es Daß die Themse aufs Neue in Brunei« Gang eingebro
bey den Lügen bewenden. Es sollen barunter die vielen Glück chen ist, und daß fünf Arbeiter da« Leben dabey verloren
wünsche und Freunbschaftsbezeugungen gemeynt feyn , die haben , ist auf dem Fcstlande schon bekannt. Man fand ein
beym ncncn Jahre noch reichlicher gespendet werden als die großes Loch, welches seitwärts i» den Gang führt. Man sucht
Bonbons , und wovon natürlich so manche nur vom Munde, dem Uebcl wie früher zu steuern, aber gelänge eS auch wieder,
nicht aber vom Herzen ausgeben. Dießmal mochten manche das Loch z» verstopfen, so zweifelt man jczt doch stark, ob man
ihre Glückwünsche mit großer Verlegenheit barbringen. Da die Arbeit werde fortsetzen können, indem Leute, die die Sache
man nämlich wußte, daß das Ministerium in wenig Tagen verstehen wollen, versichern, die ganze Strecke, welche noch
werde umgestürzt werden, weil sich die Volksstimme allzu auszugraben ist, bestehe au« losem Erdreich, und man müßte
beutlich gegen dasselbe ausgesprochen hatte , und der Sturz der folglich erst ein künstliches Bett darüber machen , was un
Minister nvthwendig denjenigen ihrer eifrigsten Anhänger nach geheure Summen kosten würde. Man tadelt jczt Brunei
sich ziehen mußte, so hatten die Glückwünsche, die man den baß er nicht den Gang um sechs bis siebe» Fug tiefer an
Herrn brachte, bcynabe ein ironisches Ansehen , und manche gelegt hat , waS das Gelingen gewiß gemacht Härte. Ein
Leute waren eher geneigt der Ration alö den abziehenden Mi Korrespondent in einer Kiesigen Zeitnng schlägt vor, man
nister» Glück zu wünschen. Und in der TKat eröffnet sich daS solle, wenn man je wieder zu arbeiten anfange, dicht hinter
neue Jahr für die franzdsssche Ration unter vielversprechenden den Ardeitern ein Wasserthor anlegen, welche« in der Mitte
Aussichten. Das Blatt hat sich gegen Jesuiten und Obskuran getheilt seyn müßte, so daß das etwa eindringende Wasser
ten gewendet. Die Minister müssen nach langem Sträuben erst den untern Theil zuschlüge, und erst nachdem die Ar
ihren Abschied nclnnen ; der Polizwunftig wird aufhören; den beiter sich darüber weg gerettet > auch dm ober« ; das Wasser
Priestern wirb ihr Einfluß auf die VolkscrzicKung benommen würde dadurch verhindert, den ganzen Gang anzufüllen , und
werben , die beständigen Angriffe auf die verfassungsmäßigen da sich für das hinabzuwcrfcnde Erdreich ein Widerstand bil
Freybeiten werden gehemmt werden, und Frankreich darf end dete, so würde auch die Lücke desto besser und schneller aus
lich hoffen, zum vollen Genüsse der durch die Revolution errun
genen Vvrtheilc zu gelangen. Wie sollte ein solcher Beginn gefüllt werden können.
des JahrcS nicht mit Freuden angesehen werden ? Es ist mög
lich, daß sich späterhin die Aussicht wieder trübt, vor der Hand
aber ist sie heiter für Frankreich und läßt das Beste hoffen. B e p l a g e : Literaturblatt Nr. i Z.
(Die Fortsetzung folgt.)

Verlegt von der I. G. Cotta 'sehen Buchhandlung.


M v r g e n b l a t t

gebildete Stände.

4..
Mittwoch, iz. Februar i 8 2 8.

Welch ein Lächclu. welch ei» Blick!


Eckt In i»ren SngelS^igen
Sxicqclt sich des Himinels Gl««.
S ch i n k.

Mathilde. Die Schlacht von Lepauto.


Wenn sie lächelte. (Fortsetzung.)
Sangen die Vögel vor Lust,
Und der Himmel ward heiler, Der junge Fremde h«tte wenig Autbeil an diese» Re
Wiesenblumen und Kränker den genommen, sondern immer aufmerksam ins Meer
Dufteten selige Lust, hinaus geblickt. Der alte Soldat dagegen hatte vom Au-
Wenn sie lächelte! fang an xuhig zugehört ; bisweile» spielte ein Lächeln um fti-
Wenn sie lächelte. »en Mund, als wenn er sagen wollte: Alter! dein Kopf geht
Lachte Abends der Mvnd,
Streitend lachte nur Wonne mit deinen Einbildungen davon. Als aber der Andere die
Preis zu gewinnen die Sonne; Rede an ihu richtete, antwortete er: „Gewiß Don Giu
Sonne erblick und der Mvnd, seppe, es gibt eine schöne Macht zusammen, wenn alle
Wen« sie lächelte! drei Flotten verewigt sind; 22,, Galeeren, mit braven
Wenn sie lächelte. Männern besetzt, möchten wohl stark genug seyn, um die
Sang die Nachtigall froh, TürKn zu züchtigen, die zwar gottlose Ungläubige, aber
Und die Quelle floß lauter.
Mit den Blumen vertrauter keine schlechte Kriegöleute sind. Wenn die Türken jezt
Tändelten Weste so froh. dort stünden, an dem Capo di Farco hin, es könnte heute
Wenn sie lächelte ! noch zu etwas Entscheidendem kommen, und eö wäre besser
Wenn sie, lächelte, ' als morgen; wo liegen sie jetzt? wißt Ihr es nicht? sie
Gab es nur Freude und Lust. sind wohl noch weit von hier.'' ..Desto besser, Antonio," sagte
Nur ein trauriges Sehnen der SizUianer die drei Flotten werden zusammen abse
Trübte den Sänger, mit Tbränen
Klagt' er aus trauriger Brust, geln , und sie in ihrem eigenen Lande vernichten. Denn
Wenn sie lächelte! glaubt Ihr wohl, es scy nur ihrer Niederlage gethan? ihr
— Und sie lächelte. Land, ihr Hab und Gut muß genommen und in unsere
Als sie das Leben erblickt. Gewalt gebracht werden." „Wvhlgesprochen sagte der
Siebzehn Lenze verblühten. Stelzfuß; „da gibt es Land genug für mich, für euch und für
Als die Wange» verglühten, viele andere, die ihr EigeutKnin verloren oder niemals
Als der Tod sie gepflückt,
- Und sie lächelte! eines besessen haben. Gewiß sind die Vcnctiancr recht hitzig
K. A. Holling, darauf, daß dicß bald geschehe, denn die Türken liegen ihnen
schwer auf dem Nacken. Aber Freund, die «Spanier kom einliefen; die Seeleute, die in ihren besten Gewändern,
men von Neapel her, und nach einer so langen Fahrt voll bunter Farben, wie sie der Südländer lieht, die Ver
braucht man Ruhe. Erinnert ihr Such nicht, daß sie nach decke anfüllten, die wehenden Flaggen, das ganze kriege
der Ueberfahrt aus Spanien fast zwei Monate in Genua, rische Gepränge. Das Gedränge um den Hafen wurde
und nachher wieder drei Wochen in Neapel verweilten? zum Erdrücken groß, denn alles wollte den spanischen
Ihr versteht das spanische Seewesen nicht recht, man darf Prinzen sehen, dessen Person der Einbildungskraft so viel
die Ruderer nicht zu sehr anstrengen, dicß ist gegen die Stoff darbot; seine ungewisse, obgleich erlauchte Geburt,
Seeregel; die Spanier sind langsamer als die Venetia- seine hohe Stelle als oberster Leiter einer der ganzen Chri
ner. Dann kommt der Winter, und die Stünne ; ich mey- stenheit höchstwichtigen Unternehmung, seine schon errun
ne, wir werden in diesem Jahre wenig Neues mehr hö genen Lorbeeren in dem Kriege gegen die Mauren, vor
ren." «Wie, glaubt Ihr denn," sagte der Andere zornig, allem aber seine Jugend und seine herrliche Gestalt. Zwei
„daß Don Johann nicht vorBegierde brenne, zu dem Glänze Reihen Soldaten bildeten eine Straße vom Hafen bis an
seines Ruhms neue Lorbeer» zu sammeln, daß er nicht den Pallast des spanischen Statthalters, wo die Wohnung
nach Thaten verlange?" — „Ja gewiß, Don Giuseppe, für den Prinzen bereitet war.
die Jugend ist ruhmbegierig, und der Prinz von Oester (Die Fortsetzung folgt.)
reich ist ein tapferer junger Mann. Aber sagt man nicht,
der alte Rcguesens fey bey ihm ? ich denke, der König von
Spanien hat nicht ohne gute Gründe der feurigen Jugend
die alte Bedachtsamkeit zur Seite gestellt." — „Ich ver Ueber den VampyriSmuS.
stehe Euch nicht, Ihr redet versteckt, Antonio, wie im
Man würde sich, fo erzählt ein Franzose, in Jllyrien,
mer; glaubt Ihr denn, es sey dem Könige, unserm Herrn,
Polen, Ungarn und der Türkey dem Vorwurf der Irre
nicht Ernst? Seht Ihr denn nicht, daß die Venetianet,
ligiosität und der Jmmoralität ausfetzen, wenn man öffent
ein bedeutender Theil des Bundes/ zu Grunde gehen,
lich das Daseyn der Vamp yre läugnen wollte.
wenn man länger wartet, und dann wird der Sieg über
die Türken immer schwieriger." — „Ihr habt ganz recht; Man nenn. Vampyr einen Tobten, der sein Grab,
aber wenn die Venctianer ihre Inseln und ihre Schiffe im Allgemeinen zur Nachtzeit, verläßt, um die Lebende«
verlieren, so bleibt immer das feste Land und die Stadt, zu quälen. Oft saugt er ihnen das Blut aus, zuweilen
und das Milancse wäre ein wunderschönes Land, wenn die schnürt er ihnen die Kehle zu, so daß er sie fast erwürgt.
terra firm« noch dazu käme. Meint Ihr nicht?" „Ich Diejenigen, welche auf diese Weise von einem Vampvr
will gar nicht mehr mit Euch sprechen, Antonio, Ihr habt umgebracht werden, werden nach ihrem Tode ebenfalls
kein Herz, und habt Nichts verloren wie ich; soll ich denn Vampyrs. Es scheint in den Vampyrs jedes Gefühl der
nicht an diesen Barbaren gerächt werden, die meine Fa Anhänglichkeit vernichtet zu feyn ; denn man hat bemerkt,
milie in die Sklavercy geführt, meine Güter geraubt, daß sie ihre Freunde und Verwandten mehr noch als
und mich ins Elend gestürzt haben? Was meint Ihr," sich Fremde, quälen.
an den Fremden «endend, der bei diesen Worten aufmerk Manche glauben, daß ein Mensch durch göttliche Strafe
sam wurde, „wo bleibt uns, denen so viel geraubt ist, an Vampyr werde. Andere, daß er durch einen unglücklichen
dere Hoffnung, als in blutiger Rache an den Türkenhun Zufall dazu verdammt sey. Die verbreitctste Meinung in
den?" ,,Ja," sagte dieser in traurigem Tone, ..es bleibt dessen ist, daß die Schismatiker und Erkommunizirten, die
uns keine Hoffnung übrig, wenn die Waffen nicht helfen." in heiliger Erde ruhen , deßwegen , weil sie daselbst keine
Plötzlich wurden diese Gespräche durch ein mächtiges Rnhe finden können, an den Lebenden sich rächen. Die
Getöse unterbrochen , dessen Ursache sich bald zeigte. Die Zeichen des Vampyrismus sind: die Erhaltung eines Leich
spanische Flotte war während dieser Unterhaltung in den nams nach Verlauf einer Zeit, wo andere Körper in Ver
Hafen eingelaufen, worauf zuerst die beiden Kapitänschiffe wesung übergehen, die Flüssigkeit des Blutes, die Ge
der im Hafen liegenden Geschwader, und dann der Reihe lenkigkeit der Glieder u. s. w. Man sagt auch, baß die
nach alle andern Galeeren mit Kanonenschüssen salutirten. Vampyrs in ihren Gräbern die Augen offen haben, daH
Zugleich ertönte vom Land her das Jubclgcschrei der Volks ihre Nägel und Haare wachsen, wie bei den Lebenden.
menge. Auch von Don Juans Schiffen wusden die Grüße Das Erscheinen dieser Phantome hört aber auf, wenn man
zurückgegeben. Dieß verursachte zusammen ein ungeheures ihnen, nachdem man sie ausgegraben hat, den Kopf ab
Getümmel; der Hafen war eine Zeitlang mit Rauch be schneidet und ihren Leichnam verbrennt. Das gewöhn
deckt. Als er verschwand, zeigte sich ein prächtiger Anblick ; lichste Mittel gegen die Folgen des ersten Angriffs eines
die große Zahl der versammelten Kriegsschiffe, die in schön Vampyrs besteht in dem Reiben des ganzen Körpers und
ster Ordnung zum Theil vor Anker standen, zum Theil noch besonders des Theils, wo der Vampyr gelegen hat, mit
dem Blute, das seine Adern enthalten, und das man mir mit einem Morlaken gegessen und getrunken bat, wird das
der Erde seines Grabes vermischt. Die Wunden , welche Drückende einer solchen Notwendigkeit würdigen können.
sich an den Kranken finden, offenbaren sich durch einen Eines Abends hatten uns die beiden Frauenzimmer bereits
kleinen bläulichen oder rothen Fleck, ähnlich der Wunde, eine Stunde verlassen, und ich sang, um nicht trinken zu
die- ein Blutegel hinterläßt. müssen , meinem Wirthe einige Lieder vor , als wir plötz
Als Beispiel mag hier eine Geschichte der Art stehen. lich durch ein fürchterliches Geschrei, das aus dem Schlaf
Ein Heyducke in Medrerga wurde durch den Fall eines zimmer kam, unterbrochen wurden. (Zn Jllvricn gibt es
Hcuwagens erdrückt. Dreißig Tage nach seinem Tode star gewöhnlich nur ein einziges solches Zimmer, das für Alle
ben, der Sage nach, plötzlich vier Personen, und zwar ganz zum Schlafen dient.) Bewaffnet eilten wir in dasselbe, und
auf die Art und Weise, wie, nach der Ucbcrlieferung des sahen darin ein schreckliches Schauspiel. Die Mutter, bleich
Volkes, die von Vampyren Gequälten sterben. Man erinnerte und Mit verwirrten Haaren, hielt die ohnmächtige Tochter,
sich, daß ArnoldPaul, so hieß dcrHevducke, oftmals erzählt ha die, noch bleicher, auf dem Stroh, das ibr zum Lager
diente, ausgestreckt da lag, und rief ein Mal um das an
be : er sev in der Nähe von Kassvva und an der Gränze des tür dere : „ Ein Vamxyr ! ein Vampvr ! meine arme Tochter
kischen Serviens von einem türkischcnVampyr angefallen wor ist tobt!" Wir brachten indeß die arme Rhawa — so
den, doch habe er Mittel gefunden, sich zu heilen, indem hieß die Tochter — bald wieder zu sich, und sie sagte
er von der Erde des Grabes des Vampvrs gegessen und nun aus, daß ei» blasser Mensch, eingewickelt in sein
Leichentuch, zum Fenster hercingcstiegcn sev, sich auf sie
mit seinem Blute sich gerieben habe. Demungeachtet ward geworfen, sie gebissen und fast erwürgt habe;, auf das
er nach seinem Tode Vampvr : denn man fand «»'feinem Geschrei, d«S sie erhoben, sey er entflohen, und sie selbst
Leichnam alle Spuren eines solchen. Sein Körper war in Ohnmacht gefallen. In dem Vampvr habe sie einen
Menschen des Ortes, Namens Wircznanv , der vor vier
roth, seine Haare, die Nägel und sein Bart waren ge zehn Tagen gestorben sev, zn erkennen geglaubt. Am Hals
wachsen , und seine Adern ganz mit flüssigem Blute angc- hatte sie einen kleinen rotben Fleck ; doch weiß ich nicht,
füllr. Der Richter des Orts, in dessen Gegenwart die od es nicht ein natürliches Zeichen war, und ob nicht viel
Ausgrabung geschah, und der in Betreff des Vampvris- leicht ein Insekt sie da qestochcu hatte. Als ich diese Ver-
muthung äußerte, stieß mich der Vater unfreundlich zu
mus viele Erfahrungen hatte, ließ, nach der Gewohnheit, rück; die Tochter weinte und rang die Hände, indem sie
einen sehr, spitzigen Pfahl in das Herz des Arnold Paul ohne Unterlaß rief: „lüch! daß ich so jung, ohne verheil-
stoßen, worauf er, wie ein Lebendiger, einen fürchterli ratbet zu seyn, sterben muß!" und die Mutter sagte mir
chen Schrei ausstieß. Dann ließ man ihm den Kopf ab Schmähworte, nannte mich einen Ungläubigen, und ver
sicherte, daß sie den Vampvr mit ibren beiden Augen ge-
schneiden und verbrannte den Leichnam. Dasselbe geschah sehen und Wircznanv wohl erkannt habe. Ich sah mich
auch mit den Leichnamen der vier andern Personen. Trotz daher genöthigt zu schweigen. Alle Amulette, die sich nur
dem aber trug es sich nach fünf Jahren zu, daß in dem im Hause und im Dorfe fanden, wurden dem Hals der
nämlichen Dorfe und in dem Zeiträume von drei Monaten Kbawa umgebangen, und der Vater schwur, daß er den
nächsten Morgen den Leichnam des Wircznanv ausgraben,
siebzehn Personen von verschiedenem Geschlechte und Alter und in Gegenwart aller feiner Verwandten verbrennen las
am Vampyrismus starben ; einige ohne krank gewesen zn sen wolle. In Unruhe verging die Nacht, und nichts
seyn, andere nach einer Mattigkeit von zwei oder drei war im Stande, die Menschen zu besänftigen.
Tagen. (Der Beschluß folgt.)
Ich will die Erzählung einer Thatsache beifügen,
die ich selbst erlebt habe , und die ich der Prüfung Korrespondenz- Nachrichten.
der Leser überlasse. Im Jahre !8t6 hatte ich eine Fuß Zürich. Januar.
Benin Jahreswechsel machen die meisten gemeinnützigen
reife durch Vorgoraz unternommen, und übernachtete einst und wohlthätigen Vereine Zürich« ihre Jahresberichte bekannt,
auf derselben in dem kleinen Dorfe Varboska. Mein Wirth deren umsichtige Vergleich»«» ziemlich sichere Blicke und Schlüsse
war ein reicher Morlake, wenigstens nach den Verhältnis auf den Haushalt von Stadt und Land, auf Vorschritte oder
sen des Landes, dazu ein sehr lustiger Mann, der den Rückschritte ihre« physischen und sittlichen Wohlstände« tkun
läßt. Ein vortrefflicher bejahrter Landprcdigcr weist dieAeni
Wein liebte, und Vuck Roglonowifch hieß. Seine Frau war derungen nach, welche seit zehn Jahren in den frühern Ver
jung und noch fchön, und seine Tochter, ein Mädchen von hältnissen eingetreten sind, und stellt sie meist als erfreulich
sechszehn Jahren , höchst liebenswürdig. Ich wollte in dem und befriedigend dar. Die Roth der lezten Theurung hat
Hause einige Tage verweilen , um Trümmer von Alter- durch den ihr eigenthümlichen Antrieb zu Fleiß und Anstren«
gung gute Früchte getragen. In dem Gebirgslande ist jene
thümern in der Nachbarschaft ju zeichnen, und die gast Scheidewand gefallen, die früher zwischen Landarbeitern und
freundschaftlichen Leute räumten mir ein Zimmer in ihrem Fabrikarbeitern bestanden , und die gleich allen ähnlichen Tren
Haufe ein, ohne Geld dafür zu nehmen. Dieß nirhigte nungen beyde Klassen mehr und minder feindselig einander g»
mich indeß zu einer lästigen Erkenntlichkeit, indem ich. genübcr gestellt hatte. Jczt erkennt Jedermann an , daß dem
Feldarbciter Zeit übrig bleibt , die er zur Fabrikarbcit nützlich
gezwungen war, mit meinem Freunde Roglonowifch so anwenden kann , und daß dem Fabrikarbeit» ein Wechsel lanb,
lange am Tische zu bleiben, als es ihm beliebte. Wer je wirthschaftlicher Beschäftigung wohlthätig wirb, baß auch beybe
'52
nur mit rinanber verbunden am sichersten zum Wohlstand sKH- bey den Taubstummen hingegen wirb vorzüglich Geistes - und
ren. Der Wohlstand aber hat in den lezten zehn Jahren au Gnnüthsbildung zur Aufgabe gemacht. Diese erfordert so viele
genscheinliche Fortschritte gemacht. Dafür zeugen schon die Uebung , daß während des oft beschränkten Aufenthalt« dersel
Menge nencrrichtctcr Privatgebäube und die noch weit größere ben in Bildungsanstalten , für Handarbeiten wenig Zeit übrig
Zahl der ausgebesserten und verschönerten alten , mehrere neue bleibt. Für Taubstnmme Kat dicß auch nicht de» Nachtbeil,
Sirchen, und die beträchtliche Zahl schöner, est mit bedeuten den es für Blinde Kei'bct)führcn würde, da sie nach erhaltener Bil
den Kosten erbauter Schulhäuser, und die Menge verbesserter, dung jede« Gcwcrb erlernen können; und wenn sogar Kindern
KommunikationSstraßen. Wer aber vollends mit dein Innern mit vollständigen Sinnen bis in ihr vierzehntes Jahr der Schul
der Häuser bekannt ist, sinket auch bey ärmern Familien den besuch nöthig ist , warum sollte dicß nicht noch weit mehr bey
früheren Mangel am «öthigften HauSgeräthe und Kleibern Taubstummen gelten die ungleich mehr zu erlernen haben
nicht mehr. Wenn der Kanton Zarich ein Paar Hundert gros als jene? Die in der Anstalt nntergebrachtcn taubstummen
sere und kleinere mechanische Spinnereyen bcsizt, so bieten Knabe» beschäftigen sich blos i» Ncbcnstundcn und Sam
diese das gedoppelte erfreuliche Resultat dar, dag eiiscrseitS stag Nachmittags mit Handarbeiten , und zwar mit Holz
ungleich viel mehr Menschen mit und durch sie beschäftigt schnitzerei,, Beizen des Hölzes ». dgl. Die Hoffnung wird da
werde» , als vormalS durch daö Handgcspinst , und daß ander bei) genäkrt, daß mit der Zeit unbemittelte taubstumme Kna
seits wieder andere neue Industriezweige geweckt wurden ; ein ben, wenn sie durch Unterricht hinreichend vorbereitet sind,
solcher ist die Drechslern) in Holz und Metall für den Bedarf wokldenkende Meister finden werden , die ihnen zu Erlernung
eben jener Maschinen, wobey manches schlummernde Talent eines Handwerks bckülflich scyn wollen. Dieser Plan würde
sich kunstreich entwickelt hat, und wirklich besteht auch schon in seiner Ausführung' »in so segensreicher , wenn solche taub
eine bedeutende Ausfuhr dieser Drechslcrarbciten. Der Bettel stumme Knaben, nach etwa dreijährigem Unterrichte, zwey
hat , durch Fleiß und Sparsamkeit »erbrängt , auch in den Dritthcile ihrer Zeit mit Erlernung eines Handwerks zubrin
ärmsten Gegenden des Landes aufgehört. Vorzüglich aber ge», die übrigen Stunden aber noch weiter auf ihre geistige
zeigte sich olS eine herrliche Folge des wachsenden Wohlstan Bildung in der Schule verwenden könnten,"
des der bessere Jugendunterricht auch unter der ärmern und
ärmsten Volksklasse, und mit Recht darf gesagt werden, es Paris, Januar.
sev bey dein größer« Tbeil des Volks die Anerkennung der (Fortsetzung.)
Nothwendigkcit und deö Nutzens eines besseren Unterrichts ers Die Schauspielhäuser pflegen am Ncujahrstage gedrängt
wacht , wofür nicht blos die Menge neuer Schulgcbäude zeugt, voll zu scyn ; au diesem Tage gebt es aber sehr unruhig in
sondern auch die willige Erhöhung des Schulgeldes an so inanchem denselben zu , das Parterre besonder? . das aus allerlei? Leu
Orte, die Verbesserung der SchullchrcrgeKaltc, die hinwieder ten besteht, die sich an diesem Tage gütlich thun wollen, pflegt
gesteigerten Forderungen an SchulleKrer, und daher die weit sich sehr geräuschvoll und unruhig zu benehmen. An der ko
bessere Ausbildung der jüngeren Lehrer. mischen Oper waren drey Stücke anackündigt worden, unter
Unter den neuen Stiftungen , welche Zürich feit Jahres «ndcrn .,Maric.-l Musik von Herold ; allein dicß hatte man
frist ungefähr durch Privatvercine erkalten hat, verdient des abgeändert ; die Eintretenden wurden also benachrichtigt , daß
sonders die Taubstummenanstalt Auszeichnung. Sic sie nicht Marie, sondern eine andere Operette zu erwarten
ist nun als ein Scitenstück zu der vortheilkaft bekanutcn hätten. Da ,nan die Vorsicht gckabt hatte, das Publikum zuvor
Blindenanstalt zu Stande gekommen, und mit dieser zu benachrichtigen, so Kattees keine Ursache zu klagen; allein alS
auch vereint worden. Seit drcvßig Jahren beabsichtigte eine cS schon im Schauspielsaalc versammelt war, ward noch eine
solche Stiftung der acktnnqswürdigc Mann, der vor ein Paar Abänderung deS Schauspiels für diesen Abend angekündigt.
Wochen , nachdem sei» Wunsch nun endlich in Erfüllung Dicß erregte Murren ; indeß geschah die Ankündigung in den
gegangen war, gestorben ist, der Obcrrichtcr Ulrich. Raum Höflichsten , ergebensten Ausdrücken . und das Publikum , daS
und ökonomische Kräfte gestatteten aber der Zürcherschc» Blin aucl, Lebensart hat , begnügte sich mit Murren. AlS aber in
denanstalt erst in der jüngsten Zeit auf Ausdehnung Bedacht einem der Stücke ein anderer Schauspieler austrat als derjeni
zu nehmen ; fördernd wirkte besonders der Umstand , dag der ge, der anf dem Anschlagzettel angekündigt war, so brach der
Blinden im eigenen Lande, feit die Kinderpockcn unschädlich Unwille loS , »nb man ließ den arme» Schauspieler nicht zu
sind, viel weniger geworden waren. Seit H irz c l s Tod, Worte kommen. Es entstand ein fürchterlicher Lärm, und alle
der die Blindenanstalt gestiftet hatte , war Ulrich ihr erster riefen Ckollct . Chollet ! (so hieß der angekündigte Schauspie
Vorsteher. Sein Wunsch und die Verbindung mit einem tüchs ler). Der Polizcykommissär , eine »»entbehrliche Person bey
tigen Lehrer, Hr. Schcrr. führten endlich auf die Versuche den Parisern Schauspieler, reckte aus einer Vorderloge den
zur Aufnahme von Taubstummen neben den Blinden . die sich Kovf Kcrvor und äußerte, die Klage» und Forderungen der
nnn völlig erprobt haben. ES wurde dabcy zwar nie an ge Zuschauer wären billig , u»b man werde denselben nachgeben.
meinsames Unterrichten . sondern blos an eine ökonomische Auch der Direktor trat auf und kündigte an , man werde den
Verbindung gedacht. So unterrichtet nun täglich der Ober: Chollet Kolcn. Nun verginge» drcvvicrlcl Stunden; endlich
lekrer in den Vormiltaqsstnndcn die Blinden, während der fing das Stück von Neuem an, und dicßmal erschien Ckollct
Unterlehrcr die ihm vorgezcichneten Aufgaben mit den Taub in der angekündigte» Rolle. Aber das Publikum, das so
stummen in einem andern Zimmer übt. Nachmittags erthcilt lange hatte warten müssen , verlangte nun ungestüm , Ckollct
der Oberlehrer den Taubstummen wissenschaftliclicn Unterricht, solle sich vor ikm entschuldigen. Das Stück wurde unterbro
und der Untcrlekrcr beschäftigt die Blinden mit Handarbeit. chen, und es half nichts. Chollet mnßtc hervortreten »nd seine
Beu Tische und in Freustundc» komme» die Zöglinge bcyder Entschuldigung vorbringen. Er sagte, ob wahr oder unwahr
Abthcilunqcn zusammen. Die MittKeilnnq zwischen Blinden weiß ich nicht, da das Schauspiel abgeändert worden wäre,
und Taubstummen geschieht durch die Tonsprache; der Taub so habe er geglaubt, er habe an diesem Abende nicht zu spielen,
stumme spricht langsam , der Blinde beantwortet das Gekörte er bitte das Publikum , ihm diesen Jrrthum nicht zu Schulden
eben so , und der Taubstumme versteht die Antwort dnrch die komme» zu lassen. Nun erst waren die Zuschauer besänftigt,
Bewegung der Sprachorgane. ..Der Untcvrici't in Handarbei und da? Schauspiel ging endlich ruhig seinen Gang fort.
ten muß immer Hauptgegenstand der Blindenbildung bleiben ; (Die Fortsetzung folgt.)
Verlegt von der I. G. Colt« 'sehen Buchhandlung.
N". Z9.

M o r g e n b l a t t

für

gebildete Stände.

Donnerstag, ii. Februar 182 8.

Im glänzeudeu Gcwanbk,
El'rwürdiq stol> , ersweint der Hkldknsol'»;
Uud scincs AdlcrS Sili>krschwi»>zcn ftimmcru
Im Sl»,»enstrai?l mir ungkN'oi'iilcm Ls,,i,n»,krn.

Die Schlacht von Lcpanto. entspringt und in der Einbildungskraft seine Quelle bat,
sondern eines militärischen, der sich auf die Gewohnheit
(Fortsetzung.) unwidersprochener Herrschaft über Andere gründek. Sei»
Der erwähnte Fremde verlor seine Begleiter, wn rauber Ernst stach merkwürdig gegen die Zreundlichkeit
aber so glücklich, einen Play hinter den Soldaten zu be Colonna's und das jugendliche Wesen des Prinzen ab;
kommen, wo er den ganzen Zug überschauen konnte. Vor seine Kleidung war die gewöbnliche eines See -Offiziers
aus zeg ein Haufe spanischer Veteranen, die mit ihren ohne Schmuck. Es war Venrri, der venetianische Admi
braunen, von der Sonne verbrannten Gesichtern einen ral. Hinter diesen Dreien ging eine Menge hoher Offi
sebr kriegerischen Anblick darboten. Nach ihnen kam Musik, ziere aus den verschiedenen Geschwadern. Als der Zug
und nun der Oberadmiral. Seine Gestalt war hoch und an der Stelle vorbcvging, wo der Fremde stand, schic«
majestätisch, sein Gang stolz , die Augen braun und glän ilim das Gesicht eines der Männer, die zum Gefolge Don
zend, die Srirne hoch, die Nase halbgebogen, ein schöner Juansgcbörren, bekannt, ohne daß er sich entsinnen konnte,
Bart bedeckte einen feinen Mund. Sein Gesicht drückte wohin er ihn zu setzen habe. Er meinte aber eine Gestalt
Zufriedenheit mir den ihm zu Liebe angestellten Feierlich aus seinen JugendjaKrcn wiederzusehen. Seine Aufmerk
keiten aus, ohne jedoch die ruhige Haltung eines Prinzen, samkeit wurde dadurch auf diese Person Kingezogcn und
der an Ehrenbezeugungen aller Art von Jugend auf ge wuchs noch vielmebr , als er ihn in deutscher Sprache mit
wohnt ist, im Geringsten zu verlieren. Seine Kleiduug seinem Nachbar reden hörte. ..Albrechr," sagte dieser,
war prachrvoll ; ein schwarzer Hut mit breiter Krempe, ..was denkt Ihr von der Art, wie wir hier aufgenommen
von Federn überwallt, die durch eine diamantne Schnalle werden? ist es nicht ein schöner Anfang? wie wird erst
gebalten wurden, ein Wamms von himmelblauem Atlas, unser Herr den Weibern gefallen „Ich bin zu alt/- ent
und darüber ein rother sammtner Mantel, reich mir Gold gegnete die Person , die des Fremden Aufmerksamkeit ge
und Stickerevcn besezt. Ihm zur Rechten ging ein Mann fesselt hatte, „um an diesem Lärmen Gefallen zu finden.
w reifem Mannesalter, glänzend gekleidet und mit ei Ich wollte, wir wären zu Haufe, und ans diesem unsin
nem Panzer auf der Brust, es war Marco Antonio Co- nigen Gedränge loS." Der Fremde hörte nur so viel, denn
lonna , der Admiral des Pabstes ; zur Linken ein Greis der Zug ging vorüber; aber cS war genug für ihn, der
von 6Z — 7i, Jahren ; seine Züge waren raub und rruzen Name, der Acccnt, die Sprache halfen das vollenden,
einen gewissen Ausdruck von Srolz , aber nicht eines sol was die Gesichtszuge nur angedeutet Kattcn; er war so
chen, der «us einem jugendlichen Bewußtsepn von Kraft viel als gewiß, daß es der alte Albrecht sep, der in Augs
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bürg seine Erziehung mit dem Knaben der schönen Wittwe Zeit zu Zeit, nach regelmäßigen Zwischenräumen, Kano
Blomberg geleitet, und nachher mit letzterem in ein frem nenschüsse ertönten. Der Fremde hatte Spielereien die
des Land gezogen war. Sein Entschluß war gefaßt, diesen ser Art schon oft gesehen ; dießmal hing sein Blick mit
Man« aufzusuchen. Er verfolgte den Zug, fo weit er besonderer Theilnahme an dem Regierungsgebäude, wo
konnte, mit den Augen, und zog sich, als er verschwun er die Namenszüge Philipp II. und Don Juan d'Austria
den war, so schnell als möglich aus dem Gedränge zu leuchten sah. Er forderte endlich seinen Mantel und
rück, den Weg gegen seine Wohnung einschlagend. Als ging allein gegen die Stadt hin.
er in eine einsame Straße gekommen war, ging er, ohne Hier herrschte großes Getümmel in den Straßen, es war,
es zu wissen , langsamer. Gewisse Bilder aus seiner Ju als sev kein Bewohner zu Hause geblieben ; am gedrängte
gend erwachten in seinem Innern, und wechselten mit sten wogte der Haufe vor dem Regierungsgebäude, einem
Erinnerungen an das theure, kurz verlorene Wesen und großen Pallaste von vier Flügeln. Seine Fenster waren
Planen über die Zukunft. Fast hätte er in diesem Ge festlich erleuchtet, und man sah von unten, daß sich viele
wirre innerer Bewegungen den Weg verloren, wenn ihn Personen an den Wänden hin bewegten. Als das Feuer
nicht das Gelärm der vom Hafen nach Hause eilenden werk lvsbrannte, trat Don Juan auf den Balkon, und
Menge zu sich gebracht hätte. Endlich gelangte er in seine tausend Stimmen jubelten ihm zu. In dem Saale war
einsame Wohnung, eine Villa auf der Südseite der Stadt. eine glänzende Versammlung von Männern und Frauen,
Das Haus war nicht sehr groß, aber freundlich, von bei bestehend aus dem Adel , der zahlreich aus ganz Sizilien
den Seiten mit Palmen befezt. Das Geräthe im Innern zusammengeströmt war, den öffentlichen Beamten und den
war einfach, aber vom kostbarsten Stoffe, von Gold und Offizieren des vereinigten Heers; der Anblick der Gesell
Silber, und kündigte einen reichen Besitzer an. Das schaft war prachtvoll imd viel bunter als jezt, da die Ei-
Schönste aber war die himmlische Aussicht; denn da das vilisation mit den Sitten auch die Tracht der verschiede
Landhaus auf einer kleinen Erhöhung stand, fo beherrschte nen Völker gleicher gemacht hat. Die Nationen unter
es die ganze Stadt, den Hafen, das Meer ; über die Meer schieden sich im Saale ziemlich genau, und man erkannte
enge hin erblickte man das grüne Ufer Calabriens und an ihrer Tracht Vcnctiancr, Gcnuescr, Römer, Sizilia-
die lezten Gebirgsäste des Apennins in ihrem zauberisch ner, Spanier, dazu die Glieder der militärischen Orden,
blauen Dufte; auf der Südseite die Reihe von Basalt die Maltheser in schwarzen Mänteln mit dem silbernen
bergen, die Messina in einem Halbkreis umschlingen, uud Krenze auf der Brust, wie sie es in den Zeiten des Kriegs
darüber hin ragte der himmelhohe schneebedeckte Aetna. zu tragen pflegen, die Ritter von Calatrava und St.
Unempfindlich für die Reize der Natur ging der Fremde Jage. Es war ein Ball, dem Prinzen zu Ehren ange
die marmorne Treppe hinauf in sein Zimmer. Cr sprach stellt. In einer Vertiefung des Fensters stand der alte
Nichts, aber seine Gebärden und Bewegungen drückten Mann, den wir beim Einzug unter dem Namen Albert
das Wogen seiner Empfindungen lebhaft aus. „Es muß kennen gelernt haben. Cr blickte mit Wohlgefallen auf
Albrecht von Rosenstein seyn," sagte er bei sich selbst, lang die fchöne Gestalt des jungen Prinzen , und schien sich an
sam ans und ab gehend, „aber wie kommt er Hieher, wie seinen anmuthigen Bewegungen innig zu ergötzen. Nebe»
in das Gefolge des Prinzen von Spanien ? Welch ein son ihm stand derselbe, der ihn im Zuge deutsch angeredet
derbares Gewirre von Vorstellungen," fuhr er fort, „meine hatte. Ihr Gespräch wandte sich in mannigfachem Wechsel
ich doch, er ähnle dem jungen Gianettino Blomberg; ich auf die Personen , die gegenwärtig waren , kehrte aber im
muß mit ihm bekannt werden , Albrecht wird mir dazu mer wieder auf Don Juan zurück. „Ja, " sagte der Acl-
vehülflich feyn ; ich trete unter seine Fahnen zu einer so rere, „diese Versammlung ist größer, als man sie in einer
glorreichen Unternehmung ; wir werden die Türken auf Stadt wie Messina erwarten sollte, kaum waren die
finden, sie besiegen, und ihre Flotte wird in unsere glänzender, welche ich in Madrid oder am Hofe Kaiser
Hände fallen. Sie ist auf dem Schiffe des Korsaren, viel Carls in Augsburg sah." „Siehst du dort den alten Ve
leicht, vielleicht kann ich sie befreien!" Bei diesen lezten nen? der spielt eine schlechte Rolle unter den Damen; ich
Bildern wurde sein Schritt schnell , er streckte die Hand stehe dafür, daß er lieber auf seinem Schiffe säße, als
aus , wie wenn er nach dem Schwerte greifen wollte, und hier. Dort drängt er sich hinter die Prinzessin von Tra-
seine Augen leuchteten. Indessen war es dunkel gewor pnni zurück. Wie schön ist dieses Mädchen in ihrem üppig
den, eben begann die Beleuchtung der Stadt, zuerst flacker schwarzen Haar; unser Herr bietet ihr seine Hand zum
ten nur hie und da die Lampen an den vornehmsten Häu Tanze ; ein herrliches Paar ! daß er nur dem armen Mäd
sern auf, im Verlaufe einer halben Stunde aber war die chen nicht zu viel gefällt. Aber ist auch eine schönere Gestalt
Illumination allgemein. Die Stadt glich einem mit fchim- ' hier im ganzen Saale, als Don Juan von Oesterreich?" „Ja,
mernden Lichtern besäten Felde. Vor dem Pallaste der bei Gott, er ist schöner, als Alle," sagte Wibrecht, der
Regierung wurde ein Feuerwerk losgebrannt, in das von wie ein Vater, welcher Lobsxrüche über seine Kinder für
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eigene annimmt, keine Gelegenheit, ihn zu preisen, vor- Die Krankheit war langwierig. Khawa fürchtete fehr die
beyließ, „sieh! mit einem halben Kopf ragt er über die Annäherung der Nacht, und immer wünschte sie. Jemand
Italiener hervor ; das macht, er hat deutsches Blut in um sich zu hadeu, der bei ihr wachen sollte. Da ihre El»
seinen Adern, und ist in Augsburg geboren, wo die Schön tern, durch ihre täglichen Arbeiten ermüdet, sich kaum noch
heit zu Hause ist." aufrecht halten konnten, so bot ich meine Dienste als Kran,
(Die Fortsetzung folgt.) kenwärter an , und mit Dankbarkeit wurden sie angenom
men. Ich wußte, daß mein Anerbieten bei den Morla-
ken nichts Unanständiges hatte. Nie werde ich die Nächte
Ucber den VampyriSmuS. vergessen, die ich bep diesem unglücklichen Geschöpfe zu
brachte. Wenn der Fußboden knarrte, wenn der Wind
(Beschluß.) an daS Haus schlug, bei dem geringsten Geräusch erzitterte
Mit Tagesanbruch war daS ganze Dorf in Bewegung : Klxttva. War sie eingeschlafen , fo hatte sie schreckliche Vi
die Männer waren mit Flinten und HanscharS bewaffnet, sionen, und oft erwachte sie mit furchtbarem Geschrei.
die Weiber trugen glühend gemachte Werkzeuge, und die Auweilen, wenn sie merkte, daß ihre Augen sich schließen
Kinder hatten Steine und Sticke. So begab man sich nach wollten, sagte sie zu mir: „Schlaf nicht ein, ich bitte Dich.
dem Gottesacker unter Geschrei und Schmähredcn gegen Nimm den Rosenkranz in die eine Hand und deinen Han-
den Tobten , und nur mit Mühe konnte ich mich durch die schar in die andere, und bewache mich." Dann wieder wollte
»üthende Menge durchdrängen und an das Grab selbst sie nicht einschlafen , als wenn sie meinen Arm mit ihren
gelangen. Das Ausgraben dauerte sehr lange , denn Je beiden Händen festhielt. Nichts konnte sie von den flnstern
der wollte daran Theil nehmen, und so war Einer dem Ideen abbringen , die sie verfolgten. Sie hatte vor dem
Andern im Wege; selbst Unfälle würden geschehen sevti Tode eine große Furcht und hielt sich auch für verlo
ohne die 'Alten, welche endlich bestimmten , daß nur zwey ren, trotz der Tröstungen, die wir ihr zu Theil werden
Männer den Leichnam ausgraben sollten. In dem Augen- ließen. Nach einigen Tagen war sie bedenkend mager ge
blicke, als das Tuch, das den Körper bedeckte, hinweg- worden; ihre Lippen waren ohne Farbe, und ihre großen
genommen wurde, ertönte ein so furchtbares Geschrei, daß schwarzen Augen schienen noch glänzender zu sepn ; sie war
«rr die Haare zu Berge standen. Es kam von einer in der That schrecklich anzusehen. Ich wollte versuchen, auf
Frau, die mir zur Seite stand, und deren Worte: „ES ihre Einbildungskraft günstig zn wirken, indem ich mich
ist ein Vampyr ! er ist nicht von den Würmern gefressen stellte, als ginge ich in ihre Idee» ein. Unglücklicherweise
worden ! " sogleich von hundert Menschen auf einmal nach durfte lch jedoch «uf ihr Zutrauen gar keinen Anspruch ma
geschrien wurden. Zugleich erfolgten zwanzig Flintenschüsse, chen, da ich mich vorher über ihre Leichtgläubigkeit lustig
die den Kopf des Leichnams zerfleischten, und der Bater, gemacht hatte. So gelang mein Versuch, den ich, für
so wie die Verwandten der Khawa zerstachen darauf diesen einen Magier mich ausgebend, mit ihr machte, durchaus
selbst mit ihren langen Messern. Weiber fingen auf Lein nicht ; in, Grgrntheil schadete er ihr mehr, nnd von der Zeit an
wand die rothe Flüssigkeit auf, die aus diesem durch Schüsse ward sie immer schlechter. Die Nacht vor ihrem Tode sagte sie
und Stiche zerrissenen Körper floß , um damit den Hals zu mir: „Es ist meine Schuld, wenn ich sterbe. T .'r und der
der Kranken zu reiben. Darauf ward der Leichnam von (sie nannte mir einen Namen) wollte mich entführen , *) Aber
mehreren jungen Leuten, nachdem er vorsichtig auf einem ich wollte nicht, und verlangte von ihm vorher eine sil
Fichtenstamm befestigt worden war , auf einen dem Hause berne Kette , nnd er ging nach Marceöka , um eine zu
des Goglonowisch gegenüber errichteten Holzstoß gebracht, kaufen, und während der Aeit ist der Vampvr gekommen.
und unter Tänzen um denselben und unter Geschrey ver Doch, fügte sie hinzu, wenn ich nicht im Haufe gewesen
brannt. Der widrige Geruch, den das veranlaßte, zwang wäre , würde er vielleicht meine Mnttcr getödtet haben,
mich bald, mich zu entfernen, und ich ging zu meinem und so ist es besser." Den andern Morgen ließ sie ihren
Wirthe zurück. Sein Hans war mit Menschen angefüllt; Water kommen und sich von ihm versprechen, daß er selbst
die Männer mit ihren Pfeifen im Munde, die Frauen die Kehle ihr abschnitte, damit sie nicht auch ein Vamppr
alle auf einmal redend und die Kranke mit Fragen de werde; von einem andern wollte sie es nicht geschehen
stürmend , die , noch immer ganz blaß , nur mit Mühe ih lassen. Dann nmarmte sie ihre Mntter und bat sie, einen
nen antworten konnte. Ihr Hals war mit den in die Rosenkranz am Grabe eines Heiligen in der Nähe des
rothe Flüssigkeit getauchten Linnen verhüllt , die mit den Dorfes zu weihen, und ihr ihn zu bringen. Ich mußte das
Halbentblößken Schultern der armen Khawa einen schander-
Haften Kontrast bildeten. Bald verlief sich jedoch die Menge, ")Um sie dann zu heirarhen ; auf fvlche Weise wird ein gros
uuö ich war der einzige Fremde, der im Hal.se znrückblteb. ser Tvcii der Heirathen unter Morlaken geschlossen.
Zartgefühl dieses ^aunnmidchens bewundern; denn sie besuckite die Anstalt, und da er durch einen Abgeordneten mit
bezrkeckre dadurch blos, ihre Mutter in ihren lczten Augen de» ^Zöglingen eine durchgängige, in ihrem Erfolg sclir günsti
blicken von sich zu entfernen. Nachher empfing sie die Sa ge Prüfung halte vornebme» lassen, wurde der Schule im
Jal,r I7«l ein kaiserliche« UnivcrsirätSpatent zugestellt, so daß
kramente mit Demuth. Nach zwey oder drcy Stunden wurde nun nicht bloS die Pensionäre deS Instituts , sondern anch in
ihr Athemholen stärker, und ihre Augen waren unbeweg der Stadt wohnende Jünglinge hier studirc» und in ibrcr
lich. Auf einmal ergriff sie den Arm ihres Vaters und Wissenschaft absclviren konnte». ES fehlte zwar eine theologi
machte eine Anstrengung, als »b sie sich an seine Brust sche Fakultät; dagegen bestanden außer der juridischen, me-
dicinische» »nd pbilosoxliische» noch drei? andere , eine kaincra-
werfen wollte; sie hatte aufgehört zu fcvn. Ihre Krank listische, kriegSwisscnschaftlicbe »nd künstlerische. Zu iln'cn Leh
heit hatte eilf Tage gedauert. Welche Folge» des Vorur- rern zäblte die Akademie die gefeierten Name» deS Juristen
tbeils ! Wenige Stunden nachher verließ ich das Dorf. Dan z, dcS Pl'ilologc» Drück, dcS Historikers F r an z , dcS
nunmehrigen Gotting« Veteranen Plank, deS Philosoplie»
Abel, deS Kupferstechers Johann Gotthard Müller u. A.
In ilircin Schooße sind die brauchbarsten Staatsmänner, Be
amten, Kaufleulc, Landwirthe. Künstler gebildet worden, uud
Korrespondenz-Nachrichten. wen» u>iter den Vorangegangenen beyS Miller. Zumfleeg.
S a> e f fa u c r die Erinnerung verweilt, so leben »och jczt spre
chende Zcuqcn jener Anstalt in G a g e r n , Stein, Mar
Stuttgart, bn, 12. Febr. sch a l l , S ecken d o r f, Danneckcr, Koch, (dem geist
reichen Maler in Rom) Cuvier, Kielmayer, Eber
Ein merkwürdiges Fest ist in diesen Tagen in den Mauern hard Wächter, Thvuret, Hartmann in Dresden,
unserer Stadt begaben worden. Die Zöglinge der ehemalige« und in so vielen, deren Wirksamkeit im weiteren Kreise inin-
hiesige» Universitär, die nach dem Namen ihres Stifters Hohe der bekannt , aber nicht minder scgcnvoll ist. Der aroße
Karlö schule benannt und als solche berühmt geworben Wer»' jener Hochschule , und besonders der ursprünglichen en
ist, versammelten sich, vereinigt mit ihren noch lebenden Leh geren Anstalt, worin die Zöglinge au«, zur gemeinsamen Wet>:
rern und Erziehern , nach einem vor mehreren Monaten von nuiig , Kost und Lebensweise vereinigt waren , bewährte sich
Einzelnen unter ihnen ergangenen Aufruf, am Ilten zur ge pornämlich dadurch , daß auö ibr scbr tüchtige Männer für das
meinsamen Fever dcS Kundertjäbrigcn Geburtstags ihres Wohl- p r o k r i sch e Leben hervorgingen ; waren sie doch durch genaue
thäters , dcS Herzog« Carl von Würtcmberg. GefÜl'le militärische Erhebung an äußere Ordnung in all ibrem Tbl», und
des DankcS und der Verehrung gegen diesen Fürsten , so wie Arbeiten gcwöl'ut , von dem Kefül'l der EKre beseelt , dura, den
schöne Erinnerungen einer erfahrungsreichen Jugendzeit, und fortwährenden Umgang mit eincm eben so wohlwollenden «IS
die unverwüstlichen Regungen akademischer Genossenschaft und selbst wißbegierigen Fürsten «m diesen gefesselt «„6 znin Dienste
Anhänglichkeit haben den Entschluß zu diesem Feste vcranlasit, des Vaterlandes »nd der Welt begeistert, durch ftübegeschlossene
und seiner ganzen Gestalt und Anordnung zur Richtschnur ge und im Leben bewährte Freuudsa,aftsbü»d»isse veredelt, und da
dient. So bedeutsam überhaupt und bey manchem Schwe durch, so wie durch den Verein »ud de» gegenseitigen Austausch
ren , waS die Nachwelt minder stark nachempfindet , als es aller Wissenschaften und Künste für alles Schöne, was das
die Vergangenheit empfinden mußte, dennoch für Würtcmberg Lebe» , die Wissenschaft und die Kunst dem cdeln Sin» aufs
in vielen Beziehungen heilbringend die lange und bunte Regie sctilicßen, emvsiiiiglich gemacht. Kern Wunder, dag die Zög
rung Carls war, ihre würdigste Periode fällt mit der Stif linge dieser Anstalt bcv dem Zwange, de» sie daselbst in den
tung und Ausbildung eines Instituts zusammen, den: Carl so Jahren Ziigcndlicher Uiigeblindenbeit »nd noch z» einer Zeit,
ganz Princip und Seele war , das, es mit dem Tode des her wo in, Weste» die politische Frcnocit i» ihren ersten Zuckungen
zoglichen C'ründers erlosch. Frühe zur Leitung des Staates sich regte, crstwrcn hatten, dennoch wie auf ilrre zwentc Heimat!'
gelangt, kostete dieser Regent in reichem Maße und volle» Zü auf jene geräumige» Gebäude hinter dem neuen Stuttgarter
gen das Leben , bis er im reiferen Alter mit einem Male Schlosse zurücksehen, wo il'ncn in den akademischen Hörsälen,
seine Lebensweise änderte und sich vom Hofe zurückzog. Zu wie am gemeinsamen Tische und im gemeinsamen Studien: »nd
dieser Zeit erwachte in dem rastlos thätigcn Geiste, der die Schlafsaal , in de» weiten Höfe» »nd Garten das Lebe» »»d
Kunst nicht nur liebte, sondern verstand, und dag er die Welt aufgegangen war, kein Wunder, daß das ermuntern
sie verstand durch geschmackvolle Bauten an den schönsten de Wort einiger Wenigen elektrisch durch die Gemütber dieses
Punkten seines Landes , dnrch die Anstellung der trefflichsten herangewachsenen Männer- uud Greisengcschlc»teS fuhr , und
Künstler, Musiker, Sänger, Tänzer. Maler, (VcflriS, daß auS der Nähe und Ferne etwa 21«, clicmalige Akademistcn
Jomelli, Q nibal, lc Venne n. s. w.) an seinem Hofe sich zur Thcilnahmc an der Jubelfeycr der Geburt CarlS mel
bewiesen hatte, und der jedem wissenschaftliche» Talent »nd deten. Wenn cS schmerzlich bcdavcrt wurde , daß C u v i c r,
Verdienste huldvolle Aufmerksamkeit und Unterstützung ge durch Unwohlseyn an der Reise verlnnocrt, nur im Geist und
währte, in Carls Geist erwachte im Jahre 1769 der eben so mit schriftlichem Gruß seinen alten Freunden gegenwärtig sepn
edle , alS in seiner späteren Entwicklung kühne Plan zu einer konnte, so erfreute es auf der ander» Sei tc^ daß eine anstren
militärischen Erziehungsanstalt zunächst für Sohne sciner Un? gende Wintcrreise über die Alpen den von allen be»rschcn
tertbonen. Um sein Lustschloß S o l i t » d c baute er Wohnungen Reisenden in Italien geehrten Reichmann aus Mavland
für Lehrer und Zöglinge, verlegte aber, da er dein Werke eine in feine Vaterstadt zur Jubelfeyev geführt luitte.
weitere AuSdeonung zu geben angefangen hatte, baS Institut (Die Fortsetzung folgt.)
im Jahre 1774 nach Stuttgart, wo cS bis zum Jahre 1794
unter der fortwährenden unmittelbaren Aufsicht und Leitung
des Herzogs bestand, »nd bew» Zusammenfluß von Jünglingen
aus bepnohc allen Ländern Europas blühte. Kaiser Joseph II. Be plage: Kunstblatt Nr. iz.

Verlegt von der I. G. Cotta 'fchen Buchhandlung.


M o r g e n b l a t t

f ü r

gebildete Stände.

Freytag, 15. Februar 182 8.

DicS gibt dir, mein Rnstan. einen richtigen Begriff von dem
Reicht, das, ehe zwar Jahrhunderte vergehen, der Schauplay
der Siege eines Eroberers seyn wirb.
Montesquieu,
lettre, ,j>«r»»»«,. Ig.

Skizze» aus Konßantinopel. Gesandten gar nicht vor sich , wenn sich dieß mit der Po
litik vertrüge. Sie sehen indessen Seine Hoheit, so lange
Antrittsaubienz eines Gesandten. sie hier sind, nur zweimal, bei der Ankunft und bei 'der
Abreise ; alle Geschäfte gehen durch die Dragomans.
Die fränkischen Quartiere Galata und Per« sind Ich hatte Gelegenheit, der Antrittsaudienz des belgi
durch einen großen , aus der Zeit der Genueser herrühren schen Gesandten beizuwohnen. Se. Hoheit schickt bei sol
den Thurm von einander getrennt. In Galata wohnen chen Gelegenheiten, nach altem Gebrauch, eine Wache von
die fränkischen Kauffcute, Per« ist der Sitz der Gesandten. 3«»— 4»u Mann; diesen Ehrendienst hatten früher die
Diese führen in Konstantinopel ein sehr angenehmes Le Janirscharen, und sie versahen ihn wegen der damit ver
ben, geben Feste, Bälle, auf denen sich 2— ZW Personen knüpften Belohnung recht gerne. Um s Uhr Morgens
zusammenfinden. Auf fremdem Boden, fern von den Län sind zahlreiche Haufen von Janitscharen vor dem holländi
dern, deren Sitten sie angehören, haben diese diplomati schen Pallast in Per« aufgestellt ; sie eröffnen de» Zug,
schen Vergnügungen einen eigenthümlichen Reiz, auch über dann kommt der Gesandte, seine Sekretäre, Dollmctscher,
läßt man sich hier denselben mit einem Eifer, wie ich noch und die vornehmsten holländischen Kaufleute, alle zu Pferde.
nirgends gesehen habe. Die Munterkeit, die eine Folge So geht es bis an den Strand in Galata; hier besteige«
davon ist , verbreitet sich sogar nach aussen , und Per« ist, wir schön verzierte Kaiken und fahren ins türkische Quar
wie selbst die Türken gestehen, das glänzendste und leben tier. Daselbst empfangen uns einige Pallasibeamte, die
digste Quartier von Konstantinopel. Die Freude , die da uns der Sultan entgegengeschickt, man gibt uns reich auf
selbst herrscht, sticht gegen den unveränderlichen Anstrich geschirrte Pferde, und so begeben wir uns ins Serail,
von Trauer in den muselmännischen Quartieren so sehr woselbst wir in einen für uns bestimmten Kiosk trete». —
ab, daß sie eine deutliche Gränzlinie bildet, z>>m sprechen Nach einigen Augenblicken erschien der Großwessir ; er sezte
den Beweis, welchen Einfluß «Zivilisation und Varbarev sich auf einen großen Divan, neben ihm der Mufti, der Aga.
auf die Sitten äußern. Natürlich läßt sich niemals ein pafcha und Kutchukpafcha. Am Tage, an dem man die Ja
Türke in den Gesellschaften der Franken blicken ; eine freie nitscharen ausbezahlte, wurde gewöhnlich auch den Gesand
Luft ist vergiftet für sie, und hier, wie überall, sind wir ten Audienz ertheilt ; der Großhcrr wollte damit seine Schätze
in ihren Augen Christenhunde. und die Genauigkeit, mit der er seine Truppen bezahlte,
Der Großherr denkt, dem Stellvertreter des Prophe znr Schau stellen. Man brachte ein Paar tausend kleine
ten zieme es, unzugänglich zu seon, und er ließe wohl die Säcke mit Geld herbe». Sie wurde» zum Theil vor den
Augen des Großwessirs und dann vor dem Janitscharen- mit Unwillen, wie ein Beamter des Großtürken den Rücken
aga abgezählt, sodann vor dem Pavillon aufgestellt. Die des Gesandten gewaltsam niederbeugte, und ihn damit
Compagnien , die ihren Sold erhalten sollten , und unge- zwang, sich s5ticf als möglich zu bücken. Der Gesandte
duldig in einiger Entfernung warteten, stürzten sich auf hielt eine französische Rede, und der Dragonia» der Pforte
ein gegebenes Zeichen über die Säcke her; es war, als ob übersezte sie dem Großherrn ; da er wahrscheinlich seiner
wilde Thiere sich auf ihre Beute warfen. Würde zu vergeben glaubte, wenn er an einen Christen
Das feierliche Mahl trug man in dem Kiosk auf, in das Wort richtete, so befahl er dem Großwessir, für ihn
dem wir sechs Stunden hintereinander gestanden hatten, zu antworten., Diefe Antwort war lakonisch; er sagte,
den Gesandten selbst ausgenommen, der bei Ankunft des Se. Hoheit sey über die freundschaftlichen Verhältnisse mit
Großwessirs die Erlaubniß erhalten hatte, sich zu setzen. Holland sehr erfreut, und geneigt, dieselben in Zukunft
Die Schusseln wurden auf Tabvurets gesezt, um die wir fortdauern zu lassen. Die Leute , die uns die drei Minu
herumsaßen. Jeder kleine Tisch war einem Minister oder ten lang, welche die Audienz währte, fest am Arme ge
andern vornehmen Beamten zur Aufsicht 'zugetheilt. Ich halten hatten, brachten uns nun zur Thüre hinaus, und
befand mich an dem des Tefterdars, des Finanzministers; wir kehrten nach Per« zurück. Dieß ist, meine ich, eine
er machte mit vielem Anstände die Honneurs. Zuerst wurde sehr sonderbare, ja eine demüthigende A'. fnahme für den
Reis oder Pilaf aufgetragen, wir aßen ihn mit Löffeln Stellvertreter des Königs der Niederlande; und fo wer
von Schildkröte; bey den andern Speisen mußten wir uns den alle Gesandte behandelt. Was soll man von einem
nach dem sparsamen Gebrauch der Morgenländer blvs Volke denken , dessen Oberhaupt seine Person durch so un
unserer Finger bedienen. Kaum hatten wir vom Aufge- schickliche Mittel sichert, und seinen Ruhm in so grober
tragenen gekostet , so wurde die Schüssel weggenommen, Unanständigkeit sucht?
und nun finge» die Sklaven an, sich um die Brocken zu
zanken, was sich mit der Würde, die bei einem ministe
riellen Mahle herrschen soll, sehr schlecht vertrug. Nach Die Schlacht von Lepanto.
dem Kaffee traten wir in einen Hof des Serails, wo die
(Fortscyung.)
Geschenke ausgestellt waren, die Holland dem Sultan
schickte. Hier mußten wir unsere Waffen ablegen, und Bei diesen Worten mischte sich eine dritte Stimme
weite, lange Pelze anziehen; drauf faßten jeden von uns in das Gespräch , die von einer Person herkam , die, un
zwev Pallastbcamte bey beyden Armen, und in diesem Auf beachtet von den Zweyen, schon eine Weile in ihrer Nähe
zug und unter so sonderbaren Vorsichtsmaßregeln traten gestanden hatte. Es war unser Freund. „Verzeiht, ihr
wir in die Gemächer Sr. Hoheit. Herrn ; Don Juan, der Bruder des jetzigen Königs von
Nichts geht über die Pracht und Zierlichkeit der Säle, Spanien, ist, wie Ihr. sagt, in Augsburg geboren. Die
durch die man uns führte. Im ersten waren die Jchoglans Freude hierüber ist bey mir so groß, daß ich mich der Be
oder Pagen aufgestellt; sie sind Söhne der ersten Staats scheidenheit zuwider in Euer Gespräch mische, denn auch
beamten, und prachtvoll gekleidet; in den übrigen sahen ich bin dorther. " Der Ton der vaterländischen Sprache,
wir eine Menge von Beamten und einen Schwärm weißer der in einem fremden Lande immer einen füßen Zauber
Eunuchen mit bartlosen, bleichen, runzlichten Gesichtern. fürs Ohr hat, und die leztere Aeußerung ließen bey den
Endlich führte man unS vor den Großtürken. Er faß mit Beiden, als sie sich verstanden sahen, keinen Unwillen auf
untergeschlagenen Beinen anf einem mit Edelsteinen be kommen. Der Acltere wandte sich vielmehr freundlich ge
deckten Thron mit einem glänzenden Thronhimmel. Sr gen ihn und sagte : „ Seyd mir willkommen , wenn Ihr
trug einen grünen Pelz mit schwarzem russischem Fuchs unser Landsmann^seyd, woran mich Eure Sprache kaum
verbrämt; ein mit Diamanten besetzter Dolch hing an sei zweifeln läßt; auch ich bin von dorther und dürfte viel
nem Gürtel, und eine diamantene Agraffe schmückte seinen leicht Cure Familie kennen." — «Und ich Euch, wenn
prächtigen Turban. Mahnmd ist ein großer, schöngcwach- Ihr erlaubt, und mir einige Worte im Vertrauen gön
sener Mann, seine Züge sind hart, sein Auge ist lebhaft, nen wollt." Der Alte zog sich mit dem Fremden weiter
sein Blick fest, seine Haltung stolz, achtunggebietend. in die Tiefe zurück, und als sie allein standen, sprach
AIS wir in den Audienzsaal traten, würdigte er nns dieser : „Wenn ich Sure Züge aufmerksam betrachte und
nicht, sich nach uns umzuwenden. Man meldete ihm, der Eure Sprache höre, so meine ich, Ihr seyd Albrecht von
Gesandte des Königs der Niederlande sey da, ihm seine Noscnstein, der Kämmerer Carls v." „Und wenn ich es
Aufwartung zu machen; nun that er, als komme er aus wäre," sagte der Alte betroffen." „So bin ich," fuhr
seiner Zerstreuung zu sich, und nickte leicht mit dem Kopfe; der Jüngere fort, seine rechte Hand ergreifend, und an
darin, und es kostete ihn gewiß Mühe so viel über sich seinen Mnnd führend," Conrad Welfer, den Ihr sonst
zu gewinnen, bestand seine ganze Höflichkeit. ,Da sah ich lieb hattet^ und habe heute das Glück, den theurcn Hüter
'59
meiner Jugend wieder zu sehen." Freudiges Staune» Die SchafrayePurik. «)
und Rührung wechselten auf dem Gesichte des Alten, und
Herr W. Moorcroft, Zögling der Veterinirfchule zu
man sah wohl, wie gerne er ihn an seine Brust gezogen, Lyon, wurde von der ostindischen Kompagnie im Jahre I»l2
uiiiarmt und geherzt hätte, wenn er nicht daS Aufsehen in die kleine Thibetev geschickt. Cr fand dort eine Ra«e
mitten unter so vielen Leuten gefürchtet hätte. Er drückte von Schafen, die dem Lande La dal eigen ist, und die
seine Hände zwischen de» seinigcn, überschüttete ihn! mit man Puri k") nennt. Der Hund kann nicht mehr Haus
Ausrufungen und Fragen über die Ursache seines Hiersevns, thier fevn als dieses Schaf, das in Hinsicht der Schönheit,
über seine Familie, seinen Vater, seine Bekannten und der Weiße und Feinheit feines Vließes, des wenigen Fut
Augsburg. „Wie freut es mich," fuhr er fort, „daß mir ters, das es bedarf, und anderer Eigenheiten jedes andere
in meinem Alter noch das Glück zu Thcil wird, meine übertrifft. Während der Nacht sticht es feinen Schutz ent-
zwey liebsten Zöglinge beisammen zu fehen." i.^ der an der Mauer eines HofraumeS oder unter dem Da
Auf so viele Fragen konnte Welser nicht antworten che feines Herrn. Am Tage sieht man es seine Nahrung
und bat ihn vorerst, in ein anderes Zimmer mit ihm zu sich selbst suchen, und oft auf den unwirthbarsten Granit-
gehen. Hier machte Albrecht seinem Herzen Luft, und felfen finden, aufweichen daS Auge keine Spur von Vege
Welser erzählte ihm kürzlich seine Schicksale; sobald er
tation zu entdecken vermag. Ein Paar elende Rasenstücke
den Alten hierüber befriedigt, begann er, ihn über die mit Hpssop, Mermuth oder einigen Halmen sehr kurzen Gra
Person Don JuanS zu fragen, dessen Verhältnisse er schon
ses genügen ihm bcv seiner Mäßigkeit. Die wunderbare
ahnte. Das Ende dieser Unterhaltung war, daß Nosen-
Schärfe seiner Sinne läßt es an Orten Nahrung finden,
stein noch an demselben Abend mit Don Juan eine Unter-
wo andere Ra?en desselben Landes aus Blödsinn oder
redung hatte, zufolge deren Conrad gleich nach Beendi
Leckerhaftigkeit verhungern würden.
gung des Festes zum Prinzen berufen ward. Es trinkt mit seinem Herrn Thee mit Butter und
Er wußte nun, daß sein ehemaliger Jugendfreund
Salz, wie man in diesem Lande den Thee zu trinken pflegt.
und Don Juan dieselbe Person seven ; und da er ihn nun
ES lekt seine Hand für einen Gerstenkuchen oder ir
wieder sehen sollte, der vor zwölf Jahren ihm in Allem
gend einen Abfall von seinem Tische. Ein Blatt Salat,
gleich, nun mit fürstlichem Glänze umgeben war, fo konnte
er sich eiuer gewissen Bangigkeit nicht erwehren, nicht die Schaale einer Rübe, die Haut einer Aprikose, abge
aus blöder Scheue, denn eine feine und vornehme Er- kochte Theeblätter sind Leckerbissen für dasselbe. Alles Un
ziehung, verbunden mit felbsterworbener Menschenkennt- kraut aus dem Hausgarten ist ihm, wie dem andern
Schafe, ein Leckerbissen; es frißt wie die Ziege und wie
niß, hatten ihm genügsame Gewandtheit im Umgang
daS Schwein alle Abfälle aus denKüchengärten und aus der
gegeben; sollte er ihn aber als kaiserlichen Prinzen, als
Küche. So klein es ist, ist es doch stark, und dient, wie
spanischen Obcradmiral begrüßen? dieß konnte den ehe
andere Schafe dieses Landes, zum Fortbringen kleiner
maligen Jugendfreund kränken ; oder als Jugendfreund ?
Lasten , wozu man dort auch die Ziegen verwendet. Mit
dieß konnte das Gefühl der jetzigen Größe beleidigen.
Ausnahme des VordcrtheilS des Kopfs , der außerordent
Mit Kiefen Zweifeln betrat er das Gemach, wo Don
lich zugerundct ist, sind die übrigen Theile in einem schö
Juan noch glänzend in dem Festanzuge allein stand. Der
nen Ebenmaß. Es wirft zwcnmal des Jahrs , und wird
Prinz trat ihm einige Schritte entgegen und musterte feine
auch zwcvmal geschoren. So klein es ist, erhält man doch
Züge mit einem freundlichen, aber etwas schalkhaften Aus
von ihm in diesen zwev Schuren drev Pfund Wolle. Die
drucke. Welser begann: „Ick schätze mich überglücklich,
Wolle der ersten Schur ist besser, als die der zwevtcn, und
den Gespielen meiner Jugend in Eurer kaiserlichen HoKeit
fein genug, um ziemlich feine Shawlö zu geben.
wieder zu finden." Don Juan ließ ihn nicht weiter spre
chen, sondern umarmte ihn herzlich: „ja, du bist es, laß °) Ans dkin stecueü Industrie!.
die Hoheit," sagte er lächelnd, „ich bin dein Jugendfreund, Wir können nicht sagen ob dieser Name P o r i k, oder
und freue mich innig, dich hier in Messina wieder zu se P i » r i k ausgesprochen wird , da das englische » bald wie «,
hen. Daran hatten wir Beide nicht gedacht, als wir in bald wie >u lauter. Auf jeden Fall darf es nia,t Pür ik ge,
sprechen werde» , und das deutsche Wort Verrücke kommt,
Augsburg mit einander lebten, daß du mich nach zwölf waö auch die Schlegelianer sage» mögen, sicher nicht von dem
Jahren als spanischen Prinzen und Admiral, und ich dich indische» Purü«.
in unbekannter Gestalt in Messina wiederfinden würde."
(Die Fortsetzung folgt.) K vrrefxondenz-Nachrich tcn.
- , Stuttgart, 12. Januar.
(Fortscvnng.)
Nach ! l Ul,r Morgens versammelten sich die Bürger der
Carolina nach dem, vom Ausschuß angcord»cten Programm
i6o
in den Zimmern des Museums, wo in be» kleinere« Sälen Lorbens und Blumenwalöe umgeben, die Statue d«S Her
unter Anderem Abdrücke der akademischen Preismcdnillcii , das zogs Carl in antikem Kostüme , dieselbe, welch einst den
Album und die kaiserliche Universirätserrichtungsurknnde mit großen akademischen Speisesaal geziert hatte. In dem Lor-
Joseph« Unterschrift aufgelegt waren, und von wo au« sich becrgcbüsche zwischen Blumen sah man im Halbkreis die Sta
die ganze Gesellschaft in den größere», mit dem Porträt des tue des Fürsten umringend acht lodernde Altäre, mit Auf
Herzogs von Hctsch dekorirten Saal begab, iu welchem sie schriften der einzelnen Wissenschaften und Künste, die die Carls-
festliche Musik, und ein von Friedrich Ritter gedichteter, schule umfaßt hatte. Jin Hintergrund strahlte in Brillant?
von Lindpaintner in Musik gesezter Hymnus empfing. feucr die von Hang versagte Lapidarschrist : ,.O«roI,ü«.
Zu diese:» Akt einzutreten , war «um andern , an dem Feste Ovnckitori. Lciorli. IVlemore», <Zr»».^ Vor dein Sockel
nicht mimittelbar thcilnehmcnben Mitgliedern des hiesigen der Statue stand', prinoep» «tqu« ?«>ee. Die Beleuchtung
Museum« gestattet. Hofrath Haug bewillkommte in einem dieser Rotonde vo« oben machte einen großartigen Effekt , der
kürzere» Gedichte die alte» Kommilitonen , deren so manche durch die Beleuchtung des übrigen SaaleS, und durch die
erst nach drcyßig bis vierzig Jabrc» sich einander znm ersten Male zwischen den Säulen desselben angebrachten Eppichgewindt vor
wieder gesehen und umarmt hatten , und fül'rte sodann dmch bereitet und unterstüzt wurde.
eine größere Dichtung auf den Gegenstand und Zweck des Fe (Sic Fortsetzung folgt.)
stes passend bin , darauf las er ein GlückwünschungSschreibe»
an die Gesellschaft, von seinem Freund und Landsmann, dein Paris, Januar.
alten und unermüdlichen Freunde alles Wahren , Rechten und (Fortsetzung.)
Guten, Kirchcnrath Paulus in Heidelberg, vor. Der Schluß An der italienische« Oper sollte am Abende des NeujahrStaqeS
einer im Jahr 1777 beym akademischen Gramen von den, Hochs Dein. Sontag znm ersten Male wieder austreten ; dieß war für die
würdigen Prälaten von Abel gehaltenen Rede wurde, weil er Gesangliebenden ein angenehmes Neujahrsgeschenk; der Saal
die Begeisterung aller Schüler der Carolina für ihren fürstli- war daher auch ganz voll , und die deutsche Sängerin , auf der
che« Erzieher , wenn dieser längst entschlafen sey , a» eine uns nun die Last der Prima Donna an diesem Tbcatcr ruhe» soll,
«usldschliche Flamme voraussagt, von Stadtrath Ritter, dein wurde mit rauschendem Benfall alS Dcsdemona, in welcher
Di»rer des vorgenannten HnmnuS, vorgetragen. ?ioch die Rolle sie noch nicht aufgetreten war , empfangen. Um desto
sem trat StaatSrath von Fischer mit einer geistvollen Rede neugieriger waren die Dilettant! auf das Spiel der junge»
auf, welche mit kräftigen und klaren Zügen eine gedrängte, Künstlerin. Ihre warmen Anhänger fanden dasselbe vortreff
lebhafte und getreue Schilderung der Anstalt , deren Lebrer lich, !untabelhast , ja göttlich, und mcyntcn, sie habe seit ih
und Zöglinge sich hier zusammengefunden batte» , nach ihrer rer Abwesenheit außerordentlich gewonnen. Nicht so die käl
geschichtlichen Erscheinung < so wie nach ihrer inneren Bedeu ter« Zuschauer ; diese behaupteten , mit der Pasta könne Dem.
tung und Wichtigkeit, und ein würdiges Bilb ihres Stifters Sontag den Vergleich doch nicht aushalten ; die Italienerin
enthielt , ein Vortrag , wodurch sich der, seinem Vatcvlande sn, voll Gefühl und tragischer Würbe, die Deutsche bringe ganz
aus früherer Zeit als politischer Sprecher wohlbekannte Red unzcirig ihre musikalische» Schnörkel an, und übertreibe noch
ner zugleich den Ruhin eines trefflichen Panegvrikcrs erwarb. die bäusigen Auszicrungen des Rosstnischen Gesanges , die
Der Eindruck dieser Rede war allgemein und tief. Er sprach Mab. Pasta mit vieler Kunst zu verdecken gesucht I?abc. Aus
sich durch einen jugendlich laute» Beyfall der Gesellschaft aus. serdem begehe sie de» Fehler, ohne Grund voin Forte zum
Der Schlußgesang , der auf diese Rede folgte , »erdient mit- Piano überzugehen und auf das Pianissimo ganz besonderes Ge
getheilt zu werden. Er ist gleichfalls von Friedrich Rit wicht zu legen, ol'iie sich darum zu bekümmern, ob alles dieses
ter gedichtet, von Hoftapellmeifler Lindpaintner ausge mit ibrer Rolle und mit der Lage, worin die Person des
zeichnet schön komponirt, und die darin enthaltene Solopar- Stückes stehen, übereinstimme. Auch erschienen am folgenden
thie wurde von der jugendlich vollen Bruflstimme unseres Tage mehrere Theaterkritiken, worin man die junge Virtucffn
Pezolb zum allgemeinsten Entzücken vorgetragen. warnte, sich nicht durch Schmeichelei??» einschläfern z» lasse»,
sondern fleißig zu studircn, so lange sie »och jung sey. Scbr
Blick, o Gefcyertcr. blicke «oll Milde bart wurde sie vom !>,'«»,<>»« ^«»en«I cle ?»ris bebandelt.
Heute herab vom Stcrnengesilde ! welches bcbauxtctc, sie spräche das Italienische schlecht aus,
Alle die Deinen , versammelt wie Brüder, I^ibe seit ihrer Abwesenheit nicht« gelernt, begreife ihre Rolle
All' die noch albmen, hier siebst Du sie wieber; nicht recht ». s. w. Sic ist seitdem in der nämlichen Oper
Huldigung weihe» sie, liebend und treu, wieder aufgetreten , und dießmal vermied sie einige Fcblcv , die
Dir. der Erziehung verherrlichtem Meister! ihr mit Recht vorgeworfen worden waren. Sie gab ihre Rolle
Und il,r Verklärten! Ihr seligen Geister, weit besser, und bekam dafür lautes Lob uud Beyfall. Da
Zumstecg undSchiller! o schwebet hernieder. es I'iiitcr den Koulissen 'beständig Zwiespalt geben muß, so
Wohnet dem Feste , bei» freudigen . bev ! war es. schon cl,e Dein. Sontag in Paris wieder auftrat , zwi
Kommt und vermehret mit hoher Magie schen il,r und Rossini zu einein Streite gekommen über ge
Sinnigkeit, Jubel und Harmonie. wisse Rollen in seine» Stücken, die Rossini ihr nichtlibcrgcben
wollte, weil, wie er behauptete, Mab. Pisorvni sich dieselben
AuS dem Museum begab sich die Gesellschaft in den von vorbehalten Kabe. Die deutsche Sängerin stzte ihr Köpfchen
Sr. Majestät dem Könige bnlbvoU zur Scknlargcburtsfeyer darauf, ebenfalls diese Rollen zu bekommen, und wahrschein
seines Großoheims eingeräumten großen Saal im Redouten- lich bat Rossini nachgeben müssen , wie denn überall eine jun
Hause, welcher durch die unerschöpfliche Erfindungsgabe beS ge, schöne und talentvolle Schauspielerin alles durchsczt, was sie
Herrn Professors und HofbaumeistcrS von Thouret zu verlangt. Am folgenden Tage, als Probe gehalten ward, ent
einem warme« Frühliugshain ausgeschmückt , durch seine zückte sie den Tonrünstlcr so sehr, daß er ganz besänftigt ward,
schöne Beleuchtung aber in einen Zaubcrgarten südlicher und nun alle» Groll gcgcn die Sängerin vergaß.
Dichtung verwandelt worden war. I« der , dem Eingänge (Die Fortsetzung folgt.)
gegenüber , von korinthische» Säulen getragenen Rotonde
stand, zunächst von zwei) Cyxrcssen und ringS von einem Be»l«ge: Llterawrblatt Nr. 14.
Verlegt von der I. G. Cotta'scbcn Buchhandlung.
41.

M o r g e n b l a t t

für

gebildete Stände.

Sonnabend, is. Februar 1323.

Willst du leben, wirken, lieben.


Sc» zum Kampfe, sey zum Streit,
Zum Verschmerzen , zum Entsagen,
Immerdar bereit.
Car. Rudolphi.

D/e Schlacht von Levanto. seher mit Euch fort war. Ich blieb noch einige Zeit im
väterliche» Hause, und besuchte dann bis in mein zwan
(Fvrts«ung.) . . , zigstes Jahr die Universität Wittenberg. Nach Beendigung
Conrad wurde das Herz leicht, und er begann mit meiner Studien mußte ich an den Geschäften meines Va
immer mehr abnehmender Scheue und in freieren Tönen ters Autheil nehmen. Ihr wißt, wie das Leben in unfern
sei« Freude auszudrücken. Don Johann erinnerte ihn mit Städten zwar angenehm, aber doch einförmig verstreicht,
froher Laune an eine Menge Vorfälle aus feiner Jugend und fo habe ich aus dieser Zeit Nichts zu erzählen, was
geschichte : „denkst Du noch daran , wie wir uns heimlich Eurer Aufmerksamkeit würdig wäre. Vor einem Jahre
von dem alten Weibe wahrsagen ließen, und diese mir starb mein Vater, dessen treffliche Eigenschaften Ihr selbst ge
vrophezeihte, ich werde ein großer General werden, waS kannt habt. Die Geschäfte unseres Hauses mußten nun in ver
mich damals vor Freude närrisch machte? Dir verhieß sie schiedenen weitenlfernten Gegenden geordnet werden, und
ein wunderschönes Weib aus einem fremden Lande ; diese erforderten treue Leute. Ich sollte zuerst nach Venezuela,
Prophezeihung scheint noch nicht eingetroffen, oder," fuhr in unsere Colonie, mit der Euer glorreicher Vater unsere
er lachend fort, „bist du vielleicht deßhalb hier?" Wei Familie belehnt hat, gesendet werden ; aber da eine so
ser wurde roth bey dieser Bemerkung ; Don Juan, die weite Reise meiner Mutter allzu gefährlich schien, so wurde
Ursache davon nicht ahnend, fuhr fort, sich nach seinem ein vertrauter Diener unseres Hauses dorthin beordert;
Vater, seiner Familie und vielen Bekannten aus der ich selbst sollte nun zuerst nach Neapel, und dann nach Pa
Knabenzeit zn erkundigen, Zulezt forderte er ihn auf, ihm lermo gehen , ebenfalls um unsere Angelegenheiten an die
seine Geschichte, und den Grund, warum er nach Messina sen Orten ins Reine zu bringen. Meine Geschäfte waren
gekommen, zu erzählen. Welser that dieß um so lieber, in Neapel und hier im Lande beendigt, und ich wollte die
weil es ihn seinem Ziele näher führte. „ Mir waren , " übrige Zeit benutzen , um diese herrliche Insel mit ihren
Hub er an, „in jenen schönen Jahren so glücklich mit ein Wundern und den schönen Resten aus den heidnischen
ander, daß es mir nicht geringen Schmerz verursachte, Zeiten zu sehen. Ich bestieg den feuerspeienden Berg, und
als mein Vater, den Morgen nach Eurem Verschwinden, reiste dann der Reihe nach durch die alten und neuen
in mein Zimmer trat und mir ankündigte , daß Ihr die Städte. In Palermo war ich mit einem Johanniter -Rit
Nacht mit Albrecht von Rosenstein in ein fremdes Land ter, Don Augusto de Floris bekannt geworden, der, um
verreist sevet. Meine Erziehung wurde von diesem Tage seine Wunden zu heilen und feine Gesundheit wiederher
an anders eingerichtet , weil unser gemeinschaftlicher Auf» zustellen, sich bald dort, bald in seiner Commenthurei bei
162
Agrigent aufhielt. Da wir uns gegenseitig sehr lieb gewan Skizzen auS Konstantinopel.
nen, so lud er mich bald ein, ihn auf seinem Landsitze zu be Züge de« türkischen Charakters.
suchen. Es war dieß ein schönes Schloß, nicht weit von
dem Meere; ich ging von Agrigent aus zu ihm, und fand , Wenn es wahr ist, daß der Charakter der Türken,
den freundlichsten Willkomm in seinem Haufe. Wir besuch wie jedes Volks, fchöne, achtungswerthe Seiten hat, fo
ten den Adel in der Umgegend, und in seiner Gefellschaft ist es nicht weniger wahr, daß er im Allgemeinen nicht
ward ich in ein Schloß eingeführt, das einem seiner ent schwarz genug geschildert werden kann. Der Türke ist
fernten Verwandten gehörte. Der alte Besitzer desselben hatte grausam aus Neigung, fanatisch und abergläubisch aus
nur einen Sohn gehabt , der schon tobt war und ihm blos Unwissenheit, grob anmaßend; den Ausschweifungen über
zwey unmündige Enkel hinterlassen hatte, dafür war als läßt er sich mit blinder Wuth, und feine Lust findet er in
überreicher Ersatz dieses Verlustes seine verwaiste Nichte Trägheit und Nichtsthun. Sprechen die unaufhörlichen
bei ihm, Donna Octavia di Caserta. Ich habe viele fchöne Hinrichtungen für die Grausamkeit der Machthaber, so
Weiber gcfehcn, in Italien und auch he« uns, wo, wie beweist die wilde, rauschende Freude, mit der das Volk
Ihr wißt , die Frauen nicht häßlich find, aber was sind sie denselben zusieht, lind sich an den Schnüren voll Ohren
alle gegen sie ! Bevm ersten Anblicke besiegte sie mein Herz an der Pforte des Serails waidet, daß Grausamkeit nicht
mit füßem Zauber, und zog mich unwiderstehlich in ihre Folge des Mißbrauchender Gewalt, sondern Charakterzug
Nähe. De Flvris wurde bald mein Vertrauter und be ist. Der Fanatismus verblendet die Türken; sie halten
günstigte meine Neigung. So besuchten wir den Alten, sich für die einzig Auserwählten. Besonders verabscheuen
der gerne von Kaiser Carl sprach und mich schätzte, weil uns die Weiber, und sie erziehen ihre Kinder im Haß
gegen die Christen, die sie ihnen als Verfluchte, als
er wußte, daß er öfters unter unserem Dache geruht, un Hunde u. drgl. schildern. Oft wurde ich in den Vorstädten
ter allerlei) Vorwänden, und fo oft wir konnten. Ich von Kindern und gemeinen Weibern nicht allein geschimpft,
glaube, Octavia wurde schon frühe meine Liebe gewahr, sondern mit Steinen geworfen. Vor etlichen und zwanzig
aber ohne daß mich dieß weiter gebracht hätte. Denn sie Jahren hatte ein Mann aus dem Gefolge eines rufsifche»
ist fo sittsam, daß sie den Schatten von dem flieht, was Gesandten, der die Erlaubniß erhalte», die Sophienmo
ihrer Ehre schaden könnte, sanft, fast wie bey uns die Mäd schee zn besuchen, die Unvorsichtigkeit, auf den Boden zu
chen, sie hat dennoch etwas von der Glut dieses Him spucken; dieß gilt bei den Muselmännern für die größte
mels, sinnig und verständig, und doch »oll einer wunder Beschimpfung der Gottheit; die Neugierigen wurden an
samen Phantasie, gleich wie die Fräulein in den Zeiten gefallen, und mehrere schwer verwundet. Ihr Abcrglau»
Carls des Großen , und ich glaube , sie hat dieses liebliche
ben übersteigt alle Gränzen; ich kenne Personen, die sich
Wesen zum Theil aus den Nitterbüchern gesogen , die sie in Folge der abgeschmackten Prophezcihungcn sogenannter
früher im Kloster las. Kurz, alle Tugenden, die sonst Zauberer ganz unglücklich fühlen. So gilt der Dienstag
nur getrennt in diesem oder jenem Mädchen wohnen, sind durchaus für einen schlimmen Tag. Dem Schicksal unter
in ihr zu einem Ganzen vereinigt. Als ich sie sah, glaubte
werfen sie sich blindlings, und das Wort Kismet, wo
ich sogleich alle diese schönen Eigenschaften auf ihrem Ge
mit sie es bezeichnen, führen sie beständig im Munde; sie
sicht zu lesen , nnd wurde in diese Tugenden verliebt ; erst dankeü dem Kismet für das Gute, das ihnen widerfährt,
später merkte ich, daß auch ihre körperliche Gestalt mich und trösten sich damit für alles Unglück. Dieser abge
gefangen hielt. Denn sie ist schön , wie der Himmel über
schmackte Glaube erhält bei ihnen die unseligsten Vorur-
diesem Lande, groß und schlank, von weißerer Gesichtsfar theile , so treffen sie weder gegen Feuersbrünste , noch ge
be," «ls sonst die Frauen Siziliens, mit schwarzen, bren gen die Pest Vorkehrungen. Die Freunde und Verwand
nenden Augen, und Augenbraunen, die feiner sind als
ten der Kranken gehen ganz sorglos mit denselben um,
Seide, und einem lieblich kleinen Munde. Und alle diese
und wenn sie angesteckt werden, so ist nicht Unvorsichtig
Schönheit sollte mein werden ; denn als ich ihr eines keit, sondern das Kismet daran Schuld. Ihre Religion
Abends im Drange des Gefühls meine Neigung gestand, verbietet ihnen ausdrücklich, Häuser von Stein zu bauen;
erhörte sie mich und gelebte, die meinige zu werden, dieß wäre, meinen sie, als wollte man dem Geschicke Trotz
wenn der Oheim einBündniß zwischen uns Beide» billige. bieten ; Gott würde noch weit schrecklicheres Unglück schicken ;
De Floris trat ins Mittel, und der Oheim willigte ein, sieht Einer sein Haus in Flammen, so ruft er: Alles gut,
es wurde die Zeit für unsere Verbindung bestimmt; ich
ist nur der Prophet zufrieden! Die Christen inKonstantino-
war auf den, Gipfel aller Wonnen ; ich weiß nicht, ob Ihr pel müssen einen Firma» haben, wollen sie von Stein bauen.
das Glück der Liebe genossen habt, Gianett»; aber ich ver Diese Bauart erregt überhaupt das Mißtrauen der Türken,
sichere Euch, es ist unbeschreiblich.« denn steinerne Häuser sind in ihren Augen eben so viele
(Die Fortsetzung folgt.) Festungen , von denen aus wir sie einst zu Paaren treiben
könnten. Kein Boll bat weniger Ursache stolz zn scyn, T a s s o.
als die Türken , und dennoch ist keines hochmüthiger und
anmaßender. Sie verachten andere Völker unaussprechlich, Du wirst bleiben, so lange Musik und melodischer Wohl
und der Großl'err nannte sich von jeder den Vertheiler laut
Dein entzückendes Welsch noch sich zur Wiege bestimmt.
der Kronen. So sagte ein Türke , als Rußland Mahmud Und so lange die Lieb' in zärtlichem Feuer die Sprache
wegen der Moldau und Wallachci mit Noten bestürmte, Der Mnfik und deS Reichs lieblicher Töne sich wählt.
ganz keck zu mir: Wir wissen wohl, warum Nikolaus sich Aber Homer, er gefällt mir schon nicht in Virgil, wie
gegen den Sultan empören will; Mahmud hat ihm noch nicht gefiele
Darum in deinem Gedicht, Tasso, mir gar nun Virgil!
erlaubt, die Krone zn tragen. Am meisten verabscheuen
W. Waiblingen
sie die Russen, aber auch die Engländer stehen nicht sehr
in Gnade bei ihnen; diese scheinen es aber oft darauf an
zulegen, sie zu erbittern. Kein fremdes KriegSfahrzeug Kerrespondenz- Nachrichten.
darf bekanntlich in den Hafen von Konstantinopel eiulau-
fen; zuweilen aber wird es erlaubt, wenn das Schiff ei- Stuttgart, jZ. Januar.
nen Gesandten oder seine Frau fuhrt, dann darf aber aus (Fortsetzung.)
scrlich nichts Kriegerisches am Fahrzeuge sichtbar scpn. Die In zufällig gereihter Ordnung zogen nun unter festlicher
Gabarre, welche die Gemahlin von Strafford Coiming nach Musik die Teilnehmer deS Festes , voran «cht Veteranen der
Konstantinopel führte, handelte wider diefeS Herkommen. ehcnialigen Zöglinge, an der Statue, dem qcfeverten
Durch die Dardanellen versteckte man die Kanonen , und Fürsten huldigend, vorüber und begaden sich sodann an
die bereiteten fünf Tische , von welchen einer für die anwesen
die Offiziere legten bürgerliche Kleidung an ; aber kann, den sechs-und-zwanzig Lehrer bestimmt war , die übrigen aber
war man durch die Meerenge, so kamen Kanonen und Uni- nach frevcr Wahl besczt wurden, wobei, auf ein Zeichen nach
formen wieder zum Vorschein. Der Großhcrr war wü- alter Weise de« akademischen Speisesaale« Alle zumal die Stühle
thend , aber sein Jörn stieg anfs Höchste , als bev der rückten und sich zum Sitzen anschickten. Im Geiste de« In
stitut«, welche,« sie angehörten und in welchem der Bauevsoh»
Audienz des Gesandten die Gabarre , die vor dem Serail mit gleicher Aufmerksamkeit wie das Fürstenkind behandelt,
vor Skn^r lag, fest/ich geschmückt wurde, und die Makro- nnd in Allen da« Gefühl der Brüderlichkeit genährt worden
sen auf den Raaen dem König von England ein Lebehoch war , saßen auch dicftmal , ohne Ordnung de< Rangs . Für
brachten. Trägheit und Stumpfheit sind Folgen ihres sten, Minister, Generale, Rärhe. Professoren, Sekretäre,
Kaufieute» Künstler, Landwitthe, Handwerker durch einander.
unersättlichen Hangs zur Ausschweifung. Nichts geht ih Nach der Tascl , bc» welcher so Manches den Strom fro
nen über die Wonne, Tage lang , die Pfeife im Munde, her Erinnerungen und traulicher Gespräche erneuerte und be
auf dem Divan zu liegen , und dabcy einen Rosenkranz *) wegte, sprach Hau« unter der Bildsäule CarlS den erste»
durch die Hände laufen zu lassen. Toast auf den Gefchcrle». In diesem Augenblicke traten vier
Knaben, Sdlmc von Akadcmisten, i» die ehemalige akadcmiscye
Ihrer Tugenden, so wenig sie ihre groben Laster auf Uuiform gekleidet , hinter dein Lorbeergesträuche, das die Sta
zuwiegen vermögen sind dagegen doch nicht wenige. tue umgab, hervor, und sezten ihr einen goldenen Lorbeer
Eine der vorzüglichsten ist hohe Redlichkeit; so häufig Diebe kranz auf. Diese überraschende Sccne erregte Rührung und
und Schelme sonst in Europa sind, so selten sind sie in der Jubel iin höchsten Grade. Unmittelbar darauf sprach Kanzle»-
Türken; man kann Uhr, Börse überall liegen lassen, und direklorSchlottcrbeck das sinnige Gedicht ,,dic fünfEichen,^
das sich auf fünf im Parke des Schlosses Solitude ehedem be
ist sicher, sie wieder zu erhalten. Sic sind gastfrennd- findlich« , ans einer Wurzel hcrvo, gewachsene Eichen bezieht.
schaftlich und wohlthätig, wie die Araber, und dieß ließe Der Dichter hat «ms die Mitthcilung der schönen Strophen
sich mit ihrer Grausamkeit schwer vereinigen, wären ihnen erlaubt.
diese Tugenden ni>t durch ihre Religion geboten. Ihre Wer kühn auf unserS Schillers Adlerschwinge»
Ehrfurcht vor dem Fürsten , ihre Achtung vor dem Mufti, Zinn Sonnenkreis der hbhern Dichtkunst schwebt.
Der möge würdig dieses Fest besingen,
den Derwischen und Jmoms kennt keine Kränzen. Die DaS Hunderte mit Einer Glut belebt.
Habsucht wäre in der Türke» unbekannt, beherrschte sie Gern will ich il,>« die Siegcrpaline reichen.
nicht die Machthaber jeden Ranges ; dem Volk ist sie fremd. Der Ode soll kein Lied im Wege scizn;
Ehrzeiz plagt die Türken nur selten ;- sie wissen aus Erfah Dies, »reist ja nur den Platz z« den fünf Eichen,
rung, daß nur das Leben im Dunkeln und in Mittelmäßig Erst finstrer Wald, dann lichter Museiibain.
keit vor dem Schwerte und der öonfiskation sicherstellt. Wie Kleines oft zn Großem sich entfaltet.
Der Jüngling reist zum angestaunten Mann,
Der Rosenkranz der Frommen besteht a»S 9g Körnern So wuchs auch hier, stets herrlicher gestaltet.
und einem größere». Bc» jedem Kor» , das man berührt, muß Zum Riesenwerk, was Earl gering begann.
man eine Eigenschaft Gvttes nennen; be«m hmidcrlsien, größe Den» Schöne» sollte Nicht d«S Gute weichen,
ren, spricht inan endlich Alka h. DerRvscnkranz heijit T e S b i b , ! Sic eine» sich in engqeschlossnem Bund;
d.h. Lob. Ein Tempe fi»nn«t den Plag zu den fünf Eiche«.
Und ei» Alben entkeimt demselben Grund.
Zu einsam ist iii Zezt b« Fürst gebNeie», Paris, Januar.
Sr winkt; — die bde Stille ist nicht mehr; (Fortsetzung.)
In Gärtnerschürzen hüpfen zweymal sieben Im Laufe des vorigen Jahres ist die französische dramatische
Verwaiste Knaben um den Vater her. Literatur wieder mit bcynahe zweyhundert neuen Theaterstücken
Und eh' noch wieder Tag und Nacht sich gleiche». zwar nicht bereichert, wohl aber vermehrt worden ; über die Hälfte
In« Herbstgewand sich kleidet Bcrgyeims Flur, waren VaudevilleS ; auffallend ist die geringe Anzahl von Trauer»
Da wimmelt schon der Play zu den fünf Eiche» spielen; es befanden sich deren nur acht unter dem Haufen.
Von Zöglingen der Baukunst und Skulptur. Entweder werden die Dichter muthlos durch die vielen frucht-
losen Versuche, ein neues Trauerspiel in Aufnahme zu brin«
Und immer tiefer drang in die Gebiete gen , oder das leichtere Voudcville hat zu viel Anziehendes für
Der Jugenbbildung diese Schöpferkraft; sie , und lenkt sie vom tragischen Fache ab. Vielleicht hat auch
Wie jede Kunst in heitrer Werkstatt blühte. Talmas Tod auf diese tragische Leerheit eingewirkt. Zuvor
Fand ihren Hörsaal jede Wissenschaft, schmeichelten sich die Dichter im voraus mir dem Gedanken,
Der Finsternig Dämonen zu verscheuchen Talma werde eine Rolle in ihrer Tragödie übernehmen und
Gelang der Schule stündlich neuem Glanz, derselben eine glänzende Aufnahme verschaffen. Manche Dich:
Wie einstens von Dryaden die fünf Eichen rer harren den großen Schauspieler im Auge , wenn sie eine
Warb sie beseelt vom schönsten Lehrerkranz. Hauptrolle in ihren Glücken dichteten; seitdem er hingeschie
den ist, beseelt sie dieser Gedanke nicht mehr; sie haben im Ge-
Au« diesen Kunst? und Wei«heitshallen träte» genrheil zu befürchten, dag ihre HaupkrvIIen schlecht oder wenig
Der Trefflichen Unzählige hervor. stens unrichtig aufgefaßt werden. Auch bat sogar da«1'ne«ir«
In Bildnerwerk, in Schriften und in Thate» t>«»c)»i» seit Talmas Tod sein Unvermögen anerkannt, manch«
Schwang kräftig sich ihr Gcniu« empor. Trauerspiele so darzustellen , wie das Publikum gewohnt war
Ha! fernher winken mir de« BeyfaUS Zeichen, sie zu sehen und zu bewundern , und sich lieber mit Lustspiele»
Nicht an der Newa nur, am Po und Rhein abgegeben , deren daher auch zwcv-und-zwanzig neue , sowohl
Lebt im Gesang der Play zu den fünf Eichen, auf dem "rkesire Ir«ny»i, als auf der Odconbühne im Jahr
Auch Meergctrennte Welten stimme» ei». j»S7 aufgeführt worden sind. Auch das Opern - und Operet-
tenfach ist fleißig bearbeirel worden , denn es sind in demsel
Dein Jubelfest, o Carl, wirb wiederkehren ; ben vier-unb.zwanzig neue Produkte dargestellt worden, also
Ach, dann sind längst, die jezt e« feyern. Staub. zwey des Monat«, was gewiß vom großen Fleiße der Ton-
Wohl un«, daß Dank und Liebe ewig währen. künstlcr zeugt. Nur war keine Operette ven Bvyeldieu dar
Die werden nicht mir un« de« Tode« Raub. unter, kein neues Stück von Rossini, wofern man nicht
Dein Lorbeergrün kann kein Jahrhundert bleiche». die Umarbeitung seine« „Moses" «IS ein neues Stück ansehen
Es ist von der Unsterblichkeit geweiht. will. Der neuen Melodramen waren ungefähr so viel als der
Hoch ragt dein RuKm , wie vormals die fünf Eichen, Ovcrn ; in diesem Fache ist kein Aufhalten ; da« Volk zahlt
Doch nimmermehr fällt ihn die An der Zeit. gern für dergleichen Schaustücke und für alle neuen Kriminal,
gcschichten, die ihm mit einiger Kunst vor Augen gestellt wer
Nun sprach Hofrath Hang einen Toast zum Heil unsere« den. Wahrscheinlich wird das jetzige Jahr an Melodramen eben
erhabenen KdnigSpaavS, dem er die sinnigen Worte anhängte: so wenig Mangel leiden , da Pircrccourt , der thätigfle und
glücklichste «der gewandteste Dichter in diesem Fache , als Di
Im nächsten Säkulum ertönt« In Chören noch: rektor der komischen Oper abgetreten und wieder zu den Bous
Hoch lebe Wilhelm« Stamm, und Carl der Zweite lcvardSthcatern zurückgekehrt ist, und für dieselben fortfährt
hoch! zu dichten. Der erste Versuch , de» er seit seiner Rückkehr von
Unter mehreren lateinischen Toasten beben wir folgende dessel der Operettendirektio» zu den Melobramentheatern lieferte, be
ben gewandten Epigrammatisten au« : wies . daß er seinen Hang zum Grauscnbcn keineswegs über
de» Operetten verloren hatte ; denn dieser Versuch war nichts Ge
Hui vit,m «t f«m»m Oroün», Huzuite , Zeä!»t!, ringeres als der ^Tvdtenkopf oder die Ruinen von Pompeja."
r»vtt»n, K^mn«», grite, ä»t L,roUn» ?ibi. Wie sollte ein so köstlicher Titel nicht die Mcuge herbe« ziehen
und da« Schauspielhaus anfüllen, besonders wenn sie gewiß sind,
daß Pompeja am Ende des Stücks vor ihren eigenen Augen un
liex coiit !z»e Oucem Oirolum, z>>« z>»tri> r«gem, tergehen wird!
?ro reg« exiuäir vot» xrecexzue Oeu». (Die Fottseyung folgt.)
Haug an Cuvier.
Auflösung der Sharad e in Nr. ZS.
Cuvier, fern ans Pflichte», du fey'rst mit zweyhnnbert-und-dreyßig Za unk dnig.
Zöglingen Carls auch heut' dieß sekulorische Fest.
Aber die späteste Zeit, die Würdigen» der Verdienste,
Fey'rt, Unsterblicher, D i ch, Gallia« Schmuck und der Welt. C h « r a d e.
Die brey akademischen Dichter , Haug , Schlotterbeck und von zwey Sylbe».
Ritter, begrüßten sich unter einander, so wie andere Mit: Des Zweyte» Enden «nüsscn sich verschlingen.
glieber , die Lehrer namentlich , den Ausschuß und die ganze Willst du das Ganze um da« Erste bringen.
Gesellschaft mit Gesundheiten. Nicht leicht besteht in seinem Glänze
(Der Beschluß folgt.) Au« seinem Lezten ganz das Ganze.

Verlegt von der I. G. Cotta'schen Buchhandlung.


M o r g e n b l a t t

f u r

gebildete Stände.

Montag, 18. Februar 1323.

O wunderlich Geschick des Menschenleben«'.


Mm gönnt der Ruhm nicht den ersehnten Tob!
Und wie ein Feuer, dem die Nahrung fehlt.
Erlischt sei» Leben.
Delavign e,
Harold« Pilgerfahrt.

Napoleon in Moskau, Nur des Bildes Größe fesselt seinen Blick, der drin »er-
senkt;
von Nikander *); Doch, wer kennt die Welt des Innern, die sein Sinnen
übersezt «on Amalie von Helwig. lenkt?
Und Neapels stolzer König, und Eugen der kühne Held
In des Krewels Rittersaale, RurcckS thurmgeschmück Stürzen in den Saal, und jeder bittend ihm zu Füßen
tem Schloß Mt;
S«ß Napoleon, und dachte jener Zeit, die jüngst verfloß. Hier in Flehen und Beschwörung zeigt ihr treuer Eifer
Schrieb Den Brief, drin Alerandcrn er zum Frieden bot sich:
die Hand, „Dir dräut Tod — schon brennt der Krewel — Herr,
Bev dem Schein, der durch die Zcuster leuchtete von o rette Dich!"
Moskau's Brand.
Weithin draußen in der Ebne wälzte sich ein Flammen: Um sich blickt der mächt'ge Herrscher unverändert, mit
meer ; Bedacht;
Trug auf sturmempörtcn Wogen das Entlehen vor sich her. Stille thront auf hoher Stirne, Ruh im tiefen Auge
Ueber hundert Tempeln wanken Feuersäulen, schon im lacht.
Mild dann spricht er: „Waffenbrüder! noch ist die Gefahr
Selbst der Himmel glüht, als schmölzen seine Sterne all. nicht groß;
WieimLouvre, wohn' ich ruhig in des Krewels Schoos."
Aber näher wälzt der Brand sich, kreiset um den Kre
wel dicht. Cr stand auf und schritt zum Fenster, legte stumm daraus
Und Napoleon bemerkt es, die Gefahr nur sieht er nicht; die Hand ;
Die erhizten Scheiben bebten, und die Mauer schien in
*) Diese« Gedicht eine« bekannten schwebischen Dichters trägt Brand.
den Stempel einer Nationalansscht , die dem Sieger bev Mas Nieder langt der Held den Degen , nahm den Hut , der
«ngo auch alsdann noch unbeschränkt huldigte, als ein Land nah ihm hing.
Sagend: „Es ist Zeit," — und langsam aus der Burg
Europa's nach dein andern gegen seines Zepters eisernen Druck er ging.
sich erhob. Die Entfernung von dein Schauplay Zener Kampfe
verseyte damals schon die Schwede» gleichsam auf den lnsioris Und ihm folgten seine Fürsten. Doch, welch Schauspiel
fchen Standpunkt, welch?» diejenigen Völker, «uf deren Schick dort im Thor !
fÄ5 Napoleon unmittelbar eingewirkt, erst nach Jahren gewin Feuer oben, Feuer unten, züngelnd zum Gebälk empor.
nen sollten. Das hier Gesagte gilt auch und noch mehr von Welch Gefühl ! die Erde brennet nnd die Luft brennt blu
dem Gedicht von Esaias T6gner über Napoleon, das wir in tig roth.
Kurzem mittheilen werden. Jeder Odemzug Vernichtung, jeder Schritt ein Tod.
1(6
Hungrig nimmersatte Flammen, daß nichts ihrer Wuth Stieg die Sonn' empor ; der Kaiser sammelte fein kühnes
entging. Heer;
Schlagen , rund die Burg umkreisend , ihren schaudervol- Dachte nicht der Nacht Gesichte, noch der ernsten War
len Ring. nung mehr.
Schlangcichäuptern gleich, die Nachen um die Wett' auf Und derselbe Geist bcfrevt' ibn — lcis erzählt's die
sperrend weit. Sage so —
Wer zuerst verschling' den, größten Krieger seiner Zeit. Als zum leztenmal er kämpfte dort bei Waterloo.
Doch der schließt die Waffenbrüder ruhig an die Helden
brust , Die Schlacht von Lcpanto.
Seine Stimme tönt im Feuer ein Gesang von Sieges
lust: (Fortsetzung.)
„Kämpften, siegten doch znsammt wir, stets vereint in
unserm Thun, So pathetisch auch die Erzählung Welsers war, und so
„Laßt vereint mit gleicher Stärke hier uns sterben nun!" aufmerkfam der Prinz zuhörte, so verzog sich doch sein Mund
zum Lachen, als er die leztere Bemerkung vernahm, und
Sieh, da lcis aus Rauch und Qualme, riesig von Gestalt,
Tritt ein Mann, halb birgt der Mantel Züge starr und die trauliche Benennung, Gianetto, die er früher in Augs
kalt; burg von feinen Jugendfreunden bekommen hatte, auf ein
Von des HuteS Zobelaufschlag feuerroth die Feder steigt. mal aus dem Munde des Verliebten hörte, der früher fo
Und fein Blick wie Wetterleuchten durch die Sturmnacht befangen gegen ihn gewesen war. Er antwortete in lusti
fleugt. gem Tone : „Glaubst Du, bev uns in Spanien komme der
Alfs spricht er: „Kaiser-König, nickt erreicht Dich hier Frühling des Lebens so spät, als bey euch? wir genießen
der Tod. schon, während ihr noch im Dunkeln herumirret. Aber
Folg' mir, folg', wohin ich führe aus dem Brand, der
Dich bedroht." laß weiter hören, wie eS dir erging." Welser fuhr fort:
Mit erhobnem Arm gewaltig schon die offne Bahn er „Ich hatte einen Boten an meine Mutter geschickt, um
brach ihren Segen zn erflehen, und dieser war mit günstiger
Durch das Feuer; hinter ihnen stürzt' es zornig nach.
Antwort zurückgekehrt. Meine Verbindung sollte in einem
Und sie folgten, hörten Pfeiler, Balken stürzen mit Ge- Monate gefeiext werden. Während dieser Zeit brachte ich
, krach;
Flammen lockten lüngS am Boden, Flammen wölbten sich den ganzen Tag im Hause des Oheims von Octavia zu,
zum Dach; und ritt des Nachts wieder nach dem nur wenige Millie»
Aber sicher war der Führer; schnell, kaum wissend, wie's entfernten Schlosse des Malthesers zurück. De Floris, der
geschah. gewöhnlich bev mir war, konnte nicht immer mit mir zu
Mit den Freunden jezt der Kaiser sich geborgen sah.
rückkehren, weil seine Gesundheit den Ritt in fcucktcren
Dieser sprach: „Du kühner Fremdlinz, Rettung ward Nächten nicht erlaubte, er blieb deßhalb öfters im Schlosse
uns hier durch Dich;
Nenne Namen mir und Wohnung, und Dir lohn' ich über Nacht. Dieß geschah eines AbendS nach einem furcht
kaiserlich." baren Gewitter. Ich ritt allein durch die kühle Nacht,
Aber dieser drauf: „Erkenne deinen bösen Genius, ganz in die Träume meines Glücks versunken, nach Hause,
That ich doch, was mehr als Feuer Dich verderben muß." und kehrte des Morgens voll Feuer zu den Umarmungen
..Ueber alle Welt hin strahltest Du, ein leuchtend Meteor, meiner Geliebten zurück, denn es war der dritte Tag vor
Glücklicher war nickt Augustus, größer Cäsar nicht zuvor. der Hochzeit. Aber wie schrecklich waren meine Erwar
Mehr als Sterblichen gebühret selbstbewußter Macht war
Dein ; tungen getäuscht l Ich stand wie vom Donner gerührt,
Und Du wähntest so vielleicht schon hier ein Gott Zu seyN." als ich in die Nähe des Schlosses kam. Es war verschwun
den, oder vielmehr standen nur noch seine rauchenden Trüm
«Glaubst Du, daß ich Dir vergönne in des Sieges Ch- mer, die Gärten verwüstet, die Felder und Bäume ver
rcnkranz
Zu den Sterne« aufzufchweben , als ein Gott im Feuer heert, die lieblichen zwey Dörfer am Mecresufer hin nie
glanz ? dergebrannt. Ich eilte in Todesangst in die dampfenden
Nein , die Blüthen Deines Ruhmes sollen Blakt für Blatt Mauern. Hier fand ich keine Octavia mehr, keinen
verweh» ,
Mensch nur bist Du , falle« sollst Du , dann Magst Du Oheim , keinen de Floris , nur Leichname von Bedienten,
vergeh« !" und endlich d« Körper eines alten Verwandten von Oc°
Et verschwand d«l schwingt der Kaiser rasck zum Streit- tavia, von Wnnden bedeckt, der eben durch den Morgen-
roß sich hinauf; than wieder zum Bcwußtfevn erwachte. Ich brachte ihn
In die Flammen stürzen , wollt' er — doch er hemmte zu sich, und nun erzählte er in abgebrochenen Worten. Die
seinen Lauf, Türken, wahrscheinlich, wie wir ans späteren Anzeigen
Den« ein Trugbild neuer Siege, frisch errungner Lor schlössen, unter dem Renegaten Ulichyali, waren in aller
beer« Schein,
Wiegte Mit der Hoffnung Zauber seine Seele ein. Frühe gelandet, hatten das Schloß schnell von allen Seiten
,6?
umringt, ehe man ibrer recht gewahr ward, und die umlie alter sxanischer Herr, der mir bedeutete, daß ich ferner
genden Dörfer angezündet ; wer sich zur Wehre sezte, ward bcv ihm wohnen solle. Er hieß Louis Quirada und war,
ermordet, eine Menge Menschen auf die Schiffe geschleppt. wie ich später erfuhr, ein treuer Hofdiener meines Va
Dicß Alles mußten die im Schlosse sehen. Der Malthefer ters. Rosenstein begleitete mich; wir kamen auf ein Land
vertlwidigte mit einigen Bedienten das große Thor; der haus in Andalusien. Ich verlebte drei fröhliche Jahre in
Obeim mit den übrigen die chintere Thüre , sie leisteten diesem schönen Lande, an den blülxnden Ufern des Gua-
einen tapfcrn Widerstand ; allein sie wurden von der Über dalguivir. Meine spanischen Bedienten bießen mich Don
zahl zurückgedrängt, und von einem Zimmer ins andere Juan ; man erzeigte mir im .Hause Quirada's große Ehr
bis in daö Gemach Octavia's verfolgt. So weit hatte der erbietung, und hie und da kamen fremde Herrn, um
Verwandte meiner Verlobten gesehen, als ihm ein Säbel- nach mir ,u sehen. Ich fand dieß alles damals ganz na
hieb über den Nacken daS Bewußtsevn raubte. — Wir türlich, denn eö gefiel mir; ich schloß nichts Besonderes
schickten überallhin Boten aus, in der schwachen Hoffnung, daraus. Eines Abends kam ein Bote mit der Nachricht,
das Jemand entkommen sevn könnte; aber vergeblich. daß ich des andern Tageö auf ein Schloß des Königs in
Wir sind nun nur zu gewiß, daß sie von den Türken fort der Nähe von Sevilla kommen sollte, wo der Hof vcrfani-
geschleppt wurden. Mich warf dieser Vorfall in eine hiz- melt war. Ich wollte Anfangs diesem Befehle, den mir
zige Krankheit, von der ich nur zu neuem Jammer wieder Quirada ganz trocken mitthcilte, nicht gehorchen, mein
erstanden diu. AIS ich wieder hergestellt war, eilte ich hic- Selbstgefühl war beleidigt, daß ich einem unbekannten
her, weil ich wußte, daß die Flotte sich in diesem Hafen Obern willfahren fvllte. Rofensteins Vorstellungen ver
versammelte, und mir keine andere Hoffnung übrig bleibt, mochten mich dazu fast wider meinen Willen. AIS ich in
als auf die siegreichen Waffen der Christen. " Der ganze dem Pallaste ankam, fand ich alles gedrängt voll spanischer
" Schmerz Conrads war bcv dieser Erzählung wieder aufge Granden, Geistlichen, Soldaten. Noch heute muß ich lä
wacht, und der Prinz sah, wie viel Anstrengung eS ilm cheln, wenn ich daran denke, wie ich die spanische» Edeln
kostete, daS überwallende Gefühl zurückzudrängen. Cr gebückt im Vvrgrmach deS Königs sah, und aus allen Ge
nahm innigen Ambeil an dieser Geschichte; und nicht sichtern Bangigkeit und Furcht laS, und ich dagegen, ein
h/os aus Liebe für seinen Jugendfreund , der ihm fchr Knabe von scchSzehn Jahren, voll Jugendmuth einhcrschritt,
khriier war; sein Stolz war beleidigt, daß ein tür und den Augenblick nicht erwarten konnte, bis ich den Kö
kischer Corsar eS wagen sollte, Untcrthanen seines Bru nig sehen sollte; denn ich hatte damals eine gar sonderbare
ders, des Königs von Spanien (denn Sizilien gehörte da Idee von einem König. Philipp war allein; ich bückte mich
mals der Krone Castilicn) mit Gewalt hinwegzuschlexxcn, ehrerbietig; er musterte mich lange mit scharfem Blick, end
während eine venctianifche und päbstliche Flotte in einem lich sagte er: ein feiner Jüngling ; erträgt etwas von mei
.Hafen der Jnfel lag, und er, der Obcradmiral , täglich nes kaiferlichenVaterSZüacn. DonJoKann tretet näher; Ihr
erwartet wnrde. Cr suchte indeß alle Trostgründe auf, fevd meines nun in Gott ruhenden Vaters Sohn. Euer Name
die seinen Freund beruhigen konnten. Weiser hatte lange, soll von nun an Johann von Oesterreich feyn ; Philipp, der Kö
in seinen Schmerz versunken, stille geschwiegen, aber zu- nig bevder Spanien und Indiens ist Euer Halbbruder; fryd
lezt dankte er dem Prinzen und sagte: „Ich will den immer Cures erlauchten Ursprungs würdig ; kommt an mein
freundlichen Glauben, daß mir durch Euch geholfen werden Herz, nnd umarmet Suren königlichen Halbbruder. Er schloß
könne, nicht zurückstoßen, denn es scheint mir fast ein mich mit diesen Worten in seine Arme." (Die Forts, folgt.)
Pfand vom Himmel, daß Ihr, den ich als Gianettino Korrespondenz-Nachrichten.
Blomberg liebte, auf einmal als Anführer der Flotte vor Stuttgart, den tS. Febr.
mir steht,. de» der ich die lczte Hülfe suchen wollte. Es ist (Beschluß.)
mir wie ei» Traum, daß diefeVcrwandlunq mitEnch vorge Mit den Toasten wechselttn fröhliche Gesänge, »o„ de»
genannten Dichtern »erfaßt, einer derselben von Hang an die
gangen ; denn ich wußte nie anders, als daß Ihr der Sohn der LcKrcr de« Instituts , die lebenden und die bereits Heimgegan
schönen Wittwe sevd." „Meine Geburt," sprach Don Juan, genen gerichtet. ES beseelte die Gesellschaft so durchgängig
. w.,r auch ein tiefes Geheimnis!, und mir selbst wurde sie erst der Geist gemüthlichcr Geselligkeit , Alle , auch die von Natur
vor einigen Jahren bekannt. Du warst, wie Du mir sagst, ei» rul'igcrc« und kühlere« Temperament al« andere besitzen,
waren von der Submarine jugendlicher Srinncrunge» so ers
sebr erstaunt, als Du auf einmal den Genossen nicht mehr griffen , durch den . bey Manchen einen Zeitraum von fünfzig
fandest ; ich gewiß eben fo sehr, alö mir Nosenstein eines Jahre» umfassende» Rückschritt in alte, und zugleich die innig
Abends ankündigte, daß wir auf Befehl meines Vaters, ste» und weuerstcn Verhältnisse der Freundschaft, zu den
von dem ich nie ein Wort gehört, in ein fremdes Land Iünglingsgefüi'lcn der Begeisterung für einander und für da«
Leben so bewegt, da? aus dein Munde Vieler grl'drt wurde,
reisen sollten. Wir fuhren der, Nacht von Augsburg ab «in solcher Tag der Rührung und Freude scy von ihnen noch
nach Genna , von dort weiter zur See nach Spanien. AIS nicht erlebt worden. Besonder« laut sprach sich der Dank ge
wir in Cadir ankamen, erwartete uns dort bereits ein gen die Gnade de« König«, unter dessen Regierung und mit
,68
dessen huldreichem Beyfall und Bcystande das Fest gefeuert paintner, der keiner verderbten Zeit, am wenigsten der neue
wurde , so wie auch die wärmste Anerkennung dessen aus, was sten nngchört, sondern das Wahre, Meine. Acchte licht und
der königl. Sbcrsthofmeister , Freyherr von Secken sucht. Möge es ihm gelingen, noch oft de< Alten und Guten
dorfs, der Direktor des Theaters und der königl. Kapelle, Manches, uns Hören zu lassen. Er hat unter seiner Direktion
Hofrath v. Lehr, und der konigl. Hofgärtn», 5zerr Stimmen , die dem ächten Gesänge Passe» , und der einfache,
B o fch , zu solch« Vollendung des Festes mitgewirkt hatten. edle , gcmkihlick» Vortrag , wie ihn in dem erwähnten Kon
Bey solcher Stimmung behauptete sich eine wahrhaft geistige zerte Frau «. Knoll, Häfer und Pczold gezeigt haben, wird
Heiterkeit, cm soldatischer Frohsinn, der den Borzug de« In dein Guten nur um so schnelleren Eingang und Bcpfall ver
stitut« , dem jene Männer entwachsen sind , als einer Erzie schaffen ; bann wird auch im Gebiete der tönenden K,mst unter
hungsanstalt fürs ftohe, gesellige, wie fürs ernste, praktische Le uns aufleben und fortblühcn , was jener Fürst, der Kenner des
ben beurkundete, und den Theilnehmern des Festes zeigte, Wahren und de» Schönen, unter seinem Wolke zu Lebe» und
das. Jeder unter ihnen dem den Jünglingen von Carl ein Blüthe z» bringe» gesucht hatte,
gepflanzten Sinn für Ordnung und Mäßigkeit im Mannes-
oder Greisenalter- treu geblieben sey. Auch in diesem wie in Paris. Jannar.
Zcdem andern Sinuc enthalte» die einfachen Worte, welche Herr <Fottse«zung.)
Staatsrat!, v.Fischer am Schluß seiner Rebe dem gefcyerten Her Diese« Winter haben die Liebhaber der Melodramen und
zoge, wenn er nun gerade unter seine alten Zöglinge einträte, Spektakelstücke einen Genuß weniger, indem das Theater 4o>-
in de» Mund gelegt hatte, eine schöne Wahrheit: „Ich bin bizu l2o«>iq„e, das aber nichts w««iger alS komisch war,
abgebrannt ist, und erst wieder aufgebaut werde» muß. Zum
mit euch zufrieden, meine Söhne!"
Eine würdige Nachfeyer dieses TageS wurde au» Abend Glücke bleiben ihnen «och zwei? dergleichen Theater offen , «äin-
des folgenden in demselben Lokal des königl. Redoutcnhaufcs, lich das GaietetKeater, wclchcs aber, seines lustigen Namens
in dem dic Dekorationen des Herrn »on Thouret geblieben ?«rt, ungeachtet, nicht« weniger als lustig ist, und daö Theater der
und aufs Neue zum vollen Effekt beleuchtet worden waren, ker, Lemercier, 8t. i»»r^». Auf lcztcrin hat sich nculich cin Akademi
«on de» Mitgliedern der königl. Kapelle gehalten. Der Saal suchen wollen undauch in der Gattung der Melodramen ver
war gedrängt voll von Zuhörern, welchen Meisterwerke aus Stück, d«S cbcn so diegrauscnd „bcudcn Schwestern" gcgcbcu, ein
ist als manche andcre. Nun
früherer Zeit eine willkommene , seltene Erscheinung wa
ren. Außer der Ouvertüre aus Mozarts „Zauberfldte" war es etwas Unerhörte«, dasi sich ein Mitglied der ä«S6-
«>ie sr«n?»ise bis zum Melodram herabließ, da diese Schau«
wurde aus Zumstcegs „Gcisterinsel," die für unfern KrcbS spiklgattuug ganz verimfe« ist, und nur einige geringe, blos
eiust komponirte Arie : „Sanft und herrlich," vom Kammer
sänger Hambuch, und das tezte Finale der Oper von Frau mit dicfnn Fache beschäftigte Schriftsteller anzieht.
Sonderbarste war, baß der Akademiker, der für die
Da«
größer«
v. Knoll, Frau von Pistrich, den Herrn Häser, Hambuch. Theater mit Bcvfall gearbeitet hatte, auf der Volksbühne gar
Pezolb und Butsch mit Chor gesungen. Eine Ckaconue von keinen Bcpfall bekam, so baß also hier der Grundsatz: wer
Carls Kapellmeister Jvmclli, bereit sinnige, zarte und wie das Schweine kann , ist auch iin Stande das Leichtere zu
der kräftige Komposition an die geistvolle Mimik des älte thun , keine Anwcndung erhielt, den» Lcincrcicr hatte große
re n BallctS eriiwert , eröffnete den zwcyten Theil deS Kon
zerts, in welchem Schillers „Gang nach dem Eisenhammer," Lust- und Trauerspiele geschrieben, die auf der ersten Bühne
Frankrcichs alS schon anerkannt , und noch dazn in Alexandri
vom Hoffchanspieler Maurer bcklamirt, nnd welcher mit dem nern gedichtet sind, aber mit einem prosaischen Spektakclstücte,
Hpmnus auf Carls Säkularfeper , von Ritter und Lindpaint- wie denn so manche glück«,, «bschon sie von nnberühinten
ner. beschlossen wurde. Konzertmeister Molique , der mit Schriftstellern verfertigt werde» , hat es gar nicht gehen wol
dem Bogen seiner Violine zu singen und zu zaubern, und len! An dein Stoffe lag gewiß die Schuld nicht; denn dieser
alle Herzen, selbst die der mürrischen Kunstrichtcr, sich zu war so grauscnd alS irgend eine Mord - und Ränbergeschichte
gewinnen verfleht, und die Heyden Kammermusiker, Rein
hard und Krüger , belebten durch ihr treffliches Spiel auf der BoulcvardSthcatcr z Lcincrcicr hatte nämlich die vor eini
gen Jahren in allen Zeitungen Europas abgeschriebene Anek
Bioline, Klarinette und Flöte das schdngewählte und gut dote von einein Vormünder gewählt , welcher die reiche
ausgeführte Ganze. Aussteuer seiner Mündel zu seinein Eigcntlium schlagen woll
Reminiscenzen aus einer guten Zeit sind für den Freund te, und daher das unschuldige Kind Nachts in den Garte»
des Schönen überaus wohlthucnd. Zwar ist das ^größere Pu lockte , um es lebendig zu begraben , aber aus Versehen seine
blikum der einfachen, edleren Speise enlwdbnt. und sucht das eigene Tochter begrub, und am andern Mvrgen, als die
Wahre im Schein, dic Kraft im Lärm, die Melodie im Klings Mündel ganz unbefangen zum Frühstück kam , vor Schrecken
klang. Die Künstler glauben diesem Geschmackc fürs Geschmack tobt darnieder fiel. Gibt es wohl in der Theaterliteratur der
lose frbhneii zu müssen, wen» sie gellen und. den» Bcpdes Volksbühnen einen ärgern Schelm als diesen Vormund, und
will oft dasselbe sagen , leben wolle». Wir vertrauen jedoch
zur besseren Natur des Menschen , dem in allein Gewirre des haben die Boulcvardsbühnc» eine, dem Volksgcfchmack mchr
bchagcnbe Scene aufzuweisen , als dieses Lcbendigbegraben
Lebens das sittliche Ideal nie erlischt , und der ebenso auch die »m Mitternacht im Garten? Und dennoch haben weder die
wahrhaft schöne» Klänge, Accorde und Melodieen, wenn er sie arge Schelmerei? des Vormünders, noch das Begraben der Un
nur erst wieder mit aller Präcisio» und , was mehr ist , mit schuldigen die Ncugicrde der Menge gereizt; dagegen läuft
Liebe und Begeisterung »ortragen hört, sich «nwandt fin sie zum Todtenkopfe und zu andern Dingen, welche ihr
den und als das Wahre schäl?.'» muß. Wie einst Karl in von beliebte« Dichter» vorgcsczt werben, und läßt den Vor
unsere», Batcrlande die ächte Kunst Keimisch machte, so kann münder stehen. Offenbar besiyen die mittelmäßige« Schrift
aua, jezt noch die entartete Kunst durch dic bessere verdrängt, steller, deren Melodramen so viel Zulauf erregen, irgend eine
uiid der unreine Geschmack muß von dein läutern und guten Eigenschaft, welche Lcmcrcicr fehlt, und welche dem Volke Kef
überwunden werdc». Dic Kunst selbst aber muß diese Bahn fer zusagt als fein großes Dichtcrtalcnt.
brechen. Vom Publikum kann die Hülfe nicht erwartet wer (Die Fortscyung folgt.)
ben, sondern einzig von da, woher das Verderben kam, von
den Künstlern selbst. Wir sind stolz auf eine» Mann wie Lind- Be plage: Kunstblatt Nr. 14.
Verlegt von der I. G. Cotta 'schen Buchhandlung.
M o r g e n b l a t t

f ü r

gebildete Stände.

Dienstag, is. Februar i 8 2 s.

Weh iir! wa« machst b„. Lduigi» der Meere?


Dem Stern gcht unter:
O t w a ».

Die Schlacht von Lcpanto. dem Kaiser zusammen mit Anton Fugger, zum Kriege ge
gen Tunis, die für damalige Zeiten ungeheure Summe
(Fortsevung.) von fünf Tonnen Goldes, und ward dafür mit eine? großen
„Du 5annstdir denken," fuhr Don Juan fort, „wie ich er: Provinz in Südamerika belehnt, wo seine Colonisten Ve
/rannte, ich glaubte in einer Jauberwelt zu seyn, und die alten nezuela gründeten. Als der Sohn einer so edlen Familie,
Romanzen «n mir verwirklicht. Von nun an blieb ich au dem wnrdc der junge Welser, fast in gleichem Alter mir Do«
Hofe, als anerkannter Sohn Carls v. ; ich ergab mich ganz Juan, u»ter Rofensteins Aufsicht, und wahrscheinlich nach
der Erlernung des edlen Kriegshandwerks, das, fo weit ich dem lezten Willen Kaiser Carls, mit diesem erzogen, und
mich erinnere, immer meine Lust gewesen war. Bald zeigte hier hatte sich jene Jugendneigung gebildet. Der Prinz
ftch mir Gelegenheit, als Feldherr anzufangen. Der Krieg durfte kein Bedenken tragen, einen Edelmann zu sich zu
gegen die empörten Mohren in Granada brach aus, viel: nehmen, der selbst in jenen stolzen Zeiten so gut war, als
leicht hast du von dem Antheil gehört , den Don Juan ein spanischer Grande von gelbem oder gar von grünem Blute.
von Oesterreich daveo hatte. Als das Bündniß zwischen Bgld zeigten sich die Folgen der Gunst, die der Prinz
dem Könige von Spanien , dem Pabst und den Vene- Welser schenkte; eine Menge Vornehme, die er vorher
tianern gegen die Türken zu Stande kam, ward ich zum nicht gekannt, überhäuften ihn mit Besuchen und Freund-
Obergeneral ernannt ; doch bin ich nicht ganz allein hier, schaftsversicherungen ; Andere von niederer Geburt baten ihn
ein Rath, den Baron von Requesens an der Spitze, steht offen um seine Verwendung bey dem Prinzen in mancherlep
mir zur Seite/- Dieses Leztere sagte er nur flüchtig , als Angelegenheiten. Indessen drängte Tag für Tag ein Fest das
wenn er darüber weggehen wollte. „So hoch ich nun stehe," andere, und eS schien äußerlich, als ob dieses große .Heer nur
fuhr er fsrt, „so ist diese Laufbahn nicht ohne gewisse Un deßhalb in Messt»« versammelt sex, um einen glänzenden
annehmlichkeiten. Indessen, Freund Welser, sollst Du in Hof um den Prinzen zu bilden. Der päbstliche Admiral
meinem Pallaste wohnen, und so lange ich hier bin. Dich Colonn« ging Don Juan beinahe nicht von der Seite, und
nicht von meiner Person entfernen." Da die Nacht schon that alles Mögliche, um sich ihm gefällig zu machen. Von
weit vorgeschritten war, entfernte sich Welser unter wieder Geschäften war kaum die Rede. Am fünften Tage endlich
holten Freundschaftsversichernngen von Seite des Prinzen. erbat sich der venetianifchc General Veneri eine förmliche
Welser war aus einer sehr reichen, alten, und, was Audienz bey dem Prinzen. Der spanische Adel des Heers
noch mehr ist, aus einer, von Kaiser Carl sehr ge und Colonna mit seinen Offizieren waren im großen
schälten Familie. Jakob Welser, der Vater Conrads, lieh Saale des Pallastes um Don Juan versammelt. Bald er
,?c>
schien Johann Veneri , ein stolzer unbeugsamer Greis von rische Meer einlaufen, die Reste der venetianifchen See
siebzig Jahren , der kaum seinen Aergcr verbergen konnte, macht vernichten, und nach dem Falle der hölzernen Mauern,
unter den Befehlen eines Jünglings von vier und zwanzig um einen Ausdruck des Themistokles zu gebrauchen , viel
Jahren zu stehen , umgeben von seinen Offizieren , die in leicht Venedig felbst bercnnen und wegnehmen würden.
Gold und Silber glänzten, er felbst in fast gesuchter Ein Dann war aber ganz Italien de« Feinden der Lhristen-
fachheit; er wandte sich an Don Juan und sagte: «ich hcit bloßgegeben. In diefer Noth wandten sich die Vene
komme, um den Oberadmiral zu fragen, ob er nichts zu tianer an den Pabst, mit der Bitte um Hülfe und Ver
befehlen habe, und ob es ihm nicht gefiele, den Tag zu wendung bep andern christlichen Fürsten. Damals faß auf
bestimmen, wo wir vereint gegen die Türken ausziehen." dem Sruhle Petri, PiusV., ein kräftiger Mann. Erzeigte
Don Juan sezte auf den vierten Tag einen allgemeinen sich aus vielen Gründen diesem Ansinnen der Venetianer
Kriegsrath fest. Veneri nahm noch einmal das Wort und nicht abgeneigt; denn außerdem, daß Venedig unter den
fagte, je eher dicß geschehen würde, desto lieber werde obwaltenden Umständen das Bollwerk ganz Italiens war,
es den Verbündeten des Königs von Spanien sepn ; drauf ^ schmeichelte dem Sinne Sr. Heiligkeit der Gedanke, die
beurlaubte er sich mit seinem Gefolge, Don Juan konnte Könige der Christenheit, gleich seinen Vorfahren znr Aeit
seine gereizte Laune über diefe Sprache Vencri's kaum vcr^ der Krcuzzüge, zu einer gemeinschaftlichen Unternehmung
bergen ; die spanischen Höflinge spotteten beinahe lant über gegen die Ungläubigen zu vereinigen. Er wandte sich mit
den alten General, und Requescns, der von Philipp dem Mahnungen an die verschiedenen Fürsten Europa's, den
Prinzen beygegebene Rath, ließ in der kaum verhehlten Kaiser, die Könige von Frankreich und von Polen, und
Absicht, ihn noch mehr zu reizen, manche anzügliche Rede auch für sich selbst beschloß er, eine Flotte zu stellen und
über den Venctianer fallen. Dieser Neqncsens war ein mit der Seemacht Venedigs zu vereinigen ; zum Glück
Niederländer von Geburt, und obgleich Philipp II. von hatte er einen trefflichen Feldherr» und Admiral an Marco
den zahlreichen Unterthancn seines Ungeheuern Reichs diese Antonio Cvlonna, ans einer uralten römischen Gibellincn-
Nation am wenigsten liebte , so hatte doch der Baron von familie. Aber was vermochte diese kleine Seemacht gegen
Requesens nicht nur diesen Widerwillen seines Königs zu die siegreichen Türken ! Es war der Beitritt eines Für
überwinden, sondern auch seine Gunst in einem hohen sten nöthig, der neben andern großen Streitkräften auch
Grade, nnd so gut es bep einem Despoten möglich ist, zu Schiffe hatte. P h i l i x p II. von Spanien, der mäch
gewinnen gewußt. Da er von Jugend auf aus seinem tigste christliche Monarch damaliger Acit, hatte als Herr
Vatcrlandc weg und auf einen fremden Boden, a» die argli- von Sizilien und Neapel und von dem Hcrzogthum Mai
siigen Höfe Italiens und Spaniens verfetzt war, fo hat land, das wichtigste Interesse bev der Frage. Ihn wollte
ten sich die Tugenden , die man sonst seiner Nation zu der Pabst zur Theilnahme an dem Bunde bewegen. Die
schrieb, zum Gcgenthcil verkehrt, und nur das Phlegma spanischen Könige waren von jeher als gehorsame Söhne
seines Volks war ihm geblieben, das ihm bep Unterhand Petri berühmt, und Philipp stand hierin seinen Vorfahren
lungen nützlich seyn mußte, wo, alle Leidenschaften bep in Nichts nach ; in diesem Falle forderte der Pabst ohnehin
Seite, nur das offene oder geheime Interesse seines Herrn nur das, was fein eigener Vortheil erheischte. Allein an
gelten durfte. dererseits haßte Philipp die Venetianer alö seine Gränz-
Im Jahre i5«« bestieg Selm,, Sohn Solimans II., Nachbarn vom Milanesischcn her, und «ls Gegcnkänipfer seiner
den Thron der Osmanen. Im Uebrigen seinen Vorfahren ehrgeizigen Plane in Italien , er sah die Niederlage der
ungleich, wollte er wenigstens im Wassenruhm ihnen nach venetianifchen Seemacht im Mittelmccre mit geheivicr
eifern. Rhodus, Candia, Ncgroponte, ganz Mvrea war Schadenfreude , ja wenn es olmc Schaden für ihn gesche
von seinem Vater erobert worden. Im griechischen Meere hen konnte, hätte er ihre ganze Marine vernichtet ge
gehorchte mir noch Svpcrn der Re-ublik Venedig. Mit wünscht, um dann ungehindert seine gierigen Hände ge
einem furchtbaren Heere von 2ln,,m,o Mann ließ nun gen das schutzlose vcnetianischc Gebiet in Italien auszu
Sclini diese Jnfel durch feinen Fcldherrn angreifen ; die strecken. Die vorliegenden Umstände schienen ihm eine
kleinen Plätze wurden schnell genommen, aber die wichtige gute Gelegenheit zu Erreichung dieses geheimen Plans dar
Festung Famagosta leistete einen langen und hcldenmürhi- zubieten. Denn die vcnctianische Seemacht mußte, so wie
gen Widerstand unter dem Proveditvre Marco Antonio er seinen Beitritt erklärte, gekheilt werden, weil ein Theil
Bragadino. Nach cilf Monaten fiel auch diese Feste ; alle in Cvpern im Felde gegen die Türken bleiben mußte, wäh
Christen wurden ermordet, der brave Kommandant, gegen rend die andere geringere Halste sich mit der Flotte deS
das Völkerrecht nnd die Kapitulation, schenkt, und nun Pabstes und der scinigcn unter seinem Oberbefehl, und
stand nur noch Nikosia. Die Republik Venedig schwebte dieser war ihm schon angeboten, vereinigte. Wenn er es
in der größten Gefahr, denn wenn diefe Insel genommen nun durch Winkclzüge und unter scheinbaren Vorwände»
war, durfte man nicht zweifeln, daß die Türken ins adria- dahin zu bringen wußte, daß die gcmeinschafklichr Unter
nebmung der drei vereinigten Geschwader gegen die Türken Seit zu geit wirft der Haznadae oder Schichmeister, der
so lange hinausgeschoben wurde, bis Nicosia erobert war, vorangeht, einrge Paras unter die Menge, um sie von
was ohne Vernichtung der vcnetianischen Seemacht in den der Freigebigkeit des Herrschers zu überzeugen. Janitscha
Gewässern Cvperns nicht geschehen konnte, so blieb ihm ren gingen früherhinken her ; jezt versehe» die ncucnTruxxeii
immer Zeit genug, die Türken anzugreifen, an deren Be diesen Dienst. — Erschöpft von Genuß, vielleicht verfolgt
siegimg sein Stolz nicht zweifelte, nnd die übrige Hälfte von Gewissensbissen, laßt er zuweilen Zwerge vor sich kom
der venetianischen Schiffe mußte mithelfen , an seiner ei men, die zu seiner Belustigung im Pallast unterhalten
genen Größe zn bauen. Dann aber, nach der erwarteten werden. Ihr groteskes AnseKen und ihre Affenstreiche
Besiegung der Türken, stand das geschwächte, seiner In entreißen ihm zuwellen ein kacheln, aber den größten
seln nnd seiner Schiffe größtentheils beraubte Venedig sei Theil beS Tages bringt er in Sckweiqen und Nachdenken
ner Macht bloß. zu ; Stumme sind ihm zur Seite und bedienen ihn bey
(Die Fortsetzung folgt.) , der Mahlzeit. Wie wunderlich muß es an einem Hose
aussehen, wo Bildnngsfehler, Verstümmelungen und Ge
Skizze» au« Konstau tinopel. brechen dem Monarchen Wesen nahe bringen, „ee klägliche
Der Sroßherr. Opfer seiner Tyrannen sind !
Der Titel des Großherrn lautete von jeher folgen
dermaßen: ^Jch, der ich durch die Fülle der unendlichen Zur Kultur» und Sittengeschichte des scchszchu,
Gnade des Allerhöchsten und die segensreichen Wunder ten und siebzehnten Jahrhunderts,
des Ersten der Propheten (er sev feverlich gegrüßt, fo Eigenbändige Resolutionen des Herzogs Friedrichs I.
wie seine Familie und seine Gcsäbrten) der Sultan bin von Württmverg.
der glorreichen Sultane, der Kaiser der mächtigen Kaiser, Den zz. Juli 15«». Albert von Anwevl bittet um
der Ercheiler der Kronen an die, so auf den Thronen Urlaub seinen Schwebr zn besuchen.
filzen , der Schalten Gottes auf Erden , der Diener der ««»«Illlio L»?eni«5imi. Wenn einer Naht will sevn,
zwcy erwnchren, erhabenen Städte Mekka und Medina, so heißt nicht stettigs spazieren. Duhns also nicht.
der ehrwürdigen, heiligen Orte, wo alle Musclmanncn t5W. ?K«M« ck, 7Kom«»i, ein Penctianer, Astro-
ihr Gebet opfern, Beschützer und Herr der heiligen Je log und Distillator des Herzogs, bittet den Herzog, ihm
rusalem, Beherrscher der drev großen Städte Konstanti- nnd seinem Bedienten noch vor des Herzogs Abreise einen
nopel, Adriunopel nnd Brussa, fo wie von Damaskus, Rock machen zu lassen und etwas Geld zu reichen.
dem Gerüche des Paradieses, von Tripolis, Syrien, Sgvxtcn, N. 8. Man kkan nicht Einem nach seinem Begedr
durch Schönheit berühmt, von ganz Arabien, Griechen nffwischen, wie er wil, hatt bißhcr Zeit genug gehabt,
land, den Barbareskcnstaaten u. s. w. u. s. w. ; Besiüer wart biß ich wieder khomm.
vieler Festungen, deren Namen zu nennen und zu preisen Den S2. Jnni tttu». Verantwortung des Baron von
überflüssig; ich, der ich das Heiligthum der Gcrechtigke«r bin, Limpurg wegen der Beschuldigung, daß er mit dem
und der König der Könige, der Mittelpunkt des Siegs." Prinzen Johann Friedrich auf einer Reise allerhand
Dieser prahlerische Titel steht an der Spitze aller kaiser Ungebührliches geredet, und den Sohn gegen den Vater
lichen Verordnungen , und selbst der Verträge mit frem aufgehezt habe; durch Anbringen des von Bouwinghausen.
den Mächten. K ». Auf biß Anbringen khönncn wir nns nicht an
Die Hauxtzüge in Mahmuds Charakter sind neben ders resolviren. Es mag unser Diener Einer, der sev
Hartnäckigkeit und Kühnheit , wofür die rücksichtslose wer da wölk , niisern, söhn ratben oder nicht — (ausge
Vertilgung der Janitscharen zeugt, gränzenlose Habsucht strichene Stelle); denn wir lassen uns im Bart nickt
und Grausamkeit. Der Bexspiele seiner Wuth, beson grüble», wer es versteht, der lasse es ihm gesagt sein. Diß
ders gegen die Najas, in deren Blut er jene beiden kommt von uns und nicht von Einem Doktor. Wir siste»
Leidenschaften zugleich sättigen kann , sind nnr allzuviele nicht da, daß wir thun müssen, was unser söhn wil oder
bekannt. Wir führen hier nur einige Züge aus seinem seine nngereckte Anstiffter, sondern was recht und vcrant-
Privatleben an : wonlick ist ; datev lassen wir uns finden.
Wenn sich Mahmud in die Moschee begibt, begleiten *) Aus den würtcnidergischcn JaKrbüchcrn 18?«.
ihn seine Liktoren, die meisten Pallastbeamle», nnd über Korresxonde uz- Nackrichten.
fünfzig Jchcgians oder Pagen; diese gehen zu Fuß nnd Berlin, Jan««.
tragen große w.'iße Federbüsche ; sie umgeben sein Pferd, Im vorigen Jabrbundert , wenn der erste Januar nach
und verbergen es, so daß der Sultan nur bis zur Brust geräuschvoller Svlocsternacht erschienen war, rasselten durch
alle Straßen die Wagen, die mir immer in der ganzen Stadt
aus der blendend weißen Wolke der Federbüsche hervor kennte,! ausgeo ieoen werden, schneller oder langsamer, xe nach
ragt. Das Volk stürzt achtungsvoll nieder, und von dem sie Fuhrleuten oder Herrschaften zugchbrtcn. Wer mit
Verwandte», Fr«md», Sin«er» oder Vorgesehen in Be Schmerzen, matter Leidenschaft, kranker SemütWchkeit ge»
rührung stand, fühlte sich verpflichtet sein«, herzliche» oder flüchtet, uud macht dennoch die Prätension, die wahrhafte
höflichen Glückwunsch persönlich abzustatten; und in jeuer Wirklichkeit, die höhere Welt, de» eigentlichen Lebensinhalt
Z it wurden die Gesetze der Höflichkeit für eben so wichtig ge auszudrücken ; oder sie will mit forcirtem Tobe» , rauschender
halten al« die de« Lonbrechts oder jede« andern Gesetzbuches ; Gewalt, festlicher Pracht a«e« Große nud Kräftige feyern,
,,se» höflich," dieß Gebot der Geselligkeit wurde eben so Hochs und kommt dennoch, weit entfernt, in der That so HohcS zu
geachtet all das bürgerliche Verbot: „du sollst nicht sichle»." leisten, nur dazu, die Hörer zu betäuben uud ihucn Hören
Das jetzige Jahrhuudert aber hat sehr von dieser Strenge nach? uud Sehen pergehen zu lassen.
gclasse». Jeder kann jezt seine Höflichkeit zu Papiere bringen, (Die Fortsetzung folgt.)
und sich durch seinen i» Kupfer gestochenen Namen rcpräsenti-
rcn lassen. Und dennoch ist auch diese Repräsentation den Ber: Paris.
linern noch zu unbequem, und sie habe» für die Rcujaiirsgra- <Fertseyung.)
tulationcn das Auskunftsinittel gefunden, sich durch eine« Auf den BoulevardStKeatern hat man übrigens auch die
freiwilligen Tribut, den sie der Armenkasse zahlen, von der Gewandtheit, daß man die herrschende Stimtnung des Volk«
Befolgung der Hdflichkeitsrcgeln loszukaufen. Nach diesem bcnuzt , und aus den Zeitbegebenheite» zuweilen solche wählt,
schon ziemlich allgemein gewordenen Prinzipe lieffe sich jezt die die da« Gemüth der Pariser ansprecheiu So ist in den lezten
Unhbflichkeit von der Injurie so unterscheide» , daß man für Jahren die Theilnahme an den, Kampf und den Lcideu der un«
die eine freywiMg, für die andere gezwungen zahlt. Die glücklichen Griechen allgemein geworden, und sie hat sich in
Wohlthätigkeit steht nun im Dienste ber Bequemlichkeit , und Frankreich hinreichend durch die vielen milden Bevträge ge
grob wäre nur der, welcher sei« Recht zur Unhbflichkeit nicht äußert, welche den verfolgten Christen im Osten gespendet
durch Annenkassenguittungen nachzuweisen wüßte. Mit Reifrock, worden sind, uud welche von de« angesehenste« Frauen in Pa
Perrückc und K«l>it t>»»?«i« ist die Alleinherrschaft der Höf: ris und in de» andern Städten Frankreichs eingesammelt wor
lichkcit vom Throne gestürzt , und mehr ober weniger kann die den waren. Nim sucht und liebt aber der Franzose auf der
jetzige Generation weder die Zeiten der Sansculotten noch die Bühne Anspieluuqeu auf dasjenige, was ihn im öffentlichen
der deutsche» Ironie «nb göttlichen Genialität und Grob? Leben bewegt. So waren denn auch schon manche Erwälnuin-
heit verläugnen , in welcher Höflichkeit Staatsverbrechen oder gen des hcldenmüthigen Kampfes der Griechen gegen ihre ro
Zeichen von niederer und philisterhafter Gesinnung war. Der hen Unterdrücker in neuen Schauspielen vorgekommen, nnd
Enist der Zeit hat theils zu hohe und tiefe Interessen angeregt, das Trauerspiel ,.Le«,idas" ans der ersten Nationalbülnie ver«
als, dag die Geselligkeit und ihre Rechte alS das Lezte gelten dankte eben dein Umstand, daß es eine Anspielung auf den Heu«
könnten , tbeilS sind wir so gänzlich znr Hcrzensatvniistik tigen Kampf der Griechen war, einen großen Thcil des rau
und leersten Selbstgenügsamkeit eingeschrumpft , daß jeder die schende» Beufalls, der diesem neuen Stücke gezollt wurde.
weiteren Kreise gemeinsameren Lebens in das Eeutrum seines Das Volk mußte nun auch seine Griechenstücke haben ; dafür
eigenen JchS zusammenzieht. Lächerlich aber ist die Feigheit ist denn in diesem Winter von de« Dichtern der Boulevards-
der Berliner Ncujahrsgvatulanten, nicht offenherzig zzi gestehen, tkcatcr hinlänglich gesorgt worden. Der Oieque vl^mpi^u«
wir wollen nicht länger höflich sepn , um ihr klopfendes Ge gab „Irene." und das Theater der ?«rte L«. >I»r,in die
wissen damit zu beschwichtigen , daß sie, wenn zwar als grob, „Uebergabe Parga's." Erstcrcs Stück ist ganz aus dem jetzi
doch wenigsteus alS gntinüthig und gemeinnützig erscheine». gen Bcfreyungskriege genommen ; unter Irene soll die Heb
Aber wir sind noch mit einigen Sünden und edle» Werken des bin Bobelina angedeutet werden. Es scheint, die Dichter haben
alten Jahres im Rückstand, und wollen, ehe wir weiter schrei nicht die Enaubniß erhalten können , bie Personen bey ihre»
ten, uns erst von dieser Schuld befrcuen. wirkliche» Name» zu nenne»; dieß ist aber auch der einzige
Zu den Sünden möchte die Aufführung der Wolffranischen Zwa>!v, der ihnen aufgelegt worden ist; die Türken kommen in
«bezauberten Rose" zurechmn scyn. welche ihren Gajanterieladen- dem Stücke schlecht davon, und das Volk freut sich außeror
buft nicht hätte auf der königlichen Opernbühnc verbreiten sollen, dentlich über den Ausgang. Die „Ucbergabe Parga's" hat
während so viele andere köstliche Blumen hinter den Konlisscn ver auch in eine andere Zeit versezt werden müssen, allein mit
dorren müssen. Unser Publikum ha« durch den geringen Beyfa«, Ausnahme dieses Anachronismus ist das Stück so zu sage«
den cS spendete, bewiesen, baß, wenn eö sich zwar von Weber- reiu historisch ; den besten Effekt macht der Abzug der Pargioten
schen und Spohrschen Melodien entzücke« läßt , es dennoch ein mit den ausgegrabenen Gebeinen ihrer Väter. So etwas mun«
laues, schwaches, tändelndes, sentimentales, sehnsüchtclndcs der dem Volke, da? daher auch tüchtig klatscht und jauchzt. In«
Gemisch derselben, von einigen Sponkinischcn musikalischen dessen fehlt es dein lcztcrn Stücke doch an manchem , und die
Gewittern durchblizt, für nichts weiteres hält als für den Dichter haben etwas zu sehr «nf das Interesse des Stoffes ge
Versuch eines Komponisten , der es wohl immer bc»m Verfti- rechnet. Irene, im Oirqu« Ol^ropique, ist besser angslegt,
chcn wirb bewenden lassen. Herr Gehe , der Znsaiiunenscyer oder wenigstens mehr für die Siune dargestellt, was be«
des TcrteS, hat auch diesimal , wie bcn der „Jcssonda," seine einem Schaustücke fürs Volk eine Hauptsache ist. Ain neuen
sonderbare Mcymmg geltend gcmaait, alS sey ein in Musik Jahre zälilte ein Pariser Journal alle die verschiedenen Unfälle
zu setzendes weibliches Gcmüth nichts al« ein leeres, «»schuld und Begebenheiten auf, welche sich bey den vielen Tbeateru in
volles Lächeln, oder ein Seufzer, ober ein Wicsenblümchcn. dieser großen Hauptstadt im Laufe deS Jahres zugetragen ha
genährt von Wasser «der dem Tbräncnthau eines schmachtenden be», als den Brand des ^mdi^u oomicj»«, daS Entstehen ei
Liebhabers. Ehe die Musik sich nicht wieder eines tüchtigen ner englischen Bühne , den Tob einiger Schauspieler und
Inhalts bemächtigt, ehe wiich sie sich nicht wieder a»S der Schauspielerinnen , uud dann eine Menge von Prozessen der
Schmach erbeben , in welche jetzige Komponisten und Dichter Schauspieler gegen il're Direktor«? oder der Sigentln'uncr ber
sie immer tiefer hincin'nzicken mit allem Eifer bnnübt sind. Theater unter einander. Unter diesen Tlieaterbegebenheiten
Während es sich in der «irklichen Welt des Staats , der Kir komme» denn auch einige Privatumstände vor: z. B. die Flucht
che , der Wissenschaft gegenwärtig um die l'dchstcn Interessen der Prima Donna an der großen Oper, der Dem. Eint,.
handelt, hat sich die Musik auS diesem vollen Leben KerouS (Der Beschluß folgt.)
in die Einsamkeit leerster, plattester Empfindung, süßlicher Beyloge: Lireraturblatt Nr. is.
Verlegt von der I. G. Cotta 'schen Buchhandlung.
M o r g e n b l a t't

f ü r

gebildete Stände.

Mittwoch, 20. Februar 182 8.

Sche» tritt der Fuß auf dm ersehnten Strand;


Noch glaubt evs kaum , er ist im Wunderland,
Rae ine.

Reise nach Nubien, Herten wir uns dem Hafen, und eine kleine Barke, dt,
von F. C. Sau. "1 bald von den Wellen verschlungen schien, bald sich wieder
Wir verließen Rom im April t«t3, und nach einem auf der Höhe derselben zeigte, ruderte mühsam unserm
Aufenthalt von einigen Wochen in Neapel schifften wir Schiffe zn. Es war das Boot des türkischen Lootsen, der
uns am l l. Juni auf einer Brigantine nach Mcssina ein. unsere Einfahrt in den Hafen bewerkstelligen sollte. Die
Wir segelten sodann aus dem Hafen von Syrakus nach prachtvolle schönfarbige Kleidung des bärtigen Muselmanns,
Malta , und von dort nach Alerandrien in Aegvxten. dann die fremden Züge der braunen, bevnahe villig nakten
Beym Anbruch des eilften Tages unserer Fahrt erblikten Ruderer, imContrast mit den beweglichen grünen Wellen,
wir, von der aufgehenden Sonne erhellt, die ersehnten gewährten ein malerisches fremdartiges Bild. So fonder-
Küsten Aegvptens. Der erste Anblick derselben macht ei bar es scheinen mag, so erinnerte mich doch der erste An
nen sehr unerfreulichen Eindruck, der das Bild, das man blick der Straßen und Häuser von Alerandrien lebhaft an
sich von dem fruchtbarsten Lande der alten Welt, von der Pompeji. So verschieden nun auch das öffentliche Leben
Kornkammer Roms , gemacht hat, auf eine unangenehme der Alten ^>on demjenigen der Muselmänner war, insofern
Art zerstört : ein langes , kahles , kaum aus der Oberfläche es aus der Verfassung, der Religion u. s. w. hervorgeht,
des Meeres sich erhebendes weißes Sandufer! keine Spur so bietet doch ihr häusliches Leben viele Vergleichspunkte
von Vegetation, kein lebendiges Geschöpf! Einem verdorr- dar im Gegensatze zu den Sitten »nd dem Leben der Nord
ten abgebleichten Leichname gleich schien mir Afrika's be länder und der neuern Zeit in Europa überhaupt. Diese Ver
rühmte Küste. Unser englischer Steuermann, der den gleichspunkte zeigen sich dem Künstler besonders in der Ein
Thurm von Abukir für den Pharos von Alerandrien an richtung und demAeusseren der Privatwohnungen. So sah
gesehen, steuerte jezt sein Schiff leztercm zu, und un ich hier in der ersten orientalischen Stadt, die ich betrat,
sere Fahrt ward um zwcv Tage verlängert. Endlich nä- wie dort in Pompeji , unregelmäßige, enge Straßen mit
5) Das große Kupftrwerk über die Altertbümer Nubiens: Trottoirs, kleine niedrige Häuser ohne Dächer, große leere
„Neu entdeckte Denkmäler von Nnbien an den Ufcni des Nils, Wände , wenig durchbrochen, und kleine Fenster mit künst
von der ersten bis zur zweiten Katarakte , gezeichnet und ver lichen Gittern verschlossen, Klostergebäuden ähnlich. Durch
messen im Jahr 1 8 1 9 von F. C. Gau aus Kdln , in l Z Lies niedrige Thüröffnungen erkannte ich den innern Hofraum,
ferungen" das nun mit der dreyzelmtcn Lieferung geschlossen ist.
ist den Kunstfreunden bereits bekannt. Die Reisebeschreibung, die Vorhalle der Wohnung. Nur fehlt das reinlichePssa-
die wir hier nnttheilen , ist ein Auszug aus dein Journal des ster, die Wände sind nicht übertüncht und von Malerey findet
Reisenden. T. Red. sich keine Spur ; dagegen sieht man die schönsten Kostüme
i?4
im prächttgsten Farbenglanze, wahre lebende Gemälde. schaft, fo wie das Aeussere der zahllosen Menge von Dir-
So stieg mit jedem Schritte das Interesse, und kaum ge ' fern an beiden Seiten des Nils war auf der ganzen Reise
dachte ich der Ermahnung , jede Berührung mit den Sin- so ziemlich gleich. Flache niedrige Ufer, unübersehbare
geborne» sorgfiiltig zu vermeiden , weil die Wuth der zer Felder, durch nichts begränzt; dann Palmbaume und ewig
störende» Pest noch nicht aufgehört hatte. Mit meinem Palmbäume, «ls einzige Zierde der einförmigen Gegend.
Zeichenbuch« und ein paar Piaster» Taschengeld versehe», (Die Fortsetzung/ folgt.)
zog ich bald bewaffnet ins Innere des Landes , der Haupt
stadt zn. Des Weges unkundig, schloß ich mich einer ara
bischen Karavane an, die nach Cairo reiste. Der Zug Die Schlacht von Lepanto.
ging durch eine von Palmbäumen harsam belebte Saud (Fortsegmig.)
wüste, und nachdem wir bep einer Bretterhütte einen Theil So rechnete Philipp, und erklärte seinen Beitritt un
der Nacht unter freyem Himmel ausgeruht hatte» , seztcn ter der zweifachen Bedingung, daß die Leitung der ge
wir die Reise längs dem Meere fort. Die kalte feuchte meinschaftlichen Unternehmung seinem Feldherr» überlassen
Luft, der stürmende Wind, die finstere Nacht, nur vom werden, und die venetianische Flotte mit der xäbstlichcn seine
Blitze erleuchtet, dann das einförmige Getöse des gegen die eigenen Schiffe in dem Hafen von Messina erwarten solle.
Küste tobenden Meeres machte diese AN zu reisen höchst Zum Admiral ernannte er seinen Halbbruder, Don Ina» -
romantisch, aber nicht im mindesten angenehm. Bon der von Oesterreich, denn dieser hatte im Kriege gegen die
Brandung des Meeres durchnäßt und von Kälte erstarrt, Mauren in Granada seine Zufriedenheit und das Wohl
war die Gesellschaft dennoch heiter. Endlich umzog ein gefallen der Nation verdient, und der Wohlstand ließ da
weißlich Heller Schein den Horizont und die Sonne, feuer her keine andere Wahl zu. Allein es war zu befürchten,
rot», mit scharfem Umrisse, ohne allen Glanz, erhob sich daß Don Juan, jung, feurig nnd ruhmbegierig, wie er
langsam majestätisch aus dem dunkeln Meere. In demsel war, trotz der erhaltenen Instruktionen, das Gewebe des
ben Bugenblick ertönte der Ruf des Führers; der Zug arglistigen Plans durchbrechen könnte, andererseits wollte
machte Halt; Teppiche wurden ausgebreitet, Füße, Hände, der Despot nicht, idaß sein Bruder sich allzu glänzenden
Antlitz im Meere gewaschen , und alles warf sich nieder, Ruhm erwerben sollte ; es war also eine Person nöthig,
in frommem Einklänge de» Morgengruß dem Schöpfer welche zugleich den Ungcstümm des Jünglings mäßigen,
bringend. Nach einer Stunde fortgcscztcr Reise machten nnd den Glanz eines Siegs theilweisc ans sich ziehen und
wir bev der Grabkapclle eines nmhamedanische» Heili durch Vcrtheilnng schwachen könnte. Zn diesem Zwecke
gen abermals Halt zum Frühstücken. Die Einladung mei wurde ein Rath von sechs Personen niedergesezt, die Don
ner Reisegesellschaft war mir willkommen , und ich genoß Jnan begleiten, und ohne deren Zustimmung er nichts un
zum erstcnmale die orientalische Gastfreundschaft. Unser ternehmen sollte; dem Prinzen wurde gesagt, es geschehe,
Mahl bestand aus Prod, Wasser, rohen Zwiebeln und Dat um ihn in seinen Geschäften zn unterstützen. Den Vorsitz
teln. Seitdem wir das Ufer des Meeres verlassen und in diesem Rathe vertraute der König Reguesens an.
landeinwärts gelenkt, war uns die Richtung des Weges Sobald der Beytritt znm Bunde öffentlich erklärt war,
durch aufgemanerteWegzciger bezeichnet, die aber, größten- was im Frühjahr 157t geschah, wurde die Ausrüstung der
theils zerstört, nur noch wenig aus dem Sande hervorrag Flotte in Cadir und in Granada mit großem Lärmen, aber
ten. In Ermangelung derselben wird eine große Erfah sehr langsam betrieben; und als sie endlich scgelfcrtig
rung und Lokalkenntniß erfordert um die Richtung in dalag, mußte sie vorerst, unter dem Verwände, sich mit
den Wüste» nicht zu verfehlen, da die eingeknickte» den genuesischen Galeeren zu vereinigen, nach Genua se
Fnßstaxfcn der Pferde und Kameclc durch den beweglichen geln, mit dem geheimen Befehle, dort wenigstens einen
Sand schnell ausgefüllt, und so die Spuren der größten Monat zu verweilen. Von da ging sie nach Neapel und
Karavanen gleich verwischt sind. Wir befanden uns nicht blieb dort wieder drei Wochen. Endlich kam sie, als die
mekr weit von Rosette, dennoch aber ward der Weg sehr Venetianer nnd Colonna schon des Harrens müde waren ,
mübsam, denn die Hitze nahm immer zu; kaum vermochte in Messina an. Die böslichen Absichten des Königs von
ick mich aufrecht zu halten, und dieser erste Versuch einer Spanien blieben den bevden andern Admirale» nicht ver
afrikanischen Reise schien mir nicht im mindesten einladend. borgen ; allein was konnte Vencri machen ? seine Repn»
Endlich entdeckten wir einige Palmbäumc nnd dunkle blik war ja der leidende, hülfcsuckende Theil; von dem
Mauerstücke, die aus der lichthellen Sandfläche hervorrag Bunde durfte er sich ohne die höchste Noch nicht trennen,
ten ; eS war die Stadt Rosette. denn dieß hieß jede Aussicht auf einen immer noch mögli
Sin Frachtschiff nach Cairo bestimmt nahm mich auf, chen glücklichen Erfolg verscherzen , also blieb ihm nichts
und nach einer dreitägigen Fahrt, den Nil hinauf, erreich übrig, als zu warten, und die Beschleunigung des Kriegs
ten wir Vulak, Hafen u,,o Berstadt von Cairo. Die Land der List Lolonnas zu überlassen , der in diesem Falle ganz
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gleiches Interesse mir der Republik Venedig hatte, »eil dem sie eine große Bciohnmlg für den Fang erwarteten,
rS dem Pabst nicht gleichgültig seyn konnte, daß durch Zer weil das Mädchen so schön war, und Ali für einen großen
störung der venetianischen Seemacht das offenbare Urberge: Liebhaber der Weiber gilr/<
»icht in Italien auf die Wagschaale Spaniens käme. Co: (Die Fortsetzung folgt.)
lonna war aber auch, abgesehen von seiner Stellung in
der Mitte zwischen den Spaniern und Venetianern, der
Mann dazu , die Sachen zum Vortheile seiner Parthei zu Pariser Anekdoten.
lenken ; denn mit einem wohlverdienten Ruf als Feldherr Man erwähnte gegen Herrn v.Pcvronnet eines Schrift
oereinigte er eine seltene Geschmeidigkeit des Geistes und stellers, der die Literatur den Ausdruck der Gesellschaft nenne.
eine undurchdringliche Verstellnngskunft, Eigenschaften, Se. Erccllenz mexnte , dieß sep ein schlechter Ausdruck.
die Veneri abgingen. So lange die vereinigten Flotten
in Messina lagen, machte er unaufhörlich Don Juan den Herr v. Vill«< sagte in .der Kammer, er autorisire
Hof, der einen so berühmten Mann natürlich gerne zu sei die kleine» Journale, so groß z« fern wie der Momteur;
nen Füßen sah, und suchte feinen Einfluß bei ihm selbst die kleinen Journale aurorisirten de» andern Tag Herr
hie und da durch gelinden Spott auf die Vcnetianer, wenn p. Vill«le, so groß zu sepn wie i,
Colbert «der Sullp.
die Spanier gerade im Zuge dazu waren, zu befestigen. Ein SouSprifekt des Departements Pas de Calais
Indessen war der obenerzählte Schritt VeneriS nicht ohne schickte an die Herrn Maires seines Bezirks folgendes
sein Vorwissen und seinen Rath geschehen, denn er wollte Rundschreiben :
dadurch die Sachen ihrer Entscheidung näher bringen, „Herr Main, Sie werden sich mit den angesehen
ohne selbst seine wachsende Gunst beym Prinzen zu ge sten Einwohnern Ihrer Gemeinde in den Haupkort des
fährden. Aber insgeheim suchte er Regnescns, den er als ArrondissementS begeben, w« Se. Majestät der König
hauptsächlichen Widersacher seinerPiane betrachtete, auf alle durchkommen werden , damit sie die Züge eines Enkels von
Weise zu bearbeiten. Aus so widersprechenden Bestand- Heinrich >v. betrachten könne»."
thcNNt war der damalige Bund der Christen gegen die Tür Die Antwort eines Maire lautete : ,^Herr Eousprä-
ken znsammengcsezt. feft, HinsichtS Ihres Schreibens vom 4. August j»27,
Aer Tag öeS Kn'egsraths kam heran, an dem über so betreffend die Jüge der Enkel Heinrichs iv., auf daß ihr«
wichtige Fragen entschieden werden sollte. Welser verlor Anwesenheit das Gefolge, d«S Se. Majestät im Hauptort
sich beinahe in diesem Treiben der Partheien, und so fand nnscrs ArrondissementS empfangen soll, vergrößere, thue
er sich mitten unter dieser Menschenmenge verlassen und ich zu wissen , daß wir in unserer ganzen Gemeinde kei
unbehaglich, denn er wußte genug von den Jntriken , die nen der berührten Sittel Heinrichs IV. haben.
um ihn vorgingen, nm vor der Entscheidung zu zittern,
die seine theuersten Interessen so nahe berührte. HerrOllivier, Landcigenthümcr, war durch dieNachrichr,
Von den Umgebungen des Prinzen war ihm Niemand er sey mit fünf-und-siebzig Ander» Pair geworden, so
so zuvorkommend entgegen gekommen, als, Colonna. Schon überrascht, daß er das Kind zu sehen »erlangte.
am ersten Tage hatte er ihm einen Besuch abgestattet, und
ihm in beredten Worten sein Beileid über den Raub seiner
Verlobten und seiner Freunde bezeugt, und zugleich von Korrespondenz-Nachrichten.
der Möglichkeit gesprochen , die Gefangenen durch einen Pari«.
(Beschluii.l
Sieg über die Türken zu befreien. An dem Abend vor Die hübsche Sängerin , Dem. CiNti , ist eine Französs»
dem für den Kriegsrath angesezten Tag kam er mit einem von Geburt , die sehr jung an der italienischen Oper aufgetre
Menschen in elender Kleidung zu ihm, der vor Welser fol ten ist , und daher einen italienischen Name» angenommen bat.
gendes aussagte : „Ich bin Galeerensklave ans dem Schiffe Ans dieser Pscuboitalicnerin ist in der Folgt eine äußnst lieb
liche Sängerin geworden, zwar ol'»e Kraft und Energie, aber
Ulichvalis gewesen, und hatte das Glück zu entwischen, «oll AnmutK und Liebenswürdigkeit» Da es der g^'ßcn
als wir vor Zepbalonia lagen. Auf unserem Schiffe waren Oper an guten Sängerinnen gebrach, so suchte man sie eben
die Gefangene», welche man auf dem Schlosse bev Agrigent falls für diese zu cngagircn , und gab ibr den Titel als erste
Sängerin mit einem Gehalte ro» zwanzig oder gar drevßig-
gemacht, und darunter zwey Vornehme und eine wunder tausend Franken , wofür sie dcm. bald an der großen Oper,
schone Dame. ES hieß damals auf dem Schiffe, Ulichyali bald ans de« italienischen Bühne singen sollte. Dieß geschah
werde jene zwe? Gefangene gegen ein hohes Lösegeld los auch wirklich, und eS fehlte ihr eben so wenig nn lebhaftem
Bcyfallc «ls a» Privatbewundcrern ; uuter leztern zeichnete sich
geben, das Fraulein dagegen für sich behalten , um sie dem besonders ei» deutscher Diplomat aus , welcher nimmer erman
Groß/ultim auszuliefern. Aber die Mannschaft des Kor gelte, so oft si« spielte in seiner Loge mit einer Art von Entzücken
saren w.ir mit diesem Plane sehr unzufrieden und »erlang il,r zuzuhören und zuzufclscn , zur großen Belustigung des Pu
te, daß sie dem Kaplan Pascha überliefert würde, von blikums, Es mag wohl eine geheime Sympathie zwischen Schau
spielerinnen und bemOorx, ck!pl«m,tlcsue vorwalten, in Paris Schriftsteller der Welt gelten , denn er Hot über die Geschichte
wsnigst«is sind sie sehr enge verbunden. Im Jahre zweyer Städte toll unserer Oktavbände geschrieben, und die
ließ aber Dem. Einti auf einmal, den Schwann ihrer Bewun scchszig Millionen Buchstaben sind wohl das »«» xlus ullr«,
derer und Anbeter flehen ober gehen", und heirathete einen was ein Mensch im längsten Leben schreiben kann. Die wich
Komödianten aus BrüM. Äe verlangte nun einen Urlaub, tigste Entdeckung aber ist das große Werk von Jbn:Kl,aldun
um mit ihrem Manne nach Brüssel zu gehen, und da ihr die in sieben Fvliobänden , da« nach Hammer gar nicht in Kon-
ser Urlaub versagt wurde , lief sie davon , zum großen Bcr- flantinopel scpn sollte. Schulz schickte auch einige pcrscpolita-
drusse der alten Anbeter, und, wie es heißt, der eben so Nische geschnittene Steine nach Pari« ; auf einem , von sehr
zahlreichen Gläubiger. So war denn die große Oper verwaist, schöner Arbeit, sinken sich merkwürdigerweise griechische Buch
ein Schicksal, das sie gewiß nicht verdient für die Frcygebigs staben von sehr alter Form , viel älter al« Alexanders ZeitaK
leit , womit sie die junge Künstlerin behandelt hatte. DieTa- ter, neben einem geflügelten Löwen/ der dem auf den großen
gcsblättcr machten sich über die Flucht der Dein. Einli ei» we Basreliefs von Pcrscpolis sehr gleicht. .
nig lustig; die Oper scheint aber Unterhandlungen angeknüpft
zu haben ; sie ist geneigt das Vergehen des verlornen SchafeS ^ Berlin , Januar.
zu vergessen, wenn eS nur wieder in den Schafstall zurückkeh (Fortsetzung.)
ren will. Wahrscheinlich sind die Anbeter und die Herrn Gläu Wir wenden un« zu einer Posse , die Ludwig Robert
biger eben so mild und versöhnbar , und so ist es wahrschein der Kdnigsstädter Bühne zum Weihnachtsgeschenk gemacht
lich, dag zulezt ein Friedensvertrag zu Stande kommen wird, bat. Schon seit Jahren hat man die immer wiederholte
der mir eben so redlichem Herzen unterzeichnet und eben so Klage hören müssen , daß die Berliner keine Lokalposscn
wenig gehalten werden wird, als manche Friedensverträge hätten, die sich den Pariser Vaudevillcs ober den Wiener Bnr,
in der Kochschcn und Martcnsschen Sammlung. lesken an die Seite stellen ließen ; denn baß man im „Stünd
Dg. chen vor dem Potzdamer Thor/' Gott sey Lob und Dank nicht
-? in Berlin, sondern vor dem Thor sey , fällt bald in die Augen.
Paris. Andere Possen hatten zum allciniacn Gegenstand reichgewordcne
Schulz, Professorin Gießen, Mitglied der asiatischen > Handwerker , welche vornehm tliun wollen , und sich dennoch
Gesellschaft zu Paris, »trat von Paris aus im Sommer 1326 von ihren frühere» Sitten , ihrer Berliner Sprache nicht los
eine literarische Reise nach Asien, namentlich nach Persic» an. sagen können. Jeder hatte diesen stets in anderer Gestalt wie
Seine Briefe an St. Martin in Paris aus Koustantinopcl derkehrenden Inhalt zur Genüge gesehen, und man erlaubte
enthalten manches Interessante. Nur mit großer Mühe ge es nur, diese Berliner Gemeinheiten immer von Neuem wie,
lang eS ihm, Katalogen über die in verschiedenen Bibliotheken der aufgetischt zu sinken , weil die Posse Lokalität «erlangt,
befindlichen Manuscripte zu erhalten; der Zeitpunkt war nicht und doch nicht Jeder nach Paris ,uid Wien zu reist» Lust hat.
günstig , die Regierung mißtrauischer als je gegen die Fran Wir müssen es daher Herrn Robert Dank wissen , daß er in
ken ; ein Firma» hatte allen Buchhändlern verboten einem seinen „lebenden- Wachsfiguren" einmal zu zeigen verstanden
Nichtmusclmann Manuscripte zu verkaufen, und der RciSeffcndi hat, daß auch noch andere Berliner Lvkalintcrcsscn sich zur
dem Dragoman der französischen Gesandtschaft die Bitte, Schulz Possierlichkeit eigneten. Aber ihr Kreis ist im Ganzen nur
die Moscheen zu dffnen , rund abgeschlagen ; endlich aber ver klein ; will man die Tabagicen u. s. f. verlassen, so bleibe» für
schafften ihm die Empfehlungen mehrerer Ulenias , mit denen die Berliner «ls Angelegenheiten ihres öffentlichen Leben« nur
er bekannt geworden war , und die ihn mit Höflichkeiten über noch das Theater, und die Rrcenscntengcfcchte in kritischen
häuften, Eingang in die reichsten und schönsten Bibliotheken. Blättern mib den behden Zeitungen von Staats- und Gelebr-
Wenn er sich hier über etwas zu beklagen hatte, so war eS tensachen übrig. Alles waS hier Stoff zum Lachen geben kann,
über die lästigen Höflichkeiten , mit denen man ihn überhäuf hat der Dichter zusammengefaßt, und launig, treffend, oft,
te . fo oft er in seiner türkischen Kleidung für einen Franke» wie er es pflegt, epigrammatisch fein zugcspizt, oft, mit Berück
erkannt wurde. Es ist, sagt er, entsetzlich abgeschmackt, wenn sichtigung seines Publikums, handgreiflich hingestellt. Aber so
man die Einwohner Konflantinopels für so intolerant und wenig wissen die Berliner selbst, was in diesem ihrem einzigen
fanatisch hält, als die europäischen Zeitungen sie darstellen; öffentlichen Lebcnskreise vorgeht, daß be« der ersten Aufführung
man kann diese hier nicht lesen, ohne sich durch die absichtliche manche beklatschcnswerthe Späße eindruckslos vorübergingen.
Entstellung aller hiesigen Vorfälle seit zwc» Jahren empört Der Inhalt der Posse ist kurz der, daß die Krähwinklcr in
zu fühlen. Be» Abgang feines Briefs hatte er drevßig Biblio einer Bnde als harrendes , trommelndes Publikum siyen , um
theken besucht; er hätte Monate gebraucht um nur die Ka Gruppe» von Wachsfiguren zu sehen, die ein fremder Künfl,
talogen aller daselbst befindlichen Manuscripte abzuschreiben; lcr, um Professor der Aesthetik zu werden, vor ihnen ausstellt.
seine Hauptaufmcrksamkeit richtete er dcswalv auf die Geschicht- Der Bürgerincistcr kömmt mit cinci» Kritiker aus der Resi
schreiber. In diesem Fache entdeckte er kostbare Werke , die in denz; der Vorhang rollt empor, und be» Erklärung der ver
Europa selbst dem Namen nach noch nicht bekannt sind, oder allge schiedene» , thcils bewegten , theils unbewegte» Gruppen wer
mein für verloren gelten, und er -hat nun einen türkischen den nun alle Blossen thcils der Theatcrdircktion , thcils dcS
Katalog über die historischen und geographischen Werke in Publikums durchgenommen , die «UcS verschlingende Opcr , das
scchszehn der Hauptbibiiothckcn zusammengetragen. Daneben Ballet , welches Tragödie und Schauspiel unlcr seine Füße ge
machte er Auszüge aus vier, in Europa unbekannten Ge- bracht hat; besonders die Rossiniadcn kommen schlecht weg ; der
schichtschreibcrn. Besonders merkwürdig sind die kolossalen ara Streit der Tagesblättcr , die sich in den Haaren liegen , wirb
bischen Werke von Jbn-Asakir und Jbn-Adim über Damaskus bildlich dargestellt, an die Realinjurien, welche ein berlinissr-
und Alcppo. Jbn-Asakirs Werk besteht au« cilf Foliobändcn, ter Witzbold hat erdulden müssen , crinnert ; das Publikum ju
und nach einer Berechnung aus wenigstens S2,»W enage- belt und lacht, der Kritiker draußen schreit, erklärt, verwirrt
schriebcncn Seiten, einer Million Linien, und zg bis 6l> Mil und versteht selbst nicht was er sagt ; die Krähwmkler klatschen,
lionen Bltthstaben. Demnach kann dieser Araber, abgesehen und das Ganze nimmt ein vergnügliches, aber mattes Ende.
von seinen andern Verdiensten , für einen der fruchtbarsten (Die Fortsetzung folgt.)

5 Verlegt von der I. G. Cotta 'scheu Buchhandlung.


M o r g e n b l a t t

fS r

gebildete Stände.

Donnerstag, 21. Februar 182 8.

Zwar viel für die Gefahr, mehr für die Mühe,


Doch wenig nur ist für den Ruin» gethan.
Nicht« für den Zweck, ob hier da« 5zeer verzieht.
Ob anderswo sich bssne seine Bahn.
Was Hilsts, daß hier Suropas Kraft »erglühe ?
T«ss,.

Die Schlacht von Lcpantv. ihm seine Liebe für Such ein neuer Beweggrund sevn, den
Angriff zu beschleunigen." Welfer war zu bewegt, um-
(Fortscyung.) Lolonnas Absicht zu durchschauen ; er sah nur seine Octavia
Kaum konnte Wels« seinr Fassung nothdürftig zusam in dTr Gewalt eines zügellosen Türken. Er theilte die
menhalten; erfragte den Sklaven nach taufend Dingen, erhaltenen Nachrichten Don Juan mit, auf den sie sicht
aber feine Aussagen liefen immer wieder ans das schon baren Sindruck machten, und der ihn bat, wegen des Er
Gesagte hinaus. Colonna begann nun gegen Welser: folges ruhig zu feyn, denn die Abfahrt der Flohe fey nicht
,.W«s der Sklave von dem Plane des Corfaren und mehr entfernt.
den entgegengesezten Wünschen der Mannschaft gesagt hat, Der folgende Tag war der Termin, an dem über
ist mir nach meiner Erfahrung sehr wahrscheinlich; ich den Verlauf des Krieges und vielleicht über das Schick
glaube nicht, daß der Corsar die Gefangene gegen den sal Venedigs entschieden werden sollte. Veneri und Co-
Willen feiner Leute wird behalten können, fondern daß er lvnna hatten vorher den Antrag gemacht, daß an dem
gezwungen feyn wird, sie dem Kapudan Pascha zu über Morgen vor dem Kriegsrath Heerschau und ein feierlicher
geben; aber andererseits wird auch dieser, wenn einmal Gottesdienst gehalten werden sollte. Aber die Spanier
Ulichvali erklärt hat, daß die Gefangene für den Großherrn durchschauten die Absicht der zwei Admirale, welche dach
von ihm bestimmt fey , keine freien Hände haben ; er wird ten, daß der Obergeneral nach einem so öffentlichen Schritte
nichts thun können, als sie so lange bei sich zu behalten, bis den Krieg nicht mehr werde hinausschieben können, und
er sie dem Großherrn selbst einhändige» kann. In sofern lehnten den Antrag ab. Um die vierte Stunde nach Mit
nun halte ich diese Nachricht für günstig für Such, denn tag sollte die Versammlung beginnen. Gewisse Gefühle
wir sind nun gewiß, daß sie sich auf der türkischen Flotte von der Wichtigkeit der zu erwartenden Entscheidung hat
befindet; wenn wir jezt auslaufen und die Türken besiegen, ten sich selbst unter dem großen Haufe» des Heeres ver
so ist Eure Verlobte gerettet. Kommt aber der Winter , breitet, und eine Menge Soldaten, besonders Venetia-
ehe wir etwas unternehmen, fo vertheilen sich die Türken ner, umringten an diesem Abende den Pallast, ängstlich
in ihre Quartiere, der Pascha wird diese Zeit benützen, und erwartnngövoll auf den Erfolg harrend. Die Vene-
um seine Gefangene dem Großherrn zu übergeben , und tianer sprachen zuerst; nach ihnen handelte es sich nicht
Octavia ist aufimmer für Such verloren. Doch dieser leztere darum, ob man gegen die Türken auslaufen, sondern darum,
Fall wird nicht eintreten, denn der glorreiche Prinz wird wo man sie aufsuchen müsse ; der gegenwärtige Zeitpunkt
unfern Sieg nicht länger hinausschieben, und gewiß wird sep aber auch der günstigste ; die Verzögerung, am Ende
i?8
die Vereitlung des Unternehmens würde dieses mit so vielem schehen, damit diese Lezteren bevm Bunde beharren; denn
Gepränge vereinigte Heer und seine Führer zum Gcspötte schon jezt hat unsere Unthätigkeit Folgen gehabt, die nicht
der Welt machen, und könnte Venedig zwingen, seine lezte nur zum Schaden Venedigs, sondern auch zum großen
Hülfe r» einem verzweifelten Schritt zu suchen. In glei Nachtheil Seiner Majestät des Königs von Spanien, so
chem Sinne, nur mir mehr Mäßigung, sprachen Colonna wie meines eigenen Gebieters gereichen. Wir wissen seit
und die pöbstlichen Offiziere ; als aber die Reihe an die einigen Tagen , baß die Bank von S. Marco wegen der
Spanier kam, lautere es ganz anders; da hörte man von niederschlagenden Nachrichten aus Cypern und der langen
zu fürchtenden Hcrbststürmen und Schiffbrüchen , von der Unthätigkeit dieser Flotte auf dem Punkte steht, ihre
Nothmendigkeit, einen Transport von Lebensmitteln zu Zahlungen einzustellen , was zugleich den Ruin , oder we
erwarten, und den ermüdeten Ruderern noch mehr Ruhe nigstens ungeheure Verluste der Banken von Genua, Ant
zu gönnen, und Reguesens schloß damit, daß er darauf werpen und Cadir nach sich ziehen , und dadurch Seiner
drang , man müsse erst auf Kundschaft aus Morea warten, Majestät dem Könige von Spanien großen Schaden zu
weil man nicht wisse, wo die türkische Flotte liege, denn fügen muß."
nach Cypern, das zu weit entfernt fey, könne man ohnehin (Die Fortsetzung folgt.)
nicht segeln, weil man dann der andern türkischen Flotte
Sizilien und Italien Preis geben würde. Cvlonna griff
lezteren Grund begierig auf, und sich gegen Don Juan Reise n a ch . N u b i e n.
wendend, sagte er: „Ich erwarte heute noch sichere Nach (Fortsetzung.)
richten über den Ort, wo die Türken sich befinden, nnd Die Umgebungen von Cairo zu beschaue», stieg ich auf ei
bitte daher den Obergeneral, die Versammlung bis auf nen hohen Schutthaufen. Nichts ist herrlicher als dieser An
morgen zu vertagen." Die Uebrigen unterstüzten diesen blick; wenige Orte würden einen Vergleich damit aushalten.
Vorschlag; die Mitglieder des Raths konnten Anstonds Neapel mag reizender, Eonstantinopel großartiger sepn, an
halber nicht dagegen sprechen, nnd Don Juan sezte die Mannigfaltigkeit und Interesse steht das Pa n o ra m a von
Entscheidung auf dm kommende» Tag fest. So dauerte Cairo, von diesem Punkte aus gesehen, keinem andern
die Spannung noch einen tödtlicken Tag länger. Co- nach. Vier sich aneinander reihende Hauptgemälde, wovon
lonna Hütte auf den leztern Einwurf, den Reguesens jedes an Charakter und Gehalt von dem andern verschieden
machte, gleich mit einer bestimmten Antwort Bescheid ge ist, bilden das ganze Panorama. Nördlich die Vorstadt
ben können, denn er hatte bereits sichere Nachricht, daß Bulak mit dem .5afcn nnd tausend Schiffen und dem gol
der Kapudan Pascha in Lepanto liege, aber er drang mit denen Nil, in vielfachen Krümmungen zwischen grünen
gutem Bedacht auf Verschiebung, weil er sah, daß die Ufern sich hi^'indend; dann als zweites Bild gegen Auf
Spanier nicht hinlänglich bearbeitet, noch durch die ziem gang eine unübersehbare Ebene, von dem ausgetretenen
lich unverholeneDrohnng Veueris, den Bund zu verlassen, Flusse überschwemmt, einem Meere gleich, anö welchem
so mürbe gemacht feyen, wie er gehofft hatte. Er be- hochgelegene Dörfer unter dem Grün der Palmen, schwim
nüzte den Rest dieses und den Morgen deS folgenden Ta menden Inseln ähnlich, hervorragen. Durch eine leichte
ges, um beide Parthcien zu bearbeiten. Reguesens er Erhöhung des Bodens schließt sick als drittes Bild die An
klärte er, die Venetianer frven entschlossen, morgen abzu sicht der Hauptstadt selbst an. Sich lehnend an einen Ab
segeln, wenn heute nichts entschieden werde, der König hang, mit Moscheen und Palläste» angefüllt, die xhantasiisch
Philipp 'verde es gewiß nicht billigen, wenn dieses Bünd- mit Kuppel» und unzähligen spitzigen, reich vergoldeten, mit
niß sich so fruch'tlos und mit dem Spotte Europas zer bunten Farben bemalte» Thürmchen geziert sind , liegt im
schlage, und sein eigener Souverän, der Pabst, der den Hintergrunde die wunderliche Sradt mit alten Burgen und
Bund gestiftet, so blos gestellt werde ; es müsse wenigstens Festen umzogen, und eine Burg, hoch über alle, krönt die
etwas geschehen, um die Venetianer zu beschwichtigen. Sritze des Felsengebirges. Der hoheSvkomor, die schlanke
„Eure Herrlichkeit kann besondere Gründe haben," fuhr er Palme bilden kräftig grün den Vordergrund. Weiter rechts
fort, „die Unternehmung anfznschieben, die ich nicht kenne, hin erstreckt sich die alte Stadt, und an diese reiht sich, ab
aber ich spreche auch nicht von einem wirklichen Angriff; wärts von dem mit dunklem Gemäuer nnd zerstörten Woh
wenn wir nur gegen den Feind absegeln, nur in den korin nungen bedeckten Hügel, die prächtige Gräberstadt, die
thischen Golf einlaufen , wo die Türken, wie ick jezt weis, sich mit ihren nnzählichen Monumenten in die sandige
sich befinden, so ist der Schein gerettet, die Venetianer Ebene hinnntcrftrcckt, wo dann die Wunder der alten
müssen schweigen, und die Ehre meines Gebieters, des Welt, die Pyramiden, im Glanz der untergehenden Sonne
Pabstes, ist gesichert; znrSchlacht wird es nicht kommen, das Gemälde schließen. Diesem herrlichen Anblick ent
denn die Türken werden nns den Kampf nicht anbieten, spricht das Innere der Stadt kcineswegcs ; es sieht einer
»eni< sie unS so gut gerüstet sehen. Aber etwas muß ge großen Ruilk' ähnlich , uud ee scheint fast cin Grundsatz
der türkischen Herrschaft ,u seyn , Alles zu zerstiren eder Haar war mit natürlichen Blumen, grünen Blätter»
doch verfallen zu lassen , und nichts aufzubauen , nichts z» «der Bändern durchfochten und von einem verzierten Stirn-
erhalten. In ein gemeinsames Verderben haben die bar- bände zuriickgehalten ; die Füße nackt, in ihrer natürli
barifchcn Horden die Denkmäler der Kunst aller Völker chen schönen Form, durch keinen Zwang verunstaltet, über
gestürzt ; in eineil Schutthaufen vereinten sie die Riesenbau dem Knöchel mit buntfarbigen Ringen geschmückt; die
ten der Aeqvpter, die Tempel der Griechen, die Triumph Nägel der Finger und Zehen roth gefärbt, die schwarzen
bögen der Römer, die Dome der Cbristen , die Mookeen Augenlicdcr und Augenbrauncn noch schwärzer angemalt
und Palläsie der Araber. — Die freven Plätze sind mit und leztere verlängert. Au allem diesem denke man sich
Schntthaufen bedeckt, von Thieren durchwühlt und durch eine blendende Hautfarbe, eine Bewegung voll Grazie
Aas verpestet, und die Straßen werden durch ein bestän und scharfgezeichncte Gesichtszüge, und man hat das Por
diges Gedränge unerträglich. Dabei ist man fortwährend der trait einer orientalischen Schönen.
Gefahr nusgesezt, von hochbeladencn Kameclen umgestoßen (Die Fortsetzung folgt.)
oder von den Pferden roher, ausgelassener Krieger zer
treten zu werden. Während meines fechswöchentlichen
Aufenthaltes in Cairo hatte ich Gelegenheit die vielen Ei- Zur Kultur, und Sittengeschichte dcS scchszebn,
genthümlichkeiten dieser orientalischen Stadt kennen zu ler ten oud siebzehnte» Jahrhunderts.
nen. Als Beispiel der häuslichen Einrichtung der Orien
talen, besonders auch in architektonischer Hinsicht, erwälme Herzog Ehristopiis von Würtcmberg Trinksprüche.
ich eines Besuches im Hanse einer wohlhabenden Familie, Im Sommer t Z6 i wurde Herzog Christoph von einem
die auö Griechenland hieker gezogen war. Der reichver Fieber befallen ; der Markgraf Karl vo» Baden, der
zierte Eingang dieser Wohnung führte in ein verschlosse kurz vorher mit dem Herzog eine Zusammenkunft zu Ett-
nes Vorbaus , wo sich der Pförtner aufhält, und wo auch lingen gehalten hatte , erkundigt sich ,sehr rheilnebmend
ärmere -:eute , die kein eigenes Obdach Kaben, in der Nacht in einem Schreiben vom iZten August nach dem Befinden
ausruhen. Seitwärts gelangten wir durch diesen Raum Christophs. Diefer dankt ihm für feine freundschaftliche
in einen Hof, der an zwei Seiten mit einem Bogengang Theilnahme und schreibt :
umgeben war. Die dritte Seite, nach der Straße zu. „Daß uns dießmal das Fieber hart angegriffen , aber wie
Hatte Antiken, die nach aussen gingen und mit dem In „man sagt, daß kein Unkrant verdirbt, so find wir dessen,
nen, des Hauses in keiner Verbindung standen, Zur ebe „Gott dem Herrn -sev Lob und Dank, wiederum erlasse»,
nen Erde im Hofe war eine große Loge, ringsum mit ,^>nd Kalten dafür, wo wir jüngstlich zu Ettlingen e'tlich
breiten, hölzernen, schön gcschnizten Bänken und mit „Trünckh vermieden und unterwegcn gelassen, »ir wnr-
Polstern versehen, wo der Hausherr die> Geschäfte deS „den dessen wohl überhebt geblieben seyn."
Tages betreibt. Durch einen engen Gang neben dieser Der Pfalzgraf Herzog ReinKardt, mit dem Christoph
Loge und auf einer noch engcrn Treppe gelangten wir zu viele Brief« wechselte , schloß fein Schreiben einige
der Wohnung, und zwar in einen mächtig großen Saal im mal damit, daß er einen stattlichen Hnmpen und ein
ersten Stocke, den ich für eine gothische Kapelle zu halten hohes Trinkglas neben einander hinzeichnete, und unter
geneigt gewesen wäre, hätten mich nicht die Bewohnerin jenen schrieb ' „und bring dir einen starken Trunk darne
nen, die hier auf weichen Polstern reizend ausgestreckt la ben aus brüderlicher Treue," unter das Trinkglas aber :
gen , tines andern belehrt. Das schimmernde, durch be „und bring dir darneben eines ans gnt pfalzqräsisch."
malte Scheiben nnbrechende Sonnenlicht, der Glanz der In einer Antwort vom j«. August l5NZ aus Zwie
prächtigsten Farben, der Wohlqcruch von köstlichem Räu- falten , wo sich Christoph auf der Jagd befand, erwiederte
cherwerr, das Plätschern eines krvstallhellen Springbrun dieser: „und Hab dir das knoxsigt Kreüßlen Kescheid getlx»,
nens mitten im Saale, dann eine Gruppe der schönsten „und bring dir hinwiederum einen guten Jägertrunk und
Frauen, alles dieses schien mir so wundervoll wie die „befiehl dich darneben in den gnadenreichen Schulz und
Mährchen von Tausend und eine Nacht. Nachdem ich mich „S'chirm Gottes des allmächtigen."
von meiner ersten lleverraschung erholt, betrachtete ich die Zugleich bemerkt aber der Herzog seinem Freunde,
einzelnen Theile dieses lieblichen Ganzen genauer. Die daß er sich neuerlich g«nz züchtig und steif niit dem Trunk
Frauen, neben die wir nnS ans dm Divan gelagert, er- halte, wcwon er sich, wenn er wieder zu ihm komme,
gözten sich mit Musik und Gesang. Sie trugen feine, überzeugen rönne.
fast durchsichtige , lange Gewander, mit rothen, gelben Ans dieses antwortet der Pfalzgraf unter dem lZ.
und blauen Unterkleidern von Seide, einen Gürtel und Nov. tS6Z: „habS <n«h gern vernommen, daß dn einen
sonst nichts, was der freien Bewegung des Körpers hinder „steifen Fütsatz hast, weder ganz noch halben mehr zn
lich seyn konnte ; ihr schwarzes, lang Herunterhängeudes „trinken. Gott woll dich darin bestärken nnd verleihen ,
„baß du es besser hältst, dann du vielleicht jüngst zu Frank- ginelle OuvertKre in Ls («v'i« >r?), geschrieben zur'Eröffnung
„fürt gethan, und wenn ich sieh, daß dirs wohl ansteht, des Theaters in Pcfld ; ferner mehrere Gcsangskompositionen
dcö originellen Franz Schubert. Das Neueste und Inter
„dirfft ich vielleicht auch in den Orden tretten.« essanteste unter den tcztcrn ist ein Cyklus von Liedern des
Wilhelm Müller, unter de», Namen Winterreise,
für eine Singstimme mit Begleitung des Pianvfortc kompo-
Korrespondenz-Nachrichten. nirt. Jeder, der den werthcn Dichter liebte, wird sich freue»,
ihn hier von einein Tondichter so tief und zart aufgefaßt
Leipzig, im Januar. zu finden. Die Ausgabe dieser Sammlung empfiehlt sich auch
Das künftige Schicksal des hiesigen Theaters ist bis Zczt durch äußere Schönkeit, wie allcS, was neuerlich aus diesem
»och unentschieden ; das Rathsamste möchte wohl sei)», dasselbe Verlage kommt. Derselbe Verlag bat uns eine neue Samm
dev königl. Unternelnnung in Dresden anzuvertrauen, da doch lung vo» sechs Gesängen für vier Männerstimme» , uuter dem
die Erfahrung hinlänglich bewiesen zu habe» scheint, daß eine Namen: „die dcutschcn Minnesänger" geliefert, zu welcher
Mittelstadt wie Leipzig den Stolz , ihre eigene flehende Büh verschiedene Komponisten , unter andern auch Schubert , Sey-
ne zu habe», aufgeben muß; wobei) auch dem Nachrheil fried. Schätzbares bcyqetragcn habe». De» Piano fortefpielcrn,
einer stehenden Bühne, flehende Gebrechen zu haben, welche sich zur Virtuosität bilde» wollen, werden Keglers L wcio,
entgegengewirkt werden konnte , wenn ein Wechsel der Gesell reichen Stoff zur Ucbuug gewähre». Die Havinonie - und Ge
schaften zwischen Leipzig und Dresden entstünde. Seltsam fin neralbaßlehre, nebst einem Anha»ge vom Eontrapunktc, ver
det man es jedoch, daß sich bis jczt nur ein einziger Pri faßt von Jos. Drechsler, hat eine zweyte Auflage erhalten.
vatunternehmer gemeldet hat. W.
Es hatte etwa« Erhabenes, daß bei) dein zum Vorthcil G
des Jnstitutsfond« für alte und kranke Musiker unser« Orche Berlin, Januar.
sters gegebene» Konzerte Beethovens große Sympl'onie aus (Fortsetzung.)
«2 mvll (vielleicht seine größte) mit der gewohnten Begeiste Was der Mangel der Robertschen Posse sey, tritt schon durch
rung vom Orchester ausgeführt wurde. Die wahre Kunst ist die fragmentarische Erzählung deutlich bcrvor ; der Verfasser
ein Phöniv, der sich selbst verjüngt. hat eine Burleske machen wollen, und hat nur einzeln an ein
In demselben Konzert trat ein neuer Tenor zum ersten ander gereihte, durch keinen Fade» irgend einer JnNigue
Male öffentlich auf, Hr. Mantius, ein Dilettant ans Schleswig, verknüpfte Satyren zum Vorschein gebracht. Im ganze» Stück
welcher auf lxtesiger Universität flndirt. Die Stimme hallt ist keine einzige komische Person ; alle sprechen nur, ui» diesen
frisch und gesund aus der Brust , ist sich durchaus gleich und oder jenen Witz über bieß und daS an den Mann zu bringen;
von schmelzender Höhe, stark und voll, wie Wilds Stimme der Dichter hat feine» Zweck, aber feine Gestalten nicht. So
es war. Der Vortrag zeugt von schnellen Fortschritten im ist z. B. der Kritiker ein Nacheinander aller Berliner kriti
Ausdruck sowohl als in der Fertigkeit. Lcztcre bewies die schen Nüancen. Bei, dem erste» Bilde spricht er wie der
Ausführung der Parthie in dein Sarginotcrzett. In demsel Rccensciit der Spenerschc» Zeitung , der immer von sich sels
ben Konzerte wurde noch das Konzert von Lindpaintucr für ber redet, ober Goethe im Munde führt, oder aus dem Reich-
die fünf ersten Blasinstrumente ausgeführt; so geschickt der thum seines Gedächtnisses die Erinnerung hervorholt, wie
Komponist seine Aufgabe behandelt, und sowohl für das Ei- vor dreißig ober zwanzig Jahren dieser oder jcncr Schanspic-
gcnthümliche jedes einzelne» Instruments dabei) gesorgt, al« lcr diese oder jene Rolle gespielt hat; plötzlich da»» in der
auch die Instrumente in Svlis gruppirt hat, so war doch zivcytcn Pause beginnt derselbe Kritiker zu philosopl'ircn, und
der Erfolg nicht ganz der erwartete, obgleich die Bläser gut macht das Unwesen lächerlich, welches die unreife Berliner
einstudirt zu scyn schienen. Mir scheint der Grund darin zu philosophische Jugend kritisircnb fast in allen Blättern treibt
liegen , daß das unaufhörliche Einsetze» bey jedem »euc» Solo und trieb; bey einem andern Bilde wieder ist er matt wie
das Gefühl des Zusammenhangs stört, was »och mcl>r der Fall die Gesellschaftskritik, dann stimmt er den Konversationston
sey» muß, wenn von Seiten einzelner Bläser diese Einsage an , oder spricht so ordinär , als wäre er so eben vo» der
unsicher oder furchtsam find. — Unter unser« hiesigen Musik- Schncllpost abgestiegen; genug, er ist nichts als da« Gefäß
Handlungen zeichnet sich jezt die des Hrn. Probst durch schön- für alle die Satyren, in welchen Herr Ludwig Robert solches
gestochenen Musikvcrlag vor allen aus ; er tritt hierin in die hohles Getriebe anschaulich machen wollte. Das Stück hat
Fußstapfc» des kürzlich verstorbenen Peters, und sorgt nicht denselben Fehler wie die „verhängnißvvllc Gabel" des Gräfin
nur für scharfcn, schwarzen Abdruck und äußere Eleganz, son v. Plate», die auch nur eine Reihe, frcylich bei) weitem witzi
dern läßt es sich auch angelegen scyn, der Unbcgucmlichkeit gerer Sannen ist, doch auch ganz andere Ansprüche macht
deS Umwcnbcns durch zweckmäßige» Schluß der Seite» zu als diese WeiKnachtsausstellung , welche nur vier oder fünf
begegnen. Hiervon zeugt die Sammlung der K alkbr cn Mal sich sehen lassen und dann verschwinden will. Das glück
ner schen Klavierkompositionc», mehrere der neueste» Kom liche Ereigniß, daß Herr Rösecke auf den Einfall kam, den Kri
positionen von MoscheleS in den verschiedensten Formen, tiker in Sapphirfchen Kleider», Mienen, Zügen, Gestikulatio
die zwei? nun vollendeten Decaincrvns deS fruchtbaren, aber nen und sonstige» Eigenthümlichkeitcn zu geben, hat einen
talenrreichcn Czerny (unter welchen besonders da» für vier größeren Zulauf aller Stände und eine häufigere Aufführung
Hände viel Reizende« und Smpfchlungswerrbes enthält , ,. B. veranlaßt, de»» dergleichen sehen die Berliner gern. Schade
Variationen über ein neapolitanisches Lied , über ein Thema nur , daß uiisere Lustspieldichtcr keine aristophanischen Rechte
cm« dem Freyschügcn , höchst einfache »nb rührende Romanzen haben ; wie würde sich dann ihr Stoff erwcitci-n. Jezt aber ist
n. s. w.) und endlich die von Czerny fürs Pianvfortc neu or- mit dev Satyre über das Tlxater ber Stoff fast erschöpft.
raiigirte» Beethvvenschen Symphonie». Begreift das Gebiet (Die Fortsetzung folgt.)
dieser Berlagshandlung vorzüglich Klavierkompositionc», so
erhalten wir aus des thäligen HaUingers Verlage meh
rere OriginalwerK in Partitur, z. B. die glänzende, ori Vehlage: Kunstblatt Nr. i5.

Verlegt von der I. G. Cotta 'schen Buchhandlung.


Beylage zum Morgenblatt.

Mittwoch, 27. Februar 182 8.

Sendschreiben oberflächlicher Bekanntschaft mit dem Geiste und Wesen


der spanischen Dramatiker, und des Lopez de Vega
an Hrn. Johannes Witt, genannt v.Döring? insbesondere, unmöglich in den Jrrtbum fallen könne«,
principe Lummo l?stri«ron«, Staatsgefangener die Beardeitung desTrigueroS für das Originalst»«
in, Kriminalgcfangnisse zu Turin, der Citadelle des Lopez de Bega zu nehmen; Sie Hütten wissen
müssen, daß kein Spanier, am allerwenigsten der Dichter
zu Mailand, der Frvhnvesie zu Baireuth, des Sterns von Sevilla, alle dramatischen Elemente der
der Stadtvogrey zu Berlin, dem Polizcvhause j Vorfabel, und die wirksamsten Motive aus die Seite
zu Wien, und der dänischen Festung Frie,, schiebt, um iu schaler langweiliger Erzählung zu erponi«
bricht ort :c. ren; Sie hätten wissen müssen, daß in der spanischen,
und besonders in dem genannte» Dichter, eher zuviel
Nach manche» früheren gemeinnützigen Versuchen auf dem Thealer geschieht, als zu wenig, daß die Hand
haben Sie sich neuerlichst in das Fach der ästhetischen lung in der Jntrigue wohl eher überlad«, als ärmlich
Kritik geworfen ; Ihr, ersten Proben auf diesem Felde, vorzufinden ist ; kurz, Sie hätten an dem durchaus fran-
Hr. Patriarch, waren nicht glücklich, und Sie haben bep zösirten Zuschnitte erkennen müssen, daß die Bearbeitung
Ihrem Debüt in Bezug auf de», vom Frepherrn von des Triguervs nicht das Original des Lopez de Vega
Zedlitz dearbeiteten „Stern von Sevilla" des Lo^ sepn kann. Da indeß der Frexherr von Zedlitz weni
xez de Wega, eben so viel Unkenntniß als Anmaßung ger Werth auf seine dramatischen Arbeiten legt, als Sie
bewiesen. Indem Sie dem Verfasser den Vorwurf machen, auf Ihre politische», und nie den edlen Ehrgeiz gehabt
daS Original verunstaltet zu haben, erglebt sich der kleine hat, gleich Ihnen unter die Sublimi IVl»,,tri psrieui zu
Umstand, daß Sie das Original nie mit einem Blicke gehören, so hat er von jeher alle Urtheile über seine li
gesehen; wie Sie sich denn überhaupt als schlechter Ken- terarischen Versuche um so mehr auf sich beruh« lasse»,
uer der spanischen Literatur ausweisen. Wenn diese Be als er im Allgemeinen weder über das Publikum, noch
hanptung Ihnen ungegründet erscheint, so steht Ihnen über Recensenten zu klage» Ursache hatte. Er wird da-
ein leichtes Mittel zu Gebote, sie zu widerlegen. Sie, her wohl schwerlich mit Ihnen den Anfang machen, und
behaupten, der Frevherr von Zedlitz sep von jeher sehr Sie haben von seiner Seite keine Widerlegung zu besor
»»glücklich in der Wahl sei,er spanischen Vorbilder ge gen ; auch hat Sie die sackkundige Feder des Hrn. Z i m-
wesen. Wohlan denn! nenne» Sie eines dieser spani mermann mit Ihren kritischen Zaseleyen ohnehin schon
schen Borbilder, »nd ich will meine Behauptung zurück- «ck «K5ur6um reduzirt. Sie habe» aber in Ihrer Re-
»ehmen, und mir den Schimpf gefallen lasse», eben so eension den deutschen Bearbeiter des Sterns von Se
seicht und grundlos, als Sie selbst, geurthetlt zu haben. villa demagogischer Tendenzen beinzichtet, und
Ader ich wette zehn gegen Eins, Sie könne» kein einzi auf diesen, eines Ehrenmitgliedes der ^It» Venck!,» wür
ges dieser schlecht gewählten Vorbilder namhaft mache», digen Stiletstich, erlauben Sie mir, der ich den Frey-
uud ich habe nicht zu befürchten , von Ihnen Lügen ge Herrn von Zedlitz kenne, einige Worte der Erwiederung.
straft zu werden! — Nein, nein, Patriarch! gestehe» Ich weiß zwar nicht, ob Sie, der nach seiner eigene»
Eie es immerhin offen , Sie verstehen nichts von spani Aussage, über den ausländischen Sprachen seine Mutter
scher Literatur ! Sie haben den ganz einfachen Sah des sprache vergessen hat, (!!!) diesen Brief «ollkommen fas
An«,« mißverstanden, der doch die faßlichste Prosa sen werden; ich will mich indessen bemühen, mich so
«» der Welt enthielt, »nd hätten «herdieß, bep nur deutlich und bestimmt «IS möglich auszudrücken, und die
Dinge, die ich berühre, aller unnützen Phrasen zu ent te», waS Sie wußten, wußten aber zum Heile Ihrer
kleiden; dann kann ich hoffen, daß dieses wvhlgemevnte allerdings gefährdeten Haut bev weitem weniger, als
Schreiben vielleicht jenes Nachdenken in Ihnen «wecken Sie der Welt glauben zu machen den edlen Ehrgeiz ha
wird, das Sie bedürfen, um einsehen zu lernen, daß ben. Die Milde der Regierungen ließ bev der Unbedeu-
die moralische Blöße, in der Sie sich dem Publikum zei tenheit des Individuums, und aus Mitleid mit der gros-
gen, cckelhaft ist. Ken Jugend des Patriarchen, Gnade für Recht ergehen,
und eine solche Rücksicht hätte Sie allerdings zu größerer
Der Frepherr von Zedlitz, de» Sie beschuldige»,
Bescheidenheit verpflichten sollen, als sich an Ihnen wahr
demagogische Tendenzen in das fragliche
nehmen läßt. In ihren Verhören zu Mailand haben Sie
Schauspiel des Lopez de Bega gelegt zu ha-
den, trug schon vor mehr als zwanzig Jahren de» Of- sich, wie gut unterrichtete Männer, die sich Ihrer aus
fiziers-Degen einer Armee, die ihre Pflicht kennt, und jener Zeit noch recht wohl erinnern, behaupten, schwach,
in der Sie sich , wie Sie selbst wissen , vergeblich um und durchaus als armer Sünder betragen. Ich tadle
Spießgeselle» umgesehen haben. Schon damals, als Ihnen, das nicht unbedingt, aber die Erinnerung daran hätte
o Patriarch! noch jene Züchtigungen gebührt hätten, de Sie wenigstens zu der Selbsterkenntnis! bringen solle»,
nen Sie zu Ihrem Schaden quf jeden Fall viel zu früh daß es Ihnen nicht zukomme, ferner mehr den Mann
entzogen worden , und die Sie vielleicht zu einem würdi s^ion Bedeutung spielen zu wollen, lieber die meisten
gen Gliede der menschlichen Gesellschaft noch machen konn Dinge, die in Ihrem Buche das Interesse der Leser in
ten, bekannte sich Hr. von Zedlitz zn jenen Grundsätzen Anspruch nehmen, sind Sie selbst erst im Laufe der mit
der Vernunft und der Ehre, in denen Sie ihm weder Ihne» gepflogenen Untersuchungen unterrichtet worden,
zum Muster, noch zum Unterricht dienen können, und und sie sind das Srgebniß der an Sie von den Jnquift-
die er zu ändern nicht den Willen hat. Cr hat sich nie, rions - Richtern fast aller europäische» Kriminalbchörde»
weder zu den Lehre» serviler Knechte und Wohldiener, gestellten Fragen, die Ihnen in der Voraussetzung vor
noch weniger aber zu denen der Schmachgesellen der Re gelegt wurden, Sie besäßen wirklich den Schlüte! zu al
bellion bekannt, und seine Gesinnungen in seinem lezte» len den Dingen, die Sie später zu öffentlicher Kenntniß
Werke, den „Todrenkränzen", männlich und offen, und gebracht haben. Von dieser Meinung sind Ihre Jnqui-
nicht ohne innere Beruhigung ausgesprochen; auch haben renten, die Ihnen mehr gelehrt hatten, als Sie von
diese Gesinnungen ihre Würdigung gefunden, sowohl in Ihnen lernen konnten, später zurückgekommen. In
dem Vevfalle des hochherzigen Königs Ludwig von der Zusammenstellung der Thatsacben aber, in der Ver
Bavern, dem das Werk zugeeignet ist, als in der Billi bindung des Wahre» mit dem Falschen, des Erlebten
gung der Behörden seines Vaterlandes, die de» Druck Mit dem Gehörten, des Geschehenen niit dem Projektir-
desselben gestatteten. Sie können daher unbesorgt fcyn, ten, in der Verunglimpfung und schamlosen Einmischung
verehrter Staatsgefangener, es siebt keine Tendenzen > detheiligter und nicht betheiligter Personen; i» der
die den deutsche» Bearbeiter des Sterns von Sevilla Verlautbarung hoher und geringer, achtbarer und ver
je zu der erbärmlichen Rolle bringen können, die Sie ächtlicher Namen haben Sie in den Fragmenten aus Ih
gespielt haben, noch zu der, die Sie noch spielen. rem Leben unbestritten einen Grad von Jnquisiteuge-
Seine Grundsätze bewahren ihn eben so sebr vor der wanotheit und Frechheit kund gegeben, der ungewöhnlich
freven Wahl, ein Mitglied verbrecherischer Gesellschaften, genannt werden muß, und der allerdings verdient hat,
a!s vor der traurlgenNothwendigkeit, der Lobhudler aller die öffentliche Aufmerksamkeit zu erregen.
polizevlichen Anstalten von Europa zu werben. Uebrigens Wie steht es aber mit der Mevnung über Ihre sitt
sollten S i e sich überhaupt hüten, von Tendenzen zu spre lichen und moralischen Eigenschaften, die sich dem Leser
chen. Ihre dermaltgcn sind in Ihren Motiven wenig nach der Durchsicht Ihrer Schriften aufbringen muß?
lauterer als Ihre früheren, und Niemand wird sich ein Sind die mit breiter Selbstgefälligkeit nach dem Muster
fallen lassen, weil das Wölflei» hinter seinem Gitter des seligen Trent erfundene» und erzählten Arrestanten
beult, es deshalb für ein Lamm zu halten. — Als Sie kniffe , mit den ausgehöhlten Wachskerzen , dem geheimen
zu merken begänne«, daß nach der unerwartet schnellen Briefwechsel u. bgl. geeignete Belege für die Zerknirschung
Beendigung der italienischen Angelegenheiten für die Ge eines zur Kenntniß seiner Verruchtbeit gekommenen Ge>
schäftsträger der Carbonari« geringe Hoffnungen blie müthes ? Oder zeugen Ihre zu Mailand begangenen Bü-
ben, haben Sie sich den Behörden auf Gnade und Un bereven dafür, die zugleich eine» schlagenden Beweis Ihrer
gnade ergeben. Dieser Entschluß ist auf jeden Fall zu Undankbarkeit gegen de» Retter Italiens, den vortreff
loben, und war vernünftig, selbst wenn die Behörden lichen Grafen Bub na, liefer», der allerdings ein viel zu
Sie nicht schon am Krage» gehabt hätten. Sie bekann großer, und wahrhaft ritterlicher Charakter war, um für
z
Ihre dortigen Pagenstreiche mehr als ein mitleidiges LZ Es ist zu bedauern, verehrter Staatsgefangener, daß
cheln zu haben. Sollen endlich Ihre mit aller Eitelkeit die Gabe», die Ihnen die Natur verliehen bat, mit ei»
eines unwiderstehlichen Verführers aufgeputzten Liebesge- nem Grade knabenhafter Eitelkeit vergesellschaftet sind,
schichten mit der, (wie Kenner wisse«) fünfzigjährigen die in keiner Beziehung etwas Tüchtiges zur Reife kom<
Adelaide für die Beweist Ihrer tiefen Reue angesehen men läßt. Sie wollte» ein Gegenstand allgemein'? Be
«erden? Ihre Bekehrung war allerdings nithig, um Ih- achtung werden, und in so fern Sie, um die erste
ren Hals zu sicher«; aber sie hätte früher kommen müs Svlbe der Charade zu gewinne», die bexde» leztcn in die
sen, um für etwas Anderes als für de» wohl natürli Schanze schlugen, ist es Ihnen anch i» mancher Bezie
chen und verzeihlichen, aber keineswegs heroischen Ver hung gelungen, wenn auch nicht in der als Sharakter von
such gelten zu können, sich der Katastrophe der Tragödie Werth, oder Denker von Gewicht zu erscheinen. Wer Jh,
,« entziehen. Ihr Ruf würde in dieser Beziehung ge ren philosophischen oder religiösen Galimathias gelesen hat,
wonnen haben ; die Motive Ihres Uebertritts zu Grund dem sich nun Ihr ästhetisch- kritischer in gleich« Flachheit
sätzen , die Ihrer Vertheidiguug nicht bedürfen, um an und Verworrenheit anschließt, wird mit mir übereinstim
erkannt zu werden, würden leichter als Resultate Ihrer me», daß, wenn Ihnen auch ein bedenkendes Talent zu
Ueberzengung darzustellen seyn, während sie nun blos Umtrieben nicht abzusprechen ist, doch theoretische und fak,
als die der Nothwendigkeit und Heuchele» erscheinen — tische Jnconsequenz gleichen Schritt mit der Arroganz hal
wenn Sie den Weg des Heils früher eingefchlage» hät ten, mit der Sie Sich eine Vuthorität anmaßen, zu der
ten, als bis Sie von Ihrem väterlichen Freunde, ein i» seine» Grundlagen verdorbener Charakter keines
dem Grafen Deserre, zu Verona offiziell 6e»vou,>t wegs berechtigt. Was ich Ihnen hier sag,, geschieht nicht
wurden, oder, wenn Sie wenigstens später jene wahre aus feiudseliger Absicht; ich kann Zbnen auch nicht Un
innere Demuth hätten blicken lassen, die Ihrer Stellung recht thun; denn meine Schlußfolgen beruhen durchaus
angemessen war , und die sehr weit von äußerer Gleiß- auf den von Ihnen gegebenen Prämisse» ; ich kenne
«erev und Wohldiennep entfernt bleibt. Sie nur aus Ihren eigenen Notizen, und beurtheile
Sie nach den von Ihnen selbst gelieferte» Angaben. Ich
stehe als ein Gegner der von Ihnen geständigen Tbatta-
Ueberhaupt hätte« Sie es bey Ihrer Bekehrung be chen gegenüber, keineswegs «IS ein Gegner Ihrer Per
wende» lassen sollen; alle Ihre spätere Wirksamkeit son, die ich nie sah, und trotz dem Zeugnisse der Lie
Hat nicht bevgetragen , Ihre Reue ehrwürdig zu machen ! benswürdigkeit, daS die „fr ev sinn igen Bemerkun
— Und ein mit so viel Mackcin befleckter, von allen gen" zu de» Fragmenten aus Ihrem Leben Ihnen bey-
Strömungen mit fortgeführter, halt > und gehaltloser Mis- legen, nicht zu sehen verlange; aber es thut mir leid,
ftthäter wirft sich nun mit einer Unverschämtheit, die nur wahrnehmen zu müssen, daß Sie, der nach seinem eige
an sich selbst ein Bevspiel findet, zum Hüter des allge nen Geständnisse mit 27 Jahren schon ausgelebt hat,
meinen Wohls, zum Schirmcr der Throne auf, nimmt vermuihlich auS der Welt gehen werden, ohne zum Man
die Regiernngen in seinen Schutz, mit derselben hohen ne zu reife«. Jene Skurrilität, mit der Sie vor etwa
Thatkroft, mit der er einst zwischen die gührenden sechs Jahren zu Stuttgart, um Aufsehen zu erregen, aus
Elemente der Revolution trat, und dem Ki einer Loge Bonbons auf eine junge Schauspielerin auf
«ige vonFrankreich das Leben rettete!!! -Sum das Theater warfen, wälirend hohe Personen des könig
Glücke brauchen die Regierungen Ihre Talente und Ihre' lichen Hauses sich im Schauspiel befanden, diese selbe
Ergebenheit nicht. Was für ein erbärmlicher Popanz wäre Skurrilität scheint noch immer einen Hauotbestand-
das Königthum, wie verzweifelt stände es um die Heilig- theil Ihres Cvarakters auszumachen; nur sind die Ingre
Kit der Kronen, wenn sie solcher Wächter bedürsten! dienzien, deren Sie Sick dermalen zum Werfen bedienen,
Obwohl man zu Rom die Sbirren oft aus den Rei- aus allzu schmutzigem Stoffe, um Sie Selbst nicht bey
he» der D i e b e nimmt, um desto leichter hinter die Schlupf, weitem mebr zu beflecken, «>S diejenigen, nach denen Sie
Vinkel der Leztern zu kommen, so haben doch deutsche zielen. — Wenn ich aber auch eines hohen Grades von
Fürsten keiue so verächtlichen Bcbelfe »öthig. Rein, Pa Theilnahme für Sie, und einer Menge recht herzlich ge-
triarch ! Point «'s moul«n5 ni <Ie moucksräs en x»e- mevnter Wünsche für Ihr Wohl geständig bin, so tdeile,
msgne! Alle deutschen Fürsten ohne Ausnahme besitzen ich doch keineswegs die zärtlichen Wallungen des königlich
in der Liebe und dem Vertrauen ihrer Völker, in der rest dänischen Majors auf Wartegeld, Hr. v. Liudenfels,
liche» — nie entehrten, und kaum — verläumdctcn Treue und IN das „l'ecn'n vivere »mein, lecum oliesm liben«",
ihrer Unrettbaren eine bessere Gewährleistung , als an das er Ihnen zuruft, möchte ich »m so weniger einstim
den Rodomontaden des H. Witt, genannt von Lö- men, da ich,, aufrichtig zu gestehen, weder Jbre bishe-
ring.' — ' rigen Lebensverhältnisse so einladend finde, um sie mit
4
Ihnen theile» zu wollen , »och eö für ein absonderliches wen» man auch selbst b«bep keinen zu «er,
Glück halte, in dem Pantheon bepgesezt zu werden, auf liere» hitte! —
das die Mitglieder der >It» Venckts rechtliche und ge Da bey dem gewohuten Wechsel Ihres Aufenthalts
setzliche Ansprüche machen können. Indessen, die Ge- es nicht leicht auszumitteln seyn dürfte, wo Sie eben
schmacke sind verschieden, und Jeder mag hierin dem sei, gegenwärtig unter dem Schutze Her Gesetze z« verweile»
nigen folgen ! Sine gute Lehre möchte ich Ihnen indessen, Belieben trage», es aber doch Schade wäre, wenn meine
verehrter Patriarch, als Zeichen der guten Mepnung, die wohlgemeinten Worte in den Wind gesprochen würde»,
ich für Sie hege, bep Kiefer Gelegenheit doch noch mit so brauche ich die Vorsicht, Ihnen diese geile» auf zwev
geben. Es ist zwar nur das Scherflein der Wittwe , aber Wegen zukommen zu lassen. Beherzigen Sie ihre« In»
ein Gemüth, wie das Ihrige, das einst den schönen halt, daS ist der beste Rath, den Ihne» der zu geben
Bund der Herzen mit Prati und ZolleoiuS schloß, vermag, dem eS leib thut, sich nur unterzeichne» zu
wird es nach seinem wahren Werthe zu schätzen wisse«: können, als:
Wenn man erst selbst nur eine» Schritt von Rr
de« — (Thoren uennen es—) gestanden hat, Sie nicht schätzender
sollte man seinen Namen vor den ««gen InytuS Gineeruö.
der Welt verbergen, in Sack «nd Asche trau
ern, nicht prahlen, nicht lügen, nicht Heu» r. 5. Noch eines, Patriarch ! Trotz der Prophezeynng
cheln, nicht wohldienen, vor allem Ander» des Hr». v. Lindenfels werden Sie nicht Minister,
aber nicht unbescholtene gute Namen lister». selbst wen» Sie katholisch würden! —
46.

M o r g e n b l a t t

f ü r

gebildete Stände.

Freytag, 22. Februar 182s.

Des Leben« Rai^ch, der Jugend Walu,


L.'cht dich nur einmal freundlich an. —
Du fühlfi eS i» deiner erweichen, Brusl
N«r Liebe gibt Frieden, mir Liebe gibt Lust.
Mahl mann.

Was ruht in sich selbst? Denn die Lieb' ist aufgegangen.


Hebt die Tiefen, senkt die Höh» ;
Thema. Arm und trüb war das Verlangen,
^Alles kann sich noch erhöh'n. ..Nur die Lied' ist voll und schön."
Ahnen, Mevneu, Wissen, Thun;
Nur die Lieb' ist voll und schön, Hat sich dann in treuem Herzen
Kann in sich wohl selber ruh'n/; ^ Hcimathlich das Herz erkannt,
Ist es frei von Schnsuchtsschmerzen ,
Fr. Ho?». Weil es schon das Höchste fand.
Mag es forschen, mag es handeln,
Stetö befriedet bleibt es nun;
Variationen. Nichts vermag sein Glück zu waudeln,
„Kanu in sich wohl selber ruhn.'-
Aus des Herzens engen Räumen
Strömt die Sehnsucht in die Welt, F. W. Carov<
Suchet, was in Mvrgentraumen
Sie als Gluck sich vorgestellt^
Doch sie muß stets weiter schweifen ,
Bleibt bey Glanz und Gold nicht steh«: Die Schlacht von Lepanto.
Denn, was sie nur mag ergreifen, ^ (Fortsetzung.)
„Alles kann slch noch erhöh'n."
Colonn« hatte absichtlich bloß von den Verlusten Sr. Ma
Und nur heißer wird das Drängen ,
Wie sich weiter rückt das Ziel. jestät gesprochen, aber der Schlaue wußte wohl, daß ein großer
Alle Banden zu zersprengen Theil der Güter des Baron von Regucsenö in der Bank von
Treibt das glühende Gefühl. Antwerpen lag, und daß der Geiz eine große Leidenschaft
Alles möcht' es rasch erfassen. des Alten war. ReguefeuS antwortete ihm hochmüthig und
Will erst im Vollbrachten ruh«, '
Bis, erschöpft, es ruhn muß lassen mit kaum verhehltem Aerger, daß er feine Pflicht thue,
«Ahnen, Mepnen, Wissen, Thun.« ohne um Geldrücksichtcn sich zu kümmern, sein Gebieter
Aber, wie sich stillt das Wogen, sey reich genug, um Millionen mit Gleichmuth wegzuwer
Ebnet heiter sich die Fluth, fen. Allein theils an dieser gereizten Stimmung, theilS
Spiegelt klar des Himmels Bogen, daran, daß Reguesens von allen Gründen, die er vorge
Strahlt zurück der Sterne Gluth. bracht, nur auf den lezten geantwortet hatte, merkte Co-
!8Z
lonna, daß sein Mittel gewirkt, und entfernte sich unter immer der Fall war, der größte Theil trug Panzer, Helm
vielen Entschuldigungen seiner Kühnheit. Am folgen- und Schild, als Angriffswaffen ein Schwerst und eine
den T«e brachte der päbstliche Admiral einen Griechen Lanze, doch zählte man auch sehr- viele Büchfenschützen.
ans Lepanto in die Versammlung, der angeblich dieselbige Wirklich konnte man nicht leicht ein schöneres Heer sehen.
Nacht erst im Lager angekommen seyn sollte, und die sichere Die Augen des Prinzen strahlten vor Freude, der oberste
und nach allen Anzeigen unbezweifelbare Nachricht brachte, ' Leiter eines so schöngeordneten und prächtigen Haufens zu
daß die türkische Flotte im Hafen von Patras und Lepanto, seyn. Als alle vorüber waren und ihre Plätze wieder ein
der Kaxudan Pascha selbst in lezterem liege. Sofort spra genommen hatten , wurden ihm von den einzelnen Slbthei-
chen die Mitglieder des Kriegsraths die nämliche VZeynung lungen die Musterrollen übcrbracht; es fanden sich «z,«nu
aus wie gestern , und als die Reihe an die Spanier kam, Soldaten ausser den Ruderern, und St« Galeeren nebst
nahm Reguesens das Wort und sagte : da es nun gewiß Z5 Lastschiffen. Es wurde festgesetzt, daß jedes Schiff t5u
sey , daß die Türken in Lepanto liegen , und dieser Ort Soldaten besteigen sollten ; und da die Spanier mehr Leute,
nicht sehr entfernt sey, so scheine es ihm nicht mehr ge die Venetianer mehr Galeeren hatten, so sollten leztere
fährlich, gegen sie auszulaufen ; indessen wolle er Alles der den ersteren 25 Galeeren übergeben, doch so,! daß die ve-
Einsicht des Obergenerals überlassen. Die Uebrigen stimm netianische» Kapitäne blieben. Als diese Anordnungen
ten ebenfalls auf diese Meynung.' gemacht waren , durchlief der Obergeneral die Reihen des
So hatte sich durch die Verwicklung der Umstände wiederaufgestellten Heeres, um die Soldaten anzufeuern
die Frage auf die natürlichste Weise gestellt, indem die und ihnen seine Zufriedenheit zu bezeugen. Ucberall,
Entscheidung dem Tapfersten in dem Bunde, dem Prinzen, selbst von den Venetianern , wurde er mit Frcudcngrschrei
zukam. Die Kette, die sein unnatürlicher Bruder in der aufgenommen. Als er nntcr die päbstlichcn Truppen trat,
Person des Regucsens um den freien Aufschwung seines ereignete sich ein besonderer Vorfall. Aus einer der Rei
eigenen Willens gelegt, war gelöst, und er konnte frei hen trat einjMann hervor von sehr einnehmender, schöner
dem Antriebe seines Herzens folgen. Zwar merkte er Gestalt. Seine Größe war nicht über die gewöhnliche, der
wohl, daß Reguesens hinterlistigerweise ihm die Entschei Ausdruck seiner Züge überaus angenehm, sein Mund klein,
dung überlassen hatte, denn wenn der Erfolg den Wün die Nase gebogen, aus seinen schwarzen Augen leuchtete ein
schen Philipps nicht entsprach, so lastete die Schul.d auf lebhaftes und tiefes Feuer, über ihnen war eine hohe
ihm allein. Aber diese Rücksicht schreckte ihn nicht, er Stirne gewölbt, der untere Theil seines Gesichtes trug ei
war entschlossen, jezt, da es ihm möglich war, frei dem nen sehr heitern frohen Ausdruck, der obere das Siegel
Rufe der Ehre und des Ruhms zu folgen. „Man soll," so eines königlichen Geistes. Er ließ sich vor dem Prinzen
schloß er seine Rede, „in Europa nicht sagen, daß diese anf ein Knie nieder und sprach in reinster kastilischcr
Flotte, die schönste, die man je im Mittelmeere sah, in Mundart: „Es gefalle dem königlichen Abkömmling Carls,
den Gewässern Siziliens nur 2iu Seemeilen von der tür seine Augen gnädig auf einen feiner treusten Unterthanen
kischen entfernt lag, ohne ihr die Schlacht anzubieten; diefer und Bewunderer seiner Größe zu wenden." Don Juan
Makel soll nicht auf der Ehre des glänzenden und mann gebot ihm aufzustehen und fragte , wer er sey und was er
haften Adels lasten, den ich hier um mich versammelt sehe. verlange. „Eine große Gnade, die Ehre, unter Eurer
Tapfere Ritter, scyd zur Abfahrt nach Morea auf den Hoheit zu fechten, und mit meinem Volke unter Eurer
zweyten Tag gerüstet." Leitung an diesem edlen Feldzug Thcil zu nehmen." AIS
So ernst eine solche Versammlung ist, so konnten sich er sah, daß der Prinz schwieg, fnhr er fort: „Ich heiße
doch die jüngeren Mitglieder kaum mäßigen, ihren Ver Miguel Cervantes, und bin in Castilien aus einer Familie
fall laut werden zu lassen, und als vollends der Kriegsrath geboren, die ihren Fürsten von alten Zeiten her treue
auseinander ging und die Entscheidung draußen unter der Dienste geleistet hat. Selbst in der Treue gegen meinen
Menge bekannt wurde , war der Jubel unter allen Spa König erzogen, hätte ich gleich meinen Vätern gerne für
niern wie Venetianern nnd päbstlichcn Soldaten allgemein. ihn gestritten, aber die Umstände waren mir nicht günstig ;
Am glücklichsten aber machte diese Nachricht Weiser, der ich ging nach Rom, und als dieser.Krieg ausbrach, erhielt
so viele Ursache hatte, sich mehr darüber zu freuen als jeder ich eine Stelle unter den xäbstlichen Truppen. Aber mein
Andere. Herz sehnt sich, unter Eurer Hoheit zu fechten; nehmt
Am folgenden Tage war Musterung aller Truppen. mich als einfachen Soldaten unter die Enrigcn auf, mein
Mit Aufgang der Sonne stand das ganze Heer längs den Arm wird eine doppelte Stärke im Diensie meines Königs
Gezeiten hin am Hafen in Ordnung aufgestellt. Fahne haben." Colvnna hatte dem Prinzen bereits von einem
nach Fahne zog vor Don Juan, der mit seinen Offizieren Spanier gesprochen, der als Offizier im pävstlichen Heere
auf einer Erhöhung stand , vorüber. Die Soldaten waren diene und zu den Spaniern überzugehen wünsche ; er gelte
beinahe alle gut gekleidet, was in jenen Seiten eben nicht allgemein für einen braven Mann, nnd man halte ihn für
183
einen Poeten. Don Ina« mußte lächeln über dos unge- len fort. Mit Einbruch verdacht machten wir bei einem
wohnliche Wesen des jungen Mannes , aber es gefiel ihm Dorfe Halt und gesellten uns zu andern arabischen Rei
und er versprach, ihn auf sein eigenes Schiff aufzunehmen, senden, die sich in einem Karavanferail *) versammelt
eine Verheißung, die des Jünglings Erwartungen weit hatten. Ein einfaches Abendbrvd, auS Linsrnmns beste
übertraf. (Die Fortsetzung folgt.) hend, wurde der ganzen Gesellschaft gemeinschaftlich vor-
gefezt, und den Kameelcn und Pferden gab man das nb-
Reise nachNnbien. thige Futter, alles u n e n t g c l d l i ch. Durch verstärk
(Fortsesnng.) ten Marsch hoffteu wir am folgenden Tag unfer Ziel zu
Am 20. Oktober t8l» schiffte ich ««feinem Frachtschiffe, erreichen; doch der Führer verfehlte den Weg, und wir
welches mit einer Salzladung für Siut bestimmt war, den waren gezwungen, spät in der Nacht in einem armen
Nil hinauf, von einem jungen Griechen als Dolmetscher Dörfchen Halt zu machen. Hier fanden wir kein Kars-
begleitet. Der Fluß war ausgetreten und sah einem un- vanserail, aber anstatt dessen eine überaus freundliche Aus
geheuren See gleich, aus dessen Wasserflüche die höher ge nahme bei den armen Bewohnern, die alles ausboten, uns
legenen Dörfer hervorragten. Die Richtung und das aufs Beste (das heißt mit Milch und Brod) zu bewirrhen.
Bett des Flusses waren fchwer zu erkennen , die Fahrt da Ans Besorgniß vor wilden Thieren^ die in der Nacht aus
her gefährlich, und nur langsam durchschnitt unser unbe- der Wüste in die bewohnten Theile des Landes herunter
hülfliches Fahrzeug die andrängende Fluth. Auf dem hal und dem Raube nach ziehen, wurde unser Lager von den
ben Wege landeten wir bei einem reich von Palmen be jüngern Männern deö Dorfes bewacht. Solche Beispiele
schattete» Dorfe ; einzelne niedrige Häuser, von Vanm- eines würdigen Betragens sind nicht feiten, sie zeugen
gruppen beschattet, eine zierliche Moschee in der Mitte von dem edlen Sinn und Charakter des Volkes, und
des Dorfes, mit einfachen Grabmälern umgeben, dann die machen den sklavischen Zustand, worin sich dasselbe trotz
Menge Neugieriger, welche herbeiliefen, um den Fremden dieser moralischen Kraft befindet, nur unerträglicher, und
zu begaffen , und die auf den Feldern zerstreuten Bich- es ist zu befürchten, daß bei einer langer« Herrschaft der
heerden, bildeten ein freundliches, ländliches Gemälde. Ka- Türken der Rest der alten patriarchalischen Sitten der Ara
meele, Pferde, Kühe, Büffel, Siegen, Schaafe und Esel, ber gänzlich erlöscht. (Die Fortsetzung folgt.)
«Fes weidete hier beisammen, buntes Hausgeflügel trieb -) Da« Karavanserail ist bekanntlich ei» öffentliche« Gebäude,
sich darunter« umher, und fremdartige Vögel schaukelten worin jeder Reisende ohne Unterschied auf Kosten de« Ortes
und fieberten sich auf dem Rücken und den Hörnern der unentgeldlich bewirthet wird ; denn im Oriente ist die Bildung
Stiere. Vor den Hütten saßen ehrwürdige Greise mit noch nicht so weit vorgerückt, das, jeder glaubt, er müsse nur für
Silberbärten , spinnende Frauen und müßige Männer. stch selbst sorge» , und der, welcher nichts hat , könne ohne weis
tercs verhungern.
Nackte Kinder spielten neben ihren Müttern, und nur die
Doppelflöte des Hirtenknaben und das einförmige Ge Korrespo nde uz- Nachrichten.
klapper der langbeinigen Störche unterbrach die friedliche Paris. Ende JamiarS.
Noch ist die englische Schauspiclertruppe nicht fortgezo«
Stille dieser Menge. Ein starker Wind trieb uns von gen, und e« heißt nun, sie werde bleiben. Man weiß jezt
diesem angenehmen Orte, und pfeilschnell fuhren wir an auch, weßbalb sie nicht im italienischen Theater geblieben ist.
den niedrigen, mit Palmen und volkreichen Dörfern bedeck Sie spielte nämlich in diesem Tl,e,«er an denselben Tage»,
ten Ufern hin. Aus der Ferne saben wir MinieK, Scheich- an welchen große Oper gegeben wird. Das Besuchen der
englischen Tragödie wurde unter der großen Welt Mode, wor
Abade, wo Hadrian dem Teilnehmer seiner Ausschwei aus dann folgte , daß die große Oper ziemlich leer blieb , da
fungen zu Ehren eine Stadt baute, ferner Nadamvnd mit gerade die reichen Massen es sind, die den 'eigentlichen Kc> »
seinen ägyptischen Ueberresten, und landeten dann bei Mon- der Zuschauci vcrs,nm»lung in der großen Oper ausmache».
falut. Von hier aus ging die Fahrt immer langsamer. Die Dieß bat, wie es scheint, die Direktion dieser Oper eifersüch
tig gemacht, und da sie von demselben Ministerium abbängt
Gegend wurde flach und öde, wir sahen nur Wasser und wie die italienische Oper , nämlich von demjenigen de« königl.
gelbe Sandflächen Tagelang. Die Gegend oberhalb Siut, Hvfbaltcs. so bat sie soviel bewirkt, daß de» cimliscbc,, Schau
der Hauptstadt Oberegyptens, fanden wir auch öde, und spielern der italienische Saal entzogen wurde. Die grvse Oper
erst nach einer zweytägigen Fahrt konnte sich mein ermü ist eine Art von Despotin, die sich nur dann Wohlbefinden
kann , wenn andere sich übel befinden. Schon bat man dieje
detes Auge wieder an grünen Feldern ergötzen. Hier sah nigen Theater, welche Ballette aufführen, gezwungen, einen
ich zuerst die Fächerpalme, Dom genannt, welche der Land Theil der Einnahme an die Ovcrnkasse abzugcdcn, eben so muß
schaft Oberegyptens eigenthümlich ist, und als ein charak bey andern öffentlichen Lustbarkeiten zur Unterhaltung der
teristisches Attribut der Architektur erscheint , wie dieß in großen Oper bcygefleucrt werben, die noch außerdem eine sehr
beträchtliche Zulage von der Regierung erhält . und bey allem
Italien mit der Pinie der Fall ist. Nachdem ich die stau dem doch noch Mühe bat , mit ibren vielen Ausgaben zurecht
nenerregenden Ruinen des alt^n Tentyra besucht hatte, zu kommen. ES ist noch eine Frage , ob ein« so viel Geld vcr>
sezte ich vs» Kene aus meine Reise zu Lande auf Kam - schlingende Anstalt zum öffentlichen Vergnügen wirklich der
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Glinst und der SSrqerlichrn Gesellschaft Nutz» »ringt. Tie Königs tritt bey allen Gelegenheiten deutlich und nmn« von
gehört allerdings seit eiucm Jahrhundert zu de« Sehenswür Neuem wieder Hervor. Eine solche Gelegenheit z. B. war die
digkeiten dieser Hauptstadt, sie zieht die Fremden herbes, und Aufführung des Moli«resil>en Tartüffe durch die französische
ernährt und belohnt eine Menge von Künstlerfamilien. Aber Truppe, welche seit den ersten Tage» des Januars ihre Gast
anderseits legt sie den ander» Theater« ein brückende? Joch spiele begonnen hat. Der berühmte Vcrs: n««« vivon, «>u,
ans , und »«zehrt eine ungeheure Sunnne Geldes. Wäre die u» prise« i« lr««<I« 1'at i« Paris gewiß der Re
Anstalt kleiner, ss würde» vielleicht andere Theater größer gierung «der dem Theater schon schweres Geld gekostet; dem
werde», mithi» wäre der Verlust leicht zu verschmerze». Da hiesigen Jubel aber Hörle ina» die unbezahlte Herzlichkeit an.
zu kommt dann auch die Schwierigkeit, für einen so große» Leider entspricht jedoch die Truppe nicht den Erwarttingcn,
Saal gute Säuger und Sängerinnen zu bekommen , nnd neue welche man z« hegen berechtigt ist , wenn französische Schau
Oper» in dem großartigen Style, wie diese Anstalt erfor spieler sich in einer der ersten Städte Deutschlands tel«n nnd
dert , in Aufnahme zu bringen. Solch ei» Schauspiel konnte bewundern lassen wollen. Aber unser Publikum ist im Ganzen
zur Zeit Ludwigs XlV. gut seyn, der sich zum vnumschränk: zufrieden und mcynt, das wer nichtö Besseres gesehen habe,
teu Herrn und Gebieter aufgcworftn hatte , und ohne Widcv- sicher befriedigt werden möchte. Die Mittelmäßigkeit ist nur
svrnch über die Gelder der Staatskassen verfügte, oder auch gnade die schlechteste Kunstregion, und aus dieser kommen un
„och zur Zeit Napoleons , der solch ungeheure Anstakten liebte, sere Franzosen nicht heraus. Clozel, der in Paris als Mit
und dem es ein Leichtes war sie z« unterstützen , da alle unter glied des 'rtio'Stre S« IU«^»n>« in Scribcschen kleineren Lust
jochten Völker beystcueru mußten. Allem wozu eine eigene spielen und Vaudevillcs die Hauptrollen mit Bcyfall spielte,
heroische Oper in einer Hauptstadt, welche cive koiiiische Oper zeigt nur, wenn er sich, wie z. B. als Tartuffe, in die Kaut»
besizt, mit welcher die heroische sehr gut vereinigt werden konn eomeäie versteigt, baß er bcyScribe bleiben sollte; Dclcour,
te, wie i» Italien auch nur eine Anstalt für ernsthaste und der erste Liebhaber , klein , auf keine Weise wohlgestaltet zu
komische Oper» vorhanden ist? Run bcsizt frcylich die große nennen, süß, jezt steif und abgnnegeu, dan» maßlos rasend,
Oper auch noch das Vorrecht, große Ballette aufzuführe», und kreischend, mit Händcn und Füße» zugleich arbeitend, gibt nur
in diesen hat sie wirklich eine schwer zu übertreffende Vollkom ein Bild aller Fehler fianzosischcr Schauspieler, ohne durch
menheit erreicht. Allein auch andere Theater haben ihre Bal gute Seiten die Fehler verschwinden zn lassen ; Madame Roy,
lette , und zwar ohne baß sie den Staat das Geringste kosten. bis jezt die erste Liebhaberin , von Manchen für schön gehalten,
Man hat nun aber einmal das Worurtheil, es müsse eine große nicht mehr in Jugendblüthe , erinnert, wie alle französischen
Oper in Paris bestehen, sie müsse mehr koste« als sie einbringt, Schauspielerinnen , in einzelnen Züge» und Nrcenteu an die
und es müssen große Aufopferungen geschehen um sie zu un Meisterin der jetzigen Schauspielkunst, aber nur. um wie ZcdeS
terhalten. Da man jedoch vor Kurzem gcnbthiar. war, einige Abbild auf das Vorbild hinzuweisen, und schmerzlich fühlen z»
Einschränkungen zn machen, so hat man das Musikkonservato- lassen , roie viel man bey so schwachem Ersätze entbehre; die
rium bedeutend vermindert und acht bis zehn Professoren ans Soubrette weiß durch Beweglichkeit, durch Schminke und
Pension gesczt. Die sogenannte Deklamativnsschule ist fast Schnürbrust ihren Taufschein Lügen zu strafen; doch könnte
ganz weggefallen , weil man durch Erfahrung belehrt worden sie einigen Zungen Schauspiclörn mit ihrem Ucberfluß an Jah
ist , dag ein angehender Schauspieler leidlich deklamiren kann, ren ein großmüthigcs Geschenk inachen. Die zrcryte Liebl«be-
ohne baß er beßhalb ein gnter Schauspieler wird , und in der rin ist weinerlich und sentimental, wie fast alle junge französi
Thal ist bis jezt ans der Dcklamationsschnle noch kein einziger sche Schauspielerinnen; Dem. Fusil, welche vor zwey Jahren
ausgezeichneter Schauspieler hervorgegangen. Ein guter Schau in Berlin dcbülirte , war viel frischer , gewandter und kecker.
spieler, mcyucn die Journale , müsse sich nicht i« der Schule, Sarte, der Komiker, forcirt, crtravagirend, ermangelt gänz
sondern auf der Bühne ausbilden. Allein da zn jeder Kunst lich der Trockenheit, wodurch Polier auch die Grämlichsten zum
doch Vorübungen und Unterricht gehören, so sollte man glau Lachen zwingt; Dnriuffel. welcher die Alten zu spielen hat,
ben, daß anch die Schanspiclkunstdcrsclben nicht entbehren könne. schläfrig, matt und »„beweglich, könnte, wenn ihn sein ?K-
Vielleicht lag die Schuld des geringen Erfolges der Deklama cent nicht als Franzosen legitimirtc , für einen bequemen deut
tionsschule an der Art der Unterweisung ; die Professoren wa schen Schauspieler aus irgend einer unbekannten Provivzial-
ren übrigens im Stande gnt zn unterrichten , den» man hatte sie stadr gehalten werden; Dem. Antonin, welche s« geschickt als
aus den beste« Schauspielern des 1'Kestee sr»i>^»i« ausgewählt. schön seyn soll , ist, wie die Theaterzettel melden, auf der
(Die Fortsetzung folgt.) Reise trank geworden , und leider hat ihre Krankheit schon ein
Alter von sechs Wochen erreicht. Dieß Personal also wird den
Berlin, Januar, Vorstellungen unserer Bühne keinen Abbruch tlinn. Doch ha
(Fortsetzung.) ben die französischen Schauspieler leichteres Spiel , denn man
Der Mangel an Stoff ist nickt nur dem Sawrikcr, sondern cher Zuschauer sieht sie ä«»s I'interel «on ii»t«>cti«n, um
Zebein Berliner Korrespondenten fühlbar ; den» will er nicht platte franzosisch sprechen zu höre» ; über die Witze wirb schon ge
Stadtgeschichten. Börscnnachrichten oder Zeitungsberichte nacher lacht , nicht weil sie wi«ig , sondern weil sie verstanden sind,
zählen, so bleibt ihm nichts anders übrig, als von dcrBülme, «nd und die Freude sich so gebildet zu finden , ft-anzösischc Stücke
immer wieder von Her Bühne z« sprechen ; solchen Berichten kann sehen zn können , niacht manchen sonst strengen Kritiker weich
er aber nur dadurch, so viel er es im Stande ist, Gehalt ge nnd billig gesinnt. Sogleich ist denn auch in einem unserer
ben . daß er vom Gehalt des Dargestellten mehr als von der politischen Blätter eine Reihe französischer Reccnsioneu erschie
Darstellung spricht , die nur am Orte selbst Interesse zu erre nen, welche ein französischer Lehrer oder Prediger dem andern
gen vermag. Damit hat er denn auch zugleich die Seite des aufzubürden sucht. Bis jezt haben Possen. WandevMcs und
Berliner Lebens hervorgehoben, nicht unmittelbar mit dem größere Komödien init einander gewechselt; die Vandcvilles ge
Genüsse selbst zufrieden zn senn, sondern den Genuß besonders lingen am wenigsten, weil mir ein oder zwey Mitglieder die
im Hin - und Hergerede nnd in der flacheren oder tieferen Kri EoupletS zu singen verstehen.
tik zu finden. Ein Berliner ist ein geborener Raisonncnr. (Die Fortsetzung folgt.)
Daö Königshaus ist fast der einzige Gegenstand, der dieser
Kritik entgeht, denn die nngetheilte Liebe für die Person des Bevlag e: literarurdlatt Nr. 16.
Verlegt von der I. G. Cotta 'scheu Buchhandlung.
M o r g e n b l a t t

für

gebildete Stände.

Sonnabend, 2?. Februar i 8 2 s.

Rastlos vorwärti mußt bu streben.


Nie ermüdct stillt stebn.
Willst iu dic Bollcudung sch».
Schiller.

R e i se nach N u b i e ». Nil hinauf zu reisen , und das noch wenig bekannte Nu-
die» zu besuchen. Sin kleines Fahrzeug mit einem Stroh
(Fortstyling.) dache bedeckt wurde mir einem Vorrath von Zwieback, Lin
Auf hohen Würfeln von Erde, die an den Ecken der sen und Zwiebeln beladen, und nachdem ich von meinem
Kornfelder «erthettt waren, standen Mädchen und Knaben, gastfreundlichen Wirthe Abschied genommen, verließ ich
um durch «armen und Händeklatschen die Vögel von der die Ruinen Thebens und segelte mit vollem Winde den
gereisten Frucht zn verscheuchen. Die Symmetrie, in welcher Nil hinauf. Ein Mameluck, ehemaliger französischer Mi
die Zußgestelle der Länge »ach aufgestellt waren, die dunkle litär, begleitete mich als Dolmetscher, und ein Ungar,
Körperfarbe der völlig nackten Kinder, der Glanz der »er- der sich bis Theben verlaufen Katte, folgte mir als Bedien
goldeten Kornäln-en und das magische Licht einer dämmern ter. Die Schiffsmannschaft bestand aus dem Schiffer und
den Morgenbeleuchtung verursachten eine Täuschung eigner vier Matrosen , wozu sich an der ersten Catarakte noch ein
Art; alles erinnerten mich lebhaft an manche plastische nnbischcr Steuermann gesellte. Mit dieser wohlbewaffne
Darstellung «Iter Kunst, und gab mir einen neuen Be ten Mannschaft erreichte ich nach einer zehntägigen Fahrt
weis, wie treu die Künstler des Alterthums die sie um den Hafen von Assuan, dem alten Syene, an der Grünze
gebende schöne Wirklichkeit aufjufassen wußten, und wie weit zwischen Aegypten und Nubien. Hier hatte die Landschaft
entfernt wir von dem wahren Verständniß der Antiken einen ganz eigenthümlichen Charakter, völlig verschieden
sind, wenn wir ihre Vorbilder in einem unbestimmten von dem früheren. Eine Menge kleiner und großer Gra
vorgeblichen Ideal aufsuchen. In diesen Betrachtungen nitblöcke, schwarz und wie Metall glänzend, stehen aus
meinen Weg fortsetzend, überraschte mich plötzlich der An der spiegelhellen Wasserfläche hervor, und weiterhin drängt
blick der unermeßlichen Ruinen Thebens, die sich in den sich der Fluß schäumend zwischen hohen, senkrechten Felsen
glühenden Strahlen der aufgehenden Sonne am Horizont durch. Am Fuße des einen dieser Felsen liegt rechts die
erhoben. Bei meiner Ankunft in Theben, am Z2sten Tage Insel Elepbontine mit ihren ägyptischen Trümmern und
nach meiner Abfahrt von Cairo, fand ich auf den hohen dem Nilmesser; auf der andern Seite erheben sich hoch
Pylonen des Tempels wohnend den ehemaligen französifchen in phantastischen Formen die Uebcrreste der alten Stadt
Gencral-Consul, Herrn B. Drovetti, der sich dort mit und weiterhin, seitwärts, die neue Stadt, der Sitz eines
Ausgrabungen beschäftigte. Mit den Studien der bedeu türkischen Cachefs. Meine Vorräthe wurden hier ausge
tenden Reste des alten Thebens beschäftigt, verbrachte ich laden, und unser kleines Fahrzeug, an Seilen befestigt, von
geraume Zeit, und hier erst faßte ich den Entschluß , den zwanzig Männern den Strom aufwärts gezogen, der brau
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send zwischen einem Labyrinth von Felsen durchbricht. Wäh gegenüber ist der Ort , wo die Karavanen aus dem östli
rend dessen nahmen wir unfern Weg durch die Wüste am chen Theile an den Nil gelangen , und Straußfedern, El
rechten Ufer des Nils, und gelangten, so die Catarakten fenbein, arabisches Gummi und Sklaven dem ägnptischen
umgehend und uirser Gepäck auf Kameclen fortschaffend, an Handel zuführen. Siue Tagreise weiter, Strom auf
die Gräuze Nubiens. In der sandigen Ebene, welche wärts, macht der Muß eine starke Krümmung, so daß
wir durchzogen, erhebt sich nach Osten zu eine lange, groß- der Nordwind, der uns bisher hinaufgetrieben hatte, uns
tentyeils zerstörte Mauer von ungebrannten Ziegeln. 'Die beinahe entgegen war und wir nur mit Mühe weiter konn
Bestimmung derselben war unstreitig', die Verbindungs ten. Während die Schiffleute unser Fahrzeug den Fluß
straße zwischen den Gränzorten Nubiensund Aegyptens gegen hinaufzogen, besuchte ich die Felder und einzeln stehende
Ueberfjlle zu schützen. Wir erreichten «och an demselben Tage Wohnungen längs dem Ufer. Es ergözten mich die vielen
den Nil oberhalb der Catarakten, wo er wieder schiffbar Vögel, die frischen Blüthcn einiger Bohnenfelder, und
ist. Mein Fahrzeug war ebenfalls angelangt, und wäh die Menge ganz kleiner Schmetterlinge von glänzender
rend dasselbe von neuem beladen wurde, besuchte ich die Silbcrfarbe. Der öden Wüste einen Augenblick entrückt ,
Insel Philä mit ihren großartigen Monumenten. Von verursachten mir diese ärmlich bebauten Felder ein wahres
allen Seiten bietet diese Insel einen wundervollen Anblick Vergnügen, und es wurde mir nun verständlich, wie die
dar, und ihre Ruinen sind vor vielen andern geeignet, ei dichterische Phantasie eines Arabers einen solche». Ort in
nen richtigen Begriff von der Wirkung der ägyptischen ein Paradies umschoffen kann. Die Wohnungen, die ich
Architektur zu geben. Die mächtigen Granitblöcke, die hier sah, waren größtentheils Hütten < aus Strohmatten
hier von der Natur übereinander gehäuft sind, die hohen, zusammengesczt, mit denen die Bewohner auf das entge
kahlen Felswände, die das Ufer bilden, geben der Umgebung gengesezte Ufer flüchten, sobald sich ihnen Feinde aus dem
einen imposanten und zugleich phantastischen Anblick. Hier Innern des Landes nähern.
begann meine Fahrt in Nnbien.. Der Weg ging über De (Die Fortsetzung folgt.)
büt, Kalapsche. Da ich bei der Hinauffahrt jeden gün
stigen Wind benutzen mußte, konnte ich die überall befind
lichen Monumente nur gelegentlich untersuchen , und ver- Die Schlacht von Lepanto.
' sparte das nähere Studium auf die Rückreise. Bei unse
rer Ankunft im Dorfe Danduhr versuchten wir einigen (Fortsetzung.)
Mundvorrath anzukaufen, denn feit Langem waren wir Die Heerschau schloß mit einer religiösen Feycr. Mit
auf den Zwieback und die trockenen Hülsenfrüchte beschränkt, ten auf dem freuen Platze im Angesicht der Flotte und des
die wir aus Aegypten mitgebracht. Die Einwohner aber Meeres, das bald Zeuge ihrer tapfcru Thaten werden sollte,
schienen furchtsam und an den Anblick von Fremden wenig wurde von dem ErMschofe von Catania ein Hochamt gehal
gewöhnt, so daß wir mit Mühe einige Töpfe saurer Milch ten, und die vom Pabste geschenkte große Fahne, auf der
erhielten, nachdem ich vorher den Kindern, die nackt herum die Himmelfahrt Christi gestickt war , eingesegnet. Noch
liefen, mehrere bunte Glaskorallen ansgetheils hatte, um bis auf den heutigen Tag flattert diese siegreiche Stan
das Zutrauen der Einwohner zu erwerben. Dann schifften darte, die bei Lepanto den Christen das Zeichen gegeben,
wir auf das entgegengesezte linke Ufer, wo ich ein kleines jährlich einmal den 7. Oktober über der Feste Ga«ta.
Monument mit einfachen und angenehmen Formen gewahrte. Welser nahm an diesen Fcperlichkeitcn einen AntKeil,
Fünf Tage nach unserer Abfahrt von den Catarakten er der vielleicht den aller Andern an Innigkeit übertraf. Der
reichten wir die Umgebung von Girscheh. Die ersten Musterung hatte er an der Seite Don Juans beigewohnt,
beiden Tage dieser Fahrt führten nnS an einzelnen und der Anblick des kriegerischen, prächtig geordneten Heers
Dörfern, Gruppen von Palmen und Akazien vorüber, machte einen großen Eindruck auf ihn; seine Phantasie
irekche das ziemlich flache Ufer beleben, dann aber folgte flog hinweg von Messina in das feindliche Lager, er sah
ein einförmiges Felsengebirge, das sehr nahe an den beiden schon im Geiste die Heere gegeneinander stehen, den Sieg
Ufern fortläuft , und nur eine» schmalen Streifen wenig entschieden, das Schiff, auf dem Octavia war, erobert,
bebauten, sparsam bewohnten Landes zwischen dem Fuße und sie selbst in seinen Armen aus den Flammen heraus
der Felsen übrig läßt, hinter welchen sich die Wüste aus getragen.
dehnt. Weiterhin verwandelt sich die ganze Gegend in Am lezten Abende war eine große Festversammlnng
eine flache Sandwüste , aus der sich nur einzeln stehende im Pallaste des Prinzen. Hier that Weiser öffentlich dem
Berge im Hintergrunde hervorheben, die sich erst dcy Obergeneral seinen Wunsch kund, als Freiwilliger mitzu
Essabua wieder dem Flusse nähern. Der Tempel von ziehen , und wurde von diesem dem versammelten Adel als
Dekkeh steht in der Wüste , und bei dem von Maharraga Adjutant auf seinem Schiffe vorgestellt. Als am folgenden
ist nur wenig Anbau sichtb«. Den Ruinen von Essabua Morgen, den si. September, die Sonne die Gipfel der
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Berge röthete, lichtete die Flotte die Anker. So früh wankende Hofgunst wiederherzustellen, hatte er den Snr-
die Zeit war, so drängte sich dennoch am Gestade eine fchluß gefaßt, die Schöne, die seine Gefangene war, in
zahllose Menschenmenge, welche die Schiffe mit ihrem das kaiserliche Serail zu liefen,.
Zuruf verfolgte , als der Westwind ihre ^Scgel schwellte, Cr war es, der Octavia, sammt ihrem bejahrten Ver
und die Flotte in schönster Ordnung, voran das Kapitän wandten und demMalthcscr de Floris von Siziliens Küste
schiff, aus dem Hafen lief. weggeschleppt hatte; alle drev befanden sich eng verwabrt
In den lezten Tagen des Septembers steuerte ein klei an seinem Bord. Längst hatte er den bevden Männern
nes türkisches Geschwader durch die Meerenge von Lepanto. für ein Lösegeld von zwanziglauscnd Goldthalern dle Zrev-
Es bestand aus fünf kleineren Schiffen und einem größern, heit angeboten ; die ritterlichen Gefühle der Shre erlaub
daö sich durch seine Größe als das des Anführers ankün ten ihnen nicht, sich die Zrevhcit zu kaufen und eine Lei
digte, und nicht wie die andern nur drei, sondern sieben densgenossin, eine Verwandte hülflos in den Händen ei
Kanonen führte, nämlich zwei auf jeder Seite und drei nes Barbaren zu lassen ; sie boten ihm das Doppelte deS
auf dem Vordertheile. Sie waren alle schmutzig, wie die Lösegeldes für Octavia, vergeblich; aber so wenig ihre Bit
türkischen Schiffe gewöhnlich, kaum daß die Galeere des ten etwas über den Korsaren vermochten , so wenig beug
Anführers sich hierin ein wenig zu ihrem Vortheil aus ten seine wilden Drohungen ihren Cntscdluß , nicht ohne
zeichnete. Leztere hatte trotz idrer Größe nur ein Ver Octavia srev zu werden. Jezt befanden sie sich im Ange
deck, unter diesem gingen im obern Räume zwei Reihen sicht der Flotte des Kapudan Pascha , die im Hafen vou
enger Behältnisse oder Käfichte hin, die für den Aufenthalt Lepanto lag; der lcztc Versuch, den Gefangenen die Frev-
von Gefangenen bestimmt sevn mußten. Die Schiffsmann heit zu verkaufen, schlug fehl; schäumend überließ sich der
schaft hatte ein furchtbar wildes Aussehen. Der Kapitän Korsar seiner Wuth , die Siziliancr , mir Ketten belastet,
sah noch abschreckender auS als die Andern ; er war ein ihrer Verzweiflung ; aber was blieb ihm nun anders übrig,
Mann von 6i) Jahren , ein langer weiser Bart vermehrte «ls eine gute Miene zum bösen Spiele zu machen ? Cr
daS Furchtbare seines Ansehens , seine Augen bliztcn ein war auf einen Streifzug nach Cvpcrn ausgeschickt worden,
boshaftes Feuer , sein Haar, daS, so weit es vorstand, er hatte diefe Reife, wie wir wissen, zu Nänbcrcven an
struppig und ungeordnet war, bedeckte oben eine rothe Siziliens Küsten bcnuzt, «ud war jezt dem Pascha Re
Mütze. SS war der in der Mitte des sechszehnten Jahr chenschaft schuldig ; schnell beschloß er , die Siziliancr,
hunderts vielberüchtigte Korsar Ulichpali. Cr war in Ka- von denen er kein Gold erpressen konnte, bevde für Mal
labrien geboren, und hatte sich, trotz seines nieder« Stan teser auszugeben, und durch ihre Auslieferung an Ali
des, in seiner Jugend ziemliche Kenntnisse erworben. feinen gesunkenen Kredit zu heben. Als er aber mit sei
Im zwanzigsten Jahre trat er in den Kapuzinerorden in ner Beute auf dem Admiralschiff vor Ali, den Kapnoan
einem Kloster bei Sorrento. Aber sein glühendes Tem Pascha, einen schönen Mann von drevßig Jahren, trat,
perament vertrug sich schlecht mit den Regeln des Ordens ; wurde er bald gewahr, daß er sich verrechnet habe. De
als er einst auf einer Uebertretung des Gelübdes betreten Floris, der das Arabische verstand, machte den Kapudan
wurde, erschlug er den unglücklichen Bruder, der ihn ver- Pascha in der Absicht, alle seine Beredsamkeit für Octavi«
rathen wollte, floh ins Gebirge und ward zuerst Räuber, aufzubieten , mit ihrer Anwesenheit auf UlichvaliS Schiffe
später , als er schon in den Gräueln dieses Gewerbes er bekannt. Dessen bedurfte es übrigens nicht ; die Mann
starkt war , Korsar. Schnell verbreitete sich sein Ruf zu schaft des Renegaten , aufgebracht dariiber, daß eine schö
einer Zeit, wo im Mittelmeere so viele berüchtigte Kor- ne Sklavin sie um den Antheil an dem reichen Lösegeld der
sarcn , wie Doagut und Hairadin Barbarossa, hausten. Als beyden Christen bringen sollte, hatte, sobald sie mit der Haupt-
später die Franzosen und Spanier daS Meer säuberten, und flotte vereinigt waren, einen aus ihrer Mitte mit dem Amte
andernseits die Türken Korsaren von Ruf mit offenen des Vcrräthers beauftragt, und so wußte Ali bereits, daß der
Armen aufnahmen , ward er Mohamedaner, trat in den Korsar sich gerne aus eigene Rechnung mit seinen Gefan
Dienst des Großherrn und widmete sich mit allem Eifer genen abgefunden bitte.
der Verfolgung der Christen. In einem andern wesent (Die Fortsetzung folgt.)
licheren Punkte dagegen war er seinen neuen Pflichten weni
ger treu. Seine jetzige Stellung im Dienste des Sultans Korrespondenz-Nachrichten.
Verlin, J«„uar.
erforderte nämlich , daß er Räubereien auf eigene Faust kZntskgung.)
aufgebe, wenigstens mit größerer Scheue betreibe, »nd , Zwischen der eom«6i» und der Niedern ist de»
wenn er im Dienste des Großherrn wichtige Gefangene ge den Franzosen »in unendlicher Unterschied. Stücke wie der
macht, diese ausliefere. Alleingegen dieses Gesetz hatte Tartuffe. u> s. f. nekmen irgend eine Seite de« mensch
lichen LlioratterS Knau? , machen sie zu einer Person , und
er schon vielfach gesündigt und war darüber bereits ve» , stellen i» dieser nun nichts weitere« dar, al« «lle «rsancdenen
dem Sultan in Mißkredit gekommen , und eben um seine I Nüaneen, die solch ein Ehorattcr darbietet; der Geizige ist
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nichts att geizig , öer Scheinheilige nichts al« scheinheilig, ständigten sie sich wieder mit dem Direktor des VbeontbearerS,
und die ganze Jntrigue. alle Nebenpersonen Haben nur den wo sie zuvor gespielt hatten, und traten mm auf dieser
Zweck, die Gelegenheiten darzubieten, das; solch ein Charcikrer Bühne «ieder auf; seitdem fahren sie fort, von Zeit zn Zeit zn
sich nach allen Seiten Hin darstellen könne. Alle Individuali spielen. Bei) auHerorde»tlicht« 'dramatischen Darstellungen,
tät und Persönlichkeit geht darüber znGrmide; und wenn eng z. B. bei) Benesizvorstellungen berühmter Schauspieler, spie-
lische und deutsche Lustspiel - und Trauerspielgcstalten in ihr« ten sie auch wohl ein englisches Stück vor oder hinter einem
Charaktcrbcstiinmthcit deniroch immer noch ganze, erfÜllteJns französischen, und man kündigt so eben in de« Zeitungen eine
dividuc» bleiben, so werden die französischen dazu ausgeleert, Beneffzvorstklluiig deS Hrn. Baptifle , Schauspielers beS
nur Repräsentanten irgend einer menschlichen Schwachheit. Dnestr« 0»i>s»i» an, die a«S einem französischen Lust - oder
Charaktere,genhcit, Tugend oder Schändlichkeit zn sepn. Da Trauerspiele, einer italienischen Oper und einem englischen
gegen stellen die kleinere» Lustspiele und Vaubevilles Jnrriguen. Trauerspiel bestehe« soll; also italienisch, französisch uud eng
Späße. komische Züge dar. bcu welchen umgekehrt die Indi lisch auf einer und derselben Bühne, a» einem und demselben
vidualität deS Schauspielers das Beste thnn ,nuß . und die «>,ft Abende; ich glaube, fo etwas hatParis »och nicht erlebt. Klas
als unmittelbare Kopicen au« dem Volksleben herausgenoimnen siker, Romantiker, Mnsikcr. alles muß an jenem Abende zu
sind. Wenn in der Ksuie «vmeciie jede Begebenheit , jeder frieden von bannen gehen ; frcylich werden bcv -solchen Gele
einzelne Zug, jede Situation einzig und allein im Dienste der genheiten die Preise verdoppelt und auch «ohl »erdrevfacht; al
Darstellung eines bestimmten, «inseitig herausgehobenen Cha lein in dem geldreichen Paris ist bieg kein Hinderniß für daS
rakters steht , und höchstens eine Liebcsinlrigue sich interesse Füllen des Schauspiclsaals, und gewiß wird sich Baptiste einer
los hindurchzieht, so herrscht in den kleiner« Stücke« gerade guten Einnahmc zu erfreuen haben. Auch die deutsche Kunst
die höchste Zufälligkeit , tausend bunte Vorfälle. Situationen. wirb von diefer Vereinigung nicht ausgeschlossen bleiben, denn
Eigenthümlichkeiten , ja Jdrofyncrasice» werde« durcheinander Dem. Svntaz hat versprochen, die Rolle der Ccncrcntola zu
geworfen, und dieß heitere Spiel des Zufalls, der Neigungen singen; das wird also eine ganz kosmopolitische Bcncfizvorstcl-
und Begebenheiten macht den ganzen Inhalt und Reiz auS« lung «erben, und wen» die Völker einmal so cinmüthig zusani-
Wollen «ir uns nun von der französischen BcrlinerBülme menspiclcn werden als ihre Schauspieler, so wird gewiß das
zu der deutschen wenden , so schallen uns w Betreff auf da« goldene Zeitalter nicht mehr fern scpn. In den lczten Tage»
königliche Theater sogleich von allen Seiten laute Klagen ent ist der Londncr Schauspieler Ferry. Direktor dcS Adelphirliea-
gegen. Fast alle Blätter fangen iezt an mit Offenherzigkeit ters, herübergekommen, und hat als Gastrolle den .,Köuig
und beabsichtigt leidenschaftsloser Ruhe den Versa« dieses so Lear" übernommen , den die englische Truppe bisher noch Nicht
reichlich ausgestatteten Instituts nicht mehr zu prvphczeihen, gegeben hatte. Dieses Trauerspiel SKakespcc^cs wurde mir vie
sondern als gegenwärtig und unläugbar darzustellen. And i» len Abänderungen gegeben , wie es in London gespielt werden
der Tl'at ist eS dieser Bühne auch wie einer altgewordcnen seil; die Rolle des Hofnarren war ganz weggeblieben. Aber
Schönen ergangen , welche durch allcrleu Toiletten - und Rede frcylich -würde der reine Tert von cincm französischen Publikum
künste lange eine falsche, frische Jugendlichkeit und geistreiche kaum ertragen worden sc». Shakespeare hat btos eine alte
Lebendigkeit erheuchelt, bis sie sich endlich bey Tageslicht zei Sage dramatisch behandeln und entwickeln wollen. Dieß be
gen muß , und nun alle , welche jczt nur die Schminke , die er denkt aber ein Pariser Publikum nicht , sondern findet die Be
loschenen Augen, den zum Lächeln gezwungenen Mund, die handlung des alte» Königs und das Betragen seiner Töchter
vornehm zn den Sternen gehobene Nase sehen , sich nicht ge abgeschmackt und ungereimt. Zudem ist das Stück viel zu lang
nug darüber wundern können, daß sie nicht seitJaKren scheu das für französische Geduld , eS dauerte über dre» Stunde». Jer
falsche Spiel entdeckten. Doch sind wir weit entfernt nur der ry gab de» König mit tiefem Gefühle und pathetischem Aus
Direktion oder den Schauspielern alle Schuld aufzubürden ; drucke, indessen mcynten doch die alten Franzosen , ihr Pri-
«och weniger mögen wir uns denen bcygcscllc» , die gern gu zard, der sich ehemals in dieser Rolle nach der Ducisschc» fran
ten Rath crtheilen wollen ; denn Nachgeben ist auf der Welt zösischen Behandlung des Stückes sehr auszeichnete, habe sich
das schlechteste Geschäft ; wer nicht schwimmen kann, der bleibe mit weit edlerem Anstände benommen. Cordelia wurde durch
auf irgend einer Sandbank siycn , oder bocke sich als blinder die reizende Miß Smithson dargestellt; diese Rolle ist keine
Passagier auf irgend ein Marktschiff; durch bloßen Rath der bedcutcudstcn. Es heißt nun, die englische Truppe werde
wird keiner schwimmen lernen. Und dießmal liegt das Uebcl zuin zwcyten Male nach der italienischen Oper zurückkehren ;
auch tiefer, als baß ihm abgeholfen «erden könnte. Ein vielleicht bat sich die Opcrndirektion erweichen lassen, und ver
Hauptgrund des allgemeinen Verfalls fast aller deutsche» Büh sprochen nicht mehr eifersüchtig zu fevn.
nen ist in der heutigen Stellung der Kunst überhaupt zu su (Die Fortsetzung folgt.)
che». Ihre Zeit ist aus; sie steht in dem Widerspruche, einer
seits noch die Prätcnsivn zu haben alles Höchste und Beste. Auflösung der Charadc in Nr. 41:
Tiefste, Gediegenste, alle großen Interessen des LebenS,'alle Wahr- Ha lS bau d.
heile» des Himmels mib der Erbe darstelle» zu wollen , und
dennoch anderseits für die Darstellung solchen Inhalts nicht C h a r o d t.
mehr die genügende Form zu feyn. und mehr und mehr ih von zwev Svlben»
ren Ernst zur Sache nur de« SpasseS und Amüsements ver Herrlich in der Schönheit Glänze
kehrt zu sehen. Die Kritik ist an die Stelle des Kunstgenus Strahlst du mir, das holde Ganze;
ses getreten , und die Kunst hat ihre Majestät verloren. Doch du mußt nach kurzer Frist
(Die Fortsetzung folgt.) Mir zum Zwehten dich verbinden.
Wenn du gleich das Erste bist.
Paris, Ende Januar. Zwar noch Andre kannst du finden.
(Fortsetzung.) Und es ist ein ernster Sang;
Es wurde von der großen Oper bewirkt, baß die Englän Doch bedenk', in später« Tagen
der nicht mehr an den Opernabenden im italienischen Theater Wirst du schwer am Ganzen tragen.
spielen sollten. Sie wovten anfangs fortziehen , indessen ver Den» daS Erste währt nicht lang.
Verlegt von der I. G. Cotta'schen Buchhandlung.
M o r g c n b l a t t
f ö r

gebildete Stände.

Montag, 25. Februar i 8 2 8.

Au« eurem Kbrper stral'lt irr Weisbeit Licht ?


Ist bieg kein Wunder, so v?rste>>' ich's nicht.
Al« RanzcS soll es schimmern wie Karfunkel ?
Und seine Theilc sind doch matt und dunkel.
Piron.

Die Kammer der Gemeine« des engli« nicht, was das für ein Ort ist, und wie es dort hergeht.
scheu Parlaments. Gesezt der Taubenschlag , den der silberne Schlüssel einer
Man Kört gerne vom englischen Parlament reden, halben Krone dem Publikum aufschließt, scv jeden Abend
man ist neugierig, seine Formen, seine Gebräuche, seine mit einem neuen Auditorium angefüllt, so braucht es Kun
dert Jahre, btS die ganze männliche lebende Bevölkerung
Redner kennen^« lernen, und deßhalb wird die Skizze, die
an diesem Ort gewesen ist. Die Kenntniß, die das Volk
ein Engländer selbst davon entwirft, nicht unwillkommen sevn; im Allgemeinen von der Kammer der Gemeinen besizt, ist
sie ist in humoristischem Tone verfaßt, man kennt ja die Vor wirklich sehr ähnlich seiner Kenntniß vom Monde ; beide
liebe der Engländer für dergleichen ironische Beschreibun sieht es durch Fcrnröhre, und die wenigstens, durch welche
gen, wo sich die Satyre hinter naiver Gutmüthigkeit, es St. Stephan betrachtet, sind nicht achromatisch ; der Ge
und der SxoN hinter dem höchsten Ernste versteckt. Da genstand färbt sich dadurch verdammt häßlich ; während sie
der Verfasser keine politische Mevnung ausspricht, so ver hier vergrößern , verkleinern sie dort und entstellen beide
dient er immerhin Zutraue». Man wird sogleich bemer mal vollkommen. Nimm die Morgenzeitungen zur Hand,
ken, daß das Stück drei Jahre alt ist, und aus der Zeit in denen über eine lange Debatte berichtet wird, vergleiche
herrührt, wo Canning, noch nicht allmächtig im Ministe sie, und du wirst solche Varianten im Style einer und der
rium und in offener Opposition mit der Wbigparthie, die selben Rl'de finden, daß wer bloß Sin Journal liest noth-
selbe mit Schonung bekämpfte , und so den Grund zu ei wendiq von jedem Redner sich einen ganz andern Begriff
ner Macht legte, die für seinen Ruhm und sein Vaterland macht , als einer , der ein anderes Journal liest. Glaubt
von zu kurzer Dauer war. Die bisher eingetretenen Ver man, die Zeitungsberichte geben ein treues Bild der Kam
änderungen sind nicht so wichtig, daß die Beschreibung der mer, so weiß man gerade so viel davon, als man zur See
Kammer von 1825 nicht auf die Kammer von IS23 paßte. von einem Wallfisch weiß; man sieht sein Maul, man hört
Die St. Stephans Kapere. das Schnauben der Naslöcher, sieht ihn mit dem Schwänze
Die St. Stephans-Kapelle macht die eine Hälfte deö schlagen, aber die große Masse des Thiers bleibt unter
Jahrs hindurch den Hauptgcgenstand der Unterhaltung des dem Wasser. Burdett, Brongham, Huskisson, Robinson,
großbritanntschen Publikums aus, und immer findet sie Canning, Home sind, getrennt oder vereinigt, nicht die
Mittel, den Leuten eine Verbindlichkeit aufzulegen, die Kammer der Gemeinen , jene mächtige Maschine , die- das
sie für das andere halbe Jahr im Gedächtnis erhält. Aber Volk reprasentirt und den Beutel des Landes in der Hand
der größte Theil dieses Publikums weiß so viel «lö gar hält. Sie sind bloß die erhabenen Punkte, die Glocken
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thürme der Stadt, so zu sagen, oder die Monbsberge, und Thürspalte, während dieKollekt iv e Tropfeiweise hinein
geben so wenig eine Borstellung vom ruhigen, stehenden geht, um auf die Bänke Papierstücke mit dem Namen und
Substratum des Parlaments, als die Londner Thürme von Stand des Wcisheitsbruchcs , der diesen Abend darauf
den Heusern, i» denen die ganze Bevölkerung und ihr sitzen soll, zu kleben *), siehst aber nichts als drei Fenster,
ganzer Weichthum ist. Dieses Substrat constitmrt mm die mit sehr symbolischen Köpfen umher **), und die Spitze ei
sogenannte Weisheit des Parlaments ; und da es in seinen ner alten schwarzen, räucherigen Kanzel. Du erstürmst
einzelne» Elementen eben nicht ausserordentlich «eise ist, endlich die Treppe, hier bleibst du aber zwei Stunden fle
so nennt man sie die kollektive Weisheit, um anzudeuten, hen, und während du Rippenstöße und Fußtritte aus-
daß das Hauptverdienst in der gusammenhäufung besteht! hältft, siehst du den breiten kahlen Schädel des Herrn
Kurz, das Parlament ist weise, wie eine Amtsperrücke Wright hin und herwandcln, so oft er durch die besondere
weise ist; jedes Haar für sich ist nichts weniger als klug, Pforte diejenigen einläßt, deren Schlüssel neuer sind als
thut sie aber zusammen, fristrt, pudert sie, und auf ein- deine halbe Krone ***). Der Sprecher tritt ein,' die Thüre
mal werden sie weise, so daß sie dem Haupte, das sie geht auf und dn fliegst vom Treppenabsatz bis oben an die
trägt, noch mehr Klugheit und Gravität geben, als Mi- Treppe der Gallcrie, als hättest du eine Ladung Kanoncn-
»ervens Vogel besizt. Gerade so ist es mit den Indivi pulver auf dem Rücken. Du trittst in die Gallerie; die
duen, die zusammen die kollektive Weisheit ausmachen. ersten Reihen sind voll, bis auf Einen Platz in der Mitte;
Auf diese solide Substanz der Kammer wollen wir die ein Spaßvogel bietet dir denselben an, und Ha sthst du im
Aufmerksamkeit der Leser richten, denn wir halten es für Schatten des Uhrkastens und siehst lediglich nichts. Ehe
sehr unbillig, daß Leute, die dazu verdammt sind, im du deinen Mißgriff bemerkst, sind alle Plätze besczt bis
Dienste des Vaterlands so viele lange Abende hindurch ge auf den hintersten, und du willst ihn einnehmen, aber noch
duldig zuzuhören und ihre Voten zu geben, unbelohnt bist du nicht zu Athcm gekommen, so jagen dich die Times
davongehen sollen. oder das Morningchronicle weg, räumen dir aber verbindlich
Stelle dir also vor, geneigter Leser, es se? so ein einen halben Platz auf der nächsten Bank, und blasen dir von
großer Paraderag gekommen , so ein Tag, der seit Wochen Zeit zu Aeit die Namen der Mitglieder ein , die ihre Ho
in den Tagesordnungen roth bezeichnet und dreimal ver fenträger avfziehen, ihre Noten auswendig lernen, oder
schoben worden ist, damit seine Wichtigkeit wachse gleich mit den Absätzen auf den Bänken vor ihnen trommeln.
einem Schneeball ; stelle dir vor, die Petitiousmaschinen (Der Beschluß folgt.)
seyeu im ganzen Lande pro und «o»tr, in Bewegung ge-
sczt worden, so daß auf und unter Hein Tisch der Kammer °) Auf diese Meise belegt man in England die Pl.ige.
daS Leder von so vielen Kälbern liegt, als man in Smith- "5) Der öbwc und das Einkorn dcS englischen Wappens.
field in einer Woche kauft ; es ist gegen 2 Uhr, du hast Wahrscheinlich die Goldstücke von einem halben Pfund.
einen weiten Weg zu machen/ fühlst dichausnehmend Diese Stücke sind neuer«» die halben Kroue»(dritthalbSchilli»g).
gedrungen, dich von der Weisheit der Versannnlung
erleuchten, vo» ihrer Beredsamkeit erwärmen zu las
sen , hast daher deine Taschen mit S a n d w i ch e s *) ver Die Schlacht von Lepanto.
sehen , und brichst dir mit den Ellenbogen Bahn durch das
Gedränge in Westminsterhall **). Du nimmst dir, ver (Fortsetzung.)
steht sich, keine Aeit, die wundervollen Verhältnisse der So groß Ulichyali's Ueberraschung und Wuth war,
prächtigsten Scheune in den drei Königreichen zu bewun^ durfte er sich dem Befehle des Paschas, die Sklavin unge
dern , und bist mit Einem Sprung in dem dunkeln Durch säumt an Bord des Admiralschiffes zu bringen , nicht wi. .
gang, durch den der Britte nach einer oder der andern versetzen, und mußte es geschehen lassen, daß sie Ali, theils
Kammer tappen muß. Du stellst dichim Lobby ***) ins aus Rücksicht auf eigenen Vorthcil , theils um den Kor
Glied und siehst den Platz an, wo Percival erstochen saren zu demüthigen , als ein für Sclim bestimmtes Ge
wurde, und die Bank, auf die sich Bellingham nach der schenk auf seinem eigenen Schiffe in Verwahrung brachte.
schrecklichen That ganz kalt niederfczte; du gukst durch die De Floris, iIr durch sein hartnäckiges Flehen für Oktavia
Scnmkcn oder Wildprct zwischen zwei) dü»ncn?uttcrschnitten. und durch seine bestimmte Weigerung, über die drohendeil
Dcr große Saal der Westminsterabtey ; die Treppen zn Rüstungen der Christen im Hafen von Messina Ausschluß
Heyden Kammern gehen «v» hier au«. zu geben, Ali erbittert hatte, ward mit feinem Leidens
«««) kleines , niedriges . dunkle« Zimmer , da« allein gefährten an die Ruderbank geschmiedet.
den Sivungssaal «v» der Treppe trennt. Man kömmt hier Von dieser Stunde an bestand zwischen dem Pascha und
ohne Billet herein , und es sind blos Konflables da , die eine«
von Zelt zu Zeit zur Seite schiebe» ^ um die Parlamcutsglieber Michvali, die sich schon frübcr gehaßt harte», Todfeind
durchzulassen. j schaft ; aber die Nachrichten , die immer drohender von
>9l
Italien her einliefen, riefen den Pascha bald zu ernsteren nahe alle lungern Mitglieder stimmten snr diese glän
Gedanken. Das türkische Heer lag danials in großer Si zendere, aber unkluge Mevnung. Ali, dem die Entschei
cherheit in den verschiedenen Häfen auf beiden Seiten des dung zukam , hätte sehr gerne »ach dem Vorschlag des al
korinthischen MeerbDi/ns; denn bei ihrer damaligen Ueber- ten Pertau entschieden, aber er sah offen die böslichen
nurcht zur See ließ «i> ßch kein Türke einfallen , daß die Absichten des Korsaren, der gegen seine bessere Uebcrzeu-
Christen die Kühnheit haben würden , sie auf ihrem eigc- gnng für den Angriff gestimmt batte; er wußre zum Vor
uen Gebiete anzugreifen. Als nuu aber täglich Eilboten aus, daß er, im Falle einer entgegengefezten Einschei
einliefen, «ls endlich «V t. Oktober cm Grieche kam mit dnng , von diesem bev seinem stolzen Gebieter als feiger
der Nachricht, daß die Christen mit einer ungeheuren Flot und treuloser Diener verlanmdet werden würde, und hatte
te bey Korfu gesehen worden se»en, auf Lexauto zusteuernd, nicht den Muth, dieser drohenden Gefahr seine Pflicht ent
so schien eS dem Kapudan Pafcha räthlich , die Anführer gegenzusetzen. So gab er fast wider seinen Willen den
zusammenkommen zu lassen , um über ihre Angelegenhei Befehl, daß die einzelnen Abheilungen im Hafen von
ten einen Beschluß zu fassen. Wenn sie ihre Streitkräfte, Lepanto sich versammeln sollten, um unverzüglich gegen
welche bei der Abwesenheit eines großen TKeilS der tür den Feind auozulanfen. Es dauerte vom dritten bis zum
kischen Flotte in Cvxern nicht allzubedeutend warn?, im fechSten Mittags , bis alle Streitkräfte der Türken ber>
Hafen von Lepanto zusammenzogen und sich dort rukig einander waren; sie bcliefen sich bis aus 27« Galeeren,
verhielten, so konnten die Christen, da dieser Hafen sehr mit z«,»,m Soldaten bemannt, eine Macht, welche die
fest war und leicht vcrtheidigt iverden konnte, nichts ge christliche um ein Ziemliches übertraf.
gen ße unternehmen. Für Mores war nichts zn besor Am «tcn war die christliche Flotte auf gexhalonia in
gen, da alle festen Plätze des Landes, Patrasso, Koron, dem Hafen Alerandria, der auf der Ostfcite l
Modon, Napoli , Korinth, MessalongKi in türkischer Ge laugt, und hatte hier die Nachricht ,
walt und mir starken Laufen besezt waren, eine Landung den Türken in Lepanto mit ihrer gesammtc» Mgcbt er-,
von Seiten der Christen sich also kaum als möglich denken wartet werden. So wardieSeblachk nun gewiß. Der Prinz
ließ. Aber in diesem Falle zeigten sie Furcht vor den Chri ließ unverzüglich den Defehl ausgehen, daß die Bemannung
sten, was damals dem türkischen Stolze ein unerträglicher einer jeden Galeere für den kvmmendeu Tag aus einer
Gedanke war. Sollten sie also auf die Gefahr eines un gleichen Zahl von Soldaten der dren Nationen zusammen-
sicher« Ausgangs bin gegen einen starken Feind auslau gesczt werden sollte, um die Tapferkeit durch Wetteifer
fen, und die gewisse Sicherheit mit etwas Ungewissem ver und Nationalstvlz zn entflammen. Ferner gebot er, auf
rauschen ? diese Frage mußte im Divan abgemacht werden. den Seiten der Galeeren hie und da Bollwerke ans Holz
Hier zeigte sich aber bald , wie schwer eine freve Bera- zv errichten, hinter denen sich die Schützen verbergen
thung miter den Sklaven eines unumschränkten Despoten könnten ; endlich lieK er unter Trompeteufchall im .^eere
ist. Perran, ein alter erfahrner General Sottmars kl , bekannt machen, daß im Falle eines Sieges alle Galeeren
der als Anführer der Landtruppen diesmal Ali nntergeord- sklaven, die aus Verbrechern aller Arr, Schuldnern u. s.w.
rict war, stimmte unumwunden dafür, daß man die feindliche bestanden, ihre Frexheit erhalten sollten ; denn es fep nichc
Flotte erwarten und ruhig im Hafen bleiben solle; in diesem billig, sagte die Erklärung, daß die, welche im Namen
Falle, sagte er, müssen die Feinde, da sie nnmöqlich eine Christi gegen die Ungläubigen gestritten , und zu Errin
Landung wagen können, so stark sie mich sevn mögen, um gung des Sieges bcvgetragen, länger Sklaven se»n sollten.
kehren, und vielleicht ksnue man sie dann auf dem Rück Diese Erklärung gab den Ruderern unglaublichen Eiser,
züge nnt Vvrtheil verfolgen. Mehrere Stimmen äusserten und die Erfolge des kommenden TagcS rechtfertigten die
diefelbe Mcvnung, und schon >var es beinahe gewiß, daß Maaßregel des Zeldherrn. Uurcr diesen Zurüstungen ver
der Beschluß sich auf diese Seite neigen werde , da auch strich der K. Oktober.
der Kapudim Pafcha diese Ansicht zu billigen schien. In (Die Fortsetzung folgt.)
diesem entscheidenden Augenblicke nahm Ulichvali dos Wort
und führte listig aus, daß bei diesem Entschlüsse aus Alles
Rücksicht genommen sc?, nur nicht ans den Ruhm ihres
glorreichen Gebieters; er fragte, wohin es niit dem Na Korrespondenz- Nach eichte«.
men des Osmannen kommen werde, wenn sie, der Schrck- Berlin, Januar.
len Enroraö, sich feig vor einem verächtlichen Feinde in <FsrtseS»m>.)
einen Hafen verkröchen ; er verlangte , daß in dem Be
richt über den Divan feine entgegengesczte Meunnng aus Es warb zu keiner Zell mehr als Zezt vo» Kunst gespro
chen , über Kunst berichtet , Kunst getrieben . mehr durch äus
drücklich bemerkt werde, «nd stimmte bestimmt dafür, sere Hülf>'aiittcl für Kunst gctl,,in , «bcr eben di> ß Schwätzen,
man solle ungesäumt gegen de» Feind auolaufen. Bev- bitter Dilettantismus , dicZ Wieke» durch AcuKcvlichkeiteu zeigt
nur. daß ihre stille Heiligkeit gleich embr»m HÄIlqrit abhanden Paris, Ende Januar«.
gekommen ist. Thun nicht z. B. unsere jetzige» Tragödien :> Kr,
mödicn:. Possen:, Liederspiel:, Vaudevillc- und Operudich- lZortstizm^.)^
ter «lies, was nur ein Mensch zu tbun im Stande ist , um es
alle,, Schauspielern unmöglich zu mache», je tüchtige Künstler Di« komische Oper, für wclche»Ha^k;r einen neuen und
zu werden ? Der Mangel an Charakteristik, an Individualität, großen Saal baut, bat in der lezten Zelt ,.Masanicllo," Oper
man kann sagen an Seelischen , in unfern neun, Stücken muß in dreh Aufzüge» , ganz nach der Geschichte , wie sie i» der
jeden Schauspieler verderbe». Diese maßlos ins Wilde und neuer» Zeit Meißner dargestellt hat, dramatisch bearbeitet.
Weite Kinausgetriebencn Naupachschcn östlichen Leidenschaften, Carafa , der schon mehrere« für vis, franzdsische Oper gesezt,
diese marklosen, schwächlichen, matten Uechtriysche» Schatten hat die Musik dazu koinponirt ; einige Thcile derselben haben
können wohl Verse, Gleichnisse, l'vhe Redtnsarte» heraus? sei« gefallen . und wenn einmal «inigc Arie» populär wcrdrn,
sprudeln lehren , «der keine Schauspieler für Scyillersche uud so ist dein Stücke geholfen. Scribc ist untcrdcsse» auch nicht
Goerhcsche Dramen erziehen. Die Gräfin Olga und einige müßig gewesen und hat , wie gewöhnlich . mit einem Gehül
Figuren aus Lustspielen sind die einzige» Nanpochschcn Kcstal: st« ein neue« Vandeville gegeben , ..das Heimweh," wozu ir
ten, dnrch deren Darstellung der Schauspieler sich bilden könnte. gend eine Anekdote . die er auf seiner Schweizcrrcise mag auf
Warum sind denn i» Deutschland nur diejenigen Schauspieler gefangen haben , Anlaß gegeben zu haben scheint. Ein Schwei-
Künstler, welche an Jfflandschcn, Schillerschcn, Goetlieschen, zcrsoldat in Frankreich, der sein Liebchen daheim l«>t, bekömmt
ja selbst Koyebucschen und andern Stücke» großgezogen sind? das Heimweh «nd desertirt. Er wird entdeckt, und so« mit
Wir wollen die Periode Jfflandscher Poesie nicht rühmend her- dem Tode bestraft werden. Erst neulich lmt man in Paris ge
vorhebe», aber wen» wir einen Schauspieler zu prüfen hat- sehen, mir welcher grausame» Strenae die schweizerischen Krieg«:
ten , wir würden ihn nur in Stücken aus de», vorigen Jahrs gesctze verfahre» , indem sie eine» Kriminalprozeß über einen
hundert auftreten lassen. Wie schwer wird es jezt den Künst Soldaten in Zeit von einer halben Stunde unter frevem Hin,,
lern, ein Lessingschcs Drama anfzuführen , denn dazu gehört Niel abmachen. Schon eine Viertelstunde . nachdem der Un
mehr als nur Hände, Füße , Arme, Luugc» Brust, Augen glückliche wegen eines Diebstahls zum Tode vcrurthcilt worden
und Zäl'ne. Doch es möchte gcratkener fcpn nicht weiter in war, wurde er erschossen, ohne daß vom Appellirc» die Rede
diesen Tcrr hineinzukommen . sondern mit dem Wunsche , es war; höchsten« ließ man ihm Zeit, sich einige Minuten lang
möge sich alles baldigst znm Besten wenden, zu schließen. zum Tode vorzubereiten. Solch eine uniiöthiHkBarbare« mit
Denn durch das Aufzeigen, wie schlimm der gegenwärtige ten in Frieden«zeiten hat auch alle Semüther empdrt. und
Tbeaterzustand seh , wird er nicht verbessert , sondern zunächst man hat in de» Zeitungen die Frage aufgeroorfen . wie man
durch Trostlosigkeit und Unzufriedenheit nur verschlimmert. mitten in Frankreich dulden könne, daß fremde Gesetze von
Die heranwachsende Kiesige ästhetische Jugend hegt zwar zum solcher Art in Ausübung gesezt werde». Möge» die Schwei
TKeil de» süßen Wahn . als werde es der Philosophie möglich zer inimcrlii» z« Hause solche harte Grseve befolgen, in einem
sev,». der Zrunst in allen Sphären wieder auf die Beine zu licls Lande , wo da« peinliche Gesetzbuch den Verurteilten alle Mit
fen , aber wen» eS zur Staubhafligkeit der Kunst erst der tel zur mündlichen Bcrthcidigung lägt, sollte man dergleichen
PKilosoplne bedarf, so kündigt sich dadurch da« eigene, innere, übereilte Exekutionen nicht zulasse». In dein Scribcschcn
selbstständige Kunstleben schon als gestorben an, und die philo« Stücke geht die Sache jedoch nicht tragisch zu Ende. Es befin
sophische Auferstehung möchte der Kunst viel von ihrer Lieblich det sich gerade in der Schweiz ein ftanzösischcr Epigrammen:
keit rauben, olme welche sie als bloße Seele nicht bestehe» kann. dichter . der sich in da« angebliche Land der Frcpheir geflüchtet
DieBekannschaft mit dem Weberschen „Obcron" scheint un hat , um einer gerichtlichen Verfolgung i» Frankreich wegen
serem Publikum nicht vergönnt z» sevn, den» nachdem alle Ver eine« LibellS «»«zuweichen. Wahrscheinlich spielt das Stück
suche mißglückten , bevor Bül'nen , die köniystädtischc und kö in einer Zeit, wo man den verfolgte» politische» Scyrifrstel:
nigliche , zu gleichzeitiger , wetteifernder Aufführung zu be lern noch nicht die Tliüre in der Schweiz wies , und wo seine
wege» , und die Partirur darauf für Li,« Thlr. über die Spree Macht ilire Auslieferung zu verlangen wagte. Dieser Epi-
wanderte, weil die königliche Bühne diesen Preis zu zal'lc» grammendichler, der sich das Bürgerrecht verschafft hat und also
sich nicht entschließe» konnte, wurde znlczt durch eine Kabi- wie ein Schweizer angesehen wird , findet e« höchst lustig, an
nctsorbre dem kdnigstädrisehen Theater die Aufführung verbo statt de« besertirten Soldaten , der auf Befehl seine« Obersten
ten . in sofern die Oper nicht zu dein dieser Bühne allein er bloS einen ander» Mann zu stellen hat , sich nach Frankreich
laubten Genre gehöre. Da nun der Kontrakt mit dieser Büh senden zu lassen , »nd so, dem Ministerium zum Trotze , da«
ne in Betreff auf die Partitur des Obcron in der Art ab geliebte Vaterland wieder zu betreten. Dieß ist freplict, ein
geschlossen ist. daß nur sie da? alleinige Recht der Aufführung leichter Stoff, sogar für ein bloße« VaudeoiUe; allein Scribe
habe» solle, und die Direktoren den Verkauf der Over an hat daran genug , und manche seiner Stücke sind ans keinen
die königliche Bülme auf jede, Weile verweigern , so ist mc»l fester» Grund gebaut. Die (beliebte in diesem Stücke ist eine
abzusehen, wie olme Verlesung dieses Kontrakts oder ohne Wi Schiffer», auf dem Bricnzcrsee. wahrscheinlich eine wirkliche
derruf der Kabine tsordre die Aufführung übcrhaizpt zu Stande Person. Scribe gibt jezt eine Sammlung seiner Stücke her:
kommen könnte. Sehr befremdlich ist daher die Versicherung an« : sie wird lich auf acht Bände bclaufc». Außerdem erscheint
i» einer uufcrer Zeitungen, dag der Obcron baldigst, aufs noch ein Repertoire derjenigen Stücke, welche auf dem l'Ke«.
Reichste ausgestatter, von der Opernbühne herab daS Publikum »« 60 IVs»6«mc! aufgeführt zu werden pflegen . jedoch werden
entzücken werde. Wie jezt die Sache» liege», wird die Oper die Scribeschc» Stücke hier wohl nicht mir einbegriffen werden.
nach se vielem Hin - und Hcrrede». nach der allgemein gewor
denen Aufmerksamkeit Mühe haben, den hiedurch gesteigerten (Der Beschluß folgt.)
Ansprüchen Genüge zu leisten, und die Widersacher verstehen
vielleicht ihre» Vortheil schlecht . wenn sie die Aufführung fort
dauernd zu hintertreiben suchen.
(Die Fortsetzung folgt.) Vehlage: Kunstblatt Nr. ie.

Verlegt von der I. G. Cvlta'schen Buchhandlung.


M o r g c n b l a t t

f ü r

gebildete Stände.

Dienstag, 26. Februar 1328.

Wir Waten brav, mein dreninal tapfres Vor?,


Doch alles nicht; der Feind hält noch das Feld.
Shakespeare.
Heinrich. V.

Die Schlacht von Lepanto. Vortrab. Die Lastschiffe waren in Cephalonien zurückge
lassen worden , um die Flotte in ihren Bewegungen nicht
lFortsevnng.) .
zu hindern, und zugleich keine Zuflucht alS im Sieg«
Am 7. Oktober in aller Frühe steuerte die christliche übrig zu lassen.
Flotte in Schlachtordnung in den korinthischen Meerbusen Kaum waren die Christen in die Linie der Echinaden
hinein. Der Morgen war kühl und hell und versprach ei gekommen , alS im fernen Hintergründe die Türken sicht
nen schönen Herbsttag. Das Meer kräuselte sich, nur sanft bar wurden. Ihre Stellung bildete einen großen Halb
v»m Winde bewegt, unter der prachtvollen Last der Schiffe; mond und nahm einen weit größern Raum ein, als die
links vergoldete die eben aufgehende Sonne die Gipfel der christliche, theils weil sie mehr Galeeren, theils weil sie
Stadt Lepanto, die an einem Hoden Hügel hinaufgebaut kein Hintertreffen hatte. Gegen Johann von Oesterreich
ist und eigentlich aus vier Städten besteht. Rechts lagen stand Ali, der Kapudan Pascha, gegen Doria Ulichvali,
vom Morgendufte bedeckt, die Echinaden, eine Gruppe gegen Barbarico Siroco, ein anderer türkischer General.
von Inseln, die durch einen Raum von 300« Schritten Viertausend Schritte waren sie noch auseinander, als der
von dem festen Lande des «Iren Aetolien getrennt sind. Prinz, der auf dem Vordcrtheile seines Schiffes die Be
Den rechten Flügel der Flotte auf der Seeseite und gegen wegungen des Feindes aufmerksam beobachtete? seinen
die Echinaden hin befehligte mit vierzig Schiffen Johann Leuten auf dem Schiffe befahl, sich in Schlachtordnung auf
Andreas Doria , der Großneffe des berühmten Seehelden zustellen, und eine kurze, aber feurige Anrede an sie
Andreas Doria; den linken gegen das feste Land bin mit hielt. Ein allgemeiner freudiger Zuruf erschallte. Don
eben so vielen Galeeren Agostino Barbarico, ein Venetia- Juan bestieg nun eine Barke , und fuhr bei den verschie
ncr. In der Mitte stand Don Juan d'Austria mit sechs; denen Adrheilungen herum, indem er alle zur Tapferkeit
zig Schiffen, rechts von ihm unter seinen Befehlen Co- crmahnte. Kaum war er zurückgekommen, als fünf von
lonna , links Vencri, auf dem äussersten Ende des Mittel den spanischen Rathen, die sich auf der Capitana befanden,
treffens links Petro Justiniani, ein Venetianer, rechts vor ihn traten und sagten : „Roch ist es Zeit, die Flotte
Paolo Orsini , ein Römer, alle diese in einer, eine halbe zurückzuziehen; Ihr seht, daß die Türken stärker sind als
Stunde Wegs einnehmenden Linie; das Hintertreffen bil wir, ihre Flügel ragen weit über die unsrigen hinaus.
dete mit dreißig Schiffen Alvarez Bazan« , ein Spanier. Es ist genug geschehen ; wir haben uns im Angesicht des
Johann Cardvnna mit «cht Schiffen von ausserordentlicher Feindes gezeigt; stellt nicht in dieser einzigen Flotte die
Größe, welche man Galeotiten nannte, befehligte den Sicherheit des ganze» christlichen Europa blos ; zieht Such
zurück." Don Juan hatte sie ruhig sprechen lassen; er manbte Land hatten die Türken die sechs Galeotiten umschifft, und
sich dann an Reguesens mit den Worten : „Jezt haben die waren an einem Vorsprung des Ufers in gleicher Linie
Herrn vom Rathe nichts mehr zu sprechen ; wenn Euch mit den Christen angekommen, in der Absicht, diesen i»
vor dein Feinde und dem Tode graut, warum seyd Ihr die Flanke zu fallen, als mit fürchterlicher Gewalt Ägostino
nicht ,in Zexhalonia zurückgeblieben? RoscMein, laßt Barbarico au/ sie stürzte.. Er stieß mir seinem Schiffe in
die große Fahne aufpflanzen !" Im Augenblicke wurde die vollem Rudern auf das des Siroco, und traf es mit sol
große, vomPabst geschentte Fahne auf dem Hauptmast, der chem Ungestüm in die Seite , daß es barst. Sechs andere
ganzen Flotte weithin sichtbar, aufgerichtet. Mit einem wurden von seinen Gefährten zertrümmert, Siroco selbst
Schlage stürzten bei diesem Anblick und verabredeten Zei niedergehauen ; viele Türken flüchteten sich an das Land ,
chen des Kampfes die Soldaten auf allen Schiffen , gegen und schon erhoben die Christen auf dieser Seite ein Siegs
sie hingewandt, zum Gebete auf die Kniee nieder. Don geschrei. Dies geschah in der ersten Stunde des Streits.
Juan selbst lag vor ihr und betete lqut und weithin ver Indessen war der Kampf nirgends heftiger, als auf den
nehmlich. Auf allen Schiffen waren Ordcnsgeistliche, mei zwey Admiralsschiffen und ihrer Umgebung. Sie lagen hart
stens Franziskaner,. vertheilt worden^ um das Heer durch gegen einander, bald Schnabel gegen Schnabel, bald, wenn
religiöse Reden anzufeu?rn. Auf der Capitana trat ein eine Wendung oder ein Vorrücken in dieser gedrängten
Bischof unter den Mast, worauf die Fahne flatterte, und Menge von Galeeren möglich wurde, Seite gegen Seite,
stimmte laut den Kriegspsalmen an ; die Soldaten wie und oft so gepreßt, daß jeder Pistolenschuß treffen konnte.
derholten den Chor. Es war ein erhebender Anblick, Beide waren schon von Tobten und Verwundeten bedeckt,
das ganze Heer wenige Augenblicke vorher , ehe der Tod doch hatten die Christen , bepanzert und durch Bollwerke
unter ihm wüthen sollte, so knieend beten zu sehen. gcschüzt, deren weniger. Auch ihre Waffen thaten mehr
Der Wind hatte Anfangs von Osten, den Türken gün Wirkung, denn sie schössen Kartätschen, welche den Tür
stig geblafen ; auf einmal wandte er sich und blies sanft ken damals noch unbekannt waren, und hatten viele Büch-
von Westen, welche Aendcrung sich alsbald an der Fahne scnschützen, während die Türken nur mit Wurfspießen und
zeigte; der Geistliche rief sogleich: „Ein Wunder vom Pfeilen in die Ferne fochten. Am wüthendsten war der
Himmel, Soldaten, der Wind ist für uns!" Streit auf den Seiten, wenn diese dem Feinde mit Vor
Nur noch durch eine Viertelstunde waren die bei theil zugekehrt werden konnten. Die Lanzenträgcr suchten
den Heere auseinander, als von der türkischen Capitana dann von ihrem Schiffe aus in das feindliche überzusprin
mit einem Kanonenschnß das Zeichen gegeben ward. Jo gen, während andere dieses mit Hacken festzuhalten strebten,
hann antwortete von der seinigen , die sechs Galeotiten und die Türken ihrerseits die Angreifenden zurücktrieben
fuhren weit voran, und wurden von den Türken mit einem und dasselbe versuchten. Don Juan stand mitten auf dem
wüthendcn Geschrei angegriffen. Aber diese erhüben von Verdeck und ermunterte unaufhörlich die immer neu heran
beiden Seiten und auf dem Vorderthcil ein mörderisches kommenden Streiter. Die Türken zielten vielfach nach
Feuer, und fuhren frisch, alle Ruder in Bewegung ihm, weil er an seinem Schmuck kenntlich war, und er
und alle Segel ansgespannt, auf die türkische Linie los, schwebte in der größten Gefahr. Moscnstein ging ihm nicht
um sie zn durchbrechen. Und schon hatten sie die zwei ih von der Seite und bedeckte ihn, überall herum lauernd,
nen zunächst liegenden Schiffe mit ihren spitzen Schnäbeln so wie er ein Geschoß auf ihn gerichtet sah, mit seinem
in Grund gebohrt, schon fingen die Türken an in Unord Schtlde, bis er endlich selbst, von einem Pfeil getroffen,
nung zu gerathen, aber das Haupttreffer, war noch zu weit an seiner Seite niedersank. Weiser blutete an der Seite
entfernt, um sie zu unterstützen ; indessen rückte es vor und hatte eine Wunde am Kopfe. Da erscholl das Sicgs-
bis auf Schußweite. Zwei, drei oder mehrere Kanonen geschrei nicht mehr bloß von der linken Seite, fondern nun
standen auf dem Vorderthcil der Schiffe, nur eine oder auch von der rechten. Hier war Ulichvali, der gegen Do
zwei auf jeder Seite, denn die Galeeren führten nur ris kommandirte, auf dem äussersten Ende des Flügels durch
wenige Kanonen, und die Enge des Raums, die Gedrängt die christliche Linie durchgebrochen, und hatte, ehe Doria
heit der Schiffe, und die größere Unbchülflichkeit der Ma zu Hülfe kommen konnte, die sechs äussersten Schisse abge
schine gaben wenig Gelegenheit, die Galeeren schnell zu wen schnitten und schnell von allen Seiten umringt. Zufällig
den und aus den Seiren zu feuern , wie jezt bei See kommandirten auf vier dieser Galeeren, die Venedig zu-
schlachten geschieht; hinter den obenerwähnten Bollwer gehörten , vier Brüder. Die erste wurde von der Ucbcr-
ken standen die Büchsenschützen, und zu beiden Seiten die macht UlichpaliS schnell genommen , der größte Theil der
Lanzenträger, zum Entern uud Besteigen der feindlichen Mannschaft nach rühmlichem Widerstand mit dem Kapitäne
Schiffe bcrrit. Und nun begann ein furchtbares Getüm niedergemacht, der Rest gefangen ; so die zweite ; als die
mel und Getöse, und der Rauch wurde bald so dicht, daß Reihe an die dritte kam, rief der Kapitän, der sein Schick
er die ganze Linie überwallte. Links hin gegen das feste sal voraussah, in den beweglichsten Ausdrücken dem jüng
sten Bruder auf der vierten zu, er möchte sich das Leben und Hinter dir sitzen die Morgenzeitungen, schneiden Zedern,
ihrem alten Vater seinen einzigen übrigen Sohn retten , spitzen Bleistifte und preisen die Redner, die den Abend
da er eben durch eine Lücke der feindlichen Schiffe ent erwartet werden, im ungekehrtcn Verhältniß der Länge der
kommen könne. Aber der vierte Bruder wollte nicht, fon- zu erwartenden Reden. Du staunst, wie ein Menschen
dern nahm statt der Antwort von dem altern Abschied für schlag, besonders aber einer, der in Worten und Mienen
dieses Leben, auf ein baldiges Wiedersehen in einem bes so viel Einsicht verräth, nickt nur mit Gleichgültigkeit,
sern , und wenige Momente darauf waren bevde mit ihrer sondern gar mit Ekel von etwas sprechen könne, um dessen-
Mannschaft niedergemacht. willen du so weit hergekommen und baS zu hören du so
(Der Beschluß, folgt.) begierig bist ; bedenke aber doch , daß ihre Augen uud
Finger mühsam die Reden aufschreiben müssen, die für
dich bloße Srgötzlichkeit sind, und daß ihr Gedächtniß
Die Kammer der Gemeinen deS engli sich auf die Folter spannen soll, um die Muskeln und Kno
schen Parlaments. chen dieses Körpers der Beredsamkeit zu behalten, und ihr
Verstand, sie zu zerlegen und wieder zusammenzusetzen.
(Beschluß.)
Du bist mit deiner Musterung fertig, und horchst auf eine
Jezt hast du Aeit dich umzusehen, und was dir zuerst kritische Bemerkung oder einen Witz, der vom Sitze hin
auffällt, ist das düstere, armselige Ansehen der Kammer. ter dir herkommt, da hörst du die Namen der Mitglie
Wie! denkst du, die St. Stephanskapelle, 5ie Bühne für fo der mit klangreicher, aber feverlicher Stimme hersagen,
erhabene Reden, der Schauplatz der kollektiven Weisheit ist und mevnst. Jemand erthcile der Kammer Unterricht im
nicht zur Hälfte so groß, nicht zum Dritttheil so schön als Rechnen ; horchst du aber mit dem andern Ohr, so merkst
meine Pfarrkirche ! Die Wände sind plump, räucherig, und d», daß es der Sprecher ist, der die Formalität des Zäh-
die Decke ist so nahe auf dir, daß du zu ersticken glaubst. le»S der Kammer vornimmt. Ist er bcu neun-und-drcvßiq,
Du siehst dich rechts und links um, und staunst, wie so zählt er sich selbst, sezt sich, und die Verhandlungen
klein der den Fremden gegönnte Raum ist ; da du nicht beginnen.
weißt, daß die Seiteiigallcrien für Mitglieder bestimmt
sind, die sich niederlegen und ausruhen wollen"), so wun
derst du dich, daß sie leer sind. Dir gerade gegenüber ist
der Tisch , auf dem dir zugewandten Rand liegt das Szep Gaben des Augenblicks.
ter, am andern sitzen die Schreiber; hinter dem Tisch ist Von Nr, W. B. Mbnnich.
der Sprecher, mit einem Gesicht und einer Perrücke, so SS ist nitr die Verzweiflung des gegenwärtigen Ge
lieblich man sie nur sehen kann, und ein junger Lapenbru- schlechts an sich selbst, an dem Genius der Menschheit und
der von Deputaten, der mit ihm zischelt, um einem Con- an Gott, welche dasselbe Alles von dem Leben und Tode
stituenten, der gerade auf der Gallerie ist, vielleicht dir einzelner Menschen, Kaiser, Minister, Dichter, Philo
selbst, zu beweisen, daß er sich dem Rednerstuhl nähern sophen tt. hoffen und fürchten läßt.
darf. Links auf der Bank , zunächst dem Tische , sitzen die »
Minister, Hinter ihnen die ministeriellen Hülfsrruppcn , Charakter ist moralisches Genie, desto vollendeter, je
nämlich die Countrv-Gentlemens , und hinter diesen eine größer die Ausbildung dieses. Genie ist Charakter des
bunte Menge. Auf der ersten Bank rechts sizt das schwere Geistes, desto größer, je vollendeter und reiner die Ent
Geschütz der Opposition , hinter ihm die leichten Truppe». wicklung dieses Charakters. Bevde sind ihrem Wesen nack
Die Bänke beider Seiten laufen in einem Zirkel hinter angebornc Gaben deS Himmels, und wem sie verliehen
dem Stuhl des Sprechers zusammen, und hier ist eine sind. Verachte sie heilig und entfalte sie nur im Dienste
Art neutralen Gebiets , woselbst Tones und Whigs Höf dessen , der sie ihm gegeben hat.
lichkeiten taufchen und Prise Tabak wechseln.
Aufklärer, wie mysticircnde Philosophen bedienen
Der Saal ist klein , übrigen« geschmackvoll , und gleicht sich nur zu oft, stakt den Blick schärfender, stärkender
einem geschlossenen und inir Eichenholz getäfelten, Chor einer
Kirche ; er ist ein längliche« Mereck , und hat nur drev gothi- Gläser, der Brenngläfer, die, zwischen die Sonne der
sche Fenster an einer der kleinen Seite» über dem Redner, Wahrheit und den zu erleuchtenden Gegenstand gehal
stuhl. Den Fenstern gegenüber ist eine offene Gallerie für da« ten, entweder jene verdunkeln oder diesen zwar auch
Publikum und die Zeitungsschreiber , die etwa hundert Men nicht- ins gehörige Licht setzen, aber doch versengen.
schen fassen kann; sie läuft, schmäler werdend, an de» lange»
Seiten de« SaalS fort; dieser Thcil ist aber für Mitglieder
bestimmt . da der S,,al selbst seit der Verciniaung der drcy
Königreiche nicht mehr die ganz? Versammlung fassen kann.
ly6
Korrespondenz-Nachrichten. ten edler wären , sondern weil sie doch mehr Schaan, in ihre
Paris, Ende Januar. Geständnisse gelegt und auch etwas mehr bezweckt hat, alS
(Beschluß.) eine Prcllcrey. Indem sie nämlich in dicscn Memoiren ihre
Das Varieto'sthearer hat ein lustiges Stück oder vielmehr Persönlichkeit zur Schau stellt, schildert sie doch auch Perso
Stückchen gegeben: die „^»bl« ck'Koie," Daubeville in einem nen und Begebenheiten; sie spricht nicht immer von ihren
Aufzuge , das eine ziemlich beißende Sittenschilderung enthält. Sünden wie die Engländerin , sondern liefert ein unterhalten
Außer den ?«ble, ä'Kül« der eigentlichen Gasthöfe, gibt es des Buch; der Himmel wejß aber, wie viel davon wahr ist.
in Paris eine Menge solcher Tische, die von Damen zweydeu- Erstlich könnte man fragen, ob denn die Verfasserin auch
tigen Rufes gehalten werden ; diese Damen sind dem Vorgeben wirklich eristirt, und ob das Ganze nicht eine bloße Erdich,
nach meistens von hohem Stande, aber durch Unglücksfälle tung ist ? Das öffentliche Gerücht nennt eine Madame de St.
herabgckommcn , sie spielen daher auch die StandeSpersonen, Elme alS die Verfasserin, andere nennen einen Hrn. Lcsourd
lassen sich von de» Gästen de» Hof mache», geben auch wohl und einen Hrn. Malitourne, welche das Werk für den Buch
Soirees. halten Spieltische u. f. w. In dem Vaudeville wird händler nach den mündlichen Erzählungen der Mab. St. Elme
nun eine solche l^bl« u"K«lo zweybeutigcn Ansehens nach der geschrieben haben sollen. Da die Dame schon in der Revo
Natur geschildert. Die Dame , welche dieselbe hält , fleht mit lutionszeit ihre heruinwandernbe Lebensart begonnen hat , so
rincm Hauptmann in enger Verbindung. Es kommt ein kann sie keine junge Frau mehr scun, und wenn sie jemals
Schmarvzer vor, welcher unentgeldlich mitißt, weil er der schön gewesen ist, so müssen von dieser Schönheit nur noch
Frau vom Hause Kunden zuführt. Dieser Schmarvzer , Na schwache Ucbcrrestc vorhanden seyn. In solch einem Zustande
men« Dubnisson, führt einen jungen , aus der Provinz ange kann eine Frau , die vormals Anbeter in Menge gehabt hat,
kommenen Menschen herben ; dieser freut sich, daß er für drey wohl die Lust anwandeln , die glückliche Zeit ihres Triumphes
Franken Gelegenheit hat eine so vornehme Gesellschaft kennen wieder in Erinnerung zu bringen; allein eS gehört schon ein
zu lernen. Außer der Frau vom Hause befindet sich an der hoher Grad von Dreistigkeit dazu, um diese Bekenntnisse und
Tafel eine andere liebenswürdige Dame , die sich mit Malern? Erinnerungen dem Publikum vorzulegen. Da nach dem Tone
abgibt , eine dritte , welche Tonkunst treibt , und eine vierte, der Bekennerin nicht vorausgesczt werden kann . daß sie sich
welche allcrley Abenteuer erlebt hat, und sich nun, da die bekehrt und sich das öffentliche Gcständniß ihrer Reue alS
abenteuerliche Lebenszeit vorüber ist. damit abgibt, Memoiren Buße aufgelegt hat , fv ist eS erlaubt ,u vermuthen , daß sie
über ihr Leben zu schreiben. Alle diese legen Beschlag auf den blos geglaubt hat, die Erzählung desjenigen, was sie gesehen»
Geldbeutel deS »nerfalirncn Jünglings. Er wird zu einer erlebt und gethan hat , könne das Publikum belustigen oder an
Wette verleitet, und muß, da er diefc verliert, die ganze Ge genehm unterhalten, und sie selbst könne dabei) ein gutes Stück
sellschaft mit Champagner, Kaffee und Liqucur bcwirthcn. Geld gewinnen. Vielleicht dachte sie Anfangs auf ei» Paar
Dann hat die malende Dame sein Porträt in der Eile enircor- Bändchen; der Buchhändler Ladvocat aber, der die Aufschnciderev,
fen und bietet cö dem jungen Manne zum Geschenke an. Die und das Bändcmachen versteht, hat diese Memoiren in de» Zei
ser kann nicht umhin der von ihrer Kunst lebenden Dame ein tungen recht auSposauncn lassen. Die zwcp ersten Bände sind
Goldstück darzureichen. Die Tonkünstlerin hofft, der junge gut abgesczt worden, zwen andere Bände sind nachgefolgt, an»
Mann werde auch die der Musik Beflissenen aufmuntern , und dcre solle» noch folgen . und wahrscheinlich werden diese Me
bittet il»i aufeine Sammlung von Liedern, die sie herausgeben will, moiren einer Ungenannten eben so bändcrcich werden als die
zu pränumcrircn ; wiederum ein zwanzig Frankcnstück, das aus der Memoiren der alten Fra» von Gcnlis, die auf zehn ange
Tasche deS Unerfahrenen geht. Nun kommt die Reihe an die wachsen sind, und die in der Tbat kein höheres Interesse ha
Mcmoirenschrciberin , auch dicfe hält um Pränumcration an, ben alS jene, obfchon Frau v. Genlis häuftg ven Tugend und
und da die Höflichkeit erfordert, sich nach de» merkwürdigen Le guter Aufführung spricht , was be>> der Ungenannten nicht der
bensumständen einer hübschen Dame zu erkundigen , mit wel Fall ist. Frau v. GcnliS hat eben so gut ihre Lcbcnsgefchichte
cher man das Vergnügen l,at sich in einer großen Gesellschaft zu in die Länge gezogen, um mehr Geld zu gewinne», als die
unterhalten , so darf der junge Mann die Bitte um Subscrip- Ungenannte , und bcude haben sich ein wenig zu sehr auf die
tion nicht abschlagen. Leider ist die Geschichte der Dame et Gutmütl'igkcit des Publikums verlassen. daS dergleichen Schrift
was lang, folglich bändcrcich, folglich theucr. Die lUemoir« ten verschlingt , weil eS ihm bchagt. bekannte Personen in ih
6'une Oontemporiliiie komme» ihn auf fünfzig Franken zu ren, Privatleben geschildert zu sehen und sie wie in einer
stehen. Er beißt auch in diesen sauren Apfel ; allein damit Porträtgallcrie vor seinen Augen vorbeygchcn zu lassen. Allein
ist die Sache nicht gcthan. Es wird Ecart« gespielt, und nun nach dein erste» angenehmen Eindrucke frägt man doch im
geht das übrige Geld im Beutel drauf; zulezr bekommt er noch mer: waö ist denn Wahres an der Sache? Und da findet sich
gar Händel und sott sich ducllircn. der Streit wird aber durch Niemand, der eine befriedigende Antwort auf diefe so natürli
den Hauptmann gütlich beigelegt . in welchem der junge Mann che Frage gebe» könnte. In Kleinigkeiten ist die Ungenannte
einen Onkel erkennt. Die Dame, welche die Geschichte ihrer schon der Unwahrheit beschuldigt worden. So z. B. be
Abenteuer schreibt, ist offenbar einc Anspielung auf die berüch hauptet sie, Tallenrand, der auch einer ihrer Anbeter ge
tigte Verfasserin der lUemoirv, ck'une <^oa>empor,ine, welche, wesen sehn soll, habe ihr einmal sehr galant. alS er bey
da sie bevm Buchhändler Ladvocat erscheinen , in den Zeitun ihrer Abendtoilette anwesend gewesen, Bankozcttcl statt der
gen sehr gerühmt wurden, und die eins der sonderbaren Werke Papillotlcn um die Haare geschlagen; Tallcyrand will sich
sind, die man in der jetzigen Zeit erscheinen sieht. Vor eini aber gar nicht erinnern, je das Haar einer Dame in so kost
gen Jahren gab eine englische Buhlerin , Henriette Wilson, bare Papilloten eingewickelt zu haben, und in der Tliat ist die
die Geschichte ihrer Abenteuer ans eine unverschämte Weise ser schlaue Minister seit der Revolution in einer Lage gewe
zum Besten , nannte alle die Herrn . die mit ihr in Verbin sen, welche die Damen oft zwang, sich um seine Gunst zu be
dung gewesen waren . sie mochten nun Generäle oder Herzoge werben , und er harte also eben nicht nbthiq der Damen Gunst
und Grafen scvn , bey ihren Namen . und verschwieg nur die um einen so hohe» Preis anznkaufen ; die Papillotte» möchten
jenigen, welche sich lieber mit einer Geldsumme mit ihr abfinden etwa Assignaten gewesen sey», die ihren Werth verloren hatten.
mochten. Die Verfasserin der lUömoie« Ooniemp« Dg.
r«i«e ist eine Wilson höherer Art, nicht als ob ihre Liebschaf Berlage: Mexarurblatt Nr. !7.
Verlegt von der I. G. Cotta 'scheu Buchhandlung.
M o r g e n b l a t t

für

gebildete Stände.

Zwei und zwanzigster Jahrgang.

1 8 2 8.

März.

Wenn Geist mit Much ihr ewet, und wenn in euch


Des Schweren Reiz nie schlummernde Funken nährt.
Dann werden selbst der Apollonia
Eifrigste Priester euch nicht verkennen.
K l o p st o ck.

Stuttgart «nb Tübingen,


Verlag der I. G. Cotta'schen Buchhandlunz.

1 8 2 8.
>^as „Morgenblatt für gebildete Stände" enthält folgende Artikel:
I. Schone Literatur. Ucbersicht des Zustandes derselben in Deutschland, Frankreich, Großbritannien, :c. —
Kleine Aufsätze über ,schönc Wissenschaften überhaupt. — Kurze bcurtheilcnde Anzeigen der neuesten belletristischen
Scbristen: der Romane, Schauspiele, Almanache, Gedickte. — Gedrängte Auszüge aus seltenen interessanten Werken.
— Revision einzelner Rcccnsionen aus den besten kritischen Blättern. — Nachricht vom Zustande der ausländischen
schönen Literatur, besonders der Französischen, Englischen, Italienischen, Holländischen, zc. — Uebcrsetznngen als Proben.
II. Kunst. Kurze Abhandlungen über Gegenstände der Kunst. — Beurtheilung netter Schriften: Maleren, Bild-,
hauere», Baukunst, Gartenkunst^., Auszüge. — Kunstnachrichten: Theater. Periodische Ucbersicht des ZustandeS der
vorzüglichsten Schaubühnen in Deutschland, Frankreich n. s. w. Scenen aus ungcdrncktcn Schauspielen. Mufik.
Nachricht von neuen musikalischen Produkten. — Kurze Kritiken neuer Werke.
III. Beiträge zur Sitten- und Kultur-Geschickte einzelner Städte und Völker. Geselliges
Leben; Vergnügungen; Mode; Lnrus; Sittengemälde der Universitäten, Messen, Bäder, Carnevals; zuweilen interes-
fante topographische Schilderungen.
IV. Biograxhiscke Skizzen. Einzelne Züge aus dem Leben interessanter Menschen. — Beiträge zur Bildnngs-
Geschichte vorzüglicher Schriftsteller, Künstler. — Ungedrnckte Briefe nach der Original-Handschrift. — Anzeigen von
den gegenwärtigen Beschäftigungen der Gelehrten, ihren Reisen :c.
V. Kleine Neisebcschreibungen. Auszüge aus interessanten größern Werken dieser Art; kleinere Original-
Aufsätze.
VI. Gedichte. Oden, Lieder, Jdollen, kleine Balladen, Romanzen, Fabeln, Epigramme. — Probe» aus grös-
ern ausländischen und deutschen Gedichten.
VII. Miszellen. Anekdoten. Satvrifche Aufsätze. Kleine leichte Erzählungen in Prosa und Verse»; Räthsel,
Charaden und dergleichen.
VIII. Besondere Beilagen enthalten die Ucbersicht der Literatur.
Alle Tage, mit Ausnahme des Sonntags, erscheint ein Blatt. In besonder» Intelligenz -Blättern werden gelehrte
fo wie andre Anzeigen bekannt gemacht.
Jeder Monat erhält ein Titelblatt, mit allgemeiner Inhalts -Anzeige.

In wie weit obiger Plan eine Ausdehnung erhalten hat, zeigt folgende Anzeige:
Seit einer Reihe von Jahren sind in: „Morgenblatt" Aufsätze und Nachrichten über Gegenstände der bildenden
Künste geliefert worden. Zur besseren Uebcrsicht für Kunstfreuude wurde später eine eigene Beplage unter dem Na
men des „Kunstblatts" für diesen Zweck bestimmt, die jedoch i» ungleichen Fristen erschien, je nachdem Stoff
und Auswahl zu Gebote stand.
Die Liebe zur Kunst bat sich in den letzten Deccnnien, trotz Kriegen und politischen Umwälzungen, mehr und
mehr ausgebreitet und gesteigert; jetzt, nach eingetretenem Frieden, zeigen sich davon bedeutende Wirkungen, und las
sen den erfreulichsten Fortgang hoffen.
Daher wird eine Zeitschrift, welche Nachrichten und Beurtheilungen von allen merkwürdigen Erscheinungen im Ge
biete der bildenden Kunst gäbe, zum fühlbaren Bedürfnis,, und die unterzeichnete Verlagshandlung wird auf Beyfall
recknen dürfen, wenn sie unternimmt, das „Kunstblatt" in solcher 'Ausdehnung und Regelmäßigkeit erscheinen zu
lassen, daß es, diesem Bedürfnis, entsprechend, den Lesern des „Morgenblatts" eine bedenkende und interessante Zu
gabe se» , für Künstler und Kunstfreunde aber auch abgesondert eine sclbstständige Zeitschrift bilde.
Man wird zu dem Ende sich bestreben, zunächst in zwcn, wöchentlich erscheinenden Blättern so viel möglich voll
ständige Nachrichten über das Merkwürdigste zn crtheilen, waS in Deutschland und den übrigen Ländern in allen Thri
llen der Kunst, in der Malerey und den ibr verwandten Zweigen, dann in der Bildnerey und Architektur sich ereignet,
Beurtheilungen von Kunstwerken und Abhandlungen über allgemeine Kunstgcgenstände zn liefern, und Bcpträge zur
Geschichte der ältcrn und neuer» Kunst zu sammeln. Hiermit sollen Auszüge ans Altern und neuern die Kunst betref
fenden Werken, fo wie eine Uebcrsicht der ncucstcu artistischen Literatur und Beurtheilungen der bcdcutcndsten
Sckriften dieses Facks verbunden werden. Auch wird man darauf bedacht sevn, das Blatt mit Umrissen in Kupferstich
oder Steindruck befriedigend auszustatten.
Die Redaktion bat Hr. vr. Schorn, Verfasser der Schrift über die Studien der griechischen Künstler, übernommen.
Wir stellen nun an alle Frennde und Kenner 'der Kunst die Bitte , unser Unternehmen durch Beyträqe an Origi
nal- Aufsätzen und Nackrichten kräftigst zn unterstützen. Besonders ersuchen wir auch Künstler, uns von ihren eige
nen, oder den in ihrer NäKc entstehenden Knnstwerken Notizen einzusenden, damit die Uebersicht möglichst vollständig
werde. In allen Beziehungen wird man stets den Grundsatz strenger Unparthevlichkeit befolgen, und wir glauben
deßhalb die bereits in den bedeutendsten kritischen Zeitschriften angenommene Regel, a lle Beurtheilungen mit
Namens un terfchrift oder anerkann ter Chiffre zu vcrfcl, en, auch für unfer B la tt feststellen
zu müsfen. Die« wird die Redaktion vor jedem Verdacht migeqründetcn oder nngemessenen LobeS oder Tadels
schützen, und dazu bevtragcn, nnsrer Zeitschrift den edlen und anständigen Ton zu erhalten, welcher überall vor dem
Publikum, und besonders, wo von den höchsten Fähigkeiten und Gütern des menschlichen Geistes die Rede ist, beobachtet
werden sollte.
So wie nach obiger Anzeige der bisher für das „Kunst-Blatt" bestimmte Raum nicht zureicht, wenn für dieses so
interessante Fach dasjenige geleistet werden soll, was das gebildete Publikum davon erwarten kann, eben so ist es
der Fall mtt dem „Literatur-Blatt." — Der bisher ihm gewidmete Raum ist zu beengt. — Wir sehen uns daher
genörhigt, auch diesem Tbeil des ..Morgenblatts - eine größere Ausdehnung zu geben, um unsere Leser mir den neue:
sten Erscheinungen der Literatur , die, ohne zu den strcngwissenschaftlichen zu gehören, von allgemeinem Interesse sind,
bekannt machen zu können.
Diese gedoppelte Ausdehnung , zu der wir qenöthigt sind, wenn wir wirklich den für Gründung des ..Morgen-
bla tts - beabstchngtcn ?>vecr vollkommen erreichen wollen, erheischt natürlich auch größere, bedeutende Auslagen, und
wenn wir gleich durck das Opfer, das wir Kisker durch die, diesem Zweig bestimmten Berlage» brachten, hinlänglich
zeigten , daß wir zu jedem neuen möglichst bereit sind , so können wir dieses bev der Vermehrung von 4 — 5 wöchent
lichen Benlagen damit nur beweisen, daß wir Kloo ans die Hälfte dessen, was wir nach dem bisherigen Preis des ..Mor-
genblatts" dafür fordern könnten, Anspruch machen, und für diese Ausdehnung mit dem kleinen Ausschlag von
s fl. oder i Nthlr. » Gr. für's Halbjahr uns begnügen.
Sollten Künstler und Kunstfreunde das Kunst-Blatt" einzeln Kalten wollen, fo wird dreien der halbe Jahr
gang für z fl. erlassen. Das Gleiche gilt für einzelne Bestellungen des ..Literatur-Blatts."
Für diejenigen Liebbaber aber, welche bcvde, das „Kunst-" und „Literatur- Blatt", miteinander zu haben wün
schen, kostet der halbe Jahrgang nur 5 fl.

Der halbe Jahrgang des „Morgcnbla tts", mit Einschluß des ..Literatur-" und .,Kunst-BlattS-, würde
also kosten 10 ft.
Der Kalbe JaKrganq des ..Literatur-" und ..Knnst-BlattS" ohne das „Morgcnblatt- ... z fl.
Der halbe Jahrgang von jedem dieser Blätter einzeln, nämlich das .. L i t e r a t u r - B l a t t - z ff.
das .Kunst-Blatt" z fl.
Für diesen Preis kann, nach Uebereinkunft mit dem Löbl. Haupt-Postamt in Stuttgart, das ..Morgen blatl"
in Würrcmbcrg, Bayern, Franken, am Rhein, Sachsen und in der Schweiz durch alle Postämter bezogen werden.
I. G. Cotta'sche Buchhandlung.

I n h l t.

(Die Zahl zeigt die Nummer des Blattes an.)


Gedichte. Die zerstreuten Fclsbldckc der Alpe». 66. 67.
Konstantinopel, von S. Schwab, nach Lcbr«». gz. Der Epheu. 70. 7l.
Antwort an den Unbekannten, von Graf Plate«. 55. Aufsätze gemischten Inhalts.
Klaqlicd eines deutschen Dichter«. 58.
Die Kammer der Gemeinen de« englischen Parlaments. 51.55.
Der Sklavenmarkt von Smprna, von S. Schwab, nach Le
brun. SZ. Au« Jean Pauls Nachlaß. 55. 65. 65.
Der Comersce, öon Wcssenberq. 06. Deutschland zu Anfang des slcvzcl»itcn Jahrhunderts , von
Sin Slrichniß, von Goethe. 69. G. Schwab. 60. 6t. 65. 64.
Die Rache , indianische Erzäl'lunq. 7Z, Der amerikanische Reisende Jodn Leduard. 63.
Der Himmel und die Sonne , von Grüneisen. 76. Ucber das Stottern und eine neue Heilart desselben. 69.
Anagramm: Emma, Amme. zz. — Ciiaradc: Flaschens Ucber ,Kallisthenic oder Gymnastik des schönen Geschlechts.
74. 75. 76, 77. 78.
,ug.59. -Räthsel: Thcil. Heil, Eil, Ei, (der Lcda.)
«Z. Pcrlcnmuschel. 71. Hagel« 77. Gabe» des Augenblick«, von Mbnnich. 74.
Erzählungen und Romane. Korrespondenz.
Frankfurt. 54. 55. — Dresden. 54. 65. 66. — London.
Stanislaus Lcczinski's Flucht aus Danzig. 56. 57. 58. 59.
60. 61. 64. 6Z. 66. 67. 6«. 69. 55. S«. S7. 58. 59. 6t. 6«. 67. 69. 74. - Neapel.
Mariotto und Gianozza. 7il. 7t. 72. SZ. — Rom. 55. 56. 61. 75. — München. 58. 59. 6».
70. 71. - Leipzig. 62. 75. 77. 78. - Paris. 6Z. 64.
Eine Woche aus dein Lehen eines armen LandprebigcrS in
England. 77, 78. ,. ,,, ,
65. 67. 68. 69. 70. 72. 75. 74. 75. 78. - Hannover.
SS. - Edinburgh. 71. - Bern. 72. - Genf. 76. 77.
Länder, und Volkerkunde.
Bilder aus Schweden, von W. Aleris. Dannemora. 5Z.
Der Hof von Ornäs. 72. 75. 7«. K u n st - B l a t t.
Nolkssccnen aus der Levante. 59. 69.
Sine Nachrberberge in der Band» Oriental. 62. Nro. 18.
Skizze« aus Ostindien. 6». 7«.' 7k. Kunstausstellung in Paris. (Forts.) — Berichtigung einer
Die Mgen Engländer , von H. Heine. 75. 76. Berichtigung, den Maler Nikolaus von Ulm betreffend.
Nro. 19.
Reisen. Ucber die Dresdner Knnflausstcllunq , im Auaust 1827 , von
Reise nach Nubien. 54. 55. 56. 57. Amalie v. Helvig. - Architektur. Die St. Kathari-
Kapitän Parry's vierte Fahrt nach dem Nordpol. 64. 65. nenkirche in Oppenheim, von l)r. F. Hub. Müller.
Naturgeschichtliches. Nro. 20.
Albrecht Dürers bevorstehende Fever in Nürnberg betreffend.
Uebn die Anstcclnngsfähigkeit de« gelben Fiebers. 57. 53. — Ucber die Dresdner Knnstousstcllung. (Forts.)
Nro. 21. wissenschaftlicher Bildung , vornämlich in Deutschland, bis
Alvrewt DürerS bevorstehende Fcycr In Nürnberg betreffend. zum Ansauge der Reformation, von Dr. H. A. Erhard.
(B^schluji.) — Ucber die Dresdner Kunstausstellung. (Be Nro. 22.
schluß.) — Lithographie. Bildnisse ausgezeichneter Grie Landeskunde von Würrembcrg. — Französische Zeitschriften.
chen und Philhcllenen , von K. Krazeisen. Nro. 2Z.
Nro. 22. Religiöse Literatur. Sechs Schriften über die Leip
Kunstgeschichte. Lss»i zur les k«ie»«5, grsviires cke, ziger Disputation. — Jllyrische Literatur. Version«
orkcvres llorentins XV siecle, p»r OucKvsne »in« ; Uber» 6eII' UsWOnicke, poem» illiric« äi (1. ?. Oonckol«,
?»ri« i8,6. — Nekrolog. Karl v. Lcberecht. — Neapel, Nro. 24.
den 22flen Januar. Philosophie. 1) Philosophie der Geschichte oder über die
Nro. 2Z. Tradition. 2) Uebcrflcht der wichtigsten Lehren de« Tal
Lss«i »nr les IVielles etc. (Forts.) — Die Schlacht bey muds, von Müller. - Geschichte. Geschichte der Re
Waterloo, Oelgemälde von I. W. Picneman. formation in Bern, auf baS dritte Jubiläum 1828, von
?iro. 24. Sam. Fischer.
Kunstausstellung in Paris. (Forts, v. Nro. 13.) — Lss« sur Nro. 2S.
los Kielles «tc. (Beschluß.) Geschichte. Geschichte Napoleon Bonaparte's, von Friedr.
Nro. 25. Buchholz. — Schwedische Literatur. Zwey Rede»
Der Kirchcnban zu Gran i» Ungarn. — Kunstausstellung von l)r. Jcsaias Tegner. Aus dem Schwedischen, von Dr.
i» Paris. (Forts.) G. C. F. Mohnike. — Länderkunde. Louvenir» du»
Nro. 26. »ejour en 8»rck«izne «u nolics sur «ett« il«, z>»r lil.Ie
Der Kirchenbau zu Gran in Ungarn. (Forts.) — Kunstaus IVI»r<zui» 0. >Ie Lt. Leverin.
stellung in Paris. (Forts.) - Rom, Februar 1828. Nro. 2<Z.
Kind erschriftcn. 1) Biblische Geschichten für die Jugend,
bearbeitet von Dr. I. P. Hebel. — Dieselben für die katho
Literatur-Blatt. lische Jugend, von einem katholischen Geistlichen bearbeitet
und mit kirchlicher Approbation herausgegeben. 2) Erzäh
Nro. 19. lungen aus der Geschichte der europäischen Völker, »«»
Tranerspiele. Karl dem Großen bis auf unsere Zeiten, von Dr. G. L.
Nro. 2g. Jerrer. Z) Die deutsche Geschichte für Bürger - und Volks
Trauerspiele. (Beschluß.) - Schulunterricht im südliche« In schulen, von G, E. A. Wahlert. 4) Biographien aus der
dien. — Ltteransche Nötig. London. allgemeinen Geschichte zu Begründung des historischen Un
Nro. 21. terrichts in Schulen, .
Periodische Literatur, "rke ?oreie» yu«rlerlv Keview.
- Kulturgeschichte. Geschichte deö WiedexanfblühenS

A n z e i g e.

^178^ IV e u s ZVlusiKalisn, I^ied? „Linisdung ein« <Z«rto«n« mit deneiben L«.


welcke de? S. 3 « K « t t ööknen in IVIsini ersckienei» »incl : gleilung. S Kr.
IVIusiKali^oder U,ussreund kür ,Ls8. Z6 Kr.
^Imenröäer, Introd. «t V»rt. f«r psgolt über ds» l'Kem« Lied: „Du liegst mir im llerien" für t Kliinner»
„Ls eilen die Stunden des Leder»" mit Vialine, Viol» stimmen »rrsngirt. iL Kr.
n. Viololl« Legi. Op. j. 1 ü. ,« Kr. — — „Leruliigung" v«n Al»Ukis»«n, für j Gönner»
^nksngsgründe 6er ÄusiK ZK Kr. stimmen «omponirt. 16 Kr.
Ssur, Vsler IVIsrlin, yusrlett für Msnnerst. mit Odor, Kümmel, Loncerlino für Llsrinette mit Oronester L«>
und drevsig. Osnov von ^. I?<>/dn. iS Kr. gleitung. Sö. 7 ii. 11 Kr.
Leeldovens Ueimgsng kür eine 8oor«n 8l,mme mit ?5le. — — vksselbe mit Ouintt. Segltg. 5 K.
nsvd einer neuesten Oomposilion de» Verewigten. »4 Kr. — — Ossselbe mit ?i»nof. Segltg. , S. Kr.
Lovssil, 5 ^rios f. 5 LIsrt. dp. 8. «r. 1, ,, 5, jed. 1 0. 1, Kr. — — Inlrod. et drill. V»rt, s. üb»r »» rk«m»
Orouet , plötensokul«. ir WI. 2 «. v. Himmel, mit OrvK. Legi. vo.L!. ch«. ZoKr.
,r LKI, Z «. — — Oieeelds für ?lte. »»««. 1 ». Z6 Kr.
Osmbsr«, 1 > Osprioen s. Qsrt. in l rieften, )ed. 1 K. , , Kr. LoKnepk, <l«s !ö Labien, KomisvKe» t)u«rt«tt für vier
Kill , „Singer- l.ook" W»Irer f. ?lte. S Kr. IVIönnerslimmen. 16 Kr.
ttufsner, ütes ?«lpourri sus Loieldieus ,,O»m« blanode" Visiten ttsrten , mus!K»k. jte 8»mmlg. 1« ZtüoK. Kr.
für ?i»nof. n. ?löle od. Violine, Op. » tl. ZK Kr. Obige !>l>«il!»Iiel» »inck in 8tullg»rt in. 6«r 2«M»
ttossken I.ied mit t)I«v. 06 Unit. Legi. L Kr.
l^ied! „IcK Komm« vom Lebirge der" mit ?i»»«k, 06er s t e e g ' soker, KlusiK»Iien1is»diunz ,u K«I>».
Ouilsrre. L Kr.
50.

M o r g e n b l a t t

für

gebildete Stände.

Mittwoch, 27. Februar i 8 2 8.

Halt du auf deine Blil'iie viel,


Halt deine Dichter tlicuer;
Vergnügen gibt Tlmlien« Spiel,
Und Ruh» der Dicht» Leyer.
Das erste kostet dich nicht viel, (?)
Da« lezte — keinen Dreycr.
Goekingk
an die Nation.

Die Stellung der deutschen Dichter zu de» Bühnen macht. Bei uns selbst baben die Bühnen den LurnS wohl
und bis zu seiner höchsten .hohe gesteigert, so baß ein gestickter
Saminctmantcl der Prima Donna das Awölffachc des Ho
Ein Vorschlag zur Verbesserung. norars beträgt, welches dasselbe Theater — ich meyne hier
Cs wird jezt häufig, und häufiger als je in öffentlichen nicht etwa ein Theater irgend einer bestimmten Stadt,
Blättern und in gesellschaftlichen Kreisen über die Schutz- sondern alle Theater Deutschlands — für das größte und
losigkeik der deutschen dramatische» Dichter und über die win beste deutsche Drama bewilligt. Die Ausstattung einer
zigen Honorare gesprochen, die sie, und überdies von nur großen Oper beträgt aber das hundertfache dieses Honorars.
wenigen Bühnen , für ihre Arbeiten erhalten. Haben sich Es gicbt ferner kein deutsches Theater, das nicht für die
etwa einige geldgeizige Dramatiker verbündet, um öffent geringfügigsten Requisiten eine größere Summe in ihrem
lich ungebührliche Klagen zu führen, oder ist dieses Gerede Budjet verzeichnet hätte, als für Honorare. Alle deutschen
und Geschreibe deS Tages sonst einer zufälligen Ursache Theater zusammengenommen zahlen allen deutschen Dich
beizumessen? Der Unterzeichnete glaubt dieses nicht, er tern nicht so viel jährlich, als Ein deutsches Ncbentheater
hält im Gegentheil diese Erscheinung für eine früher be einer einzigen Sängerin «IS Jahrcsgehalt, und zwar ver
dingte und endlich mir Notwendigkeit eingetretene Folge. gebens, angeboten hat. Noch mehr! Keines der bedeuten
Es ging nämlich hiemit, wie mit so manchen andern Recht den Theater wird ein Stück, von dem es sich vielfältige
losigkeiten, die Jahrhunderte lang gärig und gebe in der gute Einnahmen verspricht, deßbalb zurückweisen, weil es
Welt waren, ja sogar für recht und sittlich gehalten wur einige tausend Thaler in Sccne zu setzen kostet (wie z. B.
den , bis sie durch die Gewalt der Dinge , d. h. durch ihre daS Melodrama : S i n U h r, welches der Königsstädtcr Bühne
Folgen, durch auffallendes Unverhältniß mit andern nenern in Berlin viertausend Thaler kostete). Aber gesezt, ein Au
Einrichtungen, durch Verwirrung, Vernichtung u. s. w, tor forderte für ein Kassenstück, das gar keine Kosten verur
sich endlich als das zeigten , was sie von jeher waren. So sacht hat, nur den zehnten Theil der eben genannten
steht es jezt mit der Schutzlosigkeit der deutichen Bühnen Summe, und wibrlich, man würde den anmaßlichen Dichter
dichter und mit der geringen Achtung, die ihnen nach für wahnsinnig halten und ihn auch wohl so behandeln. Die
Maaßgabe des verächtlichen Lohns für ihren Fleiß zugemes Verhältnißlosigkeit (bei g e sa m m t c n deutschenBüh-
sen wird. Die Ereignisse der Zeit, Kriege, gebesserte nen) hinsichtlich ihrer Ausgaben für Kostüm, Dekora
Wege, Schnellxosten, Journale haben uns mit der Stel tion, ausübendes und schreibendes Personal, und des
lung der dramatischen Dichter anderer Länder bekannt ge kärglichen Lohnes, den sie dem Dichter zukommen lassen,
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ist endlich und endlich st augenfällig ge»orden , daß darü reich geboren , sich gewiß früher als es geschah der thea-'
ber kein Zweifel mehr stattfinden kann. Auch die Ent tralischen Laufbahn gewidmet und später sie verlassen hätte.
schuldigung fällt weg , daß die Menge der deutschen Büh Houwald, Grillparzer, vielleicht «uchBirne und
nen, nxnn such jede nur weniges zahle, doch ein befriedi H. Heine würden, unter gleicher Bedingung, beliebte
gendes Resultat als Preis eines guten Dramas liefere. und fruchtbare Dramatiker scyn ; ja selbst der bei allen
Denn wer weiß es nicht, daß das Wenige selbst nur von Hindernissen dennoch so fruchtreiche Raup ach würde mit
sehr wenigen Bühnen bezahlt wird, daß die meisten erst seinem schönen Talente sür das Trauerspiel» das nur durch
den Druck der Stücke abwarten, um sie gratis zu haben, sein eminenteres sür das Lustspiel überboten wird, noch weit
dieselben Stücke, die sie als Manuskript zurückwiesen; wirksamer in Frankreich als bei uns dastehen. Nnr bekannte
ja daß es Bühnen in Deutschland , und zwar in reichen Namen wurden hier genannt, aber wie viele unbekannte,
Städten, giebt, die sich nicht schämen, auf Nebenwegen unentwickelte Talente mag es geben, die, von der Bühne'
zu einem Manuskripte zu kommen ? Diese Thatsachen liegen, zurückgescheucht, zu andern Beschäftigungen gegriffen ha
wie gesagt, endlich laller Welt klar vor Augen, ebenso ben! Man klagt z. B. über die Unsumme der Theater-
ihre Folgen, die Verwirrung und die beginnende Vernich rezensentcn. Wie mancher witzige Kopf unter denselben
tung der deutschen theatralischen Dichtkunst. Wo werden würde vielleicht ein paar gute Lustspiele auf die Bretter
mehr undarstellbare dramatische Gedichte geschrieben als gebracht haben, wenn ihm seine Bonsmots in den Ta-
in Deutschland, weil die Mühe, die reale Bühne zu stu- gcsblättern, bei geringerer Gefahr, nicht mehr Vortheil
diren, nicht lohnt? Wo giebt es noch einen jüngere» brächten, als das bekrittelte Stück seinem Autor bringt.
deutschen Dichter, der ein Jahr der Ueberlcgung und der (Der Beschluß folgt.)
verbessernden Feile seinem Bühnenstücke widmet? Er kann
eS nicht! «Die Menge .der Stücke muß es machen!« sa
gen die Direktoren , und so werden wir mit einer Menge
Die Schlacht von Lepanto.
nichtssagender Kleinigkeiten, zwischenein mit der Tragödie
eines Unerfahrenen, und mit den schlechten, auf den Kauf (Beschluß.) . ' >
gemachten Fabrikarbeiten der französischen Uebersetzungsan- So weit hatte Ulichvali glücklich gefochten, als sich Dorla
stalten überschwemmt; unhaltbare Pfuscherwaaren, aber durch die ihn umgebenden Galeeren endlich Luft machte, und
im Verhältniß des Preises noch immer gut genug; denn dem Kvrfaren in die Flanke siel. Bei diesem Anblick wandte
st ein Ding wird von den Theatern zweiten Ranges mit sich Ulichvali, umschiffte eilends die Echinaden und ent
zwei Dukaten bezahlt , von welchen der Dichter noch die floh. Vom Ansauge auf Verrath sinnend, hatte er seinen
Abschreibegebühren zu tragen hat. — „Aber,« sagen sie, Zweck erreicht, mit Gefangenen und einigen Trophäen den
„wie war es denn früher? Ei, man zahlte nicht einmal so Kampfplatz zu verlassen, um vor dem Großherrn gerecht
viel, und doch hat Deutschland seinen Göthe und Schiller fertigt dazustehen , aber sein Plan gelang ihm nicht, denn
aufzuweisen.« — Ganz recht! das unmäßigste Honorar er ward nachher auf Befehl des Sultans als Verräthcr
wird kein Genie erzeugen, das winzigste kein Genie er- trotz seiner Entschuldigung und seiner Tropbäen, der einzi
tobten. Aber wen» die deutschen Bühnen auf Genies war gen, die in dieser Schlacht den Christen abgenommen wurden,
ten wollen , so könnten sie unterdessen in die Verlegenheit erwürgt. Der Kampf dauerte nnr noch in der Mitte des Tref
kommen , die Dekorationen und Kostüme allein spielen zu fens und namentlich um die Admiralschiffe fort, aber hierauch
lassen, oder sonst Dinge auf die Bühne zu bringen, wo mit unermüdcter Heftigkeit, denn die Türken wollten die
durch ihnen die dramatische Kunst ganz abhanden, käme. Unfälle auf ihren Flügeln durch einen Sieg in der Mitte
Denn cinGenie wird nur äusserst selten geboren, und er wieder gut machen, die Christen ihren siegenden Brüdern
schafft nur eine neue Kunsiperiode, ist aber so wenig nicht nachstehen. De Floris war während dieses wüthcn-
diese Kunstperiode selbst, als eine Sonne ein Sonnensy den Gefechts wie durch ein Wunder am Leben geblieben ;
stem ist. Es gehören Planeten zu einem Sonnensysteme, Kugeln flogen durch sein Gewand, und binter ihm und
wie zu. einer Kunstperiode Talente. Diese Talente zu er zu seiner Seite lag ein Haufe gefallener Türken , er selbst
wecken, ist die Aufgabe der Bühncndirektionen. Diese Ta hatte keine bedeutende Wunde. Seine Stimmung war un
lente zurückzuscheuchen , und zu andern mehr lohnenden beschreiblich, so müßig bei der niedrigsten Sklavcubeschäf-
Beschäftigungen hinzudrängen, ist, mindestens gesagt, ein tigung da sitzen zu müssen, während seine Brüder den
Klugheitsmangel, dessen sich eben diese Direktionen in rühmlichsten Kampf fochten. Als er den Siegesjubcl von
hohem Grade schuldig machen. Wäre z. B. Tiek ein den Flügeln her ertönen hörte, konnte er sich beinahe nicht
Franzose, er hätte die Bühne mit zwanzig darstellbaren mehr halten. Um diese Zeit erkannte er auf dem ihm zu
trefflichen Stücken bereichert, dasselbe läßt sich von A. nächst siebenden Theile des christlichen Admiralschiffs einen
W. Schlegel voraussetzen, so wie Müll ner, in Frank Ritter seines Ordens. Schnell rief er diesem, indem
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er die Kene an seinen Hände«, mir der er an die Bank liefungehiubert in Lepant», der ersten Eroberung, ein. Noch
angeschlossen war, straff anzog und sich !«uf die Seite an demselben Abend wurden Siegesboten nach allen Seiten
bog, bei seinem Namen zu : „Schieß hierher Bruder, auf ausgeschickt. In Kvnstantinopel war der Schrecken «uf die
meine Kette!" Dieser hörte trotz des Lärms den Ruf, Nachricht von diestr Schlacht so groß, daß die dortige« Vor-
und in einem Augenblicke flogen mehrere Kugeln auf . nehmen, «ie der Geschichtschreiber Gratianus erzählt, sich au
die Kette, von denen eine traf und einen Ring der die angesehenen Griechen um ihren Schutz wandten, denn
selben zerschmetterte. Schnell wie der Blitz nahm De man erwartete nichts Geringeres , als daß die christliche
Floris einem neben ihm liegenden tobten Türken sein Flotte vorKonstantinopel erscheinen und diese Stadt erobert
Schwerdt , schlug mit einem Hiebe die Kette des ihm zu würde. Selim verbarg sich von diesem Schlage an in sein
nächst sitzenden Sklaven ab, stürzte, von der Unordnung Serail, und man kann diese Schlacht als denWondevunkt
auf der Galeere begünstigt, auf Ali zu und spaltete ihm der türkischen Größe betrachten.
den Kopf; aber im nämlichen Augenblicke ward er von Indessen hatten auch die christlichen Schiffe unendlich
den umstehenden Türken niedergestochen. Die Christen gelitten , und sie konnten ohne die größte Gefahr nicht in
bemerkten dieß und machten nun einen lezten verzwei diesen Gewässern verweilen. Deßwegcn wurde am Morgen
felten Angriff von der Seite, indem sie mit dem Admi- nach der Schlacht beschlossen, daß Venen mit den bester-
ralschiffe vorrückten. Endlich ward der Bord erstiegen, und halten«« Schiffen, 12« an der Zahl, bleiben, der Rest
nun besann ein ivürhendes Gemetzel von zwey Seiten, aber nach Sause segeln sollte, um ausgebessert zu werden.
von vorne durch die herandringendcn Soldaten, von Hin Dieser Beschluß wurde am folgenden Tage ins Werk ge-
ren durch die Galeerensklaven, die sich frei gemacht hatten. sczt; die xäbstlichc» Trvxpcn gingen nach Rom. Don
In einer Viertelstunde lagen alle Türken todt auf dem Juan mit den Spaniern kam am taten Oktober unter un
Platze; aber einer der lezten hatte noch Feuer angelegt, säglichem Jubel daselbst an, ward aber bald darauf von dem
uno schou brannte das Schiff. Weiser hatte als einer der auf fei»en Ruhm neidischen Philipp zurückberufe». Aber
Ersten das feindliche Schiff erstiegen und alles vor sich keine Freude kam der Welfers gleich, der noch denselben
her niedergeworfen; da fand er den Oheim Octovias, Ca» Monat mit Oktavia getraut wurde, und bald nachher
fett» , der von der andern Seite her fechtend eindrang. mit seiner Gemahlin nach Deutschland abging. Die vicl^
„Wo ist sie?" rief er. ..Unten im Schiffe!" Er stürzt bewunderte Schönheit seiner Gemahlin, mit der er auss
in den schon brennenden Raum hinunter, stößt einige glücklichste lebte, blühte in einer eben so reizenden Toch
TKlZren ein, findet sie endlich ohnmächtig in ihrem Ge ter fort, der berühmten Philixpine Welser, welche der
mach und trägt sie hinüber in das christliche Schiff. Er Sohn des dentschcn Kaisers Ferdinand, der Erzherzog glei
wußte nichts mehr von dem wcitern Fortgang der Sache, chen Namens, von ihrer Schönheit hingerissen, wider den
nichts mehr von den Bewegungen des Schiffs. Als sie Willen seines Vaters zum Weibe nahm.
endlich zum Bewußtseyn erwachte, und Beide sprachlos
einander umarmt hielten , erweckte sie der allgemeine Sie- Korresxo n Venz- Nachrichten.
gesjnbel. Die ganze türkische Flotte war vernichtet; lZ0 Berlin, Januar.
Schiffe in der Gemalt der Christen , ton versenkt oder (Fortsetzung.)
verbrannt. z«,nnn Türken hatten daS Leben verloren, Das Karneval hat vis jezt noch nicht« NeneS zum Vor
denn in dem ersten Ungcstümm des Siegs wurde keine schein gebracht. Herr Ritter Sponlini ist nimr müde gewor
ben wie gewöhnlich mit seinen Opern zu beginnen, und ..Nur:
Gnade gegeben. Die Zahl der Gefangenen belief sich auf mal'al" ist in der That in acht Tagen zwey Mal gegeben
unter diesen das Weib Alis, eine Schwester des worden. Von den Redouten können wir nichts berichten, weil
Sultans, mit fünf seiner Kinder. Die Beute war uner es kaum möglich ist, anständiger Weise hinzugehen, man müßte
denn auch n>'^,hcr noch die Maske übcrF Gesicht binden und
meßlich, ihr schönster Theil die befreiten christlichen Skia- mir Mcreutio sagen: crröthc» mag für mich bieg Wachsgc-
«en. Aber mit thcurem Blute war dieser Sieg bezahlt, sscht. Der erste Ball im Saale dcS Schauspielhauses hat kaum
mit «W« Todteu. Von den vcnetianischen Kapitänen al Kundert Personen zur Tbcilnahme angereizt. Dagegen erregt
lein, denen der Preis der Tapferkeit allgemein zuerkannt die auf die nächsten zwev Tage angekündigte AuffüKrnnq ei
wurde, fehlten zwanzig, darunter jene vier Brüder, der ner neue» Rauxachschcn dramatischen Bearbeitung dcS Riebe
lunaenliedeS die allgemeine Erwartung. Wenn wir die tra
ganze Stamm cineS edlen Venctianers. Vermundet war gischen Produktionen dieses Dichter« im Vergleich mit dem Bc.
der größte Theil der hohen Offiziere, selbst der Anführer, sten, was die deutsche dramatische Muse herrrrzubringen wußte,
Don Jobann, doch nicht gefährlich. Wir nennen noch un alS iintcrgcvrdncter anzusehen gendtliigt sind, so gebührt Hrn.
ter diesen den jungen spanischen Offizier, den nachher Raupach wenigstens der Ruhm rastloser Tätigkeit , ununler
brvchcnen Streben«, und während die Stücke anderer neuerer
durch seine unsterblichen Werke berübmt gewordenen Cer Dichter entweder gar keine oder nicht die dritte Auffül^ns
vantes, dem der linke Ann abgeschossen wurde. Um zwev erleben, so wissen die semigcn wenigstens durch frappante
Uhr Nachmittags war der Sieg vollständig und die Flotte l Züge, durch Kraft und Leidenschaft, durch Pomp der Form
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und durch Fleiß und Virtuosität i«r Darsteller jahrelang Wir? Etzels Lager ; auch Volcbcr strahlt dort erst in vollem Glänze
kung, im Publikum hervorzubringen. Seine dramatische Ge- hervor; die schönste» Züge des Gedichts aber, die Weissagung
schicklichkeit wird Hr. Raupach bcy dein dicßinal gewählten der Donauweibcr, Dietrichs Kampf zwischen Treue und Gast
Stoffe mannigfach zu zeigen Gelegenheit finden. Den» erst: freundschaft , feine Biederkeit , den Schmerz des jungen Gisel-
lich gilt es hier ein Epos i» ein Drama zu verwandeln , «in hers gegen den Vater ftiner Braut kämpft» zu müssen, und
Unternehmen, das bis jczt fast allen, die es versuchten, »ickrere dieser episodischen Vorfälle kann das Drama nicht in
mißlungen ist. Sollte eS uns erlaubt werden, de« steten Grund sich auftichmcn. Der tragische Schluß des Gedichts , der Uns
solche» Mißlingens anzugeben, so möchten wir uns den Va- terga,^ all dieser Helden, dieser Pracht, dieses RcichtKuins, die
ter der Poetik, den alten Aristoteles zmn Helfer heranru ser StantKaftigkeit und Tapferkeit, durch die Schuld der Ta
fen. Hat doch auch Lessing oft seinen Lehren vertraut. Ari pferkeit und des Rcickthnms selber , kann frevlich im Drama
stoteles sagt ganz einfach und verständlich, vcv der Tragödie wirken, aber es hat nnendliche Schwierigkeit, diesen Unter
ftv der Zweck und der Inhalt des Zweckes die Hauptsache, gang ali> aus der Natur der Haitdlnng Sifrids iwri n cndig her
^as geschieht, soll also nur aus der Natur dieses Zweckes her vorgehend darziistcllen. Tapferkeit, körperliche Stärke , Rcich
vorgehen, und nil'its soll sich zeigen als das bestimmte Schick thum sind keine Mächte mehr, die unsere AKeilnalme erregen
sal dessen, was der Held vollführt: die Scylla und Sharub- kbinien , und dnrch deren Kollisionen wir ganze Geschlechter
dis , in welche er sich bcgiebt , ist die notlnveudige Gcfakv, mögen z« Grunde gehen setzen. Die znsäiligc Plaudcrl>afrig:
die aus dem inner« Wesen seines Zweckes hervorgeht. Das keit Chricmhildens aber bey Gelegenheit deS Zanke« der Äeni-
Entgegengefczte finden wir dagegen im EpoS. Obysscus z. B. ginnc» würde ein noch schlechterer Slngclpunkt des Stückes scnn.
will gen JtKala heimkehre«; welch ein einfacher Zweck! Daß (Der Beschluß folgt.)
er bey der Kalnpsv verweilt , daß ilm die Syreucn anlocken, Schweiz, Februar.
daß il»n die Gefährten in Säue verwandelt werbe» , gekt aus
der Natur biefes Zweckes uimt hervor : es sind Begebculvite», wurdeZuam Küßnacht am Vierwaldstättcrscc. im Kanton S chw n z,
Listen Januar d. I. ein Sch>infvicl eigener Art
die den armen Dulder immer wieder von seine«, Ziele verschla gegeben , das wegen der Seltenheit des dazu gebrauchten
gen . und nicht die Darstellung der bestimmten Natur dieses Schauplatzes merkwürdig ist. Man ft'ihrte nämlich die Er
Zweckes, sondern der ganzen Breite aller Begebenheiten, dte mordung Geßlcrs in der hohle» Gasse durch Wilhelm Tel! auf,
it^i verhindern . macht den eigentlich«! Inhalt ans. Es wird und dicß zwar i» der hohlen Gasse selbst, wo die That vor
«zahlt, was dem listigen Dulder alles während seiner Heim Jahrlninbcrtcii geschehen war. Voran ging aber der Apfel-
reise begegnet sey z die Art und Weise , Wiesich die Ausfüh schug auf öffentlichem Platze in Küsmackt, so wie die See
rung des Zweckes begeben, breitet sich mannigfaltig ver fahrt und der Sprung Tclls aus dem Schisse auf eine bn
zweigt, in Raum und Zeit wert auseinander geworfen, »or Landspitzen des Sees. Als Geßler in der Kohlen Gasse fiel,
dem Zuübrer oder Leser aus. Hr. Raupach wird ver, seiner jauchzte alles Volk hoch ans.
Metamorpliose die Schwierigkeit überwinden müssen , den In
halt des Niebelungcnliedcs als bestimmten Zweck eines ,l?e!dcn hendeInRcfvrmationSftfl
Bern beschäftigt das in «tli«>o,i Monaten zn bege
vielf.«,, und «ic Vorbereitungen sür
zusanimKizufassen , und den ganzen weiteren Verlans als diese Sekularfeyer gewinnen mnncr mekr an Umfang. Biel«
ine E»:w,cel»ng der Natur dieses Zweckes seines Helden dar Geistliche halten alle Sonntage Kinderlehre über di Reftrin«
zustellen. Doch dicß macht nicht die alleinige Schwierigkeit tionsgcschichte. Geschrieben wird Vieles von verschlrdenem
onS. Denn der Inhalt des Nibelungenliedes steht unserer Kalt, von der» Volke aber wenig gelesen. Auch eine' dickleibige
jetzigen Bildung, unseren gegenwärtige« Interessen so fern, Geschichte der Reformation von Bern ist erschienen, zu schwer,
was die Degen und Recken zum Handeln anregt, was sie voll
bringen und wie sie, es vollbringen , kau« unsere Teilnahme als daßdürfte ein lebendiger Geist sich darin bewegen könnte. Biel
so wenig in Anspruch nehmen, daß der Dichter Mühe haben eher hicfür ein Lcbensabriß des Bcrnschcn Reforma
wird, diese unendliche Kluft auf genügende Weise auszufüllen. tors geeignet sc>)n , dein man von tüchtiger Hand entgegen
Helden ;n sehen, die weiter nichts sind als maßlos starke Scilla- sieht. Bertold Hallcr ist kein großer Chccrokter, «der ein
gctodts , leer von allem andern Inhalt, als von dein, sich lieblicher. Das veu» s> r« vi ck ei> i t (oder ? r « v > cl i t) der
tapfer zu beweisen , ihrem Herrn treu zu seun, abcnrencrlich Berner hat sich recht erwiesen, da er ihnen einen solchen Re
sich zu verliebe», durch die Welt hin- und hcrznrciscn, sich mal ganz sandte,
formator denn nur ein solcher, seine Kraft nicht ein
zn putzen , Geschenke zu nehmen und zu geben , den Rcichrhum fo Großes kennender Mann, der sich klein fühlte, sonnte dort
wirken. Zu den bessern Gcfchcnkcn des Festes möchte
Über Alles zu achten und zn einen, kann nur langweilen, wenn auch die neue Schulordnung gezählt werden, mit- deren Aus
die Verhältnisse in der Leerheit, Wildkeit nnd Barbar« blei
ben . wie sie das Nibelungenlied darstellt. CKricmKild in ih arbeitung Hr. Deka» Studcr bcfchäftigt ist, nud ein »eucS
rer Lieblichkeit und Unschuld, ihrer Treue und Ergebenheit, Gesaugbuch für den öffcutlichcn Gottesdienst, das Hr. Pfar
ikrcr wortkargen Nnwerät, müßte auch noch eine mannigfache rer Krämer in Saancn veranstaltet. Die Kapitel der refor-
Welt von Gefühlen, Wünschen, Ncignugen und Hoffnungen mirtcn Bcniischcn Geistliclikcit hatten schon lange den Wunsch
gehegt, eine alljährlich sich vcrsamnicMde Gencralsunodc zu
in sich aufnehmen, ehe sie zu befriedige» iin Stande wäre, und bilden ; dieses Verlangen ist der Regierung vorgetragen, von
die später so gränzenlos rachgierige Megäre, die ihr ganzes derselben aber nicht gewährt worden. In auffallend grellem
Volk, ihr ganzes Geschlecht der Rache opfert, nicht Freund,
nicht Bruder schont, würde nur widerlich werde» können. Kontraste mit den Einleitungen zum Jubelfeste der Reforma
tion ward die von Seite der Häupter des Vernifchc» Frev-
Brunhilde, wie sie ihrem Gatten in der Brantnacht mit ihrem staats jüiigsthin erwiesene Bereitwilligkeit gefunden , dein Kon
Gürtel Hände und Füße bindet nnd ihn an den Nagel liängt.
möchte auch keine dramatische Gestalt abgeben, zumal da sie kordate für die neue Einrichtung deS Bisthums Basel bevzurrctcn.
später, von Sifrib bczivnnqcn , ihre Kraft und ilrre» wilden, Bezeichnend merkwürdig für den iin Volke herrschenden Geist
aber sind die Eindrücke , welche seit sechs Monaten diese Ver
unqezäwnten Charakter verliert. Frau Ute ist die ,.vil riche handlungen
Ute." weiter nichts ; Hagene von Troncg gewinnt seine rechte Geist ist im Aarga» unter allen Klassen hervorbrachten; durch diesen
Bedeutung im Licdc erst da, wo der dramatische Dichter ihn die Verwerfung des Konkordats erfolgt.
nicht mehr gebrauchen kann, nämlich vev den Mctzelevcn in Beklage: Sendschreiben an Hrn. Joh. Witt, gen. v. Döring.
Verlegt von der I. G. Cotta'schen Blickhandlung.
51.

M o r g e n b l a t i

für

, gebildete Stände.

Donnerstag, 23. Februar 1323.

— Weiter »och hinauf, bis wo die Wogen


Des in.ichs'ge» Stroms ten zweyten Sturz besteh«.
Torquato Tasso.

Reise »ach Nubien. falls keine Spnr, und doch muß die Anzahl derselben groß
gewesen sevn, da sie ein ganzes Volk in sich aufnahmen.
<Fortsc«rin^.? Anch hätten dicfe Wohnungen ebenso unzerstörbar sevn
Die meist bicns sind ans Lehm oder müssen, wie die Felsen, in denen sie sich haben befinden
Nilschlamm ' 'mmen »»d Palmzwei- sollen, und im Falle man nicht die wenigen Grabhöhlen,
gen bedeckt, oft aber nur so hoch, daß man kaum ausrecht die an den Ufern des NilS zerstreut sind, dafür ausgeben
darin stehen kann. Die Familie wohnt in denselben mit will, würde es schwer sevn einen augenfälligen Beweis zu
den Kühen und Schaafcn zusammen. Unverkcnnlich ist führen, daß die alten Agnpter Höhlenbewohner (Troglo-
an denselben die altägvptische Form, uud es ist wahrschein dpten) gewesen sind. - Wir erreichten Derri, Hauptstadt
lich, daß, mir AusnaKmc einer sorgfältiger,, Construkrion, der Provinz und Sitz eines türkischen Kaschcfs. Sic liegkam
das Aeusscre der modernen Privatwohnunqen dem der an östlichen Ufer, ganz nahe am Flusse, und besteht aus etwa
tiken völlig gleich kommt. Worauf die Vermuthunq eines zweyhundert Häusern, die zwischen Gärten gelegen und
englischen Reisenden sich gründe, daß die alten Acgvxtier von hohen Palmen beschattet sind. Die Seite der Stadt
ihre Wohnungen von Holz erbaut hätten, kann ich um so nach der Wüste zu ist mit einer Maner von ungebrann
weniger begreifen, als kclue Nachricht daranf hindeutet, ten Ziegeln , mit Thürmcn und Zinnen umgeben. In der
auch mehrere antike in Theben befindliche Ueberrcste gerade Nähe dieser Mauer und nur durch eine Bcgräbnißstätte
vom Gegenrheil zeugen. Auffallend ist es, daß die Nubicr getrennt, befinden sich die mächtigen Ueberreste eines
nie das Innere der Tempel und Ruine» zu ihren Wohn- ägyptischen Monuments, in die Steinmasse eines niedrigen
orten benutzen, und ausser einigen wenigen Bewohnern Felsengcbirgcs eingchaucn. Dieses Monument, das ein
von Kournak, die, durch bürgerliche Unruhen vertrieben, zige, welches ich bls dahinauf dem rechten Nilufcr an
in den Grabhöhlen Thebens versteckt leben , gilt dieselbe getroffen, trägt bei der rohen Unvollkommcnheit seiner
Bemerkung für ganz Aegypten. Eben so wenig kann man Ausführung und seinem verfallenen Anstände das unzwei
die Ruinen von Luksor, Ltfu und andere als bewohnt an- deutigste Gepräge eines hohen Altcrthumö und die Spu- ,
sehen, weil die Araber in eigens in den Hofen und oben ren der Kindheit der Kunst. Jene Unvollkommenheit ist
auf den Terrassen der Tempel erbauten Wohnungen leben, hauptsächlich in allen architektonischen Theilcn dieses Mo
nicht aber in den Gemächern der Tempel selbst. Von den numents, und in denjenigen Theilen der Skulpturen
Grotten, in welchen die Bewohner Aegvptens in den frü- sichtbar, die mit dem Bau zugleich entstanden, wie z. B.
gelebt haben sollen, fand ich eben die Statuen, die an die Psciler des Pronaos angelehnt
202.
sind und mit denselben Sine Steinmasse ausmachen, und ten wir, am 12. Februar 1819, die schäumende» Fluthen
ebenso die Gottheiten in den Nischen des Sanctuariums. des Nils zwischen hohen Felsen durch, bis dahin, wo die
Die Basreliefs hingegen, womit die Wände geziert sind, zusammengedrängten Granitmasse» die SKifffahrt völlig
zeugen- schon von einem Fortschreiten in den Kunst ,?.Hie hemmten. Wir danttewdem Himnicl, unser Ziel soglnck-
sich in^er Folg? der Zeit.auSbildctez Währnid ich minder lich^erreicht zu haben, und bereiteten ein feHlickes Mahl,
Aufnahme dieses Monuments beschäftigt war , sah ich täg wobei der allgemeine Frohsinn den besten Tbeil ausmachte.
lich eine Frau am Grabe ihres verstorbenen Mannes in Mehrere Nubicr, die sich zu uns gesellt hatten , um an
Trauer hingeworfen. Ihr Klaggcschrci schallte von den dem Feste Theil zu nehmen, führten eine Art kriegerischen
nackten Felsen zurück und die Vorübergehenden stimmten Tanzes auf, bei welchem Gebcrdc und Bewegung in einem
darin nn. Auch Speise» setzte sie täglich beim Grabe hohe» Grabe charakteristisch waren, und die Tänzer eine
hin, «n denen sich Arme sättigten, oder die Vögel des ausserordentliche Gewandtheit zeigten. Diese mimische»
Himmels sich nährten. Oft hatte ich in diesem Lande Gelegen Spiele waren Lanzengcfcchte, die an ähnliche Sccnc» auf
heit, Trauerzügen und Begräbnißseierlichkeiten beizuwoh ägyptischen Monumenten erinnerten.
nen , und immer bewunderte' ich die Wlirdc^ womit diese >>' Eigentliche Wasserfalle bildet der Fluß hier nicht, son
ernsten Handlungen hier verrichtet werden. Bei Saab dern drängt sich nur schäumend zwischen den dunkeln Fel
fanden wir zuerst den schon im Altcrthmn berühmten Palm? senstücken hindurch , fließt dann, sich ausbreitend, durch
wein , der nur in Nubien von der fußen Dattelfrucht be eine ebene Sandfläche hinunter, bis ein leichtes Gebirge
reitet wird. Weintrauben werden in den Gärten der rei seinen Lauf wieder einengt und dem Auge seine Richtung
chen Türken in Aegypten gepflanzt,; sie sind von guter Art, verbirgt. Palmbäume und Akazien bilden die einzige Ve
bedürfen aber vieler Pflege. In Theben aß ich frische getation, und der Anblick dieser Catarakten ist bei weitem
Trauben im Dezember l8t» und im Inn» t«l9. — Von nicht so großartig, als derjenige der Catarakten zu Assuan,
Derri gelaugten wir nach Jbrim, einem Städtchen auf ei an der Gränze Aegyptens. Meiner Wanderung war hier
nem hohen Felsen. Während ich hier zeichnete erhielten ein Ziel gesteckt. Mehrcrc Reisende haben versucht, auf
Wir den Besuch von drei schwarzen Pilgern , die weit aus diesem Wege weiter vorzudringen , und wir wissen
dem Innern von Afrika herkamen und nach Mekka zogen. durch neuere Berichte, daß sich dort wenig Bedeutendes
Sie waren völlig nackt und ihre ganze Habe bestand aus von Architektur vorfindet. Ich rüstete mich also zur Rück
einer Schnur von zusammengereihten Körnern, die sie reise den Fluß hinab , um dann mit gehöriger Muße die
um den Hals trugen, und einer Schnake, die ihnen zum bis dahin auf beiden Ufern des Nils bemerkten Alterthümer
Trinkgefäße diente. Die Sprache dieser Leute war meinen zu zeichne» und auszunehmen. ' '
beiden Dollmetschern unbekannt, doch wurde uns verständ (Die Fortsetzung folgt.)
lich , daß sie schon seit vielen Monaten von Süden her auf
dem Marsche , und ihrer früher acht an der Zahl gewe
sen sencn. Die Macht des Glaubens nur hilft diesen schwa Die Stellung der deutschen Dichter zu den Bühnen
chen hülflosen Menschen die unendlichen Beschwerden ei
nes solchen Unternehmens zu überwinden. Durch das Bei « n d
spiel dieser frommen Pilger ermuntert, steuerten wir nun Ein Vorschlag zur Verbesserung.
muthiger unserm Ziele entgegen. Die Witterung schien (Beschluß.)
uns begünstigen zu wollen, und ein starker Wind trieb Das bisher Gesagte war frühcrhin wenig bekannt;
uns schnell an den mächtigen Fclsenbildern Abussambuls jezt steht es schreiend vor aller Welt Augen da, und so
vorüber bis zu den Ufern vvu Pl?arras. Meine Schiff- ist es kein Zufall und noch weniger eine Verabredung, daß
lente, durch die lange Fahrt, viele Arbeit nnd öfteren jezt so häufig von der schutzlosen nnd armseligen Stellung
Mangel an stärkenden Lebensmitteln erschöpft, weigerten der deutschen dramatischen Dichter die Rede ist.
sich, die Meise weiter fortzusetzen. Sie malten in übertrie Daß hin und wieder an Abhülfe dieses Mißstandes
benen Bildern die wilde Gegend und die Gefahren der gedacht wurde, darf zu Ehren der deutschen Bühnen,
Gränzc ?!ubiens aus, wo wir unfehlbar von den herum und namentlich der beiden Berliner, nicht verschwiegen
streifenden freven Horden «^gefangen werden würden, werden. Ich wage es aber zn gestehen , haß Ick, die vor
und nur mit Mühe gelang es mir, sie zur Fortsetzung geschlagenen Bcsserungsmittel thcils nicht zweckmäßig,
der Reife bis an die obern Catarakten z» vermögen. End theils nicht anwendbar finde. Man hat i» Frankreich und
lich, nach z? Tagen seit unsere. Abfahrt von Theben, Rußland eine Muftcreinrichtung dafür finden wollen, und
verkündete das Getöse des rauschenden Wassers die Nähe auch für uns nn einen zu bestimmenden Vutorantheil ge
der Zwesten Catarakte, da<5 Ziel unserer Reise, dacht. Hiebe? häufen sich aber in Dentfchlanb, welches
und nach mchrereu Stunden glücklicher Fahrt durchschiff nicht, wie die genannten Staaten, ei» unter Einer Rc-
gierung stehendes Reich ist, große Schwierigkeiten. Sic schöne Seite in den A»n«len unserer Literaturgeschichte
sind so groß, daß sie hier nicht weiter brauchen ausgezählt erwerben. > ". -
zu werden. UeberdieS zweifle ich, ob es der Billigkeit Berlin im Febr. l8?3.
und dem deutschen Charakter angemessen sev, die Bülmen Ludwig Robert.
durch eilt Gesetz zn zwingen, irgend eine» bestimmten
Tl'eil ihrer Sinnahmen den Dichtern auszuzahlen, und, Pariser Anekdoten.
wie in Frankreich, vereidete Kommissäre anzustellen, die
Am Zage, wo die Nachricht von derSchtacht bep Nava-
diese Autors» theile sogleich von den Theaterkasse» in Em-
rin nach Paris kam, befand sich ein vornehmer Grieche in
pfang nehmen. — SS kann den deutschen Dichtern vor
einem Salon. Man sprach natürlich von den unabsehba
läufig nnr e i n Wunsch am Herzen liegen , nämlich der :
ren Folgen, die dieser Sieg für die Hellenen haben kön
daß , wie jedem Staatsbürger sein materielles Sigenthum,
ne. „Sprechen Sie mir nicht von diesen Griechen," sagte
ihnen auch ihr geistiges *> gesichert werde, .viezu bedarf
einer der Anwesenden, „sie sind nichts als feige Sklaven,
es aber für die Dramatiker nur zwever Gesetze :
Piraten oder Straßenränder." „Sie urtheilen schlimm von
1) Daß keine Theaterdircktion ein Manuscript von einem einen, unglücklichen Volke," rief der Grieche ; „ich bin Grieche
Andern als von dem Autor selbst «der seinem Bevoll ond wollte es Ihnen beweisen, enwörte mich nicht der
mächtigten kaufen darf. Gedanke, das Blnt eines Franzosen an dem Tage zu ver
2) Daß keine Theaterdirektion ein im Buchhandel erschein gießen, an dem ich höre, was sie für uns gcthan haben."
nendes Stück aufführen darf, ehne sich mit dem Autor „Nim! wenn Sic Grieche sind," entgegnete der Andere,
vorher vereinigt zn haben. „warum sind Sie hier, während man Ihre Brüder dorr
Mehr bedarf es nicht; das Ucbrigc bleibe den Betheiligten mordet ?Können Sie kein'Plut sehen?" Bev diesen Worten
und der Concurrenz , wie im Buchhandel, überlassen. riß der Grieche einen Dolch auS seinem Stock, und stieß ihn
Was ab« svll geschehen, um diese benden Gesetze zu sich mehrere Male durch den Schenkel. „Ich kann kein Blut
erbitten? Sollen die deutschen Dramatiker sich ehrfurchts sehen ? schauen Sie l>er !" In einem Augenblick schwamm
voll an den durchlauchtigen deutschen Bundestag wenden? er in seinem Blute. Man schickte nach einem Wund
Mit Geschäften überhäuft, dürfte diese hohe Versammlung arzt; der Grieche nahm aber seine Hülfe nicht au, verband
keine MuKe hakit, mn diesem Gesuch einer einzelnen »nd sich mit seinem Schnupftuch und ging.
kleinen Klaffe Venlscher Staarsbürgcr sogleich ihre Auf «
merksamkeit zu schenken. Und thäte sie es, wie viele for Jemand sagte zu der Frau eines berühmten Brat-
melle Schwierigkeiten würden sich dem besten Willen unbe mursthändkers, der der Sigenthümer einer der glänzend
siegbar entgegenstellen ! sten Passagen in Paris ist : „Die Passage hat Sie wohl sehr
Ich glaube es im Namen aller deutschen dramatischen viel gekostet." „Schweigen Sie davon," antwortete die Frau,
Autoren aussprechen zu dürfen: Wir haben nur Sine „sie hat uns zu Grunde gerichtet; wir müssen jezt wie
Hoffnung, und diese gründet sich auf Seraratconveutionen einfache Privatleute leben."
einzelner Staaten, auf folche Conventionen , wie sie
binsichttich des Nachdrucks, (Prc«ßcn großmüthig voran- Korrespondenz- Nachrichten.
schreitend) so glorreich abgeschlossen wurden. Unsere Boston , den 2«. De,.
Blicke sind, nächst Preußen, aller ächten Bildung wabr- Bor Kurzem wurde iin hiesigen Staatshause, wo dir bei
b<rfrcm Schutzland, auf die Wiege der neueren deutschen den Häuser des Staates Massachusets Siyung halten, Archive >c.
sind, die Statue des Generals Washington aufgestellt. Sie ist von
Lireratnr, auf Sachsen-Weimar, und auf das zn geistiger Eliantreu in London angefertigt, und foll de» Feldl'errn zur
Schönheit und Kraft aufblühende Baien, gerichtet. Hier Zeit der ll»,ibhängigkeitsnkläru»g , also in seiner Mainrbeit
ein Graf Brühl, dort ein Kanzler von Müller nnd vorstellen. Es ist eine ruhige, ernste Gestalt; sie ha» viel
in vnserm Süden ein von Schenk, auftretend nnd Gutes, namentlich scheint »ms das Gewand, ein einfacher Man
tel, leichter »nd plastischer gehalten, «ls an de» Jtauci^ischcn
die Rechte der zum Sprücbworr gewordenen armen Stalne» »on Biilow «nd Scharnhorst in Berlin. Di« StcK
deutschen Poeten vertheidigend, könnten eine folche Sexa- lung hat >u<l,ts Allegorisches, Man streitet sich hier, ob die
ratconvention, als schönes Beispiel väterlicher Fürsorge, Statue ähnlich sev. So viel ist gewiß, daß sie einem Abgüsse,
herbeiführen , und so diese eveln Männer sich selbst eine von WaödiugtouS Gesicht selbst genommen, den wir hier be»
ii,«,u Bürger gesehen habe», nicht sehr älinlich ist; aber der
Gruudzug des Gesichtes ist doch festgehalten, und mehr, schcii«
Wer best zu Tage noch an ci,»lN geistige» Siqcnklmmc . soll eine Statue nicht oo» der Wirklichkeit »«Innen, wenn
Zweifel» sollte , der möge sich bemülie» , den ftunnzieNen Kate- sie ibrer Brstimimuig treu bleibt , d« eine Statu« den, ganze»
chiöimis vvnSay nachzulesen, wo er über geistiges, Zinse» tr«- Wesen nach symbolisch ist' und mehr der einfache» Idee, wie
»l»bes K>«itat (wirkliches xr« »luxii« ausgeliehenes) Anfschlns, die Malerei melv dem Lebe» augevbrt. Sie trägt lein Ab
e balleu wird. zeichen des Zcldherrn, weder Dcgc», Kranz, noch soust der:
so4
gleichen. Am Halse sieht man de» kurzen Stehkragen de« «ins Das Königstädter Theater scheint die »ortheiihafte Lage,
fachen Präsidentenrockes , und der vom Mantel freigelassene in welche es durch die allgemeiner gewordene Unzufriedenheit cei
Theil der Beine ist mit Schuhen und Strümpfen bekleidet, eine Publikums mit de» Leistungen und dem ganzen Zustaube der
Tracht, die unS wenigstens weniger unplastisch scheint, alS königlichen Bühne vcrsezt ist, in jeder Rücksicht benutzen zu
die langen Beinkleider, welche die neuen deutschen Bildsäulen wollen, und versucht alle möglichen Mittel, die Menge her-
der Helden deS lezten Krieges trag«,. Da« Staatshaus liegt bey;uzicl>rn. Melodramen, in denen das Niedrige bis zur
auf einein Hügel an einem großen Platze; man geht eine Niederträchtigkeit , das Grauenerregende bis zur schauderhafte
breite steinerne Treppe hinauf, und tritt durch einen Portikus sten Gräßlichkeit gesteigert ist, wechseln mit Possen, in denen
in xinen sehr breiten > tiefen Saal, an dessen Ende die genann das Studium deS untern nnd untersten Berliner Volkslebens
te Statue in einer Nische ilir Licht von oben empfängt. Ein von Seiten des Bearbeiters (gewöhnlich Herrn Angcly's) und
Bürger Kiefer Stadt ließ sich während seines Aufenthaltes in der Darsteller, so wie die Bergnüglichkeit des Publikums be«
Italien von Trentanov« Büsten von Napoleon und Was wundert werden müssen ; kleinere und größere Operetten rasch
hington arbeiten, und diese scheinen uns mehr Kunst zu zeigen. gespielt, heiter vorgetragen und genossen, zichcn immer von
Es bleibt ewig Schade , daß man diese Zierde dcö Staats nicht Neuem wieder an; lebende Bilder, Concertmnsiken als In-
vom große» Thorwaldscn ausführen ließ. Die Statue des tcrniezzv's, Koycbueschc kleinere Lustspiele, brint dnrchemandcr
amerikanifche» Feldherrn , welche Cani^a für Nordcarolina geworfen, machen auf Kunst keinen Anspruch. Und so besu
machte und die wir in Rom sahen , ist «hne Zweifel ein gros? che» die Berliner dicß Theater darum so gern, weil man im
seres Kunstwerk. Sie steht im Stoatshanse zu Raleigh, Allgemeinen darüber einig ist, daß hier von Kunst nicht die
der Hauptstadt Nordcarolina's . welche den Name» von Sir Rebe sepn solle, und man nnr um sich zu amüsiren zusam
Walter Raleigb , dein Lieblinge Elisabeth'? führt, der, menkomme. Hätte diese Bühne jezt einen Dichter, wolchcr
das Beil seines Scharfrichters vor der Hinrichtung ruhig be Passendes zu liefern wüßte , so konnte sie ihr«' Nebenbuhlerin
trachtend , es eine scharfe Arzncy nannte , die aber auch alle großen Schaden thun. Aber die Dichter fehlen durchmis. 5?err
Uevel heile. Jn'Richmoud, der Hauptstadt Virginiens. steht Raupach hat sich dein königlichen Theater angeschlossen; Herr
eine Statue Washington'« von Heulten in Paris. Es ist weise von Holtci bat zu vielen guten Willen und zu wenig Geist,
und herrlich , wenn Republike» ihren Helden Denkmäler setzen. uin immer den rechte» Punkt z;> treffen ; Herr Wilibald Alcris
Wie fast alles, was nicht unmittelbar von allgemeinem Nutzen ist auS der Ticckschcn Periode hervorgegangen , welche il?r selbst
ist » hier durch Privatunternchmunq ausgeführt wirb , fo auch unbegreiflich nie weit hat nm sich z« greifen vermocht, und
diese Statue. Das ganze Werk kostet gegen 1ö,M0 Dollars, Herr Robert wohnt nur als Gast in unserer Stadt, und ist
also ungefähr 24,000 preußische Thaler; 10,00» Dollar« hat für die Kbnigstadt für jczt zu spitz und fein.
Chanrrey für das Werk erhalten. Die ganze Summe wurde Die bildenden Künste lxrbcn in diesui Monaten
durch Unterschrift gesammelt. Ebenso baut man jczt an einem gcfcpert. Die Condiror - Ausstellungen . in» mit Li
Denkmale des Gefechtes auf Bunkers Hill, in dem an, 16. Juni sie» zu beginnen, lieferten manche gute Landschaft ; die <
1775 die hiesige Landwel'r die englischen Truppen schlug. Bun von Navarin im Lokal des Diorama von Herrn Carl Gropius,
kers Hill ist eine Hohe dicht bey Boston , uud übersieht die dcm Dekorationsmaler, in größcrem Format dargestellt, ver
Stadt, den Hafen und die Inseln bis in die Bai hinaus. Das lebendigte die Zeitungsberichte ; die Reisen im Zimmer laßt
Denkmal wird ein Obelisk , aber leider , fo viel wir davon se Herr Enslin noch zu fortdauerndem Vergnügen deS Publikums
hen, nicht geschmackvoll ; und sicher ist es zu bedauern, daß für sehen. Herr Schröter, nnlängst ans Italien zurückgekehrt,
zwnimalhunderttansend Dollars, den» soviel wird das Deiikmal stellte im Saale der Akademie der Künste «ine Copie des ra-
mit Ankauf des Landes :c. kosten, nichts Besseres erbaut wird. phaelschcn Triumphes der Galatbca aus der Farnesina wenige
Der Obelisk wird vielmehr ein Denkmal des guten Willens der Wochen lang n»S. Der Berliner Kunstvcrcin, der sich znr
Bürger, welche diese Summe zusammenbringen, als ein wür Unterstützung Zunger Künstler immer weiter verbreitet. Preise
diges Muflerw crk werden. aussczt, Gcinälde ankauft u. s. f. , wird „ächstcris wieder seine
(Der Beschluß folgt.) Jaln'cssivung uutcr dcm Vorsitze Sr. Ercellcnz des Staats-
Ministers von Humboldt halten , um zur Verloosung der arme-
Berlin, Januar. kauften Gcinälde zri schreiten. Weniger schnell als dieser älte
(Beschluß.) re, scheint der junge wissenschaftliche Kunstvcrein emporzukom
Es wäre nicht zu begreifen, wie das Nibelungenlied men. Die öffentliche Anzeige nämlich der Herausgabe eines
ein anderes als historisches Interesse in »eucrn Zeiten hat erre Kunstblattes von Seiten des Vereins, für welches «rllc Mit
gen können,, wen» wir nicht alle durch Erfahrung wüßten, dag es glieder Arbeite» zu liefern sich verpflichtet hatten, vcranlaßtt
«och vor Kurzem i» Deutschland eine Zeit gab, in welcher die eine öffnitliche Erklärung der Mehrzahl augefchencr, berühmter
Zufälligkeit und Abenteuerlichkeit des partikulären GemüthS, Namen , daß sie zu solcher Verpflichtung sich nicht verstehen
die Wandclbarkcit des Gefühls, die oberflächliche Tiefe des lee könnte» , und zwar war diese Erklärung i» einem Tone abge
ren Herzens als die alleinige Autorität gelten, und in der Re faßt . der deutlich z» >Hrcn gab , daß die Unterschriebener, dcm
ligio» an die Stelle fester Lehren, im Staat an die Stelle Fortgange dcs Untcrnchmcns in der Art wenigstens, in wel
allgemein gültigcrJnstirutivncn treten sollten, während die Bil cher es angezeigt war, nicht eben hold scven. Doch sind die
dung und Höflichkeit, die Zucht und Strenge geselliger und deßhalb eingetretene» Mißhclligkeitcn in jeder Weise bepgclegt,
sittlicher Pflichten schon der rohen Willkühr des Beliebens und keines der Mitglieder ist ausgetreten, und das Kunstblatt wird
der eben so bequemen als, trotz ihrer Barschheit, matten nnd nun bey Schlesinger, unlcr Redaktion des Herrn Professors
schwächlichen Selbstgenügsamkeit und Selbstgefälligkeit hin nnd Tölken hcranskommcn , und sich nähcr der Akademie der Künste
wieder Plag z» machen begann. Jczt aber sind die langen anschließen. Der wissenschaftliche Kunstvcrcin hat sich nnr das
Haare verschnitte» , die deutschen Röcke zu gewöhnlichen Fracks Nccht vorbehalten, die in den Sitzungen vorgelesenen Aufsätze
umgearbeitet, und Herr Raupach wird mehr als nur den in diesem Blatte abdrucken zu lassen, dessen erstes Heft »och
Inhalt des Nibelungenliedes drainatisircn müssen, wenn er in diesem Monat erscheinen soll.
durchdringen und aUgcincineren Bcyfall alö den der Kenner
altdeutscher Literatur eincrndtcn will. Be plage: Kunstblatt Nr. 17.
Verlegt von der I. G. Cotta'schen Buchhandlung.
52.

M v r g e n b l a t t

f ü r

gebildete Stände.

Freytag, 29. Februar 182 8.

So long des Mtnschm Herz ob eiteln Schrecken bebt.


So lang den bangen Geist stctS ein Phanloin umschwebt.
Wird ängstlich seine Hand noch Amuletten greifen.
Voltaire.

Der dose Blick. ! ihn an , stößt einen Schrei aus und fällt ohne Besinnung
l zur Erde. Der Fremde ergriff die Flucht. Ich war in
Das Bezaubern von Menschen und Vieh durch die der Nähe und glaubte Anfangs, er habe das Mädchen er-
mannigfaltigsten Mittel war vor noch nicht so gar langer > mordet; ich lief daher mit meinem Führer hinzu. Das
Zeit fast in ganz Suropa ein Prärogativ der ausgebreite ! arme Kind kam indcß bald wieder zu sich und sagte uns,
ten Herenznnft. Es ist bekannt, wie spät sich geistliche der Mensch, der sie angeredet, habe den bösen Blick
und profane Schriftsteller geschämt haben, von Wundern, gehabt und sie bezaubert. Sie bat uns, sie zu einem Prie
Auubercven und Herereye» zu erzählen, und wie bald ster zu begleiten, der sie mehrere Reliquien küffen ließ und
man sich diesem fruchtbaren Kapitel wieder in allem Ernste ihr ein Papier, das einige seltsame Worte enthielt u«o
zugewendet hat. Wenn wir im Folgenden einige Beispiele in Seide eingewickelt war, um den Hals hing. Das junge
von dem sinstern Aberglauben der Dalmaticr erzählen, so Mädchen erholte sich darauf , und nach zwei Tagen war sie
wird sich jeder deutsche Leser erinnern , daß sich in seiner vollkommen wieder hergestellt. — Sin andcresmal sah ich
Provinz wenigstens Spuren ähnlicher Wvrurtheile finden , im Dorfe Poghoschiamv einen jungen Menschen von fünf
und wenn er eben die blinden Hevducken bedauern will , und zwanzig Jahren plötzlich erblassen und aus Schreck
wird ihm beifallen , daß es in unserm Jahrhundert Man- vor einem sehr bejahrten Hey ducken, der ihn anblickte, zur
ner giebt, welche diese halben Naturmenschen «m ihren Erde fallen. Man sagte mir, er stehe unter dem Einflüsse
Kinderglauben beneiden möchten. des bösen Blickes ; es sep aber durchaus nicht die Schuld
Im Oriente, und besonders in Dalmatien, ist es des Hevducken , der von Natur den bösen Blick habe und
noch jezt ein allgemein verbreiteter Glaube, daß manche selbst es schmerzlich empfinde, daß er diese furchtbare
Personen die Macht hätten, durch ihre Blicke zu bezau Macht besitze. Ich wollte an mir selbst eine Erfahrung
bern. Der Einfluß , den der böse Blick ausüben kann, ist hierin machen. Ich redete den Hevducken an und bat ihn,
dem Volksglauben nach sehr groß. Der vom bösen Blick mich eineZeitlang anzublicken; er aber verweigerte dies und
Getroffene fällt in Ohnmacht, wird krank und stirbt in we schien über meine Bitte so betrübt, daß ich mich genöthigt
nigen Tagen an der Auszehrung. Ich habe, so erzählt ei» sah, davon abzustehen. Die Gestalt dieses Menschen war
in Dalmatien reisender Franzose, zweimal Opfer des bö abschreckend und seine Augen waren sehr groß und hervor
sen Blickes oder vielmehr des Aberglaubens gesehen. Im stehend. Gewöhnlich schlug er sie nieder ; aber wenn er
Thale Knin ward ein junges Mädchen von einem Sand sie in Zerstreuung auf Jemand heftete, war es ihm —
mann angeredet, der sie nach dem Wege fragte ; sie sieht wie man mir sagte — unmöglich, sie eher wegzuwenden.
als bis seiu Opfer gefallen war. Alte Weiber erzählten zog er bis zu seinem Gränznachbar, dessen Gast ich war,
mir auch von Personen, die zwey Augäpfel in einem Auge um seine gehoffte Beute wenigstens in Augenschein zu neh
gehabt hätten, und das sollen die Furchtbarsten feyn. Es men. Die Statur dieses äthiopischen Häuptlings war aus
giebt verschiedene Mittel, die aber fast alle unzureichend serordentlich ; es schien, als hätten ihn seine äussern Vor
sind, sich gegen den bösen Blick zu schützen. Einige tra züge zu dieser Würde erhoben. Seine Hautfarbe war dun
gen deßhalb Hörner von Thieren bei sich, andere Korallen, kelbraun und seine regelmäßigen Gesichtszüge hatten nichts
welche sie gegen jede des bösen Blickes verdächtige Person von der Negerform, jedoch war das Haar kraus und der
richten. Bisweilen vernichtet auch ein Pistolenschuß in Bart kurz. In feiner Linken hielt er ein breites, gerades
die Luft den tödtkichen Zauber, und von den Morlakcn Schwert und eine Lanze. Sein Gefolge war nur in eini
sagt man , daß sie ein noch sichereres Mittel angewendet ge Lumpen gehüllt, aber mit Lanzen und Schilden bewaff
und die Pistole gegen den vorgeblichen Zauberer selbst ge net, die sie an den Wänden und Pfählen der Kammer, in
richtet hätten. welcher wir uns befanden , anlehnten ober aufhingen. Un
Ein anderer im ganzen Oriente sehr verbreiteter ser Wirth ließ nach den herkömmlichen Begrüßungen sei
Glaube ist, daß man einen gewissen Zauber ausübe» könne, nen Gästen zu Ehren in unserer Gegenwart ein Schaaf
indem man Jemand oder eine Sache sehr lobt. Nicht Je abschlachten und ganz an einem hölzernen Spieße braten.
dermann hat diese gefährliche Eigenschaft und nicht immer Während dem waren die Frauen beschäftigt, einige Hand
wird sie freywillig ausgeübt. Es ist gewiß Niemand in voll Durra zwischen Steinen zu zerreiben und davon für
Dalmatien oder in Bosnien gereist, der sich nicht in ei die Gäste eine Art dünner Kuchen zu backen, die man anstatt
ner ähnlichen Lage, wie ich, befunden haben sollte. In ei des Brods aß. Auch Palmwcin wurde in schwarzen Schläu
nem Dorfe nämlich sah ich ein kleines hübsches Kind vor chen herbeigeschafft, und nachdem wir mit Wasser besprengt
«nem Hause im Grase spielen. Ich liebkvscte es und lobte waren und uns gewaschen hatten, „erhoben wir die Hände
es gegen seine Mutter , welche in der Nähe war. Sie zum leckerbereiteten Mahle."
schien sich indeß von meiner Höflichkeit wenig geschmeichelt Nach den regelmäßigen Erhebungen und Senkungen
zu finden und bat mich ernstlich, dem Kinde auf die Stirn des Bodens zu urtheilen, sind hier mehrere Ruinen von
znsxeyen. Ich wußte damals noch nicht, daß dies das großem Umfange unter dem Sande verborgen ; auch sah
Mittel scy, den durch Worte bewirkten Zauber zu vernich ich in dieser Gegend ein erst seit Kurzem von den Bewoh
te», und weigerte mich daher, über solches Verlangen nern verlassenes Dorf; der Wind hatte den Sand auf der
erstaunt, standhaft, ihm zu genügen. Die Mutter aber Westseite der Häuser so aufgehäuft, daß er bis zur Höhe
rief ihren Mann , um mich dazu mit vorgehaltener Pi der Mauern reichte , dann über dieselben in die innern
stole zu zwingen, als mein Führer, ein junger Heyducke, Räume eindrang und die Gemächer ausfüllte. Diese Ver
zu mir sagte: „Lieber Herr! ich habe Euch stets gut und wüstung rückt in Nubien und in den obern Thcilen Aegyp
freundlich gefunden, warum wollt Ihr einen Zauber, den tens mit schnellen Schritten vorwärts und droht nach
Ihr, deß bin ich gewiß, wider Euren Willen bewirkt und nach die ganze Provinz zu entvölkern. An vielen Or
.habt , nicht zerstören ?" — Ich begriff nun die Hartnäckig ten erreicht der Fluß beym Anschwellen schon nicht mehr
keit der Mutter, und beeilte mich, ihr zu willfahren. die Höhe der vom Sande bedeckten Ufer, und die Einge°
borucn sind genöthigt, ihre Felder durch Wasserräder,
Reise nach Nubien. Satti genannt , zu bewässern. Selbst dieses künstliche Mit
(Fortseyung.) tel genügt nicht ; jährlich vermindert sich , wie mich ein
Nachdem wir einen Vorrats, von Brennholz gesam alter Mann versicherte, die Zahl dieser Maschinen, und die
melt und Segel und Masten abgebunden hatten , steuerten Nubier verlassen ihre Wohnungen, um nach Aegypten aus
wir den Nil hinunter. Kaum war mein Blick der hei zuwandern. Das Aeussere des ganzen Landes zeigt Ver
matlichen Zone zugekehrt, kaum war ich dem Vaterland? wüstung, und Trauer erfüllt das Gemüth beym Anblick
durch wenige Rnderschlage näher getrieben , so fühlte ich dieser hinsterbenden Natur. So hat die Natur selbst dem
mich erleichtert, und jede Besorgniß war verschwunden. menschlichen Wirken hier ein Ziel gesezt, und keine Kraft
Znerst kaiideten wir auf der Rückfahrt bei der Jnfel Wady- ist vermögend dassclbe hinanszurücken. — Beym Dorfe Ser-
Halfa, dann übernachteten wir bei einer andern frucht nch war der sandige Boden mit Tabaksblättern belegt, die
baren Insel. Hier fanden wir bei dem Vorsteher des in der Sonne getrocknet wurden, und ein kleines Fähn
Dorfes, an den ich von Aegypten aus empfohlen war, den lein, mit dem Namenszuge eines Heiligen bezeichnet,
Anführer einer freien Horde ans dem Lande oberhalb der steckte daneben zum Schutze gegen jeden Raub. Mit der
Catarakten, der unS nacbgcstellt hatte, um einen Tribut selben Zuversicht auf die Kraft eines hihcrn Wesens läßt
?on uns zu erpressen. Glücklicherweise verfehlte dieser man irgend einem Schutzheilige» geweihtes Vieh in den
Häuptling unsere Spur, und von Neugierde getrieben ! Feldern und Wiesen srci und ohne Hüter weide».
2«7
Nicht ^veit von da besuchten wir auf dem entgegen- Flachlande , in Unterägvpten , antreffen. WoS das W n n-
gesezten Ufer die Reste eines Städtchens bei Guston. dervolle derselben betrifft, so scheint mir dies durch
Die Ucberreste alter Städte in Nubien kann man in viele »euere Werke aus dem Mittelalter weit übertreffen,
zwei verschiedene Klassen Weilen, nämlich erstlich in solche, denn eine Pyramide ist in Vergleich mit diesen nur ein
die harr am User in der Ebene an einen, leichten Abhänge .kaufen noch unbearbeiteten Materials, um einen gordischen,
gebaut sind, und zweitens in solche, die auf höheren Hügeln, Dom zum Beispiel erst daraus zu verfertigen , und will
Felsen oder Bergen liegen. Die ersteren bilden gewöhn- man die Kosten berechnen, die bicsc Gebäude verursach
lich ein Viereck, wovon die eine Seite offen und dem Flusse ten, so wird man finden, daß die.Kvsten unserer Kathe
zugekehrt ist, die andern drei Seiten aber a»S einer dicken dralen die der Pvramiden weit übertreffen.
Mauer von ungebrannten Ziegeln bestehen. Die der Fluß- Baljane gegenüber siebt man die mächtigen Denkmäler
feite entgegeugcsezte, der Wüste zugewandte Mauer hat von Abussambul. Der Eingang in das größere derselben ivar
gewöhnlich keine Oeffnung, in den beiden Nebenseiten aber mit Sand verschüttet, und ließ nur eine kleine Oeffnung
bemerkt man einen oder mehrere Thorcingönge, die einan frep, durch die man auf dem Bauche luneinkrieche» mußte.
der gegenüber stehen. Die in der Ebene, nahe am User Der beständig über den Berg ^abrollende Eand drohte
und in einem Bierecke erbauten Orte sind ohne Zweifel diesen Eingang jeden Augenblick zn verschütten. Ich konnte
ägyptischen Ursprungs ; die Städte der zweiten Klasse hin daher nur mit Mühe meine Araber bewegen, mich in das
gegen, welche auf Bergen liegen und eine unregelmäßige Innere zn begleiten, wo üderdieß eine so große Hitze
Form haben, sind allem Anscheine nach später entstanden herrschte , daß ich , nach wenigen Stunden Arbeit gänzlich
und vermutlich römische Kastelle. Ich schließe dies aus erschöpft, jedesmal den Rest des TageS auszuruhen genö-
der Verschiedenheit in Form nnd Lage, welche bei jedem thigt war, um von Neuem Kräfte zu sammeln. Das gedeim-
der beiden Völker seiner Eigenthümlichkeit angemessen sind. nißvolle Dunkel dieser unterirdischen Gemächer, das Fackel-
Hiernach ist nun zum Beispiel daS ictzige Kastell von Jbrim, licht, welcbes den Schatten nie rnbeu läßt, die Todtcn-
welches man wegen der Aehnlichkcit des Namens für Pri stille und das Unbewegliche der kolossalen Gestalten, die
mi s hält, ein römischer und kein alt-ägvptifchcr Ort. In in Reihen an den Pfeilern aufgepflanzt stehen, alles dieß
dieser Hinsicht verdient auch noch angeführt zu werden, daß bewirkt, daß unsere aufgeregte Phantasie uns glauben mackt,
das Hauj'kaet'.wde aller anf hohen Felsen gelegenen Kastelle die alten Tempeldiener treten wieder aus den finstern Hin
gewöiMich eine christliche Kirche ist, die entweder in dem tergründen hervor, und auch wirklich haben die fitzenden
Orte selbst oder in der Nähe desselben erbaut ist, und in Statuen der Gottheiten im Sanctuariuni, die, mit den
der Anlage oft die Form der römischen Basiliken verräth. Jnfignien ihrer hohen Würde bekleidet, ein Gegenstand
Bei Kosko bemerkt man auf dem rechten Nilufer eine Ge früherer Verehrung waren, noch jezt etwas Edrsurchtge-
birgskette von wunderlichen Formen. Aehnliche Gestal bieteudcs. ES kostete mir Mühe, mich von dem gewaltigen
tungen trifft man öfters an, und es scheint, als fep der Eindruck zn erholen / den diese Zeugen einer längst ver
leichte Sand zwischen den Bergen weggeweht unddcrKern gangenen und seit Jahrhunderten verborgenen uralten
derselben nackt stehen geblieben. Sin Reisender hält diese Welt «uf mich hervorgebracht hatte».
Berge für Muster der Pvramiden, als ob es nötbig ge (Die Festsetzung folgt.)
wesen wäre, für solche unförmliche Massen noch erst Vor
bilder aufzusuchen. Nichts ist leichter alö die Entstehung Korrespondenz-Nachrichten.
und Form der Pvramiden, worüber so viel geschrieben Boston, 2«. Dec.
(Deschlus,.)
worden ist, zu erklären, wollte man mir einen natürlichen Zu de» neuesten wichtigsten Erscheinungen in der diesigen
und ungesuchten Grund gelten lassen. Schon in der frü literarischen Welt gehört de« Herrn Spart« Unternehmung.
hesten Zeit war es in Nubien , und später auch in Aegyp Herr Spar««, der jetzige Herausgeber der IVvrlK ^n>«ric»n
ki«?ievr, ist Im Besitz der Kvrrespondcnz Washingtons . der.
ten , als Theben die Hauptstadt dieses Reiches ward , üb ein hbaist ordentlich« Mann, »on allen Briefen Abschriften
lich , die Tobten in auögchauenen Felsengruften zu begra in vielen Fvkiobandcn aufbewahrte. DaS Werl wird ungefähr
ben. Das westliche Gebirge, welches Theben begränzt, zehn Bände stark werden , und wird «uf Subscription hier und
bewahrt jezt noch die Reste ganzer Generationen auf, und in England herausgegeben. Zugleich soll c« aber auch viele
Briefe an Washington enthalten, und Herr Spart« ist jezt
selbst die Könige ruhten dort in prachtvollen Geniäcnern nach dem S>',0e„ gegangen, »m dort noch Briese zu samnieln.
im Schooße des Felsens, bevor die Habsucht und die Neu und von dort wird er nach Europa gehen , um in englischen
gierde ihre Ruhestätte entweihten. Der herkömmliche Ge Archiven und, wenn möglich, in den hessische» und traun-
brauch , die Grabstätten in die Fcksenhügel hineinzubauen, wird schwcigschc» seine Sammlung zu bereichern. Ohne Zweifel
da« Werl ein schiffbarer Beulrag zur Geschichte, und
machte es au Orten, wo sich keine Gebirge vorfanden, Äuszi'gc davon mit den nbtbigen Erläuterungen werde» deutsch
nöchig, künstliche Steinhügel anfzubauen. So entstand und französisch erscheine». Nicht uninteressant wi>d es dn,!-
Pyramiden, die wir im schc« Leiern scyn, dat) d« deutschen Buchhändler Bär und Kahl
20A
in New-Vork einen spanischen AuSzug beS Konversationslexikons schweifenden Sinne der Indianer , die wildes Waldlcbcn jeder
von Brockhans für Südamerika veranstalten. Von scl'r gross Häuslichkeit vorzichcn , wodurch jcdcS engere politische - und
sein Interesse für die Wissenschaft halten wir das leztc Heft Gcmcindelcbe», und damit die Entfaltung der Sprache verhin
der Abhandlungen der amerikanischen philosophischen Gesellschaft, dert wird. Ucbrinens wirb die nähere Betrachtung dieser
1>»»,»ctir>a, «s tke ^meric»» PKilokvxKic«! 8oc!«l/ Kelck Sprachen . die der Europäer gleichsam bcy der Metamorphose
«t PKilsckelpKi» , sor promotinA uses»! Knovleilge. Es vor der Anreihung zur Grammatik erhaschte , noch mebr be
enthält eine mit Vorrede und Anmerkungen versehene Ucbersez- weisen, wie es durchaus keine ursprüngliche Grammatik gibt, und
zung einer deutschen Handschrift, der Grammatik der l.evni alles mehr oder minder glückliche Verschmelzung aneinander
I^en«p°. oder Delaware -Indianischer Sprache des verstorbe gereihter Wörter ist , was uns auch einfach nach den Operatio
nen Missionärs David Zeisberqcr , von Herrn Peter Stephan nen des Geistes, der nrtkwcndig vom Concretcn ausgebt, klar
Duponccau. Olnic Zweifel ist dieses Werk einer der schätzbar zu scpn scheint. Nur eine Form könnte man als ursprünglich
sten Beyträqe der neuesten Zeit zur Universalphilvlogie , ei grammatische annchmcn, die des Plurals , indcß ist die Deh
ner Wissenschaft, die für die Philosophie des Geistes wichtig nung. Vermehrung oder Verlängerung, wodurch maiichc Spra,
werden wird , wie die neuen Naturwissenschaften wichtig für chcn die Mehrheit ausdrücke», ei» Wortmalcn, und darum schon
die Philosophie der Natur wurden. In Heyden glänzen un- sehr concvcr. Die Fortschritte der Missionäre in Nordamerika
serc Humboldts , und wir glauben , daß dem einen dieser um und auf den Südsecinscln, das damit verbundene gründlichere Stu
fassenden Geister das genannte Merk besonders erwünscht dium der Sprachen, das Drucken der Bücher in dcn Sprachen
seyn wird. Wir haben ihm bereits ein Exemplar übcrsandt. der Indianer, wodurch auch Europäern das Studium um vie
Es ist hier nicht der Ort, den Lesern eine Skizze des gramma- les erleichtert wirb, alles dieß muß mit dem gleichzeitigen,
tischen Baue« der Delaware-Indianischen Sprache zu geben, wie so sehr regen Studium der asiatischen Sprachen unberechen
sie so oft mit größter Regelmäßigkeit von ganz andern Prinzipien bare Folgen haben. Vor uns liegen mehrere Buchflabirbücher
als die asiatische» und europäischen Sprachen ausgeht, und sehr und Stücke von Bibelübersetzungen in der Chahtasprachc , ge
häufig eine ganz andere Jdccncinthcilung vornimmt, z. B. den druckt in Cincinnati , der Hauptstadt Ohivs. Uns freut es
Begriff des Objekts nicht in das, was wir das Objekt nennen, sehr, daß wir auch in diesen Büchern die von Pickcring in Bo
legt, sondern ihn im regierenden Zeitwort ausdrückt, zuwei ston vorgeschlagene Rechtschreibung angenommen sehen.
len aber auch das ganze Objekt in seinem Schöße aufnimmt; Ü55»x »n > unitori» t1rlkc>ßr»pk^ s«r lne Iocli»n I^»nßu»>
hoffentlich erscheint von einem dcnlschc» Gelehrten etwas über ß«s «k IVortK ^merie», z>ubli«keck in liie !>1em«!rs «k lne
dieses Werk in einer passenden Zeitschrift. David Zeisbcrger, Äineric»» Hcoclei»^ ok»r>> «nci »cience». Zolin picke»
der Verfasser der Sprachlehre, wurde 1721 in Mähren gebo rinz. 182l>.) Es erwuchs nämlich ein großer Nachtheil dar
ren, in Herrnhnt als Herrnlniter erzogen, und kam. sieb aus, baß die Missionäre der verschiedenen Nationen das In
zehn Jahr «lt, nach Georgien, wo feine Glaubensvcrwandten dianische nach ihrer Orthographie nicdcrschricbcn, und so wurde
Niederlassungen hatten. In feinem ftinf-und-zwanzigflcn Jahre oft cin Lexikon, von einem französischen Missionär angefertigt,
174ö wurde er als Missionär unter die nordamerikamschc» In ganz unbrauchbar für einen englischen, zumal da so viele unS
dianer gesandt, »nd blieb in diesem Amte bis zu seinem Tode. fremde Töne ausgedrückt wcrdcn müssen. Hr. Picker ings Recht
Er starb zn Goftcn in Ohio 181,» im 87flen Jahre. Er ver schreibung , wo zum italienischen Alphabete einige deutsche und
stand viele indianische Sprachen , war aber vorzüglich mit der polnische Nascnlbne zugefügt find , ist auch von den Missionä
Onvndago- und Dclawaresvrache vertraut. Viele seiner Hand ren der Südscc angcnoinmcn. Die Cbahtasprache hat mir dem
schriften , Sprachlehren, christliche Gesänge, Buchstabir- und uns bekannten Cherokce-Jndianisch nicht die entfernteste Aebnlich-
Wörterbücher find in der Bibliothek der obengenannten Gesell kcit im Ton. SieKotzwar mehrere Lippenbuchstabe», diemcistcn
schaft. Duponccau, der Ucberseyer vonZeisbergcrs Handschrift, indianischen Sprachen haben keine Lippenbuchstabe«, und cS
ein ausgezeichneter Sprachforscher, schrieb unter andern ein Lss»x siebt drollig genug aus , einen Indianer lange Reden halten zu
vi, k.n^üsK PKonoloxv in den Abhandlungen der philosophi sehen , ohne je dcn Mund zu schließen . aber das R fehlt ihr,
schen Gesellschaft zu Philadelphia , worin er Herrn Wilhelm und es ist sonderbar, wie die Missionäre gezwungen sind manche
v. Humboldts Abhandlung in der Berliner Akademie der Wis Namen zu geben, z. B. Jesus Christ ist in Chabta : Lliisu,
senschaften im Jahre 1822 ,.übcr das Entstehen der gramma tt!l»i«t, Maria Magdalena ist IVIoli IVIoKielin ; damit un
tischen Formen und ihren Einfluß auf die Jdementwicklung." sere Leser den Ton dieser Sprache einmal hören, setzen wir die
besonders wegen de« aufgestellten Unterschicds ,.ächtcr For Uebcrseyung des Lucas XXIV. 42. in deutscher Orthographie
men, wie im Gricchischcn, Lateinischen und Sanskrit, und der her: ^isni öilipuscn», mil«ek» s«c!I» »!en» K«i>ß ipet» t«I<.
Agglutination, wie i» den amerikanischen Sprachen," Vorgestern sahen wir das in dieser Stadt gegossene Svlbcnal-
angreift. Wie sehr wir auch den Namen Humboldt verehren, phabct für die Cherokccinbiancr , die in Virginien lebe» , und
ja bewundern, so müssen wir doch gestehe», daß »nS die an sich eine Zeitung drucken wollen. Gewiß cin merkwürdiges
geführte Abhandlung ihre Behauptung nicht genügend durch Phänomen, und was noch mehr ist, wir glauben, die Zeitung
zuführen scheint. Es ist nicht zu läugiicn . baß die amerika der Halbwilden wird besser aussehen, als die ersten in Nord-
nischen Sprachen noch sehr im Eoncreten befangen find, und beutschlanb erschienenen. Dieselben Indianer haben Geschworncn-
oft ist es dieß, was als großer Reichthum erscheint, ob gerichte «ntcr sich eingeführt. In Boston hat sich eine Ge
gleich hier die Gränze unendlich schwer zu ziehen ist, daß sellschaft von Amerikanern gebildet, welche sich >Ke Lerm»n
aber auch sehr viele dieser Sprachen die Organisation zur fei «veioiv nennt, und jährlich für etwa Hon Gulden Bücher von
nen Grammatik, zum Ausdruck dcS Verhältnisses in »K5tr,eto Deutschland kommen läßt. Die Mediziner und Theologen des
haben. Da nun gebildetere Völker mit ihncn bckannt werben, eifern sich vorzüglich deutsch zu lernen, um Thcil an unserer
werden fie durch das Schriftthum auf dem jetzige» Punkte Literatur zu haben. Die Mediziner sagen, baß seit einiger Zeit
ihrer Formentwicklung festgebannt; Wörter werde» nun be das Beste in den englischen Zeitschriften ihres Faches Ucbcrseynn-
stimmtere Bedeutungen erhalten. Formen bleiben stehen. Auch gc» aus dcm Deutschen seycn, und daß sie diese Sachen in der
ist es eine Frage, ob sich diefc Sprachen je in der Form wei Ursprache lesen möchten. l..
ter ausgebildet hätten , indessen liegt das nicht in dcn Spra
chen , sondern in tausend andern Ursachen , und vorzüglich im Benlag en: Literatur»!. Nr. 18. u. Monatsregistcr Febr.
Verlegt von der I. G. Cotta 'sehen Buchhandlung.
M v r g e n b l a t t
für

gebildete Stände.

o n n a b e n d, 1. M a r z 1328.

Despotenblirgen ! euch droht der Orkan.


Von Osten bis Westen wird Eturin verpflanzt.
Umsonst der Tyrann sich verschanzt.
Der Sklave , dch Nack«, die WiUklWr detrat,
Jczt stielt er sich selber ein Mann.
Der Despot, bcr im Divan durch Winke gebot,
Verbirgt im Serail die Noll,.
W. <5. Müller,
nach Byron.

Konsianrinopel. Wie auf drc» Höhen, die das Licht vergoldet.


iem Französischen P. Lebrnn's Bedeckt, gefärbt von Häusern ohne Zahl,
Der Zauberstckdt Gemälde sich ihm zeigt ;
von Gustav Schwab. Wie rechts und links Zvpressenxganz»„gcu
An >jlin> vorüberfliegen, drauS das Gold
In Kugeln, Mondessicheln , Spitzen Kell
Habt Ihr des Ostens Königin gesehn. Emporschießt vor den Blicken okne Kränzen,
Die Wunderstadt, Gemahlin der Sultane, Und ihren Strahl der Sonne schickt zurück.
Die mit zerbrechlich leichter Prachtpulläste Ha! welche Wundergärtcn, Bazarn, Dome,
Drevfachem Kranz den Bosporus entzückt? Volkreiche Wüsteneven des SerailS,
Kennt Ihr die Thürme, Kuppeln, Mastenwälder, Wo', bintcr Schlevern kniend , Idole herrschen ;
Die schwarzen Hayne der Zupressen , und Durchsichr'ge Aufentbalte, die der Schilf
Der weißen Minarcte Schaar, wo Gold Umgittert, wo Orangen, Blumen, Wasser
In blauem Himmel funkelt Tag und Nacht? Und schwarze, glüh'nde Auaen lauschen — Doch
Kennt Ihr der Orientskünste schönstes Kind, Der cis'ge 'Schrecken , unsichtbare Wache,
Des lezten Constantins treulose Wiktwe, Sizt vor den qoldnen Pforten, und verscheucht
Dieß Stambul, deß bezaubernd Bild daö Meer AuS dem Gebiet, durch das, noch ahnungslos.
In seinem Spiegel liebend wiederholt. Das Auge flog, den Blick und den Gedanken.
Und das , sich in den Fluthcn gern beschauend.
Nichts Gleiches in der Welt hat denn dieß Bild?
Nach jenen blumigen Pallästen blickt
Ihr erster Anblick blendet Euer Auge, Das Auge sehnsuchtsvoll , als müßten dort
Wenn Euren Segeln sie entgegenkommt. Deö Paradieses Engclsbilder wallen.
So, wie in eines Festes Schoos, bei Nacht,, Doch, wenn es näher blickt, was schauet es?
Ein quellend Feuer , auf gen Himmel strahlend , Dre» Plagegeister unter den Zvpressen,
Die lichte Garbe seiner Sterne streut. Die grauenvollen Häupter Heven sie *).
Wohl staunen mag, von solchem Glanz verführt.
Berauscht vom Duft, der sich am Strande lagert. ») Diese Erfindung ist kaum eine. Die Gegenwart jener
Der Europäer, wenn er nun der Stadt, drey Plagen zerstört gar bald den Zauber, den der erste Ans
Der dichrbcschatteteu, sich naht, wo Alles blick von Zronstantinoptl erzeugt. Die Feucrsbrünste
Ihm durch ein Zauberwort entstanden scheint. sind sehr häufig , wie ei in einer von gemaltem Holz erbauten
Wo ohne Laut bcr Tag, und ohne Lärm Stadt nicht anders möglich ist ; nicht leicht geht eine Woche
Des Lebens Regung ist; verwundert wohl vorüber . wo nicht einige Brande dcn Bosporus rbthen , und
Mag er es von der leichten Barke sehn. den Sroßvezier> alle hohen Obrigkeiten and oft den Sul-
Wie flieht der Reiz aus diesen Lustgebiuden , Und von dem Volk, das in der Stille murrt.
Ahnt man die stummen Ungeheuer drin! Erreicht das leiseste Geräusch sein Ohr,
Vom Feuerofen, welcher murrt, entlehnt Und fort den Säbel, den getreuen Knecht,'
Das eine Ton und Farbe, sein Gelock Schickt fein Gedanke, strömen wird das Blut.
Erglänzt von Flammen ; in dem blassen Schimmer,
Nächtlicher Weile, malt sich oft das Meer.
O Griechen , arme Griechen ! also das
Des andern Stirn ist bleich, sein Athem schlimm. Ist Euer Herr? und diese Fluchgewalt
In jedem Augenblick verwandelt sich's. Zu nähren, dieses Tiegers heißen Durst
Und schüttelt aus den Falten des Gewandes Zu stillen , wehe , dazu ließ der Himmel
Den Tod der Seuche stets erneut hervor. Gezeugt Euch werden aus der Helden Blut?
Und zwischen diesen häßlichen Gestalten, Ist dieser Unhold denn so heilig, scheint
Der Feucrebrunst und Pest, verderblicher. Ein so unantastbarer Herrscher er.
Abscheulicher , als alle beide , sizt Daß in den Augen selbst der Könige
Ein Scheusal, das der Vater beider ist. Nicht ohne Frevel gegen solches Joch
Der Despotismus, der vor ihnen zittert. Ihr hebet dre verzweiflungsvvlle Stirne?
Und vor sich selber, wie ein Knecht, erbebt. Wenn Griechenland, seit fünf Jahrhunderten
Im Schlummer, feines Joches Bleygewicht
3. Abschütteln könnte, sein gerecht Erwachen
Au herrschen strebet er vom Morgenroth Wer dürft' es Aufruhr nennen, wer empört
Aum Sonnenuntergang, doch weilet er Sin ganzes Land, das seiner Freiheit Banner
Am liebsten in dem Busen von Bvzanz, Hat aufgepflanzt? Der Freiheit Sonne glänzt
Und gern entweihet er das Land , auf dem Für Alle! Schuf nicht Stärke dort das Recht?
Der Tag sich mit dem reinsten Lichte malt. Darf Stärke nicht, die sich entgegenstemmt.
Und das mit reichster Frucht der Himmel segnet. Dem Fausrrecht sich entziehen? gu den Waffen!
Bleich drängen sich vor ihm des Ostens Völker, Gekommen ist ruhmvoller Tode Zeit!
Anbeter eines Götzen, der sie frißt. Des Despotismus blinden Thron zerbrochen!
Mit Augen, die von Eifer funkeln,-steh« Und zittert Ihr nur nicht, so zittert Er!
Schwarzstirn'ge Männer, erdenwärts gekrümmt, ö.
Rings um ihn her, und beugen vor den Federn
Dreyfachen Reigerbuschs den Turban tief ; Auf seiner Stirne welcher kalte Schweiß?
Es schmeichelt seinem Todesschwerdt ihr Blick. Wie wenn mit jähem Schrecken ein Geräusch,
Das Ungeheuer, wie das Schicksal stumm. Ein kaum vernomni'nes, den Gedanken schreckend.
Das sie in ihm verehren, in dem Blick Mit unverhofftem Frost sein Herz gefaßt.
Nachlässige Ruhe heuchelnd, grimmig und Doch schon bcmeistert wieder hat er sich.
Langweilig, mit der glatten Stirne, mit Und langsam hebt er zu der Stirn die Hand,
Dem undurchdrnng'nen Auge, schweigt und streckt Er trocknet sie, ermüdet seufzet er;
Auf seinen Kissen unbeweglich sich. Und ringsum scheint sein starrer Blick zu forschen.
So ruhig, wie das tiefe, droh'nde Meer, Ob Niemand in des Busens Nacht ihm drang.
Ein Abgrund birgt sich unter seiner Fläche. . Umsonst jedoch vor Aller Augen schweigt
Sein einz'ger Dollmetsch ist ein schnöder Wink; Sein Angesicht, der Ruhe blasses Bild;
Er nickt mit seinem Haupt, und man versteht/ Ein Blick, geübt ihn zu verstchn, begreift.
Erräth, fühlt seinen Willen draus heraus. Daß Aufruhr einzog in des Scheusals Brust.
Sieht man die Unbewegiichkeit um ihn.
So glaubt man, daß er schläft; er aber wacht, So , wenn das schöne , heitre, gleiche Meer
Den frohen Schiffern holde Fahrt verspricht
tan selbst aufjagen. Ganz in der Nähe bes Serail« liegt eine Und auf ein glücklich Mvrgen Hoffnung macht.
Barke von zwölf Rudcrpaaren, die man zu dem Ende Tag Wenn weifer dann, die glatte Fläche prüfend.
und Nacht für den Großherrn bereit hält. Von der Pest Der Steuermann auf diesem hellen Blau
weiß man , baß sie eben so permanent zu Koiistantinopel ist, Ein breites Band sieht nahn von dunkeln Streifen,
wie der D e sp o t i § in u s. D i e P e st ! dieß war das erste Und ahnet, daß der Wind sich heben will:
Wort, daS ich vernahm, als ich den Fuß auf die Uferstraße von Matrosen, ruft er, auf's Kastell, zum Steuer,
Salat« sezte ; es war da» erste Schauspiel, das mir in die Au: Fort, an die Segel! traut der Stille nicht!
gen fiel, als ich durch Per« wanderte. Alles Volk in der Die Nacht erwarter uns mit einem Sturm !
Straße kehrte sich unruhig nach den seltsamen, kläglichen Tb?
nen um , welche von Ferne Leute ausstießen, die von Kopf zu
Fuß mit einer braunen Kutte bekleidet waren , die nur zwey Bilder aus Schweden.
Locher für die Augen hatte. Die Mütter flüchteten in die
Gänge der Häuser, und zogen ihre kleinen Kinder eilig »ach Dannemora.
sich. Bald sahen wir diese Art von Gespenster vor unS vor Es giebt unberühmte Gegenden, die auf den ersten
übergehen; sie trugen einen offenen Sarg auf den Schultern,
in dem ein junges , an der Pest gestorbenes Mädchen lag, das Anblick durch Anmuth oder Größe einen tiefen Eindruck
Gesicht unverschlcyert , das Haupt mit Blumen bekränzt. mache». Wo wir nichts vermutheten , werden wir leicht
L c b r u n. bestochen. Daher, die Lust, Neues zu entdecken, hat ihren An
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theil daran, die ercentrischen Ausbrüche eines ersten Reisen- dieser Erde? Mein Gefährte, der hinunter und herauf
den bei Ansichren, die den zweiten kalt lassen. Bei andern, stieg, hat mir viel erzählt von den Arbeitern, von den
viel gepriesenen findet sich die Erwartung getäuscht, die Metallstufcn und Gängen, von Leitern und Gruben, auch
Phantasie hatte zu geschäftig vorgearbeitet, als daß die von den Gletschern unten, denn selbst die heiße Julisonne
Wirklichkeit dem Traumbilde entsprechen konnte. Wieder kann hier das Eis nicht schmelzen; er hat mir gesagt, ich
holtes Sehen wird hier der sicherste Prüfstein des Wahren. hätte viel versäumt, weil ich nicht mit ihm zwischen den
Je länger, je öfter «ir eine Aussicht betrachten, um fo schwarzen Felswänden gegangen und den ganzen Schrecken
schöner, um so größer wird sie, indem, wenn sie es empfunden Hütte in dieser Wohnung des Todes. Es mag
überhaupt ist, in sich verschwinden muß. seyn ; aber für alle Details gebe ich nicht den einen Ei»:
Der Anblick von Dcmnemora gehört zu j^neii bcr»>'»i- druck des ganzen Anblicks hin. Auch das Fürchterliche
ten Naturschauspielen, wo man auf den ersten Moment hat eine Anziehungskraft, und ich trennte mich so ungern
den vielen Lärm darüber nicht begreift; Hüttenwerke, vom Schlünde, wie von der reizendsten Abendlandschaft,
Dampfmaschinen und allerley Holzbauten , um eine tiefe von der das Auge nicht lassen will.
Spalte. Aber die schwarzen Schlackenberge, wie Mauern Danncmora ist noch sehr ergiebig. Wohnungen für
um den Flecken gethürmt , sprechen schon von den Jahren die Arbeiter, in denen sie Jahrelang leben, eristiren nur
und den Geschlechtern , die hier thätig^varen. Wir stehen in Tan der Veldes Arwed Gvllenstierna. Der größere
am Rande der Grube und schauen die senkrechte Tiefe Theil der andern Gruben steht uutcr Wasser.
hinab, bis das Auge sich im Dunkel verliert; wir messen W. Aleris.
die weite Kluft dieses unterirdischen Reiches und schon der
zweite Augenblick erweckt andere Gefühle ; ein breiter
Riß in der alten Erde, eine klaffende tiefe Wunde, un- Aus Jean Pauls Nachlaß.
vernarbt , vbschon seit Jahrhunderten offen. Wir glauben Ich preise die Kindheit und das Alter, aber im
ihr ins Herz zu schauen, wenn wir das Auge die nackten
Jüngling wohnt das Höchste. Wir armen Menschen wis
schroffen Felswände hinangleiten lassen, aber daö Grau, sen gar nicht, wenn in uns das Höchste blüht und glüht;
unverwittert von der ewigen Feuchtigkeit, geht in Schwarz aber es ist im Jüngling. Der Jüngling ist wenigstens
u'öer, immer du/itter, und die alte Nacht qualmt von im jüngsten Gericht der wahre Mensch.
«ttten herauf, daß wir den Schmerz der Erde nicht schauen
sollen. Durch die dumpfe Stille schallen die einzelnen Ham- Der Jüngling kommt von der ältesten Welt her, von
merschläge herauf, und geben Kunde von der Kühnheit des Griechenland, und will tbun was er gelesen.
Menschen. Kübel und Taue gleiten hinauf, hinunter, Kindcrscelen dürfen sich nur in Schmetterlinge, Ko
senkrecht ist der Weg, das Räderwerk schnell, und doch libris verwandeln, oder waren solche, che unsere Seele
wie lange braucht es , ehe der Eimer den Boden erreicht ! in Körper kam; daher sind Kinder so sroh im Frühling.
Die Menschen sind so unendlich klein, bis sie ganz ver Die Maiblümchen mit ihren breiten Blättern und
schwinden, da, wohin das Auge nicht mehr dringt. Ich kleinen Blüthcn gleichen den Jungfrauen in ihrem Ver
lehnte mich über den Rand; zwei volle Stunden starrte ich hüllen und ihrem geig«. Sie verhüllen eben so gut sich
auf das einförmige Schauspiel, und ich sah nichts in Schwe als andere. Gebückte Maienblumen! euren Reiz erreicht
den, was einen gleichen Eindruck zurückließ. ES däm keine Tulpe und keine Tuberose. Ich kann aber nicht
merte in der ewigen Nacht, die Schichten und Wege schie sagen : bleibt es ! denn wenn ihr mich versteht, scxd ihr
nen herauszutreten, die Pfeiler, die man stehen gelassen, es schon nicht mehr geblieben.
die weiten Portici. Große Feuer glimmten wie einzelne Mädchen sind wie Aepfel; gegen die Außen - und Son
Lichter hervor; es wandelte auch etwas unten zwischen nenseite roth und blühend und froh, nach innen aber oft
den Metallwänden, aber das große Schauspiel blieb die krank und blaß.
Nacht, Und darüber über den entsetzlichen Schlund , von Zeige Kindern Liebe nicht durch bloße Handlungen, die
dessen Horizont der feuchte Qualm jeden Vogel verscheucht, sie so selten ermessen , sondern durch Worte, die ohne Um
flatterte ein einsamer Schmetterling, ein Spätling deS wege der Schlüsse ins Herz eingehen , zumal da wir im
Herbstes, und Nacht und Tod waren für ihn nicht! da. mer nur die Worte zu Strafen , und die unverstandenen
Man sprengte, der Donner hallte furchtbar durch den wei Handlungen zum Wohlthun gebrauchen. Die Kinder
ten Schlund, als sollten die Mauern zusammenstürzen, verstehen nur Worte, nicht Thaten; jene nur sehen sie
und doch, waS wollte dieser Donner gegen den Klang al für frevgebig und willlührlich an.
les Metalls, das aus Dannemoras Grube» seit Jahrhun
derten zu Tage stieg! Durfte nicht der Rachen schrecklich
aussehe», der so viel Eisen auSspiee unter die Geschlechter
212
Korrespondenz-Nachrichten. kämpfers Duellen «»b-l, tausend andern Dil«,.-», nnb zulez»
London. Februar. roinmeu die eigentlicher, >P^liMterjchtx , welche in einer so
Eines der Hülfsnlittcl. deren man sicli in der nencriiZeit nngeKeuren Stadt »om'lvchsren Nüven sind. AileS ist im
bedienen könnte , um dm Charakter c'nrcs Volks kennen zu Einzelnen auseinander gcsezt. die Reco» der Parlamentsmit-
lernen, ist das Skudium seiner Zeit schr i ft cn , besonder« glieoer. der Advokaten und Richter, die 'jeugenverböre sind
wo. wie in England, die Presse ganz unbeschränkt ist und jede entweder bis zum Eckel Wort für Wort Mgcbcn , oder
Neigung der Leser befriedigt werden kann. Wir wollen cS mit Verstand abgekürzt, je nach der Wichtigkeit des Gegen
versuchen, ein Bild von dem Zustande der periodischen Literatur standes oder dem Räume; ferner Tkeaternachrichtcn und
(wie man sie in England nennt) , zu entwerfen , und überlas? Kritiken, Beschreibungen von Kriirstansstellnnacn . Entdeckun
sen es dem Denker, die Resultate daraus zu ziehen. Wir selbst gen und (5vm>?,i,igl„ . und oft alrch B^Mheiimigei, neuer
werde» uns fast gänzlich anfTKatfachen beschränken , und fürs '!i)erke. Um alle diese Nachrichten zu tWMtl, I»t die Am
Erste mit den Zeitungen anfangc». Diese zerfallen Di» stall, nebsr einer Marge rcgclinägiAxr uuoVrniregclmäHigcr,
täglichcBlättcr (<i»!>v p»per«) Z) , n solche, die zwcri bezahlter und srnnvilliger Körrespondcntcu . einen Redakteur
oder dreh Mal wöchentlich erscheinen, und 7,) in nebst zwc» Gehülfcn, nnd sechs Nachrichtensammlev. (Nvxorler)
Samstags- 0 d c r S 0 u n ta q s b l ä tt er ki>»>»r,i»v «riiun- welche lcztcre keine qeuitinc Schreiber sind , sondern Männer
ö«x Pipers). Die erste» sind natürlich die bedeutendsten, und von der besten Erziel'lma, oft auch junge Nechtsfludenren.
unter ilmcn zeichnen sich wieder die M 0 r g c n b l ä t t e r (kNor- welche hierdurch dieMDiittel finden, sich z» ernähren, und zu
ninz p,xers) vor den Abendblättern (Lreninz poper«) gleicher Zeit in den Gerichtshöfe» und im Parlament Kennt-
aus. Wer je eine englische Morgcnzcitunq gelcse» , oder auch niß für il?ren künftigen Beruf sammeln. Diese Leute haben
nur geseben Veit, mag sich leicht einen Begriff von dein man eine» rcgelnuigigen Gehalt, und sind verpflichtet, die Nachrich
nigfaltigen Talent , dem Kunslfleiß nnd den großen Ausgaben ten , die sie irgendwo sammclu , ausschließlich ihrem Journal
machen, welche erforderlich sind, um jeden Morgen (Sonntag niitzutkcilcir. Nebst diesen gibt es ober »och eine gewisse
ausgenommen) zwischen fünf »nb sechs Ulir ein solches ungeheuer Anzahl gemeinerer Rachrichtensgmmler'. welciic zu »einer be
großes Blatt, gut und reinlich gedruckt, mit l,u> l>iS ZN« sonder« Anstalt gehören . und welche ihre Neuigkeiten zu ge
Anzeigen . nnd allein, was de« Tag ober die Nacht vorher in wissen Preisen sür die Zeile verkaufen. Das Gebäude, worin
der Stadt wissenswerthes «scheven . oder von den Provinzen, das Journal redigirt und gedruckt wird, ist sehr groß, die
den Kolonien und dem Auslände angelangt ist, nebst 5>e» Bc: Menge der mit Abschreiben, Seyen, Drucken, Empfangen
merkungcn des Redakteurs über das Wichtigste in der Tage«: des Papiers und Abliefern der Zeitungen beschäftigten Per
erdnung, in der Anzahl von 2 — 70M> Ercmplarc» ins Publi sonen ist ungemein beträchtlich . »nd nur die genaueste
kum zu bringen , und in dieser Eike selten ctwaS Grundfalsches Verthcilung der Geschäfte und die strengste Aufsicht vermögen
anfzuncl'mcn , noch seltener etwas Interessantes zu übergeben, bcv der Schnelligkeit, womit die Nachrichten gesgminclr. re
mid, was noch wunderbarer, mitten unter dem Getümmel der digirt und gedruckt werden müsscn , (manchmal sizt sogar das
Parthcvnnaen selten etwas zu drucken, was dem Eigcnwü- Parlament bis zwcy Stunden vdr dem Abdruck der ersten
mer oder Redakteur eine gerichtliche Verfolgung zuziehen konn Ercmplnrc) Verwirrung zu verhindern. Um bc» Druck zn
te. Um indessen auch dem Uneingeweilitc» einen Begriff von beschleunigen, habe» die Times (und auch einige andere Zei-
dieser wunderbaren Erscheinung einer Londoner Morgenzei- tnngsanstaltcn) Schnellpresse». Die übrige» Morgenzeitirngen
tung zu geben . wollen wir eine derselben zu beschreibe» ver sind alle etwas kleiner in ihrem Format, und lassen es sich
suchen , und wählen zu diesem Ende das bekannteste und all vielleicht nicht ganz so viel kosten , frühe Nachrichten zu sam
gemein vcrbrcitctflc Journal, nämlich die Times. Man meln; doch haben alle ähnliche Anstalten.
denke sich einen einfach zusammengelegten Bogen Weißen (Die Fortsetzung folgt.)
Schreibpapiers, von etwa zwn, Fuß Länge und Breite. Die
ser Bogen hat vier Seiten, jede von fünf Spalten, fo eng ge
druckt , daß man mir dem Inhalt in gewöhnliche» Letter» ein
vier bis fünf Groschcnbuch füllen könrchc. Die erste Seite von Auflösung der C h a r o d e in Nr. 47 :
diesem Journal ist immer mit Anzeigen angefüllt, gewöhnlich Jun gfrau.
«uch die lezte, deren im Durn>sch»itt ZZ eine Spalte fül
len; von welcher Axt dieselben sind, läßt sich leicht denken,
wen» man nur weiß, daß die Eigenthümev nie welche zu
rückweisen, nnd daß in einer Stirbt . wie London, ein jebcr- Anagramm.
seine Rectmung davcn finden muß, wenn er nur beharrlich Spaziergänger.
mit feine» Anzeigen ist. Anf der nächsten Seite findet man Ein schönes Kind! gehört es Euch?
(fast immer in der ersten Spalte) die Thcateranzcigcn deS Ta Frau.
ges, und gleich darunter Auszüge aus den auswärtige» Blät Die Spitzen schaut! bin nicht so reich;
tern. Diesen zunächst , und manchmal vor denselben , kömmt S' ist's Tdi>tcrchc» von Sr. Gnade»,
der Hauptartikel (Ie»cking »rlicle) raisonnircndc Artikel von Die Mutter ist in Bade» Bade».
der Feder des Redakteurs ; dies, ist ein Kommentar über die Be Spaziergänger.
gebenheiten des Tages, Winke, Vorschläge. Lob oder Tadel, Wie hcißl's?
über Regicrungsangelegenheiten ». s. w. Diese Aufsätze ver Iran.
binden ein hohes Talent mit einer Kühnheit, welche sich oft Das sollt Ihr selber finden,
bis zur Frechheit und Grobheit versteigt. Hicrnächst kommen Spaziergänger.
kürzere Artikel von derselben Art , von den Gchülfc» des Re Wie so?
dakteurs; da»» örtliche und Provinzialnachrichtcn von öf Frau.
fentlichen Versammlungen, besonders des Parlaments, wenn Lies , was ich bin , von hinten.
dieses eben sizt, von Civil - und Kriminalvrozcsscn , Hinrich
tungen, Feuersbrünsten , Einbrüchen, Todtschläge», Wett Ben läge: Jntelligenzvlatt Nr. s.
Verlegt von der I. G. Cotta 'sehen Buckhandlung.
M v r g e n b l a t t

für

gebildete Stände.

Montag, z. März i 8 2 8.

Hier stbmet Alles den Seift jugendlicher Weltzciten; er war


der Riese, der diese Denkm.ile crdaute.
Herder.

Reise nach Nubie«. verschüttet, und die Ucbcrrcstc der Statuen und der Sphinr-
ollee, die auS demselben hervorstehen; im Vordergründe
(Fortsegung.) endlich die hohen Pylonen und der Portikus, die den Vor
Das Denkmal von Abussambul ist das bedeutendste hof des Tempels bilden. Die übrigen Thcile desselben sind
von allen Monumenten Nubicns. Der Zugang zu dem unterirdisch und in die Felsenmasse eingchaucn. Durch
selben, seine Vorderseite liegt hart am Ufer des Flusses, mehrere Ausgrabungen, die ich hier zur Vervollständigung
ist vom Sande frei geblieben. In der Fazade desselben er des Ganzen anstellen ließ , entdeckte ich Spuren der
kennt man, obwohl sie, wie alles Uebrige, ganj in das Stufen am Eingänge, Reste der Terrasse zwischen der
Felsengebirge eingehauen ist, sehr deutlich die Form der Sphinrallee, und den Unkerbau der Sxhinre selbst. Diese
Propyläen späterer Monumente. Sie zeigt uns den Ty Sphinre hatten eine Mitra als Kopfputz. Bei meinen
pus derselben gleichsam in Basrelief; man erkennt deut Nachgrabungen war ich so glücklich, eine solche zu finden,
lich die Pylonen mit der Thür in der Mitte und verziert die ich der Sxhinr wieder aufseztc. Dieser Kopfputz , der
mir Statuen, die hier noch in die Masse eingehauen sind, bis jezt noch nicht bekannt war, trägt dazu bei, den strcn-
statt daß sie späterhin vor diesen Eingängen frei aufgestellt gen^ormcn dieser Statuen einen wahrhaft monumentalem
wurden. Ausser der Statue in einer Nische im Hinter Charakter zu verleihen. W.^S überhaupt die Anwendung
grunde deS Sanctuariums ist im Innern alles wohl erhal der Sphinre und die architektonischen Dispositionen der
ten, und reich mit bemalten Basreliefs verzierk. Die Monumente im Allgemeinen betrifft, so gewähren die
Hauptsarbe aller Figuren, sowohl männlicher als weibli selben einen höchst imposanten Anblick. So z. B. sind die
cher, ist gelb, und der Plafond ist blau, mit einem drey- langen Zugänge mit einer doppelten Reihe von Statuen
farbigen Rande und mit Hieroglyphen geschmückt. — Von und Sphinren, in Verbindung mit den Pylonen, welche
Abussambul hinabwärts bis Derri sieht man auf dem lin den Haupteingang bezeichnen, dann die mit Säulengängen
ken Nilufer einige Grotten von geringer Bedeutung. Wir und Statuen umgebenen Höfe, und die großen, reich seul-
fuhren an Amadohn vorüber und erreichten am t. März pirren und bemalten Säulen, so wie alles, was vor dem
die Ruine» von Es sab na, die von allen, die ich bis jezt Sanctuarium ist und gleichsam auf die Heiligkeit dieses
angetroffen, die vollständigsten sind. Im Hintergründe ist Ortes vorbereitet, von sehr großer Wirkung. Welch ein
die Gebirgskette , die den Fluß einengt, und uur einen Gegensatz mir unscrn Kirche», die sich häufig unmittelbar
schmalen Streifen Landes ^um Anbau frei läßt; im Mit in den Srraßcn befinden , so daß man oft einen Fuß schon
telgrunde das westliche Nilufer, zum Theil vom Sande auf der Schwelle des Heiligthums hat, während verändere
sich
noch im Koth steht! Ich fand hier, wi« in mehreren unsere Abfahrt. Keine friedlichen Vorstellungen und gu
«ndern Sanctuarien, die Ueberreste eines Altars vor der ten Worte fruchteten ; ich griff daher zu ernsten Maaßre-
Nische, in welcher die fitzenden Statuen der Gottheiten geln, bewaffnete meine Leute mit Gewehr und Säbel,
ihre» Platz haben. Diese viereckigen , etwa drei Fuß ho nnd drohte Feuer zu geben , wenn sie sich nicht augenblick
hen Altäre scheinen zu Fußgestellen bestimmt gewefm zu lich entfernten. Die wilde Jugend, durch die Gefahr zwar
seyn, um das heilige Schiff mit dem Tabernakel , in wel im ersten Augenblick abgeschreckt , aber bald nur mehr ge
chem das Götterbild sich befindet, darauf auszustellen. Man reizt, rief um Hülfe und warf Sand in die Höhe, als Zei
könnte hier vielleicht die Frage auswerfen : warum sieht chen des Aufruhrs. Im Augenblicke war das Ufer mit
man nnrStatuen in den Sanctuarien Her in den Fels ein- Männern und Weibern bedeckt, die mit fürchterlichem
gehauenen Tempel, und findet dagegen keine in den Savc- Geschrei die Luft erfüllten. Steine flogen auf uns zu,
tuarien der freistehenden? Dieser sonderbare Umstand ist aber ausser einem einzigen schweren Feucrgewehr aus alter
mir immer ausgefallen , lind ich bin deßhalb lange in Ver Zeit führten sie keine andere Waffen als Lanzen und Beile.
suchung gewesen , Kiefen beiden Arten von Gebäuden eine Ehe sie ihr unbehülflicheö Feuergewehr in Ordnung gebracht
ganz verschiedenartige Bestimmung zuzuschreiben. Indes hatten , waren wir schon weit vom Ufer entfernt, und die,
sen habe ich, nach einer genauen Untersuchung, eine voll welche uns nachschwammen, wurden durch einige Pistolen
kommene Gleichheit in den Bcstandtheilen und den Sin- schüsse in die Luft abgeschreckt, uns weiter zu verfolgen.
theilnngen dieser Monumente erkannt, so daß es mir Dies war die einzige ernste Unannehmlichkeit, die ich in
durchaus nicht mehr zweifelhaft ist, sie'Habcn dieselbe Be diesem Lande erfuhr. Ich hatte dabei alle Vorsicht ange
stimmung gehabt. Die Statuen im Sanctnarium und wandt, zu verhüten, daß von unserer Seite kein Unglück
selbst die vor den Propyläen der freistehenden Monumente verursacht würde , denn ich bin überzeugt , daß in diesem
waren beweglich, und wurden später umgeworfen oder fort Falle keiner von uns in seine Hcimath zurückgekehrt wäre,
geschafft, während die Statuen der in Fels gehauenen Mo wenn uns auch unsere Waffen für den Augenblick die Ober
numente alle aus der Masse des Steines selbst ansgehanen hand gegeben haben würden. Zugleich hätte dadurch der
und deßhalb auch nie weggenommen, sondeni höchstens Aufenthalt in diefem Lande für künftige Reisende gefahr
Verstümmelt worden find. Hieraus erklärt fich sehr natür lich werden können.
lich der Mangel an Statuen in den freistehenden Tem (Die Fortsetzung folgt.) >
peln , die fpäter fast alle zu christlichen Kirchen dienten
und deßhalb von den heidnischen Götzen gereinigt werden
mußten. Die Kammer der Gemeinen des engli
Als ich einst von einer Streiferei ins Dorf Nabro schen Parlaments.
zurückkam, fand ich eine große Menge Nubier bei meinem Die St. Stephanskapelle.
Schiffe versammelt und in heftigem Wortwechsel. Mein
Bedienter erzählte mir, daß er von einem der Leute ein (Fortsetzung von Nro. 49.)
Schaaf gekauft habe, um unser Fahrzeug damit zu ver Die Verhandlungen haben begonnen; der englische
sorgen, daß sich aber jezt ausweise, die Hälfte des Schaa- Humorist läßt nun eine Menge kleinerer Punkte verhan
deln oder vertagen, z. B. eine Bitte um Abschaffung
fes habe einem andern Nubier gehört, und dieser verlange
des Monopols Bicrschankgcrccbtigkeit zu ertheilen ; eine
es zurück. Ich bot dem Beeinträchtigten die Hälfte, des
Kaufpreises an, bot ihm auch die Hälfte dcS Schaafes Frage wegen Einfuhr französischer bocklederncr Handschuhe;
einen Ausfall gegen die Tretmühle, zu der neuerdings die
selbst an ; aber alles war vergebens, der Nubier wollte sich
Sträflinge vcrurtheilt sind; die Bittschrift mehrerer Ju
damit nicht zufrieden stellen lassen. Da wir uns schon
den gegen die Wuchergcsetze. Da die meisten Beziehun
seit langer Zeit, ans Mangel an andern Lebensmitteln,
gen dieses Witzsxiels für die deutschen Leser verloren ge
«klein mit Linsenmns ernährt hatten, so war uns sehr
daran gelegen, das erhandelte Schaaf z« behalten. Ich hen , so gehen wir sogleich zu der Hauxtverhandlung des
Abends über.
kam deßhalb mit unscrm Gegner übcrein, die Entscheidung
einem Scheik, der zufällig mit feinem Gefolge bei uns Es ist bald acht Uhr, die Bänke und die Seiten-
gallericn sind gefüllt, und der Sprecher ruft Sir James
vorüber zog, zn überlassen. Dieser erklärte, nachdem er
Macintosh Es währt einige Zeit, bis Sir James er-
bc»de Partbien aufmerksam angehört hatte, daß ich Eigcn-
thümcr der b e z a h l t e n Waare bleiben müsse. Als sich >°) Einer der Redaktoren des LölnKurgK Er vc-
aber der Scheik entfernt hatte und wir uns zur Abreife sizt Ncdnertalent , spricht «ber mehr als Gelehrter den» als
anschickten, widerfezte sich der unzufriedene Nubier derselben, Politiker. Er bringt Sir Samuel RomiUys Motionen in
Betreff der Reform ber Sriminalgefttze immer wieder vor.
nnd klammerte fich, von einigen jungen Freunden unterstüzt, Er verspricht schon lange eine Geschichte von England seit der
fest an das Schiff und Verhinderteso wirklich eine Zeitlang Revolution.
scheint, endlich kommt er und übttreicht eine Bittschrift, geben sie, denn sie fürchten gar zu tief geschlafen zu ha
(von welchem Ort kannst du nicht versteken) welche eine ben, ein Paar Aeichen von Aufmerksamkeit von sich, um
Cc>mmiffion zu Untersuchung des Betragens der Justizbe- auch mitzumachen , und legen sich, errithend über ihren
«mten der Krone , und die Revision des peinlichen Gesetz Jrrthum, «lsobald wieder nieder. Sind Beredsamkeit uud
buches verlangt. Nach einer oder ein Paar Bemerkungen Beyfall zu Ende, so kommt die Motion, der Redner sezt
wird die Bittschrift ans den Tisch gelegt. Sir James sich und beide Seiten der Kammer schnauben und schöpfe»
bindet einen Pack Dokumente ernf, unter denen sich zwev Athen,.
Rummern der eckiokurgK befinden; eine giert er (Der Beschluß folgt.)
Lord John Muffel , die andere Lord Allhorxe. D»nn tritt
er vor zum Tisch, schlägt die Augen gegen die Gallerte
auf, um zu sehen, ob Federn und Bleistifte in Bereitschaft
sind, und beginnt. Anfangs spricht er lcife, aber nach Korrespondenz-Nachrichten.
«nd nach erhebt er die Stimme, so daß trotz des redneri
schen Baus seiner Perioden' dir die Ohren gellen, als ob Frankfurt, «. M. Februar.
fünfzig Zeugschmicde nm dich her Kessel hämmerten , daß Ein Intermezzo bildet gegenwärtig in unserer The«
du mit den Zähnen knirschst, als würden fünfzig Senfen terwclt eine französische Truppe aus Mcy, «clche «n den
gewetzt, und dir der Kopf summt, als wärest du in einer unbcseztcn Frcytagen «»stritt. Sie kam von Mainz bcrübcr,
Quecksilbermine. Der gelehrte Redner zeigt fo tiefe Kennt- wo sie bisher, »ie auch m Wiesbaden, Gastspiele gegeben
hatte. Die Umstände, unter welchen diese französischen Schau
niß der englischen Gesetze, daß du verwundert dich selbst spieler hier zuerst auftraten, waren von so gemischter, tra
fragst, warum er seine Geschichte nicht vollendet hat. Doch gikomischer Natur , daß das Publikum daran mcl,r »o«>. «ls
das Alles heißt bloß auf die Büsche klopfen, diö man ei bev dem Lärm nm die Sontag seine reichliche Unterhaltung
ner Dilation auf die Fährte kommt; nun geht es los, er fand. Alles schien sich vereinigt zu baden , um da« erste
Auftreten zu Vereiteln. Am Abend vorher wurden die de»-
se^r über alle Hecken der Frage weg, sprengt über das den Dircktcurs heftig uncins. Die lustige Gesellschaft eü
ganze Feld der Deklamation und macht nicht Halt, als ncs Klubbs belauschte sie in einem von ihnen qcmiewetc» an«
bis ein Paar Dutzend Linien aus Cicero <l, eexubiic« gc- stoßende» Gastzimmer ungestört lange Zeit, wie sie sich um d«
Hvr/a das Jägerrccht abgegeben haben und er den Fuchs Herrschaft stritten , und der hvnicrischc Spruch verfochten »er
den sollte, daß BielKerrschast verderblich sev. Endlich jedoch
schwanz auf die Mütze gesteckt hat *). Während dieser vereinigte man sich wieder unter Bedingungen zum Duumvirat,
Zeit nimmt Canning eine Zeitung zur Hand, und Huskis- und die verschiedenen Acmlcr des zener»! n»d des
svns Finger gleiten über die Item eines Anschlags , in Lonteoleur zencr«! oraonnoleur und der Ke^i,»«ue» , Köm»
dex die jungen Mitglieder beider Seiten vor Verwunde mo» <j» leite«» seztc» sich in Bewegung. ViS zum Nachmit
tage waren indessen noch keine Proben der aufz»führe»tbcn Stücke
rung die Augen aufsperren und einige Comttri, Gentlc- gehalten, denn erst zwcy Sttinde» vor der Verstellung lang-
menö in Schlaf fallen. Inzwischen geht die Jagd fort; Fi te» die Hauptaktcurs und Aclriccn vo» Mainz an. Sie Kal
gur kommt auf Figur, die Citationcn häufen sich, und so ten auf dem Rhein, dessen Brücke gerade an diesem Tage we
oft vor den Augen der Bewunderer ein Fuchs gchezt ist, gen des starten Eisgangs adgetragen wurde, eine lange nnd
beschwerliche Ucbcrfahrt zu bestellen gehabt , nnd kamen villig
erfolgt ein Beifallsgemurmel. Der Lärm hebt an mit durchfroren hier a». Statt zur Probe eilten die Damen in die
Hört! Hört!, deutlich gemurmelt. Aber bald rumpeln Betten. Wäbrcnd dessen drängte sich daö imgcduldiqc Publi-
die Sölden über einander her, so daß du nicht sagen kannst, km» im Theater, imd konnte kaum die Stunde der Verstellung
ob das Getöse dem Gepolter eines umfallenden Kieswa erwarten. Nach einigem Pochen erschien der eine Dircktcur
mit raiiger Miene. Er entschuldigte mit einigem Stocke» so
gens, oder dem Kriegsgeschrei der zwenfüßigen Helden gut er konnte Ie» Se,«»tre» <tu joue. Endlich fingen nur fünf
gleicht, die einst das Kapitvl retteten. Nimmt es ab, fv Musiker an zu spielen, aber in so völlig ciskordantcn Töven,
hörst du hie und da ein Hört!, wahre Nachzügler, bei de dag ein großer Lärm und ein an»altc»dcs Gelächter il>rc An
strengungen übertäubte. Man erfuhr, das bicsiqc Orchester
nen du an die Nachschüsse furchtsamer Freiwilliger nach ei habe sich geweigert . dem stnigen französische» Apoll , vor wel
ner Freudensalve an einem Festtage denkst, und du be chem selbst die französische Truppe wenig Respekt zv haben
merkst, daß die allerlezten von einer oder zwei Figuren schien, ins Feld der Ebre zu folgen, nm die bunten und schlecht
herrühren, die in der Gallerie zu deiner Rechten liegen; eingelernten Daudcvillcs zn accompagnircn. Ein Musoget
sie sind heraufgekommen, ein Schläfchen zu machen, bis entschloß sich endlich, das stürmende Meer mit fünf kübnen
Schwimmern allein zu defalire« . und sie gelangten anch un
der Augenblick kommt , wo sie durch ihr Geschrei die Op verdrossen mit ihrer elwaS räthselliaften Kuvertüre bis zur
position unterstützen sollen; cmfgefchreckt durch den Lärm, Schwelle des ersten VoudcvillcS. An die Stelle eines angekün
digten dramatischen Kompliments für die deutschen Zuschauer,
in dre» Akten, mit dem Titel: , INet» e> ?r»nc
1 Wenn der Fuchs gehezt ist, schneidet ihm der Jäger, der fort, «v, fteu5»!ron5 novl , ' kam , l,e cki»0r öe »«^el»,», '
zuerst anlangt, den Schwanz ab, und fleckt ihn alS Siegeö- Vaudrville in einem Akt. Sine Schauspielerin vom größten
jeichcu auf die Möge. Umfange erschien, aber welche VaudcvilleS, welcher Dortraa.
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welche« Accompagnrment , welch« Spiel von ihr nnb den mei erscheint. Der Herausgeber derselben ist ein Herr Laforgut,
st?» Darstellern im Verlaufe dieser und der folgenden Stücke ! welcher hier zugleich ein geachteter Lehrer der französischen
Die Truppe war augenscheinlich aus den verschiedensten Elemen Sprache ist. Der Name dieser Zeitung zeigt schon ihre Ten
ten nothdürftig zusammengerafft, und nicht gedörig eingespielt. denz an, welcher gemäß auch die bis jczt erschienenen Bogen
Besonders die jungen Herrn , welche die Elegant« darzustellen gehalten waren. Sie gibt zwar größtcntheilS nur Aus
Kalten , wenn nichts wenigcr als französische Jncroyab- züge aus Pariser und Londoner Zeitungen , auch wohl auS
los. DaS Französische klang so rauh, selbst aus schönem deulschcn, hat doch aber auch bereits mehrere raisvnnircndc Ori-
Munde, baß es eher schien, die Leute kamen von den Dörfern ginalaufsäyc geliefert, welche von geläuterter Ansicht und un
alS aus Paris, woher sich die meisten schrieben. Das erste befangenem Urthcile zeugen. Eine besondere Aufmerksamkeit
Stückchen schob sich durch die brave Komik der Heyden Männer, schenkt sie auch im't Recht den Vorfällen in Dresden selbst,
welche zweu lüsterne Wittwer darstellten . so durch , und es welche in der Leipziger Zeitung , da diese blos offizielle Artikel
war vielleicht auf das hiesige Wölkchen besser berechnet , da ein dieser Art enthält, meist übergangen werden, und dadurch
welscher Hahn die Jntrigue bildete , als jene plumpen Ehrens erwirbt sie sich in der That ein Verdienst, da leider die mei
bczcugungcn. welche man in dem Vorspiel „K«u„irc>n, nous,^ sten Nachrichten, welche auswärtige Zeitungen über Dresden
einem Bericht aus Mainz zufolge, wo das Publikum damit ae- liefern, mangelhaft und durch Partl,cnansicl,t entstellt zu
langweilt worden war, auftischen wollte. Dort soll man näm sehn pflegen. Für Dresden ist seit Jahr und Tag unter einer
lich in dein gedachten Vorspiel unsere ersten Dichter, Goethe neuen Redaktion auch der hier täglich erscheinende Dresdner
und Schiller, und unsere ersten Komponisten, Mozarr und Anzeiger sehr anziehend, und ich dürfte wohl sagen wichtig
Weber auf eine pvssirliche Weise apotheosirt oder oli Heroen geworden. Außer den gewöhnlichen Anzeigen , welche durch
dargestellt haben. In Ermangelung wahrer Porträts erschie die tägliche Ausgabe jezt sehr schnell in Umlauf komme», bringt
nen nämlich auf Postamenten antike Köpfe . wie man sie eben er nämlich auf seinen lcztcn Spalten sehr oft unter der Ucbcr-
zusammenfand. Diese mit allen möglichen Tiradcn in drcy schrift : O e r t l i ch e s, Bemerkungen, Rügen. Wünsche und wohl
Akten gegebene Kunstausstellung fand in Mainz wenig Bey- auch Erläuterungen über örtliche Gegenstände, welche lebhaft
fall, und bey den hier einstürmenden Unglücksfällen war es daS Interesse anregen . bereits wobltbätigen Einfluß gezeigt
wohl das Klügste, baß die e«pl»tio be»ev«Ie«>,!« unterblieb. haben, ihn künftig gewiß »och öfter zeigen werden, und
Nachher wurde „le perkuczuier et I« eoöileur" aufgeführt. mindestens manche Dinge in heilsame Anregung bringen,
Der Herr, welcher den altfränkischen Pcrruauicr gab, und welche bis jczt nicht selten im offiziellen Dunkel ruhten, und,
auf gut französisch übertrieb , erhielt gehörige» Bepfall. Weni ans Licht gebracht , sich sonderbar genug ausnehmen. Wie
gcr Glück machten die Darsteller der l)ri,etle, ou couwrie» leicht könnten aber auch auf der andern Seite sich die Behör
re, cke Poris , eines VaudevillcS , welche« Angelv für Berlin den wieder dieses Mittels bediene» , um wichtige Ansichten zu
alS „Schncidermamsells" bearbeitet hat. Die fünf heiseren verbreiten, manches schiefe Urteil gerade zu stellen, und of
Mäbchenflimmc» . von den fünf Geigen des Orchesters beglei fen über das zu sprechen , was , wenn auch wünschcnswcrth,
tet, bildeten ein Ensemble, welches den verwöhnten Ohren doch dcr Lage der Sache nach nicht so schnell abgeändert werden
harte Geduldsproben auferlegte. Die Darstellung des Tar- lanu. So haben diese örtlichen Bcincrkuiigcn bereits die heil
tüffc und kleinerer Lustspiele am nächsten Freitage versöhnte same Folge gehabt, daß mit dem neuen Jahre 1828 in den
das Publikum wieder einigermaßen, und besonders rühmt man hiesigen Kirchen die störende und entwürdigende Sitte des Um-
eine Künstlerin mit Namen Adams. Man kann sich aber den hcrtragcns beö Klingelbeutels abgeschafft worden ist.
ken, daß eine Truppe, welche, wie man sagt, nur ein Drit Die Vorlesungen des Professor Schottky haben ihren un
tbeil der nicht sehr reichlichen Einnahme erhält, unmöglich auf gestörten Fortgang gehabt , und er hat neuerlich besonders
einen grünen Zweig komme» kann. Für nächsten Sommer kleine heitere Dramen zu Gegenständen derselben gewählt.
haben wir die Aussicht, die berüi'inte Georges mit einer aus In einer derselben waren Herr Saphir und Herr Nr. Hcrloß-
gewählten Gesellschaft auftreten zu sehen. sohn aus Berlin zugegen, welches dcr Vorleser auf geschickte
(Der Beschluß folgt.) Weise bcnnzte und erwähnte. Dem Vernehmen nach bildet
sich auch eine neue Gesellschaft von Freunden dcr Literatur und
Dresden, Februar. Kunst, in deren geselligen Kreisen man sich hauptsächlich durch
Auch in unserer Stadt ist im vergangenen Jahre die älmljchc Vorlesungen ober auch frepe Mitteilungen zu unterhal
Zahl der Geborenen gegen die der Gestorbenen sehr überwie ten gedenkt. Ernsteren Zweckes sind die des Herrn Hefvath
gend gewesen. Die der ersten betrug nämlich Slil2, die der CaruS, dessen Vorträge über Physiologie von ausgezeichneter
Gediegenheit sehn, und eine Zalil dcr geistig gebildetsten Män
leztern nur 17UZ, so daß 309 Personen mehr getauft als be
graben wirrdcn. Jedenfalls ist , wie in den meisten Städten, ner umGelehrtenihn vereinigen solle». Möchte» doch mehrere der hie»
so auch in Dresden, die Einwohnerzahl schon durch dieses Ue- sigcn ihre Schätze reicbcr Kenntnisse auf diese Art
den Lernbegierigen öffnen. Früher erfreuten wir unS dessen
bcrgcwicht der Geborncn im Steigen, es kommt aber auch noch namentlich von dein Herrn HvfratK Völliger. Warum haben
hinzu, daß mit jedem JaKrc sich immer mehr fremde Familien wir so lange die Fortsetzung seiner Vorlesungen entbehren
hieher wenden , denen beu früherm kürzer» Aufenthalte Dres
den wohlgefiel . und die dann hier für immer ihren Wol'nplay müssen, warum trägt Herr Hofratb Hase seine Mitthcilungen
aufschlagen. Dazu laden die herrlichen Umgebungen der Stadt über hiesigenGeschichte der bildenden Künste , deren sich die Zöglinge
vorzüglich ein, und darum sieht man auch unauSgesczt neue der Kunstakademie erfreuen , nicht eincin größeren
Kreise vor ? Und ähnliche Frage» könnte man hier an mehrere
Häuser entstehen, alle vergrößert, und manchen Platz bebaut treffliche Köpfe richten.
werden , der sonst öde und verlassen stand. Aber auch der li
terarische Verkehr gestaltet sich hier von Jahr zu Jahr lebhaf
ter. So ist in diesem Jahre sogar daS Untcrncl'mrn einer
französischen Zcitimg begründet worden , welche nntcr dem Na
men l« l)c>ncili«leur wöchentlich drcpmal in großen Foliobogcn Be plage: Kunstblatt Nr. 18.

Verlegt von der I. G. C v r r a 'leben Buchhandlung.


M o r g e n b l a t t

f ü r

gebildete Stände.

Dienstag März i 8 2 8.

Dichter, frucktbar all» Orten,,


Immer bleibest, du derselbe
Won der Tibcr bis zur Elbe.
Gluck und Heil! so wie tu strebest,
Leben! sv wie du belebest.
So genieße, laß genießen!
Goethe.

Antwort an den Unbekannten. Wie ein WciKgesang des Orpheus auf dem Schiff der
<S. Morgenblotr Nro. SN. tS27.) . Argonauten ,
Die den Pclz, de» i« Barbareuland sie sich rmr Müh'
MS zn mir, aus weiter Ferne, hör' ich süße Worte flüstern. ergattert.
Glättend lene Falten alle, welche meine Stirn verdüstern, Für Apollv's Mantel halten, der in Tcmpe's Lüften
Zeigend, daß ich nicht vergebens Nessein schwang und flattert.
Disteln köpfte. Rufe nicht, da mich das deutsche Chaos würde bloS
Nicht mit Danaideneimern «us des Lebens Brunnen ermüden ,
schöpfte ; Rufe nicht zurück den Dichter aus dem vielgeliebte«
Meiner Widersacher Mißmuth stört mich nicht in Roms Süden,
Ruinen . Welcher, bis mich Frost und Alter lüstern macht nach
Doch die Liebe, wie ein Pilger, übersteigt die Apennincn. eurem Vließe,
Allen denen, die so gerne jede wahre Kraft verkennen, Ucbcr jede« meiner Worte Ströme von Musik ergieße.
Sey'S gesagt, daß nicht einmal ich ihren Namen höre Immer mehr nach Süden laß mich meines Auges Wünsche
nennen; richten ,
Doch von Andern hör' ich, welche sonder Scheu vor Witzes Und genährt von Hyblahonig auf des Aetna Gipfel dichten!
nadeln Laß mich Odysseen erfinden, schweifend an Homers Ge
Loben mein Gedicht mit Einsicht und mir Einsicht «uch staden,
^ es tadeln: Bald, in voller Waffenrüstnng, folgen ihnen Jliaden.
Diesen biet' ich aus der Ferne gern die Hand, und Dir Ja, wenn ganz mit deutscher Seele griech'sche Kunst sich
vor Allen! hat verschmolzen.
Zwar Du ließest nicht die Stimme kritischer Vernunft Sollst Du sehn, zu welchen Pfeilen greift Apoll, zu wel
erschallen, chen Bolzen!
Ader nach dem Kapitole, dessen Höh'n ich jezt erklimme,
Liessest wehn Du mir Begeist'rung, jene reine Milder Noch so lange, Freund, so lange laß umher mich
stimme, ziehn verlassen.
Die so glockenhell und herrlich von der Menschenlippe Bis Thuiskons Volk und meine Wenigkeit zusammen
gleitet. passen ,
Und elektrisch ihren schönen Liebesfunken weiter leitet. Bis wir Einer Lehre Schüler, Brüder sind von Einem
Ja, es müssen, wo dem Guten sie sich beigesellt, dem Orden ,
Wahren , Beide dann einander würdig , und einander lieb geworden.
AuS der Seele Dithyramben , wie ans Wolken Blitze, Wie die Lerche möcht' ich kommen, wann die ersten
fabren ! Knospen treiben.
Mögen denn auch meine Töne durch des Nordens Stürme Nicht wie euer Schneegestöber wehn und endlich liegen
lauten bleiben.
2!«
Eher nicht an eure Herzen klopf' ich an, an eure Pforten, du weißt, was er vertheidigen oder widerlegen will. Nun
«is das Schönste mcht gethan ich, eine große «hat in kommt der Generalxrokuratvr, sonst, gemach, voll Schein
Worten,
Welche kalte Sinne glühn macht, Lob erpreßt von Syl- gründen ; du bist mit jedem seiner Sätze an sich einver
bcnklaubern. standen, wunderst dich aber, wie solche Prämissen zu ei
Selbst den Feinden muß gefallen , und die Freunde ganz nem solchen Schlüsse haben führen können. Hume steht
bezaubern ; auf, nicht um dem gelehrten Mitglicde zu antworten,
Dann vor Solche will ich treten, die verächtlich mir,
verblendet fondern bloß um zu bedauern , daß nicht vor der Verhand
Ehedem des Aberwitzes Achselblicke zugewendet. lung des Gegenstands der Kammer ein Auszug aus allen
Die mir ins Gesicht gepredigt, deutsche Kunst sev längst Kriminalprozessen seit Wilhelm dem Rothen vorgelegt wor
gesunken. den ist. Er sezt sich, und im nämlichen Augenblick fällt
Und umsonst in meinem Busen brenne dieser heiße Funken :
Ihrem Schaamerröthen tret' ich schweigend dann und still John Cam Hobhouse *) über den Gcncralprokurator her,
entgegen. so daß die Mitglieder beider Seiten instinktmäßig die Hände
Und vor ihre Füße will ich alle meine Kränze legen. auf die Ohren legen, und ein Paar Constituenten des eh-
Graf v. Platen. renwerthen Mitgliedes aussen seine Stimme hören und
ein Geschrei erheben, das övvcütgarden Ehre machte.
Nun ist alles ruhig und der Gcncralanwalt steht auf, um
Die Kammer der Gemeinen des engli das zerfezte, blutende Gesetz zu verbinden; erspielt bald
schen Parlaments. hier, bald dort herum, so daß du denkst, er werde nie fer
(Beschluß.) tig werden. Die Mitglieder rechnen auf zwei lange Stun
Auf das Glockengcklingcl und Cymbelngcfchelle dieser den, und machen zu Dutzenden x»ie ««"**), um zu Bellamy
Eröffnungsrede, das die Luft tausendfach zerrissen und die zu gehen, während eine andere Zahl die chrenwcrthcn Glie-
Watten in ihren Löchern aufgeschreckt hat, folgt das füße dcrmaßen in den Seitengallerien ausreckt und zum Schlafgotte
Flöten- und Oboengetön, oder vielmehr die schmelzende betet. In diefer Ruhezeit stemmen Sir Jsaac Cvffin und
Harmonie eines Fagottsolos, denn Denman *) erhebt sich, der Oberst Davies, Sir Francis Omanny und Sir Bright, der
die Motion zu unterstützen. Seine Gründe sind gut und Aldermann Smith und der ehrcnwcrthe H. C. Bennetcu»
gut verknüpft, aber so. mit Worten überladen, daß du den mulii» »Iii« bequem ihre untern Kinnladen auf und geben
Faden nicht zu finden vermagst. Doch freust du dich, da ihrem Schädel eine Neigung nach vorne. Plunkett ***)
du sie so feierlich, so sanft und überredend dahinfließen steht auf, um Londons Gott zu züchtigen, und es geht so
siehst. Diefe beiden Kämpfer haben die Geister aus dem flink aus dem Felde, daß der Geist, halbwach wie er
weiten Schlünde der Bänke der Schatzkammer beschworen, ist , ihm nicht zu folgen vermag. Jndeß spizt die ganze
«nd die Geister lasse» nickt auf Antwort warten. Der Gallcrie die Ohren, die Hibcrnicr loben mit lauter Stimme
Generalxrokuratvr stckt dicht neben dem Sprecher auf, und die auf den Bänken oben liegen, gucken über den Rand
und, naher bei dir, erhebt sich auf derselben Bank M. C. der Gallerie herunter; da sie aber sehen, daß der Zeit
W. Wynn **). Der lezte ist der erste, denn Master punkt zum Abstimmen noch um zwei Reden und eineRe-
Wynn hat sich eines Blicks des Sprechers bemächtigt, xlique entfernt ist, suchen sie unverzüglich wieder die süße
alsobald bemächtigt er sich auch deiner Ohren, und bei dem Ruhe. Während Plunkett die Perlen seiner Figuren aus
Ton der falschen Cadenz seiner Stimme fällt dir der öster schüttelt, wie ein Schiffsjunge die Perlen, welche der
reichische Zapfenstreich ein, wo der fcharfe Ton der Quer Thau des Occans an seinem nassen Besen sitzen läßt, über
pfeife auf daS Gebrumme des Serpents und das Wirbeln Bord schüttelt, beginnt die Kammer sich zu füllen, und
der Trommel folgt. Der Redner stellt seinen rechten Fuß Brougham und Canning schwimmen auf der lczten Welle der
einen halben Schritt vor, wirst den Kopf rückwärts, bis steigenden Fluth. Sie setzen sich und sehen einander eine Zeit
seine Gesichtslinie mit der Decke einen Winkel von 45 lang an, als wollten sie sagen : wer fängt an ? Aber der Staats
Grad bildet, und nun geht es los nach einem Schlüssel, sekretär gicbt Plunkett einen kleinen Stoß, in Folge des-
der immer in den hohen Noten bleibt. Der Kopf tlnit ") Parlainentsglied für Wcstminstcr; ein Freund Byron?.
dir so wehe von den grellen Tönen, es wird dir so übel Seine Ansichten neigen sich zum Radikalismus.
bcp den Cadcnzen, daß du keine Zeit hast, die Materie zu °") Wen» ein Mitglied hinausgehen will und fürchtet, man
analysiren und der Redner zum Schlüsse kommt, bevor möchte in seiner Abwesenheit abstimmen , so bittet es ei» Mit
glied der entgegengestzte» Seite, mit ihm zu kommen ; dicß nennt
") Ein berühmter Advokat. man p«>r «ir machen. Bellamy wird wohl den Traitcur
") Parlainentsglied für die Grasschaft Montqomery. Er bedeuten.
war i» Cannings Ministerium, »nd ist vor Kurzem mit Go- ««) Plunkett , jczt Lord Plunkett, hat vielleicht als Redner
derlch a»S dem Kadinet getreten. Er spricht gut , aber seine den größten Ruf in bcvdrn Kammern. Er ist durch seine Mo
Stimme wirb durch einen sehr hohen Fiflclton unangenehm. tionen zu Gunsten der Katholiken berühmt.
sen dieser Einiges behauptet, was darauf berechnet ist, ment gefunden habe, sondern nur Gemälde ober vielmehr
Brougham zu einer Rexlique zu veranlassen, (welche ihn, bemalte Sculxtnren. Der gelehrte Uebcrsetzer dieser In
Plunkett, wieder auf die Bank niederbringt) und damit dem schrift ist der Meinung, daß sie nicht älter sepn kanu, als
Whig mit der großen Stimme ein Ziel aufzustecken. Broug aus dem dritten Jahrhundert unserer Zeitrechnung. In
ham erhebt sich unter dem tiefen Schweigen der Kammer der That wird es aus der Beschaffenheit des Monu
und den Flüchen , welche die Nachfchreiber vor sich hin ments, ans dem Styl und der Ausführung dieser Basre
murmeln, deren Federn dießmal bis zur Wurzel abge- liefs klar, daß sie der lezten Periode der egvptischen Kunst
»üzt »erden follen. angehören, und wir wissen nun, daß die Egvxter bis ins
zwcytc Jahrhundert Monumente aufgeführt haben, und
daß ihre Kunst und ihr Kultus bis zur Ausbreitung des
Reise nach Nubien. Evangeliums keine wesentliche Veränderung erlitten hat. —
Als ich mit der Aufnahme des Tempels von Dekkeh be
(Fortsetzung.) schäftigt war, fand ich in einem Schutthaufen ein Bruch
Die meisten Nubier sind mit Lanze und Schild bewaff stück eines Gefäßes von gebrannter Erde , auf welchem ich
net. Der Schild ist länglich und gewöhnlich aus Kroko- Spuren griechischer Schrift erkannte. Ich ließ daher nach
dillhaut verfertigt. Auch Schwerdter findet man häufig, mehreren suchen , versprach dem Finder ein kleines Ge
die denen der Ritter des Mittelalters gleichen, so wie schenk für jedes Stück, und bald hatten die Kinder des
auch einige wenige Feuergewehre aus! derselben Zeit, die Dorfes einen großen Haufen solcher Scherben ausgescharrt
mit Lunten abgefeuert werden. Ferner pflegt jeder Nubier und herbevgeschafft. Ich behielt einige davon als Muster,
ein gekrümmtes Messer in einer ledernen Scheide zu tra und ließ die übrigen als eine zu große Last zurück. Bevm
ger. , die am linken Oberarm festgeschnürt ist und an welche Abzeichnen legte ich die Scherben in eine flache Schüssel
zugleich kleine Schriftrollen oder Holzstücke befestigt sind , mit Wasser ; dadurch wnrde der Staub ohne Reibung weg-
die mit heiligen Sprüchen beschrieben als schützende Amu gewasche», und die mit Farbe aufgetragene Schrift erschien
lette dienen. Man hat deren ähnliche in Theben aus der vollkommen deutlich unter dem Wasserspiegel. Ebenso ver
ägyptischen Zeit entdeckt. Die älteren, etwas Begüterten, fuhr ich an den Stellen der Gebäude, wo ich Inschriften
trugen ein arabisches Kleid und ein "Kopftuch als Turban ; vcrmutbete , indem ich die Wände mit Wasser begießen
die Jüngern sind nur mit einem lange» Streifen Tuch ließ, und die dadurch deutlich gewordene Schrift, wäh
bekleidet, welcher um Schulter und Hüfte geschlungen ist. rend sie noch feucht war, abzeichnete. Die meiftrn dieser
Die Haare sind geflochten und hängen an den Seiten in Inschriften sind nach der gelehrten Auslegung des Herrn
kurzen Flechten herunter ; sie beschmieren sie mit Fett, be Staatsrath Nicbuhr „Quittungen von römischen Soldaten
streuen sie auch wohl mit dem Pulver zerriebener Blätter von für empfangene Oib,r>, (Sold oder Rationen)." Diese Scher
gelblichter Farbe , ein Gebrauch , der an die römische Sitte ben sind also Ueberblcibsel deS Archivs einer Militärver
aus der Katserzeit erinnert, wo die vornehmen, Frauen waltung, und beweisen, daß hier ein römisches Standquar
das Haar mit Goldstaub bestreuten. Mehrere tragen hin tier gewesen sey. Die Ringmauern und die Schutthau
ter dem Ohr eine hölzerne Spitze, welche zum Kratzen fen um den Tempel haben auch in der That eine fo große
dient , wie die elfenbeinerne Hand bei den Hofdamen un Ausdehnung , daß hier nothwendig ein bedeutendes Etab
ter Ludwig XV. In die Höhe stehendes krauses Haar tra lissement gewesen seyn muß. Von Dekkch schifften wir
gen nur wenige, und dies kann daher nicht als eine cha nach Girscheh, wo wir auf einer Anhöhe ein großes
rakteristische Sitte der Nubier angesehen werden. Auch Monument in den Felsen gehauen bemerkten. Während
sieht man wenig lange, meistens nur kurze Kinnbärte. Ich ich hier mit meinen Studien beschäftigt war, besuchte ein
bemerke absichtlich diese Eigenheiten , weil sie auf die Ab englischer Kapitän diese Ruinen, stürmte geradewegs
bildungen der altägyptischen Kostüme auf den Monumen bis in den Hintergrund des Monuments, krazte seinen
ten Bezug haben, und zugleich auch mit der Angabe alter Namen an die Wand, maß mit großen Schritten die
Autoren im Widerspruche stehen. Länge und Breite des Gebäudes, und in weniger alszehn
Mehrere Inschriften, die ich von den Ruinen von Dekkch Minuten war er schon wieder unter Segel, um vermuth-
abgeschrieben habe, führen uns auf die Bestimmung dieses lich mit den übrigen Denkmälern Nubiens auf ähnliche
Monuments ; man verehrte in demselben den „Herrscher Weife Bekanntschaft zu machen.
Paytnuphis oder Hermes, Schutzgott des Gränzlandes zwi (Die Fortsetzung folgt.)
schen Aegypten undAethiopien." Sine andere nochmerkwür-
dkgereJnschrift spricht von „derVergoldung dieses Tempels," Korrespondenz-Nachrichten.
Rom, 16. Febr.
obgleich ich durchaus keine Spur von Vergoldung weder in Die Tbeatn ss»d in «ollcm Gange » und eins sucht tmi
diesem, noch in irgend einem andern ägyptischen Monu andere zu übevbictcn. Obenan siebt Torbiuone mit seiner ern»
220
sten Dp« und einem ernst», nni komischen Ballett. Die Vor« , ssub, zwcy vortreffliche Dekorationen abgerechnet. Die zweyte
stcllunge» dauern jeden Abeud von dreyviertel auf sieben bis um Oper war ,,I?,6o»r<Z« « Kristin«," von Rossini. Die Kleider
ei» Uhr nach Mitternacht. Man sagt, die Koste» dieses Tl'.a- sind in dieser Oper noch reicher und geschmackvoller als in der
ters benagen für die Dauer des Karnevals, das heißt für uns Domia Caritca. Ucbrigcns hat die Direktion eine Neuerung
gefähr sechs.-unb-vicrzig Borflellungcii , über zwanzigtausend «ntcrncimncn, welche die übrigen Thraker spät od« früh
Scudi. In der That sind Kleider und Dekorationen, beson nachzuahmen gezwungen scy« werden , und für welche sie, be
ders leztere, so ausgezeichnet schon, wie sie vielleicht kein ande sonders von Seiten des weiblichen Publikums-, alles Lob ver«
res Theater in Italien , und außer Italien ganz gewiß keines dient; dieß ist ein Kronleuchter mit einer hinlänglichen An
besizt. Die Anzahl der cngagirtcn Subjekte aller Az t, welche zahl Lampen , um das Theater wenigstens aus dem Groben
das Theater während sechszig Tagen zn ernähren hat, beläuft heraus zu beleuchten. Frevlich widerstrebt diese Neuerung der
sich auf etwa ZZl). Dieß erfordert gewiß einen Aufwand von zwan Sitte des italienischen Publikums, welches seine TKeatcrloge
zig und mehrere» tausend Scudi, eine Summe, welche, um je wie seine eigenen vier Pfähle betrachtet, und sich darin durch
der Möglichkeit eines Falliments von Seite» der Unternehmer, keine Neugierigen stören lasse» will. Im weiblich,» Publikum
vorzubeugen , bey der TKcatcrdcputation entweder baar oder in aber, welches jezt sshcn und gesehen werden ka«n. wird die alte
Kautiou niedergelegt werden muß , che der Vor>>ang aufgezo Sitte der neu entstehenden Eitelkeit weiche» müssen. Schon be
gen werde» darf. Da diese Prcccdur mclir oder weniger i» ginnen die Toiletten, auf welche bis Zczt eben so wenig die rö
allen Städten Italiens, wo Schauspiele stattfinden , üblich ist, mischen als sonstigen italienischen Damen in, Theater irgend
so begreift sich, wie liier ein Thcatcrbaukcrvtt fast zu den Unmög eine Sorgfalt verwendet haben, gewählter zu «erden.
lichkeiten gehört. Daher mag es kommen, dag alle diese (Der Beschluß folgt.)
ThcatcrunterncKinungen so unstZt , halt s und regellos sie
auch dem Anscheine nach sind, am Ende dennoch den Cha Frankfurt a. M. Februar.
rakter einer vollendeten Solidität darbiete». Was wurde, <BcschluH.)
außer Italien, aus zwei? ernsten Oper», und aus zwcu gros
sen Balletten werde» , welche in weniger denn vier Wochen ge Mit gespannter Erwartung sah man in diesen Tagen
dichtet , in Mnsik gesczt, eingelcrut und probirt, und zu de einer andern Wundcrerschcmung auf dein Theater entgegen,
nen die Subjekte von allen Gegenden her verschrieben und der Rückkunft der Mad, Ncumann, oder jezt Haitzin»
häufig bis auf die lczte Stunde e 'rgebens erwartet werden müssen, g e r, aus Carlsruhc, um die ihr vor zwc« Jaln'en vorbehaltcnen
so baß in den erste» Proben dem Poeten noch zu dichten, dein lezten Gastrollen nebst Benefiz zu geben. Der Andrang, be-
Komponisten zu setzen , dem Sänger zu lernen , dein Abschrei sonders zu lezterem, war wo möglich noch stärker alö bey der
ber zu kopiren, und dem Orchestcrdirektor noch ein bestimmtes Sontag , und Mad. Haitzinger hätte sich der unbegränzten Lo
Tempo zu nehmen bleibt? Rcclmet man dazu, baß am Mor beserhebungen , welche die Heyden belletristische« Blätter zu
gen der Aufführung »och keine Dekoration trocken, noch kein spenden nicht müde wurd«i , so wie der ausnehmenden Gunst
Kleid fertig, noch keine Stimme völlig ausgeschrieben ist, so des Publikums in hohem Maße erfreuen können , wenn sie
muß man wirklich an Wunder glauben, wenn plötzlich Abends nicht den unglücklichen Einfall gehabt hätte, eine Katze dar
b«i)m Anzünden der Lichter, in diesem furchtbaren Chaos sattsa zustellen. Daß eine Künstlerin von Ruf, wie Mad, Haitzin
mes Licht geworden ist , damit eine halbe Stunde später alles ger, sich dieses Sujet zum Gegenstand einer Kunst-Darstel
hängen, sitzen, geigen, pfeifen und singen kann, wie es sich un lung wählte, vor einem fremden Publikum und zu ihrem Be
gefähr gebührt. So viel vermag das Genie, so viel ein jähr- nefiz, dieses war ihr allerdings zu »erargen. Selten war daS
hundertlangetZ Herkommen, so viel der Umstand, baß ei» Zeder hiesige Publikum wohl so einig in der Verwerfung eines un
in sein Handwerk bis zur Meisterschaft eingelernt ist. Die glücklichen Produktes der Art , wie in dein Miftsallcn , wem,?«
erste Oper in Tordinouc war ,.O«r>u» «2»rit<>«," vrn Mcrca- es bcp dieser Darstellung öffentlich zu erkennen gab. Madame
dante. So verächtlich auch maiiche deutsche Komponisten auf Haitzinger gab an diesem Abend noch die 5rau von Schlin
die heutigen, selbst besseren italienischen Tonscyer herabsehen, gen in den „Wienern in Berlin," und Herr Haitzinger ließ
so möchten sie gleiclzwohl, wenn auch nickt das Wissen, doch sich herab die Rolle des Franz zu spielen und zu singen. Man
das Können von ikncn zu lernen haben. Ich verstell un Kinn sich denken, daß mich seinem Erscheinen der Andrang
ter lezterm den Geist der Zweckmäßigkeit, der Klarheit, der galt, deim er ist «»bezweifelt einer der ersten jezt lebenden
Inspiration und der 'Mäßigkeit , welche noch immer, trog Tenoristen , und aus früherer Zeit hier sehr beliebt. Einige
der Rückschritte, die die Thcatcrinusik in Italien zu machen Tage vorher hatte Mad. Haitzinger ..Maria Stuart" gegeben.
scheint , diese vor allen andern auszeichnet. Es ist eine Matt Man hat dieser Darstellung allgemein das Zcugnig einer bra
heit, ausweiche bis jezt , wie es scheint, »och wenig anfmcrk- ven Ausführung ertheilt, aber die übertriebenen Lobeserhe
sam gemacht worden ist, daß Rossini, ob ihm gleich von der bungen der Blätter machten auch die größte» Bewunderer ih
Natura mehr Genie verliehen ist als den übrigen jetzigen Kom rer Leistung staunen, denn diesem Lobe nach wäre es billig
ponisten, jene Eigenschaften in weit geringerein Grade als seine z» verwundern, daß die Künstlerin in dieser einen Rolle nicht
Kollege» besizt, ja daß ihm das erste und einzige Merkmal, längst unsterblich genannt worden wäre. Schenks ..Belisar"
welches das mit Bewußtseun schaffende Genie vor dem bloß zu bleibt fortwährend ein gerngeschcncs Trauerspiel, und es ist
sammenwürfelnden Instinkte unterfcheidct , die Kunst der Cha zu Kossen, daß man das zweite Stück dieses Dichters, ,/?cn»
rakteristik ganz abgeht, während sich in audcrn, z. B. in Dos rictte von England," welches reich an erschütternden Motiven
nizetti, auch hin und wieder in Mercadante u. s. ^w. ein sehr seyn soll, nun auch für die hiesige Bühne zu erhalten suchen
lobeiiswerthcs und nicht immer mißlingendes Streben dar wird.
nach zeigt. Dieses Urthcil läßt sich auf die Donna Ear i- Des Komponisten F. Nies neue Oper, ,.die Ränberbraur,"
tea anwenden, welche in der That viele gut und klar gear wirb, wie ich eben höre, in kommender Ostermessc zur Auf
beitete , ja sogar einige sehr charakteristische Stücke besizt. die führung kommen, dagegen scheint Spvhrs ..Pictrv Abanv,"
unwürdigen, servilen Nachahmungen Rossinis , welche sich dar noch zurückgcsezt zn werden.
in fast über die Gebühr vernehmen lassen , abgerechnet. Das
Ballet .,Di6o«e ,bb»»<l<>n»t»," ist ein Ballet wie sie alle B-Dlag e: Litcraturblatt Nr. 19.
Verlegt von der I. G. C o t Na 'schen Buchhandlung.
56.

o r g e n b l a t t

f ü r

gebildete Stände.

Mittwoch, 5. M a r z i 8 2 3. '

V, daß ich meinem Gram


Doch gleich wär , oder kleiner ol« mein Name.'
Daß ich vergessen könnte, wa« ich war,
Oder nicht gedenken, wai ich nun seyn muß!
Shakespeare.
Richard N.

Stanislaus ZeczinskiS Flucht aus Danzig. Ich füble wohl, Madame, es genügt Ihnen nicht z«
Die Schlachtvon Pultawa hatte Stanislaus Lec- wissen, daß ich aus Danzig entkommen bin. Sie wünschen
zinski, einem der weisesten und besten Fürsten seines diese Begebenheit bis auf die kleinsten Umstände zu erfah
Jahrhunderts , die von Karl Xll. von Schweden geschenkte ren. Ich will Ihrem Verlangen entsprechen , und damit
polnische Krone geraubt, und der Entthronte lebte eine zwey Pflichten erfüllen , welche eine gerechte Dankbarkeit
Reihe von Jahren in Verborgenheit nnrer französischem von mir fordert, die Pflicht, Sie einigcrmaaßen für
Schutze im Elsaß, bis Ludwig xv. seine Tochter Marie die Besorgnisse, welche Sie um meinetwillen gehegt
zur Gemahlin wählte. Der im Jahr !7ZZ erfolgte Tod haben, zu entschädigen, und die Pflicht, der göttlichen
Augusts von Sachsen, Königs von Polen, gab ihm nene Vorsehung diejenige Ehre zu erweisen, welche ich dersel
Hoffnung zu Wiedererlangung der Krone? von Frankreich ben schuldig bin. Die Vorsehung, und die Vorsehung
kräftig unterstüzt, wurde er von einer großen Parthei sei allein, hat mich erhalten, als es mir an allem andern Bei
ner Landsleute zum zweitenmal zum König ausgerufen. stande fehlte. Sie werden sehen , wie mich dieselbe gleich
Aber sein Nebenbuhler , der Kurfürst von Sachsen, Sohn sam bei der Hand geführt, wie sie über alle meine Schritte
des Verstorbenen , hatte am Kaiser und an Rußland so gewacht hat, wie sie die Gesinnungen derjenigen, welche sich
mächtige Bundesgenossen, daß die größere Parthie der aus Eigennutz entschlossen hatten mir zu Führern zu die
polnischen Nation der kleineren unterlag, und Stanislaus nen, regiert und verhindert hat, daß nicht ein noch größe
am Ende in seiner getreuen Stadt Danzig belagert wurde. rer Vvrtheil , den sie immer vor Augen hatten , sie ver
Die Zeit kam heran, wo die Stadt kapituliren mußte, leitete mich zu verrathen. Sie werden sehen , wie sich al
auf Stanislaus Kopf war ein hoher Preis gesezt, und der les vor mir ebnete, und wie ich sogar denjenigen, wel
unglückliche Fürst sah sich gezwungen zu fliehen ; er ent che abgesandt waren mich aufzusuchen , gleichsam unsicht
kam verkleidet unter großen Gefahren nach Königsberg. bar wurde. Mit einem Worte, Sie werden Spuren der
Stanislaus Brief über diefe Flucht an seine königliche Toch Vorsehung sogar in dem kleinsten Umstände dieser Erzäh
ter geschrieben, den wir hier mittheilen, beweist, daß das lung finden, und werden mit mir die Vorsehung als die
Schicksal oft wirklich so wunderlich mit dem Menschen spielt einzige Quelle meines Glücks und Ihrer Freude segnen.
wie die Feder der Novellisten, und wir empfehlen lezteren Ich zweifle nicht daran, daß viele Personen, und vielleicht
dieses historische Fragment zum Studium für ihreEpisoden. auch Sie mir vorwerfen werden, ich habe Danzig zu spät verlas
sen. Aber wenn Gewissen, Ehre und Vaterland ihre Rechte
geltend machen, darf man da an persönliche Gefahr den
ken? Ich wenigstens dachte damals, nnd denke noch jezt, auf einen .ihrer Bekannten verließ , der des Landes voll
es sey Pflicht eines rechtschaffenen Mannes, in einem sol- kommen kundig war, wollte die Gefahren der Reise mit
chen Zeitpunkt sich selbst zu vergessen; übrigens erwartete mir theilen ; sie wollte sich in eine Bäurin «rtleidcn, und
ich taglich mächtige Hülfe, und diese Erwartung hielt mich ich, ebenfalls in Bauerkleidern, sollte mich für ihren Mann
zurück. Und wozu hätte eure übereilte Flucht mir nützen ausgeben. Man that mir noch einen andern Vorschlag,
können?. Dem Feinde hätten sich durch dieselbe die Thore nämlich: ich solle mich an die Spitze von hundert ent
einer Stadt geöffnet, welche ganz allein darum die Belage schlossenen Männern stellen , und mich mit denselben mit
rung so lange aushielt, weil sie mir so ergeben war. Folg ten durch die Feinde schlagen. Ich hätte leicht zu einer
lich mnßte ich so lange bleiben, bis Hülfe anlangte, wenn solchen Unternehmung tüchtige Leute gefunden , denn es
«uch mein MM) und meine Standhaftigkcit mich nicht meldeten sich viele , welche es sich znr Ehre schäzten , da
ohnehin schon aufgefordert hätten dieß zu thun. Kam die bei gebraucht zu werden. Aber dieses Projekt, ob es gleich
Hülse nicht, so war es meine Pflicht, mit fo vielen an meiner Neigung sehr zusagte, schien mir nichts weni
dern tapfcrn Bürget« umzukommen , welche für niei>ie ger als leicht auszuführen, theils wegen der Ucbcrschwrm-
Ehre sich aufopferten, mit den vielen Polen, welche mein münzen , welche auf einer Seite einen Strich Landes von
Schicksat zu theilen bereit waren , und welche lieber um drei Stunden bedeckten, theils wegen der Circumvalla-
kommen , als die mir geschworne Treue brechen wollten. tionslinie, welche alle andern Auegänge verschloß, und
Ich «ar daher fest in dem Entschlüsse zu bleiben , bis über welche man zu Pferde unmöglich wegkommen konnte.
dieFestnngWeichselmünde so schändlich überging. Die Der Much muß wenigstens einen Weg vor sich sehen,
feigherzige Kapitulation dieser Zitadelle nothigte die Stadl, hier aber war k e i n e r.
mit meiner Einwilligung, darauf zu denken, auch für Ich hielt mich daher an das Mittel, welches mir der Mar
sich zu kaxituliren. Ich selbst that den ersten Vorschlag quis de Monti, der französische Gesandte, vorschlug,
dazu. Ich hatte dem Fürsten Czartorinsky, dem denn dieses schien Mir am leichtesten auszuführen. Sonn
russischen Palatinus, mid dem Grafen Poniatowsky, tags den 27. Juni begab ich mich zu ihm, unter dem Vor
demmazowischcn Palatinus, den Auftrag gegeben, an meiner munde, eine Nacht ruhig zuzubringen, und mich von den
Steile bey allen Berathschlagungen des Magistrats sich Bomben zu entfernen, welche wiederum anfingen in mein
einzufinden. Am Tage nach der Uebergabe der Zitadelle Quartier zu fallen: und um t« Uhr Nachts verließ ich
trug ich beyden auf, dem Magistrate die Gründe vorzu in der Kleidung eines Bauern seine Wohnung und die
tragen, um welcher willen ich es für besser halte, die Stadt Danzig.
Stadt zu übergeben. Ich befahl ihnen sogar ausdrücklich, (Die Fortsetzung folgt.)
den Magistratspcrsonen zu sagen , daß ich sie sowohl als
die Einwohner der Stadt von dem mir geschworncn Eide
entbinde, und gerne einwillige, daß sie auf ihre Sicher Reise nach Nubien.
heit bedacht scyen; daß ich übrigens von den Beweisen,
welche sie mir von ihrem Eifer gegeben hätten, ganz (Fortsetzung.)
durchdrungen fey, nnd das zärtlichste Andenken an diesel Mit etwas weniger Eile als der Engländer verfolgte ich
ben in meinem .herzen jederzeit behalten werde. Diese» meine Reise bis zu dem kleinen Tempel bei Danduhr.
Auftrag brachte der Graf Poniatowsky in meinem Na Weiter hinuntergelangten wir zu den kolossalen Ueberrcstcn
men dem Magistrat. Da ich nun sah, daß die Stadt an des Tempels vonKalapsche. Der Ruf der Bewohner die
einen andern Herrn überging, und daß es nnnöthig scy, ses Ortes, der sie als streitsüchtig und bösartig bezeichnet,
mich serner für sie aufzuopfern , so entschloß ich mich, sie bestätigte sich durch ihr Betragen während meines Aufent
zu verlassen. Von den Großen meiner Parthcv wurde ich haltes bei diefcm Dorfe vollkommen. Als ich den Tempel
vorzüglich hiezn aufgefordert, denn sie sezten auf mich ihre zuerst besuchte, versammelte sich eine Menge Männer vor
ganze Hoffnung und die ganze Hoffnung der Republik. dem Eingange, um mir denselben zu versperren. Ich war
Selbst meine Feinde nöthigtcn mich dazu , denn sie ver gcnöthigt, mich mit ihnen in Unterhandlungen einzulas
langten, als den ersten Artikel der Kapitulation, daß ich sen, einen kleinen Tribut für das Cingangsrechtzu bezahlen,
ihren Händen übergeben werden solle. Dies wäre für und für die ganze Zeit meines Aufenthalts mehrere der
mich kein so großes Unglück gewesen, als sür mein Ba Leute als Begleiter in meine Diensie zu nehmen. So
terland, welches, wenn ich meiner Freyheit beraubt hatte ich mir die Ruhe zur Arbeit erkauft, als einige Tage
wurde, verloren war. Bey dieser Gelegenheit erkannte nachher das Gerücht sich verbreitete, eS sey eine englische
ick? mehr als jemals den Eifer derjenigen, die mir ergeben Armee bei Cosseir am rothen Meere gelandet, um den Pascha
waren. Jeder machte Plane zu meiner Flucht. Eine pol der Regierung zu entsetzen ; ganz Aegypten scy schon in
nische Dame, welche die deutsche Sprache verstand und sich Aufrühr. CS schien ein Licblingswunsch der Nubicr zu
22Z
seyn, VaS Joch der ägyptischen Regierung abjufchüttcln; mit Das ehrwürdige Ansehen der Araber erhebt die Feycrlich-
Jubel wurde die Nachricht aufgenommen und verbreitet. keit be» solchen religiösen Handlungen. In einer ge
Die schleunige Rückreise des englischen Consuls aus dem ringen Entfernung vom Monumente von Cortaß befin
ober» Tbeile NubienS nach Aegypten, die einige Tagevor- den sich große Steinbrüche auS alter Seit, die nicht,
her erfolgt war, trug nicht wenig dazu bei, dem Gerückte wie bei unS, unterirdisch, sondern ganz offen unter
Glauben zu verschaffen , und alle Köpfe geriethcn in Feuer. frenem Himmel auSgebauen sind, und woraus man die
Meinen armen ägyptischen Schiffern wurde bange, sie woll- Steine in weit größern Massen als jezt nach der Gestalt und
ten augenblicklich in ihre Heimath zurückkehren. Ich er Größe brach, wie man sie zu den Bauwerken gerade bedurfte.
klärte, daß ich Nubien nicht eher verlassen würde, als Die Steine wurden vermittelst kleiner Keile getrennt,
bis meine Arbeiten ganzlich vollendet wären, und er die man in Einschnitte hineintrieb, welche die Gestalt,
mahnte sie an ihre Pflicht und an ihr Versprechen, mich die der Stein erhalten sollte, bezeichneten. Dieses Ver
bei keiner Gelegenheit zu verlassen ; aber alle Vorstellun- fahren ging freilich sehr langsam von Statten, aber es ist
gen waren vergeblich, bis ich endlich vorschlug, einen Er sehr sparsam für das Material und wurde auch bey den Gra
pressen auf einem Dromedare an den Gouverneur nach As- nitsteinbrüchen von Syene in Aegypten und den Marmor-
suan zu senden, um genauere Kunde über das Gerücht vrüchcn von Earara in Italien angewandt. DaS Mittel,
einzuholen. Nach drei Tagen kehrte der Bote zurück, und welches man jezt an diesem leztgcnannten Orte gebraucht,
es fand sich, daß das ganze Gerücht durch die Ankunft ei um den Marmor zu lösen , ist wirklich barbarisch. Von
nes englischen Generals entstanden sey, der mit einem den Stücken , die durch die Pulverminen in die Luft ge
großen Gefolge von Indien über das rothe Meer in Aegyp sprengt werden, ist kaum die Hälfte brauchbar.
ten angelangt mar, und seine Reise friedlich den Nil hinun (Der Beschluß folgt.)
ter nach Cairo fortfezte. Der englische Sonml war zu
seinem Empfange aus Nubien herbeigeeilt. So verschwan
den für diesmal alle schönen Aussichten meiner freiheits
liebenden Nubier, und ich konnte ungestört meine Arbei Korrespondenz-Nachrichten.
ten und Nacbsuchungcn weiter fortfetzen. Rom, 56. Febr.
Von Kaiapsche bis T e h f,> war die Fahrt der vielen Gra-
nlkfefsen wegen, die auS dem Flusse hervorragen, gefährlich. (Beschluß.)
Auch erfuhr ich hier zum ersten Mal die Wirkung des Daj Theater Vallc, dir komische Oper, würde diesen
GamsinwindeS. Stürmisch erhoben sich die Wellen deS Karneval scl'r übel daran gewesen scn» , wenn ilim nicht , in
Stromes, die ganze Atmosphäre ward mit Sand »ud (örmangclung dcr Boccabadati , welche krank liegt, in der
Person einer Kiesigen Dilettantin, eine Sängerin , die »ei>cn
Staub erfüllt, durch welchen die Sonnenstrahlen wie durch oder nach der Boccabadati aufzutreten vermochte, vom Hims
einen dichten gelben Schleyer durchschimmerten. DaS ge- mel gefallen wäre. Somit hat »eben der ..Matl'ildc von
heimnißvolle , unsichere Licht, der rorhe Schein, der sich Schabran," von Rossini , in welcher dann und wann die Bo«
über alle Gegenstände verbreitet , die glühende Hitze, wo cabadati aufgetreten ist, auch die alte, längst in Rom bekannte,
Oper „Elisa und Claudio," von Mcrcadante, wieder hervor-
durch die ganze Atmosphäre in ein Fcuermeer verwandelt gesucht werbe» können , in welcher jene Dilettantin , die den
zu sevn scheint, machen, einen unbeschreiblich großartigen einzigen Fehler besizt, daß sie nicnt mcbr ganz jung ist, nicht
Eindruck; es ist als wäre die Erde plötzlich der Sonne uiissalle» hat. MS dritte Öpev ist eine neue Komposition von
Gambale, der schon zwcu Mal in Rom durchgefallen ist, ge.reben
unendlich näher gerückt, und als stünde der ganzen Na worden, und l,«t das Schicksal seiner Vorgänger gel'abt. Klücklis
tur eine furchtbare Katastrophe bevor, die der Mcnfchmit cherwcisc nimmt es das Publikum i» den lcztcn acht Tagen des Kars
bangemErstaunen erwartet. Vier undzwanzig Stunden l^nig ncvals (der eigentliche» rbmisciicn Karncvalszcit) nicht so genau
dauerte biefes Phänomen, wahrend welcher Zeit Menschen mit der QlKilität der theatralischen Vorstellungen, da csibm
vorzüglich darum zu thnn ist , sich , wenn es möglich ist . die
und Vieh, von der Hitze erschöpft, mit Staubbedeckt, Quantität zu verschaffen. DaS mit der komischen ^per in Balle
auf dem Boden ausgestreckt lagen. Ein kleines, zierlich verbundene Schauspiel hat mckrcre auS dem deutschen (vesoix
gebautes Monument bey Gartaß , welches nicht wett vom dcrS von Keyebuc) übersezte Stücke gegeben, unter ander«
Flusse auf einer Anhöhe lag , und vom Schiffe ans gefchen Lcssings alles Lustspiel, ,.der Gelehrte." Die ewige Wieden
liolung einer lind derselben Idee dnrch fünf lange »nd langwei
werden konnte, war ehemals wahrscheinlich einer Gottheit lige Akte, hat da« Publikum migmuthig gemacht.
geweiht, die von den Schifflcutcn'bcfonders verehrt und Die kostspieligen Nachgrabungen beUM Kolossco lxivcn bis
um Bevstand auf der Reise angefleht wurde. Wenigstens jezt nocb kein anderes Resultat gegeben alS die alltnckligc Auf
findet heutzutage in Egypten die Sitte statt, daß der findung der Via Sacra , von der aber immer noch nicht «nebr
als etwa zwanzig bis sünf-und-zwanzig Fuß offen da liegen.
Schiffer, wenn n bey den islamitischen Kapellen, die Bestände diese Straße nicht aus den grolicn, rundcctigctt Ki«
länzS dein Flusse erbaut sind, vsrbcvfährt, ein Gebet an sel», von einem ^uß »nd mel'r ii» Durchmesser, ans welchen
hebt, in welches daS ganze Schiffsvolk laut «»stimmt. «Ue alten römischen Gasse» gcpfiasiert sind, mau würde sie el,cr
22ch
für eine Straße aus der späteren Zeit als aus der glänzend: rend der großen Verhandlungen ber lezten Jahrzchnbe »ach Poris.
sten Epoche des alten Roms halte». Denn wer sollte es glau Wien, Lavbach, Madrid oder Lissabon zu schicken. Der Preis ist
ben, daß die Steine so saumselig an einander gereiht sind, indessen derselbe für alle Morgcnzeitungen, nämlich sieben Penc',
daß sich handgroße Lücke» dazwischen finden? ein Umstand, der iuiigefährcin-und-zwaiizig Kreuzer), wovon drcyPencecm die Re
um so mehr in Erstaunen sezt, als diese Via Sacra nicht al gierung für Stempcltaxc gehe». Diese kleine Summe würde
lein die berühmteste von ganz Rom gewesen ist, sondern auch selbst bei) einem Absatz »vn K bis 7li»l> kaum hinreichen 5ie un
im glänzendsten Viertel, im Herzen der Stadt gelegen hat. geheuer» Kosten zu decken, wenn nicht die Anzeigen (direkt und
Ucberhaupt geht es bey diesem Nachgraben mit einer solchen indirekt) täglich eine bedeutende Summe einbrächten ; denn obgleich
Oekonomie zu, daß die Erde in kleinen Havdkdrbcn weggetra von einer jeden der direkte« Anzeigen eine Abgabe rwn vierthalb
gen werden muß , weil es an Karren fehlt. Dazu den bösen Schilling an die Regierung geht, so muß der Ertrag derselben
Willen der Arbeiter gerechnet, welche dem untersten und ver: doch sehr groß feyn , da die geringste sieben Schillinge kostet,
dvrbendflcn Pöbel angehören, und denen die Aufscher durch und für die indirekten Anzeigen in Vers und Prof« (hier uns
die Finger sehen müssen, um nicht später oder früher einen ter dein Namen ?ut?» inckireet, bekannt), zu welchen sich fast alle
Messerstich da??» zu tragen, und man wird begreifen, daß diese hergeben, fünf bis dreygig , ja wohl vierzig Guinecn bezahlt
Nachgrabungen , je mehr sie von der einen Sei« die menschen werden. Dergleichen Puffs sieht man täglich, und obgleich
freundlichen und väterlichen Gesinnungen der Regierung beur die Eingeweihten recht gut wissen, was das ; wir hören, man
kunden , von der ander» für jeden unpartheyifchen Beobachter versichert uns, und andere dergleichetzLikblüigsalisdrücke, womit
in mehr als einer Hinsicht ei» Gegenstand der Betrübniß besonders neue Bücher ausposaunt werden , zu bedeuten haben,
werden. Denn offenbar betrachten die Arbeiter de» Lohn, der so weiß es doch die Menge nicht» und stimmt für die Meys
ihnen bezahlt wird, nicht als Sold für eine von ihnen geleistete nung ihres Lieblingsjvurnalisten, für dessen Emrückung er baa«
Arbeit , sondern als ein Almosen, das man ihnen um Gottes bezahlt worden ist. Ja ich weiß ein Beyfpiel , wo Jemand in
willen reicht, und für das sie nicht zu arbeiten, fondern ein Edinburger Jomnal einen Aufsatz gegen irgend ein
nur Abends ein Ave Maria mehr zu beten brauchen. Auch in neues Unternehmen eingerückt haben wollte. „Recht gerne,
Hinsicht der Wissenschaft muß beklagt werden, daß Hr. Nibby, hieß es; aber wir l«bcn bereits einen Aufsatz dafür in
dem die Kommission die unmittelbare Leitung der Nachgrabun Händen , für dessen Aufnahme man uns zehn Guineen versprv,
gen aufgetragen hat, lroy des Wunsches, besonders aller aus chen hat." „In diesem Fall.^ war die Antwort, „gebe ich
wärtigen Antiquare, auf seinem Kopfe besteht, und, statt die zwanzig Guineen , wenn Ihr ineinem den Vorzug gebt.'' Ein
Bogengänge in der oft erwähnten viereckigen Substruktion, solches Anerbieten war dein Edinburger unwiderstehlich; doch
ohne alle Widerrede die Grundmauer des von Nero vom Pa muß man gestehen, daß in London kein Journalist so frech ver
latinos nach dem Esquilin fortgcseztcn goldenen Hauses, unter fahren würde , und die T i in e s z. B. geben nicht leicht eine»
suchen und ausgraben zu lassen , Zeit und Geld versplittert» Aufsatz in ihrem eigenen Name», wenn die Sache nicht ziem»
um die Via Sacra zu verfolgen. Auf einer ander» Stelle, lich genau mit den Ansichten deS Redakteurs übereinstimmt. Wir
doch ganz in der Nähe des Kolosse?, hat man dagegen ohne alle haben jezt in London folgende Morgcnzeitungen : Vimo«,
Absicht und Kosten, blos durch Zufall, einen Fnnd gethan, 1°K« !U«rniniz tt«r»I<i, 1°Ke I>lorning OKronicl«, ?KelVe«
der, wie es heißt, die ganze Kunstwelt intcressirt. EinWcin- ^im«, Itt«rninz ?, stund ik« public Beuger, deren Ab
gärtncr hat auf feinem Weinberge bey S. Giovanni in Late satz, wo ich nicht irre, ziemlich in der Rangorduuug abnimmt,
rans, und dem Kapitel desselben zugehörig, eine Meuge Frag in welcher ich sie aufgestellt.
mente von Statuen gefunden , welche alle mehr oder weniger Die Abendzeitungen erscheinen zwischen zwey und vier
von vortrefflicher Arbeit sind, unter welchen sich besonders Uhr , manchmal ibcy wichtigen Veranlassungen als zwcyte
eine Statue deS Titus . an der nur ein Arm oder ein Bein oder dritte Slufloge später, nm noch vor acht Uhr mit der
fehlt, auszeichnen foll. Besonders wird die Draperie gerühmt. Post abgehen z» könne», ober um den Postkutschen durch
Das Kapitel wird die Nachgrabungen fortsetzen. Bey dieser Eilboten nachgeschickt zu werden (wie lk« jjun bey der Ankmift
Gelegenheit hat man ei» altes Herkommen wieder in Anre der Nachricht von der Schlacht bei) Navarino getlm») oder
gung gebracht, welches bisher bey dergleichen Auffinbmigcn auch blos für die Hauptstadt , wen» cö zu spät geworden sie
zwischen dem Grnndcigentl'ümcr und dem Staate als Richt «ufs Land zu schicken. Dicfe Journale sind gewöhnlich nicht
schnur gedient hat. Es besteht darin, daß alles , was bis zu in so großem Format wie die Mvrgciizeitungen, und geben
acht Palmen tief unter der Oberfläche gefunden wirb , der Re ihre Berichte, besonder? die Parlamentsdcbatten , gedrängter,
gierung, was tiefer, dem Besitzer des Bodens gehört. D» mich kostet es weit weniger ein solches Journal herauszugeben,
obige Aufffudungcn bcyin Umgraben eines Weinbergs , wel weil sie grbßtcntheils von den Morgcnpapiercn abschreiben
ches in Rom nur sieben Palmen tief geschieht, gemacht wor könne», und nur dasjenige nachzuholen brauchen was sich am
den sind, fo gehören sie, dem genannten Herkommen gemäß, Morgen ereignet , oder was die Posten im Laufe des Mor
dem Staate. Man hat die Statuen einstweilen in einem Lo gens Wisscnswcrthcs mitbringen mögen. Ihre Hauptzirkula
kale der Latcrankirchc aufgestellt, wo sie für Geld gezeigt tion ist indessen auf dem Lande, weil die Posten erst Abends
werde». Die bisherigen fünf Tage des Karnevals sind höchst abgehen, und man folglich in den Abendzeitungen Nachrichten
trübselig gewesen , so, daß Niemand auf dem Korso siycnd hat findet, welche die an demselben Morgen erschienenen Blätter
ausdauern können. nicht enthalten können ; in London aber findet man sie meisten-
theils mir in den Wirths - und Kaffeehäusern , Lefekabinetren
London, Februar. und Clubbs, indem sie. für die Comptoirs und Schreibstuben
(Fortsetzung.) zn spät erscheinen , wo man meisteutheils die Morgenzcitungen
hält.
Die Eigenthümer der Times hielten es nicht für zu viel, (Die Fortsetzung folgt.)
während des Krieges eigene schnctlscgelnde Schaluppen zn hal
ten, die ihnen die erste» Nachrichten von den, Kriegsschau
plätze bringe» mußten , ober einen von ihrem Personal wäh B e p l a g e : Jntelligenzblatt Nr. s.

Verlegt von der I. G. Cotta 'scheu Buchhandlung.


57.

M o r g e n b l a t t

f ü r

gebildete Stände.

Donnerstag, 6. März 182 8.

Tvrannentrikt l>> t biescn Strand enNveibt


Dic Tcinvel mid zerstört, die Mensche» Knechte.
Doch mitten dnrch die Trauer >1ei?t drv Blick
Entzückt und wcincnb alrcr Schbnl'eit Srurrn,
U»d iiber Volk und Kneciitscnaft trimnpisirr,^
Aer)l'»igt im Zeitcuwecysel, die Narur.
Lamartine.

Reise uach Nubien. Tobten, ans die man eine so große Sorgfalt gewandt hatte<
sicherer zu bewahren, tbeils auch in dem Bcdürfniß , dae?
(Beschluß.) durch die jäkrlichen Ueberschwemmungen fruchtbar gemachte
Ich besuchte noch einmal die Ruinen von Debüt, die Land dem Ackerbau vorzubebalten. Jczt bat man diese
ersten, welche ich in Nubien gesehen harte. Dle Sinn^i,- Sitte in jeder .Hinsicht aufgegeben, und beerdigt die Tobten
ner des Dorfes führten mich zu mehreren Begrabnißhöh- mitten unter hen Lebendigen. Die Wohnhauser und Grab-
len in der Nähe, die ganz mit Mumien angefüllt sind. Die Kngel neben einander und von Palmbäumcn beschattet ge-
mehrsten waren ohne Sarge , nur in Leinwand cingewik- währen freilich einen recht malerischen Anblick, sie müssen
kelr, gerade wie in den Katakomben von Theben, wo auch aber für die gesunde Beschaffenheit des Landes höchst schäd
rausende von Leichnamen übereinander aufgehäuft sind. lich seyn, und es ist wabrscheinlich , daß der religiöse Ge
Diese Art von Beerdigung war ohne Zweifel bei weitem brauch des Cinbalsamirens be» den alten Aegvxtern zu
die gewöhnlichere, und die Sinbalsamirung mit aromati gleicher Zeit zum Zweck hatte, die Tobten zu ehren und
schen Stoffen, wie auch die bemalten und verzierten Sarge, für die Gesnnbheit der Lebendigen zu sorgen. Die mosai
waren sicher nur bei Reichen gebräuchlich. Der LuruS ging schen Geseke und die Vorschriften MuhammcdS, die so
in dieser Hinsicht, wie wir wissen, sclrc weit, so daß der sehr für das Klima berechnet sind und die man erst an
Tobte oft in drei bis vier Kasten oder Särge , immer ei Ort und Stelle recht verstehen lernt, bieten mcbr «IS ein
ner in dem andern, gelegt wurde. Ich habe selbst eine Bepsxiel dieser Art dar. Von Debüt begab ich mich nach
Mumie besessen, bei welcher der innere Kasten ganz von PKiloe. Als ich meine Nachsuchungen daselbst gerade be
durchbrochener Arbeit war. Gewöhnlich sind die Särge endigt hatte, sah ich vier junge Leute mit Beilen und
von Sikomorenholz ; auch giebt es welche von Stein, von Messern, welche in einer Scheide am Oberarm festgebunl" .
Alabaster, von Granit, und einen sah ich in diesen Grä waren, bewaffnet auf mich zukommen. Da ich wußte, riß
bern von gebrannter Srde. Nur an drei Orten fand ich die Insel nicht bewvbnt war, so sczte mich dieser Besuch
in Nubien Begräbnißhöhlen , aber ich zweifle nicht daran, Anfangs in Verwunderung, aber bald crrieth ich ihre
daß es in der Nähe von allen großen Ruinen welche giebt. Absicht, die keine andere war, als Geld von mir zu er
Sie sind, wie die ägyptischen, in die Berge eingegraben, pressen. Da sie mich allein und ohne Waffen sahen , so
und so entfernt und hoch gelegen, daß sie vor den Über g«ben sie mir ibr Begebren auf unverholene Weise zu
schwemmungen des Flusses gesichert sind. Diese Vorstchts- verstehen, aber ick widersezte mich dennoch so gut ich
>ren Grund theilS in dem Wunsch, die konnte, ihrem Verlangen. Die Ankunft meines Manie-
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lucken trieb sie in die Flucht. Sie stürzten sich, die Beile Assuan zogen, machte ich den Versuch, mit dem leeren^
auf den Kopf gebunden, in den Fluß, und schwammen Schiffe durch die Cataraktcn durchzufahren, und erlangte
mit einer ausserordentlichen Geschwindigkeit nach dem jen nach vieler Mühe die Einwilligung dazu vom Vorsteher des
seitigen Ufer. Die Sitte über den Fluß zu schwimmen, Hafens. Der Schwierigkeit und der Gefahr wegen mußte
ist allgemein , denn es giebt nur sehr wenige Kähne in ich die Schiffsmannschaft und den Lohn derselben verdop:
Nubien , und diese wenigen werden fast beständig von der peln. Pfeilschnell fuhren wir durch dir schäumende Fluth,
Regierung in Anspruch genommen. Mir selbst ist es be die über uns her zusammenschlug, während die Schiffer
gegnet, daß ich zu solchen Leistungen gezwungen wurde. eifrig beschäftigt waren , das Fahrzeug mit Stangen von
Ein türkischer Hafenkapitän in Aegypten ließ ohne weite den Felfen abzuhalten, an welchen es jeden Augenblick zer
res mein kleines Fahrzeug , welches ich für meine Reise schmettert zu werden in Gefahr war. Wir nahmen hierauf
gemiethet hatte, wegnehmen, und hinderte mich so, meine die Merkwürdigkeiten Assnans und der Insel Elrphantine
Reise fortzufezen. Ich machte deßhalb Vorstellungen bei in Augenschein, schifften den Nil hinunter, besuchten
dem Oberbeamten, aber, meine Unterhandlungen hatten kei unter Weges Com-Ombos, Silsilis, Etfu und Ermcnt,
nen bessern Erfolg als die, welche seit so langer Zeit mit und landeten den i s. April in Theben an. Drei Monate
der hohen Pforte einer wichtigern Angelegenheit wegen verweilte ich noch in Theben und der Umgegend, bis die
angeknüpft sind. Die Beamten i>j/iesen Ländern kennen Pest, die gerade damals in Unterägypten wüthete, aufge
nur die Willkühr, sie sind nicht daran gewöhnt, vois ihren hört hatte. Ich kehrte dann nach Eairo und Alerandrien
Handlungen Rechenschaft abzulegen. So schien auch dieser zurück, von wo aus ich vor einem Jahre meine nubische
Befehlshaber sehr verwundert über die Vorstellungen , die Reise angetreten hatte.
ich ihm machte, und würdigte mich kaum einer Antwort.
Ein armer Araber hätte sicher an meiner Stelle eine Tracht 7
Schläge davongetragen, die ihm vielleicht für immer des Stanislaus LcczinskkS Flucht aus Danzig.
Gebrauchs seines Fahrzeugs überhoben hätten. Sin ande (Fortsetzung.)
rer Aug, den ich erzählen will, wird zeigen, wie sehr diese Der Marquis d e M o n t i, den ich hinlänglich Gelegen
guten Türken, für welche in unserer Zeit so manche Leute heit gehabt habe kennen zu lernen, ist ein Mann, uner
eine ganz besondere Vorliebe zu haben scheinen , um das schöpflich in Auskunftsmitteln. Niemals ist er aus Ver
Wohl ihrer Untergebenen besorgt sind. Als ich in Theben
bei dem französischen Generalkonsul wohnte, erhielten wir messenheit nachlässig in der Ausführung, wenn sie leicht
einen Besuch vom Gouverneur von Obcrägvpten, einem scheint, und niemals sind Schwierigkeiten vermögend ihm den
Muth zu rauben. Er ist ein Mann von großem Verstände
Schwiegersohne des Paschas. Bei dieser Gelegenheit er
und dabei äusserst einfach in seinem Betragen. Er ver
schienen alle Beamten der Umgegend, um dem Gouverneur
steht die Kunst, ohne Arglist die Aufrichtigkeit, welche Zu
ihre Unterthänigkeit zu bezeugen, und unter ihnen befand
trauen erweckt, mit der, einem Staatsmann »öthigengu-
sich auch der Vorsteher eines Dorfes, den ich oft zu 'sehen
rückhaltung zu verbinden.
Gelegenheit hatte, und als einen wohlhabenden, ja begüter
ten Mann kannte. Jezt erschien er in einer so ärmli Was ibn in die größte Verlegenheit sezte, war einer
chen Tracht, daß man ihn füglich für einen Bettler hätte der unerheblichsten Thcile meines Anzuges. Der Plan
nehmen können, und diese Verkleidung hatte keinen an meiner Flucht, welcher übrigens vortrefflich angelegt war,
dern Grund, als vor dc,n türkischen Obcrbeamten den wäre beinahe allein um dieser Ursache willen mißglückt.
Wohlstand geheim zu halten , den der Araber sich zu er Von demjenigen, was ich nöthig hatte, um meine
werben gewußt hatte. Burkhardt erzählt, daß ein Mann, neue Rolle zu spielen, war das meiste schon vorhanden. Ein
der für reich gehalten war , weil man ihn ein wenig bes abgetragener Rock, ein Hemd von grober Leinwand, eine
seres Brod hatte essen sehen als seine Nachbarn, von sei schlichte Mütze, ein grober Knotenstock mit einem leder
nen Obern deßhalb in einen Prozeß verwickelt wurde, der nen Bande, alles dieses war schon angeschafft. Nur fehlten
ihn und seine ganze Familie der Armuth preisgab. Der noch ein Paar Stiefeln , die ich anziehen sollte , damit ich
Pascha von Aegypten ist der erste Kaufmann im Lande; er den Bauern dieser Gegend ähnlicher würde, denn diese
kaust alle Produkte des Landes zu einem Preise ein, den tragen beständig Stiefeln. Der Gesandte durfte sich dazu
er selbst bestimmt, und verhandelt sie dann mit ungeheurem keiner neuen Stiefeln bedienen, welche er leicht hätte finden
Gewinn ins Ausland. Ihm gehören alle Fabriken und können, sondern er mußte sich ein Paar schon abgetragener
Manufakturen, und alle Kauffahrteischiffe. Hieraus läßt zu verschaffen suchen. Daher musterte er schon seit zwei
sich abnehmen , wie wohl sich das Volk unter einer solchen Tagen mit dem Auge die Beine aller Offiziere der Garni
Regierung befinden muß! son , die zu ihm kamen , mir die Aufwartung zu machen.
Während meine Leute mit dem Gepäcke zu Lande nach ' und denen ich erlaubthatte, so lange die Belagerung dauerte.
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in Stiefeln vor mir zu erscheinen. Endlich schien es ihm, Ordensband fehlt , und wie könnte ich dasselbe bei einer
als wären die Stiefeln eines französischen Offiziers unge solchen Gelegenheit zurücklassen? Wie unschicklich wäre es,
fähr so groß und so abgetragen als er für nöthig hielt. Aber wenn ich es nicht umhängen wollte? ' Dann nahm ich mei
er durfte dieselben nicht fordern, man hätte gefragt, wozu nen gewöhnlichen aufgeräumten Ton an und sagte mit dem
er sie gebrauchen wolle, und in dem Zustande, in wel- Ausdruck der innigsten Freundschaft: „Ich komme, um Sie
chem ich mich befand, hätte man leicht dadurch mein Vor- noch einmal zu umarmen und Sie zu bitten, daß Sie
haben crrathen können. Der Gesandte entschloß sich, sich, so wie ich, der Vorsehung überlassen mögen, denn
durch einen seiner Bedienten den Kammerdiener des Of ich habe derselben mein Schicksal ganz anheimgestellt."
fiziers bestechen zu lassen ; dieser stahl die Stiefeln und ver Hierauf ging ich hinunter und fand wenige Schritte
kaufte sie. vor dem Haufe deu General von Stein flp cht, welcher
Eine Stunde vor meiner Abreise brachte man mir ebenfalls in Baucrnklcidcrn mich erwartete. Mit ibm be
dieselben; dieser wichtige Diebstahl, welcher zu seiner Aus gab ich mich zu dem Platzmajor, einem gebornen Schwe
führung sogar die Unterhandlung eines Gesandten erfor den , welcher versprochen hatte , meine Flucht begünstigen
dert hatte , war nicht früher zu Stande gekommen. Ich zu wollen, und der sich an einem bestimmten Orte des
war im Begriff wegzugchen, und wollte daher die Stiefeln Walls aufhalten sollte. Unten am Walle fanden wir zwev
anziehen, aber sie waren zu enge. Man mußte neue Plane kleine Nachen, die unö dicutcn, um über den Graben zu
machen , um andere herbeizuschaffen ; die Zeit war kurz, setzen, Bep diesen Nachen fanden wir drcv Männer,
schon hatte die Glocke halb zehn Uhr geschlagen, und ich welche dazu bestimmt waren, mich i» die preußischen Staa
durfte nicht länger säumen, mich auf den Weg zu machen. ten zu bringen ; denn von allen benachbarten Staaten, in
Eine weise Vorsicht erlaubte mir nicht anders als bei denen ich vor meinen Feinden gesichert ftvn konnte, waren
Nacht zu reisen, und um zwey Uhr des MorgcnS brach die preußischen Staaten die nächsten und sichersten.
schon der Tag an. Die Verlegenheit des Gesandten war (Die Fortsetzung folgt.)
unbeschreiblich groß. In seinem Hause herrschte eine ge-
htunmßvolle Stille, und er fürchtete sich einen BefeKl zu
geben, damit man nicht das Gcheimniß meiner Flucht
entdecke. Ms nun die Verlegenheit am größten war, da Ucbcr die Aiisieckungsfähigkeit des gelben Fiebers.
fand sich, ich weiß selbst nicht wie, in dem Vorzimmer Bekanntlich hat sich seit einigen Jahren unter den
des Gesandten ein Paar Stiefeln, welches einem feiner französischen Naturforschern und Merzten ein heftiger
Bedienten zugehörte, und ganz für mich gemacht schien. Streit darüber entsponnen, ob das gelbe Fieber anstecke
Dieser glückliche Zufall benahm ihm alle Furcht, und ich oder nicht ; die Mevnungen stehen sich schroff gegenüber,
warf ihm scherzend vor, daß er sich von weitem her und und der Kampf wird mit einer Erbitterung geführt, die
gleichsam durch ein Verbrechen etwas verschafft habe , was, zwar in der Medizin nicht ohne Bevspiel ist, die aber
er ganz leicht in seiner Nähe hätte finden können. diestinal daS Volk mit ernstlicher Besorgniß erfüllt, weil
DZun war alles fertig. Ich ging eus dem Zimmer des es sich die Möglichkeit denkt, daß diese Zwietracht einst
Gesandten eine heimliche Treppe hinunter, um sein Haus seine thcuersten Interessen gefährden könnte, und dicfe
zu verlassen. Kaum aber war ich einige Stufen hinunter Aussicht verderbt ihm den Spaß an dem Hahnenkampf.
gestiegen, als ich auf den Gedanken kam, ihn noch ein Wie groß wäre die Verlegenheit und die Verwirrimg, wenn
mal zu bitten , alle Furcht, die er um meinetwillen hatte, sich das gelbe Fieber während dieses Bürgerkriegs in der
fahren zu lassen, und die Thränen abzutrc»knen, welche ich Medizin an den europäischen Küsten zeigte? WaS würde
ihn hatte vergießen sehen. Ich ging zurück und klopfte an die Regierung, zwischen zwey entgcgcngcsezten Mevnungen
die Thüre, die er ohne alles Geräusch wieder verschlossen schwankend, beginnen? würde sich nicht der Eigensinn des
hatte. Er lag mit seinem Angesicht gnf der Erde und be Volks, der bev großem Unglück immer so schlimme Folgen
tete inbrünstig, daß der Allmächtige auf einer so äusserst hat, durch die Zwietracht unter den Menschen, von denen
gefährlichen Reise mein Schutz und mein Führer sevn es Hülfe erwartet, gerechtfertigt glauben? Da der Gegen
«olle. Ich klopfte an, aber erhörte nicht; ich klopfte stand von allgemeinem Interesse ist, wenn auch die Furcht
noch einmal, da stand er auf und öffnete die Thüre. „Wie, samen in Deutschland jczt nicht Zeit haben an die westliche
Sire," sagte er, „sollte ich, ungeachtet aller meiner Pest zu denken, da die im Osten noch in schlimmerem
Sorgfalt dennoch etwaS vergessen haben , dessen Ew. Rufe steht, so thcilen wir eine kurze Darstellung bcvder
Majestät bedarf?" — „Ja, mein Herr," antwortete ich, Ansichten mit, die allerdings zwev Parthevcn bilden,
und nahm dabei) eine ernsthafte Miene an , „ja, ich habe zwischen denen keine Vermittlung Frieden schließen kann.
etwas äusserst Wichtiges und äusserst Nothwcndiges verges So schwer gewöhnlich die Ursachen der Krankheiten zu
sen. Sie haben nicht daran gedacht, daß mir mein blaues bestimmen sind , so ist man doch über die U r s« ch en des
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gelben Fiebers so ziemlich einig. Ein heißes, feuchtes l«ftc mn^igestalten. Als da« Organ dieser kühneren Neuerer
Klima, besonders in der Nähe der See, die schädlichen darf man das VI<»»ing LKrooicl« betrachten. Von Perry,
einem entschieden«, und talentvollen Whig gestiftet, war es
Ausdünstungen an Orten, wo, viele thierische und vegeta während des ganzen Kriege« das Organ dieser Parthcy. wel
bilische Körper faulen, wo viele Menschen in engem, schlecht che unter der Anführung des berühmten For die Maßregeln
gelüftetem Räume zusammengedrängt sind, dieß sind die deS großen Pitt «nd seiner Nachfolger bestritt. Mit dem
Umstände, die eintreten müssen, wenn sich das gelbe Fie Verfall dieser Parthcy aber als Parthcy und dem Tode Per-
rys horte auch dieses Journal auf, ihr Organ zu seyn, und
ber erzeugen soll, und es scheint überall sich bilden zu ward das der Bcnthamitcn und Ulilitarianer , welche die
können, wo jcue Umstände walten. Diese Einflüsse wir Menschheit als eine Maschine betranken , und sie ohne Rück
ken nun nirgends so mächtig als unter den Trox«, und sicht «uf das Gefühl als solche behandelt wissen wollen; ein
in den an sie «ranzenden Landstrichen auf niedrigem, feuch jeder soll erzeugen , und für wen es keine Beschäftigung gibt,
und wer keine Mittel hat für Natur- und Kunstcrzcugnisse
tem Boden ; die Verheerungen der Seuche beginnen hier Arbeit ober dessen Repräsentanten Geld zn liefern, der ist ih
mit der heißen Regenzeit, und hören mir ihr auf. So nen ein unnüyes Glied, das man in die amerikanischen Wild
weit ist fo ziemlich Alles einig. Wie pflanzt sich min aber nisse verbannen oder' zum wenigsten verhindern sollte, die
die einmal entwickelte Krankheit fort? wie wandert sie in Gattung zu vermehren. Dieser utopische» Theorie» ungeach
tet , finden stch i» diesem Journal vortreffliche Artikel von
oft weit entlegene Gegenden ? überschreitet sie wirklich und der Feder seines Redakteurs (Black, cin Schottländcr), welche
auf welche Art Berge, Ströme und Meere? Hier beginnt mehr BelescnKcir vevrathc» als inan in irgend einer andern
die Meynungsverschiedenheit , und die gelehrte WeN hiesigen Zeitung trifft ; nur find stc zuweilen etwas zn pedan
theilt sich in zwev Theorien. tisch und schwerfällig für cin Tagblatt. Aiuh gereicht eö dem
Eigenthümcr (ein Spekulant, welcher noch zwcy oder drey an
(Der Beschluß folgt.) dere Zeitungen hat) nicht zur Ehre,, daß er sein Journal al
len Quacksalbern als Mittel zum Windmachcn hcrleilit, ein
Unfug, womit der würdige Redakteur nichts zu thun hat.
Korrespondenz-Nachrichten. Diesem zunächst fleht tke Olobe , dessen Redakteur (Louisen,
gleichfalls cin Schottländcr) die neuen Theorien mehr der
London, Februar. Feuerprobe der Erfahrung unterwirft, und stch schon nic!>r
(Fortsetzung.) damit begnügt, baß was ist, g u r sc y, ohne z» wollen, daß
alles gut sei). Seine l.e«6inz «licle« find mit Frey-
Von Abendzeitungen hat man jezt tlie Oourier, rke mütkigkeit , Umficht, und so viel wie möglich mit Unparthcv-
l)Iob«, lke 8t«n6ai^, tke 8u« , tke KcilisK 17r»>cIItt, >>,« lichkcit geschrieben, und man kann das Blatt als dcn Rc-
mit dcn Morgcnzcitungen also cilf Blätter. Das p. präscntantcn derjenigen Whigs anscben, welche Brougham und
l.e6ßer ist vorzüglich »los wegen seiner Schiffsnachrichtcn Lansdown an ihrer Spitze haben. Die Kevr 17iine», ehemals
merkwürdig, und >Ke 8t»r so von Wolken umhüllt, daß man das Organ der Ultra-ToricS , ist jczt, nebst der Abendzeitung
ihn fast nirgends sieht. ES bleiben uns als« nur neu» tK« 8ui>, das Organ der gemäßigten Tories, obgleich gegen
Journale zu betrachten übrig. W«s die Politik betrifft, so die Ansprüche der Katholiken , und sich mehr zu dem Interesse
ist zu bemerke» , daß die alte» Untcrschcidimgcn von Whig und der Grunbeigcnthümcr als bcm Mcrkantilischeu hinneigend, Sie
Ton> nur noch dein Namen nach crisiircn , und die neuere von wurde von einem 0r. Stodarb gestiftet, einem wöthcndcn
Nabikalreformatvr ganz verschwunden ist ; die Parthcyen beste Demagogen, wclchcr eine Zeitlang Redakteur der Times ge
hen aus Liberalen uud Illiberalen . ans solchen, welche an die wesen war, und später ein bigotter Kirchen - und Staatsmann
Vervollkommnungsfähigkeit des Mensche» glauben , und sie zu wurde. Sie ist jedoch seit einiger Zeit in andern Händen,
befördern suchen, und solchen, welche, ans Furct't eine Stö wurde mit Canning liberal nnd eine Untcrstüizcrin seiner und
rung in ihren Privilegien zn erleiden, mit vlindcm Eifer am Lord GodcrichS Regierung, und scheint nicht abgeneigt, die
Alten und Hergebrachten hängen, und alles als revolutionär Wcllington'schc Vcrwaltimg zn unterstüizcn, sollte sie auch erz-
»crschrcycn, was einer Neuerung ähnlich stellt, wenn es der torysch werden. Die Eigenthünier kauften schon vor einiger
gesunde Menschenverstand »nd die Gerechtigkeit auch noch so Zeit tno llvprvscntslive , (ein von dem bekannten Buchhänd
sehr erfordern , vor allem aber aus den Vcrthcidigern der D« ler Murray gestiftetes Blatt, welches hatte liberal werden
mokratic der Gcwcrbs - und Handclsstände „nd den Untcrstüz- sollen , nnd das er sich zu seinem Schaden hatte bereden lassen
zern der alte» Grundhcrrnaristoiratic. Indessen finden sich unter l.ltraiUibcral zu machen), und tKeLrii!»K ei» scl'r libe
den Liberalen manchcSchattirungcn, je nacn dein besonderen In rales Jounial auf, und vereinigten deren gegenseitige Leser
teresse oder den frübcrn Vorurthcilcn der Personen. So gibt mit den ihrigen ; die I>'ew 1°im« hat demnach dcn Kcim in
es z. B. viele, welche für eine gänzliche Handclssreyhcit stim sich ..Allcs für alle" zu wcrdcn , eine vortreffliche Eigenschaft
men , nur nicht in Getreide ober Wolle, andere wollen Sci- in diesen veränderlichen Zeiten. Die Sun hat sich erst seit
benzenge ausgeschlossen haben, andere auswärtigen Schiffen alle Kurzcm durch cinioe außerordentliche Anstrengungen, spät an
Wortheile versagen ; manche rede» für die Unabhängigkeit der gekommene Nachrichten schnell z» verbreiten , Aufmerksamkeit
Griechen und die Frcyheit der Neger, und stimmen für die zu erwerben gesucht , und es ist angenehm, wenn man findet,
Fortdauer der Beschränkungen, unter welchen sich zu Hause daß der Ton der Liberalität , der gnte Sthl, und die Reich-
ihre nicht anglikanischen Mitbürger' befinden ; ja bis ein Staats- haltigkcit der Nachrichten, bic man darin findet, sie dieser
minister die Vereinfachung der Gesetze unternahm, vertbeidig- Aufmerksamkeit würdig machen.
tcn auch manche dieses Denkmal der Weisheit unserer Väter ,(Die Fortsetzung folgt.) ^
mit erstaunlicher Beharrlichkeit; «nd es gibt im Grunde nur
sehr Wenige unter den Klassen, welche etwas zu verlieren ha
ben, die ohne Anstand bereit wären, alles bestehende Fehlers Berlage: Kunstblatt Nr. ig.
Verlegt von der I. G. Cotta 'scheu Buchhandlung.
58.

M o r g e n b l a t t

f ü r

gebildete Stände.

Freytag, 7. März 182 8.

Du ärgerst dich ? wozu 5« ,«kl«g«?


W«i die Kritik in Händen bält,
Ist eine ganz gemeine Wage,
DaS Leichte steigt , da« Schwere fällt.
Ramler.

Klaglicd eines deutschen Dichters. Stanislaus Lcczinskis Flucht aus Dauzig.


(Fortsetzung.)
WM euch, s? l«nq ihr etwas werdet.
Und eure junge Kraft erprobt. Der Major stieg aus dem Nachen vnd ging einige
Man rühmt euch, wie ihr euch gcbcrdet. Schritte vor uns her, damit wir eine» P«fte» x«'f,r«»
Man findet'S löblich, wenn ihr tobt. könnten, auf welchem einige Soldaten mit einem Unterof
fizier der Garnison sich befanden. Kaum hatte ich ihn aus
Doch weh, wenn etwas ihr geworden. den Augen verloren, als ich ihn fehr lebhaft und im
Wenn anSgegoren eure Kraft, äußersten Zorne sprechen hörte. Ich eilte herbev, und so
Und in der achten Dichter Orden
Ihr nun mit Ruh' und Tiefe schafft. bald ich nahe genug »ar um die Gegenstände zu unter
scheiden, sah ich, daß der Unteroffizier auf ihn anschlug,
O wie alsdann man euer Dichte« und ihn z» erschießen drohte , wenn er nicht umkehre. Der
Mit einem andern Stabe mißt! Major, welcher die Schwierigkeit, diesen Posten zu p«s-
Dann will euch jeder Knabe richten. siren , vorausgesehen hatte , legte zweimal seine Hand au
Der immer wird und niemals ist.
seine Taschenpistole; er war entschlossen) diesen Mann,
Dann sevd ihr, wie der Sklav' in Kelten: den er durch Gründe nicht überrede» konnte, niederzu
Er thue recht — wen kümmert das? schießen. Aber er bedachte bald, daß sein Tod ihn nicht
Doch nichts kann vor dem Grimm ihn retten , weiter bringen würde; darum blieb er eine Zeitlang stille
Wenn er nur einmal sich vergaß.
und entdeckte endlich, aus welcher Absicht ich hierher ge
So — schafft ihr Großes, schafft ihr AechteSZ kommen sep. Nun verlangte der Korporal mich zu sehen
Das ist ja nur verdammte Pflicht. und zu sprechen. Ich trat zu ihm. Er betrachtete mich
Doch machet einmal nur nicht Rechtes, genau, und da er mich, trotz der Dunkelheit, erkannte,
Das duldet, das verzeiht man nicht. so machte er mir einen tiefen Bückling, und befahl seinen
Drum seufzt, wer Stümper ist gewesen Leuten mich passiren zu lasse».
Und nicht mehr ist: O war' lchs noch! Dieser erste Borfall schieu mir eine schlimme Vorbe
Dann würde mich mein Deutschland lesen. deutung für meine Reise. Ich konnte unmöglich glauben,
Und die Critik, sie riefe: Hoch! daß mein Geheimniß lange Zeit in den Händen, denen es
anvertraut worden war, sicher bleiben würde. Ich irrte
mich indessen.
Ich schickte den Major zurück; dann stieg ich mit wenn ich nicht bedacht hätte, daß Voreiligkeit zuweilen schäd
meinen Leuten in den Nachen , und so ruderten wir über licher ist als selbst Bosheit, und wenn ich nicht neben seiner
das Überschwemmte Land, in der Hoffnung, die Weichsel auffahrenden Grobheit noch bemerkt hätte, daß wohl im gan
zu erreichen , um bei Anbruch des TagcS an dem gegen zen Lande kein Mensch war, der weniger als er im Stande
überstehenden Ufer zu seyn, und die Posten der Feinde gewesen wäre, mich sicher zu führen. Hörte man ihn spre
im Nucken zu haben. Aber wie erschrack ich , als mich chen, so hätte man denken sollen^, er habe sich vorgenom
meine Führer , nachdem wir eine Viertelstunde gefahren men, allen Gefahren zu trotzen, die mir nur zustoßen
waren, zu einer schlechten Hütte brachten, hie mitten im könnten; aber leider fand ich bald, daß er keinen einzi
Moraste lag. Unter dem Vorwande, daß es zu spät sey gen feindlichen Posten kannte. Die Hoffnung, eine reich
den Fluß zu xassiren, kündigten sie mir an, hier müsse liche Belohnung zu erhalten, hatte ihn bewogen, dem
ich bleiben und hier sowohl den übrigen Theil der Nacht Marquis de Monti weit mehr von seiner Kenntniß der
als den ganzen folgenden Tag zubringen. Vergeblich stellte Feinde zu rühmen, als in der That wahr war. Der über
ich ihnen vor, wie groß die Gefahr sey, im Angesicht mei- zählige Kerl machte mich noch unruhiger. Ich fragte, wer
ner Feinde einen Aufenthalt zu wählen, wie groß der er sey ; er war nicht gefällig genug , mich glauben zu las
Verlust einer für die Erlangung meiner Sicherheit so sen, daß er mich nicht kenne, sondern er antwortete in
wichtigen Zeit sey. Ihr Entschluß war gefaßt. Vielleicht offenherzigem und zugleich ehrfurchtsvollem Tone : er
war es ihre Absicht, die Nolle der völligen Gleichheit, fliehe von Danzig, weil er vor Kurzem daselbst Bankerott
welche sie öffentlich spielen mußten, um meinen Rang gemacht habe. Er sezte'hinzu, meine Begleiter hätten ihm
und meine Person desto besser zu verbergen , mit mir zu versprochen, ihn in das Preußische zu bringen, und dort
probiren. War dieß der Fall , so muß ich gestehen , daß hoffe er vor der Verfolgung seiner Gläubiger sicher zu
sie ihre Sache vortrefflich machten, und die erhaltene Er: sc»n. „Ein bankerotter Kaufmann," fo sprach ich zu mir
laubniß, mich als einen ihres Gleichen 'zu behandeln, nicht selbst, „der durch nichts gebunden ist, mein Geheimmß
wenig mißbrauchten. Was sollte ich indessen mit Leuten zu bewahren, und dem nicht unbekannt sevn kann? daß,
der Art anfangen ? der geringste Widerspruch konnte sie wenn er mich meinen Feinden in die Hände liefert, er
gegen mich aufbringen. Mein Schicksal war in ihren auf einmal nicht nur genug erhält, um seinen Verlust zu
Händen, und ich ließ es darin. Ich stieg aus meinem ersetzen, sondern noch so viel, als er braucht, um sich in
Nachen und ging in die Hütte mit so zuversichtlicher den Stand zu setzen, lebenslänglich weder arbeiten noch
Miene, als wenn dieselbe eine Festung gewesen wäre, Ivel- Handlung treiben zu dürfen! Gott! welch' ein Reisege
che den vereinigten Streitkräften der Russen und Sach fährte!" Ich nahm mich indessen wohl in Acht, meine
sen hätte trotzen können. In dieser Hütte war nur eine Furcht merken zu lassen. Ein bloßer Verdacht hat oft ei
einzige Stube, und in derselben fand ich keinen Winkel, nen Verräther gemacht, und noch öfter hat ein Schein
wo ich hätte ausruhen können. Aber ich suchte nicht den von Zutrauen das Vorhaben eines Verraths in der Geburt
Schlaf, und die Wahrheit zu gestehen, würde ich ihn erstickt. Doch war eine solche Vorsicht unnöthig gegen die
auch vergeblich gesucht haben. Um mich zu zerstreuen und sen braven Mann. Seine Anhänglichkeit an mich flöste
mir die schreckliche Langeweile während der Seit, die ihm Gesinnungen ein, welche mir alle Furcht würden be
ich an diesem Orte zubringen sollte, zu vertreiben, suchte nommen haben, wenn ich in feiner Seele hätte lefen kön
ich mich mit meiner erhabenen Gesellschaft bekannt zu nen. Die andern beiden waren sogenannte Schnapp-
machen. Ein vierter Kerl hatte sich unter dem Walle der h ahne n. Sie kannten die Wege weit besser als der Erste ;
Stadt zu uns gesellt, ob mir gleich versichert worden war, aber wenn die Natnr jemals in ihnen ein Gefühl viw
daß ich nicht mehr als drey Begleiter haben würde. Der Rechtschaffenheit hatte auskeimen lassen , so war es wenig
Erste, der Anführer, schien mir ein Tollkchf zu seyn, der stens unmöglich, dasselbe bcy der Grobheit ihrer Lebensart
mit sehr viel Selbstgenügsamkeit großen Leichtsinn ver und der Ungeschliffenheit ihrer Manieren zu bemerken.
band. So beurtheilte ich ihn , und die Folge bewicß, daß Ich schlief die Nackt auf einer Bank, meinen Kopf auf
ich mich in meinem Urtheile'nicht geirrt hatte. O, wie den Kaufmann gcstüzt, welcher noch der Einzige war, mit
hätten Sie gelacht, wenn Sie gesehen hätten , wie er in dem ich sprechen konnte, denn er verstand das Polnische
vollem Ernste einen hohen Ton annahm, wie er sich ein sehr gut.
Ansehen zu geben wußte, wie er dezidirte und befahl, Montag Morgens am 28. verließ ich die Hütte nud
wie er nicht litt, daß man gegen das, was er gesagt, heftete meine Blicke auf die Stadt Danzig , welche ohne
Einwendungen machte , wie er den geringsten Widerspruch Aufhören bombardirt wurde. Mein Herz, welches schon
als eine Rebellion gegen seine Befehle behandelte. Gern seit langer Aeit für diese unglückliche Stadt schlug, pochte
hätte ich mich an der Sonderbarkeit diefes Charakters er- stärker , als ich dieselbe jezt erblickte. „So ist denn die
gizt, der sich mit der Ehrlichkeit fehr gut vertragen konnte, ses," sprach ich bei mir selbst, „so ist denn dieses dic Be
2ZI
lohnung für deine Treue! Vielleicht gehst du heute noch Haus zu Hans wandern , so kommt dieß daher , daß jeder
in die Hände meiner Feinde über, und kaufst dich von dem dieser Orte sich in gleichen Umständen befindet wie der Ort,
Unglücke, welches du länger auszuhalten nicht im Stande wo es zum erstenmal erschienen ist. Es findet also nie
bist, durch neues Unglück los, das dein Elend auf das mals wirkliche Uebertragung der Krankheit Statt, sondern
Höchste bringen wird!" sie erscheint nur nach und nacb auf dem sie erzeugenden
(Die Fortsetzung folgt.) Gebiete. Nach dieser Ansicht sind Eordons, Lazarethe,
Quarantänen der Bevölkerung, die dem ergriffenen Orte
nahe wohnt, nicht allein unnütz, sondern selbst sehr ge
fährlich, denn die Menschen, die auf diese Weise im Heerde
Ueber die AusieckimgSfähigkcit dcS gelben Fiebers. der Infektion selbst wobnen müssen, sind dadurch zum
(Beschluß.) schrecklichsten Uebel verurtheilt. Die Anhänger dieser
Bis zum Ende des verflossenen Jahrhunderts glaubte Theorie schreiben daher auch die Verheerungen, welche
Jedermann an die Ansteckungsfähigkeit des gelben das gelbe Fieber schon so oft unter der Bevölkerung streng
Fiebers ; man nahm an, das Uebel erlange auf einer gewis- eingeschlossener Städte angerichtet hat, diesen verderbliche»
ftn Höhe der Verschlimmerung die Eigenschaft , sich durch Vorsichtsinaaßrcgeln zn. Nach ihnen sind Lüftung und
sich selbst fortzupflanzen, und zwar unabhängig von den Ausleerung der angegriffenen Orte, Zerstreuung von Men
Ursachen, die es hervorgebracht haben , mag dicß nun ver schen und Geräthe weit weg von dem Heerde der Infek
mittelst eines Keims oder eines Giftstoffs, oder mit tion hinreichende, aber nothwendige Maaßrcgeln, sobald
telst der Ausströmungen in Luftgestalt, denen eine fpeci- sich die Krankheit zeigt.
fische, schädliche Eigenschaft innewohnt, vor sich gehen. Das Traurigste bei diesem ärgerlichen Streite ist,
Die Theorie derAnstecknng sieht es also als möglich an, daß daß die Lösung der wichtigen Frage längst weiter gedie
die Krankheit sich-fortpflanze durch mittelbare oder unmit hen wäre, hätten nicht Vorurtheile und Partbevgeist die
telbare Verbindung zwischen Menschen, die von der Krank Frage verwirrt, die Ansichten der Gegner einstellt und
heit befallen sind, und Menschen, die es nicht sind, als mög lächerlich gemacht; denn zu der Eigenliebe, die bei medizini
lich daher, daß sie an Orten eingeführt werde , an denen schen Streitigkeiten so sehr in Anspruch genommen wird, ha
/7e /ich von selbst nicht hätte erzengen können. Natürlich ben sich diesmal unseligcrweise ganz andere Leidenschaften ge
wirb sich die Seuche überall desto leichter fortpflanzen , je sellt. So sonderbar cS klingt und auch wirklich ist, der Glaube
mehr der Orr unter Einflüssen steht, die denjenigen, welche an die Ansteckungsfähigkeit gehört in Frankreich einer po
das Fieber für sich zu erzeugen im Stande sind , nahe kom litischen Farbe , und die gegenseitige Meynung der ent-
men, und es gibt einen Umstand, aber bloS diesen, ohne gegcngeseztcn Farbe an. An die Ansteckung glauben, ist
den die Fortpflanzung nie stattfindet, nämlich eine Tempe nach der Mevnung gewisser Leute so viel als ein Anhänger
ratur von einer gewissen Höhe ; eine starke Kälte hat im der Regierung scyn, nicht daran glauben, heißt nach an
mer und überall den heftigsten Epidemien ein Ende gemacht. dern den Geist feindlicher Opposition verrathen.
Aus dem bisherigen geht hervor, daß die Anhänger der
Ansteckungsfähigkeit des gelben . Fiebers dasselbe in dieser
Beziehung den Blattern, den Masern, dem Scharlachfieber
gleichstellen, wobev sie übrigens die Art, wie sich der Keim Korvefpondenz-Nachrichten.
der Krankbeit mittheilt, unentschieden lassen. Aus idieser
Anficht erg'bt sich endlich, daß eine gesunde Bevölkerung, so Münchens Februar.
bald das gelbe Fieber erscheint, sich absondern muß, was in Unser bicßjäl'riger Karneval war überaus belebt »»d
Europa schon lange mittelst der Gesundheitsrordons, der glänzend; wer Geld. Gesundlicit und Sinn für Vergnüge»
Lazarethe, der Quarantäncanstalten nnd der Reinigungen hat, der muii Januar und Februar in München zubringen,
aller Art bewerkstelligt wird, kurz, es ergibt sich daraus, nnd er wird sich besser unterbaltcn als anderSwo. Glänzen
daß unser Sanitätssystem in aller Strenge gehandhabt, ja der als je waren dieftmal die Hof - und Kaminerballe , vor
allen der qrosie HofmaSkenball, auf welchem vier überaus präch
noch geschärft werden muß. tige Quadrillen erschienen. Die Eröffnung des O dcons zog
Die andere Parthie, welche die sogenannte Infek eine zai'lreiche Versammlung da»in. Der K ü n st le r b al l.
tion annimmt, steht die Sache ganz anders an. Der von jungen Künstlern . grögtenweils Zöglingen der Akademie
Hauptsatz dieses SvstemS, das Deveze, ein französischer veranstaltet . war auch dieses JaKr wieder überaus glänzend,
und auch der König verkerrliclile il,n durch seine Gegenwart.
Arzt, gegründet hat, ist der: Ausserhalb der Orte, wo Man kann annehmen, daß liier fast Alles versammelt war, was
das gelbe Fieber erzeugt worden ist, kann es niemals we unserr Residenz in allen Ständen Schönes, Liebenswürdiges
der durch Menschen noch leblose Dinge verbreitet werden. und Interessante« besizt , und die Mitglieder deS Komites. das
Sieht man eS von Stadt zu Stadt, von Land zu Land, von die Vertl«ilung der Einladungskarten und die Anordnung des
2Z2
Ganzen über sich nahm . bewiese« ungemein viel Tatt, Einsicht Ettinplarcn civgesezt wurden. Von den liberalen Zeitungen
und Delikatesse. Es möchte »»»mehr auch schicklich ,,„d an der nenne ich zulezt diel'!«,«, weil sie eigentlich eine eigene Klasse
Zeit sev», dag die Eingeladenen, d, h. eine Kategorie der ausmacht. Sic ist das Organ von keiner Parthcp, und ihr
selben, etwa der Kunstvcrein, einen Ball den waekcrn junge» Grundsatz ist , der Mehrheit der Lcfcr zu gefallen , und da es
Künstlern gäbe , die seit melnerc» Jahren kein Opfer an Gelb, sich fügt, daß diese Mehrheit die Handelsdcmokratie ausmacht, so
Zeit und Anstrengung scheuen , den gebildeten Ständen einen fleht die recht eigentlich dem Interesse der Gt°undcigenthü-
Festabend zu bereiten. Die drei) Maskenbälle im großen Hvf- n,cr entgegen, vcrrbeidigt die freyc Korncinfuhr, dicEmancixation
tbeater, befonderS der zwn)te, bei) welchem fünf Tausend der Katholiken, und jede andere Maßregel, welche , besonders
Menschen zugegen waren, werben lange im Andenken bleiben. in London, populär ist; selten geht sie mir einer Mcvnung
Es verdient bemerkt zu werde» , baß bey dem furchtbaren Ge voran, oder wenn sie es rhut, fo geschieht es in der gewissen Vor
dränge weder ein Diebstahl »och eine wesentliche Störung statt aussetzung , das, die Mennuug bald allgemein werde« werde ;
fand. Die maskirtcn Akademien waren mehr oder wcnigcr aber wenn sie einmal eine Parthcy crgriffc» hat, so führt fie die
besucht. „Maskirtc Akademie" heißt hier, dem ehrwürdigen selbe mit der Kraft »nd dem Ungestüm cmeS rasenden Elcphan-
AkadcmoS zum Trotz, eine Versammlung von maskirtcn »nd ten durch , welcher alles auf feinem Wege niederwirft und in
unmaskirtcn Personen , die theils Karten spielen, theils einem den Staub tritt, gebt aber bcv diesem anscheinende» Ernst
Posscnspiele zusehen, theils aber durch einander rennen und mit einer Behutsamkeit zu Werke , welche sie fast niemals in
sich gegenseitig zu necken und verlegen zu machen suchen; es die Schlingen des Gesetzes fallen läßt. UcbrigcnS hegt »nd
ist eine Börse, wo jeder nmzusctze» sucht, was er an Witz und unterhält sie alle englischen Vorurthcilc, und nimmt vor allem
Esprit besizt , wobei) aber nicht selten Scheidemünze und Ku- des brittischcn Stolzes und Dünkels walir. DaS «orninz
pter zum Vorschein kommt. Die Bälle des Museums , der ^Kronicle und der tilobe stellen zuweilen Vcrgleichungcn zwi
Harmonie und des Frohsinns zeichneten sich durch Eleganz und schen englischen und auswärtigen Dingen an und ziehen eine»
Auswahl der Gesellschaft, die Bälle der Rcsonrce, der Bolz- Schlug gegen England, die Times th»t das nie, »nd wenn
und Palästerschüycngcsellschaft und deS CasinoS durch Fröhlich- sie »och so sehr gegen eine Maßregel oder Anstalt im Lande
keit und Ordnung aus. Privatbällc wurden in mckrcrc» Gast- tobt , so läßt sie eS doch nie einen Ausländer ungestraft th»n ;
Häusern gegeben. In den leztc» Tage» steigt der Taumel des nicht daß ihre geschickte Redaktion es nicht besser verstände,
Vergnügens aufs Höchste, und die Masken treiben auch am sondern weil die Eigcnthümcr es nicht wollen; cS ist eine
hellen Tage ihr Wesen. Am Faschingsmontag hatte wieder, wie merkantilische Spekulation , ein großer Absatz und eine Menge
alljährlich . auf dem Marktplay iin Bcyscyn einer unzähligen Anzeigen bezahlen besser »nd sind znvcrläsüqer als selbst die Beloh
Menschenmenge der Mcygersprung statt. So kam denn endlich nungen cincS Ministeriums. Indessen »uterflüzte sie das lcztt
der Aschermittwoch heran , wo man bey einem sechsstündigen lintcr Canning und Lord Godcrich , weil es ein Bolksmmifle-
Fastcndiner in Dbllcrcrs Saal Muße findet , über die began rim» war, »nd ans eben dem Grunde, weil das WcUington-
genen Thorheiren mit oder ohne Rene nachzudenken. schc wahrscheinlich nicht beliebt scpn dürfte , stellt es sich dem-
Da ich mit den Nachrichten über unser HoftKeater ein selben entgegen. Ich möchte indessen allen, welche den wahren
halbes Jahr im Rückstand bin , fo habe ich eine Uebersscht der Geist des englischen Volkes »nd dessen Bewegungen kennen
neuen Erscheinungen zu liefern, die uns in diesem Zeit! amn lernen wolle», dieses Journal empfehle». Der Oourier war
vorgeführt wurden. Weil der Neuigkeiten nicht so viele, nnd lange ei» Tory-Jonrnal , wandte sich aber mit der Maaitcr«
dieselben grdßtcnthcilS nicht mehr neu und schon vielfältig bespre langung Cannings zum Liberalismus, ohne jedoch seiner alten
che» sind, so kann ich mich kurz fassen. Aber die Aufzählung die Opposition gegen die Katholiken zu entsagen. Vor Kurzem
ser Stücke und die Anzeige über die Theilnahme, die sie erregten, aber erklärte er sich für den Herzog von Wellington, und der bis
dünkt mich für diejenigen Leser notliwcndig, die ssch für die Ge herige Redakteur, welcher Canning zu viel Weihrauch gestreut,
schichte unfcrs Theaters intercsssren. Ich beginne mir Nau- musite einem neue» weichen , welcher Wellington und dessen
pachs „Kritik und Antikritik." Diesem Lustspiele fehlt es an Maßregeln, sie seycn auch welche sie wolle,,, nach Hcrzcnölust
Klarheit, an der Erposstion , am meisten aber an der Hand lobpreisen kann. Auf diese Weise ist diese Zeitung, welche
lung ; es ist zwar rührig , man kommt und geht , aber es will zwischen 5 nnd glttlll Ercmplare» absczt. seit viele» Jahren im
nicht voran; eine Crayonzeichnung , die flach «nd farblos ist mer »nniflericll geblieben , und es scheint das Interesse jedes
bis auf Löwenklau ; d« aber auch dieser nur ab - nnd zugeht Ministers z» seyn, ihre Gunst zu erwerbe», wozu die Zusen
und nicht zum Ganzen gehört , so ist er nur ein schönes Bruch dung früher Nachrichten und die Mitthcilung von Rcgic-
stück. Hrn. Urban, der diesen Sliakespearokorarc» meisterhaft rungsanzcigc» schon hinreiche». Das Journal zeigt auch Ta
darstellte, verdankt das Stück de» Bcpfall, der einzelnen Stel lent ; es ist indessen jezt da« einzige ministcricl!» Tagblatt;
len wurde. denn die Morning Post und die Standard, welche bcydc die
(Die Fortsetzung folgt.) äusicrflc» »ntiliberalc» Grundsätze vertheidigcn , sind nur in so
weit sür Wellington und Peel, als sie dieselben für die Gegner
London, Februar. der Ansprüche der Katholiken und die Freunde der Aristokra
tie ansehen, aber selbst Peel ist ein zn großer Neuerer für
(Fortsetzung.) sie, und Hnskisson ist ihnen ein Dorn im Auge, so daß sich
Den IVlorninz Hei-«,Ick kann man auch einigermaßen daS Ministerium nicht auf ihre Unterstützung verlassen kann,
liberal nennen; doch scheint die Redaktion dann und wann wenn es nicht ganz antilibcral werden will , was doch kaum
einen gewissen Stolz darein zu setzen, über die Liberalität der denkbar ist. UebrigcuS sind bepbc Journale ohne Talent, und
Zeit fein vornehm die Nase zu rümpfen , so dag man nicht recht üben wenig Einfluß aufs Publikum. Die Post ist indessen we
sage» kann, was seine Politik ist. Er zeichnet sich jedoch durch gen ihrer Hof- und Modcnachrichtcn bey den Damen beliebt.
seine Lokalnachrichtcn , besonders durch feine Polizcnberichte (Die Fortsetzung folgt.)
aus , die ehemals mit einem solche» Huinor geschrieben waren,
daß f,e der Zeirung einen große» Absatz verschafften . und un
ter dem Titel 5l«r»inßs ,t L«« iiiroet zu vielen tausend Bey läge: Likcrarurblatt Nr. 20.

Verlegt von der I. G. Corro'schen Buchhandlung.


59.

M o r g e n b l a t t

f S r

gebildete Stände.

Sonnabend, 8. März i 8 2 8.

E« that der Stücke Feuerfchlund


DaS Trauerspiel dem rochen Morgen
Und griff die Bürger mit Entsevtn.
Seume.

Stanislaus Lerzmskis Flucht auö Dsnzig. bereiten lassen, welches, wie man sich leicht vorstellen wird,
(Fortsetzung.) eben nicht im Stande war den Gaumen zu kitzeln , das
aber doch meinen Hunger würde gestillt haben , wenn mir
Das traurige Schicksal meiner Freunde in der Stadt, Kummer und Gram erlaubt hätten hungrig zu scyn.
die nun bald mit dem Schwerdte in der Hand gezwungen Hier muß ich erzählen , was ich erst später erfahren
werden sollten sich gegen mich zu «klären, versezte mich in habe. An eben diesem Tage und um eben diese Stunde
tiefe Betrübniß, der ich beinahe unterlegen wäre. Ver kamen einige polnische Sdelleute zu dem Gesandten , wo
geblich raffte ich meine Kräfte zusammen, sie waren dahin. sie glaubten, daß ich die Nacht zugebracht hätte. Da sie
Ich war nicht mehr jener an Unglücksfalle gewöhnte und mich nicht sahen , so stellten sie sich vor, ich sev krauk, denn
gegen die Schläge des Schicksals gestählte Mann. Thränen sie wußten, daß es meine Gewohnheit war, sehr frühe auf
verdunkelten meine Augen und flössen über meine Wan zustehen. Der Gesandte sagte zu wiederholtenmale» , ich
gen. Als ich wieder ein wenig zu mir selbst kam, hob ich hätte mich erst spät niedergelegt, und um sie desto sicherer
meine gefalteten Hände gen Himmel, und bat Gott, zu täuschen, bat er sie ruhig zu seyn, nm mich nicht
mich aus diefem Zustande von Niedergeschlagenheit und aufzuwecken. So sprachen sie miteinander, als man die Ge-
Schwäche zu reißen, aus welchem ich mich selbst nicht neralfalve des Geschützes hörte. Da er nun an nichts an
reißen konnte. Ich ging wieder in die Hütte, aber im deres dachte als an meine Flucht, so zweifelte er nicht,
nämlichen Augenblick hirte ich eine Generalsalve aller Bat daß dieses eine Freudenbezeugung sev, weil man mich ge
terien des feindlichen Lagers und der feindlichen Flotte. fangen habe, und im Drange des Gefühls, das er nicht
Sogleich fiel mir ein , dies werde eine Freudenbezeugung unterdrücken konnte, rief er unwillkührlich aus: „Gott!
feyn, weil die Stadt sich zur Uebergabe entschloffen, wel der König ist gefangen !" Die,? Worte, die er einen Au
cher Entschluß, wie ich wußte, am Abend vorher dem Gra genblick nachher gerne zurückgenommen hätte, entdeckten
fen Münch, dem russischen General, hatte bekannt ge das Gcheimniß , um welches Niemand wußte als er. Und
macht werden sollen. Ich fühlte neue Beklemmung. Ich ich war zum Unglück nur eine Viertelstunde von der Stadt
empfand weniger meine eigene Gefahr, als das Unglück, entfernt, ich war noch im Angesichte derselben, und fo zu
welches diese Frendenbezeugmigen meinem Vaterland? sagen in den Händen meiner Feinde.
verkündeten. Ich blieb eine Zeitlang unbeweglich , besin Die Klugheit dieses Ministers kann ich nicht genug
nungslos. General v. S tein flocht that alles Mögliche, loben ; er besaß wirklich die Kunst in allen Gemüthern zu
mich zu mir selbst zu bringen. Sr hatte ein MirtagSessen lesen, und dennoch selbst immer undurchdringlich zu bleiben.
2Z4
Abcr dieser Vorfall mag Personen in seiner Lage zur Lehre Er überbrachte dem General v. Steinflvcht zwey geräucherte
dienen, gegen die Aufwallungen eines lebhaften Tempe Jungen und ein sehr höfliches Billet, welches aber weiter
raments mehr auf ihrer Hut zu feyn, oder, besser zu sa nichts enthielt als den Wunsch , daß wir glücklich reisen
gen, sie, mögen aus diesem Vorfalle lernen, sich vor einem möchten. Diese unerwartete Botschaft machte uns viel zu
nnzeitigen Eifer zu hüten. Dieß war ein «rvßer Fehler, schaffen. Das Billet war anonym, und wir konnten durch
denn baid nachher erfuhr die ganze Stadt, daß ich geflo aus nicht begreifen woher es komme, und auf welche Weife
hen war, und diese Leitung verbreitete, sich bis in das der Ueberbringer unfern Zufluchtsort hatte entdecken kön
Lager der Russen und der Sachsen. nen. Vergeblich fragten wir ihn ; er kehrte zurück , ohne
Die Einwohner von Danzig erschracken sehr, als sie sein Geheimniß zu verrathen, und ließ uns in der schreck
die Genernlsalve hörten. Diejenigen, welche mit den lichen Ungewißheit, ob nicht unser Geheimniß verrathen sey.
militärischen Freudenbezeugungen nicht unbekannt waren, Ich brachte den übrigen Theil des Tages in der größten
merkten bald, daß es eine solche sey. Aber dieser wa Unruhe zu und erwartete mit Sehnsucht die Nacht. End
ren wenige, und auch sie wußten nicht, was diese Freu- lich kam sie und wir schifften uns ein.
denbczeugung für eine Ursache habe. Einige glaubten, es (Die Fortsetzung folgt.)
geschehe wegen eines Sieges, den die Kaiserlichen und
ihre Alliirten in Italien davon getragen hätten ; andere ,
die Russen feyern das Jahresfest der Schlacht bei Pul Volksscenen ans der Levante.
ts w a , welche an eben diesem Tage vorgefallen war. Noch
andere vermutheten, das St. Petersfest, welches auf den Die türkischen Frauen.
folgenden Tag siel, könnte die Veranlassung dazu feim, Meine Beobachtungen, so erzählt ein reisender Eng
oder vielleicht kündige man die Ankunft des Kurfürsten von länder, sind zu wenig ausgebreitet, als daß ich über die
Sachfen in dem Lager der Russen an, denn diese erwar Wahrheit ober Falschheit der Nachrichten, welche das Be
teten ihn schon seit langer Zeit. Das Volk hatte andere tragen der Türken gegen ihre Frauen bald verdammen ,
Vcrmuthungen. Es bildete sich ein , die Russen hätten , bald entschuldigen, absprechen könnte ; als ich aber die fri
mit Hülfe der Sachsen, einen Generalsturm aufdie Stadt schen Trümmer von Tripvlitza, Athen und Napoli di Rv-
unternommen. Da sah man Weiber mit fliegenden Haa mania besuchte, hatte ich oft Gelegenheit zu bemerken,
ren, welche mit gräßlichem Geschrei in den Straßen daß in sämmtlichen verlassenen türkischen Häusern der Ha
herumliefen, und Männer in Verzweiflung, welche vorder rem und andere von den Frauen bewohnte Gemächer im
Gefahr zitterten und sie vergrößerten , und unentschlossen mer aufs reichste geschmückt waren, während die übrigen
waren , ob sie noch zum leztenmal mit vereinigten Kräften Gemächer verhältnißmäßig vernachlässigt, und weder so
den Feind zurücktreibe», oder denselben in ihren Häu sorgfältig erhalten noch so bequem erschienen. <?s ist dieß
fen? und auf den öffentlichen Plätzen ruhig erwarten aber ein Punkt, der ohne »icljährige Kcnntniß des Landes
und zusehen sollen, wie er seine Rachsucht befriedige! und und der Sitten nicht wohl zu entscheiden ist ; sehr wenige
alles über die Klinge springen lasse. Der Magistrat Europäer haben die Züge einer türkischen Frau erblickt,
hatte sich eben versammelt, um sich über die dem Grafen und was über sie gesagt wird , muß sich nothwendig auf
von Münch «lif seine Vorschläge zu gebende Antwort zu ganz oberflächliche Beobachtung gründen. Was die Sitte
derathschlagen. Er war nicht weniger bestürzt als das Volk. betrifft, sie unter Schloß und Riegel zu halten, so kann
Er sandte von allen Seiten nach dem Walle, um zu erfah ich nicht glauben, daß sie fo gar strenge befolgt wird, denn
ren, ob die Russen wirklich in Bewegung seye». Erst man sieht täglich Schaarcn von Weibern in den Bazars von
nach der dritten Salve kamen die Abgesandten, welche nach Smvrna, und ihr fröhliches Geschwätz verräth weder Zwang
dem Lager gesandt worden waren, zurück. Sie sagten, noch Trübsinn. Von ihrer Gestalt läßt sich nicht urtheilen,
«ls sie dem russischen General ihre Bereitwilligkeit, den denn das Gesicht ist beständig mit einem Stück Flor be
Kurfürsten von Sachsen anzuerkennen, bekannt gemacht deckt, das bloß zwey Löcher für die Augen hat, und der
hätten , habe er ihnen geantwortet, diese Nachricht sey übrige Körper ist in weite Gewänder gehüllt, welche Reize
ihm so anzcuehm, daß er durch eine allgemeine Salve die wie Mängel den Augen entziehen. Ich sah in Morea
selbe sogleich dem ganzen Laser bekannt zu machen geson mehrere unglückliche türkische Weiber aus den von de»
nen sey. Griechen eroberten und geplünderten Städten, ich konnte
, Wie sehr würde ich nicht über die so verzeihliche aber keine schön finden, eine einzige jedoch ausgenommen,
llebereilung des Gesandten erschrocken sevn , wenn ich die ich in Napoli di Romania unter auffallenden Umstän
sie damals erfahren hätte! Ein Schnapphahn kam mit den kennen lernte.
seinem kleinen Rachen zu unserer Hütte, und es mar Als ich eines Abends nach meiner Wohnung zurück
möglich, daß ich die Nachricht sogleich durch ihn erfuhr. kehrte, begegnete ich i» einer der volkreichsten Straßen ei
2Z5
«mi Nudel Buben und einigen rohen Soldaten, welche er höchstens sechs oder sieben Frauen gesehen, die an Reiz
hinter einer Frau Herzogen, die in der größten Betrübniß, mit de» SuglSnderinnen hätten wetteifern können.
aber mit majestätischer Miene einhcrschritt. Sie war von (Der Beschluß folgt.)
ungewöhnlicher Größe, und ihr unansehnlicher Anzug mit
Geschmack und Zierlichkeit geordnet. Ich erfuhr, sie sev die
Wittwe eines türkischen Effendi, welcher ehemals unweit Korrespondenz-Nachrichten.
Napoli gcwolmt, und den vor ungefähr zwei, Jahren die London, Februar.
Insurgenten erschlagen hatten. Sie selbst war von dem (Fortseyung.)
merkwürdigen Manne , welcher vor Kurzem die Stelle des °rk« LkiliiK! ?V,,»I>«r endlich ist ein gut redigirte«
ersten Ministers bekleidete, Pappa Felicia, gerettet wor- Blatt, welches seit 1»l9 exiflirt, nnd sich besonder« bc» dem
Prozesse de« berüchtigten Mörders Tlmrtel durch Samclligkeit
den , nnd hatte mit ihrem Kinde in dessen Familie gelebt. berühmt gemacht »at. Der Prozeß fand bekanntlich zu St. Alban«,
Vor zwe» Tagen aber hatte sie gehört, ihr bisheriger Be- ungefäbr drev-und-zwanzig englisch« Äicilc» von Loudou statt,
schlitzer sey von den Egvptiern bcy der Belagerung von Ar- die Sache liatte große« Aufsehen erregt , und e« lxrrfchtc be
eadia getödtet worden, und da sie wohl wußte, daß von kennen sonder« in Lonbon große Neugierde , den Ausgang desselben
zu lernen. Ungefähr um zwe« Ui,r war das Zeu?
nun an keine Sicherheit mehr für sie in ihrem jezigen Zu- geuverl'dr und die Bertbeidigung von Seite» de« Angeklagten
ftuchtSort sey, so war sie aus der Stadt entflohen und z« Sude, der Richter hatte angefangen, den Geschworenen den
hatte sich in den übcrivachsenen Trümmern ihrer ehemals Gegeustand zu entwickeln; und ungefähr um sech«Uhr, ehe
glücklichen Wohnung verbergen wollen. Sie traf aber da »och die Entscheidung gegeben war , erhielt derselbe auf seinem
GcricMSssgc in dem Lriii»K nicht nur den ganze»
selbst einen Mönch, welcher eine benachbarte Kapelle be Vorgang des Morgen« . sondern sogar den ersten Thcil feiner
diente und hier bereits seinen Aufenthalt genommen hatte; eigenen Rede zu lesen, welche« alle« inzwischen nach London ge,
dieser stieß sie unbarmherzig von ihrer eigenen Schwelle schickt, dort gedruckt worden, und jezt zu ihmzurückgekommeu war.
zurück. Auf dem Lande war nun kein Zufluchtsort mehr sehr Dieses Blatt besteht noch, ist gemäßigt liberal . und Hai einen
gute» Lesekreis. Die hat ihre Dampfprcsse jezt so
für sie, nnd sie sah sich genöthigt, in die Stadt zurückzu weit verbessert, 4<iß fie in einer Stunde 4i>mi Blatter von
kehren und sich der Barmherzigkeit ihrer Feinde anzu diesem Journale druckt. — Zunäckist den Tagesdlättcrn folge», in
vertrauen. Heimathlvs und verlassen schritt sie durch das Hiusickt auf die Häufigkeit de« Erscheinens . Zeitungen, welche
Thor, wo sie sonst nur niedergeschlagene Augen nnd gc- ist zwrv oder drei) Mal m der Woche gedruckt werden. Von diesen
das 8l. ^«»e» l^Kronicle das wichtigste; es ist im lwaisie»
öücttt' Häupter empfangen hatten. Ihre Erscheinung er Grad Tonisch , vcrrätl, einige« Talent , aber auch viele Bos
regte bald Aufsehen und versammelte daö obenerwähnte heit, und hat unter den Landjnnkern der Parwey einen großen
Gesindel nm sie her. Aber sie schritt daher, als fechte sie Absa». l'Ke L.eninH Kloil ist ein bloßer Abdruck derl'i»«,,
ihr Elend gar nicht an; mit einer Hand hielt sie den Arm und gebort dcnsclbe» Eiqcnthünicrn wie diese« Blatt. Z» die-
scr Art von Zeitungen gekört auch ei» sehr altes franzdflschcs
ihres erschrockenen Kindes , der andere Arm lag mit An Blan, I« Courier 6« l^,vckr»», welches, wie ich glaube, mcl r
stand über die Brust gebogen, ihr großes dunkles Auge in dcn Cotericu der Ultras zu Paris alS hier gelesen wird;
hing trübe am Himmel, ohne sich ein einziqcsmal gegen die ich wenigstens weiß weder Gute« noch Bdse« davon zu sage»,
Verfolger zu wenden. Mit dem Schritte einer Juno ging eben so wenig wie von zwcv oder dre» andern Zeitschriften,
die in ähnlichen Perioden berauttoimnen , die aber vorzüglich
sie einher, während die Mißhandlungen ihrer Quäler all- fürs Land bestimmt lind. Ich darf jedoch nicht de» i>pkin,
rnahlig von Schimpfreden zu lautem Gefchrci und Werfen übergehen, welche« Blatt bi« vor Kurzem eine Sonntagszel-
mit Staub l'rbcrgingen. Sic ertrug alles, bis sie endlich, t»ng war. jezt aber jeden Mittwoch und Sonnabend crsa>ei»t.
von Angstund Ermüdung überwältigt, sich mit der Ruhe durch Es ist von S. Bnckiiiqham gestiftet und redigirt, der flcl'
seine trefflichen Neiscn i» Arabien niid Mesopotamien,
der Verzweiflung im Gesichte auf die Schwelle einer zer aber noch mehr als Verfasser des Otlcati» ^onrn»I, und dm>^>
störten Moschee nicdersezte. In diesem Augenblicke kam seine Verbannung au« Indien wegen seiner Frmniüthigkcir
ein Mitglied des Senats hinzu , ich glaube es war Tri- in diesem Journal berühmt gemacht hat. Es bestem aus secvs-
zehn großen Ü.nartsciten , und enthält nebst einer gute» Zu
coupi; als er die >.lincnschlichkcit des Pöbels bemerkte, sammenstellung aller Neuigkeiten , vesoiwers dcr Parlaments,«?
verwies er ihm seine Schlechtigkeit, nabm die unglückliche baisdlnngcn . gediegene Anffäye üb« den politischen Zustand
Frau unter dem Arme und führte sie in sein Haus. Sie des In - >cnd Auslandes, vorzüglich anch von Indien, welche
wurde später auf einer englische!! Fregatte nach Smyrna zu jedoch dann und wann Parthevlichkeit und einen Grad von Ul-
traiibcralisniiis verrathe», welcher nahe an den Republik«:
ihren Verwandten gebracht. niSimiS und den Unglauben gränzt. Der Unglanbe, oder
Es war dieß die interessanteste türkische Frau, die ich viclmclxr dcr Mangel irgend eines höheren Ideals , ist über-
je gesehen, und ich vermuthe nicht ohne Grund, daß eine l«mpt der herrschende Fehler »er englischen liberale» Zeitschrif
solche Schönheit in der Türke» nichts sehr Gcwöbnliches ten , in welchen der Mensch mir zn sehr ol« ein Ding von
Fleisch nnd Blut betrachtet wird, das ihrer Anficht nach nur
ist. Doktor Slarke, der in Smynla wobnt, versicherte Speise , Trank nnd Kleidung, und einer gewisscn theoretischen
mich, während einer mehrjährigen PrariS, die ihm den Freiheit bebarf , um alle« zu haben. waS zn seiner Wol'tfaKrt
Zutritt zu den reichste» türkischen Familien öffnete , habe ubthig ist. Doch ssnö diese Zeitschrift« hierin denen vc» bei'
SZ6
enrgegcngcsezten Parthey noch vorzuziehm, denen das Erhabenste gnügt das Hau«. Auch das Schauspiel: „Der Löwe von Kur
im Menschen nur darum erhaben ist, weil cS ikn für eine» distan." von Auffenberg . fand keine günstige Aufnahme. Der
Glaube» empfänglich »lacht, untcr dessen Schirm sich ein politische Stoff, den dieses Stück behandelt, hat kein Inter
Heer von Priestern nährt , »nd die kein höheres Ideal esse, wenigstens kein gewichtiges. Die Personen stehen als
als was sie Kirche und Staat nennen , d. h. eine einzelne Figuren da, aber nicht in Bezug auf die fortlaufende
tie, welcher eine ganze Nation frökncn soll. Reicht nicht Handlung, mit welcher sie doch in enge Verbindung gcsezt seun
schon dieß hin, um den Geist eines Volkes zu bezeichnen? — solle» ; sie fesseln darum nur so lange die Aufmerksamkeit , olS
Die nächste Klasse von Zeitschriften sind die sogenannten Sonn- sie ihr Pensum vortragen. Für sich hgt jede Farbe und Bedeu
tagszeitungcn. Diese werden eigentlich am Sonnabend Nach: tung , aber es fehlt der ursächliche Zusammenhang , und mit
mittag oder Abend gedruckt, und thcilS schon dann, thcils erst rhetorischen Floskeln ist nichts gerhan; wir gestchen, daß Herr
am Sonntag Morgen ausgegeben; ja manche haben zwcp und Holdem mit seiner Bearbeitung des „Kcnilworth" bey wei
wohl gar drey Auftagen , eine, welche Samstag Abend »nt der tem glücklicher war als Hr. v. Auffenberg mir der des „Ta
Post aufs Land geht, eine andere die Sonntag Morgens in lismans." Der schwache Bcvfall, den die Darstellung fand,
, London vcrthcilt wird, und eine dritte welche Montag Abend galt dem Glänze des SpcklakclS , und nur Hrn. Urban gelang
mit der Post abgeht, und in welche natürlich immer die Ncuig- es durch den feurigen Vortrag der Schlnßsccne des dritten
leiten eingerückt werden , die inzwischen bekannt geworden Aufzugs, das Publikum auf einige Momente aus feiner Lethar
sind. Solcher Zeitungen gibt es sehr viele , und ich will hier gie zu wecken. Eine überaus anziehende Neuigkeit war da
einiger der wichtigsten erwähnen. Der Ub»erver ist ei» un gegen die Oper „der Maurer und der Schlosser." von Ruber.
gemein großer Boge» von vier Seiten , sehr reichhaltig an Mag uns immerhin mancher Bekannter ins Gedäcbtniß kom:
Nachrichten, besonders inländischen, mir geringen Ansprüche» auf inen, den wir in der „Lcokabia" (indezenten Andenkens), im
politischen Scharfsinn. Dennoch ist er sehr beliebt und hat „Schnee" ober im „Hoflrnzcrt" kennen gelernt haben, die
einen Absatz von 1U bis I2.M>» Exemplaren. Diesen hat sich fußen Melvdiccn, die eben so italienisch als französisch klin
der Eigcnthümer durch außerordentliche Anstrengungen und gen , und der dramatische Ausdruck, der in dieser Musik liegt,
Unkosten erworben , z. B. als der Prozeß des Thistlewoob und verbunden mir dem unterhaltenden Libretto, werde diese Oper
seiner Gefährten im Jahr 1819 stattfand, hatte der Richter überall aus dem Repertoire erhalten. Die Darstellung ist hier
de» Zeitungsschreibern verboten, vor Entschciduug der Sache sehr gelungen , Hr. Ldhle als Maurer , Mad. Sigl Vcsper-
etwas von den Verhandlungen bekannt zu inachen; alle ge mann als feine Braut , «nd Mad. Hotte» als Frau Bcnram
horchten , außer dem Eigcnthümer des vbservers, welcher für wirkten im Spiel und Gesang mit lobcnswerthein Eifer zum
seinen Ungehorsam eine Buße von ZW Pfund erlegen mußte, Gelingen des Ganzen. Gleich willkommen waren uns ..die
die er gerne bezahlte, da ihm der Gegenstand mehr Werth war, bcuden Figaro," Lustspiel in fünf Aufzügen , v. Jünger. Der
alö wenn er hätte fein Journal tauseudmal in andern Zeitun Mangel 'an guten Lustspielen in der neuesten Zeit führte einen
gen ankündigen lassen. So gekdrr es überhaupt zur Taktik der bessern Dichter älterer Zeit auf die Bühne, und wir wissen
fast aller neuen Zeitungen, daß sie irgend einen kühnen Angriff der Direktion dafür Dank , denn dieser alte Jünger leistet bes
auf die Verfassung oder eine Privatperson inaciien ; dicß führt seres als mancher neue Meister. Die Darstellung dieses al
zu einem Prozeß mit Geldbuße oder Gcfängnißstrafe oder auch ten , aber der Mehrzahl der Zuschancr doch neuen Stücks war
bcuden , und das macht sie bekannt. Auf diese Weise erregte überaus gerundet, »nd Vcsperman» (Figaro) und Urban (Clic-
der Zolin Lull, welcher ungefähr denselben Absatz hat wie der rnbin) bewährte» sich als treffliche Komiker; auch Hr. Hdlken
obserror die öffentliche Aufmerksamkeit. vcrsuchtcsich als Almaviva mit vielem Glück in einem neue» Fach,
(Die Fortsetzung folgt.) (Der Beschluß folgt.)
.
München, Februar.
(Fortsetzung.) Auflösung des Anagramins in Nr. ZZ:
Noch weniger Tlieilnahme als Raupachs Stück erregte ..der Amine. Emma.
ewige Jude," dramatische Legende in fünfAufzügcn, von Klinge
mann. Der Verfasser hat die Untauglichkeit des Helden zur Tra
gödie gefühlt, denn er gesteht im Vorbericht, dag es ihm lediglich
darauf ankam , de» Juden gleichsam als eine fortlaufende tra C h a r a d e.
gische Maske in dieses Drama einzuführen , worin Hepnin der
Mittelpunkt ist. Dadurch ist aber dem Juden, der doch feinen Wer. um erste zwc» zu leeren
Namen für das Ganze hergibt . alles verdorben , und er geht einmal nur die dritte braucht,
in dem Wirrwarr unter. Als Episode hingestellt, ja selbst als wahrlich , der ist sehr erlauf,
solche entbehrlich , erscheint er blos als ein gespenstiges Wesen, selbst als König zu verehren,
ermangelt aber aller Bedeutung. Be« alle dem ist in dem in hier scuon seelig , wie mich baucht.
ner« Organismus dieses Stücks das dramatische Talent des Blitz und Sch'.'g man holt aus ersten,
Verfassers nicht zu verkennen. Dein wild fanatischen Katholi i» der dritte» Schnupfen sich.
ken Hepnin fleht der kalte Protestant Wasaburg entgegen. Ma Ganzes macht zum Riefen dich;
rie erscheint zwischen behdcn alS ausgleichende, kindlich ver wo des Rosscs Sehnen bersten,
trauende Naturrcligion , wahrend Pater GraUan die höchste lüpft ein Finger lcichtiglich.
Idee des Katholicismus darstellt. Eßlair als Ahasvcr erschüt
terte in den kurzen Erscheinungen, und Urban erschöpfte sein F...
Talent', den Charakter des Hchnin . der aber historisch und
dramatisch unbedeutend ist, geltend zu machen. Das Publi-
lu»> wollte sich indessen nicht zurecht finden, und verließ mißver Beilage: Jntelligenzblatt Nr. 7.

Verlegt von der I. G. Cotta 'scheu Buchhandlung.


60.

M v r g e n b l a t t

f ö r

gebildete Stände.

Montag, 10. März i 8 2 3.

^ — Nvch einmal laHt


Die btistre Zeit an euch voruberfuliren.
Und blicket frol,er in die <?cgen«art
Und in der Zukmift hoffnungsreiche Ferne.
Sch iller.

Deutschland z« Anfang des siebzehnten danken, daß dies seitdem doch sich ganz verändert hat,
«vnn auch >,leich noch hcnt zu Tage in dem nicht sehr wein-
Jahrhunderts. reichen Deutschlan de größere Becher, öfter gefüllt, auf den
Ä«s dem gleichzeitigen Reisebericht eines SchettliinderS. Tischen stehen, als in dm Ländern, wo das edle Gewächs
mikqetbeilt von einheimischer und in weit größerer Fittle zu Haufe ist. Zu
Gustav S ch w a >. gleich aber wird er mit Begierde nach dem Meisterwerke
Schottische Beschreibungen stehen dermalen in sol
des großen Dichters greifen, das gerade in jener Periode
chem Credit bey der schreibenden und lesenden Weit beyder
der deutschen Geschichte sxiclt; vielleicht wird er erst
Hemisphären, daß Nordamerikaner, Deutsche, Franzosen,
nach Durchlesung unsrcs Reiseberichts Schillers Wallen
in neuester Aeit selbst Italiener bey dem großen schotti-
stein, und namentlich den vierten Aufzug seiner Piccolo-
sehen Farbcnmifcher in die Lehre gehen, um hoffen zu dür
mini von Seiten der herrlichen Wahrheit des Kostümcs nach
fen, durch beleckte Gemälde in jener beliebten Manier sich seinem ganzen Verdienste würdigen. Mir täuschenderem
den Bevfall eines sehr ausgebreiteten Publikums zu erwerben. Effekte hat Walter Scott kein Hof- unb Stadtfest von Lon
Mir sey es erlaubt, unscrn deutschen Lesern einen alten don geschildert, als Schiller eine deutsche Hcrrentafcl des
Schotten zuzuführen, der ihnen, getreu und geistreich,
wie mir vorkommt, als Augenzeuge erzählt, wie es siebzehnten Jahrhunderts.
Um zu unfrem Reisenden zurückzukehren, so werden wir
bey ihren Vorfahren vor zweyhnndert Jahren ausgesehen. vielleicht ans diese Schilderung von Deutschland eine gleiche
Ein solcher Bericht darf sich immerhin neben die Schilde Englands, Frankreichs, Italiens, Spaniens, zulezt sogar
rungen unserer Novellen und Romane stellen, die uns fo der Türkey, seiner zierlichen, lateinischen Feder entlehnt,
-Manches «uö jener geit mit zuversichtlicher Genauigkeit in gehörigen Zwischenräumen folgen lassen. Für dießmal
ausmalen. Der Leser wird sich in gleichem Maaße darü mag er über unser Vaterland in nachstehender Erzählung
ber verwundern, daß so vieles jezt ganz anders ist, und
darüber, daß eben so Vieles noch heute in Deutschland ganz sich vernehmen lassen.
so sich vorfindet, wie ums Jahr t«2». Wen» er an die Der Mhcinstrom, der von den Wurzeln der Alpen
Steile kommt , wo der Reisende sich über die Tafelfreuden kommt und durch das belgische Land sich in den Ocean er
der Deutschen lustig macht *) , so wird er dem Himmel gießt, fließt jezt durch das Deutschland, dessen Gränze
Der Leser vergleiche die Erzählungen nnsers Berichterstat er ehmols bildete, und das heut zu Tage andere Staaten ,
ters mit den kürzlich in miscrm Blatte mirgctheilten urkundli
andere Namen und ein größeres Gebiet umfaßt. Das weit
chen Belegen aui jener Zeit.
2
läusige Gelände, das von Frankreich und dem Alpeugebirge vielen Dingen eine häßliche Nachlässigkeit und Verwirrung,
bis zu den Sarmaten undPannonieru reicht, ist unter ver und eintretende Wanderer haucht aus diesen Kammern eine
schiedenen Fürsten in verschiedene Herrschaften gethcilt. widerliche Stubenluft an. .,
Ehemals hatte es ein wildes Ansehen durch Wälder und Ein (Die Fortsetzung folgt.)
wohner, jezt ist es vielfach mit Städten geschmückt, und die
ungeheuren Waldungen, die es bedeckten, sind auf dasBe-
dürfniß beschränkt und bilden sogar eine Zierde des Landes. Stanislaus Lcczinskis Flucht ans Danzig.
Wo es sich nach Oberitalien hinstreckt, wo seine Hügel den
Rhein beschatten, wo es an Pannonien gränzt, und aus (Fortsetzung.)
serdem an einigen andern Orten, wo die Luft durch schir Unser Weg war jezt weit beschwerlicher, als er in der
mende Anhöhen , oder Ströme gemildert wird , nährt Nähe von Danzig gewesen war. Wir fuhren durch dich
es sogar den Weinstock. Der übrige Thcil ist reich ten Schilf, der unfern Nachen aufhielt. Der Schilf bog
an Bergen, Wäldern, besonders Tannenholz, und in der sich unter demselben mit lautem Pfeifen^ durch welches,
kältern Region an Sandflächen. Der Fürst der europäischen da man es weit hörte, unfere Flucht verrathen wer
Ströme, die Donau, durchschneidet es , und schwellt sein den konnte. Ja sogar der gebogene Schilf selbst be
mächtiges Gewässer alljährlich zum Ruin der Brücken. Die zeichnete unsere Durchfahrt und konnte am folgenden
Ufer diefeö Flusses zieren einige ansehnliche Städte, doch Tage auf die Spur Hes Weges leiten,' den wir genommen
steht ihre Zahl nicht im Verhältnisse mit der Größe hatten. Wenigstens fürchteten wir dieses. Oft fanden
des Stromes. Der Rhein, die Elbe, und viele seit ural wir uns genöthigt, aus dem Nachen zu steigen und, im
ter Zeit berühmte Flüsse durchströmen Deutschland in sei Morast versunken, denselben fortzuziehen, bis wir an ei
ner ganzen Breite. Auf der Alpcnseite, den ganzen Lauf nen Ort kamen , wo das Wasser tiefer stand.
der Donau und des Rheins, so wie der Einflüsse dieses Gegen Mitternacht gelangten wir an das Ufer eines
leztern Stromes, des Mayns und der Mosel, entlang, Flusses, den ich für die Weichsel hielt. Unsere Führer. bc-
hat das Land keine üblen Gasthöfe; dagegen, wo es sich dem rathschlagten sich unter einander, aber ohne den General
Lcean zudehnt, oder sich von den gangbarsten öffentlichen oder mick) in ihren Rath zu ziehen. Sie beschlossen , ihr
Straßen entfernt, da gewährt eö nur schmutzige Herber Anführer solle mitS t e in flv ch t und dem bankerotten Kauf
gen, und das Volk bat in seiner ganzen Lebensweise noch mann zu Fuße neben dem Flusse fortgehen, ich mit den
viel von seinem ursprünglichen Charakter bcvbehalten, wie bcnden Andern zu Schiffe neben dem Flusse durch den Mo
ihn uns die alten Schrifpreller schildern. Doch sind die rast fahren. Alle sagten mir, wir würden bald wieder
Städte ihres Rufes nicht unwürdig; besonders sind der Markt zusammenstoßen. Ich gab nach , ob ich gleich ihren Ver
und die Mätze, wo sich Straßen kreuzen, stetS mit Rein sprechungen nicht ganz traute. Diele Trennung ging mir
lichkeit ausgebaut ; die Häuser strecken sich in die Höhe mit nahe, und wollte Gott ich hätte auf die geheime Ahndung
gleichen Giebeln ; das zerbrechliche Baumaterial verbirgt geachtet, welche mir sagte, ich werde Stein fly cht auf mei
sich hinter Malerevcn. Das Innere der Häuser ist nicht ner ganzen Reise nicht wieder zu sehen bekommen.
mit gleicher Kunst für die Bedürfnisse des Lebens eingerich Meine Meynung, wir befinden uns am Ufer der
tet. Namentlich verweisen sie die Betten in den entfern Weichsel , machte, daß ich noch immer glaubte, lner
testen, gewöhnlich dunkeln TKeil des Hauses. Der Ka fey der Ort, wo wir übersetzen müßten. Aber es war der
mine bedienen sie sich im Durchschnitte nicht. Sie ziehen Nering, und da ich dieses erfuhr, tröstete ich mich leich
eiserne Oefen vor, um sich vor der Kälte zu schützen; diese, ter über Steinflvchts Abwesenheit. Ich wußte ihm
ins Getäfer der Wände eingebaut, füllen sie nach Beschaf sogar Dank dafür, daß er selbst sich entschlossen hatte den
fenheit der Luft mit Feuerbränden. Fremden wird diese sichersten Weg auszukundschaften, auf welchem wir end
.spitze gewöhnlich lästig ; sie beschwert das Haupt mit un lich zu dem so ersehnten Flusse gelangen könnten. Indes
gewohnten Dünsten, und wenn man das Simmer ver sen fragte ich doch zu wiederholten Malen die Leute , wo
läßt, so schüttelt den erschlafften Leib, dem jedes Lüftchen und wenn wir ihn ungefähr wieder antreffen würden?
gefährlich wird, ein Fieberschauer. Ucberdicß füllt sich, „Dort," sprachen sie, „dort geht er vor uns; wir können
wenn das Feuer nachzulassen anfängt, diefc Art von Hy- ihn nicht verlieren. Wir fahren neben dem Wege, auf
pokausicn mit unangenehmen Gerüchen , zumal die Speise dem'er geht." Aber das thaten sie nicht ; sondern fuhren, ich
zimmer, wo der künstliche, gemischte Nebel so vieler Ge weiß nicht aus welchem Grunde, von dem Wege ab. Ich
richte damvft, und noch dazu der Wein nach der dortigen bemerkte es erst, als der Anbruch des Tages uns zwang,
löbliche,, Gewohnheit nicht nur ausgetrunken, sondern auch auf irgend eine Weife uns den Augen meiner Feinde zu
ausgeschüttet wird. Aber nicht blos in diesen Zimmern, entziehen, die vielleicht schon Befehl hatten mir nachznseften.
auch in den andern Gemächern der Deutschen herrscht in Wir waren in Verlegenheit einen Orr zu finden,
2Z9
NW ich Mick verbergen könnte. Meine Führer wußten wohl,
daß alle Häuser in der Nackbarschaft voll von Russen und Volksscenen auS der Levante.
Kofacken waren , und es blieb uuS nichts übrig , als eincö (Beschlui.Z
auszusuchen, wo man, im Falle der Noll), ouS CigennuK
oder aus Freundschaft uns Schutz gewähren wollte. Es Tü rkisches Mi l itSr. Gricchifche Falschmünzer.
fiel ihnen ein, daß sich einer ihrer Bekannten in der Nähe Eines Tags wurden wir in Svmrna in einer engen
befinde. Wir landeten be» feinem Haufe, ES war ein Straße bcvm Bazar durch ein Paar Kamcele aufgehalten, die
Bauer, dessen Hütte nicht viel besser schien, «ls jene, welche auf den Knie?» läge, , um sich abladen zu lassen, und den Durch
ich am vorigen Abende verlassen hatte. .,Habt Ihr Russen gang völlig versperrten. Während wir warteten, sahen wir
bier?^ fragten ihn meine Führer. „Nein," antwortete in einer andern kleinen Straße eine wunderliche Prozession
cr, „jezt sind keine da, aber wenn Ihr etwas mit ihnen ab- vorüberziehen, aus der wir Anfangs nickt klug werden
zumachen habt, fo wartet nur, den Tag über kommen ihrer konnten. Es war ein türkisches Regiment; voraus zog
genug hierher." Unfer Entschluß war gefaßt; von allen kriegerische Musik, d. h. ein halbes Dutzend wunderlich
Uebeln, die uns drohten, war dieses das kleinste. Darum aufgexuzter Bursche, die mit Stücken einer elastischen Snl>
blieben wir in der Hütte, obgleich ungern. Damit indes- stanz (ungcgcrbtes Fell) auf kleine Pauken schlugen, und zwar
sen dieser Mann, dessen Gesinnungen wir nicht kannten, in keiner andern Absicht, als einen um mißtönenden Lärm
mich nicht erkennen möge, führten mick die bcvden Schnaxp- z» machen; andere bliesen auf einer Art Klarinctr, ohne
hahne die Treppe hinauf in ein kleines Zimmer unter dem irgend an ein Acitmaß oder eine Melodie zn denken.
Dach, ehe noch der Wirth Zeit hatte, mich zu betrachten Marsch, Kleidung, Waffen, eins war an diesem Hecrhau-
oder mit mir zu fxrecken, was cr eben im Begriff war zu feu so unqleichförmig als das andere, und diese Unord»
lhun. Sie warfen mir ein Bund Stroh hin und batm nuiia mußte Reisende, die an die Haltung europäischer
mich auszuruhen, wahrend sie unten Wache halten wollten. Truppen gewöhnt waren , notbwendig in Erstaunen setzen.
Ja, sie seven sogar, sagten sie, entschlossen, den General Am Eingang zum Bazar bemerkten wir einen Hausen
von St e infl »cht auszusuchen, nach welchem ich mich ohne Kinder um einen Mann versammelt, der eine ganz son
Aushören erkundigte. derbare Stellung hatte. Er lag auf dem Bauch, und der
Schon seit zweo Nachten hatte ick nicht geschlafen; ich Kopf kam hinten zwischen den Beinen l?eranS. Wir tra
p^r/uchte es daher ailszuruhen, aber ich konnte nicht. Meine ten näher und erfuhren, es sev der Körper eines Griechen,
Stiefeln waren voll Morast und Wasser, und dazu kam den man vor einer Stunde geköpft habe , und dessen Leich
noch Stein fl ychts Verlust, das deutliche Porhaben mei nam jezt seines Gleichen zum abschreckenden Beysxicl aus
ner Führer, sich von dem Wege zu entfernen, über den gestellt fey. Er war im Bazar nebst zwe» andern auf dem
sie miteinander einig geworden waren, die Gefahr, in Versuche ertappt worden , falsche Münze in Umlauf zu
der ich mich an diesem Orte befand, und taufend andere bringen. I» folche» Fällen und bey einem Gioonr ist die
traurige Gedanken, welche mir durch den Kopf gingen. türkische Justiz schnell. Der Verbrecher wird ohne Ver
Diese Gedanken raubten mir den Schlaf, der mir ausser: hör, ohne alles Weitere an Ort und Stelle geköpft. In
dem be» meiner Erschöpfung sehr leicht geworden wäre. Hvdra und Sxezzia bestehen gegen zwanzig bis drevßig re
Ich stand auf und sah durch das Dachfenster des Heu- gelmäßige Fabriken von falscher Münze, die von der grie
bodens. Da erblickte ich einen russischen Offizier, welcher chische» Regierung nicht allein geduldet werden, sondern
langsam auf der Wiese hin und herging , und zwe» Solda unter ihrem Schübe stehen. Man fcklägt daselbst spaniscke
ten, welche ihre Pferde weideten. Dieser Anblick war schreck- Dollars, ParaS und alle Sorten türkischen Geldes, und
lich für mich. Die nachdenkende Miene des Offiziers, wel dieses falsche Geld bildet einen Handelszweig mit Malta
cher einen Plan auszufinnen schien, die Pferde, zu denen und Jonien ; von da wird es nach Egvpten und in die
er immer zurückkehrte, als wünsckte er, sie möchten bald Türken verführt, wo es durch ionische Agenten in Umlauf
gefressen haben, die bewaffneten Soldaten, ihre große Ent gefezt wird. Die Griechen rechtfertigen Kiefen Handel er
fernung von dem Lager, alles dieses bcwvg mich zu glau stens damit, daß cS immer und überall erlaubt fey, sei
ben, ich fey endlich in die Schlinge gefallen, die ich fo nen Feind anzuführen, zwevtens damit, daß diefe Mün
sorgfältig vermieden hatte. Schon war der Augenblick zen alS falsches Geld in herabgeseztem Werths unter ih
nahe, in welchem ich nicht den Muth, sondern etwas nen gelten , und sie sich auf diefcm Wege eine National-
weit kostbareres als den Muth zu verlieren in Gefahr münze bilden , die sie rechtlich zu ihrem Gebrauch schlagen
stand, nämlich die Hoffnung, auf welche er sich stüzt, und können. — Die kleinen Schlingel , die den Körper des ge-
welcher man ihn nicht feiten zu verdanken hat. köpften Griechen umgaben, schienen entzückt über den
(Die Fortfetznng folgt.) Sraß; sie jauchzten laut, stießen den Leichnam mit deu
Fäßen an, bis einer einem Kameraden mit seinem, iu
24«
das Blut des Unglücklichen getauchten Stocke das Gesicht hat die Freude, die g«nze Stadt lustig sich bewegen z« sehen.
beschmierte, und dann vor Lachen fast erstickend ans den Die Idee deö Dichters, dieß Morilchc Faktum für die Bühne
Bazar zulief; lärmend folgte ihm der ganze Troß, laut z» benutzen , war glücklich , schade daß es nicht auch die Aus
führung war. Für die getäuschte Erwartung entschädigte
jubelnd über die verübte Heldenrhat. jedoch das ausgezeichnet treffliche Spiel des Hrn. Heigl, Bru
ders dcs Verfassers , in der Rolle des Statthalters. Dieser,
wir sagen unübertrefflichen Leistung wegen könnten
wir uns entschließen , die Posse »och einmal z» sehen , die üb?
Korrespondenz- Nach richten. rigens keinen Beyfall fand.
So hätten wir nun alle Bühncnncnigkeitcn berührt, „nd
wir I'abe» nimm ehr mir »och einige Worte über unser Ballet
München, Februar. zu sprechen. Vorerst von Hrn. Rozicr ; wir hatten Gelegen
(Beschluß.) heit diesen berühmten Tänzer in sechs verschiedene» Ballctdar-
flcllunge» zu bewundern , namentlich in ,-Zcphyr und Flora,"
„Der Diamant de« Geisterkönigs ," Zanbersvicl von Rai- vom genialen Diderot, Ballctmcistcr in Petersburg, ein Bäk
«und, das bekanntlich unzählige Male in der Wiener Leopold? let, welches sowohl in Paris als London das entschiedenste
stadt gegeben warb , ist auch hier mit Bcyfall aufgenommen Aussehen erregte, und als Fundgrube im Anacreontischcn für
worden. Die Intendanz hak alles aufgeboten, um dasjenige, die meisten Choreographen gilt. Auch bey unS wurde diese«
was diesem Zauberflück eigentlich seine» Zauber gibt > Fecric, Meisterstück gewürdigt, ungeachtet n»S schon früher Taglioni«
Verwandlungen und Erscheinungen in mbglichflein Glanz dar: „Aglaja," und besonder? „Zephyr nnd Rose," mehrere Schön
stellen zu lassen. Da das Stück als Posse im kleinen Hoftheas heiten au« demselben vorgeführt hatten. Hr. Rozicr gehört noch
tcr gegeben werden mußte, so war bey dnn enge» Räume »nd seinem Aplomb , feiner Grazie» seinem schöngestrcckten Coude-
der mangelhaften Maschinerie wenig Gelungenes zu erwarten. pied, scincin geschlossenen Entrechat und der Federkraft, welche
Da übrigens im großen Hause Pantomime« gegeben werde», i» seiner Elcvatic» liegt, unstreitig zu den ersten Talenten im
deren komische Sccucn doch gewiß possenhaft sind, so hätte je Genre der »erieui- und ä«n>i c»r«c>«r« Tänzer ; wa« aber
nes Zauberspiel der Würde diese« Hauses keinen Eintrag gc- die Leichtigkeit , init welcher er die angestrengteste» Pas und
than und der Kasse eine bedeutende Summe eingebracht. Im Ballete bis zum Schlüsse auShält, anbelangt, mag ihm wohl
neuen Jahre sahen wir als erste Neuigkeit: „HanS Sachs," keiner an die Seite zn stellen scyn. Hier ist weder von einer
dramatisches Gedicht in vier Aufzügen, von Deinbardflein. Anstrengung , von Athcmholen, noch von den sogenannten Ans-
Mehrere öffentliche BlZttcr rühmten in Folge von Berichten ans rubschrittcn ctwaS zu sehen , da auch die kleinste Bewegung
der Kaisevstabt dir ..meisterhaft gelungene Dichtung" als eiue wah dem Auge wohlgefällig «nd als zum Ganzen gehörig erscheint,
re Zierde der deutschen Bühne. Da der Verfasser, ei» nicht uns und jeder, welcher Hrn. Nozier seine Aufgabe in „Aschenbrödel
bekannter Schauspicldichtcr, als Professor der Aesthctik in Wien oder „Zephyr und Flora," wo er fast die Bühne nicht verläßt,
lebt, so ist jenes Lob begreiflich. I» der Ferne aber, wo man sich lösen sah, kann nicht genug bewundern, mit welch nnbcsicg-
nur a» das Objekt hält, urtheilt man frculich ander«. Wenn barer,' ncugestählten Kraft er sie bis zum lcztc« Schritte
wir nun diese Dichtung nicht gerade für ein Meisterwerk halten, so durchführte. Der einstimmige Wunsch , Hrn. Nozier unser
ist sie doch eine Spende, die in unserer kargen Zeit jeder Bühne nenncu zu könne», wird wohl, der beschränkten Mittel we
gewiß angciiclnn scyn nnrß. Bis wir einer zweyten Darstellung des gen , kaum in Erfüllung gehen , und doch müssen wir bemer
Stücks werden beygewobnr haben , genüge es zu sagen , daß es ken, ohne Hrn. Schneider nahe treten oder seinen Fleiß
ohne sonderliche Beachtimg vorüberging, was hier übrigens verkennen zu wollen , daß sich nnscr Ballet ohne einen Tän
schon bey mancher guten »nd bessern Arbeit geschehen ist. Mit zer erste» Ranges kaum in die Länge auf skiner Stufe halten
einer andern Reuigkeit nahm der Karneval von »»S Abschied, wird, da unsere Forderungen, durch die ausgezeichnete Leistung
nämlich mit der Lokalposse „der Fasching in München im Jahr deS Hrn. Rozicr gesteigert, sich wohl nicht leicht wieder in
456Z," von E. M. Heigl. In unserer Stadt zieht alle sieben ihre früheren Schranken zurückweisen lassen werden. Unser
Jahre die Innung der Küfncr , hier „Schäfflcr" genannt, in Ballctmeifler, dein wir übrigens nicht vorzuwerfen haben, daß
alter Festklcidung , grünen Kappen , vothcn Jacke» und leder er uns durch Neuigkeiten übersättigt , liefert uns ein Ensem
nen Schürzen durch die Stadt . und führt eine cigcnthümliche ble , wie wir es früher nie gekannt , und wie es manche grös
Art von Tanz, von einer Trommel und einige» Pfeifen be sere Bühne nicht besizt ; unsere zweyten Tänzerinnen sind an- '
gleitet, in der Straße auf. Die historische Entstehung dieses genehme Erscheinungen , unser Komiker Laroche, so wie Mab.
TanzeS gab nun Hrn. Heigl die Idee zu der Possc, die natür Tlioms und Mad. Hörschel! sind ausgezeichnet zu nennen. Wenn
lich nur hier Werth habe» sollte. Das Jahr izgz war näm wir nun gleich durch unsere Mittel schon Bcdcutcndcs erhiel
lich für München ein sehr trauriges. Die Pest hatte große ten, so fehlt doch meistens der Schlußstein: ein erster
Verheerungen angerichtet. Niemand ließ sich auf den Straßen Tänzer, dessen Virtuosität das Ganze belebt und elektrisch
sehen, der Herzog, Alvrccht V., hatte mit seinem Hofstaat auf seine Umgebung wirkt , wie es bey der Darstellung dcs
die Stadt verlassen , in der Jammer nnd Elend herrschte, Hrn. Rozicr der Fall war. So ein schöner Tänzer Hr. Schnei»
und dieß gerade, wo, damals wie jezt, der jährliche Zeitpunkt der ist , tritt doch die Anstrengung , welche ihn die Ausübung
für Tanz und Mummercy eintrat. Da hatte ein Küfner den seiner Kunst kostet, zu sehr ins Auge, und sein Physische«
gesunden Einfall, dem Karneval sein Recht zu geben, zugleich erlaubt ilnn selten einen Pas mit jener Leichtigkeit zu schließen,
aber dem Kopflängen zn steuern ,, und den alten Frohsinn zu welche allein den Genuß des Publikums zu steigern verniögeiid
rückzuführen. DaS öffentliche Schauspiel eines Reigentanzes, ist. Hr. Rozicr ist dermalen m Berlin, wird aber, wenig
wöbcy es natürlich an Possen nnd Narrentheiduug nicht fetten stens für ei» Paar Monate, nach München zurückkehren.
durfte , dünkte ihm das beste Mittel. Er bat daher den Statt - ?.
halter , der in Abwesenheit des Fürsten regierte, einen solchen
Tanz aufführe» zu dürfen ; der alte , mit der Gicht geplagte
Mau» ist Anfangs dagegen, willigt aber endlich ein, und Be plage: Kunstblatt Nr. 20.
Verlegt von der I. G. Cotta 'schen Buchhandlung.
61.

M o r g e n b l a t t

f ü r

'. gebildete Stände.

Dienstag, 11. März 1 s 2 8.

— Sein Aug«.
So leuchtend «ie des Adlers, schießt hervor
Gewaltge MajestZt; ach, ach, der hnbey Pein,
D«ß Harm vcrdmikeln soll so holden Schein!
Shakespeare.

Stanislaus !eczl„Skis Flucht aus Danzig. Sobald sie fort waren, kam die Wirthin wieder zu
mir. „Sie sind fort," sprach sie, „aber sagt mir, warnm
(Sortseylinq.)
fürchtet Ihr Such so sehr vor ihnen? Warum kommt Ihr
Noch größer war mein Schreck, als ich hundert Schritte nicht herunter, warum esset und trinkt Ihr nicht mit Su
»eiter mehrere Kosacken mit verhängtem Zügel über die ren Kameraden? Wer sevd Ihr? Woher kommt Ihr? Ihr
Wiese hersprengen sah. Sie kamen auf die elende Hütte müßt ein Fremder sevn, dies höre ich an Surer Sprache,
zu. Bey diesem unerwartetenAnblick zog ich meine» Kopf und Suer Gesicht ist besser als Guer Rock. Sprecht, er
aus dem Fenster zurück. Ich warf mich auf mein Stroh- zählt mir, sagt mir, wer Ihr seyd. Ich will Such nicht
tsger und überlegte, ob es nicht möglich sey, diesem Hau verrathen, ich habe Such lieb gewonnen." Ich wußte nicht
fen , der mich umringte , noch zu entgehe». was ich auf diese dringende Anrede antworten sollte. Meine
Ich erwartete, daß nunmehr bald das Haus von allen natürliche Offenheit brachte mir wohl zwanzigmal mein
Seite» umgeben scyn würde. Aber sie thaten noch melxc Geheimniß auf die Lippen, aber es war doch zu gefähr
als das. Ohne mit einer Belagerung Zeit zu verlieren , lich, mein Schicksal den Händen dieses Weibes auzuver-
bemeisterten sie sich des Hauses sogleich. Ich hörte zu mir trauen. Ich bestärkte einigermaaßen ihren Argwohn , und
heraufkommen; es war die Wirthin, welche vou meinen bejahte alles, was sie mich fragte ; ich war alles, wofür sie
Begleitern abgesandt war, um mir von der Ankunft dieser mich hielt, denn die Wahrheit errieth sie nicht. Zum Glück
Leute Nachricht zu gebe», und mich zu bitten, mich ruhig hatte sie nicht Verstand genug, vm einzusehen, in wie
zu verhalten. Dies war ein guter Math, und ich hatte viele Widersprüche sie sich verwickelte, die ich alle zugab.
denselben schon vorher befolgt. Aber diese gefährlichen Vorzüglich war mir auch die Dunkelheit dcö Heubodens
Kosacken, welche, wie ich vermuthete, »Befehl hatten mir günstig, denn so konnte sie nicht bemerken, mit welcher
nachzusetzen , waren »nr in das Haus gekommen , um zu Angst ich jedes Wort aussprach. Ihren Fragen war ich
trinken. Sie ließen sich ein Frühstück geben und blieben nun entgangen, aber ihrer Besvrgniß konnte ich so leicht
beinahe zwey Stunden. Auf meinem Heuboden hörte ich nicht entgehen. „Wenn dem so ist," sprach sie, „wenn
alle ihre Gespräche. Es waren Erzählungen abscheulicher Ihr mit den Mnsscn so schlecht steht, so bitte ich Such
Thaten, eine ärger als die andere. Die Belagerung Dan- mein Haus zu verlassen. Fänden sie Such bey Mir, so
zigs wurde nicht vergessen, so wenig als das, was sie in wäre ick verloren, vielleicht würden sie mir sogar das
Polen verübt hatten. Alles waö sie sagten erfüllte mich Haus anzünden." Sie war im Begriffe, mir die Thüre
mit Mitleid und Schrecken. zu weisen, aber es gelang mir sie zu überreden, daß sie
«42
ich ts z« besorgen habe, und nach einer lange» Unterre seyn würde. „Daran kehrt Such nicht," svrach ich, „laßt
dung gab sie endlich ihre Furcht auf und ließ mich in Ruhe. uns überfahren, denn für mich giebt es keine größere Ge
Mir war bange , es möchten noch mehr Russen oder fahr, als länger da zubleiben, wo wir jezt find." ,
Kosacken kommen , und darum blich ich den ganzen Tag Unrecht wäre es gewesen, wenn ich nunmehr meinen
auf meinem Stroh liegen. Dort war ich vor ihnen sicher, Leuten nicht hätte trauen wollen, die mit meine» Feinden
aber ruhig konnte ich deßwegcn doch nicht feyn. Eine gegessen und getrunken, und dennoch mein Wohl ihrem
Menge trauriger Gedanken quälten mich, und vergeblich Vortheil vorgezogen hatten, die sogar bey Taback und
würde ich es versuchen, meinen damaligen Zustand zu berauschendem Bier so viel Much und Rechtschaffcn-
schildern. Ich fühlte jene Qual, nach meinem Gefühl yeit gehabt hatten, ihr Versprechen zu halten und mir ge
die größte von allen , die Qual nicht thitig seyn zu dür treu zu bleiben. Auch nahmen sie jezt meinen Vorschlag
fen, wenn man unruhig ist, und sich genöthigt zu sehen, gut auf. Bey einbrechender Nacht sezten wir uns in den
in Unthätigkeit allem Schrecklichen, waS unser warten Nachen, welchen wir eine Viertelstunde von dem Hause
kann, entgegenzusehen. Zweycrley Betrachtungen tröste- an dem Orte, wo die Überschwemmung aufhörte, hatten
ten mich indessen. Erstens glaubte ich, die Vorsehung stehen lassen.
habe mir Steinflycht, den einzigen Mann, auf den ich Bald stiegen wir wieder ans Land und gingen nun
mich verlassen konnte, aus keinem andern Grnnde geraubt, einige Stunden lang zu Fuße, beynahe Immer in weichem
als damit ich mich auf Niemand verlasse als auf sie. Zwes und schlammigem Erdreich, wo wir bis an die Knice hinein
tens konnte ich wegen eines Umstandes, den ich gleich er fielen, und uns alle Augenblicke genöthigt sahen einander
zählen werde, gar nicht zwepfeln, daß die Vorsehung über zu Hülfe zu kommen. Oft hatten unsere Anstrengungen
mir wache, und sogar auf die kleinsten Umstände meiner keine andere Folge, als daß wir in diesem morastigen Bo
Reife Einfluß habe. Bey meiner Abreise aus Danzig hatte den noch tiefer einsanken und in die noch größere Gefahr
mir der Gesandte zweyhundert Dukaten gegeben. Da ich kamen , in demselben stecken zu bleiben.
schon seit vielen Jahren kein Geld mehr bev mir zu tra, Endlich erreichten wir das Ufer der Weichsel. Einer
gen gewohnt war, so wurde mir dieses Gold zu lästig. meiner Schnapxhabncn bat mich, einen Augenblick bey
Schon am ersten Tage bat ich S t e i n f l y ch t , er möchte mir seinem Kameraden zu bleiben, während er hingehen wolle
dasselbe abnehmen. Er weigerte sich und stellte mir vor , um zu sehen, ob der Kahn sich da befinde, wo man ver
wie wichtig es sey, in solchen Umständen Geld zu besitzen, sprochen habe denselben bereit zu halten. Wir warteten
und wie nöthig es sey, daß ich es bey mir behalte. Ich eine gute Stunde auf ihn. Endlich kam er und sagte, der
mußte ihm Recht geben, als mir aber das in meinen Ta Kahn sey nicht mehr da ; wahrscheinlich sey derselbe von
schen hin und herschtagende Gold allzu unbequem wurde, den Russen weggenommen worden. So mußten wir
bat ich ihn bald anfs neue, mich davon zu befreyen. Er denn in den Morast zurückkehren, aus dem wir herkamen.
weigerte sich fortwährend; um dem Streite ein Ende zu Wir nahmen eine andere Richtung, und nachdem wir eine
machen, wurde endlich beschlossen, daß Steinflpcht Stunde Weges eben so beschwerlich zurückgelegt hatten als
mir die Hälfte der Summe abnehmen, und ich die an vorher, traten wir in ein Haus, und hier wurde ich auf
dere behalten solle. Dieß war ein offenbarer Finger den ersten Blick erkannt. „Wen sehe ich!" rief der
zeig der Vorsehung ; allein und mir selbst überlassen , wie Wirth aus, sobald er mich erblickte. „Du siehst einen
ich damals war, denn meinen Leuten tränte ich nicht, was Bauer, wie Du bist," antworteten meine Führer, „was
hätte ich anfangen sollen, wenn ich auf dem Wege mich findest Dn besonderes an ihm?" „Wahrlich, ich irre mich
genöthigt gesehen hätte, irgend etwas zu kaufen, das zu nicht," sprach der Mann, „es ist König Stanislaus!"
meiner Bequemlichkeit dienen konnte, oder irgend Jemand, „Ja, ja, mein Freund," antwortete ich fest und uner-
der mich erkannte, den Mund zu stopfen? schrecken , „ja, er ists. Aber an Deinem Gesicht sehe ick,
Gegen Abend konnte ich die Langeweile nicht mehr aus daß Du ein ehrlicher Mann bist, zu ehrlich, um mir nicht
halten. Ich ging hinunter, um mich mit meinen Führern in meiner jetzigen Lage allen nnr möglichen Beistand zu
zu besprechen. Sie wüßten, sagten sie, daß der General leisten." Dieses einfache und offenherzige Geständniß hatte
S t e i n f l y ch t nur eine Viertelstunde von hier entfernt sey, den allerglücklichsten Erfolg. Aber nickt um des Erfolges
nnd das? er sich vorgenommen habe, in der Nacht an einem willen billige ich mein Verfahren ; gesczt auch, es wäre
verabredeten Orte mit uns zusammenzukommen und über mir nicht gelungen, so hätte ich doch, glaube ich, bey die
die Weichsel zu fahren. Aber es wäre zwcyfelhaft,^ seztcn ser Gelegenheit nichts Klügeres thun können. Hier war
sie hinzu, ob man bey so heftigem Winde die Ueber- kein Weib, wie am vorigen Tage, keine leichtsinnige und
fahrt würde wagen können , denn es stürme stark, und der schwache Seele, aus deren Neugierde ich schließen konnte,
Kahn, welchen sie sich verschafft hätten, sey so klein und daß es ibr anck an dem nicht fehle, was die Neugierde
schlecht, daß die Ueberfahrt mit vieler Gcfabr verbunden jederzeit begleitet, nämlich an dem unwiderstehlichen Trieb
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zu schwatzen und alles wieder zu sagen. Auf den ersten suchte, forderte den Franzosen heraus, indem er ihm »or
Blick sab ich, wen ich vor mir hatte. SS war einer von trank, und einen Becher von gewaltigem Umfange rein
den offenen, aufrichtigen Menschen, zwar auffahrend, aber ausleerte. Der Franzose, keineswegs erschrocken, steht
vernünftig, standhaft, thätig und entschlossen; kurz ein zu unser aller Staunen auf, und: „damit du wissest,-
Charakter, der es niemals würde vergeben haben, wenn spricht er, „daß du dich an einen Freund gewendet hast,
ich mich vor ihm hätte verbergen wollen. In seinen offe- so weigere ich mich nicht nur nicht, die von dir mir an
nen, entschlossenen Zügen las ich, daß ich an ihm entwe getragene Bedingung zu erfüllen, sonder» ich fordere dich
der einen Feind, und vielleicht einen gefährlichen Feind meinerseits zum fröhlichen Streite »och weiter heraus.-
baden würde, wenn ich ihm mein Zutrauen nicht «henkte, Mit diesen Worten leert er fürs erste den Becher, mit
oder einen Freund, fähig alles zu unternehmen, wenn ich dem er herausgefordert worden, auf einen Zug, dann
ihm dieselbe Offenheit bewies wie er mir. Er versprach füllt er ihn zum zmeoteu Male mit Wein, und gießt ihn
mir, mich über die Weichsel zu bringen, und hielt Wort. dem, Gaste zu Shren in die schon schwellenden Glieder.
Er verließ das Haus und eilte voll Eifer einen Kahn zu Tief gerührt von den Zeichen einer so gränzenlosen
holen, um an dem Ufer die Stellen zu untersuchen, wo Liebe erhob sich der deutsche Oberst auf seine Füße, die ihn
ich ohne Gefahr übersetzen könnte. kaitt« mehr trugen, und rief: „Glaube nicht, daß Du die
(Die Fortsetzung folgt.) sen Freundschaftsdienst an einen Undankbaren verschwen
det ! Du weißt, ich Hab« keinen kleinen Hanfe» Miethfol-
daten unter meinen Fahnen. Die will ich zwey ganzer
Deutschland zu Anfang des siebzehnten Monate im Lager halten, ohne daß sie eurer Kasse be
schwerlich fallen. Srst »ach jener Frist mögt ihr ihnen,
Jahrhunderts. wenn eS euch so gefällt, und euer König eS grnehmigt,
(Fortsetzung.) Sold bezahlen." Uns andere Gäste überlief ein Schauder
Sin unglücklicher Fehler des deutschen Volkes ist die bey diesem ungeheuren Lohn eines einzigen Bechers, aber
ungeheure Trunlliede, ein Laster, das eingestanden, und noch vielgröxer war unser Staunen, als später der Deutsche
daher nur um so ungebundener ist. Jene wahrhaft thrazi- wirklich Wort hielt. Offene, ehrliche Sitten gefallen die
sche Lust beschränkt sich nicht bl>S auf daö Vergnügen , sie sem Volke; es haßt allen Schein von Hinterlist und Trug,
gehört sogar zur geselligen Sitte, ja sie mird alS ein Theil und fürchtet ihn an Andern fchr, entweder »eil es selbst
der Bildung angesehen. Mit einem so schimpflichen Preise nicht im Stande ist, vom Wein überwältigt, feine Ge
kann man die Gunst einiger Fürsten erkaufen, die Genos heimnisse behutsam zu verstecken , oder weil der Geist, in
sen ihrer Laster suchen, oder Gesandten und Fremdlingen die Masse jener Leiber eingeschlossen , sich gewöhnlich ab-
die gastliche Tafel decken. Die Deutschen glauben näm gestumpft fühlt, und daher vor dem Scharfsinn Anderer,
lich. Fremden bevm Smpfange keine größere Artigkeit er als wäre derselbe gegen ihn gerichtet, eine quälende Furcht
weisen zu können, als wenn sie dieselben mir einer langen, empfindet.
nicht eben mäßigen Mahlzeit beehren ; eben so glauben sie, Die Obrigkeiten und Beamten der deutschen Staaten,
das ungeheucheltste Wohlwollen ihrer Gäste äußere sich als- die auS der Mitte des Volks gcuommen sind , bringen
dann gegen sie , wann diefe sich nicht weigern mit dem zwar nicht jene höhere und feinere Geistesbildung auf ih
angebotenen Gegcntrunke sich zu überschwemmet,. Das ist ren Posten , aber sie beharren bey den Sinrichtungen ihrer
dorr die feinste Sitte , das bildet den Gemüthern , die sich Väter mit vieler Thätigkeit und Sorgfalt. Die Völler
einander« nähen», das erste Frenndsctmftsband. sind durch den Wink ihrer Herrscher leichj zu leite« ; oft
Ss waren einmal Micthsoldaten onS Deutschland von überlassen sie sogar die Sorge für die Religion ihrer Obrig
ebenfalls deutschen Kriegsobersten nach Frankreich geführt keit, und nicht leicht wird die Religionsparthep, zn der
worden , um dort dem Könige zu dienen. Sinen von sich ei» Fürst oder ein Staat bekannt hat, durch den Sec-
diesen Obersten lud ein sehr angesehener Franzose zu Tische, tengcist und Eigensinn von Privatleuten gestört. Fast
denn er wußte gar wohl, wie kostbar das Unterpfand der mochte ich diese jämmerliche Gleichgültigkeit gegen ihren
Freundschaft sey, das die Deutschen uns geben, indem sie Glauben ein Glück nennen, denn Deutschland ist in den
mir uns trinken. Sr suchte daher die Heiterkeit des Mah neuen« Zeiten dadurch dem Unglück entgangen , das Eng
les durch reichlichen Zuspruch für unfern Gast zn beleben ; land und anch Frankreich, so lange es mit diesem Nebel
Becher von allerley Gestalt und verschiedenen Manieren zn kämpfen hatte, betroffen hat. Nur Oesterreich möchte
zu trinken wurden auf die Bahn gebracht; aber der Deut ich ansnchmen, das jedoch kaum mehr unter dem deut
sche, sev es, um dem Wohlwollen, mit dem sein Wirkt) schen Hiinnicl liegt, auch schon von de» Alten vielmehr
voranging, Shre zn machen, sex eS, weil ihm der Wett- zu Pannonien gerechnet ward. Die unglückseligen, reli
trunk zu langsam vorschritt und er einen rascheren Sieg giösen Streitigkeiten Böhmens datireu sich rückt erst
244
von unserem Zeitalter. *). Und auch dieses Lond, odwohf baren Boten und viele Alterthümer zu finde» . auch öi« Ort
im Schooße Deutschlands gelegm, ist doch «on seinem Kör schaften a« See von den Wechselfiebern zu befreye».
M.
per abgerrennt, indem seine Sprache, seine Sitte», seine
Gesetze ganz verschieden sind. London. Febrn«.
(Die Fortsetzung folgt.) (Fortsetzung.)
Die Sonntagszeitung ^okv Lull schlug folgenden Weg
ein . um Aufmerksamkeit z»r erregen und Abonnenten zu erhal
*) Diese Aeußeninge« bezeichnen al« Abfassu»gSzejt bei Auf- ten. Als zur Zeit de« Prozesses der unglücklichen Königin
sageö den Anfang deS dreyßigjährige» Krieges. Caroline der Parrheyqerst auf« Höchst« gestiegen war. die Op-
positionöblätter die kühnste Sprache führten » und die ministe
riellen Blatter vor der überwältigenden Volkswutb bcynahe
verstmnmt «raren, vereinigten sich einige Spekulanten zu der
Korrespondenz- Nachrichten. Herausgabe einer Sonntagszeitung . welche ohne Schonung die
Rom, 17. Febr. Königin «nd ihre Bertheidiger durch alle nur mögliche Mittel,
bittere Wahrheiten , Verleumdungen , Schu«ihu«gcn und
Der Fasching naht sich unter schönem, aber kaltem Wetter Sport tarniederdonnern sollte. Die Herrn waren Anfangs
seinem Ende. Die Fremden haben viel getanzt, dic R^ömcr zweifelhaft gewesen, welche Seite sie ergreifen sollten; als sie
sind aui vielen Gründen etwas trübe gestimmt , machen aber aber sahen, daß die OppvsitionSseite ganz besezt . «uf der inim-
doch auch möglichst mit. steriellen aber eine große Lücke war . warfen sie sich beherzt
Es hat sich hier ein junger tragischer Schriftsteller durch auf diese Seite, wählten sich Krone und Bibel zum Sinn
ein Tranerspiel. „p»«ä«Iko Oleouccic, als würdiger, viel bild. Gott, König und Vaterland zum Wahlspruch, und
leicht nur zu treuer Schüler Alfieris gezeigt. <Sr nennt sich schrieben, bis sich die Drnckcr und angeblichen Eigenthü-
Scifoni , und ist Sohn eine? Notars. Sehr schöne Motive, »er zuerst von dein Unterbaute einen Verweis . und der angeb
Adel des StylS und vaterländische Besinnungen lassen man liche Redakteur Gefangnißflrafe zuzogen, dieselben dann von ei
che» Fehler vergessen. Möge der Verfasser ein besseres Schick, nem Gerichtshof mehrere Male zn Gefängniß - und Geldstrafe
sal haben als der des Trauerspiels ,,i» V«,t,l«>" welcher von »erurtheilt worden waren und so fort, bis ihr Journal allgemein
der Pvlizey den Rath erhalten hat. die Luft feine« Geburt«« bekannt wurde , und jezt von allen frommen GotteSmänncrn.
ortes cinzuathmen. schmckhsüchtigen Frauen und ulrra-loyale» Landjunkcr» gelcfen
Man hofft, daß in Kurzem eine Dampfbootlinie zwischen wird. In Hinsicht auf Neuigkeiten ist eS das elendeste Blatt,
Eivitavecchia und Rom, und zwischen Anco«« und der Mün das man sich denken kann, aber es ist derb, beißend, mitun
dung de« Tibers werde eingerichtet werden. Auch soll durch ter sogar wiHig, und zeigt nicht selten mit Glück daS Wider
Kanäle , welche eine Eisenbahn über den Appcnnin vereinigen sinnige nnb Widersprechende in den Reden und der Handlungs
würde, eine Verbindung mit den Provinzen hergestellt werden, weise der Freybcitsprediger von Prosesiion. Als «in Seiten-
welche am abriatischen Meere liegen. Die Regierimg hat. stülk des ^«K» L«II kann man tke 4z, ansehen, ein Blatt,
wie Sie sehen, den besten Willen, den Wohlstand des Landes, welches diesem durchaus nichts anBosbcit nachgibt, ja dasselbe
ans dessen Ertrag sie nun beynahe ganz angewiesen ist. zu be noch au Skandal übertrifft, aber beßbalb «m so verächtlicher
fördern, leider aber findet sie gerade bey dein LobeuSwerthcn ist, weil sich diese Bosheit nicht einmal die Mühe giert, die
den größten Widerstand. Maske einer Parthey vorzlchalten". und überall chre Pfeile
Der berühmte >Wiedcrherflcller der Gemälde, Peter Pal Kinrichtet . wo sich nur eine Blöße entdecken läßt. Es ist be
maren, ist den tlte» d. an einer Brustentzündung in eine« merkenswert!) , dag diese beydcn Giflbäume unter der Pflege
Alter von 48 Jahren gestorben. Er hinterläßt eine zahlreiche der vornckmcn Welt blühen. Zwey Zeitungen , die in der
Familie in dürftigen Umständen. Sein Verdienst als Künst vornehmcn Welt sowohl als unter dem gemeinsten Pöbel Leser
ler wirb nun auch von seinen hiesigen' Neidern anerkannt, mib finden , sind Keil'« i» l.««<I«n und Lz«» » 1.is«
die Hoffnung , die Wiener und Münchner Gallerie durch seine »» l.o»cl<>i», denn hier find« man eine treue Chronik von al
Arbeiten eben so gefördert zu sehe» , wie vor Kurzen, die len Wettkämpfen . sev es zwischen Hähnen oder Hunde» »nb
Dresdner, ist mit ihm zu Grabe gegangen. Seine Freunde Rayen. Bären und Dachsen, ober sogenannten Menschen,
haben in ihm einen treuen .Freund, geistreiche» Gesellschafter von allen Wettrennen vier - «nd zwcybeiniger Thiere ; alle»
und vielfach unterrichteten K>mstgenosscn verloren. ^ ausgezeichneten FuchS - oder andere» Jagben, von Wetten
Der pvrtugiesifche Maler Segncrra hat eine Kreuz.ib- jeder Art, vo« Prozessen. Polizeyvorfällen , die darauf Be
nebmung vollendet, «elche in der Art Rembrandö auf kecke, zug haben, kurz von allem, was dic Lxorling >v«rl<l (ohne
unerreichbare Weise und mit unglaublichem Farbeneffckt ge lauge Umschreibung unübcrscybar) nur immer »nterhaltcn kann,
malt ist. Er hat diese« Bild, auf welchem sich über Hunde« und zwar alles niit dem Humor beschrieben . dessen der Gegen
sehr «««geführte Köpfe befinden , in einigen Monaten gemalt. stand imr fal«g ist , und noch obendrein init Holzschnitten aus-
SineGescllschaftKayitalisten hat der Regierung bcnVorschlag flafftrt. welche oft di« Sachen selbst demjenigen verständlich
gemacht, auf ihre Kosten den See von Bolscna durch Tiefev- machen, der in der eigenthümlichen Sprache der nicht
leguug de« Flüßcheus Marta nm »UU Rubbie zu verklcinerir. sehr bewandert sevn sollte. Diese Blätter sind nebst dem 8v«r-
Die Fällung soll sieben Metres betragen. Bey dieser Gelegen tivg IVl«z»2in, 5j>«rlinz OKroniel» und andern Zeitschriften
heit wurde die Tiefe de« See« vom Ingenieur Martini genau der Art , welche monatlich erscheinen , für die. welche England
unterfucht. Gegen die Ufer ist er sehr seicht, dann beginnt auch auf dieser Seite (und es ist keine unbedeutende) keimen zu
aber ein Krater, welcher zwischen den zwey bekannten Inseln lernen wünschen . Gegenstände eiucs interessanten Studiums.
tiefer ist, als die Höhe von dem Scespiegel zur Kuppel deS (Die Fortsetzung folgt.)
Doms von Monte Fiasconc beträgt. Nach diesem Plane würde
die Jsola Martana aufhören ein Eiland zn bilden , die Bisen
tina aber vom Wasser umgeben bleiben. Man hofft sehr frucht Bevlage: Literaturblatt Nr. 2l.
Verlegt von der I. G. Cotta 'scheu Buchhandlung.
62.

M o r g e n b l a t t

f ö r

gebildete Stände.

Mittwoch, 12. März i 8 2 8.

Ich hatt' ein Tdchierlein , der Mutter bange Wonne,


Halb Jungfrau und halb Kind , ein Roslein da« die Schaale
Der «nospe scheu und froh durchblickt ,u,n ersten Male —
Nun Hab ich nichts :
Wilhelm Müller.

Der Sklavcnmarkt von Smyrna. Sie durften sterben doch im Vaterland,


Aus Sem Franzosischen P. Lebrun'S «on 'Won ihrem Himmel überwölbt, den Blick
Geheftet ans ihr tneures Jnselland;
Gustav Schwad. In ihrer Schönheit zur Versteigerung
1. Nicht ausgestellt, nicht einem Muselmann,
AlS Herrn , zu schnöden Lüsten überlassen ,
Die junge Maid von Chios, ohne Schleyer, In seinem Harem nicht des Namens selbst
Halbnackt, allein, durch Klipp' an Klippe, kommt Beraubt , den ihrer Jugend HellaS gab.
An Argos User ein Asvl zu suchen.
Wund ist vom stein'qen Weg ihr bloßer Fuß. s.
So schön, so jung, und doch so elend schon! Im Hintergrund der qrünbesxülren Bucht,
Ein Seidenkleid m Lumpen, wo das Gold Dort, wo Phocaa blühte, dort, wo noch
Der Stickcrev verbleichte Reste zeigt. Der Hermuö seine Wasser gießt ins Meer,
Bezeugt dem Wandrer, der dem Kind begegnet. Doch Körner Goldes nicht mehr führend, — steigt
Daß es einst reich war in dem Vaterland. In weitem Halbrund auf ein glänzend Ufer,
O gebt ikm Brod ! gönnt unter einem Schuppen Und vor mir aufgethan ist Smnrnas Markt;
Ihm auszuruhn, denn eisig ist die Nacht, Sin breiter Plag in doppelter Verzäumung,
Und e«er Mitleid lasse nicht zurück Zahllose Handelsleute lagern hier
Sich stoßen von dem Stolze seines Blicks. Im Schatten, lange Pfeifen in dem Mund.
„Ich bin allein in dieser Welt, sie haben Doch in der Mitte, bey dem Quelle, der
Den Vater mir gemordet, unser Schloß Die Frische seiner Wasser strömet aus.
Verbrannt, zerstört die Pomcranzenbäume, Wo die Kameclc trinken : welche Schaar
Und meine Schwester, der die Mutter folgt. Liegt dort verzweifelt auf den Matten Schilfs,
Die führen sie davon, die wollen sie Dem Aufstreich überlassen und umringt
Auf Smprna's Markt an fremde Herrn verkaufen.« Von Juden, Türken und Armeniern?
Den Aufruf hör ich des Versteigerers :
Was sagt sie? fehl hier, fehl hier andres Leid, „Sffendis, kauft die Töchter der Rebellen,
Zur sich heischt es das Mitleid, das sie fordert. Kauft ihre Kinder , alle Blüthe kauft
O Zungfrau , die du weinst , in Frevheit noch , Des Archipels, feht, sie sind jung und schön!«
Nicht über dir muß Thränen man vergießen ;
Auch über Such nicht, die des Schwerdtes Streich z.
3u ShioS traf, auch über Euch nicht, die Sieh, Hellas, deine Söhne, zitternd in
Dem Sklavenmarkt entronnen in der Flamme, Der Schande Hand, sie, die geboren rein
Und denen ward ein freves Grab im Meer. Und frev und Christen , siebst du sie ins Harem
Die Glücklichsten sind die, so nicht mehr sind; Verkauft, in Fesseln, in Abtrünnigkeit Z
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O neidenswerthes blut'ges Grab der Ditnl Die Form vom Stern, die Farbe hat vom Himmel!
Die Knaben zehn, dem Gutta» zugeschickt, - Als sie geboren ward , da fegnete
Vcrurtheilt, im Serail den Weiberrock Der Stolz des Vaters sich, es wuchs mit ihr
Eh«lvser Jchoglane *> nachzuschleppen. Geheime Hoffnung in dem Mutterbcrzen,
Doch sie, weicht Schicksal harret erst auf sie. Die ihr erlauchte Hcirath schon versprach.
Nun, diese Schönheit, noch so rein, so zart.
Auf deine Töchter? auf dem Schandenmarkt Ein ungestalter Jude kaufet sie.
Den Blicken ausgesczt der Feilschenden, Und wird sie bald — von Habgier strahlt sein Blick —
Die sie betrachten, die befehlen, daß An einen greisen Muselmann verkaufen.
Man, wie ein Roß sie auf und nieder führt?
L bittrer Schmerz! die Reize, welche kaum Und ihre Mutter? — ja, sie sizt dabey.
Die Mutter in der Wiege schauen durfte. Wer kann ertragen ihrer Trauer stumme
Entdecken nackt sich in der Sonne Licht l Verzweiflung? ohne Sprache, regungslos.
Verbleicht, sagt — ist sie noch am Leben? Ja!
O Jungfrau, deren Stimm' an Argos Strand Doch sieht sie nichts ; das Auge trocken, stier,
In Thränen jüngst erstickt ich seufzen hörte. Verirrt, scheint einwärts in die Seele ganz
Vielleicht ist deine Schwester hier! Ist die's. Den Blick zu drehn auf Einen Graungcdanken.
Die dort vor jenem Türken zagend kniet?
Sie, deren Unschuld, des Gewands beraubt. Der Abend fäumt vergoldend schon die Spitzen
Des innersten, von einem frechen Auge
Geschändet in der lezten Freystatt wird ? Der Minarete ; dort erscheinet schon
Der Treiber der Kamecle, spricht: was hält uns?
Wie, oder ist es die, die weinend sich , Die Thiere sind getränkt, so geben wir!
Mit ihren Händen deckt, und die ein Sklave, Und der Matrose kommt, er spricht: An Bord!
Das Auge gelb, die Stirn wie Ebenholz, Der Wind hat sich gedreht, das Seegcl ist
Als Herr, mißtrauend mit dem Mick durchdringt. Bestellt, wir lausen heut noch aus dem Hafen.
Ob picht ein Fehler wo sich birgt, und sorglich,
O Gott! die Brust, den Mund, den Athem prüft? Die Mutter, ohne Regung, hat kein Ohr
Für diesen Schrev, sie flehet nicht, wie rings
Ach, wen entsetzen nicht des Himmels Gaben, Man um sie weint, und sich umarmt und geht.
Wenn er die Mägdlein schaut an diesem Platz, Fahr wohl, du des Ausammenwobnens Trost,
Sie, die der Pater einst mit Lust betrachtend. Es muß geschieden scnn von seinen Lieben !
Dem Himmel dankte, daß ein solch Geschenk Und Jede mevnt in diesem Augenblick
Er ihm verlieh«, weil er sie schön erschuf! Auf's Neue scheide sie von ihrem Land.
Ach, Scheiden! Scheiden, ohne stliv zu wissen
Weh, ohne diesen unheilvollen Werth In welchem Ort, in welchem Erdstrich gar
Hütt' ihren Lebensfaden durchgeschnitten Die Frauenstube eines Herren liegt.
Der Ottoman, und ihre Tage, rein. Ist es Aleppo, ist es Tunis, ist's
Am Heimathsufer hätten sie geendet. Damaskus , oder ist'S Koustantinopel ?
Wie jene klaren Wasser an dem Ort,
Der einsam ward, sich in dem Boden berge«. Und zöge man nach Einer Gegend noch,
Bevor getrübt wird ihrer Schönheit Schmelz, Und würde Schwester nicht getrennt von Schwester,
Und schmutz'gen Heerde« nun als Schwemme dient. Und dürfte dienen in demselben Haus
Die Mutter ohne Trost bey einer Tochter,
4. Die sich beruhigte! — so aber nah'n
Iwev schwarze Sklaven, die ihr sie entreißen.
Betrachtet Jene, die, so jung noch, weint.
Und, sitzend an des klaren Beckens Rand, Was hört sie? „Mutter, Mutter! ach sie zieh«
Die Haare zeigt, vom Sonnenlicht vergoldet, Mich fort!" Bey diesem Schrcy kehrt in ihr Auge
Gelb wie Cytoruins **) Buchs, und auf die Brust Das Licht zurück, wie durch ein Wunder kommt
Sie als durchsichtigen Schleyer wallen läßt; Gedächniß, Leben, Stärke, Stimm' ihr wieder.
Sie hätte Raphael mit Luft gemalt! Welch Feuer strahlt in diesem Mutterblick ?
O Stirne, schön in jungfräulicher ZZucht! „Mein Kind!" — Auf springt sie, klammert sich ihr an.
O Blick, halb Furcht, halb Unbefangenheit, „Mein Lind!" — Sie drückt sie, schwört, daß ihrem Arm
So sanft erhoben nach dem Grausamen ! Sie nicht entreißen werden diese Schwarzen.
Dieß Aug' sv blau, deß Färbung an die Blume Ihr Herr — ? Sie ruft ihm, schilt ihn, trotzet ihm:
Mich mahnet, die in unser« Feldern schwankt. „Wie? Eine Griechin Sklavin eines Sklaven?"
Doch welch ein Zauber stimmt sie plötzlich um?
Sagt, welch ein Blitz nahm dieß Gewitter fort?
') JchoglanS heißen bicZenlgcn Christetikinbcr in Ser Türkey, O welchen Muth verbirgt ein Muttcrherz!
die, gefangen ober gestohlen, im Serail erzogen werben, als Schaut hin , sie fleht zu eines Türken Füßen,
eine Art von Edelknaben dem Sultan dienen , und im Mans Die Griechin kniet, um Knechtschaft bittet sie:
«Satter zu Staatsämtern, Künsten und Professionen gebraucht »Verzeiht mir, ich bin Mutter!« — feine Hand
werben. Berührt sie. — „Sey gerecht, fn> menschlich, gut,
Stadt und Bcrq m Paphlagomen, reich a» BuchSbäumc». Grvßmüthig, gnädig, kauf' — 0 kaufe mich!
»47
Ss ist mein liebstes, ist mein leztes Kind, Doch eilt, denn Griechenland liegt auf den Tod;
Das ich qenäbrt, das mir im Arm oft schlief, Seht dort ein aanzcs Volk, dem Wahnwitz nach.
'S ist eine Mutter, guter Muselmann , Seht Unglücrseel'ge, sehet Menschen, Christen
Die zu dir fleht! laß mich bev meinem Kind!" Nach euch von fern die Arme strecken aus.
Sie drängt idn, heftet sich an seinen Schritt: Wie ich die meiniqcn hier vor Euch breite.
„Hab' ich nicht ein'ge Kraft? bin ich fo alt? Wir dienen, sterbe»! Kinder, Mütter, Frau'n!
Die Nadel führ' ich, kann die Spindel drehn. Wir fallen, nnfrer Waffen Schutz beraubt!
Kann Seide würfen, kann die Bienen pflegen. Wir Christen, die wir eure Brüder sind.
Und deine Kinder wieget meine Hand ! Wir, deren Töchter eure «cbwestcrn sind!
Du wirst zufrieden sevn , mir ist kein Dienst Bewaffnet unsre Hand, errettet auS
^u niedrig; Dehmuth lehrt mein ölend mich! Dem Harem der Ungläubigen die Frauen,
Hast du nicht eine Mutter, guter Türke? Die edel sind und rem und schön, wie ihr!
O scheide mich von meinem Kinde nicht!" Gebt Waffen unsrcr Hand zum Sieg , zum Tod ;
Die Hand des Türken stoßt ihr Flebn zurück. Gebt uns den Tod, den man mit Stolz kann leide»!
Und wenn im Kamvf, wie von der Erde Herrn,
S. Vom Himmel Griechenland verlassen wird.
So hat fein Elend Hellas doch geadelt.
Ihr weinet? doch wo bin ich, und wie ward Und fallen wir in diesem heil'gen Krieg,
Vom Strand, wo ich dem Lant des Jammerö horchte. Und weint ihr dann ob nnsrcm Ehrcngrab,
Ich plötzlich in die Hevmsthstadt entrückt. So nehmen wir dieß Thränenopfcr an!"
Und finde mich in dem geschmückten Saal ,
Der voll gepuzter Frau'n , voll Lichter , »oll
Erhellter Spiegel ist, voll Ueppiqkeit?
Ach, in demselben Augenblicke, der
Ein ganzes, edleS Volk in andern Äonen Eine Nachthcrbcrgc in der Band« Oricntal, am
So vielem Elend preisgegeben steht,
Ist eine Welt hier friedlich, reich, beglückt! Platasirom.
Sie schaut mit mir wohl augenblicklich hin ,
Doch fällt sie bald in ibre Lust zurück. In der dunkeln, fchmutzlgen Hütte , in die wir getre
Ja, während euer Fuß in weicher Seide ten waren, und mitten auf der nackten Erde, welche den
Die reichen Blumen dieses Teppichs tritt.
Und eure Blicke lächelnd Blicke tauschen , Boden bildete, befand sich eine Vertiefung von ungefähr
Unö eure Hand mir einem Fächer spielt, zwev' Fuß >im Umfange. ' In diefer brannte ein euer,
Ihr reichen, schönen Damen, werden andre und über demselben hing an einem schräg in de» Boden
Hülflos, mit nacktem Fuß, auf schnödem Markt gesteckten hölzernen oder eisernen Spieß ein großes Stück
An den Meistbietenden verkauft, wie Vieh. —
Rindfleisch zum Braten ; um das Feuer her lagen mehrere
Aus eurem feuchten Blick glänzt eure Seele, Pferde - und Ochsenschädcl als Sitze. Das Holz knisterte,
Ihr sevd erweicht von solchem SchmerzenslooS ; das Fett zischte, und die sprühende Flamme warf ein Un
Ihr fleht mit Wünschen; aber gnügen Wünsche, gewisses Licht auf die cckelhaften Todrcnköxfe und auf
Ja, gnügen Thränen, um zn helfen hier?
Habt ihr gefragt, ob Hellas Waffen hat? eine lange, hagere Gestalt mit schwarzem Gesicht, bu-
Mit eurem Geld, mit eurem Gold, was lag' ich — schigten Augbraunen und struxpigtcm Haare, welche das
Mit diefen Ketten, diesen Haisgeschmeiden, Feuer schürte; die ganze Umgebung erinnerte an die Kugel-
WaS fangt ihr, Weiber, an mit diesem Prunk? gießerscene im Frevschützen. Nach einiger Zeit kamen
Ein einziger der Diamanten , der
An eurem Halse funkelt, hätte können mehrere andere Peonö *) herein, sczten sich auf die Schä
Der Mutter legen in den Arm ibr Kind, del um daö Feuer, und bereiteten sich ohne Umstände ans
Und die» Gestein, das euch vom Busen weit die Mahlzeit vor , d. h. ein jeder zog fein langes Messer
Die Strahlen sendet, bätt' in Argos können hervor, befühlte d«S Fleisch mit seinen schmutzigen Fin
Gewalt'ge Schaaren rufen inS Gewehr.
Gebt diese Schätze mir ! es wandle sich gern nach den zartesten und an, besten gebratenen Theilen,
Die» Strahlenqnt in Eisen, Pulver, Plev; und schnitt sich dann ein scchS bis acht Avil langes Stück
Es kämpf', eö flieg' aus Flinten , die bezahlt herunter. Von diesem behielt er ein Ende in der Hand,
putze sind, zum Bosporus, «n» stopfte das andere in den Mund, so weit diefer
l ein den sieben Thürmcn !
Raum dafür hatte, fchnitt dann den Mundvoll von der
Doch thitt noch mehr : auf eurer Schwestern Herj Handvoll ab, nnd fing an zu kauen. Diese leztcre Arbeit
Versucher enre Macht , rcgl für die Griechen verrichteten sie sehr schnell, und auf zwev oder drey Mal
Das edle Mitleid auf, bewaffnet euch war das größte Stück, das sie nur abschneiden konnten.
Mit eures holden Lächelns Gunst, ihr selbst
Erhebt euch, siec euer Bepspiel aus.
Im Haus des Herrn und in der Welt Gewühl PconS sind eingeborne Baiiernkucchte und Taqlöimcr»
Erscheinet leuchtend, in der Hand die Börse, unsere Leser kenne» sie bereits aus Kapitän Hc^dS Reisen
UnH sordnt kür d« Grieche» Brod und Stahl, tzurry d,e Pampas, die wir im vorige» Jahre «iitactl>eilt Kaden.
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ans der Hand verschwunden. Dabey jchwazten und lach: umflorten Fahnen der Universität und mit »»bedeckten Härip»
ten sie mir einander, fuhren alle zugleich mit den Messern kern vor 5em Trauerwagcn Kerschritten, auch die H°auflcute
und Mitglieder der Innungen frcpwillig anschlössen. Dort
umher, und man mußte sich wundern, daß sie sich dabey nicht brachte ihm sein allgemein geachteter Kollege , der Archidiako-
verlezten. Nachdem der Braten auf diese Weise bis auf nuS De. Golbhorn, welcher ihn in der lezten Zeit in der Füh
die Knochen abgeschält war, machte man sich an das zwente rung scineS Amtes als Superintendent und Pastor der Thomas-
Gericht, den» nun deckte man das Caldo, einen Topf voll kirche so freundlich unterstüzt hatte, den lezten Zoll der Freund
schaft, und segnete mit treffliche» Worten sein Andenke». Der
Fleisch und Brühe, auf; dieser stand ein wenig zur Seite Verewigte lieg eine, seinen Werth tief empfindende Wittwe mit
des Feuers, so daß die Gesellschaft mir ihren Köpfen en vier von ihm sehr geliebten Kindern zurück, in deren Kreise er
ger zusammenrücken mußte. Einer von den Peons zog die einzige Erholung von den Arbeiten und Geschäften seines
das Fleisch mit den Zingent aus dem Topf, und jeder wichtige« Beruf« genoß. Unter seinem schriftlichen Nachlaß
fchnitt sich und aß wie vorher , so viel ihm beliebte. Die unqcfähv befindet sich, leider noch unvollendet, ein Werk, dem er seit
fünfzehn Jahren mit geringen Unterbrechungen die
Brühe ward mit Muschelschalen ausgeschöpft und getrun fleißigsten literarischen Forschungen gewidmet hatte, und wel
ken, aber da nicht ein jeder damit versehen war, so ches den Sieg deSCHristentbums über das Heiden- '
mußte oft eine Mehreren dienen. Diesem Mahle fehlte cö thum darstellen sollte. Es läßt sich denken, daß dieses Werk
in der kräftigen und geistvollen Darstellung, die ikm eigen
an aller Würze, selbst an Salz und Kräutern; auch trank war, ein klassisches Werk nnserer Nation geworden wäre.
man nichts dabey als Fleischbrühe. Der erste Band desselben soll vollendet, von dem zweytcn und
lezten aber nur die Hälfte ausgearbeitet sehn. ES ist zu
wünschen, daß ein gcist: und kenntnißvollev Freund des Wer
tben Entschlafenen dieses Werk , soweit es vollendet ist , der
Welt mittheile. Auch soll der Verewigte mehrere Briefe an
Korrespondenz-Nachrichten. berülnnte Männer und Gelehrte der jetzigen Zeit, die religiö
sen Angelegenheiten der Zeit betreffend, abgefaßt haben, wel
Leipzig, 22. Februar. che er in einer besonderen Schrift der Welt vorgelegt haben
würde. Mochten auch diese Fragmente des trefflichen Geistes,
In den lcztcn Tagen drängte sich vieles zusammen, was dessen ächte Liberalität ihn unsterblich macht , dem Publikum
hier allgemeine Theilnahme erregte. Am j g. dieses schied aus nicht entzogen werden. Sein Verlust wird hier allgemein als
seine,» Wirkungskreise, welchen er, dein Alter Troy bietend, ein unersetzlicher gefühlt.
biö in die leztc» Tage scineS Lebens rühmlich behauptet hatte, Ein schnellerer Wechsel von Trauer und Freude kann
der Hofrath und Professor Wirland (im 77,stcn Jahre). kaum empfunden werden als alle , welche ein großes wissen
Als Lehrer der Geschichte «uf unserer Universität, hat er schaftliches Verdienst hochachten , unter uns empfinden mußten,
viele Geschlechter gebildet; die strömende Beredsamkeit seines indem am Tage nach diesem Trauerfestc (den 2lsten Febr.)
Lehrvorrrags zog stets eine große Anzahl von Studirendcn zu der würbige Chr. Dan. B e rk , eine dcr größten Zierden unse
ihm hin , und wenn er auch in seinen später» Jahren mit den rer Universität und der deutschen Gelehrsamkeit , sein fünfzig
Forschungen der ncuern Zeit nicht mit fortgeschritten war, so jähriges Magisterjubiläinn fcyerte. Von fern und nah bcei-
blieb ihm doch der Ertrag seines eifrigen Fleißes , und eine le ferre man sich, diesen Ehrentag des in seinem 71 sten Jahre
bendig vergegenwärtigende Einbildungskraft als ein reiches noch jugendlich wirkenden und mehrere Aemter und Würben
Besiuthum unvcrlczt, bis ihn baS Grab aufnahm. Ein recht rüstig bekleidenden Mannes zu verherrlichen. Die theologische
licher , pflichtgctreucr Sinn adelte die Eigenheiten seines Fakultäten in Erlangen und Jena hatten ihm Ehrcndipiome
Charakters, und macht ihn dein Andenken der Guten eben zugesendet; die hiesige theologische Fakultät überreichte ikm
so sehr Werth als sei» großes Verdienst, welches er sich das ihrige , mehrere gelehrte Gesellschaften ernannten ihn an
als Lehrer der Jugend erworben hat. Einen noch erschüttern diesem Tage zu ihrem Ehrenmitgliede. Dcr gelehrte Philolog
der» Verlust sollte unsere Universität, unsere Stadt, ja Deutsch Sturz hatte im Namen und an der Spitze aller ehemaligen .
land am folgenden Tage durch das Hinscheiden eines der tapfer Mitglieder der philologischen Gesellschaft, welche er leitet, das
sten und geistvollsten Vertbeidiger der evangelischen Frcyhcit, lateinische Programm geschrieben (enthaltend Bemerkungen zu
des verehrten T z schirn er erleiden. In der Fülle der Kraft, dem L>z?m«Iogieum »>»gvum), welchem dcr Professor Nobbe
deS rühmliche» Wirkens miterlag er eine», verborgenen Uc- ein lateinisches Gedicht »nd baS Verzeichn!» der Mitglieder
bel, einer Speckgeschwulst, welche sich über de» Zungen gebil dieser Gesellschaft bis zum Jahr l«Z6 bevgcfügr hat. Die
det und ihm in den lezten fünf Jahren viele schmcrzlime Leiden gegenwärtigen Mitglieder des philologischen Seminars, welches
verursacht hatte. An, Sten Februar betrat er zum lczten unter seinem Präsidium steht, tbatcn ein Aehnliches. Sein
Male die Kanzel , und die , wie immer zahlreich um ihn ver Bruder , der gelehrte Lektor der französischen Sprache auf hie
sammelte Gemeinde horte ihn mit gewohnter rednerischer siger Universität . sprach ihm dnrch ein lateinisches Gedicht sei
Begeisterung , welche mit der Schwäche seiner Organe kämpfte, nen Glückwunsch ans. Er selbst hatte, als Procanccllar in ei
über die Worte des Simeon predigen: ,,Herv. nnn lassest du nem, mit gewohnter Gelehrsamkeit abgefaßten Programm (Zu
deinen Diener im Frieden fahren.^ Einige Tage darauf legte sätze zu des Fabricius griechischer Bibliothek enthaltend, welche
er sich aufs Krankenlager , um nicht wieder aufzustehen. Die die Umsichtiqkcit des stets mit der Literatur fortschreitenden
ganze Stadt war in Trauer vcrsczt, alS man die erschütternde Mannes beurkunden) zu der solennen Magisterpromotion ein
Tvdcsborschast vernahm, und die allgemeine Theilnahme an geladen. Möchten wir ihn im folgenden Jahre mit so unge
dnn vielgeliebten Tobten sprach sich am 2vstcn d. bcy seinem störter Kraft sein Lehrer jubiläum ftyern sehen !
Leichenbegängnisse rührend aus , dem sich außer de» hiesigen
Schulen und fast sänimtlichen hier Studirendcn , welche mit W.
Verlegt von der I. G. Cotta'schen Buchhandlung.
63.

M o r g e n b l a t t

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gebildete Stände.

Donnerstag, iz. März i 8 2 8.

Frisch auf des Lebens sturmbcweqtes Meer!


Mag dich das Schicksal werfen hin und her.
Gewiß bleibt dir der lezte, sichre Hafen,
Des Todes Port, da hast du Zeit zu schlafe».
Johnson.

Der amerikanische Reisende John Ledyard. fangen die Rechtswissenschaft zn studiren ; allein sein reger
Geist zog ihn zu einem weniger ruhigen Leben, und er begab
In Boston erschien vor Kurzem das Leben John Le sich daher in das Collegium zu Dartmvuth, in der Absicht,
dyards «s ^. l^eck^Orck, tk« ^aieeic»» I'r»»«IIer.
sich zum Missionär bev den indianischen Stämmen auszubil
Loiton , SparKs) nach seinen Papieren und Familienbrie- den , deren er niedrere auf einem wilden, eigenmächtigen
fen. Das Buch ist von allgemeinem Interesse, denn es Streifzuge besucht hatte. Sein angeborener Hang z» Aben
schildert treu und lebendig einen jener Menschen, die sich teuern machte ihm bald die Einsamkeit und den Zwang
von Jugend auf durch selbstgesuchte Gefahren schlagen, de- in der Schule unerträglich ; er gab seine Missivnsplane '
ren eiserner Wille sich durch kein Hinderniß beugen läßt, auf, zimmerte sich einen Kahn aus einem der majestätischen
einen der Menschen, die ein unwiderstehlicher Wandertrieb Bäume, welche einst Connecticut beschatteten, und ließ
einem oft von ihnen selbst nicht deutlich erkannten Ziele mit Hülfe einiger Gefährten sein schwaches Fahrzeug ans
entgegen, meist dem frühen Tode in die Arme trägt, und dem von den FrühlingSgcwässcrn angeschwollenen Strom
denen die Erdkunde in allen ihren Zweigen so viel verdankt. vom Stapel. Er hatte sich mit einer Bärenhaut zum Schuhe
Ledvard war gewissermaaßen ein Senme im Großen, noch gegen die Witterung nnd mit hinlänglichem Mundvorrathe
mehr erinnerter an Marco Paolo. Folgende flüchtige Skizze versehen, und so wagte er es, allein eine Reise von Kun
seines Lebens soll dem Buche , das gewiß auch in Europa dert vierzig Meilen durch die Wildniß, durch gefahrliche
bekannt wird , als Vorläufer dienen. Stromschnellen und Wasserfälle anzutreten. Einst war er
in eines der bci,den Bücher vertieft, welche sein einziger
John Ledyard, dieser unerschrockene Abenteurer, des: Zeitvertreib auf dieser Reise waren, da wnrde er plötzlich
sen Leben eine ununterbrochene Reihe von ritterlichen Un durch das donnernde Getöse des über Klippen hinabstür
ternehmungen und entmuthigenden Widerwärtigkeiten war, zenden Flusses aufgeschreckt, und nur durch die größte An
wurde im Jahr I75i in Groton, einem kleinen Dorfe an strengung entging er der Gefahr . sich schon hier am Ende
den Nfern der Themse, Neu London gegenüber, geboren. seiner Abenteuer zn sehen. Landleute aus der Nachbar
Cr stammte ans einer sehr achtbaren Familie und war ganz schaft boten bereitwillig ihre Ochsen , um sein Boot über
nahe mit dem tapfern Obrist Ledvard befreundet, der nach die Felsen zu ziehen, nnd an einem schönen Frühlingsmor-
der denkwürdigen Capitulation der Feste Grisivald, welche gcn >ahen seine Freunde mit Staunen einen sanft vom
an die Truppen des elenden Arnold überging, auf un Strome gewiegten Kabn heranschwimmen, in welchem,
menschliche Weise ermordet worden war. Er harre ange dem Anscheine nach, kein lebendes Wesen sich befand. Ihre
Ueberrafchung war daher um so größer, als der junge Schif Polen zurückgebracht, mit dem Verbot, sich nie mehr in
fer aus dem Hintertheile des Fahrzeuges hervorsprang, Rußland blicken zu lassen. Durch diesen Gewaltftreich wurde
seine Bärenhaut abwarf und ihnen zuerst zu wissen that, sein Vorhaben , das der Ausführung fo nahe war , verei
er fcy aus dem Collegium entlaufen. telt, und zwar unter Umständen, welche für immer die
Cr wollte sich nun dem Studium der Gottesgelehrt Träume von Ruhm zunichtemachten, die den Abenteu
heit widmen und ergab sich demselben wirklich eine Zeitlang rer unter Gefahren und Mühseligkeiten stets aufgerichtet
mit dem ihm eigentümlichen Eifer ; indessen vertauschte und mit neuem Muth befcelt hatten. Die Veranlas
er dasselbe in Kurzem wieder mit dem Matrosenleben, sung zu diesem harten Verfahren sollen die Beschwerden
schiffte sich nach Gibraltar ein und wurde bald nach seiner der russischen Pelzcomxagnie gegeben haben , welche eifer
Ankunft an Bord des Schiffes vermißt; er hatte sich als süchtig die Schritte des Reisenden bewachte, und welche die
gemeiner Soldat anwerben lassen. Auf besonderes Ansu möglichen Folgen seiner Entdeckungen mit Besorgniß er
chen seines Schiffskapitöns ward er jedoch wieder srey ge füllten. Nicht nur hatte Lcdyards Gesundheit durch die
geben und kehrte nach seinem Geburtslande über die Küste ses und manches andere Ercigniß fcbr gelitten , sondern
der Barbarev und Westindicn zurück. Da er nun keine auch seine Hülfsquellen waren dabey versiegt; er kehrte deß-
Beschäftigung hatte, beschloß er seine Anverwandten in halb nach London zurück, und hier machte er sich sogleich
England zu besuchen; allein aus der Unterstützung, die er und ohne Bedenken anheischig, in Auftrag der afrikanischen
von ihnen erwartete, wurde nichts, woran zum Theil sein Gesellschaft eine Reise nach Afrika zu unternehmen und in
unbeugsamer Hang zu Frevheit und Unabhängigkeit Schuld das Innere dieses wenig bekannten Landes zu dringen.
war. Bald machte er aber mit Capitän Cook Bekannt Derselbe Unstern, welcher ihn bisher unablässig verfolgt
schaft und schiffte sich mit ihm auf seine drifte und lezte hatte, vereitelte auch dießmal wieder die Ausführung sei
Reise um die Welt ein, von welcher er später ein dem ame nes Vorhabens ^ und als er eben im Begriffe war von
rikanischen Publikum wohlbekanntes Tagebuch herausgab, Cairo nach Sennar abzugehen, wurde er plötzlich von einer
welches seine eigenen Beobachtungen enthält. Auf dieser Krankheit befallen. Der Tod machte seiner Laufbahn im
Reise faßte er den Gedanken, der über das Geschick seines November t7«8 in feinem Z8sten Jahre ein Ende, und
ganzen übrigen Lebens entschied, als Handelsspekulant Rei Lcdyard wurde in der Hauptstadt Egyptens von den euro
sen nach der Nordwestküste von Amerika zu unterneh päischen Geschäftsführern , die ihm wegen seiner Verdienste
men. Da es ihm aber an Mitteln gebrach, dieses Vor ihre Freundschaft geschenkt und feinen hohen Muth bewun
haben auszuführen, beredete er zuerst einen gewissen Ro- dert hatten, in sein enges Bette gelegt.
bertMorris, ein Schiffauszurüstcn; allein die Sachewurde
aufgeschoben und auf verschiedene ungünstige Vorfälle das Deutschland zu Anfang deS siebzehnten
Vorhaben ganz aufgegeben. Seine Gesuche in gleicher
Absicht bev den Kaufleuten von Nculondon hatten keinen Jahrhunderts.
bessern Erfolg, und so faßte er endlich den Entschluß, sein (Fortsetzung.)
Vorhaben in der Fremde auszuführen. Nachdem er in Die Wissenschaften werden unter den Deutschen an
Europa mehrere Jahre mit vergeblichem Warten hingebracht vielen Orten getrieben, meist von Leuten, die weniger
hatte, wobey mancher Plan gemacht und eben fo schnell wie begierig sind zu lernen, als zu lehren. Sie schreiben viel
der aufgegeben worden war, und die schönen Knospen sei mehr als sie lesen; ja, sie schätzen ihren Ruf nach der Zahl
ner Hoffnungen welkten, ehe sie zur Blüthe gelangten, un oder Größe der Bände, die sie herausgeben. In ihren
ternahm der enthusiastische Abenteurer eine Reise zu Fuß Köpfen herrscht eine gewisse Dnnkelheit, aber sie sind dauer
zur nördlichsten Gränze Rußlands, um daselbst eine schiff haft und halten eine ewige Arbeit aus, so daß Andere wohl
bare Durchfahrt zu suchen , und sich dann durch die Wild es besser, sie aber mehr wissen können. Viele der Vor
nisse im Westen einen Weg zu den bewohnten Landstrichen nehmsten haben, zufrieden mit ihren eigenen Besitztümern
des Festlandes von Amerika zu bahnen. und Sitten, ausser Deutschland nichts gesehen, oder doch
Trotz Schwierigkeiten und Hindernissen, mit denen an nichts ausser ihm Gefallen, obgleich sie (nach ihrem ei
er hier zu kämpfen hatte , und die den Muthigsten hätten genen Urthcile der tiefsten Klugheit sich bewußt) von der
abschrecken können, drang er durch Sibirien beinahe bis feinern Bildung unseres Jahrhunderts nur wenig haben.
zum Eismeere *). In einer russischen Stadt, durch die er Die Ausdrücke ihrer Sprache haben die alte Einfalt
reiste, wurde ervom Gouverneur mit falschen Versprechun bevbehaltcn , auch die Wissenschaften schmücken sich bc» ih
gen hingehalten, und endlich auf Befehl der Kaiserin Ca- nen nicht mit den Farben heutiger Weisheit. Uebrigeus
tharina «erhaftet und unter militärischer Bedeckung nach ist das Volk*) reiselustig, und wenn die Leute nach Hause
°) Jene Vornelmen, von denen oben die Rede war, wer
") Hier schrieb er seine Lobrede auf die Frauen. den also nur alS Ausnahmen aufgeführt.
kommen, so affektiren sie fremde Sitten, oder behalten sie die gehörige Kraft verbunden, die freylich jezt, wie durchs
wirklich bey. Daß Auswärtige in ihren Wohnsitzen ein natürliche Alter, allmählig entschwunden ist. Denn durch
heimisch werden er zu Würden gelangen , ist ungewöhn einheimische Kriege, durch dic allzugroße Gewalt der Reichs
lich, ja, der Name, mit welchem sie die Ausländer be stände, endlich besonders dadurch, daß jene Würde nicht
zeichnen, ist fast beschimpfend. (?) erblich ist, sondern durch Stimmgebung übertragen wird,
Mit dem Vorwurfe solcher Sitten belastet, wird Deutsch ist das Kaiscrthum sehr hcrabgckommcn und behält sein
land anderseits durch seine Gaben und die Größe seiner männ ehrwürdiges Ansehen bis auf diese Zeit mehr durch die
lichen Tugenden frey gesprochen. Unbekannt ist bort die fromme Scheu der Andern, als durch seine eigene Ta
Treulosigkeit, selbst bev der feilen Tapferkeit jener Micth- pferkeit.
soldaten. Nicht trügerische Gesinnung , nicht Haß verbirgt (Der Beschluß folgt.)
sich unter den Titeln der Freundschaft; überhaupt kennt
die Einfalt des frommen Volkes grobe Verbrechen nicht.
Auch die Wollust ist feiten, und muß im Finstcrn ihren
Raub verbergen; sie gehört nicht, wie anderswo, un Aus Jean Pauls Nachlaß.
ter die Ehrentitel und Spässe einer ausschweifenden Ju
gend ; denn mit fast jungfräulicher Schadhaftigkeit ver Nach dem drcyßigstcn Jahre soll man nicht mehr tan
abscheuen hier auch die Männer diese Pest. zen; so verlangen Jünglinge, Männer von einem gewis
Auch die Klugheit wohnt zwar hier nicht in vielen sen Alter solle i nicht mehr reden.
feinen Köpfen, durch deren künstliches Gewebe sie ausge- Wie die Hauptstädte den Ton angeben , so soll man '
spönnen wird, bis sie an den Betrug gränzt; aber sie bil das Betragen der jungen Leute zum Muster nehmen.
det die Seele wahrer und reifer Urthcile, welchen es ein Der GreiS hat erduldet, und verdient daher wenig
Leichtes ist, für ihre eigenen Angelegenheiten Sorge zu stens Duldung ; er leidet an dem Ucbcrgang seiner Zeit
tragen und fremde Irrthümer zu verachten. Dazu fehlt es in eine neue.
nicht an scbr tiefen geistern, in welcbcn ein aufgewecktes,
lebendes Naturell den vaterländischen Ernst mäßigt, zu- Wo war mehr Verachten der Jugend gegen das Alter
m,ll wenn ein so tüchtiger Kopf sich lange mit den Künsten als da, wo beydcs nicht unterschieden war und der Pariser
und Sitten des Auslandes vertraut gemacht hat. Die Er Sohn so schlecht war als sein Vater?
findung der Buchdruckerkunst und des Schießpulvers, frei,- Ein Jüngling scheint jezt ordentlich desto mehr Er
iich zwevdentige Wohlthatcn , aus welchen sowohl Unheil fahrungen gemacht zu haben , je weniger er Jahre hat.
als Heil tiefer in die Angelegenheiten der Menschen ein
gedrungen ist, verdankt die Welt jenen Köpfen. Indessen
beschnobern die ehrlichen deutschen Seelen die Verdienste
Anderer, ihre Thaten oder Erfindungen , znmal wenn sie Korrefxondenz-Nachrichten.
nicht zugegen sind, keineswegs mit übelwollendem, ängst
lichem Neide, sondern sie preisen sie mit aufrichtigen, bey- Paris. Ig. Februar.
nahe übermäßigen Lobsvrüchcn. Noch hat man sich nicht satt geschwazt in Pari« über die
In den Waffen zeichnet sich das Volk aus, und doch HeiratK des Sohn« des vormalige» Marschalls Ney mit der
ist es auch im Stande, den Frieden zu ertragen. Nur Tochter des Bankier« Lafttte. In Paris werden JaKr a»S
langsam, mit zögernden Entschlüssen, läßt es sich zu Auf Jahr ein Gräfinnen. Herzoginnen und Prinzessinnen ver
mählt; um solche gewöhnliche Dinge bekümmert man sich etwa
ständen bewegen , find sie aber einmal erregt, dann läßt in diesem oder jenem Zirkel, ober eine Tagesbegebenbeit wird
sie ein langer Sturm, würdig diefer Menschen, fortdauern. doch nicht daraus. Ich wüßte keine Heirat!', wen» man die
Nichts ist Ehrfurcht gebietender an der Nation, als Napoleons mit Marie Louise , und diejenige des Herzogs von
Bern) mit der neapolitanischen Prinzessin ausnimmt, welche
daß sie den alten Namen des römischen Reichs und den in PariS so vieles Aufsehen erregt und wovon man sich so
Adler sich zugeeignet, als ob Rom von Dcutfchland besiegt lange in den Salons unterhalten Kälte, als von jener Verbin
worden, und die Provinz, die zulezt unter daS italische dung einer Bankierstochter mit dem Sprößling cincS zum Prin
Joch gekommen , jezt die einzige sey, in welcher der Name zen geworbenen Kriegers. Dazu trug mehrere« bev . das
und die Ucberbleibsel des Römcrglücks eine Zuflucht gefun große Ansehen des Bankiers Lafttte , sein unermeßliches Wer
mögen , das er ganz und gar seinem Flciße verdankt , die Lau
den. Auch wird die heilige Majestät eines so großen Na nen seiner einzigen Tochter und künftigen Ervin , die schon
mens durch keine Eifersucht der verbündeten Fürsten an mehrere eingeleitete Verbindungen »on der Hand gewiesen
getastet, und Könige, obwohl oft an Macht überlegen, hatte , der Name Ne« und das tragische Ende de« Vaters.
Loffttes Vermögen wird auf zwanzig Millionen gefchäzt , ei«
weichen frevwillig der Hoheit der Kaiserwürde. Und ehe «ige mcvncn gar es belaufe sich noch weit höher. Er erinnert
mals war auch wirklich mit jener erhabenen Benennung sich mit Vergnügen der Zeit bei Beginnens seiner Laufbahn.
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und er soll mehrmals Versichert Haie», er sey damals bei, einem Vater dem jungen Paare 1ZZ,000 Franken zum JaKrge-
Schalte von zwölf bis fünfzehnhundert Franken weit glücklicher halte und Einkommen aus, so lange sie in seinem Hause
gewesen, als in der Folge bcy seinen unermeßlichen Schätzen. wohnen werden. Sollte eS ihnen anstehen, eine eigene Haus
Oft inachen Rcichthüincr kaltherzig ; Lafitte hat aber immer haltung zu führe«, so sollen sie ein eigenes Hotel und jährlich
ein gefühlvolles, edles Her, bcybehalten ; eine Menge hülfloser oder i75,W0 Franken bekommen. Stirbt dic Frau vor ihrem
in der Noth sich besmdcnder Sanfleute hat bey ihm Bcy- Manne, so bekömmt dieser die Summe von anderthalb Mil
fland und Rath gefunden ; eine Menge freysinnigev Unterneh lionen.
mungen sind durch sein Vermögen auf eine großmüthige Art lDie Fortsetzung folgt.)
unterstüzt worden. Daher ist die Popularität dieses Bankiers
so groß. Zwar hatte er vor einige» Jahren einen Theil da
von eingebüßt, als er den allgemein verhaßte» Gesetzentwurf Neapel.
Billeles wegen Herabsetzung der Staatsxcntcn lebhaft unter
stüzt hatte. Aus Servilität war bieg gewiß nicht geschehen ; Im Schooße eines jeden civilisirten Volkes kommen ein
Lafitte war viel zu frevsinnig dazu, und bedurfte der Ministers zelne Beispiele von unnatürlicher Grausamkeit vor , und sie
gnnst keineswegs. Wäre jene Mafiregel angenommen worden, häufen sich, wenn ei» Sturm die Bande der Gesellschaft lokcrt,
und hätte ein Bankier dabey gebraucht werden müssen, so wie in Frankreich wahrend der SchreckcnSzeit. Aber nirgends
würde Villöle wahrscheinlich nicht Lafitte, sondern seinen Günst ist es so auffallend als hier, daß Jahrhnndertlange moralische
ling Rothschild gewählt haben , der bcy il,m alles galt , und Herabwürdigung Grausamkeit zu einem Charaktcrzuge dcS
welcher mit Stiefeln, Spore« und Reitpeitsche in das Kabinet Volks macht ; denn thdrigt wäre es, dic Mordlust des Neapo
des Ministers hineinging, jo oft er wollte < zum großen Aer- litaners allein seinem glühenden Himmel nnb seinem heißen
gerniß des Hutssier de Chambre , welcher niemals solch eine Blute zuschreiben zu wollen. Täglich Kört man von Morb-
Verletzung der Etiquette in einem Ministcrhotel erlebt hatte. thaten, und die zwei? neusten, so gräßlich sie sind, setzen den
Lafitte hat nur eine einzige Tochter , die natürlich eine Legion Eingcbornen durchaus nicht iu Verwunderung.
Frever herbcyziehen ninßte, ovschon sie eben nicht schön ist. Zwcy Brüder, vermögende Kauflcntc , nahmen einen
Cr, als ein schlichter und vernünftig gesinnter Mann, hätte dritten Bruder, der Alles durchgebracht hatte, zu sich als La
sie gern einem Gebülfen gegeben, der seine Handelsgeschäfte der dendiener. Bald ergab sich aber, daß dieser mehrere Unter-
einst übernommen hätte ; allein dieß wollte nicht gelingen, ob- schlcife beging ; unter andern hatte er ein Kapital für die Brü
schon es nicht an Bewerbern fehlte. ES zeigte» sich mehrere der aufgenommen und burchgcbracht. AlS die Brüder dich
vornehme Freyer, und das Mädchen, das so manchen ver vernahmen, schickten sie ihn fort. Er ging . aber unter Ver
schmäht hatte, hat nun endlich der Bewerbung des jungen Ney wünschung» und Drohungen. AlS die Brüder den folgenden
Gehör gegeben. Die Neysche Familie war seit der Hinrich Morgen um sieben Uhr aus der Kirche del Carmine traten,
tung dcS Marschalls, ihres Prinzeutitels ungeachtet, in Dun ermordete der Bruder beyde mit zwcy Dolchstichen. Er flüchtete
kelheit und Verborgenheit gesunken. Die Wittwe soll in der sich, wurde jedoch ergriffen und zum Tode «erurtheilt. AlS er i»
Stille de» ehemaligen Adjubanten ihres Mannes gchcirathet dic Kapelle, wohin die zum Tode Verurtheilten geführt werden,
haben, die Söhne hatten in Schweden Dienst genoimncn; Ver gebracht wurde, nahm seine Frau den Dolch, ging zu de»
mögen besaß die Familie sebr wenig ; vermutMich war der Wittwen der Ermordeten hin, und »ersuchte, sie zu erstechen,
Marschall stets mehr auf seinen Ruhm als auf seine Bereiche was jedoch glücklicherweise nicht gelang. Auf dem Plage vor
rung bedacht gewesen ; einige seiner Waffevgefährtcn, Massen« der Kirche del Carmine >wurde dieser doppelte Brudermörder
unter andern , hatten sich besser vorgesehen. Der älteste Sohn hingerichtet, und zeigte erst in den lezten Augenblicken Reue.
des Marschalls wurde bey seiner Rückkehr in Frankreich dem In Nocera de Pagnni, einem kleinen Städtchen uuwcit
Bankier Lafitte vorgestellt . der ihm , wen» ich nicht irre, auch Pompeji, lebte ein wohlhabender Kaufmann, dessen Sohn dem
etwas von dem Vermächtnisse Napoleons auszuzahlen gehabt Spiel ergeben war. Das Spiel war klein, aber der Zunge
hatte , und es ward nun eine Hcirath verabredet , welche den Mensch verlor beständig ; der Vater beschloß endlich, »ichtsmchr
jungen Prinzen zu einem reichen Manne , und die Braut zu für ihn zu zahle», und thcilte dem Sohne diese» Entschluß mit.
einer Prinzessin macht. Alles dieses zusammengenommen Aber auch dieß war umsonst, er spielte fort, verlor, und
machte natürlich ganz Paris aufmcrtsam. Anekdoten aller Art forderte nun von dem Vater abermals dringend Geld. Der Vater
wurden umhcrgctragen , schon ehe die Heirat» eingesegnet war. blieb fest bcy seinem Entschluß, nicht zu zahlen; der Sohn
Das Verlöbniß und die Unterzeichnung des HeirathsvertragcS nimmt würhenb ein Messer und durchbohrt ihn. Die Mutter
war eine große Fcyerlichkcit in dem Lafittcschen Hause, und es schrcyt mid will den Sohn zurückhalten ; noch mehr erbittert,
waren rinc Menge angeschener Personen dazu eingeladen; un durchbohrt er auch sie ; das Mädchen, auf den Lärm bcrvcyei-
ter a n g e sc b e n e n P e r so n e n verstehe ich nicht allein solche, lend , will den Rasende» zurückhalte» , wird aber auch gctdd-
die lange Titel und große Namen führe», sondern auch Gelehrte. tct; dies, Alles am hellen Tage. Die Nachbarschaft eilt her
Künstler , Fabrikanten u. a. , die sich um bcn Staat und die ben, der Verbrecher versperrt Fenster und TKürc. als aber die Po
Menschheit verdient gemacht haben , denn solchen steht baS La- lizei) hinzukömmt, schneidet er sich selbst den Hals ab. Bon solchen
fittescbc Hans stets offen, und viele derselben gehören zu seine» gräßlichen Verbrechen aus solchen Ursachen, hört man doch im
persönlichen Freunden. Es wurde erzählt, als der Notar Norden selten ober nie. Solche scheußliche Tbaten machen aber hier
den jungen Prinzen gefragt , woraus sein Vermögen be durchaus kein Aufsehen ; man ist zu sehr daran gewöhnt. Auch
stehe, um es in den Vertrag einschreiben zu können, und die furchtbaren NaturbegcbcnKeiten in Jschia haben hier keinen
Ney geantwortet habe, er besitze nicht mehr als hundert Eindruck qcmacht. Der Hof zeigt sich, wie vorher, überall
tausend Franken, habe Lafitte dem Notar befohlen, eine an deu Maskcntaqen, auf dem Eorso, in den .Schauspielhäu
Million pinznzuschreibe«. Der Heiratl'skontrakt wurde von sern und auf Bällen, das Volk schreyt und lärmt unbändig
einigen hundcrt Personen als Zeugen unterschrici'kn. Dieß wie vorher , mir und ohne Maske , als ob nichts vorgefallen
wird dereinst wegen der Unterschriften eine der merkwürdigsten wäre ; wenn man es sieht, könnte man meynen, es sey glücklich
Urkunden dieses Jahrhunderts werden; i» demselben sczt der und wohlhabend. Wie sehr würbe man sich irre» !

Verlegt von der I. G. Cotta 'scheu Buchhandlung.


M o r g e n b l a t t

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gebildete Stände.

F r e y t a g, i^. Marz i 8 2 8.

Deutschland ist in eine Unzal'l kleiner Staaten getheilt, und die


Fürsten sind eigentlich die Märtyrer der Souveränität. Unsere
glorreiche» Sultane Hobe» inel« Weiber al« manche dies» Förste»
Unterthane».
Montesquieu
lettre» o«r»»ni».

Deutsch/and ZU Anfang dcS siebzehnten heitert, und sein Herr befahl unter lautem Gelächter, ihm
Jahrhunderts. aus seiner Garderobe einen xclzvcrbrämten Mantel her-
vorzusuchen und ihn damit nach Wunsche zu bekleiden. AIS
(Beschluß.) der Narr diesen sorgfältig angezogen, spazierte er zwey
Fürsten giebt es in dem großen Lande sehr viele. Aver oder drevmal im Zimmer ans und ab und fragte: wie ihm
da die Besitzungen oft unter die Agnaten einer und dersel der Anzug stehe? „Vortrefflich," war die Antwort, „eS
ben Familie getheilt sind, so steht ihre Größe häusig mit den bleibt nichts übrig, als daß Deine Weisheit über die An
prächtigen Titeln nicht im Verhältnis), denn sie theilcn Pro gelegenheiten, die uns beschäftigen, einen endlichen Bescheid
vinzen und Dynastien fast wie daö Erbstück eines Privatman gebe." Jener erklärte bald damit ferrig feyn 511 wollen,
nes. Auf dieseWeise zerrissen noch zu unserer Zeit das Her und bat nur um die Erlaubniß , in die nächste Kammer
zogtum Sachsen mehrere Brüder unter sich , und weil die abtrete» zn dürfen, dort wolle seine Weisheit Athem ho
Sache schwierig war, so wurden von ihnen Männer zuge len. Als er sich dorthin zurückgezogen, schloß er die Tbüre
zogen, die der Gesetze und Gewohnheiten kundig waren. schnell hinter' sich zu, damit seine kluge Bosheit keinen
Als diese mit den streitenden Brüdern im fürstlichen Au Jeugen hätte ; dann zog er den Mantel aus , < nahm den
dienzzimmer saßen, brach der Hofnarr, der mit unschuldi kleinen Säbel, den er anhängen hatte, und zerfetzte das
gem und anmvthigem Wahnwitze die Zuhörer zu belustigen Kleid von den Schultern bis zum Saume in viele lange,
pflegte , herein in das Gemach. Als ihn der älteste von dünne Streifen. Den so zerrissenen Mantel legte er wie
den sächsischen Brüdern, an dessen Hof er das Gnadenbrvd der an, riegelte auf, trat vor seinen Herrn und hieß ihn
aß, erblickte, so rief er ihm zu: „Nun, willst nicht auch schauen, wie geschmückt er einhergehe. Diesem vertrieb
Du in unfern Srbstreitigkeiten Deine Meynung sagen ?" der Zorn das Lachen, denn das zerschnittene Kleid war
„Warum nicht?" erwiederte jener. Alle erwarteten von kostbar. „Du Galgenstrick, juckt Dich der Rücke» ?" schrie
dem Rarren einen recht lächerlichen Schwank, daher baten er, „daß Du in Deiner Narrheit gewagt hast, an Deines
sie ihn angelegentlich , er mochte ihnen doch in der wichti Herrn Kleid Hand anzulegen?" Jener aber, ohne sich ein
gen Angelegenheit seinen Rath nicht entziehen. Er aber er schüchtern zulassen, sagte: „Es ist lächerlich, daß Ihr
klärte, sich in den wichtigen Handel nicht mischen zu kön mir so heftig zürnet, die Ihr doch in viel größerer Narr
nen , wenn man ihm nicht ein Kleid anzöge , wie es die heit befangen scvd! Snrer Habe Bild ist es, das ich an
Juristen tragen, mit dem Rocke würde ihm auch die Weis gezogen ; auf viel thörichtere Weise zerreisset Ihr das Her
heit kommen. Alle fühlten sich durch diesen Spaß aufge zogthum Sachsen, als ich diesen Mantel. Als er ganz war.
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stand er mir gut; jezt, «o er zerrissen ist. spottet ihr durch die er sich sehr leicht fangen läßt. Man muß nur
seiner. So blüht auch Sachsenland, so lang es ganz ist, bäuerische Spässe nicht verschmähen, auf dem Wege zu den
an Macht und Herrlichkeit; wenn Ihr es zerrissen habt, im Freyen Schmausenden „Prosit" sagen. Und während
wird Niemand mehr die alte Schönheit erkennen." man hoch über ihnen steht, mit unschädlicher Herablassung,
Der Reichthnm der deutschen Fürsten besteht ausser die nicht von Dauer zu seyn braucht, sich unter sie mischen.
einigen Zöllen mid Steuern hauptsächlich in Heerde« von Dieß war die Kunst, durch die Wilhelm von Oranien,
großem und kleinein Vieh (?>; dann in fruchtbaren Feldern, der grundkluge Fürst, mehr als durch irgend eine Schlacht
die sie durch frohnende, nicht bezahlte Bauern bestellen. Spaniens Macht besiegte. Gleich beym Anfange des Ab
Es ist auf diese Weise schwer, ihr Vermögen und ihr jähr falls wandte er sich alle Gcmüthcr durch die Neuheit dieser
liches Einkommen zu bestimmen, da dessen Werth auf den Popularität zu , so daß sie zu überrechnen anfingen , wie
veränderlichen Preisen der Bodenerzeugnisse beruht. gut sie es unter einem Oberhauxte haben würden, das ih
Der deutsche Adel hegt große, fast abergläubische Sorge nen die Gewalt zu danken hätte und dieß anerkennte. In
für sein Geschlecht ; sie glauben , ihr altes Blut werde be- ihrem Schmutze liefen sie vom Pfluge oder vom Schisse zu
fleckt, wenn mit einer neuadelichen oder nicht ebenbürti ihm, der von keinem Prunk umgeben war. bey dem keine
gen Familie eine Verbindung durch Ehe eingegangen wird; Wache den Jutritt erschwerte. Er selbst hatte mit tiefer Schlau
«uf viele Generationen hinaus verwischt sich diese Mackcl heit seine Freude daran, wenn ihn die Begegnenden nicht
nicht, denn zur ächten Probe adelichen Geschlechtes zählen mit Neid erregenden Namen, sondern oft schlechtweg Wil
sie in der gedoppelten Aelternreihe acht Ahnen auf, wel helm nannten ; und, wohlbekannt mit den Mitteln, durch
chen kein solcher Fleck einer Mißheirath anklebt. die er sich die Neigung seines Volkes verschaffen konnte,
erwiederte er keinen , auch noch so gemeinen Gruß mit
Im Gespräche haben die Deutschen für jeden Stand hohen Augbrannen. Noch erzählt man sich das Wort,
feine befondern Titel und Redensarten ; diese zu vernach mit dem er Schmeichler, die seine Menschenfreundlichkeit
lässigen oder ans Ungeschick zu verwechseln , halten sie für tadelten, zurückwies : „Wohlfeilen Kaufs sprach er, „be
eine große Sünde. Ueberhaupt giebt es keine Nation, die komme man den Menschen, der >mr eine« freundlichen
Alles mit mehr Formalitäten betriebe. Der Formeln sind
Gruß koste.«
so viele, daß sie selbst der nicht im Gedächtnisse behält,
der sich von Jugend auf mit dieser Kunst und mit so vie
len albernen Unterscheidungen abquälen muß.
Stanislaus Lcczinskis Flucht aus Danzig.
Ein etwas anderer Ton herrscht in den deutschen Nie
derlanden. Dort haben sich die Großen , dem Genius der (Fovtsctzung.)
Staatsverfassung gemäß, die sie selbst geschaffen, mit ih Es war Mittwoch, der z». Junp t7Z4; da ich nicht
rer Denkungsweise und ihren Sitten gcwissermaaßen zum schlafen konnte, und aus Erfahrung wußte, daß ich nie
gemeinen- Volke herabgelassen, vielleicht mit angeborner mals traurigere Gedanken hatte als wenn ich stille lag, so
Leichtigkeit, als in der jetzigen Lage ihres Staates schon wollte ich mich durch den Anblick der Gegend zerstreue».
geboren, vielleicht auch aus Schlauheit, um das Volk durch Obgleich statt der Kvsacken, welche mir am vorigen Tage
solchen Schein zu fesseln. Im spanischen Antheile hingegen so großen Schrecken verursacht hatten, mir hier nichts als
mischen die Vornehmeren, in welchen der Stachel der gleichgültige, oder wohl gar angenehme Gegenstände in
Hvffeidenschaften thätig ist, noch den alten Hochmuth un das Auge fielen , so machte mir doch dieser Anblick kein
ter die republikanischen Sitten. Sie haben daher gleich PerM'igen. Man gebe sich noch so viel Mühe, man wird
sam eine doppelte Natur, und ihre Sinnesart ist wechselnd seinen Kummer Dennoch nicht vergessen, und die Augen se
und in die entgegengeseztesten Affekte getheilt. Doch ist hen nichts, wenn das Herz nicht mit ihnen sieht. Doch
eine ihrer Hauptleidenschaften der Ehrgeiz. Nach Titeln war ich nicht lange am Fenster, so erblickte ich etwas, das
und Namen , die schlaue Schmeicheley zur Unterscheidung großes Interesse für mich hatte. Ich sah den Anführer mei
der Würden erfunden , jagen sie ängstlich und halten fest ner Begleiter mit starken Schritten auf das Haus zukom
daran. Durch nichts kann man ihre Gemüther fo sehr ge men. Sobald er da war , erkundigte ich mich bey ihm
winnen, als wenn man sie mit Kunst und Ehrerbietung nach dem General S t e i n f l y ch t. „Wir waren," sprach
begrüßt. Sie sind daher gegen Schmeichler sehr freundlich er, «die vorige Nacht am Ufer der Weichsel, wo wir ver
»nd verschwenden Ehrenbezeugungen, indem sie größere abredet hatten zusammenzutreffen. Wir erwarteten Euch
erwarten. mit der größten Ungeduld. Aber bald bemerkten wir einen
Der Pöbel in jenen Heyden Provinzen schäzt den Trupp Kosacken , die ans uns zukamen. Da wir uns ih
Schein der Freyheit und nichtige Merkmale von Gleichheit nen nicht widersetzen konnten und keinen Ort fanden uns
höher, als die Freyheit selbst. Daher giebt es Kunstgriffe, zu verstecken, so lief ich weg, und ich vcrmulhe, General
Steinst« cht und der bankerotte Kaufmann werden wohl war, denn diese Flasche präsidirte in der Veriammlung
dasselbe gethan haben." „Schurke !" rief ich, ..warum bastDu und leitete die Berathschlagungen.
Stein flocht verlassen? Konntest Du nicht für ihn und (Der Beschluß folgt.)
für Dich einen Vorwand finden? Nun er allein ist, wird
man ihn in feiner Verkleidung bald entdecken; wäre er
aber bey Dir geblieben , fo hätte man ihn für einen Bauern Kapitäns ParryS vierte Fahrt uach dem Nordpol.
gehalten wie Dich. Gott ! er ist wohl fchon in den Hän So eben ist i» London Kapitän Parrys vierte Reise
den der Feinde !" in das nördliche Eiömecr erschienen, worin die «cblir
Erfahren in der Kunst mich selbst zu quälen, kam mir tenfahrt von Spitzbergen gegen den Nordpol hin umständ
dieser Gedanke nicht aus dem Kopfe, und er verursachte lich und sehr unterhaltend beschrieben ist, die aber im
mir neues Leiden. Indessen faßte ich Mnth , indem ich Ganzen unsere Kenntnisse von jenen univirthbarcn Gegen
bedachte, daß, so groß auch mein Unglück sey, mich st den wenig criveitert, dagegen die traurige Gewißheit gibt,
verlassen zu sehen , es doch noch weit größer seyn würde , daß weder in Schiffen noch aus dem Eise der Nordpol je
wenn ich mich selbst verließe, n»d nicht, statt von An erreicht werden wird; denn selbst Harro versichert, daß
dern Beyswnd zu erwarten, mir selbst zu helfen lernte. er nach diesem, bekanntlich fehlgeschlagenen Versuche (er
Ich rief meine Standhaftigkeit zurück und glaubte die mußte unter »2° 4V wieder umkehren), wenig vorzu
selbe nun so hoch gestimmt zu haben, daß sie Stand hal schlagen misse, wodurch der von ihm befolgte Plan weiter
ten müßte, es möchte mir auch begegnen was da wollte. verfolgt werden könnte. Die Sntdeckungsfahrr ging von
Unter diesen Seldstbetrachtnngen war eS 5 Uhr Abends ge der Trcnnenbucht auf Spitzbergen aus, wo Parrv sein
worden , da sah ich meinen Wirth zunickkommen ; er sagte Schiff zurückließ, und am Zvsten Juni in zmcy Böten,
mir, er habe zwar bey einem Fischer, bep welchem zwey die z» Schlitten eingerichtet werden konnten, seine FaKrt
Russen wohnten , einen Kahn gefunden, aber er rathe mir begann. Unter 8l««z"5>" »mußten sie die Böte aufs Eis
nickt so frühe überzufahren, denn es mären sehr viele ziehen, und nun begann der merkwürdigste Thcil Herreise.
Losacken in der Nachbarschaft umher zerstreut, von denen »SS war meine Absicht,'' erzählt Parry, „nur bey Nacht
em/ae ihre Pferde ber> der Weide hüteten, und andere umher- zu reisen und bep Tage zu ruhen, obgleich man, wie be
streiften, weil sie Befehl erhalten hatten, mich aufzufuchen kannt, in diesen Gegenden im Sommer immer Tages
und gefangen zu nehmen , sie möchten mich finden wo sie licht hat. Die Vorthcile dieses PlanS, welcher gelegent
wollten. Ferner sagte er, sie hielten eben deßwegen alle lich nach Umständen Abänderungen erlitt, bestanden erst
Reisende ohne Unterschied an , sie fragten sie aus, unter lich darin, daß wir den beschwerlichen Glanz vermieden,
suchten ihre Taschen , und wären vorzüglich aufmerksam welchen der Schnee zur Zeit, wo die Sonne am höchsten
«uf solche , die ungefähr von meinem Alter und meiner steht, von sich wirft, und einigermaßen der fchmerzliafren
Größe seven, in welchen Kleidern sie auch stecken möchten. Augenentzündung, Schneeblindheit genannt, entgingen ;
Zum Glück hatte ich mir kurz vorher selbst Much zuge wir genossen auf diese Weise größerer Wärme mabreno
sprochen, und war zu derUeberzeugung gelangt, daßMuth der Ruhezeit, und waren eher im Stande unsere Kleider
mcine einzige Stütze seyn müsse. Ohne dies würde eine zu trocknen; auch war es kein geringer Vortheil, daß
so schlimme Nachricht mich so sehr niedergeschlagen haben, wir Nachts den Schnee härter zum Reisen fanden. Der
daß ich alle Hvffnni-.g verloren hätte. Ich berathschlagte einzige Nachtheil dabey war, daß Nachts der Nebel et
mich mit meinen Bauern , und nach langer Ueberlcgung was häufiger und dicker war «ls am Tage, doch war
ward beschlossen , daß ich die folgende Nacht und de» kom selbst in dieser Hinsicht der Unterschied nicht so groß,
menden Tag in dem Hause zubringen sollre , in welchem als man glauben sollre, denn die Temperatur erlitt in
ich mich befand, mit der Vorsicht, mich vor Niemand se nerhalb der vier-und-zwanzig Stundcn des Tags wenig Ver
hen zu lassen , der indessen ins Haus kommen möchte. änderung. Diese Art zu reisen verkehrte so gänzlich die
natürliche Ordnung der Dinge, daß es nnS schwer fiel,
Am folgenden Tage, Donnerstag denl.Zulius, ver die wahre Zeit im Kopfe zu behalten. Selbst die Offi
sammelte ich alle meine Leute , um ihre Mepnung über ziere und ich, die wir alle Tafchenchronometer de»,uns
die so wichtige Ueberfahrt über die Weichsel zu verneknien. hatten, konnten »nS nicht immer erinnern, in welchem
Wir besprachen alle Stellen , wo man mit einiger Hoff Abschnitt der vier-nnd-zwanzig Stunden wir eben waren,
nung eines glücklichen Erfolges die Ueberfahrt versuchen und inehrere Matrosen erklärten, und ich glaube mit
komite. Die Meynungen meiner Begleiter waren mehr Wahrheit, sie haben während der ganzen Fahrt niemals
oder weniger dreist, ihre Anschlüge mehr oder weniger ver die Nacht von. Tage unterscheiden können. Wenn wir
nünftig, je nachdem eine Flasche Branntwein, welche zwi Abends aufstanden , fingen wir unser Tagwerk mit dem
schen, ihnen au; dem Tische stand, mehr oder weniger voll Gebete an, worauf wir Misere Schlaspelzc abnahmen und
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unsere Reisekleider anzogen , welche aus starkem , dickem Lasitte habe auch seinen Freund , den bekannten General Mai»
Tuche bestanden , während erster? aus Macoonfellen vcrfer- son, auf die Liste der einzuladenden Personen geschrieben; al
lein sein Eidam soll ilnn in festem Tone erklärt haben , Gene
tigt waren. Wir machten es uns zur Regel für die Reise ral Maison habe in der Pairsrammer für den Tod des Mar
immer dieselben Strümpfe und Stiefeln anzuziehen, gleich- schalls Ney gestimmt, und er, der junge Prinz von der Mos-
viel ob sie trocken geworden waren oder nicht; und in cin- cowa , werde nie Jemand , der zu seines Vaters Tode bcyge-
und-sechszig Tagen waren dieselben höchstens fünf oder fechs tragen, zu seinem Tische ziehen. Wie viele Pairs haben aber
gestimmt, wie der General Maison. Sollen alle diese mithin
Mal nicht durchaus naß oder hart gefroren. Dieß war in daS Lasittesche Haus meiden? Solche Spaltungen nnd Miß
dessen nur beym ersten Anziehen unbehaglich, denn nach verständnisse sind natürliche Folgen der StaatSumwälzun-
einer Viertelstunde wurden sie ohnehin wieder ganz durch gen, die Frankreich erlitte». Daß Lasitte bei) Gclegcnlicit
der Verlicirathung seiner Tochter den Armen lü,WU Franken
näßt; auf der andern Seite war es hingegen äußerst wich (nach einige» noch weit mehr) hat austhcilcn lassen, ist durch
tig unser Nachtzeug trocken zu erhalten. die Zeitungen bekannt. Hätte man von jener Hcirath nicht
(Der Beschluß folgt.) so viel gesprochen , so würde man sich mit andern Verbin
dungen mclir beschäftigt liaben , welche in derselben Zeit statt
hatten, wie z. B. die Heirarh des Sohns des oben erwähn
ten Generals Maison mit der Tochter des Bankiers L . . .,
Korrespondenz- Nachrichten. die jedoch deshalb einiges Aufsehen erregte, weil der Clerus
Pari«, 15. Februar. dabei) wieder seine Gesinnungen an den Tag legte. Da die
(Fortsetzung.) Braut lutherisch war , so machte die Geistlichkeit Schwierigkei
Der alte Abel, der manchmal mehr Stolz als Geld des ten wegen der Einsegnung . und da diese , aller Vorstellungen
sizt, soll auf diese plötzliche Bereicherung eines Prinzen au« der ber bcrzdcn Familie» ungeachtet, ni»t zu erlangen war, so
Napoleonschen Zeit mit Scheelsucht hingesehen haben. Man ergriffen dieselben den klugen Entschluß. cS bey der Civilrrau-
hatte sich eingebildet , mit der Ncyschen Familie sev es aus, ung und bey der Einsegnung deS prorcflalitischcn Geistlichen
und nun blüht dieselbe auf einmal wieder empor. Wer weiß, bewenden zu lassen. Die französischen Gesetze seit der Revolu
wozu der junge Prinz nicht noch gelange» kann. In Franks tion haben die bürgerlichen Verträge glücklicherweise ganz von
reich ist man glücklicherweise über die sogenannten Mesallian den kirchlichen Gebräuchen getrennt, und erkennen nur die er-
cen längst hinaus , und kein Hofmann würde cS untcr seiner flercu alS gültig an ; ob Jemand de» kirchlichen Gebräuchen
Würbe gehalten haben , eine rei«i,c Bankicrstochtcr als Braut sich unterwerfen will oder nicht , darmn bekümmert die Obrig
heimzuführen, wenn er sie hätte bekommen können. Man keit sich nicht. daS ist GcwisscnSsache eines jede» Bürgers.
spöttelte über die neue Prinzessin von der Moskowa, und be Glaubt er der Dazwischenkunft der Geistlichkeit nicht entbelnen
hauptete, sie scy doch keine prinee,,» »«« (n«e und Ney wer zn können, je nun, so muß er sich den Bedingungen untcr-
den auf dieselbe Art ausgesprochen). Allein man mochte spötteln wcrfc», welche diese ihm vorschreibt; er kann keine Klage wi
wie man wollt? ; seine Schäfte sezten Lasitte in den Stand die der sie erheben , wenn sie ihm ihren Dienst verweigert ; denn
Heirarh seiner Tochter mit einem Glänze zu scyern, wie der ge- es stand ihm ja völlig frcy , sich nicht an sie zn wenden. Be
sammte alte und neue Adel keine Hochzeit fever» kann. Die kanntlich hat es sich die fr anzösische Klerifcn einmal in den Kopf
Zeitungen sind voll von der Beschreibung des HochzcitfcflcS ge gcsezt, ein Schauspieler gehöre nicht zur Kirche , daher liat sie
wesen. Eine Menge Kutschen folgten dem Zuge zur St. Ro- sich melirmals „ach dein Absterben der Schauspieler geweigert,
chuskirchc, die so voll Menschen war, baß viele Neugierige das Lcichcnbegängniß in den Gotteshäusern zn feuern. Bekannt
nicht mehr hinein konnten. Die Kirche war aufS Schönste mit sind die skandalöse» Auftritte, welche melirmals in Paris die
Tapeten und Kronleuchtern ausgeschmückt worden. Ich glaube, Folge dieser Weigerung waren. In ber lczten Zeit sind jedoch
seit in der Revolution das Fest der Vernunft in dieser Kirche die Familien »nd Freunde der Schauspieler so klug gewesen,
gefeuert wurde, ist sie nie so kostbar ausgezicrt gewesen. Die und Kaben bey den Leichenbegängnissen die Geistlichkeit ganz
Geistlichen, welche wohlwußten, dag Lasitte gut bezahlt, Karten es ber) Seite gelassen, nnd dadurch ist viel Skandal vermieden
an nichts ermangeln lassen , um das Gotteshaus im Verhält worden. Dieß war der Fall bey der Beerdigung Talma's im
nisse deS Vermögens der Brautleute auszusiafsiren. Der vorigen Jahre; eben so machte man eS in diesen Tagen mit
Brautschmuck ist in den Zeitungen umständlich beschrieben wor der Leiche des Tänzers Mazuricr, welcher wahrscheinlich ei»
den. Daö öffentliche Gerücht, baS an diesem Tage der Ein Opfer seiner übergroße» Anstrengung geworden ist. Auch die
bildungskraft frcyen Lauf ließ, sprach in lauter großen runden se» Zuugcn Künstler beerdigte man ohne Vermittlung der»
Zahlen. Das Gebetbuch allein wurde zu Ztt.lxw Franken an Geistlichkeit, seine Freunde begleiteten ihn zu Grabe, und einer
gegeben; natürlich konnte das Brautkleid nach einem solchen seiner Mitschanspielcr hielt eine Rede zn scincm Lobe, cl>e man
Maßstabe nicht weniger als eine halbe Million kosten ; man den Leichnam einsenkte. In Paris hat cS mit diesem Verfah
hätte gern eine ganze Million gesagt , wenn nicht schon so ren keine Schwierigkeit; etwas anders verhält eS sich in der
manche Million im Spiele gewesen wäre. Die Kosten in der Provinz . wo die Pfarrer gewissermaßen über die Leichcnhöfe
Kirche wurden zu nicht weniger alS 2N,s>W Franken ange verfügen, vbschon diese der Gemeinde, nicht aber der Kirche
schlagen , und so alles Uebrige in ähnlichem Verhältnisse . tmd gekdren ; hier wagt es oft der Maire oder Gemeindevorsteher
nun die Hochzeit! ZNg» Personen (vielleicht einige liundcrt we nicht, dem Pfarrer zu widersprechen , und daher fallen ärger
niger) waren eingeladen worden ; eine eigens, von Rossini kom- liche Auftritte vor, welche natürlich bald als Wettspiel von In
ponirtc Cantatc, Epithalamien von ausgezeichneten Dichter», toleranz in den frcysinnigc» Zcitnngcn bekannt gemacht werden.
ein Souper . wie bey Hofe keines gegeben wird , ein Ball (Der Beschluß folgt.)
glänzender alS irgendwo anders , wie sollte ein solches Fest
nicht alle Anwesenden entzückt haben! Da indessen kein Fest
ebne trübe Beumischung ist , so soll auch diesem ein sehr un
angenehmer Umstand vorhergegangen sevn. Man erzählt. Beplag e: Literatu.rdla.tr Nr. 22.
Verlegt von der I. G. Cotta'fchen Buchhandlung.
65.

M o r g e n b l a t t

f ü r

.gebildete Stände.

Sonnabend, 15. März 1 8 2 3.

Den Fkind ,u schau» , da Furcht die Stärke bcmmt.


Das gibt dem Feinde Stärk' in eurer Schwäche,
Und so ficht eure Thorheit wider e»ch;
Furcht bringt u»S nm ; nichts schlimm«« droht btvm Fechten.
Shakespear,.

Sttuis^uS Lcczinskis Flucht auö Danzig. die nun keinen andern Feind mehr hatte als mich allein.
Wir kamen durch tiefen Schlamm, in welchem mein Pferd,
(Fvrtscgung.)
das schlecht auf den Beinen war , alle Augenblicke stürzte.
Anfangs sprach Feigheit aus allen Worten der Bauern. Auf allen Seiten erblickte man die Feuer der fliegenden
Da gab es gar kein Mittel weiter zu kommen ; die Hoff Lager der Feinde, und diese waren nicht so weit entfernt,
nung auf eine große Belohnung war dahin, und statt der als mein Wirth sich vorgestellt hatte. Die Helle, welche
selben sah man nichts als Gefängniß, Folter und Galgen. diese Feuer auf meinen Wegwarfen, war mir indessen sehr
Ein neuer Schluck hob unmerklich den gesunkenen Murh , günstig. Wer damals den Russen gesagt hätte, daß sie
und schon sah ich den Augenblick kommen, wo sie dem gan- selbst mir zur Flucht leuchteten!
zen Lager der Russen Trotz bieten, und mich furchtlos Wir sahen uns genithigt , ganz nahe bey K e i s m a g
mitten durch das Kauonenfeuer der Batterien führen woll vorbey zu reiten, wo sie einen beträchtlichen Posten hatten.
ten. Ich brachte dadurch, daß ich mich der Branntwein- Dort stand ihr Geschütz seit dem Beginn der Belagerung,
flasche bemächtigte, und einem jeden so viel Murh ein und sie hatten aus dem Orte das allgemeine Magazin für
schenkte, als er bedurfte, die Dinge in ein gehöriges Maaß. den Mundvvrrath gemacht. Ungefähr eine halbe Stunde
Die Gemürher waren nun ungefähr so gestimmt, wie ich waren wir gegangen, ohne auf irgend Jemand zu treffen,
sie verlangte, und es war gegen sechs Uhr des Abends, als mein Wirth umkehrte und mich bat stille zu halten, wäh
als der Wirth des Hauses, thätiger und vernünftiger als rend er hinreitcn wolle um einen Ort zu untersuchen, von
alle diese Rathgeber zusammen, voll Freude zurückkam. Cr dem er befürchtete, daß derselbe nicht fo sicher fevn möchte,
versicherte mich, die Kosacken haben die Gegend verlassen, als er sich vorgestellt. Ich wartete nicht lange , so kam er
die Ueberfahrt sev frey , und der Kahn stehe eine Stunde zurück und kündigte mir voll Schrecken an, alles sey aufs
von dem Orte, wo wir uns befanden, am Ufer der Weich Neue mit Kosacken besetzt. Cr selbst war ihnen nur ent
sel bereit. Ich erwartete ungeduldig den Einbruch der gangen, weil er gesagt, er komme von der russischen Ar
Nacht, trm mich auf den Weg zu machen. mee, weicherer Lebensmittel zugeführt habe, nun seven
Ich stieg zu Pferde und mein Wirth mit mir ; er ritt ihm auf der Weide seine Pferde weggelaufen, und er reite
ungefähr fünfzig Schritte vor mir, die drei Bauern folg überall herum, dieselben aufzusuchen. Diese Nachricht sezte
ten zu Fuße und bildeten die Arrieregarde. Diese ehrwür meine Begleiter in den größten Schrecken ; ohne meine
digen Rathsherren waren jezt meine Leibwache und dieß Einwilligung zu verlangen, wurde Rath gehalten und be
war das Heer, das ich der Macht entgegensetzen konnte. schlossen: auf der Stelle umzuwenden. „Rein,"
258
sprach ich , „daraus wird nichts ; einmal will ich Herr seyn ; Kapitäns Parry's vierte Fahrt nach dem Nordpol.
was brauchen wir denn eine Handvoll herumstreifender Men (Beschluß.) / .
schen zu fürchte», die ganz gewiß vor uns fliehen wer
den, wenn wir ihnen nur nahe koinmen? Folgt mir, er Wann wir auf die Reise gerüstet waren, nahmen wir
greift e«re Knüttel , und wenn ihr Mnth habt, so wollen ein Frühstück von warmem Cacao und Zwieback ein, und
wir durch den Posten brechen, vorausgesezt , daß ihrer nachdem wir alles in den Böten und Schlitten fo einge
nicht mehr sind als unser.« Diese Rede that keine Wir packt hatten, daß es so viel wie möglich gegen die Nässe
kung, und da mir die Gefahr beym Umkehren so groß schien gesichert war, machte» wir uns auf den Weg und reisten
«ls beym Borrücke», so sprach ich: „Meinetwegen, wenn gewöhnlich fünf bis sechsthalb Stunden, bevor wir zum Mit
euch mein Rath zu verwegen scheint, so laßt uns List tagessen anhielten , und dann wieder vier, fünf und nach
statt der Gewalt brauchen. Sprechen wir wie unser Wirth, Umständen sogar sechs Stunden. Hierauf ruhetcn wir für
wir such«, verlaufene Pferde." Dieser Vorschlag gefiel ih die Nacht, wie wir es nannten, obgleich es gewöhnlich
nen nicht besser als der vorige, und ich wunderte mich darü früh Morgens war, wozu wir das größte Eisfeld in der
ber nicht. Die Furcht fragt Niemand ,um Rath als sich Nähe wählten, um die Gefahr zu vermeiden, daß dasselbe
selbst, und giebt sich leider keinen andern Rath als davon durch einen Stoß gegen eine andere Masse zersplitterte,
zulaufen. Die Flucht aber, statt die Furcht zu vermin und so viel wie möglich dem Treiben zu entgehen. Die
dern, dient nur dieselbe noch zu vermehren. „Oder noch Böte wurden dicht nebeneinander mit dem Vordertheile
besser," sprach unser Wirth, welcher mit Unwillen sah, gegen den Wind gestellt, der Schiiee oder das Wasser ans
daß diese kalten Herzen nicht zu erwärmen waren, „bleibt denselben geschöpft, und die Segel, von den Bambus
> hier, bis ich wiederkomme, ich will noch einmal auf Kund masten und drcy Rudern gestüzt, wie Zelte darüber ge
schaft gehen. Vielleicht finde ich zur Linken oder zur Rech breitet, so daß bloß am Vordextheil eine Oeffnung bliVb.
ten einen sichern Abweg, so wie wir ihn brauchen. Er Ein Jeder zog dann sogleich trockene Strümpfe und Pelz
reitet weg und sogleich legen sich meine drey. Begleiter auf stiefeln an, und nun ging es an die nothwendigcn Ausbesse
den Bauch nieder. Ich betrachtete sie iu diesem Zustande, rungen der Böte, Schlitten und Kleider; man thcilte die
und als, ich sie fast leblos da liegen sah, konnte ich nicht Lebensmittel für den folgenden Tag aus und sezte sich so
begreifen, wie die Liebe zum Leben, welche zu Vertheidi- dann zum Abendessen. Hierauf rauchten die meisten Offi
gung desselben antreiben sollte , im Stande seyn kann, die ziere und Matrosen ihre Pfeife, was viel dazu bevtrug,
Kräfte zu rauben, welche zu seiner Erhaltung nothwcn- die Böte und Decken zu trocknen, und gewöhnlich die Wärme
dig sind. Indessen stand der Anführer, dieser Mann, in den Zelten um tu" bis 15° erhöhet?."
welcher sich früher so unerschrocken gestellt hatte, bald wie Die Böte mußten, wie sich von selbst versteht, sehr
der ans und redete seinen Kameraden zu, mit ihm zu oft ins Wasser gelassen werden , und unsere Reisenden ru
fliehen. Nu» konnte ich meinen Zorn nicht länger zurück derten oder segelten alsdann bis sie aufs Nene auf ein Eis
halten. „Was, ihr feigen Schurken," rief ich, „ihr feld stießen. ..Sobald wir an einem Eisfeld gelandet wa
wollt mich verlassen !" „Lieber Gott !" sagten alle zugleich, ren, erzählt Parrp weiter, gingen Lieutenant Roß und
«ls wenn sie sich dazu verabredet hätten, „sollen wir uns ich, während man die Böte auslud und cmxvrzog, ge
denn der Gefahr aussetzen, gehenkt zu werden, um ihnen wöhnlich voraus, um den bequemste» Weg für dieselben
Sicherheit zu verschaffen, da diesi doch nickt in unserer aufzusuchen. Die Schlitten (diese führte man in den Bö
Macht steht?" „Gehenkt oder nicht gehenkt," antwortete ich ten mit) folgten hierauf unserer Spur, begleitet von den
mit verstelltem Zorn, „jezt ist keine Zeit mehr sich zu .Herrn Beverly und Bird, wodurch der Schnee schon sehr
bedenken. Ihr habt euch anheischig gemacht mich zu be niedergetreten und so der Weg für die Böte bequemer ge
gleiten, und ihr sollt mich nicht verlassen, bevor ich nicht macht wurde. Sobald wir an das andere Ende des Eis
selbst glaube, eurer unwürdigen Gesellschaft entbehren zu feldes kamen, bestiegen wir einen der höchsten Eishügel in
können. Hirt mich an und zittert ob dem Beschluß, zu der Nähe, deren viele sich 15 bis 2S Fuß über das Meer
dem ihr mich zwingt. Kann euer Versprechen , euer erhoben , um uns besser umsehen zu können , aber keine
Eid , die Belohnung , welche euch erwartet, die Ehrfurcht, Aussicht in der Welt kann wohl öder seyn als diese. Um
welche ihr mir schuldig seyd, kann alles dieses euch nicht sonst sucht das Ange nach einem andern Ruhepunkt als Eis
zurückhalten, so rufe ich diesen Augenblick die Kosocken und Himmel, und selbst der leztere ist oft von dem so
hervev ; denn ehe ich durch euer Davonlaufen unglücklich häufigen dicken, trüben Nebel gänzlich verhüllt. Diese schreck
werde, eher will ich mich selbst verrathen und mich zugleich liche Eintönigkeit machte, daß selbst der unbedeutendste
wegen eurer Verrätherry an euch rächen." ^' Gegenstand unsere Aufmerksamkeit auf sich zog, und
(Die Fortsetzung folgt.) lächerlich war es oft, wie eine «orüberfliegende Möve oder
ein Eisllumpcn ron ungewöhnlicher Gestalt in unser» Au
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gen große Wichtigkeit erhielten ; wir haben seitdem oft la- Wogen der Oberfläche, nicht der Tiefe, die sich zulezt doch
che« müssen, wenn wir uns erinnerten, mit welchem Ei- ! stürmend emporarbeitet. Männer haben immer mehr
fer , welcher Gierde wir viele höchst unbedeutende Dinge ^ äußeres Ausbraufen als inneres. Jede innerliche
betrachteten. Man kann demnach denken , wie wir u»S Ausbrausung wird eben eine äußere, wenigstens durch
freuten, wenn wir uns aus dieser tobten Wüste wieder un Wechsel des Gegenstandes.
ser« zwev kleinen Böten zuwandten nnd die belebten Ge- Jungfrauen, gleicht mehr den Frauen, Frauen, gleicht
stalten unserer Leute erblickten, wie sie sich mit ihren mehr den Jungfrauen!
Schlitten zwischen den Hügeln hindurch arbeiteten , wenn Es gehört mehr Zeit dazu , die Menschen, schlechter zn
wir wieder de» Klang menschlicher Stimmen, die Stille machen «IS gut; zur Ebbe oder zum Fall des Wassers
dieser Eiswüste unterbrechen hörten. Zuweilen nahmen mehr Zeit als zur Flutb..
Roß und ich verschiedene Wege um den Voden zu untersu
chen, wvbey wir bestandig in tiefem Schnee und Wasser wa-
teten. Waren die Schlitten so weit vorwärts gebracht, Korrespondenz- Nach richte!».
als wir untersucht hatten, so gingen wir alle zu den Bö
ten zurück, und diese wurden nun, wenn der Weg erträg Dresden, 2. März.
lich war, jedes von seiner eigenen Mannschaft, die Offiziere Am Slste» Februar erfolgte nun endlich auch auf der
nicht ausgenommen, gezogen. Auf diese Weise legten wir von kdnigl. Bühne allkier die Darstellung der Weberschen ?per,
zehn Meilen, die wir über das Eis gingen, neun zurück, „Oberon," und zwar als Benefizvnstcllnng für die hinterlasse-
Henn sehr selten fanden wir eine Stelle eben und hart ge neu Kinder des Tonscyers. Die Verzögerung der Auffüllung
schien nur dazu beygetragen zu habe» , diese „och gediegener,
nug , um all unser Gepäcke auf einmal darüber ziehe» zu «»sprechender und glänzender zu machen , und die Generaldi«
können, und in den ersten vierzehn Tagen hatten mir im- rektion konnte wohl il'ren Wunsch, dieses Benefiz so rciwlich
wer dreymal zu gehen, bis die Böte und daö Gepäcke hin alS nur immer möglich «»«fallen zu lassen , durch nicht« deut
geschafft waren, d. h. wir machten denselben Weg immer licher an de» Tag legen «IS dadurch, daß sie eben diese Oper
fünfmal/" Die Lebensmittel bestanden ans Zwieback, Pem- und deren erste Boxstellung dazu wäl'lte. Auch war dosHauZ,
ungeachtet der um da« Doppelt» erl'öhten Eintrittspreise, ss
mk'csn Hu einer dichten Masse gekochtes, stark gewürztes gedrängt «oll, daß kein Plag mel'r vorbanden war, und d«
ss/eisch) versüßtem Cacavpiilver, Rum und Taback ; dabev Bcyträge, welche der König, die Prinzen und Prinzessin
dienten täglich zwey Pinten Weingeist als Brennmaterial. nen dcS HauseS selbst dazu gewährten , sollen so reichlich aus
Man darf sich also nicht wundern, daß, als ihnen das gefallen senn , daß der Betrag dcS Ganzen dem derselben
Beneftzoorstellung in Berlin ziemlich »«he gekommen sevn
Glück einmal einen weißen Bären in den Schuß führte , soll. Auch batte man in der Tl'at auf dem I'icsige» Tbcatcr
dessen Herz und Leber ganz warm in den eben kochenden »och nie eine Darstellung gesehen . welche mit gleichem Auf
Topf wandern mußte», die Matrofen sich augenblick wände von Rcictiii'um der Kostüme sowohl als Dekorationen
ausgestattet gewesen wäre. Aber nimt »>ir Rcichthiim zeigte
lich Scheiben seines Fleisches ans einem Feuer röstete» , sich an ihnen , sondern auch Geschmack und sorgfältige Wabl,
wozu der Bär sein eigenes Fett hergeben mußte. Die und es verdienen dabep wohl die Name» dcS Zeichners der er
größten Beschwerden indessen hatten die Reisenden vom be ster» sowohl, Hosschauspieler Heine, »lS deS Maler« der zwev-
ständigen Regen zu leiden, welcher vom Capirän als zwanzig te», Hoftheatcrmalcr Arrigoni, genannt zn werden, welchen
lcztern auch da« Publikum nach dem Erscheinen fämmtlichcr
mal hausiger beschrieben wird, als er ihn je in den nördlichen Darsteller be« der ersten Vorstellung laut hervorrief.
Gegenden gefunden. Dem Regen folgte zuweilen ein Ne Ueber die Trefflichkeit der Musik dieser Over oder , wie
bel, durch welchen sie einmal ihren Pfad Schritt vor ich e« lieber nennen mochte, diese« Schauspieles mit Ge
Schritt, von einem Stück Eis zum andern und von einer sang ist wohl nur eine Stimme, und eine AiiSführnng
derselben , wie sie hier stattfand , nmsit« dieß noch niebr bestä
Pfütze in die andere tappend suchen mußten. Trotz allem tigen. Unfcr Orchester übertraf sich in der Tbat selbst , den»
dem würde, wie es scheint, diese muthige Gesellschaft ihr e« fühlte mir dem »crewigtcn Meister, und trug alle Liebe
Vorhaben nicht aufgegeben haben, wenn sie nicht am Ende nnd Ehrfurcht, welche e« ihm im Lebe« gezollt hatte, ans
gefunden hatte, daß sie sich in der Lage dcS Sisvplms die Vollendung seines lezten Werkes über. Die schwierigsten
Stellen wurden mit der größten Zartheit oder entschiedensten
befände, indem dasSiS, während sie sich mit unsäglicher Bravour anSgcfülirt. Namentlich war bieg der Fall bev der
Mühe auf demselben vorwärts arbeitete, fast eben fo weit w ihrer Art unübertrefflichen Ouvertüre und der Begleitung
mit ihr rückwärts schwamm. ,n de,» Finale des zwevten Akte«, Herr Musikdirektor Rei
siger , welcher die Musik leitete, war auch anfö Zarteste in
«Se feinen Nüanee» dieses Werkes eingegangen . und zeigte
ganz, wie Werth er es scy, sczt an derselben Stelle zu stehe»,
wo »och vor zwev Jahren der Schöpfer desselben so rühmlich
Aus Jean Pauls Nachlaß. wirkte. A««, hinsiUNlich bcr Sänger nnd Sängerinnen dürfte
wohl kaum eine andere Bühne Deutschlands VorzügLichens
Die Erziehung unterdrückt nur die äußere Heftigkeit, für diese Over z» bieten hübe». Nezi« erfordert , wenn sie
vermehrt aber die innere ; das g e s e l.l i g e Ocl stillt nur die g«nz da« leisten soll, waS der Tonseycr und Lichter bezweckte»,
A4s
eine Sängerin, welche mit Kraft und Gewandtheit ber Stimme stern hingeben und dennoch stets wider daS verdorbene Zeitalter
zugleich ein ausgezeichnetes Talent für die Darstellung hoch- eifern, und mehr »och wider die kühnen Zeitschriften, welche un
tragischer Charaktere vereint, und Mab. Devricnt hat schon verholen ihre Meynung aussprechen. Auch der Abbe Contrafatto
dnrch ihre Euryanthe bewiesen , wie sehr ihr dieses zu Gebote hatte im Gefängnisse eine Flugschrift geschrieben und drucken las
stehe, und mit welcher Wahrheit sie die leidenschaftlichsten sen, worin er gewaltig widcr die Preßfreyheit eifert; dafür
Scciicn der Liebe wie des Schmerzes darzustellen verstehe. hatte ihn denn auch das Villelcsche Ministerium mit dein Pran
Diese seltene Gabe für eine auch alS Sängerin sehr achtens: ger und dem Brandmarken verschont , allein einer der ersten
werthe Künstlerin hat sie als Rezia wieder vollkommen ent Schritte des jetzigen Ministeriums war, daß es den Urthcil-
faltet, und ihre große Gcsangssccne am Schlüsse de« zweyten spruch de« königl. Gerichtshofs in Erfüllung gehen und den
Aktes war ei» Meisterwerk in dieser doppelten Hinsicht. Ein Vernrthcilten mit andern Verbrechern am Pranger brandmar
gleiche« läßt sich auch von Herrn Babnig als Hüon sagen. ke» ließ. Zwar fcnfzre ei» Jcsuitenblatt darüber, daß man die
Er eignete sich vortrefflich für die Kraft wie für die Innigkeit Schulter eines Gesalbten gcbrandmarkt habe ; indessen wußte
dieser Rolle , und zeigte besonders in der großen Arie des er man es doch im Allgemeinen den neue» Minister» Dank, daß sie
sten Akts sich ganz als musterl,aft gebildeter Sänger. Fatime den Verbrecher nicht anders hatten behandeln lasse», wie jeden an
und Schcrasinin wurden von dem Ehepaar Wächter mit achter dern von, Gerichte Verurteilten , und daß sie der Jcsnirenpar-
Munterkeit, anziehender Laune und erfreulichem Gcfange ge thcy nicht die Frcnde gemacht hatte» , eine» der ihrigen zu scho
geben. Fatime ist wohl eine der anziehendsten Parthicen des nen, aus der einzige» Ursache, weil er zu ihrer Parthcy ge
ganzen TongedichtS, und Mad. Wächter wußte ihr das vollste hört. Die vorigen Minister konnten es sich wohl erlauben, ei
Recht widerfahren zu lassen. Die Cavatinc, „Arabien, mein ne» Verbrecher in Schutz zn nehmen, weil ihnen an ber Volks-
Heimatinand/' verfehlte nicht die anmuthige Wirkung her stimmnng wenig lag , dafür haben sie aber auch endlich selbst
vorzubringen , welche sie bezweckt. Ruch Herr Bergmann als ihren Abschied bekommen, und sind allgemein verwünscht wor
Overon war lvbenswcrth, so wie die tiefe Stimmlage der den. Doch bringen mich diese ärgerlichen Geschichte« weit von
Dem. Hanf als Puk i» der Beschwörungssccne des zweyten der Aufzählung der merkwürdigen Heirathc» in Paris ab. Zu
Finals einen recht guten Effekt machte. Da die Sprechrollen den lcztcrn gehört auch noch die Heirath einer Tochter der Opern-
der Oper in den Händen der Herrn Werdy , Devricnt , Bel Tänzerin, Dem. Bigottini, mit einem Notar, welchem sie
ker und v. Zahlhas . wie der Damen Hartwig , Fonrnier und 7VU.l)M> Franken zur Aussteuer brachte. Das Sonderbare ist.
Glcu waren, so zeigte sich auch von dieser Seite ein sehr er baß diese Tochter eine Prinzessin ist, indem sie vom Prinzen
freuliches und anerkennungswerthcs Mitwirken, und es dürfte Pignatclli als seine leibliche Tochter anerkannt und ausgestat
daraus also gewiß die Wahrheit hervorgehen , daß Dresden im tet worden ist. Solch unerwartete Dinge begeben sich in Pa
Oberen eine Vorstellung gab, wie sie schwerlich von einer an ris init den schönen und gewandte» Operntänzcrinncn. Sie
dern Bühne übcrrrosfcn werden möchte. Die Tlicilnahme des besitze» Landgüter , Equipagen , ihre Töchter werden Gräfin
Pttblikulns war so groß und lebendig, als unsere etwas kühle nen und Prinzessinnen, man bewirbt sich um ihre Hand, alS
Art und Weise, öffentlichen Bcyfall oder Mißfallen zu spenden, ob sie zu den erste» Familien gehörte» ; so war es nntrr der al
es nur immer erlaubte. Fast alle Musikstücke, so wie einige ten Regierung , so ist es auch »och jczt. Im vorige» Jahr
der trefflichen Dekorationen wurden mit Applaus begleitet; hundert besaß die bekannte Tänzerin, Dem. Guimard. eines
schon auf eine ganze Reihe der folgenden Vorstellungen sind die der schönsten Hotels in Paris, und jezt gehört Dem. Bigot
Plätze im Theater bestellt, und die wahre Gediegenheit der tini, welche sich bereit« seit einigen Jahren vom Theater zu
Mnsik selbst wird dann erst recht klar hervortreten, wenn man rückgezogen hat und ans ihren Lorbeeren ausruht, zu einer
vom Schaue» der Nebendinge gesättigt ist , und ihr allein der wohlhabendsten Personen in Paris. Dies, muß etwas sehr
seine volle Aufmerksamkeit zuwendet. Aufmunterndes für die angehende» Operntänzerinncn sevn ;
(Der Beschluß folgt.) ihre Art wirb also gewiß so bald nicht aussterben.
Dg.
Paris, 18. Februar.
(Beschluß.) Auflösung der Charabe in Nr. SS:
Bey der Ausstellung und Brandmarknng des abscheuli Flaschenzug.
chen italienischen Priesters Contrafatto hat man gesehen,
welche Erbittern»« in den Gemüthern gegen die schlechten
Geistlichen herrscht. Freylich war vieles vorhergegangen,
um diese Erbitterung hervorzudringen. Bcy der ersten Unter R ä r h s e l.
suchung harre ein bestochener oder verblendeter Richter, Namens
Frcvssinouö, ein Verwandter des Ministers der geistlichen Ganz, bin »immer ich daS Ganze;
Angelegenheiten, den Verbrecher frcygcsprochcn , und dieser Vorn eins weg: der Gruß zum Kranze ;
würde ber Gerechtigkeit entschlüpft seyn, wenn das Volk sich noch eins weg: Rezept der Weisen,
nicht ins Mittel geschlagen, und ein höheres Gericht darüber eine doch mit Weile »ur zn speisen ;
Untersuchung angestellt hätte, welche dann die Verurteilung Hinte» eins: vom Hühnerschwanze
des Schuldigen znr Galccrenstrafe zur Folge hatte. Acußerst und der Mutter halber Götter;
selten läßt in Pari« daö Volk gegen bestrafte Verbrecher feinen lacht nicht, sondern rathet, Spötter!
Abscheu aus, was in London etwas sehr Gewöhnliches ist; ?.. . .
aber dießmal konnte es nicht an sich halten, und der wilde Jubel,
den eS ertönen lieft, galt nicht allein dem schon hinlänglich ge
straften Abbe Contrafatto, sondern auch allen denjenigen, wel
che unter der Maske der Heiligkeit sich den abscheulichsten La Beplage: Kunstblatt Nr. Zl.

Verlebt von der I. G. Co tt« 'scheu Buchhandlung.


N°. 66.

M o r g e n b l a t t

f n r

gebildete Stände.

Montag, 17. März i 8 2 8.

Siel, Com?« Wasserspiegel, wo schlank und hoch


AuS Myrthenblütl'en slch'tie Cyprcß erhebt,
U»b brausend bc« der Pliniana
Luftiger Halle der Strom herabschäumt !
Matthisson.

Der Comersee. Stanislaus LcczinskiS Flucht aus Danzig.


Von I. G. v. Wessen der g. (Aortscyung.)
Gruß dir, Triumphthor nach Ausonien! Dieser feste Ton war das einzige Mittel, wollte ich
Wie schön! Zu schildern dich, wo fand' ich Wort«? die Bursche bev mir behalten. Die Arzney gegen eine
Die Muse bleibt entzückt, stillfragend steh«: Krankheit, weiche für unheilbar gehalten wird, war gefun
Bist du nicht. Herrliche! des Himmels Pforte? den; fo sind diese elenden Menschen, die über alles er
O See! du spiegelst mit dem Lichtazur schrecken, man kann bey ihnen die Furcht vor der Gefahr
DeS Himmels auch der Erde schönste Blüthe; nur dadurch ausrotten, daß man ihnen eine noch größere
In dir beschaut sich lächelnd die Natur,
Sinnt sie auf frischen Reiz für ihr Gebiete. Gefahr zeigt. Zum Glück kam mein Wirth bald nachher
Welch zaubernd Dunkel geußt der grüne Hang zurück und versicherte mich , die Kosackcn seven fort. So
Der AnHohn rings in deine heitern Wellen! gleich sah ich meine drev Furchtsamen aufstehen , ihr An
Der Waldqebüsche Nachtiqallqesang führer nahm alsbald seinen gewöhnlichen Ton an und sagte
Weckt tn der Brust der Freud' und Wehmuth Quellen. zu mir mit einer Miene, die um so viel unverschämter
Zu dir geflüchtet hat der Friede sich. war, je unterthäniger und bescheidener sie sevn sollte:
Wie mancher fand ihn schon an deinen Ufern, „Wie konnten Sie glanben, daß wir Sie verlassen wür
Der an der Freundschaft Kand der Welt entwich. den ? Sie wissen ja nach dem, was wir schon gethan haben,
Und ihres Lobs und Tadels schnöden Rufern !
wie sehr wir Ihnen ergeben sind !" ,,Nun so zeigt denn
Wie freundlich winkt mir deine Siedeley, eure Ergebenheit!" antwortete ich ihm mit einem Blick
O edler Freund Trajans! Welch füße Tage
In stiller Bucht hier flössen dir vordev. der größten Verachtung, „und daß sich keiner unterstehe,
Den Schimmerbühnen fern voll Trug und Klage! künftig ein Wort von Umkehren zu sprechen." Mit die
Hier sahst du der Natur im Brautfestkranz sen Worten stieg ich zu Pferde. Aber ich bemerkte bald ,
Durch« Antlitz stets den Strahl der Liebe Mern ; daß dieser Anführer und seine Kameraden mir nur in
Bcvm Mond- und Dämmerschein mit sanftem Glanz einiger Entfernung folgten, wahrscheinlich in der Ab
Und mit erhab'ner Pracht bey Sturmgewittern. sicht, mich bey der ersten Gefahr, die uns aufstoßen würde,
In ew'ger Jugend seh ich sie, wie du. zu verlassen.
All ihren Zauber hold vor's Auge weben. Beynabe eine Stunde lang ritt ich neben meinem
Glückselig! wem sie hier in weiser Ruh'
Bey Freund und Muse mild verschönt das Leben! Wirthe. Nun kamen wir auf die Landstraße, und ein ruf
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sischer Wagen , der uns entgegen kam, und auf welchem unendlich rührte. Er dankte mir dafür so sehr, als ich ihm
drcy Männer saßen, zwang uns, uns zu verstecken. Wir selbst würde gedankt haben , wenn er nicht das kleine Ge
blieben hinter einer dicken Hecke unbemerkt. Dann ritten schenk, sondern die ganze Belohnung hätte annehmen wol
wir hundert Schritte weiter, ließen unsere Pferde stehen len, durch welche ich gerne feine mir geleisteten Dienste be
und gingen auf derselben Straße eine gute Viertelstunde zahlt hätte.
zu Fuße fort. „Hier," sagte mein Wirth, „hier ist der Einige hundert Schritte jenseits der Weichsel sahen
Ort, wo Sie übersetzen müssen. Ich lasse Sie einen Au wir ein großes Dorf. Wir kamen dahin bey Anbruch des
genblick allein , aber thun Sie mir den Gefallen, und ver Tages, Freytags den 2. Julius. Es war mir wichtig mei
stecken Sie sich in diesem Gebüsche, bis ich den Kahn nen Weg ohne Aufschub fortzusetzen. Ich erfuhr, daß die
herbringe." Russen sogar in dieser Gegend einige Vorposten hätten, und
Er ließ mich nicht lange in der gebückten Stellung , die Kosacken hier sehr oft umherstreiften und das Land ver
die mir sehr zuwider war. Ich gestehe zwar, daß, um heerten. Sogleich forderte ich daher Pferde, aber ohne den
nicht überfallen zn werden, diese Stellung so nothwendig Beystand meiner Bauern war es mir nicht möglich welche zu
war, als Unerschrockenheit gewesen wäre, wenn ich nnver- erhalten. Diese feigherzigen Schütten glaubten nnnmebr
muthet Jemand angetroffen hätte, dem ich nicht hätte sie hätten weiter nichts zu fürchten. Sie hörten mich da<
ausweichen können. Dessen ungeachtet dünkte sie mir her gar nicht an, gingen in eine Schenke, und als ich
erniedrigend, und es war keine der geringsten Unan nicht lange nachher hinein trat, fand ich alle drcy schlafend
nehmlichkeiten meiner Reise , daß ich mich so oft in die in einem schlechten Federbette vergraben. Indessen that
Notwendigkeit gesezt sah, mich zu verstecken. Ich tröstete ich, was sie hätten thun sollen wenn ich wie sie, mir es
mich darüber allein mit dem Gedanken, daß die Mühe, hätte einfallen lassen auszuruhen. Ich ging um das Haus
welche es mir kostete, mich zu überwinden, und mein Wi herum uud patrullirte, um nicht von meinen Feinde» über
derwillen dagegen vielleicht die größte Standhaftigkeit und fallen zu werden.
den entschiedensten,Muth verriethen. Und ist es nicht der (Die Fortsetzung folgt.)
größte Muth, denselben zu bändigen, wen» es Gefahr
bringen würde ihn zu äussern ?
Meine Leute hörten noch früher als ich das Geräusch Die zerstreuten Felsbldcke dcS Alpengcbirgs.
der Ruder und liefen herbey. Wir schifften uns ein und
machten endlich diese so sehnlich gewünschte, durch so große Diefes interessante Näthsel , das uns die Natur auf:
Mühe und Gefahr erkaufte Ueberfahrt. Wir waren im Be giebt, und dessen genügende Lösung Licht über manche dunkle
griffe anzulanden, da zog ich meinen Wirth auf die Seite, Stelle der Geologie verbreiten würde, ist auch füv den blosen
dankte ihm gerührt für alles, was er um meinetwillen ge- Freund der Natur sehr anziehend, der sich mit einer Lö
than, und drückte ihm in die Handfo viel Dukaten, als meine sung nicht zu befassen gedenkt, die schon von den größten
Hand in der Tasche nur fassen konnte. Dicß war die schönste Forschern auf sehr verschiedene Weise versucht worden ist.
Gelegenheit um mich der Last dieses Geldes zu entledigen. In mehreren Gegenden Deutschlands, in dem großen
Ausserdem glaubte ich ihm zu gleicher Zeit große Freude Thale des Po in Italien , und ganz besonders häufig in
zu machen und eine Schuld zu bezahlen. Aber dieser ehr dem flachen Theile der Schweiz, der sich zwischen den Al
liche Bauer sprang erstaunt und beynahe beschämt zurück. pen und dem Jura durchzieht, finden sich zerstreute und
„Nein, nein," sprach ich, „da hilft nichts, Ihr müßt mein frevliegende Fclsblöcke von Steinarten, die von den Ge-
Geschenk annehmen. Ich verlange diefes von Euch als birgsartcn der nahen Hügel und Berge ganz verschieden ,
eine neue Gefälligkeit, und ich werde es als einen der und darum nicht als Trümmer derselben, sondern «IS
größten Beweise Eurer Ergebenheit ansehen." Als ich Fremdlinge in diesen Gegeudc» «»zusehen sind. Die
endlich noch stärker in ihn drang , und er noch stärker sich Größe dieser Felsblöcke, wovon die meisten von zehen bis
bemühte sich meiner Erkenntlichkeit zu entziehen, da glaub mehrere hundert, viele mehrere tausend und einige bis auf
te» die andern wir zankten uns, und kamen herbey mich fünfzigtauscnd Cubikfuß Sörpcrinhalt haben, hat schon lange
zu besänftigen. Sobald er dieses bemerkte, sagte er schnell : auf sie als auf merkwürdige Erscheinungen aufmerksam ge
wenn er, um mich zusrieden zu stellen, nothwendig etwas macht, und da, wo sie sich in Menge vorfanden, sind sie
annehmen müsse, so wolle er zwey Dukaten annehmen, von den frühesten Anten her als ein vortreffliches Bauma
bloß zum fortwährenden Andenken an das Glück, das er terial benuzt worden. Die Ruinen alter Schlösser zeigen
gehabt, mich zu sehen und kennen zu lernen. Diese edle häusig diese unzerstörbaren Felsblöcke in ihrem Gemäuer,
Uneigennützigkeit gefiel mir um fo mehr, da ich dieselbe und auch jczt noch werden sie gerne zn Fundamenten für
von einem solchen Manne nicht erwarten durste. Er nahm Lirchen und andere große Gebäude verwandt. Dieses Ge
zwey Dukaten auö meiner Hand auf eine Weise, die mich brauchs wegen rerringert sich dieZahl dieser merkwürdigen
26z
Felsblöcke bedeutend ; auch werden viele davon von sorgfäl gefchiebreichen Gcbirgsi'trime muß fehr natürlich auf den
tigen Landwirrhen entweder vergraben oder durch Pulver Gedanken führen, daß jene Ablagerung durch eine unge
gesprengt, um fruchtbares Land davon zu säubern. heure Wasscrfluth bewirkt worden seyn müsse, welche aus
Saussure bat in seinen Alpenreisen zuerst umständ den Alpen hervorbrach, die Felsblöcke mit sich herausriß,
liche Nachrichten von diesen FelSblöcken gegeben und beson und dieselben gleich wie Geschiebe nach den allgemeinen hy
ders ihre Verbreitung längs dem Fuße deS Iura richtig drostatischen Gesetzen ablagerte. Freylich stellen sich dieser
beschrieben. Er hielt sie für Zeugen einer großen Erdre- Hypothese und einer zureichend befriedigenden Erklärung
volution («r»nck ckebicle), welche in einer Sch^emmniig der vorkommenden Erscheinungen noch mancherlep Schwie
von den Alpthälern her bestand. Von Leopold». Buch rigkeiten entgegen. Die größte bildet der Anblick jener rie
sind in den Abhandlungen der Berliner Akademie sehr ge fen Thäler, welche jezt zum Theil von anfehnlichen Seen
naue Angaben über die Ablagerung der Felsblicke zwischen eingenommen werden, und über welche jene ungeheure
der Ausmündung des RhodanthaleS (im Wallis) und dem Fluch weggehen mußte, ohne sie vollständig auszufüllen.
Jura bekannt gemacht worden , welche diese merkwürdige Jedoch ist hierüber zu bemerken, daß damals diese Seen
Naturerscheinung vortrefflich beleuchten ; er beweißt die eine andere Beschaffenheit haben mußten als gegenwärtig,
Herkunft der Zelsblicke aus den Alpen überzeugend, findet indem einige derselben seither tiefere Ansmündungen er
aber Saussures Winke über die Art der Hcrvorwälzung hielten, andere durch Erhöhung ihrer Ausmündung aus:
dieser Alxcntrümmer nicht befriedigend. Noch neuer sind gedehnter wurden. Wir sehen zwar alljährlich, wie von-den
die Nachrichten, welche I. A. de Luc in Senf in ver Gebirgsströmen sehr große Geschiede in Sandbanken aufge-
schiedenen Zeitschriften über die Felsblöcke bekannt machte. thünnt werden , welche beynahe die Höhe der stattgehabten
Sie enthalten einige merkwürdige Angaben, die aber haupt Hochgewässer erreichen ; aber unsere Einbildungskraft er
sächlich in der Absicht aufgestellt werden , um des älte schrickt doch vor dem Gedanken, daß s<,,,,l,c Cubiksuß große
ren de Lucs schon lange vergessene sonderbare Hvpothese Felsblöcke ebenfalls auf der Höhe von Wasscrfluthen , die
neu aufzuwärmen, der zufolge diese Felsblöcke an Ort und einst Statt gehabt haben , fortgeschwemmt srvn sollten.
Stelle , wo sie sich vorfinden , durch Erxlosionen aus dem (Der Beschluß folgt.)
Innern öer Erde ausgeworfen worden sevn sollen. Der
Stttter Venturi hat zwar keine genaueren Nachrichten
über die Verbreitung dieser Felsblöcke im Thal des Po Korrespondenz-Nachrichten.
mitgetheilt, aber die Hypothesen ihrer Herschwemmung London, Februar.
auf großen Sismassen sinnreich entwickelt. Solche schwim So eben ist das dritte Heft de< poreizn l^u»ri»rlv N«
mende Eismassen halte vor ihm auch schon Professor anstellen vi«« erschienen. Ohne einen Vergleich mir Blockt Zeitschrift
zu wollen , welche in ihrer Ankündigung die Ver
Wrede in Berlin gebraucht, um den Uebergang der in nichtung oder doch wenigsten? die gänzliche Verdunkelung die
Nvrddeutschland verbreiteten und wahrscheinlich ans Schwe ses r>e,ie« brohete , darf man jezt kühn behaupten, daß cS sein
den herkommenden Granitblöcke über das baltische Meer Dascvn fest begründet hat. Das jetzige Heft ist schon der darin
'zu erklären. V behandelten Gegenstände wegen interessant, nicht nur für den
eigentliche» Gelehrten und den Liebhaber der schönen Literatur,
So merkwürdig alle vorhandenen Angaben über die sondern auch für den Politiker und Geschichtsforscher , wodurch
Verbreitung der freyliegenden Felsblöcke auch find , so ge cS sich (waS in England sehr viel bedeutet) auch praktisch nütz
nügen sie doch noch keineswegs, um diese für die Natur lich macht. Der Aufsatz über den früheren und gegenwärtigen
geschichte unserer Erdoberfläche so wichtige Erscheinung um Zustand Portugals , mit politischer Umsicht , und Kode« mit
Mäßigung und Unpartbcylichkcit verfaßt , enthält eine Stelle
fassend zu beurtheilen , und um mit einiger Zuverlässigkeit ««S einer pottugiesischen Flugschrift, c«mb»te genannt, die
Hvpothesen zur Erklärung derselben aufstellen zu können. als Muster von absolut« Logik merkwürdig , und für den
Iwar sind die bekannten Thatsachen genügend, um zu be Geist eineS VolkcS , an daS man solche Beweisgründe (»nd
weisen, daß diese Felsblöcke durch die Alxenthäler herab- darf,es ist nur ein Muster von viele» ander» dergleichen) richlen
sei« bezeichnend ist: „Die Juden Neunen alle andern
gekommen und nicht aus den Eingcwcidcn der Erde heraus Volker profan, die nicht Juden sind, die Frenmaurcr »cinicii
geworfen worden sind. Aber ihre weite Verbreitung, ihre alle andern Menschen profan, die nicht Freymaurer sind; die
Zahl und Größe deuten auf eine Revolution hin, welche Juden trugen sich nach ihrem Gesetze weiß, ^auch die Maurer
unsere Erdoberfläche, als jene Erscheinung eintrat, erlitt tragen nach ihrem Gesetze weiß; die Juden hatten Gleich
heit unter sich eingeführt, die Maurer verkündige» Gleichheit
ten hat, und welche also die Naturforschnng in weit allge unter allen Menschen ; die Juden strebten de» Tempel wieder
meinerer Hinsicht anspricht, als nur für die Erklärung aufzubauen, die Maurer wollen einen Tempel errichten u. s. w.
der Verbreitung der Felöblöcke. Die Jude» hegten große Achtung vor dem ck«I>» oder gleichsei
Die auffallende Uebereinstimmung der Verhältnisse der tige» Dre»eck , die Maurer verehren dasselbe Dreye« ; die Ju
den erhoben sich in ihrer Religion nie über das Materielle, die
Felsblöckeablagerung, von den innern Alpenthälcru aus bis Maurer sind alle Materialisten. Die Maurer schreiben ihre»
m die innern Jurathäler, mit den Verhältnissen der großen Ursprung von ihrem Großmeister Hiram her , und folglich
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ron den Juden." »ud so schließt der Ehrenmann, sind die den rfleg'n, und empfehlt sich besonders durch Innigkeit des'
Freyinamer Juden. Ab« nicht genug, dag die Maurer Juden Gefühls und Klarheit der Situationen. Die Hauptrolle der
sind , nach seiner Ansicht kann ikncn nur der böse Feind die Marie spielte Dem. Fournier mit ausgezeichneter Virtuosität.
Macht geben „das schändliche VerfassungSsyflcm einzuführen, Das einfach Milde , das sanft Entsagende , welches in diesem
welches seit zwanzig Jahren die Geisel der christlichen Völker Charakter liegt, ward von ihr mit gewinnender Anmuth wie:
von Europa geworden ist." Aber er hofft, daß es Portugal dergegeben, und sie verdiente vollkommen den Beyfall, der
vorbehalten ist, diese schändliche Sekte zu Vernichten, indem ihr dafür zu Tbcil warb. Auch Herr Devrient zeichnete sei
dort die christliche Religio» von dem Flecke« frey ist, womit die nen Sergeant Brand kräftig «nd bieder, und hatte einzelne
Duldung sie in andern Ländern besudelt hat. Der lcztc, aber gelungene Momente, nnr schien im zweytcn Akte die Rolle
nicht unbedeutendste Aufsatz bcskvreizn ttexiev ist eine Wür ihm nicht fest im Gedächtnisse zu haften» und er dehnte daher
digung Mvlieres, von der Feder Sir Walter Scott'«. Der Auf: einige, ohnedieß schon etwas lange Rede» über die Gebühr.
satz ist zwar offenbar in der Eile geschrieben . trägt aber den Eine zweyte Vorstellung hebt unstreitig diesen Fehler. Sehr
noch durchaus den Stempel der Anmulh und Liebenswürdigkeit, brav waren auch Mad. Pauli und Herr Burmeister Sohn
welche alle Ansichten dieses berühmten Schriftstellers bezeichnen. als Pächtcrleute , und erstcrc in der vorzüglich gut gewählten
„Manche unserer Leser," so schließt er, ..werden sich wundern, ländlichen Tracht eine anziehende Erscheinung. Die zurücktre:
daß. nachdem wir Mokiere für den ersten Lustspicldichtcr er: tcnde Rolle deS Rittmeisters ward von Herrn Kricte nicht
klärt haben, wir die Talente, wodurch er eine solche Höhe er: verdorben, und Herr Wcrdy that Alles, uin die deS Gei.eralö
reicht hat , auf den Besitz von gemeinem Menschenverstand, auf in den bedeutenden Stellen herauszuheben, welches ihm auch
Veobachtnugsgeist und Gabe des Ausdrucks beschränkt haben, vollkommen gelang.
wie gesund, scharfsinnig, kräftig , wahr und einfach seine Pro: In der italienischen Oper erschien endlich am 6. Februar die
dukke auch immer scyn mbgen. Nicht Talente von anderer lang vorbereitete heroische Opcrvon Rossini, „Elisabeth, Königin
Art, als wie sie die gewöhnlichen Menschen besitzen, bilden die Elc: von England," welche zu den früher«, aber gewiß auch zu den bes
mentc zu einem großen Mann. Solche besondere Eigenschaften, sern Arbeiten dieses Tonsetzers gehört. Die Hauptrolle ist eine
solch bcjvndercr Geschmack erzeugen im Gegcnthcil Sonderbar: der schwierigsten Aufgaben für di? Sängerin, und man muß es
kcit. Die wahrhafte Quelle der Größe in beynahe allen Fächern Sgra. Palazzcsi nachrühmen , daß sie dieselbe mit Geschick und
ist eine ungewöhnliche Fülle von irgend einer auszeichnenden Fleiß lößtc. Sie trug ihre große Arie mit wahrer Bravour
Eigenschaft, welche der Menschheit im Allgemeinen angehört, vor , griff trefflich in die Ensembleflücke ein , und bewährte
deren Wesen und Werth daher alle Menschen erkennen. Ein ibre Virtuosität der Stimme auch in der Schlußcavatine.
Mensch mit vier Armen würbe ein Ungeheuer für einen Ro: Gleich lobcnSwerth war auch ibv einfaches , aber bezeichnendes
man oder eine Schaubude scyn ; derjenige aber , der de» besten Spiel , und die leidenschaftliche» Situationen der Rolle wurden
Gebranch von der gewöhnlichen Bildung seines Körpers zu machen von ihr mit Empsindung aufgefaßt. Gleiches Lob verdient
weiß, übt durch Stärke oder Schnelligkeit ein Ucbcrgcwlcht über auch Dein. Veltheim als Mathilde. Ihre Arie wie ibr herr
seine Mitmenschen, kurz, die allgemeinen Eigenschaften von gesun: liches Duett mit Elisabeth erfreuten sich des Anerkenntnisses
der Urteilskraft, klaren Ansichten und kraftvollem Ausdruck deS aller Freunde der Musik. .Leider war Sgr. Bonftgli als Lei-
genau Beobachteten erlangen denselben Werth im Verhältnisse, in cester bey allen Vorstellungen dieser Oper schwach bey Stimme,
dein sie sich über die gemeine Fälligkeit der Menschen erheben, sonst würden wir uns wohl bey seiner anerkannten Musik-
wie Diamanten im Verhältnis ihres Caratcngcwichts beynahe kenntniß einer ausgezeichneteren Leistung von ihm zu erfreuen
über alle Schätzung steigen , während die kleiner» Splitter gehabt haben. Sgr. Pcsadori sang als Norfolk, wenn er sich
derselben kostbaren Substanz sich häufig sinken, aber neben je: vor dem Detonircn hütete , recht brav , und hatte auch mehr
ncn nur wenig geschäzt werden." Von deutschen Werken cur: Fleiß auf sein Spiel verwendet, als es manchmal der Fall ist.
hält dieses Heft nichts außcr kürzeren Nachrichten von neuen Es könnte aus diesem Sänger recht viel werden, wenn er
Werken, z. B. eine Meldung von Heines Rciscbildcrn und fleißig stndirtc , und sich sorgfältig in Ausbildung seiner an
Meycrbergs Reise durch Rußland. sich so wohlklingenden «nd umfangreichen Stimme beobachtete.
(Der Beschluß folgt.) Eine , in allen Theilen wirklich vollendete Darstellung bot da:
gegen wieder die Aufführung des „Or«ci»ts in L^itt«" dar,
Dresden, 2. März. welche lange noch die Licblingsoper des hiesigen , der italieni:
schcn Musik huldigenden Publikum! bleiben wird.
(Beschluß.) Von Seiten des Staates tritt mit Ostern eine technische
Außer Oberen war im verflossenen Monat in: Opcrnfache Bilbungsanflalt zu Dresden ins Leben , welche einem längst
neu der ..Maurer," mit der Auberschcn Musik. Er hat zwar gefühlten Bedürfnisse abhelfen soll. Es ist damit die bisher
nicht so gefallen wie der „Schnee" desselben Komponisten, mit der Kunstakademie vereinigte Industrieschule verbunden,
oder wie die ..weiße Dame," aber in einzelnen P.nrhiccn doch und alles unter die Leitung des Inspektor Lobrinann, Aufsc:
sich vollen Beyfall erworben. Dabin geborte namentlich daS hcrS dcr königl. Sternwarte, gestellt worden, von dessen Kennt:
Duett mit Chor im dritten Akte zwischen Henriette und nisse» «nd Sorgfalt man das Beste erwarten kann. Das In
Mab. Bcrtrand, und die Damen Wächter «nd Sandrini lei: stitut ist in drey Klassen getheilt, und der Unterricht in den mci:
steten darin auch in der That etwas recht Ergötzliches, so daß stcn Fälle» frey , nur in der einen Klasse auf eine sehr unbe
sie bey der ersten Vorstellung dieses Musikstück wiederholen deutende Summe gestellt. Die Arbeiten i» dein Atelier des
mußten. Inspektor Blochman , dem jezt ein Theil der hiesigen Stadt die
Bald darauf folgte die erste Vorstellung der „Vernunft: Gasbeleuchtung danken wirb . machen den größten Theil der
bcirath," einem »ach dem Französischen von Tb. Hell in zw«) Beschäftigungen einer dieser Abtheilunge» auS , wodurch die so
Akten bearbeiteten Lustspiele. Man könnte das Stück fügli: nothwendige praktische Uebung für verschiedene GcwerbS:
eher ein Drama nennen, da die muntern Sccnen darin wc: zweige gleich damit in Verbindung tritt.
Niger in die eigentliche Jntrigne einschlage». Dieses kleine Guido.
Stück hat auch eine wahrhaft moralische »nd weit ernstere
Tendenz, als ähnliche französische Vorbilder gewöhnlich zu ha: Be plage: Kunstblatt Nr. zz.
Verlegt von der I. G. Cotta'fchen Buchhandlung.
67-

. . , .

^ M o r g e n b l a t t

für

gebildete Stände.

Dienstag, 18. M ä r z i 8 2 s.

Der Wem spricht ans ib» ! I,i>rt ihn nicht , ich titt» Euch.
Der Wein erfindet nichts, er schwazt's nur aus.
Schiller.

StamÄaue Lrcjinskis Fluch« aus Danzig. «in Bauer aussah , geschlossene Kauf die Aufmerksamkeit
(Fortsetzung.) der Bauer» rege. Ihre Zahl nahm in kurzer Int zu und
Als mir endlich dieser Spaziergang, «elcher mich im sie betrachteten mich um und um, als mein Betrunkener,
mer wieder an dieselbe Stelle zur tickbrachte, anfing Lange- wahrscheinlich von dem Gelbe geblendet, welches er mich
Ivette zu machen, und ich über meinen unnützen Aufent wieder in meine Tasche hatte stecken sehen, «»fing, auf ei«
halt «m diesem Orte ungeduldig wurde, ging ich in das unverschämte Weise mit de« Diensten zu prahle« , welche
Zimmer zurück , weckte sachte einen der Bauern auf und er mir geleistet. Er strich seiue Ergebenheit, sogar seine»
beredete ihn endlich, mir einen Wage» zu holen, derselbe Muth heraus, und sagte endlich, er wolle nicht um
möchte aussehen wie er willte, und kosten so viel er wollte. sonst mir so viel Jeit aufgeopfert haben, und verlange
Nach zme» Stunden kam er zurück, aber so betrunken, daß auf der Stelle zu erfahren, wie viel er für feinen An-
er sich nicht auf den Beinen halten konnte. Jndesseu brachte theil von der versprochenen Belohnung bekomme» solle.
er eine« Manu mit, welcher sagte, er wolle zwar Pferde Vo» allen Gefahre», in denen ich mich bis jezt befunden
vermierhen nebst einem mit Waaren beladenen Wagen, aber hatte, war diese vielleicht die größte. Der schändliche Groß
uuter der Bedingung , daß wir in baarcm Velde Jemand sprecher stammelte zwar nur, aber er sprach mit Leuten,
im Dorfe den Werth der Waaren , welche er uns anver welche leicht zu bewegen waren, und die, wenn gleich ge
trauen wollte, bezahlten. Er fürchte, die Kosacken, ge meiniglich keines wahren Gefühls fähig, dennoch sich jeder
schicktere Diebe als Soldaten, möchten dieselben plündern, zeit durch das elende Aussehen derjenigen rühre« lassen,
und auf diesen Fall verlangte er, was auch billig war, daß welche Mitleid einflößen wollen. Ich habe bemerkt, daß
dieser Verlust nicht denjenigen treffe, welchem die Waa klagende Töne ein untrügliches Mittel sind umauf den Pöbel
ren zugehörten , und dem er selbst für den Werth stehen zu wirken, und daß die gröbsten Töne denselben gerade am
müsse. Da ich gar keine Lust hatte, wiederum zurückzukeh schnellste« in die Stimmuug versetze,?, in welcher man ihu
ren, und noch weniger, Zeit zu verlieren , so fiel mir ein haben will. Jndesseu hätte ich doch dem Mitleiden , das
ihm, statt das Geld zu hinterlegen, die ganze Ladung abzu der Haufe b« den Klagen dieses vorgeblich Unglücklichen
kaufen. Sie wurde auf fünf und zwanzig Dukaten gcschäzt, die zu fühleu schien , kaltblütig zugesehen , wenn ich nicht be
ich auf der Stelle bezahlte, als fürchtete ich, er möchte fei« fürchtet hätte, der Kerl, der immer hitziger wurde, je
Wort zurücknehmen , während er doch von meiner Seite mebr er- bemerkte, daß «ine Rede Eindruck machte, möchte
einen beträchtlichen Abschlag erwartete. Indessen machte endlich das ganze ihm anvertraute Geheimniß verratheu.
doch dieser so eilfertig , und von einem Mensche«, der wie Ausserdem fürchtete ich noch, der Anführer meiner Truppe,
s6S
welcher ohnehin so unverschämt war, möchte diese ungerech- Wir verließen das Dorf, durften es aber nicht wage»
ten Klagen durch neue Klagen von seiner Seite unter uns nach dem Wege zu erkundigen, damit , im Falle man
stützen und seine andern Kameraden, welchen ich ebenfalls uns nachfetzen sollte. Niemand sagen könne, welchen Weg
nichts Gutes zutraute, aufwiegeln , so daß sie sich endlich wir genommen hätten. Auch wußten wir schlechterdings
alle drey gegen mich auflehnen könnten. In welcher Ge nicht wohin wir fuhren. Da ich die Karte des Landes ein
fahr schwebte ich ! was hätte ich anfangen sollen, wenn ein wenig im Kopfe hatte, fo gab ich die Richtung an. Es kam
Haufen Bauern mein Gcheimniß erfahren hätte, welche darauf an, die Nogat zu passiren, und ich ließ daher nach
keinen Gnmd hatten mir Theilnahme zu beweisen? Die dem Winkel zufahren, wo sie sich von der Weichsel trennt.
Majestät des Thrones wird selten aus einem andern Grunde Die Stadt Marien bürg ließ ich linker Hand liegen,
als um des Glanzes willen geachtet, der sie umgiebt, und weil feindliche Garnison in derselben lag. Wir kamen durch
man erzeigt diesem Glänze die Ehre, die der Majestät mehrere mit Sachsen und Russen besczte Dörfer, ohne
selbst gebührt. . daß ein Mensch uns anredete. So nöthig es auch gewesen
Aber es ging ganz anders. Der Anführer handelte, wäre anzuhalten, so durften wir es doch nicht wagen. In
wie ich es ihm nicht mehr zugetraut hätte. Er wies den dessen schien es bald nicht mehr möglich die Pferde weiter
Trunkenbold zurecht und sagte in seinem gewöhnlichen zu bringen; es war ausserordentlich heiß, nnd wir hat
gebieterischen Tone: „Schweig, Nichtswürdiger ! worüber ten sie fo stark angetrieben , daß sie beynahe erlagen. Zum
klagst Du? Haben wir nicht Gefahr und Angst mit Dir ge-. Glück entdeckten wir hundert Schritte vom Wege ein ver
theilt? und wo siehst Du, daß wir solche Forderungen lassenes Haus, wo wir zwey Stunden zubrachten und die
machen, wie Du?" Darauf kehrte er sich zu dem Hänfen Pferde weiden ließen.
und sagte: „Glaubet diesem Kerl nicht,; wenn ergetrunken (Die Fortsetzung folgt.)
hat, so bildet er sich immer ein, er scy in Gesellschaft von
Königen und Prinzen. Wenn ihr ihm noch länger zuhört, Die zerstreuten Felsblöcke des Alpcngcbirgs.
so wird er bald irgend eine vornehme Person aus mir ma (Beschluß.)
chen , ob er mir gleich deßhalb nicht mehr Achtung bezei Die gewaltsamen Durchrisse der äussern nordwestlichen
gen wird, als wenn er glaubte, ich sey nicht mehr als ich Alpenkette stehen jezt noch offen da. Die übereinstimmende
wirklich bin , nämlich eben so arm und eben so unglücklich Schichtung ihr« beyden abgerissenen Seitenwände macht
als er selbst.« ihren ehemaligen Zusammenhang höchst wahrscheinlich, und
Durch diese Rede fiel alle der Unwillen, den er gegen in der Form mehrerer dieser Durchdrücke glaubt mau noch
mich erwecken wollte, auf den Trunkenbold selbst zurück. Spuren der wüthendcn Fluth zu erkennen, die diese Oeff-
Man lachte ihn aus. Jedoch bemerkte ich unter dem Han nnngen gewaltsam erweitert hat. Die meisten Verhältnisse
sen einige Blicke, welche sagten: man sey doch noch nicht dieser Durchbrüche und der unmittelbar ausser ihnen gele
allgemein überzeugt, daß ich wirklich sey, was ich vorstelle. genen Thalgründe stimmen sehr auffallend mit der Annahme
Ich gestehe es, nichts konnte mir mehr schmeicheln. Man einer bevm Durchbruch dieser Felsenketten strömenden gewal
mag gerne ausgezeichnet werden, und bildet sich ein, dieß tigen Fluth überein. Denktman sich diese offenen Querbrücke
komme nicht sowohl vom Scharfblick Anderer, als vielmehr in den äussern Alpenkettcn wieder als geschlossen, wie sie es ih
von dem Etwas, das durch alle Schleyer dringt, hinter rer beiderseitig gleichförmigen Schichtung zufolge höchst wahr-
denen man es zu verhüllen sucht. Was mir vielleicht bey schcinlicheinstgewefcn sind, so ergiebt sich dieunmittclbareFol-
jeder andern Gelegenheit Vergnügen gemacht haben würde, gerung, daß damals die inncrn Alpcnthälcr verschiedene aus
sezte mich indessen hier in nicht geringe Verlegenheit. gedehnte Seen enthielten, welche bis auf die Höhe der nie
Ich entschloß mich, so schnell als möglich dieses Dorf zu drigsten Scheidcckcn ansteigen mußten , die sich in der sie
verlassen. Den betrunkenen Bauer bätte ich gerne zurück einschließenden Gebirgskette befanden, und dadurch ergiebt
gelassen, da er mir z» weiter nichts dienen konnte, wenn sich in den eingeschlossenen Alpsccn eine so große Wasser
ich nicht hätte befürchten müssen, daß er in seinem Zustande masse, daß, wenn man ihren gleichzeitigen plötzlichen Dnrch-
endlich noch alles entdecken würde. Diese Spur konnte sich, brnch annimmt, man nichtmchr in Verlegenheit ist, die Quel
wenn ich sie zurückließ, bald weiter verbreiten, und mei len zn finden, ans denen die gewaltigen Wasserfluten herka
ner Reise .Hindernisse in 5en Weg legen. Darum ließ ich men, welche über die meisten Sandsteinhügel wegflulhetcn,
ihn auf den Wögen packen nnd sah mich genöthigt ihn die sich im großen Thale zwischen den Alpen nnd dem Jura
selbst zn Kalten , damit er nicht herabfiel , was bey jedem vorfinden, und die so hoch an den Jura hinanfgcstant wer
Stoße zn fürchten war. Der Anführer fezte sick vorne als den konnten. Unsere Einbildungskraft hat Mühe, sich fo
Kutscher bin nnd den Dritten schickte ich mit dem Auftrage große Massen nnd so umfassende Kräfte ln Wirkung zn
zurück, dem Gesandten meine glückliche Ueberfahrt über denken, wenn ihr nicht bestimmte sinnliche Angaben dabev
die Weichsel anzukündigen. zu Hülfe kommen. Durchbrüchc von zonv Fuß riefen See
decken sahen wir zwar noch nie, doch sind schon ganz kleine Thales zwischen St. Branchicr und Martinach, unter
Seedrrrchbrüche , die zuweilen in den Alpen von Berg- halb Bauvcrnier, schwemmte die Fluth viele hundert Gra
schkipfeu veranlaßt werden, wohl geeignet, die Begriffe über nitblicke, die am Fuß der bevderseitigen Gebirge, tbeilö
die Gemalt einer schnell abfließenden Wassermasse zn stei frevlicgcud , theils in den Schutthalden vergraben lagen,
gern , welche gewöhnlich nur von dm jetzigen« Strömen loS und mälzte sie mehrere taufend Fuß weit mit sich fort.
der Erdoberfläche hergenommen sind. Viele dieser Granitbiöcke haben mehrere taufend Knbikfuß
Das neueste und auffallendste Bcvfpicl dieser Art ist Körxerinhalt, und einer derselben , der nicht tief hinter
der Durchbruch des Sees, welcher im Jahr ini'^I. der Thalausmündung in die Ebene von Martinach liegt,
liser Bagnethal durch einen Gletschersturz gebildet wurde. hat volle zehntausend Kubikfuß Körxcrinhalt. Nun war
Im Hintergründe dieses ThalcS fezte sich in einer Tdalcnge aber bevm Durchbruch des Gletfcherfees im BagnetKal
durch hausig von einem höhern Gletscher herabgestürzte EiS- bey weitem nicht einmal eine Million Kubikklafter Waffer
stucke ein neuer Gletscher an, der den Wasserabfluß aus dem in Bewegung gefezt, da hingegen, als einst die Bcrgkluft
Hintergrunde des Thals endlich ganz sperrte, und dadurch zwischen der Denk de Morcle und der Dent de Midi sich
einen See bildete, welcher bey mehr als 2m, Fuß Tiefe öffnete, über ftmfzigtausend Millionen Kubikklafter Waf-
nne Wissermasse von 6>,W Cubikklaftcrn enthielt. Denn;. scr in Bewegung kommen mußten.
Juno Abends um vier Uhr durchbrach diese Wassermassc Diese Berechnungen und Verglcichungcn werden übri
auf einmal den Gletscher, stürzte mir verheerender Wuth gens keineswegs alö wirkliche Erklärung der großen Na
durch das acht Stunden lange Thal inS Haupttbal des Wal turerscheinung der Verbreitung der Alpfclöblöckr, sondern
lis herab, wo sie sich bey Martinack mit dem Mhodan nur «IS Gegenstück zu Buchs offenbar irrigen Berechnun
vereinigte und durch Kiefen einen Theil der mitgcführten gen aufgestellt, welcher eine über alle Maßen große Was-
Trümmer dein Gcnfersee zuschwcmmte. Diese Fluth glich ferhöhe für nöthig hielt, um diejenige Geschwindigkeit zu
aber nicht einem Wasserstrom , sondern einem furchtbaren erhalten, welche erforderlich wäre, um Felöblöcke von den Al
wogenden Bergsturz; Felsenblöcke, ganze Gruppen von pen an den Iura hinauSzutrribcn. Die Herkunft der FelS-
Tannenbäumen, Schutt jeder Art, Hanfer, Scheunen und blöcke aus de» Alpen ist wohl durch die Identität ihrer
ihre Bnichstücke rollten übereinander bin, und die Wasser- Gebirgsarlen mit den Gebirgen der Wasserbecken, an deren
mir damit dergestalt belastet, daß man das Wasser AuSmündung sie sich befinden, fo wie durch die AN ihrer
mchr sich, sonder» das Ganze einer schlainmigen Trümmer- Verbreitung fo viel als zuverlässig erwiesen. Die .her-
fluth glich, die alles mit sich riß, was ihr entgegen oder fchwemmung dieser Alptrümmer in einem mächtigen Schutt-
zur Seite stand. An einer Thalcnge wurden selbst entge strvm ist hinwieder auch durch die Art der Verbreitung
genstehende Felsenfchichten von Kiefer Fluth abgebrochen und der Ablagerung derselben ziemlich wahrscheinlich ge
und weggerissen. SS brauchte diese zerstörende Fluth unge macht, und die anfgestelltcn Berechnungen, so wie dieVer-
fähr eine halbe Stunde, um irgend eine Thalstelle zu durch gleichung mit dem Schuttstrom des BaanethalS ernvisen
strömen, und sie lieferte also ohne die Schuttmasse in jeder die Möglichkeit, daß Durchbrüche der Alpenketten, welche
Zeitsccnnde 3Z0 Kubikklafter Wasser. Vom dnrchrissenen große Seen aufgespannt hielten, jene Ungeheuern Schweni-
Gletscher bis zum Dorf Chable durchströmte die Fluth in mungcn zunächst veranlaßt haben konnten. Auf diesem
ungefähr zz Minuten einen Weg von bevläusig 7»,mw Punkte aber bleibt einstweilen die Erklärung der großen
Fuß. Folglich hatte dieser Strom , ungeachtet der gewal Naturerscheinung stehen , und es kann diefelbe wobl auch
tigen Schuttmasse, womit er belastet war, eine Geschwin kaum weitergebracht werden, bis wir von de» verschiedene»
digkeit von zz Fuß in jeder Sekunde. Man muß die ähnlichen Erscheinungen auf der Oberfläche der Erde nm-
Gräßlichkeit der Verheerung bcS TbalgrimbeS von Bagnc stäilblichc Nachrichten erhalten habe» werden, ans welchen
und der Ueberfchüttung der Gegend von Martinach gleich dann entweder ihre Gleichzeitigkeit und al>'o die Wirknng
nach dem jammervollen Ereignisse beS Dnrchbruchs jenes eines großen, allgemeinen Naturereignisses, oder die Qert-
GletfchcrdammS gesehen haben , um sich einen Begriff da lichkeit dieser Erscheinung in der Nähe der verschiedenen
von machen zn können. In den erweiterten Thalstcllen Gebirgsketten der Erdoberfläche erwiesen werden kann, wo
liegen zehn bis drevßig Knbikfuß große Geschiebe stellen dann erst der Gesichtspunkt gehörig festgefezt werden wird,
weise fast so hoch aufgethürmt' als die Oberfläche der Fluth aus welchem die Verbreitung der Felsblöcke als Naturvr-
strömte, und in der ganz offenen Gegend von Martinach scheinung zu beurtheilcn ist.
lagen Schutt, Schlamm und Trümmer ebenfalls bepnahe
bis zu derjenigen Höhe aufgehäuft , welche die Oberfläche Korrespondenz-Nachrichten.^
der Fluth erreichte, ungeachtet die Geschwindigkeit des Loubon. Jammr.
(Besa>lnK.>
Laufs sich wahri'cheinlich hier bis ans zwölf Fuß vermin Sir Matthe Scott «,n cimn „cucn Rom,in bcm Sta
dert harr.'. In der untern Hälfte des ziemlich engen pel; wo m» der M.«,u die Zc,t Keriiel'm.n m.,g ? TdoinaS
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Moore hat cndNch die Güte , nachdem tt Byron« Selbstbio Ganzes, wie i» ciunn Gußc hingeworfen , auch wird er sehr
graphie verbrannt, an einer Lebensbeschreibung des große» Scjchäzt. Man hat ein Konzert zu». Beste» vo» Kiesewetters
Dichters zu arbeiten, welche aus Bricfcti, vermischten Aus Familie gegeben, welches als Konzert fcl'r schlecht ausgefallen
säge» und Gedichte» des grogeu Barden, die sich bisher i» den ist, aber, wenn man von der Menge der Zuhörer schließen
Hände» des Verlegers, WKirran, befände», in zw«? Quart darf, den Erwartungen der Unternehmer in Hinsicht der Ein
bände» erscheinen soll. Nach Byron selbst ist Niemand wohl nahme pollkommen entsprochen Hot.
besser geeignet sei» Leben zu schreiben als Moore, der so lange
auf freundschaftliche»! Fuße mit ihm gelebt, alle seine Fami- Paris, 2«. Februar.
Ucnverbältuisse genau gekannt, und vor allem auS seiner Beobachten wir nun auch einmal die nwralischen Folg«
Selbstbiographie Erinnerungen übrig behalten hat, die sich des Miniflerwechsels in Paris und im übrigen Frankreich.
durch nichts andere« erseyen lasse». Moore erhält für feine Welch furchtbare Schritte der Obskurantismus in der lezte»
Arbeit 42W Pfund Sterling. Ich erwähne noch als einer Zeit getlian hatte , um dahin zn gelangen , die Menschheit zum
Erscheinung des Zeitgeistes der sehr schönen , wohlfeilen Aus Uusiun deS barbarischen Zeitalters zurückzuführen , ist hinläng
gabe» von guten Werken in >8> die Murray feit Kurzem an lich bekannt. Daß Villele dieser Parthcv beystimnrtc, olme
gefangen hat; erschienen sind: Pavrhs drcy Entdeckungsreisen die geringste Achtung vor ihr zu habe«, mid blos, weil sie ihm
in fünf Bändchen, mit schöne» Kupfern, für ein Pfund, und zur Unterjochung der Nation diente, ist auch deutlich genug
Byrons Werke in vier Bändchcn, für achtzelm Schillinge. aus seinen Handlungen hervorgegangen. Die bigotte Parthey
Conflable in Edinburg hat schon früher eine ähnliche Biblio hatte schon festen Fuß gefaßt , Paris würbe bald mit Klöstern
thek zu vierthalb Schilling das Bändchcn angefangen, wovon ««gefüllt worden sei)» , »nd wer zu einer Stelle hätte gel««
ber eits siebzehn erschienen sind, und worunter auch neue Ucber- gen wollen, hätte keine Beweise von Tüchtigkeit und Wissen
seyungeu von Schillers drcyßiaiähriqcm Krieg und dem AbfaL schaft, sondern nur ein Attestat der sogenannten Kongregation
der Niederlande gedruckt werden solle«. beybringen dürfen. Es ist ja schon längst dargethan und um
In der italienischen Oper haben wir seit Kurzem eine ständlich erzählt worden, wie die sogenannte Kongregation
Mcugc neuer, oder doch für London neuer Opern gehabt ; den Leute anwirbt cinö allen Ständen, sogar bloße Tagiöl'ncv.
noch wirb das Haus schlecht besucht, und es hat allen Anschein, denen sie Geld und Lebensmittel verabfolgen läßt, um sie da
dag die diesjährigen Unternehmer , so wie alle, die sich früher für zu entschädigen , daß sie über ihren Andachtsübungen ihr
mir diefer Anstalt befaßt haben , ihr Geld verlieren werden. Tagwerk versäumen. Leiber war ihr auch die Polizey unters
Die uugeheure Besoldung der berühmten italienische« Sänger than , und so war denn über Frankreich ein furchtbares Ney
und Sängerinnen frißt alles auf. Aber auch die englischen ausgespannt , aus welchem sich nicht leicht Jemand , welcher
Theater scheinen nicht viel glücklicher zu fcyn , denn auch diese der Hülfe der Regierung bedurfte, herausziehen konnte. Glück
bringen, mit wenigen Ausnahmen, den Unterncbmern gerin licherweise aber herrscht seit der Revolution . und wohl länger
gen Vortheil. Die Heyden großen Häuser . Coventgarben und schon, ein solcher Freysinn, besonders unter der zahlreiche»
Drurnlanc haben bekanntlich das Privilegium , in London al Klasse, welche ein unabhängiges Vermögen bcsizt oder von ih
lein regelmäßige Schau- und Lustspiele aufführen zu dürfen; rem Fleiße lebt, baß alle Versuche, den Geist des fronzösi«
aber sie begnügen sich nicht damit, weil da« Publikum sich nicht schen Volkes wieder z» unterjochen, an demselben scheitern.
damit begnügen will , u«d geben zugleich Pantomime« , Me So ist es auch dießmal gegangen , und die Nation ist jczt von
lodramen und Possen, welche allein den kleincrn Bühnen »er neuem aus unwürdiger Knechtschaft gerettet. Das Merkwür
stattet sind. Seit Kurzem aber haben es einige von den lcz- digste dabei) ist, baß gerade dasjenige Mittel, was Villele
tev» gewagt, ganz offen in dieses Privilegium einen Eingriff erdacht hatte, nm die Nation besser zu unterjochen, die Ret
zu »lachen , um die Sache zn einer gerichtlichen Entscheidung tung befördert hat ; es ist dieß ein auffallendes Beyfpiel von
zu bringen , wcßweqcn auch in Kurzem ein Prozeß zwischen de» sonderbaren Fügungen, welche im Schicksale der Menschheit
Drurylane und Cvbuvgthcater stattfinden wird. Das lezte walten, und wie wenig die bürgerliche Gesellschaft Ursache hat
neue Stück in jenem ist ..Do» ^u»n, xovtksul v,?,," auf in ihrer Erniedrigung zn verzagen, indem oft nncrwartcte
Byrons Do» Juan gegründet , voll drolliger Auftritte, und Hülfe von eben der Seite herkömmt, von woher man sie am
von höchst unsittlicher Tendenz. In Coventgardcn hat man wenigsten erwartete,wofern die Gesellschaft mir stets bereit ist, sich
tine Nachahmung der Soinnambüle Villagcoife auf die Bühne derselben sogleich zu bediene«. Man sehe die sonderbare Ver
gebracht, welche vielen Beyfall findet. Auch die hier anwesende kettung der Umstände! Villele, um die Pairskammer biegsa
französische Truppe hat dieses Stück vor Kurzen, gegeben, aber mer zu machen , in welcher ihm zu viel Freysiun vorzuwalten
uicht so viele» Beyfall damit gefunden, als sie mit ihren ächten schien, hatte beschlossen, ben ihm blindlings ergebenen und
Komödien erhält, besonders den Molierefchen . deren sie meh verkauften Troß der im Ecntrum sitzenden Deputirten ins-
rere mit Glück vorgestellt hat. Die Logen in diefem Theater, gesammt nebst ander» Personen in die Pairskammer hineinzu
wo man zwcy Mal die Woche spielt . sind alle für die Scasou schieben, um dadurch ein Uebergewicht in derselben zu bekom
gemiethct. was einen sichern VortKeil gewährt; aber auch men. Dieß sczt er durch , aber nun entsteht eine große Lücke
das Parterre ist bcynahe immer voll, und die jungen Leute in der DepMirtcnkammer. Er fällt darauf, die ganze Dcpntir-
scheinen sim der Gclcgcnl'cit zu freuen, sich auf eine fo an tcnkammer aufzulösen und die Wahl einer neuen auszuschrei
genehme Weise im Französischen üben zu können. Die ben, indem er nicht zweifelte, durch heimliche Schliche eS dahin
Truppe ist indessen im Ganzen sehr schlecht , und würde sich zn bringen, daß eine noch unterwürfigere, noch geistcsbefchränk-
für sich nicht hallen kbimcn, wenn sie nicht immer irgend ei tere Dcvutirtcnkammer gebildet würde als die lezte, und um
nen berühmten Schauspieler herüberzöge , der allein ein desto besser und leichter zu diesem Zwecke zn gelangen , hebt er
Schauspielhaus zu fülle» vermag. Jczt haben wir Perlet einige Monate znvor die Prcßfrcyheit auf, und bringt das ge-
hier', einen Mann, den die Natur zmn Schauspieler gemacht sammte Journalwefcn unter dos Joch seiner Censur.
zuhaben scheint; da ist alles Ruhe, Klarheit ,md Verstand, (Die FortfiPung folgt.)
keine gewaltsamen Uebcrgänge. keine tours ck« sorco , die ei
nen so oft der, den Engländern anerkeln; sein Varluffe und
sein ttomw« gris sind Meisterstücke, ci» einziges nngethciltcs B<»lag e: Lttcraturdlatt Nr. 2Z.
Verlegt von der I. G. Cotta 'schen Buchhandlung.
N°. 68.

M o r g e n b l a t t
f s r

gebildete Stände.

Mittwoch, 19. Marz i 8 2 8.

Wenn nnfcr Geschleckt destimint ist , auf dein ewigen Wege einer
Asymptote slcn einem Zwnkte der Vollkommenheit zn nähern , den eS
nicht kennt, und den eS mir aller tantalischcn Mül>c nie erreicht, ihr
Lama« und Bramanen! so seyd ihr auf dieser Wallfahrt in einer
ziemlich ruhigen Ecke det Fahrzeugs:
Herder.

Skizzen aus Ostindien. von Seiten der Hindus, obgleich der Unterschied noch im
mer sehr groß ist. Keiner nimmt unsere Kleidung an,
Vor Kurzem sind in London Briefe über Ostindien und ihre eigene ist so geschmackvoll und dem Klima so an
von dem dort verstorbenen Bischof Heber herausgekom gemessen , daß dieß sehr thöricht wäre. Ihre Häuser aber
men, welche manche Vorurtheile, die wir noch von diesem sind mit Virandas und korinthischen Pfeilern geziert ; sie
merkwürdigen Lande hegen, zu berichtigen versprechen ; inter haben sehr schöne Wagen , welche zum Thcil in England
essant sind namentlich dieAufschlüsse über die Neligionsverhält- gebaut worden sind; sie reden ziemlich gut englisch und
nisse der Hindus und die Fortschritte^uropäischer Civilisation zeigen eine besondere Vorliebe für die Gesellschaft der
ohne verhültnißmäßige Verbreitung des Christenthums, und Engländer, wenn man sie, was leider nicht immer der
geben viel über das künftige Schicksal dieses Volkes zu den Fall ist, einigermaßen auf gleichen Fuß bcl»ndelr. Doch
ken. Wenn auch der gelehrte Verfasser sich nicht ganz von nur wenige essen mit uns, und dieß steht dem vertrau
den Worurthcilen der anglikanischen Kirche loszusagen ver ten Umgang mit uns mehr im Wege als die Moden
mochte, so ist es doch immer wichtig, auch einmal einen oder die Manieren John Bulls. Es gibt jezt (i82Z>
Mann über die Hindus zu hören, der weder ein befange in Kalkutta und der Umgegend zwanzig Knabenschulen,
ner Missionär, noch ein parthevischer Beamter , noch ein jede von «ubis 120 Schülern, und drey-uud-zwanzig Mäd
oberflächlicher Reisender ist. chenschulen, jede von 25 bis z« Mädchen. Die leztcren
stehen unter den Leitung einer geschickten, vernünftigen
Es gibt Eigenheiten in den Wohnungen zu Kalkutta, Frau. Die Schwierigkeiten, welche Mss. Wilson zu über
welche Anfangs dem Fremden unangenehm auffallen. In den winden hatte, sind unbeschreiblich. Vor zwep Jahren
hohe» Zimmern schwärmen Holzkäfer und andere Insekten; fand sich in ganz Bengalen keine eingeborne Frau, welche
Sperlinge und andere Vögel fliegen den ganzen Tag ein lesen, schreiben oder nähen konnte, und die Mädchen in
und aus, und sobald die Lichter angezündet sind, flattern die Schule zu schicken, wo sie Gefahr liefen, mit Perso
große Fledermäuse mit ausgespannten Flügeln , wie Hora- nen von anderer Kaste in Berührung zu kommen, wurde
zens Our», um die l»qu«,l, t«cl», wenn dieser Name gerade so angesehen, als wenn man in England ein Mäd
Decken gegeben werden kann, an welchen die Balken nackt chen zu Kunstreitern in die Lehre geben wollte. Jeder
und unbedeckt bleiben, damit man die Zerstörungen der mann erklärte daher ihr Unternehmen für unausführbar.
weißen Ameise bey Zeiten gewahr werde. Mss. Wilsons erste Sorge war, sich mit dem Hindostani-
Sehr auffallend ist hie Nachahmung unserer Sitte» schen und selbst mit dem gemeinen Bengalischen vertraut
2?O
zu machen; nun schickte sie ihre Borschläge in diesen Spra Gebräuche im bürgerlichen, wie im häuslichen Leben sey
chen aus, worin sie den Eltern die Vortheile auseinander von ihren mahomedanischen Eroberern geborgt, und gegen
sezte, welche ihre Töchter als Dienstboten, Mütter und wärtig zeigt sich eine offenbare steigende Neigung, die
Haushälterinnen von ihrem Unterrichte zu erwarten hät Engländer in Allem nachzuahmen; dieß hat bereits zu
ten ; sie versprach genau auf die Kastenverhältnisse zu ach vielen wichtigen Veränderungen geführt, und muß zu
ten, und bemerkte, ob sie Christinnen würden oder nicht, noch wichtigeren führen. In den bengalischen Zeitungen,
könne es ihnen doch nichts schaden, wenn sie mit dem eu deren es zwcy oder drcv gibt, wird die Politik mit einer
ropäischen S ch a st e r (die Bibel) und den von den Euro Freyheit behandelt, welche sich dem Tone der Whigs nä
päern anerkannten Regeln des Umgangs sich bekannt mach hern soll, und einer der angesehensten Männer gab neu
ten. Sie ging selbst in die vornehmeren Familien, sie lich ein Essen zur Ehre der spanischen Revolution. Unter
beredete einige von den indischen Guhrus od« Glaubens- dem gemeinen Volke zeigt sich dasselbe Gefühl noch vor-
lehrern, ihre Schulen zu besuchen, und jczt geht Alles thcilhafter in einer zunehmenden Gleichgültigkeit gegen
vortrefflich von Statten. Nhadacant Del', einer der reich die Kasten; und die Bereitwilligkeit, womit sie ihre Kin
sten Hindus zu Kalkutta, welcher als der strengste und der in die Schule gehen. Englisch lernen und das neue Te
eifrigste Anbeter des Ganges betrachtet wird, wünschte stament, das Vater Unser und die zehn Gebote lernen las
ihr vor einiger Zeit Glück zu ihrem Unternehmen. Alles sen, erfüllt die alten europäischen Einwohner, welche sonst
dieses muß am Ende auch fürs Christenthum Früchte brin vor dem Namen eines Missionärs zu zittern und sich aus
gen, und hat wirklich schon sehr viel dazu bevgetragen, Furcht, ihren heidnischen Nachbarn ein Acrgcrniß zn ge
die Engländer in Bengalen beliebter zu machen. Die ben, den allgemeinen Pflichten des Christenthums zu ent
Kinder freuen sich des Lobes und der Kleidung, die sie ziehe» pflegten, mit Erstaunen,
als Belohnung erhalten, und in Gegenden, wo sie, wie (Die Fortsetzung folgt.)
man mich versichert, vor brev Jahren beym Anblick eines
Europäers schreycnd davonliefen, werden die Geistlichen
und Missionäre, welche die Aufsicht über diese kleinen Stanislaus Leczinskis Flucht aus Danzig.
Anstalten führen , eben fo gut ausgenommen als ein Pfar
rer in England in seinem Kirchspiel. Am meisten scha (Fortsetzung.)
den uns die deistischen Brahminen, welche ihre alte Re Gegen acht Uhr Abends kamen wir an das Ufer ei
ligion verlassen haben und eine neue Sekte zu stiften wün nes Flusses. Ein Wirthshaus war dabcv, und einige
schen, und die Dissenter, welche dem Anschein nach den Schritte davon stand im Sande ein alter, durchlöcher
selben Zweck verfolgen wie wir. Die leztern sind frcylich ter Kahn. „Welch ein Glück !" riefen meine Leute, «hier
sehr höflich und thun, als ob sie sich über unsere Fortschritte sind wir endlich an der Nogat, und da ist ein Kahn,
freuten; aber trotz dem errichten sie Schulen dicht bcy die Vorsehung selbst hat ihn an das Ufer gebracht, damit
den unsrigen, und scheinen es leichter zu finden, unsere er u»S zur Ueberfahrt diene." Ich war zwar anderer
Zöglinge wegzulocken, «ls sich in entfernteren Gegenden Mevnung, durfte aber nicht widersprechen. Sie fingen
neue zu suchen. schon an die halbverfaulten Bretter des Kahns fortzuzie
Wir alle in Europa haben von jeher gehört, wie hen, als ein Bauer herbeykam, den ich fragte, ob dieß die
menschlich die Hindus gegen die Thiere sepen, welchen Ab Nogat sey. „Nein, wahrlich nicht," antwortete er, „es
scheu sie vor animalischer Nahrung hegen u. s. w. ; es ist die Weichsel. Die Nogat liegt anderthalb Stunden
wird die Leser wohl nicht minder wundern, als es mich von hier."
gewundert hat, wenn sie hören, daß die Hindus, welche Diese Weisung kam gerade zur rechten Zeit. Wir wa
die Mittel dazu haben , eben so gerne Fleisch essen als ren ohne Rettung verloren, wenn wir über diesen Fluß,
wir , daß selbst die reinsten Brammen Hammelfleisch und über den wir mit so vieler Mühe gesezt hatten, wieder
Rothwildprct essen dürfen, daß vielen Kasten Fische und zurückgingen. Wir traten in das Wirthshaus, gaben uns
manchen andern Schweinefleisch zu genießen verstattet ist; für Fleischer von Marienburg aus, die über die Nogat
daß es zwar für ein entsetzliches Verbrechen gilt, ein Rind gehen wollten, um jenseits Vieh einzukaufen. „Hinüber
vieh zn tödtcn, um solches zu essen, sie aber ihre Zugoch zu kommen ist nicht leicht," antwortete der Wirth, „alle
sen und Pferde mit einer barbarischen Strenge behandeln, Schiffe, bis auf die kleinsten, haben die Russen wegge
welche einen englischen Miethkutscher empören würde. nommen und nach Marienburg geführt, der Polen wegen,
Ebenso hat man ihre religiösen Vorurtheile und dieUnver- welche jenseits streifen."
änderlichkeit ihrer Gewohnheiten übertrieben. Mehre« „Ach!" sprach ich be» mir selbst, „überall Schwierig
der kcnntnißreichsten Hii'dus, mit denen ich gesprochen keiten! sogar da, wo ich keine mehr anzutreffen hoffe!"
habe, versicherten mich, die Hälfte ihrer auffallendsten Indessen stärkte d«S Glück, das ich bisher gehabt hatte.
meinen Mnth und war mir gleichsam Bürge dafür , daß haben, weil sie, wie sie sagten, fürchteten, ich möchte
die Vorsehung noch serner für mich sorgen werde. Ich mich durch meine Sprache vcrrathen. Ich lachte über
brachte die Nacht in der Scheune schlaflos zu. Als der ihre Furcht, fprang vom Wagen und ging auf das HauS
Tag anbrach hielten meine Bauern dafür, es bleibe uns zu, aber sie suchten mir den Weg zu versperren, stell
kein anderes Mittel über den Fluß zu kommen , als die ten sich vor mich, und schworen, sie wollen lieber ster
Brücke von Marienburg zu passiren. „Wahrlich!" rief ben, »ls mich weiter gehen lassen. Diese Unverschämt
ich , „ich weiß nicht , was ich von euch denken foll ! Ihr heit brachte mich auf; ich lief auf sie zu, als wollte
habt jezt fo viel Muth? Ihr wagt es, euch einer starken ich sie zu Boden werfen. Gleich darauf lachte ich selbst
Garnifon regelmäßiger Truppen zn widersetzen , die ihr über meinen Zorn ; aber wie war es möglich, unter solchen
beo dem Anblick eines kleinen Trupps von Gesindel habt Umständen kalt zu bleiben ? Mein Muth mach» sie furcht
davon laufen wollen ? Wißt ihr nicht, daß die Gefahr, wel sam, und ihre Drohungen lauteten nun anders: „Gut!-
cher ich zu entgehen fuche, mich dort in der Stadt erwar sprachen sie, indem sie mir Platz machten, „wenn Ihr uns
tet, und daß ihr da ganz gewiß den Galgen findet, vor an den Galgen bringen wollt, so verlassen nur Euch auf
dem ihr euch fo fürchtet?" Mehr glaubte ich würde der Stelle." „Ei ! da thut ihr mir einen großen Gefal
nicht nithig sepn, um sie von einem so gefährlichen Plan len, " antwortete ich, „geht, wann ihr wollt, ich wünsche
abzubringen. Aber ich irrte mich ; sie blieben fest dabcn, euch eine glückliche Reife." Hier fühlte ich noch mehr als
ja sie drohten mich zu verlassen, wenn ich ihnen nicht bisher, wie unglücklich ich sey, mit solchen Menschen um
folgte. War es Narrheit oder war eö Verzweiflung ? ich gehen zu müssen, welche niemals unverschämter sind, als
weiß es nicht. Aber nur durch Bitten und, ich darf wenn sie bemerken, daß man sie fürchtet, und daß man
es wohl sagen, durch Flehen brachte ich eö endlich so weit, ihrer bedarf. Auch ist es mir unbegreiflich, wie man,
daß sie mir erlaubten, Herr meines Schicksals und des ohne den höchsten Nothfall, ihnen irgend ein Gcheimmß
ihrigen zu scvn. Was ich ihnen vorschlug, war gewiß anvertrauen, oder sich ihrer zu der Ausführung eines Pla
vernünftig. „Laßt uns wenigstens," sprach ich, „bis an nes bedienen kann, der Geheimnis, und Stille erfordert.
das Ufer der Nogat gehen ; finden wir dann kein Mit- (Der Beschluß folgt.)
tel hiniiöerzukommen, so gehen wir nach Marienburg."
^ Wir sezken unser» Weg auf der Straße fort, und ka-
men bald in einen Wald und auf abscheuliche Wege. Ziem Korrespondenz-Nachrichten.
lich weit von unserm Nachtlager stießen wir auf ein Dorf, Hannover, Marz,
wo ich es für nöthig hielt anzuhalten, um uns zn bespre Den dringenden Vorstellungen zur Vollendung »nstre«
Waterloos»?,, Denkmal« ist nun endlich Gci'ir gegeben wor«
chen. Aber meine Begleiter waren anderer Mevmmg. den. Mit dem Zrül'javre soll die Arbeit mir doppeltem Eifer
Sie hielten es für gefährlich, Bauern um den Weg zu wieder»», beginnen. Diese Elirenfäulc wird ein würdige«
fragen, von denen wir doch nichts zu beforgen hatten, ScitcnstKa zu dem den Manen unserS großen L e i b n i » im I.
und so eben sahen sie keine Gefahr dabev , sich vor den j?g» spät genug (wenn man bedenkt, daßert7Iii gestorben) er,
richteten Denkmale scvn.
Thoren einer Stadt zu zeigen, aus welcher meine Feinde Unser Konzertmeister Maurer hat neuerdings da« Büh,
eine der stärksten Festungen im Lande gemacht hatten. nenrepcrtoir mit einer ganz allerliebsten Oper ..Aloyse" be»
Auch sagten sie mir noch ganz offenherzig, es sev unnö- reichert. Die dramatische Dichtung gei'ört de», Kiesigen Di»
thig , sich nach dem Wege zu erkundigen , weil sie schon rektor von Holbcin an , der dieselbe »ach einer Grzäi'lung glei
chcn Namen« von Wodvmeriiis. wacker bearbeitet hat. Diese
im Voraus wüßten, daß uns kein anderer Weg übrig Oper erfreute sich vier eine« auSgkjcichnctcn Bcvfalls. Dich
bleibe , als der Weg nach Marienbnrg. ter und Komponist gingen Hand in Hand mit dem glänzend
Ich wußte wahrhaftig nicht mcbr , waö ich ans die sten Erfolge. Der diesem Produkte beygcsellte tl'eatralifch«
sen Leuten machen sollte ; ich nahm indessen meine Zuflucht Pomp erringt de», bülmenkiindigen Holbci» doppelten Preis,
da bcydes. Angabe und Anordnung, sein Werk sind. Recht tüch
abermals zum Bitten. Mein Betrunkener, dessen blinder tig wurden wir durch das dramatische Gemälde: „breyKtq
Eifer vielleicht nur die Folge des noch nicht ganz ver Jabre, oder Lebenslauf eine« Spielers," durchgerüttelt. So
rauchten Branntweins war, ließ es sich zuerst gefallen das Verbrechen und die niedrigste Stufe des Laster« auf der
Nachricht einzuziehen, und ging zn diefem Zwecke in ein Bülme darzustellen , möchte wohl ei» dramatistvcs Gebrechen
genannt werden. Nur »och ein Paar Henkersknechte feinten
benachbartes Haus. Er kam zurück und fagte, die Leute dem Ganzen , >,»d das Echrcckensbild war vollständig. Bc»
sprächen nichts als polnifch und er könne sich ihnen durch den glühenden Franzosen , ron denen es der ttebertragn c»t«
aus nicht verständlich machen. „Gut," sprach ich, „zum lehnt bat.' ml'cht« dasselbe, alS Gelcgenlietlsstück gedichtet zu
Glück verstehe ich diese Sprache, und ich will gerne zum derselben Zeit, wo die Hazartspiele in Paris für sti'r Hove Preist
nenerding« verpachtet wurden, seine Wirkung nicht verfeiileu;
Dollmetscher dienen." Ich wollte schon vom Wagen das ruvige bcutscve Gcinütl, obcr kann an solchem Ucbermaß der
steigen, aber dieser Tag war für die Bursche ein Tag umnenscMichste» Kräucltl'atcn stch nicht ergöycn. Greller und Jff>
des Widerspruchs. Sie widersezten sich meinem Vor- lond habe» auch die Leidenschaften de« Spieler« aus die BüKne
-7«
gebracht, ober wie ganz anders als in diefem gräßlichen Gemälde. Paris, 18. Feb.uar.
Wen» auch unter Millionen vielleicht ein ähnlicher Auswurf (Fortsetzung.)
der Gesellschaft leben sollte, warum Taufenden deßhalb einen
solchen Mebusenfchild vorhalten, damit ein einziger sich darin Nach den vorhandenen Gesetzen muß die Presse bey de»
spiegele? Nichts desto weniger hat dieses Stuck bey mehreren Depurirrenwahlen stets frcy sc»». Kaum ist also die Censur
im Publikum Beyfall gefunden , obgleich sich tiefer vor Fieber wieder verschwunden, so bricht der Dam,» los, der Unwille
frost nicht aussprechen konnte. Schon Boileau sagte ja: des Publikums strömt in die Zeitungen hinein ; ein allgemeines
,,It n'«5t Point il« »erpenl, »i <je wonstre «äieul, Gcschrey erhebt sich in ganz Frankreich gegen Villele und die
Hui p»r I'«rt iiuite ne Luisse z,i»»r« »ui )oui." Congregatio». Die edlen und aufgeklärtcn Freunde des Va
terlands kommen zusammen, besprechen sich über die Lage der
Merkwürdig ist es übrigens , daß wir diese Thräncnkost auch Dinge, und verständigen sich über die Wahl«,. Statt der er
als Fastnachrsspeise verzehren mußten» und doch brachte uns warteten unbedeutenden Dcputirten werben großcntlic'lls auf
sonst der Faflnachtsabend stets humoristische Produkte auf die geklärte und wohldcnkcnde Männer gewählt , und fast kein»
Bühne. derjenigen, die sich in unserer Zeit durch edle Gesinnungen und
Herr Addner, erster Klarinettist der königl. schwedischen ächte Vaterlaubslicbe hervorgctha» haben, wirb übergangen,
Hoftapcllc, g«b ei» Konzert, das sehr besucht war. Weit ents manche werden sogar von mehreren Departementen zugleich
fernt, eine» Vergleich zwischen diesem Gaste und unserem gewählt. Als dieser Ausgang der Wahlen in Paris und im
Hofmusikus Seemann, dessen Virtuosität <mf der Klarinette übrigen Frankreich bekannt wurde , stürzten VilMe und die
eine hohe Stufe von Vollkommenheit erreicht hat , anstellen zu Congregation ; so etwas hatten sie nicht erwartet; sie mein
wollen, glaub«, wir, daß eS einem Klarinettisten nicht fo leicht ten, die Nation eingeschläfert zu haben, und auf einmal fanden
gelingen wird , etwas Großartigeres uns vorzutragen , als wir sie dieselbe wach, munter und auf den Beinen. Nun sollten
zu höre» gewohnt sind ; dennoch mußten wir dcö Hrn. AddncrS die Journale an allem Schuld scyn ; die ministeriellen Blätter
Fertigkeit und gutem Tone den gebührenden Bevfall zollen. zogen daher «aidlich gegen die Zcitblättcv und de» sogenann
Die höheren Tone haben übrigens etwas Schneidendes, Wels ten Journalismus los ; die Pariser unabhängigen Blätter Hat
ch:s wohl auf Rechnung des Instruments kommen möchte, da ten aber wahrlich nichts anders gcthan, als die Volksgesin-
Herr Addner sein eigenes Instrument nicht bcy sich führte; nu»g ausgesprochen. Allerdings hatten sie die Bürger ange
frcylich ei» großer Uebelstand für reisende Tonkünstler. DaS trieben, gute Wahlen zu treffen und keine Männer auszuer-
„Concertino ," von C. M. «. Weber , errang ihm reichen Bei sehen , die sich durch Aemtcr und Würden bestechen ließen. Da
fall. Ein Zunger Komponist, Herr Enkhausen , Schüler von zu waren sie aber nicht allein berechtigt, sondern verpflich
Alovs Schmitt , berechtigt zu schönen Erwartungen. In ei tet , und wenn sie die Bürger über ihre Pflichten aufzuklären
nem der Abboniiementskonzerte trug unser Hofmusikus Hunflock suchten , thaten sie ihre Schuldigkeit. Die Wahlen waren nun
ein von demselben kompvnirtes Concertino für Fagott vor. das bekannt , i» de» meiste» Departementen hatten die von Villöle
eben so zarte Melodien als harmonierciche. effektvolle Ensem vorgeschlagenen Deputirten weichen müsse», und unabhängige
bles darbietet. Den Geburtstag unsers allgclicbtcn Herzogs Männer waren an ihrer Stelle gewählt worden» Villele
von Cambridge feyerte die Bühne mit einem allegorischen konnte es sich nun nicht länger verhehlen , daß seine Macht zu
Gedichte, ..die Elemente," vvn Wilh. Blumenhagen, mit Ton Ende gebe, und daß seine Hand unvermögend sey, künftighin
begleitung von L. Maurer. Die Idee zu diesem Festspiel lag das Staatsrudcr zu führen. Er mußte also abtreten , und mit
etwas fern; und war auch der Text in dein gewohnten ihm die meisten andern, denselben Grundsätzen Alldigcndcn,
Styl Blumenhagens, anziehend und blühend abgefaßt, so fehlte Minister. Somit erschien denn endlich der so lange, so sehn
dem Ganzen doch der Bezug auf die Fcycr des Tages , minde lich, so inbrünstig gewünschte Ministerwochscl, der auch dem
stens war er nicht Jedem faßlich. Der Streit unter den Ele- weiter« Vordringen der Congregatio» eine Schranke sczte.
mentargciflern ist wokl am friedlichsten Tage nicht ganz an Was also den gänzliche» Sturz der Freiheit hcrbcvzicben sollte,
seinem Playe. Maurers Tondichtung, voll Charakteristik, hat den Fall des unsinnigen Obskurantisinus nach sich gezogen.
war mitunter zu gedehnt, so wie das Ganze überhaupt hätte Vielleicht klammert sich derselbe im Fallen an irgend einem
gedrängter scyn können. Zwey neue Kleinigkeiten füllten den Strauch fest, und sucht wieder auf die Beine zu kommen, al
Rest des Abends aus; Kleinigkeiten sollten auch nicht dem lein schwerlich wird er je wieder solche unbegreifliche Begünsti
Festabende zugetheilt worden scyn. Die erste „Venire» Sie gung erhalte» , wie unter dem vorigen Ministerium , schwer
sich nicht," von Hvlbcin, ist ein recht artiger Scherz, der lich wirb sich die bigotte Parthcy Wieder zu der Macht hin
durch das gerundete Spiel der Mab. Artour und der Herrn aufschwingen können , der sie im vorigen Jahre genoß. Frei
Keller, Volkmar und Struve gehoben wurde, die zwcyte, lich hat sie noch inanche Anhänger, und zwar einige scbv mäch
„Neues Mittel, Töchter zu verhcirawcn , " nach dem Fran tige, wie denn auch eine Zeitung zu Lyon die Wünsche und
zösischen von Kurländcr, ist ein Lückenbüßer in der Zeit Projekte dieser Parthcy »och fr«) ausspricht. Obfchon der Mi-
der Roth, und nichts weiter. Bcym Schlüsse dieses trifft nistcrwechscl bisher noch keine auffallende Wirkung auf die gc-
Dem. Grour, eine siebzehnjährige wackere Schülerin Metbfcf- saimnte Staatsverwaltung geäußert hat , fv ist doch wenigstens
sels aus Hamburg hier ein. Ihr schönes Gesangstalcnt ist in schon die Polizey viel vernünftiger geworden und in ihre
dieser Zeit in mehreren öffentliche» Blättern chrenwerth er Schranken zurückgetreten. Beim Ministerium des Innern fängt
wähnt worden. Sie ist bey unserer Bühne engagirt, und man an sich um Künste und Wissenschaften zu bekümmern , die
wird i» einigen Tagen als „Myrrha" im Opferfcfle ihre unter dem sauertöpfischen Grafen Eorbiöres fast ganz übersehen
theatralische Laufbahn beginnen. Die dicftjährigcn Winterkon wurden , wiewohl der Staat beträchtliche Summen zur Unter
zerte haben mehrere schöne Spende» gebracht. Die Maskeraden stützung wissenschaftlicher Untcrnchmungc» auSsezt. DicseS Geld
kommen immer mehr in Abnahme; die Großen nehmen keinen ist , man weiß nicht wie , verschleudert worden , jezt hat man
Theil daran , und die übrigen Klassen , wie überall, auch Kier eine Kommission von Gelehrten und Künstlern ernannt, um
das Echo derselben, wollen auch vornehm sehn, und verzichten eine zweckmäßige Vertbeilung solcher Gelber in Vorschlag zu
ebenfalls auf dieses sonst so beliebte Wintervergnügcn. bringen , und die hicber gehörigen Bittschriften zu untersuchen.
G. H. (Die Fortsetzung folgt.)
Verlegt von der I. G. C ort« 'scher. Buchhandlung.
69.

M o r g e n b l a t t

für

gebildete Stände.

Donnerstag, 20. März 1 8 2 s.

So bast b» a«e Wklt qekclnket.


Daß ei» dclierzter S,»n, der seinen 5?bchsten ek>rrt.
Und licbk sei» Vaterland, und auf kein anders Ziek
Als Schily und Reitling geht, zu tyun Hot. was er wi«.
Und selbst der Holle truzt.
Martin Opitz.

Stanislaus Leczinskis Flucht ans Danzig. telstunde von hier an das Ufer bringen ; gegenüber wohnt
ein Fischer, den er kennt; der hat in seinem Hause ei
(Beschluß.) nen kleinen Kahn. Auf ein gewisses Zeichen wird er her
Ich trat in. das HauS und sagte «« der Wirthin so überkommen und Such einnehmen." Ich dankt« der
höflich, als es sich mit meine» Baucrkleidern vertrug : ich Frau auf das freundlichste und verbindlichste, und verließ
Wunsche über die Nogat zu kommen, um Vieh einzukau das HauS init ihrem Sohn«.
fen, und bitte sie, mir de« Lrt anzugeben, wo ich am Ich ließ diesen auf meinen Wagen sitzen, und scho»
leichtesten übersetzen könne. „Si," antwortete sie, „da wollte ich fortfahren, «IS meine Bauern — sie waren noch
kommt Ihr eben recht ; ich kann Such die Mühe ersparen, da, ich that aber als sähe ich sie gar nicht — herbeyfamen
hinüberzugehen, was ohnehin nicht leicht ist; ich habe und auch aufsteigen wollten. Meine zufriedene Miene
Vieh zu verkaufen, und Ihr seht mir aus, als ob wir und der neue Reisegefährte Katteu sie wie versteinert. Ss
bald einig würden.« Ich th«t , als wäre mir dieß sehr war jezt nicht Zeit ihnen Vorwürfe zu machen, im Ge-
angenehm , sezte aber hinzu, ich könne erst nach meiner gentheil mußte ich suchen sie zu Freunden zu behalten.
Rückkunft ihr Vieh mitnehmen, weil ich hinüber müsse, Vielleicht waren sie jezt mehr als jemals geneigt, mich
um eine Schuld einzutreiben; mit Freuden werde ich ei zu vcrrathcn, denn ein Geheimniß liegt niemals schwe
nen Theil des Geldes auf den Kauf verwenden, den sie rer auf uns, als wenn wir auf dem Punkt stehen dasselbe
mir anbiete. „Aber hier ist kein einzigcr.Lahn," sprach los zu werden. Daher ließ ich sie machen was sie wollten,
sie; „wie wollt Ihr hinüber kommen?" — „Wie Ihr ohne mich herabzulassen mit ihnen zu sprechen.
wollt," antwortete ich offen und zutraulich, „ich will lie Als wir an das Ufer der Nogat kamen, gab der
ber, daß Ihr mir diesen Dienst thuet, denn irgend je junge Mensch das verabredete Zeichen. Sogleich kam ein
mand anders, und ich glaube, Ihr werdet den Vorzug, Fischer «uS der Hütte, stieß einen kleinen Nachen in das
den ich Euch gebe, nicht übel nehmen, denn ich kenne Wasser und ruderte auf uns zu. Ich stieg ein mit einem
diese Gegend recht gut und weiß, daß zwischen Such und meiner Bauern, den andern ließ ich bey dem Wagen, den
den Leuten über dem Fluß beständig Handel und Wandel man nicht l'ibersetzen konnte. Zugleich befahl ich ihm hier
ist, und Ihr Mittel haben müßt, um trotz der Russen seinen Kameraden zu erwarten, denn ich hatte im Sinne
hinüberzukommen," — „Nun denn," erwiederte sie, „ich diesen noch am nämlichen Tage zurückzusenden.
sehe wohl , Ihr seyd ein guter Maun. Kommt, ich will Nicht sobald war ich an dem andern Ufer angelangt,
Such meinen. Sohn mitgeben; er wird Such eine Vier als ich meine Augen gen Himmel erhob, um ihm zu dan
274
ken, daß er mich glücklich in dieses gelobte Land gebracht, Ueber das Stottern und eine neue Heilart desselben.
wo ich endlich außer aller Gefahr war.
In elncm Dorfe ganz in der Nähe, welches Bialla Eine Frau Leigh in New-Aork, eine ^echs-und-drey-
Gor« heißt, kaufte ich einen neuen Wagen mit zwey ßigjährige Wittwe, fand im Hause des Doktors Pates
Pferd». Dem Bauer gab ich feinen Abschied ; er erhielt eine sehr freundliche, uneigennützige Aufnahme. Eine acht
von mir ein Billet für den Gesandten, welches nur zwey zehnjährige Tochter des Arztes stotterte sehr stark; Ma
Worte in Ziffern enthielt, und gleich darauf schlug ich die dame Leigh glaubte sich auf keine schönere Weise ihren
Straße nach der preußischen Stadt Marienwerder Wohlthätern dankbar beweisen zu können, als wenn sie.
ein. Ich kann nicht beschreiben, wie glücklich ich mich das Mädchen von ihrem Gebrechen befreyte. Sie las dcß-
fühlte, endlich die Spitzbuben los zu seyn, welche mich halb viele englischen Werke über das Stottern nach ; da sie
bisher begleitet hatten. Meine Freude, den Feinden ent aber hier nicht fand was sie suchte, so begann sie das We
gangen zu seyn, war kaum so groß als die Freude, diese sen des Uebels an der damit behafteten Person selbst genau
schändlichen Begleiter nicht mehr um mich zu haben. und beharrlich zu beobachten. Nach einer Reihe fruchtlo
An dem Thore von Marienwerder entging ich leicht ser Versuche glaubte sie endlich die unmittelbare Ursache
den Fragen der Schildwache, welche zn wissen verlangte, des Stvtterns gefunden zu haben, und sie bildete sich nun
wer ich scy. Ich fuhr durch die Stadt und lachte mehr ein UebungSsystem der Sxrachwerkzeuge, mittelst welches
als einmal bey mir selbst über meinen schlechten Aufzug. ihr die gewünschte Heilung vollständig gelang. Sie wandte
Mein Einzug war nicht prächtig , aber ein eitler Glanz nun ihre Heilart auf verschiedene Stotternde an, sie bewährte
hätte meine Freude nicht steigern können. Ich trug in sich durchgängig, und die Frau entschloß sich nun zu Ncw-
mir die Gerechtigkeit meiner Sache, die Liebe meiner Aork ein Institut für Stotternde zu errichten. Seit dem
Unterthanen, ein ruhiges Gewissen und sogar die Achtung Jahr 1825 sollen über 15« daselbst aufgenommen und ge
meiner Feinde. Welch ein Trost in meinem Unglücke ! heilt entlassen worden seyn. Ob die Behandlung längere
Nur wer sein Schicksal verdient, oder dasselbe nicht mit oder kürzere Zeit dauert, hängt weit weniger von der
Standhaftigkeit erträgt, mag traurig werden bey der Er Größe des Uebels als von dem Grade der Geistesstürke
innerung an das , was er gelitten. und überhaupt der psychischen Beschaffenheit des Indivi
duums ab. Länger als sechs Wochen dauert die Behand
lung nie, und sehr gewöhnlich ist sie in wenigen Tagen,
General von S r e i n fl y ch t war bereits vor dem Könige ja in wenigen Stunden zu Ende. — Da die Erfinderin
in Marienwerder angelangt. Am 9. Juli 17Z4 ging end ihre Methode auch in Suropa zu verbreiten wünschte , so
lich Danzig an die Russen über, und unter andern Großen vertraute sie ihr Geheimniß einem Herrn M a l b o u che an ;
wurde von ihnen Theodor Potoki, Erzbischof von durch ihn kam die Methode zuerst nach den Niederlanden, und
Gnesen und Primas von Polen, das Hauptwerkzeug zu viele sehr günstig ausgefallene Versuche haben ganz neuer
Stanislaus Wahl, der durch seinen Einfluß und seine lich die belgische Regierung bewogen , das Geheimniß zu
Jntriguen einen Landsmann auf den Thron gesezt, densein kaufen und stotternde Arme durch' einen Arzt unentgeld-
Ungestümm und seine politischen Fehler bereits erschüttert lich, blos unter der Bedingung, über die Behandlungsart
hatten, mit dem französischen Botschafter de Monti nach nichts auszusagen , behandeln zu lassen. — In England
Thorn abgeführt und sehr strenge behandelt. Zu Königs scheint die Methode der Wittwe Leigh verschiedenen Per
berg, wohin sich Stanislaus begab, bildete sich noch ein sonen bekannt zu seyn ; unter andern soll durch dieselbe
mal ein glänzender Hof von Großen um ihn , der Krieg Dugald-Stewart, der Veteran der Philosophie in Schott
Hiurde, jedoch läßig, fortgeführt und endlich im April land von einem Fehler in der Aussprache, einer Folge
t?Z5 die Friedenspräliminarien zu Wien unterzeichnet, de seines hohen Alters, geheilt worden seyn.
ren Hauptartikel war, daß Lothringen an Frankreich ab In der Sitzung der Akademie der Wissenschaften zu
getreten, aber Stanislas Lesczynski (so lautet Paris am Ilten März dieses Jahrs berichtete Magen-
eigentlich der polnische Name) auf Lebzeiten die Souverä die über diese neue Kurart. Malbouche hatte der Kom
nität darüber erhalten sollte. So riß man, um die Ruhe mission seine Gründe angegeben, warum er das Geheim
im Osten und den Einfluß auf ein Reich, dessen späteres niß nicht bekannt machen könne, hatte aber derselben in
Schicksal man kennt, zu erhalten, im Westen ein Land verschiedenen Perioden Stotternde, die er behandelte, vor
vom deutschen Reiche ab ; aber glücklicher Weise fiel es in gestellt und die Kommissäre von dem guten Erfolge der Ku
die Hände eines Mannes, der zu herrschen verdiente; ren überzeugt. Merkwürdig war besonders folgender Fall :
Stanislaus regierte lange und glücklich, und man weiß, Ein vier-und-zwanzigjähriger Mann von Nerac kam, als
wieviel ihm Lothringen zn danken hat. er in den Zeitungen las, Malbouche habe seine Methode
einer Kommission der Akademie zur Bcurtheilung unter-
275
worfen, nach Paris, um sich heilen zu lassen. Er stot reicher Verfahrungsarren. Man zwinge den Stotternden,
terte sehr stark ; von den Anstrengungen, die er bevm während er spricht, auf diese oder jene besondere Weise aus-
Artikuliren machte, verging ihm der Athen, und er be und einzuathmen, sich ausschließlich dieser oder jener Aus
kam Reißen in der Magcngegend ; seine GesichtsmuSkejn sprache zu bedienen; man zwinge ihn, wenn man will,
zogen sich häßlich zusammen, und besonders schwer fiel mit dem Munde voll Kieseln zu sprechen, wie Demosthc-
e>> ihm p>- und >>- auszusprechen. Seine Heilung war ei nes es gemacht haben soll ; ja man schreibe ihm nur ge
gentlich wundervoll; denn nach zwcv Unterredungen mit wisse regelmäßige Bewegungen mit den Fingern oder den
Malbouche begriff er seine Vorschriften so gut und übte Achen vor, und man wird alle heilen, die Willenskraft
sie so fertig, daß er sich von Stunde an für völlig geheilt genug haben, bey diese» Vorschriften zu beharren, wäkrend
ansah , und wirklich ist auch jezt fast keine Spur feines sie sprechen. Aber diejenigen sowohl , welche daS Geheim-
früher,, Gebrechens mehr bemerkbar. Ein anderer Fall ist niß der Frau Leigh verkaufen, als diejenigen, welche ihr
gleich interessant. Sin junger Mann hatte nicht morali Verfahren an sich anwenden, haben wahrscheinlich ganj
sche Kraft genug, um bey den vorgeschriebenen Uebungen andere Begriffe davon, und waS leztere anlangt, so ist es
streng zu beharren, und ließ sich, als sich sein Stottern sogar gut, wenn sie auf dem Glauben bleiben, sie bedienen
etwaS gebessert hatte, durch seine Geschäfte zerstreuen. sich eines ganz besonders wirksamen Mittels. Ja. es
Das eben erzählte auffallende Bevspiel gab ihm aber läßt sich mit ziemlicher Gewißheit vorhersagen, daß, sobald
neuen Muth; er sczre seine Geschäfte einen Tag bey dieses Verfahren kein Gchcimniß mehr ist, die Anzahl der
Seite und trank, um feine Kraft zu steigern, Kaffee wirklichen Heilungen dadurch in steigendem Verhältnisse
und geistige Getränke. Diese künstliche Kraft hatte auch abnehmen wird, das heißt, es wird mir dem Mittel ge
den glücklichsten Einfluß ; ein heftiges HalSweh und eine gen daS Stottern gehen , wie eö mir so vielen geheimen
Unterdrückung der Stimme, Folgen der gemachten An Mitteln gegen verschiedene Uebcl , z. B. gegen die Wuth,
strengung, verloren sich bald, und nun konnte er die von gegangen ist, die Anfangs für auonebniend wirksam gal
MÄdouche vorgeschriebenen Bewegungen mit Leichtigkeit ten. Man zählre unbczweifelbare Beweise ihrer Wirksam
vornehmen. keit auf, sebr geschickte Aerzte empfahlen sie, aber alle miz-
DaS Resultat des Berichts der französischen Kom- tcn nichts mehr, sobald sie gekauft und bekannt gemacht wa
mlMi, ist, baß durch die Verfahrungsart der Wittwe ren und damit in den Augen der Kranken der mnstifchc
Leigh das Stottern, wenigstens in den meisten Fällen, Anstrich dahin war, den die Erfinder denselben zu geben
geheilt werden könne, und vorzüglich bey Menschen von gewußt hatten.
gehörig entwickelter Intelligenz , die Beharrlichkeit genug
haben, um die Art von Vokal-Gymnastik, die man ihnen
vorschreibt, so lange zu treiben als es nöthig ist; nur be Eiu G l e i ch „ i ß,
dauern die Kommissäre, daß der Erfinder sein wahres
Interesse verkenne und das schöne Gefühl , seinen Neben- von Goethe.
menscb -n nützlich zu sevn, nicht so viel über ihn ver Jüngst pflückt ich einen Wiesenstrauß,
möge, daß er das Mittel zur öffentlichen Kenntnis, bringe. Trug ihn gedankenvoll nach Haus;
Die Sache läßt sich aber auch von einer andern Sei Da hatten von der warmen Hand
te betrachten. DaS Stottern ist ein krampfhaftes Ner Die Kronen sich alle zur Erde gewandt.
venleiden ; und wie gegen alle Ucbel diefer Art läßt sich Ich sczte sie in fristves GlaS;
durch moralische Mittel sehr kräftig gegen dasselde wirken. Und welch ein Wunder war mir das!
Worin die Vokalgymnastik der Mab. Leigh besteht, wissen Die Köpfchen hoben sich empor.
wir nicht, sind aber überzeugt, daß sie an sich durchaus Die Blätterstengel im grünen Flor;
keine besondere Wirksamkeit hat, und daß jede belie Und allzusaiumcn so gesund,
bige Methode, durch welche es gelingt, den Stotternden AlS stünden sie noch auf Muttergrund.
in Anspruch zu nehmen, und ihn , während er spricht, mit
irgend etwas zu beschäftigen, geeignet ist, ihn von seinem
Gebrechen zu heilen. Es ist bekannt, daß Menschen, die So war mirs, als ich wunderfam
im höchsten Grade stottern, ohne allen Anstoß singen kön Mein Lied in fremder Sprache vernahm.
nen; und warum? weil die Nothwendigkcit, Zeitmaß zu
Kalten, und die Gefühle, welche der Gesang aufregt, die
Zerstreuung hervorbringen, welche wir meynen. Man hat
Menge mehr oder weniger sinn
-76
Korrespondenz-Nachrichten. , Lon^>„, Mär,.

Pari», IS. Februar. In wenigen Tagen wird die längst erwartete Beschrei
bung der englischen Erpedition zur Aufnahme der Nordküste
(Fortsetzung.) vou Afrika östlich von Tripoli, in de» Jakren 1821 — 1822,
nebst einer Nachricht über die längs der Küste gelegenen Städte
Der jetzige Minister des Innern, Vicomte be Marttgnac, hat der größer« Surri«, Cyrcnaika und Pentapolis, erscheinen.
selbst seine Laufbahn mit schriftstellerischen Arbeiten begonnen. Die Auszüge im >VeKIv Kevieiv lassen auf ein vortreffliches
Er dichtere Verse und Vaudeville«, als er noch nicht« besseres Werk fctilicßen. — Der als Reifender in Afrika »orthcilbaft be
zu tbun Gelegenheit hatte ; so liatte auch der vorige Justiz,»!- kannte Kapitän L»o» hat so eben sein Z«urn»I «s » ve,ic>«nce
uister, Peprounet, der, so wic Martiguac, ans Bordeaux ge »nä 1°«ur in tke stepuKIic «s Mexico in lk« x«r 1826 U. s. w.
bürtig , also ein Gascouicr war, seine Laufbahn begonnen. beranSgegcben. Der Kapitän ging im genannten Jahre als
Solche Anfänge beweisen aber nicht viel, und Minister, die einer der Sommissarien sür die Ke,I äel ^l«nr« und tj»I«n-
mir Aersemachen anheben, Köre» zuweilen damit auf, daß sie ovi Bcrqwerksvcrcine, (welche beide, bcsondcrs dcr lcztere, in
gegen die Ausklärung arbeite».. Zudem sind die GaSernier einen, hoffnungsvollen Zustand sind) nach Mcriko. Diese Berg
ziemlich unstät iu ihren politischen Grundsäycn , wic dieß Bil- werke liegen bekanntlich tief im Norden deS Landes , zum Tbeil
lelcs Betragen hinlänglich bewiesen bat, der eine Zeit lang nicht weit von dem stillen Meer' , folglich in Gegenden , mit
in einer Oppvsitions-Zcitschrift sehr kühne Grunbsäye aufstellte, denen wir in Europa nicht sehr genau bekannt sind, so daß
und in der Folge auf der Resnerbübne der Dexutirtenkamnicr sich gar wohl viel Neues imd Interessantes darüber sagen
gerade das Gegcnrhcil von demjenigen bcl>auptctc , was er ge ließe. Lyon aber schien nicht in dcr Lau»c zu scyn , ticf zu
schrieben hatte. Noch andere Folgen hat der Ministcrwechsel blicken und scharfsinnige Bemerkungen zu machen; sein Buch
hervorgebracht; diejenigen Zeitungen, welche unter BillelcS ist vielmebr etwas oberflächlich, aber doch unterbaltcnd , und
despotischem Ministerium sich so heftig ausdrückten , sind nun feine Nachricht von den Bergwerken nicht ohne Interesse. Wir
sehr gemäßigt, und erörtern sebr kaltblütig und umsichtig die geben folgende Skizze als Probe: Den 2!>. Junh ritte» wir
Staatsangelegenheiten ; zuweilen könnte man zweifeln , ob sie nach Zacatecas , und es war dieß unser erster Besuch in dieser
noch Opxositionsblätter si»b; nur wenn von den Umtrieben Stadt. Der Weg dabin führt über die Gipfel der hohen Ge
der Jcsuitcnparthcy die Rede ist, gcrathcn sie noch in Har birgskette, und ist so langweilig, als man sich nur denken
nisch und hadern mit de» Ultrablättcrn. Da Heucheln? kein kann. Hier und da unterbrechen die Gebäude und Ma laca-
Mittel mehr ist. emporzukommen, so wird auch weniger ge tcs dcr verschiedenen Bergwerke einigermaßen die Einförmig
heuchelt und gefrömmelt , mitbin haben die frepsinnige» Blät keit dcr Aussicht, und in einer Vertiefung gegen Qsten liegt
ter auch weniger Ursache , sich wider die Schcinbciligkeit zu er die merkwürdige Mine von San Bcrnabc, welche »och immer
eifern. Sehr wichtig werde» die Folge» dcS Miiiiflvrwccliscls bearbeitet wird, ob sie gleich eine dcr erste» gewesen sc,», soll,
für die öffentliche Erzicbung werden. Es ist ei» bedeutender die nach dcr Eroberung geöffnet wurden. Die erste Axsicht
Schritt zur Aufklärung, daß das Untcrrichtswrsen vom geist von ZacatecaS, wenn mau sich von Norden l,er nähert, ist
lichen Wesen getrennt worden ist , und nun ein eigene« Mini auffallcnd und angenehm. Die Stadt liegt in einem tiefen
sterium beschäftigt, vbschvn cS auch füglict, mit dem Ministe Becken am Fuße eines malerischen steilen Berges, die Bus«
rium des Innern hätte verbunden werden können > wic es auch genannt, und dcr Weg durch die Vorstadt führt längs einer»
schon einmal der Fall gewesen ist. Die französische Klcrisey kieseligen Bache, in dem ma» Gruppen von Weibe,'« rveischcn
hat allzu beschränkte Ansichten, und ist, was Gelehrsamkeit siebt. Wir stattete» Sr. Ercellcnz dem General Lovato einen
und Unterricht betrifft , jezt weit hinter den Laycn zurück , da förmlichen Besuch ab; er war noch vor Kurzem ein sehr an
gegen ist sie noch voll von Vorurtheilcn , also unfäbig, die gesehener Schuster zu Jalava, und ist jeft OberbefeblSbaber
Jugend zu Staatsbürgern zu erziehen, besonders in dem Geiste des freuen und obcrherrli che« Staates (^»l»ä«
der Verfassung , welche den französischen Staat «giert. Viel libee >«dr«n«) Zacatecas. Er bcfanb sich nicht wobl auf
leicht ist uuter der gefamintcn hoben französischen Geistlichkeit seincin Zimmer, wir wurden aber von seiner Gcmablin em
kein einziger, welcher im Stande wäre, das Unterrichtswesen pfangen, (einem hageren, schwaybaftcn Weibe, welches in sehr
auf eine zweckmäßige Art zu leiten. Der Bischof Frapssinous frcuc» Ansdrückcn gegen den Bergbau sowohl als die- Berg
war ganz unfähig dazu , und er bat während feines Ministe leute tobte) und ibrcr Schwester , einer starkcn , schmutzigen,
riums dem Staate weit mehr geschadet als gcuüzt. Zwar halbangekleidctcn Jungfer . mit schwarze,« Schnurrbart und
könnte die unter dem Neunen des Abbe de Montgaillard er nußbraunen Zähnc». Die Damen saßen in einem Winkel zu
schienene große Rcvolutionsgcschichrc auf den Gedanken bringe», sammengekauert und rauchten, und der backstcincrne Boden,
es gebe doch sebr offene und belle Köpfe sogar unter der nie worauf eine große Hündin mit ibrcn Immen rubele, war mit
der» Geistlichkeit; allein mit jener Rcvolutionsgcschichtc scheint ausgclöschtcn Eigarrcn imd deren Asche. Kobl und SaUatblat-
es dieselbe Bewandnist zu haben wic nur den Uem«ee5 ä'un« tcr» und anderem Unratb bestreut , welcher von fünf Vogel
coi>tkmp«r«ine , deren ich neulich crwäbnte. Es sollen näm bauern hermitergefalleu war , die mitte» im Gemache Kingen.
lich einige ausgezeichnete Schriftsteller auf Antrieb eines Buch Zwev ungcwafchenc und unrasirtc Herrn stattete» der Frau Ge
händlers die vom Abb« de Montgaillard nachgelassenen Pa neralin il'rcn Morgcnbesnch ab, und ich entfernte mich mit
piere auf ibre Art bearbeitet , und die Gcschlctite allmablig wei nicht sein- günstigen Begriffe» von dcr schön«, Wclr von Zo-
ter «usgesprunen baben, so baß ein Werk, daS Anfangs mir «tecas.
auS brcv oder vier Bande» bestand, bis ?n einem Duyend ange
wachsen ist. Man nennt die SmriftstcUcr . welche zu diesem
Betrüge bepgetragcn . und dem «erstorbenen Abbe ihre An
sichten und ihre Nachforschungen sollen mitergcschobcn haben.
Beylage: Kunstblatt Nr. zz.
(Der Beschluß folgt.)

Verlegt von der I. G. Cotta 'sehen Buchhandlung.


70.

M o r g c n b l a t t

f ü r

gebildete Stände.

Freytag, 21. März 1823.

Ich koinmt, Rom«! dicß trink ich dir!


Shakespeare.

Mariotto und Giannozza*). auszuführen , bestachen sie einen Bruder Augustiner mit
Geld;, und nachdem sie durch diesen heimlich verbunden
Altitalienische Novelle. «nd ihre Wünsche auf diese Weift durch die Kirche gehei:
In einer Gesellschaft anmuthiger Damen erzählte ein ligt waren, so sahen sie Bcpde mit gleichem Entzücken ihr
vornehmer Sienese , daß vor nicht langer gelt in seiner sehnliches Verlange» erfüllt. Aber ihre feindlichen Sterne
Vaterstadt ein Jüngling von guter Familie, wohl erzogen ivollten, daß bald darauf sich ein Unfall ereignete, der
und schön von Gestalt war , mit Namen Mariotto Mig- alle ihre Hoffnungen zerstörte. ES geschah eines Tages,
nanelli, der, heftig verliebt in ein schönes Fräulein, Man- daß Mariotto in einen Wortwechsel kam mit einem an
nozza genannt, die Tochter eines angesehenen und redli dern geachteten Bürger, und von Worten zu Thatcn, und
chen Bürgers aus dem Hause Saraceni, im Verlauf der ihn zulezt mir einem Stock auf de» Kopf schlug, daß er
Zeit erhielt, daß er von ihr eben fo heiß geliebt wurde. von der Wunde kurz darauf starb. Mariotto, der sich
Und nachdem sie lange Zeit die Augen an den reizenden deßhalb verbarg, wurde von den Gerichten mit großem
Blüthen der Liebe geweidet hatten, so wünschte» Beyde Eifer gesucht, und da er nicht gefunden wurde, so ward
ihre süßen Früchte zu kosten ; aber vergebens sannen sie er von dem Fürsten und dem Podest« zu ewiger Verban
auf einen Weg , dieß ohne Nachtheil für sich selbst zu er nung verurtheilt und Todesstrafe auf feine Rückkehr ge
reichen. Endlich beschloß Giannozza, die nicht weniger legt. Wie groß der Schmerz nnd wie bitter die Thra
klug war als schön, ihren Geliebten heimlich zum Gemahl kien der Heyden unglücklichen Liebenden über eine, wie
z» nehmen , um einen Schild zu haben , womit sie ihren sie glauben mußten, immerwährende Trennung waren,
begangenen Fehltritt bedecken könnte, wenn die Ungunst davon kann Niemand urtheilen, der nicht gleichen Kum
des Geschicks sie trennen sollte. Um diesen Entschluß mer gefühlt hat. So heftig war ihr Schmerz , daß bev
ihrem lezten Scheiden oft eines in des andern Armen
Diese Novelle, die wir ans dein seltenen ölovelli»» des lange Zeit für tobt gehalten wurde. Nur der Gedanke
Masuccio von Salernv (gedruckt in Folio l49Z) entlehnen, wo mäßigte endlich ihre Verzweiflung, daß mit der Zeit durch
sie die zwey-und-drcyKigste ist, scheint Luigi da Porto den Stoff
zn seiner schönen Novelle l^» Lialiett, (gedruckt Vinezi», K« irgend einen Anfall il,m die Rückkehr gestattet werden
»ecket!« öinckoni, i5Z5 8.) gegeben zu haben , die in einer könnte ; und fo faßte er mit ihrer Zustimmung den Ent
englischen Bearbeitung (?Ke 1>»Aic«II tt^iiorz? »l Komeus schluß, nicht allein Toskana , sondern Italien ganz zu ver
«vä Ziiliel) Shakespeare zu seinem unsterblichsten Werke be lassen und nach Alexandrien in Egypten zu gehen, wo er
geisterte.
K. H. Herme«. einen Sheim hatte, der Ser Riccol« Mignanelli hieß,
ein Mann von weitausgebreiteten Handelsgeschäften und, Unternehmen zu unterstützen. Und gedrängt von ihr zu
wie «üs s?!!'.en Briden hervorging, sehr bescheidenen For eilen , ging der Bruder sogleich ans Werk und bereitete
derungen ; mit unendlichen Thränen trennte sich das lie selbst, da er erfahren in diesen Künsten war, durch Zu
bende Paar. sammensetzung verschiedener Ingredienzen einen Saft, der
Ehe der arme Mariotto abreiste, machte er mit sei die Wirkung hatte, daß, wer ihn trank, nicht nnr volle
nem Geheimniß seinen Bruder bekannt und beschwor ihn drey Tage hintereinander fort schlafen , fondcrn auch von
bei, Allem, ihm beständig von jedem Zufall seiner Gian- ZeHem für tobt gehalten werden mußte , und diesen gab
nvzza genaue Nachricht zu geben; und nachdem er das er der Dame Giannozza; nachdem sie zuerst durch ei
Versprechen erhalten hatte, daß dicß geschehen solle, trat nen eigenen Boten ihren Mariotto von Allem , was sie
rr seine Reise nach Alexandrien an, wo er zu erwünsch zu thun beabsichtigte, vollständig in Kcnntniß gesczt hatte,
ter Zeit ankam und, von seinem Oheim freudig und lie und von dem Bruder unterrichtet worden war , was ihr
bevoll aufgenommen, diesem alle seine Verhältnisse eröff zu thun oblag , trank sie mit großem Vergnügen jenen
nete. Dieser hörte mit nicht geringem Mißfallen die be Saft, und nicht lange, so befiel sie eine solche Erstarrung,
gangene Mordthat und die Beleidigung eines so mächti daß sie für tvdt zur Erde fiel.
gen Geschlechtes , die sich sein Nesse dadurch hatte zu (Die Fortsetzung folgt.)
Schulden kommen lassen ; aber da er als ein kluger Mann
wohl einsah, daß Tadeln das einmal Geschehene nicht
rückgängig machen konnte, so verzieh er ihm und dachte Skizzen aus Ostindien.
mit der Zeit ein Ausgleichungsmittel zu finden. Cr ver
traute ihm daher einen Theil seiner Geschäfte an und be (Fortsetzung.)
hielt ihn lange Zeit bey sich in großem Kummer und un Die Hindus sind von Natur ein mildes, angenehmes
ter fast beständigen Thränen , da kein Monat verging , in und verständiges Volk; mäßig, sparsam und, wenn sie
welchem er nicht Briefe von feiner Gi«^,ozza oder von ihren Vvrtheil dabey sehen, sehr fleißig und beharrlich.
dem Bruder erhalten hätte, was in einer so traurigen Aber alle Beamte und Rechtsanwälde sagen einstimmig ,
Lage und in so weiter Entfernung für Bepde der einzige daß nirgends Lüge und Meineid so gemein sind, daß man
Trost war. sich nirgends so gleichgültig darüber wegsezt. Auch ist,
Und so standen die Sachen, als es geschah, daß der trotz der scheinbaren Sanftheit ihres Charakters, das Ver-
Vater Giannozza's, von Vielen viel gebeten und gedrängt, zeichniß der Verbrechen im Allgemeinen fo voll wie in Ir
sie zu verhcirathen, während sie unter verschiedenen Vor land von Räuberepen in Banden, Mordbrennereyen
wänden jede Bewerbung zurückwies , zulezt ihr einen Ge u. f. w. , und die Menge der Kinder, welche weggelockt und
mahl vorschlug und erklärte, daß er jezt keine Weigerung ihrer Geschmeide wegen ermordet werden, ist, wie Lord
mehr von ihr annehme. Diese harte Zumnthung beunru Amherst mich versichert, ungeheuer. Indessen soll es sich
higte ihr trauriges Gemüth so sehr , daß ihr der Tod er mit dem allem bessern, und der Vorwurf, daß das Volk
wünschter gewesen wäre, als so zu leben. Und da überdieß unter der englischen Herrschaft schlimmer und weniger
alle Hoffnung ans die Rückkehr ihres geliebten heimlichen glücklich geworden sey, ist ganz ungegründet.
Gemahls vereitelt worden war, und sie wohl wußte, daß Ihre Religion aber ist wirklich abscheulich ; sie gibt ihnen
die Wahrheit ihrem Vater zu entdc^en ihr nichts hel keine sittlichen Vorschriften, sie ermuntert sie durch ihre
fen, fondcrn diesen nur noch mehr erzürnen würde, so Ceremonien und den Charakter ihrer Gottheiten zum La
beschloß sie, auf eine nicht nur fremde, sondern gefahrvolle, ster und verhärtet durch die Kastenanstalt ihre Herzen ge
ja grausame und vielleicht in allen Zeiten unerhörte Weise, geneinander in einem Grade, der oft tief empört. Ein
indem sie ihre Ehre und ihr Leben auf das Spiel sezte, Reifender fällt krank auf der Straße eines Dorfes nie
sich frcy zu machen. Nachdem sie, ihre Absicht ver der; Niemand weiß, von welcher Kaste er ist, also tritt
bergend, dem Vater geantwortet hatte, daß sie sich allem ihm Niemand nahe; er verschmachtet vor den Auge» ei
unterwerfen wolle, was er über sie beschlösse, schickte sie ner ganzen Gemeinde, wenn nicht die Jakalk, durch seine
nach dem Srdensgcistlichcn , der zuerst ihr Vertrauter ge Hülflosigkeit ermuthigt, seinem Jammer ein Ende ma
wesen war, entdeckte ihm mit großer Vorsicht, was sie zu chen, wobey ihn wie in dem Fall, von dem ich hier spre
thun beabsichtigte und bat ihn, daß er sie dabcv mit seiner che, wirklich geschah, die Kinder mit Koth und Steinen
Hülfe unterstütze. Dieser, als er so außerordentliche halb tobt werfen. Ein Engländer fand Kiefen Mann und
Dinge hörte , war erstaunt und zeigte sich , wie es die nahm ihn unter seinen Schutz ; wäre er aber gestorben,
Gewohnheit seines Standes ist, zaghaft und zögernd; so wäre sein Gebein auf der Straße liegen geblieben , bis
aber sie machte ihn kühn durch ihr Bevspiel und ihre die Gever dasselbe fortgeschleppt, oder die Beamten es in
Beschwörungen und bewog ihn, muthig ihr gewagtes den Fluß hätten werfen lassen.
s?9
Einer meiner Freunde fand vor einigen Monaten ei- sten des Gemeindegutes leben möchten , ohne zu arbeiten
nen Stallknechk außer Dienst, welcher zwev Tage und zwev im Schweiße ihres Angesichts , wie Gott es befohlen bat.
Nächte lang todr krank in einem Winkel des Hofes auf Wenn euch, lieben Freunde, Jemand sagte: Ich will euch
den Steinen gelegen hatte. Etwa zwanzig Knechte hat ein Räthsel aufgeben ; nennt mir den Baum, der fünfzig Fuß
ten täglich ihre Mahlzeit wenige Schritte von ihm gehal hoch und Mannsdick wächst, der doch keine Trauffc gibt und
ten , aber keiner hatte ihm eine Srgnickung gereicht , ihn kein Korn und kein Gras zu wachsen hindert, der fast
unter ein Obdach gebracht, oder auch nur seinem Herrn keinen Boden zu seinem Wachsrhnm nöthig hat , indem er
davon Meldung gethan. AIS er ihnen ihre Härte ver seine Wurzeln in Felsspalten und Mauern treibt, der mit
wies, war ihre Antwort: „Es war keiner von den Unsri- ten im Winter dem Vieh eine gesunde grüne Nahrung
gen! wen ging es an?" Dieß sind, hoffe ich, keine sehr gibt, die jedes Kind sammeln und in die Scheune brin
gewöhnlichen Vorfälle; auch will ich nicht läugnen, daß gen kann, dann würdet ihr vielleicht den Ephcu erra-
die Reichen in Bengalen den Bcttclmönchcn große Sum then, aber weiter darüber nicht nachdenken. Und wenn
men als Almosen geben, und manche Einwohner sehr viel ich ferner fragte: Wie kömmt es denn, daß kein Mensch
auf öffentliche Anstalten verwenden, die sie für wohlthä- in unsern Thälern, wo wir doch Felsen genug haben, die
tig halte« ; ich behaupte nur, ihre Religion müsse der Baum mit seinen nützlichen Blättern überziehen könn
häufig zu solchen Gräueln führen. Der Charakter der te, wie kömmt es, daß kein Mensch ihn anpflanzt? Dann
Nation ist offenbar gut, milde, freundlich; sie sind würdet ihr wohl nachdenken und sagen : in unsern Schu
mäßig, arbeitsam, liebevoll gegen ihre Verwandten, im len auf dem Lande hat uns nie ein Mensch von nützlichen
Allgemeinen ihrer Herrschaft getreu, durch Wohlwollen Bäumen und Gewächsen gesprochen , und nie uns gelehrt,
und Vertrauen leicht zu gewinnen, und wenn sie einmal daß und wie man nützliche Holzgewächsc vermehren könne ;
den Zahneneid geschworen haben, erstaunlich folgsam, mu- wenn ihr uns was Neues und Gutes davon erzählen könnt,
thig und treu auf Leben und Tod. Aber ihre Sittlichkeit so wollen wir gerne hören.
erstreckt sich nicht weiter, als die bestimmten Vorschriften Nun, das Räthsel, das ich euch Ivorgelegt habe, ent
reichen; und wo diese aufhören, da sind sie tyrannisch, hält Wahrheit; das wissen alle, die in unsern Warmolxen-
grausam, verräterisch und in jeder Hinsicht schlecht. thälern wohnen und, wenn der Futtermangel groß wurde,
(Der Beschluß folgt.) ihre Kinder ausgesendet haben, um Ephcurlätter für Geis
sen und Schaafe zu holen. Ich habe selbst gesehen, daß
Kinder von dem Dorfe Jseltwald zwev Stunden weit nach,
Jnterlachen kamen, wo viel Cpheu wächst, um dessen
Der Ephtu« Blätter für ihre Geißen zu holen, und den Eltern dieser
armen Kinder kam gar nicht in den Sinn , daß sie selbst
Der durch seine merkwürdigen Versuche über die Aul in Jseltwald Exheu pflanzen könnten. In allen Thä
rur des Alpengebirgs und durch zwep Reisebeschreibungen lern wächst zwar der Baum oder Strauch nicht, sondern
»oll anziehender Wahrnehmungen und Würdigungen von nur so hoch hinauf, ' als wo auch Birnbäume noch gute
zuvor minder beachteten Verhältnissen des schweizerischen Früchte tragen ; auch auf jedem Boden gedeiht er nicht,
Gcbirgslandes rühmlich bekannte Bernische Oberförster, denn er liebt besonders den Kalkboden, und scheut hin
Käst hofer zu Unterseen, ist gegenwärtig, durch die gegen einen nassen Boden, schweren Letten und trockenen
schweizerische gemeinnützige Gesellschaft dazu veranlaßt und Sandboden.
aufgemuntert, mit der Abfassung einer Volksschrift beschäf In der französischen Bretagne lassen die Bauern fast
tigt, die unter dem Titel: Der Lehrer im Wald, an allen Eichenstämmen Spheu in die Höhe ranken und
mit dem forstmissenschaftlichen noch mancherley andern Un sammeln dann die Blätter , die mit Begierde sowolil von
terricht verbinden wird. Um eine Probe von Sem inter kleinem Vieh als von Kühen gefressen werden und sich
essanten Werk zu geben, entheben wir dem vollendeten sehr milchbefördernd erzeigen. Aber in vielen Alpen thä
ersten Theile der Handschrift den folgenden kurzen vom lern kennen die Landleute diesen bedeutenden Nutzen des
Cxheu K,li») handelnden Abschnitt. Spheus nicht, und ich habe nie gehört, daß, wo sie ihn
kennen , Jemand denselben da angepflanzt Hütte , wo er
sich noch nicht findet. Daher will ich beschreiben, wie diese
Der Spheu wird gewöhnlich wenig geachtet und Pflanzung am leichtesten geschieht.
gleichsam mir für eine Schmarotzerpflanze angesehen , die (Der Beschluß folgt.)
auf Kosten der Bäume wachse, an denen sie aufrankt und
i» deren Rinde sie ihre Wurzeln treibt, ohne selbst et
was zu nützen , solchen Leuten ähnlich , die nnr auf Ko
28s
Korrespondenz- Nach richten. ..Doch können wir nicht schließen, ohne der Gesellschaft zu
dein Geiste bcr Ordnung und der billigen Schätzung einheimi
München, 8. Marz. schen Verdienstes , der in ihm waltet und gepflegt wird , so
Seit Anfang diese« Winters hat Herr Musikus Dr. Stö- wie zu den Früchten, die er birgt und verheißt, uns allen aber
xel aus Berlin» in Verbindung, init mehreren tonkundigen da;» Glück zu wünschen, daß es einem jeden Glicde dieser Ge
Freunden und Beschützer», eine» Sing verein gegründet, sellschaft auf seine Art gegeben ist , in den großen und raschen
der für Belebung des gemeinsame» Gesang« sich sehr heilsam Betrieb einzugreifen, welcher unter dem Schirm und der auf
zu bewähren anfängt, und Glieder aus allen Ständen zählt, richtigen Pflege eiues weise» Monarchen alle Theile der Kunst
welche sich wöchentlich einmal in den Abendstunden vcrsam- in stetem Fortgange zum Bessern, und einem große» allge«
mclu, um unter seiner Leitung besonders ernstere Stücke gros meinen Flor in unserem glücklichen Vaterlande entgegenführt."
ser Meister im CKor vorzutragen. Bn> ihrer lezte» Versamm Der Magistrat unserer Hauptstadt, sammt den Gemeinde-
lung erfreute sich die Gesellschaft der Gegenwart Sr. Majestät bevollmächtigten , hat den Ankauf der Häuser . welche der Wei-
des Königs ; der Monarch war in Begleitung des Herrn Ba terführung der Ludwigsflrafte zunächst im Wege standen, um
rons s. Poißl, Intendanten der kdnigl. Theater gekommen, »m eine Summe von nahe an 2»i,W« fl. beschlossen, nachdem von
das berühmte Oratorium von Händel ,.Judas Maccabäus," Seite des Staat« die Geineinde in anderer Weise beträchtliche
von dem Verein singen zu hbren. Der Chor bestand wenig Erleichterungen erfahren, und Se. kbnigl. Hoheit der Herr
stens aus sechszig Stimmen, und der Gesang , einer der schön Herzog Max von Birkenfcld sich bereit erklärt hatte, den ihm
sten seines großen Urhebers , machte dura? die Frische und den von jenein Lokal zur Erbauung eineS PalaiS ndthige» Plag
Wohlklang so vieler harmonischen Stimmen , so wie durch die um SV,(W0 fl. vom Magistrat zu übernehmen. Durch diese«
Präcision und den Ausdruck de« Vortrags ausnehmende Wir, ^ Palais , welches nach dem Plane und unter der Aufsicht de«
kung. Seine Majestät verließen die Versammlung nicht, ohne Hrn. Geheimen Raths von Klenze erbaut wird , gewinnt jene
sowohl den Vorstellern als den Mitgliedern derselben in den prachtvolle Straße eine neue Zierde.
huldvollsten Ausdrücken Ihre vollkommene ZufricdcnKeit bezeugt (Der Beschluß folgt.)
zu haben. Es fleht zu erwarten, daß diese Auszeichnung dcS
Monarchen , der ein jedes ähnliche Bestrebe» auf dem Gebiet Paris, 18. Februar.
der Künste seiner Aufmerksamkeit würdig achtet, jene Gesell (Beschluß.)
schaft noch mehr konsolidircn und heben, dadurch aber bcytragen Der einzige helle Kopf unter der Geistlichkeit ist der
wird , daß durch ihren Bestand und ihre Wirksamkeit in unse Abbe de Pradt ; allein dieser gebort kaum noch zur Geistlich
rer gesang - und musittundige» Hauptstadt einein langgcfühlten keit, er hat seit lange fein Erzbisthum niedergelegt. Man
Bedürfnisse auf eine dauernde Weise abgeholfen werde. ist jezt neugierig, diesen originellen Mann als Redner w der
Der hiesige Kunflverein hat feinen vierte» JahrSbericht Dcputirtcnkamincr auftreten zu selicn. Ein so lebhafter Geist
bekannt gemacht , welcher von dein Fortgang und der woblthäs wie der scinige ist ganz zu dieser Amtöverrichtung geeignet;
tigen Wirksamkeit dieser gut eingerichteten und geführten Ge nur fürchtet man. Er werbe zu geschwätzig scyn. In einer
sellschaft neue Beweise liefert. Die Anzahl seiner Mitglieder, der Privatversammlungen, welche die Deputirtcn halten, die zu
bereu jedes 12 fl. Zährlich in die Kasse des Verein« zahlt, stieg derselben PartKcy gehören , sprach Abbe de Pradt einmal drey-
im verflossenen Jahre von 511 auf <5Z8. Unter den neucin- viertel Stunden lang , ohne etwas wichtiges vorzubringen.
getretenen ordentlichen Mitgliedern befindet sich auch Sc. kbnigl. Dicß war für manche eine üble Vorbedeutung; denn wenn
Hoheit der Kronprinz Maximilian. Der Verein brückte Sr. be Pradt es fo auf der öffentlichen Rednerbühne macht , wer
kbnigl. Hoheit darüber in einem Schreibe» ehrerbietigst feine wird dann noch ans Wort kommen können? Indessen ist de
Freude au«. ,. Pardt bis jezt noch nie« aufgetreten, wiewohl bereit« wich
Die Vennehrung feiner Mittel machte dem Verein mög tige Debatten stattgefunden haben. Es ist dicß einer der großen
lich , schon im vergangenen Jahre die Summe von 450V Gul Vortheile der Volksvertretung, baß dadurch eine Menge ta,
den auf de» Ankauf von Kunstwerken zu wenden , die aus den lentvoller Männer , die unter einer uucingcschräiiktcn Negier
zur Ausstellung kommenden Werken feiner Mitglieder , deren rung unnützcrwcise verborgen bleiben , weil der Monarch und
mehr denn anderthalb Hundert waren, gewählt, und am seine Räthe sie nicht hervorsuchen können oder wollen, vom
StiftungStage des Vereins, gcmäH den Satzungen desselben, an Volke ausgezeichnet und dem Lande als brauchbare Staats
seine Mitglieder durch das Loos verweilt wurden. ES waren bürger dargestellt werden. Der Kastengeist muß unter einer
darunter drey-und-zwanzig Oelgemälde, zum Thcil vortreffli solchen Negierung ganz verschwinden, und die Hofgunst kann
che Werke, wie die hochgeachteten Namen von Heinrich Adam, auch nicht weit führen; aber desto weiter bringt ein fester,
Brandes. Bürkcl, Couven, Dormo, Nehm, Dominik und entschlossener Charakter , redliche Vaterlandsliebe unb ausge»
Lorenz* Quaglio, Rottmar«. Thöming, Wegenbauer und an zcichnetes Talent in der StaotSkunst. Ein auffallendes Bcy-
derer Urheber derselbe» verbürgen. Herr Dir. Rob. v. Langer spiel davon liefert unter andern jezt Roycr Collard, ein Mann,
hatte eines seiner Gemälde zu jenem Zwecke dem Verein zum der zwar frülier auch Aemter bekleidete, aber erst als Dcpu-
Geschenke gemacht. Angehängt sind dem Berichte Notizen über tirter populär geworben ist, und eine solche Achtung in der
das Leben zweyer, ihm durch de» Tob entrissenen kunstüben- Nation genießt, baß er in sieben verschiedenen Departements
den Mitglieder, dcS Bildhauers Johann Heller, und des zum Dcputirten crnaimt worden ist, »nb il,n die öffentliche
Graveurs Xaver Joseph L o sch, und Verzeichnisse ihrer Werke, Meynung schon längst einer Ministerstelle würbig schäzt, wo
Beylaae» , welche auch für die Kunstgeschichte von Bayern der zu er wahrscheinlich auch gelangen wird, sobald ei» ächt kon
Beachtung Werth sind. stitutionelles Ministerium zu Stande kommt. Solcher Män
Für das Denkmal, welches Nürnberg dem großen Al ner werden vielleicht noch manche hervortreten, und die Red,
brecht Dürer be» der dieses Jahr wiederkehrenden Säcularfeycr nerbühne der Dcputirtenkamincr ist der wahre Ort, wo die
seines TodcS- und Gebächtnißtagcs errichten wird, bat der Nation und die Regiermig sie zu suchen habe». Dg.
Verein die Summe von ZUO Gulden beigetragen. Der Be
richt endet mit den Worten , die seine Srellui«, und Wirkung
sattsam bezeichnen : Vehlage: Literaturblatt Nr. 24.
Verlegt von der I. G. Cotta 'scheu Buchhandlung.
71.

M o r g e n b l a t t

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gebildete Stände.

Sonnabend, 22. März 182 8.

Schauerlich b«ile» die Tottcngesäng«,


Aber schon wogt in gräßlichem Clior
Ferniier die Opfer suchende Menge.
Listige Priester mit l,«ilig«n Mund«
La^eu segnend zum feurige» Bunde.
Michael Beer.

Skizzen aus Ostindien. d» abscheuliche Gebrauch, welcher seit eiuigen Jahren i»


Bengalen zugenommen zu haben scheint, von der Regierung
(Beschluß.) in dieser Provinz abgestellt werden könnte, ohne daß das
Die Mahomedaner sind hier (in Kalkutta) verhälrniß- Volk darüber murren würde; sie denken, die Weiber wür
mäßig ungcfäbr so zahlreich, wie die Protestanten in Ir den cö ihr alle Dank wissen, und die Braminen haben zu
land. Sie bilden eine» schöneren Schlag Mensche» als viel yon ihrem Einfluß verlöre» , um schaden zu können.
die Hindus, haben auch im Allgemeinen mehr Erziehung Dagegen sehen alle Beamten jede Einmischung von Seite»,
und scheinen mir im Ganzen ein besseres Volk, in soweit der Regierung in die Glaubensangelegenheiten der Hindus
auch ihre Religion besser ist. Sie sind hochmüthig und für höchst gefährlich au: „Unterrichtet, bekehrt die Hirt-
zornig, feindselig gegen die Engländer gesinnt, als gegen dus," sage» sie, „wenu ihr wollt und es könnt, aber laßt
ein Volk, das ihnen die Herrschaft über das Land entris die Regierung aus d«m Spiel , und vor Allem briugt das
sen, auffallend geizig und hart gegen ihre abgöttischen Volk nicht zu dem Glauben, daß wir ihm das Christen-
Landsleute, wo sie nur immer Einfluß haben. Sie sind thnm aufdringen wollen. Wir lassen keine Wittwe ver
redlicher oder gelten doch dafür, und gegen ihres Gleichen brennen, wenn sie nicht selbst ihre Einwilligung dazu vor
auch wohlthätig; doch sind sie, wie mir scheint, bey wei einem Beamten erklärt hat; weiter aber mischen wir unö
tem nicht so nahe daran, das Christenthum anzunehmen als nicht i» die Sache." Die Wahrheit liegt wahrscheinlich in
die Hindus, wenn gleich Manche unter ihnen unsere heilige der Mitte, und durch Klugheit mit Festigkeit gepaart
Schrift lesen und häufig von den Christen sprechen, als ließe sich wohl das, waö jezt so unmöglich scheint, bald
wäre zwischen ihrer Religion und dem Islam ein gerin ausführen.
ger Unterschied. Sie haben indessen in diesem Lande man Es ist kaum glaublich, wie sehr die Hindus noch Sklaven
cherlei? abergläubische Begriffe von Lasten und Bildern an des Aberglaubensund der Vorurtheile sind. Die eigenthümli-
genommen, weßhalb die Araber und Perser sie verketzern, chen Lehren der indischen Religion machen bekanntlich den
und was noch sonderbarer ist. Viele von ihnen sind ihrer Hindu so gleichgültig gegen dieses Leben, daß er sich oft um der
eigene» und der Hindu'schen Religion zum Trotze große unbedeutendsten Kleinigkeit willen, ja oft, um sich an ei
Trunkenbolde. nem Feind zn rächen und sein Blut auf dessen Haupt zu
Hinsichtlich des Verbrennens derWittwen scheinen dem bringen, entleibt. Diese Geringschätzung des eigenen Le
Verfasser die Mevnungen in Indien sehr getheilt. Die bens bringt natürlich auch eine Gleichgültigkeit gegen das
Missionäre, welche lange im Lande gewesen, glauben, daß Leben anderer mit sich, und dieß macht eö ihnen so leicht.
die mancherley Opfer zu bringen, die ihre Gebräuche von den herbe», und da er seine einzige und von ihm so sehr
ihnen erheischen, oder ihr Aberglaube ihnen eingibt. Fol geliebte Tochter todt fand, ließ er mit einem Schmerze,
gendes mag als Bcyspicl dienen: Ein gemeiner Arbeiter der nie gefühlt worden ist, auf Has eiligste Aerzte holen
im Bezirke Gbazcepovr hatte zu einer Zeit des Mangels und alle Mittel der Kunst versuchen, sie in das Leben zu
seine Familie verlassen, um anderwärts Arbeit zu suchen. rückzurufen. Da aber alle Bemühungen umsonst blieben,
Es hieß, er habe sich in der Gegend von Moorschedabad so wurde allgemein angenommen, daß ein Nervenschlag
niedergelassen, aber man wußte nichts Gewisses von ihm, sie getroffen und plötzlich getödtet habe. Diesen ganzen
denn in vielen Jahren hatte er nur einmal seiner Frau Tag und die folgende Nacht bewachte man sie zn Hause
durch einen Freund, der in die Heimath ging, etwas mit der äußersten Sorgfalt; da man aber keine andern
Geld geschickt. Dergleichen Sendungen an ihre Fami Zeichen als die des Todes sah , so wurde fie des folgenden
lien sollen unter dem gemeinen Volke in Indien gewöhn Tages zum unendlichem Schmerz des betrübten Vaters und
lich seyn, und man hört selten , daß Personen, denen unter dem Wehklagen und Thränen der Verwandten und
solche Summen anvertraut find, dieselben unterschlagen. Freunde und aller Einwohner von Sien« mit groß.r
Einige Jahre nachher kam der nunmehr herangewach Pracht in einem ehrenvollen Grabmal in Santo Augustino
sene Sohn des Abwesenden mit der Nachricht aus der begraben. Um Mitternacht aber wurde fie von dem ehr
Stadt nach Hause, er habe von einem Unbekannten ge würdigen Bruder mit Hülfe eines feiner Freunde, wie sie
Hirt, sein Vater sey gestorben. Nun haben die Weiber übereingekommen waren, aus dem Grabe gezogen und in
der Brammen das Vorrecht, sich statt mit dem Leichnam seine Zelle gebracht. Und da die Stunde nahe war, wo
ihres Gatten mit einem von seinen Kleidungsstücken zu der Trank seine Wirkung verlieren mußte, so brachte er
verbrennen, und diese Frau wurde, obgleich ihr Mann sie durch Erwärmung und andere Mittel mit vieler Mühe
kein Bramme war, auf dieses Ungewisse Gerücht hin, das in das Leben zurück. Nachdem sie wieder zur Besin
der Sohn gar wohl hätte erfinde» können, mit einem alten nung gekommen war, so verweilte sie bcv ihm einige Tage
Kleide des Mannes verbrannt. — Zwey Sigenthümer in und begab sich darauf, als Ordensbruder verkleidet, mit
der Nähe von Ghazeepoor hatten einen Streit um ein dem guten Geistlichen in den Hafen von Pisa, wo die Schiffe,
Stück Land; derjenige, welcher den Prozeß verlor, ein die aus den Sümpfen nach Alexandrien fuhren, anlegen muß
Greis von siebzig Jahren, schleppte seine eben so alte ten, und schiffte sich mit ihm auf einem derselben ein. Wie
Frau auf das bestrittene Grundstück, stieß sie mit Hülfe aber Seefahrten bald durch ungünstiges Wetter, bald durch
ihrer Kinder und Verwandten in eine eigens hierzu er andere Zufälle oft viel länger zu dauern pflegen als die
baute Strohhütte, zündete dieselbe an und überließ die Reifenden wünfchen, fo geschah es, daß auch diese Schiffe,
Unglückliche den Flammen zum Raube , und dieß blos, durch verschiedene Ursachen über die bestimmte Zeit zurück
damit ihr Tod dem Lande zum Fluch werden, ihr Geist gehalten , mehrere Monate brauchten , ehe sie ausgerüstet
Darauf umgehen, und fein Gegner keinen Genuß davon waren.
haben möchte ! Diese GrSuelthat erschien dem Volke ganz Gargano, der Bruder Mariotto's , hatte indessen
regelmäßig, und ni,m nahm es dem englischen Richter sehr nach dem Auftrage, den ihm sein Bruder hinterlassen hatte,
übel, daß er sich so weit in Familienangelegenheiten mischte sogleich in mehreren Briefen durch Kaufmannsgelegenbeit
und den Mörder verhaften ließ. — Dem Bischof wurde ein den unglücklichen Marivtto mit dem größten Bedauern
mal einer seiner Bedienten fo krank, daß er vom Pferde von dem plötzlichen Tod seiner Giannozza genau unterrich
siel ; es war in einem Dorfe , wo man eben einen feyer- tet und geschrieben, wo und wie sie begraben worden und
kichen Umgang hielt. Er verlangte eine Sänfte und ver wie bald darauf auch ihr alter und liebevoller Vater aus
sprach denjenigen eine gute Belohnung, die den Kranken Gram das Zeitliche gesegnet habe. Diesen Nachrichten
in die Stadt tragen wollten. „Gnädiger Herr war die war das feindliche Geschick günstiger als dem Boten der
Antwort, „es gibt keine Träger hier, die Leute sind alle leidvollcn Giannozza; und vielleicht weil den beyden Lie
Knlies (Bauern) und können nur Lasten ans dem Kopf tra benden der bittere und blutige Tod, der sie erreichte, be
gen und keinen Mann." Bitten und Drohungen waren stimmt war, wurde der Bote Giannozza's auf einer Ca-
umsonst. ravelle, die mit Getreide nach Alerandrien ging, von den
Korsaren gefangen und getödtet, fo daß Mariotto keine
andere Nachricht hatte als die feines Bruders, an deren
Mariorro und Giannozza. Richtigkeit ihm kein Zweifel blieb. Wohl mußt du Mit
leid fühlen, Leser, wenn du bedenkst, wie qualvoll und
(Fortsetzung.) schmerzlich diese bittere Neuigkeit für ihn war. Nicht
Das heftige Geschrcy, das Giannozza's Dienerinnen mehr im Leben zu bleiben war sein Wille, in dem ihn
erhoben, rief ihren alten Vater mit vielen andern Freun weder die Bitten, noch die Trostgründc seines lieben OheimS
wankend machen konnten; und nach langen und herben auf gleichem Boden , stünden neben einander, und an dem
Klagen entschloß er sich, verkleidet nach Siena zurückzukeh Fuß der einen würde Spheu gepflanzt, an die andere aber
ren, um, wenn dae> Glück ihn in irgend einem llnterneh- nicht, und bcyde Bäume würden nebeneinander noch fünf
men begünstigte, und seine Rückkunft nicht bekannt wür zig Jahre fortwacksen ; gesezt ferner, der Werth des Bau
de, an dem Fuße des GrsbmolS, in dem er seine Gian- mes, an den, der (?pken gepflanzt ward, sev dadnrck dem
nozza begraben glaubte , so lange zu weinen , bis seine andern Baum gegenüber um zwanzig Batzen gemindert
Tage geendigt würden ; und wenn er durch sein Mißge worden , der Spheu habe aber in dieser Zeit für drevßig
schick sogleich erkannt werden sollte, so hielt er es für Batzen Futter getragen, so ist die Berechnung bald ge
ein Glück, seines Tvdschlages wegen gerichtet zu wer macht, ob dieses Futter zu Gunsten des geringem Holzge-
den, da er glaubte, daß die todt sev, die er mehr liebte winns, oder der kleinere Holzgewinn zu Gunsten des guten
als sich selbst, und von der er auf gleiche Weise wieder ge Futters aufgegeben werden solle. Holz müssen wir Kaden,
liebt wurde. und alsoauch Wälder; aberwenn wir Holz und Wälder und
(Der Beschluß folgt.) Futter für unser Vieh zugleich haben können , okne deß
wegen die Wälder zu zerstören, so wären wir ja Thoren,
wenn wir den gedoppelten Vortheil, den die Wälder uns
darbieten, nicht benutzen wollten.
Die Blätter des Spheu reinigen alte Wunden und
Der Ephe». leisten noch verschiedene anderweitige Dienste im Arznev-
(Beschluß.) vorrath.
Das Holz vom Spheu ist etwas schwammigt, dient
Man gräbt ein oder etliche Gartenbeete, die ohne
aber deßwegcn zum Durchseihen und Klären von trübem
hin eine schattige Lage haben und deswegen weniger ein Wein und andern unreinen Flüssigkeiten. Die BlütKen
tragen, »oh! um, reinigt sie von Steinen und Unkraut, des Sxheus erscheinen erst im Hcrbstmonat und die Bee
wirst darin kleine Graben auf von einem Fuß Tiefe,
ren zeitigen dann erst im Mai des folgenden JaKres.
anderthalb Fuß von einander entfernt, und legt im Früh- Seine Fortpflanzung durch den Saamen geschieht lang
Mr brep ssuß lange Epheuzweige , die an Felsen oder
sam , da dieser ein bis zwey Jahre , bevor er keimt , im
Baumstämmen Wurzeln getrieben haben, nebeneinander
Boden liegen bleibt.
in die Graben, und füllt diese mit lockerer Erde also zu,
daß je zwey Fuß Länge des Spheusctzlings unter die Erde
zu liegen kommen, ein Fuß hingegen daraus hervorragt;
dann bindet man diese Setzlinge an dünne Stöcke und Korrespon Venz -Nachrichten.
behält sie so zwey Jahre im Gartenbeete, das sorgfältig
vom Unkraut rein gehalten wird. Will man sie nach Ver- München, 8. Mär,.
flnß dieser Zeit verpflanzen, so wählt man eine Felswand (Beschluß.)
oder ein altcö Gemäuer, gräbt an dem Fuß desselben eine
Grube, in die der Exhcnsetzling gekrackt und welche als Seit einiger Zeit sind in der kdnigl. Residenz ik zwey
einander gegenüberliegenden Fenster» «»er der Karsersttege die
dann mit lockerer guter Walderde gefüllt wird. Auch an Glasmalerencn aufgestellt, welche Se. Majestät der König für
den Fuß von Wal»älnnen könnte auf diese Weise die Dorf den Regensburger Dom das eine in Nürnberg unter Hrn.
jugend ihn verpflanzen, und es würden Tannen-, Fich Schwarz, da« andere in Mönche» durch Hrn. Frank ha-
ten-, Lerchen - oder Eichenwälder, wo an jedem Baum vcn ausführen lassen. Sie finden den ungetbeiltcn Bcyfalk der
zahlreichen Beschauer , von welchen daS Lokal ihrer Auöstcls
stamm eine Sxheuxflanze hinaufrankte, zu reckt schonen lmig bermal'e ohne Unterbrechung besucht wird. Die Zeich»
Baumgärten werden , ans denen ganze Schaaf- oder Geiß- mmgcn ,» bcydc» Gemälden, je iiz. einem zwey Evangelisten
heerden im Winter gesunde und frische Nahrung erhalten in der Mitte, fast in Lebensgröße , über ihnen gotkische Archi
könnten. Frevlich bringt ein solcher Epheustamm dem tektur, dann U^e Symbole zu ihre»Seiren, ferner, von passenden
Ornamenten getrennt und umgeben die Brustbilder heiliger
Waldbaume mehr oder weniger Schaden , in dessen Rinde Männer nnd Frauen, find von Hrn. Professor Heinria,
er mit seinen Wurzeln hängt. Aber es würde sich dabey Heß würdig de« Talent« ausgeführt, das dieser ausgezeich
doch immer noch fragen, ob das Holz, das um deSEpheus nete Künstler schon bev andern Gelegenheiten bewährt hat» und
willen jährlich weniger wüchse, für den Landmann großem zeige» da« der alterthümlichen Weise ziemende, nnd durch diese
Malerey bedingte Gepräge schlichter Würde, ohne den strengsten
oder mindern Werth hätte, als das durch den Ephcu gelie Forderungen der Kunst irgend etwas z» vergebe». Ihr« Aus
ferte Viehfutter. Gcsezt zum Bevspiel, zwev fünfzigjäh führung in Glas ist, wie es den einer» in ihrer Wiedergeburt
rige Lerchtannen, bevde ungefähr »vn gleicher Große und noch begriffenen Kunst Lu erwarten steht , ««schiede» ; dock,
284
zeigt sie, dag die m?isten Schwierigkeiten der Manipulirunq und auf wenigstens 50« Faden , ober Z0lX) Fuß , und dieß weist
vttwickeltc» Technik dieser Malerei) glücklich ».'siegt sind. Am daraufhin, wie tief die Thalcr einst gewesen sind, und zwar
beste» gelungen sind auf dein linker Hand ausgestellte» Werke, um so mehr , wenn mau annimmt, daß die Berge meist weit
aus Nürnberg zw«) weibliche Köpfe, die an Amnuth der Fors höher als jczt waren. An einer Stelle betrug der Zwischen
inen »nd Sicherheit der Behandlung nichts zu wünschen übrig raum zwischen zwei) Kvhlcnschichten nicht weniger als 9l> Fa
lasse»; in dem andern ist die Behandlung der unbekleideten Thcile den . und eö ist sehr wichtig, wenn man Kohle» sucht, nicht zu
der inenschlichen Figuren im Ganzen wohlgelungen. Die Ar früh das Nachgraben aufzugeben." Man hat berechnet, daß
beit a»s Nürnberg zeigt in der Behandlung der Glasfarben, die Kohlenlager in New-Castle , wenn man fortfährt, sie auf
der dunklern und lichter» Paxthieen größere Mannigfaltigkeit, den jetzigen Fug zu bearbeiten, in j<l»n Jahren erschöpft seyn
während dic,MK»chner mit bcynahe gleicher Durchsichtigkeit und werden. Die Mid- Lothian Kohlenlager (in der Aachbarschaft
Klarheit behandelt , dagegen aber auch von trüben und unlau- von Edinburg) erstrecken sich von CarloyS bis zu der See, und
kern Stellen frey ist. Ihr gibt die geschmackvolle Wahl der Far habe» eine Ausbreitung von ungefähr achtzig englischen Äuabrat-
be», besonders in den Ornamenten , etwas ausnehmend Gefäl meilcn (ungefähr vier deutschen). Die Kohlenschichtc, welche be
liges, in der Nürnberger Arbeit geht die Wirkung der Farbe« arbeitet werden kann, ist l«g Fuß mächtig? nach Abzug d«
mehr auf das Ernste und Feyerlichc. Die Hcmptfarbcn , das unbrauchbaren und der beym Graben zerstörten und verlore
Roth, das Blan, und in dem Münchner Werke auch das nen Kohlen bleibt eine Mächtigkeit von sechszig Fuß , die sich
Grün , sind schon von großer Stärke und Innigkeit. Unser achtzig Quabratmcilen weit ausbreitet. Wenn man l,Z29 als
unsterblicher Fraunhofer hat auch hier wohlthätig gewirkt, die spezifische Schwere der Kohlen anniinmt , und die Zährlich
und Herr Frank, der, wie bekannt, seit einer beträchtlichen ausgegrabene Quantität zu S0ll,«l>U Tonnen berechnet , so fin
Reihe von Jahren an der Wiedererweckung dieser schweren den wir, daß jede Quadratincile Kohlen für neunzig Jabre lie
und vortrefflichen Kunst mit Beharrlichkeit und Erfolg gear fern kann, und folglich achtzig Quadratmeilcn für 7.200 Jabre
beitet hat, erkennt bankbar cm, daß ohne seine Anleitung Worrath enthalten. In Wcst-Lothign und Fife sind ebenfalls
und Erfahrung ihm nicht gekmgen seyn Wörde, tiefen Thcil sehr ausgebreitete Kohlenlager.
seiner Kunst, die Farbengebung des Glases, auf eine solche
Weise auszubilden. DaS Technische in Scheidung und Ver
bindung der Glastheile durch Ble« ist in der hiesige» Arbeit
mit besonderer Rücksicht auf die Gewänder der Figuren so be
handelt , daß die meiste» größern Blniverbindungcn den Haupt- Auflösung de« RätKsel« in Nr. SS.
falten der Gewänder folgen, dadurch aber für den Anblick fast
verschwinden , und als dunkle Linien der Zeichnung sich dar Tbeil, Heil, Eil, Ei (der Leda.)
stellen. Ein glücklicher Gedanke war es, die Arbeit zwischen
Nürnberg und München zu thcilcn, und das Resultat der Be
mühungen bevbcr Orte gegen einander und dem öffentlichen
Urthcile auszustellen. Der Gewinn ist auf bcydcn Seiten, und
die nächsten Werke werden davon gewiß den Beweis liefern ; R ä t h s e l.
denn Se. Majestät der König , entschlossen , wie wir hören,
den Rcgensburger Dom, so weit dessen Fenster noch der Glas In harter Wiege schlummert
malern) entbehren , ganz mit ihrem Schinucke zn bekleiden, hat Die Mutter und ihr Kind,
dadurch dieser, zumeist in Bayern ueuerweckte», Kunst eine Das sie voll Schmerzen säuget.
sichere Gelegenheit gegeben , sich in einer langen Reihe von be Damit es Glanz gewinnt.
deutsamen Werken unter Zusamnienwirkung vorzüglicher Künst
ler und Techniker zu jenem alten Rubine wieder zu erheben, .Es zieht ans ihrem Busen >
den sie in ihrer schönsten Blüthe, im Zeitalter von Wolgemuth Die frische Lebenskraft,
und Dürer genoß , und welchen wieder zu erlangen , wir sie Sie hält es fest umschlossen
auf sicherem Wege rasch vorschreiten sehen. Der Wetteifer der
zwcy in München und Nürnberg für sie eröffneten Wcrkflcitte And nästrts mit bestem Saft.
würbe zu diesem großen und wichtigen Erfolge wesentlich bei
tragen, wenn zwischen ihnen, wie diese erste Arbeit, so die Vor fremdem Aug' enthüllet
folgenden in gleicher Weise zur Ausführung sollten gethcilt, und Des Sänglings Pracht sie nicht.
die einzelnen Werke, wie sie vollendet werben, gleich dieser Denn schmerzlich stirbt die Mutter,
ersten zur Verglcichung und öffentlichen Beurtheilung einan Erblickt ihr Kind da« Licht.
der gegenüber gestellt werden.
Gewaltsam wirb zerrisse»
Edinburgh, März. Der sichern Wiege Nacht,
Gezerrt vom Mutterbusen
Eine Untersuchung, welche von dein Ingenieur Bald in De« Wunderkindes Pracht.
den Kohlenlagern um Edinburg und in einiger Entfernung
vorgenommen worden ist , zeigt den fast unermeßliche« Und ist das Weib gestorben.
Reichthum an Steinkohle,?, de» man auch in dieser Gegend Vergißt man seiner ganz;
besizt. Folgendes ist seine Schätzung der Kohlenlager be» Dal- Die Wiege nennt man Mutter
keith und iu East-Lothian: „Die Tiefe dieser ansgebrcitctcn Des Kindes voller Glanz.
Kohlenlager , in welchen sich organische Ucbcrrcfle finden , be Fr. Helms.
lauft sich, meiner Berechnung nach, an den tiefsten Stellen

Verlegt von der I. G. Cvtta'schen Buchhandlung.


M o r g e n b l a t t

f s r

gebildete Stände.

Montag, 24. März i 8 2 8.

Die Sonne scheint , verhüllt vor Weh . zu «eilen —


Demi nieinal« gab e« ein so horte« Loo«,
Ali Juliens und ihre« Romeo«.
Shakespeare.

Mariotto und Giannozza. Er ging in ein wenig besuchtes Gasthaus , »nd ohne
seinen Aerivandten die geringste Nachricht von sich zu
(Beschluß.) - geben, besuchte er zu zweckmäßig«, Stunden die Kir
Fest in seinem Vorsatz erwartete Mariotto nur den che, in der seine Giannozza begraben war, und weinte
Abgang der venetianischen Galeeren, schiffte sich, ohne sei- über ihrem Grabe bitterlich. Gern wäre er, wenn er
nein Oheim ein Wort zu sagen, ein und ging mit dem gekonnt hätte, in das Grab selbst eingedrungen, um
größten Vergnügen dem bestimmten Tode entgegen. In mit dem süßen Leibe, der ihm im Leben entzogen wor
kurzer Frist kam er in Neapel an, von wo er sich, so schnell den war, wenigstens im Tode ewig vereint zu sepn;
er konnte, zu Lande nach Toskana begab, als Pilger ver und darauf, wie er dieß ausführen könnte , waren alle
kleidet *) , und von Niemand erkannt in Sien« eintraf. seine Gedanken gerichtet. Cr ließ nicht »ach sich zur
gewohnten Stunde dort einzustellen, um zu weinen und
1>»ves>il« >» p,r«grino, sagt Massuccio ; aber auch zu klagen; am Ende versah er sich mit Brecheisen, und
r 0 n> e « heißt der Pilger , und dieß ist der sicherste Beweis,
daß die Erzählung de« Massuccw die ursprüngliche «nd die de« eines Abends nach der Vesper verbarg er sich in der Kir
Luigi da Porto au« derselben Quelle abgeleitet ist. Denn daß che; und die folgende Nacht arbeitete er mir solcher An
dieser Name von Luigi zufällig gewählt worden . tonnen wir strengung, daß es ihm gelang, die Decke des Grabes un
nicht annehmen; eine» Sinn aber hat er nur in der ältrrcn ter eine Stütze zu bringen. Da er im Begriff war, in
Erzählung. So Leid e« un« auch thut. können wir daker nicht
umhin, «er gewöhnlichen Annahme, daß die traurige Geschichte dasselbe einzudringen, begab es sich aber, daß der Sakri-
„der Julia und ihre« Romeo« auf einem historischen Faktum stan , der zur Frühmesse läutete und Geräusch in der Kir
beruhe . zu widersprechen ; so wie wir auch dem Dichter der che hörte, hereinkam, um nachzusehen, was dasselbe wäre.
„Tragical History," Arthur Brooke , keineswegs beystimmen Wie er nun einen Mann in solcher Beschäftigung fand,
können , wenn er sagt : so glaubte er , eS se» ein Dieb , der die Gräber berauben
— »monz tke monumenl» tkot i» Ver«»» Keeo,
?K«re >» no v>«num,nt n,«re wortkz? «5 tk» »izkt, wolle, und erhob daher ein großes Geschrey: „Sin Dieb!
1K»n »» tke tomb «s >uliet «aä st«m»u« Ker KnigKt. ein Dieb!« so daß alle Brüder herbey eilten und die Thü-
Dieß angebliche Monument ist ein roher Stein, der zur Zeit de« rcn öffneten und mit vielen Bürgern eintraten und den
Kongresses von Verona vor dem Haufen der Liebhaber aus einem
Gcmüsgarten, worin er stand, in einen Schoppen gerettet werden die Neugierde der Fremden entstandenen Sage. Ein alte« Müt
mußte, wozu die Monarchen selbst ihre libchfle Zustimmung zu terchen zeigt den Siein und den Ort, wo Romeo über die Mauer
geben geruliten, und bat nicht da« geringste Merkwürdige, aus, gestiegen sey; ihr Garten war früher der Kirchhof der Frans
sex der daran haftenden und gewiß erst in neuerer Zeit durch ti«kaner.
286
unglücklichen Liebenden fanden, der, obwohl in die schlech sie schon zum voraus davon überzeugt gewesen waren, als
testen Lumpen gcbüllt, doch sogleich für den Mariotto Mig- sie jezt derselben gewiß wurden, auf Beyde und auf Je
nanelli erkannt und festgenommen wurde. Che es Tag des von ihnen hatte, könnte nur, wer keine Ahnung ei
geworden , war ganz Sien« davon erfüllt ; und da die nes solchen tödtlichen Schmerzes hätte, versuchen wollen
Nachricht vor die Signoria kam , so wurde dem Podest« zu beschreiben. So heiß waren die Thränen Giannozza's
aufgegeben, ihn zu verhaften und zu thun, was die Ge und so bitter ihre lauten Klagen, daß sie ein Herz von
setze und ihre Rechte verlangten. So ergriffen und ge- Stein zum Mitleid gerührt hätten. Da sie aber beständig
buüdcn wurde er in den Pallast des Podest« gebracht und von Herrn Niccolo getröstet wurde, so faßten Beyde den
auf die Folter gelegt ; aber ohne sich vielen Martern aus- Beschluß, in diesem Jammer allein die Ehre ihres vor
zusetzen, bekannte er allen Umständen nach alles, was er nehmen Geschlechtes nicht aus den Augen zu setzen und
gethan und Willens gewesen sc», worüber Jedermann dafür zu sorgen , daß das arme Kind sich heimlich in ein
das größte Mitleid haben mußte. Von den Frauen be gottseliges Kloster einschließen und dort ihr Unglück, den
sonders wurde er bitterlich beweint, indem sie sagten, er Tod ihres theuern Geliebten und ihr eigenes Leiden , so
allein in der Welt sey ein wahrer Liebhaber, und jede lange das Leben ihr gestattet wäre, beweinen könnte.
hätte ihn gern mir ihrem eigenen Blute gerettet. Den Und dieß wurde mit der größten Vorsicht gethan und ins
noch wurde er von dem Gerichte verdammt, dem Gesetze Werk gesczt; und dort, ohne sich irgend Jemand außer
gemäß den nächsten Tag seinen Kopf zu verlieren; und der Aebtissin zu erkennen zu geben, in tiefem Schmerze
fo wurde er zur bestimmten Frist, ohne daß die Fürspra und unter blutigen Thräncn, bey wenig Speife und
che der Freunde und Verwandten etwas dagegen ver schlaflosen Nächten, endete sie, unaufhörlich ihren Ma
mochte, öffentlich hingerichtet. riotto rufend, in kurzer Jeit ihre jammervollen Tage.
Die unglückliche Giannozza, begleitet von dem er
wähnten Bruder Augustiner, kam nach mehreren Mona
ten und vielen Gefahren nach Alerandrien und begab sich Bilder aus Schweden.
in das Haus des Herrn Niccolo, dem sie sich zu erken
nen gab und sagte, wer sie sey und weßhalb gekommen, und Der Hof von OrnS«. Von Wilibald Alexi«.
alles, was ihr begegnet war, so daß dieser zugleich von Durch ganz Dalccarlicn ist der Hof von Ornäs be
Erstaunen und Mitleiden erfüllt wurde. Und nachdem er rühmt; er ist ein historischer Lichtpunkt für das gestimmte
sie ehrenvoll empfangen und ihrem Stande gemäß kleiden Schweden; eine geheiligte Reliquie, wiewohl das Haus
lassen und dem Bruder feinen Abschied gegeben hatte, nur von Balken gezimmert;.' Werth und theuer noch im
sagte er der Unglücklichen , wie ihr Mariotto in der Ver mer dem Vatcrlandsfreunde aus jeder Parthey, obgleich
zweiflung über die Nachricht von ihrem Tode, ohne ihm die Dynastie, deren Erinnerungen an das Haus geknüpft
etwas davon mitzutheilen, abgereist sey und wie er ihn sind , aufgehört zu regieren. Hier sprach Gustav Erich-
für todt beweint habe, weil er wußte, daß er nur um den son , nachdem er lange in Dalccarlicn umhergestreift,
Tod zu suchen fortgegangen sc». Wie groß der Schmerz war, vergeblich versuchend den Muth seiner Männer zur Wuth
der Giannozza hierbei, ergriff, möge der sich denken, der gegen die dänischen Tyrannen zu entflammen , bev einem
die vergangenen Leiden der Liebenden mitgefühlt hat, Manne, den er Freund glaubte, ein. Der Gastfreund
denn alles Reden scheint mir hier umsonst. — Nachdem brach die doppelten Bande, die ihn an den cdeln Flücht
sie wieder zu sich gekommen war , und mit ihrem neuen ling fesselten , und ging aus, ihn den Dänen zu verra-
Vater sich berathen hatte, so beschlossen nach vielen Re thcn. Gustav entkam der drohenden Lebensgefahr durch
den, in heißen Thräncn gebadet, Herr Niccolo und sie, in den treuer« Sinn der Gattin des Mannes. Die Frau
größter Eile nach Sien« zu gehen , und , ob sie Mariott« ließ den muthigen Jüngling durch einen geheimen Aus
todt oder lebend fänden, wenigstens, waö allein in dieser gang entschlüpfen , daß er durch romanhafte Drangsale den
üusserstcn Noth übrig blieb, die SKre der Dame zu retten. Weg zum Throne finde. Die Wasas hielten den Ort, wo
Er brachte daher seine Angelegenheiten, so gut sich thun, dem Stifter ihres königlichen Haufes solche Noth begeg
ließ, in Ordnung, kleidete die Dame in männliche Tracht, nete, heilig; das Gebäude wurde in seinem alten An
und so gingen sie zu Schiff und gelangten mit günstigem stände erhalten, ja gewissermaßen zum historischen Stamm
Wind bald an die Toskanischen Gestade, stiegen zu Piom- buch des Geschlechts geweiht, und steht noch heute unter
bl,,o an'S Land und begaben sich von dort heimlich auf dem besondern Schutz der Regierung. Ornäs ist ein adli
ein Landgut des Herrn Niccolo bey Sien«, und, als sie ger Hof der kleinem Art und gehört, ich glaube, noch
Nachrichten von ihrem Mariott« verlangten , vernahmen jezt Nachkommen in weiblicher Linie jener durch die Ge
sie, daß er vor drey Tagen enthauptet worden sey. schichte bekannt gewordenen Besitzer.
Welche Wirkung diese grausame Nachricht, wiewohl Schon der erste Anblick deutet auf nichts Gewöhnli
28?
ches. Aus der Faluner verwitterten Schlackenregion tritt stät verstehen will, das ruhige Selbstbewußtsevn einer un
man wieder in eine lichte, nordische Gegend. Schlanke antastbaren Würde. Nein, jedes dieser Gesichter verräth
Birke» ragen in den blassen Himmel, das sanfte Grün ein anderes Bcwußtscvn: daß eö die eigene Kraft ist, der
überdeckt die flachen Ufer eines weiten Sees; von der es den Glanz des Diademo verdankt. Diese stolzen Ge
Seite einer Halbinsel springt das hohe rothe Haus, ein sichter verschmähen die Sicherheit des ererbten Heiligthums,
Schloß für diefe Gegenden, uns ins Auge. Man hat gegründet zum Wohl der Völker; durch sich und aus sich
andere Wirthschafts- i,„d Hofgebäude dem alten Hause will jedes ein Recht auf das Ueberkommen beweise».
gegenüber angelegt, um es ganz un entweiht durch tägli Wie diese Nasen scharf heraustreten, wie die Augen
chen Gebrauch seiner historischen Bestimmung zu überlas aus ihren Höhlungen funkeln, wie die charakteristische
sen. Eine Gallerie führt außerhalb auf der Seite des Schärfe des MuSkclspiels die Anmuth verscheucht, so will
Hofraums darum, eine Wendeltreppe in einem thurmar- jeder heraustreten aus der Reihe des Gewöhnlichen und
tigcn Vorbau wieder zu jener. Rothe Schindeln »ach dnrch Außerordentliches Bewunderung erringen. Iwrv
Art der parthischen Schupxenpanzer decken daS Dach und Bilder springen vor allen in die Augen. Wer sollte
jeden dachartigen Vorfprung , fo daß das Haus schon an Karl den Zwölften verkennen? welcher Maler ihn ver
sich genommen ein frappantes Bild der alten Sigcnthüm- fehlen? Hier Christine mit dem südlichen Auge, mit
lichkeir liefert, ohne es im Gegensatz der romantischen der Adlernase, dem schwarzen Haare. Dort im Winkel
Gegend ringsum zu betrachten. der tragische Held des Geschlechtes , der unglückliche vier
Das große Wafazimmcr öffnet sich uns von der Gal zehnte Erich , bestimmt von Bruderhand zu fallen. Kein
lerie aus. Aber wir werden betreten auf der Schwelle, Ort in Schweden , der nicht eine Erinnerung an ihn
indem wir eS bewohnt finden, obgleich Todtenstille im aufzuweisen hat ; keiner, wo nicht der Blutfleck eines Sture
Hofe herrscht und die Schließerin, eine anmuthige Schwe klebt, wo nicht ein Kleid, ein Tuch, ein Kerker oder eine
din, den dicken Staub vom Schlosse abbläst. Awey riesige Kette an ihn erinnert. Sein Gesicht ist stark , wohlgefäl
DalecarKer , in ihren uralten Röcken von weißem FrieS, lig; eine Wärme wie bev keinem Was«, und wie sie in
halten die Hellebarden entgegen. Drüben auS der Ecke Schweden selten ist, im Teint. Der Wahnsinn spielt nur
schaut ein'ganz geharnischter Ritter. Die leere Rüstung in seinem dunkelqlühenden Auge, den geistreichen, tieffük-
ent^u/ckt indessen zuerst wieder, und die gräulichen Bärte lenden Mann möchte man nicht verkennen. Er trat auS
und Nasen der Holzfiguren vollenden die Entzauberung. der Reihe feines Stammes aus, geistig sowohl als gewalt
Doch walten die Geister mit geheimer Scheu in dem Zim sam durch seinen Tod. Cr war auch ein Dichter, was kein
mer. Die Rüstung war Gustav Wasas eigenes Schlacht Was« sevn konnte ; auch Gustav III. »ichr, obgleich er Tra
kleid, so ehrenfest, wie je eine aus dem drevzehnten Jahr gödien geschrieben. Im irren Feuer seiner Bestrebungen
hundert. Seine schwedische Bibel liegt daneben ; seine bekundete Erich frevlich seine Verwandtschaft.
Handschuhe, seine Armbrust und hundert Reliquien, spä (Die Fortsetzung folgt.)
ter erst hergeschafft. Von dem Amcublement aus der
Zeit, wo Gustav als Flüchtling hier einsprach, scheint nichts
übrig geblieben als ein gewaltiges Himmelbett, später mit Korrespondent-Nächrichten.
Schwedens königlichen Farben geschmückt; heute nur
Stroh darin, überhangen mit einer Wappendeckc. In Bern. März.
vielen schwedischen Versen, die aber nicht mit der Poesie Veranlaßt durch die Gesellschaft schweizerischer
Naturforscher, welche il'rc» herauszugebenden Denksaivift
der Geschichte Harmoniren, wird diese an den TKürcn Und ten eine Ucbersicht des gegenwärtige» Znstandes der Natur«
Fenstern erzählt. Auch Specialkarken von Dalccarlie» sind Wissenschaften in der Schweiz als Einleitung vvrziiscyen
hier, mit den Angaben jedes Punktes, wo Gustav verweilte. gedachte > und die Kantonalgesellschasten dafür »m Beutrag«
Aber an den Wänden hängen in ernstem Kreise alle ansprach, bat vor Kurzem nun die na tu r so rsch en de Gesell«
schaft in Bern den für genannten Zweck von ihrem Mit»
Regenten und Regentinnen aus dem Hause Wasa ; kein gliedc . dein Hrn. Apotheker Fueter bearbeiteten ..Versuch
Fleck im Zimmer , wo nicht die Augen dreycr großer Kö einer Darstellung des neuen Bestandes der Naturwisscnschaftc«
nige den Fremden anstarren ; alle grell gemalt, was noch im Kanton Bern, bis zum Ende des Jahrs j«?7." durch den
mcbr zur Scheu benträgt, die in dieser gewaltigen Gesell Druck verbreitet. Es ssnd Anlage und Ausführung dies«
Arbeit gleich befriedigend. Erst von der Mitte des achtzehnten
schaft Jeden ergreisen muß, der nicht in der Geschichte Jahrhunderts an konnte hier wie anderswo vvn natnrwis»
wie in den Seiten eines gehaltlosen Buches blättert. Wel scnschastliclicn Bestrebungen die Rede seun , da Frühere« allzi»
che scharfe, kühne Gesichter bey Männern und Frauen! vereinzelt erscheint, und es trifft diese Zeit eben auch mir AK
Wenig Schönheit, dazu fehlt die Ruhe ; aber Kraft, brecht von Haller zusammen, Schnell Karte dann aber
der erste von Berns »aturkundigcn Vereinen, die I75S gcstift
Trotz und Adel. Ich möchte auch sagen wenig Königli tetc ökonomische K.scUschaft, durch vielseitige Tätigkeit und
ches, wenn man darunter den milden Strahl der Maje grvßsinnigc Nützlichkeit ihren Ruhm weithin verbreitet. An
288
sie reikten sich die ältere narurforschenbe Gesellschaft und da« Mitkantone Haien vor Kurzem Anstalt« und Sammlungen
medicinische Jnstitnt. Alle drey sind mm seit der Staatsum- angelegt, die mit raschem Emporblülien neben den unsern
wälznug neu erstanden , und haben ansehnliche Entwicklungen wetteifernd anwachsen; unter diese» bleibt jcdech Bern vor»
erhalten. Unter den Sammlungen ist das naturhistorische züglich begünstigt , sowohl durch seine centrale Lage und Aus
Museum durch Liberalität der Regierung zu einer Ausdehnung dehnung über den interessantesten Theil des an Naturwundern
und Bedeutsamreit gelangt , welche alle Privatsammluugen in und Produkten so reichen Vaterlandes , und nicht weniger be
ihre cigenthümliche Sphäre zurückdrängt, die in der Subsidien- günstigt durch gvoßsinnige Institute und reichlvilrige Beyträge
reichung für specicllc wissenschaftliche Forschungen besteht. Das der obern Regierungsbehörden zur wissenschaftlichen Bildung;
Bernische Museum ward l»l)1 gegründet, und seine er ein glücklicher und vorrheilhafter Standpunkt ward Bern auch
sten Erwerbungen waren die ornitl«l«gische Sammlung des i» Hinsicht der Naturforschunq zugetheilt ; ist es nicht an ihm,
Pfarrers Sprüngli , das Triboletsche Herbarium und die Er- denselben »unmehr würdig zu erfüllen?"
lachsche Mineraliensammlung. Durch Ankäufe und Schenkungen Der erfahrene und geistreiche Bernischc Oberförster K a st-
hat sich dasselbe seither unausgesezl erweitert und bereichert. hofer ist gegenwärtig mit der Ausgabe eines aus die Bedürf
Seinen zoologischen Theil hat der verstorbene Professor M e i s» e r nisse der Schweiz . vorzüglich auch ihres Alpenlandes, berech
für Mammologie und Ornithologie zu seltener Vollkommenheit, neten forstwissenschastlichcn Handbuches beschäftigt, das die Re
hinsichtlich der einheimischen Arten gebracht. Die Petresaktert- sultate seiner vieljährigen Versuche und Wahrnehmungen um
sammlung erweitert sich in diesem Augenblick ganz vorzüglich, fasse» wird.
indem Hr. B crnard Studer, von einer wissenschaftliche»
Reise aus der Lombarde» und von der östlichen Alpcnkctte zu Paris, 24. Februar.
rückkehrend, durch Freygebigkeit der Regierung , sowohl für Eine Kunstausstellung hat schon seit drey Monaten statt,
neue Ankäufe als für Transportkosten von Mineralien aus je allein die politischen Begebenheiten sind Schuld daran , daß sich
nen Gegenden, mit ansehnlichen Beyrrägen untcvstüzt ward. da» Publikum mit derselben weit weniger beschäftigt hat als
Was seit cinein Wierteljahrhunbert von Einzelnen in jedem sonst. Man hatte indessc.i nichts versäumt, damit daS Publi
Fache derNaturkenutniß ist versucht und geleistet worden, muß kum recht lebhaften Anlheil daran nehmen möchte. Erstlich
in dem wohlgeordneten Berichte nachgesehen werben, dessen hatte Vicomte de Larochefoucauld in feiner Eigenschaft alS
Schlußvetrachtung folgende ist : „Ueberschauei, wir noch einmal Direkteur des beaur «eis den Künstlern, welche die zur Aus
das Ganze, so zeigt sich in Bern schon vor siebevzig Jahren stellung eingeschickten Stücke prüfen sollten , sonderbarer Weise
eine schöne Entwicklungsperiobe vaterländischer Wirksamkeit ; sie anS Herz gelegt, sie sollte» doch recht strenge scvn, allzu große
wird zwar nachmals durch politische Stürme unterbrochen, ober Nachgiebigkeit bringe den Künsten Verderben. Er hatte diese
gar zertrümmert, doch aus den Trümmern gebt neues Leben Ermahnungen in eine zierliche Rede gefaßt , welche in den
hervor, und erfreut sich bisher eines progressiven Gedeihens. Zeitungen zu lesen mar. Und gerade dießmal sind die Kvm-
Was ibm gegenwärtig noch besonders mangelt, ist ein engerer, missaricn oder Kunflrichter nachgiebiger gewesen, als irgend
wechselseitiger Zusammenhang und Verkehr, und ein gemein einmal zuvor. Sie haben einen Schwärm von Gemälden auf:
schaftlicher Bcrcinigungspunkt , den allerdings die frühere genommen , wovon manche wahre Kleckscrcucn sind , und wor
Epoche in ihrer ökonomischen Gesellschaft befriedigender darbot, über sich die kleinern Journale herzlich belustigen. Dennoch
und wir müssen beyfügen , auch eine erheblichere Beachtimg des hatte jener Kunstrath manche Stücke verworfen, für welche
wissenschaftlichen Strebens , sowohl von Seiten angesehener dann eine eigene Privatausstellung veranstaltet wurde , die aber
Privatpersonen, als in der öffentlichen Geistesrichtung über wenig Erfolg hatte , weil die meisten Stücke wirklich dieß Loos
haupt. Es bedarf kaum eines Blickes auf entferntere oder be verdienten. Als »un die große Ausstellung zu Stande kam,
nachbarte Volker «nsers Zeitalters, um sich zu überzeugen, daß hatte das Publikum ein Dutzend Säle zu beschauen , die mit
gerade in heutigen Tagen , da die spekulative Philosophie sich Gemälden, Zeichnungen und Kupferstichen angefüllt waren.
schon selbst überlebt hat, und die schone Literatur nur noch Allein wie dies, immer zu geschehen pflegt, manche Künstler be
wenige Meisterwerke hervorbringt , die Erfahrungswissenschaf klagten sich , ihre Stücke liingen oder ständen nicht im rechte»
ten ihre blühendste Periode zu feuern berufen sind. Nicht al Lichte, und würden also nicht beachter oder falsch bcurtheilt.
lein erblicken wir in allen ihren Fächern die rul'invollflen Na Nun wurde die Ausstellung geschlossen, und der große Saal
men und Schriften , sondern sogar ganze lichtvolle , sinnreiche an der Gemäldegallcrie im Lonvre ausgeräumt, um bort, wo
Lehrzwcige werden aus dem Chaos der Erscheinungen neu er das Licht von oben herabfällt , und zwar in großer Fülle , die
schaffen ; man denke nur z. B. an Geologie, Stöchivmetrie, Elek neuen Kunflprodukte auszustellen. Dieß erheischte nun gänz
tromagnetismus, die seit wenigen Jahren aus dem Nichts zum liche Umstaltung der Ausstellung ; allein in Paris ist man mit
Range bedeutender Wissenschaften sich entwickelt haben. Bcy solchen^Vcrwandlungcn bald fertig. Jezr wurde die Ausstel
diesem mächtigen Vorschrciten der Naturkunde, deren philo lung wieder eröffnet, und das Publikum hatte wieder neue Au
sophische Tendenz die wahren , ewigen , und vermutklich höchst genweide ; denn nun erschienen wirklich manche Stücke ganz an
einfachen Gesetze des Weltalls in ihren inillionfach modiftzirte» ders. Einige Zeit hernach ward die Ausstellung nochmals ge
Wirkungen aufzudecken strebt, deren praktische Tendenz aber, schlossen , weil noch über hundert neue Stücke hinzugekommen
jeden Industriezweig umgestaltend und vervollkommnend, im waren ; also wiederum eine Umstaltung , und zum dritten
mer allgemeiner und ticser einwirkt in die gegenseitige Ver Male begann die Ausstellung. Ein Journal nennt dieß scherzhaft
bindung der Völker und in alle ihre bürgerlichen Einrichtun die dreu Auflagen der Kunstausstellung, »ud meynt, es gede mit
gen und Gewerbe, bis in das Leven deS geringsten Arbeiters diesen Auflagen wie mit jenen mancher Büaier , die doch niclit
hinab . wie könnte wohl irgend ein Land , mit einigem An besser würde», man möge sie auch zwanzig Mal auflegen, oder
spruch auf Kultur, ohne Theilnalnne an der großen Bewe die Titel verändern und etwa einige Seiten »mdrucken.
gung zurückbleibe» ! Wir seken neue lebhafte Regsamkeit und (Die Fortsetzung folgt.)
neueröffnete Akademien oder naturhistorische Museen , nickt et
wa blos in London, Berlin, München, Frankfurt, Stutt
gart! und andern Hauptstädten Deutschlands und Europas, son
dern zunächst auch manche der uns umgebenden eidgenössische» Berlage: Kunstblatt Nr. 24.
Verlegt von der I. G. C ort« 'scheu Buchhandlung.
M o r g e n b l a t t

für

gebildete Stände.

Dienstag, 25. März 1 8 2 8.

Echt, ihr fremde», klugen, Weißen Leute!


Seht , wir Wilde» sind doch bcßre Menschen!
S c u m e.

Die Rache. „Bis mein Blnt gerochen ist.


„Siehst du mich nicht ehrlich sterben?
Eine indianische Lrzihlnng „Darum gönne mir die Rache
von ?. 1.. Ontua dachte nicht fliehen.
Harte auch Janöng den blur'gen
Wo Sankt Laurenz rasche Flutken Willen ihm nicht hinterlassen.
Durch die dunkle Waldung strömen. Denn sie waren gleichen Stammes.
Starb ?anvng**) durch schnellen Mord. Darum sezt er sich zur Leiche,
Fest und eilig war Janöng Ruft die Männer und die Velber,
Sinter Reh» und in der Schlacht; Und verlangt, daß sie ibn tödren.
Und sie Karten ihm gegeben Seinen Kopf zur Schulter biegend;
Diesen Namen, weil er stark Aber keiner will ihn strafen.
Und wie Bären finster war. Auf nimmt Lntua nun den Leichnam,
Ontua trifft ihn an dem Ufer, Trägt ihn nach dem Dorf, zum Platze,
Grüßt ihn wie es Männer rhu». Wo die Meisten immer waren.
Und will weiter ziehn des Weges, Legt sein Haupt auf den Srschlagnen
Als Janöng mit Spott beginnt. Und verlangt , daß sie sein Lebe»
Und den Ontua arg verhöhnet, Nehmen, wie Janöngs er nahm ;
Weil er schwächer war als er. Aber Keiner will ihn strafen.
Ontua zürnt und zieht sein Messer, Denn sie liebten Ontua'n alle.
Das er mit geschicktem Sprunge Weil er freundlich war den Alken,
In des Höhners Weichen stößt. Ihnen Felle gab und Schinken
«Ontua," ruft Janöng im Sterben,^ Von den fetten Winterbüren,
„Fliehe nicht, ich brauche Rache, Und die Mutter treu ernährte.
„Denn du bist von meinem Stamme,
„Und entehrt sind all die Meinen, ") Die Jndiauer glauben , daß ei» Erinvrbeter keine Ruhe
nach dein Tode habe, und seine Hinterbliebenen entehrt seven,
") Diese Erzählung wird in HeckewelbenS Nachrichten bis sein Tob an dem Mörder gerächt ist. Wir finde» ja
über die Indianer, herausgegeben von DKponcean. als von dasselbe bey den alten Deutschen, und noch heut zu Tage
den glaubwürdigsten Leuten , welche selbst bey dem Vorgange herrscht Familienrache in Korsika so sel>r, daß im Jahre t»2l
des Ganzen gegenwärtig oder in der Nähe waren, verbürgt, oder 1tt22 der Präsekt von Korsika in einer Flugschrift der
mitgekheilt. Die im Gedichte vorkommende» Namen sind wirk französischen Regierung vorschlug , das Duell für Korsika ge
liche indianische Namen. setzlich zu machen, um das große UnKeil der Familicnrache
Janöng heißt Bär. abzustellen.
290
Als er so zwey lange Stunden halten, irgend ein Zeichen von Furcht oder Angst im Tode
Seines Tvd's vergebens Karrte, von sich zu geben; denn ich hatte sogar gesehen, daß In
Geht er zn des Todken Mutter: dianer Bären , die sie geschossen hatten und die sterbend
„Toniwanta," spricht der Mörder,
„Deinen Sohn Hab ich erschlagen, schrieen, Strafpredigten über ihr weibisches Benehmen
„Räche du nun deinen Sohn; hielten und sagten : Sich Bär, unsere Stämme führen
„Kannst dn nicht, so bitt' den Nachbar, Krieg; glaubst du, daß, wenn du mich erschlagen hättest,
..Gerne wird er dir verrichten, ich geschrieen hätte? stirb als ein Mann! Der Jndia-
..Was du , arme Frau , bedarfst."
Aber Tv)iiwanta weinte. ner verstand meine Verwunderung und sagte: „Glaubst
Und sie war ein gutes Weib. dn , ich würde traurig seyn , wenn ich nicht einen alten
„Ist des Blures nicht genug ?" Vater hätte?"
Fragt die Mutter des Srschlagnen.
„Sieh, ich weine schon des Mord's;
„Wenn ich dich nun ihm erschlüge,
„Weinte deine Mutter auch ; Bilder aus Schweden.
„Besser, daß mir eine weint.
„Geh und pflege deine Mutter, ÄZon W. Aleris.
„Wie Janöng mich treu gepflegt. (Fortsetzung.)
„Aber willst du eines thun,
„Gib mir Logvn deinen Sohn, Jemand verglich den Charakter des Schweden mit dem
„Daß er mit mir treulich lebe, Nordlicht. Ein glänzendes Meteor in dnnklcr Nacht, hell,
„Mich ernähre, wie mein Sohn, hoch, eine entzückende Erscheinung, aber ohne Wärme,
„Und ich Logon lieben könne."
Ontua spricht: „Du bestes Weib, ohne Wirkung verschwindend. Die Wasa's waren ächte
„Logon ist ein schwacher Knabe, Schweden. Ihre Geschichte ist eins geworden mit der des
„Der nicht Wild erjagen kann; Reiches, und doch will man sie jezt davon ablösen. Der
„Aber willst du, will ich dienen, Adel, aus dem das Haus entsprungen, stürzte de» lczten
„Treuer als Janöng dir diente."
Toniwanta sagt: „So komm." Abkömmling desselben, und alle Stände stimmten bev.
Ontua folgt des Weibes Worte; Die lczten Wurzeln des alten Stammes scheinen abgelöst
Aber Nitis, Ontua's Mutter, von dem vaterländischen Boden; fast nirgends eine krampf
Ist allein min in der Hütte, haft wehmüthige Erinnerung än das Sonst. Die Ruhe,
Eine Wittwe und verlassen.
Toniwanta geht am Abend Unbefangenheit, ja Unparthcvlichkeit, mit der man über
In die .Hütte Nitis, sagt: sie urtheilt, scheinen der sicherste Beweis, daß sie auf
„Du sollst nicht den Sohn verlieren; immer getrennt find von der Krone ihres Vaterlandes.
„Denn was gibt der große Geist *) Historisch aber ist ihre Erinnerung unzertrennlich von der
„Bess'res als ein trenes Kind?
„Komm und leb' an meinem Hecrd! Glorie Schwedens. Nächst der Geschichte der Hohenstau
Also leben nun die Viere fen ist die der Wasa's die grandioseste Tragödie in der
Friedlich an demselben Feuer, christlichen Historie. Die der Stuarts als Ganzes will
Ontua aber sorgt für Alle. nichts bedeuten; das schwache Geschlecht wußte nicht, was
es wollte. Die Hohenstaufen wußten es , ein Giganten
5 kampf, noch wie mit den Urkräften der Elemente gestrit
<?s wird dem Leser nicht uninteressant seyn, wenn ich ten; er mußte mit der Vernichtung eines Thcils enden.
hier noch die Erzählung eines amerikanischen Reisenden Die Zeiten waren sanfter geworden , die Wasa's schieden
unter den Indianern anführe. „Ich fand einst," sagt der fast friedlich bcy ihrer Vertreibung. Aber mir welcher
Reisende, „auf meinem Wege im Walde einen Indianer andern civilcn Wirkung ! Kein Rächcrarm erhob sich, keine
trübfinnig und in sich verloren unter einem Banme siöcn. Versuche, das Verlorne wieder zu gewinnen. Mit ei
Ich fragte nach der Ursache, und er erzählte mir, daß er nem blutlosen Schlage war die Sache abgemacht, und auf
Einen seines Stammes erschlagen habe und nun auch stcr- immer abgemacht; gelöst in einem Aug«iblicke ein drev-
bei, solle ; indeß sei) ihm noch zu leben erlaubt, bis er eine Kuiidertjähriges Band, ein Band, besiegelt durch so viele
Schuld von Fellen abgetragen habe, und deßwegen jage er leuchtende Großthatcn.
hier, bis er die bestimmte Anzahl von Fellen habe. Jchwun- Ihre tragische Aufgabe war die Bekämpfung des
derte mich, daß er wegen deS nahen Todes so betrübt war, Adels , aus dem sie hervorgegangen. Schon früh wählte ^
da ich wohl wußte, wie leicht die Indianer gewöhnlich ihr ritterlicher Geist den falschen Weg. Statt ihre Kräfte
in den Tod gehen und daß sie es für die größte Schande im Innern zn konzentriren , wollten sie glänzen nach auf-
sen , der Rcflcr ihres Kriegerruhms sollte ihre Königs
5) Der unsichtbare und einzige Gott Der Indio 1er. würde befestigen. Nur der erste Gustav , dem man füg-
2Al
lich den Namen des Großen bcvlegen darf, er, der Grün sprach als die Faktionswnth , daö selbst lauter spricht als
der der Dnnastic, und unter dem Schweden in die Reihe die tausend Stimmen gereizter Eitelkeit, war: ei»
der europäischen Mächte trat, machte , wie der im Aus dauernder Friede. Schweden verlangt eine Dvna-
lande weniger bekannte eilfte Karl, hiervon eine ehrenvolle stie, die in der Sorge für das Land die vielhundert-
Ausnahme. Er wirkte nur für das Land. Darauf folgten jäkrigen Wunden einer glänzenden Politik heile. Gern
die unfruchtbaren Kriege mit nnd um Polens Herrfchaft. führt man Friedrich des Großen Wort an , der Schwe
Auch Gustav Adolph, ein Helles Gestirn am Horizont hu den für das reichste Land erklärte, weil es nach einer
maner Größe, ging weit über die Aufgabe, die ikm als solchen Verwaltung doch noch immer etwaS zu verlieren-
König von Schweden die Vorsehung gcsezt, und dieß war habe. Daß der Schwede bev aller Einsicht von dem Ver
doch die nächste nnd heiligste für ihn. Schwedens Name derben für das innere Wohl, herstammend aus jener
wurde groß, auch Schätze brachten die Banners u. f. w. glänzenden ?eit, dennoch mit Stolz ihrer gedenkt, wer
beim über die Ostsee, aber die Verpflichtung nach solchen wollte ihm das verargen ! Sollte er sich der einzigen
Anstrengungen ging schon weit über die natürlichen Kräfte. Frucht aus derfeiben, der schönen Erinnerung begeben?
Wo ihn, den edeln Helden, noch eine große Idee befeuert, Es steht als merkwürdige Erscheinung da, daß, wäh
artete der Rittergeist bev seinem kühnen Nachfolger in mi rend Schweden unter seinen legitimen Königen verarmte,
litärische Streit- nnd Erobermigslust aus. Der solda- indem seine Kräfte zu abenteuerlichen UnterneKmun-
reeke Sinn gewann unter Karl xil eine eigentbümlich gen» vergeudet wurden, eS einem Fremden vordehal-
großartige Type; wie weit aber war dieser König da tcn bleibt, einem Fremden, der dem Kriege sein Glück
von entfernt, den Thron in Schweden wahrhaft zu befe verdankt, den Frieden zu hüten, und seine Segnungen
stigen! Dann wieder nach langem Zwischenraum eine helle über das erschöpfte Land zu verbreiten. Frevlich sind die
glänzende Erscheinung ; Gustav lll. kämpfte gegen die Ari Umstände gebieterischer als der Wille, und mehr als je
stokratie und siel. Sein Sohn wollte den Kampf fortsez- wird in diesem Augenblicke der monarchische Eigenwille,
zen; adcr im chevalcrcsken Sinn seiner Ahne» focht er nicht durch repräsentative Formen, sondern durch die selt
vdn außerhalb der Kränzen seines Reichs gegen eine neue sam republikanischen Verhältnisse des gesamniten Europa
Macht, der scio Trotz und seine Erfahrung nicht gewach gehemmt. Aber warum deßhalv das Verdienst nicht an
sen war. erkennen, weil es zugleich von der Notwendigkeit be
Vm die Abrundung der großen Wasatragödie selbst zu dingt ist? Karl Johanns Regierung arhmet eine Mäßi
einem Schickfalstück modernster Art zu vollenden, kommt gung , und zeugt von ei»er Einsicht in den wahren Vor
theil Schwedens, wie man sie in der langen Reihe ansiic-
die berühmte Vision Karls XI. hinzu. Der König sah
im alterthümlich trüb erhellten Reichsfaal ein Kind auf zcichneter Männer des vorigen Regeiikenhauseö vergeblich
sucht. Seine persönliche Liebenswürdigkeit weiß die Her
dem Throne , und in dem Dänimerfchein Köpsungen, zen in allen Ständen und bep bevden Geschlechtern zu ge
Blut und Leichen. „Wem wird daS begegnen?" rief der
winnen. Sein militärischer Ruf schmeichelt der Eitelkeit
Fürst hinein in das gespenstische Dnnkel, und die Stimme der Schweden ; sein Privatreichthum wirkt äußerst wvhl-
des Kindes antwortete: „Dem Siebenten nach dir/- Dieß thätig in einem so armen Lande. Viele alte Familien ver
wollen auch des Königs Begleiter geHirt haben. Die Vi
danken ihm , dem Gerüchte nach, die Erhaltung ihrer tief
sion wird in den Nebenumständen verschieden erzählt. Aber
verschuldeten Besitzungen. Mag man es auch Klugheit
Viele zählten schon lange, und gebildete Schweden der nennen, so ist es doch die allervcrdienstlichste eines Re
ersten Stände versicherten uns, in ihren Kreisen sc» es
genten, daß sein ganzes Bestreben dahin geht, sich der
von Jugend an wie eine ausgemachte Gespenstersache be Nation einzuverleiben , auf deren Thron ibn ein wunder
trachtet worden, daß unter dem blutigen Kinde, dem die bares Walten der Vorsehung gesezt. Er selbst, der in den
Krone oder der Kopf selbst abfiel, kein anderer zu verste Waffen ergraute französische General, kann frcylich sein
hen sey als Gustav Adolph, der Vierte dieses Namens. Vaterland nicht vcrlüugncn, eben so wenig als den Stand,
Das allgemeine Bedürfnis von der einen, und männ dem er sein Glück verdankt. Gehört doch auf Karl des
liche Kühnheit von der andern Seite hatten den ersten Zwölften Thron ein Monarch in Sporen und Uniform.
Was« auf den Thron gehoben, ein noch dringenderes Be Der Kronprinz ist dagegen zum Schweden erzogen , und
dürfnis auf der einen, und der in nnbengfamen Trotz ganz Schwede geworden. Seine liebenswürdige Gemah
ausgeartete Stolz auf der andern Seite stürzten Gustav lin von mütterlich deutschem Blute hat sich ebenso in
Adolph IV. »on demselben. Er handelte nicht für sich, kurzer Zeit zur Schwedin umgebildet. Wie anders ver
sondern im Geiste seiner Dynastie, darum mußte diese fuhren Napoleons in die eroberten Länder eingefezte Kö
mit ihm fallen. Daö dringenste Bedürfniß, daö lauter nige ? Sie blieben Franzosen , oder wünschten gar im
thörichten Uebermuth das ganze ftemde Volk dazu um- seit 1813 von l IZst auf 1867 »ermehrt. Die Rubrik der Gefan
zuschaffen. genen . welche fich seit 1818 vo« 1667 auf 865 »ermindert
(Der Beschluß folgt.) haben, würde, iu moralischer Hinficht, de» größte» Trost ge
währen . aber leider bat man vergesse» zu bemerken . ob die
Verminderung blos von der Fortschaffung der Gefangenen nach
Civitavecchia u. s.w. herrührt, oder ob wirklich die An^chl
der Verbrechen abgenoiiunm hat.
Kor responbenz- Nachrichten.
Rom. 2. März. Paris. 21. Februar.
Zu den Zeichen der Zeit, welche beweisen, daß der Volks (Fortsetzung.)
geist auch hier einer Umwandlung entgegengeht, und die dcßhalb
dem Beobachter vo» der höchsten Wichtigkeit und. gekört, daß In den Tagesblättern und Flugschriften begann ein ziem-
außer dem übrigen italienischen Publikum allmnlig auch die Römer ! lich lebhafter Streit über den romantischen und klastischen Styl
an Romanenlektüre Geschmack zu finden anfangen. Bekanntlich in der Malere». Die Anhänger des Alten und Bestellenden bc:
waren im vorigen Jahre einige italienische Originalromane ! hauvtcten , die französische Schule eile ihrem Untergänge ent-
eine überraschende seltene Erscheinung. Nicht minder merkwür ! gegen, indem fie fich vo« Ncnernngssticht hinreißen lasse, und
dig ist jczt eine andere Unternehmung nämlich die Ankündigung > den klasfischen bewährten und üblichen Styl gegen den fantastis
einer Uebersctzung aller Lafontaiucscheu Romaue auf Subscrip- , scheu, regellosen, romantischen vertausche. Man ficht, baß
tion. Die erste Lieferung , Carl CngelmannS Tagebuch e»t: diese Leute in Hinsicht der Kunst gerade so sprechen, wie man fich
l»ltc»d , ist bereits erschienen. Daß ein groficr Tbeil der dra ! über Politik noch heut zu Tage in manchen Staalsrcdcn nnd
matischen Literatur der Deutschen schon längst durch Uebersez- Staatsschriften ausdrückt. Die jünger« mit, diejenigen, die fich
zungen von Kotzcbuc imd Jfflanb in Italien bekannt gewesen in der Welt etwas umgesehen haben, und etwas mehr leisten
ist, dürfte bekannt genug seh, aber nicht. daH auch Schiller ansängt wollen, als was dem Schlendrian gemäß ist, lachen aber über
auf die Bühne gebracht zu werden. In Florenz wurde „Maria die Bcsorgniß der Klasfikcr und meyne». man solle die jun
Stuart" gegeben; ich habe nicht in Erfahrung bringen kön gen Künstler nur gewä»ren lassen ; es könne seyn. baß die ro
nen, wie es mit dem leztcn Akt gehalten worden ist. mantische Schule manches Ungeheuer zur Welt bringe, ihren
Seit dem Karneval hat die Kälte dergestalt fortgedauert, Zweck oft »erfcdle , und recht erbärmliche Gemälde schaffe ; al
daß wir fast jeden Morgen Eis vor den hiesigen Brunnen ge lein Phanrafie scy ein so edles Gut, baß mau den jungen Künst
habt haben . und die Spitzen sämmtlichcr umliegenden Berge lern dasselbe doch ja nicht »erleiden solle ; gewiß würden man
mit Schnee bedeckt gewesen sind. Leyerer ist besonders in den che nnter ilmen etwas Originelles, Erhabenes schaffen, und
leztcn Tagen um Nom herum so häufig gefallen, daß jede» in? Ganzen würde die srauzdfischc Schule doch der Natur näher
Morgen die Büffclkarren mit allem, was daran und darauf kommen, und schon dieß wiege alle Nachtheile auf. So steht der
ist , tief beschneit ankommen , ein Schauspiel . welches neu für 'Streit, welcher natürlich eben so wenig geschlichtet werden
die Römer ist. und dem sie daher eine besondere Aufmerksaln- wirb alS derjenige, der in der fronzöfischen Literatur zwischen
keit widmen. Trog der Kälte, stehen . nachdem die Maudel- den Regelrechten und den Regellosen herrscht. Beyde Parthien
bäuine schon seit dreh Wochen geblüht haben, nun auch alle schaffe« Produkte, inanche schlechte, einige gute, das Publikum
Psirfisch -. Aprikosen Kirschenvänme u. s. w. in der herrlich kostet das Gute, läßt das Schlechte liegen, allein die Ober
sten Blüthe . eine Erscheinung . welche den Nordländer bey hand bekömmt keine der beyden Parthien. Das Schlimmste
der schneidenden Kälte, welche hier besonders am Morgen dabey ist , daß gewisse Gemälde . welche von der einen Partbey
herrscht . nicht, selten iu die Täuschung »ersezt . jene Bäume gepriesen werden, die Verachtung der andern auf fich lade» und
für bereift zu halten. Kaum brauche ich noch zu sagen, daß umgekehrt. Man sollte glaube», es könne nur einen Maß
diese Blüthezcit, in den nordischen Ländern die Zeit des irdischen stab geben, wenn es darauf ankömmt. Kunstprobukie zu be-
Paradieses, dieses Jahr noch imgcnvsscner als gewöhnlich ver urthcilen ; allcin da die bevden Partheycn ganz verschiedene
streichen wird . und daß wir baber dieses Mal »och weniger Grundsätze aufstellen , nach denen fie urtkeilen , so fällt auch
einen Frühling haben werben als sonst. — Die statistischen Tabelle», ihre Schätzung der Kunstprodukte darnach aus; der eine« ist
worin zugleich dic Gcbnrts- u»d Stcrbeliflen der Stadt begriffen Natur alles . die andere will immer Kunst vorherrschen lassen.
werden, welche bis zu Ostern des vorigen Jahrs reichen und am Was die Romantiker einigermaßen niedergeschlagen hat , ist,
Ende desselben bekannt gemacht worden find , gebe» die Bevöl daß einige junge Künstler , welche bey der lezren Kunstausstel
kerung Roms nn vorigen Jahre zu 140.67Z Seelen an. nach lung sckr gepriesen worden waren , und große Hoffnungen
welcher Angabe sie seit 18 i8 um «861. und im leztcn Jahr zur Bildung einer neuen frauzdfischcn Schule gegeben hat
um 826 zugenommen hätte. Man ficht hieraus, wie sehr sich ten, dicßmal gcklckfl haben, zum großen Erstaunen ihrer frü
die hiesigen Topographen irren, welche sämmtlich die Bevöl her» Bewunderer. Dagegen find einige junge Künstler ncn
kerung , die Juden nicht gerechnet . über 15«>,l>0l> angeben. aufgetreten , welche ebenfalls hohe Erwartungen erregen ; viel
Freylich find , sonderbar gcmig . bey obiger offizielle» Angabe leicht /allen auch dicfe bey der nächsten Ausstellung dnvch , denn
die Juden, die man auf 8vm> Köpfe schäzt, auch nicht mirbc- wo eS so viele Konkurrenten gibt , ist nichts gewöhnlicher, «lS
griffcn; überhaupt werden sie ganz mit Stillschweigen über daß es manchen mißglückt , gerade wie in den Ländern, wo die
gangen und blos bemerkt, daß sie unter der Rubrik Lretiei, meisten Handelsgeschäfte getrieben werden, auch die meisten Ban
"rurcki eS InOgrli nickt begriffe» sind, eine unnörl'ige Be kerotte vorfallen.
merkung , da die Zahl der leztcrn fich blos auf 2Zi> beläust. (Die Fortsetzung folgt.)
Trotz 5er Zunahme der Volkszahl, sind von Ostern 1826—27.
obgleich keine besondern öicber geherrscht haben, 281 Indivi
duen mehr gestorben als geboren worden. Die Mönche haben fich Bey läge: Literatur»!«» Nr. 25.

Verlegt von der I. G. Cotta'schen Buchhandlung.


n°. 74.

M o r g e n b l a t t

gebildete Stände.

Mittwoch, 26. März i 8 2 3.

- Wenn ihr Geist den Lehren edler MZimer,


Sich stuftuweis eutwickcliid, friedlich horcht.
So maugelr Uebung ritterlicticr Tugend
Dem wohlgebauten, feslen Körper nicht.
G o e t K e.
Die natürliche Tochter.

Ueber Kallisthenie oder Gymnastik des nige unbedeutende Spiele «der höchstens einen gewöhnlich
schönen Geschlecht«. sehr beschränkten Platz, wo sie sich im Laufen üben kön
nen. Man scheint in diesen Häusern den Vortbeil nicht
Wenn auch die deutschen Schönen sich schwerlich der einmal zu kennen, den diese Spiele für die Gesundheit
Gymnastik als eines Schönheitsmittels bedienen werden, und Stärke der jungen Mädchen haben, denn sobald sie
so lange sie Paris nicht zur Kosmetik rechnet, wenn es darin etwas lebhaft zu werden anfangen, »erbietet man sie
auch unwahrscheinlich ist, daß die Turnkunst, nachdem sie ihnen plötzlich, vielleicht nicht ohne Grund, denn Bewe
von uns über London nach Paris gewandert, mit Harm- gungen, ungeregelt und ohne Maaß, könne» in der That
loseren Ringern in die verödeten Turnplätze einziehen Nachtheil bringen, was bey der Gnm,ia,Uk nicht der Fall
wird, so theilen wir doch eine Skizze dieser neuen Kunst ist,-deren Uebungen mit kluger Auswahl und mit heilsa
,mit, einmal, weil die Bemerkungen des Franzosen über mer Vorsicht je nach dem Alter und der Stärke der jun
den Einfluß der Bewegung im Allgemeinen und der ein gen Mädchen geleitet werden.
zelnen Bewegungen, mit besonderer Rücksicht auf das schöne Uebrigens darf man deßhalb nicht den Lehrerinnen al
Geschlecht, wahr sind und immerhin Beherzigung verdie lein den Vorwurf machen, denn gewöhnlich meynt man,
nen , und dann, damit eine neue Mode, die über u»S ihr Auftrag gehe nicht dahin, den Körper zu stärken;
kommen konnte — und wer kann für die Launen der Mode unter dem Worte Erziehung versteht man im All
gntstehen?— unsere Schönen nicht unvorbereitet finde. gemeinen keine phnsische Bildung , sondern nur die gei
stige. Wenn ein junges Frauenzimmer nur einige Preise
aus der Pension zurückbringt und zu ihren Acltern mit
Ein Pariser Arzt, Gauthier, hat unter dem Namen einem gewissen Anstand und mir guter Haltung, wie
Kullisthenie das in der Theorie ausgeführt, was der be man es nennt, wiederkömmt, dabev hübsch fingt und ar
kannte Oberst Amoros für die männliche Jugend ins Werk tig tanzt, und einige Gewandtheit in den Arbeiten mit
gesezt hat; er meynt, man habe vislicr trotz der großen der Nadel besizt, so mevnt man , sie könnte gar nicht bes
Fortschritte, die in der Erziehung seit einem Kalben Jahr ser erzogen seyn. Wenn aber dabcy ihr Körper nicht
hundert gemacht worden sind, gar zu wenig für die Gymna entwickelt wurde, und das Mädchen bleich, schwächlich,
stik der weiblichen Jugend gcthan. Cr bemerkt, daß man krämpfig und kränklich geblieben ist, so schreibt man das
in Erziehungsbäusern für Frauenzimmer gar nichts dieser Alles der ursprünglichen Anlage zu, so sagt man, es fehle
Art finde; kaum haben sie in ihren Erholungöstunden ei ihr an Kraft und Gesundheit, aber sie sey dagegen so
294
geistvoll, sie sey so gebildet! Auf diese Art konnte freylich dazu anhalten, und die Bemerkung der englischen Lehrer
die physische Erziehung der Frauen nicht vollkommner wer -der Kallisthenie, daß die jungen Frauenzimmer gewand
den, die Vorurthcile konnten nicht aufhören, da man ter und geschickter werden als die Knaben von demselben
unaufhörlich die alten Regeln, die bisherigen Bepspiele Alter und auch in denselben Uebungen weit raschere Fort
und die Erreichung jenes einzigen Zwecks im Auge schritte machen, ist gewiß beweisend dafür.
hatte. Wir fordern die Mütter und Lehrerinnen auf, un
An bessern Regeln fehlte es freylich nicht ; die Philo- fern Rath zu befolgen und ja nicht die Besorgnis? zu he
fophen haben ganz vernünftige vorgeschrieben «nd sie mit gen, als würden die Kinder abgemattet, wenn sie etwas
vielem Sindruck gepredigt. Auch die Aerzte unterstüzten lebhafte Spiele treiben. Durch die Kallisthenie geben sie
sie mit Gründen, die sie von der Kunde des körperlichen ihnen noch mehr als Leben und Unterricht, sie schenken
Baus hernahmen, und in der That ist nicht zu befürchten, ihnen Gesundheit, Stärke, bewahren sie vor Gebrechen,
daß die Verblendung bey dem gegenwärtigen Grade der bereiten sie vor, selbst Mütter von gesunden und kraft
Kultur dieselben noch lange von sich weisen werde. vollen Kindern zu werden, und so wird sich der günstige
Leider aber haben wir auf dem Festlande jezt noch wenige Einfluß weiter verbreiten, und das Vaterland wird ihnen
Beyspiele von Anwendung der Gymnastik ans die Erziehung bessere Geschlechter zu danken haben.
der Frauenzimmer ; dagegen sieh> man in England bereits (Die Fortsetzung folgt.)
die Fortschritte der Kallisthenie. In London ist sie in den
vorzüglichsten Erziehungshäusern angenommen, und die jun
gen Miß, die dazu angehalten wurden, erwarben dadurch Bilder aus Schrocden.
Grazie, Gewandtheit, Festigkeit in allen ihren Bewegun Von Wilibald Alexis.
gen, Stärke, bessere Gesundheit, und wurden dabey grös
ser; manche verloren dadurch gewisse sehr unangenehme (Beschluß.)
Mißbildungen, ohne daß je ein Unglück dabey geschehen Eines muß den Fremden erfreuen, «m fo mehr er
wäre. In Englands Hauptstadt ist der Unterricht in der freuen , je mehr er in andern Reichen das traurige Ge-
Kallisthenie zu einem Gewerbe geworden , das Leute von gentheil sieht; die Achtung für die Reliquien des alten
beyden Geschlechtern treiben ; auf dem Lande sind die He Stammes. Kein Name, kein Wappen ist verlöscht, keine
bungen noch in den Händen der Tanzmeister, aber die Bilder sind verboten, keine Bücher dcßbalb untersagt. Der
Bortheile, welche eine mehr methodische Anwendung die Wasaordcn wird noch fort und fort erthcilt. Man spricht
ser Kunst gewährt, sind zu sichtbar geworden, als daß mit Achtung und Anerkennung von den großen Regenten,
dieselbe sich nicht rasch weiter verbreiten sollte. von ihren wohlthätigen Institutionen. Ornäs selbst mit
Bey uns dagegen lernt man die Kallisthenie nur da seinem wohlerhaltenen Wasazimmer gibt davon ein Acug-
kennen, ,wo sich zufällig ihre heilsamen Folgen zeigen, niß; ebenso die wvhlthuende Fiktion von dem Forter
z. B. wenn in einer Familie mehrere Schwestern die ben des Geschlechts vermittelst einer Adoption. Man
selbe körperliche Konstitution besitzen und die Eine durch führe auch hier immerhin die Klugheit, die verschiedenen
besondere Umstände eine regelmäßige, alltägliche Leibes- Verhältnisse, ja die Nothwendigkeit an , ein kleinlicher,
übunZ hat und dabey stärker und kraftvoller geworden ist. ein gehässiger Sinn überwindet diese Rücksichten. Wie
Wir nennen Kallisthenie eine wohlberechnete, metho wohlthuend ist diese kluge Mäßigung z. B. im Gegensatze
dische und regelmäßige Anwendimg derjenigen Uebungen, zu Frankreich. Welche Parthey unter allen, die dort ge
wodurch die physischen Eigenschaften der jungen Frauen herrscht, wagte es oder war so klug, sich selbst zu ehren
zimmer am besten entwickelt werden , ohne daß dabey die durch Achtung der gestürzten Vorgängerin? Napoleons
Geisteskräfte in ihrer Ausbildung litten. Solche Ue Bilder, offen verkauft in den Pariser Bilderläden,
bungen erfordern nicht mehr Kräfte als die Frauen ge hätten den Bvurbons nicht geschadet ; unter der Hand den
wöhnlich haben, und außerdem ist dabc» durchaus keine Partisanen der Parthey verhandelt, werden sie ein Par-
Gefahr. , Die Bewegungen können in einem Alter statt thevzeichen , ein Hauch , der verstohlen hinfährt über die
haben, wo schon die Beweglichkeit an sich, wo die Leb glimmende Asche. Ein Bourbon , der so großartig dächte,
haftigkeit und daS Bedürfniß zur Thätigkeit ein Zeichen Napoleons Leiche aus Helena kommen zu lassen und ihr
sind, daß die Ruhe gefährlich werden würde. Ja bey den eine Gruft anzuweisen in dem Lande, dessen größter Feld
Mädchen scheint dieLeibcöübung nöthigcr zu scyn als selbst herr er gewesen , könnte den Thron seines Stammes auf
bey den Knaben , weil sie das Gewebe des Körpers dichter diese Gruft wieder fester gründen , als auf Cenfur, Jesui
und stärker macht, und die weiblichen Organe weicher und ten und Gensd'armen.
weniger kräftig sind. Anstatt die Uebnng bey den jungen Gustav Adolph iv mußte gestürzt werden, oder Schwe
Mädchen zu fürchten, sollte man sie so bald als möglich den selbst fiel. Darüber findet der Reisende die Urtheils
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feigen im ganzen Reich einig. Sein unbeugsamer Trotz, ner Abhandlung über die deutsche Literatur 17»« kommen
mit merkwürdiger Blindheit gepaart, ließ keinen andern die merkwürdigsten , ja wahrhaft prophetische Aeußerunge»
Ausweg zu. Man kann seine Thaten, oder mehr noch, vor. „Erst seit Kurzen, gewinnen die gebildeten Männer
was er nicht that, bey einem Regenten Wahnsinn nen Muth, in ihrer Muttersprache zu schreiben ; sie erröthen
nen. Sein Sturz steht auch nicht allein da in der schwe nicht mehr, Deutsche zu sepn." „Man dabnt sich den
dischen Geschichte. Frühere Bevsxiele geben dem Fall für Weg zum Parnaß wie zum Tempel der Wissenschaft."
Schweden gewissermaßen legitimen Charakter. Aber die „Wir werden unsere Klassiker haben, jeder wird sie lesen,
That bleibt That, und die Kränkung des Alterthums und sich darnach zu'bilden, unsere Nachbarn werden
des Besitzes geheiligter Rechte führt eine unheimliche Scheu deutsch lernen; denn wohl mag unsere Sprache in
mit sich. Sie umschwebt die, welche zunächst gewagt, das ihrer einst vollendeten Ausbildung sich durch guter Schrift
Heiligthum anzutasten, ein Instinkt, eine Scheu, zur steller Ruhm von einem Ende Europas zum andern ver
Wohlthat der Völker geboren. Auch den Dio» retteten breiten." Aber er sezt schmerzlich hinzu : „Wie Moses
nicht davon die großartigsten Motive. Doch eben dieser le stehe ich da und schave von Ferne das gelobte Land ; betre
gitimen Gesinnung ist es ein Trost, daß die neue Dynastie ten werde ich es nimmer."
ganz rein dasteht. Sie erntete nur die Zrüchte und über
kam keinen Theil der Schuld aus einer Staatsuniwäl-
zung, der sie ganz fremd geblieben. Darum, wie sie Korrespondenz-Nachrichten.
ohne Furcht rückwärts blicken darf, kann sie auch mu-
Pari«, 2«. Februar.
thig in die Zukunft schauen. Ein Gerücht in Stockholm
läßt den faktisch am tiefsten bep Karl Johanns Kronbe (Fortsetzung.)
steigung Gekränkten ihm bep dieser Gelegenheit gratu- Wenn man nun die vielen Säle de« Louvre durchgeht»
Kren. welche von Gemälden und Bildhaucrarbeiten stroyen, so mug
man sich über die außerordentliche Menge von Männern.
Gustav Adolph dem Vierten wird die Geschichte eine Frauen, Jünglingen und Mädchen wundern, welche in der Kunst
gew.sse Größe nicht absprechen. Aber rücksichtsloser Starr bewandert sind , so viel wenigstens , dag sie etwas zur Aus
sinn kann auch be, edeln Gemüthcrn zum Verderben füh stellung schicken können. Die meisten treibe» diese Beschäftigung
ren. Merkwürdig ist, daß der Raum an den Wänden als ihr Brodcrwerb ; die andern treiben da» Malen und Zeich
nen blos aus Liebhabcrc«, und diese sind die glücklichsten, denn
beS Wasazimmers in Ornäs mit den Portraits der Kö sie können diejenigen Gegenstände wählen , die ihnen am mei
nige bis zum lezten Gustav ausgefüllt ist, so daß kein Bild sten bel'agen , wogegen die andern oft ihrer anqcvornen Ne»
nis, eines Nachfolgers Platz fände. gung Zwang anwiin. und Gegenstände behandeln müssen, die
bey ihnen bestellt werden. Natürlich nehmen hievon die
Porträts den Haupttheil ein ; dieß erkennt man auch schon bey
der Ausstellung , wo ei» Schwärm von Gesichtern , häßlichen
Gaben des Augenblicks. und schönen, dem Zuschauer entgegcnblickt, und wie viel «»-
dere mögen nicht abgewiesen worden seyn! Nimmt man aber
Bon vr. W. B. Mbnnich. ein Duftend vorzüglicher Stücke dieser Art auS, so bleibt nicht«
übrig ol« ein Troß, der höchsten« zur Erbauung der Familien
Es ist leins der gangbarsten Vorurtheile, welches Fried dienen kann, der Kunst aber völlig fremd ist. Indessen müs
rich dem Großen vorwirft, er habe aus einseitiger Licb- sen die Künstler sich doch wohl mehr als sonst de« Treffens
haberey für die französische Literatur der deutschen nie befleißen , denn manche Gesichter sind ausnehmend häßlich ; nun
die verdiente Anerkennung erwiesen. Nichts ist ungerech weiß man aber, daß e« dem Maler nimmer übel genommen
wird, wenn er die Züge ein wenig verschönert. Leider haben
ter. Freplich liebte er die französische Literatur und aus dieftmal auch mehrere ausgezeichnete Maler. alS Gerard, He«
gutem Grunde ; denn was war die deutsche zu Friedrichs senk ». a. nichts geliefert als Porträts (Ge'rard daSieniqe des
Jugendzeit, da er seinen Geist und Geschmack zu bilden weltberühmten, allgemein bedauerten Laiming). Einige Eng
suchte ? Daß er bep den ersten Regungen zum Bessern sich länder haben auch an dieser Ausstellung Theil genommen, nicht
mit historischen, sondern mit kleinen Darstellungen aus dem
nicht sogleich dafür begeisterte, war weise; daß er aber häuslichen Leben ; unter andern Kar einer einen wunderschönen
dennoch auf jede bedeutende Offenbarung des auflebenden Knabe», den Sohn des Parlamentsmitgliedes Lamb darge
Geistes in Deutschland ein aufmerksames Auge richtete, stellt , und dieses kleine Bild ist allgemein bewundert worden ;
ja sie mit Liebe und inncrm Frohlocken begrüßte , ersieht der Knabe soll den Eltern schon durch den Tod entrissen wor
den seyn ; solch ein wunderschöne« Kind gehörte auch in da«
man aus manchen Stellen seiner Schriften. So äußerte Engclrc«ch ; man hat dieses Bild sogleich auf Stein gezeichnet
er schon 177Z in einem Briefe an Voltaire: „Der Ge- und durch de» Druck bekannt gemacht; ebenso zwey andere
fchmack an den Wissenschaften fängt an, sich zu verbreiten, kleine Gemälde, le sovvenir «i I« re^rot, zwcv niedliche
und man muß erwarten, daß die Natur nun wahre Genies Stücke, welcde auf eine sinnreiche Art die Einpsinbungeii einer
Frau oder eine« Machen« zu verschiedenen Zeiten anidrückcn.
hervorbringen werde. Das Land, welches einen Leibnitz Dergleichen Kompositionen sprechen Jedermann an, und es
gebar, kann wohl noch mehrere seiner Art erzeugen." In sei ist daher »orauSjnsehen , daß die lirhographirtcn Blätter, wenn
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sie anders gut ausgeführt sinb , großen Absatz haben werben. stellt; besser wäre es gewesen, man hätte sie dem Antiken?««
Es sind einige ül'craus große Heiligenbilder bev der Ausstel binette übergeben, das eigentlich für dergleichen Altcrthümer,
lung, die meistens von dc» Kirchen bestellt worden sind; we- die mehr einen historischen als eine» Kunstwcrth haben, be«
«ige bat das Ministerium verfertigen lassen; allein aujier ei» stimmt ist ; allein das Antikcnkabinett ist ein Eigcnlhmn des
nein heil. Stephanus sind diese große» Stücke nicht zum Be StaatS ; dcßhalb hat man die neucrworbene» Schätze auch
sten gerathen ; man sieht es wohl, das Legcndenmalen gehört in dem königl. Louvrepallaste gelassen. I» den großen Sälen
nicht mehr zu de» Beschäftigungen unserer Künstler , ihr ein: dieses Pallastes nehmen sich die egvptischen Figürchen und Lum
fälliger Glaube ist dahin ; auch haben sie zu wenig Gelegen: pen sonderbar aus ; man sieht die bemalten Decken mit breiten
Kcit sich an so großen Gemälden zu üben ; da die Gemächer klei vergoldete» Rahmen , marmorne Kamine mit hohen Spiegeln,
ner sind als ehemals, müssen auch die Gemälde. diezuWand- marmornen Säulen , prächtige Glasschränke , und wenn man
vcrzierungen dienen solle» , kleiner fcvn , folglich wird über zu diesen hinzutritt, erblickt man mir Erstaunen alte Schuhe,
haupt nach einem kleiner» Maßstab gemalt, und in diese» klei Feyen von Muinicnwindcln und dergleichen. Wie würden die
nen Gemälden besitzen die französischen Künstler auch weit alten Sguptier gestaunt haben , wenn man ihnen gesagt bätte.
mehr Gewandhcit. Das Schlachtenmajen ist glücklicherweise daß ibrc alten Lumpen nach Jahrtausenden in königl. Pallasten
seit der Napoleonfchen Regierung ziemlich abgckoimnc»; man wie Kleinodien aufbcwabrt werden würden !
siebt säst gar keine solche Metzcleve» mebr, wie sie vormals (Der Beschluß folgt.)
bey den Ausstellungen sich in allen Winkel» des Saales dar
böte». Man hatte den Malern eine vortreffliche Gelegenheit London.
gegeben, ihre Geschicklichkeit im Plafondmalen an den Tag Das Joch, das Spanien seinen südamerikanischen Kolonien
zu legen , indem man ihnen zebn Säle des Louvre , die neu
geschmückt worden sind, zum Bemalen der Decke» übergeben in politischer und moralischer Hinsicht auferlegt hatte , war
desto schimpflicher für Spanien selbst , als es seine Völker der
hatte. Jeder hat fein Sujet fo fleißig und kunstreich bearbei Rohhcit und UnwisscnKeit nicht nur nicht entreisscn wollte,
tet, als möglich war , und dennoch ist diese Arbeit fast ganz sondern
mißratbcn. Die guten Leute haben nicht bedacht, daß ein Unterschied jezt aberselbst nicht konnte. Dies, weiß man zwar längst,
zwischen einem Wandgemälde »ub einem Deckengemälde seyu losgesagt haben die , da
,
Töchter sich von der unnatürlichen Mutter
zeigt es sich im grellsten Lichte. Nachdem
muß . und daß man nicht zu einem über unserm Haupte be die Zungen Staate» die politischen Fesseln zerbrochen , erwacht
findlichen Gemälde so leicht hinaufschauen kann, als man zu ei in ihnen das Bedürfniß, sich auS der Finsterniß emporzurin-
ner Wand hinschaut , der man gegenübersteht. Bisher hat gen, und die Regierungen sind darauf bedacht, durch Einfüh
te» alle diejenigen, welche große Deckengemälde auszuführen rung
hatten , ihre Komposition so angebracht , daß man dieselbe von nen. populärer Schriften die Erziehung des Volks zu begin
Aber das Mutterland und die Muttersprache vermochten
allen Seiten leicht beschauen konnte; auch stellte die Decke mei
stens de» Olympus, den Himmel, das Firmament», s.w. vor, nicht ihnen biczu die Mittel zu liefern, und sie mußten sich
und dje Figuren waren meistens schwebend dargestellt. Allein darum an ein Volk wenden , das feine später angelegten Ko
an den neu bemalten Decken der Louvresälc ist man anders lonien früher verlöten hatte, weil es Unwissenheit und Bar
bar«) nicht als politische Fesseln brauchen mochte. Von Eng
verfahren; Kier ist kein Owmpus, kein Orkus, 'die Figuren land ans wird nun bekanntlich eine Menge von Volksschriftcn »ach
flehen oder sitzen in Palläflcn, Zimmern und dgl. Um die Südamerika eingeführt , und am tbätigsten dabcv ist der Buch
Schönheiten dieser Gemälde bewundern zu können, müßte man händler Akermann in London. Aber auch die Gebildeten und
sich erst auf eine gewisse Seite stellen, um sie recht ins Auge zu Halbgebildeten in diesen
fassen, und sich dann platt auf den Boden niederlegen und ferne Zukunft ihnen eine jungen Staaten müssen sich, biSeine
eigene Literatur schafft , einer frem
die Augen zur Decke erheben ; vielleicht gelänge es dem Zu
schauer alsdann , das ganze Talent , das die Maler in diese den in die Arme werfen, denn auch hier kann ibnen ja das neue
Spanien nichts bieten. Ein Brief Simon Bolivars an den
Deckenmalcrcnen gelegt Kaden, zu fassen. Da dicß'abcr nicht Buchhändler
wohl thunlich ist , so wird wahrscheinlich diese Verzierung nie uninteressant Akermann scvn.
möchte in diesen Bczicbirngcn nicht ganz
genau beurtbcilt und geschäzt werden. Die Leute, die in den
Sälen bin und her spazieren, drehen sich auf die wunderlichste Bogota, 1«. See. 18Z7.
Weise Kerum, um das Glück zu genießen, jene Gemälde recht Mein Herr!
ins Auge zu fassen , und können nur mit großer MüKe dazu Zugleich mit Ihrem angenehme,: Schreiben vom Zg. Juli, daS
gelangen ; dann nimmt es sich auch sonderbar aus , Palläste mir so eben erst zugekommen ist, hatte ich das Vergnügen,
und Häuser und Säulen quer über dem Kopfe zu habe». Vers das ungemein schöne Ercmplar deS Canto de I. zu erkalten, wo
mutklich ist es de» Malern nicht bequemer gefallen, die Dinge mit Sie so gütig waren, mich zu beschenken , und da« ich auch
zu malen , als den Zuschauern, dieselben zu betrachten ; denn mit Freuden anncbnic. Der Eifer, mit de,» Sie in den neuen
sonst hätten sie doch wohl bessere Arbeit geliefert ; sogar der Staaten von Amerika alle Erzicbungsschriftc» zu verbreiten su
Baron Gros, einer der ersten Maler Frankreichs, der sich chen , wodurch unsere Jugend einer höheren Bildungsstufe «>t-
durch !>as schöne Kuvpclgcmälde in der Genovcfenkirche den Ba- gcgcnqeführt werden kann, ist sehr lobenSwürdig. Mit wab»
ronstitcl erworben hat. und durch feine großen historischen rem Vergnügen versichere ich Sie , daß diese Schriften be« uns
Gemälde berühmt ist, hat dicßinal gepfuscht wie die andern ; allgemein eine günstige Aufnahme finden und mit großem Ei
nur der einzige Horaec Vernet bat eine leidliche Arbeit gelie fer gelesen werbe». Recht sehr bankbar würde ich scyn, wenn
fert, obschon er nicht halb so viel Zeit zu seiner Arbeit ge Sie mir ein Sremplar von allen Werken, welche in Ihrem
braucht hat als die andern. — Eine Reibe neuer Säle im Louvre Katalog enthalten sind, znsenden wollten. Haben Sie die Güte
ist mit den verschiedenen Sammlungen von Alterthümern an dieselben an mich nach Caraccas zu richten , von wo aus man
gefüllt, welche der König auf eigene Kosten (nicht mir Staars- mir solche, wo ich auch seyn mag, zukommen lassen wird.
gcldern) angekauft hat. und die nunmehr z» den vielen Kunst- Ich verharre
schätzen des königl. Museums geboren. Man bat dieselbe in Ihr gehorsamster Diener
großen Schränke» von Mahagoniholz mit Vergoldungen ausge Bolivar.
Verlegt von der I. G. Co tta 'schen Buchhandlung.
75.

Mo r g e n b l a t t

gebildete Stände.

Donnerstag, 27. Mirz 1 8 2 s.

Wik unser Sang ei» beständige« Fallen ist zur Rechten und zur
Linken, und wir dennoch mit jedem Schritt weiter kommen, so ist
tcr ,Zr«schrltt der Kultur in Menschenqcschl.-chkern «nd Völkern. En»
zeln vnsucven wir «ft devderley Gktreme , vi« wir zur riwige» Mitte
gelaugen, wie der Pendel i» vcyden Suten yinauSstyl^gt.
Herder.

Die jetzigen Engländer. fahren schaarenweis nach Frankreich, um dort spreche»


und sich bewegen zu lernen , und vey ihrer Rückkehr sieht
Bon H. Heine. man mit Erstaunen, daß ibvcn die Zunge gelöst ist, daß
Unter den Bogengängen der Londoner Börse hat jede sie nicht mehr wie sonst zwev linke Hände haben, und nicht
Nation ihren angewiesenen Play , und auf hochgesteckten mehr mir Beefsteak und Plumpxudding zufrieden sind.
Täfelchen liest man die Namen : Russen, Spanier, Scbwe- Ich selbst habe einen solchen Engländer gesehen, der in
den, Deutsche, Malteser, Juden, Hanseaten, Türken Tavistock-Tavern etwas Zucker zu seinem Blumenkohl »er-
v. s. «. Vormals stand jeder Kaufmann unter dem Tä langt hat, ein« Ketzerev gegen die strenge anglikanische
felchen, worauf der Name seiner Nation geschrieben. Küche, worüber der Kellner fast rücklings fiel, indem ge
Jezt aber würde man ihn vergebens dort suchen ; die Men wiß feit der römifche« Invasion der Blumenkohl in Eng
schen sind fortgerückt, wo einst Spanier standen, stehen land nie anders als in Wasser abgekocht und ohne süße Au
jezt Holländer, die Hanseaten traten an die Stelle der that verzehrt worden. Es war derselbe Engländer, der,
Juden, wo man Türken sucht, findet man jezt Russen, die obgleich ich ihn vorher nie gesehen, sich zu mir sezte und
Italiener stehen, wo einst die Franzosen gestanden, so einen so zuvorkommend französischen Diskours anfing, daß
gar die Deutschen sind weiter gekommen. ich nicht umhin konnte, ihm zu gestehe», wie sehr es mich
Wie auf der Londoner Börse, so auch in der übrigen freue, einmal einen Engländer zu finden, der nicht gegen
Welt sind die alten Täfclchen stehen geblieben, während den Fremden zurückhaltend sey, worauf er ohne Läcteln
die Menschen darunter weggeschoben worden und andere an eben so frevmürhig entgegnete , daß er mit mir spräche,
ihre Stelle gekommen sind, deren neue Köpfe fedr schlecht um sich in der französischen Sprache zu l'iden.
passen zu der alten Aufschrift. Die alten sterevtvpen LH«: Es ist auffallend, wie die Franzosen täglich nachdenk
rakteristiken der Völker, wie wir solche in gelehrten Kom licher, tiefer und ernster werden, in eben dem Maaße,
pendien und Bierschenken finden, können uns nichts mehr wie die Engländer dahin streben, sich ein legeres, ober-
nutzen und nur zu trostlosen Jrrthümern verleiten. Wie flächliches «nd heiteres Wesen anzueignen ; wie im Leben
wir unter unfern Augen in den lezten Jahrzebnten den selbst, so auch in der Literatur. Die Londoner Pressen
Charakter unserer westlichen Nachbaren sich allmählig um sind vollauf beschäftigt mit fafhionablen Schriften, mit
gestalten sahen, so können wir, seit Aufhebung der Kon Romane», die sich in der glänzenden Sphäre des High
tinentalsperre, eine ädnliche Umwandlung jenseits des Ka- Life bewegen oder dasselbe abspiegeln, wie z. B. 4!«»l<s,
nales wahrnehmen. Steife, schweigsame Engländer wall Vi>i,o Ore^, Iremaine, tke Ou,rck», klirt»lio», welcher
2Y3
leztere Roman die beste Bezeichnung wire für die ganze schein«»« und innere Denkweise dieser bevden Partheye»
Gattung, für jene Koketterie mit ausländischen Manieren der Geschichte nachgeschaffen, und es sey ein Zeichen seiner
und Redensarten, jene plumpe Feinheit, schwerfällige Dichtergröße, daß er, vorurthcilsfrcv wie ein richtender
Leichtigkeit, saure Süßelev, gezierte Rohheit, kurz für Gott, Heyden ihr Recht anthut und verde mit gleicher
das ganze unerquickliche Treiben jener hölzernen Schmet Liebe behandelt. Wirft man nur einen Blick in die Bet
terlinge, die in den Sälen Westlondons herumflattern. stuben von Liverpool oder Manchester und dann in die
Dagegen welche Literatur bietet uns jczt die französi fashionablen Salons von Westlondvn, so sieht man deut
sche Presse, jene ächte Repräsentantin des Geistes und lich, daß Walter Scott blos seine eigene Zeit abgeschrie
AZillens der Franzosen ! Wie ihr großer Kaiser die Muße ben und ganz heutige Gestalten in alte Trachten geklei
seiner Gefangenschaft dazu anwandte, sein Leben zu dikti- det hat. Bedenkt man gar, daß er von dereinen Seite
ren , uns die geheimsten Rathschlüsse seiner göttlichen als Schotte selbst durch Erziehung und Nationalgeist eine
Seele zu offenbaren und den Felsen von St. Helena in einen puritanische Denkweise eingesogen hat, auf der andern
Lehrstuhl der Geschichte zu verwandeln , von dessen Höhe Seite als Tory, der sich gar ein Sprößling der Stuarts
die Zeitgenossen gerichtet und die spätesten Enkel belehrt dünkt, von ganzer Seele recht königlich und adelthümlich
werden , so haben auch die Franzosen selbst angefangen, die gesinnt seyn muß , und daher seine Gefühle und Gedan
Tage ihres Mißgeschicks, die Tage ihrer politischen Unthä- ken beyde Richtungen mit gleicher Liebe umfassen, und zu
tigkeit so rühmlich als möglich zu benützen ; auch sie schrei gleich durch deren Gegensatz neutralisirt werden, so er
ben die Geschichte ihrer Thaten ; jene Hände, die so lange klärt sich sehr leicht seine Unpartheyllchkeit bc» der Schil
das Schwert geführt, werden wieder ein Schrecken ihrer derung der Aristokraten und Demokraten aus Cromwcls
Feinde, indem sie zur Feder greifen, die ganze Nation Zeit, eine Unpartheylichkcit, die uns zu dem Jrrthume
ist gleichsam beschäftigt mit der Herausgabe ihrer Memoi verleitete, als dürften wir in seiner Geschichte Napoleons
ren, und folgt sie meinem Rathe, so veranstaltet sie noch eine eben so treue l»ir xl«? . Schilderung der französischen
eine ganz besondere Ausgabe «S u,«m velxKiai mit hübsch Revolutionshclden von ihm erwarten.
kolorirten Abbildungen von der Einnahme der Bastille, (Der Beschluß folgt.)
dem Tuilleriensturm u. vgl. *).
Habe ich aber oben angedeutet, wie heut zu Tage die
Engländer leicht und frivol zu werden suchen, und in jene
Affenhaut hineinkriechen , die jezt die Franzofen von sich Ueber Kallisthenie und Gymnastik des
abstreifen , fo muß ich nachträglich bemerken , daß ein sol schönen Geschlechts.
ches Streben mehr aus der Nobility und Gcntry, der
vornehmen Welt, als aus dem Vürgerstandc hervorgeht. (Fortsetzung.)
Im Gegentheil, der gewerbtreibende Thcil der Nation, Bey den Alten war Gymnastik die Kunst zn laufen,
besonders die Kaufleute in den Fabrikstädten und fast alle zu springen, zu ringen, den Wurfspieß und den Diskus zu
Schotten, tragen das äußere Gepräge des Pietismus, ja werfen. Ihr Zweck war, den Körper sehr stark zu ma
ich möchte sagen Puritanismns, so daß dieser gottselige chen, was sich ganz gut dadurch erklärt, daß in den ersten
Thcil des Volkes mit den weltlichgesinnten Vornehmen Zeiten der menschlichen Gesellschaft die physische Kraft der
ans dieselbe Weise kontrastirt wie die Kavaliere und Stutz erste Schutz der Familien und nachher die einzige Vcrthci-
köpfe, die Walter Scott in seinen Romanen so wahrhaft digung dcr Nationen, mithin der wichtigere Zweig der
schildert. Man erzeigt dem schottischen Barden zu viele Erziehung fenn mußte. Die Gymnasien mußten vor den
Ehre, wenn man glaubt, sein Genius habe die äußere Er- Akademien vorhanden gewesen seyn. Die Griechen und
Römer hatten alle Mittel aufgesucht und in Anwendung
Bc» Erwähnung dieser geistigen Umwälzung in Frank gebracht, um die Entwicklung der Stärke und Gewandt
reich denkt Jeder gewift an die schönen Name» : Cousin, Jouft heit bey den jungen Leuten zu befördern, und dadurch
fro«, Guizot, Vavante . Tl'io'rry, Tlnr'rS, Mignct :c. ; aber derbe und regsame Männer, furchtbare Gegner für ihre
ich liabc weit mcl'r im Auge die Jugend des neuen Frankreichs, Feinde zn bilden. Die Gymnasien waren für den Staat
als deren Organ ich den Kloii» betrachte, eine seit mehreren
Jabren in Paris erscheinende Zeitschrift, worin junge Demokra kostspielige Nationalanstaltcn ; für die Spiclc und Kämpfe
ten der Wissenschaft, gcmcinsinnig und citclkcitslos, die Re bestanden besondere Vorschriften ; geehrte Beamte waren
sultate il'rcr Forschungen niederlegen , oft sogar das Forsche» dabey Vorsteher, und die Sieger erhielten Preise zur
seli'st, indem sie die Preisfrage» bcS Menschengeschlechts, I'oeckre Belohnung.
llu joui-, oder besser gesagt I'orör« cku »iecl« klar ausspre
chen , die Wcltl'ülfslircralur genau diktircn . die Vorarbeiten Ju unfern Tagen bietctdie Gymnastik bcynahe gar keine
aller Nationen gcbrauchbar machen, und gleichsam das Zusam- äußere Vorthcile mehr. Durch das Schießpulver haben die
mcnstudircn einer ganzen Generation großartig erleichtern. Gefechte ein ganz anderes Vcrhältniß crhaltcn, die Stärke
29?
ist weniger nötbig ; man bedarf vielmehr der Geschicklich terzöge«. Dadurch wurden sie stärker, ihre Organe wur
keit und Gewandtheit ; an die Stelle der gymnastischen den fester und derber ; nie werden sie etwas von den Ge
Hebungen traten andere weniger gewaltsame , und bald breche» erfahren, welche Folgen der Weichlichkeit und Un
sah man keine Spur mehr von den alten Anstalten. Frey: thätigkeit sind. Aber die Mütter werden es nicht zuge
lich war das ein großes Uebel. Zwar mögen Märsche und ben wollen, daß ihre Töchter Uebungen vornehmen, de»
Gegenmärsche und die zwölf TemxoS die Gesundheit deö denen sie Gefahr sehen, und dagegen einwenden, man könne
unterkalte» und seine bereits erworbene Kraft jene ländliche Gesundheit nicht erlangen, ohne dir Grazie
>; aber meistens ist er schon in dem Älter, «« zu verlieren, welche die Frau besitzen soll, welche bestimmt ist,
Starke und Gewandtheit nicht mehr sehr viel zunehmen, in der großen Welt zu leben und ohne jene Empfindsamkeit
auch sind diese Ucbungcn nicht lebhaft genug, um die Kör zu unterdrücken, deren ein junges Frauenzimmer zu der
perhaft bedeutend zu steigern. Die Gymnastik zweckt daher Art von Erziehung bedarf, womit sie in der Gesellschaft
gegenwärtig nur auf Kraft und Gewandtheit ab, fo weit auftreten soll. Darauf antworten wir, daß es rben so
sie zur Gesundheit nithig sind, aber die Entwicklung der widersinnig wäre, aus einem schwächlichen, zartgebauten
Geisteskräfte nicht stören. Eine solche Art von Gymna und allzureizbaren Mädchen ein derbes Weib machen zu
stik aber laßt Regeln zu, welche ausschließlich auf die wollen, als unmöglich, einer groben Bäurin zartes
Frauen anwendbar sind. Gcfül'l einzuflößen. Aber möglich ist es und uothwendig,
lieber die Gymnastik des anderen Geschlechts besaßen den junge» Mädchen eine gute Konstitution zu geben,
wir bisher keine besondere AdKandlung ; selbst das AI- und darunter verstehen wir gesunde Organe, stets freye
terthum, das so reich war an gymnastischen Anstalten, und leichte Bewegungen, hinlängliche Kräfte um zu ver
hatte keine für dasselbe. Zwar rangen die spartanischen hindern, daß ihre Empfindsamkeit nicht in fehlerhafte
Mädchen auf dem Kampfplätze im Bcvseyn der Obern und Reizbarkeit ausarte, jedoch keine solche Stärke, daß darun
des Polls. Auch bey uns sieht man noch bisweilen Mäd ter die Zartheit verloren gehe, ohne welche es weder Gra-
chen und Frauen bey Spielen und Festen um Preise zie noch Schönheit gibt ; kurz, wir wollen die Frauen G»n>:
w Stärke und Gewandtheit ringen , aber der regel ^nastik lehren, aber die Gymnastik, welche für ihren physi
mäßige und methodische Unterricht in den Uebungen war schen Bau, ihre Natur, ihren Charakter paßt.
immer den Männern vorbehalten. Die Alten waren zu (Die Fortsetzung folgt.)
gute Beobachter, um nicht einzusehen, daß die Frau ver
möge ihres schwächern Baus und ihrer bcsondern Bestim
mung keineswegs für die starken Kraftänßcrungen des
Mannes gemacht ist; jedoch fo gegründet diese Bemer Korrespondenz-^ ! achri chte n.
kung seyn mag, so folgt daraus keineswegs, daß die Leipzig, Mär,.
Frauen in Unthätigkeit hingehalten werden sollen; diesem
Jrrihum sind alle Uebel zuzuschreiben, welche die Frauen Seit Ende des Januar hatte baS rc^itirte Schauspiel auf
unserer Bühne ein entschiedenes Uebergewicht, welches theilS in
in unsrrn großen Städten quälen ; da liegen sie in träger der Beschaffenheit des gegenwärtige» Opcrnpersonals . tlieils
Gemächlichkeit, verwahrt gegen Kälte und Wärme, gegen i» mehreren Gastspielen seine» Grund harre. Zuerst trat Frau
Luft und Licht, sie scheuen Alles, sie vermeiden Alles, Birch-Pseifer in mclxrercn Rollen auf. durch welche wir ihr
Alles thut ihnen wehe ; die geringste Bewegung ermattet bedeutendes Schauspieltalcnt kennen lernte»; dann besuchte uns
Hr. L d w e aus Mannheim , welcher früher Mitglied des hie
sie, die mindeste Ortsvcränderung, die sie vornehmen sol sigen Stadtthcarers war.
len, macht ihnen bange, und doch kenne» sie die Ursache Die Leistungen der Frau B i r ch - P fc i fe r haben uns mit
eines so unerträglichen Austandes gar wohl. Sollten sie grober Achtung für ein Darflellungstalcnr erfüllt , welches sie
sichanch deßhalb noch täuschen, so dürfen sie nur die star i» die Reibe der ersten jczr lebenden Schauspielerinnen stellt. Ei»
gebildeter Geist , wie er in diesem Gebiete nicht zu häusig an
ken Päurinnen in der Nähe ihrer Schlösser nnd Parks an- zutreffen ist , gibt diesen Leistungen ein tieferes Interesse , und
seben ; diefe sind lebhaft, behende, lustig, ihre Bewegun zieht den gebildete» und aufmerksamen Zuschauer auch da an,
gen werden ihnen leicht, ihre Gesichtsfarbe ist frisch, ibrc wo die Erscheinung ihrer Krastnatur der Rolle nicht ganz ent
Sßlust immer gut; sie wissen nichts von Schmerzen, sprechend zu scn» scncint. Dicß leztere war der Fall mit der
..Johanna von Orleans." In dieser , von ibr unstreitig imt
noch von Müdigkeit, trotz ihrer rastlosen Bewegung bey Geist und Virtuosität aufgcfaötcn Rolle harre offenbar die Seite
jeder Witterung. Was gab ihnen denn eine solche der Kriegeri» das Uebergewicht . wie wir denn in der sclrenc»
Stärke und Gesundheit? die Gymnastik, die sie, ohne Vereinignng der begeisterten Kriegen» und des unschuldigen
es zu wissen, in ihrer Kindheit und in ihrer Jugend ge Hirtenmädchens „och immer der tresflichen Müller i» Wie»
de» Preis zuerkennen. Z» stark war offenbar der Ausdruck
trieben haben. Seit sie die ersten Kinderschritte sicher der Abneigung vor der Werbung ces DünoiS und la Hirc,
tlmn konnten, haben sie unanfhörlich entweder sehr leb- und wen» nicht in dieser Scenc , we,S so klar in wr ausge
oder sich den härtesten Arbeite» un sprochen ist, auch ron der Schauspieler», gleichsam inSprachcund
Geberbe gesezt wirb, (nämlich ber Glaube, baß die reine aber behauptet, das Gerücht se« grundfalsch; diese Verneinung
Jungfrau sie zu einem höher» Geschäfte berufen Kode) so ist frcylich kein Beweis; indessen ist es doch wahrscheinlich, daß
geht eine der wesentlichsten Seiten ber Rolle verloren, welche der Betrug, wenn »r wirklich stattgehabt hätte, weit eher
mit Johannens Weiblichkeit zusammenhängt. Von dieser reli entdeckt worden seyn würde, da die Sammlung schon seit eini
giösen Begeisterung , welche Johannen« Seele ist , muß auch gen Jahren in Europa ist. Vielleicht aber hat irgend ein
jede Acußerung derselbe» ihre Weihe empfange», und der stärk? pfiffiger Kopf, der mir den Schlichen der Araber vertraut ist,
fle Ausbruch derselben muß auf diese Weise iinmer noch von eis an irgend einem Kennzeichen entdeckt, daß hier getrocknete Lei
ner männlichen Aeußerung verschieden seh». Außerordent chen von Arabern mit im Spiel sind. In welchem Antiken?«-
lich gelungen fanden wir die Einleitungsscene, in welcher sich binette Europas finden sich nicht verfälschte Alterthümer vor?
blos das mimische Talent zu entwickeln Gelegenheit hat. Ges wenn die Vorsteher auch die erfahrensten Leute von der Welt
wohnlich wählen hier die Darstellerinnen eine Stellung, in wel sind, so werden sie doch einmal hinter das Licht geführt. Glück
cher sie weder «uf die Länge ungezwungen ausdauern, noch lich sind sie noch, wenn sie nicht gar Abhandlungen über die
gegen Vater und Geschwister in dem gehörigen Verhält»!)! vorgebliche» Alterthümer ans Tageslicht bringen , und dadurch
bleiben können. Frau Birch -Pfeifer hatte eine sitzende Stel ihre Leichtgläubigkeit erst recht beurkunden. Auf die egypti-
lung gewählt, welche einen Wechsel der Gcberdcn erlaubte, schcn S.ile folgen einige andere , die mit Alterrhümern auS
und sie wendete diesen Wechsel an der rechten Stelle des Dia dein Mittelalter und mit sogenannten etruskischen Basen an
logs so natürlich an, daß in den einzelne» Momenten dieser gefüllt sind. Diese Dinge sind auf eine sonderbare Art verei
Scene nur verschiedene Grade geistiger Vertiefung wahrnehm nigt worden ; indessen gewähren sie doch eine genußreiche Aus
bar waren. Zu dem Trefflichsten Kiefer Darstellung gehörte die genweibe. Die Stück« aus dem Mittelalter sind meistens Gc-
Scene vor dem Könige, in welcher die Seherin spricht; die fässe von Fayence , einige emaillirt und künstlich bemalt. Es
Erzählung von ihrer Berufung wurde mit ungeziertcm Aus ist gut, baß man endlich angefangen hat dergleichen Stücke,
druck vorgetragen, der allein hier Glauben bewirken kau». deren Frankreich manche und schöne hervorgebracht hat , zu
Dieselbe Einfachheit fordern wir auch da, wo daS Schwert und sammeln ; bisher war, so viel ich weiß, außer der Sammlung
die Fahne beschrieben wird, welche Johanne tragen sott; denn in der kbnigl. Porzellanfabrik zu Sevrcs, keine ähnliche ver
die Beschreibung ist hier nicht um ihrer selbst Witten da , son anstaltet worden. Erst jezt kann man mit Sachkenntnis dar
dern sie ist abhängig von ber Ansicht , daß Johanne alles, was über urtheilen , wie weit im Mittelalter die Fayence und
sie thun soll, von einer göttlichen Macht vorgeschrieben Emailarbeit in Frankreich gediehe» war; es wäre wohl ber
ist , die damit zugleich ihre Einwirkung bestätigt. An einigen Mühe Werth, diesen Gegenstand zu einein besondern Studium
Stellen kam es uns vor, als könne Frau Birch-Pfcifcr ber Lok- zu wählen. Zulezt kommen die Säle mit den etruskischen
kung, die besonders skr eine Gaflfviclerin groß zu seyn scheint, Vasen. Unstreitig besizt das königl. Museum jezt eine der
durch Hervorhebung gewisser Kraftworte auf da« Publikum zu größten und reichsten Sammlungen dieser Art ; durch de» An
wirken, nicht ganz widerstehen, z. B. bcy dem Verse: kauf der Durandschcn Sammlung besonders ist es der Regie
„Und einen Donnerkeil führ' ich im Munde." rung gelungen, sich in den Besitz mancher schönen Vasen zu sc,-
Ist die Künstlerin von jener Begeisterung , von welcher Jo zen, welche auS verschiedenen Privarkabinctten allmählig in daS
hanne spricht , wirklich durchdrungen , dann wirkt diese Stelle Durandsche übergegangen waren , und wovon die meisten in
gewiß für sich; ein starkes, absichtverrathenbes Hervorbeben großen Prachtwerken beschrieben worden sind. Zwar befinden
kann dagegen ihre Wirkung bev dem gebildeten Zuschauer nur sich auch eine Menge Tbpfchen darunter, die eben nicht vor
schwächen. züglicher sind als die Töpfchen unserer Apotheken oder unserer
(Die Fortsetzung folgt.) Haushaltungen ; allein der Vollständigkeit und beS AlterthumS
halber hat man sie sorgfältig mit den größer« Vase» zusam
Paris, 24. Februar. mengestellt, und hier erblickt man fast iinmer wenigstens rein
(Beschluß.) liche Ausführung , geschinackvvlle oder zweckniäßige Gestaltung,
u. s. w., wogegen die egyptische» Alterthümer oft nichts als
In den lezten Jahren haben egyptische Alterthümer in plnmpe Dinge sind, die wahrlich nur, weil sie von einem so
Europa ihre Seltenheit verloren ; daher auch die , von Salt uralten Volke herstammen , einige Aufmerksamkeit verdienen.
gesammelten und an den König von Frankreich abgetretene» Die großen Statuen und die Leichensteine , deren eine Menge
jezt weit weniger Interesse haben, als sie vor zwanzig Jahre» in der Saltschen Sammlung vorhanden waren, sind in den egyp
gehabt, haben würben; das Meiste, was sich hier vorfindet, be tische,, Sälen nicht aufgestellt worden, vermnthlich wird man sie
fand sich auch in der Drovettischen , in der Passalacquaschen in dem untern Geschoß, welches ganz bev antiken Bildhauer«) ge
und in andern Sammlungen. Da sind goldene Halsketten mit widmet ist, zusammenstellen. Den berühmten Stein aus Denderah
Korallen und bunten Steinen, Armspangen, wovon einige mit dem eingehauenen Zodiakus, über welche» so viel und so ge
ziemlich den jetzigen gleichen , Papyrus mit Hieroglyphen und lehrt geschrieben woröc» ist, hat das Museum an die königl.
»Figuren, bemalte Bretter, Gbuenbildchcn miö Statuen, allerlei) Bibliothek abgegeben, an welcher sich ebenfalls ein Antikcnka-
Hausgeväth, Töpfe von egyptischer Breccia, denen Jbisköpfe zu binctt befindet. Alle biefe neue» Erwerbungen von Alt/rtbü-
Deckeln dienen , Mumiensärge , allerlcy mythologische Darstel mcrn haben sehr bedeutende Summen gekostet; allein sie sind
lungen, und eine Reche eingeschlossener und auswendig be ein neuer und lehrreicher Genuß für die Pariser und für die
malter Mumien. Die Zeitungen haben behauptet, einige Tage Fremden, welche hieher kommen, und gewiß ist das Geld, das
nach ber Eröffnung der Ausstellung sey ein unausstehlicher sie gekostet haben , besser verwendet als manche andere Ausga
Gestank in dem Saale, in welchem die Mumien ausgestellt sind, be, die dem Publikum nicht zu Gute kommt.
entstanden, man habe die Mumien untersucht und gefunden,
daß die Araber, die den europäischen Altevthumsliebhabcrn man Dg.
che» Streich dieser Art spielen, einige Leichen aus ihren Lei-
chcnhöfcn genommen , und alS alte Mumien eingewickelt dm
'Europäern verkauft hatten. Die ministerielle» Blätter haben Be plage: Kunstblatt Nr. 25.

Verlegt von der I. G. Cotta'schen Buchhandlung.


76.

M v r g e n b l a t t

f ü r

gebildete Stände.

F r e y t a g, 23. M ä r z 1323.

PbdbuS ist der Musen Meister;


Darum sing» sie so gern
Won dein Swimmer il,rc« Herrn.
Laßt sie immer davon singen,
Wciin sie »,,r wa« Neue« bringe».
Voltaire.

Der Himmel und die Sonne. Ueber Kallisthenie oder Gymnastik de«
Sin qoldner Becher ist die Sonne, schönen Geschlechts.
Gefüllt mir lebensfrohem Wein,
Den schlürft mir unnennbarer Wonne <F?rtse«,mg.)
Der Himmel jeden Abend ei».
Bekanntlich sind die Unterschiede der bevden Ge
Und wenn er nun den goldnen Becher schlechter während der Kindheit nicht auffallend , und
Zum lezren Tropfen har geleert, nur ein sehr aufmerksamer Beobachter bemerkt an den
Da steht man, wie der Sorgenbrecher
Ihm lodernd durch die Adern fahrt. kleinen Mädchen einen feineren, zarteren Körper, wei
chere und nachgiebigere Muskeln, eine schwächere, we
Es rithen Heller sich die Wangen; niger trockene Masse, eine weißere, feinere Haut, län
Es ist, als war' ein Rosenhain
Am Himmel ringsum aufgegangen gere, weichere Haare; diese Abweichungen werden mit
Mit wunderbarem Duft und Schein. dem zunehmenden Alter auffallender. Aber schon im er
Fällt auch die Nacht mit Küstern Schleyer» sten zarteren Alter sind die moralischen Eigenfchaftcn, die
Bald aus den Taumelnden herein, Gefühle, die Neigungen in bevden Geschlechter» «erschie
Er schläft, durchglüht von taufend Feuern, den. Statt daß der kleine, unruhige Junge springt,
Mit taufend offnen Augen ein. läuft, ringt, tn den Spielen kämpft , baut und zerstört,
WaS sich im Haupte mag ergeben lärmt und zum Voraus auf fein unstetes Leben voll Kraft und
Und welche Bilder, ewig schon, Kühnheit hinweist, haben die kleinen Mädchen beständigere
Den Traum des Glücklichen beleben. Neigungen, sie suchen vielmehr ruhige, weniger lärmende
Hat keines Menschen Blick gesehn. Beschäftigungen und feinere Spiele, wie z. B. die Einrich
So schläft er, bis im Morqenstrahle tung einer kleinen Haushaltung, die Kleidung undSchmük-
Die Sonn' ihn weckt, und schaut sie a» kung einer Puppe, ohne daß sie Stundenlang die Mut
Voll Durstes, bis er neu die Schaale ter verließen. Auch zeigen sie mehr Zuneigung, ihr Geist
Sich an die Lippen fetzen kann.
ist bereits reifer, feiner, lebendiger, sie lassen sich leichter
K. Grüneisen.
leiten ; und wie sie überhaupt im Verhültniß zu den Kna
ben frühreifer sind, so macht die ihnen eigenthümliche Reg
samkeit des Gefühls sie schon in einem Alter kokett und
gefallsüchtig, wo die Knaben etwas dieser Art noch gar körperlichen Haushalt haben muß, wenn so beträchtli
nicht fühlen. Beym Borrücken zum reifern Alter verliert che Organe häufig in Thätigkeit gesezt werden. Hier
das weibliche Geschöpf weniger von seiner ursprünglichen nach sollte es scheinen, als wäre die Bewegung eben so
Bildung als das männliche. Das Mädchen bleibt feln heilsam vor als nach dem Essen, eine Frage, worüber
und zart, und behält beständig etwas von dem kindlichen man nicht so viel gestritten haben würde, wenn man sie
Temperament. Das Gewebe seiner Lrgane verliert nie weniger ausschließlich beantwortet hätte. Jezt weiß Je
ganz die ursprüngliche Weichheit, die Entwicklung aller dermann, daß das beste Verdauungsmittel in einer mas
Thcile des weiblichen Körpers gibt ihnen nicht den Grad sigen Bewegung, nämlich Gehen, Billardspielen u. 5gl.
von Festigkeit, wie ihn der Mann besizt, und mit der all- besteht, dagegen eine allzuheftige^ allzulange Uebung die
mähligcn Ausbildung der Gesichtszüge erscheinen auch in Bewegungen des Magens stört und die Verdauung verderbt.
der Form, in der Taille und in den Verhaltnissen der Nicht nur den Kreislauf des Bluts beschleunigt die
einzelnen Theile ganz neue Unterschiede, die zuvor nicht Leibesübung, auch das Athmen wird als Folge davon durch
vorhanden oder wenigstens nicht merkbar waren. starke und häufige Bewegungen befördert. Selbst die sinn
Und zwar ist der Bau des erwachsenen Weibes der lichen Sindrücke werden durch dieselbe lebhafter, und die
Art, daß aus demselben sich nothwendig vielmehr leich Geisteskraft geweckt.
tere, raschere, geschicktere Bewegungen ergeben als Stärke Aber besonders in die Augen fallend ist der Einfluß
und Kraft in denselben. Die Grazie und die leichtere Be der Bewegung auf die Ernährung oder den materiellen
weglichkeit der Frauen ist eine Folge ihrer Formen und Bestand des Körpers. Man kann täglich beobachten, wie
ihres Baus; die größere Erregbarkeit macht ihren Geist die Glieder der Handwerker , welche sie beständig gebrau
lebhafter, feiner, die Eindrücke rascher, aber weniger dauer chen , stärker sind als die übrigen , z. B. die Arme der
haft, und überhaupt das Temperament leichter. Daraus Bäcker und die Beine der Tänzer und Läufer. Dieser be
ergeben sich. als herrschende Eigenschaften des weiblichen deutendere Umfang rührt nicht von Fettigkeit her; im Ge-
Wesens Schwäche und Empfindlichkeit. geutheil macht Leibesübung vielmehr magerer. Darum
Sprechen wir nun vom Einfluß der Leibesübung auf sind die Bauern, Jäger, Soldaten, Schmiede selten wohl
Gesundheit und Stärke im Allgemeinen , fo müssen wir beleibt. In diesen Klassen trifft man auch keinen jener
zuerst zweycrlcy Bewegungen des Körpers unterfcheiden; schleimigten, bleichen Menschen mit weichem Fleische an, die
die Bewegungen geschehen zum Theil ohne unser Wissen sich schwach und kümmerlich umhertxeiben. Dieß fällt noch
im Innern unserer Organe, und wirken ohne unfern Wil mehr auf bey den Thieren ; man betrachte sie , wenn sie
len zur Erhaltung und Beförderung des Lebens, wie z.B. in engen Räumen eingesperrt sind und sich kaum bewegen
die Bewegung des Herzens, des Magens, der Eingewei können; sie haben weißes, fettes, feines und zartes Fleisch ;
de; zum Theil aber bringen wir die Bewegungen hervor, das Wild hingegen hat dunkelgefärbtes, nicht sehr fettes
indem wir die unserm Willen gehorchenden Muskeln in Fleisch, es ist aber fest, hart, sogar manchmal zähe, lau
Thätigkekt setzen. ter Aeichen von Stärke und Kraft.
Uebrigens ist zu bemerken , daß nur mäßige Leibes
Um sich von dem Einfluß, den die Uebnng der Or übungen jene guten Wirkungen haben können. Bey zu hef
gane auf die ganze Organisation äußert, einen Begriff zu
tigen Bewegungen werden die Schläge des Herzens un
machen, dürfen wir nur bemerken, daß die Gcsammtheit
regelmäßig, der Athem wird schnaubend, die Wärme wird
der dem Willen gehorchenden Muskeln nebst den Knochen,
zur Hitze, der Schweiß trieft von der rothen, fast entzün
welche die passiven Organe der Bewegungen sind, eine
deten Haut; die Verdauung wird regellos, der Körper
weit größere Masse ausmacht, als alle andern Organe zu
erhält keinen Ersatz für feinen Verlust, darum magert er ab,
sammengenommen. Denn die Muskeln sind nichts an ohne daß das Gewebe der Organe stärker und fester wür
ders, als jene bedeutende Masse Fleisch zwischen der Haut de. Die Leibesübungen dürfen überhaupt, namentlich bey
und den Knochen, am Halse, auf dem Rücken u. f. w. Frauen, nicht in allen Fallen und nicht alle Arten der
sie bestimmen die Form der Glieder. Dieses Fleisch
selben unbedingt vorgenommen werden. Wir wollen da
nimmt in allen seinen Theilen Nerven ans, welche mit her Einiges über die Wirkungen der Gymnastik auf den
dem Hirn in Verbindung stehen; wenn nun das Hirn
eine Bewegung vorschreibt, so zieht sich der für diese Be Gesundheitszustand der Frauen sagen, weil bey ihnen^ be
wegung bestimmte Theil der Muskelfibern zusammen, das sonders jene Gefahren zu befürchten sind.
heißt, er schwillt, verkürzt sich, und zieht die Knochen, (Die Fortsetzung folgt.)
an die er geheftet ist, nach. Dieß ist der allgemeine Me
chanismus aller unserer Bewegungen, und man ersieht
daraus, welch großen Einfluß es auf den ganzen übrigen
Die jetzigen Engländer. solche sind sie einig «nd zusammengehörig , wie Pflanzen,
die aus demselben Boden hervorgeblüht und mir diesem
Von H. Heine. Boden wunöcrbar verwebt sind. Daher die geheime Über
(Beschluß.) einstimmung des ganzen Lebens und WebenS in England,
daö uns Kevin ersten Anblick nur ein Schauplatz der Ver
Wer England aufmerksam betrachtet, findet jezt täg wirrung und Widersprüche dünken will. Uebcrreichthum
lich Gelegenheit, jene Heyden Tendenzen, die frivole und und Misere, Orthodorie und llnglauben, Frevbeit und
die puritanische, in ihrer widerwärtigste« Blüthe und, Knechtschaft, Grausamkeit und Milde, Ehrlichkeit und
wie sich von selbst versteht, in ihrem Zwepkamxf zu beob Gaunerey, diese Gegensätze in ihren tollsten Ertremcn,
achten. Eine solche Gelegenheit gab ganz besonders der darüber der graue Nebclhimmel , von allen Seiten sum
samöfe Prozeß des Herrn Wakefield, eines lustigen Kava mende Maschinen, Zahlen, Gaslichter, Schornsteine, Zei
liers , der gleichsam aus dem Stegreif die Tochter des tungen, Porterkrüge, geschlossene Müulcr, alles dieses
reichen Herrn Tourner, eines Livcrpooler Kaufmanns, hängt so zusammen, daß wir unö kcins ohne daS andere
entführt und zu Getna Green, wo ein Schmied wohnt, denken könne» , und waö vereinzelt unser Erstaunen oder
der die stärksten Fesseln schmiedet, gehrirathct hatte. Die Lachen erregen würde, erscheint uns alö ganz gewöhnlich
ganze kopfhängerische Sippschaft, das ganze Volk der Aus und ernsthaft in seiner Vereinigung.
erlesenen Gottes schrie Jetcr über solche Verruchtheit , in
den Betstubcn Liverpools erflehte man die Strafe des Him Ich glaube aber, so wird es uns überall gehen, sogar
mels über Wakefield und feinen brüderlichen Helfer, die in solchen Ländern, wovon wir noch seltsamere Begriffe
der Abgrund der Erde verschlingen sollte wie die Motte hegen , u»i> wo wir noch reichere Ausbeute des LachenS
des Korah, Dathan und Abiram, und, um der heiligen und Staunens erwarten. Unsere Reiselust , unsere Be
Rache noch sicherer zu feyn, wurde zu gleicher Zeit in gierde fremde Länder zu fehen, befonderS wie wir solche
den Gerichtssälen Londons der Zorn der Kings -Beuch, im Knabenalter empfinden, entsteht überhaupt durch jene
des Greßkanzlers und selbst d?S Oberhauses auf die Ent irrige Erwartung außerordentlicher Kontraste, durch jene
weihe? des heiligsten Sakramentes herabxlaidirt , wäh geistige Maskeradelust , wo wir Menschen und Denkweise
rend man in den fashionnblen Salons über den kühnen unserer Heimath in jene fremde Länder hineindenken , und
Mäbchenräuber gar tolerant zu scherzen und zn lachen solchermaßen unsere besten Bekannten in die fremden Ko
wußte. Am ergötzlichsten zeigte sich mir dieser Kontrast stüme und Sitten vermummen. Denken wir z. B. au die
bevder Denkweisen, als ich einst in der großen Oper ne Hottentotten, so sind es die Damen unserer Vaterstadt,
ben zwev dicken Manchesterer Damen saß, die diesen die schwan angestrichen und mir gehöriger Hinterfülle in
Versammlungsort der vornehmen Welt zum ersten Male unserer Vorstellung umkertanzen, wahrend unsere jungen
in ihrem Leben besuchten , und den Abscheu ihres Herzens Schöngeister als Buschklepper auf die Palmbäume hin
nicht stark genug kundgeben konnten, als das Ballet be aufklettern ; denken wir an die Bewohner der Nordpol
länder, so sehen wir dort ebenfalls die wohlbekannten
gann und die hochgeschürzten schönen Tänzerinnen ihre üx-
Gesichter, unsere Muhme fährt mit ihrem Hundeschlitten
xiggraziösen Bewegungen zeigten, ihre lieben, langen,
über die Eisbahn, der dürre .Herr Konrektor liegt auf
lasterhaften Beine ausstreckten, und plötzlich bacchantisch
der Bärenhaut und sauft ruhig seinen Mvrgcntbran,
den entgegenhüpfenden Tänzern in die Arme stürzten ; die
die Frau Accise-Einnehmcrin, die Frau Jnsxektorin und
warme Musik, die Urkleider von fleischfarbigem Trikot,
die Frau Jnstbulationsräthin Korken bevsammcn »nd
die Naturalsprünge, Alles vereinigte sich, den armen Da
kauen Talglichter u. s. w. Sind wir aber in jene
men Angstschweiß auszupressen, ihre Busen errötketen vor
Unwillen; »Kocl>i»z! f«r »K,me, s«r 5>>»i»e ! ächzten sie Länder wirklich gekommen, so sehen wir bald, daß dort
die Menschen mit Sitten und Kostüm gleichsam vcrivach-
beständig, und sie waren so sehr von Schrecken gelähmt,
scn sind, daß die Gesichter zu den Gedanken und die
daß sie nicht einmal das Perspcktiv vom Auge fortnehmen
Kleider zu den Bedürfnissen passen, ja daß Pflanzen,
konnten, und bis zum lczten Augenblicke, bis der Vorhang
fiel, in dieser Situation sitzen blieben. Thiere, Menschen und Land ein zusammenstimmendes
Ganze bilden.
Trotz diesen entgcgcngcsczten Geistes- und Lebensrich-
tnngen findet man doch wieder im englischen Volke eine
Einheit der Gesinnung, die eben darin besteht, daß eS
sich als ein Volk fühlt ; die neueren Stutzköpfe und Kava-
lere mögen sich immerhin wechselseitig Kassen und verach
ten, dennoch hören sie nicht auf, Engländer zu sepn; als
3«4
Korrespondenz-Nachrichten. und Analyse unser Sigcnrhiim geworben ist. Alle Völker
zeige» jczt mehr Ernst. Bedeutung und Würde i» der Sphäre
Senf, März. der Wissenschaft. Schon bildet sich ein glücklicher Verein deS
Lernens und Wissens. Die Erzeugnisse des Genies werden
Als ich »or einiger Zelt »vn der Fcyerlichkcit der Shndi- ausgetauscht und schließen einen Bund der Wissenschaft mit
kenvereidung in unserer Peterskirche sprach, vergaß ich einen nützlichen Arbeiten. Alles wirkt zusammen, um dsS Gebiet
historischen Zug hinzuzufügen, welcher ziemlich bezeichnend für der Erkenntniß und der geistigen Aufklärung zu erweitern.
die dabey handelnden Personen seyu dürfte. Im Jahr I»19 Soll bey diesem fast allgemeinen Streben der Völker die schöne
waren die fanarwtischen Fürsten und Hospodarfamilien F. Ca- Literatur übersehen und vergessen werde»? Sic. die das Höchste
radza, Maurocorbato und G. Argyropulo mit ihren Frauen und Wichtigste des gesellige» Lebens umfaßt? Soll sie unbe
und Angehörigen hier. Da man alles rhat, um ihnen ihren weglich und, so zu sagen, stereotyp bleiben , und auf der Bil-
Aufenthalt angenehm zu mache» , so bewog man die Männer, dungsleiter weder auf- noch absteigen? soll sie immer »och wie
auch der Vercidung und Jnstallirung der ncuc» Syndire» am eine unnütze Unterhaltung, wie eine frivole Beschäftigung,
ZI. Dccember im Saal dcö Stadthauses zuzusehen. Die Fana- wie eine bloße Srgörzung des Gcmüths aiiqescben werden ?
rioten nahmen die Einladung gerne an. Aber da war ihnen will man nicht endlich auch bey uns die irrige und oberfläch
gleich manches unbegreiflich ! als nun aber gar die alten S,»>- liche Mcynung aufgeben . die selbst die Gebildeten so lange
dikcn im Abtreten von ihrer hohen Stelle den Rcuerwäblre» festgehalten haben ? sollen wir fürder an de» alten Meinun
freundlich die silbernen Stäbe der Gewalt übergaben, sie dabc« gen wie an Glaubensartikeln hängen, die nur engherzige
umarmten, und nun dicfc die Stufen zu dem hoher,, Sitz l,in- Grundsätze und willkührliche Regeln aufstellen, nach denen dann
onstiegcn , konnten sich die Byzantiner Griechen kaum fassen. beschränkte Schulmeister leichthin verdamme», was andere Völ
Gleich beym Herausgehen aus dem Saal riethe» sie ganz ernst ker bewundern, denen reiner und erhabener Sinn für das
lich dazu, die altenSyndiken ungesäumt festnehmen und einstecke» Schöne bcywohnt? nein, denn das Studium der Literatur ist
zu lassen , denn ihr gutes Vernehmen mit den Nachfolgern scy eigentlich das Studium des menschlichen Herzens ; dieses inni
nur tückische Verstellung , so steige kein Mensch von der Hohe ge Vcrtrautwcrdc» uuscrs Gcmüths mir den großen Geistern
herab, um ander» seine Stelle einzuräumen ; gewiß würden sie aller Zeiten und aller Völker ist eine unerschöpfliche Quelle
sich heimlich rächen, wahrscheinlich durch Gift oder anders, um des Lernens und der edelsten Erhebung, Darin liegt die höch
ihre» Posten wieder z„ bekommen. Man tbat alles Mögliche, ste und süßeste Wollust, die fern von allem Sinnenreiz wie eine
um ihnen das Irrige ihrer Ansicht zu zeigen , aber umsonst. Wiedererweckung deS intellektuellen und moralischen Lebens
Sie sind von hier abgereist , ohne anderer Mcynunq geworden der Völker wirkt, die überall berühmte Geister ans ihren
zu sc«» , und ohne gelernt zu haben, dag Konstantinvpel und Grüften hervorgehen heißt. So kann also da« Studimn der
Genf zwei? moralische Pole, und daß die bürgerliche Gesellschaft Literatur keineswegs mit den blos nützlichen , in ihrer Bedeu
am Lcmansee und am Bosporus etwas von einander ver tung untergeordneten Wissenschaften verwechselt werden. Bey
schieben sind. der Literaturgeschichte genügt aber nicht eine flüchtige und
Genf ist feit einige» Jahren daran gewohnt worden. Frem oberflächliche Besprechung der großen GcistcSerzcugnisse, oder
den in ihren Vorlesungen über Literatur zu folgen. Nach ein ein mehr oder weniger genaues Verzeichnis, des literarischen
ander folgten sich Durand. Müller, Rizo und Rossi. Nun Kapitals einer Nation. Dabc« barf man sich auch nicht auf de»
ist endlich ei» Genfer aufgetreten und hat z« unser aller Freude enge» Kreis konvcnrioneller Kritik einschränke», ohne die gros
bewiese», baß der höhere Lireratursinn , daß sinniges und poe se» Frage» der Moral und der Philosophie zu erwäge» ; a»ch
tisches Auffassen des Schriftthnms nicht allen Genfer» versagt wäre es sehr innig , sich dabc« auf die Kunststücke der Schreib
ist. Es ist bieß Pechicr, der in Paris ein treffliches Schrift art und dcsStyls, d. h. auf die Forme» der Literatur einzu
chen über die Frage schrieb , warum in Genf bisher die Lite schränken, ohne den lebendigen Geist zu berücksichtigen, der
ratur nicht habe aufkommen könne». Es ist zu hoffen, daß von sie auszeichnet und ihre verschiedenen Epochen unterscheidet.
il,,n eine Regeneration bewirkt werden wird, die Müller vor Vielmehr muß dabey auch die Geschichte des Bürgcrlcbens und
zwe« Jahren durch feine Vorlesungen über deutsche und kom- die Philosophie der Künste berücksichtigt werden, die ihr oft
parative Literatur begann. Da sich nicht sowohl der junge zu Regel und Muster dienen. Vor allem aber darf nie die
Genfer Literator, sondern die neue literarische Schule Frank Zeit, ihre ganze Gestaltung und der Geschmack der Zeitgenos
reichs in seiner Vorlesung über die vergleichende Literatur Eu sen vergessen werden, in deren Tage ein Erzeugnis fällt. Wohl
ropas vom vierzehnten bis scchszclmtcn Jahrhundert ausspricht, muß man sich hüten den übelgelaunten und spitzfindigen Kri
so theile» wir ein Fragment daraus mit. tikern zu folgen . die ei» bewundernswürdiges Talent haben,
„Erst im neunzehnten Jahrhundert l,at das Studimn der wenn es darauf ankömmt Fehler aufzufinden und zu bespre,
Literatur bey uns eine ernstere . philosophische Richtung ge che», sie, die mir Unmuth hohe Geistcswcrke durchgehen, und
nommen. Aus de», Land der Allegorien und der für uns lee dabey sehr glücklich sind, wenn sie einzelne Flecken oder einige
ren Bilder der alten Göttcrwelt ist sie endlich auf das Gebiet Fehler aufsinsc» . die . in einem wcitumfasscndc» Werk nicht
der Wahrheit zurückgekommen, die antikc Mythologie liegt weit vermieden werden können. Für diese Herrn besteht das höchste
binrer ihr. Sic ist zurückgekehrt zu ihrer» eigenthümlichcn Bestim Talent in Fehlerlosigkcit unb i» der Ucbcrwindung von Schwie
mung . und stellt wieder Sitte» und Überlieferungen eines rigkeiten. Ihr Vorurtheil und ihr enger Sinn verbirgt ih
Volkes und das menschliche Herz in allen seinen Erregungen nen alles , was Fehler oder Vollkommenheit vergessen machen
bar. Die polirischen Ereignisse , die Europa seit brevßig Jah kann, sie sehen die Züge unvergängliche» Glanzes nicht, die
ren aufregten , haben diesem Welrthcil ei» ernsteres und stren nur die Nachwelt gewahr wird."
geres . aber auch edleres Ansehen gegeben. Dies, hat auch auf (Der Beschluß folgt.)
die Literatur gewirkt , und von diesem ernsten Wesen scheint
auch etwas auf die Mufcn übergegangen zu scyn. Mehr als
je zeigt sich heut zu Tage der Drang das mitzutkeilen , waS
durch Rachdenken, Studium, durch Entdeckung, Berechnung Bey läge: Literaturdlatt Nr. S6.

Verlegt von der I. G. Cotta'schen Buchhandlung.


77-

M o r g e n b l a t t

gebildete Stände.

Sonnabend, 29. März 1 8 2 8.

Recht «„in . und ebel sevn und gut,


Ist mel'r, «l« Gcld »nb Ehr',
Da hat mau immer guten Muth
Und kränkt flch »immermeyr;
Ist immer mir sich selb« ein«,
Haßt kein ««schöpf uno fürchtet kein«.
Claudius.

Eine Woche Pfründe gelangte, erinnerte er sich oft mit Rührung an


auö dem Lcbcn eines armen Landprcoigcrö in England. die Zeit seines Vikariats und zum ewigen Andenken an
dieselbe schrieb er die Ereignisse der merkwürdigsten
Richard Steele war zehn Jahre lang Vikar des Woche seines Lebens, wie er sich auszudrücken pflegte,
reichen Doktors Snart gewesen, der eine Sinekure von von Tag zu Tag nieder. Denn diese Woche entschied auf
jährlichen sechshundert Pfunden besaß, in der Prorinzstadt ein eine höchst unerwartete Weise 'sein Schicksal, an dessen
gemachliches Leben führte, seine Pfarre» nie betrat und dem Verbesserung er bereits verzweifelte.
Vikar zährlich zwanzig Pfund bezahlte. Dafür mußte der
selbe alle Sonntage in vier Gemeinden predigen und sonst Die merkwürdigste Woche meines Lebens.
alle Verrichtungen thun, die ein Landpfarrer zu versehen bat.
Richard Steele war arm geboren , aber gut , und beson Montag.
ders fromm erzogen worden. Durch die Güte eines rei Heute habe ich von meinem Pfarrer , Doktor Snart,
chen Edelmanns, dem sein Vater während des amerikanischen meinen halbMriqcn Vikarsgehalt mit i» Pfund erhalten.
Krieges Dienste erwiesen hatte, war eS ihm möglich gewor Ich mußte diese Kleinigkeit wie gewöhnlich bev ihm selbst,
den, zu studiren. Cr kam auf die Schule nach Eaton und eilf Meilen weit von hier, abholen. Als ich bev ihm an
von da nach Cambridge als Famulus des jetzigen Lords, kam, ließ man mich noch über drey Stunden im Vorzim
der gleichfalls bort studiren sollte. mer des Herrn Doktors stehen. Ich glaubte vor Müdig
Nach vollendeten Studien verließ Richard Steele die keit niedersinken zu müssen. Endlich w,rrd des Doktors
Universität und bewarb sich lange um eine Anstellung, bis Kabinet geöffnet; er empfing mich sehr übel und bot mir
endlich Doktor Snart, aus besonderer Rücksicht, wie er nicht einmal einen Stuhl oder eine Erfrischung «n, ob
sagte, für seine guten Kenntnisse und sein musterhaftes gleich er wußte, wie weit ich bereits in der Tageshitze
Betragen, und aus Mitleid wegen seiner Armuth ihn zu hergekommen se» und wie lange ich im Vorzimmer ge
seinem Vikar -mit 20 Pfund jährlichen Gehalts ernannte. standen habe. Mit einer verdrießlichen Miene zählte er
Die zehn Vikariatsjahre des armen Richard waren die mir meine j« Pfund vor, fand den Gehalt zu hoch und
härtesten, aber auch die verdienstvollsten seines Lebens. bemerkte, daß er einen andern Vikar um ,5 Pfund haben
Denn während dieser Zeit lernte er die schwere Kunst, könne. Ich nahm das Sündengeld und verließ den Dok
selbst im Mangel Gutes zu thun, und die Wege der Vor tor mit verwundetem Herzen. Während der Heimreise
sehung zu achten. Als er in der Folge zu einer bessern versuchte ich auf alle mögliche Weise mir zu erklären.
wie wohl fünf Pfund Sterling den reichen Doktor Snart muthes, stellte mein Schicksal der Vorsehung heim, legte
reicher machen könnte» ? Ich vermochte es aber nicht. mich nieder und schlief ruhig. - „
(Der Beschluß folgt.)
D t- e n st a g.
Neun Pfund habe ich an sieben Personen bezahlt, wel
chen ich diese Summen schuldig geworden war. Der lieber- Ueb er Kallisihenie oder Gymnastik des
rest des Geldes reichte nicht mehr hin, mir ein Paar schönen Geschlecht«.
Beinkleider anzuschaffen, deren ich sehr benöthigt war. (Fortsetzung.)
Schneider Cubay hatte ein Paar, zwar bereits getragene, Zuvörderst bemerken wir, daß im Allgemeinen die
zu verkaufen ; allein sie waren noch gut und mir gerade Fraue« ein ruhigeres, gleichförmigeres Temperament ha
recht. Ich verzichte indessen darauf, denn meine Frau ben , und daß dieselben Eindrücke bey ihnen nicht so ver
mußte unumgänglich einen Rock, und jede meiner Heyden schiedene Wirkungen hervorbringen, wie bey de» Män
Töchter ein Paar Schuhe haben. Für mich blieb demnach nern; sie haben ein Kindertempcrament, bezeichnet durch
kein Geld mehr übrig. Schwäche und Empfindlichkeit, und die Schwäche der
Frauen kömmt nicht von ihrer Lebensart, noch von ihrer
Mittwoch. Erziehung, sondern ist Folge ihrer ursprünglichen Orga
Rock und Schuhe sind gekauft worden. Aber unglück nisation. Die Fibern ihrer Muskeln sind dünner, das
licher Weife verlor meine Frau eine halbe Guinee, die sie Jellengewebe, das dieselben zusammenhält, häufiger, und die
in die eine ihrer Taschen gesteckt, welche ein Loch hatte. Feuchtigkeit in demselben in größerer Menge vorhanden,
Ein leidiger Fall! Es blieb uns jezt nur noch eine halbe und eben dieser Ueberfluß an Flüssigkeit ist es, der das
Krone übrig. Davon sollten vier Personen sechs Monate Gewebe weicher macht. Andererseits macht sie diese Zart
lang leben. Ich tröstete meine Frau, die äußerst nieder heit empfänglicher für die Eindrücke, weßwegen ihre Em
geschlagen war, und sprach ihr Muth und Vertrauen auf pfindlichkeit lebhafter und reger ist. Diese Empfindlichkeit
die Vorsehung ein. kann aber bis zur Kränklichkeit ansarten, und deßhalb sind
Nervenkrankheiten und Krämpfe viel häufiger bep schwa
Donnerstag. chen und zärtlichen Frauen als bep andern.
Man würde sich sehr irren, wenn man den Unter
Heute erhielt ich aus dem Wirthshause ei» Villet schied zwischen Frau und Mann nur in de» Funktionen
Von unbekannter Hand. Man ersuchte mich, einer wichti jedes Geschlechts für sich suchte. Die Frau ist ja nicht
gen Angelegenheit wegen dahin zu kommen. Ich ging und nur kleiner als der Mann, sondern auch alle ihre Theile
fand dort einen Schauspieler, den der Wirth arretirt hatte, sind feiner, zarter, geschmeidiger; aus der Kleinheit aber
weil er die Zeche von sieben Penny nicht bezahlen konnte. entsteht größere Behendigkeit, denn man beobachtet bevnohe
Der Fremde hatte etwas Edles im Gesichte, das mich an allgemein, daß, je kleiner die Geschöpfe sind, sie sich desto
zog. Cr bat mich, ihn aus der Verlegenheit zu ziehen. rascher und häufiger bewegen. Es scheint also , die Frau
Ich gestand ihm, daß ich so schlimm daran sey als er; sey schon ihrem Wesen nach mehr zur Bewegung geschaf
allein ich versicherte ihn zugleich , daß ich bedacht seyn fen als der Mann. Diese Beobachtung ist merkwürdig
würde, ihn morgen aus des Gastwirths Händen zu befrepen. und kann im Nothfall denen entgegengehalten werden, wel
che behaupten möchten , Ruhe gehöre zu der natürlichen
D o n n e r st a g Abends. Anlage der Frau.
Mein bisheriger Bäcker, den ich stets redlich bezahlte, Die Leibesübung wird die weichen, nachgiebigen weib
kündete mir heute plötzlich den Kredit auf, und ließ mir lichen Gewebe fester, derber machen, ihre allzudünnen
sagen, ich möchte mich um einen andern Bäcker umsehen. Fibern in Umfang und Stärke vermehren , das überflüssige
Der Fleischer war noch artiger. Er schickte sein Weib z» Fett und Wasser vermindern ; endlich wird das krampf
mir und ließ mir sagen: er höre, daß Doktor Snart ei hafte Wesen jene Ueberfpannung verlieren , oder vielmehr
nen andern Vikar annehme; wir möchten daher künftig es wird gar nie vorhanden seyn , wenn man die natürliche
unser« kleinen Bedarf an Fleisch bey dem Meister Peter Anlage nicht durch Ruhe ausarten läßt. Freylich bedarf
Plamb nehmen. Dieser Meister Plamb war ein Geizhals, der Ruhe eine Frau, die ihr ganzes Leben in Unthätigkeit
der keinem Mensche» borgte und am entgegengesezten Ende zugebracht hat, und die fo schwach geworden ist, daß ihr
des Dorfes wohnte. Ich überließ mich jezt bittern Betrach jede Bewegung unerträglich wird; aber die Frau, welche
tungen über die Hartherzigkeit und Gefühllosigkeit der Men dem Geseke der Natur zufolge ihren Körper in der Kind
schen, die einander nicht als Brüder, sondern gleich Fein heit und Jugend gestärkt hat, bedarf der Ruhe nur zur
den behandeln. Aber bald schämte ich mich meines Un- Erholung.
Ohne allen Zweifel sind Leibesübungen das beste Mit: kel, das Wiegen, Betten mit ungleichen Füßen u. s. «. ; in
tel gegen die Fehler in der Anlage und zur Gewinnung der alten Encvkloxädie ist auch eine Maschine , der Reit
einer von Schwächlichkeiten und Kränklichkeit freyen Kon sitz, beschrieben, die in einem Saale angebracht werden
stitution. Sogar die moralischen FeKIer der Frau sind kann, und auf der man mittelst verschiedener Hebel die
meist Folgen ihrer Schwäche und Empfindlichkeit; werden ganze Reitschule machen , Schritt, Trott, Galopp, sogar
aber die Ursachen des allzuregsamen, übertriebenen Gefühls Paß reiten kann. Alle diese passiven Bewegungen wirken
vermindert oder beseitigt, so bleiben ihr außer der Ge- in verschiedenen Graden erschütternd, und darnach, und
sundbeit noch jene sicheren Quellen der Glückseligkeit, Sanft- jenachdem auch willküdrliche MuSkelthätigkeit dabey mehr
muth und Güte. Selbst die Geistesverwirrung fließt bey oder weniger ins Spiel kommt, (wie namentlich bey der
den Frauen größtentheils aus jener trüben Quelle, und Schaukel) ist ihr Nutzen und ihr Schaden verschieden ; so
wenn man ihre körperlichen Anlagen von Kindheit an kann besonders das Fahren im Karre» auf holprigten
durch angemessene Leibesübungen besserte, fo würde es bald Wegen schwächlichen Personen schädlich werden. Die Be
nicht mehr weibliche Irren geben als männliche. wegung in hängenden Wagen, in Sänften und Nachen ist
Allein man könnte fragen, ob bey jener Schwäche die eigentlich gar keine Uebung mehr. Indessen ist selbst diefe
Leibesübungen nicht gefährlich werden könnten? Allerdings geringe Erschütterung bep schwachen Personen nicht ohne
werden wir nie vorschlagen, ein junges, schwächliches, zärt Wirkung, und man muß ost damit anfangen, um zu stär
liches Mädchen in den Cirkus oder auf den Hippodrom zu kern Bewegungen überzugehen
führen. Aber wir wollen ihnen Uebungcn anrathen, wie sie für (Die Fortsetzung folgt.)
sie passen, und ihnen dabey nicht nur jenen Grad von Gefühl
erhalten, bey welchem die glänzenden moralischen Eigenschaf-
ten der liebenswürdigen, guten Frau sich frev entwickeln Korrespondenz-Nachrichten.
können, sondern wir wollen auch, daß ihnen ihre Grazie,
Genf, Mär,.
ihre frische Farbe, ihre zarten und feinen Formen bleiben
und sie sich noch ausicrdem mehr Stärke, Gesundheit, Ge-, (Beschluß.)
schmeidiakeit und Gewandtheit erwerben. Pechier fast feindlich entgegen fleht der LiteraturkurS de«
Wir sprechen also nur von denjenigen Leibesübungen, Professors Boissicr. Er bat sich vorgenommen über da« Schöne
und den rechten Geschmack in Literatur und Kunst zu lese». Im
welche für junge Mädchen taugen, und geben die Regeln Grunde aber ist sein Hauptzweck, sich au« LeibeSkrästen den
dazu an. durch Müller »nd Pechier hier verbreiteten Grundsägen der
Das bisher Gesagte bezog sich besonders auf die frev- neuen Schule in der Literatur zu widersetzen. Unglücklicher-
willige Thätigkeit des Körpers und der Glieder, wenn weise suchte Boissicr de» Cl«rakter de« Romantischen in einiac»
verstümmelten Phrasen Chateaubriand« . in Fragmenten von
die Bewegungen durch die Jusammenziehungen der Mus Lamartine, V. Hugo »nd d'Arlincourt. »nd charakterisirt »ach
keln vorgehen. Bey passiver oder m i t g e t h e i l t e r Be ihnen diese m«»»lrueu»e I i t e r « t u e e. Der arme V.
wegung wird der Körper durch äußere Mittel von seiner Hugo muß mit seinem Cromwel gar zum Beleg der Vorlesung
Stelle gerückt, ohne daß die Muskeln in Thätigkeit kom über da« Grote«ke dienen.
Interessant ist der Sur« über Griechenland in plnisischer,
men, oder ohne daß sie etwas anderes thun, als daß sie historischer, literarischer und statistischer Beziehung von G. A.
die Beybehaltung einer bestimmten Körverstellung ver Man» von Konstantinopel , einem der zu un« ausgewanderten
möge eines gewissen Grads von Jusammenziehung bewirken. Fanarioten. Aber e« fehlt ihm ganz an Besonnenheit »nd Ruhe,
alle, welche die Wahrheit über griechische« Land und Leute ge
Bev diesen Arten von Bewegungen ist keine Anstrengung, sagt habe» , ja selbst der treffliche Oberst Heidegger sind ihm
wie bey den andern, kein Zusammenwirken und kein Reiz verhaßt, denn ihm nach soll man über die Griechen nie die
aller Organe. Der Körper wird auf einem beweglichen Wahrheit sagen, wenn sie ihnen »achtbeilig ist. Darüber ge
Grunde fortbewegt, und erhält dabey unaufhörlich mehr oder riet!, Mano einige Mal sogar mit Synard in Streit. Der
Türken und ihrer Regierung erwähnt er nie, ohne sich der
minder starke Erschütterungen. Der Stoß theilt sich allen stärksten und wegwerfendsten Ausdrücke zu bedienen. Wozu da«?
Organen mit, sie erhalten in mannigfachen Richtungen Aime-Pari« la« über Mnemonik, oder Memnotechnie. wie
eine Menge einzelner Stöße, wodurch die Fibern gerüt er c« nennt, »nd hatte großen Beyfall. Der geistreiche Franzose
telt und kompakter gemacht werden; daraus entsteht am bemühte sich, die Lunst zu lehren, wie durch Jdeenverbinbuiig
und Reduktion der Worte auf Zahlen dein Gedächtnis eine
Ende Vermehrung ihrer Dichtigkeit, Kraft und Derbheit. große Kraft gegeben werden könne. Die Beweise , welche er
Diefe passiven Bewegungen mehren, wie die aktiven, selbst von dieser Kraft gab , waren allerdings erstaunlich, aber
die Kraft ursd Stärke , aber ohne Reiz ; sie erregen kein ich glaube nicht, daß seine Methode , wie er meynt. mit Nutzen
Herzklopfen, sie erhitzen nicht uud machen gewöhnlich auch auf Erziehung und Unterricht der Jugend angewendet werde»
kann. Der Prvfcsscr geht . wie er sagt, auf Einladung »>«»
nicht schwitzen. Hamburg, hat aber vorerst nach Paris zurückkehre» müssen,
.hierher gehören : das Reiten in seinen verschiedenen wo er Tachygraph dei L«»,litutioovel in der Deputirirn:
Graden , der Karren oder nicht hängende Wagen, die Schau kammer ist.
Z08
Apert von Pari«, dies« zweyte Howard, hat uns mit Dame nicht auf den Tisch lehnen sollte) die Situation be
seinem Besuch erfreut, und brachte auch ewige Zeit in Lau« zeichnet worden war, auch sogleich mit dem richtigen Ton de«
sänne zu. Hier und bort besah er die neuen StrafarbeitSan- „Komm her" vorhanden, wa« ein« schnell angeregte nnd ent
stalten mit großer Aufmerksamkeit , und es war ikm peinlich schiedene Einbildungskraft vora««sezt. Auffallend war es je
zu gestehen , daß Frankreich nichts Aehnliches aufzuweisen habe. doch, daß unserer Künstlerin die Natur, b. i. die Rolle der
Bekanntlich ist Apert einer der AuSerwählten, durch die der Schauspielerin, in welche sie am Schlüsse zurücktreten mußte,
Herzog von Orleans an die Gefängnisse Wohlthate» ausspendct. nicht so gelang wie da« von ihr theatralisch Dargestellte.
Der Pfarrer Rani« bat neulich in der Generalversamm- Auf das kleine Stück folgte „da» lezte Mittel" der Frau von
lung für religiösen Unterricht eine sehr interessante Rede ge: Weißenthurn. In diesen, Lustspiele gab Frau Birch-Pfeifer
halten, die jedem Freund des Volkömiterrichts zu Herzen ges die Rolle der Frau von Sylbcn , und zeichnete diese Klatsches
>,c,i muß. Wir können hier nur die Hauptresultatc anfülircn, ri» mit der vornehme« Gemeinheit, welche hier gemeint ist,
die an die scharfsinnige Geistesstatistik von Eh. Dupin erinnern. scharf und kcS mit der entschiedenste« Wirkung. Sie machte
Der kleine Kanton Genf besizt 89 Primärschulcn , zz in der leztere nicht bl«S, wie oft geschehen man, von der Ucbung der
Stadt, 54 ans dem Lande, 48 gehen ganz von der Regie Zunge «bbängig; auch die Eigcnthümlichkeit und Angemessen
rung ans, 8 sind von pkilantbropische» Gesellschaften gegründet, heit der Manieren zeugte von dem Beobachtungstalmte der
unterhalten und beaufsichtig't. In manchen müssen die Kinder Darstellerin.
eine Kleinigkeit an Schulgeld zahlen , eine gewisse Anzahl ar- Die nächste Darstellung war „Maria Stuart" und dann
mer Kinder besucht aber diese Schulen unentgelblich. Best»- Orsina in Lessing« selten erscheinender „Emilia Galotti."
derc Institute gibt es 29, und dahin gehören die Pensionen und Die Rolle hat das Eigenthümliche, daß sich in ihr ein bestimm
Erziehungsonstalten, in denen bezahlt wird. Der Waiseninstirnte ter, trefflich gezeichneter Charakter im engern Räume ent
sind 8 ; sie bestehen lediglich durch Schenkungen und älxnliche wickelt , wa« wiederum eine große Meisterschaft der Darstelle
Beyträge , und werden von Ausschüssen verwaltet , welche die rin fordert im schnelle» und sichern Fortschreiten durch ver
WohlthZter selbst ernenne«. Mit dem ausgezeichnetste« Erfolg schiedene Zustände , in welchen sich dieser Charakter entwickelt.
wirb in Z8 Schulen der gegenseitige Unterricht befolgt, in Und in dieser Hinsicht war die Darstellung höchst ansgczeich-
mchrern andern ist man im Begriff ihn einzuführen. Alle net. Kciu falsches Patlios war hier zu hören und zu sehen,
Schulanflalten zusammengenommen l«>bcn 5,1ZS Zöglinge, was dieser Rolle ganz ferne ist. Die Empfindung der ver
demnach der ganzen Kantonsbevdlkerung. Die Ausgabe schmähten und bis zum Wahnwitz eifersüchtigen Italienerin,
für die öffentlichen Schulen beträgt 10S.895 Flor.; etwas mehr der Stolz und die etwas gezwungene Haltung dem tückischen
als ein Viertel davon wird durch freywillige Beyträge bestrit und listigen Hofmann gegenüber , so wie der frcmre Ausbruch
ten. Schon aus diesen Angaben gebt hervor, daß der Volks- ihrer Einpstndungcn vor dem geraden und biedern Odoard«,
Unterricht hier im glücklichsten Fortschreiten ist. ES ist nicht den ihre Lage zur Rache anspornt, dieß waren die Srundzüge
zu verkenne», il,m verdankt der kleine Staat die täglichen und der feinen Schilderung , welche Frau Birch-Pfeifer in dieser
großen Verbesserungen , welche jedes Jahr in allen Zweigen Rolle gab. Höchst ausgezeichnet fanden wir die feinen und
des Gewerbfleißes entstehen , und den Kampf gegen alle Hin schwierigen Uebergänge der Rede, wobe» ihr wohltbnendes
dernisse und Unannehmlichkeiten erleichter«, die aus der ge Organ ihr sehr zu Statten kömmt. Leider stand der übrige
drängten geographischen Loge unser« KantonS hervorgehen, Theil der Vorstellung dieses Trauerspiels mit dieser Leistung,
ihm verdankt er die öffentliche Ruhe und Ordnung, die gehor ja zum Tbeil selbst mit der Würbe der Aufgabe im großen
same Unterwerfung unter das Gests , worauf unstre Fveuheit Mißvcrbältniß , wa« ich besonders von dem durchaus mißlun
und unser Glück beruht. Der würbige Pfarrer sucht das Ver genen Marinelli gesagt baben will.
hältnis?, in dem der Unterricht zu Arinuth und Verbrechen (Die Fortsetzung folgt.)
steht, zu bestimmen. Er fand, daß zwey Drittel der Armen,
die weder Krankheit noch Alter niederhält, weder lesen noch
schreiben gelernt, und kaum den ersten Religionsunterricht
erhalten haben. Seine Untersuchungen liinsichllich der «ach Urs Auflösung der Charade in Nr. 7l:
theil «nb Recht Bestraften von 1819 bis 1827 ergaben ein
noch interessanteres Resultat, denn e« zeigt sich, baß, wenn in Die Perlenmuschel.
der Vvlk«klasse , die einen vollständigen Unterricht in den Pri-
mavschnlen erhalten hat, die Summe der Vergehen gleich t ist,
sie bey der , die nur unvollständig unterrichtet worden ist , fast N ä t h s e l.
auf Z , und bey der , die gar keinen Unterricht genossen hat,
auf 4 und mehr steigt. Ich nenn' euch ein Kor«, im Sommer gezeugt
Und am Strabl der Sonne gereistt.
Leipzig, März. Das schwer die goldenen Aehrcn beugt
Und selbst die Hülsen abstreifet.
, (Fortsetzung.)
Ei drischt wohl selber, sie mühen sich nicht
Die Leistrmgen der Schauspielerin in dem klemm Stücke: Es je zu dreschen, die Bairern,
,.Komm her/- sind zwar mcl'r Kunststück als Kunstwerk, Und säet sich selber mit eignem Gewicht;
und erfordern mehr Nachahmung« talent als Schauspieler- Man sieht es, und hört e« mit Schauern.
talent. Da indessen jenes auch zu di esem gei.drt , und es
Frau Birch-Pfeifer mit einer Sicherheit »nd Energie übte, wie Doch hat e« die Erd' erst aufgenommen.
ich es bey dieser Aufgabe noch nie aestbe« , so muß ich alle« Bald ist ihm alle Kraft entschwommen;
diug« diese Leistung für sehr lobenswert» erklären. Die Ge- Doch oft, wenn die festeren Formen vergehe«,
bcrde war nämlich, sobald von dem prüfenden Direkter» Seht ihr es in luft'gen Gestalten erflehen.
(der, beyläusig bemerkt, sich im Gespräch mit einer fremden I. S. M.

Verlegt von der I. G. Cotta'schen Buchhandlung.


78-

M v r g e n b l a t t

für

gebildete Stände.

Montag, zi. März i 8 2 8.

Laßt unZ tnnzni, l«!it uns springe«,


Laßt u»i laufen für »nd für!
Und im Hüxfcu lcrncn wir
Eine Kunst von schone» Dmgcn.
Flemming.

Ueber Kall isrhenic oder Gymnastik des so^gut «ecken vorwärts, wo die Stütze am nöthigsten ist.
schönen Geschlechts. Je breiter die Basis bc»m Stehen ist, desto fester ist das
selbe. Die aufrechtstehende Frau steht aber ihrem Bau
(Fortsetzung.) nach am festesten, wenn ihre Füße nur wenig voneinander
Wir gehen nun auf die Elemente der eigentlichen Gym entfernt und parallel gestellt sind. Diese Regel ist bey
nastik über. den Leibesübungen nothwendig zu, beobachten , denn der
Bevm Stehen scheint der Körper in Ruhe zu seyn; Körper kann nur auf diese Art in einer festen, gesicherten
indessen erhält sich der Mensch nur durch die beständige Stellung erhalten werden.
Anstrengung gewisser Muskelu aufrecht. Jedermann weiß, Vom Gehen. Wenn man geht, muß man zuerst
wie im Schlaf oder in der Ohnmacht der Kopf vorwärts das Gewicht des Körpers, das auf den Beinen gleichmäs-
fällt und sich auf die Brust stüzt. Die Rückenwirbelsäule, sig ruht, auf ein Bein allein bringen, dann hebt sich das
vorder gleichsam alle Singeweide der Brust und des Bauchs andore Bein, d. h. der Fuß hebt sich zuerst von der Ferse an ge
hängen, würde nothwendig sich vorwärts krümmen, wenn gen die Spitze vom Boden weg ; dazu mußte aber daS Bein
sie nicht durch äußerst starke Muskeln rückwärts gehalten sich gegen den Schenkel nud der Schenkel gegen das Bel
würde. Das Becken wird durch die Kraft der beträcht: len beugen; nun wird der Fuß vorwärts gezogen. Sobald
lichen Muskeln des untern Rückens rückwärts gehalten, er in diefer Bewegung vor den andern Fuß vorgerückt ist,
dasselbe findet bcp den Beinen statt; kurz, während des muß er sich auf daS Bein, und daS Pein auf den Schen
Stehens ziehen sich beynahe alle Ausstreckungsmuskcln zu kel ausstrecken; vermöge dieser Verlängerung des ganzen
sammen, und es entsteht daraus eine nicht lang auszu Glieds kömmt nun dasselbe desto weiter vom andcrn Fuß
hallende Ermüdung. Man verschafft sich im Stehen ei vorwärts auf den Boden zu stehe» , je größer der Schritt
nige augenblickliche Erholung für gewisse Muskelu dadurch, ist. Damit aber dieser Fuß sich voranbcwegen konnte,
daß man das Gewicht des Körpers bald auf ein , bald auf mußte die L^ndc, welche auf dem in Ruhe bleibenden
daS andere Bein stüzt. So ist also das Steden weit er Schenkel ruhte, sich vorwärts und auswärts drehen. So
müdender als das Gehen, wo dieselben Muskeln bald sich bald der Fuß sich auf dem Boden festgestellt hat, kommt
zusammenziehen, bald ruhen. daS Gewicht dcS Körpers auf das Glied diesseits, und
Besonders für die Frauen ist das Stehen abmatten der andere Fuß wird durch denselben Mechanismus seincr-
der, weil sie weniger stark qcbaur sind. Abgesehen vom seits vorangebracht.
übrigen Bau sind auch ihre Füße kleiner und stützen nicht Man sieht hieraus, wie das Gehen nicht bloS eine
Uebung der untern Glieder ist. Auch das Becken kömmt oder Weite des Sprungs im Verhältniß mit der gemach
von einer Seite auf die andere, mid eben so der Rumpf, ten Anstrengung und besonders mit der erlangten Fertig
indem er das Gewicht des Körpers auf das Glied bringt, keit. Aber aus denselben Gründen wie beym Laufen ra-
das auf dem Boden feststeht. Je breiter das Becken ist, then wir den Frauen nicht, folche Sprünge zu machen;
desto merklicher wird diefe Bewegung; deßwegen gehen die dagegen halten wir es für sehr vortheiihaft, wenn sie in
Kinder, deren Becken »och ganz enge ist, selbstbesser als Män der Kindheit und Jugend sich darin üben , weil ihr Kör
ner, dagegen bey den Frauen die Entfernung der beyden per dadurch mehr Kraft erhält, und , wenn sie einmal in
Schenkelbcine voneinander das Gehen beschwerlicher macht. die Lage kommen soliden,, daß sie über einen beträchtlichen
Sogar die Arme bewegen sich hin und' her wechselseitig Raum zu springen hätten , um sich selber oder ihr Theuer-
mit den Beinen ; aber alle diese Bewegungen gehen eine stes zu retten , ihnen der Muth und die Noth gewiß für
nach der andern vor, und bekanntlich können sie lange den Augenblick der Gefahr die Kraft und die Geschicklich
ohne Ermüdung wiederholt werden, weil die Muskeln, keit wieder geben würden, die sie vielleicht längst verloren
die sie in Ausführung bringen , bald ruhen und bald sich geglaubt hatten.
zusammenziehen. (Die Fortsetzung folgt.)
Im Laufen sind die Schritte nicht größer als beym
Gehen, nur folgen sie rascher aufeinander. Der Mecha
nismus ist derselbe; aber der rückwärts gebliebene Fuß
hebt sich vom Boden eher , als der vorwärts bewegte ganz Eine Woche
fest steht, so daß der Schwerpunkt beym vebcrgang vom aus dem Leben eines armen Landprcdigcrs in England.
einen auf das andere Bein ungewiß bleibt , woraus eine (Beschluß.)
Reihenfolge von Sprüngen entsteht und wobei) man leichter
fällt. Das Athmen wird bekanntlich beym Laufen häusi F r e v t a g.
ger, am Ende kürzer, und die besten Läufer sind die, wel Gleich früh Morgens lief ich in das Wirthshaus, be
che den Athem halten, d. h: die Brust länger ausgedehnt zahlte dem Wirthe die Zeche des Schauspielers und gab
halten können. Wenn man das Laufen lange fortsezt, be dem armen Menschen noch einen Schilling mit auf die
wirkt es eine sehr starke Aufregung , einen wahren sieber- Reise. Er dankte mir sehr und schien gerührt, als er von
artigen Reiz, und diese Wirkung ist bey den Frauen be mir schied. Mir wars immer, als hätten wir Beyde uns
sonders zu fürchten, indem sie wegen ihres breiteren schon irgendwo gesehen. Als ich nach Hause kam, wa<
Beckens genöthigt sind, den Schwerpunkt von einer Seite mein Geld alle; denn wie gesagt hatte ich den lezten
ans die andere in einem sehr ausgedehnten Raum ins Schilling dem Schauspieler als Reisegeld gegeben. Mein
Gleichgewicht zu bringen, wodurch diese Bewegung sehr Mittagessen war sehr ärmlich, oder vielmehr aß ich gar
mühsam wird. Darum sagte Rousseau: „Die Frauen nicht zu Mittag, um meiner Frau und meinen Heyden
sind nicht gemacht zum Laufen ; wenn sie fliehen, fo lassen Töchtern das Bißchen Brod nicht zu schmälern, das wir
sie sich leicht haschen. Sie benehmen sich auch noch bey noch übrig Hatten. Nachmittags erzählte ich meiner Frau
andern Dingen ungeschickt, aber beym Laufen allein haben die Geschichte mit dem Schauspieler und dem Schilling,
sie keine Grazie." Der Philosoph von Genf übertrieb die den ich ihm gegeben. Die edle, tugendhafte Seele war ge
Sache, aber bey erwachsenen Frauen hat er Recht ; bey jun rührt von der Noth des armen Menschen und lobte, was
gen Mädchen dagegen ist das Laufen gar nicht mühsam und ich an ihm gethan , als ein Werk der Menschenpflicht. In
kann sehr heilsam werden , wenn man es nach dem Alter diesem Augenblicke that ich das Gelübde, der theucrn Ge
und den Kräften vorschreibt. fährtin meines Lebens nie mehr zuwider zu seyn. Ihre
Beym Springen werden die Füße plötzlich vom schöne Seele, ihre himmlische Ergebenheit und ihr widri
Boden gehoben, um den Körper senkrecht emporzubrin- ges Geschick wiegen alle Fehler unendlich auf, die sie manch
gen, oder um ihn mehr oder minder vor- oder rückwärts mal in einem Augenblicke begeht, wo sie die Regeln der
zu schaffen. Der Sprung erfordert, daß alle Gelenke der Klugheit übersieht, und blvs den Eingebungen ihres treff
untern Glieder gebeugt, daß die Brust gegen das Becken lichen Herzens folgt.
und die Rückcnfänle gezogen und mithin der ganze
Rumpf vorwärts gekrümmt werde ; diefe Beugung wird Sonnabend.
durch eine starke Zusammenziehnng der Muskeln bis zum Heute arbeitere ich meine Predigt für den morgenden
Augenblick erhalten, wo der Sprung geschieht; dann wird Tag aus. Ich werde sie in den vier Gemeinden der Psar-
durch die plötzliche Ausammenziehung der Ausstreckmuskeln rey, die ich verwalte, vortragen. Sie handelt vom Lnrus
der Körper gleichsam vom Boden weggeschnellt, und bleibt und von der Gefahr des Uebcrflusses. Ich denke, sie soll
längere oder kürzere Zeit in der Luft. Uebrigeno steht die Höhe guten Eindruck machen.
Zli
Sontltag Abends. am nämlichen Zrevtag, da ich ihn aus dem Wirrbsbause be-
Müde und hungrig bin ich diesen Abend von meiner freyte, zu seinem Vortheil entschieden. Er erhielt seine mit
Pastoralreis? zurückgekommen?. Ich brdcrte einen Bissen Beschlag belegten Güter zurück, und durfte wieder als Sehn
Brod von meiner Frau. Sie versicherte mich weinend-, und Erbe Oliver Stewart« auftreten. Sein erstes Geschäft
cs sey kein Bissen im Hause. Ich suchte sie so gut als mög war, den armen Vikar von SvutKey aufzusuchen, den er
lich zu trösten, und verlangte weiter nichts mehr. Aber sogleich als seinen alten Jugendfreund erkannt hatte.
im Herzen war mir anders; denn in meinem ganzen Le Genau hatte er sich über alle meine Verhältnisse erkun
ben hatte ich nie so heftigen Hunger gefühlt als jezt. Wir digt, bevor !er mein Haus betrat. Er sagte , er komme,
hatten nur noch zwei) und einen halben Penny im Vermögen. einen alten Freund zu besuchen und eine Schuld abzutra
Ich bat meine Frau , mit diesem Gclde gleich des andern gen. Damit nithigte er mich eine Börse mit fünfzig
Morgens etwas Brod zu kaufen und es mit de» Kindern Psmid von ihm anzunehmen. Ich wußte vor Erstaunen
zu theilen. und Freude nichts zu antworten. Meine Thränen und die
Montag. meiner, Frau, deren Erstaunen nicht kleiner war, »ertra
Mit schwerem Herzen bin ich heute Morgen erwacht. ten die Stelle der Antwort und des Dankes.
Ich dachte diesen Tag nicht zu überleben , denn das Elend Oliver verließ mich nach einem Aufenthalte von ein
drückte mich nieder. Aber das Schicksal lenkte es anders, Paar Stunden mit der Erklärung, daß ich morgen daö
und aus dem trübsten Morgen ward der schönste Tag mei Weitere von ihm hören würde. Wirklich kam bereits
nes Lebens! Um neun Uhr des Morgens kam eine Chaise den andern Tag ein Bote mit einem Briefe von ihm,
bey meiner Wohnung angefahren. Bevor ich mich recht worin er mir meldete , daß er für mich eine Pfarrxsründe
erkundigen konnte, stand der angekommene Fremde vor mit einem Einkommen von z,w Pfd. Sterling erhalten
mir in meiner Stube. Es war der Schauspieler, den ich habe. Ich trat dieselbe alSbald an, und dankte dem Dok
am Freytag aus des Wirths Händen erlöst hatte. Er war tor Snart für den bisherigen Gehalt. Er freute sich dar
aber jezt m einem ganz andern Anzüge als damals und über, we>l er nun jährlich fünf Pfund ersparte. Die Ge
hatte zwey Diener bey sich. Ich wußte im erste» Augen schichte dieser merkwürdigsten Woche meines Lebens habe
blicke nicht, was ich denken , was ich sagen sollte. Er riß ich zur Erinnerung und zur Belehrung für meine Kinder
mich aus meiner Verlegenheit, indem er mich bey mei niedergeschrieben, damit ich nie vergesse was ich gewe
nem Namen nannte und mir die Hand mit den Worten sen, und sie bedenken was sie feyn sollen, um dcS Glük-
bot: „Ei, Richard, kennst du mich denn nicht kes werth zu sepn, daS ihrem Vater zu Theil geworden ist.
mehr?" — „Sir," antwortete ich ihm, „seit lezten
Donnerstag erst habe ich die Ehre Sie zu kennen." — Korrespondenz-Nachrichten.
„Kennst du denn deinen alten Schulgcnosscn, Oliver Ste Port». Anfang« März.
wart, nicht mehr?" Jezt fielen mir die Schuppen von den Ziemlich lustig zog der bicßjäbrige Fasching vorüber;
Augen. Ich entsann mich, daß mir bereits am Donners zwar Kalten die öffentlichen Maskeradcn wktiig zu bedeuten,
ausgenommen an dem lcztcn Tage , wo das schöne Welker diese
tag einige Gesichtszüge des Fremdlings als nahe bekannt altfränkische Lustbarkeit sehr begünstigte ; desto lebhafter aber
vorgekommen seyen, und nun vollendete OliverS Erklärung, ging es auf den Privatbällcn und auf den öffentlichen Bällen
was ich mir nicht enträthseln konnte. Wir hatten uns zu , deren es dicßmol eine sebr große Menge gab. Die Pri-
freylich seit mehr denn achtzehn Jahren nicht mehr gefehen vattänzcr wnrde» ein wenig durch den Unfall erschreckt, der
sich in dn Worfladt St. Honor< zutrug ; hier stürzte in einem
»nd ich wußte nur noch so viel, daß Oliver Kriegsdienste Hanse , wo ein großer Ball gegeben wurde , der Boden unter
genommen und den Feldzug in Indien mitgemacht hatte. den Füßen der Tänzer und Tänzerinnen ein, und ungefähr
Was seitdem aus ihm geworden , war mir durchaus unbe dreyßig derselben wurden mehr ober weniger verwundet, so
kannt, denn in meiner ländlichen Einsamkeit erfuhr ich daß aus dem Feste eine Trauerscene wurde, ron der man
ziemlich lange sprach , weil ein solches Unglück der gesanimtc»
nichts, und Zeitungen zu lesen, dazu mangelte mir das Tanzwelt sehr nahe ging ; allein man hoffte, in andern Hau»
Geld. Achtzeh» Jahre war mein Jugcndgenosse älter ge fern werde der Bode» fester seyn , und in ter Tbar ist seitdem
worden, und die Sonne Indiens, verbunden mit den Un- fleißig getanzt worden . ohne daß wiederum ein Tanzboden
gemächlichkeiten, die ein Krieg in jenen Gegenden mit eingesunken wäre. In Paris gibt eS keinen Minister , keinen
Gesandten , keinen Marschall, keinen Generaldirektor, der nicht
sich führt, hatten feine Gesichtszüge verändert. Nun er wenigstens einen große» Ball im Winter gäbe; der kleiner«,
fuhr ich von Oliver Stewart, daß er nach seines Vaters die aber oft sebr glänzend sind, gibt es eine unzählige Menge.
Tode in einen unangenehmen Ehrenhandel verwickelt und Noch immer wird dn Opernball, so tkeuer er auch ist, fleis-
genöthigt worden sey , zu entfliehen. Um unerkannt zu sig besucht , obschon er erst um Mitternacht beginnt , man nicht
mehr daranf tanzt , und man die Damen nur in Dominos ver
bleiben , habe er sich zu einer Schauspielergesellschaft bege hüllt erblickt. DaS einzige Vergnügen auf diescv Bällen be
ben, die in der Provinz umhergezogen sey. Während dem steht darin , baß die unter ihren Dominos versteckte» Damen
wurde der Prozeß gegen ihn anhängig gemacht und endlich die nicht verkleideten Herrn ncckcn , ihnen ihre Hcrzensqeheim:
ZI2
nisse ob« häuslichen Angelegenheiten vorhalten, und sie iu widerstrebender Entschlüsse gegeben. Langsamer wirkt «uf den
An^- jagen , od« iln'e Neugierde aufs Höchste spannen. Do cdcln Makbeth die zauberische Verkündigung der künftige»
es nickt wohl möglich ist, die Neckenden unter ilnen Damnos Größe, indem die tpcilweise Erfüllung ihr gleichsam auf dem
und Maske» zu crratheu , so bleibt die Neugierde meist nnbe- Fuße folgt, als die schriftliche Nachricht davon auf
friedigt , und der geneckte Herr geht «st ganz irre über de« das herrschsüchtige GemütK semer Gemahlin wirkt. Das Weib
Vcrrath seiner Geheimnisse von bannen. Natürlich laufen wird schneller ergriffen von dem, was ihren Neigungen schmei
auch manche LiebeSintriguen mit unter, welche ans diesen chelt, als der Manu. In dem Briest, welchen bie Lady bcym
Bällen unter dem Schuge der Verkleidungen, leicht «usgespon- ersten Auftreten liest , liegt für sie gleichsam die berauschend«
uen werden können. Auch das Odeontheater und das Theas Kraft der HbUe. Gleichwohl darf die Lady nicht schon b e y m
ter der ?«rt« 8>. IVlarti» geben nach beendigtem Schauspiele L e se n dieses Briefs entschiede» seyn ; sie , die in der F o l g e
Bälle , die aber eben nicht auf Sittlichkeit Anspruch machen : ruft: „kommt jczt, ihr Geister alle, die in die Seele Mordge
außerdem bestehe» eine Menge Retouren ; die Theater, beson danken säen; kommt und entweibt mich Kier," darf nicht von
ders die kleiner», pflege» auch zum Fasching einige Possen vorne herein schon entweibt seyn, obgieich sie des Aeußer-
vorzubereiten. Diesmal waren deren wenigstens ein Halb- sie« fälzig ist. Wir müsse» sehen, daß sie , wobcy der Drang
dugcnd cinstudirt worden. Picard hatte inir Zuziehung ev der Begebenheiten, welche sie überraschen und berauschen, mäch
»es ungenannte» Mithelfers fürs Odeou die „Ephemere»" tig mitwirkt, eine Weiblichkeit z» unterdrücken hat, deren
geschrieben, eine Farce, worin ein Tbcaterdirekror iu der Unterdrückung sich denn auch wieder an ihr rächt, indem die
Verlegenheit ein Mittel sucht, die Klassiker und die Romantis Phantasie bie schrecklichen Scenen in^iyrcm Schlafwandeln
ker zugleich zu befriedigen, «eil immer eine Parthey ausbleibt^ wiederholt. Mag es nun auch schwer seyn, in dem engen
und der Saal halb leer ist. Ein deutscher Arzt magnctisirt Spielraum der ersten Scenen , wo Shakespeare, den großars
ihn , so wie die Schauspielerin, die er sich zur Frau auserses tigcu Gang des Ganzen im Auge habend, nur andeuten, nicht
Ken hat. Die bcydeu magnetisirteu Personen haben sonderbare ausführen wollte, ein de» Zuschauer befriedigendes Forts
Gesichte: sie sind in« Land der Ephemeren versiezt, wo mau schreiten zu vergegenwärtigen, so werden wir doch nimmer zu
an einem und demselben Tage geboren wirb, mannbar wird, geben , daß das Pathos , mit welchem Frau Birch den Brief
sich verheirathct, Kinder bekömmt und stirbt; dieß schnelle Ems Makbeths las . bie richtige Stimmung der Lady, von welcher
porwachseu der Personen ist eine Anspielung auf die romautis hier auszugehen ist, bezeichnete, oder daß diese Entschieden
sche Freyhcit, welche daS gauze Leben eines Helden oder ein» heit während des Lesens stattfinden konnte, wenn nicht der
Heldin iu den kurzen Raum eines Schauspiels zusammendrängt z Brief schon einmal gelesen worden. Etwas anderes ist eS,
gewiß hat Picard hier einige Trauerspiele Shakespeares im wenn die Schauspielerin, wie die berühmte BetKmami getha»
Auge gehabt. Es begegnet den Beydcn manches Abenteuer, hat, in dein Briefe still für sich lesend hereintritt, so baß sie
und als alles beendigt ist , und sie aus dein Schlafe erwachen, ihn zum zwevten Male laut vorträgt ; denn durch dieses Mit»
ineynen sie, die Darstellung ihrer Geschichte sc« ei» vortreffliches tel gewinnt sie Zeit znr Entwicklung und kann vor unfern
Snjct für Klassiker und Romantiker; denn einerseits übers Augen eine reichere Scale mimischer Zustände durchlaufen.
schreite dasselbe keineswegs die Regel der vievsund-zwanzigflüns Verbietet aber auch der rasche Gang tes Stücks, zu welchem
digen klassischen Dauer der dramatische» Handlung , uno an- den großen Dichter wohl ter mährchcnhafte Geist der alten Sage
dernseits würden bie Romantiker über die Darstellung des gan bestinunt hat, eine genaue, fleißige Ausführung, so muß doch
zen Lebens der Personen entzückt werden; beyde Parthcyen das Wesentliche und Nothwendige wie in einem geistreichen
würden folglich zn gleicher Zeit erscheinen und den Saal füllen. Holzschnitte angelegt seyn. In der Schlußscene dieser Rolle
Vielen Spaß gewahrte den Zuschauern das schnelle Emporwachs wirkte Frau Birch zu sehr auf äußern Schauder und Gräß
sen der Personen in der Posse, und als eine Satyrc über die auss lichkeit hin , da doch das innere Leiben , die unwillkübrlich her
scrordentlich lange Dauer der dramatischen Handlung in man- vortretende Unruhe der Seele das wahrhaft Schaudererregende
chem romantischen Stücke war dieser Spaß gar nicht übel. dieser Scene ausmacht. Die Schlafwandlern, war mehr ei»
Das l'Ke'älr» <>« !U»<i«n>e gab den .,l?rinee ck»r«u>nt ," wo lcichenhastes Gespenst «der eine baw Wahnsinnige, die nur
zu auch Scribe bcygetragen hatte. Ein Prinz , der nichts als widrig wirkte.
Mährchcn gelesen hat, will nur eine Fee heirathen, kann keine Die lezt« Gastdarstellung der Frau Birch war die der
finde» , hält eine alte Hofdame für eine aus einer Maus ver Czarin Sophie iu RaupachS Trauerspiel: „die Fürsten La-
wandelte Fee, und wird in eine Zunge Prinzessin verliebt, wansky." Nach meiner Ueberzeugung hatte bie Künstlerin
die er auch für eine solche ansieht. Das Stück wurde ziemlich stark diesen Charakter im Ganzen treu nach des Dichters Absicht
ausgepfiffen , indessen in Betracht des Karnevals ließ das Pu aufgefaßt und ohne fremdartige Schminke dargestellt; und
blikum es durchgehen. Ein anderes Theater führte den „gas- wenn ihr etwa bcßhalb der verdiente Beyfall nicht laut zu
conischen Barbier" »uf, der eins der vielen Schlösser in der Thcil wurde, fo liegt ber Grund wohl darin, daß das Publi
Lotterie gewinnt, welche durch die Frankfurter Lottcriekollek- kum , welches den lauten Beyfall zu spenden pflegt , sich in ber
torcn durch ganz Europa angeboten werden, und leider in uns Regel wie Zener Naturmensch zur theatralischen Kunst verlM,
frankirten Briefen. Auch auS dem Deutschen hat man einen welchen Koyebue in seinein „Landjunkcr in der Residenz" ge
Schwank enttehnt, bie „Studenten als Räuber;" diese und schildert hat. Uns ist iu dieser Darstellung nur die Ruhe der
mehrere andere Schwänke werden aber wohl nicht bis Ostern Darstellerin in der Scene des vierte» Aktes aufgefallen, in
aushalten , und das Schicksal der Ephemeren erleben. welcher MiboslcwSky ihr einen Entschluß abfordert , wo wir
Dg. vielmehr eine aus Erschöpfung hervorgegangene Erstarrung
selien. Mindestens trat der wahre Sinn dieser Scene nicht
Leipzig, März. genug hervor. Außerdem fanden wir auch in dieser Darstel
(Fsrtseynng.) lung ein oft zu starkes Betonen , welches die Deklamation mos
So hoch ich die erwähnte Leistung der Mad. Birch-Pfeifer noton macht. Im Ganzen haben wir gesehen, baß Frau Birch
achtete , so mißlungen schien mir ihre Kiesige Darstellung der in starken tragischen (Der Charakteren
Beschlußvorzüglich
folgt.) einheimisch ist.
„Lad« Makbeth," Shakespeare hat Her Darstellerin wenig Zeit
zur Fassung und Befestigung furchtbarer, der weiblichen Natur Be »lagen: Kunstblatt Nr. 2ö. u. Monatsregister Mörz.
Verlegt von der I. G. Cott«'schen Buchhandlung.
M o r g e n b l a t t

f ü r

gebildeteStändc.

Zwei und zwanzigster Jahrgang.

,..1 8 2 8.

April.

Wenn Geist mir Much ihr einet, und »venu in euch


Des Sckwercn Reiz nie schlummernde Funken nährt,
Dann «erden selbst der Apollonia
eifrigste Priester euch nicht perkennen.
L l o p st o ck.

Stuttgart und Tübingen,


im Verlag der I. G. Cotta'schen Buchhandlung.

1 S 2 S.
as „Morgenblatt für gebildete Stände" enthält folgende Artikel:
. I. Schöne Literatur. Uebersicht des Zustandes derselben in Deutschland, Frankreich, Großbritannien, )e. —
Kleine Aufsätze über schöne Wissenschaften überhaupt. — Kurze beurtheilende Anzeigen der neuesten belletristische»
Schriften: der Romane, Schauspiele, Almanache, Gedichte. — Gedrängte Auszüge aus seltenen interessanten Werken.
— Revision einzelner Necensione» aus den besten kritischen Blättern. — Nachricht vom Austande der ausländischen
schönen Literatur, besonders der Französischen, Englischen, Italienischen, Holländischen, !c. — Uebersetzungen als Proben.
II. Kunst. Kurze Abhandlungen über Gegenstände der Kunst. — Beurtheilung neuer Schriften: Malerev, Bild
hauerei), Baukunst, Gartenkunst ic., Auszüge. — Kunstnachrichten: Theater. Periodische Uebersicht des Zustandes der
Vorzüglichsten Schaubühnen in Deutschland, Frankreich u. s. w. Scenen aus ungedruckten Schauspielen. Musik.
Nachricht von neuen musikalischen Produkten. — Kurze Kritiken neuer Werke.
III. Beiträge zur Sitten- und Kultur-Geschichte einzelner Städte und Völker. Geselliges
Leben; Vergnügungen; Mode; Lurus; Sittengemälde der Universitäten, Messen, Bäder, Carnevals; zuweilen interes
sante topographische Schilderungen. '
IV. Biographische Skizzen. Einzelne Züge aus dem Leben interessanter Menschen. — Beiträge zur Bildungs-
Geschichte vorzüglicher Schriftsteller , Künstler. — Ungedruckte Briefe nach der Original - Handschrift. — Anzeigen von
den gegenwärtigen Beschäftigung?« der Gelehrten, ihren Reisen «.
v. Kleine Reise beschreibungen. Auszüge aus interessanten größern Werken dieser Art; kleinere Original-
Aufsätze.
VI. Gedichte. Oden, Lieder, Idyllen, kleine Balladen, Romanzen, Fabeln, Epigramme. — Proben aus grös-
e rn ausländischen und deutschen Gedichten. ,
VII. Miszellen. Anekdoten. Satvrische Aufsätze. Kleine leichte Erzählungen in Prosa und Versen; Räthsel,
Charaden und dergleichen.
VIII. Besondere Beilagen enthalten die Uebersicht der Literatur.
Alle Tage, mit Ausnahme des Sonntags, erscheint ein Blatt. In besonder» Intelligenz-Blättern «erden gelehrte
so wie andre Anzeigen bekannt gemacht.
Jeder Monat erhält ein Titelblatt, mit allgemeiner Inhalts -Anzeige.

In wie weit obiger Plan eine Ausdehnung erhalten hat, zeigt folgende Anzeige:
Seit einer Reihe von Jahren sind im „Morgenblatt" Aufsätze und Nachrichten über Gegenstände der bildenden
Künste geliefert worden. Zur besseren Uebersicht für Kunstfreunde wurde später eine eigene Bevlage unter dem Na
men des „Kunstblatts" für diesen Zweck bestimmt, die jedoch in ungleichen Fristen erschien, je nachdem Stoff
und Auswahl zu Gebote stand.
Die Liebe zur Kunst hat sich in den letzten Decennien, trotz Kriegen und politischen Umwälzungen, mehr und
mehr ausgebrettet und gesteigert; jetzt, nach eingetretenem Frieden, zeigen sich davon bedeutende Wirkungen, und las
sen den erfreulichsten Fortgang hoffen. .
Daher wird eine Zeitschrift, welche Nachrichten und Beurtheilnngen von allen merkwürdigen Erscheinungen im Ge
biete der bildenden Knnst gäbe, zum fühlbaren Bedürfniß, und die unterzeichnete Verlaashandlung wird auf Beyfall
rechnen dürfen, wenn sie unternimmt, das „Kunstblatt" in solcher Ausdehnung und Regelmäßigkeit erscheinen zu
lassen, daß es, diesem Bedürfniß entsprechend, den Lesern des „MvrgenblattS" eine bedeutende und interessante Zu
gabe sey , für Künstler und Kunstfreunde aber auch abgesondert eine ftlbstständige Zeitschrift bilde.
Man wird zu dem Ende sich bestreben, zunächst in zwey, wöchentlich erscheinenden Blättern so viel möglich voll
ständige Nachrichten über das Merkwürdigste zu ertheilcn, was in Deutschland und den übrigen Ländern in allen Thri
llen der Kunst, in der Malerey und den ihr verwandten Zweigen, dann in der Bildnerev und Architektur sich ereignet,
Beurtheilungen von Kunstwerken und Abhandlungen über allgemeine Kunstgegenstände zu liefern, und Bepträge zur
Geschichte der ältern und neuern Kunst zu sammeln. Hiermit sollen Auszüge aus ältern und neuer« die Kunst betref
fenden Werken, fo wie eine Uebersicht der neuesten artistischen Literatur und Beurtheilungen der bedeutendsten
Schriften dieses Fachs verbunden werden. Auch wird man darauf bedacht fepn, das Blatt mit Umrissen in Kupferstich
oder Steindruck befriedigend auszustatten.
Die Redaktion hat Hr. Or. Schorn, Verfasser der Schrift über die Studien der griechischen Künstler, übernommen.
Wir stellen nun an alle Freunde und Kenner der Kunst die Bitte, unser Unternehmen durch Bevträge an Origi
nal- Aufsätzen und Nachrichten kräftigst zu unterstützen. Besonders ersuchen wir auch Künstler, uns von ihren eige
nen, oder den in ihrer Nähe entstehenden Kunstwerken Notizen einzusenden, damit die Uebersicht möglichst vollständig
werde. In allen Beziehungen wird Man stets den Grundsatz strenger Unvarthevlichkeit befolgen, »nd wir glaube»
deßhalb die bereits i» den bedeutendsten kritischen Zeitschriften angenommene Regel, alle Beurtheilungen mit
Namens Unterschrift oder anerkannter Chiffre zu versehen, auch für nnfer Blatt feststellen
zu müssen. Dieß wird die Redaktion vor jedem Verdacht ungegründeten oder ungemessencn Lobes oder Tadels
schützen, und dazn beytragen, unsrer Zeitschrist den edlen und anständigen Ton zu erhalten, welcher überall vor dem
Publikum, und besonders, wo von den höchsten Fähigkeiten und Gütern des menschlichen Geistes die Rede ist, beobachtet
werden sollte. ^
So wie nach obiger Anzeige der bisher für das „Kunst-Blatt" bestimmte Raum nicht zureicht, wenn für dieses so
interessante Fach dasjenige geleistet werden soll, was das gebildete Publikum davon erwarten kann, eben so ist es
der Fall mit dem „ L i te x a tu r - B l» t t." — Der bisher ihm gewidmete Raum ist zu beengt. — Wir sehen uns daher
genörbigt, auch diesem Theildes „Morgenblatts" eine größere Ausdehnung z« geben, um unsere Leser mit den neue
sten Erscheinungen der Literatur , die, ohne zu den strengwissenschafrlichen ju gehören, von allgemeinem Interesse sind,
bekannt machen zu können.
Diese gedoppelte Ausdehnung , zu der wir genötbiqt sind, wenn wir wirklich den fiir «riwdung des „Morgen-
blatts-i beabsichtigten Zweck vollkommen erreichen wollen, erheischt natürlich auch größere, bedeutende Auslagen, und
wenn wir gleich durch das Opfer, doS wir bisher durch die, diesem Zweig bestimmten Beilagen brachten, hinlänglich
zeigten, daß wir zu jedem neuen möglichst bereit sind, so können wir dieses bey der Vermedrung von 4 — 5 wöchent
lichen Beylagen damit nur deweisen , daß wir blos auf die Hälfte dessen . was wir nach dem bisherigen Preis d<S „ M o r-
genblattS" dafür fordern könnten, Anspruch machen, und für diese Ausdehnung mit dem kleinen Aufschlag von
s fl. oder i Rthlr. » Gr. für's Halbjahr unS begnügen.
Sollten Künstler und Kunstfreunde das,, Kunst-Platt« einzeln halten wollen, so wird diesen der halbe Jahr
gang für z fl. erlassen. Daö Gleiche gilt für einzelne Bestellungen des „Literatur -Blatt«.«
Für diejenigen Liebhaber aber, welche bevde, daö „Kunst-" und „Literatur-Blatt", miteinander zu haben wün
sche«, kostet der halbe Jahrgang n»r s fl.

Der halbe Jahrgang des „Morgenblatts", mit Einschluß des „Literatur-" und „Kunst-Blatts", würde
also kosten M tu fl.
Der halbe Jahrgang des „Literatur-" und „Kunst-BlattS" ohne das „Morgendlatt" ... 5 fl.
Der halbe Jahrgang von jedem dieser Blätter einzeln, nämlich das „Literatur-Blatt" ..... z fl.
das „Kunst-Blatt" z fl.
Für diesen Preis kann, nach Uebereinkunft mit dem Löbl. Haupt-Postamt in Stuttgart, das „M orgenb^att"
in Würtemberg, Bayern, Franken, am Rhein, Sachsen und in der Schweiz durch alle Postämter bezogen werden.
I. G. Eotta'sche Buchhandlung.

I n h l t.

(Die Zahl zeigt die Nummer des Blattes an.)


Gedichte. Vom Kontrast der Farbe». 101.
Napoleon, von I. Tegne'r. 8«. Künstliche Donnerkeile. 1U5.
Henninia'S Flucht, von Folien. »2. 8t. 87. 89. 95. Aufsätze gemischten Inhalt«.
Trost eines Naturpi,ilosopl,en an seine Gclicbte. 92. Ueber Kallifllienie oder Gymnastik des schonen Geschlechts.
Prolog zu „Albrecht Dürer in Venedig", von Schenk. 95. 8«. 8l.
Der Thautropscn. 98. «u« Jean Paul« Nachlaß. 8t. 9t. 9Z.
Ein Gedanke Hey der Srunbfleinlegnng zu Dürers Denk Tl'ümmel an Archenyolz. 85.
mal. 98. Anekdoten. 85. 96.
An den Baron ». Zedlitz. t»S. Ankündigung einer SchalttagSzeitung. 86. 87.
RZtysel: Ja, Jakob, Jokobi , Jakobiner. »Z. Da« Herz. Gaben des Augenblicks , von Mbnnich. 88. 99.
89. — Palindrom. Elle. 95. — Logogryph. Bache. Wieland an Archenyolz. 90. 95. t«5.
Bach. t«t. Meißner an Archenholz. tl>4.
Erzählungen und Romane. Der republikanische BarbarcSke. 94.
Die vier Norweger, von Henrich Steffens. Viertes Bruch, Erinnerungen an Schweden unter Gusta» IU. und Gustav IV.
stü«. 79. 8«. 81. 82. «5. 84. »5. »S. 87. 97. 9«.
Les RocherS, von Lady Morgan. 88. 89. 9». 9l. 92. Korrespondenz.
Joseph und William. 94. 9S. Leipzig. 79. - Hamburg. 8l. 85. 84. 85. 86. 87. - Lau«
Burg Elmenstein, »on Schreiber. li)U. tvt. t02. 105. t<>4. sänne. 8l. - Petersburg. 82. - Pari«. 85. 84. 98. 99.
Länder, und Völkerkunde. tun. t«2. t»5. t«4. - London. 85. 86. t«I. t«2. t«Z.
Die Finnen. 79. «erlin. 79. 8«. 87. 9l. 92. 95. 97. 9«. 99. tl>«. -
Eyoratterzüge der Italiener. 89. 9«. München. 88. 89. 9«. 85. 94. 95. 96. 97. - Halben
Dn Englinder in Paris. 95. 94. stadt. 83. - Seraing. 89. - Hall. 9t. - Dresden.
Gemälde des römischen VolkScharatterS. 96. 10t. 95. 96. /
Die Moldau und die Wallachey. 99.
Reisen. K u n st , B l a t t.
Reise »on Mendoza auf den Gipfel der Kordilleren. 83. Nro. 27.
Der Kirchenbau zu Gran in Ungarn. (Beschluß.) — Kunst»
Naturwissenschaftliches. auSflellung in Pari«. (Forts.)
Bemerkungen zur Charakteristik der Hausthiere. 82. 8Z. L4> Nro. 28.
«5. Kunstausstellung in Pari«. (Forts.) — Alterthömer »on Nord
Ueber die PwnetarsZusammenkünfte. 91. 92. amerika. — Neue artistische Werke.
Ueb« die Meynungen verschiedener Zeitalter »om Sitze der Nr«. 29.
Seele, von Autenrieth. 9«. 97. 93. 9S» Ivo. t«1. IvZ. Gedanken über die
Nro. Zg. Nro. ZI.
Gedanke» über die Landschaftmalercy. (Forts.) — Frühere Reise-Literatur. Reise in die Aeauinoctial-Gegenben des
englische Akademiecn der zeichnende» Künste. — Nene Kupfer? ncucn Kviitiizenrs in den Jahren 1799 — I8U4, Verfaßt
sttche. — An« London. — Neue Kunstwerke. von Alex. ». Humboldt und A. Bonplond. Fünfter Thcil.
Nro. ZI. — Dichtkunst, j, ttl«>,»l«ckii qui«ä«ciu> eirmin» I»>
Albrccht Dürers Säkularfet?« i» Nürnberg. — Gedanken tinis metri« re<I6«ri te«t«v>t, texlumque vernieuluv» eck
über die Landschastmalcrcy. (Forts.) jecit ilbei-lus ttn«pp, »cce«sit «6pen6ieul». — 2, Gries
Nro. Z2. chifche Gedichte, vo» I. CK. G, Zimmermann.
Albrccht Dürtts Säkularster i» Nürnbng. (Forts.) Nro. Z2,
Nro. zz. Reise-Literatur. I^ettres 5ur I» Luis,« et I» v»x» öe»
Der Saal der Muse und der Niobiden-Soal in der Glypto l»ri»«k>» , p»r ^»«ui» Fleeste cke LK«ou^5 Voutlasill«. —
thek in München. — Neue Kunstwerke. Pädagogische Literatur.
Nro. ZI. Nro. ZZ,
Albrccht Dürers Säkularscycr in Nürnberg. (Zweiter Bericht.) Reise-Literatur, l^etire, »ur I» 8ui»,e e,t I« p«v» >Ios
— Gedanken über die Landschaftmalevey. (Forts,) Orizon, etc. (Beschluß.) — Italienische Literatur.
Llozi» ö«I O«e6i,,«I» ?ie>ro LemK« >»uliblic»l« i» occ«>
Ziov» ckell' ingrez»« cki Klon», elc.
Literatur« Blatt. Nro. Z4.
. , Nro., 27. Biographie. Motic, ,ur IVl. le ö«?«,, 6« ötokl Holitei»,
Lvrisclie Dichtkunst. . lue » I» i>«ciete ck'ulilii« publique z>»r (2 IVIonn»r<I —
Nro. 23. Alterthnmskundc. Nachrichten über die früheren Ein
Lyrische Dichtkunst. (Forts.) wohner von Nordamerika und ihre Denkmäler. — Rbmi,
Nro. 29, sche Literatur.
Lyrische Dichtkunst. (Forts.) . Nro. ZZ,
Nro. Zg. Lustspiel. Albrecht Dürer. Lustspiel in einem Aufzuge von
Lyrische Dichtkunst. (Beschluß.) -Vermischte Schriften. Edimrd Schegk,
Lcbensansichten von Willemer. Zwey Tlieilc. — Roma n.
^ Red Rover. Aus dem Englischen des Cooper von Gottfried
Friedenberg. Drey Bände. Berichtigung.

A n z e igen.
s.202) In unferm Verlage ist erschienen und in allen 02291 Der Protestant.
Buchhandlungen zu haben: Zeitschrift für evangelisches Christcnthum, zur Er«
Geschichte Preußens, bauung uud geschichtlichen Belehrung Gebildeter,
von dcn ältesten Zeiten blö zum Untergänge der herausgegeben von Dr. G. Friedrich. Zweytcr
Herrschaft dcS deutschen Ordens, von Johanne« Jahrgang 1828, Januar bis Dezember, gr. 3.
Voigt, isicr Bd. Die Zeit des HeidenthumS. geheftet 4 Rthlr. oder 6 ft 48 kr.
(Mir einem Kupfer). Preis Z Rthlr. i5 sGr. Wegen des Andrangs von zeitgemäßen Vertrügen, de
2ter Band. Die Zeit von der Ankunft des Or< ren Aufnahme nicht verfpütet «erden darf, damit sie nicht
dens bis zum Frieden 1249. (Mit einer Karte an Interesse verlieren, erscheint diese Zeitschrift nun in
der altci, Burgen Preußens.) Preis Z Rthlr. monatliche» .Heften, und enthält von jezt an auch haupt
sächlich eine alsbaldige Widerlegung dessen, was die römi
Obwohl die Subscription auf dieses Werk bey dem Er schen Zeitschriften von entgegengesezter Tendenz wid r
scheinen des ersten Bandes geschlossen wurde, so sehen wir sie darbringen, gur Empfehlung derselben glaubt der Ver
unS, in Folge vielfacher Aufforderungen , veranlaßt dieselbe leger nichts hinzufügen zu dürfen, da die bevden ersten
auf die noch riicht erschienenen 5 lezten Bande nochmals Hefte bereits an alle Buchhandlunge« versandt, und daher
zu eröffnen. Dennoch haben die bisherigen resp. Subscrt« überall zur Einsicht zu erhalten sind. Das Mörz - und
denken den billigen Vorzug, daß ihnen die ersten bevden April-Heft erscheine» noch i« diesem Monat, und die fol
Bände statt sZ Rthlr. nur « Rthlr. koste» , wogegen de» genden Hefte werden regelmäßig jeden Monat ausgegeben.
jezr eintretenden Käufern die folgenden Bände ebenfalls Der Preis für wenigstens 72 groß Oktavbogen ist deßwe-
für den Subscriptions-Preis, welcher für jeden Band nicht gen so äußerst billig gestellt, damit auch Minderbegüterte»
über 2 Rthlr. betragen wird, abgelassen werben sollen. die Anschaffung erleichtert und derselben ei« um so grös
Der Ladenpreis wird , wie es bey den ersten bevden Bän serer Wirkungskreis bereitet wird.
den geschehen ist, bedeutend erhöhet werden und der zte
Band im Laufe des nächste» Sommerö erscheinen. Frankfurt a. M., den s. April 1828.
Königsberg, im Dez. I3S7. 9. D. Sauexländer.
Gebrüder BorntxSger.
79.

M o r g e n b l a t

f ö r

gebildete Stände.

Dienstag, i. April i 8 2 8.

— Solch «in Trugbi<b soll dir <Sr»nbgebcku'


Wo» deiner Pflicht und Hoffnung, deinnn (Slöck
Und Unglück sen»? Auf einen Schallen willst
Du flüvn, dich? nnd einer Wabngeflolt
Gedanken, Wirkung, Zweck des Lebens weih«?
Herde r.

Viertes Bruchstück aus dem neuen NovelleueykluS; Ein Engel mit einem flammenden Schwerdt wehrt mir die
Rückkehr. Mein Schwager theilte seine Seit zwischen
Die vier Norweger. ' Trudle,, und Dienstgeschäfte» ; die Abende wurden der
Von Heinrich Steffen«. stillen Unterhaltung gewidmet; zuweilen erschienen Freun
Sie werden es schon errathen haben, daß ich ein de; meist waren eö Gelehrte, und ich erinnere mich nie
geborner Deutscher bin. Ich bin in Hannover, nicht weit eine lärmende Gesellschaft erlebt zu haben. Besonders
von Göttingen geboren. Mein Vater starb früh, meine liebte mein väterlicher Erzieher die Alten. Auch ich ward
ältere Schwester heirathete einen preußischen Offizier, der frühzeitig für die geschichtlichen Studien gewonnen. Die
früher in Göttingen studirt hatte, und mit Bewilligung Schicksale der Völker, die schönen Zeiten , die großen Ge
meiner Mutter nahm mein Schwager mich in sein Haus stalten der alten Weit beschäftigte« mich fortdauernd. Die
auf, um meine Erziehung zu vollenden. So kam ich als Lehrer waren mit mir zufrieden; der Schwager glaubte
achtjähriger Knabe nach Berlin. Es war jene glückliche mir eine glänzende Zukunft versprechen zu können; die
Zeit, in welcher leidenschaftliche Meynungen Suropa noch Mutter, die uns öfters besuchte, die fromme Schwester,
nicht in gährende Bewegung versezt hatten. Mag auch freute» sich über meine Forlschritte. Jeder Morgen ver
Manches an dieser Zeit und ihrer herrschenden Gesinnung einigte uns zum stillen Gebet, jeder Sonntag wurde durch'
zu tadelu sevn, so wird man dem innerlich zerrissenen, einen häuslichen Gottesdienst gefepert, der öffentliche nie
von dem Strudel einer verworrenen Zeit Ergriffenen versäumt. Alö ich älter ward, merkte ich wohl, daß mein
verzeihen, wenn er mit Wehmuth an jene verschwun Schwager die religiöse Richtung nur duldete. Wenn Freun
denen, friedlichen, freundlichen Tage zurückdenkt, de zugegen waren , vernahm ich Angriffe auf den Glauben,
die die Jahre seiner Kindheit, seiner frühern Jugend der mir so heilig war ; denn fromme Gefühle durchdrangen
noch in der Erinnerung fo anmuthig gestalten. Meine mich von früher Kindheit an. AlS ich heranwuchs , stellte
Schwester war eine treffliche Frau. Sie gebar erst einen ich selbst religiöse Betrachtungen an, trug sie vor und fühlte
Sohn, dann eine Tochter, und Bepde betrachteten mich mich in solchen Beschäftigungen äußerst glücklich. Wie oft,
als ihren altern Bruder, ja sie nannten mich so. Wir wenn ein Abcndgespräch zwischen meinem Schwager und
wohnten in einer entfernten Gegend der Stadt. Unser seinen Freunden bedenkliche Zweifel erregte, l»t ich im
geselliger Kreis war beschränkt wie unsere Wünsche. Sin Stillen Gott, daß er doch meinen Glaube» lewahren
Garten hinter dem Hause, mit großen , alten Bäumen, möge! — Aber diese Verschiedenheit der religiösen lieber-
schwebt mir noch wie ein verlornes Paradies vor der Seele. zcugung störte den häuslichen Frieden nicht. Meine Schwei
?l4
ster mar die lieblichste, sanftmüthigste Frau, die ich je dieses frische Erzeuguiß eines noch unschuldigen Jubels,
mals sah. Sie war der Engel, der, meine Kindheit, der siel in meine Hände. Ich sah die kühnen Redner die Ti
meine Hugend bewahrte, ,<den ich leider verscheucht habe. sche besteigen, ich hörte- ihre Rede»?— Necker verläßt uns!
Kleine Mißtöne verklangen leise in'dem ruhigen, melodi erscholl es ; obgleich ich ihn, seine Verhältnisse, seine Ver
schen Leben; ich verehrte meinen Schwager, an meiner dienste kaum kannte, so traf mich dennoch diese Nachricht
Schwester hing ich mit ganzer Seele, und die fröhlichen, wie ein Blitz. Keinen unter den im Palais royal stür
herrlichen Kinder liebte ich innig. Mitten in dieser schein misch Versammelten konnte die Nachricht gewaltsamer er
barer Ruhe lauerte dennoch still und heimlich der Dämon, greifen, als mich,^der ich sie von einem Unbekannten, ru
der mein ganzes Lebensglück vernichtete^ Wie hxite^ wie hig auf meiner Stube sitzend, vernahm. Ich lief ängstlich
unschuldig erschien er mir, wie lockend war scinc Stim mit dem Hänfen, ich stürzte in die Bastille hinein, befreyte
me! Ich war zwar heftig, aber weich, nach dem heftig die Gefangenen. Ich war seltsam ergriffen, mein Puls schlug
sten Aufbrausen höchst nachgiebig. Ich konnte wie wüthend heftig, der Athem fehlte mir, es war mir, nachdem ich
auf einen Gegner losstürzen , aber wenn mein Arm das Buch durchflogen hatte, als hätte ich mich eben er
über ihm schwebte, drohend mit einem gefährlichen Schla schöpft, erschüttert, aus dem furchtbaren Getümmel geret
ge, war er plötzlich wie gelähmt, «nd^dOgeballtr Faust tet ans meine einsame Stube. Als ich nun aber das Un
siel sanft auf die Schultern herab. Diese GutmütKigkeit geheure, das Große, was ick gelesen, erlebt hatte, im
stumpfte den Widerwillen gegen meine Heftigkeit ab, und Zusammenhang überdachte, da schien mir die schwere Decke,
mein Schwager glaubte immer einen jungen Mann zu er die eine kühne Vergangenheit von einer bedeutungsvollen
ziehen, der in der Zukunft vielleicht manche Unannehm Zukunft, wie ich sie erwartete, trennte, plötzlich zerrissen ; -
lichkeit erleben, aber doch sich leicht in die bestehende alte Zeiten wurden jung, die eingeschlummerte Geschichte
Ordnung fügen werde. schien mir wach zu werden, der gewaltige Riesengeist ver
Aber diese scheinbare äußere Ruhe verbarg die heftig gangener Jahrhunderte regte sich nach langem Schlummer,
sten inneren Kämpfe. Je älter ich wurde, desto weniger und laut donnernd tönte seine Stimme in die Welt hin
sprachen mich die geselligen Verhältnisse an. Die Zeit ein, daß salle schlafenden Geister nun aufwachen mußten. —
schien mir, verglichen mit der großen Vergangenheit, klein, Ja, ja, ich höre dich , der Donner deiner Stimme schreckt
erbärmlich. Die kühnen Gestalten einer gewaltigen Ver mich nicht, ich bin dein, rief ich. Ich war es.
gangenheit schwebten lockend vor mir ; religiöse Zweifel (Die Fortsetzung folgt.)
zerstörten die Ruhe des kindlichen Glaubens , und jemehr
der fromme, andächtige Sinn mir gewesen war, desto tie
fer wühlte der Zweifel in meinem Innern. An die Stelle
der gläubigen Ergebung, die das Nächste, das Dargebo Die Finnen.
tene mit Ruhe pflegt, trat ein unendlicher Thatendurst, Ich verließ Röraas den 2«. Juli i 821 in Gesellschaft ei
der sich, um mein oft beunruhigtes Gewissen zu beschwich nes jungen Dänen. Die Absichrunserer Reise war, eine Kolo
tigen, in das lockende Gewand des Entschlusses, für das nie Finnen zu besuchen, die schon lange ungestört nahe bey
Wohl der Menschheit mich zu opfern, hüllte. Ich konnte Röraas in den Gebirgsgegenden lebt, welche Schweden von
nicht ohne geheime Angst daran denken, in den knechtischen Norwegen trennen, und die Gewohnheiten und das Ansehen
Staatsdienst zu treten. Um diese Zeit, ich war damals ihrer nordischen Stammcltern bewahrt hat. Die Kolonie be
siebzehn Jahre alt, brach die französische Revolution ans. steht ans ungefähr fünfzehn Familien , ist aber über einen
Wer weiß nicht, wie dieses Ereigniß, einem Erdbeben ziemlich bedeutenden Strich Landes zerstreut, da gewöhnlich
gleich, ganz Europa erschütterte? Nicht blos die Jugend, nur zwev bis drcy Familien zusammen leben. Sie bleiben'
nicht blos die Heimathlvsen, dtt> für ein unsicheres Da- immer im Gebirge , verheirathen sich nur in ihrem Stam
seyn kämpfend, eine jede Unruhe begierig ergreifen, er me und behalten ihre eigenthümliche Sprache, Kleidung
warteten Alles von der Revolution. Hohe und Niedere, und Sitten mitten in einem civilisirten Lande. Auf der
Minister, ja Fürsten sahen in ihr die Morgenröthe einer Gränze zwischen zwey Ländern betrachten sie sich als un
neuen Zeit. Allmöhlig drang die Ansicht durch, daß im abhängig von beyden und begeben, sich abwechselnd von
Fortschreiten der Zeit sich Mißverhältnisse gehäuft hätten, Schweden nach Norwegen und umgekehrt, da sie selten
die immer drückender geworden, daß durch einen großen, länger als einen Monat auf derselben Stelle bleiben, well
tief eingreifenden Prozeß das Gleichgewicht der einander in dieser Zeit gewöhnlich das Futter für ihre Ncnnthiere
widerstrebenden Massen erzielt werden müsse. Auf mich erschöpft ist. Die ersten zwanzig Meilen führte uns un
wirkte dieses Ereigniß nur gar zu entscheidend. Schnlz's ser Weg durch Wälder von verkrüppelten Birken, welche
bekannte, begeisternde Nachricht von den ersten Auftrit längs dem Ufer der Seen wachsen ; wir fuhren mit einer
ten im Palais royal, von der Erstürmung der Bastille, Führe über den See Orsnad im Nordosten von Röraas
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und wechselten Pferde in Brakke; bald war nun jede Spur andere »ach Röraos geben, um die Hiute und das Fleisch
eines Weges verschwunden , und wir singen an das Ge der Renntbiere zu verkaufen und Branntwein und Taback
birge zu besteigen. Der Abend war wunderschön und un- dafür einzukaufen; noch andere sind gelegentlich beschäftigt,
ser Ritt sehr interessant mit der Aussicht auf die großen die verlaufenen Renntbiere auszusuchen. Sie hängen die
Leen und an den Seiten der mit Schuee bedeckten Berge mit Waaren angefüllten Körbe über eins ihrer besten Reun-
bin. Um neun Uhr Abends erreichten wir eine alte fin thiere, ein kleines Mädchen sizt zwischen den Körben, und
nische Niederlassung ; unser Führer schien nicht recht zu so traben sie acht bis neun englische Meilen in der Stunde.
wissen, wo wir waren, und ich begann einen langen und ES war cilf Uhr, aber hell genug zum Lesen oder
wahrscheinlich zwecklose» Ritt zu fürchten , da gewahrten Schreiben , die Hütten waren ungefähr fünf Fuß Koch, und
wir zu unserer großen Freude ganz frische Rennthierspu- hielten am Boden neun oder zehn im Durchmesser; sie
ren im Schnee und säumten nicht, sie zn verfolgen ; bald waren aus Pfosten erbaut, die oben zusammenliefen, und
hörten wir auch das Geschrei) der Thier? und sakcn den mit Rasen bedeckt. Die kleine, zusammengeschrumpfte
Rauch von Hütten über dem Hügel aufsteigen ; wir erho Alte stand neben mir und batte kaum ein menschliches An
ben ein Freudcngeschrey, als wir den Gipfel des Hügels sehen ; Frau IonaS, mit der kleinen Segrid im Arm, gab
erreichten und die WoKnungen unter uns erblickten. Ein Acht ans das Laden der Rennthiere, während Jonas und
kleines flnnifchcS Mädchen, die ihre Arme um den Hals der Mann mit dem fliegende» Haar sich beschäftigten, uns
eines großen Hundes geschlungen hatte , der einem Wolfe Menntbierselle zum Besehen zu dringen und uns mir Käse
sehr ähnlich sah, lief unö aus der Hütte entgegen, wobey und Milch zu versorgen; erstercr war ganz fade, allein die
sie den Hund mit aller Kraft zurückhielt, damit er uns Milch hatte einen vortrefflichen, obgleich sonderbaren Ge
nicht anfallen möchte; die Familie, sagte sie uns, sev aus schmack, cm wcnig der Kokusmilch ähnlich. Sic Icdcn
gegangen, jedoch ganz in der Nähe, um die Rennthicre zu gänzlich von dcm FIcischc, der Milch und dem Käse der
melken sie brachte unö dann zu einem Gehege von Virken Neniithirrc, gelegentlich bekommen sie ein wenig Brannt
zweigen , worin wir die ganze Familie fanden, aus vier wein und Taback, iworauf sie fehr begierig sind. Wir
Generationen Finnen und ungefähr 5«» Rennthicren be wurden bald fehr gute Freunde; sie luden uns ein, sie in
stehend. Ein «eines Kind , von dem nur der Kopf zu se- ikren Hütten zu besuchen, und mit einiger Beschwerlichkeit
Hen war, schaukelte sich in einer Wiege von Baumrinde, krochen wir durch eine zwey Fuß weite Oeffnung in
die an den Zweigen einer Zwergbirke aufgehangen war. ein HauS, die ganze Familie folgte, sczte sich um das
Einige waren beschäftigt, die Rennthicre, die ruhigsten Feuer herum, und so schwaztcn wir recht gemütblich, ob
Thiere, die ich jemals gesehen, zu melken. Der Haus gleich es ein wenig zu warm und etwas räucherig war.
Das HausgcrätK bestand aus einigen Bärenfellen zum
herr war zu einem Freunde zum Besuch gegangen. Sein Schlafen und ein Paar Büchern, hauptsächlich Bibel» »ud
Sohn Jonas kam uns mit seiner Frau aus dem Gehege Gebetbüchern i» norwegischer Sprache. Der Titel eines
entgegen und lud uns sehr höflich ein , zu den Rcnn- dieser literarischen Scbättc belustigte mich sehr, er lautete!
thieren hereinzukommen. Jonas Frau schien das Haus ..Zum Gebrauch der Dummen." Ehe wir sie verließen,
dankte uns eins der Weiber, die der Branntwein beredt
wesen zu beherrschen und mit der ganzen Familie nach gemacht, sehr warm sür unser» Bestich der Vogel des Ge
ihrem Gefallen zu verfakren. Die Familie bestand aus birges, und g ilibte, wir scyen Engel vom Himmel, ge
zwölf Personen, und die merkwürdigste derselben war sandt, um ihnen Branntwein zu bringen.
eine alte Frau von achtzig Jahren, die Großmutter austreiben Nachdem wir die Renntbiere hatten sür die Nacht
sehen, denen das kleine Mädchen und ihr Hund
der kleinen Segrid, die sich in der Wiege am Baum folgten, um sie zu hüten, »ahmen wir Abschied; Frau
schaukelte; die alte Dame war in Mennthierfclle ge Jonas fürchtete, wir möchten uns in diescrWclt nicht wie
kleidet, die halb auf ihre Beine niederfielen, und trug der sebcn, boffte aber auf die künftige ; und so trennten wir
uns, und glaubten unS hinlänglich süc die Beschwerde»
eine Art Halbstiefeln , ebenfalls von Rennthierfcll ; ihre unsers Ausflugs durch die Bekanntschaft mit diesen son
Augen waren bevnahe geschlossen, und der Ausdruck ibreS derbare» Wesen belohnt.
Gesichts sehr kalmückisch; sie war ungefähr vier Fuß hoch.
Jonas Bruder zeichnete sich durch eine Fülle rabenschwarzer Korrespondenz- Nachrichten.
Haare aus , welche ihm bis zur Hälfte deS Rückens hinab Leipzig, März.
hingen, und ihm ein wildes, sonderbares AuSseben gaben, (Veschlus,.)
Die zwcvtc Darstellung de« Herrn Ldwc nach dein Fer
besonders wenn der Wind durch seine Locken pfiff. Als dinand in ^.Kabale und Liebe" war dir de« Herr« von W i-
das Melken vorüber war, bcwirihcr^i wir sie mit etwas burq i» ..stille Wasser sind tief." Sie war die wirksamste.
Branntwein und Taback, und dicß öffnete die Schleusen Hr. Ldwc löst die Aufqabc, »,»cr der waliracnommene» Maike
ihrer Beredsamkeit. Sic erzählten unS, wie sie beständig zu der Einfalt den Zuschauer den qebildetcn Mann wavrnci'incn
lassen . und jene allmäklig abzuwerfen , ei ne rol, qegcn das
den Tag mit Gebet anfingen, wie sie die Menntbicre Mor Weib zu werde», mit anaenehmer c?ewandtkeit ; er inichic darin
gens und Abends melkten ; einige machen Kase, während kaum übertreffen werde». Sein einnehmender Anstand, seine
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Routin?, sich auf der Bühne angenehm zu zeigen , ist für die Berlin, Februar.
Konvcrsationssphäre ein Talent, welches auf der Bühne ge
genwärtig selten ist. Vielmehr, ja fast unerreichbares fordern so können die Berliner dießmal wie vonundeinem
„Das Karneval ist , Sott sey Lob Dank : zu Ende,"
langweiligen
wir von dem Darsteller des Egm vnt. In dem Vortrag der Sonntage sagen , der uns gerade darum so wenig befriedigt,
Rede vermißte man bey Hrn. Löwe jene innere Lebcnswärme, weil die gewöhnliche WerttagSarbcit bey Seite gelegt ist , und
welche' die Sicherheit und de» Fall des Egmont vermittelt. In sich nun Jedermann berechtigt glaubt Höheres , Besseres , oder
dessen gestehe ich, daß mir auch fönst die mimische Ausfüh doch wenigstens Neues und Belustigenderes zu fordern. Ein
rung poetischer Rollen von Seiten dieses Schauspielers im Karneval, daS nur das Alltagliche i« seiner bekannten Gestalt
mer wie eine Art leichter Skizzen vorgekommen ist. Unter den wieberholt, ist wie eine mit Pomp angekündigte festliche Stadt-
üvrigen mitspielenden Personen glaube ich die Leistung des illumination , während doch nur. Wie täglich. Wen» nicht ge
Hrn. Devricnt in der schwierigen Rolle des Brakcnburg her
vorheben zu müssen. Mau sah ihr das ernstgemeinte Streben rade Mondschein im Kalender steht, die Straßenlaternen an
gezündet werden. Won acht Tagen zu acht Tagen, also schon
an , diesen Charakter nicht ganz in leerer Weichheit aufgeben weit ini Voraus, waren stets nur die leztcn drey Spontini-
zu lassen. Ein ernstes Streben läßt sich auch in der Darstel schcn Opern in den Zeitungen und auf den Theaterzetteln an
lung deS Klarchens von Seiten der Frau Genast nicht ver gezeigt ; wenn sie nicht immer gegeben Wurden , wenn sich
kennen ; aber es ist die geniale Leichtigkeit und Natür „Alceste," „Jphigenia," «der auch „der Maurer" dazwischen scho
lichkeit, welche man in Klärche» sehen will, und die eben ben, so verdankte das Publikum diese Gunst der zufällige« Heiser
mangelt , wenn mau darnach strebt. Die VolkSscene« hatten keit irgend einer Sängerin oder auch der plötzliche» Krankheit
nicht die frühere Lebendigkeit. Warum?
Raupachs Schauspiel: „Vormund und Mündel," welches des Tenoristen. ES ist imincr zu bedauern, wcmi au der
Spitze eines so bedeutenden Instituts, als die Berliner Oper
das erste Mal mißfallen zu haben scheint, kam das zweite Mal ist, ein Mann fleht, der oft z« glauben scheint. Sänger,
bey sehr leerem Hause zur Aufführung. Indessen muß ich Schauspiel», Geld, Publikum, j» die ganze Kunsrwelt sey
de» darstellenden Personen das rühmliche ZeugniK geben , dag uur seiuetwegein da. Die Bälle im Saale des Schauspielhau
man keinen Einfluß von dieser Lauheit deS Publikums für dieses
Stück a» ihnen wahrnahm , fondern im Gegcntheil das ernfl- ses habe» auch ihren Charakter, der weniger in dem bunten
Gewühl und im Glänze, als in der hohen Anständigkeit der
lichstc Streben, die interessante Aufgabe würdig zu lösen, und die Versammlung lag, verloren, seitdem man im Publikum von
Aufmerksamkeit der Versammlung auf die in «er That ver
dienstliche Schilderung hinzulciten. ES »Kzt nicht«, wie hier, mancher Unanständigkeit hat sprechen hören, welche, wenn
zwar nach dem Abendessen , soll zum Vorschein gekomme» sei
von unbekannter Hand im Leipziger Tageblatt geschah, dem Daß die Rcdoute» ebenfalls nichts weniger als das Asyl
Publikum etwas , was ihm einmal nicht zugesagt bat, apologi-
slrend zu empfehlen ; eine solche Arbeit bedarf der Lobrede eine« Anständigkeit scycn , ist schon früher erwähnt. Als einen
st» größeren Akt der Herablassung muß man es daher hervor
Vluonyincn nicht, unbdiec»xt»tic> bonevolenli» und Appellation heben,
an die Bildung des Publikums verfehlt in solchem Falle ihren kleidetendaß es inifer Hof nicht verschmäht hat, sich dem ver
Publikum auf der leztc« Redoute i« den prächtigsten
Zweck, weil man dem Empfehlenden immer einen Zweck un
terlegt, der große Hanfe ab« sich nicht gern bevormunden An- und Aufzügen zu zeige», und in Eharaktermasken un
ter die Fledermäuse zu treten. Wenige Tage vorher, nämlich
lZßt. Referent hält diefes Schauspiel für eine der interessan hatten Se. kdnigl. Hoheit der Kronprinz und II. königl.
testen und schwersten Aufgaben für die Charakterdarstellung. Hoheiten die Prinzen Karl und Albrecht von Preußen im
Mit einem beschränkten Stoffe hat Raupach tiefrührende Si Konzcrtsaale des Schauspielhauses einen glänzenden Masken
tuationen hervorgebracht, und damit die größte Spannung des ball gegeben, in welchem das Hoffest dargestellt ward, das
Zuschauers , «der eine Spannung . die ein rein psychologisches Kaiser Otto der Erste zu Quedlinburg am Ende des zehnten
Interesse hat, verbunden. Das Mangelhafte der dramatischen Jahrhunderts zu Ehre« seines Sohnes Otto des zweyten feuerte,
Behandlung und daß das Schauspiel aus einer Erzählung ge als dieser an der Seire seiner byzantinischen Gemahlin Theo-
macht worden ist , springt aber dem Zuschauer sogleich dadurch phania von Rom aus a» den deutschen Kaiscrhof zurückkehrte.
in die Augen , daß zwischen dem dritten und vierten Akt eine
Lücke in der Handlung ist. Man muß indessen das Verdienst Die Fürsten des Reichs, Harald der Dänenkönig. Gesandte des
griechischen Kaiserlwfs, ungarische, polnische Fürsten, Bul
dieser meisterhaften Schilderung mn so mehr anerkennen , da garen
der Dichter in diesem Schauspiele dem Dialog eine» einfachen, ferten und nun
Italiener waren bey jenem Feste zugegen , und lie
für die Wiederholung desselben die mannigfaltigste»
aber herrlichen Ausdruck gegeben hat , der eben am meisten Kostüme. An schönen Gestalten fehlt es unserem Hofe nicht,
die Rührung befördert. und beym festlichen Kerzenscheine sollen sie in prachtvollen Ge
Neulich veranstaltete Hr. Stein im Theater eine dekla wändern, mit blitzenden Edelsteinen reichlich übersät, in byzau-
matorische Abcndunterhaltung , in welcher er des Hrn. von tinischrm Glanz,
Zedlitz „Todtenkränze" vorlas. Sein, Vortrag ist bekanntlich cher Kleidung de«in Bulgaren, lebhaften italienische» Farben, in wunderli
ausgezeichnet, und sein schönes Organ dient der Begeisterung gern. len , als ernsthaftere Deutsche inodereinfachere»
als kecke Ungarn und Po
Bey diesem Vorlesen könnte man aber erinnern, daß man dieCan- ten Trachten , erst in orbnungsvollcn Reihen, ,treudann nachgealim- .
zoncnform zu wenig hörte, deren niusikalischen Ba« der Dich endlich im bunten Gemisch den erfreulichsten, glänzendstentanzend,
ter gewiß zu seinen Verdiensten rechnen wird. Aber hier zeigt gewährt haben. Auf der 'Redoute jedoch durchzogen dieAnblick
sich eben, daß diese lyrische Form für fortlaufende Schilderun schaften den gefüllten Saal nur einige Male, um sich Herr
gen dieser Art nicht ganz glücklich gewählt ist, indem, wenn bald zu entfernen; die Quadrille» wurde» nicht getanzt , dann auch
dieser Form beyin Vortrag ihr Recht widerfahren sollte, der
selbe monvton werden müßte. So viel schöne Verse und er kein Marsch während des Zuges gespielt. JKre kaiserl. Hoheit
die Erbgroßherzogin von Weimar, wenige Tage vorher ange
hebende Gedanken übrigens bi^e Todtenkränze enthalten, s» kommen, sahen von der königl. Loge ans dem Zuge kurze Zeit zu.
würden sie doch du? ch eine innere Verknüpfung mittelst einer (Die Foxtscyung folgt.)
durchgreifenden Idee sehr gewonnen Häven , da jezt die Aus
wahl der Gescherte« willkührlich und die Verknüpfung lofe
erscheint. W. Beylage: Literaturblatt Nr. Z7.
Verlegt »o» der I. G. Cotta 'scheu Buchhandlung.
N°. 80.

M o r g e n b l a t t
für

gebildete Stände.

Mittwoch, 2. April i 8 2 3.

— s« ist der Sott, her l'errscht und Herrscher weibtt,


S« ist der Sott, der straft, der Sott ist«, der verzeihet,
Nickt Helden mißt und nns mir gleichem Maß er ab.
Red' vlinc Scheu mit ilnn , „ur Er beariff dein Leben.
Und eine Rechenschaft liar Knecht und Herr zu gebe«.
Der von den Fessel», der vom Stab.
Lamartine.

Napoleon, Denn hoch über den Gestirnen


Mir geschrieben ward die Sendung —
von Csaias Tegn«r *). Ihr gcl'vrchcnd kam ich her.
Utberstzt von Amalie von 5z e l w i g. Nicht der Kampf mir hohlen Hirnen,
Nicht des falschen Glückes Wendung
Störet ihren Fortgang mehr.
Warum schmäht Ihr mich ohn' Ende,
Nichtig Surrr Zeit ergeben, Und so geh ich, stets der Gleiche.
Menschen ohne Will' und Mark? Mag auch Haß und Lüge drohen.
Schmetterlinge fangt behende. Wie mir das Geschick bestimmt.
Aber laßt den Adler schweben, Bor den Menschen nicht ich weiche.
Frey wie sein Gcbirg, und stark. Vor den Göttern nur, den Kohen,
Sieh, erhebend ihn vom Staube, Deren Wort mein Ohr vernimmt.
Wachsen die gewalt'gen Flügel
Nur um den gewalt'gen Geist. Kann Ergrautes doch nicht dauern.
Körnlein pick' im Sand die Taube, Noch Gewohnheit, matt veraltet.
Doch der Aar steigt ohne Zügel Trägen Dünkels SchuK, besteh«.
Aufwärts, wo die Sonne kreist. Fallen müssen morsche Mauern,
Aus Zerstörung, frisch gestaltet.
Fragt der Donner, hoch geschicket, Schön hervor das Nene gehn.
Fragt der Sturmwind, wenn er heulend
Ueber Thal und Hügel fährt. Laßt, wie bang gescheuchte Heerden
Ob er Lilien wo geknicket? Meines Glückes Sklaven fliehen.
Od, in Lavnes Schatten weilend, Die vor höh'rer Kraft erbebt.
Cr ein zärtlich Paar gestört? Einsam steh' ich — Nacht muß werden.
Nicht ich säte Zwietrachtssaaten, Eh herauf die Sterne ziehen.
Die so Nord als Süd verheerten, Eh der Held ein Gott entschwebt.
Hvbrer Wille hat's vollbracht ;
Sängers Lied, des .Helden Thaten, Fallen kann ich. — Wen hienieden
. Herrliche der Erden Trifft vom wechsclvollen Glücke
Folget blind verborgner Macht; Unterm Monde nicht der Schlag ?
Einst auch lähmt' es so Alciden,
Dieses Sedicht wurde bey der Nachricht »o» Napoleon« Als ihm das Gewand der Tücke
Abdankung geschrieben. S. d. A»m. zu Nr. IZ. de« Mrgbl. Heiß auf starken Schultern lag.
Auf dem Oeta eigenhändig gen i» einem geschlossenen Hrte vornimmt; doch sollen leb
Hieß er seinen Holzstoß brennen. hafte aktive Bewegungen während des Sommers in kei
Schwang sich als ein Gott von dort. nem Fall bey der stärksten Hitze erlaubt werden ; in die
So die Lebensbahn auch end' ich;
Wollt Ihr meinen Holzstoß kennen? — ser Jahrszcit wäre es sogar besser, wenn man nur passive
Süden heißet er und Nord. vornähme. Eben diese Bemerkungen sind auf die heißen
Länder anwendbar; dagegen die Gymnastik im Norden mehr
aktiv seyn sollte.
Ueber Kallisihenie oder Gymnastik des Eben so wenig darf der Zustand, in welchem
schönen Geschlecht«. der Körper ist, außer Acht gelassen werden. Ein jun
ges Mädchen im Schweiß kann nicht ohne Gefahr eine
(Fortsegmig.) passive Uebung vornehmen, während welcher sie unbeweg
Das Tanzen besteht zugleich in Geyen, Laufen und lich bleibt; auch kann man in diesem Zustande, wobcv ge
Springen, gehört aber gewöhnlich nicht zur Gymnastik, wöhnlich Schwäche mit eintritt, nicht wohl eine aktive
weil andere Meister darin unterrichten und zwar zu ei Uebung vornehmen. Was dasEssen betrifft, so soll man im
nem andern Zweck, als dem der Gymnastik. Abgesehen vom Allgemeinen die Uebungen eher vor demselben treiben, je
Vergnügen, das er gewährt, gewinnt indessen der Kör doch sie auch nicht während des Hungers anfangen. Fer
per dadurch an Stärke, Geschmeidigkeit, Festigkeit, leich ner wiederholen wir, daß man die heftigen Uebungen nach
terer, angenehmer Haltung, anmuthiger und freyer Be dem Essen vermeiden solle, dagegen die passiven Bewe
wegung. Wenn man sich oft darin übt, nehmen die Schul gungen die Verdauung meistens begünstigen.
tern und Arme ihre Richtung mehr nach hinten, die Beine Das Alter ferner kömmt bey der Wahl der Uebun
werde» kräftiger und geschmeidiger , die Füße lenken sich gen sehr in Betracht. Kleine Kinder darf man nur solche
auswärts; am Ende bekommt der ganze Gang mehr Ste freßwillige Bewegungen machen lassen, welche sie mit Lust
tigkeit und Leichtigkeit Der Tanz taugt um so mehr für vornehmen , wie z. B. wenn man sie augenblicklich von
junge Mädchen und Frauen, als diese Ucbnng für sie an- den Windeln bcfreyt. Diese Augenblicke von Frevheit kann
genehm , und sehr oft ihnen, vermöge ihrer Stellung in man ihnen nicht oft genug gestatten. Dieses Alter hat dann
der Welt , bloS diese Art von Bewegung erlaubt ist. Lei: seine wahre Gymnastik, und diese ist ihnen weit heisfamcr
der übertreiben sie sie bisweilen zu ihrem Verderben. als alle Bewegungen , welche sie durch die Kindermädchen
Der nützlichen Spiele, die gleich dem Tanzen den im Tragen und Hin- und Herschaukeln erhalten. Beson
ganzen Körper durch Abwechselndes Gehen, Laufen und ders in dem Alter, wo alle Theile sich am stärksten ent
Springen in Anspruch nehmen , gibt es unzählige. wickeln, gewährt die Gymnastik den meisten Vortheil; ja
Die Wahl des Ortes zu den Leibesübungen ist durch iii diesem Alter allein wird die wahre Gymnastik wesent
aus nicht gleichgültig. Auch unter denselben Umständen wird lich nützlich , und wenn es auch den Frauen in einem spä
der Körper jedesmal dabcy mehr gewinnen, wenn sie in teren Alter durchaus nicht an Kraft fehlt, so fehlt es ih
frcyer Luft, mitten im Felde, in einer heitern und lieblichen nen doch alsdann offenbar an der zu verschiedenen Uebun
Gegend auf dem Lande vorgenommen werden. Außer den dar gen erforderlichen Geschmeidigkeit, Geschicklichkeit und Leb
aus sich ergebenden moralischen Wirkungen ist die reinere, haftigkeit.
stärkere Luft und der erregende Einfluß des Lichts etwas, Besonders ist auch auf das Temperament Rück
was man in beschränkten« Räume im Zimmer und sogar sicht zu nehmen, wenn man für junge Mädchen taugliche
im Hofe vergeblich sucht. Doch können Fälle eintreten, Leibesübungen zu wählen hat. Es wäre unklug, sie plötz
wo es uachiheilig würde, sich der Luft ganz auszusetzen, lich zu heftigen Bewegungen anzuhalten , wenn sie weiches
und wo man einer Uebung den Vorzug geben müßte, die Fleisch, weiße Haut, blonde Haare haben und wenig»Kraft
man in einem eingeschlossenen Orte vornähme. Mithin kann zeigen. Um diesem schwächlichen Zustand entgegenzuarbei
der Ort zu den Leibesübungen nur dann alle gewünschten ten, muß man mit oft wiederholten passiven und zwar ge
Vortheile darbieten, wenn er hinlängliche Ausdehnung mäßigten Bewegungen anfangen. Diese Mittel, welche
hat, um nicht nur diese Spiele in einer guten Luft trei die Fibern allmählig stärken, keinen Aufwand von Kräften
ben zu können, sondern auch, wenn die Einrichtung so veranlassen, und dadurch Blutfülle bewirken, würden dage
ist, daß man dieselben nach Umständen und Bedürfnis? ent gen für ohnehin vollblütige junge Mädchen nicht eben fo
weder in freyer Luft oder in Gebäuden vornehmen kann. heilsam feyn. Sehr ausgezeichnete moralische Anlagen be
Auch auf die Zeit, auf die Jahreszeit, auf das gleiten gewöhnlich das reizbare Temperament ; aber es
Klima kömmt es an. In freyer Lust ist im Sommer kann eine Quelle furchtbarer Uebel werden , wenn man
der Morgen und im Winter die Mittagszeit vorzuziehen. die außerordentliche Erregbarkeit, die in der Folge gewöhn
Diese Regeln sind unnöthig, wenn man die Leibesübun lich daraus entsteht, nicht zu dämpfen sucht. Eine solche
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Anlage beweist Schwäche, und das beste Mittel dagegen ist du darfst, ja ich darf es sagen, du bist bcy deiner Gesin
Stärkung des Körpers durch Leibesübungen, wenn man sie nung verpflichtet, dich der heiligen Sache der Menschheit
zu wählen und gehörig zu leiten weiß. Man hat nicht zu zu weihen. Wie traurig verfließt mir die Zeit in meinen
befürchten, daß dadurch die geistigen Anlagen, welche das drückenden Fesseln! Jezt, wie unverhofft ! erlebe ick die
reizbare Temperament häufig begleiten, ausarten; solche Freude, einen herrlichen Jüngling, meinen nahen Ver
Mädchen werden dadurch, daß sie an Gesundheit gewin wandten, unter die männlichen, kühnen Streiter für die
nen, gewiß nichts an Geist verlieren. FrepKeit und daS Recht stellen zu können. Verlaß dich
Man darf gemisse angenommene Gemohnhei- ganz auf mich ; ich wäre ein Verrätber gegen meine eig
ten nicht außer Acht lassen, wenn man diese oder jene nen Grundsälze, wenn ich nicht Alles ausböte, deinen ed
Leibesübung vorschreiben oder untersagen will. Man ver len Entschluß zu unterstützen. Nur gehe vorsichtig zu
gesse auch nie, daß die beste Gymnastik diejenige ist, wel Werke. Du mußt die Vorurtheile deiner Mutter, dei
che die Schülerin von den sanfteren Bewegungen nach und ner Schwester, deines Schwagers schonen. Jdre Ein
nach zu den lebhaftesten führt. willigung kannst du nicht erwarten. Sic würden bev ih
(Der Beschluß folgt.) rer ängstlichen Gewisscnbaftigkcit glauben, die Verant-
Wertung für ein jedes Unglück, welches dir begegnen
könnte , auf sich zu laben. Ich wage eS, wie ich, erlaubte
Viertes Bruchstück aus dem neuen Novellcncyklus : es mein Alter und mein Eid, mein eigenes Leben freu
Die vier Norweger. dig daran sczte. Doch auch sie müssen deine Gesinnung
ehren , müssen deinen Entschluß billigen , wenn er aus dir
Von Henrich Steffen«.
selber entspringt und ohne ihr Zutbun vollführt wird. Ich
(Fortsetzung.) war unbeschreiblich glücklich. Mancher stille Vorwurf, der
Es war eben die Zeit, wo ich den stillen Kreis »er mich doch bis jezt quälte , war glücklich beseitigt; ich sah
lassen sollte , in welchem ich bisher gelebt hatte. Ich war der nahen Erfüllung meines langgehegten Wunsches ent
klug genug, meine Entschlüsse geheim zu halten. Aber ehe gegen. Der Verwandte versah mich mit einer ansehnli
ich die Universität in Halle bezog, warnte mich noch mein chen Summe; selbst eine Koke fürstliche Frau, die ich in
Schwager, den, ich meine Begeisterung für die Revolution Halle kennen gelernt, machte mir ein bedeutendes Ge
nicht verbergen konnte. Die Gewohnheit des stillen Le schenk, und nachdem ich ein Jabr still und rinqczrgcn in
bens dauerte fort; die Rohheit des Studentenlebens hatte Göttingen gelebt Katte, entfernte ich mich heimlich, um,
für mich etwas Abschreckendes ; ich begriff nicht, wie etwas mit gewichtvvllen Empfehlungen versehen, mich in die
fo Geistloses, Plumpes und Geringes hier mehr fast als Verwirrung einer gährenden, überbildeten, verdorbenen
in andern Verhältnissen des Lebens sich ausbilden konnte. Volkömasse zu stürzen. Ich hielt mich erst inkognito ein
Das Gute hatte Halle wenigstens , daß man den Stillen, Paar Monate bev einem Freunde meines Verwandten in
Fleißigen nicht störte. Ich opferte mich jezt dem geschicht Lille auf. Schon als Kind sprach ich französisch, und meine
lichen Studium ganz, ich trieb die lebenden Sprachen mit Aussprache, gebildet durch Freunde aus der Kolonie, war
Eifer. Ich sprach mit einigen gleichgestimmten Freunden nicht schlecht. Der Mann war ein Jakobiner , mein En
französisch. Mein fester Entschluß, nach Paris zu gehen, thusiasmus entzückte ihn, und wir wurden einig, daß
blieb Jedermann ein tiefes Geheimniß. Von allen Vor ich meinen Namen Rcinhvld in Rainault verändern sollte.
gängen der Revolution war ich auf das Genaueste unter Cr gab mich für seinen Verwandten, und in allen Empfeh
richtet ; eine jede neue Nachricht steigerte meine Begeiste lungen erschien ich als sein Nesse.
rung, befestigte meinen Entschluß. Nach Verlauf eines (Die Fortsetzung folgt.)
Jahres ging ich nach Göttingen. Ich erwartete meine
Abreise mit Ungeduld; denn in der Nähe von Göttingen
lebte ein naher Verwandter, der einen angesehenen Po Korrespondenz-Nachrichten.
sten bekleidete, und der seiner warmen Anhänglichkeit an
die Revolution wegen bekannt, ja gewissermaßen verrufen Berlin, Februar.
war. Er ist jezt gestorben. Ich hoffte durch ihn meinem (Fortsetzung.)
Ziel näher zu treten und hatte mich nicht geirrt. Das Privatbank und größere Gesellschaften waren i» tiefem
' erste Gespräch schon überzeugte mich , daß ich es wagen neuen Jabrc im Käuzen seltener alS sonst ; mit Konzerten
durfte, ihm Alles zu gestehen. Er siel mir, als ich ihm aber in gewöhnlicher Manier sind wir ganz verschont geblieben.
meinen Entschluß mittheilte, weinend um den Hals. Du ES scheint, als wurden Publikum und Virtuosen dieses leersten
Vergnügens, dieses sauersten Vrodcrwcrbs nachgerade müde.
Glücklicher, rief er, du bist jung, rüstig, mntbig, durch Dagegen l'at die Singakademie in ikrem Lokale , von
leine Verhältnisse, durch keinen Cid gebunden ; du kannst. Mad. Milder und für die Jnstrumentalbegleitiina vrn der
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philharmonischen Gesellschaft unterstüzt, in kurzer Zeit den teressen eiues Volkes, seine Klagen, sein begeisterter Muth,
Händelschen ..Judas MakkabäuS" zwey Mol aufgeführt. Der sein Drohen, seine Kämpfe, seine Siege, seine scclige Frie«
ersten Aufführung ist nur in sofern Erwähnung zu thun . alS bensrube »ach Streit und muthig bestandener Gefahr sind noch
sie, des mannigfachsten Unglücks ungeachtet, dennoch nicht migi Zwecke Gottes selbst; Gottes Arm kämpft, schlägt die Feinde
lang. Die zweyte ließ nichts zu wünsche» übrig , und befou- darnieder , der Glaube an ib» befeuert den Muth ; er thut al
ders schien Mad. Milder beweisen zu wollen, baß ihre Stimme les durch fein Volk, und sein Volk erbebt ihn , preißt ihn , be-
noch nicht an Fülle und Kraft , ihr Vortrag noch nicht an tet ihn an. Es ist ein irdischer Kampf für die Wahrheit der
Innigkeit und Würbe verloren habe. Der Inda« gehört gc- Religion, wie sie die Grunblage aller Gefühle eineS Volks
wiß mit zu den kräftigsten Händelschen Oratorien. Wai Han ausmacht. Was die edelsten Gcinüthcr zur Zeit der Refor
dels Sinn bey Abfassung seiner Oratorien gewesen scy, zeigt mation und in den späteren Religionskriegen beseelte, was Gu
sich am besten, wenn man ihn zwischen den alten Italienern auf stav Adolph überS Meer nach Deutschland trieb, ihn dort sie
der einen , und zwischen Haydn auf der andern Seite betrach gen und fallen ließ, daS ist der Inhalt, de» Händel in Orato
tet. Jene , katholisch fromm , gaben die Geheimnisse des Le rien wie der „Judas Makkabäus" ausspricht, ein Inhalt, de»
ben« Ehrifli, sein Leiden, seinen Tod, seine Auferstehung, wie er in der Forin der Geschichte des jüdische» Volks aufnimmt,
sie die Gemeinde stets in sich wiederholen soll , in Tönen wie weil die Interessen dieses Volks als Zwecke Gottes selber ange
der, ließen diese Gesänge an das Gefühl der Gemeinde klingen, sehen werden. Wenige Wochen nach der wiederholte» Auf
«in sie zur Andacht , zur Versenkung in die ewige Wahrkeit , führung beS JubaS gab Mad. Milber, statt ihres sonsti
aufzufordern. Was die Semcinde , was der Mensch , der aus gen alljährigen Modekonzerts, das Hänbelsche Alerandcrsfcst,
ser dem religiösen Interesse sich auch noch der Natur erfreut, mit freundlicher Hülfe der Singakademie und der philharmo
mit Liebe für Weib, Kind und Waterland erfüllt, oder voll nischen Gesellschaft; eine glückliche Wahl. Und hätte sich das
von politische» Zwecken ist, etwa für Gefühle beym Anschauen Orchester noch tiefer in diese , wie es schien , demselben fremde
des Lebens Christi haben könne, diese Seite, bieß Gefühl der Musik hineingearbeitet, hätte der Bassist beym BacchuSlieb«
Gemeinde erklingt nicht in jenen einfachen Gesängen, die nichts von der Gluth des Gottes begeisterter geschienen, und wäre
«ls die tiefste Darstellung der Geschichte GotteS, sein Leben der darauf folgende Ebor „Bacchus ewig jung und schön" fcu-
und Wirke» in der Kirche sind. So arbeitet auch die italie rigcr, in lebhafterem Tempo und mit kräftigerem Jubel ge
nische Malereu bis Raphael darauf hin , die menschliche Gestalt sungen worden , wäre endlich im Schlußchor die heilige Cäci,
zum lebendigen Ausdruck des Göttlichen zu inachen, sie vom lie durch einen zufälligen Jrrthnin nicht um wenige Takte zu
Ausdruck aller menschlichen Interessen zu reinigen, sie zur spät vom Himmel gekommen , so könnte diese Aufführung mit
vollendeten Erscheinung Gottes zu veredeln. Wie das Gött zu den gelungensten gezählt werden , deren wir uns stit lange
liche dagegen in eiuem GemKthe sich ausspreche , das auch den zu erfreuen gehabt haben. Ueber bie Musik wollen wir unS
Ausdruck der Werktage seines Lebens, seines vielfach weltlichen nur folgende Bemerkung erlauben. Den Inhalt macht der
Wirkens und Treibens zeigt, haben erst Deutsche zu malen ge Sieg der christlichen Musik und ihres höher» Gegenstandes über
wußt. Blicken wir dagegen von jenen alten Italienern zu die gliechische aus. Treffend heißt eS: der griechische Sänger
Haydn hinüber, welch ein vollkommener Gegensatz ! Der Mensch vergötterte den Menschen, die christliche Cacilie lockte den
hat alle Interessen des menschlichen irdischen Lebens schon Himmel zur Erde hernieder. Dieser Unterschied ist seinem
durchgemacht, die alleinige Beschäftigung mit jenem früheren, Inhalt nach von unendlicher Größe; aber in der Händelschen
rein religiösen Inhalte hat er weit hinter sich liegen , er hat Musik ist er bieß nicht. ' Von Anfang an hören wir nur die
schon den Gipfel der Bildung, der Aufklärung überstiegen, und gewohnten Händelschen Töne ; ihr Charakter ist durchweg der
wendet sich nun fort von dieser ganzen mannigfachen Welt, selbe, den wir in andern Oratorien wieder finden. Singt
er flieht die Stadt , den Staat, er wirft sich in die Arme der der Chor : „selig , selig , selig Paar so könnten diese Töne
Natur , versenkt sich in ihre Lieblichkeit , er will nur den Wech auch der Liebe Achsahe und Othniels erklingen; preißt der
sel der Jahreszeiten , nur die Freuben ländlicher Unschuld, nai Chor Alex« «der als Gott, so könnte er dieß Prcißlied in
ver Natürlichkeit genießen , die Bildung wirft er weit von denselben Tönen auch Ich ovah singen; die Zerstörung von
sich , nur der Ausbruck der Hirten , der liebenden Schäfer, ihre Persepolis könnte auch bie von Jericho scy». Der Unterschied
Munterkeit, ihre Schalkhaftigkeit kann ihn erfreu» . und wenn des Endes dieses Oratoriums gegen de» Anfang liegt nur dar
er sich Gottes erinnert, so ehrt er ihn nur als Schöpfer der in , daß der Gesang , als Cacilia vom Himmel herabsteigt, tie
Natur, wieberholt sich scine Macht bey Erschaffung der Welt, fer, kräftiger, gewaltiger, in den mächtigsten, durchgearbci-
läßt alle Reiche der Natur bey sich vorübergehen, die Sonne tctsten Fugen einhcrbrauset, unwiderstehlich durch seine innere
erscheinen, das Roß wiehern, den Löwen brüllen, und preißt Stärke und Gediegenheit hinreißt ; doch dieß ist nur ein tiefe
Gott, daß er alles so lieblich , so heiter , so zweckmäßig einge rer Ernst, ein höherer Schwung, nicht aber ein dein frühe
richtet. Händel dagegen faßt kräftig das religiöse Leben re» cntgegengesczter Charakter der Musik. Dieß soll kein Ta
und die weltliche Wirklichkeit zusammen, vereinigt beyde. del gegen den Komponisten scyn ; eS soll nur zeigen . wie
Singt er , wie im Messias, die Geburt , das Leben, das Lei Händel überall dem bestimmten Geist seiner Musik «reu bleibt ;
den, den Tod Christi, so sind dieß Tbiic, in denen sich jener er hat in dem Bacchuschor, in der Arie : „Krieg, v Held, ist
Inhalt ausbrückt, wenn wir ihn fühlen, uns ganz davon Sorg' und Arbeit, Ehrsucht gleichet Wasserblasen," es ver,
erfülle»; er verschmäht eö nicht ib» auch als Arie. alS einzel sucht , uns in eine andere Sphäre hinüberzuführcn ; am mei
nes Gefühl auszusprechen; hier läßt gleichsam bie Gemeinde sten aber ist der fremde Charakter in dem legten Recitativ: „1»
selber ihr Gefühl ertönen , nicht dieser Inhalt , wie er erst stimmte vor der Grieche seiner Leyer Ton" durch die höchste musika
Gefül?l erwecken soll, sondern dieß erweckte Gefühl selbst kommt lische Einfachheit getroffen, so daß nun der lezte christliche
mit zur Darstellung. Ebenso verschmäht er nicht weltliche Schlußchor mit unwiderstehlicher Gewalt ucu und frisch herein
Wirklichkeit. Aber diese Liebe zur Hcimatb, dieser Helden- bricht ; dasselbe, waS hier in Betreff auf das Aleranbersfest be
muth sein Vaterland zu vertheidigen , hat sich noch nicht vom merkt ist , könnte auch von der Gluckschen ..Armide" im Ver
religiösen Gefühle getrennt, sonder» ist ganz davon durchglüht, gleich mit der „Jphigenia" und der ..Alceste" gesagt werden.
ganz mit Andacht erfüllt. Die irdische Wirklichkeit , die In (Die Fortsetzung folgt.) . v „,,^>

Verlegt von der I. G. Cotta'schen Buchhandlung.


81.

M o r g e n b l a t t

f « r

gebildete Stände.

Donnerstag, z. April i 8 2 3.

Die bäßliche Gestalt, Kit schaudernd d.
Im Spiegel deines Leben« <m dir siehst.
Die Für« . dir dich
Von deinen Liebsten trennte, und schloß
Mit Eisen dir da« freundlichste <?emntl> —
Sic war nicht d«; die ärgst, Feindin dir.
Dich selbst dir raubend.
Herder.

Viertes Bruchstück aus dem ncucn NovellencykluS: Vorsehung, und ich hoffte mit glühendem Eifer die Zeit
zu erleben , wo die Göttin der Frevheit über die ganze
Die vier Norweger.
Well herrschen sollte. Schon in meinem zwev-und-zwan-
Don Henrich Steffen«. zigsten Jahre bestieg ich die Rednerbühne in dem Jakobi-
Was soll ich Ihnen mein Leven in Paris erzähle»? nerklubb. Ich schloß mich an die Girondisten an , ward
Ein junger Mensch, ohne Erfahrung, den Kopf voll selt gefesselt nach der Eonctergerie gebracht, und nur Rvbes-
samer Grillen , die ihn hier ein neues Paradies erwarten xierres Sturz rettete mich von der Guillotine.
ließen, mußte in dem wüsten Haufen zu Grunde gehen Nach dieser Zeit zog ich mich eine Zeitlang zurück.
oder ein anderer werden. Leider geschah mir zu schnell Geschichtliche Studien beschäftigten mich fortdauernd; die
das lejtere. Ich war in Paris von einer Menge Men Erfahrungen aller Zeiten sollten meinen Wahn bestätigen.
schen umgsben, die wie ich dachten, nur nicht so unerfah Ich war ganz und durchaus französisch. Meine Denkweise,
ren, fv unschuldig waren. Bald gewohnte ich mich, das meine Wünsche, meine Neigungen hatten sich sämmtlich
Furchtbarste theils als löblich, und wenn das nicht, doch von dem Vaterland« losgerissen, und ich hielt cö für un
als unvermeidlich anzusehen. Zwar schauderte ich oft zu möglich, außerhalb Paris zu leben. Von meiner Fami
sammen, zwar zog ich mich scheu zurück, wenn die Ver lie war ich fast ganz getrennt. Auf ein Schreiben von Lille
rückten alles Heilige verhöhnten, wenn der wüthende Fa aus an meinen Schwager erhielt ich zwar eine Sinkwort ;
natismus seine Fackel schwang — aber dennoch schwanden er machte mir keine Vorwürfe, aber er ricth mir, er
meine Hoffnungen nicht. Endlich einmal, sagte ich immer warnte mich väterlich. Paris, schrieb er, wird dich von
von Neuem, wird die Sache der Menschheit siegen. Sie deinem Wahne heilen ; in dieser Rücksicht ist mir die
werden sich besinnen; dann wird der klar sehende Geist, Reise sogar angenehm, denn ein unverdorbenes Gemüth
der , so schien es mir , in Frankreich sich deutlicher hatte muß von der zerstörenden Wuch, von dieser Mischung
vernehmen lassen, als in irgend einem ander» Lande, sich von Jrrthum und Verbrechen zurückgcscheucht werden. Er
ordnend erheben , und alle Wunden werden heilen. Was hatte mich leider zu hoch gestellt. In Paris erhielt ich
ich nicht zu billigen vermochte, schrieb ich dem Starrsinn ein ganzes Jahr hindurch keine Nachricht. Die Briefe
der fremden Höfe, den geheimen Jntriguen der Emigran mußten, damit meine wahre Herkunft ein Geheimniß
ten zu. Ich berauschte mich durch die Ereignisse des Ta bliebe, über Lille gehen ; aber der enthusiastische Freund
ges und bedauerte nur, daß ich nicht Krieger war. Die hatte Lille verlassen , um in Paris eine Rolle zu spielen,
Siege der Republik schienen mir eine Bestätigung von der und fiel bald »ls ein Opfer der Parthevungen. Ich schäme
Z2S
mich zu gestchen, daß ich, von dem Taumel der Ereignisse meine Absicht nicht rein , rein vor Gott und den Men
ergriffen, das stille, freundliche Leben meiner Kindheit schen? wollte ich nicht handeln wie die grvßen Männer
fast ganz vergaß. Wenn eine leise, mahnende Erinnerung der Vorwclt? lockte mich Sinnenkitzel oder Eigennutz oder
wach wurde, war sie mit so wehmüthigcn Gefühlen ver- Hochmuth? und was fesselt mich hier? ist es nicht der
bunden, daß ich sie gewaltsam zu unterdrücken suchte. Drey alte, feste, noch unerschütterte Entschluß? Gesteht der
ganze Jahre waren verstrichen, als, nachdem eine friedli Mann, den du verließest, nicht selbst, daß dir der Rück
che Uebereinkunft zwischen Preußen und Frankreich schon weg gesperrt ist, daß du, ohne treulos zu sepn, den Weg
eingeleitet war, ein Freund meines Schwagers mir Briefe nicht verlassen kannst, den du selber, du darst dirs geste
und Nachrichten von meiner Familie brachte. Ich er hen, aus den reinsten Absichten gewählt hast? Sin Mann
schrak, als ich ihn sah. Alle theils erloschenen theils zurück muß seinen Grundsätzen treu bleiben ; du bist jczt kein un
gedrängten Erinnerungen drangen gewaltsam hervor, und reifer Jüngling mehr, furchtbare Erfahrungen haben dich
die Nachrichten beruhigten mich nicht. Der Frcund schil zum Manne gestählt, der selbst sein Schicksal bauet und
derte schonungslos die Trauer, die meine heimliche Ent die Folgen ruhig trägt. Arme Schwester, ich bedaure
fernung in der Familie erregt hatte, das Entsetzen meiner dich, ja, nie werde ich ohne Wehmuth an dich, an deine
Mutter, die die Revolution verabscheute, die Krankheit Liebe denken; aber kann, darf ich mir vorwerfen, daß meine
der Schwester, die sich seitdem nie erholt hatte und kurz reine That dich verletzend traf? Nein , nicht Vorwürfe
vor seiner Abreise gestorben war. Er erzählte, wie meine darf ich mir machen, aber mahnen sollen mich diese Nach
That, als sie Gegenstand des Gerüchts geworden, meinen richten, daß ich mich mit ganzer Seele dem heiligen Werke
Schwager in eine unangenehme Lage versezte. Er hatte hingebe, das ich so theuer, mit so herbem Verluste errang.
Feinde, man spottete über die gelehrten Soldaten, viele So sprach ich mich von Neuem in die Betäubung hinein.
Aeußerungen sollten als eine Anhänglichkeit an die Revo Aber ganz ließ sich die innere Stimme nicht unterdrücken,
lution gelten, und meine That mußte als der entschieden und eine stille, nur halb bezwungene Furcht ließ mich die
ste Beweis dienen. Dazu, sagte man, hat er ihn erzo zukünftige Qual ahnen.
gen, solche Grundsätze hat er ihm eingeflößt; das sind die (Die Fortsetzung folgt.)
Folgen , wenn ein königlicher Soldat , anstatt sich dem
Dienste ganz zu widmen, mit einer unnützen Gelehr
samkeit Prunk treibt. Schon war von seiner Entlassung UcbcrKallisihc nie oder Gymnastik dcS
die Rede, und nur eine strenge Untersuchung, die er selbst schöne« Geschlechts.
forderte, konnte ihn retten. In meines Schwagers Briefe
war von alle diesem nicht die Rede. Er meldete mir den (Beschluß.)
Tod meiner Schwester, er äußerte sich mit milder Weh- Die Dauer der Hebungen kann im Allgemcincn nicht
muth über seinen eigenen Verlust, er erzählte umständlich vorgeschrieben werden. Es wäre übel gethan, wenn man
von seinen bevden Kindern, er schrieb mir, als wäre ich zwanzig Zöglinge dieselbe Jeit lang dieselbe Uebung vor
immer noch das treue, kindliche, theilnehmende Mitglied nehmen ließe. Man muß das Alter, dcn Grad der Stärke,
seiner Familie ; kein Vorwurf kam vor und nur am daö Temperament, die Gewohnheit in Betracht ziehen.
Schlüsse des Briefes beklagte er, daß ich nun wohl so Die beste Regel ist, dann aufzuhören , wenn die Ermat
stark gebunden wäre an die fremde Welt, daß ich sie ohne tung noch nicht eingetreten ist, fönst möchte man die Ue
eine neue Treulosigkeit nicht würde verlassen können, daß bung verhaßt machen und, schwächen anstatt zu stärken.
auch wohl, selbst wenn ich zurückkäme, ein Verdacht auf Ueber diese Kränze hinaus ist bep der Leibesübung nur
mir ruhen würde , der durch nichts zu überwinden wäre. Gefahr ohne allen Vorthcil.
Aber tiefer als die Nachrichten feines Freundes verwun Endlich lassen auch einzelne Anlagen manche Leibes
dete mich diese Milde, diese Schonung. Den stillen Frie übungen nicht zu; so kann ein Mädchen auch den gelindesten
den hast du auf immer verloren , tönte es in meinem In Wagcnstoß nicht aushalten, auf eine andere wirkt der
nern, uud zum ersten Mal entfezte ich mich vor mir sel Nachen widrig, eine dritte bekommt Erbrechen in der
ber. Der Gram über dich hat deine Schwester, deine Schaukel; bisweilen hilft es, wenn man dergleichen Ab
mütterliche Schwester getödtet; deine Entfernung hat die neigungen bekämpft, man muß es jedoch durchaus nicht
Ruhe, das Glück einer herrlichen Familie gestört. Der übertreiben, und thut besser daran, auf eine Uebung zu
Schlaf floh mich; was ich wollte, schien mir Frevel; es verzichten , wenn sie widrig wirkt ; übrigens verursacht
war, als lastete ein furchtbares Verbrechen auf meiner manchmal eine andere Uebung , auch wenn sie noch lebhaf
Seele. Aber dießmal noch ermannte ich mich. Was brachte ter ist, gar keine Unannehmlichkeiten.
dich her? fragte ich in einer stillen Stunde. War es Bcv Erhitzung muß, wie Jedermann weiß, sorgfältig
nickt die Menschheit, für die ich mich opfern wollte? war vermieden werden , daß kein Theil des Körpers der Kühle
Z2Z
oder gar der Zugluft ausgesezt werbe, daß man nicht kalt Auf manche chronische Krankheit haben die Leibesübun
zu trinken gebe u. s. w. So allgemein bekannt die Nach- gen, mit gehöriger Vorsicht angewandt, einen wohltbätigen
tbeile der Erkältung und die Vorsichtsmaßregeln dagegen Einfluß. Es gibt viele Bevspicle, wo chronische Satarrne,
schon vom Tanzen her sind, so selten werden siegewöhnlich hartnäckige Verschleimungen der Leber und anderer Organe,
beachtet, Zu den Leibesübungen müssen die Kleider weit verschiedene Uebel im Magen durch Reiten, Fabren oder
genug scvn, um die Bewegungen nicht zu hemmen, jedoch ähnliche Bewegungen sich merklich besserten. Manche Hei
auch nicht so weit, daß sie dadurch erschwert würden. Auch lung von einem Uebel, gegen das man Mineralbader be
sollen sie von starkem Stoffe und nicht so kostspielig sevn, sucht, ist einzig der Reise zuzuschreiben. Aber in solchen
daß man sich scheuen müßte , sie bev den Uebungen zu ver Krankheiten, wo passive Leibesübungen helfen, habe« ak
derben. Alles, was die Bewegungen des Körpers hindern tive feiten einen guten Erfolg.
kann, muß entfernt werden. Ganz anders ist es bey fkrophulöfen Zuständen, wo
Der eigentlichen Krankheiten, welche durch die Lei der ausgesprochene Charakter von Schwäche, die Bleichheit,
besübungen wirklich geheilt oder denen wenigstens dadurch Schlappheit darauf hinweisen, daß aktive Bewegungen nö-
entgegengewirkt werden kann, sind gar nichtmenige. Schon thig sind, und diefe müssen dann fv stark vorgenommen
die Alten hatten die heilsamen Wirkungen der Leibesübun werden, als der Zustand es immer zuläßt. Ohne allen Zwei
gen auf schwache junge Mädchen von schlappem Körperbau fel werden diese, bey jungen Mädchen so häufigen Krankhei
bemerkt, und sie zur Heilung mancher Krankheiten benuzt, ge ten auf dem Uebungsplatze seltener werden. Besonders aber
gen welche Arznevmittel ohne Erfolg blieben. In unfern bey erlangter Reife haben die Leibesübungen den heilsam
Tagen hat man endlich eingesehen, daß junge Mädchen sten Einfluß auf die Mädchen , die in diesem Alter er
vermöge ihrer körperlichen Anlage sich gerade in dem Zu kranken. Dieß gilt namentlich von der Bleichsucht, wo
stande definden, in welchem die Alten Leibeoübungen am alle Organe schlaff sind nnd der Erregung bedürfen ; hier
meisten anriechen und anwandten. Wir führen nur ei wird verständige Leibesübuug schon längst als ein Mittel
nige Hauvtfälle an , find aber überzeugt, daß die Anwen angesehen, das Jugendblükhe, Stärke und Gesundheit
dung der Gymnastik in der Heilkunde sich immer mehr sicherer wiederbringt als alle Arznevmittel in der Welt.
ausbreiten wird, jemehr sich die Erfahrungen von ihren SS ist endlich eine allgemeine Bemerkung , daß Mädchen,
heilsamen Folgen häufen. welche, durch Stand oder Erziehung dazu angehalten, ihren
Vor allem ist die Leibesübung das erste, unum Körper von Jugend auf geübt haben, sich bedeutend spa
gängliche Mittel , um jene Pest des weiblichen Geschlechts, ter entwickeln alö andere; und dieß kann nur günstig
jene krampfhafte Beweglichkeit, jene kränkliche, aus Weich wirken, denn die nicht immer gefahrlose Uebergangspe-
lichkeit entstandene Empfindlichkeit, die Mutter der Va- riode verläuft hier im erwachsenern, gesunden Körper ruhi
peurS, der hysterischen , hypochondrischen Umstände, fort ger, regelmäßiger als bey jenen, die in Ruhe und Weich
zuschaffen. Nur Stärkung der Muskeln hebt den krank lichkeit , und nnter den Vergnügungen leben , wo man die
Nacht zum Tage macht, und die durch die einzige Leibes
haften Reiz, der sich aus jenem Zustande entwickelt und
übung , der sie sich ergeben , den Tanz , unter schädlichen
der, oft fogar bev ganz jungen Mädchen, daS Leben in
seinem Keime ergreift und vergiftet. Dazu kommt noch, moralischen Einflüssen, in erhizter, verdorbener Luft, sich
daß körperliche Anstrengung müde und schläfrig macht, und eine stürmische Reife erjagen.
wenn man in tiefem Schlafe liegt, wird man nicht durch
die Scheinbildcr einer regellosen Einbildung geweckt.
Man hat die Leibesübungen besonders auch in Wech Aus Jean Pauls Nachlaß.
selfiebern angerathen. Sollten sich diese Krankheiten durch
Schwäche verlängern , so müßte man in den Zwischenräu Jeder hängt wohl feinen besten Titeln , die er sich of
men der Anfälle die Organe durch eine passive Bewe fen gibt , ein stilles et e«t«r, , oder «und so weiter" «n,
gung, z. B. Reiten, Fahren stärken; aber in einigen Fäl und erklärt Krieg wie Schweden an Polen, weil dieses
len hat eine gewaltsame Leibesübung den Anfall da das et e«ter» in dessen Titel weggelassen, weßhalb die
durch verhindert , daß das organische Leben z. B. durch ei Schweden die et c»teri> kerr«ti genannt wurden.
nen starken Schweiß, als Folge des heftigen Reizes, um Es macht Freude, Fehler an Bekannten zu finden,
gestimmt wurde. Schmerz, an Freunden. Den Frauen sind die Freundin
Auch bey Genesungen von Krankheiten können die Lei nen nur Bekannte , daher die Freude.
besübungen wirkliche Dienste leisten, wenn man sie gehö
rig zu leiten weiß, und vorsichtig von passiven zu aktiven,
von gelinden zn stärkern Bewegungen übergeht.
Z24
Korrespondenz-Nachrichten. bn? Lesung desselben zu erröthen. Die ungewöhnliche Theib
Hamburg, im März, nähme, welche man diese,« Blatte schenkt, zeigt nur zu deut
lich, welch ein bringendes Bedürfniß Offenheit und Unpar«
Der traurige Winter , welcher besonders für die »brblis tkeylichkeir auch für die Masse des Volks ist , und das scheint
che» Gegenden so manche Unannchinlichkcit mit sich führt, mir ein gar erfreuliches Zeichen für den Geist , der demselben
liegt mm hinter uns, und die Hoffnungen des Lenzes crwas im Ganze» noch innewohnt. Auch der „Beobachter," die „Ham»
che» in der neubeseelten Brust. Unsere Stadt bot indeß in Monist und die „Originalen" bestehen fort.
der verflossenen raub« Jahreszeit s» maiuhcrley Zerstreu»»« (Die Fortsetzung folgt.)
gen und selbst Genüsse dar , daß jeder , der nur Geld besaß,
nicht über Langeweile zu klage» hatte. Mit Vergnügen be Lausanne, März.
merkt man , daß Hamburgs früherer Wohlstand zurückzukehren
scheint, und wenn die Handelsherrn auch ihre Klagen über Wer »nsere wunderschöne Natur , reizvoll durch Erbe,
schlechte Zeiten immer noch nicht einstellen . so rührt das wohl Himmel und Fluth, gescheu hat , begreift, daß dadurch etwas
mebr von der Gewohnheit her , stets 5» klagen > alö von wirk Mildes und Freundliches in die Gemüthcr kömmt. DaS läßt sich
licher Stockung in den Geschäfte,!. Wenigstens zeigt der er auch den Lausannern i» keiner Beziehung nehmen. Und wie e«
höhte LuniS in fast allen Ständen, daß mau sich wieder ganz das Umgangsleben angenehm und ansprechend macht , so wirkt
wohl und behaglich fühlt. Die öffentlichen Vergnügungen es auch auf den wohlthätigen Sinn , bcsouders deö weibliche»
werben mit Elfer aufgesucht, und da« wirklich schöne Theater Geschlecht«.
ist, trotz seiner GröKe, Hey beliebten Darstellungen fast über Schon früher bestanden hier manche Vereine, um der Ar«
füllt. Was das literarische Leben und Treiben aubelaugt . so muth »nd dein Mangel abzuhelfen , oder sie doch weniger drük-
ist es so ziemlich beym Alten damit geblieben , das will sagen, kend z« machen. Manche davon haben sich erhalten , manche
«nsere Buchhändler, die sich fast ausschließlich auf den Svrti- sind eingegangen Jezt bestehe» deren eine Menge , als da
«nentshandel beschränken > der ihnen in der Tliat hier ganz sind: die Kainmcr für arme Bürger, die ikre eigene Kasse hat,
besondere Vorthcile gewährt, »erkaufen viele Bücher und ver die Kammer der Armen, die Zährlich eine Kollekte macht, die
legen sehr wenige, mit Ausnahme der Eanixcschcn Buchhand treffliche Anstalt der Armenschule , die zugleich Waisenhaus ist, '
lung, die seit ciuiger Zeit sich tüchtig z» regen scheint, und ei» Ausschuß, der den Unvermögenden wohlfeile« Holz liefert,
mehrere, mit großem Beyfall von der Lesewelt anfgenvmmeue die Gesellschaft, welche Kleider an Greise und Kinder vertheilt,
Werke herausgegeben hat, worunter H. Heines Schriften wohl die mütterliche Gesellschaft, die für arme Wöchnerinnen sorgt ;
obenan flehen dürften. Von de« hier herauskoimnendcn Zeit ein anderer Verein bestreitet alle Kosten einer Lehr- und Ar
schriften, Hainburg allein zahlt derselben einige Zwanzig, sind beitsschule , wo fünf-und-zwanzig Mädchen von ihrem sechsten
mehrere eingegangen, wogegen neue eutstandcu sind; aber Jahreanemfgenommcn werben, und für ihren Unterhalt und U«
seltsam genug haben , mit Ausnahme der „Hammonia." der terricht gesorgt wird, bis sie alsMäqde oder Handarbeiterinne»
„neuen Pariser Mobeblatter ," rcdigirt von Frau Amalie angestellt werben können. Diese Vereine unterhalten sich durch
Schoppe , und deS „ColumbnS ," redtgirt von Rddiug > alle jährliche Gaben, die reichlich von allen Seiten her gespendet
diese zahlreichen Zeitschriften durchaus keinen Verleger , son werde», da ihre Verwaltungen allgemeines Zutraue» einflößen.
dern müssen sich im Selbstverlage der Herausgeber durchauä- Ganz neuerdings haben sich zwey neue Vcreiue gebildet,
len. Seit Neujahr ist, wie der Herausgeber wenigsten« be einer für" arme Kinder, nm sie dem Elend oder dein lasterhafte» -
hauptet , der treffliche A s m u s wieder aus seinem Grabe auf Leben ihrer Eltern zu entziehen, der andere aber zur Unterstützung
erstanden , und muß zum zweyten Mal botenlanfcn, indem er armer , unheilbarer Kranken. Hiezu kommen noch eine Menge
den Leuten einen „neuen Wanbsbecker Boten" in das Haus Privatfammliingen , die so oft und reichlich statthabe», als ein
bringt ; alle Sonnabend schleppt er überdieß eine' „Teufelszei- besonderer Unglücksfall außerordentliche und schuclle Hülfe heischt,
tung" mit sich, geschrieben, wie rS heißt, von sämmtlichcn ferner die vielen Spende» an Nahrungsmitteln, an Arzncy,
Teufeln und Heren, redigirt von Satanas, dem Fürsten der Wäsche , Kleidern n. f. w. , die oft von solchen kommen, die
Finsternis. Daß dieses lcztcrc Blatt eine durchaus nur pole selbst Unterstützung brauchen. Nun fragt sichs aber: werde»
mische Tendenz habe , versteht sich von selbst < «nd so etwas alle diese Unterstützungen auf ganz zweckmäßige und nützliche
gefällt ja den Leuten, wenigstens auf einige Zeit, bis der Quell Weise gegeben ? hat uuscr WohltKätigkeiissin» die rechte Rich
des sprudelnde» Witze« , der die Sache allein aufrecht erhalten tung ? könnte mit de» reichlichen Spenden nicht noch mehr Gu
kann, versiegt ist. Die bis jezt erschienenen Nummern beyder te« gethan werben? Der edle Fazy-Pasteur hat dieselben Fr«
Blätter haben für den Liebhaber der Polemik manches Ergötz gen neulich in dnn reichen, wohlthätigen Genf gethan, und
liche dargeboten , wohl ober mehr für «nsere Stadt «ls das auch für dort mehr Einheit und Zusammenwirken gewünscht.
übrige Deutschland, weil viele Wiycleyen und Anspielungen Gleich nützlich wäre e« auch bey un« , denn es läßt sich nicht
nur denen verständlich seyn könne», sie i» Hamburg lcvcn. längnen, daß durch die Vereinzelung und Jsvlirung unser«
„Der Frcvschütz," ein sehr gutes Volksblatt, daS auch häufig Anstalten und des oft Nicht mit Borsicht geübten Wol,M'„»S
von den Gebildeten gelesen wird, besteht fort, nnd zeichnet der Einzelnen des Guten weniger geschieht, als möglich wäre,
sich nicht selten durch reckt gute und wahre Kritiken über die wenn die vielen kleinen Ströme in einen großen geleitet würden,
Leistungen deö hiesige» TvcaterS a»S; die, welche man über an dessen Spitze eine aus den geachtetstcn Einwohnern beste«
die Oper darin findet, gehören mit z« den besten, gewiß aber henie Administration alle Besorgniß entfernte, nnd durch mit«
zu den unxartkeyischstcn. die hier geschrieben werden. Wer ier wirkende Francn das Innere der armen und wahrhaft bedürf
Redakteur dieses Blattes ist, weiß keiner, und das ist sehr tigen F.unilien besser als bisher bekannt und erforscht würde.
gut . den« kennte inan ihn , so würde er nicht mehr mit so Seit einer Reihe von Jahren ist des Guten «nd Trefflichen in
großer Frevinütl'igkeit schreiben dürfen, als er es jezt zur Freude unserem Lande so viel entstanden, daß wir hoffen, ein solcher
der U iportheuischen ti'ut. Dieser Thcatcrartikel allein gibt allgemeiner Armenverein werbe z« Stande kommen , trotz der
dem Freyschüycn ein sei« großes Lesepuvlikum. Zu loben ist bedeutende« Schwierigkeiten, die sich dabcy zeigen.
noch . das, dieses VolkSvlatt sich stets innerhalb der Kränzen
des Auslandes hält, und nie dem Gebildeten Veranlassung gibt. Beylage: Kunstblatt Nr. 27.
Verlegt von der I. G. Cotta'schen Buchlzandlnng.
82.

M o r g e n b l a t t

f ü r

gebildete Stände.

F r e y t a g, April i 8 2 s.

— Wer darf mich schelten.


Daß ud mit Ungeduld mich zu dir stürze?
Ich si'h dich und die Welt verschwand vor
Soll dik Befrcpte dich nicht wieder sehen?
Goethes T«ncred.

Herminia'S Flucht. Und schwebt in Sorgen , wer znlczt von bannen


AIS Sieger gebt aus diesem furchtbar» Schlagen:
Aus Tgsso's befreytem Jerusalem'). Ob es der Wuth gelingt, den Muri, zu bannen.
von Ob Taxferkeit besiegt tollkühues Wagen.
Doch starker fühlt, als die desorgten Mannen,
Zlug. «d. Lud«, »olle«. Daö Kolbe Kind Herminja Angst und Piagen,
D« durch des KriegögottS zweifelhafte Schlichtung
Bcsahret ihres esseru Scons Vernichtung.
Gesang VI. Wn» 54^Sl.
Sie, Kassan's Kind, dem einst Stadt und Gefild
Cs ließ zurück die grausenhafte Fehde Von Antiochien unterthänig waren.
Bev Christen, Heide», die das Paar umstunden, Mit andrer Beute kam dieß Frauenbild
Hohe Bemundrung, tiefes Graun, in jede Dan» in die Hand von Christi Siegerschaaren.
Brust eingeprägt, und nicht so bald entschwunden. Doch nun erwies sich ihr der Tank red mild.
Nur von der Kraft, der Kühnheit ist die Rede, Ließ sie kein Letd in ihrer Haft erfahren;
Die man an bevden Kämpfern hat erfunden; Auf des erhabnen Väterthrons Verheerung
Doch wer dem Andern vorznzieh'n, ist streitig. Smpffng sie noch der Königin Verehrung.
Darüber spricht und kämpft man wechselseitig.
Ja, ich ging so weit, die Hoffnung zu nähren, daß eine denk«
Hiemit biete ich den Lesern diese so berühmte Episode in sche Uebcrsc?ung diese« epischen Gedichte« da« Original über»
heimischer Sprache dar. Vor mel,r ali zwölf Jaliren , wo treffen könne, insoweit unsere Spracht der seinigcn
ich noch Willen« war da« befreyte Jerusalem ganz zu an Gediegenheit, Innigkeit und Fülle de« Ausdruck«, an
übersehen , wurden die nenn ersten Gesänge fertig . vom Urb« BcflimmtKeit , Kraft und Biegsamkeit der Rhythmen, an
rigcn Bruchstücke. Die Umstände nbthigten mich längst, jene» reicherer Auswahl wechselnder Vokale und Diphthongen , end,
Dorsay aufzugeben. Denn mit solchen Ansprüchen, wie ich sie lich an innerem Werth de« Reim«, der bey nn« mei
selbst an meine Ueberseyung machte , konnte da« Tanze nur in sten« auf die bedeutendere, b. h. zugleich prvfodifch und sinn-
überlanger Zeit unsäglicher Feile, und nur bey ungeschwächten schwere Stammsylbe der Wörter fällt, offenbar weit überlegen
physischen Kräften zu Ende gedeihen. Meine Hauptforderung ist , während anderseits die mit solcher sprachlichen und musika
ging dahin , daß Alle« von einem einigen , lebendigen , wahr- lischen Behandlung gar wohl vereinbare Treue die poetischen
baft poetischen Hauche durchdrungen Kastel« , und dadurch we Schäye des Originals festhielte.
nigstens der au« innerem Mangel hervorbringende Schein, Ob und in wie weit i ch aber Kiesen Ansprüchen genügte,
der an Uebersetzen erinnert , unmittelbar entfernt werde. Nur da« scy Freunden de« liebenswürdigen Dichters und Ken
in heimischen Boden «erpflanzte, aber knospende Blumen wollte ner» deutscher Verskunst gern anheimgestellt.
ich , keine wenn auch noch so täuschend nachahmende künstliche. «. e. s.
In hohen Ehren dient' er ihr und sandte stimmt haben, auch wenn er mir nicht persönlich bekannt
Sie frey hiedann , der Ritter seltner Güte, gewesen wäre. Nach Verlauf eines halben Jahres wählte
Besorgt, daß Niemand, was sie fchäzt, entwandte, er mich zu seinem Adjutanten, als er nach der Vendce
Sie all ihr Gold- und Steingeschmeid behüte. ' >
Sie sah ihn , der im Reiz der Jugend brannte. beordert wurde, um die dortigen Unruhen zu stillen. Ich
Im edlen Leib sein königlich Gemüthe, dachte mir die Vendeer als ein stumpfes, hartnäckiges
Und blieb umstrickt von Liebe, deren Schlinge» Volk; ich verachtete sie wegen ihres Knechtsinnes, ich »er-
Nie fester noch ein Mädchenherz umfingen. abschcute sie wegen ihrer furchtbaren Grausamkeit. Sie
So kam's, daß, war ihr Leib auch freu, doch immer schienen mir Vcrräther, die die härteste Züchtigung ver
Herz und Gemüthe sich gefesselt fanden. dienten. Wie bald mußte ich diese Ansicht aufgeben ! Ich
Zwar dünkt sie nichts, als sich zu trennen, schlimmer. war gezwungen, ihren Muth zu bewundern. Ich habe ge
Vom thcuren Herrn , von den geliebten Banden;
Doch königliche Würd' und Zucht, die nimmer fangene Greise mit stolzer Ruhe in die Gefängnisse gehen,
Ans hochgesinnter Frauen Brust entschwanden. Jünglinge mit leichtem Muth Schmähungen ertragen se
Die zwangen sie nach Freundes Landen hin ^ hen. Wir leiden für unfern König, sagten sie.
Mit der betagten Mutter fort zu ziehn. Nach der blutigen Erstürmung von Penthievre war ich
Und sie begaben sich zu Sions Mauern, auf einige Tage nach einem entfernten Posten beordert. Als
Wo sie beym Heidenschache Schutz erlangen. ich zurückkam , fand ich eine Dame in dem Vorgcmach des
Dort mußte sie der Mutter Tod betrauern. Generals. Ich stellte mich ihr als den Adjutanten des Ge
Alsbald von schwarzem Leidgewand umfangen.
Doch ward durch dieses schmerzliche Bedauern nerals vor. Ich heiße Türpin, antwortete die Dame, und
Und der Verbannung Harm nie solch Verlangen bin hier, um Unterhandlungen zwischen den streitenden
Schmachtender Liebe, wie dieß Herz es fühlt. Parthcyen einzulei'ten. Sie war von mittlerm Alter, ohne
Ja nicht ein Fünkchen solcher Glut verkühlt. schön zu seyn einnehmend, und erzwang durch eine ruhige
Sie liebt und glüht, die Arme! Trost zu holen Würde Achtung. Ich eilte sie anzumelden. „Madame
Beym Hoffen, will ihr Unstern nicht ihr gönnen. Türpin," sagte der General, so wie ich nur ihren Namen
Und Speise den verborgnen Liebeskohlen genannt hatte, indem er die Thüre öffnete und mit vie
Kann nur Erinn'rung, Hoffnung kaum, vergönnen;
Und um je eingepreßter, tief verstohlen ler Höflichkeit sie einführte. „Sie sind mir willkommen,
Dieß Glühn, je stärker brennt und wächst sein Können. Madame; die ganze Welt achtet Sie; Sie haben schon
Jerusalems Belagrung zog inzwischen öfters das schöne Geschäft der Vermittlung geführt, auch
Den Tankred her, ihr Hoffen aufzufrischen.
dieß Mal wird es Ihnen gelingen» wenn Ihre wilden
Die andern Städter allzumal erschauen Chouans Vernunft haben." — „Herr General," unterbrach
Solch viel und siegreich Volk mit bangem Harme; ihn die Frau, „wozu diese gehässige Benennung? Lassen
Klar ward der trübe Blick nur dieser Frauen, wir nns wechselseitig gelten. Sie vcrtheidigen Ihre Grund
Weilt freudig auf dem stolzen Kriegerschwarme;
Den lieben Freund aufsuchend, rings die Auen sätze, Ihre Ansichten, wir tadeln Sie deßwegen nicht; wir
Durchspäbt mit sehnsuchthcißem Blick die Arme ; haben bis jezt unfern König vertheidigt; Jahrhunderte
Späht oft umsonst, oft glaubt sie, klar und lauter lang war die Treue gegen den König der größte Ruhm, der
Ihn selbst zu fchaun, und spricht: sieh da mein Trauter! Stolz des Volks ; warum foll der kleine Rest, der diesen
(Die Fortsetzung folgt.) Ruhm noch immer festhält, wenn er auch bekämpft werden
muß, zugleich Schimpf leiden? Sie sind die Siegenden,
wir die Besiegten; wir müssen nachgeben, das ist Lcwiß.
Viertes Bruchstück aus dem neuen NoveUcncyklus : Aber anf bevden Seiten stehe» Franzofen, und diese soll
Die vier Norweger. ten sich wechselseitig achten." Sie sprach diese in ihrer
Von Henrich Steffen«. Lage kühnen Worte mit einer solchen milden Ruhe, daß
der Vorwurf, der in ihrer Rede lag, jeden Stachel ver
(Fortsetzung.) lor. Sie machten auf den General einen großen Eindruck.
Lareveillere Lepaur , der später einer der Direktoren „Ja, Madame, wenn Alle wären wie Sie." — „Viele
wurde, war mein besonderer Beschützer, er wollte mich sind besser," antwortete Madame Türpin. „Sie sind
anstellen. Ich wählte zum Erstaunen aller Freunde den halsstarrig," fuhr der General fort, „ihr trotziger Wider
Kriegsdienst. Ich wollte die innere Unruhe vertreiben, stand ist wahnsinnige Verwegenheit." — „Sie haben ,"
ich wollte für die Frevheit streiten, ohne an den ewigen unterbrach wieder die Frau , „gekämpft , so lange sie eine
Faktivnen in Paris Theil zu nehmen. Von jeher schien Möglichkeit sehen, sich zu widersetzen, sie haben das Aeus-
mir der offene Kampf für die Frepheit das schönste Loos. serste gewagt, jezt und früher, es ist wahr, aber mußten
Ich schloß mich an Hoche an. Seine Jugend, seine Ta Sie es nicht erwarten , Herr General? es sind ja Fran
pferkeit , seine Großmuth würde mich für diese Wahl be zosen." Hoche lächelte. „Seit wann," fuhr sie fort.
32?
..gilt bey nnsern Kriegern der tapferste Widerstand für der größern ober geringer« Sorgfalt ab, die der Mensch
Hartnäckigkeit? ehren sie nicht den entschlossenen Muth ans seine Erziehung verwendet; jenes ist allerdings das
selbst bey ihren Feinden ?" So fing die Unterhandlung an, Hauptmoment, aber anck das zweyte ist sehr wichtig, und
und in der That, .Pocke, der zwar entschlossen war diesen in dieser Bezicl«ng bleibt dem Zlcijie und dem Forschungs-
unglücklichen Krieg zu Ende zu bringen, gab, von der gcist des Menschen, je nachdem ihm neue Bedürfnisse Dien
herrlichen Frau gewonnen, «i Allem nach, wo er eS nur ste der Thiere wünschenöwerth machen, oder er zu alten
vermochte. Ich sprach seit der Zeit diese Zrau öfters, ich zweckmäßig Thiere gebrauchen möchte, die bisher nicht
besuchte sie. Nie hat, seit ich meine Schwester verließ, dazu verwendet wurden, noch ein sehr weites^Feld. Be?
eine Frau so große Gewalt über mich ausgeübt. der Gemeinnützigkeit des Gegenstandes sind alle Erfabrun-
(Die Fortsetzung folgt.) gen darin willkommen, und wir rheilen daber auch folgende
anspruchlose Bemerkungen eines Landwirths mit.
Unter allen Hausthieren hat der Mensch den Hund
am meisten begünstigt, aber dieser hat sich auch seinem Ge
Bemerkungen zur Charakteristik der Hauöthicre.
bieter unter allen am meisten assimilirt. Der Hund, in
Die Hausthiere als solche sind insofern das Werk und der Wildniß stumm, hat mit dem zänkischen Bellen alle
das Wunder der menschlichen Intelligenz, als der Mensch Sitten und Unarten der menschlichen Gesellschaft angenom
das allgemeine Naturgesetz, daß sich nicht allein phy men. Dieser Frevgelassene übt über den Frcvgcbornen
sische, sondern auch moralische Eigenschaften von den Alten in manchen Individuen herrische Rechte, gilt bev man
auf die Jungen deständig fortpflanzen, aufs mannigfachste chem für ein Glied der Familie, ist bev ander» zur glei
zu seinen Zwecken bcnüzt hat. Erzichungofähigkeit man- chen Gütergemeinschaft gelangt, und wie bev dem Hunde
cher Thiergeschlechter auf der einen und Bedürfniß des ge geschleckte die große Verschiedenheit der Arten und Abar
selligen Menschen auf der andern Seite sind die Elemente ten den ursprünglichen Typus zweifelhaft gemacht hat, so
des Hausrhicrs , und im Laufe der Jahrhunderte hat sich scheint das hündische Naturel durch die Gewöhnung an
zwischen dem Menschen und seinen Sklaven ein so festes, gleichsam menschliche Tuaenden und Laster verwischt und
nicht nur xhofisches, sondern moralisches Band geknüpft, erloschen. Eine Nachlese zu den vielen Anekdstensamm-
ös? manche Thiere einen integrirenden, nothwendigen Be- lungen über dieses Kapitel wäre undankbare Mühe, aber
standtheil der Gesellschaft bilden. WaS wäre der Tartare nicht unwichtig scheint mir die Bemerkung, daß der Hund
und der Pamxasindicr ohne fein Pferd, der Lappe ohne keine Wohltbat mit größerer Dankbarkeit und Treue crwie-
sein Rennthier , der Aclpler ohne feine Kuh ? was wäre dert alsdaSGesch enk der Freyheit. Einer meiner
dieser ohne seinen Renner, jener ohne seinen Jagdhund, Bekannten überließ mir eine Dogge von ungemeiner Größe;
diese ohne ihre Katze, jene ohne ihren Papagay? Das er hatte den Hund, so lange er ihn besaß, in Ketten gelegt,
Analogen von Vernunft, das, zum Theil unser Werk, in und keines seiner Hausleute wollte diese Bande lösen, als
den Thieren schlummert und träumt, erhebt sie zu uns, ich ihn abholte. Ich that es, und von dem Augenblick an
und nicht selten läßt sich der Mensch durch Wohlwollen erkannte er mich als seinen einzigen Herrn. Ich kannte
oder Bedürfniß, ja selbst Herzensbedürfniß, zu ihnen her Hunde, die vor Wuth gegen Fremde die Kette zerrissen,
ab; nicht nur Achill spricht mit seinen Pferden und wie und losgeworden diesen nicht das Geringste zu Leide
Manchem wurde der seelenvolle Blick seines Hundes zum thaten.
Strahle der Liebe, der ihn allein mit sich, mit der Welt (Die Fortsetzung folgt.)
und seinem Geschlechte aussöhnte ! Aber wie wenig achtet
der Mensch sich und seine Vernunft, wenn er Geschöpfe,
die nur mit Vernunft behandelt, sind und werden, was
sie sevn sollen, jezt mit ekelhafter Zärtlichkeit überschüttet, Korrespondenz-Nachrichten.
und jezt, sein schlechtes Herz verrathend, mit roher Grau
samkeit quält und beydemal verderbt! — Je weiter ein , Petersburg, März.
Thiergeschlecht durch Erziehung seinem ursprünglichen wil Die interessante Nationalität des Russen . der sich auch
den Zustand entrückt worden ist, desto größer ist die Ver dicHinol , da die Aussicht auf einen Krieg durchaus nichts fürch
schiedenheit der physischen und moralischen Eigenschaften terliches für il>» I,at, den Geschmack an seinen Volksfrcudcn
in den einzelnen Individuen; am auffallendsten ist diese nicht l'at raube» lassen, spricht sich in nichts lebendiger aus als in
seinen Festen , und ganz besonders in seinem Karneval. Solche
Verschiedenheit bevm Hunde. Die höhere und niedrigere Gelegenheiten sind auch fast die einzigen, wo man in der
Bildungsstufe, auf der die Hausthiere stehen, hängt einerseits nordischen Kaiserfladt den Vvlkscharakter etwas fcniieu leine»
von den natürlichen Anlagen des Thiers, andcrnseitö von kann ; denn vergebens würde man ihn in den glänzenden Cir?
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keln . in den Theater» , auf b» prunkeuöe« Promenaden der dem Pavillon umrivgt stets ein zahlreich» Kreis 7ange Harren
eleganten Welt suchen ; hin sinket man überall nicht« als den der den Eimiel»v,cr , um ja nicht de» günstigen Augenblick
Reflex von Pari« , Berlin , Wien. Während das uvmer ern einer Vakanz zu versäumen. Jener ermahnt zur Geduld, und
ster werdende Europa sich allmählig vo» den kindlichen Ergötz- forscht emsig, ob nicht vielleicht ein zur Unzeit Betriebsamer sei
lichkeite» einer Zugendlichen Welt entwöhnt? wird die süße ner scharfe» Kontrolle entschlüpft scy. Sein Mißtrauen ist
SarncvalSzeit hier noch in vollen Zügen genossen. Hören wir nicht ungegründet, denn während er mit ausgebreiteten Hän
darüber die Erzählung eines reisenden Russe» , der aus den den dein augenblicklichen stürmischen Andränge zu steuern s,«t>t,
Fenstern des London-Hötcls das Volksgewnhl übersah : «An ei schlüpfen unten einige Knaben durch, setzen sich behende auf
nem Sonntag Morgen führten Arbeiter Eisstücke, Bretter ihre Mützen , und fliegen unter lautem Gelächter der Zuschauer
und Balken mühsam zusammen , und lüde» sie auf dem große« hinab , oder ein scheinbar ganz Unbefangener , der durch die
Plage, der Admiralität und meinem Fenster gegenüber, ab ; in ehrliche Miene endlich die Wachsamkeit ermüdet hat, wird
zehn Tagen schon stand eine ganze Straßenseite niedlicher höl plötzlich zum Waghalsc und gleitet flehenden Fußes den Eis
zerner Häuser, größtentheils zwey Stock hoch « aufgebaut da, berg hinunter ; sogar erblickte ich eines Nachmittags dort eine»
zwey Gerüste erhoben sich zu Eisbergen, vier KarroussclS waren Vater, ein halbjährige« Kind im Anne, dieß Wagstück glück
in vollein Gange , Überbein eine M.nge kleiner Buden zu Er lich vollziehen ; so kann man es in der That nenne» , dcnn
frischungen für das Volk. Wie schnell das alles unt« meinen nur «in kleines Schwanken des Bretts , auf dein man pfeil
Augen entstand, ist kaum glaublich; sieht man den Russen schnell hinabstiegt, ein Steinchcn im Wege, und ein Unglück ist
solche Werke mit einer bewundernswürdige» Eile zu Tage for unvermeidlich. Die russischen Eisberge sind aber auch gewiß
dern, sollte man wirklich der Meynung eines geistreichen russische« die vollkommensten in der Welt, und die Kühnheit und die
Journalisten beystimmen, der sagt, ihm brenne beyin Bauen Kunst sich im Gleichgewicht zu halten, welche die gemeinen
sein Handwerkszeug in der Hand. ") Mit dem Sonntag vor der Russe» bey diesem Rutschen von so bedeutender Höhe herab
Buttcrwoche begann das eigentliche Karnevalsleben. Bon je an den Tag legen, verdienen wirklich Bewunderung. Die Kar-
dem der Eisberge gaben drey Flaggen daö Signal zum Begin roussel« scheine» iin Ganzen nicht so zahlreich besucht zu sehn.
nen der Lustbarkeiten. Ein« Masse Volks strömte Kerbey, be Die Knabe» schwinge» sich auf die , angeschirrten Holzpfcrde
grüßte jubelnd die auf blauen Schlittchen Hinabgleitende«, und achte» im Gefühle der Streitlust wenig der Besorgnisse
und beurtheilte mit Kennerblick oder Wort die Geschicklichkeit und Ermahnungen der hinter ihneu in Wagen sitzenden Eltern,
jedes Einzelnen im Lenken des Falnzcugs. Vor dem Bogen bis der Vater aufsteht und sich durch nachdrücklichere Mittel
dc« Eisberge« hat ein Sbitcnschik seinen Tisch aufgeschlagen; Achtung erzwingt; nun beginnt ein kreischendes Weinen, aus
hinter einer dampfenden Theemoschine steht er selbst im weißen Sympathie stimme» andere bey , die übrigen oft aus MutK-
Schaafpelze, mit reinlicher Schürze in unaufhörlicher Bewe willeu. Dieß Schauspiel bildet fürwahr eine» der komischsten
gung, den häufigen Anforderungen Genüge zu leisten. Der Kontraste, wie die Buben, gleichsam durch einen Zauber ge
Anblick seiner Waare konnte wohl den Appetit erregen, alles bannt, mit dem lebhaftesten Ausdrucke des Schmerzes bey
war höchst sauber und reinlich geordnet, und hiezn kommen noch Glockenklang und Trompeten schall , iin Wirbel der Freude un
die ungemein weißen Zähne der Russen , die mir unverkennba aufhaltsam umhcrkrciscn. Die bey weitem glänzendste Seite der
re»! Wohlbehagen einbeissen. Mich zog aber vor allein die Karnevalsbelustigungen sind aber die unübersehbaren Reihen der
Art und Weise an , init welcher der Mann jedem die verlangte geschmackvollsten Equipagen, die wie ein ewig beweglicher Rah
Portion hinreichte. Für jedes Alter und Geschlecht hatte er me» das Gemälde de« Ganzen umschließen. Vergebens sucht
eine besondere empfehlende Anrede, so sagte er zu einem Greise: das unstäte Auge die Gegenstände zu fesseln, in unaufhörli
trink mein Väterchen, das schone Getränk (Sbiten) wird dich bey chem Wechsel wogt alles vorüber , und schwerlich möchte irgend
der kalten Luft recht wärmen ; zu einem Knaben : schmeckt das ein Ort der Welt eine ähnliche Mannigfaltigkeit in Eleganz
Wcisbrob nicht vortrefflich ? daö gibt Kräfte zum WachSthum. der Toilette und Pracht der Wagen darbieten. Musterhaft
Eine rauschende Musik zieht plötzlich ble allgemeine Aufmerksam ist die Sorgsamkcit der Polizey, und dankbare Anerkennung
keit von dein gewandten Sbitcnschik na« einem der Holzhäuser verdient das bescheidene Betragen , mit dem sie jeden zurecht
hin. Bajazzo und Colombine treten auf die äußere Gallcrie weist, der die vorgeschriebene Ordnung nicht beachtet. ") Auf
heraus ; sie sind in heftigem Streite begriffen. Bald hat sich irgend eine Weise die Reihen zu durchbrechen, wird durchaus
eine hinlängliche Masse Volks gesammelt, die Musik verstummt nicht gestattet ; wcke dem, der eine Gcsckästsfahrt hat und zu
und der Dialog beginnt. Bajazzo referirt die Wunderdinge, fällig hineingeführt wirb. Die Masse zieht ihn unerbittlich fort,
die innen im Hanse von der vereinigten Gesellschaft dem und wachsame GcnSdarmen hindern daS Entschlüpfen. So ge«
Zuschauer um ein Billige« sollen gezeigt werden. Das Volk rieth ein junger Russe, der um vier Uhr Nachmittags sei«
strömt zur Kasse , der Raum vor dein Hause wird jezt leerer, Hochzeitsfest am jenseitigen Newa-Ufer zu feuern gedachte, und
und ich kann mich nun ungehindert den Eisbergen selbst nähe,'«. sich zeitig dahin begeben wollte, zufällig in jene Reiben, in
Groß ist hier die Anzahl der Fabrlustjgen. In fast ununter denen er wohl oder Übel bis siebe» Uhr Abends sich mußte her
brochener Reihe gleiten die niedlich geformte» Schlittchen her umfahren lassen."
ab, auf denen gewöhnlich zwey oft drc» Menschen sitzen;
ein tüchtiger junger Bauevnbnrsch , seine Erkobreue oder
eine andere ihm wertbe Bekannte mit starkem Arm umfas Dem darf nicht ganz beygestmimt werden. Allerdings weiß
send , rutscht stolz und kühn mir ihr die Höhe hinab. Der Zu unsere Polizey bey dergleichen öffentlichen Festlichkeiten treffliche
spruch ist hie« ununterbrochen überaus groß, und oben auf Vrbming zu handhaben , doch gerade nicht vermittelst beS Höf>
lichkcitssyflcms , im Gegentbeil vollzieht sie ihre Anordnungen
ziemlich barsch und rauh.
Bekanntlich baut man nirgends so schnell als hier in Ruß
land ; die größten Gebäude sind hier das Werk weniger Wo
chen, ob sie aber der Zeit lange trotze», ist eine andere Frage. Beplag e: Literaturblatt Nr. Z8.

Verlegt von der I. G. Cotta 'scheu Buchhandlung.


83.

M o r g e n b l a t t

gebildete Stände.

Sonnabend, 5. April 182 8.

— O! schmäht fie nicht!


Der Seck I'vchster Adel ist d,c Treue
Sie weiht die «äffen, heiligt jeden Zweck.
W. Scott.

Viertes Bruchstück aus dem neuen Novcllcncyklus: Tag werden. Den Tag sollte ich sehen, um zu erkennen,
Die vier Norweger. wie ich Unglücklicher auf immer einer nächtlichen Macht an-
Von Henrich Steffen«. ' beim gefallen bin.
Grneral Hoche hatte die besiegten Feinde mit vieler
(Fortseiziing.) Milde behandelt. „Wir wollen sie gewinnen ," sagte er,
Madame Türpin hatte diel gelitten; der Mann war „nicht vertilgen." Er hatte in diefem Sinne gebändelt,
der königlichen Familie in die Fremde gefolgt. Verwandte den Rungen Schonung, Verzeihung versprochen. I» dem
und Freunde waren verfolgt, gefangen, getödtet, ikre Gü Konvente herrscht.? aber noch die rohe Wuth vergangener
ter waren vernichtet, sie selbst faß öfters in den Gcfäng- Tage, seine Milde wurde nicht gebilligt, und er legte er
nissen zu Nantes. Ich lernte mehrere Vendcer kennen, zürnt seine Stelle nieder. Der grvßmüthige Mann merkte
Frauen und Männer, alle von der rührenden Anhänglich wol,l, welchen tiefen Eindruck die Vendcer ans mich ge
keit an den König ^ an die alte Weife des Lcdcns durch macht hatten. „Sie dürfen nicht gegen Landsleute käm
drungen. Ganz Europa hatte sich gegen Frankreich ge- pfen," sagte er mit zutraulicher Milde, „ein solcher Kampf
»affnet, überall war die Republik siegreich, und mitten könnte Ihnen gefährlich werden." — „Ja, mein Feldherr,"
in dem siegreichen Lande, von den Helden umringt, die antwortete ich, „ich darf es Ihnen nicht verbergen, ich
mächtige Staaten bezwangen, wagte es dieser kleine .Haufe wünsche weit, weit von dieser Stelle zu fliehen." Er ver
külm aufzutreten. Was gab ihnen die Kraft ? welcher ge: schaffte mir eine Stelle bep der Armee, die nntcr Buona-
Heime Geist stärkte sie ? xarte in Italien einrücken sollte.
Ich konnte Madame Türpin nur seben, wenn ich Auf Madame Türpin sah ich nicht mehr, aber mein Herz
träge von dem General hatte. Fast nie waren wir allein. blutete, der geheime Stachel des Vorwurfs drängte sich
Ich mußte meine Achtung gegen diese treffliche Frau hin hervor und hatte Gestalt gewonnen. Hier waren schöne
ter kalte Höflichkeit verbergen, um nicht Verdacht zu erre Gärten, ein ruhiges ländliches Leben; Bauern, Bürger,
gen. Zum ersten Mal fand ich mich von Ansichten crgrif- Adelige lebten in stiller Eintracht, alle verbunden durch
en, die der herrsbendcn Gewalt entgegen waren; zum gemeinschaftliche Neigung zum Könige. Die stille, hei
fersten Mal keimten geheime Gefühle, die mich von dem lige Gewohnheit des Lebens trug sie, keine wüsten Be
Smmn der Frenheit entfernten. Ich sah ein, daß ich sie griffe störten das ruhige Leben. Da drang das wilde Ge
geheim halten müsse. Noch erkannte ich sie nicht deutlich, schrei) hincin. Wir wollen euch glücklich machen, tobte
es dämmerte nur erst in meiner Seele; bald sollte es eö in ihre Mitte, glücklich wollen wir euch machen.
3Zo
und die Adligen, die sie verehrten, wurden geächtet, der beladen, den Thron verlassen muß, jubelt das Volk, aber
angebetete König getödtet, die stille Ordnung vernichtet. der treue Diener, der ihm auf der Flucht, in das Elend
Da erhob sich daö Volk und stritt mit verzweifelnder Treue folgt, thcilt den Haß nicht, er wird bewundert; alle Wuth
für die Trümmer der zerrütteten Heimath. Ja, das ist die verliert ihre Kraft, jede feindselige Gesinnung wird ent
lebendige Treue; und deine Treue , wie hohl, wie waffnet, wo der Engel der wahren, lebendigen Treue er
leer erscheint sie neben diesen tiefer, heiligen, sich selber scheint; ja so geheiligt, so gesegnet ist sie, daß sie einen
opfernden ! Der Mann muß seinen Grundsätzen treu seyn, milden Glanz auf ihren verhaßten Gegenstand wirft, daß
schriest du dir selber zu , wenn um dich her der wahnsin wir zweifelnd dastehen, nns besinnend, ob der so viel Haß
nige Geist, der dich lockte, immer größere Verheerungen verdient, der Gegenstand einer solchen Liebe seyn konnte.
anrichtete. Ja, sie ist die verborgene Wurzel alles Lebens; sie trägt
Diese opfern sich für die Trümmer eines frühern Da- die entblätterte Blütbe wie die aufblühende Knospe, das
seyns — und du ? — Die stille Heimath mit allem Zauber verwelkende Blatt wie das fröhlich grünende, den ausge
früherer Erinnerung stand lebhaft vor mir, das ruhige dorrten, zerknickten Stamm, wie den frischen, und bewahrt
Haus, daS Hausgeräth, wie es seit Jahren unverrückt den Keim der Unschuld in ihrem stillen Schooß.
seinen Platz einnahm ; ich hörte die Uhr schlagen, die den Jede wissende Täuschung ist seit der Zeit von mir ge
ruhigen Wechsel der Stunden angab. In dem Garten wichen. Du hast, sagte ich mir , den innersten Kern dei
blühte Alles ; es war ein milder Frühlingstag. Julie nes Daseyns vernichtet, das Herz deines tiefsten Lebens
und Ernst hüpften jubelnd zwischen den blühenden Bäu hast du herausgerissen. Wie ein hohles Gespenst kam ich
men, der Vater faß Wnend in der Laube, meine alte mir vor, das nur noch mit einem Schein von Leben
Mutter ging langsam in den Gängen auf und nieder und die peinliche, zehrende Sehnsucht nach einem wirklichen
wie ein Engel, wie mein Engel, schritt verklärt die zarte verband.
sanfte Gestalt der Schwester vorüber. Durch eine natür (Die Fortsetzung folgt.)
liche Täuschung sah ich Alle, wie ich sie verlassen hatte,
nur ich war älter geworden. Ich trat in den Garten hin
ein. Alle freuten sich. Der Vater eilte mir entgegen, die Bemerkungen zur Charakteristik der Hausthiere.
Mutter, die Schwester umarmten mich, die Kinder dräng
ten freudig sich an mich heran. Ich hatte alle ihre Hoff (Fortsetzung.)
nungen erfüllt. Ich bekleidete einen bedeutenden Posten, Nach dem Hunde hat das Pferd aus seiner Civili-
ordnend schuf meine stilleThätigkeit ein Paradies um mich, sation den größten Nutzen gezogen. Nicht selten ist eS
ich hatte mich dem Vaterlande, dem Dienste des Königs gesitteter als sein Reiter. Nur an der Sprachfähigkeit
ganz geweiht, den lockenden Dämon leerer Begriffe glück hat es nichts gewonnen. Sogar sein Schmerz ist stumm,
lich überwunden. aber sein Auge ist so sprechend wie bey dem Hnnde. Wir
Eine stille Wehmuth ergriff mich. Ist es nur ein haben aber neben Beyspielen von Liebe und Ergebenheit
Traum ? Leider nur ein Traum. Die Schwester hast du des Pferdes gegen seinen Herrn Beyspiele der unnatür
getödtct, der Garten ist wohl verlassen, das Haus hat lichsten Bosheit. Das Alterthum meldet uns von Pfer
andere Bewohner. Welch ein feindseliger Geist vertrieb den , die ihren Herrn zertreten und aufgefressen habe» ;
dich aus der stillen Heimath und verleitete dich zu dem ich selbst kannte eines, das, tückisch und bißig, ungereizt
entsetzlichsten Verrath? Grundsätze. Wo ist der Grund seinem Wärter im Augenblicke der Pflege ein Stück Fleisch
dieser Sätze? Einen Götzen hast du frech aus hohlen Ge aus dem Leibe riß. Gemeiniglich aber sind die Untugenden
danken geschnitzelt, damit d« ihn anbeten könntest, und der Pferde Früchte einer schlechten Erziehung. Die Ara
hast ihm , diesem Moloch , alle deine Lieben in die glühen ber behandeln ihre Pferde am menschlichsten, und ihre
den Arme gelegt. Dort war die Stätte der heiligen Treue. Ro?e ist auch die menschenfreundlichste. Das sittige We
Sev getreu über Wenigem, dann wirst dn über viel gesezt sen diefer edeln Thierart ist wie ihre körperliche Schön
werden, und wirst eingehen zu deines Herrn Frenke. Ich heit Folge der Entwöhnung von ihrem wilden Naturzu
sehnte mich »ach meinem Vaterlande, dem ich dienen, stände. An einem siruppigten, dickköpfigen und plump-
»ach einem Könige , den ich lieben könnte. Alles nahm füssigen Wildfange würde der farbenreiche Pinsel Büf-
eine andere Gestalt an. Sind die Menschen nicht gezwun fons schwerlich den Stoff zu einem der schönsten Ge
gen, die Treue als das Heiligste, Unantastbarste zu ehren? mälde seiner Naturgeschichte gefunden haben. Wie bey
Nebcr Mevnnngcn streiten sie, Volker waffnen sich, sinn- dem Hunde, so auch bey dem Pferde, zeigt sich etwas,
bethört, gegeneinander; aber der Treue müssen sie hul das an sittliches Gefühl erinnert, in der Achtung des
digen. Jede Erinnerung aus der Geschichte schien sich schuldlosen Kindes; ich fah ganz außerordentliche Beyspiele,
qegen mich verschworen zu haben. Wenn ein Tyrann, fluch die ich bezweifeln würde, wäre ich nicht Augenzeuge davon
gewesen, wie das Pferd selbst in der wildesten Hast die Die Geise und das Schaf haben wir nur zu ei
Gefahr fürchtet und meidet, ein Kind zu verletzen. nem einfache n Zwecke, und so bemerken wir nicht die
Der Stiefbruder des Pferdes bat es in der Achtung etwaige individuelle Verschiedenheit in ihren Anlagen zu
deS Menschen nicht weit gebracht, ;n fo einem vielverspre- andern menschlichen Zwecken.
chendcn Anfange ihm auch Homer und unfere heili Das Schwein steht in Betreff der Bildsamkeit wohl
gen Bücher vcrholfen haben. Es fragt sich : ist der Esel «uf der untersten Stufe. Sein Instinkt hat sich in nichts
dummer «IS das Pferd, weil wir seine Erziehung mehr veredelt, selbst nicht da, wo es zu mehr als znr Mästung, wie
vernachlässigen, oder vernachlässige» wir diese, weil dsch zum Trüffclaussuchen, verwendet wird. Das zahme Mut-
nicht viel dabco zu gewinnen ist ? So dumm ist indessen terschnxin ist sehr gleichgültig, oft feindlich gegen feine
selten ein Esel, daß er nicht wo nud wie er kann feinen Ferkel, nur die längere Gewohnheit deö Bevfammenle-
Reiter abwirft, und wo möglich ihn, noch einen Hustritt bcns erregt in ihm einiges Interesse an Kiefen ihm an
mitgibt. Auch ist es für den Verstand eines Esels Ehre vertrauten Pfändern der für die Erhaltung der Geschlech
genug, daß, wo es, wie früher im Spessart, der Gebrauch ter besorgten Natur.
war, Esel auf eine Strecke Weges an Reifende zu »er- Unter den gefiederten Hauschicren finde ich mich nach
miethen, daS gedungene Vieh selbst durch Prügel sich nicht meiner Beobachtung bewogen in Beziehung auf Intelligenz
dahin bringen ließ, nur einen Schritt weiter als her- und Bildfamkeit von unten herauffolgende Rangordnung auf
kömmlich und vertragsmäßig seine Last zu tragen. zustellen: die Gans, die Truthenne, die Taube,
die Ente, daS Hühnervolk.
Bev der Zähmung der Katze hat es der Mensch nur (Die Fortsetzung folgt.)
so weit bringen können, daß sie ihr riegerartiges Naturcl
verstecken lernte, so wie die spitzigen Klauen unter daS
weiche Zell ihrer Tatzen. Von dem Erfahrungssatze: die
Katze ist Freundin des Hauses und nicht des Besitzers, Korrespondenz-Nachrichten.
erlebte ich eine einzige Ausnahme bey einer Katze, die Pari«, 2g. März.
ihrem Herrn wie ein Hund folgte. Die Katze ist das Herr Malbouche, der Besitzer de« geheimen Mittel«
Bild von der schlechten Kehrseite der menschlichen Natur, der Mab. Leigh gegen da« Stottern, über da« in der
undankbar, grausam, jähzornig, kriechend, launisch, Sitzung der 4e»äea,ie cke» »ei««ee» vom Ilten März d. I.
im Konzen sehr günstig berichtet worden war , (s. Nr. S<1 de«
schmeichlerisch, vermag ihr Naturel das Alphabet eines Morgcnbl. , wo dieser Bericht mitgctheilt wurde) hat e« sehr
Sündenregisters auszufüllen. Auch ungereizt fällt dieser übel aufgenommen , daß von verschiedenen Seiten die Ueberzen:
Zwcrgtieger zur Nachtzeit und im Zreven zuweilen den gung ausgesprochen wurde , jene« geheime Mittel habe durch
Menschen an. Daher ehemals der Volksglauben der Ver aus an sich keine besondere Wirkung, e« komme bey der Hei
lung der Stotternden einzig aus FcSluna wrer Aufmerksam:
mummung der Heren in Katzen. Vepm Tageslichte ist seit und zweckmäßige Beschäftigung ihrer Einbildungskraft an,
dieses Naubthier nicht so recht in seinem Element, darum und jcneS Mittel scy nur eine der unendlich vielen denkbaren
scheuer und furchtsamer. Die K>i>?e achtet des Kindes Methoden zu diesem Zwecke. Malbouche erklärt dagegen in
nicht, auch nicht der entseelten Menschengestalt, wie es der einem Briefe an die Rcdaklion bei LI«b«, daß die Beobachtun
gen , auf welche sich die Methode der Mad. Leigh gründe , mit
Hund thut. jenen allgemeinen Mitteln durchaus »ichiS gemein habe», nnd
Von der großen Bildsamfeit unseres Rindviehes daß da« Mittel wirklich an sich wirksam sey. Wenn der Ver
stand sich zu allgemeinen Grundsätzen erhebe, so müsse er da
sage ich vielleicht etwas Unerwartetes. Wie in Form nnd gegen auch anerkennen, wie weit diese Grmidsätze gültig seven ;
Farbe durch Kreuzung mannigfaltig, sind diefe Hausthiere er bediene sich derselben al« Mittel znr Beobachtung unb For
auch moralisch äußerst verschieden. Ich habe unter mei schung, gebe sie aber nie für die ewigen, unveränderlichen
nen Kühen Rabenmütter gehabt, die ihr Kalb von sich stie Kränzen de« menschlichen Geistes aus. Je besser einer die
Lückcnl'aftigkcit der Theorien kenne , desto eher werde er an
ßen, endlich es umbrachten; andere, die die Kette zerris die Möglichkeit einer Erfindung glauben, die sich auf ganz
sen , um zu ihrem nicht fern liegenden Kinde zu gelangen, neue Beobachtungen gründe. UcbrigenS befinden sich unter
die nicht eher ruhten, als bis ich es vor sie hinlegte. den durch diese« Mittel geheilten Personen sel,r gebildete Män
Bevm Verkaufe des Kalbes sind einige ganz gleichgültig, ner, die woi,l ,m Stande scyen, von der Wirkungsart dessel
ben zu urtwilcn.
andere verlieren vor Jammer alle Eßlust, ballen die Milch Man kennte ihm aber mit vollem Rechte erwiebern. baß
ein und beklagen den Raub ihres Jungen «cht volle Tage olle Verbreiter oder Erfinder «ckeimer Mittel aufrichtig a»
lang mit lautem Gebrüll. Die Hoffnung der Rückkehr ihre besondere Wirksamkeit glaube»; alle wollen die Macht
scheint sie einen Tag stille zn halten, und wie beo Men der Einbildungskraft und ihre Kränzen recht gut kennen , aber
nur si e wissen ja ihr Arkanuin, nur sie l'alten sich darum für
schen erwacht auch bev ihnen der geistige Gram bey Nacht kompetente Richter über seine eigentliche WirkungSart. Wer an
stärker. den Ausspruch der Geheilten apxellirt, um zu beweisen, daß
3Z2
kein psychischer Einfluß im Spiel war, beweist, baß » mit nicht ; besonders haben Zimmermann und Witt, gcnannt von
dein We'en dieser Heilungen nicht sehr vertraut ist ; die T ä li Döring, fich tapfer mit einander herumgebalgt, und zwar aus
sch ung des Kranken ist ja eben die Grundbedingung der Veranlassung einer Theaterkritik von Witt in Zimmermanns
Heilung, und gewarnt hört die Einbildungskraft auf ihr Spiel zu neuen dramaturgischen Blättern; die Sache würde wohl bald
treibe». Wie viel der moralische Einfluß bcy Behandlung von w,>e>r in Vergessenheit gerathcn seyn . wenn die kleinen Blät
Krankheiten wirke, und wo er seine Gränze finde, ist eine ter fie nicht von Zeit zu Zeit wieder aufgefrischt hätten, denn
Frage , in deren Beantwortung wir noch gar nicht weit find, Fehden der Art find immer sehr erwünscht für fie, denen es oft
und sehr geschickte Aerzte täuschen sich hierin taglich. Man an Stoff zur Unterhaltung ihres Publikums gebricht, und die daher
denke nur an die Homöopathie, die sehr verständige Männer jeden begierig er greifen, der ihre Leser nur einigermaßen unter
und achtnngswürdige Praktiker unter ihren Anhängern zählt. halten kann. Der ..neue Wanbsbecker Bote" hat fich auch schon
Sie heilen mit S.uadrilliontheilen eine« GranS Leute, die mehrfach an Andern gerieben, namentlich an einem bedauerns,
ganz gewiß wissen, daß fie nicht mittelst der Einbil werthe» jungen Kaufmann . der es fich zu seinem Unglück ein
dungskraft geheilt werden. fallen ließ. Lord Byrons „Belagerung von Korinth" übersetzen
Bekannt ist die Geschichte von dem Arzte, der fest an die zu wollen; das Machwerk ist freylich unter aller Kritik, und
wundervolle Wirkung eines Hauches glaubte, den der Kranke selbst der Ernsthafteste wird es nicht ohne Lachen lesen köim>».
fest in seiner geschlossenen Hand hielt ; wie vcrlnelt sich aber die DaS sind den» mm die Spaße, womit man sich hier gemürh-
Sache? der Kranke hielt einen bbsen Hauch für die Ursache sei? lich genug abspeisen läßt ; daS ist der Ton , der immer mehr
ner Leiden, und blieb frey vom Anfalle, so lange er diesen Mode zu werben scheint, und wozu der erste Impuls wohl von
Hauch fest in der Faust zu halten meynte. Der Jrrthum, sey Berlin ausgegangen ist , das nach meiner Ansicht tief genug
er schädlich oder nützlich, ist nothwendig vorübergehend. Solche im Argen liegt , weil dort die seichteste und niedrigste Possen-
Heilungen aber durch mannigfaltige Mittel, die blos durch da« reißerey mit Jubel aufgenommen wird, wenn sie nur ent
Zutrauen wirksam werden , daS man ihnen schenkt , gewähren fernt einem Witz ähnlich ficht. Trotz dem aber hege ich daS
dein Naturforscher große Belehrung , und dem Praktiker , der feste Vertrauen zu den brave» Hamburgern , bereu Charakter
mit dem Wesen der Nervenkrankheiten vertraut ist, wird es nie wirklich viel Gediegenes, SrnstcS und Würdiges bat, da!; fie sich
an Mitteln fehlen, wenn von ihrer Heilung die Rebe ist. nicht so leicht gänzlich verderben lassen werden , und entweder
Aus dem bisherigen ergibt fich , wie wenig Werth man auf mit Mitleid oder mir Abscheu auf diejenigen sehen, die um ihr
ei» geheimes Mittel gegen das Stottern zu legen bat. Ist von tägliches Brod fich Alles erlauben und jedem Bessern Hohn
einem geheimen Mittel gegen Schwindsucht , KrebS , Flechte», sprechen.
überhaupt ein Uebel die Rede, gegen das die gewöhnliche mebicini- (Die Fortsetzung folgt.)
sche und die psychische Behandlung meist nichts vcrmbgen,!so wirb
man um jeden Preis suchen müsse» zu seiner Kenntniß zu
gelangen; wozu aber ein Mittel gegen ein, dem moralischen
Einfluß vorzüglich unterworfenes Nervenleiben in mystisches Auflösung des RäthselS in Nr. 73.
Dunkel hüllen? In England heilt ein gewisser Berster seit Der Hagel.
mehreren Jahren Stotternde durch ein geheimes Mittel. Ob
seine Methode und die der Mab. Leigh übereinstimmen, ist
hbchst gleichgültig , denn wird die Sache einmal zur Mode, so
werden wir bald Hunderte solcher Mittel haben. Buchstaben-Räthsel.
<Dcr Beschluß folgt.)
Die beliebtste Stimmenkugel
Hamburg, im März. bin Ich längst im weisen Rathe ?
ober leise spricht das Madchen
(Fortsetzung.) mich im bräutlich stolzen Staate.
Die „neuen Pariser Mobeblättcr/- welche von Frau Dre» zum Ende: lieg ich träumend,
A. Schoppe redigirt und hier gedruckt werden, haben ihren doch im Geist binangehoben,
zwcyten Jahrgang begonnen, singen aber erst in der Mitte seh' ich Engel niederstcigen,
des vorigen Jahres an ; man sagt , baß dieses Unternehmen und die Glorien dort oben.
ein sehr glänzendes scy, worüber aber wohl nur der Verleger rich
tig urthcilcn kann; wenigstens aber ist in Hamburg diese« Noch eins zu: so schau' Ich wachend,
Blatt schon jezt außerordentlich verbreitet, da der Preis dessel was Ich dürft' im Traume schauen,
ben ungcwdknlich billig ist , die Kupfer sehr gut und zweckmäs und vcrkünd' es, daß die Herzen
sig sind , und das Acußerc fich in jeder Hinsicht elegant zeigt ; aller Geister fich erbauen.
auch für eine angemessene Unterhaltung gesorgt ist. Ich glaube, Noch drey zu: dem rothen Hahn gleich
daß die Verlagshanblung mit diesem Unternehmen einen Tref mit gerecktem Fcucrkamme,
fer gezogen hat, und fie verdient dieses Glück, da fie für we siehst du flattern auf dem Haupt«
niges Geld eine sehr gute Zeitschrift liefert, die fich fichtbar mir die blutgetränkte Flamme.
noch immer verbessert. Die „literarischen Blätter der Bor-
scnhalle" find eine sehr gediegene Zeitschrift , und finden im WaS im Traum Ich sah, im Wachen,
mer größere Thcilnahme, obgleich fie meist nur Ucbersctzun- Hab' Ich selbst vom Thron gerissen,
gen geben , die aber stets an fich wevtbvoll find. Der „Ko und die Fackel der Empörung
lumbus redigirt von dein in Hinficht auf Geographie sehr in die weite Welt geschmissen.
, gelehrten De, Rdding , sollte eigentlich auf keinem Kvmptoir
fehlen, denn er ist für den Handclsstaud von großer Wichtigkeit.
An polemischen Schriften und Schriftchen fehlt es uns B e y l 0 g e : Jntelligenzblatt Nr. 7.

Verlegt von der I. G. Cotta'schen Buchhandlung.


M v r g e n b l a t t

f « ,

gebildete Stände.

Montag, 7. April 182 8.

Mich sollte seine Nähe nicht begeistern?


O Liebe, die du mein Geschlecht erbebst,
L«S diese« Wiedersehn beschleunigt werden'
Laß in der NotK un« deinen Einfluß fuklen.
Und schufst du die Gefahr, so rett' «n« „un!
Gbethk.

Herminia'S Flucht. Die Fantasie zeigt ein Gesicht voll Grau»,


Daö stets und stets sie quälet Und empöret;
Aus Tasso'S befreptem Jerusalem, U,U> ärger scheint der Schlaf «IS T»d der Frau'n,
rcn Bon bangen Traumgestalken nur durchstöret;
«ug. Ad. Ludw. Jolle». Den tbeiiren Ritter wärmt sie dann zu schaun.
Todwund, im Blut; wähnt, daß sie rufen höret:
Herminja hilf! und ist der Traum zerflossen.
Fühlt Aug' und Brust von Zähren sie begossen.
Gesang V7. VerS 6? — 7Z.
Doch was ihr Herz so schlagen macht und bangen,
Ein atter Thurm ist dort, der hoch aufstrebt Ist nicht blvs Angst vor jenem sechsten Morgen,
Vom Königsschloß, gleich wo dle Mauer steiget. Auch um die Wunden , die er schon empfangen.
Der nber'S Thal sich und den Berg erhebt Schwebt idrc Seele sonder Rast in Sorgen;
Und rings die Lagerstatt der Christen zeiget: Und die Gerüchte, die umher sich schwangen,
Dort sizr sie, wann der Sonne Strahl sich hebt, Vergrößern ihr, waS fern ist und verborgen.
BtS flüsternd sich die Nacht zu Thale neiget. So daß sie glaubt, erschöpft, verschmachtend lieg' er,
Die Auge» heftend an s Gezelt der Franken, Und schon dem Tode nah, der kühne Krieger.
Und seufzend redet sie mit den Gedanken.
Won hieraus lauschte sie dem Kampfgewitter, Weil nun der Kräuterkrast geheimste Kunde
Und fühlt' ihr Herz so beben bcvm Betrachten, Dem Töchterlein die Mutter einst ertheilet.
Daß es zu sagen schien: dein lieber Ritter Und des Gesangs, mit dem mau jede Wund«
Ist's, der da drunten schlägt die Todesschlachten! Genesen macht und alle Schmerzen heilet
So stand sie dort, in Aengsten, schwer und bitter. — Kunst, welche fortgepflanzt von Mund zu Munde
Des zweifelhaften Klingenspiels zu achten. Bey Asiens königlichen Töchtern weilet —
Und stets, so oft den Degen zuckt der Heide, So wär' ihr Wunsch, daß nun durch ihre Hände
Tief in der Seele fühlt sie Schlag und Schneide. Ihr vielgeliebter Herr Genesung fände.
Doch, als die wahre Kunde sie vernommen. Den Freund zu heilen, dahin geht" ihr Trachten,
Und daß der wilde Kampf soll neu beginnen, Und sorgen soll sie für des Feindes Leben,
Da wird ihr über alles Maaß beklommen. Weßhalb Gedanken wohl in ihr erwachten.
So daß sie fühlt ihr Blut zu Eis gerinnen. Mit argem Todeskraut ihm zu vergeben.
Zezt beben Seufzer auf, geheim entglommen, Doch muß sie gleich fo schnöde Kunst verachten.
Jezt läßt sie die verhohlne Dähre rinnen ; Wovor die fromm jlinasrüul'chen Hände beben.
Bleich, blutlos, ganz verstoret in Geberden, Doch wünscht sie, daß die Spruch' und Kräutersäste
Läßt daö Entsetzen, läßt der Schmerz sie werden. An ihm verlieren alle Heilungskräste.
Und ohne Schaudern würde schon sie zehn wieder dahin. Nur wenn sie den Hüter sehen, fällt ih
3u jener feindlichen Kriegsvölker Schaaken; nen das Verbot ein, und sie laufen dann mit einem Schrev
Denn oft schon hat sie Schlacht und Mord gesehn. davon. Ihr Tagesgeschäft ist fressen und ruhen , sogar
Ein xilg rn>, mühvoll, schwankend Loos erfahren.
Daß Herz und Keckheit zu Gebot ihr stehn. ihre Jungen spielen nicht miteinander nach der Sättigung.
Die durch Geburt ihr nicht zu eigen waren. Das einzige Wahrzeichen ihrer Civilisation ist, daß sie
Daß nicht so leicht gleich überall sie stuzt statt des monotonen Geschrcvcs ihrer wilden Stammmüt
Und wohl gcringern Schreckensbildern truzt. ter eine Geschwätzigkeit angenommen, die für ein gedan
Vor allem scheucht der kühne Gott der Minne kenleeres und schallreichcs Geschwätz wahrhaft zum Muster
Der zarten Brnst ihr bangendes Besorgen ; dient. Sie sind unempfindlich für den Verlust der Frey-
Vor Lvbjens Ungeheuern , mitte» inne. heit; man kann sie in dem Behälter an den Füßen anna
Vor Gift und Klauen wähnt sie sich geborgen.
Doch, schlug auch Todesfurcht sie aus dem Sinne, geln, und sie werden dabey nur um so geschwinder fett. Daß
Schafft ihr des Rufs Verletzung Angst und Sorgen; die überaus gefräßige und schnell verdauende Gans mehr
So kämpfen ihr im Herzen bevde Triebe, als einen Monat von blosem fchlammigtem Wasser leben
Die zwep gewalt'gen Gegner: Ehre, Liebe. kann, davon habe ich zufällig ein beweifendes Bevspicl
O Mädchen! — also klingts von jener Seite — erlebt.
Der meine Satzungen stets heilig galten ; Die Ha u s en te hat seit ihrer Zähmung zwev Eigen
Keusch wahrte Seel' und Leib dir mein Geleite, schaften gewonnen , eine größere Beleibtheit und Mastfä
Dir, Sklavin einst in deines Feinds Gewalten ;
Dieß holde Mädchenthum wirft die Befreyte higkeit als Folge der Verzärtelung, und eine Anlage zum
Jezt hin, das die Gefangne rein gehalten? vertraulichen Umgänge mit dem Menschen. Wenn eine
Wer kann in's zarte Herz den Wunsch dir senken? zahme Ente zugleich einige Evcr der Waldcnte ausgebrütet
Und ach! was kannst du hoffen dir, was denken? hat, fo wird sogleich beym Ausschlüpfen der Küchlein die
So leichtlich lässest du den Werth des Ruhmes wilde Art sich in der Scheue vor dem Menschen offenba
Von Zucht und keuscher Sitte dir entwinden? ren, während das Küchlein aus dem Cy der Hauscnte un
Willst hin zum argen Feind des Heidenthumes, besorgt und furchtlos ist. Gezähmte Enten von der ersten
— Nächtliche Buhle! — um Verschmöhn zu finden?
Stolz sagt der Sieger: deines Königthumes Generation kehren wie gezähmte Wilde mit Lust und Freude
Verlust ließ auch den Kinigssinn dir schwinden ; bey erster Gelegenheit zum Naturzustände zurück; für
Nicht würdig bist du mein ; für andre Leute zahme Enten von mehreren Generationen her ist dieß nicht
Sey die gemeine, schlecht willkommne Beute.
zu besorgen. An den Hausentcn zeigt sich die Verschie
Dann wird, zu seiner Lust, sie hingezogen denheit der moralischen Anlage in der Stärke oder Schwä
Vom falschen Gott, der kosend sie umfleugt: che des Triebes für die Fortpflanzung der Gattung. Die
O Mädchen! nicht erschuf dich Fels in Wogen,
Noch hat die grimme Bärin dich gesäugt. eine Ente verliert ihre Eyer mit allem Kaltsinne hier im
Daß scheun du mußt der Liebe Glut und Bogen, Pfuhle, dort im Bache, oder auf offenem Hofe und Wege;
Und immer fliehn, was süße Lust erzeugt; die andere sammelt sie mit ängstlicher Sorgfalt an einem
Noch ist dein Busen Adamant und Eisen, dunkeln, verborgenen Orte. So verschieden ist auch die
Daß dich's beschämte. Liebende zu heißen.
mütterliche Pflege für die ausgebrüteten Jungen, doch bev
(Die Fortsetzung folgt.) keiner Ente, die mit dem Schweine vieles gemein hat, ist
die Mutterliebe fo stark, daß sie bey dem vorgeworfenen
Futter wie die Henne wartet, bis ihre Jungen gesät
Bemerkungen zur Charakteristik der Hausthiere. tigt sind.
Von den Tauben weiß der Dichter mehr Gutes und
(Fortsetzung.) Schönes zu loben als ein Taubenvogt bestätigen kann; sie
Die Gans theilt mit dem Esel das Prädikat, mit dem sind einfältig, untreue Gatten und kaltsinnige Mütter;
Hans so leicht durch die Welt kommt. Wie oft eine sie trauern keinen Tag um die weggenommenen Kinder
Gans das ihr so gefährliche Martinsfest überleben kann, und scheinen sich mit ihrer ungemeinen Fruchtbarkeit zu
weiß ich nicht, ich kannte aber eine Legegans, der es fünf tristen. Die dümmste Katze, die einmal Taubenfleisch
undzwanzig Mal geglückt war. Wirklich dumni, das ist un gekostet hat , wird zulezt Meisterin des ganzen Schlages.
geschickt in der Wahl der Mittel zu dem Amecke ihres Ma Sie besitzen nichts von dem, was die Sprache in sinn
gens, ist die Gans in der That, dabey ungemein vergeß bildlichem Ausdrucke Umsicht heißt.
lich ; keine noch so harte Prüfung macht sie vorsichtig, kein (Der Beschluß folgt.)
Vepspiel ist für sie abschreckend. Man kann eine ganze
Heerde eine nach der andern auf verbotenen Fruchtäckern
rodtfchlagen, auch die lezte schlendert sorglos und offen
3Z5
Viertes Bruchstück aus dem neuen NovellencykluS : störten Kittderjahre, meine verworrene Jugend mir vor
Die vier Norweger. schwebten, so war eS mir doch, als wäre ich mit meinem
Von Henrich Steffen«. Vaterlande versöhnt ; ja eine stille wehmüthige Beruhi
gung besänftigte alle innern Stürme. Jahre verschwan
(Fortsetzung.) den so, mir war die äußere Erscheinung fast fremd ge
Als ich mit dem Heer nach Italien zog, traf ich auf worden. Da kam Bonaxarte aus Egypten nach Frankreich.
einen Haufen Galeerenfklavcn , die ihre schweren Ketten Die betäubende Begeisterung, die ihn begleitete auf seinem
trugen. Neben einem Verbrecher ging eine Frau, die Wege nach Paris, in ganz Europa wiedcrhallte , ist be
ihm den Schweiß abtrocknete, die Ketten tragen half, ihn kannt. Suropas Schicksal schien nun entschieden. Nach
mild ansah und zu trösten suchte. Der Anblick ergriff mich. so vielen innern Kämpfen , nach einem so verworrenen Le
Ich erkundigte mich und erfuhr, daß diese Frau, völlig ben, in falschem Enthusiasmus, in Angst und innerem Ent
unschuldig an den Verbrechen des Mannes, die sie nicht setzen durchlebt, schien es mir ein Trost, alle herum-
einmal geahnet hatte, in ihrem Wohnort allgemeiner Liebe schweifenden Gedanken um einen ordnenden Mittelpunkt
genoß, daß sie eine günstige Lage , Kinder, Verwandte, vereinigt ;u sehen. Die Gewalt, so unergründlich, so
Zreuude verlassen hatte, um das furchtbare Schicksal des kühn und mächtig, mit Deutschlands Geiste verbunden,
Mannes, so lange eS ihr vergönnt würde, zu theilen. mußte das gesunkene Geschlecht heben. Ich versank in
Selbst der rohe Aufseher begegnete ihr mit schonungsvol dieser großen Erscheinung , und glaubte nun auch einen
ler Achtung, selbst die Verbrecher ehrten sie, sie ging wie Gegenstand der Treue gefunden zu haben. Ich eilte un
eine gebietende Königin unter der ruchlosen Rotte ; aber ter seine Fahnen, ich focht bey Marcngo, ich sich den Frie
sie hörte nichts, sah nichts als den geliebten Mann. Der den geschlossen, Ruhe und Ordnung sah ich herrschen, und
Anblick zerschmetterte mich. Sieh, so handelt die leben zum ersten Mal alle streitenden Kräfte durch ihn vereinigt.
dige Treue, sie reinigt den Verbrecher; diese Opfer trügt Europa beugte sich, die sichere Grundlage zu einem Rie
sie für einen Ruchlosen — und du hast deinen Himmel ver- fenwerke war gelegt, und obgleich alle meine frühere» Ver
rathcn. bindungen, während der Revolution angeknüpft, zerrissen
Lassen Sie mich über die folgenden traurigen Jahre waren , obgleich ich nur in einer beschränkten, untergeord
schnell Hinwegeilen. Die Jeit, das wilde, zerstreuende neten Stellung lebte, sehr verschieden von derjenigen, die
Leben stumpfte die Vorwürfe ab, aber meine sogenannten die Träume meiner Jugend mir vormalten, so fühlte ich
Grundsätze waren auf immer erschüttert. Ruhe genoß ich mich dennoch von neuen Träumen ergriffen, die etwas Be
nie mehr. Der hohle Ruhm war nur mein Götze und leicht ruhigendes hatten, weil sie nicht von der eigenen That
konnte ich ihn wählen, denn was ich ihm opferte, war ausgingen, weil sie in die Ergebung, in die Betrachtung
nur ein elendes Leben , das ich verachtete. Ich stritt in sich versenkten.
Italien , ich wagte oft mein Leben, und es war, als wenn In Straßburg , wohin ich nach dem Frieden zurück
der Tod, jemehr ich ihn suchte, mich desto hartnäckiger kehrte, lebte ich ime früher. Aber indem ich hier alle die
riesenhaften Begebenheiten in stiller Einsamkeit erwog,
flöhe. Nach diesen Feldzügen kam ich nach Straßburg, schien auf einmal die heitere Aussicht, die mich täuschend
noch immer Krieger, aber auf eine Weise beschäftigt, die umgab , sich wie durch einen böfcn Zauber zu verwandeln.
mir mehrere Jahre hindurch Muße verschaffte. Früher oder später, das war mir klar, muß diese furcht
Die vaterländische Sprache, die ich hier , wenn auch bare Gewalt sich gegen Deutschland wende», und dann?
ist es ein befreundeter Geist , der, wohltbuend, nur eine
mit fremdem Klange, vernahm, bewegte mich innig. alte Wunde heilt? Mag Veraltetes hinstürzen. Bedeu
Sie beunruhigte mich und zog mich dennoch an. Seit tungsloses, was eine Bedeutung lügt, verdrängt werden;
vielen Jahren hatte ich sie nur selten gehört, die deutsche vermagst du aber irgend eine, wenn noch fo verborgene
Literatur war mir ganz fremd geworden. Hier lernte ich Verwandtschaft zu finden, irgend einen geheimen Bund,
in welchem das Streitende sich vereinigen könnte? Daun
sie wieder kennen, die Dichter und Philosophen beschäftig ergriff mich ein inneres Entsetzen ; ich kannte den furcht
ten mich ganz , und wie leer erschienen mir die geschicht baren Dämon, der drohend über meinem zerrissenen Va
lichen Ansichten , die mir bis jezt als die höchsten gegol terland schwebte. Er wird, er muß jede Blüthe zertre
ten, die meinem ganzen Leben eine so unglückliche Wen ten ; was eben jezt sich jugendlich gestalten will , muß er
vernichten. Ich fühlte mich ganz in der Gewalt einer
dung gegeben hatten. Aber der Geist , der mich ergriff, feindseligen Macht, und was mich früher beruhigt hatte,
erhob mich zugleich. Wie ein zündender Blitz brach aus erschien mir jezt als der grauenhafte Arm eines rächenden
der dunkeln Nacht die tiefe Bedeutung des Daseyns her Geistes, der mich wild ergriffen hatte, meine Schritte zer
störend nach der friedlichen Heimath lenkte, und mir so
vor. Mir war es, als würde ich ein Neugebvrner , jezt für die Verirrungen der Jugend hohnlächelnd eine entsetz
recht eigentlich meinem Vaterlande von Neuem gegeben ; liche Buße auflegte.
mir »ar es, als wenn die zürnenden Geister mich ver (Die Fortsetzung folgt.)
ließen, und wenn auch in trüber Erinnerung meine zer
336
Korrespondenz-Nachrichten. großen Städte auszeichnet, und nicht blos auf ihr Vergnü«
Hamburg, im März. gm , sondern auch auf das Wohl ihrer minder beglückten Ncs
(Fortsetzung.) bcnmenschen bedacht ist. In der That vergeht fast keine Wo
Seit lange ist kein Winter so reich an Festen und Ver che , in der uusere öffentlichen Blätter nicht Belege für den
gnügungen gewesen als der diesjährige. Die Maskerate« im WohlthätigkeitSsinu der hiesigen Bewohner geben, und kein
neuen Stabttheater waren überaus glänzend, und es herrschte fröhliches Fest wird gefeuert , ohne der Armen reichlich zu ge
eine anständige Fröhlichkeit bey denselben, die meinem alten denke» ; ja es «istirt eine eigene, sehr zahlreiche Gesellschaft
Herzen recht wohl Hat; denn welcher Anblick ist wohl erfreu junger Leute, die bedeutende Summen für die Leidenden durch
licher als der fröhlicher Menschen? Auch viele und glänzende eigene Beyträge zusammenbringt,, die bann der Behörde zur
Privatbank wurden gegeben, so wie «ine Menge anderer Feste; zweckmäßigen Verwendung verrrauungsvvll übergeb«, werden.
kurz , Hamburg erinnerte einmal ganz wieder an die gute alte (Die Fortsetzung folgt.)
Zeit, wo es nicht nur eine reiche, sondern auch eine fröhliche
Srabr war. In Hinsicht der äußern Verschönerung gewinnt Paris, 2S. März.
eS immer mehr «nb mehr, und es sind seit einigen Jahren (Beschluß.)
nicht nur eine wirklich außerordentliche Menge geschmackvoller Alle hiesigen Aerztc scheinen so ziemlich diese Ansicht zu
Gebäude , sondern auch sogar mehrere sehr prachtvolle aufge tbeilen; auch in der Sitzung der Loeiete vkilomotique sprach
führt worden. Die Wälle sind jczt fast ganz abgetragen und j man im Ganze» dieselben Grundsätze aus. ES kam hier zur
in reizende Spaziergänge umgewandelt, so daß die nächste Sprache, daß das Stottern zwar oft ein reines Nervenleiden
Umgebung unserer großen Stadt dein reizendsten Garten gleicht. sey , oft aber auch in einem fehlerhaften Bau der Zunge oder
Unser Hamburg wird überhaupt bald, und mit Recht, eine einer Lähmung dieses oder jenes Zmigennerven seinen Grund
der schönsten Städte Deutschlands «cnanut werbe» müsse». habe. Sylvcstre bemerkt, das Stottern o»s organischer
Außerhalb des Dammthors werden noch fortwährend eine Menge Ursache müsse doch sehr selten scyn, da fast alle »ach der Me->
geschinackvoller Gartcnhäufn erbaut, denn wer -sich nur irgend thode der Mad. Leigh Behandelten geheilt worden sehen , und
behaglich in seiner Lage fühlt, strebt im Sommer aus der GrafDcje an sczt hinzu, bey allen Stotternden, die er beob
drückend heißen Stadt fort und aufs Land hinaus, wo dann achtet, sey gewiß kein organisches Leiden im Spiel, denn sie
die zunächst am Thon gelegenen Landhäuser immer den Vor können alle Sylbcn und Worte leicht aussprechen, und ihr Ges
zug erhalte», weil es nur wenige unter uns gibt, die sich brechen bestehe blos darin, daß sie entweder dieselbe Sylbe
von ibrcn Geschäften während des Somincrs trcnimcu könnten mehreremale wiederholen müssen, oder daß sie, wenn sie ei
und nicht täglich an die Börse müßten. nen Satz beginnen wollen > ein Krampf, gleichsam ein Gefühl
Als ein Zeichen vermehrten Wohlstandes und des wieder von Erstickung befalle , worauf sie aber sprechen wie Jeder
fester begründeten Geschäftsganges mag auch das noch gelten, mann. Er kannte Stotternde, die mir mit großer Anstren
daß wenig bedeutende Fallissements im verflossenen Jahre vor gung sprechen , aber ganz geläufig laut lesen konnten ; andere
gekommen sind; mancher ist durchSchaden klug geworden, man- sagten ohne allen Anstoß etwas Auswendiggelcrntes her. Lar
cher schränkt sich besser ein , um Einnahme und Ausgabe in rey bemerkt , diese Art der Krankheit sey allerdings die bey
Uebcreinflimmung z« bringen , und der verzweifelte Geschäfts- weitem häufigste , dennoch aber komme das Stottern aus wirk
zustand > der alles wagen läßt , um sich die Aussicht zu. eröff lich körperlicher Ursache auch nicht selten vor. Er habe schon
ne» , wenigstens das Nothdürftige zu gewinnen , hat aufge bey der Musterung der Rekruten mehrere Hunderte ausschies-
hört , weil Zezt jeder leicht wieder erwerben kann, was er be sc» müssen , bey denen das Leiden körperlich gewesen sey , die
darf, wen» er nur nicht allzuübertriebene Forderungen an das andern habe er dadurch gebeilt, daß er sie vermocht, genau
Leben macht. Der Vvlksgeifl, welcher sich während der fran auf ihre Aussprache zu achten. Einer der berühmtesten fran
zösischen Okkupation wirklich zum Erschrecken verschlimmert zösischen Gelehrten erzählt , er habe sich in seiner Jugend »on
hatte, weil die Armnth gezwungen war zu jedem Mittel z« seinem sehr lästigen Stottern durch strenge Aufmerksamkeit auf
greifen, um nur das elende Daseyn zu fristen, hebt sich seine Aussprache selbst geheilt; viel haben zu der Heilung auch
sichtbar wieber , und wenn gleich noch hie «nb da Evcesfe vor die Drohungen eines strengen Rektors bcvgctragcn. Ein an
fallen, die in einer so großen und volkreichen Stadt nicht aus derer heilte sich selbst dadurch , daß er sich gewohnte , ehe er
bleiben können, so sind sie doch weit seltener als in und kurz sprach, die Zunge rückwärts in den Mund hinab zu ziehen.
»ach jener Zeit. Auch die polizeylichen Einrichtungen haben Ei» ftauzösischer Arzt heilte einen , bey dem das Uebel erblich
gewonnen, und man hat auf jeden Mißbrauch jezt ein wachsa schien , in acht Unterrichtsstunden , und machte kein Geheim«
mes Auge, wenn es gleich nicht möglich ist allen Uebelstän- niß aus seinem Verfahren; er vermochte den Kranken nur
bcn abzuhelfen. langsam zu sprechen, die Töne einzeln, jeden mit starkem
Eine traurige Bemerkung bringt sich indeß dem aufmerk Nachdruck auszusprechen , und von keinem Ton auf eine» an
samen Beobachter unsers städtischen Treibens auf; die schauder dern überzugehen, ohne genau auf die Bewegung z» achten,
hafte Krankheit de« Walmsinns soll nämlich nach allen Berich welche bcym Uebcrgang «uS der einen Lage der Stimmorgane
ten so sehr überhand nehmen, daß unser geräumiges Kran in die darauf folgende vor sich geht.
kenhaus, wovon ein bedeutender Theil für Irren angewiesen So gleichgültig daher auch das Verfahren der Mab.
ist , sie nicht mehr fassen kann, und man sich deßhalb genöthigt Leigh «n und für sich selbst ist , so hat es doch in sofern N»z-
sieht, noch eine eigene Anstalt dafür z» errichten, wozn schon ein zcn gebracht, als es die zu wenig beachtete Wahrheit, baß
kleiner Fonds vorhanden ist. indem die Zungen Männer einer das Stottern ein heilbares, sehr leichtes, kam« in das Ge
unserer Bürgerkompagnien eine Summe von l ggg Thlv. Vanco biet der Heilkunde gehörendes Uebel ist , das man mit stren
zu diesem Zwecke niederlegten. Dieses rühmliche Bcyspiel wirb ger Aufmerksamkeit fast immer heilen kann, inS klarste Licht
nicht ohne Nachahmimg bleiben , denn bey uns bedarf eS ge fezt; dabey ist aber nicht zu vergessen, daß wie bey allen ?!er«
wöhnlich nur eines kleinen Impulses, um Dinge der Art zu venleide» , so auch bcy diesem mystische Ponacee» wirksamer
Stande zu bringen. ES möge dieses aber den Lesern einen senn werden als rationelle , von Acrztcn angevrdnete Mittel.
richtigen Begriff von unserer gebildeten Jugend geben, die sich
durch Ernst und wackeres Streben von der so vieler andern Bey läge: Kunstblatt Nr. 2S.
Verlegt von der I. G. Cotta 'schen Buchhandlung.
N°. 85.

M o r g e n b l a t t

f ü , ,,, "

gebildete Stände.

Dienstag, 8. April i 8 2 8.

Die traurigfle» Boruriiieile »ach denen, die uns mit un« selbst
kntjwnicn , sind diejenigen , welche die B.nide der Liebe »erlcven.
Fx. v. Sta«l.

Viertes Bruchstück aus dem neuen NovellencykluS: nung," antwortete der Vater, ,.es muß Ihnen bekannt
Die vier Norweger. fevn, daß mein Sohn nicht in meiner Familie erzogen ist.
Von Henrich Steffen». Sie wissen, daß meine Geschäfte es mir selten erlauben,
nur eine kurze Zeit hindurch mit Frau und Kindern zu
(Fortsetzuna.) leben. In der Fersse erzogen, bat er Grundsätze eingeso
Der Krieg brach wieder aus , Mortier rückte in Han gen, die ich verdammen muß. Ich «Knete es längst; sollte
nover ein, ich sah die verhängnißvolle Zeit immer näher er fo tief gesunken fevn, daß er ein Verräther gegen sein
treten. eigenes Land würde, fo mag er als ein Opfer der Gerech
In dieser Stimmung verirrte ich mich einstmals spät tigkeit fallen." c?r zitterte, indem er diese Worte mit
MendS in den Straßen. Ein entferntes Getöse fesselte anscheinender Ruhe sprach. Aber kaum waren sie gespro
meine Aufmerksamkeit. Sin Haufe Menschen hatte sich chen, als er zurücksank. Ein liebliches Mädchen, blaß,
lärmend um ein Haus versammelt. Als ich näher trat, von Schrecken erstarrt, trat hervor, den sinkenden Greis
fand ich es von Bewaffneten umringt. Ich erkundigte mich zu unterstützen. Ich näherte mich helfend nnd wir führ:
und vernahm, daß ein tollkühner junger Mann , der durch ten ihn »ach einem Sessel, auf welchen er sich erschöpft
Schmähungen auf die Regierung, auf den ersten Konsul niederließ. Der Polizcvbcamre verließ die Stube. Der
lange die Aufmerksamkeit der PoKzcv auf sich gezogen hatte, Alte erholte sich. „Wie unglücklich ist diese furchtbare
jezt als ei» offenbarer Aufwiegler ergriffen werden sollte. Zeit, in der wir lebe» !" fing er an. „Welche Zerstörun
Ich erstaunte. Den Besitzer des Hauses kannte ich als gen haben wir erlebt! Sollen sie nie aufhören? Soll ein
einen eifrigen, redlichen Anhänger der jetzigen Regierung. sinnbcthörcndcr Geist immer von Neuem herrschen? Das
Ich drängte mich in das Haus hinein. I» einer mäßig Land war verarmt, die Aecker zertreten, die Dörfer ver
erhellten Stube stand der alte Besitzer, blaß und ernsthaft, ödet, die Städte in gährcnder Bewegung; Mißtrauen,
ein Pollzevbeamter ihm gegenüber. .,Jhr Sohn," sagte Verdacht, wechselseitiger Haß trennte uns untereinander,
dieser, ..Kar sich längst verdächtig gemacht; jezt haben wir alle Bande schienen gelöst, alle Völker standen uns dro
augenscheinliche Beweise , daß er mit den Verrätern, die hend gegenüber ; und nun, da der Starke dasteht, der Al
das kaum beruhigte Land in Verwirrung bringen wollen, les ordnet, da nm uns her Vertrauen, innerer Friede
in einer geheimen Verbindung steht. Wir wissen, daß er herrscht, nun gebiert die Zeit Ungeheuer, die jene «kte
in diesem Augenblicke in Ihrem Hause sich aufbäll und for Zwietracht von Neuem entzünden wollen. Ich habe viel
dern seine Auslieferung," — -Sie kennen meine Gesin gelitten, das rubige Leben floh, wo ich hinkam, nur in
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kurzen Augenblicken genoß ich das häusliche Glück, mein einer Dame von Stande begegnet ward. Man ließ sich
geliebtes Weib starb nicht einmal in meinen Armen, und jeden Morgen nach ihrem Befinden erkundigen, mau
jezt, da ich Ruhe suche, tritt mein einziger Sohn als ein schickte ihr die theuerstcn Gerichte Mittags und Abends,
Verräther mir entgegen, der Bruder wird ein Fluch für man beschenkte sie mit dem gewähltesten Putze. Sie hatte
die Schwester, der Sohn ein ewiger Schimpf für den Va sogar ihre Anhänger in der Regierung , die sie besuchten
ter." Seine Rede erschcktttrt? mich. Hier mußte ich nun und ihr mit der größten Achtung begegneten. Der Kanz
Zeuge der unglücklichen Verhältnisse sepn, die aus der ler allein ließ sich von dem Wege der Ordnung nicht ab
Verwirrung der Zeit entsprangen. War ich nicht ein bringen , und da sie an verschiedene vornehme Personen,
Feind meines väterlichen Wohlthäters, wie dieser Sohn unter andern däucht mich an den Grafen von Rofenberg,
gewesen ? Ich war es noch immer. In dem Mächtigen, nach Wien geschrieben (wvbev auch von Seiten der Regie
den er lobte, an den auch ich gefesselt war, erkannte ich rung Nachfrage an alle diejenigen , auf die sie sich berief,
den gefährlichen Feind meines Volks. Frühere Grund: geschehen war) so vergingen noch sechs Wochen in diesem
sätze trennten mich von meiner ursprünglichen Heimath, Taumel, und nach eingelaufenen Nachrichten, die sie als
und ich fand mich nun gewaltig ergriffen von Ansichten, eine Landstreicherin von der niedrigsten Klasse darstellten,
die mich, äußerlich gefesselt, innerlich trennten von der ward diese Heroin eines Morgens in seidnen Kleidern
jetzigen. Mit dem unglücklichen Sohn in geheimem Bunde und großer Pariser Haube, die sie hier zum Geschenk erhal°
mußte ich dennoch den Vater bedauern und schauderte zu ten, dem Gelächter des Pöbels am Pranger ausgestellt und
rück, indem ich die Vcrirrungen meiner Jugend mit ih des Landes verwiesen. Es werden täglich von Süden bis
ren furchtbaren Folgen sich vor mcinen Augen erneuern Norden so viele , Possen gespielt, daß mich keine mehr in
fah. Meine Geschäfte hatten mich oft mit dem Alten in Erstaunen sezt. Die Aufklärung unsers Jahrhunderts ist
Verbindung gesezt, und wir hatten uns lieb gewonnen, ob ein Hirngespinnst; die Menschen werden immer im Gan
gleich ich zum ersten Mal sein Haus betrat. zen bleiben, was sie waren. Es wird von Zeit zu Zeit
(Die Fortsetzung folgt.) Monddoktors, Mesmers, Goldmacher, Cabalisten, Astro
logen, neue Messias und Jlluminaten geben, denen eS
nie an AnHangern unter der Menge, die sich zu weiter
THKmmel an Archenholz. ^) nichts als zu Anhängern der Thorheit schicket, fehlen wird.
Für Herrn von ******g ist es wohl gut, daß der Kaiser
Gotha, 1Z. Dec. 1784.
so gleichgültig für Alles ist, was ein hungriger Autor von
Ihre Geschichte in der Minerva Hpn der sogenannten
Kaiserin ist sehr sonderbar; doch hat sie mich weniger frap- ihm schreibt; wenn er nur nicht die hungrigen Nachdruk-
xirt, weil ich vor einigen Jahren hier eine erlebt habe, ker »nf Kosten jener protegirte. Das ju» «»>>««!« ist so
die viel Aehnliches mit jener hat. Es ward hier bey einer 'schwer gegen die Wiener Schriftsteller zu ererciren , da
Schlägerei) in einem Gasthofe ein unbekanntes Mädchen bisher wohl wenige dort aufgestanden sind, bey denen Ber
arretirt, die einen hiesigen Soldaten zur Desertion hatte lin oder Leipzig Vortheil fänden sie nachzudrucken. Ich wün
bereden wollen, und sofort ins Zuchthaus gebracht. Hier sche von Herzen, daß dem Kaiser sein jetziger Versuch mit
nahm sie auf einmal die Miene des vornehmsten Anstandes Holland nicht gelingen möge ; ich wünsche es um so viel
an und vertraute dem Hausverwalter, daß sie eine natür mehr, da ich durch den kaum geendigten Krieg dieser Re
liche Tochter des Kaisers se», der sie im Baireuthischen publik mit England an die siebzigtausend ThaKz verloren
bey einem Forstbedicnten habe erziehe» lassen. Die Liebe habe. Dieser große Verlust, von dem ich erst vor einigen
zu einem Werboffizier wäre die Ursache, daß sie heimlich Monaten Nachricht aus Holland und Surinam erhalten,
ihren Erzieher verlassen, und da ihr Liebhaber plötzlich hat mir eben keine angenehme Stunden gemacht und keine
verstorben, aus einem Aufall in den andern und endlich freundliche Worte gegen die Großen dieser Erde eingeflößt.
gegenwärtig in diese Verlegenheit gekommen sey. Der Daß ich jezr nicht aufgelegt bin , mit meiner Feder zu
Mann, dem sie dieses erzählte, ward durch ihre Erzäh spielen , können Sie sich vorstellen.
lung so gerührt und überzeugt, daß er ihr von Stund an Jndeß bin ich doch vor einigen Tagen von einer ar
mit der größten Submission begegnete , sie täglich auf das tigen Dame, die Sie, glaube ich, ktnnen, von der Frau
Herrlichste traktirte und ihr so viel Geld borgte als sie von Reck, gebornen von Medcm, genöthigt worden, ihr
wollte. Durch ihn kam die Geschichte in die Stadt, die ein Verschen in ihr Stammbuch zu schreiben. Sie hat,
unter den Vornehmen und Geringen so viel gläubige See wie Sie vielleicht nicht wissen, unter dem Namen Elise
leu fand , daß ihr in Kurzem mitte» im Zuchthaus, wie geistliche Gedichte herausgegeben ; darauf spielen die Rei
me an , die ich Ihnen hinsetzen will , um den Platz zn
Auö Archenholz brieflichem Nachlaß , der i» Kurzem er füllen , aber nicht , um einen Platz in Ihrem Journale
schein«, wird. einzunehmen.
33?
Hat die Natur zu deiner Wahl, Elise, Kinder wegstahlen oder »erführten, um ihre Familie zu
Dir ibre Gärten ansgetban. vermehren , andere, die jedes fremde Hühnchen gutherzig
So wies sie mir nur Blümchen von der Wiese
Zum Spiclwerk meiner Jugend an. sich unter die Flügel stopfen ließen. Ich wagte dieses
Da wand ich Kränze für die klemcrn Götter, einmal bev einer Mutterhenne, die eben ihre Jnngen
Die mir Anakrcon besunq; am Tage ausgebrütet hatte; am dunkeln Abend steckte ich
Den Scherze» streut ich frischqcbrochne Blätter, ihr mehrere Junge von einer andern Henne zu, die ich
Und dürre — der Erinnerung;
Jndeß du täglich neue Rosen findest; der Sorge der Führung überheben wollte, und am an
Seh ich auf meine Erntezeit dern Morgen fand ich diefe Untergeschobenen alle auf
Betrübt zurück du erntest fort; und windest grausame Weife gelobtet. Im heißen Sommer des JahrS
Dir Kronen der Unsterblichkeit. t8lt ließ ich Entenever durch eine Henne ausbrüten.
Lebe» Sie wohl, mein Bester, ich bin ewig Ihr Da sie be» dem heißen Sommer dieselben gegen nächt
Tb. liche Kälte nicht zu bedecken brauchte, f« gab ich ihr die
junge Entenbrut, wie sie von Zeit zu Seit das Licht er
blickte , zur Führung, gulezt belief sich die Zahl auf
mehr alö sechszig, die sie an den Bach führte, oder viel
Bemerkungen zur Charakteristik der Hausthierc. mehr von denen sie sich führen ließ ; aber alle Versuche
waren vergeblich. Junge von ihrem eigenen Geschlecht«
(Beschluß.) ihr anzuvertrauen. Sie verfolgte jedes Hühnchen biS
Wie der Hund unter dem vierfüßigen Hausvieh , so aufS Blut.
gewann das Huhn, der nützlichste aller Vogel, unter
dem Geflügel am meisten individuelle Verschiedenheit durch
seine Befreundung mit dem Menschen. Das Huhn theilt Anekdote.
aber auch mit seinem Besitzer an vielen Orten sogar die Der berühmte For war bekanntlich tief verschuldet;
gemeinsame Schlassrätte , und überall findet man es gleich allein da man ihn für den Erben feines Bruders, Lord
dem Hunde bei, dem geselligen Menschen. Sein Umgang Holland, hielt, so ließen ihn seine Gläubiger, denen er
mit bem Menschen ist s« alt, daß seine Abkunft und sein die Zinsen ziemlich pünktlich bezahlte, ruhig bis zur Ge
Vaterland völlig unbekannt sind. Aber hier ist auch die burt seines Neffen, deS letzigen Lord Holland, welche,
größte Verschiedenkeit unter den Individuen in jeder Be alle Hoffnung auf die Erbschaft zerstörte , worauf sie
ziehung. Es gibt Schlafhanbcn, die bis in den hohen Tag ihm einen Besuch abstatteten und ihn baten, einen Tag
auf der Stange sitzen, und niemals die Füße in dem Mer zu bestimmen , wo eS ihm gelegen sevn möchte, seine
genthau baden, andere gehen schon in der frühesten Däm- Schulden zu bezahlen. For ging ein Paarmal das Zim
merung auf die Jagd der Schnecken , Infekten und Re mer auf und ab, «IS ob er die Sache überlegte, und
genwürme?. Die eine läßt sich die Ever unter dem Legen sagte dann nach einer Pause: „Ich backte daran, meine
wegnehmen, ohne das Nest zu verwechseln, die andere Herrn, den Tag der Auferstehung zum ZahlungStag zn
weiß dasselbe vor der aufmerksamsten Hausmutter zu ver bestimmen; da wir aber wahrscheinlich an diesem Tage
stecken. Ich hatte sogar Gelegenheit in ihrem Geschmack Alle fehr beschäftigt sevn werden, so wollen wir den darauf
eine große Verschiedenheit zu bemerke». Bekanntlich ist folgenden festsetzen, wen« eS Ihnen gefällig ist."
Waizen unter allem Getreide den Hühnern das liebste
Futter, und sie fressen Roggen nur aus Noth. Wer sollte
glauben, wie ich es doch fand, daß ein Huhn Weisbrod
mit Waizen liegen ließ, und Brod von Roggen mit Lust Korrespondenz-Nachrichten.
fraß ? Mehrere vergleichende Versuche bestätigten diese Gc-
London.
schmackseigcnheit.
De« Engländern etgenrhumlich ist
Eben so große Abstufungen finden sich in der Wärme ernstdafler Zweikampf ist e« nun zwar verboten da« Boren. Al«
, »l< Kunst,
mütterlicher Liebe. Wenn gleich im Allgemeinen die fertigkeit aber ist ihm ein« eigene Bül'ne gewidmel. Ei» ellen
Henne ihre Küchlein gegen Menschen nnd Vieh mit dem langer Zettkl , auf dessen obersten Stelle zwey Vvrer kämpf,
Muthe der Verzweiflung vertheidigt, so hatte ich doch ferrig einander gegenüberstellen, benachrichtigt schon einige
Tage zuvor, daß Hx. Scrragin« dem Publikum eine Abend»
deren, die ihre ausgeschlüpften Jungen nicht anfaben , un- Unterhaltung dieser Art bereite, und am Abend de« Schauspiel«
gehört jammern ließen, und froh zu sevn schienen am selbst steh.» an mekreren Straßenecken Männer mit einer La»
Abend sich wieder einmal bequem auf die Stange setzen terue und einem Stabe , an welchem die Belustig«»« auf ei»
t« können. Ich hatte welche, die «nderu Gluckhennen ihre «ein Schilde angeeindigt rst.
34«
Schon «m sieben Uhr sinken sich in bei» kleinen Schau- seits behauptet, man habe dieses Unglück vorzüglich ber »er»
spiclhause («»ikerin« »ireet, »tranci) die Schaulustige» ein, mehrten Trunkliebe unter den nieder» Ständen zuzuschreiben,
und obgleich der Eintrittspreis für den ?it (Parterre) 2 Sch. ein Vorgeben, das mir nicht einleuchten will, weil ich nicht
6 D. (1 fl. ZU kr.) ist, so ist es doch mit so finster» und bemerkt habe, daß die Vollere» jezt stärker im Schwünge ist
schmutzigen Zuschauern angefüllt, baß wer immer nur halb als früher: auch lägt sich der Wahnsinn, der durch das Trin
Fashionable ist in die Soies (Logen) gehen muß, wo man ke» geistiger Getränke hervorgebracht wirb , in den mei
trotz der Z Sch. 6 D> , die sie kosten , doch noch mehrere sehr sten Fällen gar leicht unterscheiden , indem solche Unglückliche
schmutzige Gesellen antrifft. vorzüglich dem Wahnsinn mit Zittern (Delirium tremen».)
Nach fast einer Stunde ist das kleine Theater ganz ange- unterworfen sind. Wieder andere behaupten , ber jezt herr
füllt, Frauenzimmer kommen nicht dahin, und nach mehrmals schende Mvsticismus (ber aber auch schon, Gott sei) gepriesen!
wiederholtem Stampfen hebt sich der Vorhang ; eine Art im Abnehme» ist), trage allein alle Schuld. Indessen zeigt eS
Knecht tritt auf, und mit ihm ei» junger Mensch von etwa sich beutlich , dctß die Neigung zu einem kopfhängerischen , my
vier:u»d:zwanzig und ein kahlköpfiger Mann von etwa fünf stischen Wesen doch nicht so allgemein verbreitet ist, als viele
zig Jahre», beyde nackt bis an die Beinkleider, Krude blaß und wahre Menschenfreunde es fürchteten , indem ein vor Kurzem
mager; ein cckelhaftcr Anblick! Der schlcchtgcklcidcte Diener erwählter Prebiger, der mit eben fo vielem Eifer als großer
bindet den zwei) noch schlechter gekleidete» Borern wulstig ge- Beredsamkeit diesem Hange zur Finstcrniß entgegenarbeitet,
fütterte Handschuhe um das Handgelenk fest und entfernt sich. und sich dadurch ein unsterbliches Verdienst erwirbt, eine» so
Die Kämpfer reichen sich die Hand und stellen sich bann schlag großen und bedeutenden Anhang unter allen Ständen gefun
fertig einander gegenüber. Jede« hält dem andern die bey- den, wie ihn keiner jener Finsterlinge aufzuweisen hat , und so
den Fäuste entgegen , «nb sucht durch veränderte Haltung der dürfe« wir uns mit freudiger Zuversicht der tröstlichen Hoff
selbe» den Gegner über die Absicht des Angriffs zu täuschen. nung hingeben, daß da« Licht siegen und bie stinkenden Nebel
Die Hauptabsicht aber ist, bem Gegner bie derbsten Stoße und bald gänzlich zerstreuen werde, die seit einigen Jahren auS
Schläge ins Gesicht , auf die Brust und den Magen , auf die einem sehr unreinen , finflern Schlünde aufgestiegen sind. Die
Arme und in die Seiten zu versetzen , und der Sieg ist voll: ses Unwesen ist wenigstens schon furchtfamer geworden,
ständig , wenn der Gegner zu Boden gestreckt wird. Je hef denn man wandte init dein günstigsten Erfolge die Waffe da
tiger die Stoße , je gewandter sie mehrmals schncll nach einan gegen an, bie am sichersten und schmerzlichste» trifft , nämlich
der wiederholt werden , um so rauschcnder ist der Beyfall. In die des gerechten SpottS. Daß dieser für die ganze Mensch- .
dessen reizt der Beufall und der Kampf wird grimmiger. Bald hcit so wichtige Gegenstand auch Veranlassung zu mancherley
ist bie Nase des blassen junge» Mannes Hochroth gestoßen, literarischen Fehden gab, läßt sich denken, und wahrlich, wir
und auch die Brust und die Arme der Kämpfer färbten sich sind nicht verschont damit geblieben; indeß haben auch diese
durch die Schläge. Nur Athcmlosigkeit unterbricht für einige ikre gute Seite, wie alles Böse in der Welt, denn gerade durch
Minute» den Kampf, und nur Entkräftung endigt ihn. Dann diese Strciiigkciten wird der bisher heimlich wttchernbe Scha
werden bie Handschuhe abgebunden, und wem, bie Kämpfer den aufgedeckt, wodurch allein Heilung zu bewirten ist.
erscheinen und bevfallSwürdig auf einander zugestoßen haben,
werden ihnen vom Parterre und den Logen Geldstücke zuge Es sn> mir nun vergönnt zum Theater überzugehen.
worfen, Penny- und Sixpenccstücke. Sie sammeln das Geld Seit dem Tode des wackern Hcrzfelbt ist bie Direktion auf die
und treten mit linkischer Verbeugung ab. So folgten sich Herrn Schmidt undLebrün, bcude als dramatische Schrift
mehrere Paare, und bei) einigen vernahm man, wie sie, von steller und denkende Männer rühmlichst bekannt, übergegangen.
der Anstrengung und den Stößen auf die Brust angegriffen. Das wackere Streben dieser würdigen Direktoren liegt am
Keltisch husteten. Einmal auch waren bie Handschuhe mit Tage; nur mit offenbarem Schmerz und Widerwillen sieht
Blut gefärbt. man sie dem herrschenden Zeitgeschmäcke huldigen, und obgleich
Als nach bem vierten Paare da« fünfte nicht gleich Seu sie überzeugt sind bedeutende Einbußen zu erleide» und vor
der Hanb war , erbot sich ber Kalbtrunkene Scroggins , der mit leeren Bänken z» spielen , unterlassen sie es doch nicht , von
dem Hut auf bem Kopfe zwischen ben Koulisse» hervortrat, Zeit zu Zeit klassische Stücke nufs Repertoire zu bringen, und
init irgend einem Borer einige Gänge zu machen , wenn er mit rühmlichem Fleiße für gediegene Darstellung derselbe» zu
den Gcntlemcn hiemit ein Vergnügen machen könne. Ein sorgen ; jeder wahrhaft Gebildete weiß ihnen dafür Dank, indem ^
lumpiger junger Bursche, ber wohl einen Kopf länger war er gar wohl begreift, welche Opfer sie zu bringen haben, um ihrer
als Scroggins, trat hinter den Koulissen hervor, warf seinen seits wenigstens nicht mit zu der allgemeinen Vcrdcrbniß des
Hut auf die Erde , um die Ausforberung anzunehmen , und Geschmacks bcvzutragcn. Trotzdem haben sie Käufig mit der Lieb
obgleich viele Zuschauer gegen diesen Kampf protestirten, dran losigkeit, der Unwissenheit und dem offenbare» Ucbclwollen zu
gen doch andere so heftig darauf, daß Scroggins sich rüstete kämpfen, denn Zeder Unverständige verlangt, daß alles ge
und kämpfte, und erst als er drei? Mal zu Boden gestreckt war, rade so eingerichtet werden solle, wie es ihm recht und beguein
worauf er sich jedes Mal mit einem drolligen Purzelbaum er ist. Was das »cuerbaute HauS anbetrifft, gegen baS sich an
hob, forderte man, dag er abtreten solle. fangs viele Stiinmcn im Publikum erHoden , indem man
Nachdem etwa zehn Paare gekämpft, endigte um halb unbilligerweise alle Beauemlichkeite» cincö kleinen Hauses ver
zehn UKr das widerwärtige Schauspiel. bunden mit bcnen, die ein größeres Lokal gewährt, forderte, fo
(Der Beschluß folgt.) kann ich bie Versicherung geben , daß bie innere Einrichtung
weit mehr Annehmlichkeiten als Unannehmlichkeiten darbietet.
Hamburg, im März. (Die Fortsetzung folgt!)
(Fortsetzung.)
Um wieder auf ben früheren Gegenstand, das Umsichgrei
fen des Wahnsinns nämlich zurückzukommen, so wird einer Beylage: Literaturblatt Nr. Z9.

Verlegt von der I. G. Co tt «'scheu Buchhandlung.


86.

M o r g e n b l a t t
fS.

gebildete Stände.

Mittwoch, 9. April i 8 2 8.

Ein Bruder ist's von vielen


In allein il'iilN vblliq qleut,.
Ein nbibiq Klicd von vielen
In eine« qrvsjc» Vater« Reick.
Jedoch erblickt man ilm nur selten.
Fast wie ein kinqestvodne« Vind.
Die andcrn la,fe» il'n nur qelten.
Da wo sie unvcrmbgend n»d.
Goethe.

Au5uudk'g«„g einer Schalltagszeitung. dünken, um sich mit oll dem Pöbel von Menschen und
In bekannter M «nie r. Vieh, das aus der Erde, oder nach Hamlet zwischen
Von der Quelle di« an'« Meer Himmel und Erde herumkriecht «uf solche Weise ein und
Malilet manche MKlike, herab zu lassen.
Doch da« Wohl der ganze» Welt Die allgemeine Weltzeitnng erscheint
Ist'S, worauf ich ziele. «lie vier Jahre einmal. D«S ist eben ihre größte
Die größten Entdeckungen treten am spätesten hervor ; Tugend, ihr glänzender Vorzug und ihr ausgezeichneter
so auch die Schallt« gs zeit« ng; sie könnte auch ge- Werrb. Das ist eö eben, was de» allgemeinen Wellzei-
narmt werden allgemeine Weltzcitung, oder Korrespondent tungSschrcibcr so begeistert; der Gedanke, daß ,ein Blatt
von und für die Srde; sie ist übrigens nicht nur für alle vier I«hre lang gelesen wird, ein Sinziges! während die
vernünftige Bewohner der Erde, wie sie sich zu nennen Blätter anderer Zeitungsschreiber so schnell vergessen wie
belieben, bestimmt; auch Thiere dürfen sie lesen, wenn gelesen werden. Man könnte unser Blatt das Blatt der
einige» derselben eine so ausgezeichnete Erziehung zu Theil Lcbensverlangerung nennen ; denn es defördert die Mas
geworden ist. sigkeit im geistigen Genuß , erhält den Geist wach durch
Die Schalttags- oder allgemeine Weltzeitung die Erwartung, die er von einem Blatt auf das andere
erscheint in deutscher Sprache, und dieß aus meh lebendig in sich trägt; durch die Höhe und Klarheit des
reren Gründen. Diese Sprache scheint sich, in Betracht Standpunktes, auf den es seine Leser stellt, indem eö die
der mannigfachen rauhen , glatten , spitzigen und breiten vierjährige Geschichte des Menschengeschlechts so zu sagen
Töne mehr den Sprachen der verschiedenen Völkcrstämmc auf Sin Blatt schreibt; es stärkt und stählt das Gemüth,
auf der Erde anzuschmiegen; auch wird kein anderes Volk indem es das Mitgefühl für so mannigfache Leiden von
darüber neidisch werden ; gibt uns ja fast jedes einen an tausend Millionen Mitgeschöpfen gleichsam in einen ein
dern Namen, die einen Allemannier, die andern Germa zigen bittersüße» Trunk zusammenpreßt, durch die Heiter
nen, Niemezzcn, Tvsken, Tedeschi. Ja wir selbst nen keit, womit Nahes und Fernes in einem Ceutral-Thau-
nen uns kaum selbst Deutsche. Man könnte demnach be tropfen vereinigt vor dem Geiste zittern. Was könnte ich
haupten, daß diese Sprache nicht für ein Volk als sol noch alles rühmen von meinem Blatte, wenn ich den Mil
ches, sondern für daS Volk an fich fc», worunter niM lionen meiner Leser vorgreifen wollte!
allerdings die Gesammrheit aller Erdvölker verstehen könnte. Die allgemeine Wcllzeitung erscheint
Andere Sprachen würden sich vielleicht auch zu vornehm «m Schalttage. Dicß ist der genügsamste und unpar
theyischste unter seinen Brüdern. Einmal binnen vier würde sich glücklich preisen, wenn er einmal eins seiner
Jahren die tt»be», «aim,m-Akte der Preßfreyheit zu pro- Blätter ganz weiß in die Welt senden könnte; es wäre
klamiren, ist wohl eine erlaubte und nicht unbillige For ein Beweis, daß die Erde mit »ihren Bewohnern auf ge-
derung. Der Tag hat keinen Heiligen, ist kein Geburts radlinigtem, also bekanntlich dem kürzesten Wege zu ihrem
tag irgend eines Oberhauptes, von Philosophie und Poli Ziele sich befinde.
tik und jeder anderer Meynung ist sein Dasevn unabhän (Der Beschluß folgt.)
gig. Es ist der Tag, den wir der ursymetrischen Un
ruhe der Erde zu verdanken haben, für uns selbst ein zum
Nachdenken aufforderndes Ergebnis?. Ohnehin sind unter Viertes Bruchstück aus dem neuen Novcllcncyklus :
den Völker», die den Werth eines Schalttags kennen, Die vier Norweger.
Fevertage allgemein im Gebrauch , um so weniger wird Bon HenrichSteffens.
durch das Lesen unseres Zeitnngsblatts irgendwo der öf
fentliche Dienst in den verschiedenen Stuben, Kammern, (Fortsetzung.)
Kabinetten , Ställen , Gärten , Galeeren und Fabriken ge Wöhrend der Alte sich beklagt und ich theilnehmend an
stört. Vorzüglich schmeichelt sich der Zeitungsschreiber, seiner Seite stehe, hören wir ei» beständiges Lärmen im
daß das, was er an dem lezten vonii6i Tagen sagt, mehr Hause; Thüren werden auf und zugeschlagen. Schränke,
Eindruck macht, als was man alle Tage hört. Mancher Stühle, Tische werden von der Wand gerissen. Die Toch
freut sich. Mancher seufzt über diesen lezten und überflüs ter blickte ängstlich um sich , horchte aufmerksam hin. Als
sigen Tag. Weil in der Weltgeschichte noch gar nichts es nun auf den Treppen lebendig wurde, als die Polizep-
an diesem Tag geschehen ist, so hofft der Schalttagsblatt- wache nach den ober» Stockwerken lärmend hinaufdrang,
schreiber, ihn eben durch sein Vlatt welthistorisch zu ma stieg ihre Aengstlichkeit, und plötzlich war sie verschwun
chen. So baten manche Hofleute den de Thou (genannt den. Auch der Alte war in großer Angst; einige Zeit
Tbuanns), er möchte sie doch in ein Winkelchen seines verstrich in fürchterlichem Stillscheigen. Da hörten wir
Werks aufnehmen, damit sie welthistorisch würden. in dem «»«.ranzenden Saal Fensterscheiben klirrend zerbre
Der Inhalt der allgemeinen Weltzeitung chen, darauf ein durchdringendes Angstgeschrev. Der Alte
ist ungefähr derselbe, wie des Korrespondenten von und erhob sich von mir unterstüzt, und als wir die Thüren er
für Deutschland, mir verkleinert, oder was eben dasselbe öffneten, sahen wir durch andere Thüren eine Menge Men
ist, vergrößert. Sie übersieht die ganze Welt, und kann schen hereinstürzen. Wie von Schrecken gelähmt, mit den
sich also nicht in Beschreibungen des schönen Brunnens Händen des Gesicht bedeckend, stand die Tochter da; „mein
und anderer einlassen ; wer den Mond ganz überschauen Bruder, mein Bruder!" rief sie und zeigte zitternd nach
will, der wird nicht mit Hcrschels vierzigfüßigem Teles- dem Fenster. Hier war ein leinenes Tuch um den Pfo
kop nach ihm fehen; auf der Karte, die Sokrates dem sten gebunden; man zog es herauf, ein zweytes war durch
Alcibiades zeigte, waren die großen Güter diefes welthi einen festen Knoten an das erste befestigt, dieses aber durch
storischen Atheniensers unsichtbar ; da die Geschichte der einen aufgegangenen Knoten von einem dritten getrennt.
14«« Tage ihm nur die Geschichte eines Tages ist, kann „Er ist entsprungen," riefen Einige. „Er muß zerschmet
er sich der Betrachtung der Wunder der xroviZenti, zp«- tert sevn," bemerkten Andere, „wenn die Tücher in die
ei,Ii»s!v>» nicht überlassen ; er beschreibt das wirklich Ge ser Höhe losließen." Indessen stürmten Alle nach dem
schehene, oder sein Blatt ist die Geschichte ohne Hofe , oben im Hause ward es allmählig still , das Mäd
Zeit; die spanische Revolution wäre just für ein Schalt chen folgte wieder dem Vater und wir saßen in ängstlicher
tagsblatt im Jahr 1824 passend gewesen; sie hat Einen stille da. „Ihr Sohn scheint in der That entsprungen zu
Tag, d. h. vom Schaltjahr 1820 bis zum Schaltjahr 1824 seyn," sagte der Polizeybeamte , der verdrießlich hercin-
gedauert; aber erst das Blatt von >«S8 hätte können Auf rrat ; „indessen bleibt das Haus die Nacht über besezt."
schluß geben ül'er den Charakter des Fiebers; ein eintägiges „Sie haben zu befehlen," antwortete der Alte; aber es
war es einmal nicht. Es könnte sich auch wohl ergeben, schien, als wenn er die innere Freude zu unterdrücken,
daß für die allgemeine Wcltzeitnng sich gar nichts bege vielleicht vor sich selbst zu verbergen suchte. Ich wollte
ben hätte, obgleich vier Jahre verflossen wären. Solches mich empfehlen. Indem ich durch den Saal gehe, winkt
ist in China wegen der allgemeinen Polizey seit tausend mir das Mädchen ängstlich. Erstaunt folge ich dem Wink,
Jahren oft der Fall. Denn daß die Menschen immer bes wir treten in ein Ncbengemach. „Mein Herr," sagte sie
ser Bier, und Leder, und Seidezcug und Papier machen und noch hob sich die Brust und sank in schnellem Wechsel,
lernen, und immer besser essen und trinken wollen, ist die Augen liefen unstät herum, das Schrecken spielte in
bereits, wenige Ausnahmen zu verschweigen, gar zu welt bebenden Zuckungen mit den Gesichtszügen ; „mein Herr,"
historisch geworden; der allgemeine Weltzeitungsschreider sagte sie mit unsicherer, wankender Stimme, „Sie sind
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erschüttert über unser Schicksal, ich sah eS. Oft rühmte Greis. „Und wamm nicht?" erwiederte ich. „Glaube,,
Sie mein Vater, ich stehe hier allein, ganz allein. Nie Sie mir, die Vergebungen einer fanatischen Jugend zer
mand ist da, dem ich mich vertrauen könnte — darf ich stören nicht immer, nicht nothwcndig die Gesinnung. Sie
es wagen?" — „Gewiß/' antwortete ich, „gewiß, ich können an diesem Sohne , der ihnen jezt so viel Kummer
werde Sie nie verrathen." — „O dann retten, retten Sie macht, in der Folge noch Freude erleben." Der Alte schüt
meinen unglücklichen Bruder!" — „Ihren Bruder?" rief telte zn>eifekttd den Kopf. Noch einmal empfahl ich mich,
ich, „ist er nicht entsprungen?" <?S war, als erschreckte als ein Aeichen mir bcwirß daß Alles vorbereitet war. In
sie diese Frage, als besänne sie sich, ob sie mir trafen dem ich durch den Saal nach der Treppe gehe, treffe ich
dürfte. „Fürchten Sie nichts," fuhr ich forr, „vertrauen den Polizevbeamtcn, der eben, von der Tochter eingela
Sie sich mir ganz." Plötzlich schien die ungeheure Angst, den , hereintrat. Wir fangen ein Gvfxräch an und ich
die sie bis dahin fesselte, zu welchen. „Er ist hier, auf rufe: „Charles!" ich erhalte keine Annrort, und rufe
dem Boden," flüsterte sie, indem sie ängstlich um sich zum zwevtcn Mal. Sine grobe Stimme läßt sich hören,
blickte. „Hören Sie. Mein Bruder flüchtete sich, als ein Soldat kommt zum Vorschein und bleibt in chrerbie
man ihn suchte, immer höher, ich verbarg ihn hinter eine tiger Snrfcrnung stehen. Ich will gehen. Sie müssen
bretterne Wand, die, schief über eine Ecke geschlagen, ei mir erlauben, daß ich Sie begleite, sagte der Polizrvbe
nige lose Bretter hat. Als ich aber merkte, wie sie AI- anite ; die Wache könnte Ihnen Schwierigkeit^ machen.
les untersuchten, wie sie die Schränke aufschlössen, alle Ich nehme die Begleitung mit Dank an; er geht mit mir
Oeffnungen, jeden Winkel durchsuchten, da gab ich alle durch die Wachen, und mein Begleiter folgt unangetastet.
Hoffnung auf; mein Entsetzen stieg, als ich nun merkte, So geht er mir durch einige Strafen nach. Plötzlich höre
daß sie in die ober« Stockwerke stiegen, da, in der gran- ich hinter mir ein kurzes, durchdringendes, offenbar
zenlosen Angst , fiel mir ein Mittel ein. Ich überlegte künstliches Bellen. Es wird aus der Ferne beantwortet.
nicht lange. Ich habe die Tücher aneinander und um den „Ich bin gerettet," rief mein Begleiter, indem er sich an
Pfosten gebunden, ich zerschmetterte die Fenster, um die mich herandrängte und verschwand. Höchst wahrscheinlich
Aufmerksamkeit dahin zu zielen. Er ist noch oben. Aber hatten Vertraute sein Zeichen verstanden. Mir war es ge-
mm Hören Sie weiter. Glanben Sie nicht, daß ich seine wissermaßen lieb, von einer für mich so gefäbrlichen Be
Vertraute bin , nein, nein, be» Gott! seine Gesinnung gleitung besrevt zu sevn. Als ich nachher allein auf mei
flößt mir Granen ein; aber er ist mein Bruder, mein ner einsamen Kammer faß, da ward cS mir klar, wie wich
einziger Bruder, in diesem gefährlichen Augenblicke hat tig mir diefe Begebenheit geworden. Nicht blos die niah
er mir gestanden, daß er niedrere Verkleidungen, auch nende Erinnerung an meinem eigenen Vcrrath (so erschien
eine Uniform besizt. Darauf gründet sich unsere Hoff mir meine jetzige Knechtschaft) beunruhigte mich. So
nung. Sie kamen im Dunkeln in das Haus, Sie muß lange ich von der wilden, politischen Gäbrung herumgetrie
ten sich durch den ganzen Haufen drängen ; ob Sie allein ben irurde, konnte die jugendliche Neigung nie zur riefen
kamen oder in Begleitung kann Niemand wissen. Jezt Liebe heranreifen. Ich lernte diese jezt, schon znm Manne
steht mein Bruder als Soldat angezogen ; rufen Sie ihn herangereift, kennen. Ich eile zum Schluß ; Sie werden
als Ihren Begleiter. Er wird folgen. Sie sehen sich nach dem, was ich Ihnen erzahlt habe, von mix keine
gar nicht nach ihm um ; wird er unglücklicherweise ergrif Licbesgeschichte erwarten. Ick besuchte den Alten und
fen, dann wissen Sie nichts, wundern sich, wie die Ue- seine Tochter wieder. Diefe batte, auf unbekanntem
brigen. Aber er wird, er muß entkommen. Suchen Sie Wege , einige Zeilen von dem Bruder erhalten , dir sie
iezt meinen Vater wieder auf, ich werde den Polizeybeani- überzeugten , daß er gerettet fev. Ich gewann das Herz
ten, der sich noch unren aufhält, hier herauf bringen, des geliebten Mädchens. Aber die Krankdeit des Alken
werde ihm eine Erfrischung vorsetzen, damit Alles unter nahm zu. AlS wir bevde einig waren, nnsere geqensei
seinen Augen vorgehe, und dadurch desto unverdächtiger tige Neigung dem Vater zu entdecken , traf ihn der S<bla > ;
erscheine. Mein Bruder ist in der Gefahr besonnen," — stumm , sterbend verstand er unsere Wünsche, und segnete
Sie sprach dieses Alles mit ängstlicher Hast; oft fehlte im Bepsevn deS Arztes und Predigers unfern Bund. Kurz
ihr der Athem. Ich war in einer bedenklichen Stellung ; nach seinem Tode wurde ich beordert das Armeekorps des
ich sah deuklich ein, wie viel ich wagte. Aber konnte, Marschalls Bernadotte nach Hannover zu begleiten. So
durfte ich dieses schöne Vertrauen täuschen? Ich rhat Al mußte ich nun zum ersten Male, wenn auch nicht kämpfend,
les , was sie verlangte. Indem ich sie verließ , rief sie dock? als feindlicher Krieger, als Knecht des Eroberers in
mir noch eilig nach : „Aber lassen Sie den Vater ja meineni Vaterlande erscheinen. Wehmüthig trennte ich
nichts nierken." — «Ihr Sohn scheint wirklich entkom mich von der Geliebten, die jezt zu einem Verwandten in
men zu sevn," sagte ich, indem ich wieder hinein trat. Deutschland kam. (Der Beschluß folgt.)
Ach, darf ich mich darüber freuen?" antwortete der
344
Korrespondenz-Nachrichte». gemacht, Sam!" und „bravo, S'Neale," widerschallte von
alle» Seiten des Theaters. Net, mcvnen wir, sollte im
London, Zuge seh».
(Beschluß.) Einige kleinere Gänge fanden statt; ober keiner von ir
gend öffentlichem Interesse.
Gleich am folgenden Morgen würbe in mehreren Tag? Der junge Sam und Davis. DieH war die Spiye der
blättern Bericht über diese Kämpfe erstattet , für welche , wie ganzen Unterhaltung, und ein f«e »imil» ihres lezten Kampfes.
fast für Alles, dessen Erfolge zweifelhaft sind, bedeutende Sam pflanzte seine Püffe mit der vollkommensten Leichtigkeit
Wetten eingegangen werden. Den ausführlichste» Bericht und Gewandheit , ohne irgend eine Erwiederung. Während
aber gab am nächstfolgenden Sonntag das Wochenblatt, wel dreh oder vier Rundgängen war es ein bloßes Spiclwerk für
ches ausgegeben wird als: ?ierc« Lz»»'« Iis« i» l.o»ck«», Sam, und er leitete den Kampf in hohem Styl. Aber im
»uck Huiäe; e«»»ee>e«i »ilk lke evevi» vs td« lezten Angriff zeigte sich Davis gut, pflanzte zwey Sesichtpüffe,
»urk, ike ck»,«, »nck tke ri«z. Da dieses Blatt wohl und gab zugleich augenscheinliche Proben, daß er eine gute
selten über den Kanal nach dem Festlande kömmt, so möge Menge von Kinnbacken, welche einen von seinem Kaliber zu
sein Bericht den unsrigen beschließen. ") schmecken irgend »erlegen semi möchte» , gehörig bedienen wird.
Kleineres Theater. Sein Bückling vor der Versammlung zur Danksagung war
„Dick Davis , der Manchester l'et (verzärtelter Mensch), äußerst kurzweilig, und sciue Rede wahrhaft lakonisch. „Meine
wie er von der Provinzialphantasie bezeichnet wird, erhiet seine Herrn, viel Dank," (Oemlemen tK»»I,z).
Bcncsizvorstellung am vergangenen Donnerstag Abend auf obis In demselben Blatte stellt noch ein viermal längerer Ar
gein Theater. DaZ Haus war außerordentlich wohl angefüllt, tikel über zu erwartende Boxkämpfe und die für sie schon einge
die Logen waren vornehm (tix topxer«) das Parterre nichts gangenen Wetten von !2« gegen i«tl Pfund u. f. w.
anderes als die rechte Sorte von Leuten, und auf der F. W. Earove.
Gallcrie waren lauter ruhige und achtbare Kerls («ove»).
Auch waren die Parthic» (»vi«) im Ganzen genommen wohl Hamburg, im Marz.
bestritten, und Hr. Fogo th«t feine Schuldigkeit in einer (Fortscyung.)
„>,iebsVvn-obe»:artigen" (eut ,b«?« Kinä) Weise zu der voll Die Oper stellt jezt lehr im Flor bey uns, und ich be
kommenen Zufriedenheit der Zuschauer. haupte wohl nicht zu viel, wenn ich sage , daß einige Opern,
Hr. ScrogginS, jene anständige (zenllemovlx) Art von besonders auch die Mozartschen , mit wahrer Vollendung gege
Leuten , sprach in der höflichsten und interessantesten Weise zu ben werben, wozu Cornct und Mad. Kra us-Wra n i Ys
den Zuschauern , und erbot sich einem jeden sich zu stellen . se» kv durch treffliches Spiel und wirklich herrlichen Gesang sei«
er groß oder klein, fett oder mager, schwarz oder weis; er viel bcytragcn, so wie auch der neue Kapellmeister Krebs,
frage nichts darnach , Land oder Farbe , sc» ihm kein Hindcr- m dem wir einen wirklichen Treffer gezogen haben. Auf uns-
viß. „Bravo Jack." Diese Anrede brachte den Pabdy Fi,,» Ker rer Bühne u. a. jezt Mozarts „Entführung" dargestellt zu
be« , den Hr. Fogo einführte. Scroggins griff seine» Gegner sehen , gehört wahrl,ch mit zu den Hochgenüssen des Lebens
im Grimaldistyl an , und veranlagte schallendes Gelächter, und der Kunst.
während die Stellungen von Paddy Fin» über alle Beschrei Unqcachtct der sehr brillanten Ausstattung wollte indeß
bung hinausgingen. Diese lächerliche Scene dauerte ungefähr Rossinis „Armida" hier nicht ansprechen , und hätten einzelne
vier Rundgänge, bis Scroggy ganz erschöpft, und die Zu wirklich schöne Nummern der Opern, so wie die neuen Deko
schauer gleicherweise ermüdet waren , und ausriefen : „weg, rationen von CocchiS geschickter Hand nicht so sehr gefallen, fo
weg!" — „O ganz wohl." sagte Ja«, „wenn Sie genug ha würde das Haus bcy dcr zweytcn Darstellung wohl schon leer
ben, meine Herrn, so habe ich es auch; ich bin zufrieden ge gewesen scy». Eben so wenig hat der „Löwe von Kurdistan'"
stellt , aber ich hätte wohl noch eine« Rundgang machen mögen." vom Frcuhcrru von Auffcnberg gefalle» , obgleich auch hier
Jones und der junge Josh. Dicß war auch ein wieder Cocchis geschickte Hand sehr schöne neue Dekorationen
geistreicher Gang , und Pfeffer wurde von beybcn Seiten ge geschaffen hatte. WaS diesen Dekorationsmaler anbetrifft, so
geben, umsonst; Jones bekam das Beste davon; aber der junge hat derselbe de» Ruf nicht, den er in der That verdient , denn
Josh ist ein zudringlicher und ebcnwohl starker Kunde. Ei» es liegt etwas fo Großartiges und Phantasicreiches in seine»
oder zwey Mal kam er außerordentlich gut aus dem Gedränge. Schöpfungen , daß man sehr oft zur Bewunderung hingerissen
Der junge Spring und Robinson griffen sich ein wird. „Hans Sachs," von D c i n h a r d st e i n hat hiev ein
ander in „rechtem Ernste" an. Spring beschwor seinen ganz besonderes Glück gemacht, und füllt nach vielen Vorstel
Gegner in einen Weinschenken, nach den Proben von Elarct lungen »och immer das Haus ; dazu trägt nun auch die sehr
(rvthen Wein, hier Blut) zu urthcilen, die Robinson von zweckmäßige Bcscyung und ein äußerst braves und gerundetes
sich gab. Spiel sehr viel bcv ; Jakobi gibt die Titelrolle wirklich sehr
Ncd O'Ncale und Sam Libbutt. Der leztere gut, ja. wenn man einem Gerichte trauen darf, so sehr auch
Held ist zu fett um Finlen zu fechten (s>>»r), in jedem Fall zur Zufriedenheit der Idbl. Schuma chcrzun ft , daß diese
aber , um sich dem beweglichen Streathamer Jüngling entge ihm ein sehr hübsches Geschenk gemacht haben soll, das nach
gen zu stellen. Nichtsdestoweniger könnte Libbult auf einen einigcn in einem silberne» Becher, nach andern darin besteht»
jeden von seinem Gewichte iu feinem Style eintupfen. O'Ncale baß man sich erboten hat, für 'ihn und die Seme» Zeitlebens
zeigte einige Hauptstöße , und überhaupt gciwinmcn , betrach alles Schuhwerk unentgeldlich zu machen ! Das Stück läßt sich
ten wir ilm als einen vcrbcssertcn Borcr. Der lezte Rundgang auch in der That schon einige Mal mit Vergnügen sehen , und
war ganz vorzüglich (e»pit»I) von beydrn Seite», und „gut zeichnet sich sowohl durch treu gciialtcnc Cliaraktcrc ,ils durch eine
leichte und aiunuthige Schürzuug des Knotens vor viele» an
*) Vergl. damit den Bericht über die Londoner Zeitschrif dern neuen Erzeugnissen aus.
ten, Morgenbl. Nr. gl d. I. Obiges gibt einen Begriff von (Der Beschluß folgt.)
dem Tone in dem die bort erwähnte Klasse von Sonntagsblät-
kern geschrieben ist. Beslage: Jntelligenzblatt Nr. 9.
Verlegt von der I. G. Colta'schen Buchhandlung.
87.

M o r g e n b l a t t
f ö r

gebildete Stände.

Donnerst« g/ 10. April 1 8 2 8.

Nicht RuKe find' ich, bis ich diesen Mauern


Entronnen bin, sie stürzen auf mich ein.
Fortstoßend treibt mich eine dunkle Macht
Von bannen. — Wa« ist da« für ein Gefühl:
Schiller.

Herminia's Flucht. Thcil würde sie all seines Lobs erlangen.


Aus Tasso'S befreytem Jerusalem. An seines ThatcnrubmeS stolzer Beute;
Wenn er sodann mir züchtigem Umfangen
von Und mit glücksclqcr Hochzeit sie erfreute.
Aug. Ab. Ludw. Fellen. Gezeigt, gepriesen würde dann sie prangen
Im Kreis der Nömermüttcr und der Bräute,
Dort in Jtalia'S wunderschönem Lande,
Des Muths und Glaubens ächrem Vaterlande.
Sesang VI. Wer« 74 - 85.
So wird sie, ach! von Hoffnungswahn betrogen.
Ja, gehe nur, wohin dein Sehnen führt! Träumt Seligkeiten im bethörten Sinne;
Doch, kannst du grausam dir den Sieqer meinen? Doch schwankt sie noch in tausend ?weifelswogen.
Hat nicht dein Schmerz ihn schmerzvoll einst berührt? Wie ohne Fahr sie aus der Stadt entrinne.
Und litt er nicht bev deinem Leid und Weinen? Schildwachcn halten rings die Bnrg^umzoqcn ,
Grausam bist du, die da so säumig führt, Schildwachen gckn rund um die Mauerzinne;
Wo's gilt, dem Treuen hülfreich zu erscheinen; Auch wagt kein Thor in diesen Kriegsunrubn,
Der milde Tancred schmachtet hin in Schmerz, Als um gewicht'gen Grund, sich aufzuthun.
Du heilst den Feind, hart, undankbares Herz!
Ja, heile nur Arganten, daß der Mord Es weilet oft Herminja Hey Klorinden *),
Von deinem Retter dann ihm mag gelingen! Um lang' an ihrer Nähe sich zn weiden ;
So löst Herminja ihre Pflichten dort? Oft wird bey ihr der MorgenstraKl sie finden,
Solch schineu Lohn soll seine Gut' ihm bringen? Bev ihr der Abendsonne Gruß devm Scheiden ;
Ist's möglich, daß du zauderst, dich sofort Und wie die Tageslichter all verschwinden.
Solch lieblos leid'gen Diensten zu entringen? Umfängt ein Lager auch die schönen Vcvden;
Ist Abscheu, ja Verdruß nur, dir nicht g»ug. Und kein Gedanke, der, — bis aus die Liebe, —
Dich rvegzutreiben hier im schnellsten Flug? Geheim dem Mädchen vor dem Mädchen bliebe.
Doch rovhl wär's menschlich schon, und wohl empfände Nur hievon tbut sie nie der Freundin Kündung,
Herminja drob ein herzliches Vergnügen, Und hört auch manchmal die ein leis Gewimmer,
Die heilungbringenden, mitleid'qel, Hände Verbirgt sie tauschend ihr des Herzens Zündung,
Dem starken Heldenbusen anzufügen. Und tbut, als quäl' ihr Unglück nur sie immer.
Saß so durch sie des Freundes Qual verschwände.
Die Glut heimkehrte den verstörten Zügen, .
Und sie an seinem Reiz, der nun zerronnen. ") Der Helbenlungfra» , welche mit Argant die Heiden
Sich dürfte, als an ihrer Gabe, Wonnen. gegen die Kreuzfahrer anführt.
Es standen Key so freundlicher Verbündung die alten. Es war mitten im Sommer. Sin seltsamer,
Herminjen offen stets Klorindens Zimmer; unruhiger Trieb führte mich nach dem Aufenthalt meiner
Sie sey zu Feld, im Rathsaal, oder borten. Kindheit. Ein großer einsamer Teich, von Bäumen dicht
Nie schloßen sich der Freundin ihre Pforten.
umschlossen, liegt hinter dem väterlichen Garten, leben
Einst kommt sie hin , und anderswo verweilt dige Hecken führen zu ihm hinunter, eine üppige Pflan
Die Kriegerin grad. Still steht sie, voll Gedanken, zenwelt drängt sich aus den feuchten Gräben. Vögel flogen
Nur sinnend, wie sie klug von bannen eilt.
Wie sie verstohlen schleicht aus ihren Schranken. über den Baumen, über den Hecken, Schmetterlinge
Da in verschiedne Pläne noch sich theilt schwebten von Blume zu Blume, Bienen summten , und
Ihr irres Herz in zweifelvvllem Schwanken, jenes unergründliche stille Leben, welches in seiner ver
Erblickt sie an der Wand Klorindens schönen schlossenen Tiefe mit aller Unermeßlichkeit in dem keimen
Wehrschmuck und Mantel, und beginnt zu stöhnen.
den Gefühle der frohen Kindheit wiederklingt, trat mäch
Und stöhnend spricht sie : ,Su glückselgem Loose tig hervor, daß ich mich in die glückliche, bewußtlose
Ist doch die wunderkühne Maid erkieset I Zeit zurück versezt glaubte. CS war mir, als tönten alle
Wie neid' ich sie! nicht um der Schönheit Rose,
Nicht «m den Mädchenruhm, den sie genießet; Klänge einer erneuerten Poesie aus diesem Leben heraus,
Nein, weil kein lang Gewaud sie hemmt, das große als hätte, was die tiefste Ahnung des Geistes jenseits der
Gemüt« kein neidig Frau'ngemach beschließet. Worte ergreift, Gestalt, Bedeutung, Wirklichkeit erhal
Ihr Kleid ist Stahl ; wenn sie zu geh» begehrt.
Nie wird von Furcht, von Schaam es ihr gewehrt. ten, und die fehnsüchtige Liebe schien als die verherrlichende
Sonne über die wiedererstandene Kinderwelt. Da regte
Könnt', ach! Natur und Himmel nicht erlauben sich mitten in dieser milden Welt das geheime Grauen ,
Auch mir solch starke Brust, so unerschrocken.
Daß ich mit Panzern auch und Eisenhauben welches, in der innersten Tiefe der Seele schlummernd,
Umtauschen dürfte Mädchenschlenr und Rocken? mich nie verlassen hatte. Srst nahm ich es wie ein leises
Daß nie mein feurig Sehnen Sturmwinvschnauben, Erbeben wahr, wie eine finstere Angst, die sich zn gestal
Platzregen schreckte , Glut und Wintcrflocken, ten begann, aber sie zerfloß in wehmüthige Thränen, und
Daß frey ich ging im Sonn- und Mondenschein
Zu Feld, gewaffnct, mit Gefolg, allein? ich fühlte mich erleichtert, versöhnt, und versank in stille,
seltsam süße Träume. Ich blickte auf. ich wollte das
SZle ließ ich dann dich, wilder Fürst Argant! schöne Gefühl der bewußtlosen Freude wieder ergreifen.
Mit meinem Herrn des ersten Kampfes walten ;
Ich wäre vor dir auf ihn los gerannt. Aber die Natur war mir fremd geworden , die Thränen
Und könnt' ihn jezt vielleicht gefangen halten ; waren getrocknet, Verzweiflung war aus der zerrinnenden
Dann Hütt' er von der milden Feindin Hand Wehmut!) hervorgewachsen, und eine kalte, starre Hand
Gelinder Knechtschaft süßes Joch erhalten. schien drohend nach mir zu greifen. Da tönten mir die
Und diese Fesseln , welche jezt mich binden,
Würd' ich durch seine mild und freundlich finden. stillen Wellen des Teiches wie schneidender Spott; die
Bäume, die Sträucher, die Blumen sahen mich hohnla
Hütt' aber Cr mir Seit' und Herz zumal
Durchbohrt, geöffnet dort mit Todeswunden, chend an ; das Jauchzen der Kinder in dem naheliegenden
Durch Schwertstreich dürfte die von Liebesqual Dorfe schien mir den Verrath laut in die Welt hinauszu-
Geschlagne Wunde mindstens dann gesunden ; schrenen, und wie von bösen Geistern gepeitscht, floh ich
Es dürste , wenn der müde Leib im Thal, die schöne, heimathliche Stätte der Kindheit und wagt«
Wenn Frieden endlich meine Seel' erfunden.
Der Sieger ein'ge Ehre noch gewähren nie wieder sie zu betreten. Jezt lebte ich still , ich floh
Der Asch' und dem Gebein — ein Grab und Zähren. allen Umgang, ich fürchtete erkannt zu werden, und so
(Die Fortsetzung folgt.) habe ich Sie getroffen. Nur einen alten ergrauten Verwalter
meiner Verwandten suchte ich auf und wagte es, mich ihm
zu erkennen zu geben. Mein Oheim war, gequält von
Viertes Bruchstück aus dem neuen NovellcncykluS: Vorwürfen, gestorben. Ich war als ein Verschollener
Die vier Norweger. enterbt, aber mein edler Schwager, der meinen Aufent
halt nicht zu verrathen wagte, hatte dnrch eine geheime
Won Henrich Steffens. Resignation mir mein bedeutendes Vermögen gesichert.
(Beschluß.) Der alte Freund meiner Kindheit konnte den Jammer
Sine tiefere Ansicht des Lebens hatte mich von Neuem nicht verbergen, als er mich so innerlich zerrüttet wieder
an mein Vaterland angeschlossen , die Gewalt der flachen sah, und ich merkte es wohl, wie er gegen das unheimliche
Begriffe gebrochen ; selbst der Glaube der Kindheit blickte Gefühl , in mir einen Fremdling, einen Feind zu erblik-
mich wieder freundlich an, und das unendliche Naturge ken , mühsam ««kämpfte. Meine Geliebte hatte in dem
fühl der Liebe trug das erneuerte Leben. Aber selbst die , Verwandten, in dessen Hause, in dessen Gewalt sie lebte,
Stätte der Seligkeit gebar neue Qualen und »ermehrte I einen so erklärten Feind des französischen Volks, vor Al-
347
lem der französischen Arieger gefunden, daß sie ihre Ver unter die Bewohner der Erde , die Weißen , die Schwar
bindung nicht zu entdecken wagte. Ich traf hier öfters an zen, dieselben, die Braunen, die Wolligen, Lockigen,
öffentlichen Orten mit einem jungen Manne zusammen, Schlichten und Äranohaarigen, die Beschützer und Beherr°
dessen höchst unbesonnene Aeußerungcn mich in Schrecken scher der Thiere, die Bandiger des Feuers, die Herrn
sczten. Ich entfernte mich zulezt, wo ich ihn traf, ich der cdeln und uncdcln Metalle ! Erscheine nicht in an»
wollte ihn nicht kennen. Als ich gestern den Auftrag er maßendcr Tracht, sonst werden eine Menge Srdenlindcr,
hielt, einen Verdächtigen gefangen zu nehmen, vermu- die da „schwitzen nnd grunzen unter einem drückendeu Le
thete ich , daß er es seyn möchte — und zu spät erfuhr ich, ben," kein Zutrauen gewinnen; wärst du auf goldenen
daß er der Bruder meiner Geliebten fcy. Derselbe, den Tafeln geschrieben, Haß und Mord würdest du »er:
ich im Dunkeln befrevte, ohne ihn gesehen zu haben, ist breiten ; Bilder sollen dich nicht zieren, sonst würden
hier durch mich gefangen und dem gewissen Tode überge dich und sich um dich die Schulkinder zerreißen ; wärst
ben worden. du auf glattem Papier geschrieben, sie krazten dich ab
Rainault schloß seine Erzählung und saß lange wie er und schrieben Manifeste auf deinen Rücken oder Ge
starrt in Verzweiflung da. „Ein heimtückischer Geist hat dichte. Sev ohne Furcht, fep unbesorgt; ganz ohne Nutzen
mich geboren," rief er dann, „damit ich bewußtlos Alles wirst du nie seyn, wenn du auch nur als fliegendes Blatt
vernichten soll, was ich liebe. Was mich hinreißt, keimt in der Wüste den Schweiß eines Sklaven Papier
nur um mich zu verzehren. Die heilige FrevKeit ward als solches getrocknet, ober in den Eisfeldern des
mir Gift, das' tiefste Erkennen mußte meine Verzweiflung Nordens die Pfeife eines Wilden, die er zu Ehren
steigern und meine Liebe gebar ein neues Verbrechen. DaS des großen Geistes raucht, angezündet hast, so kannst du
Leben ist mir furchtbar, der Tod kann mich nicht befrepen, getrost in deinem nächstfolgenden Blatte sagen ich
und wo für alle Menschen Trost ist, regt sich in mir ein habe gelebt; besser als wenn du ruhmredig von deinem
gränzenloses Entsetzen und führt mich weit ab von jeder Inhalt sagtest ckiii , ich habe <S gesprochen ; darum ziehe
Seligkeit , von jeder Rettung." Er rang die Hände und getrost durch die weiten Jonen unseres feuerspeienden und
mich ergriff sein Jammer, der räthselhafte Widerspruch des wasscrtrinkende» Planeten. Du trinke alles, was man dir
Lebens so, daß ich feinen Trost für ihn hatte, daß ich mich auf deinem Wege bietet, Bier mit dem Bayer und Englän
selber von feinen Schmerzen gepackt und zertreten fühlte. der, Sekt mit den Nachkommen Falstaffs, Pferdemilch mit
dem Aalmücken, Quas mit dem Russen, Vieth mit dem
Baschkiren, Thron mit dem Kamrschadalen , Kaffee mit
Ankündigung einer SchalttagSzeitu ng. dem Araber, Thec mit dem Chinesen, Feuer sxeve al^r
nicht aus zum Verbrennen wie die Inquisition, nicht zum
(Beschluß.) Zerstören, sxeve gar keines. Siehe mir dem Storche, dnn
Alle Jahrhundert erscheint ein Band, Kraniche, der Schwalbe umher; der Weg ist weit, und
meist von fünf-und-zwanzig Stücken ; da es unwahrschein alle Völker mußt du besuche«. Verliere nie deine Bestim
lich ist, daß ein einziger Erdenbürger solch ein herrliches mung aus den Augen, beobachte wie der österreichische und
Werk vollenden werde , so ist bereits Fürsorge getroffen, deutsche Beobachter mit Verstand, Spion sev nie. Er
daß nach dem Tode deS jetzigen Herausgebers keine Un scheint als Täubt mit Otlzweig dem Gedrückten, setze dich
terbrechung eintrete. Der Nachfolger muß nicht nur, wie als Fliege auf die Nase des die Nase hoch Tragenden, wedle
die Mitglieder der großen reisenden Gesellschaft, wenigstens mit dem Schwänze nicht wie ein Hund vor den Schran
einmal leiblich in Rom, sondern geistig von Anfang an, als zen, sondern wie der Hund des UlvsseS; krähe nicht wie
die Wölfin den Nomulus saugte , bis zur Zeit der Corvo- ein Cathederheld, sondern wie der Hahn Petri, daß du die
nari dort gewesen sevn , auch die Linie auf gleiche Weise Menschen zur Besserung ermahnst. Sep ein Rabe, aber
mehrmals xassirt haben. Cr ist in Amerika durch Profes nicht um dich am Leichname Miegos zu mästen , sondern
sor Mohl zu Tübingen und den Hamburger Geographen als prophetischer Vogel umflattere den Galgen ; rausche
ganz zu Hause ; in England, das zu gar keinem Welttheil herab Schauer mit deinem schwarzen Gefieder auf die Kin
mehr gehört, sondern nur am nächsten bev Suropa liegt, der der Finsternis», aus die Quäler in dunklen Kerkern;
ist er einheimisch, vesizt auch selbst einige Reden CanningS sev ein freundlicher Kolibri denen, die Kinder sind geistig.
im Manuskript, die er sich selbst abgeschrieben hat; die Bringe die Wahrheit, die du auf deiner weiten Reise
Hauptsprachen der Welt, das Englische, das Spanische, La gesammelt, nicht in goldenen Schalen , wie am Hofe deS
teinische u. f. w. , das Arabische, das Indische versteht er, Perserkönigs; die Schranzen greifen nach der Schale nnd
außer dem Deutschen, gründlich, und ist in den Haupt- werfen verächtlich die zerrissene Frucht dem Volke hinun
Wissenschaften nicht minder hinlänglich bekannt. ter vor den Pallast. Lasse das ewige Rosenöl unvergäng
So ziehe denn hinaus, duSchalttagöblatt, licher Wahrheit nicht schwimmen aus noch so wohlriechendem
348
Wasser der Dichtung ; mit diesem kannst du nur Hinde unb-zwanzig Stunden umfasse, ober wenig darüber hinaus««
und Gesicht waschen, jenes kannst du lindernd in die Wun he; doch Anfangs habe auch dieser Unterschied nicht stattgefun«
den des Herzens gießen. den. Bcy Aristoteles ist der Grund Kiefer Unterfcheibung, obgleich
er ihn nicht hervorhebt, leicht aufzufinden. Benin Drama
Du wirst vielen deiner Kameraden Zeitungsschreiber nämlich, sagt Aristoteles, komme es hauptsächlich auf die
begegnen; sie leben mit einander im Hader, sey du ver Handlung und die Natur ihres Inhalts an , weniger auf de»
träglich; sie lassen dich gewiß in Nuhe, ihre Blätter wel persönlichen Charakter. Das Epos dagegen soll erzählen, wie
ken in Einem Tage, sie trinken tropfenweise; du findest eine Handlung sich begeben«, was dabey vorgefallen, wie
sie zu Ende gebracht , mißlungen ober duxchgesezt sey.
überall einen Trunk für deine vierjährige Reise. (Die Fortsetzung folgt.)
Hamburg, im März.
Korrespondenz-Nachrichten. (Beschluß.)
Berlin, Februar. Was, im Vorbeygehen gesagt, das vielbesprochene Talent
(Fortsetzung.) ber Dein. Peche betrifft, so will ich mein durchaus unxartheyi-
Herr RaupachS dramatische Bearbeitung des Nibelungen« sches Urtheil darüber unumwunden aussprechen , mag auch ei»
liebes, die wir schon im vorige» Berichte Verkündeten, wird als Dichter unb Kritiker gleich hoch von mir verehrter A. W.
seit mehreren Wochen wiederholt zum allgemeinen Bevfall Schlegel den Bann dcßhalb auf mich schleudern. Ich kann in
aufgeführt. Die einen lassen sich durch vortreffliches Spiel, dieser recht hübschen und onmuthigen Schauspielerin noch biS
durch Anzüge und Dekorationen hinreißen ; Sifrids Biederkeit, jczt nichts erblicken als eine hoffnungsvolle Anfängerin,
Tapferkeit, herzliche Liebe und Männlichkeit, ChricmhildcnS aus der mit der Zeit vielleicht noch einmal etwas werden kann,
Huld und Grimm erfreut die andern ! unb wenn auch der ge wenn fie sich nicht schon jezt für vollendet hält. Einige Rol,
scheuter« Thcil des Publikums vieles zu tadeln findet , so find len glücken, oder, um artiger zu seyn, gelingen ihr sehr
doch die Altdeutschen ihres Theils schon entzückt , endlich ein gut, aber bcu weitem noch nicht der größte Theil derselben,
mal das alte vergessene Lieb , wenn auch durch Neuerungen und mehrere verfehlt sie gänzlich. Ihre Deklamation ist hohl,
verunstaltet , und nicht immer treu nach den alten und neuern und ihr Organ nichts weniger als ansprechend; besonders wird
Sagen bearbeitet , von der Bühne herab sich verlebendigen und leztcres oft schreiend und kreischend bey effektvollen Scenen , so
ins Herz und Gemüth der Deutschen eindrängen zu sehen; daß es das Ohr unangcnehm berührt. Da sie aber sehr viel
wiederum andere bewundern endlich die dramatische Geschick spielt, da sie in wirklich guter Schule hier ist, wird sie vibl-
lichkeit , die- Tbcaterkundc unb Umsicht , init welcher Hr. Raus leicht bald eine höhere Stufe erreicht haben, und uns dann
»ach den äußerlich und innerlich so sehr disparaten Stoff vielleicht Lebewohl sagen, wie wir das schon oft erlebten, denn
für die Schauspieler -, Theater- und Zuschauerbedürfnissc zu hatte» wir uns mit vielverheißenden Anfängerinnen eine Zeit
zustutzen verstanden hat. Der Dichter hatte bcy dieser Bear lang durchgequält , und glaubten fie dann in ber Fremde eini
beitung eine doppelte Schwierigkeit zu überwinden ; ein EpoS ges Glück machen zu können , so zeigten sie uns den Rücken.
war in ein Drama umzuwandeln, und das Gedicht einer bar Dem. Peche ist übrigens sehr beliebt bcym Publikum, und
barischen Zeit, voll barbarischer Charaktere, vielen bekannt, scheint diese Gunst durch Bescheidenheit und ein sehr gesittete«
manchem gerade in seiner altcrthüinlichen Farbe und geschicht Betragen zu verdienen.
lichen Gestalt ans Herz gewachsen , mußte aufhöre» den An Am Ztcn März wurde uns endlich „Belisar." von E. ».
forderungen unserer jetzigen Bildung durchaus zu widerstreiten. Schenk vorgeführt. Das HauS war aber, trotz de? neuen
I» wie weit Herr Raupach diese zwcyfache Aufgabe gelbst Stücks, nur mäßig befezt. Einzelne Scenen in diesem Stücke.
habe, sc« uns kurz zu beleuchte» erlaubt. Zuerst die dra daS zu den wcrthvollsten ber neuern Zeit gehört, unb daS
matische Metamorphose. Die Nibclungenhcldcn sind im Liebe Stück selbst sind etwas lang, unb lange mag sich unser
stets auf der Wanderschaft, doch treten als Hauptflationcn Publikum nicht unterhalten lassen, besonders nicht durch eine
das Jscnland , WormS und Ezels Lager im Südosten Euro Tragödie.
pas hervor. Auf geschickte Weise hat Hr. Raupach gewußt AuS dem Gesagten geht hervor, daß eS um unser Thcarcr-
diese unendliche Ausdehnung zusammenzuziehen und Worms wescn keineswegs schlecht/ sondern im Ganzen vielmehr seh«
zum Hauptschauplay zu machen. Wenn er auch die Fahrt nach gut steht , d. h. was die Direktion unb unsere Künstler anbe
dein Jstnlande im erste» Akte nicht vermeiden konnte, so läßt langt; verfällt es daher mit der Zeit wieder, so liegt die ^
er doch im vierten und fünften die Burgunder nicht zu Ezel Schuld allein am Publikum , das in der That an geistiger In
ziehen , sondern Ezel kommt selber nach Worms und frcvt um digestion leidet , und wie einer, der sich den Magen überladen
Cbriemhilde». Eben so geschickt ist die Zeit zusammengedrängt, hat, mir Eckel und Widerwillen auf die leibliche Speise ficht,
der Königinnen Zank. Sifrids Tod, ChriemKildens Rache folgen in seiner geistigen Ucbcrsättigung nun nicht mehr weiß, was
lllv Herrn Raupach schnell aufeinander. Von dieser Seite her es eigentlich will. Sollte ich etwas tadeln müssen , und wo
also wäre nictirs zu erinnern, da wir Deutsche nicht die fran wäre wohl Alles tadellos? so möchte es das seyn^ daß dein
zösisch-dramatische Dreueinigkeit der Handlung, des Orts und Publikum schon seit längerer Zeit eine Menge allerliebster klei
der Zeit als ästhetische Glaubensartikel anerkennen. ES heißt ner Opern unb Singspiele vorenthalten werden, die eS sonst
gewöhnlich, schon Aristoteles l>abe diese Dreycinigkeit alS festen so gern sah; warum bringt man sie nicht wieder aufs Repcr,
Grundsatz aufgestellt. Dieb ist falsch. Er dringt nur auf die Ein toire, statt an einem Abende zwcy oder drey fade, zum Eckel
heit der Handlung, er will nur, daß alles, waS gctl'an wird wiederholte Lustspiele zugleich zu gebe»? Auch sieht ber
und was in der Tragödie geschieht, norhwendig aus dem We wahre Musikfreund bas anmutbige Singspiel, die liebliche Ope
st» des einen Zweckes , welcher Inhalt der bestimmten Hand rette nur sehr ungern durch die große Oper ganz verdrängt.
lung ist . hervorgehen solle. Bevläusig sagt er dann bevm Un R"«n.
terschiede des Epos von der Tragödie , daß jenes in der Zeit
unbeschränkt seh, während die Tragödie gewöhnlich nur vier: j Be plage: Kunstblatt Nr. 29.
Verlegt von der I. G. Cotta'schen Buchhandlung.
88.

M o r g e n b l a t t

f ü r

gebildete Stände.

F r e y t a g, 11. April 1 8 2 8.

N>«!t' glücklich sind sik, denen der Weg vom Winkel am Feuer zum
Bett ei» Spaziergang ist, und die nie eine größere Ausreise unter,
>^ . »ommcn I'aben , ali von einem End« der große» Allee der Tuilerien
zum andern!
Mercier.

,k e < R o ch e r s, ken für den nächsten Winter dort auswählte. Der Nor
das Schloß der Frau von Scvign«. den, Herr, der Norden ist jezt an der Reihe. Das Eis
meer, Kamtschatka, die stehen auf meiner Charte für die
Von Lady Mvrgan. nächste Reisesaison. Haben Sie meine Droschke schon ge
«Wie kamen Sie dazu , Ihre Reiservute im lezten sehen?" — „Nein, aber ich Kabe eine Britska, die in
Jahre so zu ändern? Ich dächte, ich hätte Sie in Theben Petersburg auf mich wartet; ich gehe zum Lord Frederik
gesehen?" — „O, ich änderte meinen Plan, als ich hörte, auf sein hübsches Gut am Azowschcn Meere, das Potem-
halb VloomSbury sev schon vor mir da, und so reiste kin noch baute. Wollen Sie mit?"— „Von Herzen gern;
ich mit Parrv nach dem Nordpol." — „Trafen Sie dort wir treffe» nnS zu Nowgorod, schiffen uns l<y Emolensk
Bekannte?" — „Nein; das war aber das hübsche dabcv, auf dem Dniepcr ein und reisen dann durch Shrrson und
man trifft da blvö mit weißen Baren zusammen, sonst die Steppen."
. hat man den Play für sich allein. Aber wen sahen Sit Während brittische Reisende so ihre Pläne miteinan
das lezte Jahr nach und nach in Athen?" — „Kaum eine der bereden, in allen Ländern des Erdballs reisen, und
Seele, wenigstens kaum eine von Stande, ein Paar Eng: Wenn Lust beginnt zu schwinden an dem Osten,
lander dritten Ranges, ein Paar Jrländer vom ersten Die Schwingen ordnen schnell zum Flug nach Westen,
schlenderten müßig um die Akropolis und spielten im Par gibt es ein Volk, daS sich auf seinem Grund und Boden
thenon die Modenarren, aber keinen Menschen aus der so sestsezt, wie eine Kröte auf einem Ziegelsteine, ein
großen Welt, keinen, von dem man vorher nur ein Wort Volk, das von Einigen mit üegern, von Einigen mit
gehört hätte. Die A's gingen zu den Pyramiden, die B's Affen und von Voltaire mit benden verglichen wurde,
hatten eine Zeitlang auf der Spitze des Kaukasus gesessen, und das von allen Völkern zulezt sich mit den andern be
C verließ uns, um den Frühling in der Krimm zu ge kannt machen zu wollen scheint. Während der Norden schon
nießen und D ging nach Jspahan." — „Nach Jspahan! von Alters her zu den sonnigen Regionen in ganzen Schwär
Was ist der D mit aller seiner Prätension, wahren Ge men kam, während der Süden seine WoKnungen bald in
schmack zu besitzen, füri,'iu Bursche! Nach Süden reist ja die Quere , bald hinunter, bald wieder hinauf, gleichsam
Niemand mehr, wenn er nicht eine lerr« ineogni,» zu ent in einem politischen Äontretanze mit den Söhnen des Nor
decken hat; das ist eine wahre x«»t ,»l »»«,, Jeder dens wechselt, so kann man sicher sevn, den Franzosen,
geschickte Schneider bringt jezt seine Ferien in Smvrna der mitten inne zwischen bevden steht, stets zu Hause zu
zu, wie meiner, der einige reizende Cachemir's zu Nor treffen. Auf einen französischen Reisenden jedes Geschlechts,
35°
den man nur auf den größten Landstraßen Europa's etwa Reise von Mcndoza auf den Gipfel der großen
trifft, kann man sia>r Hunderten jeder andern Nation Kordilleren. ^
auf einer Reife vom Tavo bis zur Newa begegnen. Die
Franzose» find das sitzendste und unbeweglichste Volt in Wir jhatten sechszchn Maulthicre von verschiedener
Suropa. Selbst ihre Frauen, die so mit Unrecht im Ruf Größe und Farbe; sie waren mager, sahen aber sehr ge
großer Lebendigkeit und Munterkeit stehen, haben eine so sund und munter aus. Man begann die Maulthiere zu
fpröde und steife Organisation, daß sie nur im Schwatzen beladen. Der Peon sing erst eines mit seinem Lasso ein,
und in Grimassen Lebhaftigkeit zeigen. Noch heut zu band ihm dann den Poncho über die Augen, wobev er nur
Tage, wo die alte Lebensweife doch um so Vieles zum die Nafe und das Maul unbedeckt ließ. Das Maulthier
Bessern sich änderte, erstreckt sich ein Spaziergang zu stand sogleich still, worauf der Cavataz und der Peon
Paris schwerlich weiter als zu einem Sitz in den Tuile- zuerst einen großen Pfcrdefattel von Stroh auf dasselbe
rien oder zu einer Bank auf den Boulevards. luden, den sie auf eine Weife gürteten, daß nichts ihn
Ich hatte in Paris eine Freundin, einige Jahre nur verrücken konnte. Dann wurden alle Artikel, einer nach
ölter als ich, das anziehendste und dennoch daS indolenteste dem andern, auf bevdcn Seiten mir einer Kraft und Ge
Geschöpf von der Welt, eine von den lezten Ueberbleib- schicklichkeit angebunden, wogegen das Maulthier sich umsonst
sein aus der alten Aeit der Leute von Stand und Mode, sträubte. Man konnte sich nicht enthalten mit dem armen
die den plebejischen Lärm und die demokratische Ausgelas Thier Mitleid zu haben, welches eine so schwere Last eine
senheit der Revolution überlebt hatte. Wiewohl über die so große Strecke und über so hohe Gebirge wie die Anden
schönste Zeit ihres Lebens hinaus , war sie doch nach ihrer tragen sollte.
Versicherung noch eben so munter und lebhaft wie in den Das Satteln der Maulthiere hatte so viel Zeit weg
Tagen ihrer Jugend. Gleich andern ihrer Art hatte sie genommen, daß die Sonne dem Untergange nahe war. Es
nichts an sich verändert, und witzig und indolent zugleich war drückend heiß; doch war die Siesta, welche, das Es
war Madame de ** ein sehr gut konservirtcs Eremplar sen :c. eingeschlossen, sechs Stunden einnimmt, vorüber und
einer jezt immer mehr aussterbenden Gattung, das ein die Leute standen vor den Thören , um uns vorbcvreiten
Philosoph als die vollkommenste Pcrsonifizirnng einer Mo: zu sehen ; da wir aber den Weg durch die Almcida nah
dedame aus den Tagen Marie Antoinettens mit der aus- men, so waren wir bald aus der Stadt.
serordcntlichsten Neugierde betrachtet haben würde. Sie Nachdem man ans der Almcida (öffentlicher Spazier
trank ihre Ehokolade im Bette , nahm den Tag über in gang) heraus ist, geht der Weg eine Strecke von ungec
demselben ihre Besuche an, stand spät auf, speiste zur Zeit fähr zwev Stunden durch eine von dem Rio de Mendoza
des alten französischen Soupers zwischen acht und nenn künstlich bewässerten Ebene, deren Ucxxigkeit und Frncht-
Uhr, und saß die halbe Nacht in der Mitte ihrer Haus barkeit außerordentlich ist. Die braune» Erdwälle, welche
freunde, zu der sie alle Schöngeister in ganz Paris zählte. längS der Straße hinlaufen , waren mit Trauben bedeckt,
Ich ging mit ihr so viel um, als meine Gesundheit und die in prächtigen Büscheln darüber hinhingen , und die
unsre so entgeqengesezte Lebensweise nur immer gestattete, große Anzahl von Pfirsichbäumen, die mit Früchten bela
da sie mir vollkommen zum Studium diente. Ich brachte den zwischen wogenden Kornfeldern zerstreut stehen, geben
ihrer Trägheit manche Opfer, verlangte daher von ihr auch der ganzen Landschaft ein Ansehen von großem Ucberfluß
wieder einige, und war manchmal so glücklich, sie aus ih und Reichthum ; die Gebirge der Kordilleren bildeten eine
rem Hötel in der Straße St. Honor«, in dem sie sich so erhabene Einfassung zu diesem Gemälde. Sobald man die
viele Jahre, bewegungslos wie die jezt aus ihren hundert Gränzen des bewässerten Landes überschritten hat, hört
jährigen Ruheplätzen an's Tageslicht hcraufgeförderten Prie die Gegend auf fruchtbar zu feyn. Der leichte und sandige
sterinnen des Tempels zu Pompeji , festgenistet hatte, Boden ist völlig unfruchtbar, und während mehr als drev-
herauszubringen. So wühlte ich sie einst schon gegen Mit ßig Meilen geht der Weg, indem er sich den Gebirgen
tag aus ihrem Bette, und trieb sie gerade nach Longchomp, näbcrt, durch eine Ebene, die nichts als niedriges Ge
als die schöne Welt wieder nach Hause fuhr. Ja zur Ver büsch trägt, und wenn man bedenkt, Haß sie wahrschein
wunderung ihrer Freunde brachte ich sie auch einmal in lich nichts anderes von Anbeginn der Welt hervorgebracht,
die Oper, «IS das Ballet noch nicht ganz vorbcv, und in so scheint es sonderbar, daß sich eine dem Erlöschen so
eine Sitzung des Instituts, als der gedehnte Vortrag des nahe Vegetation so lange erhalten konnte.
Herrn Quaireniere de Quincv noch nicht zu Ende war. Die Post von Villa Vicencia, die auf den Karten von
(Die Fortsetzung folgt.) Südamerika fo bedeutend aussieht, besteht aus einer ein
zigen Hütte. Der Weg von hier geht eine Schlucht hin
auf, welche eine der schönsten Pässe der Kordilleren ist.
Die Berge sind sehr steil an bevdcn Seiten, und da die
3öl
cht sich nach verschiedenen Richtungen windet, so Hitze und Tageslicht, sobald die Sonne unter dem Hori
man oft an Stellen, wo ^ic sich auf einmal zu zont ist. Ich fand die Tage hier im Winter heißer wie
> scheint nnd kein Ausgang sichtbar ist. An eini im Sommer in England, während des Nachts das Z^ai'
gen Orten hängen die Felsen senkrecht über den Häuptern fer neben nnsern Schlafstellen in den Hütten fror. Das
der Reisenden herab und die ungeheuren Trümmer, wel ganze Land ist das ödeste, das mir jemals vorgekommen,
che fast den Weg versperren, und andere, welche herabzu und zwar ans dem merkwürdigen Grunde, daß hier nie
fallen droben, vermehren noch die Gesabr und das Groß mals Regen fallen soll.
artige der ganzen Sccne. Im Vorbeireiten sahen wir Wir kamen an einer jener Stcinhütten vvrbev, wel
ein Guanaco auf einem der höchsten Berggipfel. Es malte che hie und da erbaut werden, um die Reisenden ge
sich deutlich gegen den blauen Himmel ab, und feine ganze gen die schrecklichen Stürme zu schützen, welche sie hier
Stellung, in der es uns zu beobachten schien, drückte oft plötzlich überfallen.
deutlich sein wildes frenes Leben aus, und sein schmaler Der Eavataz sagte mir, diese Stürme fepcn fo def
Kopf und dünner Hals ließen die Schnelligkeit ahnen, mit tig, daß kein Thier ihnen widerstehen könne ; sie komme»
der es im Begriff war zu entfliehen. plötzlich ohne irgend einen Vorboten, und man sieht den
Ich war ungefähr fünfzehn Meilen geritten und hatte Orkan den Schnee über die Gipfel des Gebirgs treiben.
auf einem beständig auswärts steigenden Wege den Gipfel Ich erreichte endlich den Gipfel , und cö war in der That
der Paramilla, jener hohen Bergkette, die über Villa Ni- ein Augenblick des Triumphs ; bisher hatte ich immer auf
ceucia hängt, erreicht. Die Aussicht von diesem Punkte wärts geblickt, allein jezt waren alle Schwierigkeiten über
ist sehr interessant. Der Boden ist eine kurze Strecke wunden, und ich konnte auf die Gebirge heruntersehen.
weit eben und senkt sich dann plötzlich gegen das Thal von Ihre Spitzen waren mit Schnee bedeckt, und wenn daS
Usxallata, das ungefähr drevßig Meilen von dort entfernt Auge über die zahllosen Gipfel hinstrciftc, und über die
ist. Dieses Thal ist die obere Basis der großen Kordille- weißen spurlosen Schluchten , so mußte man gestehen, daß
ras , und hier siebt man zuerst mit Erstaunen , daß die die Scene in ihrer Wildheit einzig groß und erhaben war.
Gebirge der Paramilla, welche so erhaben schienen, nur
nk'eör/ae Hiigel im Vergleich mit jene» ungchencrn Hö
hen sind, die ungeachtet ihrer Entfernung den Weg zu
verschließen scheinen. Diese erstaunliche Steinmassc ist so Gaben des Augenblicks.
wild und rauh in ihrem Ansehen und Bau , daß man es Von llr. W. B. Mbnnich.
für unmöglich hält, irgend ein Thier könne ihren Gipfel
übersteigen, der, an vielen Orten mit ewigem Schnee be Der Deutsche ist, nach dem Ausspruch eines Franzo
deckt, eine Region zwischen dem Himmel und den Wohn- sen, selbst wo er scherzt, ernsthaft, wabrend der Fran
xlätzen der Menschen zu bilden scheint; auch würde cö in zose auch beym höchsten Ernst gefälliges Scherzen liebt.
der That unmöglich sepn , ihn anders zu übersteigen , als Darum nimmt ächt,deutsche Satpre den Ton der Indigna
indem man in einer der Schluchten den Lauf eines Stro tion und des Humoristischen an, während die französische
mes verfolgt. sich am liebsten in ironischen Formen bewegt nnd leicht in
Von der Paramilla ist die Aussicht gegen Osten eben Persiflage überschlägt.
falls sehr merkwürdig. SS ist erfreuend auf die Hinder
nisse herabzublicken, welche man zu überwinden hatte, um Paulus darf in vieler Beziehung als ein Vorläufer
nur diefen Punkt zu erreichen , und weiter hin scheint der Luthers betrachtet werden. Durch eine feurige Erschei
Lcesn sich auszubreiten, doch erkennt man bald, daß es nung ward jener dem Christenthnm gewonnen, dieser durch
die weiten Ebenen von Mendoza und die Pampas sind. einen Blitz, der seinen Freund Alcrius an feiner Seite
Die natürliche Ausdünstung der Erde bedeckt alles tödtete, bestimmt, ein Diener des Herrn» zu werden.
wie mit einem Ungewissen Nebel, Orte, die man als bedeu Paulus kämpfte gegen de» jüdischen, Luther gegen den
tend betrachtet, sind im Räume verloren, und die .Hoff christlichen PharisäiSmuS. Paulus verschmähte die Ver
nungen und Leidenschaften nnd daS Dasenn der Menschen götterung des Volkes zu Lvstra, Luther vernahm es mir
selbst scheinen in herumgebenden Atmosphäre versunken. Wir Unwillen , daß die Frennde des Evangeliums sich Luide-
erreichten dieGcgend, wo die Usxallata Minen liegen. Das raner nannten ; er wollte selbst nicht lutherisch, er wollte
Klima ist hier, wie man es in einer solche» Breite und Christ sepn.
Höhe erwarten kann. Trotz der beißen Sonne ixr erster«
verursacht die leztere be» Nacht eine bedeutende Kälte,
und da die Lufttrocken und verdünnt ist, fo ist die Bre
chung der Strahlen nur schwach, uud folglich verschwindet
352
Korrespondenz-Nachrichten. sen« , «nb Nikolaite» schrieben dagegen wegen des Todtschies«
München. sens. S« liegt aber noch ein Element im Wcrthcr , welche«
Den 27flen März würbe im hiesigen Nationaltheatcr auf nur bie kleinere Menge angezogen hat, ich mcvne nämlich die
geführt: „Stvuensee," Trauerspiel in fKnf Aufzügen, von Erzählung, wie der junge WertKer au« der hochabeligcn Gesell,
Michael Beer. Sollen wir über diese« Stück ei» beurtbeilen- schaft höflichst hinauSgewiesen wird. Wäre der Wertber in
des Wort aussprechen, so muß. es un« erlaubt seyn. zuvor auf unseren Tagen erschienen, so hätte diese Parthie de« Buches
Beer« frühere dramatische Erzeugnisse einen kurze» Rückblick weit bedeutsamer die Gcinüther aufgeregt, als der ganze Pi-
zu werfe«. Nur hierdurch , indem wir «inigcrinagen den Ver: stolcnknalleffekt.
fasser im Zusammenhang mit sich selbst betrachten, und dann Mit der Ausbildung der Gescllschafrlichkett , der neueuro-
die Stelle, die er in der dramatischen Literatur einnimmt, päischen Societät erblühte in Unzähligen ei« edler Unmuth
besonders bezeichnen . gewinnen wir eine» festen Maßstab, wo über die Ungleichheit der Stände, mit Unwille» betrachtete
mit Lob und Tadel zu ermessen ist und seine relative Bebeus man jede Bcvorrechtuug , wodurch ganze Menschenrassen ge
tung erhält. kränkt werben , Abscheu «rrcgtcn jene Borurthcile , die gleich
Jugendlich unreif, wie das Alter ihres' Verfassers , war zurückqcblicbcnen häßlichen Götzenbilder» aus den Zeiten der
Clytämnestra ; ihre Bewunderer gehörten zu jenen Auserle Rohhcit und Unwissenbcit noch immer ihre Menschenopfer
senen, die Grillparzers „Sappho" als das höchste Muster verlangen, und denen noch immer viel schöne und gute Men
dieser griechischen Gattung anstaunen, ihre Tadlcr gehörte» schen hingeschlachtet werden. Die Idee der Mciischengleichhcit
thcilS zu solchen, die nur tadeln wollten, theils zu solchen, durchwärmt unsere Zeit, und die Dichter, die als Hohepriester
die wirklich Recht hatten. Es ist nicht, zu läugnen, in den dieser göttlichen Sonne huldigen, können sicher sey», daß Tau
Gestalten dieser Tragödie war nur ein äußeres Scheinle- fende mit ihnen niedcrkniecn , und Taufende mit ihnen wei
ben, und ihre Reden waren ebenfalls nichts als eitel Schein. nen und jauchzen.
Da war kein äcbtcs Gcfübl. sondern nur ein herkömmlich thea Daher wird rauschender Bcyfall allen solchen Werken ge
tralische« Aufblühe», kein begeistertes Wort , sondern nur stel- zollt , worin jene, Idee hervortritt. Nach Goethes Wcrthcr
zenhafre Kombdiantcnhofsprache , und bis auf einige ächte Veil war Ludwig Robert der erste, der jene Idee auf die Bülme
chen war alles nur ansgeschniyeltes Papierblumenwcrk. Das brachte . und uns in der „Macht der Verhältnisse" ei» wahr
Einzige, was sich nicht verkennen ließ , war ein dramatisches haft bürgerliches Trauerspiel zum Besten gab, als er mit
Talent , das sich unabweisbar kund gab , trog aller angelern kundiger Hand die prosaischen . kalten Umschläge von der bren
ten Unnatur und bedauernswürdiger Mißleitung. nenden Hcrzwunde der modernen Menschheit plötzlich abriß.
Daß der Verfasser dergleichen selbst ahnte, bewies sein Mit gleichem Erfolge haben spätere Autoren dasselbe Thema,
zweure« Trauerspiel, ,„bie Bräute von Arragonicn." Hie und wir möchrcn fast sagen dieselbe Wunde bclmudclk. Dieselbe
da glänzt, darin schon eine ächte Flamme, ächte Leidenschaft Macurber Verhältnisse erschüttert u»S in „Urika" und „Eduard"
bricht hie und da hervor , etwas Poesie ließ sich nicht abwei der Herzogin von Duras, und in „Isidor und Olga" von
sen, aber, obgleich schon die papicrncn Puizmacherblumen be Ranpach. „Frankreich und Deutschland" fanden fogar dasselbe
seitigt sind , und ächte , organisch« Blumen zmn Vorschein Gewand für denselben Schmerz , und Dclavigne und Beer ga
kommen, so verrathen diese doch immer noch ihren Boden, ben un« beyde eine» Pari«.
nämlich daS Theater, man sieht e« ihnen an, daß sie an keine», (Die Fortsegung folgt.)
frevcn Sonnenlichte, fonbern an fahlen Orchcsterlampen ge
reift sind, und Farbe und Dust sind zweifelhaft. Dramatisches Halberstabt, März.
Talent läßt sich aber hier noch viel weniger verkennen.
Wie erfreulich war daher das weitere Fortschreiten des freunde au« mehreren Städten anderen
Von den Musikfcstcn, zu Veranstaltung Kunst
der Elbe sich vereinigt ba
Verfassers ! War eS das Begreifen dcS eignen Jrrthums , oder de»,
war c« »»bewußter Naturtrieb , oder war es gar eine äußere, Hälftewird da« dritte zu Halberstabt in der ersten
de« Monats Juni b. I. gcfeyert werden. Daselbst ist
überwältigende Macht, was den Verfasser plöylich in die ein besonderer
bravste und richtigste Bahn vcrsczte? Sei» „Paria" erschien. sammengetreten,Verein aus allen Ständen der Einwohner zu
Dieser Gestalt hatte kein Thcatersoufflcur seine» kümmerliche» lichen Ausfall dcSwelcher mit größter Bereitwilligkeit den mög
Kostenaufwandes durch Unterzeichnung ei
Athen' «ingehaucht. Die Glutb dieser Seele war kein gewöhn ner namhaften Summe
liches Colophvniumfcuer, und keine auswendig gelernte Schmer schüsse die Anordnung des garantirt, und einein enger» Aus
Festes selbst anvertraut hat. Schon
zen zuckle» durch diese Glnth. Da gab es Stichworte, die je sind die Kapellmeister Hummel, Schneider und S p o h r,
des Herz trafen , Flammen , die jedes Herz entzündeten.
Herr Beer wirb lächeln, wen» er liest, daß wir der Wahl in ihren Kunstlcistiingen hochberühmte Männer, zu gemein-
des Stoffes dieser Tragödie die außerordentliche Aufnahme, die schaftlirner Uebcrnawne der Direktion eingeladen. Ihre Zu,
sie beym Publikum gefunden , zuschreiben möchten. Wir wol sage ist »in so zuversichtlicher zu erwarten, da sie. gegenseitig
len ihm gerne zugestehen, baß er i» diesem Stücke wahre, un- i» den freundschaftlichsten Beziehungen stchcnd, cinc rege Tbeil,
nakme für das Unternehmen bereit« zu erkennen gegeben haben,
bezweiftlbarc Poesie hervortreten ließ , ja daß wir eben durch und Friedr.
dieses Erzcugniß bestimmt wurde» ihm d,e ächte Dichtcrwürde StädtcbundesSchneider selbst Mitglied und eine Hauptflüizc des
zuzusprechen, und ihn nicht mehr zu jenen homöopathischen init welcher aufist.ein Ben solchen AuSsichtk» . bcy der Sorgfalt,
ausgewählte« Orchester Bebacht genommen
Dichtern z» zählen, die nur ein Ztt'tttausenbtheil Poesie in ihre wird, verbeißt der dicßjährige Zusammentritt de« Vereins ei
Wasscrtragddien schütten , aber wir müssen doch ben Stoff des
Paria als die Hanptursache seine« Gelingens^ bezeichnen. Ist nen Kuustgcnuß,, welcher den gesteigerten Erwartungen des
Publikum« zu entspreche» im Stande ist , und worauf dasselbe
eS doch nie die Poesie an und für sich , was den Produkten ei
nes Dichters Eelebrität verschafft. Betrachten wir nur den vorläufig nufmerkfcim gemacht wird. Sine ausführlicher« und
nähere Bekanntmachung über die Anordnung diese« bevorste
Goctl«s«cn „Wcrthcr." Sein erstes Publikum fühlte nimmer hende» Musirfcstes wirb nächsten« erfolgen.
mehr seine eigentliche Bedeutung, und eS war nur das Erschüt
ternde . das Interessante des Faktum« , was die große Menge
anzog und abstieß. Man la« da« Buch wegen des Todtschies- Beylage : Literaturblatt Nr. sv.
Verlegt von der I. G. Cvtta'schen Buchhandlung.
N°. 89.

M o r g e n b l a t t

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gebildete Stände.

onnabend, 12. April 1323.

In raube? Er, sollst du die Glieder


Mir Stal'l bedecken deine zarte Brust.
chillcr.

H c r m i il i a ' s Flucht. Beschlossen ist'S! Gespornt, dahin gerissen


Bon Nebeswabnsinn , ohne Mast und Zagen
Aus Tasso's defreytem Jerusalem. Nimmt sie KlorindcnS Waffen ab, beflissen
von In ihr Gemach, dicht neben, sie zu tragen.
Sie war allein, keiu Diener könnt' es wissen.
Aug. Ad. Ludw. Fvllen. Die gingen, als sie kam; leicht war'S zu wagen.
Auch deckt den Diebstahl schon die Nacht, der Diebe
Befreundete Gchülfin und der Liebe.
Gesang VI. Vers 8S— 96. Als nun sie dunkler schon den Himmel fchaute.
,.Doch, weh'! ich wünsch' Unmögliches ; vom Schwärm Schon flimmern hier und da der Sterne Feuer,
Bethörter Träume nur laß ich mich jagen! Ruft schnell den Knappen sie mit leisem Laute,
So bleib' ich hier nun ? soll in Klag' und Harm, Der stets sich ihr gezeigt als Bielgetrcuer,
Nach feiger Weiber Weise nur, verzagen? Und eine Zof', ihr hold und lieb, vertraute
Nicht bleib' ich! Muth durchströme Brust und Arm! Sin Thcil den Bevden von dem Abenteuer,
Möcht' ich nicht einmal auch den Panzer tragen? Vertraut den Plan, wie sie von hinnen fliehe.
Nicht kurze Zeit gewachsen sevn den Waffen, Und daß ein andrer Grund sie weiter ziehe.
Sind gleich die Glieder schwach und zart geschaffen?
Jndeß, was er zur Meise nötbiq fand.
Ich kann's, ich kanns! der Liebe Herrscherniachr, Der treue Schildknapp' ungesäumt bereitet,
Sie stärke mich, die schwere Last zu zwingen. Befrcvt' Hcrminja sich von den, Gewand,
Die oft dem scheuen Hirsch den Muth erfackt. Daö prachtvoll idr zur Sohle niedergleitct,
Gespornt von ikr, zu Kampf hinan zu dringen. Im Unterkleid, fo schlank, so reizend stand
Ich such' in dieser Rüstung keine Schlacht, Sie da, daß es den Glauben überschreitet;
Will nur in ihr den list'gcn Trug vollbringen; Wobe» sie Hülfe nahm von keiner andern.
Klorinden spiel' ich, sicher werd' ich gehn, Als jener Jose, mitcrwahlt zum Wandern.
Laß ich nur als «Kr Ebenbild mich sehn.
So hoff' ich, daß ich leicht durch's Tlior entrinne; Sie drückt ihr goldncs Haar , den Hals so mild ;
Kein Thorwart kann Klorinden widerstreben. Mit härtstcn Stadls verletzender Beschwerde;
Sonst find' ich keinen Weg, wie sehr ich sinne. Die zarte Hand, indem sie faßt den Schild,
Mir, scheint's, eröffnet sich nur dieser eben. Zühlt, daß die Last bald unerträglich werde.
Seo günstig. Glück, und du, o Gott der Minne! Schon funkelt, rings in Stahl, das Zraucnbild,
Harmlosem Trug, den du mir eingegeben. Und nöthigt sich zu kriegrischcr Gebärde ;
Wohl ist die Stunde schicklich für die Sache, Es lacht der Liebesgott, fo selbstzufrieden.
Dieweil Klorinde noch verweilt beym Schaches Als da er barg im Weiberrock Alziden.
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O , wie die übermicht'ge Last sie preßt l so, wenn man ihn auf die Hauptwache führt. Es ist,
Wie mühsam regt sie sich , wie langsam schreitend. wie in China, herkömmlich, daß die Vorgesezten ihren
Hält an die trnie Zofe stets sich fest. Untergebenen Schläge austheilen ; diese bey unsern Vor
Die vorgehn muß, sie stützend und geleitend.
Doch Lieb' und Hoffnung stärken sie auf's Best', fahren allgemeine Gewohnheit, die aber mit fortschreiten
In Geist und matte Glieder Kraft verbreitend : der Civilisation und mit besserm Verständnisse über die Würde
Vis sie den Weg zum Knappen hin vollbringen. des Menschen aufhörte, geht hier noch stark im Schwan
Mit dem sie schnell sich in die Sättel schwingen. ge. Den Tag nach unserer Ankunft fuhr ich mit einem
Verkleidet gehn sie, absichtlich auf Wegen, Neapolitaner, an den ich empfohlen war, in einem Fiaker
Die, obwohl weit, doch unbefucht, sie beuchten; durch die Stadt; an einer Straßenecke stand ein junger
Doch kommen ihnen Viele noch entgegen. Mensch von der niedrigsten Klasse (Lazzaroni genannt), der
Die Finstre sehn sie rings von Stahl durchleuchten.
Jedoch den Weg wagt Niemand zu verlegen. gaffend und mit weit geöffnetem Munde seine Macaronis
Weil Jeden die bekannten Waffen scheuchten; verschlang, ohne unsern Wagen wahrzunehmen , der ihn
Dem weißen Wappenrock, dem droh'nden Funkeln zu überfahren im Begriff war; wir zitterten für sein Leben ;
Von jenem Helmbild*) weicht man auch im Dunkeln. mein Neapolitaner aber, eben so ergriffen als ich, ließ es
Wohl fühlt Herminja minder sich beklommen. nicht bey der blosen Rührung bewenden, sondern streckte
Doch von Bcsorgniß immer noch geplagt. schnell mit einer ganz empfindsamen Bewegung den Arm
Daß ihr die Maske noch werd' abgenommen. vor, und brachte im Vorübergehen auf dem Kopfe des jun
Und sie erbangt, daß sie zu viel gewagt.
Doch faßt sie sich, wie sie zum Thor gekommen. gen Lassen einen Stockschlag an, damit er ein ander Mal
Und täuscht den Thorwart dort, indem sie sagt: besser aufpasse. Der Lazzarone nahm diese Lektion nicht
„Klorinde bin ich, hurtig auf die Pforte! übel, auch die Vorübergehenden nicht, welche im Gegen-
Der König sendet mich zu wicht'gem Orte." theil das kleine Zeichen der Aufmerksamkeit von unserer
Wer mochte wohl die Wahrheit hier erklügeln. Seite und die Humanität, welche ihm zu Grunde lag, sehr
Die Fraucnstimm' und Art so gut Verkappen? zu billigen schienen. Eine Minute später verfehlte der
Wer dächte wohl ein Weib hier in den Bügeln, Kutscher aus Mißverstand das Hans, wo wir halten soll
Von denen, die nicht fechten, zu ertappen?
Der Pförtner , rasch , gehorcht ; mit freuen Zügeln ten, in einer zum Umkehren zu engen Straße; sogleich
Sprengt sie durch's Thor, die Zofe mit dem Knappen, hatte er auch von nnserm Freunde einen Stockschlag auf dem
Und ritt, zu größ'rer Sicherheit, nicht grade, Rücken, als wenn das die natürlichste Sache von der Welt
Nein, durch die Thäler, lang' und krumme Pfade. wäre. Der Kutscher gab nicht das leiseste Zeichen von Un
(Der Beschluß folgt.)
zufriedenheit, ja er drehte nicht einmal den Kopf nach dem
*) Dem Silbcrtieger , de» Klorinbe führt. Herrn herum, der ihn so behandelte.
Inzwischen tragen viele Menschen von der gemeinen
Klasse gewöhnlich ein Stilet, und man sieht sie öfters die
Charakter z üg e der Italiener. Hand unter die linke Seite ihrer zerlumpten Weste stecken,
Neapel. Bey meinem ersten Spaziergange in den wie sonst die Cdelleute die Hand an den Degengriff legten,
Straßen Neapels verlor ich mein Taschentuch, ob ich zum Zeichen, daß sie sich beleidigt fühlten. Die französische
es gleich, von der Gefahr benachrichtigt, tief in die Ta Armee richtete ein schreckliches Gemetzel unter den Lazza
sche gesteckt hatte. Nachdem ich auf diese Weise mehrere roni an, diesen tapfern Verteidigern der höhern Klasse,
verloren hatte, fand ich, daß eS kein anderes Mittel gebe, von der sie die Stockschläge erhielten; die meisten, zur
dasselbe zu sichern, als wenn ich es in den Hut legte. Ein Flucht genöthigt, wurden Straßenränder. Murats Poli
Militär in bürgerlicher Kleidung wurde gegenüber vom zei), so thötig und streng sie war, konnte doch das Land
Wachthaus auf dieselbe Weise bestohlen, die Schildwache nie von ihnen reinigen , was ihr nnr in den Straßen der
ergriff aber den Dieb mit den Worten: „Spitzbube, du Hauptstadt gelang. Die Regierung sprach die Todesstrafe
wagst eS, den General zu bestehlen!" Jeder Andere hätte gegen Alle aus, die ein Stilet trugen, und die Strafe
können bestohlen werden , ohne daß es die Schildwache be wurde vollzogen. Die Lazzaroni waren damals, nach ihrem
kümmert hätte. Niemand will der Justiz bewaffnete Un eigenen Ausdruck, treue Untcrthancn eines Königes, der
terstützung angcdeihen lassen ; sie steht nicht gut mit dem sich zum Lazzarone gemacht (Ferdinand), aber sie unter
Publikum. Ist ein Mord begangen, so tritt an die Stelle warfen sich ungern einem Lazzarone, der sich zum Köni
des Mitleids mit dem Opfer in Kurzem das mit dem ge aufgeworfen hatte. Ferdinand war von Natur Volks
Mörder, blos weil ihn die Rache des gemeinschaftlichen freund, ja Pöbelfrcuud ; er war vertraut mit dem gemei
Feindes, der Justiz, treffen wird. Wenn Jemand einen nen Volke, weil er sich mit demselben auf gleicher Höhe
auf der That crkappre» Perbrecher eigenhändig halb todt fühlte; bevm Fischfang, wozu er öfters ganz allein ging,
schlägt, fo findet daö Jedermann in der Ordnung; nicht sah man ihn immer mit den Fischern schwatzen und scher
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z«> , nicht aus politischer Berechnung, das würde man be richtig Madame de zulezt aus ihrer ckorme»,» ,»
merkt haben, sondern ganz naiv und aus Neigung. Hätte« esi» cku o» in ihre Kalesche brachte. Weil aber der
Muth genug gehabt, so würde er sich mit seinen Zreun- Kutscher und die Pferde eben so langsam waren, bekamen
den, den Lazzaroni, nach Kalabrien zurückgezogen haben, wir erst gegen Abend die eisernen Thore des Landhau
von wo aus er in kurzer Zeit mit einer disciplinirten Ar- ses zu Gesicht, und ehe wir das Ende der geraden Lin
mee braver, nüchterner und ihm ergebener Soldaten hätte denallee erreicht hatten, war es schon so finster, daß wir
zurückkommen können. kaum mehr die architektonischen Verzierungen, groteske
Der neue Herr, welcher das Boll unterjocht, die Kro- Statuen Harlekins und der Colombine, welche die zu der
ßen beraubt. Alle gehöhnt hatte, war damals bey keiner breit bepflasterten Terrasse, auf welcher das Haus ausge
Seele beliebt. Nach Abschaffung der Frudalrechte hatte führt war, führenden Marmorstnfen bewachten, unter
er ihre früheren Besitzer blos dem Namen nach entscbä- scheiden konnten. Ich konnte mein Mißvergnügen über
digt, und sich eben so wohlfeil gewisse TKeile des öffentli den verfehlten Zweck der Reif,, und daß wir nun den
chen SinommenS wieder zugeeignet, welche er früher ge Garten, die Treibhäuser, die gerade in der üppigsten
gen Ersatz ihres Werthes gesetzlich veräussert hatte. Diese Blüthe stehenden Hpazinkbendeete nicht sehen würden, nicht
und ähnliche Maßregeln , so wie die übertriebenen , von verbergen ; wie verschwand bieß aber, als ich den Gärtner
den Grundbesitzern mit Strenge eingetriebenen Steuern mit einer Laterne, eine Nachtmütze unter seinem Hute,
richteten viele Leute zu Grund. Auf der andern Seite in die Stube hercintreten sah, um uns in den Garten
wurde die Gerechtigkeit mit einer zuvor unbekannten Un- zu führen. Wir folgten unmittelbar dem Führer, beglei
parthevlichkeit und Schnelligkeit gehandhabt ; die öffentli tet von Felicie, die mit ihren kurzen Schritten über den
chen Einkünfte, an Ort und Stelle unter der Form von betb.mtcn Rajen trippelte, von Svlxhide, dem müden
Arbeitslohn verzebrt, bereicherten die niederen Klassen, Huude, der neben seiner Herrin hinwackelte, und be
welche jedoch am längsten zögerten, sich der neuen Ordnung wunderten wirklich die Hyazinthen und den Wachsthum
der Dinge zn unterwerfen ; und während Viele von Adel der jungen Erbsen bev Laterncnlicht.
das Gefolge Karoiinenö vermehrten, war diefe Königin in Leicht mag man sich vorstellen, was bey einer solchen
Ken Sluzen der Fischer, der Lazzaroni und der Bauern Trägheit, bey einer solchen Scheu vor jeder Bewegung
nichts als die I»»k>ie g! tti<,»cckin« (das Weib Joachims) eine nvthwendige Reise nach dem entferntesten Theil der
und nicht die «ezin» >«tur». So waren denn die wah Provutz Bretagne für ein trübseliges, langweiliges Ercig-
ren Ultra's von Neapel die Sanskulotten, indeß unter den niß war! Beträchtliches Vermögen indeß hing von ihrer
Künstlern, den Advokaten , den Aerzten Viele dieGrund- Gegenwart bcvm Assisenhofe zu Renncs ab ; da war kein
sitze der Revolution billigten und noch billigen. Bedenken. Doch verschob sie die Reise von einem Tag
zum andern, war bevnahe schon entschlossen die üblen Fol
gen ihres Außcnblcibens zu ertragen und den Prozeß sei
nen Gang gehen zu lassen wie er wollte, als mein Aner
L e S R o ch e r s, bieten, sie zu begleiten, entschied. Es langweilte mich
daS Schloß der Frau von Sevign^. gerade damals, in Paris ganz London wieder zu finden,
Von Lady Morgan. und ich freute mich der Aussicht , eine Provinz besuchen
zu können, die den großen Vorzug hat, von den etwas
(Fortsetzung.) langweiligen Unterthanen Sr. brittischen Majestät nicht
Meine angenehme und indolente Freundin sprach behelligt zu werden. Mein Vorschlag wurde mit unglaub
trotz dem in ihr vorwaltenden Gesetze der Trägheit, wie licher Freude angenommen, und man begriff kaum ein Opfer
alle französischen Frauen, mit Entzücken vom Lande. Sie solcher Größe.
hatte drey Stunden von Paris ein Landgut , von dem sie (Die Fortsetzung folgt.)
beständig schwärmte, und aus ihm ihre ..Jardiniere" mit
Märzveilchen, Aprilhyazinthen und Immortellen alle Jahre
füllte. Täglich wurden Plane, mich dorthin mitzunehmen, Korrefpondenz-Nachrichten.
gemacht und scheiterten täglich. Endlich, nach einem tau
sendmal wiederholten „verschieben wir das auf ein ander Sera in g in Vrabant, ZI. März.
Mal," kam der Tag, wo nach von mir getroffenen un- Am Z«. März Abends 7 ! M'V ereignete ,1« ein lernst trauri
zöhlichen Vorbereitungen zu dieser fürchterlichen Meise ger Fall für Scraing. Als die Arbeiter, gz an der Zalil, i» der
großen Eteintolilengrubc , welche im Etablissement selbst liegt,
von drey Stunden ich ihr bey ihrem .,Lc»ee" beyssond, kaum eingefaliren waren, entzündete sich das angesammelte
die Toilette förderte, die über diese ungewöhnliche Erpe- Gas , und erzeugte eine lieftige Erplvsion , welche nicht allein
dition unglückliche Felicie, ihre Kammerfr,,», bestach, und in den Gallcrien der Grube große Zerstörungen angerinitct.
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sondern «uch Zg Arbeiter getbbter hat , nebst zwey von de» Schwulstlinge, deren bilbrelche Jamben sich wie Blumenkränze
sechs mtten in der Grube arbeitenden Pferden; von den übri- oder wie Bandwürmer um dumme Gedanken Iicrumringeln. Es
gen Arbeitern, welche zum Thcil nur von dem Luftdrücke war uns unendlich erquickend, in jener dürre» Sandwüste,
bitäubt waren, wurde» sechs, ' welche auch alS tolt hcr- die wir deutsches Tbeatcr nennen , wieder einen reinen , fri
aufgezogen wurden, wieder in das Leben gebracht. Unter schen Labcquell bervorspringen zu sehen.
den Gebliebenen sind vicr-nnd-zwanzig Familienväter. Jams Was den Stoff betrifft, so ist Herr Beer wieder von ei
»lervoll und herzzerreißend war der Anblick, wie Weiber und nem glücklichen Sterne , fast möchte» wir sagen glücklichen In
Binder mit Jammergcschrcy herbey eilten, und sich i» die stinkte geleitet worden. Die Geschichte StruenfeeS ist ein zu
Grube zu ihren verunglückten Männern und Vätern hinab modernes Ereigniß , als baß wir sie herzuerzählcn und in ge-
stürzen wollten , und nur durch militärische Gewalt zurückzu- wolmter Weife die Fabel des Stückes zu entwickeln brauchten.
halten waren. Bis heute habe ich, von Schmerz überwältigt, Wie man leicht errathen mag, ber Stoff desselben besteht eines
noch nicht den Muth gehabt in das Grab, welches die Un Tbeils in dem Kampfe des bürgerlichen Ministers mit einer
glücklichen sich selbst gegraben , hinabzusteigen , so gerne ich hochmüti'igen Aristokratie, andern Tbeils in StruenfeeS Liebe
mich von der Gewalt der Explosion auch überzeugt hätte. Uns zur Königin Karoline Matbilde von Dänemark.
erklärlich ist und bleibt es, wie diese Erplosion sich erzeugen Ucber dieses zweute Hauprtbema der Beexscben Tragödie
konnte, indem nichts gespart und keine Kosten gescheut werden, um wolle» wir keine wcitläuftigen Betrachtungen aiistcllen , ob
dieses Unglück zu verhüten. Es sind nicht allein Davys Sicher« gleich dasselbe dem Dichter so wichtig dünkte , daß er im vier
heitslampen eingeführt, welche mit der allergrößten Ordnung ten und fünfte» Akte fast dai erste Haupttbemo darüber ver
und Gewissenhaftigkeit gehandhabt werden, sonder» es sind auch gaß, u»b vielleicht dieses zwcytc Hauptthema auch andern
zwey, nahe an 2gu Fuß hohe Zugesscn auf dieser Grube aufge Leuten so wichtig erscheinen mag , daß deßholb der Darstellung
führt , welche die schlechte Lust herauf und die gute hinunter dieses Trauerspiels an manchen Orten die allerhöchsten Schwie
bringen. Alle und jede Woche wird jede Grube von den In rigkeiten entgegengesezt werden dürften. Ob es überhaupt ei
genieurs befahren und untersucht , und jedes auch das Kleinste ner liberale» Regierung nicht unwürdig ist, de» dramatischen
im Baue angeordnet, so daß man sagen kann, daß der Kohlcn- Darstellungen beurkundeter Wohrbcitc» sich entgegen zu setzen,
bau hier am höchsten ausgebildet ist und na«) den besten Grund ist eine Frage, die wir seiner Zeit erörtern wollen. Unser
sätzen betrieben wird. Um so schmerzlicher ist es nun , wenn Volksschauspiel , über dessen Verfall so trübselig geklagt wird,
alle Kunst und Wissenschaft nicht im Stande ist alle Gefahr müßte ganz untergehen obne jene Bühnenfreyheit, die noch
auszuschließe». Wissenschaftlich merkwürdig ist cS, baß das älter ist alS die Prcßfrcyheit , und die immer in vollem Maße
hiesige Kohlenlager das mehrste GaS entbindet unter allen be vorhanden war , wo die dramatische Kunst geblübt hat, z. B.
kannten Kohlenlagern. Eben so ist es psychologisch merkwür in Athen zur Zeit des AristophaneS , in England wäbrend der
dig . baß die Arbeiten , welche doch sehen , daß sie entweder Regierung der Königin Elisabeth, die es erlaubt batte sogar
für sich ober ihre Kinder ein Grab graben, selbst nach dem die Greulgcschichte» ihrer eigenen Familie, selbst , die Schreck
Unglück keinen Augenblick anstanden hinabzufahre». Aber nisse ihrer eigenen Eltern auf der Bühne darz«st<Kni. Hier
bcrzcrbcbend war es, als der sicbenzig und einige Jahr alte in Bayern, wo wir ein freycs Volk, und, was noch seltener
Geistliche sich nicht abhalten ließ, sogleich, und selbst noch in der ist, einen frcven König finden, treffen wir auch eine eben so
Gefahr hinabzufahren , um vielleicht noch mit seinem Trost und großartige Gesinnung , und dürfen daher auch schöne Kunfl-
Segen eine Seele aufrichten zu könne». Aber Hülfe und Se früchte erwarten.
gen kamen zu spät ! aus dem ä2«« Fuß tiefen Grabe hatte» (Die Fortsegung folgt.)
die Seelen den Weg zu ihrer bessern Heimath gefunden.
München.
Auflösung des Buchstaben-RätKsel« in Nr. 8Z.
(Fortsetzung.) Ja, Jakob, Jakobi, Jakobiner.
Wir wollen ,nicht untersuchen , welcher von de» beydcn
Dichtern den beste» Lorbeer verdiente; genug, wir wissen, baß
beyder Lorbeer von den edelsten TKräncn benezt worden. Nur
sey es uus erlaubt anzudeuten, daß die Sprache im Beersche» R ä t h s e l.
Paria, obgleich getränkt in Poesie, doch immer noch etwaS Ei» Chamäleon ist es, vielgestaltig,
Tbeatcrmäßigcs an sich trägt, und hie und da merken läßt, Wic'S oft sich ändert in einer Stnnde!
baß der Paria mehr unter berlinischen Koulisscnbäumcn als Ein Triebwerk ist es, so allgewaltig.
unter indischen Baniancn aufgewachsen , und in direkter Linie Oft richtet es seine Maschine zu Grunde;
init der guten Elytäinncstra und den bessern Bräuren von Ar- Ein Schrank ists, welcher die edelsten Gaben.
ragonien verwandt ist. Doch oft auch Gift in den Fächern verschließt ;
Wir haben diese Ansichten über M. Bcers frühere Dich Ein Quell, woraus der süßeste Honig,
tungen vvranschicken müsse», um uns desto kürzer und faß Und wieder die bitterste Galle fließt ;
licher über sein neuestes Trauerspiel, „Srruensee," ausspre
chen zu können. Ein Schatz ists, dessen weises Verschenken
Zuvörderst bekennen wir, daß der Tadel , womit wir noch Dich sichert vor unvcrständ'qrm Verlieren ;
eben den Paria nicht verschonen konnte», nimmermelir den Ein Labyrinth ists, deß beimliche Gänge
Srruensec treffen wird, dessen Sprache rein und klar dabin Zum Himmel oder zur Hölle führen.
sticht, und als ein Muster guter Diktion gelten kann. Hier I. G. M.
müssen wir die Segel des Lobes mit vollem AtKcm anschwel
le» . bier erschein^ unS Michael Beer am meisten dcrvorragenb
aus dem Trosse unserer sogenannten Theaterdichter , jener Beylage: Jntelligenzdlatt Nr. 5«.

Verlegt von der I. G. Cotra'schen Buchhandlung.


90.

M o r g e n b l a t t

für

gebildete Stände.

Montag, April i 8 2 8.

d« mit Frau'n und ibrem Wust


Zu «mer Reis' dich schi«e» mußt.
Fahr' olme Hut zum Thor i'inauS,
Nur die Geduld, laß nicht zu Hau«.
H. i. d. exigr. Bivmenlese.

L e S R o ch e r S, zu finden war. Er selbst präscntirte sich mit ungemeiner


Würde und machte in Gegenwart seiner Untergebenen sei
daS Schloß der Frau von Sevigne.
ner schönen Kousine die Honneurs, als wenn sie eine
Ton Lady Morgan. Prinzessin wäre, die den Prinzen, ihren Bruder, besuchte.
(FonstVuug.) Diese nahm auf der a»dern Seite alle die Hoheit in ih
rem Wesen an, die eine Pariser Dame auf ihrer peinli
Wir reisten an einem schönen Aprilmorgen von Paris chen Pilgerreife in die Provinzen zu zeigen nie verfehlt.
fort nach Bretagne zn. Unser Aufzug konnte wohl den Meine Freude war daher ungchcuchelt, als ich meine träge
Leuten die Reisen aus den Zeiten Louis xiv, ins Gedacht- Freundin den andern Morgen in mäßiger Frühe in den
niß zurückrufen, wo die Karosse eineö großen Herrn ein Wagen steigen fad. Bald überwältigte sie , Fclieie und
bewegliches Haus, und zwar wegen der Masse von thcils Sylphide ein tiefer Schlaf und ich genoß in mannigfacher
an den Kutschenfchlägen , theils vorn, theils an allen Aufregung alles das Neue , was mich umgab.
Ecken darauf stehender Leute ein Haus von beträchtli Das alte Feudolherzogthum Bretagne, unberührt von
chem Umfange war. Madame de ** reiste mit ihren ei den englischen Reisenden mit ihren Gemeinplätzen, nnbc-
genen fanftmüthigen Pferden, mit so vielen ihrer Stär tretcn von ihren rastlosen Füßen, ungezeichnet von ihren
kungsmittel und anderer Bedürfnisse, als nur in die geschäftigen Federn, ist immer noch das Bretagne Lud
Sitze und Taschen hineingestopft werden konnten. Fclicie wigs Xiv. Die Einwohner bewahren fortwährend ihre
und Svlphide nahmen die Rücksitze gemeinschaftlich mit Originalität wie in den Tagen ihrer rohen aber heroischen
den Kopfkissen, Spazierstöcken, Sonnenschirmen, Vit- Beherrscher. Ursprüngliche und unvcrmischte Abkömm
schouras und den Toilettenbedürfnissen ein. Madame, in linge der alten Britten, die aus ihrem Vaterlande ver
ihrenPelz und Shawl gewickelt, hatte in einer Hand einen trieben hier eine Auflucht suchten , sind sie noch heute den
?l«vn mit e«« äe LKipr«, in der andern eine Bonbonniere, Bewohnern der südlichen und mittleren Provinzen Frank
zn denen sie oft ihre Auflucht nehmen mußte, um die An reichs so unähnlich, als damals, wo sie noch nackt gingen
strengungen des Tages nur einigermaßen überstehen zu und ihre Körper blau bemalte». Kaum hatten wir die
können. In der Stadr Nogent stiegen wir vor dem Loire überschritten, als ich schon die auffallendste Verän
Hause des Präfekten, eines Onkels meiner Gefährtin, ab, derung in der Physiognomie deS Volkes wahrnahm. In
welches alles das in Miniatur zeigte, waö am Hofe dem nicderbretagnischcn Dialekte des Gastwirthes der al
der Tuilerien nur Lächerliches , Fades und Verächtliches ten Stadt Laval fand ich etwas von dem Rhythmus und
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dem Accente meiner Landsleute, der Celten *), wieder, Se v«n„k fpielt, hat ein großes Air von Wahrscheinlich
und beynahe wähnte ich dem einen oder dem andern Sönger keit, und doch kann ich nicht glaube«, daß es schon so weit
von Connaught zu hören oder eine Seite in den schot mit ihm gekommen sey, als Sie aus seinem Betragen zu
tischen Novellen zu lesen. Je weiter wir in das Depar schließen scheinen. Sollte er nicht daber weiter hinausse
tement von Jlle und Villaine, das im Herzen der Pro he.«, und, da ihm Danzig am Ende do5 immer gewiß
vinz liegt, hineinkamen, je mehr und mehr legten die bleibt, wenn ers im Ernste haben will, nickl weislich vor
Umgebungen den französischen Charakter ab. Dichte, aus her abwarten wollen, was die Sachen auf der ankern Seite
gebreitete Wülder, in die sich der Saum der Ebenen rings von Europa für eine Wendung nehmen werden '< Nichts
verlor, große Haiden bildeten romantische Einöden mit wäre ihm wohl leichter gewesen, als der Donziger Farce
dem schauerlichen Charakter des Nordens ; gemildert aber ein schleuniges Ende zu machen, und schwerlich würde we
durch hin und wieder sich sindende Flecke grünen Ge der Rußland noch Oestreich was Ernstliches dagegen einge
sträuchs und blühender Obstbäume, erschienen sie weit ma wandt hahen; aber man hätte es ihm doch wenigstens hö
lerischer als die weinumrankten Hügel von Frankreich. her in Rechnung gebracht, als er vcrmuthlich im Sinne
Trotz seiner Rvhheit und Abgclegenheit brachte Bretagne hat es anzunehmen, wenn es am Ende zum partagiren
von jeher Männer hervor, welche man zu den schönsten kommen wird. Ich kann mich leicht irren, aber mich dünkt,
und ausgezeichnetsten Charakteren in Frankreichs Geschichte es kann nicht mehr lang dauern, so wird die Flamme an
zählen kann ; so unter vielen andern die Blüthe der Chcva- allen Ecken von Europa ausschlagen , und vcrmuthlich will
lerie, den Bertrand du Guesclin , den freven und treuen. der Alte freye Hand behalten alsdann die Parthie zu neh
Mit der Geschichte dieses Helden in der Hand, die men , wvbey am meisten zu gewinnen ist. Uebrigcns ist
ich von meinem gastlichen Präsekten geliehen hatte , die ein K»i der»» , bel esxrii, pKiiosoxli» freylich ein wun
Montforts, die Blois, die großen Kompagnien, den derbares Wesen , das sich den gemeinen Gesetzen der Poli
schwarzen Prinzen, Jean Chandos, und alle die andern tik weder unterwerfen mag , noch darnach beurtheilt wer
ausgezeichneten Helden, die in den, auf dem Schauplatz den kann. Ich halte es für sehr wahrscheinlich, daß er,
der Bretagne im vierzehnten Jahrhundert aufgeführten nach seiner Art zu denken, sich für groß und mächtig genug
großen Dramen Rollen spielten, im Kopfe, ward ich am hält, sich über die etwaigen kleinen Folgen, welche der
Abend des dritten Reifetages plötzlich durch einen heftigen gleichen Befriedigungen seiner Laune haben könnten, hin
Stoß in die närrische Wirklichkeit der augenblicklichen Ge wegzusetzen ; denn in der jetzigen kritischen Lage der Sa
genwart zurückgerufen. Meine schlafenden Gefährtinnen chen könnte England leicht seiner Freundschaft nithiger
erwachten, Madame de** mit Ausrufungen, Felicie mit haben als er Englands. Mich dünkt, gerade in einem
Schrepen, Sylphide mit einem lauten , gellenden, fort Zeitpunkt, wie der unfrige, ist ein Fürst, der 2g«,«no
währenden Heulen; das gerbrechen der Flacons, die from Mann der besten Soldaten im Felde und baarcs Geld die
men Stoßgebete des Kutschers Baxtiste, die schweren Flü Fülle in seinen Koffers hat, selbst zwischen den großen
che des Bedienten Hyppvlitc gaben der ganzen Welt die Ver Mächten von Europa ein sehr respektabler Sejgneur, der den,
sicherung , daß wir verloren seyen , daß wir die Nacht Spiel ganz ruhig zusehen und dem es am Ende schwerlich
hier bleiben müßten, mit einem Worte, unser Wagen war fehlen kann seinen Coup zu machen. Was mir die gewis
nickt nur umgeworfen, sondern auch zugleich für so lange seste Gewähr für die großen Revolutionen, die ich er
unbrauchbar geworden, bis ein rüstiger Landschmied seine warte und zum Theil noch zu erleben hoffe, leistet, ist die
ausbessernden Hände an ihn gelegt haben würde. Weiter mit großen Schritten zunehmende Aufklärung und der
zu fahren war unmöglich, und wir waren noch zwey Meilen vcrgleichungsweise unerhört schnelle Fortgang derjenigen
von Vitri, auf dem halben Wege nach Reimes, wo wir Wissenschaften, durch welche die Kräfte der Natur in
die Nacht hatten zubringen wollen. die Gewalt des Menschen kommen. Mit der Airopctv-
(Die Fortsetzung folgt.) mcmie gewinnt es ein sehr ernstliches Ansehe». Ich be
") Als Ludwig XIV. mir scinkn Drogonaden die ?retagner trachte jezt die Schiffahrt in der Luft als erfun
wegen einer Widersetzlichkeit gegen willkürlich aufgelegte den, denn was noch daran fehlt, kann und wird und
Schätzung plagen ließ, sielen sie auf dic Knice und riefen: m!» muß in kurzer Seit ausfindig gemacht werden , da die
culp», mi, culx«! Das war, sagt scl,r naiv Fran von Se- Kräfte und Wirkungen, wovon die Hauptsache abhängt,
vign«, daS einzige franzosische Wort, das sie wußten.
dem Kalkül unterworfen sind, und alle physisch-mathema
tischen Wissenschaften einander so sehr die Hand bieten.
W i e l a n d an A r ch e n h o l z. Die Folgen dieser Erfindung sind unübersehbar, und mir
Weimar, 27. Dec. 178Z. ist unbegreiflich, daß das Gouvernement in Frankreich dicß
Mein theucrster Freund! Ihre Reflerion über die nicht gleich anfangs eingesehen, und die Hand auf die
Rolle, die der Vieu» cke L»n» »ouvi risivi» öe Kkeszieuri Sache gelegt hat. Doch es mag wohl dazu noch immer
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Zeit genug fern, da, wie es scheint, bis dato weder Eng Charakterzüge der Italiener.
länder, noch Holländer, noch Deutsche im Stande geme
sen sind, die Maschine der Herrn Charles und Montgolfier DaS Volk, in den Städten wenigstens, weiß die Lieb«
im Großen »«chzuniachcn, und (wie ich vcrmuthe) et- lingsstcllen seiner Dichter auswendig, und rezitirt sie
maSdabey ist. das die Herrn noch >» xelt« behalten mit Begeisterung, z. B. die Flucht der Herminia in
haben. 2?ie Beschreibung, welche Herr Charles von Tassos Jerusalem , den Tod der Clorinde ; die Episode von
seiner Lv^reise im Zourn»! ck« cku ,Z. , ^ v«- Olindo und Sofrania, die berühmte Beschreibung der
ve»,br, gemacht hat , ist daö Merkwürdigste, was ich Trockenheit und des Regens ; den Tod ArganteS aus dem
ie grasen habe, und läßt mich keinen Augenblick zwei- rasenden Roland; aber Metastasio ist ihr Lieblingsdichter,
seln, daß die Philosophen doch noch die Herren der sie singen ihn im Chor und sprechen daö Recitattv im
Welt werden müssen, r«««» ck, «i,««, — ^ prop», ä« Dialog. Das Talent der Improvisation ist nicht blos we»
xkiloiapki», was für Wirkungen thutdie sonderbare Wo nigen Personen von gebildetem Geiste vorbehalten, sondern
chenschrift, die zu Halle unter dem Namen der „Briese findet sich überall. In heitern Stunde», back Glas jin
über die Bibel im Volkston" seit vorigem Jahre öffentlich der Hand, sind die Leute vom Volk öfters begeistert, sie
herauskommt, unter den Weltlenten und unter der sprechen alsdann in abgemessener und harmonischer Sprache
Klerisey? So viel ich sehen kann, keine, und dieß ist stundenlang über zufällig berührte Gegenstände, und wenn sie
gleichwohl seltsam genug. Jene scheinen sich um Religion aushören, nehmen andere den Faden ihrer Ideen in dem
gar nichts mehr zu bekümmern, und diese endlich ein selben poetischen Rhythmus auf. Diese flüchtigen SoloS
zusehen, daß das Sicherste für sie ist, dergleichen Phäno würden die prüfende Untersuchung der Kritik nicht aus
men« zu ignoriren, und ihren Weg fortzugehen, gerade halten, und selbst die ausgezeichnetsten Improvisatoren
als ob gar nichts dergleichen in der Welt geschähe. Nor machten selten Glück, wenn sie schrieben. Man versichert,
fünfzig Jahren würde ein solches Buch einen Lärm ge daß Metastasio es bedauerte sich je der Improvisation hin
macht haben, als ob der Himmel den Einsturz drohe. gegeben zu haben, welche ihm eine gewisse schwer zu besie
DaS Wunderbarste aber unter allen neuesten Erschei gende Nachlässigkeit in der Schreibart hinterlassen habe. Frau
nungen am politischen Hornonle ist für mich die anschei F***, eine Fremde an einen Italiener verheirathet, erzählte
nende Degradation des englischen Nationalcharakkers, uns, wie sie überrascht worden sev, als ihr Mann, den sie
und die Schamlosigkeit, womit sich das englische Parla nie im Verdacht gehabt habe, daß er zu den Insxirirten
ment mit offnen Augen von solchen Menschen, wie North gehöre, auf einmal anfing mit Erfolg zu improvisiren.
und For, zu Befriedigung ihrer Ambition und ihres Ue- Man findet jedoch, daß diese Eigenschaft seltener zu werden
oermuths mißbrauchen läßt. Vor Kurzem hielt ich die anfängt, so wie auch die andern charakteristischen Aüge,
Koalition für eine monströse Geburt, wie etwa ein Paar welche die verschiedenen Völker Europas anSzcichnetrn, sich
zusammengewachsene Kinder ; aber seitdem For das Unter täglich mehr verwischen.
haus dazu gebracht hat, ihm die ostindische Kompagnie Gebildete Italiener selbst äußerten sich über daö Im
sieg» et P°inz5 lie, zu frever Disposition zu überantwor provisiren folgendermaßen: „Die natürliche Harmonie un
ten, scheint es mir der Konstitution aufs Aeußcrste gekom serer Sprache und die Leichtigkeit zu dichten, welche sie dar
men zu seyn. Der König ist ein Name, das Parlament bietet, führen »nS in poetische Versuchung. Von unsercr
oder dessen so sehr überwiegende Majorität ein Pack Gänse, ersten Kindheit an machen wir Verse, und unser Gedacht-
Fools nnd Rascals , und Herr ZuchS — alles was er will. »iß, erfüllt von denen unsercr besten Dichter, bestreitet zur
Daß doch kein englischer Bei - Esprit auf den Einfall kommt, Hälfte die Kosten der Comvosition. Nach und nach gewöh
einen neuen Rcinccke Vovß zu schreiben? mich däucht, es nen wir uns, ganz fertige poetische Figuren darin zu finden
ließe sich von einem Manne, der das Lokale und Personale über gewisse Hauptthemas, welche immer wiederkehren.
mit allen Verhältnissen und mit dem Innern der Maschine Es befindet sich in unserer Einbildungskraft ein Schubfach
kennte, ein Werk geben, das mit der l'»!« «r !>>, l^K für jede der großen menschlichen Leidenschaften, und für die
und mit der Historie von John Bull rivalisiren könnte. Hauptcrscheinungen des Himmels und der Erde. Das der
Ist denn das Geschlecht der Swifts, Attesburvs, Arbuth- Mythologie ist das größte, das der Natur das kleinste. Die
nors u. s. w. ganz in Britannien ausgestorben? Sie, mein Kunst besteht blos darin, zu rechter Zeit die Hand auf t>e
liebster Archenholz, der England so gut kennt, werden rechte Taste zu legen ; wir seben unfern Ehrgeiz nicht in
rmr über alles dieß am besten Licht geben können. Sigcnthümlichkeit, in Natürlichkeit, noch tn Geschmack; wir
Wielan d. sind Dichter auf die Weise der Endrcimvcrferriger, der
Logogryphcn- und Charadeiifabrikanten."
Die Sucht zu Improvisiren hat das Talent mehr
alö eines Dichters zu Grunde gerichtet. Man «ab einem
z6o
dieser Taschenspieler in der Dichtkunst willkührlich sechs Ge Die Bessern wichen. Hinem feilen Heer»
genstände an, nnderimprovisirte einen Vers über jeden dieser Käuflicher Diener ließ „an alle Mühe»
Gegenstände nach einander, so daß der siebente Pers die Der nieder« Acmter. Schimpflich röhrte damals
Das Mark des Landes manch bedrängen Kuppler,
zweyte Linie des Gerichts über den ersten Gegenstand, der Dem man des BorgcmachS geheime S^gen
«chte die zweyte des Gedichts über den zweyten gab und so fort; Und schädliche Verschwiegenheit vergalt;
sechs Schreiber faßten der Reibe nach jeden sechsten Vers des Voreilig flog der Edlen Zunge Schaar
langen, uuzusammcnhängendenWörterzuzcs (tir«Se)«uf, und Der Elzrenstellen »ielgcstufre Leiter
Mit raschen Sägen an, und flücht'gen Fußes
hatten am Ende sechs verschiedene Gedichte geschrieben, de Die nieder» Sproßen überspringend, drängte«
ren Sinn ganz gewiß sehr mittelmäßig, doch zusammen Sie keck sich zu de« Staates schmalein Gipfel,
hängend und nach der Regel war. Wenn Philidor meh Der Raum »ur hat für wenige Geprüfte.
rere Schachparthieen zugleich auf Tischen, die man gegen So sab das Land mit wachsendem Entsetze»
Von edlen Knabe» seine beste« Männer
seinen Rücken gestellt hatte , ausspielte und alle gewann, Zurückgedrängt in Nach« und iu Verachtung.
so antwortete er denen, welche ihm hierüber ihre Ueverrci-
schung bezeugten, daß er die Spiele in seinem Kopfe geord Ranzau, (lächelnd.)
net sehe. Der Improvisator von sieben gleichzeitigen Wohl möglich, da« die Brut de« Adlers sich
Gedichten sah sie gleichfalls , und die Stärke seines Ge Mit kühner» Schwingen auf zum Lichte wagt
Als der genieinen Spatzen niedrer Flug.
dächtnisses war so groß, daß er gleicherweise alle Gemein
plätze, deren er nithig haben konnte, in Reih und Glie Struensee.
dern erblickte, und sie mechanisch aus ihren betreffenden Ich aber habe mich erkühnt, Herr Graf,
Schubfächern zog , wie ein Begistrator «uö seiner Regi Die Flügel dieser Adlerbrut zn stutzen.
Mit kräftigem Gesetz unbärtgcr Külmheit
stratur das Aktenstück, das er nörhig hat, ohne Anstand auS Gewehrt, daß uns kein neuer PhaSton
Zehntausend herausfinden kann. Ist denn der Klavierspie Das Flammenroß der Staarenhcrrschaft lenke. — —
ler eine» Augenblick über die Taste in Verlegenheit, auf Wie sich von selbst versteht, hat öS einer Tragödie , deren Held
die er den Finger fetzen soll, sieht^ er sie an, oder denkt solche Verse deklamirt, nicht nn gehöriger Mißdeutung gefehlt ;
er auch nur im Geringsten an sie? und ihr, die ihr sprecht, man war nicht damit zufrieden, daß der Sünder, der sich sol»
denkt ihr an die Regeln der Grammatik? Sure Wissen cheriuaßen zu äußer« gewagt, am Ende geköpft wird , sondern
schaft ist die der Gewohnheit, und dieö ist auch die des man hat den Unmuw sogar durch Kunsturthcile kund gegeben,
man bat ästhetische <i>r>mdsätze aufgestellt, wonach man di«
Improvisators. Feliler des Stücks haarklein dnnonstrirt. Man will unter an»
dern dem Dichter vorwerfe» , in seinen Tragödien scycn keine
tiefen und prächtige» Reflexionen , und er gebe Vichts als
Korrespondenz-Nachrichten. Handlung und Gestalten. Diese Kritiker kennen gewiß nicht
die obenerwähnte Clytämnestra und die Bräute von Arragv«
Mönche». nien, die es wabrlich nicht an Reflerioneu fehle« ließen. Ei«
(Fortsetzung.) anderer Vorwurf war die Wabl des Stoffes, der, wi» man
Wir kehren zurück zu dem ersten Haupttbema des „Struen sagte , noch nicht ganz der Geschichte anheimgefallen se«, und
see," dem Kampfe der Bürgerlichen mit der Aristokratie. Daß dessen Behandlung es ndthig mache, noch lebende Personen auf die
dieses Thema mir dem des Paria verwandt ist. soll nicht gcläug- Bühne zu bringen. Dann auch fand inan es unstatthaft , da»
net werbe«. ES mußte naturgemäß auS demselben hervorge bey noch gar die Interessen der heutigsten Partheyen anszu»
hen, und wir rühmen um so mehr die innere Entwicklung des sprechen, die Leidenschaften des Tages aufzuwiegeln, uns im
Dichters und sein feines Gefühl, das ihn immer auf das Prin Rahmen der Tragödie die Gegenwart darzustellen, und zwar
zip der Hauptstrcitfragen unserer Zeit hinleitet. Im Paria zu einer Zeit , wo diese Gegenwart am gefalnlichflen und Wik»
sakcn wir den Unterdrückten, zu Tode gestampft unter dem beste» bewegt ist. Wir aber sind anderer Meynung. Die
eisernen Fußtritte des übermütbigeu Unterdrückers, ,mb die Greuelgcschichten der Höfe können nicht schnell genug auf die
Stimme , die seelcnzcrreißend zu unseren Herzen drang , war Bi'ibue gebracht werden, und hier soll man , wie einst in Egyp
der Norbsc>>rcy der beleidigten Menschheit. Im Strucnsce hin ten, ein Todtcngcricht Kalten über die Könige und Großen der
gegen sehen wir den ebemals Unterdrückten im Kampfe mit Erde. Was gar jene NüylichkcitSthcoric betrifft . wonach man
seine» Unterdrückern, diese sind sogar im Erliegen , »nb was die Aufführung einer Tragdbie nach dem Schaden ober Nutzen,
wir hören, ist würdiger Protest, womit die menschliche Ge den sie etwa stiften könnte, bcurtkeilt, so sind wir gewiß
sellschaft ihre alte» Rechte vindizirt, und die bürgerliche Gleichsehr weit entfernt uns dazu zu bekennen. Doch auch bey ein»
stellung aller ihrer Mitglieder verlangt. An einem Gespräche solchen Theorie würde die Weersche Tragödie vielmehr Lob als
mit Graf Ranzau, dem Repräsentanten der Aristokratie, spricht Tadel verdienen, und wenn sie das Bild jener Kastcubevovrechtung,
Struensee die kräftigsten Worte über jene Bevorrechteten, jene in all seiner grausamen Leibbaftigkeit uns vor Augen bringt,
Cariatidcn deS Thrones, die wie dessen »othwcndige Stütze» so ist das vielleicht heilsamer , als man qlaubt.
aussehen möchten, und treffend schildert er jene noble Zeit, wo (Die Fortsetzung folgt.)
er noch nicht das Staatsruder ergriffen hatte:
- - - Es tbcilten
Die höchsten Stellen Uebermuth und Dünkel. Berlage: K unstblatt Nr. z«.
Verlegt von der I. G. Cvtta'schen Buchhandlung.
91.

M o r g e n b l a t t

f ü r

gebildete Stände.

Dienstag, 15. April 1 3 2 8.

Komm, lic« e« stlbfl i» dem Pl.inetenstand !


Si„ greulich Zeichen steht im Hau« de« Leben« !
Schiller.

Urber die Planctar, Zusammenkünfte. des Pater Martini (in feiner Geschichte von China, S. 3Z.)
de» Chinesen zufolge, zur Zeit der Regierung des Kaisers
Die Araber und Juden sind es, welche einst den gan Tcholleii-Hio , über driltehalbtausend Jahre vor Christi
zen Kram des astrologischen Unsinns , der kabbalistischen Geburt beobachtet worden ist, und worüber die Astrono
Wahrsagungen und grillenhasten Träume n.'ch Eur"»« men so viel unnütze Berechnungen angestellt Kaben ? Im
brachten. Sie selbst mochten ihn vielleicht von den Cgyp- Jahr llgg sind die schrecklichsten Umwälzungen, die sich
tiern geholt haben, welche sich rühmten, die Ueberliefcrer in Folge einer Zusammenkunft aller Planeten im Seichen
jeglicher Wissenschaft an alle Völker der Srde gewesen zu der Wage ergeben sollten, durch die Sternkundigen geweis
sevn. Die Rabbiner haben in dieser Art die seltsamsten, sagt worden. Flauguergues , welchen de la Lande darum
ungereimtesten und lächerlichsten Dinge geschrieben. Man ersuchte, hat im Jahr t8<>», mittelst unserer jetzigen Ta
darf nur den Talmud nachsehen , der vo» wmiderlicl'en feln eine genaue Berechnung dieser Zusammenkunst ange
und zum Theil anstößigen Kindereven wimmelt. Bon Jv- stellt und gefunden , daß dieselbe zwar nicht überall voll
Hann Albrecht FabriciuS und von Johannes Morimis wur- ständig gewesen ist , dennoch aber am fünfzehnten Herbst
den so ziemlich alle Fabeln und Albernheiten gesammelt, die monat ti8« um fünf ein halb Uhr Abends alle Planeten
jene in vollem Ernst über die Geschichte des alten Testa zwischen s Zeichen, und 6 Zeichen i« Längengraden ver
mentes gelehrt haben. Es fehlte inzwischen auch den alten sammelt waren.
Juden an einsichtigen und gelehrten Schriftstellern nie
mals. Moses Ben Maimon (Maimonideö) war einer der Der Aberglaube morgenländischer Astrologen beschäf
gelehrtesten Männer, welche dieses Volk je besaß. Abra tigte sich vielfältig mit Beobachtungen dieser Zusammen
ham Ben Chava, welcher sich mit Sterndeutung abgab, künfte. Die Ankunft des Messias, welche, wie schon be
verkündete die Geburt des Messias auf's Jahr izzs schrieb merkt, der Rabbi Abraham Ben Chava aufs Jahr 1Z58 ge
aber auch eine Abhandlung über die Gestalt der Erde. weissagt hatte, verhieß ein.anderer Rabbiner, Abraham
Die Zusammenkünfte der Planeten sind Abenar, seinem Volke aufs Jahr ,444 unserer Zeitrech»
von den ältesten Zeiten her als höchst wichtige Ereignisse Illing, wenn Jupiter und Saturn im Zeichen des Krebses,
in den Geschichtbüchern der Chinesen, Araber, Juden, oder spätestens l4«4, wenn die bevden Planeten im Zei
Griechen und Christen behandelt worden. Wer hätte nicht chen der Fische zusammentreffen würden.
von jener berühmten, so viel Lärm verursachenden Zusam- Der Araber Abulmasar, der vom Jahr 8«« bis zum
menkunft der fünf Planeten gehört, welche, nach Angabe Jahr »44 lebte, hat ein eigenes Buch von den großen
. Zö2
Zusammenkünften geschrieben, das zu Augsburg L e S R o ch e r ö,
t4«s gedruckt ward. Die Vorliebe für diese Zusammen das Schloß der Frau von Sevigne.
künfte ging so weit, daß im Jahr 1496 ein eigener Alma-
nach derselben, »ach Berechnungen eines gewissen Tho Von Lady Morgan.
mas Daincr, für den Meridian von Moden« ausgegeben (Fortseyung.)
ward. Baptiste, M Nicderbretagner , hatte uns versichert,
Als ein merkwürdiges Beyspiel der Verirrungen und er kenne hier jeden Weg so genau wie seine Nachtmütze,
Thorheiten , in welche auch sehr achtungswerthe Männer und hatte uns auf einem eine Stunde näher führenden
gerathen können, dient der berühmte und gelehrte Bischof, Pe- Seitenwege gefahren. So hatte uns nun seine unglückli
ter d'Ailli, welcher im Jahr 1418 in seinem Buche che Anmaßung in einen schrecklich engen Weg nahe an Son
von der Vereinbarung der Geschichte und nenuntergang, mit zerbrochenem Wagen, ohne Aussicht auf
Sterndeuterey behauptet hat, es hätten die Sund- nähere Hülfe als von Vitri her, geführt. Während Ma-
fluth, die Geburt Christi , alle Wunderdinge und Wun- dame de ** sich in vergeblichen Klagen erschöpfte, Felicie
derrhaten mittelst der Astrologie erkannt und vorausgesagt aus dem Wagenfenster heraus auf Baptiste schimpfte, und
werden können; auch müsse sich aller Ursprung , Verän Sylphide Bevder Soprantöne mit einem fortwähren
derung und Untergang der Staaten und der Religion auf den Baßgeknurre begleitete, stieg ich ab, um unsere Lage
Planctar-Iusammenkünfte bezichen. Unter den fechs-und- näher in Augenschein zu nehmen. Eben zeigte mir Bap
dreyßig großen Zusammenkünften, welche dieser Kardinal tiste, wo der Wagennagel gebrochen war, als sich von der
vom Nöten Jahre nach der Schöpfung bis zum Jahr 1585 Thür eines kleinen Obstgartens her ein Mann mit einem
unferer Zeitrechnung bemerkt zu haben glaubt, befinden Buche in der Hand näherte. Als er, ein ältlicher, in
sich indessen kaum sechfe, die diesen Namen wirklich ver seiner Erscheinung interessanter Mann, in dem Anzüge
dienen. Der eitle Wahn hatte sich Jahrhunderte durch un eines Geistlichen und mit einer Priestermiene, wahrschein
geschwächt erhalten. Im Jahr 1524 sollte eine neue große lich also der Psarrer der Diicese, seine Mütze von dem
Zusammenkunft eintreffen. Man versäumte nichts, um tonsurirten Haupte abgenommen hatte, bemerkte er, es
die Gemüther aufzuregen ; ein deutscher Sterndeuter ans sey eine Schmiede in der Nähe , zu dem Schlosse gehörig,
der kleinen Stadt Hasford im Würzburgischen , Johann dessen Thürme durch die dunkeln, die ganze Ebene zwischen
Virdnng, ließ zu Lppenheim im Jahr 5521 ein Prog- Vitri und Rennes bedeckenden Wälder sichtbar waren.
nostikon der erstaunlichen und bisher uner „Und das Schloß," sagte Madame de **, „wie heißt
hörten Plan e tar-Zu samm enkü nfte, die aufs es? Wahrscheinlich gehört es einem meiner Freunde; ich
Jahr 1524 eintreffen würden, drucken, und im bin mit der ganzen alten Noblesse in der Provinz ver
Jahr 1Z2Z ließ er auch noch einen Volkskalendcr erschei wandt." — „Es ist das cK»te»u ck«s «ocKe«, Madame,"
nen, von dem zwey Ausgaben vorhanden sind, worin die sagte der Geistliche. „1.° OKi,«,» g«, K«ck«r» !" wieder
furchtbare Zusammenkunft abgehandelt wird. Ein pani- holte Madame de ** „Das Schloß der Frau von Sevig-
scher Schrecken war damit weit verbreitet worden; jedoch ne?" rief ich athemlos vor Freude. Der Geistliche nickte
fehlte es auch damals an verständigen Leuten nicht, die bejahend. „Aber mein Gott, wer ist denn der Besitzer?
den erschreckten Gemüthcrn Beruhigung zu geben versuch Von welcher edlen Familie stammt er ab? Die Rochers
ten. Ein Wiener Arzt, der zugleich Astronom war, Georg sind ausgestorben; sie waren durch ihre berühmte Groß
Tannstetter, ließ ein Trostbüchlein erscheinen, worin mutter mit den Herzogen von Simmaire verwandt." —
die Grundlosigkeit der astrologischen Wahrsagerey von einer „Das Schloß ist im lczten Jahrhundert in verschiedene
im Jahr 5524 zu erwartenden Sündfluth dargethan wird. Hände gefallen, Madame, es wurde in der Revolution
In Rom selbst trat ein berühmter Professor, Augustin Ni- mit andern Narionalgütern verkauft ; jezt gehört es dem
phus, mit einer die Weissagungen der bevorstehenden Sünd Baron **, gegenwärtig in Paris; indeß der Kastellan
fluth widerlegenden Schrift auf. Diefer Augustin Niphns wird nicht anstehen , Ihnen fo lange die Zeit zu vertrei
war ein geborner Kalabrese , den der Papst Leo X. in so ben, bis der Wagen wieder ansgebessert sei)» wird."
großen Ehren hielt, daß er ihn zum Pfalzgrafen ernannte Als Madame den Namen des Besitzers hörte , machte
und ihm erlaubte, feinem Familienwappen dasjenige des sie eine Gestikulation, die halb Schreck, halb Verachtung
Hauses MediciS bevzufügen. ausdrückte. „XK, m» bell«!" flüsterte sie mir zu, „der
(Der Beschluß folgt.) Herr Baron von heute ist gewiß einer von der schwarzen
Bande." Sie wies kalt den Vorschlag des guten Pfarrers
zurück und entschloß sich ruhig im Wagen zu bleiben, wäh
rend Felicie abstieg, um Sylphide an die frische Luft
zu bringen, sich auf eine Mooöbank am Wege sezte, und
Hvppolite eines von den Kutschpfcrden bestieg , um den dicke Schichten anlegen lassend — Damit wackelte er
Schmied zu holen, dessen Esse man in geringer Entfer vor uns her. Mit leiser Stimme sagte der Geistliche,
nung rauchen sah. als wollte er den meiven Unwillen unwillkührlich ver-
Die Vorstellung, les Rockers zu besuchen, von wo rächenden Blicken antworten: „Wahrscheinlich hat der
aus so viele der unnachahmlichen Briefe der liebenswür Herr Baron eben nicht sehr viel in den Briefen gelesen.
digsten Schreiberin geschrieben worden , schien mir mehr Er hat wahrlich diese interessanten Umgebungen in eine
ein schiner Traum als Wirklichkeit. Meinen Augen kaum groteske Meiere» verwandelt, zu einem Waschplatze zuge?
trauend, nahm ich den Arm des Geistlichen und ging mit richtet, und die Ställe mit korinthischen Säulen verziert.
ihm der Kapelle der »oli-e v,», Se, n«cl,e?, mit andäch Und doch ist das noch nicht daö Schlechteste!"
tigerem Enthusiasmus zu, als jemals ein Jubiläumsxilger (Der Beschluß folgt.)
durch die xontinischen Sümpfe von den Abruzzen aus zu
St. Peter. Wir gingen durch den kleinen Obstgarten, durch
dichtes Gebüsch , das nur von Zeit zu Zeit die weißen
Thürme des Schlosses durchschimmern ließ. „Schickt mir AuS Jean Pauls Nachlaß.
Aussicht, ich will Euch Bäume schicken" — hatte die Se-
vigne so oft an die Grignan geschrieben, und dieser Eine herrliche Empfindung ist, wenn alles Gute, daS
ein Mensch in sich beherbergt, auf einmal losbricht, wie
Wunsch paßt noch immer auf die mit Bäumen besezte
Umgebung des SchloMSF das jeder Aussicht entbehrt, es doch oft geschieht.
wiewohl der Erbauer mit geringer Mühe eine hatte schaf Eine Anstrengung des Verstandes und Tiefsinnes
fen können. Das Schloß mit einer Menge alter Thürme kann man nachmachen, aber keine fremde Empfindung,
stand auf einer Esvlanade, wie alle Feudalgebäude Frank kein fremdes Gefühl.
reichs. Der Schloßhof, geräumig und düster, war mit
einem gewichtigen Sisengitter verschlossen, durch das ich
mit klopfendem Herzen hineinsah. Der alte Thürhüter, Korrespondenz-Nachrichten.
vom Geistliche» herbexgerufen, ging nach seinen Schlüs
se/n, um uns hereinzulassen. Es kann wohl nichts anti Verlin, Februar.
keres und pittoreskeres geben , als dies neu angestrichene, (Fortsetzung.)
theilweise von einem herrliche» Sonnenuntergänge erlench-
tcte Gebäude war. Das Schloß soll noch vor dem tlten Bepm Spo« gelten dir Mächte de« Geschehen«. Ort und Zeit ;
Jahrhunderte erbaut worden sevn, und dies hohe Alter beym Drama die Darstellung der bestimmten Natur de«Jni'alt«
der Handlung. Hier tritt da« Wie de« Gcschci'cns. und mit diesem
thum bestätigten die schneckcnarn« gewundenen Stufen in Wie Orr und Zeit in den Hintergrund. Diese« Zurücktreten
der Gestalt eines ThurmeS an der von zwev Thürmen an nn» Häven besonders die Franzosen und zwar a»S zwcpfachcin
den Seiten eingeschlossenen Hanptfronte, überhaupt das Grunde Kervorgcdoben. Einerseits nämlich kann dem Franzo»
Ganze, geziert mit gothischc» Köpfen und Darstellungen von sen nur gefalle», was den Bcwei« von Geschicklichkeit , von Vils
dung, Klugheit, Feinl'cit und Utberlegnng liefert. Er legt
monströsen unbekannten, am ober» Theil des Gebäudes seinem Dichter Schwierigkeiten in den Weg, welche nur durch
vom Borsprunge des Daches bis zum Gipfel eingemauer große Umsicht Überwunden werden können. Diesen Sieg vers
ten Thieren. Sin kleinerer Thurm, in einem eben so gro ständiger Ueberlegung will der verständige ftanzdsischc Zuschauer
tesken Style erbaut, stand noch abgesondert da, nur daß vor sich sehen; gescheute Geschicklichkeit und Bildung ist da«
erste, was er vom Dichter fordert, Zwcytenswill er Leidenschaf
sein Dach einer Priestermütze ähnlich war. Dies, sagte ten, nicht Menschen, nicht bestimmte, ganze, volle Individuen
der Geistliche, ist ein neueres Gebäude; eS ist die in den vor sich sclien . die auch noch ein Weitere« sind al« Repräsen
Briefen der Sevigne oft erwähnte Kapelle, die sie für den tanten ihrer Leidenschaft. Alle Individualität muS durchau«
gnten liebenswürdigen und witzigen Abb« de Coulanges er vom Feuer dieser Leidenschaft verzehrt seyn, sonst wirkt ib«
Darstellung bcy dem Franzosen nicht. Jede Aeußerlichkeit. jede
bauen ließ. Portikularität muß entfernt werden ; Veränderung de« Ort«,
Der alte Thürhüter ließ uns hinein, und als wir der Zeit würde schon Individualität hereinbringen; sie wird
vordem interessanten, mit türkischer Bardorey ganz neuer durchau« verbannt. Erst seit wenigen Jahren fangen die Iran«
zose» an dieß Joch abzuwerfen. Die Engländer dagegen sind
dings weiß angestrichenen Gebäude verweilten, rief er oft in« cntgcgengcsczte Srtrcm l'inübergctrctni, besonder« in
ans: „?«aie>,! das ist nun ein anderes Ding als wie eS Lustspielen; sie können zw«? ganz äußerlich verbundene Jntrigucn
war, ehe es in die Hände des Herrn BaronS fiel ; sonst nebe» einander be» stetein Ortswechsel abspielen sehen, olme
grün bemooste graue Mauern mit Exhcn und Vogel sich darüber zu wundern. Ueberhaupt sind sie nicht mit der
Darstellung bloßer Leidenschaften zufrieden , fondern fordern
nestern, und was weiß ich noch! Aber unser Herr, was mekr «der weniger zugleich al« Träger derselben partikuläre
macht er? S»c«! er läßt uns die alrcn Gemäuer mit Individuen. Diese Richtung tritt bey ihnen , wen» sie sich
S«lk beweißen , und von außen und innen hat er drev selbstständig macht , als Spleen hervor. Die Deutschen haben
364
sich besonders durch Goethe baS rechte Maaß ««zueignen ge Hall in Schwabe». April.
wußt . und nur jczt erst scheint es Mode werde» zu wolle»,
alle poetischen Gestalten zu Allegorien verständiger Reflexionen An verschiedenen Orten , besonders Südbeutschlands . hat
und tieferer oder flacherer philosophischer Gedanken heruntcrzus die Vervielfältigung der Salinen und der Ueberftuö an Salz
dringen , und über die Seele den Körper zu vergessen. Doch wasser größere Einrichtungen z» regelmäßigen Soolenbädern
zurück zum Nibelungenliede. Daß Herr Raupach mit Raum veranlaßt, während dieiclbcn früycx, grdßtevtheils blos verein
u»d Zeit gnt umzugehen gewußt hat, habe» wir gesehen. Die zelt gebraucht wurden. Da durch die nahe , bey der alten
wichtigere Frage bleibt aber die: was denn nun der Inhalt Saline Hall eröffnete Strinsalzgrube W i l h e l in S g l ü ck die
der dargestellten Handlung , was der eine Zweck scy , aus hiesige gehaltreiche Soole Überflüsse geworden ist. so lag der
dem alles hervorgehen soll. Wenn überhaupt in Tragödien Gedanke ganz nahe, dieselbe zu eine» förnilichcn Badeanstalt zu
von der Einheit einer Handlung gesprochen wird, s» ist damit benutzen, und da die liberale Regierung die frcye Benutzung
in keiner Weise behauptet, daß nur eine Person handeln, und der Soole der Stadt überlassen hat , so wurde schon im vori
dag alle andern sich durchaus als Nebenpersonen verhalten gen Jo>,r ein Versuch im Kleinen angestellt ; der Andrang der
müßte». In den besten Tragödien antiker und moderner Kunst Badelustigcu war aber so stark, daß sich die Stadt entschlossen
selic» wir oft zwey Individuen feindlich einander gegenüber hat der Anstalt eine bedeutende Erweiterung zu geben, und
flehen. Denn die tragische Handlung besteht gerade darin, ir: dieselbe zu Ende MayS zu eröffnen. Die sehr große Menge
gcnd einen bestimmten Zweck , der zu den wesentlichen des Le salinischer Theile welche im Berhältniß zu den meisten andern
bens gehört , durchsetzen zu wolle» , dadurch einen andern, der Mineralwässern in einer starken Soole aufgelöst sind, gibt den
gleichfalls zu gelten da« Recht und die Macht hat, zu verletze», Salzbädern vor den meisten andern Mincralbädcrn baS Eigen-
und durch de» aus diesem Zwiespalt hervorbrechenden Kampf thümliche, daß ihr fortgefcztcr Gebrauch den Körper unausbleiblich,
entweder zu Grunde zu gehen , oder sich in sich zurückzuziehen, bedeutend, und zwar auf eigcnthümliche Weife umstimmt , wcß-
und bey der erlangten Einsicht in die Natur dessen, was man halb sie in manchen Krankbeiteis^iKchaus zu vermeiden , in
gewollt, dieß Gewollte aufgeben zu müssen, da es ohne Ver andern mit großer Vorsicht zu »ersuchen sind, wogegen, aber
legung anderer wesenrlichercr LebenSmächte nicht kann ins in solchen Uebeln, die nach der Erfahrung günstig dadurch »10-
Werk gerichtet werden. Daß dieß das Wesen der tragischen dificirt werden , der Erfolg desto sicherer, ist. Sind daher der
Handlung sey, hat schon Aristoteles aufgefaßt, wenn er fest Krankheiten , in denen Soolcnbäder, wenigstens in den höbeti,
stellt, was in uns tragifches Mitleib und tragische Furcht erre Graden der Sättigung, Hülfe leisten, vielleicht nicht allzuvicle,
gen solle. Ei» durchaus schlechter Mensch, sagt er, könne nie so gehören dagegen die Krankhcirsformen , in denen sie ihre
unser tragisches Mitleid erwecken, er möge au« Glück in Un Wirkung mit de» Seebädern theile» , zu den verbreitetflen.
glück kommen, oder aus Unglück in Glück; ebensowenig würde Die große Familie der Gicht und der Rheumatismen, die
uns ei» nur tugendhafter Mensch zu tragischem Mitleid be Hautausschläge, hypochondrische und hysterische Uebcl werden
wegen, wir würden, wenn er i» Unglück gerietkc, nur empört die Soolcnbäder, sobald sie nur etwas Mode werden, hinläng
werden können. Der Held muß, nach Aristoteles, weder durch lich bevölkern. De» Leidenden , die auS den Stvoingebieten des
Schlechtigkeit und Niedrigkeit ins Unglück gestürzt werden, Rheins , der Donau , des Neckars und Mainö iin Salzwasser
noch muH er sich durch Tugend und Gcrcchtig^it auszeichnen, Hülse suchen, bietet die neue Anstalt z« Hall schon lokale Be
sondern im ÄegentKeil soll er nur bnrch eine große Schuld den quemlichkeiten. Die Stadt, die durch d^n Fall ihrer nutzlos
Glückswcchscl erdulden , um uns tragisch zu bewegen. Denken gewordenen reichsstädtischen Mauern und Thürine sonniger und
wir nun daran, was' bey Aristoteles Tugend heißt: Überein gesunder geworden ist, liegt angenehm im reizenden Kocher«
stimmung des sinnlichen Triebs mir dem vernünftigen Willen, thal ; das freundliche Badhaus steht auf der Abcndseite einer
und lassen wir nicht außer Acht, welchen Inhalt bey den Grie schönen Kocherinscl oberhalb der Stadt, und vereinigt alle Er«
chen der vernünftige Wille hat: Vaterland, Staat, Familien- fvrdcvnisse des Bequemen und Angenehmen ; eine Röhrcnleitung
liebe . Freundschaft u. s. f. , und wie wenig »och der griechi führt warme und kalte Soole hcrbei, zu Douschc-, Spritz-
sche Mensch sich als Person, als Einzelner, abgetrennt von und Regcnbäbcrn ist Einrichtung getroffen , auch ein Soolcns
diesem allgemeinen Inhalt jedes Menschenlebens, für etwas Dampfbad über den Pfannen selbst soll, wie in Ischl i» Oe
Großes hält , so heißt tugendhaft handeln , seine Triebe in sterreich, eingerichtet werden ; ein Brunnen spendet die verdünnte
Harmonie mit der Natur dieser höchste» LebenSmächte setzen, Soole zum inner» Gebrauch. Stromaufwärts öffnet sich male
schlecht Handel» aber, diese Harmonie zerreißen. Bcybes soll risch die Aussicht ans da« ehemalige Rittcrstift Comburg , jezt
der tragische Held nach Aristoteles thun. Er handelt diesen Ruhesitz der Ehrcninvaliben Würtembergs. Im ganzen Kocher«
Michtcn nicht durchaus gemäß ; seine Handlung ) einerseits ih thale herrscht in Salzwerken, Eisenwerken nnd Fabriken ein sclir
nen angemessen, berechtigt, tugendhaft, ist zugleich ein großes regsames Lebe», und der anzielicnden Punkte zu größern oder
Versel'cn , verlezt sie , ruft eine» Gegner gegen sich auf, der kleiner,! Ausflügen ist cine große Menge ; namentlich sind ge
nun umgekehrt gegen das ankämpft , was der Held mit ges gen Norde» die Residenzen und Städte der zalilreichen fürstlich
thciltcr Berechtigung vollführt. Die Einheit der Handlung kann HohcnloKcschen Häuser im schönen, fruchtbaren Lande zerstreut.
hier nur darin bestehen , daß gerade in diesem Kampfe und Den ehemalige» Rcichsstäbtcrn fehlt es so wenig an Sinn als
durch den Ausgang desselben hervortritt, wa« denn nun die an mannigfachen -Anstalten für Lustbarkeit und Zerstreuung,
eigentliche Natur dessen gewesen sey , was den Zweck des Hel und wer den Volkscharaktcr dieses Landstrichs kennt, wird uns
den ausmachte. , Der Widerstreit wird immer abhängig von gewiß nicht Unrecht geben , wenn wir Leutseligkeit und zuvor
diesem Zwecke seyn müsse» . und' der Gegner darf nur im Ver- kommende Höflichkeit gegen Fremde ganz besonders für den
»ättnisi auf dicsen-Zwcck Interesse einflößen. DaS Interesse Haller in Anspruch nehmen.
darf nicht hin und hersch'vankcn. Was liier das Fclilcrhaftc,
was das Richtige sey . zeigt sich z. B. in dem Unterschiede des
Schillerschen „Don Sarlos" und der „Maria Stuart."
Berlage: Litcratnrdlatt Nr. Zl.
(Die Fortsetzung folgt.)

Verlegt von der I. G. Cotta 'scheu Buchhandlung.


92.

M o r g e n b l a t t

f ü r

gebildete Stände.

Mittwoch, is. April 1 8 2 8.

Die Verliebten spielen ihre Rollen,


«lug die Klugen, toll die Tollen.
Hang.

Trost eines Naturphilosophcu an seine Geliebte. Beständiger und treuer wären,


AIS Mann und Weiber sind.
Ob wir uns wiederschauen.
Erkenne» einst? Du fragst mich, ob ich dich noch liebe,
Ist's dieß, warum mit Grauen D« ich dich erst geküßt ;
So sehr du weinst? Ich zweifle , ob dein Herz mir bliebe.
Bedenk', wenn einst als Quelle Da du doch um mich bist.
Dahin ich fließ'. Doch wie, wenn du am heim'schcn Rasen
Und in der Waffer Helle Hinunterrieselst in die See,
Den Himmel schließ'; Und ich muß das Paketboot blasen
Wenn du als Hauch der Lüfte Von Dvwer nach Calais ?
Au mir entschwebst. L. Bauer.
Und zu dem Rand der Trifte
Die Welle hebst;
Aus deinem Filtig flieget L e s R o ch e r <,
Das Licht herab. das Schloß der Frau von Sevigue.
Und kühlet sich und wieget
Sich froh hinab; Von Lady Morgan.
Aus deinem Busen klinget (Beschluß.)
Der Vögel Lied,
Und licbeathmend dringet Wir gingen nun durch die Schloßhalle und folgten
Zu mir ihr Lied. unserm Führer in die wenigen Aimmer, die den Fremde»
Du flüsterst und ich rausche
Im Wellendrang, nicht ganz verschlossen sind, aber alle waren gleichfalls vor
Du athmest und ich lausche Kurzem und ganz in demselben modernen Style verän
Dem lieben Klang. dert worden. Dunkel, niedrig und enge konnte dieß Zim
Aus kalten Wassern brennet mer nicht das seyn , in welchem die Sevign« so oft den
Der Liebe Licht,
Und nnsre Sprache kennet prachtliebenden Gouverneur der Provinz und seine Frau,
Der Lauscher nicht. den hochgebornen Pfalzgrafen, und ihre fröhlichen, heite
ren und witzigen Gäste Coulanges, Pomcnars und an
Nüchterne Antwort. dere von Rang und Talent, welche die Versammlung der
Was du da sagest, läßt sich hören. Gencralstaaten »ach Mennes brachte, unterhielt. „Alles zer
Wenn Wasser und der Wind stört, zerbrochen, verwischt und im schlechtesten Geschmacke
Z66
wiederhergestellt, flüsterte der Geistliche ; selbst das Lese- Dieß war der schöne Platz , wo die Sevign« so viele ihrer
kabinet und die Schlafstube der Sevign«' und der Grignan, Briefe schrieb, ?>»«« 6« i«»a»m«. Cr war mit einem
wo das Bild der schöne» und stolzen Gräfin immer noch schönen alten Orangenbäume, der entfernt von dem großen
uitter der Masse von Famtlienportroits des Barons hängt, Gewächshaufe unter einem hölzernen Schutzdache sich ge
haben ähnliche barbarische Veränderungen dulden müssen." funden hatte, in der' Abwesenheit des Barons von dem al
ten guten Geistlichen selbst geschmückt worden. Während
Da die Zeit drängte und die Sonne im Sinken war, wir die liebliche, reiche Aussicht beschauten , fiel nach und
eilten wir noch nach dem Garren und den Thälern, wel- nach das Sonnenlicht von den Gipfeln der Bäume auf das
che die Sevign« so oft beschrieben. Aber auch ,hier Verän niedrigere Gesträuch , die Schatten wurden länger , mit
derung, barbarische, rücksichtslose Veränderung! Neue tiefer Vetrübniß gehorchte ich der Nothwcndigkcit, die
Mauern , neue Terrassen , neue Orangerien , keine mehr nun umzukehren gebot. Ich bat um einen Strauß vom
von den köstlichen, so innig mit der alten Zeit verwand- Orangenbäume am ?I»c« 6« i»»ä»n>« , und »ahm dann
ten Umgebungen. Die von der Sevign« gepflanzten, die wieder den Arm des Pfarrers.
von ihr mit so mütterlicher Zärtlichkeit gepflegten Alleen
hat der Baron niederschlagen lassen. Meiner Empfindungen Als wir den Wagen erblickten, waren meine Gedan
nicht mächtig, rief ich aus: „O was ist aus diesen bezan- ken fo in den Tagen der Rochefoucaulds, der Coulanges
berndcn Boskets geworden!" — „Was wollen Sie, Ma und der Mousse'es, daß ich den Ablauf eines ganzen Jahr
dame? sagte unser Führer verdrießlich. Unser Herr hat hunderts und die Ereignisse, die Kiefen Zeitraum noch
sie zu Bauholz und zu den Hühnerställen der Madame verdoppelten, vergaß und fragte, ob denn nicht Jemand
verbrauchen lassen." Der Geistliche versuchte, um mich von der Familie der heiteren Mademoisclle du Plcssis,
zu trösten, das so oft erwähnte Echo ; aber da es von den der „K»5 bleu" von Vitri und Gegenstand der humoristi
Hühnerställen nicht zurückprallen konnte, blieb es in my schen Zeichnungen der Frau von Sevign«, noch jezt in
steriöser Stille. der Nachbarschaft wohne. Er antwortete, er wüßte keinen
AngeKörigcn jener Personen , welche so ergötzliche und cha
„Nicht einer von den ehrwürdigen Bäumen sieht
rakteristische Rollen in jenen Briefen spielten, mehr le
mehr," sagte der Pfarrer, «die so oft die zärtlichste Mut bend, ausgenommen die Nachkommen des Pilois. „Was !"
ter und die gcliebteste Tochter hier beschatteten und be sagte ich, „des begünstigte» und achkungswürdigen Gärt
schirmten, nicht mehr ein alter schweigender Vertrauter
der Gespräche zwischen der beoul«" und dem .,tr«. ners der Sevign«', der die Bäume pflanzte, unter deren
,«r Se solie," ihrem immer witzigen Sohne, der selt Schatten wir gingen ? Wohnen vielleicht welche von sei
samen, aber humoristischen, die mildesten Vorwürfe und nen Nachkommen hier?" — „Sein Großenkel hat die
EKre mit Ihnen zu sprechen ," antwortete der Geistliche
die sarkastischste» Scherze nach sich ziehenden Geständnisse,
dieser naiven Geständnisse des liebenswürdigen Tauge sich bückend.
nichtses, der in einem Abend fünfhundert große Eichen Wir waren jezt zum Wagen gekommen ; ich nahm von
seiner Mutter im Landsknecht verspielte, der, so tapfer meinem .halse ein kleines Kreuz von irischem Sumpfholz,
wie Cond« und so geistreich wie Evremont, mit Darier und bat ilm, es anzunehmen als ein kleines Andenken an
wegen des Horaz in die Schranken trat, mit Racine lebte, das Vergnügen, das er mir verschafft habe, indem er nur
mit Moliire lachte, mit derNinon liebelte, sich mit guter vergönnt, zur Kapelle meiner angebeteten Göttin zn wall-
Manier betrank, tausend Thorheiten trieb, sie tausend fakrten , nnd mich mit einem Abkömmlinge ihres treuen
Mal feiner bell» m,m»» bekannte, und, so oft die alten Freundes und Dieners, dessen Charakter seine berühmte
Sünden verziehen und zu les Rochers bereut waren, bey Herrin ein klassisches und unsterbliches Interesse verlieb,
seiner Rückkehr nach Paris gleich wieder neue beging. — unterhalten zu können. Der gute Geistliche erröthete,
Vergebens suchte ich nach den regelmäßigen , mit so schö bückte sich und nahm das Geschenk mit tieferem und dank-
nen Devisen geschmückten , durch schöne Rückerinnernngen ! barerem Gefühl, als wenn es von Chrvsolit gewesen wäre.
geheiligten Alleen, alle waren als Opfer unter der fürch Der Wagcnnagel war nun wieder ganz und versprach
terlichen Art des bretagnischen Barons gefallen. Ihre uns noch vor Mitternacht »ach Rcnncs zn bringen ; wir
Namen aber waren wenigstens noch vorhanden, und so sagten daher unserer zufälligen Bekanntschaft ein schnelles
hatte ich das melancholische Vergnügen , über die Stellen Lebewohl, nnd bald verloren sich aus dem Gesichte die alten
hinzugehen, die sonst: 4li«'« r«?»!«, zu«« 6« x«i«t clu berühmten Thürme des Schlosses ä«, KscKers,
i«ur, 4ile« 1tr«n>»ioe , ällee I'IvL»i« hießen. All dem
äußersten Ende der t»«« fand ich noch eine Rasen
bank in einem Halbkreis , die eine reizende Aussicht auf
die waldigen Hügel der nächsten Umgebungen gewährte.
Ueber die Planetar-Z usam wen kün fte. kunde beschäftigt und geraume Zeit für die Berliner Jahr-
büchcr und Kalender die Rechnungen geliefert. Bode war
(Beschluß.) in erster Ehe mit der Nichte einer dieser rechnenden Fräu
So vernünftig die tröstenden und belehrenden Stirn, lein vermählt.
Vitt! inzwischen auch seyn mochte», der Pöbel, welcher be Heut zu Tage haben nun die Zusammenkünfte der Pla
kanntlich überall sekr zahlreich ist und dem das Unglaublichste neten auch für die Sternkundigen weder astronomischen, »och
allzeit am wahrscheinlichsten vorkomint, sczte mebr Ver- prophetischen Reiz mehr, und die Zeiten sind längst Vörden,
trauen in den tübingischen Professor Johann Sröffler, des- wo diese Näherungen, sep es in wissenschaftlicher Hinficht
sen Weissagung einer allgemeinen Sündflurh ganz Europa wichtig», fep eS für unsere Schicksale bedeutend erachtet
in solchen Schrecken versezte, daß viele Leute für rathsam wurden. Sie mögen höchstens noch «IS ?in Gegenstand
achteten, sich, nach dem Vorbilde Noah'S, RettmigSarchen der Neugier für die Menge gelte», besonders etwa da,
bauen zu lassen. Der it. Hornung 1524, als der Tag der wo diese Erscheinungen mit merkwürdigen Begebenheiten
gefürchteten Zusammenkunft, ging aber vorbcp , wie jeder auf der Erde zusammentreffen. So fand es Messicr der
andere Tag, ohne Sündfluth, ohne Katastrophe, oder auch Mühe werth kund zu machen, daß, als am z. Okto
nur irgend ein ungewöhnliches Ereigniß, so daß Stöfflcr, ber >5>i,l der Donner deS Geschützes in Paris die Rück
welcher im Jahr 455^ starb, Zeit genug hatte, sich von kehr und daS Glück des Friedens verkündigte, sich Mond,
der Eitelkeit und Thorheit seiner vermeinten Wissenschaft VcnuS , Jupiter und Satnrn in der Nähe des schönen
zu überzeugen. Gestirns vom Löwenherz befunden haben. CS diente dieß
Späterhin kehrten Schrecken dieser Art zwar noch himmlische Schauspiel den CocknevS der großen Hauptstadt
mehrmals zurück, doch nie wieder so allgemein und jedes zum Zeitvertreib und veranlaßte mannigfaltige Scherze und
mal in engere Kreise gebannt, der Sekte zum Troft, welche Wltzworte. Es sind aber bekanntlich diese Zusammenkünfte alle
behauptet, es würden die Menschen durch wissenschaftliche nur ungefähr, denn in strengem Sinne genommen lassen sich
Bildung und verbreitete Ausklärung weder vernünftiger die Zusammenkünfte aller Planeten gar nicht berechnen.
noch besser gemacht. Im Jahr t«„7 erschien ohne De la Lande wollte den Zeitraum ihrer Wiederkehr kennen
Druckort in deutscher Sprache : Die Großmutter al lernen und nahm sich die Mühe ihn zu berechnen ; er blieb
ler Kalender, oder allgemeiner Kalender jedoch bep den Taacn stehen und fand, daß der Zwifchen-
»oll der lacherlichsten Weissagungen zuver rauni von einem Zusammentritt zum andern auf siebenzebn-
lässiger Dinge. Das Büchlein zeigt recht gut das Un tausend Millionen von Millionen Jahren ansteige. Wie
gereimte aller Folgerungen aus den sogenannten planetari wäre es, wenn er vollends Stunden und Minuten hatte
schen Zusammenkünften , auf welche jezt nur noch die an berechnen wollen?
Zahl und Ansehen fortwährend abnehmenden Astrologen Ein auffallendes Verspiel von der Schwäche des mensch
Werth legten. AIS in den Jahren 1631, 82 und 83 die lichen Geistes, und wie schwer der einzelne Mensch sich
Zusammenkunft der Planeten Jupiter und Saturn ein von dem traditionellen Glauben und Aberglauben sei
trat, gab es der Schriftsteller, die sich damit abgaben, un ner Väter loSri»>it, gibt der große Kexpler. Er mußte
gleich weniger, und die es noch thaten, waren mehr Astro recht gut wissen, daß jene mvstischcn Besuche, welche sich
nomen als Astrologen, wie z. B. Johann Vulpius und die Planeten abstatten , nichts wrniger sind als wirkliche
Christoph Sturm. Bald blieben nur noch ehrwürdige Ma Annäbcriinacn, fondern optische Täuschungen, xarallactische
tronen übrig , die sich mit diefen Erscheinungen beschäfti Illusionen. Kepxlers Heller, umfassender Geist war von
gen mochten, denn als im Jahr I7i2 eine solche Zusam jenem astrologischen Irrwahn nicht ganz frey, denn er
menkunft geschehen sollte, machte die Wittwe Winkelmann glaubte unter andern die planerarischen Zusammenkünfte
zu Cöln an der Spree (in Berlin) eine gelehrte Vorberei können die Erscheinungen neuer Gestirne herbevführc», und
tung dazu bekannt IVs»rz»re!k»e Wi«K»Im»nn»«, berechnete eine Planetarznsammenkiinft, welche auf die
O«ckc>fre<ji ttirckii pr»opar»lio »ck »ppo»ili«n«a> Zeit der Geburt Christi hätte fallen sollen, (v« ,«ro „>««,
, «jv« noliliili« e«e>! s«ei« «ani I?lZ,, qu»m »nn« quo Oei <>Iiu5 Kum«n»>» n»lur»a> 5Ull>psit). Cr bestätigt
i?>! «cipit oxpüiili« lriple» Zoturni et ^o,i», Loloni»» die Erfahrung, daß der Geist, gleich dem Körper, nntrr
«s 5pr«o> 1712 in 4,). Zur Ehre dieser Dame so wie ih der Herrschaft von Einflüsien steht, welche in ihren Folgen
res Jahrhunderts darf übrigens nicht verschwiegen blei oft unbegreissich sind.
ben, daß die Schrift weder Stcrndeutcreyen, noch Vorher- Wenn die planetarifchen Zufammenkünfte heutzutage
sagnngen irgend einer Art, sondern einzig astronomische weder die Forschungen der Gelehrten beschäftigen, noch ein
Berechnungen enthält. Auch hat nicht allein dit Wittwe des Gegenstand der Unterhaltung gebildeter Menschen find, so
im Jahr t?t„ verstorbene« Berliner Ästronomen Gottfried dauert der Nacl'Katt jener Lehre» und Träume im gemeinen
Kirch, sondern auch ihre Töchter haben sich mit der Stern Volke allerdings noch fort, und in seine», zuweilen sich »na?
Z68
wohnlich erweiternden Kreisen kommen von Zeit zu Zeit nem solchen , so zerfällt es sogleich in zwey Thcile. Siftid ist
auch alle Weissagungen und Schrecken der Vorzeit wieder die Hauptgestalt des eine»; CKriemhilde mit ihrer Rache»
dcr g:im»>e Hag.'n mit seinem Heldcnmnlh, seiner Uinsicit,
zu Tage. Eine Erfahrung dieser Art ward wtt'.'r andern seiner Treue, seiner Resignation glänze» in dein zwcytc» Thcile
im April l8Zl in vielen Gegenden der Schweiz ge hervor. Herr Raupach hat bcydc Theile verschmolzen, ohne den
macht, wo ans den 22sten jenes Monats (eben so bevlän- Stoff des Gedichts in den Gruudzügcn zu verändern, er hat
fig und willkührlich, wie dieß jedes Mal geschehen ist und allerdaher den Nereinigungspunkt aller Interessen, aller Zwecke,
Begebenheiten nicht in eine Person, in einen Htls
ferner geschehen wird) eine Planetarzusammenkunft vertun- den, sondern in eine Sache verlegt, in den Nibelungen-
digt war, die, wenn nicht eine allgemeine Sündfluth und schätz, in den Rcichthnm überhaupt: sein Drama heißt der
den Untergang der Welt, doch allerdings den Untergang „N i b e l n » g e n h o r t." Die Wahl dieses Titel« ist durchaus
oder die Zerstörung einer nächstgelegencn Landschaft, allen richtig. Alles, was geschieht, leitet Herr Raupach aus diesem
Schatze her, welche» sich Sifrid im Vorspiel erwirbt , u»d so
falls auch nur ihrer Hauptstadt hcrbevführen sollte. Daß wenig ist irgend eine Person der Held des Stücks, daß
die Menge empfänglicher für Belehrungen nach dem 22sten vielmehr alle durch diesen Hort untergehen, und nur zwey
April als vor demselben sich gezeigt hat, wird man gerne übrig bleiben , um dem Publikum zu verkünden , daß ein neucs
glauben, hoffentlich aber auch eben so gerne zugeben, daß besseres Geschlecht nach dieser zwcvten Sündfluth emporblühen
werde. WaS das Eigenthümliche dcS Nibelungenliedes aus
einige verständliche Begriffe über den Wcltbau und über macht: die Vereinigung der zartesten, lieblichsten, trcuhcr,
die Bewegungen seiner Theile, in Volksschulen der Jugend zigsten Züge, welche stets an die unschuldsvollcn, hellen, kla
mitgetheilt, das sicherste Vorbeugungsmittel gegen das ren Gesichter cbllnischcr Bilder erinnern , mit der maßloseste«
Wiederaufleben der sterndeuterischen Thorheiten sepn müs Wildheit, Grausamkeit und ungczähnitc» Barbar«), dieses
Umschlagen von Ckrieinhildctts Huld in Cbricmhildens Grimm
sen ; denn wer einmal weiß, daß auch die größte Annähe und ihre Rache hat Herr Raupach nicht gebrauchen können,
rung der Planeten in ihren sogenannten Zusammenkünften weil dies nichts allgemein Menschliches, durch alle Zeiten Dauern
immer noch Räume von Millionen Meilen zwischen ihnen des ist, sondern nur die Gesinnung, den Charakter des be
übrig läßt, der wird wohl schwerlich in Versuchung gera- stimmten Jahrhunderts bezeichnet, als dessen Repräsentant
uns das Nibelungenlied entgegentritt. Der neuere Dichter
then, sich vor solchen Erscheinungen zu fürchten. Es hieße hat im Gegcntheil viel Kunst anwenden müssen, diesen barba
aber dem sogenannten Pöbel Unrecht thun, wenn man rischen Wechsel unS nicht fühlbar zu machen, da wir ilm
behauptete, blos er wisse nicht, warum er sich vor nicht würden ertragen haben. Deshalb konnte er auch Chricm-
Dingen der Art fürchte, oder nicht fürchte; es gibt noch frid Hilde» nicht ausschließlich zur Hauptgcstalt werde» lassen. Si
sinkt schon in der Mitte des Stücks in'S Grab; Hagen'S
andere große Mcnschenklassen , die sich allerdings nicht Thatcn gehen nur auS denen dcr übrigen Hauptgeflaltcn her
fürchten, aber aus dem einzigen Grunde, weil es nicht vor; es blieb Herrn Raupach nur die Tarrnkappe und dcr
mehr an der Zeit ist und es zur Bildung gehört, we Schatz als Grundlage des ganzen Drama's übrig. Diese Grund
lage ist aber so ungenügend, daß sie nur de» allgemeinen Anstoß
der Gott noch Teufel zu fürchten. Hunderte vonBeyfpie- zum Handeln gebe» kann; sie wird nur der äußerliche Grund»
len aus der neuesten Zeit, wie die Geisteskrankheit eines und für die sich unaufhaltsam fortwälzenden, a»scinander folgen,
Schwärmers tausend Köpfe verdüstern kann , zeigen, auf den Begebenheiten müssen wir nach anderen Gründen forschen.
wie schwachen Stützen diese Herzhaftigkeit ruht, und wenn Wir finden ihrer mehrere, denen nun, außer diesem ganz all
gemeinste» Zusammenhange mit dem Hort und dcr Kappe,
die gebildete Welt weniger Gefahr läuft, wieder eine Beute eine wahrhaft dramatische Einheit fehlt, so daß die Umwand,
astrologischer Schrecken zu werde» , so rührt dieß blos da luilg des Epos zur Tragödie mißlingt. Diese Behauptung
her, daß die Mathemetiker, der Natur ihres gesunden rechtfertigt sich schon durch das allgemeine Gefühl der Zuschauer,
Gewerbes nach, weniger zu geistigen Epidemien geneigt das Stück noch einmal wieder sehen zu müsse» < um es über,
sehen zu können , ein Gefühl, welches nicht etwa aus dcr Un«
sind als Philosophen, Psychologen und Aerzte. klarhcir dcr Exposition hervorgeht, sondern aus dem Mangel
eines bestimmten Zweckes , der hier durchgeführt würde. Durch
Korrespondenz-Nachrichten. ' eine kurze Ucbcrsicht wird dies sogleich deutlich werben. Im
Berlin, Februar. Vorspiele besiegt Siftid einen Drachen . der ChricniKildcnS
(Fortsetzung.) Leben in einer wüste» Gegend des Harzes bedroht, und erlangt
Diese allgemeine» Regeln, die hier nur unbestimmt und durch diesen Sieg den Besitz des NibelungeuschatzeS , so wie je
kurz gegeben sind, gelten auch für das moderne Drama; nur ner Kappe, welche unsichtbar macht, während sie zugleich die
die Machte, die für wesentlich, für berechtigt angesehen «er Kdrpcrflärkc zwölffach vermehrt. Dcr Berggeist Eugel über
ben, und da« Verhältnis, die Stellung des Geniüches zu ih gibt den Schatz, auf welchem dcr Fluch «ianniqft,chcr Greuel
nen ändern sich. Dem griechischen Helden wird schon impntirt, lastet, warnend und mir der Verkündung, daß dieser weltliche
was der moderne Mensch nicht als Schuld anerkennt, und in Rcichthum, diese übermächtige Kraft, de» die Kappe verleibe,
den rüstigen Siftid werde in's Verderben stürzen. Auch Chricm-
der romantischen Tragödie gelten andere Lebcnsmächte als in Hilde,
der griechischen. Fragen wir nun nach diesen Vorerinne- für wclche Siftid sogleich in Liebe erglüht, räth es ab.
rungcn . was im Nibelungenliede denn nun wohl könne als sich des Schatzes zu bemeisicrn ; doch Sifrid , der sich reincs
Hauptzweck hervorgehoben und zum Inhalte eine« Heldenwillen Herzens fühlt, achtet keine Warnung.
gemacht werden , so befinden wir uns i» derselbe» Verlegen (Die Fortsetzung folgt.)
heit, i» welcher Herr Naupach sich hat befinden müssen. DaS
Nibelungenlied hat keinen Hanpthclde». Suche» wir nach ei Beylage: Jntelligenzblatt Nr. ti.
Verlegt von der I. G. Cotta'schen Buchhandlung.
N°. 93.

M o r g e n b l a t t

f ü r

gebildete Stände.

Donnerstag, 17. April 132 8.

s« wirkt mit Macht der edle Mann


?a>>rl,undertc auf seine« Gleichen;
Dk„„ «a« ein guter Mensch erreichen sann,
Ist niclit im engen Raum de» Lebens ,u erreichen.
So lebst auct, du dure» ungcmeftiic Zeit;
GeuicAc der Unflerblichkcn !
Goethe.

Prolog So webt e i n Hauch nur durch die ganze Menge


Begeisterter, die Nürnberg heut »cremt;
zu dem Schauspiel Sin Name nur durchathmet die Gesänge;
Albrechr Dürer in Venedig, AuS allen Tbränen, die dorr Freude weint.
von Eduard v. Schenk, Strahlt nur ein Bild, in allem Festgepränge
Lebt ein Gedanke, der zu sagen scheint:
Gesprochen vor dessen erster Darstellung auf dem königlichen Heut wollen alle Künste sich verbinden.
Hoftheater in München, am 7. April 1828. Dem großen Künstler Kranze noch zu winden!
Und wir an diesem Tage sollten schweigen?
ES zieht ein Name durch die deutschen Kauen, Die edle Stadt, die jedeö Schöne pflegt,
Dem hoher jedes Herz entgegcnschwillr; Sie sollte fehlen in dem Festesreigen,
Ein Grab zu schmücken, sieht man Pforten bauen. Der ringsum sich zu Dürers Ruhm bewegt?
Sin Denkmal, dessen Grund sich erst enthüllt; Sich für so manches Werk nicht dankbar zeigen.
Und AUeS wogt, ein seltnes Fest Z» schauen. Das sie von JKm in ihren Schätzen hegt?
Das heut in Nürnbergs Mauern sich erfüllt. DeS Meisters Asche ruht in unserm Bayern,
Ein Fest der Kunst, ein Fest achtdeutschen Strebens, Und sein Gedächtniß sollten wir nicht fever»?
Ein Fest des Todes, wie des höchsten Lebens.
Iu solcher Fever wird vor euern Blicken
Denn heut sind dre» Jahrhunderte verflossen. Ein Spiel in diesen Räumen aufgethan.
Seit jener Herrliche voll Geist und Kraft, In Dürers Zeiten soll es euch entrücken.
In dessen Seele zündend sich ergossen Er selbst wird euch in heitrer Dichtung nah'n,
Ein Strahl dcS Sichres , das belebt und schafft. Uni Lorbccrn auch in Welschland sich zu pflücken.
Ein Großer unter großen Kunstqenossen, Im Kampf mit Mark Anton, mit Tizian,
Der Meister deutscher Art und Wissenschaft, Mit seinen Schwächen und mir seinen Schmerzen,
Seit Albrecht Dürer zu dem ew'gen Frieden Bis aller Streit sich löst in Lieb' und Scherzen.
AuS dieser Welt und ihrem Awist geschieden.
Stets soll die Kunst nach solcher Eintracht ringen.
Statt Klagen , die sein frisches Grab umtönten. Ob sie aus diesem Land , auS jenem stammt ;
Erhebt sich jezt dort feur'ger Hochgesang, Sie mag erbauen, bilden, dichten, singen.
Und es ersteht der Geist des Ruhmgckrönten Verschieden ist ihr Stoff nur und ihr Amt,
Und weckt in jeder Brust nur einen Klang. Sie selbst bleibt Eines, wie auf Iris Schwingen
Und wie beym Nah'n des Tags, deS langersehnten, Sin ein'gcr Strahl auS sieben Farben flammt.
Die Luft erbebt von stiller Wonne Drang, So pflegt auch hier ein königlich Gemüthe
Ihr leiser Hauch der Wiese Thau erschüttert Mit gleicher Liebe sie zu gleicher Blüthe.
Und Sonne nur in jedem Tropfen zittert:
37°
Der Engländer in Paris. .Die Wirthin im Hvtel von Holland (K»e 8t. 1»e»b)
nimmt ihn mit ihrer gewohnten Freundlichkeit auf, weist
Der Engländer ist überall ein «igenthümlich seltsames ihm ein Zimmer an und ftzt ihm ihre Preise für Wohnung
Wesen; auf bei! Insel fallen seine Sonderbarkeiten weni u. s. w. auseinander. Er ist zu müde, um unzufrieden
ger auf, weil ^ mit Hamtet z» reden , die Leute dort olle zu sevn, zn «utmüthig, um der freundliche» Frau etwas
ein wenig toll sind ; auf dem festen Lande aber weiß er, über den Thtt zu sagen , den sie ihm serviren läßt und
wie der Matrose, sich nicht zu benehmen und fällt Jedem den er schlecht findet. Er streckt sich bequem auf das ele
auf, der mit dem englischen Charakter und den englischen gante Sopha und erquickt sich für die zwey schlaflosen
Sitten nicht bekannt ist. Diese treten nirgends greller Nächte, die er von Calais bis Paris in der Diligence'zu-
hervor als in Paris. gebracht hat.
Mit tiefer nnvcrhehlter Verachtung gegen alles, was Der echte John Bull ist in Paris stets bemüht, sein
Französisch heißt, kömmt der Engländer an die Küste Vaterland auf Unkosten der Franzosen zu erheben. «Ein
Frankreichs, um zu sparen oder zu gewinnen, oder die schöner Platz, das Palais Royal!" sagt er, steif, wie der
Mode mitzumachen , sich zu unterhalten oder wenigstens Kragen seines Hemdes, durch die hohen Hallen hinab schrei
einmal an einem andern Orte als zu Haus Langeweile zu tend, „aber die Läden sind wahre Trödelbuden gegen die
haben. Zu Calais wird er, ein ganz gewöhnlicher Fall, in der Bond- und Fleetstrcct; Cgyptian-Hall ist schöner
»on den Douanen mißhandelt, von den Wirthcn geprellt, gesprengt, die Gänge breiter; der Bazar auf Soho-Square
findet Wohnung, Bedienung, Essen, Betten schlecht nnd bietet mehr Mannigfaltigkeit dar." Er braucht ein Feder
sieht seufzend nach den Kreidefelsen seines Vaterlandes messer und sucht eine halbe Stunde, bis er das rechte ge
hinüber; er würde sogleich zurückkehren, wenn er sich nicht funden. Er handelt und zahlt, den Kaufmann mit einem
schämte. nachdrücklichen Fluche versichernd, die Messer fepcn in
Unbekannt mit dem französischen Velde und nichts an England nicht halb so theuer und zehnmal besser. Er
ders erwartend, als überall geprellt zn werden, findet er schimpft über den Mangel an Trottoirs und über die schmnz-
die Portion Thee, für die man ihm einen Franken fordert, zigen Straßen ; von den Boulevards hat er sich weiß der
zu theuer , während er in London mehr als das Doppelte Himmel welche Vorstellung gemacht und ärgert sich, nichts"
dafür bezahlen mußte ; er eilt wieder in den Wagen zu als zwey Reihe» Bäume vor gewöhnlichen Häusern zu se
kommen, und drückt sich brummend oder fluchend in eine hen. Die cK»nix, «Ii»««, hinauf gehend erkundigt er sich,
Ecke. St. Denis liegt nun hinter ihm und er hört, in wo diese seycn, und hört mit Verwunderung, man nenne
einer halben Stunde werde er in Paris sevn. Er glaubt diese Alleen so. Den Garten der Tuilericn findet er lang
es kaum und beginnt über die abscheulich holxcricht gepfla weilig und Dcmviselle Mars höchst steif (die englische Gra
sterte Straße zu spotten, welche die Nähe der Haupt zie verhält sich zur französischen , wie das übertrieben Na
stadt Frankreichs ankündigt. türliche zu dem Gekünstelren ; Demviselle Mars macht je
Die Straße von Notre Dame des Victoires ist endlich doch eine Ausnahme.) Talma's Organ und Spiel bleibt
erreicht Und er steigt aus dem Wagen. Auf alle Fragen, weiter hinter dem von Voung zurück; Tivoli ist nur ein
welche die Emissäre kleiner Gasthäuser, die der hier ab Schatten von Vaurhall und Paris im Vergleich mit Lon
steigenden Fremden warten, an ihn thun, auf alle ihre don, schließlich, nichts als eine öde Landstadt, in der man
Anträge und Anpreisungen antwortet er: „r-'oo!" nur so lange bleibt als man muß, um in dem zanbcrvvl-
Er deutet einem Lastträger auf sein Gepäck und zeigt len Babel-London sich für das zu entschädigen , was man
ihm eine Karte, ans welcher das Gasthaus, welches er be dort eine Zeitlang entbehrte. Auch packt Jvhu Bull nach
ziehen will, bezeichnet ist. Der Lastträger kann aber nicht acht Tagen seinen Mantels«! wieder, kauft für alle seine
lesen nnd ruft einen Kameraden ; ans diesen Ruf stürzt nun Bekanntinnen Handschuhe in Paris, ihrer Schönheit nnd
Alles herbe», um lesen zu helfen. Darüber kömmt eine der theuern Gränzabgabe wegen das angenehmste Geschenk,
andere Diligence in den Hof, die Gesellschaft der Lesenden das man Engländerinnen machen kann, und sagt mit Freu
zerstiebt wie Spren; Zolin Bull muß, um nicht überfah den einer Stadt nnd einem Lande Lebewohl, in welchen
ren zu werden, auf die Seite flüchten und sieht sich, als er er sein London und sein altes England nur noch mehr lie
wieder an die Thüre des Zimmers tritt, wo alles Gepäcke ben gelernt hat. Seine Vorliebe für London ist indessen
niedergelegt wird, allein und verlassen. Seine Mantei- nicht oberflächlich begründet, wie feine sonstigen Urtheile
sücke sind fort. Erfragt, flucht, bitter, schilt. Niemand über Paris und Frankreich.
hört auf ihn. Er stürzt auf die Straße und sieht weit un (Der Beschluß folgt.)
ten seinen Träger nach der Place des Victoires einlen
ken. Er eilt ihm keuchend nach und freut sich , mit dem
Schreien davon gekommen zu sevn.
Wieland an Archenholz. und mit der Art »0» Respekt, womit sie in Gesellschaft
und im Nothfall von den 8. 8. Kh,t«ii, , I«.
Weimar, 2«. Apr. t/3«. e,rn»li»ni, ete, sprechen, darüber vernehmen lassen; und
Ich finde nun selbst, mein lieb« Archenholz, daß Sie unser einer darf vollends gar nichts sagen, wenn er nicht
Recht haben, Kritik über neueste Theaterstücke und offen auf der Stelle von irgend einem Hambnrgischen oder
siven Krieg mit der deutschen Dulneß «us Ihrem Plan Kielschen Lotterbuben insulttrt werden will. Solche lite
einer Theaterzeirung auszuschließen. Der Instand unserer rarische PK«««»««» sind nur in Deutschland, möglich. Od
dramatischen Literatur ist zwar so, daß er der Nation sie uns Ehre machen , überlasse ich Ihrem Unheil.
Schande macht; aber das Unwesen ist, wie Sie sagen, zu Des Darmstädtischen Erministers, Frcpherrn von
groß, um durch eine bloße Zeitung gehoben zu werden. Mosers F a r r a g 0 über Regenten, Minister , Regierung
Indirekte wird sie immer vieles zn Verbesserung des Ge u. s. w. , welches ziemlich dicke Bnch kürzlich erschienen,
schmackes beptragen können; «der das Verdienst, ein gu ist in alle» Betrachtungen die merkwürdigste Reuigkeit.
tes Theater in Deutschland zu erschaffe», ist vrrmuthlich Geroderzu ist großen Herrn wohl nie die Wahrheit ge
irgendeinem dentschen Louis xiv. , der n schwömmen sagt worden. SS ist sehr viel Gutes in diesen Kollektanecn
soll, vorbehalte». undMiscellaneen, die der Verfasser selbst zusammengefahr-
Von Klopstocks Hermann und die Fürsten eristirt der nen Schutt zum Gebrauch des künstigen Jahrhunderts
malen nur Sin Eremxlar in Weimar , welches ich auf zu nennt; im Ganzen aber kommt mir doch daö Buch gerade
kurze Zeit gelehnt bekam, um in einer so mühsamen Lek so vor, als wenn ein kränklicher, von Gicht, Steinschmer-
türe weiter als bis zum dritten Bogen zu avanciren. Mit zen, Podagra und Zipperlein geplagter Mensch zu Erleich
den Meßneuigkeiten werde ich selbst ein Eremplar bekom terung seiner Pein Kollektanecn von allen Arten leidiger
men, und dieses merkwürdige Werk des wunderbaren Man Geschichten aus allen großen Spitälern und Lazarcthen der
nes dann mir Muße und Aufmerksamkeit beschauen kön Welt mit «ntermengte» erbaulichen Betrachtungen über
nen. Soviel ich jezt davon »rtheiien kann, scheint eömehr das menschliche Cleud herausgeben wollte. Alles wahr,
ein politisches als poetisches Werk zu sevn : ob es einen aber e»i 5«« ?
besonder» Schlüssel nöthig hat, weiß ich nicht ; aber dieß Ihr Wieland.
«eiL ich, baß es mir schwer und sauer angekommen ist,
mich durch die bepden ersten Bozen durch zu lesen, und daß
es mir, der sonst so leicht 'zu inreressiren ist, unmöglich ge»
wesen, an den Chatten, Chanzen, Cherusker» u. s. w., AuS Jesn Pauls Nachlaß.
die er uns vorführt und nach seiner eigenen Manier, wo Man bedenkt nicht, daß, wenn man einen Fehler, der
durch er unter allen Schriftstellern des Srdenkrciscö allein unS ungewöhnlich, ini Zrevude, dem er ans dem Innern
steht, darstellt, einigen warmen Antheil zu nehmen. Es kommt, aufheben will, man das ganze Kewebc zerfasern
ist mir also damit ergangen, wie Ihnen, mein Bester. mnft, und dann ist der Knoten, aber auch das Gewebe fort.
Desto schlimmer für uns, würde der junge Cramer oder ein Man hat mehr Mitleid mit moralischen Schmerzen,
anderer von den niedersichsischen Caudatarien dieses gros weil man sich hinein versetzen konu, als mit physischen,
sen «nd wunderbaren Mannes sagen ; ob wir ihm aber dieß die man nicht fühlt.
so leicht zugeben würden, ist was anders. Allem Vermu-
then nach wird es nicht schwer se?n, in der Natur des
Werkes selbst den Grund zu finden, warum nur wenige
Leser Geduld genug haben werden , es ganz zu lese» , und Korrespsndenz- Nach richten.
warum auch unter diesen Wenigen nur sehr Wenige sich
«m Ende für ihre Mühe belohnt halten werden. Indessen, , München, April.
schadtt dieß dem Ruhme des Verfassers fo wenig, daß es Ich habe Zhnen von einer sehr erfreuliche» Erscheinung
ihn vielmehr, wo möglich, noch erhöhen wird. Sein Her- «uf uuserm Theater Nachricht zu gebe». Wem auch der Be
mann und die Fürsten wird, wie Sie sage», zwar nicht dank» gehört, es war ein glücklicher Gedanke, daß, während
gelesen, aber desto mehr gekauft, und von jedem Gecken und Nürnberg das Fest Albvecht Dürers feyert , auch di« Haupt,
stadt öffentlich an diesem Feste TKeil »elnicn sollte. Zu die
Halbkopf x»r »ir desto mehr bewundert und angestaunt sem AuSdrt«k der Tkeilnechm» w«> de das Theater ersehen , und
«erde», je weniger , diese Leutchen davon verstehen. Ver Herr Eduard v»„ Schenk , der Verfasser des ^Belisar," dich
ständige Leute, welche immer so viel daran sehen, daß es tete «i» kleines Lustspiel in einen, Akte, worin Albrccht Du«
baS Werk eines großen Geistes, und in seiner Art rer die Hauptrolle spielt. Diese« Sciegenhettsstück wurde rc>-
rigcn Montag gegeben, und «rndtctc de» sehr »erdientc», all
einzig und unnachahmlich ist, werde« entweder gemeinen, lautesten Bwsall. Der Sichter bat eine Aufgabe
g« nichts darüber sagen, oder sich nur mit Zurückhaltung gelöst, die zu den schwersten gehört; er hat einer, aui best«?
372
derer Veranlassung hervorgegangenen Arbeit durch die Be- Berlin, Februar.
Handlung ein allgemeines, bleibendes Interesse gegeben ; er hat (Fortsetzung.)
einen sehr einfachen Stoff durch Mannigfaltigkeit der dabey Nun erscheinen Gunther, König der Burgunben, Hagen sein
ins Spiel gcsezten Charaktere, durch glücklich erfundene Si Dicnstmann und Andere ; Sifrid wirbt um Chriemhilde, Gunther
tuationen, durch ei«e aus diesen Situationen und Charaktes aber gibt feine Einwilligung nur unter der Bedingung, baß Sifrid
rc» nothwendig hervorgehende Verwicklung und Lösung wahr- Wm nach dein Jsenlanbe folge, um Brunhildcn zu erkämpfen. Sis
liaft poetisch belebt; er hat endlich die ihrer Natur nach nur den frid geht die Bedingung ein. Geschickt hat der Dichter hier die
Gebildeten berührenden verschiedenen Kmiflansichie» der Deuts Abenteuerlichkeit des Nibelungenliedes vermieden, mit wel
schen und Italiener so lebendig in Handlung gesczt, daß sie cher Sifrid sich Chriemhilde«, ohne sie gesehen zu haben, er
dramatisch wurden , und auch denjenigen ergriffen, dem in bes wählt , so wie sein ungeschlachtes Pochen bcy seiner Ankunft in
schränkt», prosaischer Sphäre jene Ansichten noch nicht auf Worms, schließlich die Sachsenkricge und alle die Weitläufigkei
gegangen seyn mochten. Durch solche, über seinen Stoff ten, bis Sifrid endlich dazu gelangt, seiner Schönen in'S
geistvoll und kunstreich ausgeübte Herrschaft hat Herr von Auge blicken zu können. Die Ungeschicklichkeit aber , daS Vor
Schenk sich als walrer Dichter erwiesen , und ein neues , auS- spiel statt in das Siebengebirge in den fernen Harz hineinzu-
gezeichnetes Talent für die Komödie erprobt; ich bin über verlegen, hat schon Herr v d. Hagen in einem unserer hiesige»
zeugt, es hängt »ur von ihm ab , uns künftig reizende Muster ästhetische» Blätter in einer Rcccnsiou gerügt, welche gründ
des freuen Lustspiels zu liefern, und zwar im ächt deutschen, lich den Vergleich zwischen dem Raupachische» Drama und den
edel» Sinn; ja, wenn ich nicht irre, so hat ihn die Natur unterschiedenen alten Sage» anstellt, ohne aber näher auf daS
für dieses Fach mit den reichsten Gaben ausgestattet. Diesen Aeflhetische und auf die Umwandlung des EpoS zur Tragödie
ächt deutschen Sinn erkannte ich unter andern auch in der Uns einzugehn, ein Geschäft, dem wir unS hier deshalb ausschließ
partheylichkeit. die mit gleicher Innigkeit und Wahrheit das lich unterziehen müssen. — ?m ersten Akte wird Brunbilde
Kunstleben des Italieners wie jenes des Deutschen anerkennt fast in derselben Weist erworben, welche das Lieb erzählt; der
und kräftig darstellt; denn es ist nicht wahr, was uns einige zweyte Akt führt unS nach Worms; er zeigt unS die vermähl
Dcutschthümler aufbürden mochten, daß der Deutsche ausschlies- ten Paare ; Sifrid, auf's äußerste von Chricmhildcn in Scherz
seud eigensinnig auf seinem, durch äußere Zufälle einseitig und Ernst gebeten und geplagt , crzälilt die Brautnachtsgeschichte
vervortrcrendcn Sinn beharrt, und keine fremde Bildung gel mit Brunhildcn , wie er sie besiegt und durch Beraubung deS
te» lassen will ; gerade die Fähigkeit und Willigkeit, fremdes Gürtels gezähmt ; Brunhilde, CbriemhildenS Reichthum wegen
Verdienst anzuerkennen, ist das Eigenthümliche und Ausge von Neid verzehrt, haßt die schönere Gegnerin, verachtet ihr
zeichnete deS deutschen Nativnalcharakrcrs , und dadurch bat er den Gemahl, kränkt und erbittert sie auf jede Weise, bii
sich über die Barbarey der DeutschthKmlcrc« erhoben. Wollte Chriemhilde im höchsten Schmerz der Kränkung ihr Verspreche»
icl, Ihnen eine Beschreibung dieses neuen deutschen Lust bricht, das Geheimniß des Gürtels offenbart und der Gegnerin
spiels geben, so wäre dicß gerade so viel, als die Beschreibung außerdem noch vorwirft, Sifrid'S Liebe vor Gunthers genossen
einer Musik versuchen. Ich habe bereits gesagt, daß der Stoff zu haben. Gunther und Sifrid kommen hinzu , der Streit wirb
höchst einfach ist. Albrecht Dürer kommt nach Venedig, um allgemein ; Sifrid schilt seine Gemahlin , verbürgt sich für die
einen Prozeß einzuleiten, gegen Marc Antonio, der Dürers Unwahrheit ihres Geschwäye« . und sucht die Scmürher zu be
Blätter nachgestochen. Ein ungesuchter Zufall fügt es so, daß ruhige». Hagen aber glaubt, solch ein Schimpf könne nur durch
Dürer , ohne den Marc Antonio zu kennen , diesen auffordert, Blut abgewaschen werden, räth mit Brunhilden Sifribs Tod,
ihm Bcyflanb bcy dem Prozesse zu leisten. Marc Antonio, in wozu Gunther sich nur spät und schwer entschließt. Im drit
Dürers Nichte »erliebt, ist zu allein bereit, und erfährt erst te» Akt wird Sifrid ermordet , während Gunther gegen die
später, baß er selbst der Gegenstand des Prozesses ist. Dar Sachsen zieht. Hagen bleibt im vierten Akt be» der verWitt«
aus entstehen denn die kleinen, mit so heiterer Laune als Fein wcten Chriemhilde und bey der Königin als Verweser deS
heit durchgeführten Verwicklungen, die durch die Thcilnahme Reichs zurück, bcybe kränkend ; den Hort versenkt er in den
Titians und Giorgiones noch interessanter werden, uud die Rbcin, weil er glaubt, Clirienihilbens reiche Spenden würden
natürlichste Gelegenheit zur Darstellung der italienischen und die Treue» verfükren ; Gunther kehrt aus dem Kriege siegreich
deutschen Kunflansichten geben. Die Verschiedenheit der Cha zurück, Szel wirbt um Chriemhilde», der Bruder will sie
raktere, die scharf gezeichnet , aber nie grell ausgemalt sind, zwingen, obgleich sie ihrem Sifrid geschworen, sich nicht zum
vollendet die dramatische Lebendigkeit. Ich sebe wohl ein, ans zweyten Mal zn vermählen. Von allen Seiten aufs Tiefste
diesen Andeutungen können Sie sich noch kein Bild dieses anmu- verlezt, geängstet, in allen ihren Interessen gefährdet, gährt
thigcn Lustspiels zusammensetzen. Daher wünsche ich denn, endlich Chriemhilde auf, beschließt die Rache, verbindet sich
daß Sie recht bald Gelegenheit haben mochten, sich durch die An mir Ezel , und im fünften Akte gebt das ganze Geschlecht,
schauung selbst zu überzeugen, baß ich Recht habe, wenn ich nicht Ezel nicht ausgenommen , unter. Schon durch diesen kurzen
ohne Enthussasmns von dieser Arbeit des Dichters spreche, und Abriß wird klar, daß Herr Raupach überall die Kappe und de«
daß eS mir zu verzeihen ist, wenn ich in solcher Stimmung Hort den Begebenheiten als Grund unterlcat. der Streit der
nicht aufgelegt bin, ei» Ganzes in seine Theilc zu zerlegen und Königinnen, ChricmbildcnS Rache geht grdßtenlbeilS von die
diese zu onatomiren. Aller Reiz müßte verschwinden , und sem Schatze auS. Aber dieser Ausgang ist äußerlich, und das
diesen will ich gerade bey der Anschauung versvrechen. Wird selbe könnte sich eben so gut ganz ohne diese Geldangelegenhei
aber dieses Lustspiel bey Ihnen gegeben , so ist noch zn wün ten begeben. Solch schwacher Mittelpunkt kann die mannig
schen , dag auch die Rollen DürerS , seiner Gattin und Marc fachen Tbaten nicht motiviren und zusammenfassen , sie fallen
Anton« mit solcher Virtuosität wie hier durch Eßlär, Madame auseinander; ihr Aufeinanderfolgen bat keinen inncrliclien
Fricst und Urban dargestellt werben möchten. Sollte eS irgend Grund. Dieß zeigt sich in allen fünf Akten, nnd eS wird »och
wo schwer senn diese Rollen gleich vorzüglich zu besetzen . so beutlicher hervortreten, wenn wir kurz die Art und Weise be
werden um so leichter unsere Titian und Giorgione übertref trachten, wie Herr Naupach seine zweyte Aufgabe: das alte
fen werden können. Ein ,.be«tschcs Gänschen." wie DürerS Gedicht unserer Zeit genießbar zu machen , gelöst hat.
Nichte, findet man auch wohl, wenn gleich nicht so schön als (Die Fortsetzung folgt.)
das unsrige. Beylage: Kunstblatt Nr. Zt.
Verlegt von der I. G. -Co tt« 'sehen Buchhandlung.
M o r g e n b l a t t

für

gebildete Stände.

F r e y t a g, 18. April i 8 2 8.

— Verzweiflung grinst «ui seinen Zügen,


Und K,n„s Stempel drcnnt ans seiner Stirn.
Scott.

3 0 seph und William. ganzen Aeußern malte sich untilgbare Schuld. Mein
Pserd sprang auf die Seile und ich griff unwillkükrlich zu
Sine nordamcrikanische Geschichte. meiner Pistole. Mein Reisegefährte beruhigte mich , tr
Es war in dir Mitte eines der herrlichsten Jnnitage, kannte ik» und erzählte mir auf meine Bitte die Geschichte
als ich eine kurze Reise antrat, die mich durch die kühle», dieses alten Mannes, die ich wieder gebe, so wie sie mir
entlegenen Wälder der östlichen Gestade von MassachusetS berichtet wurde. Sie dient zum Beweis, daß der Euro
führte. Ich konnte nicht verkennen, daß ich im Lande päer, der sich Kalbwild oder verwildert in diesen Einöden
meiner Voreltern war. Selbst die Natur tragt hier den ansiedelte, häufig alle Laster mit feinen wilde» Nachbarn,
Stempel jener starren Herolde unserer Frevhcit, und wäh de» Indianer» theilre, nieist ohne sich zu der schönen, ach-
rend die Zeit Künste und Reichthum in unser glückliches tungsiverthcn Seite ihres Eharakters zu erhebe», und daß
Land eingeführt hat, hat fie diese abgelegenen Haine mit das EKristenthiim, ja der Purikanisinus ib» nicht vor je
scheuer Ehrfurcht geschont. Die Geschichte», die man in ner barbarischen Leidenschaftlichkeit zu schüyen vermochte,
diesen Urwäldern und auf den Höfen der Landleute findet, die in ibren Folge» oft so schrecklich ist. Viele Leser wer
tragen noch immer den Stempel der alten Sage. Die de» sich bep »»serer Erzählung des schönen Ehorakterge-
moosbewachsenen Steine selbst haben eine» gewissen Am mäldcs erinnern, das Cooxcr in der Prairie ron seinen
strich der preobvkeriaiiiichcn und puritanischen Strenge, .Kolonisten entwirft.
die unsre Voreltern so sehr bezeichnete. Wir waren eben Unter den Familien, die in den Siebziger Iabrcn des
in einer interessanten Unterhaltung über das Fortschreiten lezten Jahrhunderts dem Herrn nach alter puritanischer
des Menschengeschlechtes in moralischer Hinsicht begriffen, Weise diente», zeichneten sich die Elexbalet Warners und
als wir durch die Erscheinung eines mcnschlischen Wesens Lois Leslicö besonders aus. Ihre Wohniingen gränzten
unterbrochen wurden, das an Furchtbarkeit und Scheuß- aneinander und ihre Kinder wuchsen miteinander auf,
lichkeit Alles übertraf, was ich »och je gesehen hatte. Die herrlich wie die Malrosen. Fanny, die einzige Tochter
erhabene und weit vorstehende Stirnc, das verzerrte und der Wittwe Lcslie, war das süßeste Madchen, das je in
grinsende Gesicht, ein Auge, das Lavater zum Modell fei dieser sündigen Welt lebte. Mild wie die See, über der
nes Satans gedient haben würde, und eine Gestalt, in kein Lüftchen streicht, kannte fie keine Freude als die,
der sich WildKeir und Ver>,we',sluug verkörpert zu haben Gott, ihrer Mutter und ihrem Nebenmeufchen zn dienen.
schienen, schoß an uns vorbev. Dieses Wesen war mit Ihr Bruder war so eben aus dem Felde zurückgekehrt ; die
einem zerlumpten Kittel »ur halb bekleidet und in seinem unsäglichen Leiden , die er auszustehen gehabt, warfen ihn
. 374
aufs Siechbette ; seine Tage waren gezählt. Warner, ein Mann wie er ist ; die Idee des freyen Bürgers gibt den
rechtlicher Greis, hatte seine Frau verloren, und von Charakteren jenes originelle Gepräge, jenen Stolz, jene
fünf Kindern waren ihm Vlvs zwey Söhne übrig geblieben. eiserne Willenskraft , weiche in keinem Lande so häusig ge
Bevde ein auffallender Beleg, wie sonderbar oft die Natur funden werden als in England. In Paris gleicht ein Tag
in ihren Launen ist. Joseph und William waren sich in dem andern, man ficht Überall dieselben Gesichte? wieder ;
körperlicher so wie geistiger Hinsicht so wenig ahnlich, daß wie wenig ist da des Erhebenden, des Anregenden I Wel
Niemand sie für Brüder gehalten haben würde, der sie cher Wechsel der Scenen dagegen in London! Welcher
nicht kannte. Joseph war ein finsterer, verschlossener, Reichthum von Gegenständen, die in Uedcrfülle Aug' und
brütender Mensch, mit Augen, die kaum hinter den schwar Geist sich darbieten ! Welches bunte Getriebe aller Stände,
zen buschigten Wimpern hervorzublicken wagten ; William aller Nationen, aller Wclttheile! Die tiefe Oberflächlich
war ein edler, herrlicher Jüngling. Beyde liebten die keit des wissenschaftlichen Treibens in Paris im Allge
schöne Fanny, jeder nach seiner Weise. Es war im Jahr meinen, denn Paris hat Gelehrte, deren Namen Asien
1776, als der Sergeant vom östlichen Milizenregimente und Europa mit Ehrfurcht nennt , tritt selbst in der Aka
Massachusets in die Gegend, wo unsere Familien wohn- demie grell genug hervor. Das gesellige Leben betreffend,
trn, kam, um seine Kompagnie zu ergänzen. Das Schick-, so ist des Engländers Stolz und Härte abstoßend, aber
sal von Fannv's Bruder hatte jeden jungen Burschen er diese sind nur die Scha»le, welche hohe Redlichkeit, Gc-
griffen. Der Tod, der stündlich sich näherte, die verzeh müthlichkeit und eine Menge Tvgcnden umschließt , für
rende Krankheit, die sich in seinem bleichen, verstörten die der Franzose kaum eine Bezeichnung in seiner Spra
Gesichte aussprach , die Leiden , die er auszustehen hatte che hat..
und seiner Familie verursachte , waren für seine jungen Was das weibliche Geschlecht betrifft, so kann der Eng
Freunde eine traurige Aussicht. Es war nicht der Tod, länder zwar nicht behaupten, daß seine schönen Landsmän
den sie fürchtete», eS war die Mühseligkeit, die sie in ninnen Platons Werke für ihre Lieblingslektüre anseben
diesem jammervollen Kriege zu erwarten hatten, welche sie oder die Französinnen in den Künsten des Putzes und der
mit Schrecken an den Augenblick denken ließ, der sie von Koketterie übertreffen) aber er sagt mit Recht, daß er die
den Ihrigen trennen würde. Das Loos wurde gezogen ächtweiblichcn Tugenden in' Frankreich nicht sinket; daß
und siel auf William. William kehrte mit wehmüthi- die hoher» Stände hier eine Art Privilegium haben, Be
ger Resignation ins elterliche Haus zurück. Er hatte scheidenheit und Schicklichkeit bey Seite zu' setzen; daß die
seit den lezten zwey Tagen, nämlich während der An Frauen der mittleren Klassen, welche in England die Per
wesenheit des rckrutirenden Sergeanten die Liebe sei len edler, reiner Weiblichkeit genannt zu werden verdie
ner Fanny deutlich und mit Freuden bemerkt. Sie hatte nen, hier das Gegcnthcil sind, daß sie eine Sprache füh
ihn oft wehmüthig angeblickt, und nur die Furcht, die ren, deren sich die Habitue'cs von Vaurhall schämen wür
Eifersucht seines Bruders zu erwecken, hatte sie zurückge den. Die Sittenlosigkeit der untern Klassen entschuldigt
halten, sich noch deutlicher zu erklären , und das nämliche die schlechte Erziehung, doch nur zum Theil.
war bey ihm der Fall gewesen. Einst trat ich Nachts , die ««« viv!e«i>« herabkom-
(Der Beschluß folgt.) mend, bey Ashby ein, wo man Tag und Nacht Thee trin
kende Engländer findet. Ich traf Bekannte und wir wa
ren eben in einer Verhandlung über die Verdienste der
Der Engl« «der in Paris. lieblichen Signora Cinti begriffen, als ein junger Baro-
nct eintrat, und, ohne feine Freunde zu grüßen, nach
(Beschluß.) dem Speisezettel fragte; er bestellte sich, was wir ein
Wer Paris und London genauer kennt, wird London förmliches Mittagessen nennen würden und brnmmte zwi
unbedingt den Vorzug geben. Man unterhält sich in Pa schen acht englischen Flüchen etwas vom gewaltigsten Hun
ris, hörte ich oft sage», besser als in London, findet den ger und miserabeln Pariser Abendgesellschaften. „Ihr wart
Zugang zu den Häusern so wie zu den Gcmürhcrn der bcym Grafen M ?" — „Leider!" war seine Antwort.
Franzosen leichter wie zu denen der Engländer-, dasgclehrte „Die Gräsin war wohl nicht zu Haus?" — „O ja, nnd
und Knnstleben koncentrirt sich hier in einem Punkte, wäh dennoch komm' ich hungrig zurück." — „Man ißt sonst
rend in England Alles zerstreut ist u. s. w. Paris ist eine sehr gut bey dem Grafen." — „Man ißt gar nicht bep
Königsstadt, London eine Weltstadt; in Paris dreht sich ihm. Laßt Euch erzählen , wie ich den Abend hinbrachte.
Alles um einige Personen, in London greift das Interesse Ich kam fxät, die Gesellschaft war zahlreich; ich sah den
nach allen Weltgcgenden ans ; in Paris ist Alles so abge gelehrten Villemain, de>f geistreichen Jouy, den ästheti
schliffen und geglättet, daß Individualität und Originali schen Ke'ratri nnd andere literarische Männer und freute
tät längst zu Grunde gingen; in London gibt sich der mich schon, welchen vergnügten Abend ich hinbringen wür
375
de. Der Franzose sucht aber immer zuer5 die Damen Der republikanische Barbareslc.
auf und weiht ihnen die Erstlinge seines WiyeS. Ich wollte
der Sitte entsprechen und trat zu einer Kruppe »o» zwölf Im Iah« ,797, als die Revolution Genua ergriff,
bis fünfzehn Damen, nntcr denen manche jung und fcrin und es zwischen der Volks- und Adelspartbep so zum
waren; ich fand sie in einer, wie cö mir schien, sehr er,,- Handgemenge kam , daß mehrere Menschen in den Straf
sie» Unterhaltung. Drei, oder vier Herrn standen bey ib- ft» ermordet wurden , behielt Anfangs erste« die Ober
nen und spielten die Rolle einer Art konversatorischcr hand. Der Pöbel lief nach der Darfenna , um ZrevKrik
Schiedsrichter, denn bin und wieder wandten sich die schö auf den Galeeren zu verbreiten, »nd die Sklaven, bereu
nen Streitenden an sie und forderten sie auf, die befon: Ketten man gebrochen , für seine Sache zu bewaffnen.
dere Ansicht einer Jeden zu bestätigen. Ich glaubte, der Unter diesen waren einige Türken und Barbarcskcn.
Gegenstand des Gefxrächs sev von großer Dichtigkeit und Von leztern ergriff besonders ein Tuneser lcdbast die
werde nichts Geringeres als eine neue Art Hopfputz betreffen. Sache der Demokratie, und schoß, mir einem Trombo»
Wovon glaubt ihr wobl, daß sie gesprochen babcu? Jbr versehen, unbarmherzig auf alle, die nicht die Losung :
rather es nicht. Sie besprachen eine» eben erschienenen ,i„ il l'vp«!«! die man ihn gelehrt, ausrufen wollten,
Aussatz über die Ansteckung der Platter». Ich weiß nicht, indem seit Jahrhunderten das Keschrev: «»
ob mein Erstaunen oder mein Abscheu größer war ; mein ri«! das Vercittiqunqszeichen der Optimalen war. Der
Gefühl mar eine Mischung von bevdein. Unsere geschickte Triumph der Volksparthev wähne aber nur kurze Zeit,
sten Aerzte würden den Gegenstand nicht wisseufchaftlichcr und vi,» ««ri» erfocht nach einigen Gefechten den Sieg.
behandelt, noch bey der Unterhaltung so viel Eigensinn und Der Tuneser, von Feinden umringt, wurde untrr bestän
Heftigkeit gezeigt haben. Als dieser zarte und bedeutsame dig». Rufe: lZ,,iv« ii poxoi«, welches er für ein allge
Gegenstand erschöpft war, schlugen die schönen Anhänge- mein gültiges Pallabium hielt, indem eS schon einmal feine
rinnen des Aesknlaps eine Quadrille vor, der ich mich nicht Ketten gebrochen, überwältigt, mit Schlägen bedeckt und
anschließen wollte, weil ich die französisch e» Tänze über zur Ruderbank zurückgeführt , worüber er sich »icht genug
haupt hasse ; die Menschen sind so kalt dabco, als machten wniider» konnte. Als die Franzosen endlich den Spaltun
sie eine Promenade in den Garten der Tuilerien. Ich trat gen im Senate und unter dem Volke ein Ende machten
m die Kreise der Herrn. Man sprach von Malern der und zu Genua einrückten, war die Zurückfcndung der
neuesten Zeit und besonders von Pierre Gurriu und sei Sklaven aus der Barbare» eine der Handlungen ihrer
nen fünf größer,, Gemälden, die im Lurembourg ausgestellt GroßmutK und Gerechtigkeit, und der demokratische Tune
sind. Was fand man nicht alles zu loben an seinem „Be- ser sähe die Küste» Afrikas als frever Mann wieder. Aber
ncas, welcher der Diso Troja's Unglück erzählt?" Und »och immer von der Idee seiner Thaten beseelt , soll er
doch macht AencaS auf diesem Gemälde ein höchst albernes zu TnniS auf dein Markte von den Annebnilichkkiten je
Gesicht; Dido und ihre Gefährtinnen sind ganz ausdrucks ner Tage zu Genna eine fo lebendige Beschreib»»« mit
los und Askan macht ei^e Miene, als ob Dido ihn kneipe. dein Gcfchrev: L,„>» il gemacht baben , daß der
In seinem „Kain nach dem Morde Abels" hat sich Kain's Be», von solch majcstätsverbrechcrischkn Tönen aufge
verzweifelndes Weivgcsczt, um bequem in Ohnmacht fallen schreckt, ihn sogleich greifen und spießen ließ.
zn können und Kain gleicht vollkommen den alten Holzschnit
ten vonGeßler, wie ihn, von Teils Pfeil getroffen und sich
unmäßig bäumend, die alten Schweizerchroniken darstellen. Korrespondenz-Nachrichten.
Desselben Künstlers Venus und Anchifcs, welches Fleisch, cö
lebt, es ist von Blut durchströmt! und wie die Phrasen «lle Münche „.
klangen, die ich hören mußte, und die fo wenig als die blen (?«rtsc«ung.)
dende Bekleidung diefes Gemäldes die großen Fehler ver SS gebt tine <?a>,e im Volks, der V.'stlisk sey da« furcht-
gessen machen, welche dieser Arbeit eines , frevlich in der barste n„d festeste Tbicr, weder Fcuer noch Schwere vermeet»
te» es zu verwunden, und das einzige Mittel es zi, tddten
Blüthe des LebenS hingerafften, nicht talentlosen Künstlers bestände darin, daß jemand die Küvnl'eit babe, ii'in einen Spie»
ankleben. Kurz, weder diese Gespräche, noch die Zucker- gel «orziil'allc» indem alSdan» das Tl'ier sich selbst er,
boknen, noch daS GlaS Wasser, womit ich, statt eines qnten blickt, erschrickt es so scbr ob seiner ciauen Häßlichkeit, daß
Abendessens, erfreut ward, ändern meinen Entschluß, mor es zusammenstürzt und stirbt. Der Srrncnsee, eben so wie
der Paria, war ein solcher Spiegel, den der küi^Ne Dichter
gen meine Reife fortzusetzen. SS gibt nur Ein London dein schlimmsten Basilisken vnscrer Zeit entgegcM'iclt, und
in der Welt!" wir danken ibm für diesen Liebesdienst.
Die Kunflgcscve, die <ist,,erische» Plebiscita, die der gresie
Haufe bey Seiegenbeit der Beerschen Tragödie zu T«,,c för,
derte, wollen wir nicht beleuchte,,. Ss sev ge»u>z, wenn wir
sagen, daö Herr Beer vor diesem Richterfluhle gut bestand,»
3?6
hat. Wir wollen diese« nicht lobend gesagt Haien, sondern S ch u l in t i st e «.
es versteckt sich vielmehr i» diese Worte der gcbcime Tadel, DaS sollt er sich unterstehen : Ich möchte doch sehen —
daß der Dichter durch Mittel, die vielleicht eben eines Dich« H o v g e.
tcrS nicht ganz würdig waren, das große Publikum zu ge Das würbet Ihr sehe», und könutets nicht hindern. Sie
winne» wußte. Wir deuten hier auf daS theatralische Rciy- ncimenS PrcßfrcyKeit , aber wahrhaftig, wer nicht immer
mittel einer auf« Höchste gespannten Erwartung, wodurch es nach dem Schnürchen lebt, kann dabcy gewaltig in die Presse
möglich war, ein so gedrängt volles Haus, wie wir bcy der komincn.
Aufführung de« Struensee sahen, fast fünfthalb Stunden, Babe. (Chirurgus) ,
sage vier und eine halbe Stunde lang ausdaucrn zu machen, Lebt nach dem Schnürchen, fv schadcts keinem was. Dürft
so daß am Ende doch noch der ungeschwächteste Enthusiasmus Ihr doch anf dicfe Weife Eure Hcrzcnsmcyniing dem audcru
übrig bleiben und allgemeiner Beyfall ausbrechen konnte, ja sagen, »nd dürft Such. Wenns Euch beliebt, gegen de» Struen
daß der größte Their des Publikums noch Lust hatte lange see und die Regierung aussprechen.
zu warten, ob nicht Herr Beer, den man stürmisch hervor
rief, erscheinen würde. H o o g e.
Wir haben vielleicht jenen Kritikern Unrecht gcthan, die will das Ei? was aussprechen! ich will mich nicht aussprechen, ich
°Herrn Beer einen Mangel an schönen Reflcrionen vorwarfen; Maul Kalten . aber die andern sollens auch. Jeder
dergleichen war vielleicht nur ein ironischer Tadel , der hinter kümmre sich um die Töpfe auf seinem Heerd.
sich das feinste Lob verstecken wollte. War es indessen ernst: S chulmc i st er.
lich gemeynt, wir sind alle schwache Menschen , so bedauern Führt nicht so freventliche Redensarten , Gevatter Babe :
wir , daß jene Kritiker vor lauter Bäumen de» Wald nicht ge wozu werden wir regiert, wenn wir uns gegen die Regie
sehen haben. Sie sahen , wie sie sagen, nichts als Handlung rung aussprechen wollen ? Eine gute Regierung soll alles re
und Gestalten, und merkten nicht, daß solche die allcrschöiiflc» gieren , Herz und Geldbeutel und Mund und Feder. In cinein
Reflexionen rcpräsentirtcn , ja daß das Ganze nichts als eine guten Staate ist ein Hanprgrundsai5, das, man , wie Hoogc sich
einzige große Reflexion aussprach. Wir bewundern die dra auf seine herzliche, einfache Weise cmsdrückt, das Maul halte,
matische Weisheit und die Bühncnkenntniß des Dichters , wo denn wer redet und druckt, der mnß auch zuweilen denken , „nd
durch er so Großes bewirkt. Er hat nicht blos jede Scenc ge getreuen Unterthanen ist nichts gefährlicher als die Gedanken.
nau motivirt , vorbereitet und ausgeführt , sondern jede Scene Babe.
ist auch an und für sich auS organischer Notwendigkeit und Die Gedanken könnt Ihr aber nicht hindern.
aus der Hauptidee des Stücks hervorgegangen; z. B. jene
Volkssccne , die den vierten Akt eröffnet , und die einem kurz Flyns. (Bauer)
sichtigen Zuschauer als übcrflüßiges Füllwerk erscheine» möchte, Nein , die kann keiner hindern , »nd ich denke mir vieles.
und manchem wirklich so erschienen ist , bedingt dermaßen die Schulmeister.
ganze Katastrophe, daß sie ohne dieselbe nur zur Hälfte moti Nun laßt doch höre» , Fiynsche» , was denkt Ihr denn !
virt wäre. Wir wollen gar nicht einmal in Betrachtung zieken, (zu Swenne leise.)
daß das Gcmülh dcS Zuschauers von den Schmerzen der drcy Das ist der größte Eiusallspinfcl im Dorfe.
ersten Akte so tief bewegt ist, baß es durchaus zu seiner Erho Flyns.
lung einer komischen Scene bedurfte. Ihre eigentliche Bedeu Ich denke , daß mir Alles recht ist , Wenns nur nicht zur
tung ist dennoch tragischer Natur, aus der lachenden Komd- Ausführung des Planes kommt, den sich der Struensee, wie
dienmaSke schauen Melpomenes geisterhafte, tieflcidendc Augen, sie sage», vorgenommen habe.
und eben durch diese Scene erkenne» wir, wie Struensee, der ' Babe..
schon allein durch seine majcflätSvcrbrccherische Liebe unterge
hen konnte < noch obendrein dadurch seinem Untergang entge DaS wäre?
geneilte , daß seine neuen Institutionen auch ontinazional wa F l y n S.
Daß er sich vorgenommen uns Bauern in Dänemark »nd
ren, daß das Volk sie haßte, baß da? Volk noch nicht reif in den Hcrzvgthümern zu freuen Leuten zu machen. Ich will
war für die großen Ideen seines liberale» Herzens. Es scy nicht frcy und unabhängig feyn. Was ists denn Großes, daß
uns erlaubt einige Reden ans jener Volksscene anzuführe»,
wodurch uns Herr Beer gezeigt, baß er auch Talent für das ich für den Edelmann meinen Acker bestellen muß? dafür er
nährt er mich und sorgt für mich, und eine Tracht Prügel
Lustspiel hat. Die Bauern siycn i» der Schenke und polirisire«. nehme ich so mit. Wenn wir frcy wären, müßten wir uns
Schulmeister. plagen und quälen, wären unsere eignen Herrn und müßten
^.Meinetwegen, der Struensee ifls nicht wertl,. daß wir uns Abgabe» geben.
um i>'„ zanken. Der ist zu unserer Aller Unglück ins Land Babe.
gekommen. Er bringt überall Hader und Zwistigkeit. Mischt Und für dein Eigcnthum , für die Freude . das, was du
er sie» nicht auch in die Augclcgcnbcitc» des edlen Lehrfachs ? besitzest, dein »ennen zu können, möchtest du nicht sorgen ?
fordert er jezt nicht von den wohlbestallten Schulmeistern, daß Flyns.
sie lehren sollen, was durchaus nicht für die Köpfe eurer liebe» Ey was ! wenn ein anderer für mich sorgt, ist mirs bequemer.
Jugend paßt? WcnnS geschieht wie crs haben will , so werden
eure Buben »nd Mädchen bald klüger scy» als ihr. Aber Schulmeister.
dazu soll cS nicht kommen, dafür will ich sorgen. Das ist der erste vernünftige Gedanke. Flyns, auf dem
ich dich ertappe. Mit der Frcyheit käm auch zugleich die Auf
Hovqe. (ein Bauer) klärung , das moderne Gift — euer Tod."
Ja, er will überall Licht anzünde» ,wo man« auslöschen sollte ; (Die Fortsetzung folgt.)
darf niüt jezt jeder drucken lassen was er will! Ihr dürft jezt
als ein ehrlicher Schulmeister nicht mehr einen Schluck über
den Durst trinken . so kann morgen der Küster drucken lassen : Beylage: Literaturblatt 9!r. Z2.
gestern war der Schulmeister betrunken
Verlegt von der I. G. Corr« 'scheu Buchhandlung.
95.

M o r g e n b l a t t

für

gebildete Stände.

Sonnabend, 19. April 1323.

Freudig pocht de« N'nnrvds Vrnst,


Komi kin scheuet Reh er jage»;
Arme Licdcnde plagen,
?lmor, das ist deine Lust.
Qu i na» lt.

H e r m i » i a ' s Flucht. Und ihm vertrau', als festem Stab «nd Forte,
Aus Tasso'S bcfrevtem Jerusalem, Sie mit lebend'gcm Glauben Ruf und Ebre.
Nur dieß, »ud i l,m nur! Wünscht er mehr der Worte,
ven So sprich - mehr weiß ich nicht, «nd hurtig kehre.
Aug. «b. Ludw. Jolle». Ich , denn bier glaub' ich mich an sicherm Orte,
Wart' unterdessen dein." Mit solcher Lehre
Entläßt sie ihn. Damit er'S rasch vollzöge.
Eilt ihr Getreuer hin, «IS ob er flöge.
Gesang ^. Vn« 97. - ll«.
Da sie das lezte, öde Tbal im Traben ' Und ihm gelingt's
Beschlossene Wällemitgütlich
Klugheit in der Franken
emzukomnien.
Erreicht hat, rhut sie sachter mit dem Pferde; Zum !rancred führt man ihn , und von dem Kranken
Sie glaubt die erste Fahr besiegt zu haben. Wird feine Botschaft heitren Blicks vernommen.
Und bangt nicht mehr, daß sie gehalten werde. Schon eilt er weg von dem, der, voll Gedanken,
Bedenkend, was, eh sie sich weg begaben. Bon tanfend Zweifeln fühlt die Brust beklommen.
Nicht wohl bedacht war , scheint ihr die Gefährde An «ie die süße Meldung zu besorgen:
Des Handels jezt weit schwerer übcrwindlich. Sie dürfe nah'n und möglichst gut verborge».
Als sie ihr schien, von rascher Sehnsucht schwindlich.
Nun dünkt's sie große Thorheit, hinzugehn Doch sie indeß, in Ungeduld sich quälend.
In Kriegertracht zu wilden FeindeSschaaren. Meint schädlich jede Zögrimg, schlimm und schlimmer;
Auch mag sie keinem Andern Rede stehn. Sic denkt bev sich, des Boten Schritte zählend:
Und wer sie sey, soll erst ihr Herr erfahren; Jezt ist er angelangt, tritt jezt in's Zimmer;
Ihm will sie nahn, als Freundin, unvcrsehn. Jezt sollt' er fort fepn ; und im Unmurh schmählend.
Mit sichrer Ehrbarkeit sich offenbaren; Spricht sie: so träg und achtlos war er nimmer!
Weshalb sie hält und, besser nun belehrt. Am Ende ritt sie weiter vor und stellte
Mit diesen Worten sich zum Knappen kehrt : Ans eine Höhe sich und sah die Zelte. ,
,.Jbr müßt, v mein Getreuer, mir zur Stunde Und ihren Mantel, der von Sternen glüht.
Vorläufer sevn; doch nehmt Such klug, und eilet. Wob nnn die Nacht um den entwölkten Bogen ;
Jn's Lager geht; fragt, wo an feiner Wunde Lebend'ge Perlen sprengt der Mond und sprüht
Der Tancred niederließ; und ihm ertheilet Lichtsmiken, kaum am Fimmel aufgezogen.
Von eines Fräuleins Kommen dann die Kunde, Der mir des Fräuleins liebendem Gemüth
Das, Frieden flehend, feinen Schmerz ihm heilet; Zugleich ausströmet feine StraKlcnwoqen ;
Ja Frieden, «eil ihr Liebe den mißgönne. Und sie vertraut die alten Liebesqualen
Bis Heilung Er, Erqmckung ^fie gewönne. Der holden Schweigsamkeit, den stummen Thalen.
37»
Und spricht bep der Latinerzelt' Crblickung : Der wackre Knappe, da sie kaum entrannen.
„O Zelte, die mir Augenweide aeben! Kommt mit der späten Neuigkeit zur Stelle,
Wie weh'n von euch die, Lüfte mir Erquickung, Und folgt, verwirrtem»? auch^dcn flich'nden Frau'n ;
Die tröstlich ladend mir herüberschweben. Alfo zerstreut die Furcht sie durch die Au'n.
So gebe keusche Rast des Himmels Schickung Jedoch der Bruder, der die Schein klorinde^
Dem vielgcquälten, unglückscl'gen Leben, Ob ferner zwar , doch deutlich auch gesehen,
Die ich in euch nur finde! Unter Waffen Ist klüger, bleibt mit seinem Kriegsgcsiude
Kann ich allein den Frieden mir verschaffen. Im angewiesnen Hinterhalte stehen.
So nehmt mich ein zu euch ! laßt mich empfangen Doch Botschaft sendet er in's Heer geschwinde:
Dieß Mitleid, welches Liebe mir, verhieß. Kein Schlachtvieh sek' er nach der Festung gehen.
Und welches auch schon anderswo, gefangen. Auch andre Beute nicht von solchem Schlage,
Mir einst mein hold leutsel'ger Herr erwies. Doch daß sein Bruder auf Klorinden jage.
Durch eure Gunst mein Scepter zu erlangen, Wie aber er mitnichten glauben möge.
Ich leiste willig schon Verzicht ans dieß ; Daß die das Heer , nicht blos die Waffen führe, <
Auch ohne es will ich beglückt mich preisen, Heraus um so geringen Vorthcil zöge.
Wey eu.ch ein dienend Fräulein nur zu heißen." Und eine solche Stunde sich erführe ;
So spricht das Mädchen, von des Schicksals Groll Doch daß der fromme Gottfried es erwöge.
Nichts ahnend noch, und dem so nahen Leide. Dem sein Gehorsam überall gebühre.
Sie stand an einem Ort, wo grad und voll Jn'S Lager kommen diese Neuigkeiten,
Der schöne Mondstrahl traf ihr Wehrgeschmcide, Die gleich in Latiums Zelten sich verbreiten.
Daß, fernhin leuchtend, Glanz dem Stahl entquoll Schon vorhin war des Tancreds Herz in Bangen,
Und Schimmerwnrf vom weißen Wappcnkleide; Doch jezt in den Gedanken nur versenkt er
Hell blizt der Silbertiegcr durch die blinde Sich ganz : vielleicht kam liebreich sie gegangen.
Nachtluft, daß Jeder spräche: „Traun, Klorinde!" Und ist in Noth um mich! — Nichts weiter denkt er.
Wie nun ihr Loos es will, so hält .unferne Ein Theil der schweren Wehr wird umgehangen,
Sin starker Schwärm; verborgen Wache stand er. Er steigt zu Roß, leis aus dem Lager schwenkt er,
Geführt von zwe» Latinern, Poliferne Und sprengt, indeni. er folgt den frischen Spuren
Und dessen älkrem Prüder, dem Alkander. In fliegendem Galoppe durch die Fluren.
Damit man in die Stadt beym Schein der Sterne
Kein Schlachtvieh bringe, wachten die sclbander;
Der Knappe mied den Paß, weil er sich wandte
Und weiter seitwärts rasch vorübcrrannte. Joseph und William.
Jüngst sah der Polifern den Vater morden, (Beschluß.)
Klorindcns Arm zur Unterwelt ihn schicken ; Joseph war Williams älterer Binder; er liebte Fanny
Nun er die stolze Wehr gewahr geworden.
Glaubt' er die hohe Krieg'rin zu erblicken ; gleichfalls, hatte dasselbe Recht auf ihre Hand und dieselben
Und auf sie reizt er die verborgnen Horden, Ansprüche. Die ungestüme Heftigkeit und die Blicke, die
Er kann den Sturm des Herzenö nickt ersticken, er bey den mindesten Aeußerungen seiner Liebe ans Fanny
Schrcvt : bist des Tods ! und in des Jähzorns Brausen schoß, hatten William schüchtern gemacht. Nun aber, da
Läßt, doch umsonst, er hin die Lanze sausen.
er sich trennen sollte und mußte, waren alle Bedcnklichkciten
Wie wenn die Hirschin lechzt im Brand der Sonne, verschwunden. Er hatte kaum seinem Vater verkündet,
Und spürt, wo klar lebendig Wasser fließet. daß das Loos auf ihn gefallen sey, als er zum Hause der
Den schönen Quell, der Fclscnklnft entronnen,
Den Strom crspäbt, der sich im Wald ergießet. Wittwe Lois Leslic eilte und mit wehmüthiger Stimme
Dann auf die Rüden stoßt , noch eh den Bronnen seinem Mädchen zurief: „Ich bin Soldat." Das Mädchen
Und kükle Rast ihr matter Leib genießet. stieß einen Angstschrei, aus. William eilte hinzu, fing sie
Und plötzlich umkehrt und von bannen fliegt. in seine Arme auf und gab ihr den ersten Kuß der Liebe.
Da Furcht so Durst als Müdigkeit besiegt:
„Mein William, meine Fanny!" rufen die Liebenden,
So Jene, die, wie sehr im Durst sie schmachte, ohne die Anwesenheit ihrer Mutter und Josephs zu gcwah-
Den Liebesbrand iu's zarte Herz geflößt. ren, als Joseph zwischen sie stürzt und mit einem Blicke,
Sich froh in edler Rast zu sammeln dachte,
Die den gequälten Geist von Müde löst. der die Hölle in sich schließt, die Liebenden auseinander
Da Widerstand aus dem Geleis sie brachte, reißt. William wandte sich erschrocken zn seinem Bruder.
Dräuwort sie hört, auf Waffcnlärm sie stößt: „Verzeih Joseph, der Schmerz der Trennung überwältigte
Glaubt sie sich selbst und was sie wünscht verloren. mich." — „Ich wollte," rief der Unmensch, „du wärst in
Und bebend giebt dem Renner sie die Sporen.
der Hölle." — „Gott helfe uns !" riefen Mutter und Toch
Hcrminja, die unsel'ge, flieht von bannen; ter; „Gott helfe uns und beschütze nns vor diesem Unmen
Ihr Zelter stampft den Grnnd in höchster Schnelle;
Ihr nach die Jose ; doch mit vielen Mannen schen !" — „Der, wenn ihr so fortmacht," rief Joseph,
Folgt rastlos jener wütbende Geselle. „euch alle zur Hölle senden wird." Mit diesen Worten
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stürzte er zur Thüre hinaus. Die Stunden, die William Williams nie ohne Abscheu ansehen. Es war ihm, als ob
mit seiner Geliebten zubringen durfte, waren gezählt, und er sein Gesicht irgendwo gesehen hätte ; endlich fragte er
er borgte sich jede Minute ab, um sie noch vor seinem Ab einen der brittifchen Soldaten, nach dem Namen dieses
schiede reckt zu genießen. Sein Vater, ihre Mutter und Unmenschen, nnd hörte mit Schrecken, daß er Joseph War
ihr Bruder sahen und billigten ihre Liebe, und Bevde ner heiße. Er war der Bruder des unglücklichen William.
gaben sich das Wort, einander treu zu bleiben. Mit dieser Nach einigen Monaten wurde der Sergeant gegen die Be
Versicherung waren sie von einander geschieden. Am fol dingung, während des Krieges nicht gegen England zu die
genden Morgen sollten die Neugeworbenen nach Was nen, ausgewechselt, und kaum war er zu Hause angekom
hingtons Lager abgehen. William hatte von seinem Ba men, als er Williams Vater diese Nachricht zusandte. Der
rer, von seiner Braut, ihrer Mutter und ihrem Bru Vater saß vor dem Hause auf einer Bank unter dem Schatten
der Abschied genommen und wollte dasselbe mit seinem einer alten Eiche, als ihm daö Schreiben zukam. Er hatte eö
Bruder Joseph thun. Dieser war jedoch nirgends zu fin noch nicht ganz ausgelesen, als er leblos von der Bank fiel. Ihn
den, und er mußte, ohne Lebewohl von ihm genommen zu hatte der Schlag getroffen. In wenigen Wochen folgte idm
haben, abziehen. Monate vergingen; William sandte Fanny Leslie inS Grab nach. Der ausgeartete Unmensch
Nachricht, so oft er Gelegenheit fand. Von Joseph jedoch lebt noch, keine Kngel hat ihn erreicht, kein Bajonett, kein
konnte Niemand etwas erfahren. Später blieben auch die Scl'wert durchbohrt, und als ich einige Jahre später durch
Briefe von William aus. Es verging ein Monat nach dieselbe Gegend reiste, sah ich ihn am Wege nachPIvinouth
dem andern. Immer hoffte Vater Warner und Fanny auf sitzen. Bcy meiner Annäberung stürzte er aber in den
Kunde von William, aber vergebens. Endlich nach einem Wald , sich und seine Gräucl vor jedem menschlichen
halben Jahre kam ein Schreiben vom Sergeanten, der nun Auge verbergend.
nach Hanse zurückgekehrt war, und unter dessen Befehlen
William lange Zeit gestanden hatte. Dieses Schreiben ent K o r r e sp o n d e n z - N a cd r i cd t c n.
Dresden. ». April.
hüllte die traurige Geschichte. William befand sich auf einer Auch wir am obcrn Elbqcstade beginge» gestern das Fest
Fonragcxarthie mit mehreren feiner Landsleute unter den der Erinnerung , das von Nürnberg auSgei'cnd ,n einer gros
Befehlen des Sergeanten. Sie waren dem feindlichen La sen Zahl der Städte Deutschlands wiedergeklungen haben wird,
d«S Jubelfest Alb recht Dürer S. Wars an«, n»r ein
ger ziemlich nahe und hatte» den Befehl, einen Transport Privatverein 'von Jüngern und Freunden der Kunst, welcher
Lebensmittel, der diesem zugeführt werden sollte, aufzu sich dazu versammelte, so war cS eben deftbalb ein »m so frevcrcr
fangen; der Transport war mit einer starken Bedeckung Erguß inniger Verehrung für den alten deutschen Meister und
»ersehen. Sin Kampf entspann sich, der immer hikigcr treue» AnhZngcns an die Kunst, deren Repräsentant er für
und hitziger wurde ; das Terrain ließ keinen Angriff in ein deutschgesinnte Herze» ist. Vl>» allen Seiten ward dieser Ver
untcrstüzt , so das, e? manches für die Deutsamkeit »nd den
Reihe und Glied zu ; die Kämpfenden waren auf die Wa Schmuck des Festes bieten konnte, daS vielleicht andcrS>rc>
gen und Bäume, in Gebüschen und Hohlwegen zerstreut. mochte vergebens gesucht worden seun. ES waren besonders
Endlich schien sich der Sieg aus die Seite der Amerikaner die HofrätKe Bbttiger, Hase und Winkler, so wie der Hofbau-
meistcr Ti'vrmcier , welche die Einleitung und Ordnung des
zu neigen. Schon waren die Britten zurückgeschlagen, schon Festes über sich genommen hatten, und ihr Eifer fand sich
hatten sie alle Hoffnung aufgegeben , ihren Transport zu durch den Erfolg anfS schönste belohnt.
retten, als Verstärkung vom feindlichen Lager ankam. Ihr So versammelte sich denn eine, aus Künstlern und Kunst- .
Much wachte wieder auf, die Amerikaner hatten einen freunden bestehende Gesellschaft von 1 2» Pcriciie» i» dem für
diesen Zweck festlich ausgeschmückte» Saale des Gastl'ores zur
neuen Kampf ;n bestellen. Nock kämpften sie mit Ent Stadt Wien zu einem MittagSmahle. wo Ernst wie Freude
schlossenheit, als ihre Ammunitio» auszugehen anfing. Das als Genien walten sollten. Am Ende der Tafel war i» einer
ermattende Feuer bemerkend, verdoppelten die Britten ibre Nische vor dem nach dem Slbstromc hinausgehenden Bortrinc
ein kleine« Atrium geordnet, in dessen Hintergründe man aiS
Angriffe, und in kurzer Zeit mußten jene das Gewehr sirek- Transparent den wackern Albrccht Dürer in bunten Färb,,, und
ken. Sie hatten dieses bereits gethan, und waren von ih i» Lebensqrdste gemalt erblickte. Der Professor und Hofma
ren Siegern umringt, denen sie ihr Geld und ihre Uhren ler Vogel, dem Dresden schon so viele ausgezeichnete Äimst-
ablieferten , als einer der Britten aus William losstürzte, werkc verdankt , hatte mit der liebenswürdigsten Bereitwillig
und ihm mit den Worten : „denke an Fanny," das Bajo keit sich selbst zu Ausführung diese« Bildes dargeboten, und
cS in möglichst kurzer Zeit, aber dabei, mit einer Wahrheit,,
nett in die Brust rannte. Niemand konnte sich das Be Innigkeit und Wärme vollendet, welche allgemein anzogen, nnd
tragen des Britten erklären. Selbst seine Landoleute ta nur die Flüchtigkeit einer solchen Erscheinung bedauern ließen.
delten ihn seiner Unmenschlichkeit wegen, das war jedoch al Den Eingang zu dieser Nische aber . wie die Seitcnwände.
les. Die Britten erlaubten sich in diesem Kriege so viele Zonen. schmückte» Oleander und andere blühende Gewächse der heiser»
Bor zwev andern Seitennischen stände» Zi'che. auf
Grausamkeiten, daß der Mord eines Gefangenen nicht deren einem das in München herausgekommene Dürerschc
der Bemerkung werth erschien. Dem Sergeanten war je Zeichenbuch, auf dem andern aber eine Reliquie dieses MeisterS
doch dieser Mord ein Gräucl, und er konnte den Mörder lag, welche in ihrer Art wahrhaft einzig zn nennen, mimlich
Z8o
das in ber hiesigen königl. Bibliothek befindNche und zu die Mit ihrem Schwert vergeudet sie die Völker,
sem Zwecke liberal dargeliehene Originalmanuscript von Dü Bis auch der Kampf erlischt, ein brausend Meer
rers Werke über die Proportionen des menschlichen Körpers, Schlägt an ein einsam Grab, und alles ruht.
um so merkwürdiger noch , da demselben ebenfalls von der cig- Und hellre Tage kommen, und die Völker
nen Hand des Meisters noch über Kundert kleiner Humorist,- Und Kön'ge schließen einen ew'gen Bund.
scher Zeichnungen angefügt sind, welche er selbst 8eKe«i «rii Nothwendig ist die Zeit, sie muß erscheinen,
überschrieben hat. und worin seine Laune oft auf die heiterste Sie ist gewiß, wie die allmächt'ge Weisheit.
Art sich ergoß. Eben so waren auch die Wände des SaalS Nur durch die Kön'ge sind die Völker mächtig.
mit Erinnerungen an Dürer geschmückt. Der Herr von Quandt, Nur durch die Völker sind die Kön'ge groß."
de» eine schmerzvolle Krankheit allein abhalten konnte «n dies Nachdem wir uns über Grundidee, Diktion und Handlung der
sein Fest persönlichen Antheil zu nehmen, hatte aus seine» neuen Bcerschcn Tragödie geäußert , bleibt uns noch übrig, die
«eichen Schagen von Kupferstiche» aller Völker und Zeiten Gestalten , die wir barin handeln seben , näher zu beleuchten.
sämmtliche Arbeiten Dürers auf diesem Felde dazu gespendet, Doch die Oekonomie dieser Blätter gestattet uns kein so kri
welche in zwanzig Tafeln unter Glas aufgehangen waren und tisches Geschäft, und erlaubt u„S kaum über die Hauptperso
eine anziehende Gallcrie darbore». Aber gesteigert wurde ihr nen einige kurze Bemerkungen vorzubringen. Wir gebrauchen
Interesse noch durch zwey treffliche Haiidzeichnungcn Dürers, vorsätzlich baS Wort „Gestatten" statt Charaktere , mit dem
welche die kdnigl. Kupferstichsammlung dazu dargeliehen , und erster en Ausdruck das Aeuöcre, mit dem andern das Inner
durch zwey Sriginalgemälde desselben Meisters, welche die liche ber Erscheinung bezeichnend. Struensee, möge uns de«
Versammlung der kdnigl. Geinäldegolleric zu verdanken hatte. Dichter den harten Tadel verzeihen, ist keine Gestalt. Das
Das eine stellt das Brustbild des Lukas von Leydcn . das an Werschwimmendc , Vcrscufzcnde, Uebcrwciche, was wir an
dere den Tod ber Maria bar, ein kleines, herrliches Bild, ^hm erblicken , soll vielleicht sein Charakter scyn , wir wollen
chen, von dem Albrecht Dürer selbst vielfache Kopien veran es sogar als einen Charakter gelten lassen , aber es raubt ihm
stalten mußte. An diese« schloß sich auf ber , jenem Porträt alle äußer« Gestaltlichkcit, Dasselbe ist der Fall bey Graf Ran
Dürers entgcgengesezten Seite e'me Darstellung des Hauses zau, der, mehr edel als adlig, eben so wie Struensee vor
dieses Meisters in Nürnberg , welches ein junger braver Künst lauter Sentimentalität , dem Srbgcbrcchcn Becrschcr Helden,
ler , Otto Wagner , für dieses Fest fleißig und wirksam ge auseinander fließt; nnr wenn wir ihm ins Herz leuchte», se
malt hatte. hen wir, daß er dennoch ein Charakter ist, wenn auch schwach
(Der Beschluß folgt.) gezeichnet , doch immer ein Charakter. Sein Haß gegen die
München. Königin Juliane, womit er dennoch ein Bündniß gegen Struen
see abschließt, und dergleichen Züge mehrere geben ihm In
Fortsetzung.) nerlichkeit, Individualität, kurz einen Charakter. Das Ge
Außer den trefflichen Andeutungen . daß die Prcßfreyheit sagte gilt einigermaßen auch vom Pfarrer Struensee; dieser,
eben so große Gegner hat unter den nieder«, wie ?,nter den ho den einer unserer Freunde, gewiß mit Unrecht , für ein Nach
hen Ständen . und daß die Abschaffung der Leibeigenschaft den bild des Vaters im Dclavigncschcn Pari» halten wollte, ge
Leibeignen selbst am meiste» verhaßt ist. außer dergleichen wann seine äußere Gestalt vielleicht weniger durch den Dichte«
wahren Zügen . deren in jener Sccne noch manche andere vor selbst, als durch die Persönlichkeit des Darstellers. Die hohe
komme», sehen wir deutlich, wie Struensee auf den hohen Jso- Geflelt Eßlairs in einer solchen Rollt , nämlich als reformir-
lirschemeln seiner Ideen tragisch allein stand, und im Kampfe ter Pfarrer, erschien rms wie ein kolossaler, altkatholischer
des Einzelnen mit der Masse rettungslos untergehen mußte. Dom , der zum protestantischen Gottesdienste eingerichtet wor
Der feine Sinn unseres Dichters hat indessen die Notwendig den ; an den Wänden sind die hübschen Bilder tbeils abgebro
keit gefühlt, den allzugroßen Schmerz des Helden, bey einem chen , thcil« mit frischem Kalk überstrichen . die Pfeiler stehen
solchen Uutergaug , einigermaßen zu mäßigen ; er läßt ihn im na« und kalt, und die Worte, die so öde und nüchtern von
Geiste die Zeit voraussehen, wo die Wohlthäter bcs Volk« mir der ueugcziinmerten Kanzel erschallen, sind dennoch das Wort
dem Volke selbst einig sey» werden; sterbend sieht er das Mor Gottes. So erschien uuS Eßlair besonders in der Scene.
genrock dieser Zeit und spricht die schönen Worten wo der Pfarrer Struensee, fast im liturgischen Tone, seinen
„Der Tag geht auf! bemüthig leg ich ihm Soh» segnet.
Mein Leben nieder vor dem ew>gc» Thron. (Die Fortsetzung folgt.)
Verborgner Wille tritt ans Licht und glänzt
Und Thatc» werden bleich, wie irdscher Kummer.
Doch ein beglückter Lohn steigt blühend auf; Auflösung des Räthscls i» Nre. 89:
Hier, wo ich wirkte, reift manch edle Saar. Herz.
So Hab ich nicht umsonst gelebt, so Hab ich
Mit falschen Lehren nicht das Reich geblendet! Palindrom.
Es kommt der Tag, die Zeiten machcns wahr. Leset vor und rückwärts mich.
Was ich gewollt, die Tyranncy erkennt. Mag von Eisen, mag von Bein.
Daß sich das Ende ihrer Schrecken naht. Mag ich auch von Holze scyn.
Ich seh ein Blutgerüst sich nach dem ander» Findet ihr, wie wunderlich.
Erbair», ein rasend Volk entfesselt sich. Mich in Vierteln sicherlich;
Trifft seinen König in verruchter Wuth,
Und dann sich selbst mit immer neuen Schlägen. Wählet il« euch ein Gewand,
Geschäftig mäht das Beil 5ic Leben nieder. Muß ich immer flugs zur Hand,
Wie ems'ge Schnitter ihre Erndtc — plötzlich Männer sehet ihr und Frauen
Heinmt eine starke Hand die ehrne Wuth. Meinen Zeiche» stets vertrauen.
Der Henker ruht, doch die gewaltgc Hand TK. v. Haupt.
Kommt nicht zu segnen mit dem Zweig de« Frieden«. Bevlage: JnteUigenzblatt Nr. ts.
Verlegt von der I. G. Cotta 'scheu Buchhandlung.
96.

M o r g e n b l a t t

f s '

gebildete Stände.

Montag, 21. April i 8 2 8.

— De« Evvaen Schlcncr


Umwebt mir Dlinktll'kit
Der Sa,dvfu„g Allerl'ciliqstcS , wo Feuer
D>r Krttl'cit Flammen streut.
Die Menschenseele! FüKl'S und sinke Nied«
Mit frol'k», Ungestüm»
Dem alle Srcrn' und Seelen fingen Lieder
Der Seelen Vater, ihm!
Herder.

Uebcr die Mcynungcn verschiedener Zeitalter Menschengeschlechtes der andern als entschiedene Wahrheit
Sitze der Seele. übergab, ivoS doch schon Anfangs auf einer zu oberflächli
Sine akademische Rede chen Auffassung beruhte, und nur durch seinen einseiti
von Kanzle« Dr. von Autenrieth. gen Scharfsinn, damit immer verkehrter werdend, weiter
ausgearbeitet wurde, zulezt aber zum bloßen Trngbilde
Das Gehirn, dieses edelste Werkzeug unseres Kör- statt wirklicher Kenntniß erwuchs.
pers, ist erweisbar das nähere Organ für die Tätigkeit der Was überhaupt Leben sey, konnte nur bc» der ersten
Seele; nur mit seiner Hülfe ist sie hier sich ihrer selbst Betrachtung eines Todken geahnct werden ; was aber an je
und ihres Körpers bewußt, denkt und fühlt sie Bestimm dem Tobten auffallen mußte, ist, daß er nicht mehr athmet,
tes. Ein Druck auf das Hirn versezt uns in lodtähnliche sich nicht mehr bewegt und kalt wird. Der Schlafende be
Betäubung , seine Zerstörung tödtet uns plötzlich. Lhne wegt sich zwar gewöhnlich auch nicht, aber er fühlt sich
zu bedenken, daß ein unkörxcrlichcr Geist keinen Raum doch warm an und atkniet noch sichtbar. Wir sinken auch
einnehmen könne , und daß kein Begriff von der Körper-, bey den ältesten Völkern die Begriffe von atbmcn , von
weit anders als nur bildlich übertragen werden könne auf Leben und Seele noch in eine ungetrennte Vorstellung zu
die Welt, von der unser geistiges Ich einen TKeil bildet, sammenfließend. Nicht blos drückt sich die älteste heiligt
weist man jczt sogar gemeinhin das Gehirn der Seele znm Schrift der Hebräer auf diese Art aus : „Gott der Herr
Wohnsitz an. machte den Menschen aus einem Erdenkloß und blies ihm
So war es aber nicht in den Zeiten des Alterthums, ein d?n lebendigen Odem in seine Nase, und also ward
und die Geschichte der verschiedenen Vorstellungen, wel- der Mensch eine lebendige Seele," auch die alten
che die aufeinander folgenden Völker vom Sitze der Seele Griechen faßten eben fo in einem Worte: Pncvma, die
und »on ihrem Wesen sich bildeten, zeigt sehr deutlich, Begriffe »on Hauch, von Athcm, von Geist oder Seele
daß der Mensch auch seine abstraktesten Begriffe anfänglich zusammen. Der Römer Ausdruck : die Seele ausblasen,
blos durch die Eindrücke erhielt, welche die ihn umgebende, statt sterben (elu»r« ««,«,««), so wie ihr, den verschiede
auf seine Sinnen wirkende Natur auf ihn machte, daß nen Bedeutungen des griechischen Pncvma entsprechendes
er aber bald die so gewonnene Vorstellung zu weiterer Wort, Spiritus, beweist , daß auch bev ihnen die Vorstel
Entwicklung seinem eigenen Dünkel übergab , ohne sich die lung galt , Athmen und Bcseeltsevn sey Eins. Aber auch
Mühe zu nehmen, immer tiefer in die Wunder der Schö wir Deutsche sprechen oft noch von einem Hauche des Le
pfung selbst einzudringen, und daß fo eine Zeugung des bens, auch wir lassen einen Sterbenden das Leben aus
Z82
hauchen, und desselben Ausdruckes, Geist, bedienen wir wurden die auf dem Felde liegenden Gebeine , ungeachtet
uns sow,hl von jeder flüchtigen Flüssigkeit , die man mit auf ihnen wieder Adern und Fleisch gewachsen und sie
der Nase riecht, oder die man beym Etnathmen nach bereits mit einer neuen Haut überzogen worden waren,
ihrer Stärke prüfen kann, «ls von dem Wesen, das in uns erst dann wieder lebendig, alS ein Wind aus den vier
denkt und wahrnimmt. Daß bey einem tödtlich verwun Winden sie anblies, und sie dadurch wieder Odem bekom
deten Thiere oder Menschen Wärme und Leben gleichzei men hatten.
tig mit dem Ausströmen seines warmen rvthen Blutes Schon das Thierschlachten oder Opfern mußte bald
entfliehen, das mußte bepnahe eben so frühzeitig bemerkt zeigen, daß das Blut in den Adern enthalten sey, daß
werden , als daß ein Todter nicht mehr athme und diese im Herzen zusammenkommen, das in der Brust,
kalt sev. dem Sitze des wechselnden Athems, liegt. Scharfsinniger
Den Begriff, daß Seele, Leben und Blut gleichbedeutend als seine Vorgänger sezt daher noch nach Platos und Ari
seyen, führt die Gesetzgebung Mosis, welcher auch das Ge- stoteles Zeiten der Verfasser einer griechischen Schrift, die
sundyeitswvhl seines Volkes so sehr berücksichtigte, «IS Grund fälschlich dem Hippocrates zugeschrieben wurde, die Seele
des strengen Verbotes, Blut zu essen, an. Nach der lieber- in die linke Herzkammer, läßt sie dort sich ernäh
setzung der Genesis von de Wette sprach Jehova zu Nvah: ren vom edelsten Theile des Blutes in ihrer Nachbarschaft,
„Nur das Fleisch in seiner Seele, seinem Blute das Herz selbst aber den Athem oder die Luft durch die Luft
esset nicht; denn auch euer Blut als eure Seele röhre von außen her in sich ziehen. Allmählig mußte man
will ich fordern." Auch in Luthers Uebersetzung spricht im aber darauf aufmerksam werden, daß der Mensch nicht
dritten Buch Mosis der Herr: „Welcher Mensch irgend mit jeder Menge des Blutes , das er verliert , wenn
Blut isset, wider den will ich mein Antlitz setzen, und anders der Verlust nicht bis zur Ohnmacht dauert, auch
will ihn mitten aus seinem Volke rotten. Denn des Lei gleichviel von seiner Fähigkeit zu denken einbüße; daß
bes Leben ist im Blut, und ich hab's euch zum Altar er, odschon oft im Athmen sehr beengt, damit doch nicht
gegeben, daß eure Seelen damit versöhnt werden. Denn in demselben Verhältnisse eine Verminderung seines sich
das Blut ist die Versöhnung fürs Leben." So wird es fühlenden Geistes in sich wahrnehme. Es mußte der Ge«
begreiflicher, warum auch so viele andere Völker außer danke erwachen, ob nicht etwa das Denkende, sich Füh
den Juden auf die Vorstellung kommen konnten, blutige lende, Bewegende im Menschen, das Wefcn feines Beseelt-
Opfer seyen der Gottheit angenehm; eine Seele wurde oder Lcbendigseyns etwas anders seyn möchte, als der
dieser dargebracht für eine andere, die durch eigene Schuld Athem oder das Blut? ob nicht selbst das Beseeltscyn sei
der Rache derselben verfallen war. Selbst das Blut von nem Grunde nach noch etwas vom blos thierischen Leben
Menschen wurde bcy allen alten Völkern als Opfer ver Verschiedenes seyn könnte, wenn gleich kein Beseeltsevn da,
gossen, in Zeiten, in welchen noch jedes größere Unglück, wo nicht auch ein Bclcbtseyn vorhanden sev, sich zu äus
selbst jede Krankheit unmittelbare Wirkung des Zornes der sern vermöge? Die Geschichte der griechischen Philosophie
Götter war. Daß auch bev den ältesten Griechen das ei scheint zu zeigen, daß dem Menschen auf diese Weise zwev
gentliche Leben im Blute war, scheint aus der Odyssee zu Lebensprinzipien, zwep Seelen zugeschrieben wurden,
erhellen, die Johannes von Müller für so alt als die Psal die darin zuerst von einander sich unterschieden , daß die
men Davids hält. Erst als Ulysses die heraufgerusenen eine vernünftig war und dachte, die anderevernunft-
Schatten der Unterwelt im finstcrn Lande der Cimmerier l o s und bloS reizbar war.
aus der Grube trinken ließ, die mit dem Blute der Opfer- (Die Fortsetzung folgt.)
thiere gefüllt war, weissagten sie ihm; erst nach getrun
kenem Blute erkannte ihn der Schatten seiner eigenen
Gemälde des römischen Volkscharakters,
Mutter wieder und sprach mit ihm. Noch tausend Jahre
nach Moses faßte der Grieche Empedoclcs die Vorstellun c K i' « ?
gen von Athmen, Blut und Seele in eines zusammen. Die Gebräuche eines Volks sind in ihrer Verschieden
Seine Seele war im Blute und bildete sich aus diesem. heit von denen anderer Nationen von zweperley Wirkung
Es erhellt dieses aus den Stellen, welche von diesem al auf den Reisenden, wohlthätig die einen, abstoßend die
ten Philosophen sich noch bev Plutarch, Galen und Euse andern. Zu den mißfälligsten Gebräuchen, welche mir in
bius erhalten haben. Als aber bey den Juden längst schon den verschiedenen Ländern , welche ich bereist habe, aufge
das Blut mit dem Begriff von der Seele zusammengeflos stoßen sind, gehört in einigen Städten Italiens, beson
sen war, verlor demungeachtet der Athem seine Bedeutung ders in Rom, das „OKI « (wer da)?" welches, selbst am
als Erzeuger des Beseeltseyns noch nicht. Ncch in einem Tage, Jedem entgegengeschrieen wird, der zn ein Haus
Gesichte, das im 5?sten Kapitel Ezechiels beschrieben ist, oder in ein Zimmer eingelassen zu werden verlangt.
der erst zur Zeit der babylonischen Gesangnischaft weissagte. Läßt sich mit Recht annehmen , daß die Sitten des bürger
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lichen LebenS keine zufällige , «der auf bloße Launen ge- Fragt man den Römer, waS er mit seinem ,cki »"
stüzte Erscheinungen sind, sondern daß ihnen vielmehr bezwecke , gibt man ihm zu versteh«, daß er damit gegen
eine oder die andere örtliche Ursache zum Grunde liegt, Räuber oder Mörder »ichtS ausrichte, daß unter Tausenden
wodurch ihre Eristenz Nothwendigkeit erhält, so wäre man kaum einmal ein Räuber oder Mörder durch Klopfen sich
gezwungen, in Rom eine größere Anzahl Mörder und Einlaß in die Wohnung zu verschaffen suchen werde , so
Diebe vorauszusetzen, als in London , Paris und Wien , sieht er einen verwundert an, und geht, seine Liedlings-
wo dem Klopfenden auf den ersten Schlag oder Glocken- floökel: I«« « Kuss«, durch die Zähne murmelnd und
zug geöffnet wird, ohne ihn vorher mit dem widerlichen achseljuckend, von bannen, ohne sich in fernere Erörterung
„Wer da ?" begrüßt zu haben. der Sache einzulassen.
Die Vorsicht der Römer, bevor sie Jemanden einlas-
sen, wird bis zum Lächerlichen getrieben. Menschen, wel Anekdote.
che keinen Stuhl unter und kein Henid auf dem Leibe ha Herr Reichardt macht in seinem Luis, ck« v«x»zeur»
ben , gurgeln ihr „LKi e" nicht weniger ab, :.Is wer Tau die naive Bemerkung, die Luccheser hätten lange vor jetzi
sende im Kasten liegen hat; ja Kinder quiken, wenn ih ger Zeit (seit der Wiederherstellung ihrer Frevheit unter
nen die Sprache noch lange nicht geläufig ist, ihr „ckii" Kaiser Karl iv.) das Wort l.ib«e„, im Wappen und »der
sobald sie an die Thür pochen hören. DaS „Wer da" den Thoren der Stadt geführt. Wirklich gibt es viele
ist überhaupt den Römern dergestalt zur andern Natur ge Leute, die Liberias für ein neues Wort und eine neue Idee
worden, daß sie es selbst bev Tage aus den obern Etagen halten. Sonderbar mit Hrn. Reichardt's Notitz stimmt zu
auf die Gasse herabschrcven, ohne sich die Mühe zu geben, sammen, daß, «Ist 79» die Division Serrurier (als Oder-
vorher zuzusehen, ob der Klopfende nicht vielleicht von general in Italien kommandirte Joubcrt die Franzosen)
der Familie oder aus der Freundschaft ist. So kömmt zu Lucca ankam, ihre Freunde, die Lucchesischcn Jakobi
eS , daß selbst der Vater oder die Mutter nicht eher ein ner das 8 am Ende des Wortes Libertas wegstrichen
gelassen werden, als bis sie ihrem kleinen Kinde auf sei und daraus Libert« machten. Sie sagten Libertas bezeichne
nen Zuruf das übliche „i°»ie," geantwortet haben, und die aristokratische Freyheit, Libert« aber die wahre Frev
daß der Herr sein „Gut Freund« anstimmt, wenn ihm heit, die des Volkes.
fein Bedienter das „«Ki e" von Angesicht zu Angesicht
Korrespondenz-Nachrichten. ,
unter die Nase ruft. Dresden, L. «prU.
Aber den Römern genügt es nicht, in ihren eigenen (Beschlug.)
vier Pfählen diese Sitte zu beobachten, sondern sie schreven Der Präses, Hofmarschall Graf Vitzthum, eröffnete da«
Fest durch den Blick auf unser» geliebten König, der auch seine
es sogar in fremden Wohnungen. Tritt man z. B. Abends Tbeilnabme an dem edle» Meister, dessen wir deute gedenken,
in ein Haus, um dort einen Besuch abzustatten, so durch de» reiche» Bevtrag , welche» er der liieren Akademie
kann man versichert seyn , daß Personen , welche zu dem »erstattet, für dessen Denkmal zu unterzeichnen, kundgegeben
selben Zwecke kommen , augenblicklich „cki «" rufen , so habe, und laut ertönte ein dreymaligeS Lebehoch dein Kunst-
bald ihnen ein Fußtritt in die Ohren schallt. Trifft es befördernden Monarchen. Dann ward ein von Th. HcÄ gedich
teter Hymnus an die Kunst gesungen, dessen SchlußverS:
sich, daß dieser, wie wohl dann und wann geschieht, von Und so öffne alle Quellen
einer Ziege, einem Schaafe oder einem Esel herrührt, Voller Herzen diese« Fest.
Thiere , welche hier in den meisten Häusern frey herumge Daß die Wogen höher schwellen, !
hen, und daß diese antworten, aber nicht in der vorge Al« ihr Bett sich finden läßt.
Und zum Meere sich gestalten
schriebenen Form , so betrachten sie den Vorfall mit un Unbccngt und »nbcgränzt,
zerstörbarer Gleichgültigkeit, ohne eine Miene zum Lachen Wo, al« Leitstern festgehalten,
zv verziehen. Schönheit nur und Wahrheit glänzt.
Auf der andern Seite aber genügt dem Römer immer Wahrheit! Schönheit! DioSkuren
Auf der uncrmeßncn Bahn,
das imici, es komme aus welchem Munde es wolle. Leitet, leitet un« hinan.
Dieses Wort ist überhaupt iu Rom «n Frevpaß, mit wel Auf der hohen Meister Spuren,
chem man selbst durch verschlossene Thören dringen kann, Mit allgemeinem Enthusiasmus aufgenommen ward, und gleich»
sam die Einleitung gab zu der herzlichen , einfachen, aber tief
denn in einem 4v»c« eine verdächtige Person zu verum- gefühlte» und mit großer Innigkeit gesprochenen Rebe, in
then, widerstrebt der Natürlichkeit des hiesigen Volkscha welcher Hofratl, Bdtttger nunmehr den Zweck diese« Feste«, die
ratters. Nur muß es der Fremde nach dem hiesigen Volks- Verhältnisse der heutigen Fcyer , die Verdienste des Treffli
«renke A lischt aussprechen, weil man tlnn sonst wegen chen, dem sie galt, und die Gefühle, welche den Busen jedes
des freniden Klanges eine Aufmerksamkeit schenken konnte, Künstlers und Kunstfreundes dabcy erwärmen müßten, ent
wickelte , zulczt aber auf den edlen Fürsten überging > der selbst
welche ihm, obgleich er weder Mörder noch Räuber ist, die Veranlass»»« zu diese», ErittNcrunqSfestc ward, sich an die
lästig werden möchte. Spiye der dafür wirkenden stellte, und vielleicht heute selbst in
384
Nürnberg babe» zugegen ist , ben thatkrZftigen König Ludwig ! erscholl bey ben gelungensten Stellen dieses wackern Gedicht«
von B«vern, welchem nun ein begeistertes Lebehoch erscholl. ^ das Beyfallklatschen und der Gläscrklang. Endlich inachte noch
Es ward hierauf ein von Herrn von Brunnow mitgctheil- Völliger die Motion , daß Albrecht Dürers Werke zum Anden
ter Nundgefang gejungen , und bey dessen Worten : ken an das heutige Fest von Dresden aus in einer neuen Aus«
Bringet vor allen baS schäumende Glas, gäbe, mit allen Erweiterungen , welche der hier bewahrte Bib-
Ihm, der euch lehrte Verhältnis und Maoß! liothekschay »erstatte, und allen Erklärungen, zu denen sich in
jedem Fache treffliche Gelehrte, Ingenieurs (die Fortifikation
mit ben Gefühlen der dankbarsten und ehrendsten Erinnerung betreffend) und Kunstkenner finden würden, erscheinen sollten,
des großen Meisters lautschallend gedacht , welcher gestern vor und zur Verwirklichung auch dieses Planö schienen sich die le
dreyhundert Jahren zur Verklärung einging < seine Werke wie bendigsten Hoffnungen zu bilden.
sein Leben als Muster für das Streben aller deutschen Künst So schloß sich denn eine Fever, welche einfach in ihrer Er
ler hinterlassend. Einzelne Züge auS diesem Leben aber . und scheinung, doch gewiß allen Anwesenden sehr genußreiche Stun
namentlich die ersten Arbeiten in der Werkstatt seines Vaters, den schuf, und init dem ewig verehrten Meister, dnn sie galt.
dann de» Nebertritt in Meister Wohlqeninlhs Malcrstube. und In steter Erinnerung bleiben wirb. Guido.
das sich Entfalten des Keims zur schönsten Blütl'e deutscher
Kunst, trug nun Friedrich Kulm in einfacher, aber um so München.
ansprechenderer, hcrzvoller Dichtweife damaliger Zeit, als (Fortsetzung.)
Täfelchen aus Dürers KünstlerlaufbaKn , unter allgemeinem Der Charakter der Königin Karoline Mathilde ist , wie
Beyfalle vor , und es ward dann ein zwcytcs Gedicht Theodor
Heils, das durch seine Überschrift : „der Deutsch e Albrccht irren, sich von selbst versteht, holde Weiblichkeit , und wenn wir nicht
Dürer" schon in Bezug darauf zu stellen schien, gesungen. Laut toinettehatvorgeschwebt,
dem Dichter das Bild der unglücklichen Maria An-
wie denn auch die Bcdrängnißsccnc, wo
wogte das Gefühl inncrn Bewußtscyns empor bey der Stelle: die rcbellircndcn Truppen gegen das königliche Schloß marfclii«
Denn die feste, gediegene Meisterhand, rcn, uns bedeutungsvoll den Tuilcricnsturm ins Gedächtniß
Die von Wahrheit nicht wich und nicht wankte. rief. An Gestalt gewann die Königin ebenfalls durch ihre
Und der tiefe, berechnende Kunstverstand, Darstellerin, Dem. Hagen, die am Anfang des zwcvtcn Aktes,
Dem die Linie ihr Recht verdankte. auf dem rothcn , goldumränderten Sessel fitzend . ganz so
Und der Fleiß und der Ernst und die Gründlichkeit freundlich aussah, wie auf dem Gemälde von Sticler, das wer
Sind acht deutsche, bezeichnende Eigenheit. jüngst im Nusstcllungssaale des hiefigc» Kunstvereiits so sehr
Und als bey dem Verse : bewundert haben.
Für das Liebe bedürfende Herz nur allein Wir besitzen nicht das Talent schönen Damen etwas Bit»
War ihm Labung und Trost nicht erkohren. tercs zu sagen , scy denn, daß wir sie liebte», und wir ent
Und es nannte der Edle ein Weib nicht sein. halte» uns unseres UrtKcilS über daS^Ipiel der Mad. Hagen
Wie sie Deutschland so herrlich gebore». als König!» Karolinc Mathilde um so mcbr, da man der
Wie so mancher der wattern Künstler beut Meynung ist, fie habe in dieser Rolle besser als jemals gespielt,
Sich des Kleinobs im friedlichen Haus erfreut, und da überhaupt unser etwaiger Tadel jene ganze Unnatur-
Künstler und Kunstfreunde an ihre tbcucrn Gefährtinnen dach? schule betrifft, woraus so viele Meisterinnen hervorgegangen.
ten . da stürmte ein lautes Lebehoch den edel» Hausfrauen aus Peche, Mit Ausnahme der Wolf, der S r i ch , der S chr ö d e r , der
Herz und Mund. Am Schlüsse aber bey ben Worten : der Müller und noch einiger andern Damen, haben
sich unsere Schauspielerinnen immer jenes gespreizten, ssngendcn,
Hoch denn Dürer! es lebe die deutfche Kunst! gleißenden . heuchlerischen Tones befleißigt , der seines Gleiche»
ward ben Genien des Tages von neuem gehuldigt , und immer nur auf lutherischen Kanzeln findet, und der jede? reine Ge-
herzlicher und inniger ward das Vcvständniß. füvl parodirt. Die natürlichsten, unvcrwökntcsten Mädchen
Nachdem denn nun Fr. Knbn noch zwey andere Täfelchen glauben , fobald fie die Bretter betrete» , diesen Ton c»,siim-
aus Dürers Leben unter gleicher freudiger Anerkennung vorge ine» zu müssen , und sobald fie fich diese traditionelle Uniiatur
lesen und aufgestellt hatte, trat Bbttiqer von Neuem auf. und zu eigen gemacht haben, nennen sie sich Künstlerinnen. Wenn
legte diesem so festlich und froh vereinle» Kreise die Srundzüge wir in- dieser Hinficht unsere Königin Karoline Mathilde »och
eine« Plans zu Stiftung eines Kunstvercins in Dresden vor, keine vollendete Künstlerin nennen , haben wir das größte Lob
dessen Leitung den anerkannten , um die Kunst so verdienten ausgesprochen , welches fie von uns erwarten kann. Da sie
Männern , Grafen Vitzthum und von Qnandt übertragen wer noch jung ist, und hoffentlich ouf'wohlgemeynten Wink achtet,
de» solle. Freudig ward dieser Gedanke aufgefaßt, und nach vermag sie vielleicht einst dem Streben »ach jenem fatalen Künst-
dem Professor Hasse noch einige kostliche dichterische Worte über lerthuinc zu entsagen, und sie soll uns freundlich geneigt sin«
Albrecm Dürer, diesen Kunstvcrein und den nebenan wohnen den , sie dafür vollauf zu loben. Heute aber müssen wir die /
den Mitvorsteher desselben, von Quandr. gesprochen hatte, eilte Krone einer bessern Königin zuspreche» , und trotz unserer an-
eine aus jungen Künstler» und einigen Kunstfreunden bestehende tiaristokratischcn Gesinnung huldigen wir der Königin Juliane
Deputation zu dem lcztcrn. um ihn von alle dem in Kennlniß Marie. Diese ist eine Gestalt, diese ist ein Charakter, hin
zu setzen, welche denn auch bald den gefübltesten Dank des ist nichts auszusetzen an Zeichnung und Farbe , hier ist etwas
freudig Erregten zurückbrachte. Die Subscription für den Ver Neues, etwas ganz Eigenthümliches , und hier bekundet der
ein folgte nun . und fiel überaus reichlich aus. Dichter seine höchste, göttlichste Vollmacht, feine Vollmacht,
Auch Professor Fövfler verschönte das Fest durch ein treff Menschen zu schaffen. Hier scheint uns Herr Beer ein Können
liches Gedicht, welches Albrccht Dürer im scchszclinten, siebzehn zu offenbaren, das mehr ist, al« wa« wir gewöhnlich Talent
ten und achtzehnten Jahrhundert aus feinem Grabe wiederkeh nennen, und das wir fast Genie nennen möchten, wenn wir
ren und nur im leztcrn die Ausübung und Ansicht seiner ge mit diesem allzukostbaren Worte minder geitzig wäre».
liebten Äunst so beschaffen finden ließ, daß er Freude daran ha (Der Beschluß folgt.)
ben und sie segne» konnte. Nun ward ein. von Fr. Kuhn mit-
gethciltcr Rundgesang für dieses Fest gesungen, und mehrmals Bevlage: Kunstblatt Nr. zz.
Verlegt von der I. G. Co rta'scken Buchhandlung.
M o r g e n b l a t t

f ü r

gebildete Stände.

Dienstag, 22. April 1 8 2 3.

Do klug, und ds«, von Skrupkln voll?


So geh denn hin . «in von den Schaaren
Im Reich der Tedten zu erfahren,
Was man i„> Lebe» glauben soll.
- Katschkp.

Erinncruttgeu an Schwcdc» untcr Gustav IN. und iiderschäzte und einst auf den, Wege der Wissenschaft den
Gustav IV. Wunderglaube» niit der Vernunft vereinigen zn können
glaube. Folgende geschichtliche Züge aus einem Lande, wo
Das End? des verflossenen Jahrhunderts und der An- man auch mit Glück m der Politik erperimentirte, scheinen
fang des jetzigen war die Aeit der Wunder im reden der uns für die Periode bezeichnend; ihr Hauptinteresse aber
europäischen Menschheik. Alles gährte in Philosophie, Na gibt ihnen der Umstand, daß sie sich auf die tezren Tage
turwissenschaft und Politik; glücklich wurde der Blitz einer verschwindenden Dynastie beziehen, denn es wird
bekämpft, die Luft durchschifft. MeSmer schien eine un- wenige Regentenhäuser geben, welche nicht Gegenstücke
ermeßliche Tiefe erschlossen zu haben, und der Weusch dazu aufzuweisen vermöchten.
schaute ahnungsvoll hinab in die Labyrinthe der Seele, Schweden ist Swedenborgs Vaterland; man würde
schon glaubte er die Pforte» der Geisterwelt geöffnet und sich aber irren , wenn man glauben wollte , Swedenborg
meinte wissenschaftliche Entdeckungsrcisen darin machen zu besitze der Anhänger viele in seinem Vaterlande; wenig
können. CS war, als ob mit der Begründung der Theo stens zu Anfang dieses JahrhnndertS war dieß nicht der
rie der Elektricirät und des Galvanismus das Menschen Fall. Die Mitglieder der Brüdergemcinc, «IS eigentliche
geschlecht sich selbst galvanisirt hätte ; eine große Nation Herrnhuter, darf man nicht mir ihnen verwechseln.
stellte mit sich selbst ein gigantisches Srpcriment an, und Mehrere Gelehrte, Naturforscher und Philosophen (in, bes
der große Erperimentator , der aus ihrem Schooße hervor sern Sinne dieses Worts) hatten Mühe mir ei» Dutzend
ging, erhielt Resultate für das moralische Leben der Völ Personen nanibaft zu machen, von denen es gewiß war,
ker, gegen welche der Einfluß von Galvanis zuckenden daß sie zu dieser Sekte gehörten. Bev einem derselbe»
Fröschen ans die Wissenschaft zu nichts verschwindet. Sin forschte ich selbst nach ; er wich aber aller nähern Erklä
neues Wunder müßte man es nennen, wäre der Mensch rung ans, und beschränkte sich blvs darauf, mir zu sagen :
»on allen diesen Wundern nicht schwindlicht geworden ; Swedenborg sey ein sehr gelehrter und vortrefflicher Mann
man war, auch in den höhern Ständen, für Visionen, gewesen, der aber manchcrley sonderbare Einfülle
Ahnungen und das ganze Gefolge »ervenkitzelnder Schrei gehabt habe, die man ihm wohl verzeihen könne, da sie
ten desto empfänglicher, als eine stürmische, ereiqnißreiche Niemand geschadet hätten. In seiner frühen Jugend
Seit die WechselfäUe der Erfüllung häufiger »lachte, und habe er Swedenborgen sehr oft Abschnitte ans der Physik
man im Rausche der Neuheit die Wirkungen des thicri- und Naturgeschichte abhandeln hörcn. „Da kam es denn
schen Magnetismus, der Slektricität und anderer Kräfte wohl," sagteer, „daß Swedenborg plötzlich stockte, aus
Z8.6
stand und lächelnd und mit vertraulicher Miene einen tie denn es fällt ihm ein , daß er den schützenden Talisman,
fen Bückling vor Wesen machte, die nur ihm allein sicht den er beständig in einem Beutelchen von.Atlas auf der
bar ivmken." — „ES sind Geister ," äußerte er sich dann, Brust zu tragen pflegte, vergessen habe. Nun geht er
«die mich im Vorangehen besuchen; ich muß ihnen doch auch keinen Schritt weiter, sondern schickt schnell einen sei
zeigen, wie sehr ich ihre Aufmerksamkeit zu schätzen weiß ; ner Vertrautesten, den Grafen Taube ab, das Schutz
jczt sind sie wieder weg und ich kann nun fortfahren." — mittel zu holen , hängt es um , und nun erst schreitet er
„Wirklich," schloß mein Erzähler, „ergriff dann Swe gefaßt vorwärts. Auf dem Rückwege nach seinem Hotel
denborg sofort auch den Faden seiner Rede ganz ruhig erfährt er, daß ein Reisender in rothem Rocke ihn dort
wieder." , . ' .< erwarte. Neuer Schrecken ! Der König beruhigte sich je
Aus dem Umstände, daß im,Jahr 179» ein gewisser doch bald, als er in dem gefürchtcten Reisenden den Gra
August Norde nsciold, übrigens ein Mann von fei fen Arcl Fersen erkannte, der damals Italien bereiste,
ner Weltbildung, der sich als schwedischer Gesandter in und nach Rom gekommen war, dem König seine Aufwar
Hamburg viele Verdienste erwarb , Gustav in. ein Werk tung zu machen.
über die Gemeine des neusn Jerusalems dedi- -> (Der Beschluß folgt.)
cirte, hat man schließen wollen, der König selbst habe
diese Sekte begünstigt. Nordensciold verheißt in seinem
Buche dem König, wenn er anders die Gemeine Ueber die Mcynungcn verschiedener Zeitalter
beschütze, ganz ernstlich: sein Name werde, gleich die Sitze der Seele.
ser, bis zu den spätesten Nachkommen fortleben. Gustav
(Fortse,ung.>
that übrigens , indem er die Dedikativn dieses Werkes
annahm, weiter nichts, als daß er einen Beweis mehr von Demokritus, welcher 64 Jahre vor Plato geboren
seiner Toleranz ablegte ; sein persönlicher Glaube, weder wurde , sezte, Plutarchs Jeugniß zufolge, eine vernünftige
fest noch bestimmt genug, war selbst denen, die ihn zu Seele in die Brust; den vernunftlosen Theil der Seele
nächst umgaben , ein Problem. Scherz über die christliche verbreitete er aber in dem ganzen Körper. Ihm schwebten
Religion duldete er übrigens nicht. bey lezterem offenbar diejenigen Erscheinungen des thierU
Dennoch war Gustav ei» Freund des Wunderbaren und scheu Lebens vor , die wir bewußtlose Reizbarkeit der
neigte sich sogar zum Aberglauben hin. Nicht nur ein Theile, organische Erregbarkeit, organische Lebens - und
künftiges Leben, sondern auch die Möglichkeit, schon im Bildungskraft des Körpers nennen. Noch heutigen Tages
jetzigen in Verbindung mit den Kräften der Geistcrwelt haben, nach Ludolfs äthiopischer Geschichte, die Habesst-
zu kommen, hielt er für erwiesen, und es ist unter an nier ein philosophisches Buch, in der Geezsvrache geschrie
dern gewiß, daß er mehrmals eine Wahrsagerin, Namens ben. Nach diesem hat der Mensch zwey Seelen; die
Arfwedson, befragt hat. Gewiß ist es, daß ihm eine, die der Odem des Lebens ist, ging aus dem Munde
diese Frau noch vor seiner Reise nach Italien und vori78Z, Gottes aus und stirbt nie; die andere, die reizbar ist,
also nicht etwa x«»> r»e>um, empfahl, sich vorrothen besteht aus dem Blute des Körpers , ist aus den Elemen
Kleidern in Acht zu nehmen, und daß der erste, der ten zusammengcsezt und sterblich ; auf leztere bezieht sich
ihm in einem solchen begegnete, der nämliche Graf Nib- das Mosaische Verbot, Blut zu essen.
ding war, der zehn Jahre später zu der Zahl seiner Mör Damit, daß die denkende Kraft im Menschen von der
der gehörte, und zn icner Aeit der vertrauten Verhältnisse ihrer selbst unbewußten, ernährenden, fortpflanzenden und
wegen , in denen seine Mutter mit der Mutter des Mo als blose Reizbarkeit, die auch in der willenlosen Pflanze
narchen stand , große Gunst bcv Hofe genoß. Um indessen auf angebrachte äußere Sindrücke zurückwirkt, sich äußern
das Wunderbare dieser Begebenheit zn vermindern, ist es den Lcbensthätigkeit geschieden wurde, bahnte sich der Weg
nöthig zu bemerken, daß der König damals ans den Gra zu unendlich wichtigen Fortschritten in der Weisheitslehre
fen zuging, ihm erzählte, was ihm so eben gerathen wor der Griechen , welche bey den Edlcrn derselben die Stelle
den sey, und sich stellte, als lache er darüber, daß jedoch der noch in Vielgötterep versunkenen Volksreligion vertrat.
feine Abneigung gegen diesen Günstling eigentlich von je Es entwickelte sich nun die Idee der Unsterblichkeit der
nem Umstände herrührte, eine Abneigung, die ohne Wun Seele als Hoffnung auf ein vollkommnercs Leben jen
der erklärte wie Ribbing einer der erbittertsten Feinde Gu seits. Zwar kannte auch Homer schon unmächtige Schat
stavs «erben konnte. Die Furcht des Königs, rothen ten der Unterwelt, aber sie mußten vorerst Blut trinken,
Kleidern zu begegnen, äußerte sich von dort an bey meh ehe sie nur wieder wie gewöhnliche Menschen denken und
reren Gelegenheiten. Während feines Aufenthaltes in sprechen konnten.
Rom will er einen Besuch im Vatikan abstatten. Awey Die Hoffnung einer Fortdauer jenseits des Grabes
Kardinäle e,npf»ngeu ihn. Er erschrickt bev ihrem Anblick, wirb zwar dem MenßHen von demselben großen Urheber
387
der Schöpfung , der ihn a«f unserem kleinen Planeren als das Ohr, das feinste Smpflndungswerkzeug für Harmonie,
das vorzüglichste Geschöpf auftreten läßt, eben s« unaus welche, in ausgedehnter, höherer Bedeutung genommen,
tilgbar mitgegeben, als ihm auf der andern Seite die gleich- von den griechischen Philosophen bevnahe zu einer selbst-
falls keiner Erfahrung fähige angeborne Furcht «or dem ständigen Gottheit erhoben wurde. Die Griechen konnten
Tode natürlich ist. Aber der Mensch beachtet die ihm wohl bemerken, daß bey zu angestrengtem Nachdenken der
»ngebornen nnddanimnokbwendiaauch dort, wo überhaupt Kopf, nicht aber die Brust einem wehe thue, daß bey ei
der Grund seiner Entstehung ist, begründeten Gefühle nur nem eingenommenen Kopf dosDenkcu schwer von Statten
in dem Maaß, m welchem er sie, die an sich keine Spra gehe, auch wenn der Athem dubep ungestört und der
che reden , in bestimmte Bilder, faßliche Vernnnstschlüsse Herzschlag natürlich bleibe. Rai» sezte, wie Plutarch be
und Wortformeln überfezt. Er wird nur dann an ihrem zeugt, ein ungefähr um die Zeit des Anfangs der alten
Dasevn zu zweifeln verlockt, wenn sie von den vermein alrrandrinifchen Schule lebender griechischer Philosoph,
ten Weisen widersinnig oder auf eine, seinen übrigen Er Strabo, die Seele vorne zwischen die Augbrauncn, ver-
fahrungen und seine« Denkgesetzen widersprechende Art muthlich weil er, wenn nichts Kluges medr heraus wollte,
ausgedrückt wurden, und nun solcher vernunftwidrige sich die Stirne rieb. So wanderte endlich der denkende
Ausdruck des natürlichen Gefühls ihm als wirkliche Kennt- Theil der Seele bep den Griechen auS der Brust in den
niß aufgedrungen werden will. Mir der bemerkten Tren Kopf, aber noch nicht in das Hirn. Rur im Propheten
nung des Lebensgrundes in eine vernünftige Seele und Daniel finden sich mehrere Stellen, wo nach der Bibelübcr-
in eine willenlose, mit dem Körper verschmolzene Lebens sedung der Vulgata Träume und Gesichte im Schlafe be
kraft konnte erst der Gedanke an die Fortdauer des Gei stimmt dem Kopfe zugeschrieben werden , es also scheinen
stes in einem Jenseits sich frevcr von den Einwürfen ma könnte, daß weit früher, schon bep den älter« Juden, der
chen, die ihm die tägliche Erfahrung vom Zerfallen und Kopf der Sitz wenigstens der träumenden Seele gewesen
Vernichtetwerden eines früher lebenden, nun tobten Kör sey ; aber die gelehrtesten Theologen setzen die Entstehung
pers hatte entgegen halten können. Es hitte dieser sinn des Buches Daniel in das Zeitalter der Makkabäer, wo
lichen Erfahrung ,o sehr widersprochen, eine Seele für längst schon griechische Waffen Vorder- und Mittelasien
«»zerstörbar und als fortdauernd nach dem Tode anzuneh erobert hatten und griechische Philosophie mehr oder min
men , die mit dem Blute des Körpers und feinem blos der dort mit einheimischer in Berührung gekommen war.
thierischen Leben eins gewesen wäre. Darum kam auch (Die Fortsetzung folgt.)
in das ausgesprochene Glaubenssvstem der Juden so spät
erst das Dogma von der Unsterblichkeit; ihren Ausdruck
sucht man vergebens in den jüdischen Schriften des alten
Testaments , welche »or der babylonischen Gefangenschaft Korrespondenj-Nachrichte ».
verfaßt wurden. Berlin, Februar.
Daß aber der vernünftigen Seele wichtigstes Hülfswerk-
zeug das Gehirn sev, davon ohnete man lange gar nichts. <Fortsk«»na.1
Hätte es für die Inden gleiche Bedeutsamkeit wie das
Blut gehabt, so wäre das Gehirn der Thiere zn speisen Wer nn Gedicht n>it da« Nibelungenlied bearbeitet,
ihnen wohl auch verboten worden, was nicht der Fall ist. wir» immer genithigt sey», die Ei'arakter« und Vorfälle im
Ganzen zu lassen, wie «r sie vorfindet. Wesentliche Verände
Die Griechen sahen es, dem Zeugnisse Plutarchs zufolge, rungen, ohne Veränderung der ganzen innerlichen Grundlage
bey geschlachteten Thieren als einen wegzuwerfenden Un- de« SedichtS , bringen Widersprüche herein , die unlösbar blei-
rath an , den sie zu speisen verabscheuten. Ihre Sprache den. Dieß Schicksal hat Herrn Raupach betroffen. Die erste
hat nicht einmal ein eigenes Wort für Hirn, fondern nennt Art und Weise , wie er feiner Zeit da« vorliegende Gedicht
angeeignet hat, liegt in folgendem : Wir können die graue Ver
dasselbe bl»s: das im Kopfe Befindliche s«v««?«Xsv). gangenheit , deren fanfte und grausame Zöge dicsi Gedicht roie-
Vlutarch sagt im 9ten Buche seiner Gastgcfxräche, Achilles derfpiegclt, nicht ohne Reflexion betrachten; sie bleibt nn« zu
habe den Agamemnon, um diesen z« schimpfen, mit Hin, fern , unser Geist ist ihr fremd , und nnr durch mannigfaches
Hin - mid Hrrbenken können wir «n« mit ihr verfilme» ;
verglichen ; doch findet sich diese Stelle in de» zegenwirti- unmittelbar sein eigene« Gemüth im diesem Gedichte wiederfin
g« Ausgaben des Homers nicht mehr. det, ha« ein verkehrte« GemStb. Daß Herr Raupach mchr
Wohl war der Krq>f, wie aus den Schriften von Plato ohne verständige , allgemeine Reflexionen «» diese« Lied «erde
und «nstoteles erhellt, schon den Grieche» der edelste gegangen ferm , ließ sich um so inebr »ermmhen, da seine Poe
sie überl aupt grbßtentlxils inUebersetzung allgemeiner Reflerio-
Theil des Kirxers, gleichsam ein göttlicher Tbeil. Nicht ne« in Verse nnd Personen besteht» Sr bat au« drin Gedicht
«der nxetl er das Gehirn, fondern weil er die höhere» Sinn- sich eine allgemeine Bedeutung herausgeholt, nnd bat gefun
»erkzenge enthält, das Auge, das nach ihren Begriffen den, daß e« eiirm wilden, bvrrbavischen Zustand schildere, der,
das Licht nicht aufnahm, so»dern vielmehr aussendete. trotz seiner Silberblick, »on sittlicher Gatten - und Dienertecur.
38S
zarter Meie, keuscher Minne, sich durch seine eigene Wildheit subtilsten Gründe hat, vor allein fortwährend seine !Treue
zu Grunde richte. Diese Reflexionen schweben über dem Gc- im Munde führt, und was er thut stets als notbweudig zu
dicht gleichsam alS CkoruS , der bey Sisrids Tob grdgtcntkcils schildern bemüht ist . wie einer , der eine Lüge immer wieder
dem Vvlcher . «in Schlüsse , so viel wir uns erinnern , dem von Neuem wiederholt . bis er und andere sie glauben. Auch
Dietrich von Bern in den Mund gelegt ist. Hagen, der ganz von dieser Gestalt ist alle Barbarei) abgestreift. Gunther end
nur au« Herrn RaupachS Reflexion Kervorgcgangen ist , spielt lich, der König, ist so schwankend und im Ganzen unbedeu
iu Betreff auf seine Thatcn selber den Chor. DaS Wider tend wie im Nibelungenliede , doch gleichmäßig wie die bisher
sprechende der Bearbeitung zeigt sich nun barin, daß Herr genannten Personen unserer heutigen Bildung näher gebracht.
Raupach die Hauptpersonen, Chricmhilden , Sifrid, Gunther Frau Uten und die Brüder Gunthers, den wackern Gernot und
und Hagen zu uns Kinaufgchoben , ihnen weitere Bildung, den freundlichen, wohlgesinnten GiselKcr Kat Herr Raupach
mannigfacheren Inhalt gegeben , und sie überhaupt so ausge mir Recht nicht mit in sein Gedicht eintreten lassen.
stattet Kat, daß wir sie für Unseresgleiche» in mittelaltriqer (Die Fortsetzung folgt.)
Kleidung anerkennen dürfen , während dennoch der Ausgang
derselben wie im Nibelungenliede bleibt. Die Barbarey München.
ist diesen Gestaltet, entnommen, und dennvch trifft sie das (Beschluß.)
S«i«sal dieser Barbarey. Sie sollen als ei» wildes Geschlecht
untergehen, ein besseres soll cmporblüken. Dieß Schicksal, Die alte, schleichend kräftige, entzückend schauderhafte
welches nur auf BrunhildenS Haupt seine Bliye schleudern Königin ist eine eigenthümliche Schöpfung des Dichters, die sich
sollte , da sie die einzige Wilde , Megäre und Barbarin ist, mit keinem vorhandenen Bilde vergleichen läßt. Madame Frieg
verheert das ganze Geschlecht, das wir so gern erhalten sähen. hat diese Rolle gespielt wie sie gespielt werben muß, sie bat
Dieser Widerspruch tritt am deutlichsten im Charakter CKricm- den rauschenden Bevfall , der il,r zu Thcil wurde , «chtinäßig
Hildens hervor. Wie mild , zart , keusch , unschuldig , lieblich, verdient, und seit jenem Abende zählen wir sie zu dem Häuflein
frcundlich, heiter und liebevoll schildert sie daS Nibelungenlied besserer Schauspielerinnen, die wir oben genannt haben. Ihre
vor Sifrids Tode; zu welcher grausamen, schonungslos wil seltsame, unruhige Händcbcwequng erinnerte uns lebhaft an
den Bärin wird sie in Ezels Laqor; ihr ganzes Volk opfert die Semiramis der Mab. Georges. Ihre Kostumirung , ihre
sie dein Verderben , die Brüder läßt sie in der Schlacht und Stimme, ihr Gang, ihr ganzes Wesen erfüllte« uns mit gehei
im Kerker rbdten; den Hagen ermordet sie selber. Solche mem Grauen ; absonderlich in der Scenc, wo sie den Vcrschwo«
Chriemhild konnte Herr Raupach uns nicht vorführen. Er renc» die Nachtbcfeble ausrhcilt. ward uns so tief unheimlich
läßt ihr durchweg den milden , sittlichen Charakter , stattet sie zu Miithe wie damals in unserer Kindheik, als eines AbendS
mir alle» Zügen der Liebe und Treue , der Reinheit , Heiter, die blinde Magd »uS die schaurige Geschichte erzählte von dein
keit, die ihm zu Gebote standen , au«, und sucht alles bervor, nächtlichen Schlosse, wo die verwünschte Kayenkbnigin, aben
sie unseren heurigen Vorstellungen eines licbenswcrthcn Wei teuerlich gepuzt , im Kreise ihrer Hoftatcr und Hofkaften sizt,
bes enrsprechcn zu lasse». Nur als sie anfZ Aeusterstc gebracht und halb mit menschlicher Stimme und halb miauend, Un
ist , übcrläsir sie sich eine kurze Stunde hindurch dem Gefülil heil berathct.
der Rache, die sie mit Ezcl verabredet. Je näher sie unserem Wir schließen diese Betrachtungen mit dem Bedauern, daß
heutigen Gefübl gebracht war , desto mehr vcrlezt diese vldgli- der Raum dieser Blätter unS nicht vergönnt, uns weitläufiger
che Maßlosigkeit, diese augenblickliche NibclungenliedSwildhcit, über Herrn BeerS neue Tragödie zu verbreiten. Wir füklcn
aber im fünften Akr bereut sie auch sogleich ihr Vorhaben, selbst, daß wir zumeist nnr eine Seite derselbe» , die politische,
fleht auf ihre» Knieen: Ezcl möge die wilden Rathfchiäqc nicht beleuchtet haben. Wir denken, baß andere Berichterstatter, wie
befolgen , nicht ausführen . es sc» ja ihr Bruder , ihr Volk, gewöhnlich, einseitig die andere Seite, die romantische, die
das er schlachten wolle. Dieß Flehen kommt zu spät; Ezcl. der verliebte besprechen werden. Indem wir solche Ergänzung er-
Barbar, ist unerbittlich. Skt ist nicht die Barbarin , sie hat erwarte» , wollen wir nur noch unser» Dank aussprechen für
sich nur dem Bardaren übergeben, indem sie einen kurzen den hohen Genuß, den uns der Dichter bereitet. An der frei)-
Augenblick hindurch ans die Stimme der ihrem edlen Innern müthigen Bcurthcilung , die sein Werk bey uns gefunden,
fremden Wurh gekört hatte. Wie hiedurch der ganze Sinn möge er unsere ncidlofc, liebreiche Gesinnung erkennen, und
des Endes zu einer durchaus schiefen Stellung verrückt wirb, es sollte uns freuen, wenn unser Wort vielleicht dazu beyträgt,
ist leicht zu fassen. Sifrid erscheint von Anfang bis zu feinem ihn auf der schönen Bahn . die er so ruhmvoll betreten , noch
Tode als eine gelungene TKeatergestalt. Naiv, bieder, fröhlich, lange zu erhalten. Die Dichter sind ei» unstätcs Volk, man
voll Kraft, Innigkeit, Derbheit und Treue , weiß er sich in kann sich nicht auf sie verlasse» . und die Besten habe» oft ikre
allen Secncn unsere Liebe zu erwerben. Aber auch er ist weit bessere» Meinungen gewechselt, aus eitel Verändernngssiicht.
davon entfernt, der Sifrid des NibclnnacnlicdcS zu seyn; Götz I» dieser Hinsicht sind die PKilosopKcn weit sicherer, weit
in seiner Juacnd könnte so gefühlt, gesprochen und gehandelt mekr als die Dichter liebe» sie die Wahrheiten, die sie einmal
Kaden. Barbarisches, von dem sich, der NibelungcnKcld (man ausgesprochen, man sieht sie weit ausdanevnder dafür kämpfe»,
gedenke der Bärenjagd vor scincin Tode) nicht frcy machen kann, denn sie haben selbst mühsam diese Wahrheiten a»S der Tiefe
ist ben Herrn RaupachS Sifrid nicht zu finden. Wir können des Denkens Kervorgedacht . während sie den müßigen Dichtern
seinen durchaus grundlosen Tod nur beklagen , der nicht etwa gewöhnlich wie ei» leichtes Gcfchcnk zuqekoinine» sind. Mö
ans dem Haste HagcnS, aus Begier »ach SifvidS Gold, oder gen die künftigen Tragödie» des Herrn Beer, eben fo wie der
aus Wildheit überhaupt hervorgeht , sondern aus einem gebil Paria und der Struenscc, tief durchdrungen werden von
deten Hagcnschcn Raisonnement und Pflichtgefühl, dein der dem Hauche jenes GotteS, der noch größer ist als der große
edle Dicnstmann „„gern folgt. Dtnn Hagen ist bey Herrn Apollo und all die andern mcdiatisirten Götter des Olymps,
R,,»pach „ichiS alS daS Wort Treue zu einem mittelaltrigen wir sprechen vom Gsrre der Frcyheit. >. . . -
Lehcnsmann personificirt , der wie ein ächter Ultra immer noch
rovalistjkcher als der König ist., alles besser weiß, sich immer
opfern will, für alles Ungescheutc . waS er thnt , stetS die Bey läge: Ltteraturblatt Nr. ZZ.

Verlegt von der I. G. Cotta'schen Buchhandlung.


^. 98.

o r g e n b l a t t
für,

gebildete Stände.^

Mittwoch, 2Z. April 1 8 2 8.

Der rokchx Morqen mui verbleich«,.


Verliebet , ob de, Nosrn Kicr. '»i
Und küssend lasset er auf ii«
Vcr süße» Küsse feuchte Zeichen.
G. R. Wekberlin.

Der Thautrvpfc Docd bald fühl' ich Todeswehen,


Denn mich drückt der ,>iammeustrahl.
Aus des reinen Aetbers fernen Und von Äugen ungesehen
Sink' ich in verschwieg'ner Nacht Flieh' ich aus dem Blumenthal.
Bev dem Glan; von tausend Sternen
Auf des Früblings Blumenpracht. Schöner bl>',Ket >ezt die Mose
gu der zarten Knvspen Schoeße >)tuf durch meines Zaubers Macht,
Eil' ich frendeztttcrno hin, Bis der S»n»e wesenlose
Küsse mir die junge Rose, Glitten beugen ibre 'Pracht;
Süßer Düste Spenderin. Doch sobald der Lichtball nieder
Sinkt, entrückt der Blumenau,
Hebt sie lels' ibr Köpfchen wieder.
Fühlt sie nicht bey meinem Nahen, Lechzend »ach dem Tropfen Tha».
Obwohl bebend, neues Glück,
Schlagt, den Fremdling zu cnwfahen, W. « Brei rschwert.
Ihre Schleyer »uft zurück ?
Su der Düfte heil'gcr Quelle
Brech' ich kühn die Bahn hinab.
Werfe meine kleine Welle Erinnerung an Schweden xnter Gustav lll und
In das weiche Blättergrab. Gustav IV.
Und die Knospe, mich umschlingend. (Beschluß.)
Wiegt sich in der reinen Luft, In Stockholm lebte ein Finnländcr > Namens Blörn-
Mildes Licht der Sterne, dringend ramm, alö Beamter ; di^em einfachen, bescheidenen, mit den
In die halbvcrschloss'iie Gruft,
Blinkt auf meinem Perlcnspiegel, Naturwissenschaften ganz nnvekannten Mann wurden die
Bis der Mörsenschimmer lacht seltsamsten Talente zugeschrieben, und sonst gar nicht leicht
Um die waldbedeekren Hügel, gläubige Personen glaubte» an seine Wundcrgabe ; nament:
Und der Lärm der Welt erwacht. lich öffnete er festverschlossene Thüren ohne ein anderes
'omrument als ein bölzerne? Stäbchen , er konnte will^
Wie der erste Blick der Sonne kübrlich Lufrerscheinungen hervorbringen und allerlei) Ge-
Grüßend schwebt zu mir herein.
Glänz' ich bochverklärt in Wonne stalte» erscheinen lassen. 5er König hatte von dem son-
In der Farben gvldncm Schein ; derbaren Manne gehört, dem seine Celebrität selbst lästig
3?«
gewesen sepn soll, und bekam Lust eine Probe sejnM Ta Vtt.traulichkejt ungewöhnlich verlängerte, und wo nichts zu
lents zu sehen. Biirnramm wurHe Nachts in eine alte traurigen Ahnungen stimmen konnte, «»^diesem Abend
Kirche in der Nähe des Schlosses Gxipsholm gebracht, und also unterhält sich der Hofkavalier^ Graf v. F. , ein
hier ließ er vor dem König und fünf Hoftsuten eine Ge Man» von der fröhlichsten Laune, mit seiner liebenswür
stalt erscheinen , die einer nach dem andern mit denselben digen Tischnachbarin , der Gräfin v. G. . Ihnen fast ge
Gesichtszügen, aber jeder in einer andern Stellung sah. genüber sizt, mit dem heitersten Gesicht, der Erbprinz von
Ganz Stockholm sprach damals von dieser Geschichte und Baden. Plötzlich stockt Graf F. in seinem Gespräch und
rief: ««z»« o >«» ck«t«? In den höchsten Eickel» meinte erbleicht, '„Was ist. Ihnen?" sagt die Gräfin, der das
man mit geheimnißvoller Miene, das Wegläugncn tvie auffällt. „Nichts , gar nichts !" entgegnet der Graf aus
das Daranglauben habe gleichgroße Schwierigkeiten. weichend. „Um Gotteswillen, reden Sie! die schnelle
Es scheint indessen, als datire sich das Mirakelwesen Veränderung Ihrer Farbe, Ihr Stocken, das alles ist
und der Glaube daran in Schweden schon von längerer nicht natürlich." Auf weiteres Dringen der Gräfin gibt
Zeit her. Die erste und zwar seht auffallende Spur da endlich der Graf nach, und sagt: „Sie sehen doch hier vor
von ist jene Vision Karls XI., die ihm das traurige Schick uns den Erbprinzen von Baden in seiner Uniform , blau
sal seines sechsten Nachfolgers vffe»bart habeu soll. Be mir roth? Nu», eben wie ich den Blick da hinunter, nach
trug oder nicht, so viel ist gewiß, sie geht der angekün jener Thüre wende , sehe ich den Prinzen zu derselben
digten Begebenheit weit voraus und ich habe das in schwe Thüre hcreintretcn in seiner andern Uniform, grün mit
discher Sprache abgefaßte Protokoll gelesen, das unter jenem gelb. Er fah bleich und matt aus, fiel nieder und ver
eben für keinen Visionär geltenden König über die sonder schwand. Täuschung war das nicht; mit Ihnen beschäf
bare Erscheinung , deren Zeuge er gewesen sepn soll , auf tigt, habe ich in jenem Augenblicke gewiß nicht an den Erb
genommen worden ist. Seit langer Zeit nur von wenigen prinzen gedacht. Ich halte vielleicht eben nicht mehr auf
Personen gekannt, erregte dieses in seiner Art ganz eigene Ahnungen als Sie, aber ich wollte darauf wetten, wir
Aktenstück zu Anfang der Regierung Gustavs i> . allgemei verlieren de« guten Prinzen bald." Die Gräfin erschrack;
nes Aufsehen. Der junge Monarch, zu schwermüthigen daß der Graf nicht scherzte, war nur zu sichtbar. Bevde
Gedanken geneigt, und überzeugt, er sey unter einem blieben, so lange die Tafel noch dauerte, meist inTchwei-
unglücklichen Gestirn geboren, sah in dieser Vision eine gen verfunken , und gaben sich bcvm Aufstehen gcgenfeitig
Prophezeiung , die er zu erfüllen bestimmt sey , und sehr das Versprechen, vor der Hand mit Niemanden, weres auch
Viele thcilten unverholen seine Unruhe darüber. Der In fcy , von der ganzen Sache zu sprechen. Leider blieben sie
halt dieser Vision und Gustavs iv, Schicksal sind bekannt nur kurze Zeit an dieses Versprechen gebunden! Nach zwev
genug , daß wir hier davon schweigen können. Tagen reiste der Erbprinz von Grzpsholm ab nach Arbvga.
Dagegen muß ich eines andern Gesichts aus späterer Der geschickteste Kutscher des HvfeS führte ihn. Unter
Zeit erwähnen. Die Geschichte ereignete sich während mei wegs ist Glatteis, die Pferde gleiten ans, der Kutscher
nes Aufenthalts in Schweden und ist, weil sie jünger ist, will ihnen mit Peitschenhieben wieder aushelfen; sie wer
noch weit authentischer als jene. Am Faktum wenigstens fen sich auf die Seite, und der Wagen stürzt in den Gra
zweifelte zu meiner Zeit kein Mensch in Stockholm. ben. Dieser Sturz zog dem unglücklichen Prinzen einen
Der Erbprinz von Baden und seine Gemahlin nebst Schlagfluß zu, den, Korpulenz und lebhafte Gesichtsfarbe
einigen ihrer Kinder hatten einen Besuch bev der Kaise etwa ausgenommen, früher kein Symptom wahrscheinlich
rin von Rußland abgestattet, und sodann einige Zeit bey machte.
ihren königlichen Kindern in Stockholm zugebracht, wo Sobald die Nachricht von diesem Vorfall nach Grips
sie mit rührender Herzlichkeit empfangen worden waren. holm gelangte, wollten bevde Majestäten nach Arboga.
König und Königin hätten siegern auflängereZeitbev sich be Graf F. , dafür haltend, daß nnn wohl der Augenblick ge
halten , aber die Jahrszeit rückte vor und die babenfchen kommen sev, wo er jene Uebereinkunft mit der Gräfin G.
Herrschaften eilten, noch vor Einbruch des Winters in ihre brechen dürfe , geht zum König und sagt : „Ersparen sich
Staaten zurückzukehren ; sie cntfchlvssen sich indessen noch Ew. Majestät den Schmerz und den Jammer dieser Reise;
vierzehn Tage in Gripsholm zuzubringen, und man begab die lczte Stunde des Prinzen hat geschlagen." Nun er
sich zu Anfang Decembers dahin. zählter dem König, was ihm zwe>Tagc zuvor begegnet ist.
Die vierzehn Tage waren eine Reihe von Ergötzlich- Dennoch bleibt es bey der Abreise ; König und Königin
leiten. Bevde Familien schienen die schmerzlichen Gedan fliegen nach Arboga , kommen aber demungeachtet zn spät,
ken an die bevorstehende Trennung übertäuben zu wollen. der Prinz hatte seinen lezten Seufzer bereits ausgehaucht.
Eines Abends , es war der vorlezte vor der unglücklichen
Abreise, und man saß noch an der Mittagstafel, die sich
unter Ergüssen der reinsten Freude und gemüthlichsten
Ueber die MeynUngen verschiedener Zeitalter vom denkende Seele in den Kopf fkjtk ; ihre untern, sterblichen
Sitze der Seele. Kräfte wurden aber auch bev ihm noch vom «lül! 55-
lFortstizung.) nährt. Einer unächten Galenischen Schrift zufolge »erfezte
ein Schüler des PvthagoraS, Alkmäon, bestimmt' schon die
Die Wichtigkeit des G c h i r n s als nähern Seelen- vernünftige Seele in das Hirn selbst ; Aristoteles führt an,
vrgans scheint egyptischen Ursprungs und erst von dort die Unsterblichkeit der Seele sey von diesem Alkmäon zu
aus den Griechen bekannt worden zu sevn. Doch dürfte gleich behauptet worden. So weist nun auch Plato, der
diese Entdeckung auch in Egypten erst in spatere Zeit anderthalb hundert Jahre nach Pythagoras lebte, und wel
fallen, «eil in den altern Schriften der Inden gar kein cher, so viel von den Lehren des leztern noch bis zu'unS
Bezug darauf vorkommt, und weil die alten Sgvpticr gekommen ist, in so mancher Hinsicht ein Pythagoräer
selbst, welche auf Erhaltung der Leichname ihrer Verwand- genannt werden könnte, dem unsterblichen, dep ihm schon
ten fo außerordentliche Mühe verwandten, »ach HcrobotS göttlichen Antheil der Seele, dem, der denkend seiner sich
Aeugniß sich nicht scheuten, häufig dep ihrer Mumicnbe- selbst bewußt ist, im Hirne seinen Wohnsitz an. Dieses
reitung mit einem krummen Eisen den Schädel durch die göttlichen Antheils der Seele wegen bat Gott nach dem
Nase aufzubrechen und das Gehirn herauszuholen, das Bilde des Weltalls den Kopf rund geschaffen, darum auch
dabep keiner Aufbewahrung mehr fähig bleiben konnte. Ih ist der Kopf der heiligste und den übrigen gebietende
nen mußte aber zuerst auffallen , was den Griechen , die Theil des menschlichen Körpers. Die Untergötter schufen
aus Scheu vor den Tobten noch bis zu Aristoteles Zeiten zuerst das Mark und bildeten daS Hirn rund, in wel
keine menschlichen Leichname zergliederten, verborgen blei ches nun, wie in einen Acker, der göttliche Saamen, die
ben konnte, daß das Gehirn des Menschen so unverhält- denkende Seele zu säen war. Dort ist sie in diesem Le
nißmäßig groß sev, oft den fünfzigsttN Theil des Gewich ben durch Bande wie durch Nägel befestigt. Der sterbliche,
tes seines Korpers übertreffe, während bev den geopferten unvernünftige Theil der Seele aber hat nach Plato nur
Mindern das Gehirn kaum den achthundertsten Theil des noch zum Theile, so weit in ihm eine männliche, muthige
Ganzen betrage. Parthie ist, den alten Sitz im Herzen, als der Quelle
Awar mußte bald jenes Volk wahrnehmen, daß be aller Blutadern ; das Herz wird beständig von den , die
trächtliche Hirnverletzungen köstlich seyen , nnd schon zur äußere Luft und einen Theil des Getränkes zu sich neh
Aeit der Richter wußte Jael, das Weib des Keniters He menden Lungen abgekühlt. Der begehrliche Theil der
ber, daß wenn sie dem Kananirer Feldhauptman» Sissera unvernünftige» Seele, der auch zugleich Zukünftiges vorher
einen Jelrnagel durch das Hirn schlage , er sogleich davon sagt, das alio, was wir magnetisches Hellsehen nennen,
betäubt werden und sterben würde ; auch läßt Homer schon hat nach Plato feinen Sitz im Bauche, namentlich in der
den (Zyklopen Pvlvphemus die Gefährten des Ulysses dadurch Leber. Aber auch die alten Egvptier warfen schon bev ih
tobten, daß er sie gegen die Erde schlenderte, bis sie ihr rem Einbalsamiren die Singeweide, als Ursache der Sün
Hirn versprizten. Aber weiter als ungefähr dieses wußte den des Verstorbenen , in den Nil , und selbst in unfern
4'« Jahre nach Homer selbst der große griechische Arzt Hip- bildlichen Ermahnungen , das Fleisch zu kreuzigen und zu
pvkrates, der z«« Jahre vor Christi Geburt starb, vom tödtcn, zeigt sich noch ein Sxrachüberrcst der alten Theo
Gehirne des Menschen noch nicht. In keiner seiner ächten rie von einem unvernünftigen, mit dem Körper verbunde
Schriften kommt etwas Weiteres davon vor, als daß ein nen und mit ikm zu Grunde gebenden Tbeil der Seele.
Mensch sterben müsse, dem das Gehirn zerschnitten werde. Auch fragt der Deutsche noch ganz übereinstimmend mit
In seinem mit Recht auch jczt noch geschähen Werke von PlatoS Svstem , wer hat das Herz , dieses oder jenes zu
der Luft, dem Wasser und den Himmelsstrichen meint er unternehmen ?
sogar, das Gehirn löse sich im Frühjahr in den Schleim ^ (Die Fortsetzung folgt.)
der Schnupfen und Katarrhe auf und reinige sich durch
diese , kalte Winde dagegen verdichten es. Er hat sogar
eine eigene Schrift über die Kopfwunden geschrieben, und
doch beschäftigt ihn in ihr blos der Schaden, den die Schä Ein Gedanke
delknochen dabey erleide!!, denn nur oberflächlich berükrt
bey der Grundsteinlegung zu Dürer« Den km« l.
er einmal, daß bev den Schädelwunden auch die Verlebung
des Gehirns gefährlich sey. Sin Monument wollt ihr dem Manne bauen.
Nach Diodor von Sicilien schöpfte Pvthagoras, der Des, »ober Ruhm Zabrhunderte erfüllt.
58« Jahre vor Christus geboren wurde, feine Kenntnisse In kalter Zorm wollt ibr die 3üqe schauen,
Jndeß der Geist in Lebcnefriscbe quillt?
aus den heiligen Büchern der egvptiscben Priester; nach Verlorne Zeit, vergebliches Bemühen,
Plutarch war er der erste griechische Philosoph, der die Sein Name lebt, so lang die Künste blühen!
ZY2
Nein, was wir bauen, ist der eignen Ehre, mehr U>« Geiftl über eine gebeugte N«ticm schwingt« kann.
Der Dankdsrkci! geheiligter Altar; DaS erste Heft der Äev«« >rime»lrielle beginnt mit einem
Dein spaten Enkel bringe es die Lehre, merkwürdigen Aufsätze über die von der sogenannten katholi«
Daß Nürnberg groß und Dürers Wiege war; scheu Gesellschaft zur Verbreitung guter Bücher in Pari« her
In Künstlers Brust belebe, waS wir bauen. ausgegebenen Schriften. Mehrere dieser Schriften werden
Den hohen Muth, das fröhliche Vertrauen. untersucht . und es ergibt sich aus dieser Untersuchung , daß
die vorgeblichen guten Bücher, deren Verbreitung der Ge
Korrespondenz-Nachrichten. sellschaft so sehr «in Herzen liegt, daS abgeschmackteste Zeug
Pari«, April. enthalten , wa« au« den Mdnchsgehirncn der vorige» Jahr,
FKr die Journalistik hat die Ablesung de« alten Minis hunderte hervorgegangen ist. Unter andern befindet sich ein
sterinmS und die Abschaffung ihrer jesuitischen Eensur den eckelbafteS Buch darunter. Vi« ci» !U«ri« ^»zelique ck» 1»
Vortheil gehabt, dag sie sich nunmehr frey entwickeln kann, und ?r«,!lleoce, voinAbbe Boudon. Dicfe« heilige, oder für Kei
eine Ausdehnung gewinnt, die ihr bisbcr fehlte. Man wünschte lig ausgegebene Mädchen foll allzusehr der Reinlichkeit beflissen
schon lange in Frankreich Zeitschriften wie da« Londncr yu«r- gewesen scun , und c« daher ans lauter Frömmigkeit und An
terl^ Kevie>v und da« LckindurzK Kevie« ; diese« Bedürfniß dacht dahin gebracht habe», daß sie die allcreckelbafteflen und
war feit der Erscheinung der Ke,u, Lr,u«»iq», , welche die schmutzigsten Dinge liebte und verrichtete, und ihren Hang
besten Aussätze au« jenen beyden Zeitschriften in ftanzbsischcn zur Reinlichkeit und Ordnung gänzlich erstickte; solch ein We
Übersetzungen liefert , deutlich eingefchcn worden ; hat Frank: sen wirb der Jugend als ein Muster angepriesen!
reich nicht so gut als England ndthig, über Lande«- und Welt? (Die Fortsetzung folgt.)
angelegcnbeiten fteye Erdrtcrungen anzustellen , dicfclben
nach frevsinnigen Grundsätze,: zu beleuchten? Noch andere Berlin, Februar.
Gründe bewogen zum Unternehmen solcher Zeitschriften. Die (Fortsetzung.)
TageSblätter sind zu sehr mit den Begebenheiten de« vorüber- Da« Resultat unserer kurze» Charakteristik wäre nun also,
gellenden Augenblick« beschäftigt, al« daß sie sich oft i» allge. daß der Dichter da« Wilde , Grausame , Ungeschlachte , die
meine Erörterungen einlassen könnte». Literarische Bcurthci- Barbaren, die alle» Nibclungcttreckcn und Weibern incbr oder
lungen und Kritiken sind aus den meisten TageSblätter» ver weniger anklebt, und durch welche da« ganze Geschlecht unter
bannt > weil es dazu an Raum gebricht. Auch pflegen iu geht, durchaus von den bisher genannte» Gestalte» entfernt
Frankreich die literarischen Kritiken von den Verfassern unter bat. Sie haben die Barbar«) nicht in sich, sondern nehmen
zeichnet » zu werden , welche« oft die Folge hat daß die Kri sie von außen auf, verpflanzen sie in ihre Mitte und gehe»
tiker sich nicht frcy aussprechen können , weil sie mit den Ver dadurch unter. Die einzige» Barbaren nämlich deS Stückes,
fassern der beurtheilten Schriften leicht in Berührung gera- welche auch nicht einen Zug der Milde , der Zartheit , Bil
then. Man bat also gedacht, wenn man nach englischer Weise dung, deS Edclmuths, der Sittlichkeit habe», sondern sich nur al«
Zeitschriften herausgäbe , worin Raum zu wcitläuftigcn Erör wild und wüst zeigen, sind Brmibildc und Ezcl , obgleich sie im
terungen vorbanden ist, und deren Aufsätze von keinem der Epos gerade am wenigsten in dieser Qualität hervortreten,
Verfasser unterzeichnet würde» , so würde man dadurch einem denn Brunbildcn schildert das Lied nach Beraubung des Gür
Uebclflanb der periodischen Literatur in Frankreich abhelfen. tels zahm wie andere Weiber ; nach dem Zank mit Chricmbilbe
ES sind demnach init dem Beginn/ dieses Jahres zweu neue In gährt sie nicht etwa wild auf und fordert Sifrids Tod, sondern
stitute in Paris entstanden, eine Kevue Irimeitrielle und beklagt still die erlittene Schmach, sie weint nur und sagt dem Kö
eine Kevu» sr«n?»i,e , wovon die erste vierteljährig und die nige, er solle ihrer Liebe sich nicht wieder erfreuen, wenn er sie
zwcyte alle zwey Monate fvrtgesczt werden soll. Die Na nick't zn Ebrcn brächte. Wie anders ist dagegen Herrn Raus
men der Verfasser haben freylich nicht verschwiegen bleiben pachs Brunbild ! Ein schlecht!'!» verwahrloster Charakter; alle
können; man wußte schon längst, baß die K«vu» tri«,«, niedrigen, unweiblichen Leidenschaften sind zufammcngchäust;
«irioll« von Buchon, die ttsvue Oingiise von Guizot werde Stolz, Herrschsucht. Neid, Bosbeit, Schadenfreude . und zwar
herausgegeben werden. Von leztcrcr wurden sogar , als alles im Ucbcrmaß bis zum Eckel verzerrt, durchaus widrig.
das erste Heft erschienen war, die Verfasser der vorzüglich Sie ist nicht mehr die stolze Jungfrau, welche sich nur dein
sten Aussätze im Journ«! ckes 0eb,t» genannt; vcrmutblich stärksten Helden, der sie zu bezwingen weiß, ergeben will,
habe» sie die Maske selbst bald abgeworfen, da sie an das Tra und nach diesem Siege in die Bahn jedes andern Ehcweibc«
gen derselben nicht gewollt, waren. Beyde Zeitschriften wer tritt, sondern sie bleibt nach wie vor das wilde, barbarische
ben in einem völlig unabhängigen, frepssnniqen Geiste abge Weib, welches durch ihre schlechten Leidenschaften Tob nnd
faßt , und vermehren also noch die Zalil der liberalen Zeit Verderben über das ganze Land bringt. Der zwcure Barbar
schriften in Paris, die jezt bcu weitem diejenige der Obsku- ist Ezcl, eine östliche Gestalt, wie sie Herr Raupach besonder«
rantenblättcr überwiegen , zumal da das Ministerium keines liebt, ein Mongole, der sich die Geißel Gottes nennt, und
der leztc» mehr besoldet. Es zeugt von dem allgemeinen libe nicht eher zufrieden ist, cbe er nicht alles um sich »er im Blute
ralen Geiste der Pariser , das, jezt Obskurantcnblattcr so müh schwimmend und todtqeschlagcn sieht. Sonderbar ist es. daß d«S
sam emporkommen ; die wenigen vorbandenen sind dafür aber Nibelungenlied von solchem Attila nicht ein Wort weiß, da
auch desto wüthender ; ivenn sie von spanischen Jnauisitorcn ab dieses wilde Geschlecht die Geißel Gottes, nm welche es Roth
gefaßt würden , könnten sie nicht ärger sevn. Schmähungen thut, in sich selber, in Cbriemhildcn findet, während Herr
und Ausrufungszcichcn werden i» denselben verschwenderisch Ranpach dagegen, für dessen Burgunden, wie sie vor un«
angebracht; die Worte Revolution, NcvolntionärS, Verschwö sieben , gar keine solche Geißel erfordert wird , sich recht ab
rung gegen Tbron und Altar u. dql. kommen in jedem Absätze sichtlich die 1>crübmtcsic verschreibt , und sich in diesem Haupt»
vor ; wer nach diesen würhcnben Blättern Frankreich beurthci- pu»kre gerade seinem Vorbilde »ngctrcn zeigt. Noch sonder
len wollte . würde es eher für eine Raubcrbbl'le als für eine barer ist es. dag ibm bauptsächlich diese falsche Veränderung als
große, gebildete Nation halten. Natürlich geht, nach der Mev- ein geistreicher Zug von Vielen sebr hoch ist angerechnet worden.
nimg jener Obskuranten, jezt «lies drunter und drüber, weil (Die Fortsetzung folgt.)
sie nicht mehr gehört werde», und ilire Kongregation nicht Verlag e ^JnleUlgenzblalt Nr?^Zl
Bcrlegt von der I. G. Cotta 'sehen Buchhandlung.
N°. 99.

M o r g e n b l a t t

f ü r

gebildete Stände.

Donnerstag, 24. April 1 8 2 8.

Ach . kdnnte doch ein Mrnsk, auf einer Wart« stehe«.


Und über diese« Reich die Augen lassen gehen;
W.is Schein, wa« Aenderung doch würde diese Zeit
Jwn zeigen gegen der, die erst war weit und dreit.
Da Krieg zu fürchten stund !
Martin Opitz.

Dic Moldau und die Wallachey. vornehmsten Bojaren der Pforte bald Gelegenheit, ei
nen Thcil der verliehenen Vorrechte wieder an sich zu zie
Die folgende Skizze der bevden Fürstentümer, welche hen. Abhängig von der Laune der Sultane, beherrscht
zunächst zum Schauplatz der Begebenheiten im Osten be von fesicn Plätzen a» der Donau und auf ihrem eigenen
stimmt scheinen, ist der ttitloir» ä» I» «rec» ckexu!» I» Gebiete, wurden die unglücklichen Provinzen bald die Beute
ekut« cke I'emxiee o"«rient vonJacovakv R i z o entlehnt. eines Trosses von Räubern. Sin krimmischer Khan, ein
Der Verfasser,, der sich schon durch mehrere Schriften be tartarischer Mizza, ein Bassa in einer der Festungen
kannt gemacht hat, war früher Groß-Postelnik des Fürsien konnte auf eine Eingabe rinkesüchtiger Bojaren, ja auf
Caradza und befindet sich jczt bcy dem Gouverneur von eine bloße Verläumdung hin den HoSpodar absetzen, ja
Griechenland, dem Grafen öapo d'Jstrias. ums Leben bringen. Die Minister der Pforte theilten dann
Die Moldau und die Wallachey unterwarfen entweder dic Güter des Gefallenen und dic Bestechung seines
sich im fünfzehnten Jahrhundert der oltomannischen Pforte. Nachfolgers milden Angebern, oder behielten Alles für
In Folge der betreffenden Kapitulation wnrden sie von ringe- sich allein.
dornen Hospodaren regiert, welchen die Firmans der Pforte Im Jahr t?t« gelang es dem Pforten-Dragoman Ni-
den Titel Wo vw oben oder Fürsten ertheilten. Geschmei kolas Maurokordato Hosxodar zu werden, und er war der
chelt von der frevwilligen Unterwerfung der Fürstenthümcr, erste Grieche, der sich zu dieser Würde emporschwang. Die
bewilligte die Pforte den Hospodaren bedeutende Vorrechte ; dickste Fiilstcrniß lag auf den Fürstenthümern, keine Spur
sie hatten den Rang vor den BassaS von drcv Roßschwei- von Industrie, von Handel, von Civilisalion überhaupt ;
fen und standen gleich dem Picekönig von Bagdad. Bey neun Zehnthcile des Landes lagen brach. Die griechischen
ihrer Ernennung erhielten sie eine feverliche Audienz de» FoSpodare civilisirten das Land ; gleich der erste errichtete
dem Sultan, pflanzten drev Schweife vor dem Thorr ih eine Druckerey und eine Schule, wo man Slavonisch, Alt
res Pallastes auf und trugen bcy feverlichen Gelegenheiten griechisch und Lateinisch lehrte. Sein Bruder, Konstan
eine Art Ehrenpelz , Caxaniza genannt, den kein Bassa, tin Maurokordato, befrevte die wallachischen Bauern von
sondern blos der Vicekönig von Bagdad und die KKans der der drückendsten Leibeigenschaft, die je bestand, und führte
Krimm tragen durften. Aber alle diese und andere Vor den türkischen Weizen ein , der jezt fast ihre einzige Nah
rechte betrafen allein die Bojaren oder Herrn; das Volk rung ist. Die folgenden griechischen Hospodare leisteten
in den Fürstenthümern war im strengsten Sinne Sklave der Nation auch große Dienste, sie ließen die Bibel und
der leztern. Indessen gaben die ewigen Zwiste unter den die Liturgien der griechischen Kirche in den Landesdialekt
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übersetzen. Die Hospodare Alexander Apsilant», Ghika, Handwerke im Lande, andere trieben Handel mit Deutsch
Callimachv, Caradza wurden die Gesetzgeber des Landes, und land, besonders mit Leipzig ; die meisten aber bereicherten
noch gÄren die Gesetzbücher, welche «ese Fürsten drucken lieft sich durch ihre landwirthschaftliche Betriebsamkeit «ls Päch
sen. Trotz den Mitteln, welche den griechischen Hospvdaren ter der fruchtbaren Ländereyen her eingebvrnen Bojaren.
zu Gebot standen, um die Kabalen ihrer Nebenbuhler zu nichte Die Lycecn in Jassv und Bucharest, den Heyden Haupt
zu machen, unterlagen sie doch häufig denselben und muß städten, waren gut eingerichtet; man lehrte daselbst Grie
ten, namentlich seit den unglücklichen Kriegen mit Ruß chisch, Lateinisch, Deutsch, Französisch, Naturwissenschaf
land und Oesterreich, in beständiger Furcht leben. Die ten, Philosophie. In den Hauptorten der Distrikte waren
Klage auf Hochverrath, auf Einverstänbniß mit Nußland Sekundärschulen. Die Druckerey in Jassv war recht gut,
oder Oesterreich war in den Händen des Großveziers oder und vor wenigen Jahren war in Bucharest ein Theater er
des Günstliugs des Sultans eine unfehlbare Waffe gegen öffnet worden , auf dem man französische oder ins Grie
sie, ja sie starben selten natürlichen Todes. Durch die chische übersezte Stücke spielte. Fremde von jeder Nation,
Vertrüge von Cainaxdza, Jassv und Ducharest kamen die von jeder Religion wurden gut aufgenommen. Ein fleis-
Fürstentümer unter russischen Schutz; wenn sie dadurch sigcr Mann, dem es nicht an Talent fehlte, konnte darauf
«uch dem Einflüsse der Khans, der tartarischen Sultans rechnen sein Glück zu machen. Die griechische Sprache
von Budzak und Cavuchan, der Paschas von Jsmailvw, war fast ganz allgemein geworden, und Jedermann ver
Bender u. s. w. entzogen wurden , so blieben sie doch den stand sie, das gemeine Volk ausgenommen ; namentlich die
Plackereycn der Besatzungen der Donaufestungcn und be Vornehmen sprachen das Griechische sehr rein ; ja mehrere
sonders dem Schwärm privilegirter türkischer Aufkäufer Bojaren zeichneten sich durch Schriften in altgricchischer
ausgesezt, die den Alleinhandel mit allen Früchten, welche Sprache aus. Die Frauen verschiedener Bojaren waren
das Land hervorbringt, an sich gerissen hatten. Der Schutz griechische Fürstinnen und auch manche Griechen heirate
Rußlands und die Wachsamkeit seiner Konsuls vermochten ten Töchter eingeborner Herrn. Durch diese Vermischung
diese Mißbräuche und die ewige Verletzung des Vertrags, verbreiteten sich unter den obersten Klassen griechische Sit
nach welchem ein Hospodar sieben Jahre im Amt bleiben ten und Sprache. Anderseits kamen mit den russischen
und in dieser Zeit unverletzlich sevn sollte, nicht zu ver und österreichischen Heeren , die zu wiederholten Malen
hindern. — Aber von allen Uebeln, die noch auf den Für das Land besczt, hielten, europäische Manieren, Lurus und
stentümern lasten , ist das drückendste der Neberrest der schöne Künste herein. Die vornehme Welt lernte Deutsch
Fendalrechte, den Konstantin Maurocordatos menschen und Französisch ; Tanz und Musik wurden Bestandteile
freundlicher Sinn nicht wegräumen konnte. Diese Last der Erziehung und man sah bey den reichsten Bojaren
besteht in wilttührlichen Frohnen, welche die Bauern den deutsche und französische Erzieherinnen. Man konnte übri
Grundeigentümern leisten müssen. Diese Frohnen sollen gens immer noch bemerken , wie in den Fürstentümern
blos eilf Tage jährlich geleistet werden, aber die Herrn Leichtsinn mit Höflichkeit, und Sittenlosigkeit mit Bildung
wußten sie mißbrauchsweise auf vierzig, fünfzig und mehr Hand in Hand ging.
Tage zu steigern, so daß die armen Bauern ihr Land nicht
tauen können. Außerdem bestehen noch eine Menge Pri
vilegien, wodurch die Last der Abgaben ganz auf die Bauern Ueber die Mcynungen verschiedener Zeitalter vom
fällt. — Jeder Fanariote, der die orientalischen Sprachen Sitze der Seele.
und das Französische hinlänglich verstand, um Pfortcndra-
goman zu werden, hatte Anspruch auf die Hospodarswür- (Fortsetzung.)
de, und diese Menge von Bewerbern wurde einerseits den Der zum Gebrauch seiner Seelenfähsgkeiten erwachen
Hospvdaren selbst verderblich, andernseitS hatte sie großen de Mensch fühlte, daß seine tierischen Begierden, die nur
Einfluß auf das Schicksal der Fürstenthümer. Die Axst- zu oft gegen besseres Gefühl und Vernunft in ihm den
lantn , Caradza u. s. w. waren , che sie Fürsten wurden , Sieg davon tragen, unwürdig sevcn, in ein vollkommnereS
Großpostelniks oder erste Minister der Hospodare; Dasey» jenseits des Grabes den Geist, der in sich selbst
die Pforte so wie die Griechen und Wallachen gaben den etwas Höheres, Edleres empfindet, zu begleiten. Der
Titel Fürst blos den Hospvdaren selbst ; ihre Kinder hies- bessere Grieche hatte das auch in seinem Busen schlum
sen Bey-gades, Fürstenkindcr, abcrauf ihre Enkel ging mernde Gefühl zur Idee einer erhebenden Unsterblichkeit
der Titel nie über, diese waren bloße Bojaren. — So vor und einer einzigen höchsten Gottheit entwickelt; aber seine
übergehend auch die Herrschaft der Hospodare war, so dien blos durch Sinnlichkeit und historische Mythen ausgebil
ten doch die Fürstenthümer sämmtlichen anderswo von den dete Volksrcligion stellte dagegen einen eigenen Gott für
Türken verfolgten Griechen znm Zufluchtsort ; eine Menge den Wein, eine Göttin für die Liebe auf. Noch nnbe-
Maccdonier, Thessalier, Exirotcn trieben verschiedene kannt mir der positiven, dogmarisch-rciiie», strengen Rc
ligion der Hebräer, scheint er für seine Ahnungen bereit Wie ein wirklich fo großer Naturforscher, als Aristo
willig zu den anatomisch-psychologischen Mevmingen Egyp- teles war , eine solche Mevnung vom edelsten Werkzeuge
teils seine Aussucht genommen zu haben. Indem nämlich des Menschen hegen konnte, wäre ganz unbegreiflich,
diese den Sitz des dankenden Theiles der Seele, so weit wenn nicht die Eifersucht, womit ein kalter Verstand das
es im Körper möglich war, von den Organen der Ver verschwenderisch« Lob betrachtet, welches dem Talent gezollt
dauung und Fortpflanzung, den Werkzeugen der Sun- wird , das nnr auf geistreiche Art die Phantasie erqözt,
de, entfernten, ihn nämlich in daS Gehirn verlegten, vieles erklärte. Plato, der feine Hörer zusehen ließ, wie
so ließ sich, indem auf diese Weise der göttliche Theil der Hirn und Schädel von der Gottheit verfertigt wurden,
Seele von dem unvernünftigen, sterblichen getrennt wnr- hieß der Göttlich« ; nur die Nachwelt crtheilre dem Ari
de, auch die Einbildungskraft, die beym Menschen, sey es stoteles den Namen des Großen. Dieser sprach zuerst
auch noch so dunkel, immer mehr oder weniger durch sinn- die Beobachtung aus, daß der Mensch gerade durch sein
liche Vorstellungen geleitet wird, eher gewinnen, jenem verbältnißmäßig so großes .>>irn unter allen Thieren sich
Theite, abgesondert von diesem, Unsterblichkeit zuzugeste auszeichne ; aber Plato Kalte es sogar der vernünftigen
hen. Es ist merkwürdig , daß unter den Griechen gerade Seele zum Wohnsitz angewiesen, darum fügt Aristoteles
die Meynuug, daß die Seele im Kopfe wohne, gleichzei sogleich bey : weil der Menfch das heißeste Herz und die
tig mit dem entwickelteren Gedanken an die Unsterblich blutreichsten Lungen habe, sey auch sein Hirn so groß. Doch
keit auftritt. Bald waren es nun auch griechische Natur mag ihn auch die, von ihm zuerst gefaßte große Idee
forscher, die den neuen Sitz der menschlichen Seele, das abgehalten haben, überl«upt einen eigentlichen, räumli
Gehirn, genauer als irgend bisher geschehen war, er chen Wohnsitz der Seele zuzugestehen, die Idee, daß feine
forschten. Doch trat Platos großer Schüler, Aristoteles, Pfvche oder die Seele in ihren verschiedenartigsten Ver
dessen kaltem Verstände srevlich die theologischen Kinder- richtungen doch nur ein unthcilbaresStwaS, selbst kein Kör
mährchcn, wie Plato solche neben den erhabensten Ansich per und doch nicht ohne Körper sey. DaS Verbältniß
ten in seinem Timäns vorträgt, nicht zusagen konnten, dieser Psyche zum Körper sucht Aristoteles, mit Mühe nach
gegen die Lehre vom Sitze der denkenden Seele im Ge Klarheit in einem an sich so dunkeln Gegenstand ringend,
hirn auf, fast zwei, Jahrhundert« noch nach PythagoraS. z» bestimmen. Von ihm an scheint es auch in Griechen
Er sucht ausführlich zu beweisen , das Gehirn des Men land gewöhnlich geworden zu sevn, nnr wieder von ei
schen und der Thier? sey ohne Blnt, kalt, mit Schmutz ner Seele des Menschen zn sprechen. Allein die Stoa in
überzogen und ekelhaft, ohne eigene Empfindung und ohne ihrem unnatürlichen Bestreben, alle Menschengefüble zu un
Zusammenhang mit irgend einem andern empfindenden terjochen , hielt die Seele blos für das Resultat der ein
Theil. Es sey zwar gerade nicht unter die AuswnrfSstoffe zelnen organischen Lebenskräfte, alfo für zusammengesezt,
des Körpers zu rechnen, aber auch nicht uuter feine felbst- und darum für vergänglich.
ständigen Werkzeuge, fondern für ein Mittelding eigener (Di« Fortfehung folgt.)
Art zu halten. Der Zweck des GehirnS sey blos , durch
seine natürliche Kälte die Hitze, welche das Herz dem
Blute mitthcile, abzukühlen. Darum allein, sezr er an Gaben dcS Augenblicks.
einem andern Orte bey, sev das Hirn doch nothwcndig für V?„ llr. W. B. Mdnnich.
jedes Thier, das warmes Blut habe, und der das Gehirn Man tänfcht sich selbst, wenn man das Faustrecht
enthaltende Kopf sey dcßwegen vorhanden, weil dieses den mit dem finster» Mittelalter und den der Reformatio» vor
Gegensatz gegen das Herz bilde ; deßwcgcn auch habe die angehenden bösen Zeiten zu Grabe gehen läßt. Vielmehr
Natur die vorzüglichsten Sinnwcrkzeugc a» den Kopf ge- lebt dasselbe noch munter genug fort »nd mitten unter
fezt, weil hier das Blut durch die Kälte des benachbarten uns. Es hat nur andere Waffen gewählt und feinen na
Gehirns abgekühlt werde, und jene Sinnorgane, um un türlichen Sitz verändert. AuS dem Verstaube des Leibes,
gestört ihre Verrichtungen zn vollbringen, eines nur mas wie Aristoteles die Hand nennt, ist es in die Finger des Gei
sig warmen Blutes bedürften. Das nächste Werkzeug der stes, wie ich den Verstand nennen möchte, gefahren und be
Psyche blieb dem Aristoteles das Feuer, fo weit es als dient sich statt Schwert nnd Lanze des Gänsekiels. Nunmehr
thicrische Wärme des Blutes sich ausspricht ; auch ihn, ist sind die fckdelustigen Ritter und die, fo einst vom Stegreif
wieder das Herz, sofern es Quelle des Blutes und aller lebten, nicht mehr auf Turnierplätzen und Kreuzwegen, fon
Wärme scvn sollte, Anfang und Ende aller Seclenthätig- dern jene etwa in kritischen Journalen aller Art, in
keir und Empfindung. Daher sey unter allen Thieren nur Streitschriften und in Vorreden, diese aber unter der an
der Mensch dem Herzklopfen unterworfen . weil er allein sehnlichen Schaar flinker Ueberseyer, Nachahmer und
unter ihnen durch Erwartung des Zukünftigen beunruhigt Koinxilatorcn zu suchen«
werde.
39«
Korrespondenz- Nach richten. sind, baß endlich Sold und weltlich Gut viel Unheil stiften,
und ein redlicher Mann durch alle solche Umstände in dies»
Berlin, Februar. Welt könne vom Leben zum Tode befördert werden.
(Fortsetzung.) (Der Beschluß folgt.)
Der Dichter bemüht sich von Anfang an z» beweisen, daß Pari», April.
Hage» Recht habe Sifriben todtzuschlagen , daß er seinem (Fortsetzung.)
Herrnjtreu diene, baß es auch von Gunther kein Unrecht scy, Die liberalen Tagesblättcr haben nicht ermangelt, von
den Schwager zu opfern, obgleich es Gunther mit Widerstre dem eckelhaftcn Buche des schmutzigen Abbe Boudou etwas an
ben thut ; daß ferner Hagen mit Recht den Hort versenkt habe, zuführen, worüber sich denn doch die sogenannte katdolischc Ge
daß Gunther zur Wohlfahrt aller Burgundcn CKriemhilden zur sellschaft ein wenig geschämt hat ; sie behauptet, das Buch scy
Ehe mit Ezel bewegen müsse , baß ihm schlicülich BrunhildenS nicht von der katholischen Gesellschaft herausgegeben worden.
Wildheit, welche er zu zihmeu gehofft hatte, widerwärtig ist; Allein warum, erwiedert der Oureier i>«vc)»i». fleht es
warum schickt denn nun derselbe Dichter diesem ganzen Ge denn iin Bücherverzeichnisse und Verlagskatalog des Buch
schlecht?, das er von Schuld zu reinigen sucht , von Barbarey händlers eurer Gesellschaft mit angezeigt ? Wenn die Bü
gereinigt hat, eine Geißel Gottes über den Hals , um dicß Ge cher , welche von der Gesellschaft verbreitet werden , zwar nicht
schlecht als sündlich , roh und wild zu vertilgen? Er hätte alle so eckelhaft sind alS dieses, so sind sie doch meistens alle »oll
Ezeln sollen auf Brunhildcn Heyen , um jenen Tiger und diese Visionen, mystische» Aeußerungen, allerley Wundern und
Wölfin sich einander tobt beißen zu lassen. Zum Schlüsse nun Lügen. Und zur Herausgabe und Verbreitung solcher Schar
bleibt uns nur noch übrig nach der genaueren Kenntniß der teken vereinigen sich Geistliche und Weltliche , veranstalten Kol
Charaktere noch einige wichtige Punkts- herauszuheben, um lekten, der Herzog v. Riviere, der Gouverneur des künftigen
zu zeigen, daß dem Nibelungenhorte ein dramatischer Einheit«- Thronerben, fleht an der Spitze der Gesellschaft, und in
pnnkt fehle. Das Vorspiel gibt als diesen Mittelpunkt Hort und de» Ultrablättern wird dieses Institut als ein Gegengift ge
Kappe an , der im weiteren Verlauf aber in der That nur gen die freisinnigen Vereine und Gesellschaften gerül'int. Ein
Schickfalsstruinpfartig austritt. Den» schon im ersten Akt merkwürdiges Seitenstück zu der säubern Gesellschaft der Ver
thut sich sogleich ein anderes Interesse hervor, die Bessegung breiter abergläubischer Bücher macht eine Gesellschaft, deren
Brunhildens ; von ihr geht nun alle« UnKeil aus. Hagen sieht Mitglieder nicht genannt werden, und die,, wie eS scheint,
es voraus, er warnt Günthern, die Megäre nicht zur Genossin während des lcztcn Censurzwangcs entstanden ist , denn ihr
zu machen , aber vergebens. Hier gebraucht nun auch Siftid Hauptzweck war, dieser Obskurantencensur entgegen zu arbeiten,
zuerst seine Kappe, durch welche er Brunhilden bezwingt. Dicß und diejenigen Wahrheiten zur öffentlichen Kenntniß zu brin
wird die erste Ursache seines Todes. Eine schlechte Ursache, gen, welche die jesuitische Partyen verberge» wollte. Diese
denn er gebraucht die Kappe zu der verdienstlichen That, den Gesellschaft ist unter keinem andern Namen bekannt als un
Zauber zu zerstören und eine wilde Jungfrau zolin zu machen, ter dem ihres Wahlspruchs: toi. le ciel l',icker» ! Hilf
sie in die Grenzen ihre« Geschlechts zurückzuweisen. Der dir, so wird dir der Himmel helfen! Würde dieser Sinnspruch
Grund seines Todes wird dann zweitens der , dag Brnnhilde besser in der Welt befolgt, gewiß würde eS nicht so viel Un
wild und grausam bleibt , und baß der Zähmungsversuch miß gemach und Unheil in derselben geben. Die Menschen sind nun
lingt. Nur au« dieser Wildheit, au« Neid und Habsucht geht einmal so , daß wenn der Schuh sie drückt, sie lieber auf Je
der Zank der Königinnen hervor. Der dritte Grund liegt dann mand warten, der ihnen den Schuh auszieht, als daß sie selbst
aber darin, daß Chriemhilde, durch die Gegnerin gereizt, Hand ans Werk legen sollten. Sie erwarten beständig Hülfe
schwazt, die Feindin beleidigt, dem Hagen traut, und ihm von allen Seiten her , nur nicht von sich selbst ; die Umstände,
die verwundbare Stelle des Gatten verräth; der vierte und da« Glück, das Schicksal , alle« soll sie begünstigen , während
lezte Grund aber wird Hagen« hartnäckige Treue und seine sie übel liegen ; allein sich regen . sich selbst besser betten , daS
grundlose Meynung , daß die Beleidigung Cbriemhilbens nur ist ihr lezter Gedanke. Deßhalb haben sich, während in, vori
durch das Blut de? schuldlosen Gatten gerächt werden könne. gen Jahre die jesuitische Parthey in Frankreich sich dazu an
Er hat dabey die gutmüthigc Absicht, daß das Volk nicht den schickte, die französische Nation unter ein gehäßiges , er
zukünftigen Thronerben für einen Bastard vcrschreven solle. niedrigendes Joch zu beugen , Vaterlandsfreunde , ,meistcns
Vor dem Volk , vor dein Könige aber reinigt sich Sifrib voll junge Leute, ans Werk begeben, und während die Tagesblät
kommen ; er ist als edel , als tapfer bekannt , als bieder und ter verstummten , die Kosten zur Herausgabe von Flugschrif
treu; er schwört, seine Gattin habe einfältig geschwazr, er ten zusammengelegt, wodurch die Nation über ihre Angelegen
will sie bestrafen ; Hagen selbst muß von seiner Unschuld über heiten aufgeklart werden sollte. Man wußte, daß es de« schlauen
zeugt seyn. Doch dieß alles hilft nichts. Der Dicnstman» Villelcs Absiebt sey, die Deputirtenkainmer aufzulösen, um
bleibt bcy der bornirten Meynung , das Volk könne nur eine noch unterwürfigere, noch feilere zusammenzusetzen, und
an Brunl'iidcnS Treue glauben, wen» er meuchlings den dann nach seinem und der Jesuiten Sinne zu regieren , dcffwe-
Helden ermorde ; geht nun also Sift id unter, weil er die Kappe gen schrieben Salvaudy und andere tüchtige Männer Broschüren
gebraucht, weil er Brunhildcn besiegt, weil er gegen seine auf Kosten der unsichtbaren Gesellschaft , um das Volk zu war
Frau nicht geschwiczen, weil der Hort Brunhildens Neid erregt, nen und auf die künftigen Wahlen vorzubereiten. Natürlich
weil Hagen nun einmal sich eingebildet hat, der Held müsse erlaubte die Censur den Tagesblättern nicht, des Daseyns dicser
sterben, so sind dieß alles Begebenheiten, die zufällig aus den Flugschriften auch nur zu erwähnen; allein die Gesellschaft lieg
hingestellten Charakteren herflicßen, und es zeigt sich in ihnen kein die Schriften zu vielen tausend Ercmplarcn ,abdrnckcn und in
Zweck, kein allgemeiner Inhalt einer Handlung, alS dessen Fol ganz Frankreich unentqeldlich vertkcilcn. so daß sie zu weit
gen sie angesehen werden könnten , sondcr» eS wird nur klar, mebr Exemplaren cirkulirten als selbst die Tagesblättcr ; manche
daß eS ein Unglück scy zu glauben, ein wildes Weib wcrde sich sotten zu loo.lwt) Ercmplarcn abgezogen worden seyn.
ziehen und bilden lassen , daß es rin Unglück sey. wenn bornirte (Der Beschluß folgt.)
Diener sich für einsichtig halten, und baß ein kluger Mann
seiner Frau nicht vertrauen müsse, weil Wciber geschwätzig Bevlage: Kunstblatt Nr. zz.
Verlegt von der I. G. Cotta'schen Buchhandlung.
100.

M v r g e n b l a t t

gebildete Stände.

F r e y t a g, 25. April 1 Z 2 3.

Wo «oh, Zkräste sinnlo« walten.


Do kann sich icin Kebild gestalte«^
Wc,i» sich die Völker selbst befrevn.
Da /.um die Wohlfahrt nicht gctcil».
Schiller.

Burg E l m e u si e i n. Abendroth erlosch alimälig am Himmel ; die Sterne träte«


hervor im hell«, freundlichen Schimmer, und in den Hes
Von Alops Schreiber. se» untrn im Thai finge» die Nachtigallen au zu schlagen.
Am Ende eines anmuthigen Thals, welches ans den Ritter Eberhard saß wie gewöhnlich in seinem Armstuht,
Vogesen in den alr?n Sxevergau ausläuft, sieht man die Bertha aber stand am offenen Fenster und schaute hinaus
Trümmer der zerstörten Burg Elmenstein. Einsam , von in die dämmernde Landschaft. „Ach," rief sie nach eini
Dorngesträuch und Moos bedeckt , liegen sie auf eiuer gem Stillschweigen, „ach, dieser Hriede der Natur, wird
Anhöhe, an deren Fuß sich das Dorf Jgclbach hinzieht. er denn riicht wiederkehren zu den Menschen?'- — „Kind,"
Auf dieser Burg lebte zu Anfang des sechSzehnten Jahn entgegnete der Ritter, «du kennst den Menschen noch nicht.
Hunderts Ritter Eberhard von Elmenstein mit seiner Er ist schrecklicher als alle Thiere der WiUmiß, wenn die
einzigen Tochter Bertha. Seine Hausfrau «n ihm vrr Scheu voii ibm gewichen ist vor Unrecht «ud Gewalt-
mehreren Jahren gestorben, und ihn selbst hatte bald dar tbat." Bertha faltet« die Hände und hob die Augen zum
auf ein Schlagfluß gelähmt, so daß er ohne die Hülfe sei Himmel empor , Worte konnte sie nicht finden , aber ihr
ner Diener sich nicht von einem Stuhl auf den andern be- Schmerz war ein Gebet.
»ezen konnte. Jezt trat Pater Anselm, der Burgkapla» herein, ei»
Die schone achtzehnjährige Bertha pflegte ihren Vater GrciS von ehrwiirdigem Ansehen aus dem Orden der Ka
mit frommer, kindlicher Sorgfalt und war unablässig be puziner. „Bringt Ihr schlimme Botschaft, guter Pater ? "
müht, seine trüben Stunden zu erl>eitern. Aber noch fragte der Edelherr. „Auf gute dürfen wir in den näch
schwerere Sorgen lagen seit Kurzem auf dem Herzen des sten Tagen schwerlich hoffen," antwortete der GreiS.
Ritters und seiner Tochter. Wie etwas früher in Schwa „Eben kommt einer Surer Knechte heim und erzählt, die
ben und Franken , so hatten sich jezt auch in der überrhei- Bauern hätten den Vizdum zu Neustadt geblendet und
uischen Pfalz die Bauern empört, mehrere Schlösser und dann sein Schloß Wolfsbcrg angezündet." — „D«S Ge
Klöster bereits niedergebrannt und die Bewohner theils witter kommt immer näher," sagte Eberhard, und heftete
»erjagt, theils auf grausame und schimpfliche Art ermor- de» fiiisiern Blick zur Erde. Mit ruhigem Ernst versezte
»et. Ihre Waffen konnten sich auch gegen Elmenstein wen der Kaplan: „SS ist Einer, der da wandelt über den Wet
den, und die Burg war weder fest genug, noch gehörig terwolken. Er kann ihnen Stillstand gebieten." Der Rit
vesezt , um langen Widerstand z» leisten. ter schien nicht auf diese Worte zu achten. Plötzlich fuhr
Es war ein stiller, heiterer Maiabend; das lezte er auf und rief: „Ha, warum kann ich nicht meine Glie
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der rühren und mein Schwert führen ? Soll ich mich wie sagte: „Ich habe Muth und Vertrauen , und meine Kraft
ein zahnloser Eber zerreißen lassen von schäbigen Hunden?" wird zunehmen, wenn ich erst der Gefahr ins Auge se
„Was über uns ergeht, ist ein Gericht des Himmels," hen kann." > ,. »>
siel der Greis ein. „Aber wer hat sich zuerst aufgelehnt „Habt Ihr schon Eure Maßregeln genommen , Herr
gegen Recht und Satzung? Bon de» Raubrittern ging von Elmenstein?" fragte der Kaplan nach einigem Still
das böse Bevspicl aus. Der edle Kaiser Mar hat umsonst schweigen. „Gegen den ersten Anlauf ist die Burg noch
dem Ucbel zn steuern gesucht durch den Landfrieden ; mit- fest genug," antwortete der Ritter. „Ich denke, die Schur
ten in diesem Frieden hat der freche (?mich von Leiningen ken werden mir einen Vertrag vorlegen, wie sie es bereits
" das Kloster Limburg zerstört, welches König Konrad er einigen Herrn gethan, und ich muß dann freylich unter
baute, mid in dessen geweihten Boden die fromme Gisela zeichnen; aber Ihr wißt, Kaplan , gezwungener Eid ist
ihren Sohn begrub." — „Die Pfaffen machtens nicht Gott leid!" — „Der Kaiser und die Fürsten werden blu
besser!" brummte Eberhard, und feine dunkeln Angen- tige Striche durch die abgezwungenen Schriften machen ,"
brauen zogen sich enger zusammen. „Leider !" seufzte der erwiederte der Kaplan. „Könnte ich mich noch von der
Kaplan. „Wenn erst einmal alle Dämme brechen, so bleibt Stelle bewegen!" rief der Ritter, „nnd wärs nicht auch
nichts von den Fluten verschont, und sie setzen ihren um meine gute Bertha z» tkun, so wahr ich Eberhard heiße,
Schlamm ab im Rittersaal, wie in der Hütte und in der die Hunde sollten sich nicht rühmen, mich zu einem schmäh-
Kirche." ligcn Vertrag gezwungen zu haben."
Bertha hatte bis jezt bewegungslos am Fenster ge (Die Fortsetzung folgt.)
standen. Jezt trat sie plötzlich einen Schritt zurück und
rief mit bebender Stimme: „Gott, der Himmel wird
.blntroth, das ist ein Braud. Wo das wohl feyn mag?" Ueber die Meynungen verschiedener Zeitalter vom
„Der Richtung nach ists das Kloster Limburg, welches jezt Sitze der Seele.
zum zweyten Mal ein Opfer der Flammen wird," sagte
(Fortsetzung.) ,
Pater Anselm, indem er nach der Gegend sah, wohin Ber
tha deutete. „Das Kloster Limburg !" stammelte sie und Selbst ein Aristoteles konnte nun die Aufmerksam
sank bleich wie Marmor auf einen Sessel. keit der Philosophen und Naturforscher Griechenlands
Im Kloster Limburg befand sich feit sechs Monaten von dem Gehirn nicht mehr ablenken. Eine zwar mit lw,
ein Novize, Namens Heinrich von Dieburg, ein Jüng recht dem Hippokrates zugeschriebene, aber scharfsinnige
ling edel von Gestalt und Gesinnung, aber mehr gemacht, Schrift von der Fallsucht, deren Entstehung zwischen die
das Schwert als das Ranchfaß zu schwingen. Er war der Zeiten Platos und der ersten Ptolomäer, Alerander des
jüngere Sohn Diethers des Rothkopfs , wie man seinen Großen Nachfolger in Egypten, fällt, spricht sich schon auss
Vater nannte, und dieser hatte ihn gezwungen, den geist Stärkste über die Wichtigkeit des Gehirns , als des näch
lichen Stand zu wählen, nnd zwar in dem Stift, von sten Organs der Seele aus. Sie nimmt sogar mit Über
welchem er feine meisten Besitzungen zu Lehen trug. treibung das Gehirn als einziges Hülfswerkzcug der Seele
Heinrich kam früher manchmal nach Slmcnstein, und an. Mögen die Menschen wissen, heM es in ihr, daß
zwischen ihm und Bertha entzündete sich eine Liebe, die kein anderer Theil als das Gehirn Vergnügen schafft. La
sich keines von Beyden selbst gestehen wollte, bis der strenge chen und Scherz; aber auch kein anderer Traurigkeit und
Wille des Vaters den Jüngling in die klösterliche Abge Vangsenn , Klagen nnd Jammer. Durch diesen Theil sind
schiedenheit verbannte. Heinrich vermied einen mündlichen wir weise und haben Verstand ; durch ihn sehen und hören
Abschied, aber er ließ dem Fräulein ein ewiges Lebewohl wir, und erkennen, was schändlich und löblich, gut oder
sagen und sie bitten, seiner manchmal zu gedenken. Für böse, angenehm oder unangenehm ist; durch ihn aber wer
Berto« war dieß so gnt als die Liebeserklärung eines Ster den wir auch verrückt und reden irre. Daß auch der Ver
benben ; doch siel in die Dunkelheit ihrer Seele noch bis rückte weiß, was gut oder böse ist, füklt er sich gleich durch
weilen ein matter Strahl der Hoffnung, fo lange Heinrich die Krankheit seines Gehirns unwiderstehlich zum leztern
das Gelübde nicht abgelegt hatte. Und auch jezt, nachdem getrieben, und daß es eine moralische Freudigkeit oder
der erste furchtbare Eindruck, den das in Flammen auflo Trauergibt, mag. das Gehirn schwach oder kräftig seyn,
dernde Kloster in ihr hervorbringen mußte, vorüber war, das übersah der Verfasser; im Eifer, die Wichtigkeit des
und sie einigermaßen zur Besinnung kam , schmeichelte ihr Werkzeuges darzustellen, verwechselte er es mit dem Künst
die Liebe mit der Hoffnung, die Mönche werden sich vor ler selbst. Freplich kann mit der Hand nicht schreiben,
Annäherung der Bauern gerettet haben, und Heinrichs wer keine oder eine kranke Hand hat, aber schreiben wol
Kerker sev nun doch vielleicht zerbrochen auf immer. Sie len oder nicht wollen kann er anch ohne sie ; so ist es auch
faßte sich darum schnell, stand von ihrem Sitze auf und mit dem Gehirn. Wie dieses Werkzeug seiner Form nach
39?
eigentlich beschaffen fev, zeigte nun zuerst ein griechischer «IS sein Fuß das erste Mal an einen Stein stieß , klar
Arzt, Herophilus in Alerandria, der neuen Hauptstadt werden, daß der Stein und sein Körper, der er ja auch
Egyptens. Nach der Angabe Galens machte er ungefähr selbst war, einen bestimmten Platz in der Welt einnehmen ;
z»„ Jahre vor Ehristuö die erste genauere Beschreibung warum sollte er, a!S er anfing ein geistiges Ich in sich
des menschlichen Gehirns bekannt. ?<ach dem Zeugniß des von seinem Körper zu unterscheiden, diesem nicht auch in
spätern Rnffus EpKcsius wußten auch Herophilus und der seinem Körper eine bestimmte Stelle anweisen, da er ja be«
Zeitgenosse desselben, Erasistratns, bereits, daß die Ner seiner, von der übrigen Natur geschiedenen Persönlichkeit
ven Werkzeuge der Empfindung, so wie der wlllkührlichcn nur in sich seiner selbst bewußt war ? Die Entdeckung der
Bewegung seven , und daß durch sie das Gehirn in Ver Verrichtungen der Nerven und des HirnS mußte nun
bindung mit dem übrigen Körper, mit den Sinnorgancn diese Mevnung, an der Niemand zweifelte, weil man sie
desselben und seinen Muskeln trete. zum Voraus für entschiedene Wahrheit annahm, begünstigen.
Aber längst hatten sich schon förmliche Schulen gebil Jene, die Nerven, erwiesen sich, da ihre Dnrchschncldung
det. Ss wäre ganz gegen den Charakter sogenannter Schul das Glied, zu dem sie gingen, empfindungS-und bewegungs
weisheit, im Gegensatz zu der natürlichen ächten, gewesen, los machte, als Leiter der Gefühle und als weiter deö Wil
wenn nicht die alten Jrrthümcr aufs hartnäckigste wären ! lens der Seele zu den willkührlich beweglichen MuSkeln.
beybehalten und nur mit den neue» Entdeckungen, die Sie sähe man im Hirne sich vereinige» ; man erkannte, daß
man nicht mehr läugnen konnte, verflochten worden. Die Druck und Verletzung des Gehirns ungleich mehr als Ver
alte Lehre vom Hauche des Lebens zog der Seele in ihren letzung jedes andern Zhcils des Körpers die Aeußerungcn
neuen Wohnst!? im Gehirne nach. Noch anderthalb Jahr der SeelciUhätigkeit störe oder aufhebe. Ss war also nur
hunderte nach dem Anfange unferer Zeitrechnung erwies noch davon die Rede, weil das-Hirn doch selbst noch ein gros
Galen mit vielen Gründen, daß durch das Ein - und Aus- ser, ausgedehnter Körper war, und man zu glauben
athmen das alte Pnevma vermittelst einer siebförmig durch schien , je kleiner mau sich die Seele vorstelle, desto nä
löcherten Knochenplatte oben in der Nase unmittelbar in her werde man dem Begriffe eines unkörperlichen, geisti
die inncrn Gchlrnhöhlen gelange. Erst anderthalbtau gen Wesens kommen , wo in diesem Hirn wohl eigentlich
send Jahre nach Galen fiel eö einem Professor in Wit die Seele wohne?
tenberg, Schneider, ein, nachzusehen, ob denn jene Lö Schon Herophilus glaubte, wie Galen angibt, diesen
cher auch wirklich vorhanden seven, und er fand unerwar Sitz der Seele in der hintern Hirnhöhle gesunden zu ha
tet, daß sie zwar im Siebbeine, wenn eS rein gemacht be». Von ihm an beschäftigte sich eine Reibe von Philoso
wird, in allwege sich vorfinden, daß sie aber völlig mit phen und Acrzten niit dieser Frage. Es gibt bcvnahe kei
durchgehenden Nerven, Blutgefäßen und einer ununter nen der eigcnrhümllch gebildeten LKeile des Hirns , mit
brochenen Haut verschlossen, also gar keine Oeffnungen dem man nicht versnchr hätte diese Hrage zu lösen, und
mehr sind, so lange der Knochen noch mit seinen weichen den man nicht wieder verlassen hätte, weil man immer auf
Theilen überzogen ist. So bedurfte eö auch von Erasi- einzelne Beyspiele traf, in welchen er einzeln krank gefun
stratus an bis zum berühmten Entdecker des Blutkreislau den wurde, ohne daß man im Leben eines solchen Men
fes, Harvev, keines gcringern Zeitraumes als eines von schen eine merkliche Störung der Seelcnäußerungen wahr
neunzehn Jahrhunderten, nm zn finden, die Behauptung genommen hätte. Eben so vergebens ließ man die Seele
se» nicht wahr, daß die Luft auö den Lungen wechselsweise in der wässerigten Flüssigkeit der Hirnhöhlcn umkcrschwim-
das Herz auftreibe. Auf diesem Wege versuchte Galen men; dieses Wasser findet man gar nicht, wenn man in ei
Luft aus dem Gerzen durch die Schlagadern auch in daö nem lebenden Thiere die Hirnböhlen von oben herab öff
Gehirn sich ziehen zu lassen , wahrscheinlich weil ihn, der net. Andere ließen die Seele der besonders sichtbar fase
erst angeführte Weg nicht zureichend genug schien, daö Ge rigt gebauten Theile des HirnS wie eines Klaviers sich
hirn mit lebendigem Odem zu versehen. Und doch hatten, bedienen, woben aber der zuerst berührte Einwurf wieder
jedoch zum Theile vergeblich, den Galen seine eigenen auftrat. Der berühmte französische Philosoph Des CarteS
Sinne bev seinen eigenen Versuchen an lebenden Thieren hat sogar noch in der Mitte des siebzehnten Jahrhunderts
belehrt, daß, wenn man in eine entblößte Schlagader eine seiner Abhandlung über den Menschen viele recht deutliche
Nadel steche, keine Luft hcrauszifche, sondern blos Blnt Zeichnungen beygefügt, die vorstellen, wie mitten im Hirne
ausspritze. So schwer ist es für den Menschen, einmal in der sogenannten Zirbeldrüse die Seele wohne, wie dort
eingeftihrte Vorurrheile wieder zu verlassen. die durch die verschiedenen Nerven des Körpers geleiteten
Begreiflicher ist es, daß man überhaupt gar nicht zwei Lebensgeister unter verschiedenen Winkeln zusammentref
felte, die Seele müsse irgendwo im Körper eine» Sitz haben, fen, und von jener Stelle aus eben so wieder nach außen
in ihm an einem bestimmten räumlichen flal'c gleichsam ein ziurückgeworfen werden. Dadurch sollten Hirneindruckc entste
gesperrt sich befinden. Mußte doch dem Mensche» von da au. hen, die man für Ideen halten müsse , welche die Seele in
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ibrem Nackdeuken unmittelbar anschaue, wenn sie in Wer- diese Frage nur damit zn beantworte«, daß im Publik«»,
bmduna mir dem Äorper, ihrer Maschine, irgend eine» die Rede geht, ber Dichter habe im Sinne» einen große»
Gegenstand wahrnehme oder einen solchen sich einbilde. Tbcil der deutschen Geschichte dramatisch zu beHandel». Bey
Doch hätte schon eine Beobachtung deö Aristoteles, die solchem Vorhaben lag es den» freylich nahe, das Nibelungen«
er am Ende seines ersten Buches über die Seele vorträgt, lieb als Repräsentanten ber früheste» Jahrhunderte anzusehen.
Zweifel erregen sollen, ob man denn bey einem geistigen, ganz Schade daß ber Vors«? nicht bester gelungen ist, und nicht
unkörperlichen Wesen überall nnr von einem bestimmten besser gelinge» konnte. Doch wir wollte» dicß Mißlinge»
Räume reden könne, in dem es sich befinde. Aristoteles segnen, wenn Herr Ranpach dadurch abgehalten würde, fers
führt dort die merkwürdige Erscheinung gn, daß einige In- »er seine dramatischen Geböuve «nf der allzubveiten epische»
sekten, cntzwev geschnitten, in beyden Theilen noch fortle Grundlage aufzuführen. Nichts aber könnte uns angenehmer
ben und millkührlich sich zu bewegen scheinen. Scharfsinn styn, als einmal gründlich davon überzeugt zu werden, das, wir
»ig sezt er bey , jene Therle lebe» fort, als »b sie der Art uns bey da» wiederl)vlteu Tadel gegen alle Raupachsche»
nach uvcheincrley Seele, aber nicht der Zahl der Körper- Tragödie» wiederholt geirrt haben. Den» welcher Kritiker,
theile nach hätten. Denn jeder der zwcy Theile habe Em ber es redlich mit ber Sache ber Kunst meynt, würde sich
pfindung, und sev eine Zeitlang noch vermögend seinen Ort nicht frelie« > wenn er die Ueberzcugung gewänne, iaß in
zu verändern. ES mache keinen Unterschied, daß diese ent dem lezten JahrzeKend der deutschen Poesie auch einmal gute
zweigeschnittenen Thicre nicht auf die Dauer sich lebend Tragödie« zum Borschei» gekommen seyen. Bis jezt aber glau
erhalten könnten ; denn dazu hätten sie die Werkzeuge nicht ben wir, baß die Raupachschen Tragödie», wenn zwar z« dm
wehr. Demungeachtet zeigen sich in jedem jener Theile bessere», dennoch nicht z» den gute» gehören.
alle verschiedenen Thätigkeiten oder Seiten der Seele fort
bestehend. Die verschiedene» Seelenäußerungen scpen also Paris, April.
nicht nur in den getrennten Theilen der Art nach einander lBeschluß.Z
gleich, sondern sie seyen dieses auch gegenüber der Seele des Die Plane ö« Obskuranten wurden ganz vereitelt,
frühern Ganzen. Denn weil die verschiedenen Aeußeruvaen denn indcß sie sich alle Mühe gäbe» FinsterniH z» verbrei
einer Seele nicht von einander trennbar seven, so müßten die ten, steckte die Gesellschaft mit ihrem «iäe-toi, le ciel t ni-
Seelenäußerungen in den getrennten Theilen untereinander, ein Licht auf, das überall gesehe» wurde. Ma» weiß,
aber auch der Seele des Ganzen gleich sevii, gleichsam «IS was hernach erfolgt ist; die Wahlen fielen zum Theile vor
hätte leztere selbst in Stücke geschnitten werden können. Mit trefflich aus , Villele mußte abziehen , die Jesuiten verloren
dieser Stelle, die ihm freylich Schwierigkeit genug machen ihre Hauptstütze , und da das Gelb nicht so reichlich mehr i»
mochte, bricht er geradezu seinen Gegenstand ganz ab, ohne ikrc Kasse floß, finge» sie «» ikrc» Kredit zu verlieren. Die
ein Wort weiter darüber zu sagen. Nation hat sich einen Augenblick selbst geholfen , und schon ist
<Die Fortsetzung folgt.) ihre Lage weit besser. Das Motto der GcstUsthast hat sich
hier auf eine auffallende Art bewährt. I» dein ersten Heft
der obenerwähnte» kl«?»« fleht ein gut gedachter
Korrespondenz-Nachrichten. Aufsah über die zclm Flugschriften, welche von der Gesellschaft
Berlin, Februar. während der glücklicherweise kurzen Dauer des Ccnsurjochcs
<Bcschlȧ.) ' herausgegeben worden sind. Diese Schriften haben sicher dazu
Im vierten Akt komme» neue Begebenheiten hinzu, wel bcygetragcn, die Lage Frankreichs zu bessern. Manche, die in
che sich anS den früheren auch nirr in äußerlicher Weist her einem sanften Schlummer versunke» waren, sind dadurch auf
leiten lasten. Daß ChriemKilbe gvoßmüthig von ihrem Hab gerüttelt worden , haben sich geregt, sich «it cmander bespro
«nd Gut verschenkt , damit Seelenmessen für ihre» gemorde chen, und ihr Bestes gcrha», um ihrem Vatcrlaude redliche
ten Galten gelesen werben, daß Hagen in Gunthers Abwesen und einsichtsvolle Volksvertreter zu verschaffen. Diese Be
heit den Schar? in den Rhein wirft, baß er Brunhildcu trozt, merkung macht auch die l^erue i>«»5»i,e , die mit Recht viel
ist kein wesentlicher Fortgang ei» und derselben Handlung; ans die Thätigkeit der emporkommenden Generativ» rechnet.
daß endlich Ezel um Shriemhildcn wirbt, hat nur mit SifridS Die Alten werden schwerlich von ihren ehemaligen Vvrurthei-
Tod ben Zusammenhang, daß ein zwcmcr Bewerber nnr »ach leu geheilt werden. AuS den Epoche» der republikanische»
dem Ableben de« ersten Gatten sich herandrängen kann. Im ZKgcllossgkcit und dcS Napoleonschen Despotismus sind ihnen
Nibelungenliede hak diese Werbung den Sin», Chricmhildcus Gewohnheiten und Gesinnungen übrig geblieben , bie sich mit
Rache, wie sie jener barbarischen Zeit sich ziemt, hervovtretcn dem jetzigen Zustande der Dinge nicht wohl vertragen, und
zu lassen. Wie schnell ekgreift Chricnihildc diese Gelegenheit !deren sie mit Mühe «erde» loswerben kbuneli. Nicht so die
Dieser Sinn fällt hier aber weg , und der ganze Schluß paßt ans sie folgende Generation, die mit gcinZgigtcrn und vernünf-
dadurch schlecht. Warum über dicß ganze Geschlecht solch furcht tigern Gesinnungen und Grundsätzen emporwächst. Von Eng
bares Gottesgericht einbricht, läßt sich nicht erklären. Im land und Deutschland, den beyden einzigen Ländern anßer
ganzen lcztcn Akt können wir nur die Mannigfaltigkeit ber Frankreich , die das Gute ernsthaft zu wollen schcmcn , hegt
Todesarten bewundern . durch welche Herr Raupach das ganze die llerue i>«nc/«i»e nicht dieselbe Hoffnung. England, behaup
Personal seiner Tragödie tbeils in den Rhein springen, thcilS tet sie, sey in seiner Größe wie erstarrt, sein ganzes Leben be
erdolcht , thcils geköpft werbe« , oder noch auf andere Weise ruhe i» seiner Frcyheit . »nb auVer dein Kreise feiner Angele-
umkomme» läßt. Dürfen wir nun das Mißlungene in diesem gcnkciren zeige es sich ohne Thätigkeit, und oft ohne Einsicht;
ncncn Nibelungenhort dreist der llnqcfügigkeit de« Stoffes Dcutschlanb vergleicht sie init einem Architekten , der beständig
aufbürden . und müssen wir noch immcr die Geschicklichkeit Plane entwirft, aber nie ein Gebäude errichtet. Vielleimt
des Dichters rühme», sich nicht größerer Mistgriffe schuldig ge liegt bie Schuld daran, daß das liebe Vaterland nicht genug
macht zu haben, so bleibt uns nur noch die Frage übrig, ben Sinnspruch der Pariser Gesellschaft beherzigt.
warum sich denn Herr Naupach. statt sich »ach anderem In
halte umzusehen, gerade das schwere Joch dieser oft schon
mißrathenen Bearbeitung aufgebürdet habe. Wir wissen
Verlegt von der I. G. Cotta'schcn Buchhandlung.
101.

Mvrgenblatt

für

. gebildete Stände.

o n n a b e n d, 25). A p r i l 1 8 2 8.

Wie nenn' ich es, wa« über Mcnfchenßeele»


Ein Siegel Gottes schwebt.
Und ihre Tiefen, Niemand kann sie zählen.
Zu Einem Bilde «redt!
Herder.

Aebcr die Mcymingcn verschiedener Zeitalter vvm außer seinem Reiche noch eine ph,stsche Person sey, man denke
Sitze der Seele. niedt daran, daß er irgendwo sev, sondern man denke nur
(Fonseyung.) an seine geistige , freve Herrscherrhätigkeit und die damit
verbundene geistige Fähigkeit, von seinem Reiche aus Ge-
Wäre es erlaubt, sich des spielenden Witzes des Mit müthsci» drücke zu empfangen, die eigentliche Weise aber,
telalters, der den einzelnen Menschen die kleineWelt aufweiche lcztcres geschehe, so wie die, auf welche er seinem
hieß, weil er in ihm Alles zu sinde» glaubte, was man in der Reiche seine Befehle zukommen lasse, sey eine unbekannte.
großen Welt wahrnahm, zu bediene», so könnte vielleicht Das Reich dieses Herrschers sev organisirt ; von einer
folgendes Bild der Sindildungskraft einigermaßen helfe», Hauptstclle auS gehen durch eigene Vorkehrungen die Be
mit den Eigenschaften sich zu befreunden, welche der Ver fehle in die Provinzen , um dort je nach der verschiedenen
stand sich genöthigt sieht, den aller Körperlichkeit eiMch- Beschaffenheit jeder einzelnen vollbracht zu werden. Dnrch
renden Wesen, und die doch sind, den materiellen Diu- dieselbe Hauptstelle werde der Herrscher von allen wichtigen
gen gegenüber anzunehmen. oder ungewöhnlichen Veränderungen in seinem Reiche be
Man stelle einen Herrscher sich vor, der außerhalb nachrichtigt, so wird er im Verkehre selbst mit dieser
seines Reiches sich befindet; nicht bloS sc» scioe Kraft Hauptstelle zunächst seiner wechselsweisen Verbindung sich
durch die Ausdehnung und Beschaffenheit seines Reiches bewußt seyn. Durch die verschiedene Natur der Landes-
beschränkt, sondern auch, abgesehen von diesem, schon durch theile erhält der Wille des Herrschers seine bestimmte Aus
seine eigene Persönlichkeit. Man stelle ihn sich vor, als führung. Ist die Verbindung zwischen der Provinz und
od er nur von seinem Reiche aus und sonst nirgend woher der Hauptstelle unterbrochen, so kann diese keine Nachricht
benachrichtigt werden könnte von dem, was in der übrigen von jener erhalten , und selbst wieder dem Herrfcher keine
Welt vorgehe, und daß er nur vermittelst seiner Gewalt, Nachricht von der Provinz weiter geben. Eben so kann der
in seinem eigenen Reiche auf die übrige Welt einwirken Befehl des Herrschers dann von der Hauptstelle aus nicht
könne. Sin solcher Herrscher würde, obgleich nicht körper in der Provinz anlangen. Die Hauptstelle entwickelt die vom
lich in seinem Reiche anwesend oder darin eingeschlossen, Herrscher erhaltenen Befehle für die Provinzen und sendet
doch seiner Hcrrschergewalt nnd gleichsam seiner selbst im sie an dieselbe ab ; sie selbst bleibt ruhig , aber in der be
mer nur durch sein Reich, ohne unterscheiden zn können, treffenden Provinz tritt der Befehl durch hervorgerufene
ob er nicht in seinem Reiche sev, sich bewußt seyn. Man sichtbare Bewegungen ins Leben ; er äußert sich nur hier
vergesse einen Augenblick , daß ein solcher Herrscher auch auch in der äußern Wirklichkeit. Ist die Hauptstelle ge
lähmt, so kann für das ganze Reich kein Befehl des Herr Burg Elmensiein.
schers mehr ausgefertigt werden , der Herrscher kann von Von Aloys Schreiber...
seinem Reiche nicht mehr benachrichtigt werden; er hört, (Fortseyung.)
weil jede Veranlassung nun fehlt, auf, sich seiner Gewalt Sin Knecht trat mit der Nachricht herein, einige Un-
und seiner Fähigkeit zu empfinden bewußt zu bleiben. terthancn des Freyherrn begehrten Einlaß; sie scven ge
Fehlt aber nichts an der Organisation, so herrscht über kommen, ihre Dienste anzubieten. „Wer ist ihr Spre
all einerley, von eine? geistigen Einheit ausgegangener cher?" fragte Eberhard. „Der Mayer von Appenthal."
Wille in der Provinz so gut wie in den Verbindungsan- »Gott schickt Hülfe," rief Bertha und blickte dankbar zum
stalten und in der Hauptstelle. In leiterer spricht sich Himmel. Der Ritter befahl sie einzulassen. Der Haufe
die Wechselwirkung der herrschenden geistigen Einheit und bestand aus zwanzig bis dreyßig rüstigen Männern. Der
deS materiellen Landes mit seinen physischen Organisatio Mayer von Axpenthal nahm das Wort: „Wir kommen,
nen zwar am stärksten ans und sie tritt am deutlichsten edler Herr, Euch in dicfer Drangsal unscrn Dienst anzu
hier hervor; aber bemungeachtet findet sich jene herr bieten. Ihr habt Euch unsrer oft erbarmt in der Noth,
schende Einheit selbst so wenig in der Hauptstelle, als in und fo ists billig, daß wir Eure Burg schützen und Euch
Werbindungsorganen oder in den beherrschten Provinzen, selbst und das edle Fräulein gegen die Meuterer, die ihr
irgendwo in diesem Reiche abgesondert und auf eine» be Recht suchen durch Unrecht , und das Wort Gottes brau
stimmten Raum beschränkt vor. chen zum Unheil und Verderben." Eberhards Gesicht er
So ist es bey dem Menschen und den höhern Thier heiterte sich bey dieser Rede, er musterte den Haufen mit
klassen, wo alle Theile des Körpers, die in Wechselwir flüchtigem Blick und nannte jeden der Männer bey sei
kung mit der Seele treten, dem Gehirm untergeordnet nem Namen. In der dunkeln Ecke des Gemachs, nahe
sind. Das Gehirn bleibt körperlich ruhig bey seinen den der Thüre, stand aber Einer, den er nicht zu erkennen
Geist unterstützenden Verrichtungen ; die willkührlich be vermochte. Er hieß ihn näher treten. Es war ein stäm
weglichen Muskeln aber drücken durch hervorgerufene räum- miger Bursche im ersten kräftigen Mannesalter, dem
liche Bewegungen in der Körperwelt den Willen der Seele Muth, Kühnheit und List aus den Augen sahen. „Ha,
aus; die Nerven sind die Verbindungsglieder zwischen dem Lutz," rief der Ritter verwundert, „wie kommst du unter
Gehirn und jenen, sie leiten die einwärtsgehende Empfin meine Freunde?" — „Herr von Slmenstein," antwortete
dung, wie den auswärtsstrebendcn Willen. Aber es findet der Mann lächelnd und ohne die mindeste Verlegenheit zu
allmählig in den Niedern Klassen derThiere keine so strenge zeigen, „ich war nur der Feind der Thiere in Eurer Wild
Unterordnung der Theile unter das Hirn mehr statt. Hier bahn, weil ich des Glosens bin, der liebe Gott habe
scheint die Wechselwirkung des Körpers und seiner gebie dem, was im Wasser lebt und in der Luft und in den
tenden Psyche überall gleichförmiger stattzuhaben. Hier Wäldern keinen Herrn gefezt, und Wild, Fische und Vö
wäre, um das obige Bepspicl fortzusetzen, der Herrscher gel seyen eben so gut geschaffen für den Knecht wk' für
nicht an eine Hauptstclle gebunden; unmittelbar stünde er, den Herrn. Ihr, Herr Ritter, seyd hierin anderes Glau
obgleich selbst immer mir eine geistige Einheit, mit jeder bens , und habt mich mehr als einmal in den Block legen
einzelnen Provinz in Verbindung. Dann spräche sich, lassen. Darum wurd' ich Euch aber nicht gram, denn an
würden diese Provinzen auch auseinander gerissen, in den Eurer Stelle hätt' ich ohne Zweifel dasselbe gethan ; und
getrennten Theilen des Reiches doch immer noch, wie Ari zudem ward Ihr noch menschlich , denn andre Herrn lies-
stoteles bey seinen getrennten Insekten bemerkte, ein und sen manchen armen Teufel eines Häsleins oder einer Wach
derselbe Wille von einer geistigen Einheit ausgehend aus; tel wegen auf einen Hirsch schmieden und das Thier dann
sie selbst hätte nicht können mitgerissen werden. Doch in die Wildniß treiben." — „Warum," unterbrach ihn
dürfte es in den, am einfachsten organisirten Thierklassen, Eberhard, „warum gingst du nicht zu den Bauern? dort
wo namentlich jedes Glied fähig ist wieder ein Ganzes mochtest du vielleicht Geld und Gut erwerben." Lutz schüt
zu bilden , psychische Demokratien , selbst in einzeln abge telte den Kopf: „Herr Ritter, ich traue dem Wetter
schlossenen thierischcn Individuen, geben, z. B. in den nicht, und wenn ich um Geld und Gut spielen soll, will
Polypen , Naiden u. s. w. , die , so lange sie »„getrennt ich wenigstens den Hals nicht einsetzen. Die Herrlichkeit
sind, nur einen leitenden Vorstand vom vordern Ende ih wird von kurzer Dauer seyn ; der Churfürst sammelt feine
res Körpers aus haben. Fähnlein, und drüben im Frankenlaud und Schwabenland
(Der Beschluß folgt.) zieht der Truchseß mit den Bündisthcn herum und schlachtet
die Bundschuher ab wie Kälber."
Eberhard wendete sich jezt an die Männer und sagte:
„Ich habe nur zwep Wünsche, die Rettnng meines Kin
des, und daß ich oder sie einst im Stand seyn möchten, eure
Treue zu belohnen. Evern Dienst darf ich aber nicht an Auges von irgend einer Farbe einen lebhaften Eindruck
nehmen. Ihr habt Häuser, Weiber und Kinder. Weilt erhalten hat, fo wird sie unmittelbar darauf für den Ein
ihr im Schlosse, so würden die Bauern eure Wohnungen druck einer ähnlichen, aber schwächeren Farbe unempfind
niederbrennen, eure Felder verwüsten und euch zu Bett lich. Sine allbekannte tägliche Erfahrung macht diesen Satz
lern machen. Gegen einen plötzlichen Uebrrfall ist meine ganz deutlich. Wenn man gegen Sonnenuntergang ein
Burg gesichert. Unterdessen können die Sachen sich anders Fenster betrachtet, sieht man die hölzernen Rahmen dunkel
wenden, oder ich gewinne auch Seit mit den Aufrühren, farbig, während die Glasscherben selbst noch hell sind.
mich zu Verträgen. Du, Lutz, bleibst bey mir, denn zu Kehn man die Blicke, nachdem man sie eine Zeitlang «uf
verlieren hast du nichts, und ich mache dich fürs Erste zu das Fenster geheftet hat, auf die Wand gegenüber, fo sieht
meinem Wildmeister, denn in meinen Forsten weißt du man auf diesem dunkleren Räume ein Bild des Fensters.
Bescheid. Ihr aber, lieben Männer, geht mit Gott und Diese Erscheinung kann man nur erklären, wenn man
grüßt von mir eure Weiber und Kinder." Mit diesen Wor annimmt, daß der Theil, der Netzhaut, ans dem sich das
ten reichte er dem Mayer und den übrigen Männern die Bild deS Fensters abmalt,, in Folge der lebhaften Farben
d, und traurig verließen sie das Schloß. dieses Bildes unfähig wird, von der dunkeln Färbung der
(Die Fortsetzung folgt.) Wand eineu Eindruck zu erhalten. Bev den übrigen Sinn-
or^onen bemerken wir ein Aehnliches ; so darf man , um
ein einziges Verspiel anzuführen, nur vor dem Kaffee ein
Vom Kontrast der Farben. Stück Zucker essen, und man wird den Kaffee nicht süß ge
Man wußte schon lange, daß es, wenn es sich von nug finden.
Beurtheilung der Harren handelt, nicht gleichgültig ist, ob Chevreuil zeigt an Bepspielen, wie wichtig daS Gesetz
man dieselben einzeln für sich oder nebeneinander betrach deS Farbenkontrastes für die Kunst der Teppichweber?» fev,
tet. Dieneuesien Untersuchungen Chevreuilö haben wenn es sich darum handle, die gefärbten Faden zur Nach
aber diesem Gegenstand eine 'Ausdehnung und eine Wich: bildung eines Gemäldes, oder, wie in den meisten Fällen,
tigkeit gegeben, von der man bisher keine Ahnung hatte. einer mehrfarbigen Zeichnung auszuwählen. Um von der
Im Allgemeinsten kann man die Erscheinung so bezeichnen: Schönheit der Farben, die man zusammenhält, richtig zu
wenn das Auge zu gleicher Zeit zwep verschieden e, sich be urtheilen, ist eS ganz nothwendig, das Gesetz ihres Kon
rührende Farben sieht, so sieht es dieselben so unahn- trastes zu kennen, besonders wenn die Farben, die man
lich als möglich. Stellt man zwep Farben, eine dunkle schützen will, sich auf Teppichen, Tapeten, SbawlS befiw
und eine helle neben einander, so wird jene dunkler, diese den, wobev die Zeichnung nicht einfärbig ist. und wo die
Heller erscheinen. Mittelst dieses einfachen Gesetzes und Farben nicht in einander übergehen, nicht verschmölze«
mittelst der Farbenlehre, soweit sie bis jezt ausgebildet sind. Uuter übrigens gleichen Umstanden werden nickt ver»
ist, lassen sich die Modifikationen berechnen, welche zwep schmolzen?, in Streifen neben einander liegende Farben
Farben durch ihre Zusammenstellung erleiden. Von der sich gewiß schöner ausnehmen, alS wenn jede für sich auf
Ursache dieser Eigenschaft deö AugeS , zwep Farben neben einem Grund, der bloS den Sindruck ein er Farbe aufdaS
einander so verschieden als möglich zu sehen, ließen sich Angemacht, betrachtet würde ; fo thnn auch die Farben,
verschiedene optische Erklärungen geben ; sie mag aber se»n welche auf den orientalischen SbawlS Palmen, auf den
welche sie will, so ist sie eine der merkwürdigsten. Es lei« türkischen Teppichen mannigfache Zeichnungen bilden, weit
det keinen Zweifel, daß diese Eigenschaft unsers Gesichts mehr Wirkung, als wenn sie mit einander verschmolzen wä
sinnes bepm Sehen fast beständig ins Spiel kommt ; wie ren, wie sie es gewöhnlich auf unfern Gemälden sind.
die Augen eine gewisse Zeit nöthig haben , um die Per Wollte man also z. B. einen Amaranthstreifen auf einem
spektive eines Gemäldes gehörig zu fassen , so scheint vielfarbig gestreiften orientalischen Chawl mit dem ama-
man eine gewisse Zeit zu brauchen , um die Wirkung des ranthfarbigen Grund eineS etnheimifchen ShawlS verglei
Kolorits gehörig zu fassen, d.h. die Augen müssen erst den chen , fo müßte man auf den erster» einen schwarzen Pa-
Kontrast der Farben fühlen , ohne daß sie dcßhalb ermü pierstreiftn legen, der alle Farben mit Ausnahme des
det würden. Ist es nun nicht wahrscheinlich, daß jedes AmaranthS bedeckte, um den Kontrast, den das Amaranth
Organ äußere Eindrücke, die es zugleich bekommt, nach mit den angränzenden Farben bildet, aufzuheben. Eben
einem solchen Gesetze deS Kontrastes empfindet? So viel fo muß man zu Werk gehen , wenn man die Farben alter
wenigstens scheint gewiß, daß alle Sinne mit dem Ge Gewebe mit neuen Farben vergleichen will. DaS lebhafte
sichtssinn eine Eigenschaft gemein habe» , die mit der Kolorit, das man meist an den chinesischen Gemälden be
bisher besprochenen genau zusammenhängt, und die für merkt, auf denen die Farben nicht in einander übergehen,
das Auge die sogenannten accidentellen oder Schcinfarbc» wo kein Widerschein ins Spiel kommt, wo die Perspektive
hervordringt. Wenn die Netzhaut oder Nerveuhaut deS vlos Linearversvektive ist, »nd man sich darauf de schränkt.
4« 4
im Vordergrund lebhafte, im Hintergrund blasse Farben Zn Europa ; sie sind besser genährt und gekleidet, «ohnen bes
anzuwenden, ist sicher eine Folge des Farbenkontrastes; ser , werden in Alter und Krankheit besser «ersorgt, und kön
denn die Farben befinden sich hier unter den günstigste« nen wirklich glücklich seyn, wenn cS ihnen genug cm Gefühl
mangelt, da« Elende uud Verworfene ihrer Lage zu empfin
Umstanden , um stark gegen einander abzustechen« den, die sie zu Thieren herabwürdigt ; was die körperlichen
Züchtigungen betrifft , so will ich sie nicht einmal in Anschlag
Korrespondenz-Nachrichten. bringen z dum ich glaube, daß jezt der Sklave kaum so sehr
, London, April. Her WillkKhr seines Treibers überlassen ist, als der Arme in
Von der Bühne ist gegenwärtig wenig oder nichts zu siv England der Wlllkühr der mit der Magistratur bekleideten
gen, alle« Neue bestellt in Ucberscyimgc» und Umändernngcu Pfarrer und Landjimker. Aber man lese nur folgenden Zug,
französischer Stücke, und diese Dinge sind meistenthcilS Ho und »«heile alsdann, ob einsolches System olme b cv eut ende
schlecht, d«H, wenn ihnen »ichr prächtige Dekorationen, hübsche Aenderung von einem Volke, .doS sich chuistlich nennt, länger
Liebchen, oder sonst ein Umstand (wie z. B. Madame Vcstris geduldet werden ßolltc. Um die Stunde der Versteigerung trat
als Korporal in >K« InvinciKIe») nachkilft , sie wie Pilze Marly in den Verkaufssaal, und sein Blick fiel sogleich auf
eben so schnell verschwinden als sie entstanden sind. Keon, «cl- brey vornehm aussehende , woklgckleidete Zunge Frauenzimmer,
cher viel von seiner Popularität verloren hatte, ist nach einer welche zusammen zum Verkauf ausgestellt waren. Es waren
langen Unpäßlichkeit wieder in seiner ganzen vorigen Kraft Schwestern von der Caste , die man Mustefs nennt, ihre Mut
erstanden, und füllt Cvventgorden in den Rollen eines Shy- ter nämlich war eine Qu od? on und ihr Vater ein Weiße«
lok , Makbeth , Othello u. f. w, mit Zuschauern, und diesemit gewesen. Die schönen Gestalten, die auffallend gebildeten Sit
Bewunderung seines hohen Talent? , welches Zczt um ft med« te», die sanfte», angenehmen, ganz europäischen Gesichter,
gefällt, weil er offenbar weniger um de» Beyfall berGallcrie» weißer v>ls man sie bey vielen unserer Landsinänniimen sieh»
buhlt, als er sonst zn thun pflegte. Sei» höchstes Kunstwerk die blasse Rdtbe, womit ihre schmähliche Ausstellung vor aller
ist indessen der Mohr; und wer ihn als solchen neben dem treff Augen ihre Wangen übergösse» Karte, machten die Gruppe uns
lichen C. Kemble alö Eassso, und dein korrekten Voung als gemein anziehend. Es befand sich Niemand in dem Gemacde,
Jago gesehen , der durfte sich dazu Glück wünschen, eines der der nicht Mitleiden mit ihnen gekabt Kalte , und die Gcfükle
Meisterwerke Shakespears meisterhaft dargestellt gesehen dieser armen Mädchen waren wohl nicht zu beschreiben. Ihr
bei,,, wenn es nicht unglücklicherweise an einer guten Dcsde- Vater war ei» angesehener Mann gewesen, und hatte sie mit ei
mona fehlte. Miß Jarman ist das Beste, was man jezt in ner braunen Frau erzengt, welche seine eigene Sklavin gewesen
England von der Art haben kann , und diese ist ein zierliches «ar. Er hatte sie als seine anerkannten Kinder ganz wie die an
Püpvchcn. Aber nicht nur dem Trauerspiel, mich den, Schau dern Frauenzimmer auf berJnsel vornehm erzogen, chatte nie dar
spiel fehlt es an Heldinnen, dagegen Kaden wir eine Menge an gedacht, sie als Sklavinnen zu betrachten. Ihre Mutter war
beliebter Sängerinnen , obgleich die beste. Miß Paton, jezt alS Sklavin gestorben, und zwar unglücklicherweise wurde es von
auf Reise» ist. In der italienischen Oper haben wir noch Tag zu Tag verschoben, die Mädchen förmlich frev zü lassen, und
nicht? gehabt, was nicht schon auf dem festen Lande bekannt der Tod raffte ihren Vater dahin, bevor «r das Dokument ikrcr
gewesen wäre. Mad. Schütz hat den Beyfall erkalten, den sie Frcyhcit ausgefertigt hatte. Man fand seinen Bermdgcnsziistand
verdient, aber Aller Ohren sind ans das Erschein« der Sons so schlecht, baß seine Gläubiger sich seines ganzen EigentKums
tag gespannt, welche den löten dieses auf der Bühne öftre bemächtigte». And also auch seiner Kinder. Niemand aber wollte
ren so«. auf der Versteigerung auf sie bieten, obgleich man sie noch
Von neuen Büchern haben wir mancherley, gereimt imb mehrere Male zum Verkaufe ankündigte und ausstellte. Ihr
ungereimt, aber lediglich nichts, das feinen Verfasser verewi gebildetes Aeußere und ihre gute Erziehung würden ikncn i»
gen tonnte. Unterhaltung ist die Tagesordnung, und was England eine gute Hciratb verschafft haben , und dies war auch
man nicht bey dein ersten Blick verstehen kann oder zu verste die Ursache, warum sie Niemand in Jamaika kaufe» wollte, da
hen glaubt , heißt schwerfällig nnd langweilig , und wird als die ganze Nachbarschaft es als eine Schande auSgesckricen Kaden
»«lesbar auf die Seite geworfen; was Wunder, daß die «>ürdc, wenn einer sie zu knechtischen Arbeiten gebraucht Kätte.
Schriftsteller nur leicht über die Oberfläche hingleiten ? Es gel« Da man sie nicht trennen durfte, nnd sich keine Gelegenheit
damit wie mit den Baumwollen: und Seidenzeugcn ; die Frauen zum Verkauf barbot, so ließ man sie ungehindert umhergehen,
zimmer wechseln gern ihre Anzüge oft , sie wollen deren viele 6ls wenn sie frey wären,
Kabcn , sie sollen wohlfeil seyn , und darum macht man sie so, (Die Fortsetzung folgt.)
daß sie für ein Paar Tage gut aussehen , und dann wandern
sie zum Papicrmüllcr. Auflosung des Palindroms in Nr. 95.
Der Roman iVIsrl/, or « ?I«nter'5 in Z»m»ic» Elle.
gibt in kunstloser Form ein, allem Anscheine nach sehr treues
Bild vom Pflanzer - und Sklavcnlebcn auf den westindischen In L o g o g r y p b.
seln , wie man es sonst woU nicht leicht geschildert findet» Bin zwar ungeschlacht' und wild.
Wir Kaben seit einiger Zeit eine Menge Schriftsteller aiifrreren Doch ro» Muttertreu erfüllt;
seke» , welche in Beschreibungen und Romanen dem englischen Willst die Kinder du mir raube».
Publikum günstige Begriffe von dem jetzigen Zustand der Ne Fürchte ineincs Zornes Schnauben.
gersklaven in Westindie» durch Schilderung des glücklichen Le Meines lczten Laut« Verschwinden
bens, welches sie führen sollen, bcyziibvingcn suchen; kein Läßt mich ganz verwandelt finden,
Wunder, der Verein der Kier anwesenden westindischen Eigcn- Denn ich flüstre leise , leise
tkümer bezahlt dergleichen Schriften , wenn sie irgend einen Brüdern amen dir ins Ohr;
für sie günstigen Eindruck gcmacm ;u Kabc» scheinen , und so Jeder sich in seiner Weise,
ist denn auch das crwäkntc Wersche« wieder eine Avvloqic Einst den Muscndienst erkokr.
der Sklaverei?. Wir geben es gerne zu. daß Zcne Neger im Th. v. Haupt,
Durchschnitt physisch glücklicher sind, als die meisten TaglöKncr Bei'l a ge: JnteUigenzblatt Nr. 14.
Verlegt von der I. G. Cotta'schen Buchhandlung.
102.

M v r g e n b l a t t

st»

gebildete Stände.

Montag, 28. April i 8 2 8.

Ist es möglich?
Keine Fremde.
Unsrr «rüder
Zeige« il'iien selbst die Wege?
Doch e« Wert zu de» Verwegne«?
Worte smb d«< Dichter« Waffen.
Goethe.

Dem Baron Joseph Christian v. Zedlitz Und wenn anch manche stark und rein erklingen.
So müssen sie am schönen Edlen irre«;
de» Lesung der „Todtcukranze." Vergebens hoff' ich auf die hohen Lieder,
Am jstcn März t«Z». Die gleich den Adlern zu der Sonne dringe»
Mit kraftersüllten Schwingen.
Ich stand auf der Sudeten höchster Spitze, So fülilend wandt' ich mich zu meinen Ttmlen,
ßwep Länder lagen schön zu meinen Füßen, Und eine Klage ward in meinem Busen,
Die starken Säulen zweyer michl'gen Throne, Daß ach ! der Grazien keine und der Musen
?wey Ströme sah ich ihre Fluren küssen Mich ganz beglückt mit wahrer Dichtkunst Strahlen;
Und viele Burgen, alter Edlen Sitze, Auch ich ertrage nicht den Glanz der Sonne,
Urangestammt, auch Gaben jeder Krone, Auch mir ward nie die höchste Erdenwonne.
Damit sie Treue lohne. Da dringen Klänge bis zu meinem Herzen,
Die Burgen waren einst dem Sänger offen, So reine, klare und so edel schöne,
Sie sind es noch, wenn es noch Sänger gäbe; AlS ick seit feinem Tode nicht vernommen,
Doch nun, so wahr ich dem Gesänge lebe! 1?o kraft'g« und f« wunderlicbe Töne,
Ist nichts von deutschem Liebe mehr zu hoffen. In Freude stark und sanft in ihren Schmerzen.
Verpflanzt wird Albions Sobn auf deutsche Erde, Wcß sind sie denn? Wo sind sie hergekommen
Erhoben er, daß ja nichts Sig'nes werde. In Kraft und Lied' entglommen?
Sie sind nicht fremd; unmöglich! sie sind eigen;
Cr starb, der hohe Singer, dessen Munde Der deutsche Keim ward auch zur deutschen Blstthe,
Der Heldin und der Büßerin Gebilde, So dringt kein fremder Laut zu dem Krmüthe!
Des .,herrengleichen Dieners" düstre Mähre Sudetensohn. dir muß sich Gallien neigen
Entströmt' in Heroskraft und Ehristenmilde; Und jene, 'die Child Harold hoch erheben,
Er starb dahin, doch keines Volkes Kunde, Sie müssen dir die Ebcnburt nun geben !
Und wenn's das älteste und größte wäre. Nicht abnen nur, du kannst das Ziel erringen!
Schmückt sich mit gleicher Ehre. Nicht sehen nur , du wirst sie au« erreichen
Er ist der Deutschen Stolz — und doch vergebens! Der wahren Harmonien schöne Lande!
Sie freuen sich der Lorbeer« , die ihn schmücken. Dich kenne ich am segenvolle^i Zeichen,
Die jüngsten Zweige aber, die sie pflücken, An deiner Phantasie allmächt'gen Schwingen.
Sie reichen sie den Söhnen fremden Lebens; Steh' nicht mehr schauend von dem Bergeörande,
BnronS und Scotts sind die geliebten Sänge,
Auch Lamartine's und Lavigne'S Klänge. Dich sollen keine Bande,
Du selbst sollst nicht dich zwingen still zu stehen.
Mit Recht, mein Volk! denn Deutschlands Töne schwirren Du wirst sie sehn! Mit ihren Blüthenthalen,
Auf Ungewissen Bahnen hin und wieder. Mit ihren Rosen, ihren Sonnenstrahlen,
Mit ihren Bächen, ihren Silberseen. beysezt, er befindet sich in dieser oder jener Ecke, und wie
Bald kömmst du hin, bald flehest du die Stelle — man von einem zerstreuten Menschen, gleichsam dunkel die
Dann blick zu mir, zu ihres Eingangs Schwelle. Unräumlichkeit der Seele ahnend, sagt, er ist in seinen
Fürst v. Lichnowskp. Gedanken anderswo. Man kann der Vorstellung sich nicht
erwehren, welch große Veränderungen die Seelcnlchre al
ler folgenden Jahrhunderte würde erlitten haben, wenn
schon vor mehr als zwevtausend Jahren der Weltweise
Uebcr die Nennungen verschiedener Zeitalter vom von Stagira, dessen Philosophie bis tief in das siebzehnte
Sitze der Seele. Jahrhundert in den Schulen Europas herrschte, sein erstes
Buch über die Seele entsprechend der von ihm zuerst aus
(Beschluß.) gesprochenen Unteilbarkeit seiner Psyche geschlossen hätte.
Hätten die Weltweisen von jeher so viele Aufmerk Wie anders würden die Gemälde von den künftigen Auf
samkeit auf die entzwcygeschnittenen Wespen des Aristote enthaltsorten der Seele sich gestaltet haben , hätte man ge
les, als die Philologen auf die Wespen des Aristophanes glaubt, es gäbe für sie überhaupt keine räumliche Entfer
verwendet, so wäre die nicht blos für die Schule, sondern nungen wie keine Ranmerfüllung, weil sie nicht körperlich
auch für die lczten Hoffnungen des Menschengeschlechtes sey. Nicht blos die Griechen hatten einen Charon, um
so wichtige Frage, ob eine Seele in den anscheinend die Tobten überzuführen und gaben diesen dazu ein Weg
willkührlich sich bewegenden Theilen eines zerschnittenen geld mit.
Thieres sich ausspreche, wohl schon gelöst. Denn hier Wenn man bedenkt, wie wenig wesentliche Fortschritte
könnte oft wiederholte Beobachtung in den Bewegungen die Psychologie, die Lehre, welche die Seele als den wich
der ganz von einander getrennten Theile Uebereinstim- tigsten Gegenstand der Naturkunde behandelt, seit den
mung zu einem Zwecke , also Einheit des Willens ent Zeiten von Herophilus in cin-und-zwanzig Jahrhunderten
decken, und damit unumstößlich das Daseyn einer geisti gemacht hat, wie lange man in ihr Jrrthümer, die jede
gen Welt außer der Welt der körperlichen Erscheinun genauere Nachforschung sogleich hätte widerlegen können,
gen und die Unzerstörbarkcit geistiger Einheit darthun, als ausgemachte Wahrheit behandelte, wie gänzlich kritik
deren Seyn also an sich mit dem Räume nichts zu thun los in neuern Zeilen die meisten Beobachtungen und Ver
hätte. Doch dürften bey solchen Versuchen aiisscr der suche über den thicrischen Magnetismus , der an sich so
Schwierigkeit, in jeder Hinsicht hiezu taugliche Thiere zu große Aussichten zu Fortschritten in der Psychologie ver
wählen, und außer den Störungen, welche die Verwun spricht, angestellt wurden , so muß man beklagen , daß
dung hervorbringen müßte, so wie den mannigfaltigen Zu die schönen Zeiten Griechenlands so bald dahinschwanden,
fällen überhaupt, noch eine Schwierigkeit weiter darin wo besonnene Weltweise nicht blos mit Begriffespalten und
sich finden, daß nach den höchst schätzbaren Untersuchungen Wortdefinitionen sich abgaben, sondern eifrigst sich bemüh
neuerer französischer Naturforscher verschiedene Theile des ten , die große wirkliche Natur selbst kennen zu lernen,
Gehirns, wenigstens in den höheren Thierklassen, auch und sie selbst beobachteten. Nicht ohne eigene Schuld ver
dazu bestimmt sind, durch ihren Einfluß regelmäßig über lor sich die Philosophie in bloße geisttödtende Scholastik,
einstimmende Bewegungen unter den Muskeln des Kör oder in Mvsticismus, als sie den Aerzten zu ihren be
pers hervorzubringen ; die Trennung einzelner Körper- schränkten nächsten Zwecken die Erforschung der natürlichen
theile vom Gehirn könnte also leicht, auch bey bleibender Erscheinungen , selbst lange Zeit derer, welche der geistige
Einheit des geistigen Willens, in ihnen nur unüberein- Mensch sowohl als der körperliche zeigt, ganz überließ. Und
stimmende Bewegungen mit dem übrigen Körper zulassen. doch bildeten an Beobachtung dieser Natur sich allmählig
Bis jezt haben nur die berühmte ärztliche Schule Stahls die ersten Begriffe der Kindheit des Menschengeschlechtes
im Anfange des verflossenen Jahrhunderts und der scharf und selbst noch eines Thciles seines Jugendalters aus, und
sinnige Schottländer Robert Wbytt in der zwevten Hälfte noch jezt gibt ein tieferes Sindringen in die Räthscl der
desselben es gewagt, auszusprechen, daß der Seele Untheil- Natur allein den Moaßstab für die Richtigkeit unserer An
barkeit und geistige Persönlichkeit ohne körperliche Ausdeh sichten. Darum läßt ihr unendlicher Schöpfer auch ihre
nung zukomme , ihr Dasevn aber doch auf keinen einzel Wunder in allem, was lebt und nnö umgibt, immerfort
nen Theil des Raums beschränkt sey, den unser theilba- auf die gleiche Art sich wiederholen, und darum kehrt der
rer Körper einnimmt, was offenbar nur dann einen Sinn unbefangene Sinn für sie in jedem Neugebornen des Men
gewinnt, wenn man beyfügt, die Seele habe ein selbst schengeschlechtes von Neuem wieder. Es tilgt aber auch
ständiges geistiges Dasevn, das als solches durch keine ihre immer wiederkehrende, immer im Stillen fortwirkende
Raumerfüllung bedingt ist; so wie man schon von einem große Lehre znlezt jedes Unnatürliche in der Wissenschaft
Gedanken sagt, er ist schön, edel, groß, und doch nicht des Menschengeschlechtes , von welcher Art dieses auch sey.
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und möge man noch so sehr, selbst Jahrtausende hindurch, führt. Zeckel von Beckelnheim ist ihr Feldhanxtmann. Ihr
in anscheinend strenger Konsequenz ins einmal angenom kennt den listigen Fuchö ; sein Ehrgeiz ist »och großer als
menen , aber an sich irrigen Vordersätzen dasselbe zu ver- sein Geldgeiz, aber die Bauern sehen ihn doch nur als
ewigen sich bestreben. Es bleibt einst nur noch in der Ge ihresgleichen an, und er möchte darum gern einige Edle
schichte der Entwicklung unseres Geschlechtes aufbehalten, an seiner Seite haben , um bevm Volk mehr Ansehen
um künftigen Seiten zur Warnung gegen ähnliche Verstau- zu gewinnen. Ich mußte ihm mein Wort geben, ins
desverirrungen zu dienen. Lager zurückzukehren, und ein Fähnlein zu übernehmen."
Dieß ist die Geschichte des Streikes der zulezt immer ..Unbesonnener," schrie Eberhard, und wollte sich im er
obsiegenden natürlichen Wahrheit gegen jeden Wabn. Auch sten Unwille» auS seinem Sessel aufraffe» , aber feine
die Geschichte der Meynungen von den Verrichtungen dcö Glieder versagten ihm den Dienst, und er fiel mit ei
Menschengehirns bestätigt sie. nem Ausruf des Schmerzes und einigen Flüchen wie
der zurück. Heinrich suchte ihn zu besänftigen. ,
net nicht, Vetter Eberhard! was ich that, geschah mit
Vorbedacht, um Euch und Eure Tochter zu retten. Die
Ringmauern und Thürmc vo» Elmenstei» mögen im be
Burg Elmenstein. sten Zustande sepn , aber es fehlt Euch an treuen Leuten
Won Aloys Schreiber. sie zn besetzen. Den Zwinger möger ihr acht und vierzehn
Tage verthcidiqcn , am Ende würde die Burg aber doch
(Fortsetzung.) genommen werden , und was wäre dann Euer und Ber
Als die Männer das lezte Thor erreicht hatten, sprengte thas Loos? Zeckel sezl Vertrauen in mich; cS wird mir
ein Jüngling von hoher, einnehmender Gestalt, auf einem gelingen, einen günstigen Vertrag für Euch zu bewirken.
von Schweiße triefenden Rappen über die Zugbrücke. Cr Im schlimmsten Fall gewinnen wir Zeit, denn dieser Auf
trug ein einfaches, ledernes Koller und Dolch und Schwert ruhr, der entstanden ist, wie ein tobender Waldstrom
im Gürtel. Hastig sprang er vom Pferd, gab es einem durch starke Gewitterregen, wird eben so schnell zerrinnen."
Knecht und stürzte die steinerne Treppe hinauf inS Ge ..Aber die Spuren seiner VerKcening bleiben zurück," un
mach des Frevherrn. terbrach der Ritter den Jüngling. „Laßt uns darum ret
„Heinrich!" riefBerthaund sank vor freudigem Schreck ten, was wir können," entgegnete Heinrich. „Morgen
werden einige Abgeordnete der Bauernschaft kommen ; der
zusammen. „Dieburg!" rief Eberhard, nicht weniger
Hauptmann bat versprochen billige Männer dazu auszu
überrascht als seine Tochter, „Dieburg, wie kommst du
suchen. In den Haiiptpunkken können sie frcylich nichts
Hieher in dieser Stunde?" — „Limburg steht in Flam
ändern, aber was ihr der Gewalt gezwungen zugesteht,
men," antwortete der Jüngling, „und gebrochen sind die
kann Euer Recht nicht umwerfen. Ihr sepd etwas rasch,
Riegel meines Kerkers. Als die rasenden Haufen sich nä Vetter Eberhard, darum laßt mich unterhandeln. Ihr
herten, floh alles, was Beine hatte. Ich eilte nach Die unttrzcichnkt dann blos." Der Ritter antwortete nicht
burg, meinem Vater meinen Arm anzubieten, aber schon und verfiel in finsteres Nachdenken. Bertha trat jezt mit
von fern sah ich den Rauch der Feste gen Himmel steigen einem Kruge köstlichen Wachenheimers herein, de» sie dem
und vernahm die Kunde, mein Vater sey mit dem ihm Jüngling in einem silbernen Becher kredenzte. Es ent
treu gebliebenen Häuflein den Bauern entgegen gezogen
spann sich ein freundliches Gespräch zwischen den Lieben
und von ihnen in einem blutigen Gefecht erschlagen wor
den ; Bertha wollte allerlei? vom Klosterleben wissen , aber
den. Won dem Schicksal meines Bruders wußte man mir
die Erzählung Heinrichs wurde plötzlich durch Lutz unter
nichts zu sagen. Jezt komme ich , um Euch bepzustehen." brochen. „Herr Ritter," sagte er, indem er auf Eber
„Hab Dank, Heinrich," ermiederte Eberhard und bot ihm hard zuging, und einen mißtrauischen Blick auf Heinrich
die Rechte. Bertha warf einen Blick schüchterner Liebe auf
warf: „Herr Ritter, ich hätt' euch etwas zu vertrauen."
den Jüngling ; seine Gegenwart verminderte in ihr
„Sprich ohne Scheu," antwortete Eberhard; „der junge
schnell die Angst ob den Schrecknissen, von welchen sie um
geben war , und sie fühlte sogar wieder Muth und Zu Mann da ist mein Vetter, und vor ihm brauchen wir
nichts geheim zu halten."
versicht.
(Die Fortsetzung folgt.)
Eberhard gab ihr einen Wink, für die Bewirthung sei
nes Gastes zu sorgen ; sie entfernte sich mit freudiger Eile,
während Heinrich wieder das Wort nahm.
„Ich wurde," sprach er, „von den Vorwachen der
Bauern angehalten und in das Lager bey Wochenheim ge
4«S
Korrefpondenj-Nachricht««. Unsinn kamen nun »och die Schmähungen auf Appert und aus
Poris. April. sei» ^«uru»! <l« ?ri»o», in den ministerielle» Blatter».
(Die Fortsetzung folgt.)
Eine hiesige Zeitschrift hat durch die von den Franzosen
wieber erworbene Frepheit besonders viel gewonnen ; ich meyne London, April.
das ^«urn»l <i«»?ri»«»», Ko«^i««5, «eole» ^ei»»»ir«»
von Appert. Von diesem Appert ist oft in de» Pariser Zei Fortsetzung.)
tungen die Rede gewesen, und solche unermkdetc, ihrem Ziele
zustrebende Menschen verdienen auch alle Achtung ; in einem Fast zn gleicher Zeit sind ein Quorterly , ein Ebinburger
freyen Staate besonder« ist cS ein außerordentliches Verdienst, und ein Westmiufler Review erschienen. Sin Aussatz im lez«
einen «übliche» Zweck «it Aufopferung all« Beauemlichkciteu teren, über die Auswanderung der überflüssigen Arbeiter, ist
,u verfolgen, und zur Erreichung desselben den Muth zu besonders icachtnngswertli; Wohin soll es kommen, wenn die
haben, es mit einem ganze» Ministerium aufznnchincn und Tsnsenoe drodloser Jrlände« fortfahren dürfen sich auf Eng
dein Gcschrcye einer wkthigen Faktion zu trogen. Dies, und land zu werfen, den eingeborenen, besser erzogenen und besser
noch mehr hat Appert «ctl«« ; erst jczt fängt er an den Loh» gesitteten Arbeitern allmälilig ihre Beschäftigung zu entziehen,
seiner Beharrlichkeit einzuerndtc«. Seit der Wiederherstellung und sie durch Verminderung des LoKnS z« dem elenden Znstande
des köujgl. Thrones und der Preßfrevbeit in Frankreich sind herabzuziehen, in dem sich die arbeitenden Klassen in Irland be
hier alle Angelegenheiten der Menschlieit zur Sprache gekom finden? Wie diesem zusehends steigenden Uevcl abgeholfen wer
men , und alle Interessen derselben haben ihre Vcrthcidiger be» soll, ist noch problematisch; einige wollen Armcnstcuer
gefunden , aber nicht alle diese Vertheidiger haben Gehör er dort wie in England eingefüllt wissen; aiücre verlangen, daß
halten, und einige bleiben noch unbeachtet. Die Verbesserung die Gutsherrn , welche diese Menschenmasse durch ihre falsche
des Schicksal« der Gefangenen gehörte zu denjenigen Aitgcle- Politik herbeygezogen Haben, gezwungen werben , sie zum Tl'cil
genhciten, die am lautesten besprochen wurden. Die Erfahrung aufilire eigenen Kosten »ach Canada zn schicken; andere, daß
vattc gelelirt, daß es unumgänglich nothwendig scy, fernerhin man keinen Jrlandcr in England zulasse, der keinen andcr»
die Gefangenen nicht mehr der Wilttühv der polizeWchen Ge Nabrungszweig als den Taglohn hat ; andere, daß man eine»
walt zu überlassen . sonder» der Menschlichkeit ei» wachsames jeden mit einer Steuer' belege , die der Anne nicht würde er
Auge über die Gefängnisse zu »erstatten,. Jede Polizey ist von schwingen können, und was dergleichen Pläne mehr sind, wel
Natur unbarmherzig , und je tiefer ilire Beamten stehen, desto che äußerst schwer auszuführen wären ; aber einer derselbe»
härter pflegen sie zu scpn; hier muß die Menschlichkeit ins muß am Ende doch durchqefülirt werde», wenn nicht in weni
Mittel trete» und alle willtührliche Behandlung aufheben, gen Aahren Elend das ganze Land heimsuchen soll. Denn mit
auch den Gefangenen . selbst in seinem venvorfrnsten Zustande, diesem Uebcl ist noch ein andere? genau verbunden, nämlich die
nicht verlassen, sondern noch immer zu bessern suchen, um wo imsicrordcntliche Zunahme der Verbrechen , welche gar manchen
möglich il'N gebessert der Gesellschaft zurüögcbc» zu können. Ursachen zugeschrieben werden, aber doch wohl vorzüglich da
Unter dem Ministerium de« Grafen DecazeS kam in Paris eine von herrühren , baß die Arbeiter in Städten und Dörfern so
Gesellschaft zur Vervcsscruna des körperlichen und Secleuzu- schlecht bezahlt werden, (und dieß Wege» ihrer allzngrvßen Menge)
standcs der Gefangenen zu Stande, die vieles Gute leistete, und daß sie kaum so viel verdienen, »m sich das Unentbehrlichste an
zu welcher eine Menge angesehener Männer geirrten. Die von Nalirung und Kleidung zu verschaffen ; an Sparen ist also
wr bekannt gemachten Berichte sind die ersten Dokumente, die nicht zu denken , sie sind elend und müssen elend bleiben ; sie
Frankreich über den Zustand seiner Gefängnisse bekommen hat. werden sorglos, gleichgültig gegen einen guten Namen und
Als aber das Decazessche Ministerium gestützt wurde, und das gleichgültig gegen die Mittel die sie zur Erreichung ihrer Zwecke
Mllelcsche emporkam , welche« aller Publizität fcind war, anzuwenden haben , so daß sie sich dcS EiqentKumS illrcr Nach«
hörte man auch wenig von der Gesellschaft zum Beste» der Ge dar« bemächtigen, wo sie nur imnier können. Das Unterhaus
fangenen. Um diese Zeit fing der noch ziemlich junge Appert hat eine» Ausschuß ernannt, welcher die Mittel ausfindig ma
an die Gefängnisse z« besuchen , die Behandlung und den Zu chen soll, wie dieser Zunalnne der Verbrechen entgcgcngeavbei«
stand der Gefangenen auszuforschen, und dem Publikum in tet werden könne ; man ist auf ihren Bericht begierig.
einer eignen Zeitschrift Nachricht von feinen edel« Bcinül'nngcn Die Abschaffung der Gesetze , wodurch die Nonconfonni-
zu erthcilcn. Dies verdroß de» trägen Minister des Innern, sten von, Parlamente und den öffentlichen Stellen ausgefchlosi
Grafen Corbiörc. und seine Untergeordnete; denn ciu-sorgloser scn bleibe» sollen , die aber im Grunde schon längst ein todter
Minister sieht cS immer selir ungern, wenn sich Privatleute nm Buchstabe geworden waren, ist bekanntlich vom Untcrbanse
Dinge bekümmern, die er selbst besorgen sollte, aber nicht be beschlossen ; das Oberhaus wirb wohl den Beschluß gutbeiße»
sorgt. Man suchte Appert da« Besuchen der Gefängnisse so Müssen, wenn es sich nicht einer gefährlichen Verantwortlich
viel als möglich zu erschweren. Es ikm ganz zu «erwehre,^ keit aussetzen will. Sie Ultra« , die auf diese Art den Feind
ging nicht wohl an. da Avvcrt klugerweise die Genehmigung in il>r eigenes Lager gebracht glauben, und diese Nachgiebig
de« Dauvhins . welcher der Beschützer der Gesellschaft zum Be keit mit Recht für ein Vorspiel zu der Smancipation der Ka«
sten der Gefanqencn ist . sich verftOofft hatte. Allein alle« was thvlikcn hallen , sind auf« Aeußerste gegen Wellington und
man thun foimre, um ihm lnnderlich zu senn. geschah. In den Peel aufgebracht . die nach ihnen nun ebenfalls von der Neu»
Provinzni verweigerten ihm manche Beamte, denen mehr au, rungswmh angesteckt sind; siewüthen, aber ihre Wuth ist
der Gunst beS Ministers des Innern als an der öffentlichen ««mächtig, der Geist der Zejt ist zn mächtig, um sich von,
Achtung gelegen wcix , den Ä«riU zu bei, Gefängnissen. Ein den Eldons in Fesseln legen zu lassen. Elben wird bald von
Gefangenwärter. den Appert der Gesellschaft der christlichen der Bülmc verschwinden, uud in wenigeu Jeihrcn wirb man
Moral in Paris empfvklen hatte , weil er mcnschenfrcundlich vergebens die Raxc der Herkommcnsuiänner in England suchen.
und sanft die Verhafteten behandle , welchem die besagte Ge . (Der Beschluß folgt.)
sellschaft deshalb eine Ehrenmedaille ertl,cilt hatte , wurde von
den Ministern abgesczt. an» der c'mzi«vn Ursache, weil Ap
pert sein Betragen zum Muster aufgestellt hatte. Zu solchem Bevlaze: Kunstblatt Nr. Z4.
Vcrlcgr von der I. G. Cotta 'sehen Buchhandlung.
103.

M o r g e n b l a t t

f ü r

gebildete Stände.

Dienstag, 29. April 1 8 2 3.

Ich httt mich in keinen Weg weder mit Worten noch mit Werk»
mit denen Beuren eingelassen; aber ich furcht mich, sie mdgte» muh
nvereiien. daß e« de» Meinigen zu Nachthcil mbgt gereichen.
Ritter Gottfried v. Verl ich iugen.

Verrath.« — „Man sollte ihn augenblicklich an die Zin


B u r g E l m e n st e nen des nmden Thurms hängen." — „Ich würde ihm
Won Aloys Schreiber. selbst die Ehre erzeigen,- verseztc Lutz, „und er müßte mir
<Fortfe,ung.)
„Run so Hirt denn, was mir begegnet ist," sing Lutz noch ein lustiges Stücklcin spielen, che ich ihm die Kehle
zu erzählen an. „Mein Schutzengel muß mirs eingege zuschnürte; damit würden wir aber das ganze Bremsen-
ben haben, daß ich vor die Ringmauer ging,! und den Weg nest aufrütteln, und wir könnten am Ende sammt und
nach Jgelbach hinabschlendcrte. Da kam der krumme Klaus sonders zwischen den Spießen tanzen müssen, wie der
in der Dämmerung hergeschlichen. Ich weiß nicht, ob Ihr edle Graf von Helfensteiu. Nach meiner einfältigen Mev-
von ihm gehört habt? Es ist ein Spiclmaim, der seine nimg wäre es besser, wir fetzen List gegen List."
Heimath in den Wirtlzshjusern hat, «ud bex jeder Kirch Heinrich stimmte ibm bev. „Wir gewinne» viel, wen»
mir fürs erste alle Feindseligkeiten zu vermeiden suchen.
weih und auf jeder Hochzeit mit seiner Geige zu finde» ist.
Dieser Kundschafter ist gewiß nicht von den Hauptleuten der
Cr erkannte mich augenblicklich, und da er mich gar oft
in der Schenke aber nie in einer Kirche gesehen, mochte Bauern abgeschickt, sondern von einem einzelnen Haufen,
der in der Stille und auf seine eigene Faust etwas gegen
er Vertrauen in mich setzen. Kurz und gut, ich sollte ihm
Elmenstcin unternehmen möchte. Vermutlich kommt der
den Gelegenheit die Burg ausspioniren helfen und die
Anschlag von Euer« Knechten her, die zu den Bauern
Hand bieten zu einer Ueberrumvlung." — „Tod und Teu
übergegangen sind. Wir müssen uns durch eine List zu hel
fel," schrie Eberhard, von einer Wuth ergriffe», derglei
chen Hertha nie an ihn, gesehen. „T«d und Teufel!" fen suche»." ,.
Ritter Eberhard fand den Vorschlag nickt ganz nach
Mit diesen Worten sprang er aus seinem Sessel auf, seine
seinem Sinuc; er hätte lieber gleich eise» Versuch gemacht,
Lähmung war wie durch ein Wunder verschwunden, und ob ihm sein Schwert auch noch so treu se» wie ehemals.
er konnte ungehindert Hände und Füße bewegen wie frü
Indessen sah er doch ein , daß Klugheit hier sicherer führe
her. „Gott Lob, der Zorn hat mich geheilt/" rief er, in als Tapferkeit, und eS wurde endlich beschlossen: Lutz sollte
dem er einige Schritte hin und her that. „Aber da siehst den Kundschaster nach Mitternacht in ein Gehölz an der
du nun die Schurken, Heinrich! Während sie dich mit
Westseite der Burg bescheiden , und ihm im Vertrauen
Friedensvorschlaqcn abschicke», spinnen sie heimlichen Ver-
Nachricht von einem herannahenden Hülfstrupp geben. Zu
rath, der ihnen aber nicht gelingen soll. Ist der Bursche gleicher Seit sollten die Knechte und Reisigen der Burg in
noch unten?"—„Ei jreylick" antwortete Lutz. „Schelmen aller Stille zudem östlichen Thor hinaus und langsam und
muß man mit List fangen : ich stellte mich geneigt au zu dem
4io
mit Geräusch zu dem westlichen wieder hereinziehen, «nd dem Kastellan, des Schlosses allein bekannt war. Indem
so den Späher auf die Mcynnng bringen, es sey dieß die er mit den Anordnungen zur Verthcidiguyg sich beschäf
erwartete Hülfe. Diese List gelang vollkommen, und als tigte, kam Heinrich von Dieburg, um sich von ihm zu
kaum der nächste Morgen graute, verbreitete sich schon im beurlauben. „Ich eile inS Lager der Bauern ," sagte er,
Lager der Baurcnschast die Kunde von einer großen Ver „denn nur dort kann ich Euch noch nützlich werden. Viel
stärkung , die auf Slmenstei» angekommen. Einige hiel leicht gelingt mirs, sie zu einem Unternehmen gegen ei
ten dafür, es sevcn Truppen des Bischofs von Straßburg, nige andere Schlösser zu bereden , oder wenn ein Hause
andere gaben sie für Lothringer aus. gen Elmenstein zieht, mich an seine Spitze zu stellen und
Zcckel, der Feldhauptmann der Bauern war der ein die Anschläge zu verzögern oder zu vereiteln."
zige, welcher eine List ahnete , doch ließ er sich nichts mer Eberhard warf auf den Jüngling einen finstern Blick,
ken, weil er sich nnter dem Adel Freunde erwerben wollte, dann sah er eine Weile starr vor sich hin nnd sein ganzes
und Fürsprecher auf den Fall der Noth. Er säumte darum Wesen schien empört von dem Gedanken, Her Nothwendig-
nicht, vier Abgeordnete, die er als billige Männer kannte, keit nachgeben zu müssen. Schweigend reichte er hierauf
nach Elmenstein abzuordnen. Er gab ihnen eine kleine dem Jünglinge die Hand und konnte eine Anwandlung von
Bedeckung mit, die vor den Ringmauern der Burg Halt Rührung nicht verbergen.
machen sollte bis zur Rückkehr der vier Männer. Aber „Wo ist Bertha?" fragte Heinrich, „ich möchte anch
unterwegs schlössen sich immer mehr und mehr Bewaffnete ihr ein Lebewohl sagen." — „Heinrich," anwortete Eber
dem Auge an, der sich zulezt bis auf dreyhundert Mann hard mit sanfter, freundlicher Stimme; „Heinrich, die
vergrößerte. Als sie vor Elmcnstein-ankamen , verlangten Augen des Menschen sind die Verräthcr seines Herzens.
die Abgeordneten Einlaß und sicheres Geleit auf Nittcrehre Zwischen dir und meiner Tochter gibt es ein kleines Ge-
und Ritterwort. Vevdes ward ihnen gewährt; Heinrich heimniß, das ihr vor einander zu verbergen sucht, und
empfing sie an der Fallbrücke und führte sie ins Gemach des euch doch gar zu gern mittheilcn möchtet. Du bist ein
Edelherrn, der sich zwang, sie mit scheinbarer Freundlich wackrer Gesell, und ich werde nickt nein sagen, wenn
keit zu empfangen. Sie legten die Artikel des Vertrags das Mädchen ja gesagt hat. Du sollst von mir ihre Ant
vor; die hauptsächlichsten derselben lauteten auf Befrevung wort hören, wenn der Sturm vorüber ist, aber jezt
von der Leibeigenschaft, von Gülten, Frohnen und vielen keinen Abschied von dem Mädchen. Geh mit Gott, Hein
andern Abgaben. Außerdem verlangte die Bauernschaft rich!" Bey diesen Worten wendete er sich ab, um eine
das Wahlrecht ihrer Pfarrer und die Oessnung des Wal hervorquellende Tbränc nicht sichtbar werden zu lassen. Der
des und der Wildbahn. Eberhards Blicke wurden im Jüngling entfernte sich hastig, warf sich auf sein Roß und
mer finsterer, während Heinrich die Artikel vorlas, und lagte dem Lager der Aufrührer zu.
zulezt konnte er seines Zorns nicht mehr Herr werden. (Die Fortsetzung folgt.)
Er nahm dem Dieburg das Papier aus der Hand, zerriß
es und warf die Stücke den Bauern vor die Füße. Hein
rich sah ihn mit einem flehenden Blick an , und die Ab Wieland anArchrnhvlz.
geordneten selbst baten ihn, der Zeit eingedenk zu seyn,
und sich in die Noth zu fügen. Der Ritter achtete aber Weimar, t. Febr. «7S4.
weder der Bitten noch der Vorstellungen. Der Name Unter die Memorabili« des gegenwärtigen Moments
der Clmensteiner soll wenigstens nicht mit Schmach erlö scheint mir die bis zum Erstaunen weitgetriebene Freymn-
schen," rief er. „Ich war nie ein Tyrann gegen meine thigkcit zu gehören , womit seit einiger Zeit im T. Mu
Hörigen und Zinslente und weiß auch, daß Gott den Men seum und in den Berichten der Buchhändler und Gelehrten
schen nicht zur Knechtschaft erschaffen hat, darum will ich über die Religion gesprochen wird. In leztcrn thut sich
meine Eigenen frey geben, doch nicht meinem Recht ent- hierin ein großer Diez hervor, von welchem ich zn wis
sagen, auf Abgaben und Dienste und anf die Forste und sen wünschte, wer und wo er ist, «nd wie er dazn kommt,
Teiche, die mein Eigenthnm sind." Mit diesen Worten sich so öffentlich und namentlich imxun» für einen Prosclv-
verließ er das Gemach , nachdem er Heinrich noch einen ten des Sx,i«n>» 6« I« iv.iwr« erklären zu dürfen. Im
Wink gegeben, die Abgeordneren vor die Burg Hinaus zu Oktober des Museums ist ein kleines Slück ..Philosophie
geleiten. oder ChristcntKuni ," worin den Goldschmieden der großen
Ritter Eberhard trafjezt Anstalten zur Verteidigung Diana zu Ephesus ebenfalls eine der derbsten Wahrheiten
der Burg; sollte sie von der Bauernschaft überwältigt wer ganz unverholen gesagt wird, und dessen Verfasser ich zu
den, so hoffte er sich und feine Tochter durch einen unter kennen wünschte. Es ist ein seltsames Ding um die Phi
irdischen Gang zu retten , der in einige fast unzugängliche losophie. Sie scheint mir wie eine hellglänzende Kugel,
Fclsenkammern im benachbarten Wald führte und ihm und die sich durch eine unermeßliche Masse von dicker egnptischer
4"
Finftkrniß hin und her bewegt, überall, wo sie hinkommt, haben, mit Vergnügen gelesen, und halte mich Ihnen,
etnizer Wenigen Aug' und Herz erfreut, aber die Masse mein Theuerster, sehr verbunden , daß Sie mir dazu be-
^ter Finsternis? doch weder zu durchleuchten noch zu zerthei- hülflich sind, sowohl seinem Charakter, als Schriftsteller,
lcn vermag. Aller unserer Aufklärung ungeachtet liegt bcv als seiner Denkart über mich, Gerechtigkeit zu er
weitem der größcste Theil unserer Nation, selbst der ho- weisen. Gut wäre es immer auf alle Fälle, wenn man
Hern Klassen in derselben, noch in der gröbsten Barbarev einander persönlich kennte. Sin einziger mit einem
und Blindheit, und es ist als ob weder Schimpf noch Ernst Manne zugebrachter ?og ist der beste Schlüssel und Cvm-
die Deutsche» klüger machen könne. Schlepers Anzeigen sind mentgr zu seine» Werken.
wenigstens als eine Art von Barometer und Thermometer Wieland.
der Erleuchtung, Civilisation und Polierung des heiligen
römischen Reichs in meinen Augen eine sehr nützliche
Sache. Künstliche Donnerkeile.
Bon Schubarten ein Andermal. Als ich noch in Zu den Entdeckungen , welche ganz besonders die Ein
Biberach war, war er Schulmeister in dem Ulmischen bildungskraft der Menschen in Ansxruck nehme», gehören
Städtchen Weißlingen , und schon damals seiner schlechten auch diejenigen, mittelst welcher wir mit unfern fchivache»
Sitten und seines ungezähmt sarkastischen Witzes wegen Mitteln große Naturwirkungen nachahmen können. In
berüchtigt. Unstreitig ein Mann von Genie, der die Liste dieser Beziehung ist die folgende Beobachtung nicht nur
der unglückliche» Gelehrten vermehrt, aber zugleich daö für die Wissenschaft wichtig , sondern allgemein interessant.
alte Sxrüchwort: «Jeder ist seines Glückes Schmied" bc- Man hat sich seit geraumer Zeit überzeugt, daß die soge
stäkigt, wiewohl darum das tvrannische Verfahren des nannten Donnerkeile, die früher zum großen Aauber-
Herrn v. W. nicht zu entschuldigen ist. arsenal gehörten , die unmittelbaren Wirkungen des auf
Ich warte mit Schmerzen auf den Erfolg der Luftrcise, fandigen Boden fallenden Blitzstrahls sind. Man findet
welche die Montgvlsirrs mit ihrem Bundesgenossen Pilatre de diese glasigten, kegelförmig zugespizten Möhren nicht sel
Rözicr in dem mit so vielem Pom? angekündigten ersten ten in hochgelegenem Sandboden; der einklagende Blitz
Lufl-Hausfahrtheyschiff l.« ?Ie»»«>Ie» »,n Lyon nach Paris schmilzt den Sand oft auf sehr beträchtlicke Tiefe, imd
zu machen versprochen haben. Nach ihrer leztcn öffentli bildet dadurch eine gewöhnlich schlangcnsormig gebogene
chen Bersickcrmig war der l5te Januar ins»ill,t>lemea> zur Röhre , mit festen , innen glatten , außen rauben Wän
Abfahrt angesezt. Laut Nro. 2«. vom Z«ura»I S« >'»ri» den. Vor Kurzem legte ein Deutscker, NamenS F^di^
wußte man aber den 2«sten Jenner z» Paris noch nichts der Pariser Akademie der Wissenschaften Donnerkeile vor,
von ihnen ; die Reise ist also entweder verschoben worden, welche über siebzehn Fuß lang waren. Man zweifelte
oder verunglückt. Das leztcre halte ich, so viel ich nickt daß diese erstaunliche Wirkung der armosxkäriscke»
von der ganzen Sache verstehe, für bevnahe unfehlbar, Elektrizität nnendlick weit die Kräfte unserer künstlicken
wenn Herr Montgolfier bep seiner Methode, nämlich dem übersteige, aber vor Kurzem gelang cö Bendant, einem
» Gebrauch des Rauchs von feuchtem Stroh und sraiizösisckcn Pbysik,r, durch eine überraschende Erfahrung
Wolle zu Erhebung der oe ro stati schen Ma einen neuen Beweis zu liefern, daß das Prinzip, daS
schine verharret ; und eben dieser Umstand ist es, was mich aus den Wolken und aus unfern Condnctvrcn blizt, eiüs
so ungeduldig nach dem Erfolg macht. Denn ich gestehe, und dasselbe ist. Es gelang ihm wirklick mittelst einer
daß ich mit Leib und Seele von Herrn Charles Parthey starken elektrischen Batterie, im Sande Möbrcnstücke zu
bin, und mir auö guten Gründen in den Kopf gesezt bale, bilden, die den Donnerkeilen ganz ähnlich sind, nur sind
daß er allein der Mann sey, der das, was die Montgol- ihre Wände nicht fo dicht und ihre Länge beträgt nur we
siers versprochen haben, leiste» werde. Es wird sich nige Centimcter.
nm, bald zeige» müssen, wer Reckt bat; und wiewobl man
seinen Hypothesen sonst nicht gerne durch Fakt« ein De Korrespondenz-Nachrichten.
menti geben läßt, so bin ich doch zu sehr für den Fortgang
der Luftschiffahrt xortirt, nm nicht auch über einen glück London. April.
lichen Erfolg der .öcrrn Montgolsiers, wen» er schon meine (Beschluß.)
Prophezeihung zur Lüge macht, mit jubiliren zn Helsen. Die dritlisckie Gallerie, so wie die Ausstellung der Ge
Herrn Meisners Schriften sind, ich weiß nicht warum, sellschaft der briitischc» Künstler sind jczt offen, beyde Koben
hier nirgends zu sehen noch zu haben. Ick werde mir unter einer Menge gemeiner »nd schlechter Gemälde, einige
aber seine Skizzen, Dialogen und seine Quartalschrift un «ute. Das Panorama von London nn Rcgentöxark ist seiner
Vollendung »al,e, »ud wird wahrscheinlich diesen Sommer er
verzüglich kommen lassen. Ich habe alles, was Sie mir öffnet werden; das Gebäude, worin es aufgestellt, ist ein wab«
über diesen, mir zu unbekannten Schriftsteller geschrieben rer Koloß , uns das Ganze scheint ein einziges Werk ,» wer
den. Lough , ber sich im vorigen Jahre durch seine Statue des ungläubig, predigt er kein«, Unglauben. Im Gegentheil. der
Milo und die Gruppe vou Simson so berühmt gemacht , hat Grundsatz seines System« ist die vollkommenste Duldung , jedem
zwen weibliche Statuen vollendet, die ihm aber nicht so gut Einzelnen so wie der ganzen Gemeinde, ober Tl»ilcn derselbe»
gelungen scyn sollen. ist cS vergönnt in dieser Hinücht zn thun oder zu lassen was
Die mcdicinische Zeitschrift hat sich aufs Neue gegen den ihnen gefällt. Der ganze Plan scheint indessen fehlgeschlagen
persönlichen Charakter eines Wundarztes, Cooper, vergangen, zu haben.
indem ste eine für ihn schimpfliche Nachricht vou einer Oper«
tivn bekannt gemacht hat, welche alle gegenwärtige Studen- Pari«, April.
te» öffentlich für falsch erklärt haben. Die Sache wird vor (Fortsetzung.)
einen Gerichtshof kommen. Appert erzählte freymüthig in seiner Zeitschrift, wie we
Der Verfasser des Buches 4u»tr!« « it I» hat ein ande nig die Pvlizcu auf dieß oder jenes Gefängniß Acht gebe, wcl-
res herausgegeben , welches unter dem Titel 4m«ric» «» it i» che Mißbräuche überall herrschten » wie die Aufseher der Ge
manche gute Skizzen enthalt. Folgendes ist seine Beschreibung fängnisse zu der Härte der Gesetze noch ihre persönliche Härte
von Owens Kolonie bcy Pittburg und dessen Anstchtcn; ,.Wir fügten, wie verwahrlost die Verhafteten wären, und wie w»
sahen ungefähr tZN Häuser i« schwäbischer Bauart, außer „ig für ihre Besserung geschehe u. s. w. AllcS dieses gereichte
Rapps vorigem Wohnst» > einem schönen , von Backsteinen er natürlich der Polizn? , und besonders dein trägen Minister des
bauten Hau«. Wir wurden zu einem von den Vorstehern ge Inner» zum Vorwurfe, und daher laßt cS sich erklären, wcßhalö
führt, einem Herr» Schnee, welcher ehemals ein lutherischer die ministeriellen Blätter so ungehalreu auf den rastlosen und
Geistlicher gewesen war , und eine pompöse Beschreibung von unerschrockenen Appert waren. Solche fleißige Nachspürer
Owens Anstchte« machte. Diese Niederlassung, welche unge- sind einem fanlcn Staatsmann der lästigste Gegenstand von
fälir drcygig Meilen oberhalb der Mündung deS großen Was ber Welt; gewiß wünschten die Minister den Appert über alle
basch liegt, wurde von Rapp im Jahr t«i7 gestiftet, uud ist Berge. Allein dieser ließ stch durch nichts abschrecke». Verschloß
jezt (182Z) »o» Owen von Lanark um t5tl,«9<> Tl'aler gekauft man ihm ein Gefängniß, so suchte er in ei» anderes einzudrins
worden. Man zeigte uns den Plan von einem prächtigen ge» ; bald war er in dieser Provinz, bald in jener. Vou alle»
kolossale» Gedäude» welches er zu errichten gedcnkt. und wel Seiten hörte -»mn von Appert sprechen und von seinen Versu
ches, das Kapitel zu Washington ausgenommen, alle Gebäude chen, den Zufl><«id der Gefängnisse auszuforschen ; man konnte
in den vereinigten Staaten an architektonischer Schönheit über de» Gefängnißspürer gar nicht loswerden. Vor der Revolu
treffe» würde. Seinen Anstchten »ach gedenkt er eine Gesell tion hätte man ihn vielleicht selber in cinS gesperrt ; allein un
schaft zu stiften, welche von allen den Banden frcy scyn soll, wo ter der jetzigen freue» Verfassung ist dieß nicht mehr thunlich.
mit Religion, Erziehung und Vorurtheile die übrigen Men Ein Mittel stand jedoch de» Ministern noch zu Gebote, um dem
sche» gefesselt halten ; und seine Jünger würden der Welt das Eifer Apprrts Einhalt zu thun: als ste naMlich im vorige»
neue und merkwürdige Beispiel von einer Gemeinde darstellen, Jahre das Ccnsurjoch wieder über die Zeitschriften verhängten,
wellig jede Art von Gottesdienst, und jeden Glaube» a» ein konnten ste ja vermittelst ihrer Sensoren die Bekanntmachung
liöl'ercö Wesen bey Seite setzend im Stande scy» soll, blos seiner Beobachtungen verhindern. Appert wußte wohl, daß ste
durch den Antrieb der vvlttc»»ncnsten Selbstsucht des höchsten es daran auch nicht würden ermangeln lasse» ; denn bcy Mini
GlückeS zu genießen." Owens Zweck ist es immcr gewesen, ster» solchen Schlages kömmt es nicht darauf an , zu thun was
die Selbstsucht zu raffiniren und ste auf den höchsten Punkt der gerecht ist. Die Hauptsache ist. Jedermann zum Schweigen zu
Vollkommenheit zu bringen , und in diefein Sinne hat er eine bringe», damit das Joch in der Stille getragen werde. Appert
Verfassung für seine künftige Gemeinde herausgegeben. Alle sah wohl ein, daß von eincm Corbiere »ud einem Franchct keine
Handwerker oder Leute, die sonst eine nützliche Kunst gelernt Billigkeit zu hoffen scy, und hörte daher lieber einstweilen mit
Kabcn. sind zulaßig; wer ZlUiThaler bezahlt, ist von der Pflicht seiner Zeitschrift ans. Zum Glücke schüttelte die Nation das
zu arbeiten frev. Die Zeit der Mitglieds ist zwischen Arbeit, Joch der Scnsur uud jencr Minister bald ab. Corbiöre und
Lese» und Tanzen vcrtlieilt. Alle Tage ist ein Ball, welchem Franchct wurdcn bcy Seite geschafft, zur großen Freude der
alle Mitglieder der Gemeinde bcvwohiicn. Der Gottesdienst Nation, und so konnte Appert nicht allein seine Zeitschrift
ist ganz ausgeschlossen, und dafür auch Sonntag! ein Ball. fortsetzen, sondern auch künftighin seine» Zweck besser errei
Die Kinder «erden durch Trommelschlag in die Scnule gela chen , denn er wurde mm selbst in die Gesellschaft zum Be
den. Eine Zeitung wird herausgegeben, welche vorzüglich von ste» der Gefangene» , als Mitglied anfgcnommcn. Da« erste
ihren eigenen Angelegenheiten und Unterhaltungen handeln foll. Heft des neuen Jahrganges seines ^«urn«l ckos pri,«n» , ent
Die Niederlassung war seit ihre», Ankauf nicht besser geworden, hält eine» äußerst interessanten Bericht über Apperts Reise
im Gegcnthcil schien die größte Unordnung und Unreinlichkcit nach de» Galeeren zu Toulon. Er erzählt . wie er i» der Ab
darin zn herrschen. Der Schotte scheint sehr viel auf die Selbst sicht, die Lebensart und den physischen sowohl als moralische»
sucht zu baue», und scheint darin nicht unrecht zu haben. Wenn Znstand der zn den Kctienstrafcn vcrurtheilte» Vci'brcchcr ken
er aber diese» Geist, welcher schon zu sehr in der Union herrscht, nen zu lernen , beschlossen habe, eine Zeitlang in de» sogenann
noch Höker zn treiben fucht , so steht zu befürchten . daß die ten Bagnes zuzubringen, und init den Verbrecher» umzuge
Bande ber Gesellschaft reißen möchten. RappS jetzige Nieder hen. Anfangs besuchte er die BaqueS in Beysevn deS königl.
lassung ist eine der schönste» i» diesen Gegenden. Er hat eine Kommissärs; allein er sah bald ein, daß bieß nicht der rechte
Fabrik von Dampfmaschine» , «neu Park voll Hirschen und Weg sey, er bat daher, man möge ihn allein unrcr die Gefan
Rehen, mit zwc« Elendthiere». Auch wird er jezt häufig von den gene« geken lassen; bieg geschah, und nuu erst sah er das
Rnglv-Amenkaucrn besucht . »ud niimnt ste gastfreundlich auf. ganze Sittenvcrdcrbniß , das untcr den iltvl) Verbrecher»
Die obige Darstellung von Z7we»S Plänen enthält offen- herrscht, genau ein.
dkre Jrvtl'ümer oder geflissentlich Unwahweite». Owen niacht (Der Beschluß folgt.")
die Religion nicht zur Giimdlage seines gesellige» Gebäudes,
verordnet weder geistliche noch eine öffentliche religiöse Erzie
hung ; aber er schließt ste auch nicht a„S . und obgleich selbst Bcy läge: Litcraturdlatt Nr. ?«. "

Verlegt von der I. G. Cotta 'scheu Buchhandlung.


N°. 104.

M o r g e n b l a t t

für

gebildete Stände.

Mittwoch, so. April 1828.

?n Seschäftiglrit fkr« Wohl der Mensche»


N»b in ftlbslvkrqeßucr Dnniiti' ivoimen
GottgeMigkcit ««d Zier.
Herder.

Gemälde deö römischen Volkecharakters. Seligkeit zu se,n. Seziere , d. b. die besonders Andächki-
gen, wählen daher auch diejenige unter den Brüderschaf
Die weltlich-geistlichen Brüderschafte«. ten, welche die strengst?,: Regeln hat, nämlich die sogenann
Eine sehr interessante Erscheinung sind in Rom die ten Sack träger (5»«oni). Diese sind in die gröbste
zahlreichen Vereine der Bürger zu frommen -Zwecken. Die Sackleinewand gehüllt und gehen ohne Schuhe, ja ei
verschiedenen Namen, welche sie führen, haben sie entweder nige sogar in bloßen Füßen. Es ist ein eigener Anblick,
von ihrer Pfarre» «der von einem Heiligen, oder sonst von ei diese Leute, an deren edler Körperbildunq und zart gebau
nem kirchlichen oder religiösen Gegenstande; oft sogar drückt ten Füßen man auf den ersten Blick wo nicht vornehme,
« eine Klose dahinzielende Idee aus, wie z. B. der Name doch wenigstens wohlhabende Personen erkennt, bey oft be
derjenigen Brüderschaft, welche sich ,,rr„elli s»,« deutender Kalte barfuß einer Leiche vvrangehe» oder mit
nennt. Allen diesen Brüderschaften liegt die Pflicht ob, der Büchse in Häusern nm Almosen bitten z» sehe«. Ihre
den Leichen ihres Kirchsprengels zu folgen, Almosen zu Kopf- und Gesichrsverhülllmg hat zunächst den Zweck, da?
sammeln und an Sonn- und Festtagen den Gottesdienst zu dadurch der Vornehme mit dem Geringer« gleichgestellt und
besorgen. Ihr« Kleidung besteht in einem weite» Mönchs- er vor den Augen des gaffenden Publikums in keine Ver
gewande, oben mit einer Kappe versehen, welche bis auf legenheit geiezt werde. Auch verhindert die Unkennbarkeit
zwep Oeffnungcn, durch welche die Augen sehen, den gan der Personen, daß sie auf der Gasse angeredet oder über
zen Kopf verhüllt. Im Nacken tragen sie einen Hat, wel haupt von Bekannten betrachtet werden können. Bey ih
cher um den HalS festgebunden wird. Die Farbe der Klei rem Eintritt in die Kirche schlagen sie jedoch die Kappe
dung ist meistens weiß, bey einigen zur Unterscheidung zurück; auch werden hier die üblichen Leicheuccremonien,
roth, schwarz u. s.w. Diese Vereine sind, wie begreiflich, sv wie überhaupt jede andere gottesdienstliche Feyerlich-
«cht gezwungen; jedem steht frcy, ein- oder auszutreten, keit mit unverhülltem Gesichte verrichtet. Doch gibt eS
wann und wie es ihm beliebt. Da kein denkbarer weltli eine Brüderschaft der Sacconi, deren Statuten die streng
cher Vortheil, im Gegentheile Geld - und Zeitaufwand da sten unter allen sind, welche selbst in der Kirche sich nicht
mit verknüpft ist , so kann allein Religiosität zu dem Ent enthüllen, ja überall, sobald sie einmal versammelt und an
schlüsse führen, in eine solche Brüderschaft zu treten. Ei gekleidet sind, kein Wort miteinander reden dürfen. Sie
nige Kalten sich durch das Bewußtscvn, eine verdienstliche heißt cki S.Kickor« und besteht blos aus Personen vom Adel.
Handlung zu tlmn, für hinlänglich belohnt; andern scheint Der Aufnahme in diese Brüderschaften gehen manche öe-
es ein vorzüglich sicherer Weg zur Erlangung der ewigen remonien voraus. Zuvor wird der Name des Kandidaten
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im Oratorium an eine Tafel geschrieben , damit die Mit- er gedenke. Heinrich nannte seinen Namen und fügte
glieder Gegenvorstellungen , durch die Moralität des Kan dey: er gehöre zum Heer der Baucrfchaft, wo er ein
didaten motivirt, gegen dessen Aufnahme vorbringen kön Fähnlein unter sich habe, und sc» vom Fcldhanptmann mit
nen. Finden dergleichen Statt, so wird als einzige Ant einer Botschaft nach Cliucnstcin gesandt worden. „Gr lügt,
wort auf dessen Gesuch sein Name von der Tafel gewischt, er gehört zu unscrn Feinden, er ist ein Spion des Eimen-
im Fall der Zulassung jedoch eine feverliche Messe gelesen steincrs," riefen die Bauern durcheinander. „Herunter
und Abends das Ittiserere, das Veni Oe«t«r gxiriw» mit ihm vom Roß!"
u. s. w. gesungen. Jeder Brüderschaft sind drey Mitglie Heinrich zog sein Schwert und traf den ersten, der
der vorgcsezt, welche Guardiano, Primicerio und Csmer- Hand an ihn legen wollte, so gewaltig an die Schläfe,
lengo heißen. Diesen liegen die Geschäfte , so wie auch daß er zu Boden sank. Zu gleicher Zeit fielen vom Walde
die Handhabung der Polizey, das Wachen über die Beob her einige Schüsse, welche ans die Bauern gerichtet waren.
achtungen der Statuten u.s. w. ob. Außerdem gibt es noch Jeder traf seinen Mann und in wenigen Augenblicken la
eine Art von Sekretär, ?»ol»,or<! genannt, welcher (wie in gen sie alle röchelnd in ihrem Blute. Heinrich sah sich
allen andern geistlichen Körperschaften geschieht) die Gegen verwundert um, Lutz und zwcv Knechte von Slinenstein
wart der betreffenden Mitglieder bcp den einzelnen Funk traten jezt hinter den Bäumen hervor. „Das bedeutet
tionen anmerken (punktiren) muß. Da jedem Anwesen Jagdglück, edler Herr," rief ihm Lutz lachend entgegen.
den eine Kleinigkeit an Velde ausgesczt ist, so würde sich „Wir streiften nach Proviant umher, denn die Bärcnböu-
hier den Brüdern die einzige Gelegenheit darbieten, für ter werden uns bald die Zufuhr abschneiden, nnd da fül'ke
ihren Zeit- und Geldverlust eine geringe Entschädigung zu sichs recht glücklich, daß wir in Eurer Nähe waren, sonst
erhalten, wäre es nicht zu einem Gegenstande des Ehrge würdet Ihr diese Nacht schon als Gespenst hier umirren.
fühls unter ihnen geworden, darauf Verzicht zu leisten Doch jezt spornt Euer Roß und send auf der Hut."
und diese Summe, in Bereinigung mit andern, zum An Zcckcl, der Fcldhauptmann, empfing Heinrich freund
kaufe irgend eines Geschenks für die Kirche oder das Ora lich, und wollte eben mit ihm Raths pflegen, wie ein Ver
torium zu verwenden. Ucbrigcnö hängt es von der frcycn trag mit dem Churfürsten eingeleitet werden könnte, als
WiUkühr jedes Bruders ab, ob er den Funktionen bcvwoh- sich draußen ein tobendes Geschrey erhob: „Auf, auf, ge
nen will oder nicht, weil man bey Gründung der Brü gen Clmcnstcin!^ Eben waren die Abgeordneten zurückge
derschaften weislich erwogen hat, das, eristirte hicrZwang- kommen, und die Nachricht, daß Ritter Eberhard die
die Anzahl derjenigen , welche sich in eine solche Prüder Vorschläge trotzig abgewiesen, verscztc die Bauern in Wuth.
schaft aufnehmen lassen möchten, sehr geringe sevn würde. Ein bewaffneter Haufe drang in das Haus, in welchem der
Eben so begreiflich ist es, daß Jeder austreten kann, wenn Hauptmann sich befand, und Zcckel mußte sich bequemen,
es ihm beliebt. Aber auch die Brüderschaft stößt aus, wann den Zug gegen Eberhard auf der Stelle anzuordnen. Zeckel
das Mitglied durch seine Moralität eine gegründete Vera»: hatte sich längst überzeugt, daß die wilden Haufen, die sich
lassung dazu gegeben hat. In jeder Hinsicht sind diese Ver an Gehorsam, Zucht und Ordnung nicht gewöhnen wollten,
eine, ihrer edlen, religiösen Zwecke und der Reaktion we und selbst über den Zweck des Aufstandcs uncins waren,
gen, welcbe sie auf den Charakter der Brüder ausüben, früh oder spät der Macht der Fürsten und des Reichs er
eine der löblichsten Satzungen der römischen Kirche. liegen würden. Darum suchte er besonders Feindseligkei
ten gegen die Besitzungen der Edlen abzuwehren, sah es
dagegen nicht ungern, wenn Stifter, Klöster und Kirchen
geplündert wurden , wobev er sich gewöhnlich unter aller-
Burg Eimen stein. ley Vorwand einen Theil der Beute anzueignen wußte.
Von Aloys Schreiber., Der Zug gegen Elmensiein kam ihm darum auch ungelegen,
da er ihn jedoch nicht verhindern konnte, suchte er die Wir
(Fortsetzung.) kungen desselben zu vereiteln. „Dieser junge Mann,"
Heinrich mochte ungefähr eine Stunde weit geritten sagte er zu den Bauern , indem er auf .heinreich deutete,
sevn , als einige bewaffnete Bauern aus dem Walde, an „dieser junge Mann, der die Sache des Adels verlassen hat
welchen, der Weg hinzog , auf ihn zukamen. Sie hatten und für die unsrige Gut und Blut einsczt, bringt mir so
eine benachbarte Kellere? erbrochen, und das gräßliche eben Botschaft von den Bewegungen des Churfürsten, des
Lustgeschrey von Wein erhizter, nach Ranbund Blut lechzen Markgrafen von Baden und des Bischofs von Sxcver.
der Menschen hätten jede noch so muthige Brust mit Scheu Wir dürfen unS nicht schwächen, wenn wir nicht die größte
und Zagen erfüllen müssen. Auch dem Dieburg ward es Gefahr laufen wollen. Drevhundert Mann sind außerdem
fast unheimlich «ms Herz. Der Vorderste fiel feinem mehr als hinreichend gegen Elmensiein, denn Ritter Eber
Pferd in die Zügel und fragte, wer er sev und wohin hard kann weder die Burg gehörig besetzen , noch hat er
Mund- und Kriegsvorrath, um lange Widmend zu lei Spieße gejagt werden, und die Bauern stellten sich bereits
sten. Heinrich von Dieburg kennt die Gelegenheit der in einen Kreis, um das gräßliche Schauspiel zu beginnen.
Veste; er soll den Aug anführen und den Vertrag mit Heinrich beschwor die Empörer in, Namen Gottes und
Blut unterzeichne», weil doch der Elmensteiner die Dinte der Menschlichkeit, von der Unlhat abzulassen und die
sparen wollte." Einige der Umstehenden warfen mißtraut Gefangenen frevzugeben, „Sucht nicht euer Recht im
sche Blicke auf Heinrich und drückten ihr Mißfallen über Unrecht," rief er, „und denkt, daß eö eine Vergeltung gebe.
die Wahl durch ein unverständliches Gemurmel aus ; an Was ihr blutig säet , werdet ihr blutig ernten."
dere dagegen klopften ihm vertraulich auf die Schulter (Die Fortsetzung folgt.)
oder reichten ihm die Hand und lobten feine gute , redli
che Gesinnung.
Auf Elmenstein hatte inzwischen Ritter Eberhard alle MeiSner an Archenholz.
Vorkehrungen getroffen , um den Feinden wenigstens eine Den g. Febr. 1781,
Zeitlang kräftig widerstehen zu können, und als die Bauern Mein Theucrster!
unter Heinrichs Anführung sich der Burg näherten, sahen Wielands Brief ist seines Verfassers würdig, das
sie mit Erstaunen alle Zugänge wohl verwahrt und die heisit mit andern Worten , er ist fehr fchö n. Daß aber
Ringmauer mir Schützen besezt. Em kecker Bursche ging von meinen Äleinigkeicen gar keine in Weimar fcyn sollte,
biS an den Rand des äußersten GrabenS und rief den Knech ist doch fast unmöglich. Bettuch und Knebel hatten die
ten auf der Mauer höhnische Worte zu, aber ein Schuß Sli;ze», als ick t?79 dort war; Goelhcn hat vor einem
streckte ihn augenblicklich zu Boden. Einer der Anführer des halben Jahr Breitkvps den AlcibiadeS und die Dialogen
Haufens, der früher unter dem Churfürsten gedient hatte, senden müssen, und im Merkur selbst sind die Skizzen
schlug jczt vor , die Mauer Nachts an einer Stelle zu un einmal mit Achselzucke», FrinkS Familie, was ich
tergraben und durch Pulver zu sprengen. Der Vorschlag dem Inkognito zuschrieb, sehr gut beurkheilt worden. Fast
wurde mir Bevfall aufgenommen, aber es fehlte an den niöcl't ich also zweifeln, daß Wieland etwas anders alö eine
nöthigen Werkzeugen, und eö sollte einige Mannschaft Ausflucht geschrieben habe. Sey es wie ihm wolle. Ich
abgeschickt werden , um diese aus den benachbarten Dör würde diesen Schriftsteller lieben, selbst wenn er mit
fern herbevzusch.,ffen. Heinrich bemerkte dagegen, daß der mir umspränge , wie er mit Milius ein Paar Mal um-
Graben mit Wasser angefüllt und ihr Haufe überhaupt zu gesprungen ist, und auch als Mensch Hab' ich die ebmalige
schwach sc», einen Srurm zu unternehmen. Nur durch Fehde mit ihm längst vergessen. Sein Charakter scheint
Hunger , fezte er hinzu, könne man den Ritter zur lieber- mir blos einen Fehler zu haben , den eben ich am wenig
gäbe nöthigen, und der Mangel müsse bald eintreten, sten rügen darf, weil ich selbst erst allinählig ihn abzulegen
denn er wisse gewiß , daß anf Elmenstein Brod und anfange, allzurasche Par ty cv ergr e ifn ng. Wenn
Fleisch schon in wenigen Tagen fehlen würden. Diese ich ihn einmal persönlich spräche, könnt' ich ihm nachste
Meynung war zwar nicht nach dem Sinne der Men hende kleine Anekdote, die einen Bevtrag zu Dresdens
ge, da man jedoch keinen bessern Rath wußte, so ließ Lharaktcristik geben kann, mittheilen.
man sie gelten , und alle Zugänge zur Burg wurden hin- Im Vorbericht zum Brief der Lais an den Aristipp
länglich besetzt. Aber schon am zweiten und drirren Tag erwähne ich des Agathons und sage : „denn ich nehme mit
zerstreute sich ein großer Theil der Bauern nach allen Zuversicht an, daß jeder deutsche Man» von Kcxf, nnd
Seiten hin, um zu rauben und zu sengen, und bald sah jede deutsche Fvau, die einen Kopf hat oder zu haben
man da und dort aus Weilern und Höfen Rauch und glaubt, den Agathen gelesen haben werde." Zwei) Monate
Flamme aufsteigen. Von dem Kirchthurme zu Illbach nach Erscheinung dieser dritten Skizzensammlung kömmt
erblickte Heinrich eine brennende Kellerei, und war Zeuge ein hiesiger Justizrath, jczt noch um ein Großes höher
gräßlicher Mißhandlungen , welche die Mordbrenner an hinauf, in eine große Gefellschaft, und erklärt mich für
den unglücklichen Bewohnern ausübten. Im Innerste» einen ordentlichen Injurianten. Ich hieße alle Dumm
empört und ohne die eigene Gefahr zu bedenken , eilte er köpfe, die den Agathon nicht läsen; er sey gewiß kein
die Treppe des Thnrmes hinab, warf sich auf sein Pferd, Dummkopf und habe die Piece nicht mit Augen gesehen.
und jagte nach der Stelle hin, wo der Frevel gefchah. Ihm stimmen noch sechs bis sieben andere bei, und
Eine furchtbare Scene stellte sich dort feinen Augen dar. des nächsten Tags schickten fünf derselben zu mir, und
Der Verwalter der Kellerei und seine Frau waren mit ließen den ersten Theil des Agathon fodern. Jchbetheilte
Stricken gebunden; ihr Sohn, ein blühender, kräftiger sie Reihe herum, und — ris»» — noch
Jüngling, der sich zur Wehr gesetzt hatte, lag mit Wim» hat keiner von allen diesen den zweiten Theil zu lesen
den bedeckt an der Erde. Sin alter Mönch, dem die Un begehrt. Daß diese Anekdote, so buchstäblich wahr sie ist,
glücklichen eine Freistätte gegeben , sollte eben durch die nicht bekannter «erden darf, erhellt aus meiner tranri^
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gen Situation — Sit, mein Herr, keruien nur dm» beit «sparte Gelt zusendeten, um ihm einige Erleichterung
Sechzehn cheil ^ vvn fi'lbi^. i! i» seinem »orte» S<hicks>lc zu verschaffen. Ein dritter bat
Härt' indessen W. Recht, war' in Weimar K aanz Appcrt inständig, er möge sciue Tlicilnaliiile und sein Mitleid
kein Buchstabe von mir zu finden, , mein Freund, wie audcru zuwenden, indem er. der Gefangene» es nicht verdiene;
sänke dann das günstige Traumbild , Pas Sie mir selbst er sey zwar nur vocgen eines Vergehens ans den BagneS , «K
»,n meiner Allgclesenheit oft machten. lei» er habe ein Verbrechen, nämlich uuen Mord auf dem
Mit wärmster Hochachtung ! Gewisse«. Petit aber versicherte ihn, sollte Herr Appert je
Der Jhrigste mals von Stragenräubern angegriffen werden, so brauche er
Meißner. sich nur zu nennen um glücklich davon zu kommen , indem die
Ränber alle von seinen menschenfreundlichen Bemühungen zu«
Verbesserung KeS ZuftandeS der Gefangenen gel)«« hätten, ihn
Sorrespondenz -Nachrichten. hochachteten, und ihn gewiß bey alle» Gelegenheiten schone»
Poris, Apttl. würden. Ei» anderer gestand aufrichtig auf Appens Frage »
(Beschluß.)
Da hier alle Verurtheiltc» unter einander gemengt sind, daß, wenn «wieder in Frnchcit gesezt würde, er sich von Neun«
so verschiedenartig auch ihre Vergehen sepn möge» , so stecken aufs Stehlen legen voürdc , weil diese schreckliche Neigung bey
die verstockte» Verbrecher diejenigen an, die ei» einziges Berges ihm ehrlicher
stärk« wäre alS seine Vernunft, und « auch memalS als
hen auf die BagneS gebracht hat , und die vielleicht mit einem ciu Mann würde angesehen werden . wen» er sich
noch so gut betrüge. So versprecht mir den». erwicdcrteAp
reuigen Herze» »ach Verlauf ihrer Strafzeit in die bürgerliche pert, baß, wenn Ihr Wied« nach Paris kommt und Wied«
Gesellschaft zurückkehre» würden, wen» sie nicht durch ihre Mit- z« stehlen
geführten ga»z sittenlos gemacht worden. Reue mid Vorsage d« Schelmanfangt, ihr mich znerstbefleblcn wollt! DieH wollt«
ab« nicht »«sprechen, er achte Herr» Appert
der Besserung werden natürlich unter ein« solche» Rotte für zu sehr , alS daß er ihm sciue Teilnahme auf solche Art ver
lächerlich gehalten; jeder prahlt mit seine« Sroßthatc», die gelten machte. Alle
ihu auf die Galeere» gebracht haben, mancher lcrut schändliche den in den BagneS Jahre beyin Namenstage dcS KdnigS wer
Dinge, die er noch nicht kannte, und Betrügereien, die er sich Einige, die nnr wenige ZeitGnabcnbezcngungen
einige
daselbst zuzubringen
kundgemacht.
hatten, wer
späterhin zu Nutzen macht. Appcrt erkielt von einige» abge den ganz begnadigt, andern wird die Strafzeit »erkürzt; eS
feimten Dieben eine von ihnen selbst aufgesczte LebcuSgeschichte, scheint ab«, daß die Gnadenbc>,cu.,,»,gen, die natürlich zufolge
unter andern von de« berüchtigten Petit, von dem auch die
Zeitungen oft gesprochen haben, der wohl fünfzig Diebstähle eines Berichtes der Aufseher ertlicilt werben, nicht immer auf
w seinem Lebe» verübt hat, mehr als zeh» Mal zur Lettenstrafe den Verdientesten fallen. ES gebt in den BagneS Heuchler,
die sich die Gunst der Aufseher zu erschleichen wissen , andere
verurthcilt worden, und vielleicht zwanzig Mal auS den Ge
fängnissen und Verhaftbrtern entwischt ist. Dicß ist gewiß der leistenAppert ihnen Dienste alS Spionen, und werden dafür belohnt.
listigste Dieb, der auf den BagneS sizt: da er von Profession «i» Als zu Tonlon war , kam gerade die Gnabenliste a«S
Mechaniker und von Natur ein äußerst schlauer Kopf ist , so Paris an. ES standen auf dies« Liste ganzc , halbe, und
sind ihm die unglaublichsten Entweichungen gelungen. Car: Mertelsgiiaden. Unter bcn lcztcrn befand sich eine für einen
tonche ist gewiß nicht verschmitzter gewesen alS dieser Petit, über waren ihm zwanzigJaln-e
Verbrech«, der g» Strafe auszustehen »rtte ; von diesen
abgelassen. ES bleiben also noch 68 ; wo«
den so viele Jahre Kektcnstrafe in den verschiedenen Urthcilcn fern dies« nicht noch einige Viertclsgnaben «hält, bleibt ihm
verhängt worde» sind, daß drcu Menschenleben dazu gehörten, wenig Hoffnung von dem ersten Viertel jemals Nugen ziehen
um die Strafe zu erstehe». Seine Erzählung ist in einem ein zu können. UebrigenS sind diese Zährlichen Begnadigungen,
fache» . merkwürdige» Tone abgefaßt : ,.H>« oder dort stahl auf welche die Gefangenen sich« rechnen können, eine sehr
ich 1WV Franken, verkleidete mich und entkam glücklich bis
in diese oder jene Stadt ; hier erkannte mich ein GenSdarme, ich heilsame Einrichtung ; auch den Strafbarsten bleibt doch noch
Hoffnung übrig . bey einer guten Auffükruug die Freyheit
wurde zu den Galeeren »erurtheilt, entwischte aber auS dem wieder zu bekomme». Zu bemerken ist es, daß die harte Le»
Gefängnisse, begab mich uach dieser «der jener Stadt. Hier
uuternahm ich es init einigen Gcfäbrrc» die Kasse zu bestehlcu. bcnsart der Verbrecher in den BagneS der Gesundheit zuträg
lich« ist, als daS Müßigschen in den Gefängnissen. Man ver
wir tkeiltc» daS Gelb u> f. w." So geht es die ganze Erzäh liert jährlich in den BagneS ungefähr nur vier Menschen von
lung hindurch, ira et «tuäi«. Appert hat noch die Selbst Hundert, wogegen der Verlust iu den Gefängnissen sich auf
biographie eines andern unverbesserlichen DiebcS mitgethcilt, zehn Prozent »nd wohl aufs Doppelte beläuft. Dicß kömmt
welcher, als er das erste Mal seine Strafe auf den Galeere» bah«, weil dort
auSgcstande» hatte , ei» ehrlicher Mann werden wollte , aber thierunqcii treiben,diewodurch Bestraften in frcycr Lust allerley Hand-
sie ei» kleine? Taqclonn »«die«
von ehemaligen Galeerengcfährten zu neuen Diebstählen ver nen , daS Unien zur Erleichterung ihres Schicksals dienen kann,
leitet, und so oft er iu der Folge wieder ehrlich werden wofcru sie dasselbe uicht sparen wollen bis zum Austritt auS
wollte, immer in neue Vergeben mit hineingezogen winde. bcn BagneS. Die Krauken werden übrigen? gut behandelt,
tiS er endlich zu lebenslänglicher Galeerenstrafe »erurtl'eilt müssen aber ihre Fesseln beyöchaltcn. Aller Wachsamkeit un
worden ist. Manche Verbrecher, mit denen Appcrt sich un geachtet, entspringen boch manaie, und diese fange« fast iin-
terhielt (er behauptet, sich mit Zlwg derselben unterhalten z» mcr sogleich wieder «n zu stellen und zu raube», so wie denn
haben) , schienen alles Ehrgefühl verloren zu haben und nicht überhaupt die meisten Verbrecher aus den Bagueö schlimmer
die geringste Hoffnung zur Besserung übrig z« lassen. Ändere zurückkomme», alS sie hingegangen sind. Es sind schon manche
hingegen waren über seine THcilnahme -an ihrem Schicksal ge
rührt , öffnete» ihm ikr Herz und ließen edle Gefühle blicken. Stimmen in Frankreich laut geworden üb« die Notwendig
Einer erzählte ihm, daß seine Familie ihn für todt halte, und keit, auch ei» Botannbay anzulegen und die BagneS abzuschas»
fr». Atlciu wo soll man dich neue Boranyba« anlegen? Wo
daß er sie in diesem Jrrtlmme lasse, nm ihr den Schmerz über werden wir ei» Laub finden. daS so gütig ist uud de» Abschaum
seine Verurtheilung , die ilnien ganz unbekaniit sep , zu erspa
ren. Ein anderer erzählte mit inniger Rührung, daH seine der französischen Nation aufnimmt?' D a.
Mutter und Geschwister in Paris, die vo« ihrer Handarbeit
leben , i« der Nacht arbeitete» , und ihm da« vo» dieser Ar Ben läge: Jnrelligcnzvlatt Nr. 15.
Verlegt von der I. G. Cotta 'scheu Buchhandlung.
n°. 10S.

M o r g e n b l a t t

f i '

gebildete Stände.

Donnerstag, z. Mai 182 8.

Im Volk wie im einzelne» Menschen gehe» Fehler und Tu«


«ciiden Hand in Hand; aber besonders die Schwächen sind e«,
i„ denen sich der Charakter der Nationen wie der Individuen
»errärh.
J°UY.

Die SportS dcr Englander. Sine andere Aeußcrung der Spielsucht ist die tägliche
Gewohnheit zu wetten, die an den Engländern auffällt.
Vielleicht kein Volk liebt leidenschaftlicher das Spiel Alles wird bev ihnen dcr Gegenstand einer Wette, von den
als das englische. Trotz dem Gesetze, daS die Spielhöu: Tropfen, die während des RegeoS an einer Fensterscheibe
scr verbietet, gibt es in London derselben noch mehr als herabrinnen, bis zu Stratford Cannings, Gnilleminots
in Paris. Jeden Tag «erden neue mit außerordentlicher und Ribeauxicrres Leben. Wirklich wurden in London
Pracht errichtet. Englische Blätter behaupten, kein Pal- starke Wetten darauf eingegangen, wie es ihnen nach
last in der Welt sev prachtvoller möblirt als das neue Pan- der Schlacht von Navarin gehen werde; wenig fehlte,
da moni um, das in der Straße Sk. James eröffnet so hätte man die Köpfe dn drey Diplomaten auf der
»erden soll. Man sagt jezt P a n d ä m o n i u m statt .Hölle Börse registrirt. Eiue Wette ist in England etwas
(Neil), dem gewöhnlichen Wort für Sxiclhans, um die zar Heiliges und Jedermann hütet sich, etwas zu thun, was
ten Ohren der englischen Damen zu schonen. Man be auf den Erfolg Einfluß babcn könntc. Man weiß darum
sucht diese Häuser öffentlich und das Spiel soll hier auf nicht recht, ob es bloßer Scherz ist, wenn man sich erzählt,
einen wirklich furchtbaren Grad getrieben werden. wie einem Unglücklichen, dcr in die Themse gefallen war
Diese Leidenschaft ist ganz allgemein in England, und und um Hülfe fchrie. Niemand bevsprang und er ertrinken
sie liegt jenem dort so weit getriebenen Unternehmungs mnßte, weil unter den Zuschauern Wetten über sein Le
geist zu Grunde, der sich von Zeit zu Seit seuchenartig ben eingegangen worden waren.
ausbreitet und in dessen Krisen so zahlreiche Opfer fal Aber Vorzüglich gern wctten die Engländer auf die
len. Vor drey Jahren erlebten wir eine Krise der Art; Sports. Mit dem Worte Sport, das unübersetzbar
damals bildeten sich von allen Seiren Vereine zu Unter ist und dessen Begriff auch in England nicht ganz fest
nehmungen ; einer wollte die Butter für ganz London im steht, bezeichnet man die Jagd, die Wettrennen, die Bo
Großen favriciren, ein anderer ein Paketboot zwischen Eng rerkämpfe u. s. w. , kurz alle Uebungen, wobev Kraft, Ge
land und Canton einrichten. Ein Projekt mochte noch so schick und Behendigkeit von Menschen oder Thieren inö
abenteuerlich sevn , es fanden sich Unterzeichner, und dcr Spiel kommen. Diese Uebungen haben schon an und für
Papierhandel trieb Aktien, die gar keinen wahren Werth sich besondern Reiz für die Engländer und nicht sel
hatten, zu Ungeheuern Preisen hinauf. Der Augenblick ten sind sie denselben leidenschaftlich ergeben. Der Ge
des Erwachens kam und daS kommerzielle England wurde schmack am Wettm und dcr Geschmack an den Sports
in seinen Grundfesten erschüttert. reichen sich gegenseitig die Hand, und sehr oft bekommen.
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wie es scheint, die Sports blos durch die Wechselfälle des kleinen, - an der Angel befestigten Fisch verschlungen, so
Geivinnstes und des Verlustes, die sie darbieten, Interesse. ist er nun heranszubriugen, uud dies, gelingt bloß dadurch,
Was soll man z. B. davon denken, wenn Cootes, der be daß man seine Kräfte erschöpft, indem man ihn mittelst
rühmte Läufer, sich anheischig macht, für zehn Louisd'vr einer an der Ruthe befestigten Kurbel, auf der die zu Kie
einen TUbury ei»e Meile weit zu ziehen , eine Meile weit fer Fischerei) nöthigc ausnehmend lange Leine aufgewickelt
zu gehen , eine halbe Meile rückwärts zu laufen , einen ist, bald in die Tiefe sich stürzen läßt, bald ihn wieder
Kahn eine Meile , weit zu rudern, einen Reif eine Meile gemach auf die Wasserfläche heraufzieht. Man muß sich
vor sich herzutreiben und eine Meile vorwärts zu laufen, sehr sorgfältig hüten, daß man nie am Fische gewaltsam
«lies in einer Stunde ? Am verflossenen zehnten Dezember zerrt, denn mit einem einzigen Zug würde er das schwache
versammelten sich trotz des Regens mehrere hundert Men Band, an dem er hängt, zerreißen. Diese Art des Fisch
schen auf der Waterloobrücke , um ihn seine Aufgabe lösen fangs wird besonders in Irland getrieben und ist daselbst
zu sehen. sehr beliebt. Man hütet seine Salmen so sorgfältig als
Diese Sports, sowohl die, Key welchen, wie bey der die Fasanen, und ich kenne einen Sportsman, der täglich
Jagd, gar keine Rücksicht auf Gewinn stattfindet, als die mit vier bis fünf Salmen heimkam , sie aber lieber ver
jenigen, die, wie die Rennen, fast wesentlich auf den Wer faulen ließ, ehe er sie den Bauern gegeben hätte; er fürch
ten beruhen , nehmen einen fo bedeutenden Theil der Zeit tete , diese möchten Geschmack am Salmen finden und
und der Gedanken der Engländer, besonders der obersten Wilddiebe werden.
Klassen, in Anspruch, daß man sie als einen hervorstechen (Die Fortsetzung folgt.)
den Aug des Nationalcharakters betrachten kann. Viele
Gentlcmen haben keine andere Beschäftigung, und die Zei
tungen geben zur Befriedigung des allgemeinen Geschmacks
fast täglich einen Artikel, dessen Aufgabe es ist unter dem Burg Elmensiein.
Titel 5x«riio8 iniellizenee über den Stand der Wetten für Von Aloys Schreiber.
die Hauptpferderennen zu berichten, und die Faustfchläge
der Borer und die Zahl der Stücke Wildpret, die der oder (Fortsetzung.)
jener berühmte Jäger in einem Tage erlegt hat , die Hel Heinrichs Rede schien auf einige Bauern Eindruck zn
dentaten der Pedestrians u. s. w. aufzuzählen. machen , aber der größte Theil erhob ein wildes Geschrep.
Sprechen wir zuerst vom Angeln <»n«linz). Diese „Wir wollen uns von dem Gelbschnabel keine Gesetze vor
Lust, die bey uns nicht gar viele Freunde hat, ist jenfeits schreiben lassen! Er ist ein Edelmann und gehört zu un
dcS Kanals ausnehmend beliebt. Im Frühjahr sieht man fern Feinden ; er ist ein Vcrräther an unserer Sache !"
von allen Seiken her Angler in die Thäler von Wales strö So riefen dreyßig Stimmen durcheinander , und in dem
men , und sie halten sich Tagelang an Bächen auf, wo es selben Augenblick rannte ein junger Bursche mir von Wuth
viele Forellen gibt. Der Angler kommt mit Tagesan funkelnden Augen auf den Mönch zu, um ihn mit seinem
bruch ; versteckt im Laube beobachtet er die Insekten , die Eisen zu durchbohren. Heinrich war schneller , er riß sein
enfHer Fläche des Wassers schwärmen und macht sich daran, Schwert aus der Scheide und der Arm des Frevlers lag
getreue Nachbildungen derselben an seine Angel zu befesti am Boden. Jezt entstand ein furchtbarer Tumult ; Hein
gen. Er läßt diese künstlichen Insekten gleich den wahren rich wurde unter Fluchen und Drohungen vom Pferde ge
umherflattern und täuscht auf diese Weise den Fisch, der rissen, und man stritt sich, auf welche Art er den Tod
heraufschießt, um seine Beute zu fassen. Künstliche Flie erleiden sollte.
gen gut zu verfertigen ist ein' Talent, das ein Sports In diesem Augenblicke kamen aus dem nahen Walde
man*) sehr hoch anschlägt. Ich war Zeuge, wie ein Bauern, die einen großen Hirsch führten. Das Thier
V.rrlamentsglied bev schlechtem Wetter einen ganzen Mor schien geduldig zu folgen und zeigte nicht die mindeste
gen sich damit beschäftigte, ans Slxenille und verschieden Scheu. Ein Kerl in zerlumpten Kleidern, dessen Kopf
farbigem Flaum dergleichen zu verfertigen. War er mit eher einem Uhu als einem Menschen zn gehören schien,
einem Schmetterling oder einer Schnacke fertig, wies er hielt den Hirsch beym Geweih ; aber kaum erblickte er den
rms fein Werk mit Selbstgefühl und berechnete wohlgefäl Dieburger, als er das Thier losließ und auf jenen rasend
lig, wie viel ein Ding der Art im Kramladen kosten würde. zustürzte. „Das ist der Sohn des Rothkopfs," brüllte er,
Der Triumph des Anglers ist der Salmcnfanz, der „der meinen armen Vater wegen eines alten Nehbocks, den
ft viel Geschick als Uebunz erfordert. Hat der Salm den er ihm wegbürschte, auf einen Sechszehnendcr schmieden ließ.
Gleiches mit Gleichem! Wir thun jezt an dem Sohn, was
Sportsman hcigt jeder SportsliebhaVer; gewöhnlich sein Vater an dem meinigcn gethan ! Wenn er ein guter
ab« bedeutet ei einen Mger. Reiter ist, wird ihm der Ritt Spaß m«cl?en."
4ly
Der wilde Hanfe nahm den Vorschlag mit tobendem Felsen bedeckte, und sie glaubte de» ächzenden Ten eiuer
Jubelgeschrev auf. Heinrich wurde alsbald mit Stricken Menschenstimme zu hören.
auf den Hirsch gebunden, nachdem man ihm vorher die (Die Fortsetzung folgt.)
Hände auf dem Rücken festgeschnürt. Hierauf stellten sich
die Bauern in eine Doppelreihe; eine? führte den Hirsch
am Geweih, während einige Pfeifer vor dem unglücklichen Der Chimborasso.
Jüngling hergingen und einen Tanz spielten. Siner der
Die Spitze des Chimborasso galt lange für den höchsten
Bauern, vielleicht aus einem Gefühl von Menschlichkeit,
Punkt der Srde, bis ihn der Himalava von. dem Throne
wollte ihn mir seinem Spieße durchstoßen und seine Leiden riß, den er in derPhantasie der Menschen innehatte. War
schnell endigen, aber er wurde von seinen Gefährten ab dieses Unglück groß, s» scheint ihm noch ei» größeres zu
gehalten. „Laß ihn den Ritt ungehindert in den Gast- drohen , indem Glieder seines eigenen Stammes idm das
Hof des Todes machen," riefen sie, „den Weg findet er
Supremat streitig machen. Sin reisender Sngländer be
gewiß." hauptet geradezu, Gipfel der Kordilleren gesehen zu haben,
AlS Heinrich am Ende der Reihe angekommen war, die weit höher fevn müssen als der tzhimborasso. Diese re
wurde der Hirsch mit Schlägen und Steinwürf. n nach dem volutionäre Anficht ist indessen noch durck nichts erwiesen,
Walde getrieben. Weniger geängstigt durch daS Gefchrcy und wir wünschen, daß die Ansprüche der Prätendenten
und die Mißhandlungen , als durch die ungewohnte Last grundlos erfunden werden, schon darum, damit fich nicht
auf feinem Rücken , machte er einige wilde Sprünge nach die Höhenbegriffe der gebildete» Welt verwirren und diese
allen Seiten hin und rannte ins Dickigt, wo er bald nicht genöthigt sev, sich neue wunderliche Namen einzuprägen.
nicht mehr gesehen wurde.
Heinrich bedurfte aller Kraft und Fassung, sich auf:
recht zu erhalten, um nicht zu fallen und geschleppt zu Korrespov Venz- Nachrichten.
werden. Sine Viertelstunde weit mochte das Thier gelau Senf, April.
fen seyn, als es still stand und den Reiter abzuschütteln Ich habe oft und mit Ueberzengnng gei«S«rt, das b,i
suchte. Heinrich bennzte den Augenblick, seine Hände unS viel ächte Aufklärung »nd rasche« Zusammenwirken für
oder ssiiße fre« zu bekommen, aber alle seine Bemühungen dos Gute zu finden sn?. ES gibt aber wadrhaftig Dinge hier,
waren umsonst. Cr hob die Blicke zum Himmel empor, wo man die« nicht merkt. Wer sollte eS glauben , daß, i»
Senf die Menschenblatter» fast wieder ,»r Epidemie geworden
und rief mit dem Tone der Verzweiflung : „Sende mir lind? Dem ist aber doch so, und dieses schlimme Geschenk ha,
Rettung, Vater dort oben, oder schnellen Tod!" den wir großtentveilS einem hiesige» — Arzte ,« verdanke».
Wenn seit langen J.>I,rcn von hundcrt Blatterkinder» vielleickx.
Unterdessen hatte Ritter Sberhard alle Anstalten ge SWS später die naiürttchen Poeken giUartig bekam , so sprach
troffen , die Burg aufs Hartnäckigste zu vertheidigen. SS man nicht weiter davon. Nun ist eS aber seit Jahresfrist ei«
war fein fester Entschluß, sich lieber unter den Trümmern »cm n, der hohen Welt angesehenen Arzte eingefallen, die vac?
von Slmenstein begraben zu lassen als einen Vertrag ein cinirten Kinder ganz vor bdSartige» Blattern sicher» zu wollen
d,»c» — Jnocul.nio» der natürlichen Pocke». Dadurch ist
zugehen , der den Schein von Zaghaftigkeit und Feigheit diese Krankheit zu uns zurückgekehrt, »nd wiewohl da« Uebel
auf seinen Namen werfen könnte. Seine Tochter schickte auf solche Weise immer verbreiteter wirb , so tranc» sich doch
er mir dem alten Kaplan, einigen Mägden und einen, viele Aeltern nicht , ihre Sind« ohne Jnoculatio» zu lassen ,
alten treuen Knecht durch den unterirdischen Gang in die um sie dadurch auf jeden Fall zu sichern. Die Krankheit wird
aber durch jede Jnoculatio» allgemeiner. Kdnnlc sie nicht
Felsenkammern und ließ die Thüre, welche aus einem aucy durch irgend einen klimatischen Einfluß wieder bdsarlig
Kellergewölbe in den Gang führte, verschütten. SS war werden ? UetrigenS ist ja mit Daccinatio» und Jnoculatio»
am zwevten Tage ihres Aufenthalts in den Höhlen , als doch auch keine volle Gewißheit gegeben.
Bertha, von unsäglicher Angst getrieben, den Gipfel der Aber nicht nur die Pocken haben wir bekomme» , e« bläst
jetzt auch eine böse Luft vo» Lvon her, da« unS bisher blos
Felsenwand bestieg, um nach Slmenstein hinüber zu schauen warme» Regcnwind sandte. Gestehen wir e« nur aufrichtig ,
vnd sich Gewißheit zu verschaffen , ob die Burg beschossen das Calvinische Zivi, ist den Nachbarl« in Lyon , Dole , Bcsans
würde oder gar schon in Flammen stehe. Die ziemlich ?on , Freiburg , Sitte» ». s. w. ei» arger Gränel. Beson
flache Kuppe war mit Gebüsch bewachsen, welches sie jedem ders ist ibnen das Lancasterschc UnterrlcktSwescn und die ein
sacke, fast nur auf Moral gegründete Neligionslebre in Genf
lauernden Auge verdeckte. Lange stand sie oben , spähte ein Acrgcrniß. DesKalb Kit sich von Lyon her eine heftige
umher, und hielt den Athem an sich, ob sie nicht irgend Stimme verncl'men lassen in ein« ?e«mier» !»>»» « !Vl«
einen Lank vernehmen möge, aber eine tiefe, fchancrliche »ie«r» I«» Luxe» cke» v»r«i»»e» eatlioliqiie« >l» Ironie,» ele
Stille herrschte in der Wildniß. Doch plötzlich vernabm Oese?« p»r I tZelaireur 6» Zur». Der Lclairenr sizt
aber i» guter Pründe hier zn Gens. Mit den, Motto: Vi-
sie jezt ein Geräusch i« ihrer Nähe ; cS schien «was durch ckele »« q»>» liceipi»t oor pi>ilo»opt>i»m et i»»»'»» tili»
das Gesträuch zu rasseln, welches die westliche Seite der ri,» spricht der Versager schon sei» Streben au«. Er spricht
420
zuerst gegen die Einrichtung der katholischen Laneasterschcn weifen wolle, daß er Musik, Zeichnen für schädlich halte«. s.w.
Schulen und gegen die ganze Methode im Allgemeinen. am Ende schloß man damit: O'«5t uv OiteogolK. Sie wis
„Der Erfinder ober Patron dieser allen Neuerern überaus sen, daß man sich im Französischen dieses Worts bedient, wenn
theucrn Methode ist Lancaster, Engländer und Protestant von man einen recht rohen , ungebildeten Menschen bezeichnen will.
der Quäker - Sekte. Die« allein schon hätte die Lehrarr auf Wie wenig wissen doch diese unterrichteten Frauenzimmer, wer
jene« Eiland beschränken und den Kindern des Glaubens »er? diese Ostgothen eigentlich waren , waS sie trieben und was sie
dächlig machen sollen. Denn das Land, wo sie herkommt, aufzuweisen haben!
verbreitet gewöhnlich keinen Saamcn de« Guten und des Se Es gibt aber auch in deutsche,» Leben und Wissen sehr
gens auf den Continent. Unglücklicherweise verführt die Neu wohlbewanderte Leute hier. Ein neuer Beleg dazu ist bcö Pres
heit die Menschen, wenn sie auch fönst gute Absichten haben. fessors Choifi? geistreiche Schrift: 605 Docirine« eicl>,5ive»
Es kam aber noch der Eifer des Partheygeistes mit Sekten: en pKilvKopKie rationelle, worin er mit Gründlichkeit, Ge
geist und Unglauben dazu , um die Sache schnell in Aufnahme rechtigkeit und Geist die Naturphilosophie nach allen ihren
zu bringen und Taufende hinter das Licht zu führen. Die Richtuugcn und Zweigen untersucht und bespricht. Der Mann
Erfalirung hat die Täuschung bald dargethan, und mair bat hat eine Literaturkcnntniß dieses Fachs . die mich in Erstaunen
den Bauin an seinen Früchten erkannt. Er steht jezt gauz gestzt hat , denn auch kein einzelner Aufsatz von Oken , Fries,
entwurzelt da und ist im Begriff umzusinken." Um nu» die Kiefer, Runge, Schubert, Steffens :c. in deutschen Zeitschrif
Verwerflichkeit der Lancastcrschulcn slardarzuthun, führt der ten ist ihm entgangen. Diefe im frauzdsifchen Literaturland
Eclaireur einen Brief des Bischofs von Genf, Lausanne und so merkwürdige Schrift verdient in Deutschland genau bekannt
Freiburg an den Staatörath von Freiburg an, worin er mit zu werden. M.
folgenden Gründen gegen die Methode auftritt : „Die Bischöfe
verwerfen einstimmig diese LcKrart und die Geistlichkeit wi Wien, Januar bis April.
dersetzt sich ihr. Die Methode hat zur unstreitigen Folge die DaS Ereigniß. von dein ich Ihnen in meinem Berichte nach«
Schwächung de« Ansehens der Pfarrer bey der Jugend. Die träqlich zuerst spreche, war daS freudigst« und merkwürdigste
Mittel der Lcbrart tragen den Charakter unfcrer Religion dieses Jahrs , die Beleuchtung der innern Stadt , welche zur
nickt an sich, und dies beunruhigt »nS am Meisten. Das Feuer des sechszigstcn Geburtstage« Sr. Majestät des Kaisers
Dogma wird in Kiefen Schulen ganz versäumt ; der Katechis am IZten Februar stattgefunden hat. Sic muß nicht nur in
mus, der beste moralische Unterricht ohne Lehre des Dog- Rücksicht der schönen Gesinnungen der Untcrtbanenlicbe , »0»
ma's, wenn auch durch Lesen und Schreiben moralischer Bü welchen sie ausging und die sie mit Feucrzungcn »erkündete,
cher und durch daS gute Beyfpiel der Lehrer unterstützt , wird sondern auch in Rücksicht der ungewöhnlichen Pracht , mit der
noch keinen Christen machen. Nur das Dogma bildet den sie veranstaltet war , vorzüglich genannt werden. Besonders
Christen , der Glaube macht lediglich selig. Der Gerechte lebt ausgezeichnet erschienen das Ratbhaus, welches seiner ganzen be
vom Glauben „und der Glaube ist hingegen das Leben der deutenden Ausdehnung »ach mit Lampen gleichsam übersät war,
guten Sitten." Hierauf werden die andern, oft von de» Wi und dessen Beleuchtung einige tausend Gulden Konvcntionsmünze
dersachern der Lcbrart gegen sie ausgesprochenen Gründe ange- kostete, das bürgerliche Zeughaus, die Nuntiatur . die Palais
führt, und am Ende schließt der Bischof mit bev Bitte, die der Gesandten und das mit Waffenschmncke aller Art verzierte
Lancaflersche Methode ganz aufzuheben und die alte Methode, Zcugaint. Außerdem wimmelte es von Dekorationen und In«
den gleichzeitigen Unterricht, wieder einzuführen. Alles die« schriftc» aller Art. Auf einem kleinen Fenster in einem Sei-
ist aber nur die Einleitung zu weit heftigeren Beschwerden über tcngägchcn stand: „noch fechszig Jahre." In diese» drcy
den Einfluß des Protestantismus auf die religiösen und bür Worten sprach sich wohl der Wunsch aller Bürger herzlicher
gerlichen Verhältnisse der catkolischen Bürger des Kantons. und dem Charakter der Oesterreich« gemäßer aus , als in den
In einer treuen Darstellung des Lebens in Genf mußte sinnreichsten In : und Aufschriften , welche rings ninker Ver
dieser Schrift gedacht werden, da sie Licht über Manches gibt, stand und Auge in Anspruch nahmen. Die Witterung begün
was dem Beobachter hier nicht entgehen kann. stigte die Feyer der Nacht ungemein bis nach eilf Uhr, zu
Erfreulicher ist der Streit, ob iin Museum Rath eine welcher Zeit ein heftiges Schneegestöber störend eintrat.
unentqeldliche Zeichcnschule für arme Mädchen gegründet wer WaS die Theater betrifft , so fährt das in der k. k. Hof
ben soll, ober ob solches nicht rathsam sey? Sie bestände burg fort »iit der lebendigsten Tätigkeit zu wirken, wobey eS
schon , wenn nicht viel dabeu zu bedenken wäre , denn wo zau jedoch nie den Werth dcS Kunstwerks aus den Augen läßt. Zur
derte man bei »nS. sobald eö sich darum handelt, etwas GutcS beliebten Darstellung von TKierkombdicn bat es sich nie herab
und Nützliches in Lehre und Unterricht zu stiften? Das erste gewürdigt , nie der bloßen Augcnlufl und dem Sinncnrciye
Bedenken gab die Zeichnungs- und Bildhaucrschnle in diesem gestöhnt, aber auch von der Aufnahme der faden Duodez-
Gebäude, wo eine Menge junge Leute aus- und eingehen. stückchcn nach dein Französischen und der verweichlichenden
Kann das nicht zu Schlimmem führen? Sie sehen, die Sitten Nührspielc Kalt eS sich immer ferner und ferner. Zu den vor
strenge herrscht hier beu Allem vor. Dabey cntsvann sich im züglichsten Erscheinungen dieses Jahrs gehören : „List und Liebe,"
Komite der schönen Künste ein anderer Streit über die Frage: „der treue Diener seines Herrn ," der erste Thcil von „Hein
ist es nützlich, daß junge Mädchen au« den ärmcrn Klasse» Zeich: rich der Vierte," „der Man» von 5» Jahren" und die Reprise
neu lernen? führt dies, nicht zur Zerstreuung und zur Ver: von „FicSko." Das neue Lustspiel der Mab. Wcissenthurn :
nacvlässignng nützlicher Hausarbcite» und Kcnninisse? entwik: „die Reise nach Paris" kann nicht in diese Reibe komme». Der
kclt es in ihnen nicht den Sin» für Beschäftiquugc» , die Grimdgebanke . den eS durchführt, baß ein junger Mann aus
de«, sür ihre Lcbcnsspbäre nicht passen? Unglücklicherweise Ebeschcu die Geliebte verlaßt, von feinem Herzen zurückge,
sagte ein alter Mann mit grauen Haaren: „Allerdings wäre trieben sie als die Braut eines ander» findet , und sich wie
dal nicht dienlich, am wenigste» für solche Mädchen selbst; über der um sie bewirbt . ist zwar brauchbar , aber die AuSfübrunq
haupt lernen unsere Mädchen viel zu viel . vor fünfzig Jahrcn matt und langweilig . besonder« machen sich darin die Wei»
war dieft anders." Gleich fiele» alle über ihn her , und am bcr zu breit. Der Erfolg bestätigte unser Urtbeil.
folaenden Tage war eS in der ganzen Stadt herum, daß der alte (Die Fortsetzung folgt.)
Zk. die weibliche Erziehung in Küche. Keller und Stall ver: Be «lagen: Kunstblatt Nr. zs. u. Monarsregister April.
Verlag der I. G. Co tta'scken Buchhandlung.
M o r g e n b l a t i

f ü r

gebildete Stände.

Zwei und zwanzigster Jahrgang.

1 8 2 8.

M a y.

Wenn Geist mir Muth ihr einet, und wenn in euch


Des Schweren Reiz nie schlummernde Funken nährt,
Dann werden selbst der Apollonia
Giftigste Priester euch nicht verkennen.
K I o p si v ck.

Stuttgart und Tübingen,


im Verlag der I. G. C o t t a ' s ch c „ Buchhandlung.

18 2».
<^as .,Morg!enblatt für gebildete Stände« enthält folgende Artikel:
I Schöne Literatnr. Uebersicht des Zustandes derselben in Deutschland, Frankreich, Großbritannien, ic. —
Kleine Aufsätze über schöne Wissenschaften überhaupt. — Kurze bcurchcilende Anzeigen der neuesten belletristischen
Schritten: der Romane, Schauspiele, Almanache, Gedichte. — Gedrängte Auszüge aus seltenen interessanten Werken,
— Revision einzelner Recensivnen aus den besten kritischen Blättern. — Nachricht vom Zustande der ausländischen
chönen Literatur, besonders der Französischen, Englischen, Italienischen, Holländischen, ic. — Uebersetzungen als Proben.
II. Kunst. Kurze Abhandlungen über Gegenstände der Kunst. — Benrtheilung neuer Schriften: Malere«, Bild
hauerei), Baukunst, Gartenkunst :c., Auszüge. — Kunstnachrichten: Theater. Periodische Uebersicht des Zustandes der
vorzüglichsten Schaubühnen in Deutschland, Frankreich u. s. w. Scencn aus ungedrucktcn Schauspielen. Musik.
Nachricht von neuen musikalischen Produkten. — Kurze Krittken neuer Werke.
III. Beiträge zur Sitten- und Kultur- Geschichte einzelner Städte und Völker. Geselliges
Leven; Vergnügungen; Mode; Lurus; Sittengemälde der Universitäten, Messen, Bäder, Carnevals; zuweilen interes
sante topographische Schilderungen.
IV. Biographische Skizzen. Einzelne Züge aus dem Leben interessanter Menschen. — Beiträge zur Bildungs-
Geschichte vorzüglicher Schriftsteller, Künstler. — Ungedruckte Briefe nach der Original-Handschrift. — Anzeigen von
den gegenwärtigen Beschäftigungen der Gelehrten, ihren Reisen ic.
V. Kleine Reisebeschreibungen. Auszüge aus interessanten größern Werken dieser Art; kleinere Original-
Aufsätze.
VI. Gedichte. Oden, Lieder, Idyllen, kleine Balladen, Romanzen, Fabeln, Epigramme. — Proben aus grös-
ern ausländischen und deutschen Gedichten.
VII. Miszellen. Anekdoten. Satprische Aufsätze. Kleine leichte Erzählungen in Prosa und Versen; Räthsel,
Charadeu und dergleichen. , ,
VIII. Besondere Beilagen enthalten die Uebersicht der Literatnr.
Alle Tage, mit Ausnahme des Sonntags, erscheint ein Blatt. In besonder,! Intelligenz-Blättern werden gelehrte
so w^ andre Anzeige» bekannt gemacht.
Jeder Monat erhält ein Titelblatt, mit allgemeiner Inhalts -Anzeige.

In wie weit obiger Plan eine Ausdehnung erhalten hat, zeigt folgende Anzeige:
Seit einer Reihe von Jahren sind im „Morgenblatt« Aufsätze und Nachrichten über Gegenstände der bildenden
Künste geliefert worden, Zur besseren Uebersicht für Kunstfreunde wurde später eine eigene Beylage unter dem Na
men des „Kunstblatts« für diesen Zweck bestimmt, die jedoch in ungleichen Fristen erschien, je nachdem Stoff
und Auswahl zu Gebote stand.
Die Liebe zur Kunst hat sich in den letzten Decennim, trotz Kriegen und politischen Umwälzungen, mehr und
mehr ausgebreitet und gesteigert; jetzt, uach eingetretenem Frieden, zeigen sich davon bedeutende Wirkungen, und las
sen den erfreulichsten Fortgang hoffen.
Daher wird eine Zeitschrift, welche Nachrichten und Beurtheilungen von allen merkwürdigen Erscheinungen im Ge
biete der bildenden Kunst gäbe, zum fühlbaren Bcdürfniß, und die unterzeichnete Vcrlagshandlung wird auf Beyfall
rechnen dürfen, wenn sie unternimmt, das „Kunstblatt" in solcher Ausdehnung und Regelmäßigkeit erscheinen zu
lassen, daß es, diesem Bedürfnis! entsprechend, 'denLesern des ..Morgenblatts" eine bedeutende und interessante Zu
gabe scv , für Künstler und Kunstfreunde aber auch abgesondert eine selbstständige Zeitschrift bilde.
Man wird zn dem Ende sich bestreben, zunächst in zwey, wöchentlich erscheinenden Blättern so viel möglich voll
ständige Nachrichten über das Merkwürdigste zu ertheilen, was in Deutschland und den übrigen Ländern in allen Thei-
len der Kunst, in der Malere» und den ihr verwandten Zweigen, dann in der Bildnerev und Architektur sich ereignet,
Beurtheilungen von Knnstwerken nnd Abhandlungen über allgemeine Kiiiistgegenstäude zu liefern, und Bevträgc zur
Geschichte der öltern und neucrn Kunst zu sammeln. Hiermit sollen Auszüge aus ältern und neuern die Kunst betref
fenden Werken, so wie eine Uebersicht der nenesten artistischen Literatur und Beurtheilungen der bedeutendsten
Schriften dieses Fachs verbunden werden. Auch wird man darauf bedacht sevn, das Blatt mit Umrissen in Kupferstich
oder Steindruck befriedigend auszustatten.
Die Redaktion hat Hr. vi-. Schorn, Verfasser der Schrift über die Studien der griechischen Künstler, übernommen.
Wir stellen nun an alle Freunde und Kenner der Kunst die Bitte, unser Unternehmen durch Bevträge an Origi
nal- Aufsätzen und Nachrichten kräftigst zn nnterstützen. Besonders ersuchen wir auch Künstler, uns von ihren eige
nen, oder den in ihrer Nähe entstehenden Kunstwerken Notizen einzusenden, damit die Uebersicht möglichst vollständig
werde. In allen Beziehungen wird man stets den Grundsatz strenger Unparthevlichkeit befolgen, und wir glauben
deßhalb die bereits in den bedeutendsten kritischen Zeitschriften angenowmene Regel, alle Beurtheilungen mit
Namensunterschrift oder anerkannter Chiffre zu versehen, auch für unfer Blatt feststellen
zu müssen. Dieß wird die Redaktion vor jedem Verdacht ungegründeten oder ungemessenen Lobes oder Tadels
schüren, und dazu bentragen, unsrer Zeitschrift den edlen und anständigen Ton zu erhalten, welcher überall vor dem
Publikum, und besonders, wo von den höchsten Fähigkeiten und Gütern des menschlichen Geistes die Rede ist, beobachtet
werden sollte.
So wie nach obiger Anzeige der bisher für das „Kunst-Blatt« bestimmte Raum nicht zureicht, wenn für dieses fo
interessante ?acb dasjenige geleistet werden soll, waS das gebildete Publikum davon erwarten kann, eben so ist es
der Fall mir dem „Literatur - Blatt." — Der bisher ihm gewidmete Rani« ist zn beengt. — Wir sehen uns daher
genölhigt, auch diesem TheildeS „Morgenblatts" eine größere Ausdehnung zu geben, um unsere Leser mit den neue
sten Erscheinungen der Literatur , die, ohne zu den strengivissenschafrlichen zu gehören, von allgemeinem Interesse sind,
bekannt machen zu können.
Diese gedoppelte Ausdehnung , zu der mir genöthigt sind, wenn wir wirklich den für Gründung des .. Morgen
blatts - beabsichtigten Zweck vollkommen erreichen wollen, erheischt natürlich auch größere, bedeutende Auslagen, und
wenn wir gleich durch das Opfer, das wir bisher durch die, diesem Jirriq bestimmten Beylagen brachten, hinlänglich
zeigten, daß wir zu jedem neuen möglichst bereit sind, so können wir dieses bey der Vermehrung von 1 — 5 wöchent
lichen Bevlsgen damit nur beweisen, daß wir blos auf die Hälfte dessen, was wir nach dem bisherigen Preis des „Mor-
genblatts" dafür fordern könnten, Anspruch machen, und für diese Ausdehnung mit dem kleinen Aufschlag von
2 fl. oder i Rthlr. 8 Gr. für's Halbjahr uns begnügen.
Sollten Künstler und Kunstfreunde das,, Kunst-Platt" einzeln halten wollen, so wird diesen der halbe Jahr
gang für z fl. erlassen. Das Gleiche gilt für einzelne Bestellungen des „Literatur-Blatts." ,
Für diejenigen Liebhaber aber, welche bevde, das „Kunst-" mtv „Literatur- Blatt", miteinander zu haben wün
schen, kostet der halbe Jahrgang nur 5 fl.
5
Der halbe Jahrgang des „Morgenblatts", mit Einschluß deS „Literatur-" und „Kunst-Blatts", würde
also kosten l« st.
Der halbe Jahrgang des „Literatur-" und . Kunst-Blatts" ohne das „Morgenblatt" ... 5 fl.
Der halbe Jahrgang von jedem dieser Blätter einzeln, nämlich das „ L i t e r a t u r - B l a t t " z fl.
daS „Kunst-Blatt" z fl.
Für diesen Preis kann, nach Uebercinkunft mit dem Libl. Haupt-Postamt in Stuttgart, das „Morgenblatt"
in Würleniberg, Baxern, Franken, am Rhein, Sachsen uno in der Schweiz durch alle Postämter bezogen »erden.
I. G. Cotta'sche Buchhandlung.

l t.

(Die Zahl zeigt die Nummer des Blattes an.)


Gedichte. Beiträge zur Länder- und Völkerkunde de« russischen Reich«.
Sin Traum, von Mocrike. 106. HZ. 114. 1IZ. 116.
Ueberseyunq von Goctl'es „Nähe des Geliebten'-. 107. Oberst Fabvicr und die Griechen. 119. 120. 122« 125.
Frühlingsanfang, von Schöll. Iii,. Frankreich zu Anfang de« siebzehnten Jahrhunderts, «. Schwab.
DaS gute Herz , von Zimmermann. HZ. 124. 12Z. 126.
Das Jammerdolz, von HelmS. 115, Türkische Staatsverwaltung. IZg. 1ZI.
NikanderS Runen. 118. Aufsätze gemischten Inhalt«.
An einen Menschenfreund, von Zimmermann. 12g.
Dichten, von Manfred. 121. Der Si'imborassv. 105.
Um Mitternacht, von Moerike. 122. Au« Jean PaulS Nachlaß. 10«. 109.
Winternacht, von Schill. 125. Ein Paar Worte über den Streit der Kunst mit der Sitt
Auf dein Güssenberge, von Wagenau. 12S. lichkeit. 109.
FrühlingSlicder , von Felder. 129. Wicland an Arcnenholz. 112. 125.
Die Gegenkaiscr oder Tyll Eulenspiegcls KriegSthaten, Bruch Die Gcdächtnißftyer Schiller« zu Stuttgart. 128.
stück von M. Rapp. 127. 129. IZV. 151- Schiller an Archenholz. 128.
Räthsel: Nuß. 1«7. - Orden. 1IZ. - Becher. 119. - Korrespondenz.
Federn. 125.
Logogryph: Eule, Euler. IZl. Genf. Ig5. - Wien. I«5. 106. 1„7. 108. 109. II«. —
Erzählungen und Romane. Pari«. 1»6. 107. 108. 109. 110. 114. 115. 126. 12/.
129. IZl. - Darmfladt. III. - Neufchatcl. III. 112.
Burg Slmenstein, von Ak. Schreiber. 105. 106. 1»7. 108. 114. - Hannover. 112. 11Z. — London. 11Z. HZ.
Die Krdnungsgemälde. Ig«. 1N9. 110. III. 112. 11Z. 115. - Berlin. 116. 117. 11». 119. 120. 121. 126.
WalderichS Söhne, von Spindler. 114. 115. 116. 117. 118. 129. 1Z0. 1ZI. - Dresden. ,117. 118. - Leipzig. 121.
119. 120. 121. 122. 12Z. 124. 122. 12Z. 124. 125. - Rom. 122. I2Z. 124.
Naturwissenschaftliches.
Ueber das Abfallen der Blätter. 11g.
Ueber das nächtliche WärmestraKleu der Körper. 117. 118. K u n st , B l a t r.
12g. 121. 122. I2Z. 12S. 129. Nro. ZZ.
Der Komet von I8Z2. 127. Albrecht Dürers Säcularfcucr in Nürnberg. (Beschluß.) —
Lä „der, und Volkerkunde. Neue Kunstwerke.
Die Sports der Engländer. 105. 106. 107. 108. Nro. zg.
Gemälde de« römischen Volkscharakters. (Mit einer Abbib Der Saal der Muse und der Niobidensaal in der Gluptothe«
dung.) III. 112. iu München. (Forts.) — Neue Kunstwerke.
Nro. Z7. — Hugos von Trimbcrg auserlescne Fabel», Erzählungen
Albrcchl Dürers Säcularfcyer i» Nürnberg. (Dritter Bericht.) und Schwänke.
— Gedanken über die Lanbschaftmalercy. (Forts.) Nro. Z7.
Nro. 38. Llietebes «f K>5torv , polilics »vck minner» in Dublin »nS
Nur gelegentlich einer neulich erhobenen Streitfrage über die tbe nortk «s Irel»nck, b^ ^. Osoible, I^anöv». — Dell»
jüngste Restauration und den gegenwärtigen Zustand der »torie cki LKieri libri <zu«ltr« «po Oocumenti, ooer»
Raphaclschcn Madonna zu Dresden. — Gedanken über die üei »vdil'uom« l,, OiKruris.
Laudschafkmalerey. (Beschluß), — Neue Kunstwerke, Nro. Z8.
Nro. Z9. Physik. - Ein Jesuit für jeden Tag ; «. d. Franz.
Biographie. Conrad Geßner. — Die neue» Glasmales Nro. Z9.
vcyen im Dome von RcgcnSbnrg. Völkerkunde, 1) Rom, wie es ist, a, d. Franz. des St.
Nro. 4». Domingo. 2) Neapel, wie es ist, von St. Domingo,
Biographic. (Beschluß). — Auffindung einiger Kupferpl.'Ztcn Z) Handbuch für Reisende in Italien , von Ncigebancr.
aner Meister. — Alterthumskunde. Plenum. Lgi«,«ni Nro. 4«.
Seil» r«ec«It« ckel 5. O» ?»i»aärior,ulo etc. — Erklä Statistik und Staatcnkuiide , ein Beytrag zur Staatcnknnde
rung, von Europa, von Frcphrii. v. MalchuS. — Du Lasten,«
Nro. 41. jieu»l et >ju 8^«>e»>« rvsressjs en zener»! et <ie I« sein«
Alte Denkmale in Venebig und seiner Umgegend, von Rink. 6e mort ei» pirlieuiier ^>»r OK. ^.uce».
— Kunstnachrichten auS CarlSruhe. — Neue Kupfn'stiche. Nro. 41.
Nro. 42. Ueber den Einfluß der Literatur auf Nationalität. — Lebens
Alte Denkmale in Venedig u. s. w. (Forts.) — Miniaturma beschreibung b. k. k. Kapellmeisters W, A. Mozart, her-
ler«). — Nekrolog von L. F. Eassas, ausgeg. von GroKev.
Nro. 42. Nro. 42.
Alte Denkmale in Venebig u. s. w, (Forts.) Ueber den Einfluß der' Literatur auf Nationalität. (Beschluß).
— Er ba uun g s schri fte n. 1) Taschenvibliothek für
Freunde christlicher Erbauung. 6 Bändchcn, 2) Bibliothek
Literatur-Blatt. beutscher Kanzelberebsamkcit. i. Band.
Nro. 4Z,
Nro. ZS. Gedichte von Aug. Grafen v. Plate». — lettre ,ur I, S«.
Die Leipziger- Büchennessc von Ostern 1828. — Franzosische couverte öes Uierozl/^K« «crologi^uei , ^»x AZ.
Literatur. — Die Weihnachtsfcyer , von F. Schlcyermachev. KI»j>rotK.

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Berggren, I., Reisen in Suropa und im Morgenlande. Seurrv, James, eines englischen Matrosen, Gefangen
A. d. Schnöd, übersetzt von ».Hr.H.Ungcwitter. itcr schaft, Leiden und Flucht unter Hvder Ali und Tippo
TKeil mit t Kurf. u. i Karte. 8. ? Thlr. od. z fl. z» kr. Said, geschrieben von ihm selbst. A. d. Engl. 8. geh.
Gefchickte des Königreichs Neapel vom Jahre i8l>v bis 2« Gr. od. 1 fl. z« fr.
zum Jahre i»2«. Nach den Memoiren des Prinzen S^IIoge inscriptionum ßroevsrvm et I»lin»rvm o^iss in
Pignatelli Strangoli u. andern Originalquellen zusam ilineribus <^uisjier Itslism, Lsllism ei ftr!l«ni«m s««l!»
mengestellt v. H. v. R. 8. geh. i Thlr. 8 Gr. od. «oripsil s>l>r>imque nun« primum eäickil Osann.
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chronischen Krankheiten. (ölennorrkoe, renslis. Ilse- ren OeleKrten Kersusgeßeben von I?rie6r. ?!e6emsnn
inorrboe» renoliz. I'IilKisis renalis. ?Kl)ii»i« pulmo- tZ. ki ?revir«nu» 11. Ii,. L, 1>evir«nu». 5rö»n6, 1»
nslis ) A. u. d.T. : Zur Hcilkunst Nr. i. «.r. 12. 2« Gr. Ueft, lVIi, 10 Kur>lert«seln. gr. ^. gek. «Hilr. ,« Or.
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Rust, L. Sackreuter und 0r. E. Jimmcrmann. in LnostisoKe Lrssbrunsen un6 rl^potkesen. A^it 6
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linpap. 1 Thlr. vd. 1 fl. 4Z kr. für das Alphabet (2Z des Selbstmordes. Eine Predigt am Sonntage Esto-
Bogen). Dieser Subskriptionspreis besteht »och fort mihi 1828 gehalten, gr. 8. geh. Z Gr. od. 12 kr.
bis zur Erscheinung des ganzen Werkes. Aur Geschichte unserer geit. Eine Sammlung von Denk
Montagsblatt für Freunde gebildeter Unterbaltmig. ir würdigkeiten über Ereignisse der drei letzten Decennien.
Jahrg. 182S. März bis Ende Juni. gr. 4. is Gr. ' >tr — sr Thlr. in z Bänden. 8. geheftet. 1827 u. 28>
od. 1 A. geh. jeder Band 12 Gr. oder 54 kr.
106.

M o r g e n b l a t t

f ü r

gebildete Stände.

Freytag, 2. Mai 1323.

An diesem Zonberfädchen.
DaS sich nicht zerreißen läßt.
Hält d>>« liebe, lose Mädchen
Mich so wider Willen fest;
Muß in ihrem Zaubcrkrcise
Leben nun auf ipre Weise.
Goethe.

Ein Traum. Plötzlich scheint ein Rad gebunden.


Unser Wagen steht gebannt.
Jüngst im Traum ward ich getragen Und daS holde Mädchen unten
Heber fremdes Heideland; Hält mich schelmisch bcy der .Hand.
Vor den halbverschlvss'nen Wagen
Schien ein Trauerzug gespannt. „Denkt man so damit zu schalten?
So ertapp' ich den Betrug?
Dann durch mondbeglänzte Wälder Doch, den Wage» festzuhalten.
Ging die sonderbare Fahrt, War die Kette stark genug.
Bis der Anblick offner Felder
Endlich mir bekannter ward. Willst du, daß ich dir verzeihe.
Sc» erst selber wieder gut!
Wie im lustigen Gewimmel Oder wo ist deine Treue,
Tanzt nun Busch und Baum vorbev. Falsches Herze, falsches Blut?"
Und ein Dorf nun ! Guter Himmel,
O ich ahne, w«S es fep. Und sie streichelt mir die Wange,
Sah ich doch vor Zeiten gerne Küßt mir das erfrorne Kinn,
Diese Häuser oft und viel. Stebt und lächelt, weinet lange,
Die am Wagen die Laterne AIS die schönste Büßerin.
Streift im stummen Schattenspiel; Doch mir bleibt der Mund verschlossen.
Ja . dort unterm Giebeldach? Und kaum weiß ich, was gcscheh'n.
Schlummerst du, vergeßlich Herz! Ganz in ihren Arm gegossen.
Und daß dein Getreuer wache. Schien ich selig zu vergchn.
Sagt dir kein geheimer Schmerz.
Und nun fliegt mit uns, ihr Pferd«,
Ferne waren schon die Hütten; In die graue Welt hinein.
Sieh', da flattert's durch den Wind! Unter uns vergeh' die Erde,
Eine Gabe zu erbitten Und kein Morgen soll mehr feyn!
Schien ein armes, holdes Kind. Eduard Moertkt.
Wie vom bösen Geist getrieben.
Werf' ich rasch der Bettlerin
Sin Geschenk von meiner Lieben,
Jenes goldne Kettlein hin.
422
Burg Elmenste in. dem sie über ihre Lage zu Rathe gingen, fiel dem Knecht
ein, daß eine Viertelstunde weit von dem Felsen ein ehr
Bon Aloys Schreiber. licher Müller wohne, der ihn gern mit einigen Lebensmit
(Fortsetzung.) teln versehen werde. Es wurde daher beschlossen, den
Der plötzliche Schreck lähmte die Glieder der Jungfrau, Knecht gegen Mitternacht zu dem Müller zu schicken. Hein
sie konnte den Fuß 'nicht von der Stelle bewegen, und rich wollte ihn bis an den Fuß des dichtbewachsenen Fel
blickte scheu und starr nach der Seite, woher das Geräusch sens begleiten und dort auf seine Rückkehr warten. Als
kam, welches immer näher drang. Die Todesangst gab ihr Bevde in dieser Absicht den Gipfel der Felfenwand bestie
die Kräfte wieder, sie wollte fliehen; aber in demselben gen hatten , sahen sie den Himmel gegen Osten furchtbar
Augenblick hörte sie ihren Namen rufen, und als sie sich geröthet und erblickten bald auch 5nrch die Lücken im Ge
umsah , stand wenige Schritte vor ihr der Hirsch mit dem sträuch das Feuer, welches zwey nicht weit entlegene Dör
gefesselten Jünglinge , dessen Antlitz Leichenblässe bedeckte. fer verzehrte. „Was ist das?" rief Heinrich. Der Knecht
Bertha wurzelte bewegungslos, einem Marmorbilde gleich, schüttelte den Kopf. „Die Bewohner diefer Dörfer," sagte
am Boden; die Hände, die sie nach dem Jüngling aus er, „haben alle die Waffen ergriffen und sind die ärgsten
strecken wollte, sanken schlaff nieder und sie starrte ihn an unter den Aufrührern. Gewiß sind Soldaten des Bischofs
wie eine gespenstische Erscheinung. „Bertha," rief Hein von Speyer oder des Churfürsten in der Nähe." — „Das
rich, „mach mich los, rette mich!" Der Hirsch ging ver wolle Gott," antwortete Heinrich, „aber hörst du die
traulich auf sie zu , und sein Auge schien ebenfalls zu bit Sturmglocke? die würde man nicht läuten, wenn ein Heer-
ten , ihn von feiner Last zu bcfreyen. Jezt erkannte sie Haufe der Fürsten oder der Stände das Feuer angelegt
das Thier an einem weißen kreuzähnlichen Fleck auf der hätte." Während sie über die Sache dachten und redeten,
Brust. Ein Jäger hatte es, kaum einige Wochen alt, auf vernahmen sie plötzlich Stimmen und Fußtritte, die sich
Elmenstein gebracht, wo es von dem Fräulein gefüttert der Felsenwand zu nähern schienen. „Horch! sie stürmen
und gepflegt wurde. Später trieb das Thier allerley Un schon ," sagte eine der Stimmen und ein allgemeines Ge
fug und man jagte es darum in den Wald zurück; doch lächter erfolgte. „Das sind keine Feinde, das ist Lutz, so
kam es häufig wieder auf die Burg und verließ dieselbe wahr ich lebe ," riefen Heinrich und der Knecht zugleich.
nie, bevor es Bertha gesehen und von ihr Brod erhalten Dieser eilte den Fels hinab, obgleich Heinrich noch einige
hatte. „Bertha, zerschneide meine Bande," flehte Heinrich Bedenklichkeiten äußerte, und traf unten auch wirklich
noch einmal. „Nimm den Dolch da in meinem Gürtel, Lutz nebst einigen Knechten von Elmenstein, die eben ihre
zum Glück hqben mir ihn die Schurken gelassen." Bertha Gewehre wieder luden. „Willkommen, Georg," sagte
durchschnitt nun die Stricke an den Händen und Füßen Lutz, als er den Knecht erkannte. „Wir haben gute
des Jünglings, aber langsam und mit zitternder Hand, Arbeit gemacht." Er erzählte nun lustigen Muthes,
denn sie fürchtete ihn zu verletzen. wie sie sich aus der Bnrg geschlichen und die Wohnungen
Der Hirsch war kaum seiner Bürde ledig, als er sich der Bauern, in welchen blos Weiber, Kinder und Greise
zu den Füßen der Jungfrau niederlegte. Heinrich erzählte zurückgeblieben, angesteckt hätten. „Unterwegs" fuhr er
mit wenigen Worten, was ihm widerfahren, und Bertha fort, „unterwegs trafen wir einige von diesen Schnaxphäh-
theilre ihm ihre Furcht und ihre Besorgnisse wegen ihres nen an, die mit Wein, Schinken und Brod beladen wa
Vaters mit. Nach kurzem Gespräch stiegen sie Hand in ren. Wir legten sie ins Gras und nahmen Besitz von ih
Hand in die Felsenkammern hinab, um mit dem Kaplan rem Nachlasse. Nun wollen wir auf die Burg zurück, die
zu überlegen, was in dem Augenblicke zu thun seyn möchte. Gegend wird rein feyn, denn gewiß ist der ganze Troß
Der Hirsch folgte ihnen und wollte nicht mehr von ihrer zum Löfchen abgegangen. Auf Georgs Bitte gab ihm Lutz
Seite weichen. Die Felsenhöhle gewährte den Flüchtlin fv viel von den Lebensmitteln, als ein Mann tragen konnte
gen zwar Sicherheit, aber es ängstigte sie doch das urlgewis und schlug dann mit feinen Gefährten den Weg nach El
se Schicksal von Elmenstein, und wie glücklich auch Hein menstein eiu.
rich in der Nähe der Geliebten sich fühlen mochte, so quä Durch das Niederbrennen der Dörfer war die Burg
lend war es ihm zugleich, hier müßig zu liegen und nichts Elmenstein von den Feinden befrevt geworden, aber nur
für die Rettung Eberhards thun zu können. Auch man auf kurze Aeit. Die Bauern , nachdem sie den kleinen Ue-
gelten die Lebensmittel, und schon am zweyten Tage nach berrest ihrer Habe sammt ihren Weibern und Kindern da
Heinrichs Ankunft sahen sie sich auf den geringen Vorrath und dort in Sicherheit gebracht, kehrten, stärker an Zahl
von Brod beschränkt, den der Knecht bey der schnellen und durstender nach blutiger Rache , zur Belagerung zu
Flucht aus dem Schlosse mit sich genommen. Den from rück. Den Belagerten gebrach es bald an Lebensmitteln,
men treuen Hirsch zu schlachten, der noch immer ihre Frev besonders an Trinkwasser, denn die Bauern gruben die
stätte theilte, dazu konnten sie sich nicht entschließen. In Quellen ab, welche die Schloßbrunnen mit Wasser versahen.
4»Z
An einen Entsatz war nicht zu denken, und da die Noth verkaufen , er darf es blos verschenken. Nach diesen Ge
mit jedem Tage stieg , faßte Ritter Eberhard den Ent setzen wären die englischen Grundeigenthümer und ihre
schluß der Verzweiflung. Er wollte sich mit seinem ge Freunde die einzigen, welche Rebhühner und Schnepfen zu
treuen Häuflein durchschlagen und Hagenau zu gewinnen speisen bekämen. Sine solche Gesetzgebung ist unausführ
suchen, vorher aber seine Burg selbst in Brand stecken. bar, und die Märkte von London sind mit Wildprct über
Der treue Lutz wurde mir zwe» Knechten in die Felsenkam: füllt, daS nur von den Wilddieben herrühren kann , denen
mcrn geschickt, um Bertha und ihre Gefährten von ihrem ja gerade das Gesetz , das den rechtmäßigen Eigenthünicrn
Vorhaben zu unterrichten, damit sie sich an den Zug, den Verkauf des WildS untersagt, daö Monopol dessel
welcher in der Nähe der Felsenwand vorbey ging, anschlies- ben ertheilt.
sen sollten. Eine dunkle, regnerische Nacht wurde zur Die große Nachfrage, der nur sie Genüge leisten kön
Ausführung gewählt. Im Zwinger hatte der Ritter so nen , der große Ucberfluß an Wild in Folge der aus»eb-
viel Stroh, Heu und Holz aufhäufen lassen, als davon auf mrnden Sorgsalt, mit der es gehegt wird, die Leichtigkeit,
zufinden war; dieß steckte er selbst an und begann den Ab die Früchte ihres Raubes, ohne Furcht vor Entdeckung,
zug langsam und in tiefer Stille. Hinter sich schloß er die mittelst der Landkutschen, die das Königreich so schnell
Thore und warf dann die Schlüssel in das Gebüsch. durchkreuzen, zu versenden, dieß alles macht, daß die
(Die Fortsetzung folgt.) Wilddiebe so zahlreich als verwegen sind. Die Härte der
Strafen, gewöhnlich zwar bloße Geldbußen, aber für die
Hauern, die deßhalb lange festgesezt. werden , unerschwing
lich, zieht noch andere Mißbräuche nach sich, klm sich der
Die Sports der Engländer.
Strafe zu entziehen, bewaffnen sich die Wilddiebe und rot
(Fortseyung.) ten sich zusammen ; sie dringen Nachts bis vor die Schlös
Das Wort Wilddieb (x°»cK«) erinnert an eines ser und räumen im Park mit ihren Windbüchsen oder mit
der großen Gebrechen, an denen England leidet, seine Schwefcldampf am Fuße der Bäume unter den mit so- gros
Jagdgesetze (^»«,«1»«,), die das Ucbcl, daS sie verhin sen Kosten gehegten Fasanen auf. Oft fallen blutige Ge
dern sollen, nur vergrößern. Ihre Reform ist eines der fechte zwischen ihnen und den Forstbedienten vor. Tobte
dringendsten Bedürfnisse der Nation. Sie werden blos und Verwundete gibt eö auf beyden Seiten, und die Ge
noch von einigen Menschen vcrtheidigt, deren Köpfe mit richte sehen sich häufig genöthigt, abschreckende Beyspiele
alberner Hochachtung für die Weisheit ihrer Ahnen ange zu geben, und manche Wilddiebe, die man mit den Waf
füllt sind; aber die Mehrzahl, die sie wegwünscht, weiß fen in der Hand ergriff, werden nach Bokann-Ban geschickt.
nicht recht, was sie an ihre Stelle setzen soll. Diese Frage Wer übrigens Freude an der Jagd hat und fremdes
ist sehr schwer zu lösen und ist so innig mit dem Interesse Wild schießen will , dem machen es die englischen Gesetze
der Grundeigenthümcr verwoben, daß die Heyden Kam leicht genug. Ist er qualifizirt und mit einer Lizenz ver
mern, die fast ganz aus dieser Klasse gebildet sind, diesen sehen, die ein Paar Pfund kostet, so kann er nicht gericht
Gegenstand mit so großer Wichtigkeit als selbst die Getrci- lich verfolgt werden, bevor man ibm nicht bedeutet hat,
degesetze behandeln werden. Viele Personen sehen die Er daß er auf diesem Grund und Boden nicht jagen dürfe.
haltung des Wildes als einen Gegenstand an, der nicht Darum ziehen Viele, mit einer Lizenz versehen , jagend
allein Privatvortheil gewährt, sondern wirklich öffentlichen umher und hüten sich nur, nicht zweymal zu demselben
Nutzen bringt, sofern die Jagd daS machtige Band ist, Eigenthümer zu kommen. ,
das die Edelleute an ihre Güter fesselt und durch ihre An (Die Fortsetzung folgt.)
wesenheit selbst die entlegensten Provinzen belebt.
Die <)«»><!- 1«"» sind ein Ucberrest der Fcudalitöt,
die , was die Personen anlangt, der Gleichheit vor dem Korrespondenz- Nachrichten.
Gesetze Play gemacht hat, die aber in Betreff des Grund
eigenthums fast noch in ihrer ganzen Ausdehnung besteht. Wien, Januar bi« April.
Niemand hat in England das Recht zu jagen, wenn er (Fortsetzung.)
nicht, wie man fagt, qualifizirt ist, d. h. wenn er nicht
hundert Pfund Einnahme aus Grundeigenthum hat, „List und Liebe," nach Shakespeares ,.Ende gut. Alles gut,"
«on Fr. Förster, ist mit Verstand, aber zugleich au« mit
wenn er nicht der Sohn eines Mannes ist, der drephun- mehr Kunst : alS Bühnenkenntniß bearbeitet. Wir gehören
dert Pfund Einnahme hat, wenn er nicht in einem ge nicht zu denjenigen, welche Shakespeare entweder gar nicht oder
wissen Amte steht u. f. w. Das Wildprct ist kein Han wörtlich auf der Bühne sehen und gegen ihre eigene lieber-
delsartikel, und wer es erlegen darf, darf es darum nicht jeugung andere davon überzeugen wollen, daß in je dem Stücke
424
Shakespeares Alle« zugleich vollkommen bühnengerecht sey; Paris, 6. April.
doch glauben wir, daß der Bearbeiter , wenn er das Stück auf
dcr Bühne dargestellt siebt, noch einmal Hand ans Werk legen, Zn Ostern entsteht eine Pause i» der Tbeatcrbewegung,
und Manches zur Z.'cri>esscvung desselben weglassen, manches alles ruht einige Tage lang , die Bühnen find geschlossen,
zustue» wird; desoudcrs flihr Pauoles zu sehr im Vorgrunbe, kein Schauspiel ergdzt am Abende die müßige Menge; die
und daS Unwahrscheinliche mancher Ereignisse , der schnellen Kontrakte mit den Schauspielern werben zerrissen oder ange
Heilung des Königs z. B. oder der vielen Sccnen, in welche» knüpft, und in der' Stille bereitet sich alles vor zu einem neuen
alte Bekannte und Verwandte sich in der Verkleidung nicht Kreisläufe bis zur Stillwoche des folgenden Jahres. Benutzen
wiedererkennen, konnte der Natur gemäßer modifieirt wer will ich diese kurze Pause, um einige der vielen theatralischen
den. Das Stück gefiel allgemein, ohne besonderes Glück zu Erscheinungen zu erwähnen, die im lezten Winter vor den
machen. Dem. Müller trug den Preis des Abends davon. Augen der Pariser vorübergegangen sind; denn vielleicht ist
„Der treue Diener seines Herrn," Tragödie in fünf Ak noch kein Winter mannigfaltiger an Theaterneuigkeitc» gewe
ten, von Grillparzer, läßt bey manchen Fehlern, welche sen als der lezte. Während Minister und Jesuiten ihren Ab
am Tage liegen, die Genialität des Dichters, dem das schied bekamen, und andere Figuren ans Staatsrudcr gelang- -
Werk fein Entstehe» dankt, nicht verkennen. Zu den Fehlern ten , ging es in der Thearcrwclt nicht minder lebhast her, auch
gekoren einige Unwahrscheinlichkeitcn , und ein zu sichtliches hier erschiene« und verschwanden Gestalten , auch hier ver
Hinarbeiten auf den Theatcreffekt. Die Diktion ist vorzü>>lich gaß man über dem Neuen das Alte. Wir fangen mit der
zu nennen, und weniger bilderreich als den Charakteren der han Oper an. Hier ist „Masamello" jezt der Hauptbcld, er trium
delnde» Personen angepaßt. Das Spiel der Schauspieler war phirr auf diefer großen Bühne mit einer Pracht, welche der
ausgezeichnet, die sccnische Ausstattung glänzend. Der Beu- Größe eines solchen Schauspiels völlig angemessen ist. Die ko
fall war nach dem dritten Akte von der lebhaftesten Art, wurde mische Oper „Masanicllo," Musik von Caraffa, auf dem Fey:
aber gegen den Schluß des Stückes schwächer. Graf M a i- deoutheater, hatte das Publikum auf die Geschichte vorbereitet,
l a t h hat ei»e Rccension des Stückes drucken lassen , welche oder es vielmehr mir der neapolitanischen Revolution vertraut
sich durch il'ren Gehalt vortheilkaft auszeichnet. gemacht. Als Scribc's „Xuetl« ck? portici" daher auf der
„Heinrich der Vierte," erster Theil, nach Shakespeare, was großen Opernbühne angekündigt wurde , wußte das Publikum,
für die Bühne von West bearbeitet , und zur Einnahme der keine der Inhalt sey , denn die „Stumme von Pvrtici" sollte
andere scpn, als Masanicllos Schwester , die durch ein
Regisseurs gegeben, gefiel allgemein. Die Bearbeitung Wests plötzliches Unglück stumm geworden ist. Wie man aber durch
zeugt wieder von seinem oft erprobten tiefen Kunstverstande ei» „plötzliches Unglück"
und seiner genaue« Bühnenkenntniß. Das Stück wird, vbschon Zuhörern nicht zu wissen stnmm wird, bieß hat Scribc den
gcthan. Diese Stumme ist vom
es sehr gefiel, ohne Zivcifel noch mehr ansprechen, als es das Sohne des VicekönigS von Neapel
erste Mal der Fall war, wen» das Ineinandergreife» der ein zu rächen, ergreist ihr Bruder verführt worden. Ihre Schmach
Masauicllo und die übrige»
zelnen Rollen genauer und lcbl'astcr sepn wird, waS um so Fischer, die am Meeresflrande eben ihre Neye ausgeworfen
schwieriger ist , Ze größer das Werk erscheint. haben, den Beschlug, sich gegen den Vicekbnig und seinen so
„Der Mann von ZV Jahren," Lustspiel in zwcy Akten, eben vermählte» Sohr. zu empören; von den Fischern wer«
von P. A. Wolf, zum ersten Mal am 17tcn April darge den Waffen in die Körbe versteckt und mit auf den Markt ge«
stellt , gefiel. Das Stück leidet am Mangel einer interessan tragen. Die Empörung bricht aus, eS geht alles bunt durch
te» Verwicklung^ verdient aber in Rücksicht der Ausführung, einander in der zum zwanzigsten Mal empörten , allein „alle
die von gereifter Bühnenkenntniß zeugt, lobende Anerkennung. Zeit getreuen" Stadt Neapel; zu guter Lczt bricht auch noch
Die Darstellung war höchst gelungen , besonders waren Mab. der Verfu» los , und die Stumme von Portici stürzt sich hin«
Löwe und Hr. Koberwein als Gräfin und Baron ausge ein um ihre Schmach zu enden. Der Geschichte ist Scribe nicht
zeichnet. treu geblieben , wie man sieht, denn bekanntlich war Masa-
Die Wiederholung des „Ficsko" erregte nicht jene Teil niellos Empörung nicht die Folge einer persönlichen oder Familien-
nahme, welche erwartet wurde. Löwe und An schüft als bcseidigung, sondern kam aus dein Haße wegen der Bedrückung
Fiesko und Mohr waren vortrefflich ; aber einige Schauspieler, von Seiten der spanischen Regierung her, ein Gefühl, welche«
welchen kleinere Rollen zn TKcil wurden, standen nicht an ih da« gesammte neapolitanische Volk mit Masanicllo tkeilte, und das
re,« Platze. Löwe gewinnt täglich mehr die Gunst des Pnb- daher auch wie ein elektrischer Funke auf die Gcmüther wirkte,
likums, sein Kunstfener, fein reger Eifer, seine Vielseitigkeit, als die neuanfgelegte Frnchtsteuer erhoben werden sollte. I»
sichern ihm den Plag unrer den ersten jezt lebenden Künstlern. der Operette am Fehdeautheatcr ist man der Geschichte treuer
Von Gastspielern sahen wir Mab. Bivch-P fei fer vom geblieben; hier wird der Fruchtmarkt dargestellt, und als die
Münchner Hosthcater und Hrn. Cornelius von der Darm- Zolleinnehmcr mit Härte auf der Erhebung der Steuer bestes
städter Hofbübne. Erstcrc trat in Lcssings ..Emilia Galotri" he», wirft ihnen da« Volk die Früchte an die Köpfe und
alS Orsina, in Krillparzcrs „Mcdca" als Mcdea , und in empört sich. Da« ist acht historisch , und die Verfasser lmbe»
Schillers „Stuart" al« Maria auf. Sie fand volle Theilnal^ hier die Geschichte nur dramatisitt; auf der großen Opernbühne,
mc , und wurde als Medea zwcu Mal gerufen. Am vorzüg die sich sehr vornehm te»ie'mi« rsxole cke musiqu« betitelt,
lichsten erschien sie mir als Maria Stuart. Ihr würdevolles also einigermaßen eine Legitimitätsbühnc ist, und von Prin«
Acußcre kommt ihr besonders in dieser Rolle vortrefflich zu ze» . Gesandten u. s. w. besucht wirb , ging c« aber unmdg,
statten. Mit richtiger Umsicht verniied sie das Weinerliche im lich an. einen VolkSaufstanb als Hauptgegcnstanb darzustellen,
fünften Akte, in welches viele Darstellerinnen der Stnart gern «nd ihn so ,u sagen bur'ch Musik, Tanz und Gesang zu veredeln.
zu fallen pflegen. Ucbcrhaupt war diese Darstellung eine der (Die Fortsetzung folgt.)
glänzendsten der Hoft'ühne. Mad. Schröder als Elisabeth,
die Hrn. Korn und Löwe als Lciccstcr und Mortimcr wa
ren wirklich unübertrefflich.
(Die Fortsetzung folgt.) Beylsge: Lilnaturblatt Nr. zs.

Verlag der I. G. C ort« 'scheu Buchhandlung.


N". 107.

M o r g e U b l a t t

^ - ' für

. ' gebildete Stände. . .

Sonnabend, z. Mai i 8 2 8.

Ja. »»Kl geziemt dein Töpfern so ,u sterben, > '


Daß kr verbrcit', im Griirze »och, Verderben.
Torquato Tasso. >

Burg Elmenfie i n.' ? brannten Dörfern daselbst. Auf diefe Nachricht wurde be
Bon Alovs Schreiber/ schlossen, in dem Dorfe eine Stunde z« rasten, was für
Menschen und Pferde nöthig war , und „»terdeffen eine
., (Fortseyung.) Wache auf dem Kirchthurm aufzustellen. Nachdem d«
Bey dem Ungestüm des Wetters hatten die Bauern Trupp ungefähr eine halbe Stunde lang der Ruhe gepflegt
ihre Posten verlassen , und da Eberhard und seine Knechte und sich mit Speis und Trank erquickt halte, kam der
der Nebenwege kundig waren, so gelang es ihnen, unbe- Knecht, der auf dem Thurm gestanden, alhemloS herab
merkt zu entkommen. Aber kaum hatten sie die Feinde gestürzt mit der Nachricht, daß sich in der Ferne d«p
im Rücken, «IS sie ein gräßliches Geschrev derselben »er: Staubwolken erhüben, zwev in der Richtung auf das Dorf,
nahmen. Die Flüchtlinge hatten eben eine Höhe erreicht, die dritte gegen das Gebirg hin, um, wie eö schien, sie
und als sie sichumsahen, erblickten sie die Mauern und Thür- zu umringen. Ohne Zweifel war Eberhards Abzug be
me von Elmenstein furchtbar von den Flammen beleuchtet, merkt worden, noch che die anfsteigenden Flammen aus
die aus allen Ocffnungcn herausschlugen. Ohne Zweifel dem Schlosse ihn verriethen, und da er Umwege einge
hatte dieser Anblick auch den Lärm im Lager der Bauern schlagen, mußten die Verfolger ihn bald einholen. Hein
veranlaßt. Wenige Schritte von der Höhe erhob sich die rich und Lutz riethen, sich schnell gegen das Gebirg zu wen
Felsenreihe, wo Bertha, Heinrich und die Uebrigen bereits den; auch Pater Anselm trat dieser Mepnung bey.
der Ankunft des Ritters harrte«. Bertha warf sich in „Wer weiß, ob dort nicht größere Gefahren auf uns
die Arme ihres Vaters. warten," entgegnete der Ritter, indem er mit verschränk
Der Tag brach allmählig an, und man erblickte in ei ten Armen und raschen Schritten vor dem WirthShause
niger Entfernung ein Dorf. „DoS müssen wir zu vermci- aus und ab ging, an welchem er Halt gemacht hatte. „Die
den suchen," sagte der Ritter. Lutz meonte, man müsse Kirche," suhr er nach einigem Nachdenken fort, „liegt
denn doch Kundschaft einholen. Cr bemerkte aus dem auf einem Hügel nnd ist mit einer Mauer umgeben. Mein
Felde eine Frau und eilte auf sie zu. Auf feine Fragen Entschluß ist gefaßt." Er befahl jezt Lu», ihm augenblick
erfuhr er: die rührigen Männer des Dorfs senen alle ins lich die Schlüssel znr Kirche zu verschaffen , den Knechten
Feld gezogen, für ihr Recht und ihren Glauben zu strei aber so eilig als möglich alle Kinder, Weilar und Greise
ten; Weiber, Greise und Kinder besorgten unterdes das mit Gewalt in dieselbe zu treibe». ,,Jch fürchte, Herr
Haus und die Feldwirthschaft. Außerdem befinde sich eine Ritter," sagte der Kaplan, „Ihr habt eine schreckliche That ^
Menge von Weibern und Kindern «uö den bepden abge beschlossen." — „Wo Alles auf dem Spiele steht, muß AI-
. .t i'4-a'.
Ks gewagt werden," versezte Eberhard. Lutz brachte die Der Ritter stellte jezt einen Theil seiner Knechte
Schlüssel und der Ritter winkte seiner Tochter und'Ve« rings um tte Kirchhofmauer, die ihnen zur Brustwehr
Uebrigen, ihm nach der Kirche zu folgen. «Was will diente , die übrigen blieben als Wache in der Kirche.
mein Vater?" fragte Bertha, die bleich und bebenden 5, (De? Beschluß.ftlgr.)
Heinrichs Arm hing und bey jedem Schritt in die Kniee
zu sinken drohte. „Ohne Zweifel," antwortete der Jüng
ling, „will er die Bauern mit der Drohung schrecken, ihre Die Sports der Englander.
Väter, Weiber und Kinder zu ermorden ; sie werden sich
auch schrecken lassen, denn man kennt den festen Sinn Eu . ., (Fortsetzung.?
res Vaters , und uns freyen Abzug gewähren." , ^ Trotz der Schwierigkeiten, welche die Hegung des
Beym Eintritt in die Kirche raunte Eberhard dem Wildprets hat, ist seine Menge in Folge der Jagdliebha-
Kaplan etwas ins Ohr. Pater Anselm trat an den Altar, berey, für die man weder Mühe noch Kosten scheut, in
hieß die andern an den Stufen desselben niederknieen, er England außerordentlich. Man kann sich nicht vorstellen,
mahnte zum Vertrauen auf Gott und zur Standhaftigkeit, wie weit viele Engländer die Schießwuth treiben. Ein
wenn der Himmel sie zum Opfer auSersehen habe ; hier Dandy reißt sich los von den Vergnügungen in London
auf ertheilte er ihnen die Absolution. Bertha fühlte in und bleibt Wochenlang in einer elenden Schenke mit
diesem Augenblick in sich einen Muth , der sie über alle te» in den Nebeln Schottlands liegen ; ein anderer ver
Schrecknisse des Todes erhob. «Heinrich ," sagte sie leise kriecht sich in die entlegensten Thälcr und bringt seine Frau
zu dem Jüngling , indem sie seine Hand ergriff, «Hein in einer verlassenen Hütte unter, während er Haselhühner
rich, »ersprecht mir, die lczte Bitte zu erfüllen." — „Ich und Ptarmigans jagt, oder Tagelang im Gebüsch auf
gelobe es bep Gott und allen Heiligen ," antwortete der dem Anstand liegt und lauert, ob wohl der Aufall einen
Jüngling. — „Bewahret mich vor Schande!" — „Ich Hirsch vorüberführt.
verstehe Euch ," erwiedcrte er tief erschüttert , aber mit Die Spiclfucht kommt mit dem Jagen mit Gewehr
Entschlossenheit. „Ihr habt mein Wort." nur feiten i« Berührung; indessen gibt die Jagd doch hie
Man vernahm jezt von allen Seiten Lörm und Ge- und da zu Wetten Veranlassung. So sieht man Jäger im
schrey. Weiber mit fliegenden Haaren, ihre Säuglinge Vertrauen auf ihre Geschicklichkeit und die Menge ihres
«uf dem Arm , wehklagende Mädchen und zitternde Greise Wilds sich verbindlich machen, fünfzig Hafen des TagS zu
wurden von den Knechten in die Kirche getrieben, die sich schießen. Ein Sport aber, wobey man viel Gelb aufs
nach vnd nach mit den Unglücklichen füllte. Eberhard suchte Spiel sezt, sind die sogenannten Pigeon Matches. Sie
sie zu beruhigen, indem er ihnen zurief: „Ihr feyd hier finden gewöhnlich bey London am sogenannten rothen Haus
als Geißel für unsere Sicherheit. Eure Männer, Söhne, Statt. Ein Käficht auf der Spitze eines Masts enthält
Brüder sind im Anzug gegen uns, die wir nie beleidigt Rebhühner, die man eines nach dem andern herausläßt;
haben. Wir wollen nichts als freyen Abzug." der Schütze muß sie so schnell treffen, daß sie in einen um
Sin Greis von ehrwürdigem Ansehen trat jezt aus den Mast beschriebenen Kreis fallen. Lord Kennedy und
dem Haufen und näherte sich Eberhard. „Herr," sagte er, Kapitän Roß sind die geschicktesten Hühnerschützcn in den
«wir wissen nicht, ob unsere Lenke Feindseliges gegen Such drei, Königreichen. Ihre Geschicklichkeit ist wahrhaft er
und die Enrigen im Schilde führen. Unrecht ist verübt staunlich; auf hundert Schüsse fehlen sie kaum fünf oder sechs.
worden früher , und nun soll es gut gemacht werden Die Mittelklasse muß sich die Jagdlust mit Schießge
durch anderes Unrecht. Gott hat Gericht gehalten und die wehr wegen der Kostspieligkeit so ziemlich versagen ; sie
Menschen müssen das Urthcil an sich selbst vollstrecken. ergibt sich daher der Jagd mit dem Windspiel (c«ur»inx),
Laßt mich und ein Paar dieser armen Mütter, die ich die man sich leichter verschafft. Die berittenen, unbewaff
mir wählen will, als Abgeordnete zu dem Haufen gehen, neten Jäger stellen sich in eine Reihe und verfolgen die
der im Anzüge ist. Ich hoffe einen Vertrag zu Stande Furchen eines Feldes. Sobald die bevden Windhunde,
zu bringen , und meine Rückkehr gelobe ich hier an der die sie bey sich haben , einen Hasen gewahren , setzen sie
heiligen Stätte." Eberhard willigte in den Vorschlag, der ihm nach; sie verfolge» ihn auf allen seinen Umwegen und
okncdieß in seinem Plan lag. Der Greis rief zwey Frauen suchen nicht den kürzesten Weg abzuschneiden; sie setzen
be» ihren Namen, und stellte sich mit ihnen unten an die über Hecken und Zäune, und wenn sie den Hasen erreicht
Stufen , welche in den Kirchhof führten , um die Ankunft haben, schleudern sie ihn mit ihrer langen Schnnutze in
der Bauern zu erwarten. „Vergeßt nicht," rief ihnen die Luft. Die Schönheit der Hunde, ihre erstaunliche
der Ritter beym Weggehen nach, „vergeßt nicht, daß das Schnelligkeit geben diesem Schauspiele großen Reiz und
Leben dieser Weiber «nd Kinder in unserer Hand steht, jeder Reiter sucht dasselbe zu genießen, so viel es nnr die
und ihr Blut fließen würde vor dem unirigen." Schnelligkeit seines Pferdes erlaubt. Diese Art von Jagd
42?
Au Newmarket versam Wir haben jezt zum Schluß dieser flüchtigen Jagd-
melt sich z» bestimmten Seiten eine Gesellschaft von Lieb skizze noch von der Hetzjagd ju sprechen, die m England
habern. Jeder bringt seinen Windhund mit und sezt seine eigentlich national ist.
Einlage. Man läßt die Hunde zu zwcv und zmev los, Da es in den drey Königreichen weder Wolfe noch
und Sieger ist derjenige , der während des Jagens am wilde Schweine gibt, hezt man blos den Fuchs, den Ha
längsten fortwährend der nächste am Hasen war, nicht der, sen und den Hirsch. Weil es so weoige Wälder gibt, ist
der lhn zuerst erreicht. Das Windspiel, das hinterein lezterer sehr selten, und man hezt lieber den Fuchs als
ander alle seine Nebenduhler besiegt hat, gewinnt seinem den Hasen, der viele Umwege macht, und sich fast an Ort
Herrn einen goldenen Becher, der vom Einsatz gekauft ist. und Stelle Hetzen läßt; der Fuchs dagegen kehrt, wenn er
Außerordentlich ist die Sorgfalt, mit der man diese Hunde einmal aufgejagt ist, nie um, er legt eine sehr weite
behandelt ; man muß sich von einem Liebhaber beschreiben Strecke über das Feld zurück, und durch seinen langen
lassen, in welchem Grad das Beefsteak gebraten sevn muß, schnellen Lauf wird es sehr schwer der Jagd zu folgen;
das die Hunde vor dem Laufen zu fressen bekommen, man zieht sie daher vor, weil sie die Kraft des Pferdes
muß sehen, wie er seine Hunde, einen nach dem andern, die Gewandheit des Reiters mehr in Anspruch
in eine Decke gehüllt wegen der Feinheit und Zärte ihrer
Haut, herauskommen läßt. (Der Beschluß folgt.)

u e b e r s e tz u n g
r o n
G o e t h e' s
Nähe d«« Geliebten.
Ich denke dein, wenn mir der Sonne Schimmer ^« pen»« « ioi , qu«ne> I'ourore i,our«Il»
Vom Meere strahlt; l,uil ^u «ein ««» Lot» clor;
Ich denke dem , wenn sich des Mondes Flimmer Li qu»»ck ?K«de llln» I,» ««„« «iii>e«lle,
In Quelle» inalt. Keveur, ««»»« «»cor.
Ich sehe dich , wenn aus dem fernen Wege Z« croi, te voir , «u Ioi», qu»ni I
Der Staub sich hebt; i>'«Ie?« cku ek«mi» ;
In tiefer Nacht , wen» auf dem schmalen Stege Ou qu»nä , I» »ui», »»r l» z>o»t >«Iii«ir«
Der Wandrer bebt. ?>«u>I,l« I« solörin
Ich höre dich , wenn dort mit dumpfem Raufchen Z'«at«nä> l» , qusncl , s>«u»«o ,e« I» pl«g«,
Die Welle steigt ; Lrvxä« un lloi «cum«»! ;
Im stillen Haine geh' ich oft ,u lauschen.
Wenn alles schweigt.
Ich bin key dir, du sevst auch noch so ferne. ^, »ui» ie» p»>, qu'imoort« l« cli»I»nee?
Du bist mir nak! ?!'«»>» »«» vri?» cie >»«i ?
Die Sonne sinkt, bald leuchten mir die Sterne; 1., »vleil , <i«j» I» «u,l »'»r«»ce, .
O wärst du da! l^u« ne »ui, j« «?«>: toi!
Luzen» Lorel.

Aorrespondenz-Nachrichten. oder lebhaften Ausdruck der Leidenschaften fordern , dürfte er


durch den Mangel äußerer Erfordernisse fern gehalten werden.
Wien, Januar bis April. DaS Kärnkhncrthortheater fleht seiner Anfldsimg nahe.
(Fortscgung.) BarbajaS Pacht geht mit dem Zttstcn April zu Ende, und „och
Herr Co r n eli »S ist ein denkender Schauspieler, wel ist über das längere Fortbestehen nichts Entscheidendes b«
cher besonders dadurch bedenkend erscheint, daß er der Wahr stimmt. Die de»!>cke Oper ist gleichsam schon aufgelöst. Da
heit den Effekt opfert. Bisher spielte er den Feldern in „Her die Direktion bei, der Unsicherheit ihrer Sriflcnz nickt im Stande
mann und Dorvtliea," den arme» Poeten . de» Vater in war mit Sängern Kontrakte aus längere Zeit zu schließen, so
HouroaldS „Sülmung," den Lord in ,^>en be»dcn Britten." war die Herstellung einer vollkommenen Oper selrr schwierig, und
den Oberförster in den .Jägern," und de» Abb« de l'Spe'e zwar um so mehr , da das Publikum an der italienischen Oper
„im Taubstummen." Am mc>sten gefiel er als armer Poet, und dem Ballette reichliche Entichadigunq fand. Damit wen
in den Jägern und in der leztgedachten Rolle ; vortrefflich dete sich die TKeilnahme fast ganz von der deutsche» Oper nb.
gab er den Lord , ganz mit Rücksicht auf den Charakter der Viele Mitglieder derselben hat der Direktor des AachnerThea-
Rolle . sprach aber dennoch weniger an. Der Grund liegt in terS , Bcthmann, für seine Bühne engagirt, einige der
einer störenden Fremdartigkeit seines OrganS . welches unange Direktor der Lemvcrgcr Bühne für diese.
nehm genannt werden muß und nicht gehörig der Modula Die italienische Oper ist, waj die Sänger betrifft» im
tion fähig ist. Von allen Rollen, welche äußerliche Kraft blühende» Zustande, aber «Ii brauchbaren Sängerinnen leider
sie Mangel. Mab. Eoin e kl i -Rubin i als Prima Don»» bireltton gedacht haben, «b e« nicht ratüsam seh, auch bas Volk
kann bcn Vergleich, zu welchem unser gern vergleichendes Pu auf die Bühne ,« bringen, »ach dem Beyfpiel anderer Schau,
blikum sich beständig aufgelegt fühlt , mit den Prime Donne, spiele, und emstweilen die wenig mehr einbringenden griechi>
Mad. Fodor und La lande, welche wir früher hörten, schen und römischen Helden ,, Kaiser, Könige und Prinzessinneu
nicht auSbalten. Sic ist eine brauchbare Sängerin von anges bey Seite zu lassen. Schon der gute Erfolg bei Seribeschc«'
nehmemAeuftern, aber ihre Stimme ist nicht sehr wohlklingend, Balletts: „Die Nachtwandlerin." hatte bewiesen, boft es nirt?
und die Anstrengung bcym Gesänge zu bemerkbar und zu einer gewöhnlichen und anzüglichen Handlung bedürfe, um
störend. Mab. Biagioli, welche in Rossinis „Moscö" die Aufmerksamkeit des Publikums anzuziehen. Desto eher
auftrat, erfuhr eine sehr strenge, ungünstige Ausnahme. Zu konnte sich also die Operndirektion entschließen, Scribcs „Stumme
dem Mangel wesentlicher Eigenschaften gesellte sich an jenem von Portici" auf die Bühne zu bringt». In diesem Stücke Ist
Abende noch ein körperliche« Uebclbefinden. Die Direktion die Handlung voll Leben und Bewegung z Aubcr bat die Musik
konnte nicht wagen, sie wieder auftreten zu lassen. Personen, dazu gesezt. und auch er scheint von dem interessanten Inhal»
welche sie früher gehört hatten , wollen behaupten, das Wiener begeistert worden zu scy», den» e» s,« ws-biesff Som,
Publikum habe an jenem Abende zu strenge gerichtet. Mad. Position höher hinaufgefchwungen, als er es »och w seinen
Aavelli trat im April in Pacinis „ultimo ziorn« 6! ?«n>- Operetten gethan hatte. Man wirft ihm zwelt stln «lljusicht-'
peji" auf. Sic ist eine amnuthigc Sängerin von der liebens bares Streben nach großem Effekte vor ; das ist aber der Feh
würdigsten Aeußcrlichkeit. Ueber ihre Stimme kaun von uns ler der meisten neucrn Tonkünfllcr , und in der That bedarf
noch kein genügendes Urtheil gefällt werden. das übersatte Publikum zuweilen solcher Effcktflücte , um aus
Die Männer sind vortrefflich. R u b i n i ist als Tenor seiner Gleichgültigkeit herauszutreten. Der Dekorationsmaler
einzig. Kein Tenorist vereint wie er die Kraft der Stimme Eiceri hat ebenfalls sein Bestes gethan ; der Markt zu Neapel
mit der Lieblichkeit und Kunstfertigkeit , welche ihm eigen ist. ist vortrefflich , eben so die Meeresküste ; den Vesuv hatte man
Seine Glanzrolle ist die des Gualriero in Bcllinis „Pirata," besser auf einem der Boulevardsthcater, in welchem auch ein
i» welcher er zugleich ein bedeutendes Schauspielcrtalent ent vulkanischer Ausbruch vorkömmt ; dieß Kat man in den Zeitun
wickelt. Der Beyfall ist jedes Mal stürmisch. Tambur ini gen der großen Oper vorgehalten , sie hat sich den Vorwurf
entzückt in „Ccnerentola" als Jandini , im „Barbier" in der zu GemütKe gezogen . und bey dcn lczter» Darstellungen ist
Titelrolle, und in der „Italienerin" als Muflapha durch seine ein neuer Vesuv zum Vorschein gekommen, der recht wacker
volle. Zugendliche Stimme, und durch die seltene Fertigkeit Feuer speiet, und zwar trotz dem Vesuv der Boulevards. AllcS
seiner Kunst. Er wurde von Lab lache abgelöst, welcher dieß zusammengenommen macht denn, daß ScribeS Stumme
bisher im Barbier, in ultimo giorno und in der Cenercntola einen Beyfall erhalt, wie ihn seit lange keine Oper gefunden bat,
als Montefiascone austrat. ES ist kaum glaublich. waS Las mit Ausnahme der Heyden lczten Rofsinifchen. die ihren Beyfall
brache auS dieser Rolle, die er mit sichtlicher Vorliebe singt einzig der Musik zu danken hatten. ^
und spielt , z» machen versteht. (Die Fousttzuug folgt.)
(Die Fortsetzung folgt.) ' ! " '"^ - . .
Pari«, S. April. Auflösung des Logogryph« i» Nr. 101»
(Fortsetzung.) Bache. Bach.
Was würben die Ultraroualisten bazu gesagt haben, wenn
man de» neapolitanischen Sansculotten als Oberhaupt einer
Revolution, und zwar einer trimnphircnden , aufgestellt und
il>» gleich den Helden der Griechen- und Rbincrzcit hätte sie
gen lassen ! Wäre dieß nicht ein gefährliches Bcyfpicl fürs Zwe» Kätzchen unter einem Dache
französische Volk gewesen . gleichsam eine Anfmunteruna. auch Vereinen ihre Lebenskraft; , ,
den Einnehmern der Droits re ,ni» die Früchte stair des Gel Worauf durch feinen Tod das eine
des an die Köpfe zu werfen, nnd die L«urer»ine>e >Zu >?cu>ile Dem andern erst sein Frücht'chen schafft.
auszurufen? was würde denn aus den Grundsätzen der Uliei«. So klein als kaum ein Gcrstenkörnchen
«»»»ire werden, welche einige Ultrablätter und bischofli Ist diese« Frücht'chen beym Entsteh'«;
che Hirtenbriefe de» Völkern »orV'rcdigcn ? Also die Geschichte Doch reißt mans oft von seiner Mutter, , ,
mußte abgeändert werden, und dieß hatten auch Scribc und sein Eh sic's noch groß nnd reif gcfeh'n.
Gehülst Germain de la Vianc auf eine sehr arwandre Art
gctlm» , Plebejer brauchten ja nur zum Feydeantheater zu ge 'S ist. während seine Brüder wachst»
hen und dort die reine Geschichte aufführe» sehe» ; für die ari Dem zweuten Tode schon geweiht.
stokratischen Gesinnungen war die Lesart der grvsien Over Wirb »»gesäumt einbalsamiret.
vorzuziehen. Uebrigens ist es schon erstaunlich viel, daß die Und so verzehrt als Süßigkeit.
^c»>I<»»>ie roz?«Ie cke mu5i<z»e sich so weit herabgelassen hat, Wir andern reif gcwordnen Brüdc«
ein Stück aufzuführe», in welchem das Volk die Hauptrolle ' Verlassen nnfre Mutter dreist,
spielt; denn bisher schritten meistens nur Könige und Prin Thun keinem Mensche» was zu Leibe,
zessinnen über die Bühne dieses prachtvollen Schauspielhauses, Doch rächen wir's, wenn man uns beißt.
und dieses feierliche Einberfchreiic» hat bcnnal'c eiu Jahrhun
dert so fortgedauert, ohne baß Jemand etwa? daran auszu Man kleidet uns in Gold und Silber
setzen gehabt hätte. Zulezt haben aber doch die vielen Helden, Und preßt uns doch zu Oel so gern.
griechische und römische, die viele Könige und Prinzessinnen Bey uns ist. wie be« guten Rätbseln.
dem Publikum eiuiae Langeweile verursacht und den Saal bey Die Lösung schwer, doch süß der Kern.
weitem nicht anzufüllen vermocht. Da mag denn die Opern- I. «. M.

Verlag der I. G. Cotta 'schen Buchhandlung.


108.

M v r g e n b l a t t

f ö r

gebildete Stände.

Montag, 5. Mai i 8 2 8.

De« alten Wal'n« Altäre stürzen »in.


Die neue SlnIK, die jeden Geist durchlodevt,
Sic ist«, die nene Formen fodcrt.
' . Delavigne.

Die Krönungsgemalde. Mittel einer geistvollen Nnterhaltnng auch auf den Land
häusern gewährt, wo der bisherige ewige Wechsel von Luft
Unter dem Namen von Sprichwörtern, Scenen aus fahrten, von Ausflügen zu Fuß und zu Pferde und von Ta-
der neuesten Zeitgeschichte oder Abendzirkeln sind bekannt fclfreuden einer wißbegierigen Gesellschaft nicht mehr ge
lich seit etwa zwcy Jahren in Frankreich eine Menge klei nügt, die alle Tage an Bildung und Geist gewinnt. In
ner dramatischer Sittengemäldc aus den lezten vierzig Jah der nur einigermaßen guten Gesellschaft hat man auch be
re» erschienen , und haben eben so sehr durch ihren Bezug reits angefangen sich des Gesellschaftsspiels zu schämen ; es
auf die Geschichte des Landes und ihre politischen Par- ist nun nach der Erfahrung , daß zwischen demselben und
theycn, als durch das gefällige Gewand eines witzigen Dia dem Hazardspiel für verdorbene oder auf das Verderben
logs, besonders auch durch die Mannigfaltigkeit der Gegen- Anderer spckulirende Weiber und Männer kein oder ein ge
stätide, deren jeder in einem eigenen abgesonderten Rah ringer Unterschied ist, bevnahc allgemein verbannt. Hat
men dargestellt ist, den allgemeinen Bevfall fo sehr erhal man doch sogar bereits in dem so eben vorübergegangenen
ten, daß nun künftig diese Vormals kaum im Versuch be Winter bemerken wolle» , daß die öffentlichen Schauspiele
kannte Art von schönwisscnfchafclichcr Literatur einen neuen von Paris Key der Beschränkung durch die dramatische Cen-
wichtigen Zweig der französischen Dichtung ansmacht. Denn snr sich kaum durch ganz außerordentliche Anstrengungen erhal
der grösite Theil dieser neuen dramatischen Skizzen übt ten konnten, und daß die sonst beliebtesten Schauspielhäuser
gegenwärtig einen mächtigen Einfluß auf die Bildung «nbesucht blieben ; der Grund davon wird allgemein in der
des neuen französischen Nationalcharakters ; weil nämlich Wertlosigkeit des größten Theils der neuen Schauspiele
die noch immer streng bestehende, im Grunde ganz un gesucht, als welche für den Geist der Jugend, für die Wiß
nütze und «»mächtige Theater- Censur sich aller Satvre begierde des VolkS und für die Ansprüche der Hökern Klas
auf die Sitten und Lächerlichkeiten der Partheven, auch sen durchaus keinen Reiz mehr haben. Der Geist der Zeit
sogar jeder Benennung der Verbrechen der zum Theil schämt sich der Demüthigungen , die ihm die Vormund
noch spukenden Häuptlinge, Intriganten und Betrüger wi- schaft der Regierung auferlegt und wirft den Zwang , den
dersezt, so entschädigt sich das gebildete Publikum vermöge man ihm öffentlich anzuthun sich angemaßt, im frepen,
der Unverletzbarkeit des persönlichen Wohnsitzes, und man der Behörde unzugänglichen Raum von sich. Schon fühlt
spielt jezt in Privathäusern jene neuerfundcneii kleinen Dra fogar die Behörde selber das Unrechtliche und noch mehr
men oder, wenn man will, Sittenkomödien, Man hat daS Zeitwidrige der bisherigen Verbote, denn die berühmte
diese Mode um so eifriger angenommen, als sie künftig das Komödie deö Beaumarchais, die Hochzeit des Figaro, die
43°
seit vielen Jahren auf dem französischen Nationaltheater spräch versprachen die Bauern dem Elmensteiner und sei
nicht gegeben werden durfte , ist wieder frepgegcben und nen Leuten frcvcn, ungestörten Abzug und Geißel zur Si
am 17. April zum ersten Mal wieder aufgeführt worden. cherheit bis an das Weichbild der Stadt Hagenau, doch
Indem wir das folgende kleine Stück mitthcilcn, erin sollte der Ritter Eberhard sein Wort geben, daß die Geis
nern wir daran, daß David in den ersten Jahren der Re se! ruhig und ohne Peschwerde wieder zu den ihrigen keh
volution nicht nur «IS Künstler sich auszeichnete, fondern ren dürften. Eberhard war mit der Zusage zufrieden ; er
auch in die überspanntesten Theorien der revolutionären forderte freyes Geleite für Lutz, der mit den Bauern in
Grundsätze sich verirrte. Man führt zwar von ihm als ihr Lager abgehen sollte, um zu verhindern, daß die Geis
Jakobiner keine grausame Handlung an, und er hatte se! nicht aus dem Heimathlosen Gesindel , sondern uuter
das Glück, den Werth der Zeit, welche für den Künstler den Reichen und Angescheneren gewöblt würden.
ein eben fo kostbarer Schatz ist als sein Talent, zu kennen Nach ungefähr einer Stunde kehrte Lutz zurück und
und seine geniale Jugendkraft nicht in den Kabalen der berichtete: die Bauern hätten Kundschaft erhalten, wie
damaligen Partheven zu verschwenden. Aber seine unbän Her Churfürst mit fünfzig Fähnlein bei, Mannheim über den
dige Einbildungskraft verlor sich in den Idealen, welche Rhein gegangen fey. Darauf sey Alles in Schrecken und
er schon während seiner ersten Kunststudicn in der alten Bestürzung gerathen. Viele Bauern hätten sogleich ihre
Geschichte der griechischen nnd römischen Republiken gefun Flinten , Sensen , Gabeln und Kolben von sich geworfen
den hatte ; das Riesenhafte der Gestalten, welche der und Neisaus genommen. Die andern wollten sich zusam
Sturm der Staatsumwälzung nach und nach an seiner em menziehen an der Speyer, um vielleicht uvch einen gün
pfänglichen Seele vorübersührte , ließ tn derselben un stigen Vergleich zu erhalten. «Jezt, Herr," sezte Lutz
auslöschliche Eindrücke zurück. Diese Bilder gaben sei hinzu , „können wir ziehen, wohin wir wollen, und bedür
nem Geiste jene phantastische Richtung, die sich auch un fen keiner Geißel." — «Ach, und meine schöne Burg!"
ter dem Kaiserreiche nicht verläugncte, obgleich der all seufzte Eberhard. „Doch der Himmel hat ja mich und
umfassende Menschenbehcrrscher Napoleon auch diesen mein Kind wunderbar erhalten, ich will nicht murren und
widerspenstigen Genius zu gewinnen und ihm das seiner undankbar feyn."
würdige Fach als Hofmaler der neuen Monarchie, nachdem Eberhard, von Bertha, Heinrich und einigen Knech
er der furchtbare Maler der Revolution gewesen war , an ten begleitet, nahm nun feinen Weg nach»Elmenstein, um
zuweisen gewußt hatte. Auch darf nicht außer Acht gelas zusehen, was von feinem Wohnsitze noch übrig geblieben fcv.
sen werden , daß der jetzige Hofmaler des Königs aus Da Als er auf den schwarzen Trümmern stand , ergriffen ihn
vids Schule hervorgegangen ist, welche bereits jezt in der unnennbare Gefühle. Lange starrte er schweigend die furcht
kaum beginnenden dritten Generation wieder zu erloschen bare Zerstörung an und rief dann , wie aus tiefem Nach«
scheint, und man darf sich keine Hoffnung machen, daß sinnen erwachend: „Die Flammen haben nichts verschont
aus der jetzigen Künstlcrnacbzucht ein neuer David, Ge als dort 5 ie Kapelle, wo die Gebeine meiner Bäter ru
rard oder Gros aufstehen werde. hen, und da den Thurm, worin ich einst einen Gefan
(Die Fortsetzung folgt.) genen verschmachten ließ aus Haß und Rachgier. Elnicn-
stci» sollte untergehen, wie der Name meines Geschlech
tes untergeht mit mir. Ich verstehe den Willen deö Schick
Burg Eimen stein. sals." Er wendete sich hierauf an Bertha nnd Heinrich
Von Aloys Schreiber. mit den Worten: „Kinder, gebt euch die Hände; in der
Kapelle dort sollt ihr getraut werden, und du, Heinrich,
(Beschluß.) führst dann dein Weib auf deine Burg, ich aber will in
Bald vernahm man den Lärm der Trommeln nnd das diefem Thurm wohnen nnd ihn nicht mehr verlassen. Be
Geschrev der tobenden Bauern, welche in das Dorf einrück grabt mich neben meinen Vätern, aber stellt nie die Burg
ten. Plötzlich aber verstummte dcrTumult, und eine tiefe wieder her; unter den Trümmern nur werde ich ruhig
Stille erfolgte. Als nämlich die Bauern die Häuser leer schlafen."
fanden, und durch einige Bewohner, welche den Knechten Umsonst waren die Vorstellungen, die Bitten, die
des Slmensteiners entgangen waren, von dem, was gesche Thränen seiner Kinder ; Eberhard beharrtc auf seinem
hen, Kunde erhielten, mußten sie leicht die Absichten des Entschlüsse und zog noch am VermählungStag Heinrichs
Ritters errathen. Nicht lange fo kamen auch einige Bauern und Berthas in den Thurm, wohin ein alter, treuer
mit weißen Tüchern in den Händen auf die Kirche zu Diener ihm folgte. Dort verkürzte er sein Leben selbst
und gaben durch Winken zu verstehen , daß sie friedliche durch srevwilligc Büßungcn.
Unterhandlung pflegen wollten. Der Greis mit den bev-
den Weibern gingen ihnen entgegen, und nach kurzem Ge
43'
Die Sports der Engländer. ein dicker, schwerer dreyhundert geben muß; zu Malton
sah man Jagdpferde mit tausend Louisdor bezahlen.
(Beschluß.) Ein solches Pferd kann man nickt wohl öfters brauchen als
Die Hunde gehören reichen Privatleuten oder Gesell- einmal die Woche, und wer alle Tage jaqc» will, muß fünf bis
schaften von Subscribenken ; aber Jedermann hat daS Recht fcchS haben. Man kann sich nun vorstellen, wie hoch einen
«n der Jagd Theil zu nehmen. In jeder Grafschaft sind Sportsman sein Stall kommt, um so mehr, da man diese
mehrere Mcntben, und an dem in den Provinzialdlätlern Pferde, die sehr sorgfältig behandelt werden müssen, zu
ausgeschriebenen Tage und Platze versammeln sich die Pi- nichts anderem gebrauchen kann ; der Trab würde ihnen
queurö mit den Hunden, eine Menge von Fußgängern den Galopp verderben, und ihre an weiches Erdreich ge
strömt zusammen , um das Thier aufjagen zu sehen, und wöhnten Füße könnten Mac Adams harte Wege nicht er
Hunderte von Reitern kommen von allen Seiten herbe». tragen. Sommers laßt man sie auf den Wiesen laufe»
Ein Theil, der schlecht beritten ist, sieht bl«S die Jagd und bringt sie erst einige Zeit vor Eröffnung der Jagden
aufgehen; die andern auf Ra?epferden gedenken sich die in den Stall.
Ehre streitig zu machen , zuerst beym Verenden zu scyn. Bev der Fuchsjagd kommen Wetten blos gelegentlich
Die kühnsten sind roth gekleidet, mit Ausnahme der Geist- vor. Aber die Jäger wetten zuweilen auf ein sogenanntes
lichen, deren man unter den Fuchsjäger» gar manche sieht; Kirchthurmrenuen (5t««xle cK«»e), wobcy zwev
statt des allzu schimmernden Scharlachs tragen sie dunkel- Reiter von einem gegebenen Punkte aus einen andern, ein
grau ; grün ist die Kleidung der Mittelklasse, der Pächter PaarSrniiden entlegenen, zu erreichen suchen,und wobei) jeder
u. dgl. und der Gentlemen , die, minder hitzig als die an nach Gutdünken seine» Weg wählt. Bev diesem Wettren
der», si<b begnügen, der Jagd von weitem zu folgen, waS nen muß man natürlich wie bev der Fuchsjagd daö Land
in einem durch Hecken und Graben in zwcy bis drey Mor gut kennen, und über alles, was einem in den Weg kommt,
gen große Stücke getheilten Lande immer noch Schwierig wegsetzen können.
keiten genug hat. Ist der Fuchs aufgejagt, so sezt sich
der Trupp der SpvrtSmcn in Lauf, er wird aber immer
s/einer und jeden Augenblick sieht man einen Reiter an Aus Jean Pauls Nachlaß.
halten; des einen Pferd ist zn müde, um weiter zu lau Die rechte Mutter ist wie ein Orangenbaum, umge
fen , oder vermag nicht über etwas zu setzen , das ihm in ben von ihren Früchten blüht sie noch selbst.
den Weg kommt, der andere stürzt beym Setzen über ei Ist es nicht verdammt, daß die Menschen zur Bekeh
nen Zaun. Man läßt die Bauern dafür sorgen , die Ge rung erst auf ein Unglück warten? Aber auf fchnclles,
stürzten aufzuheben , und ein Bein oder ein Schädel , die denn langsames hatte die Schnllehrer langst zu Heiligen
zerbrochen wurden , haben noch nie eine Jagd aufgehalten. gemacht. Ausgleichend wirkt Unglück zugleich auf Verbes
Die Jäger, denen es gelang durch ihre Gewandhcit und serung und Verschlimmerung.
die Ausdauer ihrer Pferde über alle Hindernisse zn siegen,
langen zeitig genug an, um die Hunde das Thier verbez-
zen zu sehen ; nun gilt es, sich des Schwanzes zu bemäch Korrespondenz- Nach richten.
tigen, den man als ein Siegeszeichen aufbewahrt. Man
steckt ihn in seinem Schlosse auf mit einer Inschrift, wel Wien, Januar bis April.
che Zeit und Ort der Jagd, die Anzahl der Reiter, die (Fortsetzung.)
Anzahl derer, die zum Verenden kamen u. s. w. angibt. Bon Balletten wurde seit meinem lczten Berichte kein
Die Jäger sitzen sehr kurz in den Bügeln/aber sehr fest, und neuei gegeben. Octavio Pinelli nimmt fvrtwäkrend die 2»c!l-
nahine bei Publikum« in Anspruch. Dem. Brugnolli bat
mau sieht sie jeden Augenblick über drev bis vier Fuß hohe sich mit dem Verfasser desselben, Hr«. Somengv, vcrkci-
Zäune setzen ; ihr Muth läßt sich durch nichts schrecken, raihet. Dem. Pierson ist nach längerer Abwesenl'cir von
aber nickt genug bewundern kann man die Pferde, die der Bülme im vermummten Neffen mit Bevfall wieder aus
ganz außerordentliche Kraft zeigen. Nachdem sie zum Sam» getreten.
melplatzvier bis fünfStuuden Wegs im Schritt zurückgelegt mehr Da« Wicdnertheater kam in den Winternionaten immer
in Verfall , und schon fing der alte Unglück«flern an über
haben , jagen sie fünf bis sechs Stunden lang ohne Aufhö demselben zu walten. Der Komiker Scholz allein zog noct,
ren, bleiben auf geackertem Feld und morastigen Wiesen Zuschauer herbe». Der nnermüdliche Eifer de« Direktor«
beständig im raschen Galopp und setzen jeden Augenblick Carl ließ sich aber dur« die «»günstige» ZmäUc nicot zum
über Hecken und Zaune. Der Preis dieser Pferde ist sehr Wanten bringen, und e« gelingt ilnn gegenwärtig immer nicbr.
da« Tkcater zu »eben. Der Bevfall trifft freylich »leisten« nur
hoch , er wechselt aber nach dem Gewicht der Personen, die sein glücklich geordnete« und geschmackvolle« Arrangement, beim
sie reiten wollen. Sin kleiner , magerer Mann kann sich die Stücke «,'croe» leider in der Regel fabrikmäßig verfertigt,
für hundert Guineen sehr gut beritten macl^n, während und stehe» meisten« unter dem Jndiffercnzruntte der Kritik.
43»
In der „Höhle Soncha," einer schlechten Bearbeitung de« be Tänze, unter denen auch die Tarantel« nicht «ergesse» wirb.
kannte» MährchenS, versuchte der Direktor durch ein Dividis So ist denn die Oper jezt mit den ander» Theatern in einen
ren des Theaters die Kasse zu multipliziren , und eS gelang. Wettstreit gerathen , und sucht es ihnen an Mannigfaltigkeit
Der Anblick der der Hohe nach getheilten Bühne, welche im und interessanten Stücken gleichzuthun und sie an Pracht zu
ober« Räume einen Wald , in dem untern eine Räuberhöhle übertreffen ; das leztere fällt ihr freylich nicht schwer , so lange
zeigte , gefiel der Sonderbarkeit wegen. Eben so inachte daS sie Unterstützung von der Regierung bekömmt, und andere
Stück: „dreyßig Jahre aus dem Leben eines Spielers," Glück, Theater, die Ballette, Konzerte, Bälle u. dergl. geben, zwingt,
in welchem Hr. Carl in der Hauptrolle bedeutend gefiel, und ihr einen Thcil ihrer Einnahme zu verabfolgen. Gegen lez
seine Vielseitigkeit, den eigentlichen Probierstein eines guten tere Anmaßung sträuben sich aber die kleiner« Theater jezt ge
Schauspielers, bewährte. Der Schluß ist zum Northcil dcS waltig ; sie haben von geschickten Advokaten ein Gutachten auf
Stückes dahin geändert . baß der Vater nicht wie im Originale setzen lassen , das sie in den Druck gegeben haben , und worin
seinen Sohn ermordet . sondern durch die frühere Erkennung unter andern behauptet wird, die von der großen Oper kr>'fc
desselben daran verhindert wirb. Gegenwärtig gefallt in eines Napoleonschen Dekrets geforderte Aussage scy gesetzwid
Rücksicht der Ausstattung ein Spektakelstück unrer dein Na rig , bn in Frankreich keine andere Steuer aufgelegt werden
men: „Ritter Flsremnnd . oder der 'Gerichtshof ber Liebe," könne, als die von den beyden gesetzgebenden Kammern bewilligte.
nach Schillers Handschuh. Carl hat wirklich das Unglaubliche Die Sache wird nun vor Gericht kommen , und da wird es sich
geleistet, besonders was die Anordnung der Schlußdekoration denn zeigen, ob daS von der Oper »erlangte Geld als eine
des ersten Akts betrifft. Floremund befindet sich wäkrend ei Steuer zu betrachten ist ober nicht. Wahrscheinlich wird der
ne« Sturms auf dem Schiff eines Seeräubers. Er bcnüzt den Anwald der Operndirektion erwiebern, dicß se» keine Steuer,
Augenblick, in welchem die Mannschaft sich entfernt, besteigt sondern nur eine Entschädigung dafür, daß die große Oper
das Verdeck und schleudert , indem er sich in die Wellen stürzt, zulasse, daß andere Theater ihr Privilegium benutzen, und so
hinter sich eine brennende Fackel in die Pulverkammer , worauf gut alS sie Ballette, Konzerte und Bälle geben. Um die
man die einzelnen Theile des zertrümmerte» Schiffes auf den „Stumme von Portici" anfführcn zu können, braucht die Opern
Wellen hcruintrcibcn sieht. Von Gastspielern auf dieser Bühne direktion zwar keine Sängerin, sondern nur eine Tänzerin,
saken wir nur Mab. B i rch-P sc iffev, welche nach vollen oder eigentlich eine Mimikerin, und deren hat sie genug in ihrem
detem Gastspiel in der Hofburg in einigen Rollen auftrat. Da' Solde; allein zu ander» Stücke» bedürfte sie der neulich nach
sie nicht nur ungemein gefiel, sondern auch meistens volle Häu Brüssel entwichenen Sängerin Cinti ; ich habe bereits in einem
ser machte, so zeigt sich, dag auch dieses Theater am sichersten frühern Schreiben der Unterhandlungen erwähnt » welche mit
auf dem einfachen Wege , nur Gutes zu bieten , in ' den Blüs ihr gepflogen worden sind, »in den aus dein Käfige entflohe
tbcstanb versezt und darin erkalten werden könnte. Zu ih nen Vogel wieder zu bekomme». Es heißt, die Intendanz des
rem Benefiz gab Mab. Birch- Pfeiffer Müllner« „Yngurd." kdnigl. HofkaltS habe einen Sekretär nach Brüssel gesandt, um
Der ehemalige Regisseur deS Wicdnertbcaters, Friedrich einen Werlrag mit der reizenden Flüchtling,» zu Stande zu
Denn er, nun Regisseur der Preßburgcr und Gräycr Büh bringen. Eine Prima Donna kann man aber nur damit kirre
nen war für Gastrollen verschrieben , hatte aber das Unglück, mache» , baß man hübsch zahlt ; dazu mußte sich denn auch die
bald nach seiner Ankunft den Fuß zu brechen, und liegt gegen Opcrndirektion verstellen. Dem Gerüchte nach hat sie versvre«
wärtig gefährlich krank. . . chen müssen, der Sängerin einen Gehalt von »icrzigtauscnd Fran
Da« Josephstädter Theater kultivirt seit ewiger Zeit we ken zu zahle» , und außerdem 200 Franken für jeden Abend,
niger die Pantomime als sie es sonst gethan , und hat darin an welchem sie singen wird ; ferner hat sie noch einen jährlichen
Unrecht, da dieses Spektakel bort heimisch ist. Noch mehr aber Urlaub von zwey Monaten bewilligen müsse». DaS war ein
muß gerügt ,werden, daß sie anfängt die Kunst in Stücke zu saurer Apfel für bie Oper , allein eine Prima Donna mußte
schneiden. Es hat sich seit einiger Zeit eine Tbcilnahme an sie doch haben , und da keine andere zu finden und zu hoffe»
Quodlibets gezeigt, in welchen einzelne LieblingSflücke zu einem war, als die Cinti, so mußte sie wohl den Kontrakt schließen.
Ganzen lose znsammengereiht waren. Das Josephstädter TKca- Die Cinti kam also nach Paris zurück und trat wieder auf.
ter hat nun diesen Zusammenhang ganz aufgehoben , und gibt Das Publikum , das ihr wegen ihrer Flucht «nl'old war, wollte
einzelne Sccncn ohne allen Zusammenhang, unter ihr sein Mißvergnügen dadurch zu erkennen geben , baß eS bey
dein Titel: „alle Minuten etwas anderes." dem bereits ein ihrem Wicdererscheinen nicht ei» einziges Merkmal des Bcy-
zweyter Thcil, „alle Sekunden etwas anderes" gefolgt ist. falls und der Freude gab, und so oft jemand Bcyfall klatschen
Das Ding hat glücklicherweise nicht besonders angesprochen, wollte, Stille gebot. Dieß ist so der Pariser Sitte, wenn sie
woran aber mehr die schlechte Wahl der einzelnen Stücke als die einem Schauspieler ober einer Schauspielerin nicht gewogen,
Sache selbst Schuld war. Diese Weise nun, wenn sie überhand aber ilnn doch auch nicht so feindselig sind, daß sie ihn auszi
nähme, wäre die eigentliche, um die dramatische Knnst mir einem sche» möchten. Für die empfindlichen Schauspieler ist diese
Streich ums Leben zu bringen; der NachtKcil, de» sie bringen Kälte und Gleichgültigkeit der Zuschauer eine Karte Strafe, be
müßte , wäre nnübersebbar . und weit starker als der. den die sonders wen» ihre Ohren an rauschenden Bcyfall gewohnt sind.
wieder aus der Mode gekommenen Thicrstückc gebracht l,abc». Wahrscheinlich hatte sich die Cinti auf solchen Empfang gefaßt
Man spricht davon, daß diese Bühne für eine Zeit geschlossen gemacht ; sie sang aber doch so lieblich , daß sich das Herz der
werden so« , bey der Thätigkeit der Direktion können wir nicht Pariser allmählig erweichte , und sie , die mit dem Entschluß,
recht daran glauben. keinen Bcyfall zu zollen, inS Schauspielhaus getreten waren,
(Die Fortsetzung folgt.) zulezt doch tüchtig klatschten und allen ihre» Groll vergaßen.
Paris, g. April. (Die Fortsetzung folgt.)
(Fortsetzung.)
Bc« Scribes neuem Stücke trägt alles zum Wohlqcfallcn der
Zuschauerund Zuhörer bey, Text, Musik, Dekorationen und Berlage: Kunstblatt Nr. ze.

Verlag der I. G. Cotta'schen Buchhandlung.


109.

M o r g e n b l a t t

fir

gebildete Stände.

Dienstag, 6. Mai i 8 2 8.

Srllte sich in diesen Schwank


Sine kleine Ledrc hallen ;
Nun, w duldet denn den Ernst
II», dct heitern Scherze« willen.
Beaumarchais.

Tie KrönungSgcmälde. und seine Hand auf feinem Schwerte ruhte ; aber da soll
ich all die Gesichter aus der Hofkiichc und aus der Garde
(Fortseyung.) robe hinschmieren. Pfuy!
Srste Scene. Talma. Je nun , fo zeichne als Maler im Aerger,
In David« Wcrkflätte iin Jahr t8UI. auch dann wird es noch ein Meisterstück.
David. Auch du, bist auch du zum Schmeichler ge
Personen: Napoleon. David. Talma. Der
worden ?
Graf Sinecure, Matt« de Garderobe. Die Grä Talma. Nur bey meinen Freunden , wenn sie so
fin, seine Gemahlin , Dame d'Arourö der Kaiserin. Der Viel Verdienst haben wie du.
Ka mmerberr. David. Was sagst dn zu meinem Papst?
David. Dn siehst es mm, Freund, daß ich nach und Talma. <?r macht Eindruck. Sin Axostelkopf! I«
nach die Kutte trage; mit demselben Pinsel, der einst den seinem Blick ist Salbung und ein Ing von Melancholie,
Tod MaratS so kraftvoll darstellte, male ich nun das Bild der mir nicht übel gefällt.
des Papsts. Da v id. Bey meiner SKre, du urtlieilst wie ein Ma
Talma (l«chelnbi. „Wie doch so ein kecker Wicht — ler, mein Freund. Betrachte daneben diese Kardinäle,
Von den hohen Göttern spricht.'° (A„Z einem franz. Diaiter.) diesen Nuncius: ihre Köpfe stellen vor, waS man will;
David. Du siehst das Gemälde, es ist ein ?uq auö aber der Kopf des Papsts hat einen republikanischen Aug.
einer großen Geschichte ; es wird mit schwerem Gelbe be Talma. So lang er noch Bischof von Jmola war,
zahlt werden. Wäre eS aber nicht für den Kaiser, ich dieser gute, ehrliche Chiaramonte, da machte er uns einige
würde es vor deinen Augen in Stücke reißen. gute republikanische Proklamationen ; nnd mm steht er doch
Talma. Du sprichst ja wie ein Künstler in übler auch da unter den Hoflcutcn ; es ist ihm eben gegangen ,
kaune. Willst du etwa bescheiden scyn ? mein Freund, wie uns.
David. Nein, das ist man nie, wenn man Genie David (Wirst seine Pclzmii«! zur Erde). Ja wohl, bey
hat; aber mein Geist hatte einst etwas Größeres entwor- allen Teufeln! du hast Recht, wir sind tief gefallen. Wenn
fen, die Sitzung im Ballhause, den Brutus. Auch der ich denke an jene seligen Tage der Republik, wo ein gan
Kaiser war mein Mann ; es war meiner würdig ihn zn zes Volk, frenheitstrunken , sich um einen antiken Wa
malen, stolz und ruhig im Gewühl eines Gefechts, in der gen drängte, auf welchem reizende Göttinnen standen,
Rathssitzung, wie er sein Gesetzbuch zur Berathung brachte schön wie die Hoffnung, gekleidet wie die Jungfrauen Grie
454
chenlanbs! Wir hatten die Welt verjüngt, wir waren vier Ein Paar Worte über den Streit der Kunst mit der
tausend Jahre jünger! Sittlichkeit.
5 Talma. Und glaubst du denn, wir seyen jezt so ganz Won PH. Eon z.
«eralter,' so ganz im Nachlaß der Natur? Marengo, Arcole,
siehe da den neue» Ruhm ! Und haben wir, mir uns dabep — jueunä» ot iäove» vil».
zu beklagen über den Kaiser, der gegen uns so gut, so ein Nor.
fach ist? War denn Apelles so vertraut mit Alerandern; Gebühren der Sittlichkeit Anforderungen an die Kunst,
Virgil, Horaz, wurden sie von August so gut behandelt? und hat diese ein Recht, jene abzuweisen, oder nur nach
David (mit WSrme). Du hast Siecht; Alerander, Au Belieben und nicht in allen Fällen von ihr Gebranch zu
gust waren nur Zwerge gegen Napoleon ! nmchrn?
Talma. August ist der gewandteste Heuchler des Al Man sagt: die Kunst ist keine Sittenlehrerin; ihr er
terthums. Nur meine Ehrfurcht für den Patriarchen Cor stes Geschäft geht nicht sowohl den Verstand und den Wil
neille hält mich ab , ihn als einen Jesuiten darzustellen. len nn, als die Einbildungskraft und die Empfindungen,
David. Die Natur, mein Lieber, die Natur allein denen sie gefallen will und gefallen soll. Gefallen will?
ist das Schöne, sie ist Alles! eine Kunst, die gefallen will, möchte schon verdachtig scyn.
Talma. Es gehört viel Kunst dazu, natürlich zu Sie soll durch absichtlose Schönheit gefallen, und dieß er
seyn, und besonders auf der Schaubühne. Werden wir es reicht sie, indem sie unsere Empfindungen und unsere
erleben, alter Kamcrade, daß die alten Traditionen, der Phantasie in das frcyeste Spiel sezt, indem sie Zustände
Schlendrian ganz weggeräumt scyn werden, und wir wahr in mir hervorbringt, die mehr mein Werk als ihr eigenes
seyn können ? Als ich das erste Mal wieder in Man- Werk zu seyn scheinen, und wo sie mich lenkt, mir doch
lius erschien und Sandalen aus Hanfseilen nebst der rö die Hand verbirgt, die mich lenkt. Nun sind unsere Em
mischen Toga angelegt hatte, da fragte mich der Bären- pfindungen von manchcrley Art, sie kann dieses also auch
veisser Vanhove (ein alter dicker Schauspieler vom franzö auf mancherley Weise erreichen ; sie kann die rohen Sin
sischen Theater) ob ich im Hemde vor dem Publikum er nen kiheln ; sie kann den niedrigen thierischen Gefühlen
scheinen wolle. Der grenzenlose Beyfall, den ich gleich geradezu schmeicheln ; sie kann mit dem Schleyer ihrer
beym Eintritt erntete, belehrte mich bald, daß ich einen Grazie aber auch die üxxige Lust einhüllen und ihr mit ih
mächtigen Schritt vorwärts gethan hatte. Nach und nach rer blendenden Farbe, ihrem täuschenden Scheine die Miene
kommen wir zum Ziele! des Edeln, des Ncinschöncn geben, endlich kann sie das
David. Ja, da bist du am Ziele, du. Ich sah dich ge Göttlichsie im Menschen, Schönheit, die mit der Tugend
stern in Heinrich IV. Beynahe hättest du mich gerührt. Eines wird, den heiligen Sinn für das, was die Griechen
Talma. Ei, ei, da hast du dich durch dramatische Kunst Kalvkagathosyne nannten, mit stiller Gewalt aufrufen. Es
kniffe täuschen lassen ; ich mache mir eine ganz andere Vor kann demnach eine niedere, eine niedrigere, eine höhere,
stellung von Heinrich, als die Rolle in dem Stück ihn dar eine Höchste Kunst gedacht werden. Schönheit ist immer
stellt. Heinrich iv. war ein guter Gaskognerhauptmann, ihr Gegenstand und Gefallen immer ihr Zweck. Welchen
der immer bey Wein und Frauen sich umtrieb. Ich habe Weg sie auch einschlagen mag, so kann sie immer nur die
zu viel Königliches an mir, um Heinrich iv. zu spielen. Empfindungen sinnlicher Sittenwcscn wohlthuend anregen
David. Das ist wahr. Und ich, ich vergleiche Hein wollen. Diese können in der Vorstellung wohl getrennt
rich IV- mit Marat. Sie waren bevde gute Seelen. werden, in der Erfahrung bilden sie immer ein wunder
Talma (mit Lachen). Du bist der Einzige in Frank bar vermischtes Ganzes, und an dem ganzen Menschen,
reich, der solche Einfalle haben kann. wie er ist, nicht mehr und nicht weniger, redet die Zei
David, (vou Röhrung). Marat! man hat ihn ver chensprache der Kunst. Ihr Ziel muß ihr auch deßwegen
kannt, er war der beste Mensch, das beste Herz! nicht zn hoch und nicht zu niedrig gesteckt werden.
Welche Empfindungen sind sinnlich-vernünftiger Ge
Talma. Du Haft die Revolution angeschaut wie ein schöpfe am würdigsten? Diejenigen, deren ich mich vor
Kind. Wenn du so heraus redest, so sollte man dich für mir selbst, im Augenblicke ihrer Aufwallung, oder nachher
einen Wüthcrich halten, und doch bist du nur in der Ma- in den Stunden, wo ich mich als reinere, bessere Natur
lerey ein Jakobiner. fühle, nicht zn schämen habe. Arbeitet die Kunst bloß auf
(Die Fortsetzung folgt.) die niedrigen Triebe hin , so beleidiget sie die Würde der
Menschheit in mir und entehrt sich, wie sie mich entehrt.
Sie kann allerdings so angenehme, aber nicht wahrhaft
schöne Kunst heißen, und um so weniger schöne Kunst
heißen, als sie es auf diese niedrige Sinnenbefriedigung,
435
nicht ohne sichtbare Anstrengung, geflissentlich anlegt, ffür die Hand, auf zarten Saiten
als sie darauf hinarbeitet. Manchen poetischen, Nur gewöhnet hinzugleiten?
sittenfrevern Kunstwerken dcS Altcrthums, vorzüglich des Aus den klaren Wasserfällen,
griechischen, wohin ich auch viele der den Griechen Haupt- Aus den zarten Riefelwellen
Tränket ihr
sachlich nachgebildeten Elegien der Römer rechne, was im Gar Silens abscheulich Thier.
mer saure Tugcndeifcrcr sich daran ärgern und mit zelo- Auch werden die Gräuzen der Kunst durch diesen Gesichts
tifch-kritifchen Händen selbst daran schaben mochten, kann punkt nimmermehr beschränkt; sie kann des ganzen Gebie
dieser Vorwurf in der That weit weniger gemacht wer tes der menschlichen Empfindungen sich bedienen; aber die
de», «IS so vielen Kunst-Frivolitäten der Neuer»; würdigste Kunst wird immer die würdigste Wahl
unsere deutsche Sprache hat kein genug bezeichnendes Wort treffen; wenn sie zur Abwechslung auch die gemeinere
für diese» ganz erschöpfenden Ausdruck, der zugleich die, Natur zuweilen zu ihrer Bearbeitung wählt, und, wie
klage hier meistens gilt, hinläuqlich vcrräth. viele Denkmale der niederländischen Malerschule, nur
l warum ? Jene entfernte» sich auch in ihren niedrig- Wahrheit auf Kosten der S ch ön h e i t zn ihrem Ziele
sinnlichen Darstellungen von der Schönheit am wenigsten, macht, so wird sie doch die Sittlichkeit so wenig als
weil sie unbefangcn-frcye, treue Natur schilderten, diese möglich beleidigen ; sie wird sich zwar niemals das Auie-
am meisten, da sie, um zu verführen, alle verführerischen hcn geben oder geben wollen , als ob sie berufen fco das
Reize der Kunst aufboten, und nicht seilen die widerlich- Geschäft der leztcrn unm itteldar zu fiidrcn, aber sie
sinnlichsten Schminke» dazu gebrauchten. Jbre Schilde wird eS mittelbar, wo nicht immer befördern, doch nie
rungen müssen also, be» einer richtigen Schätzung, auf verratben.
eine niedrigere Stufe der Kunst gestellt werden. Wollte sie sich jenes anmaßen , wie wirklich manche
Daß durch diese unwürdige Bequemung nach herr unserer dramatischen Bußsiücke, wie ich sie nennen mochte,
schenden Neigungen, durch diese Anschmiegung an den thie- nicht undeutlich verfahren, so träte sie aus ihrer Sphäre her
rischen Sinn im Mensche» , wenn sie auch diesen zu ver aus uud verkehrte ihren Zweck und ihren Gegenstand, und
feinern strebt, und der Venus Pandemos oft eine Venus nicht selten rächt sich dann auch die Muse der Schöubeit
ttnmia unterzuschieben sucht, die Kunst am meisten den am Künstler dadurch, daß sie be« einem solchen thörichtcn
Beofalk der^ Menge lockt , kann ihr weder zur Entschuldi Beginnen mit Widerwillen von ihm ihr Angesicht wendet.
gung dienen, noch ihr ein Recht zusichern, baß sie eS thun
darf. Es kann also wohl nicht geläugnet werben, daß ihr
die Sittlichkeit heilig scvn soll, «ud daß sie nur in dem AuS Jean Pauls Nachlaß.
Grade , in welchem sie niit ihre» übrigen Reizungen An
stand und Würde verbindet, wahre und schöner Seelen Was ist daran gelegen, wenn ein guter Mensch sich
würdige Kunst genannt werden kau», daß sie also der sür zu groß hält? Bcy einem schlechten ist's anders.
Sittlichkeit eine Herrschaft über sich einräumen soll. Da S das arme menschliche Leben! Welchen Jammer,
mit wird sie von ihrem erste» Zwecke so wenig abgeleirek, welche Hölle, von der du nicht weißt, ob sie zwev Tage,
daß sie ihn nur dadurch am besten erreichen kann, denn zwe» Stunden, zwey Sekunden dauert! Und eine solche
wenn sie sich als Bnhlerin hingibt, wird sie uus wohl Hölle dcS Zeitlichen , die bev dem nächsten Fußtritt ein
sinnlich vergnügen wollen, aber nie Achtung, nie reine sinkt, erschreckt den hohen Sterblichen, der in den hal
Liebe einflößen. Woher kommt die Gleichgültigkeit, mit ben Himmel oder das halbe Universum hinaufsieht, oder
der man gegen die schöne Künste so oft und so viel reden in das halbe Jahrhundert, wo jeder Tag einen Maitag
Hört, woher anders als von dem Vorwurfe , de» mau i!>- bringen kann? ,
nen macht, der nicht immer, subjektiv genommen, unrich
tig ist, daß sie den Qirus befördern, daß sie dem freycrn
und frcchern Spiele der Neigungen in die Hände arbei
ten? Jeder Künstler, dem sein Beruf ein großer, heili Korrespondenz-Nachrichten.
ger Beruf ist, muß das Anliegen haben , diese Mcvnung Pari«, g. April.
zu bekämpfen und sich scheuen, dieses Pfand der Gottheit (Fortsetzung.)
zu verletzen, eingedenk der Worte eines großen Künstlers : Da? Pariser Publikum beträgt ssch manchmal wie ei»
War es möglich, eure hohe Kind ; gewiß »at die Cinti in ivr Fäustchen gelacht , daß sie
Görrcrwürde da» Schmollen ibrcr Zuiidrcr Kot in Bcyfallsbezeuguugen ver
vergessen! Ist der rohe, wandeln können. Mir de» Prima Donnas, oder um italies
! Thyrsus keine Bürde nisch zu reden, mit den Prime Donue, haben die großen Thea
4Z6
ter viele Müde zurecht zu kommen. Da hatte »or zwey Jah Ferdinand Raimu nb, der als Direktor von öem Eigrnthü,
re» die Direktion der italienische» Oper die berühmte Mainville mer, Stcinkcllcr, bezahlt ist. Von seinem Kunsteif«
Fooor nach Paris kommen lasse», als schon die Pasta liier war. kann nur Gutes erwartet werden. Es find einige große Wer,
Da? Auftrete» der vevden Nebenbuhlerinnen fand aber große Minderungen durch Umstände nothwcndig geworden, welche
Schwierigkeiten. Der Vicomte de la Rochefoucauld, in seiner aber nicht dem Direktor zur Last fallen , und auch nicht so be
Eigenschaft als Intendant der frauzöfisch.» und italienischen deutend find, als man hin und wieder fie ausgegeben hat. ES
Oper, schien die Pasta zu begünstig,,», und ließ die Mainville ist »och die Frage, ob B ä » e r l e seine Anstellung als Theater«
Fobor flehen , ohne sich sehr darum zu bekümmern , waS mau dichter behalten wird. Verliert er fie, so kann es nur zum
von dem Bruche seiner Versprechungen halten werde, ober Nachthcil des Theaters geschehen , da er der brauchbarste und
»iclinebr verließ er sich ans seinen Posten und auf das Recht beliebteste unserer Volksdichtcr ist. Rai m u n b s neues Stück,
des Stärkern. In einem Staate, wo der Hof alle« vermag, ,.die gefesselte Phantafie," gefiel sehr, gehört aber nicht auf
würde die Sache auf diese Art abgemacht worden sepn; nicht ei» Volkstheater. Die bedeutende poetische Anlage deS Ver
so aber kann cS i» einem Reiche herg.'Ken, das eine freye Wer» fassers ist darin nicht zu verkennen. Mehr dem Geiste des
fassung bcsizt, und worin jeder sein Recht geltend machen kann. VolkStheaters getreu, obschon von viel geringerem Wcrthc, ist
Die Mainville Fvdor verklagte also de» Hrn. Vicomte geradezu das neue Stück der Lokalschauspielerin Krön es „Silfide."
vor Gericht. Da man noch unter dem drückenden Ministerium Die Theilnahme, welche eS fand, war ausgezeichnet. Dieses
VilleleS lebte, so mochte der Prozeß den Hrn. Vicomte wohl Theater wird fich so lange erhalten, als es seinem Charakter
eben nicht sehr beunruhigen. Auch wußte er durch einen Macht, treu bleibt, Volksbühne z« sc»,,, wenn cS davon abgeht, ist
spruch die Klage der beeinträchtigten Schauspielerin bald zu cS verloren. Die Direktion hat gegenwärtig vovthcilhafte
beschwichtigen. Da« Villeleschc Ministerium hatte dazu eine Veränderungen und Verschönerungen des Schauspiels««!« vor
eigene Erfindung gemacht ; wen» nämlich Jemand eine Sc,che nehmen lassen.
»or Gericht brachte, die es nicht gern erörtert sehen »lochte,
so erhob ei eine sogenannte KonftikrvorflcNung , das heißt R o mVon Konzcrtistcn war der größte Violoncellist, Bernharb
b e r g in unser» Mauern . der einige Konzerte im lanb-
es behauptete, die Sache gehöre nicht vor den Richterstuhl, son ständischcn Saale gab, und hernach inchrmal im Kärnthner-
dern müsse von der öffentliche» Verwaltung nach de« bestehen thorrheater fich höre» ließ. Der Bcyfall, den er fand, konnte
den Gesetze» entschieden werden , es scu also ei» Konflikt nnr
zwischen der Justiz und der Verwaltung vorhanden; folglich fende von dem übertroffcn werde», den der gegenwärtig «nwe-
größte Meister aufdcr Violine, P a g a n i » i findet. Dieser
mußten die Gerichtsbehörden ihre Untersuchung einstellen , und gab bereits zww Konzerte im großen Nedoutensaale. wovon
der Klagende yerieth bann in die Hände der Minister» die
ihn »ach Willkühr behandelten. wenigstc»s in sofern es seinen das erste gedrängt voll war. Bc,?m zweyten, welches um
t2j Uhr begann, war schon um jl Uhr kein Plag zu bekoin,
Älagcpunkr betraf. Solche Mittel gefielen Villole und Cor- mcn . ungeachtet die Preise zu fünf und zehn Gulden W.W.
biere sehr, und fie ermangelten daher auch nie im NotKfalle bestimmt
dazu ihre Zuflucht zu nehmen. So mußte denn auch die Fo- dentlich. waren. Bcyfall und Kunfllcistung waren außeror
dor de», Machtspruchc des Kalben Ministers la Rochefoucauld genöthigt Erflcrcr war so stürmisch , daß der Künstler fich oft
sah, mitte» im Spiele innezuhalten. Der Cha
unterliegen. Allein das Blarr wendete sich, die Minister rakter seines Spiels ist der einer zaubcrvollc», alle? übcrwäl,
wurden verabschiedet. Der Hr. Vicomte blieb zwar a» tigenden Schwermut!!. Die höchsten Schwierigkeiten überwin-
seinem Posten flehe», allein sein Machtspruch war vernichtet; det Paqanini mit einer anmutKSvollen Lcichi'gkeit. Das
die Sache kam wieder vor Gericht, und nun ward dem Hrit. zwchte Konzert, welches auch der Hof mit seiner Gegenwart
Vicomte bange, er möchte de» Kürzen, ziehen; auch mochte er beehrte, trug dem Künstler über
es wol'l »uter seiner eingebildete» Würde halten , in Person Leiber befindet fich P a g a » i » i in LOW fl. Eon». Münze ein.
einem so schlechten Gesund
neben der Sängerin vor den Richtern zu erscheinen < um die heitszustände, baß man allgemein sehr für ihn besorgt ist.
Rolle cineS Beklagren zu spielen. Er , der zuvor mit einem
stolzen Machtspruch den gordischen Knoten durchhaue» hatte, Von literarischen Erscheinungen unserer Zeit »cnnc ichJW
lieft nun ziemlich demüthig einen gütliche» Vergleich vorschla nc» dicßmal ei» Bändchen bc» Sollingcr Kcraiisgckommencr
ge», und erbot sich, der Sängerin eine Summe von vierzig- Gedichte von Gustav Ritter von Frank. ES enthält
tauscnd Franken auszuzahlen , wogegen fie dann von allen an- thcilS lyrische Gedichte, theilS Uebersemmgen »ach Rosfi und La,
der» Forderungen abstehen sollte. Die Fodor nahm diesen marrinc. Die Gedichte zeichnen fich vor denen der Mehrzahl
Vorschlag an , und wahrscheinlich hat fie das Gelb sogleich be der hier lebende» jungen Schriftsteller durch Einfachheit und
kommen , da fie seitdem in den Zcitunge» hat ankündige» las Natur, n„d durch große Sorgfalt für technische Vollkommenheit
se», fie werde vor ihrer Abreise von Paris eine öffentliche Ver auf das Vortheilhaftcstc ans. C a st e l l i lästt seine Volkslieder
steigerung ihrer Effekten anstellen lassen , ^worunter fich eine auf eigene Kosten brp Sollingcr erscheinen. Nachdem, was Refe
schöne Sammlung ctrnskischer Vase» befinden soll? Also durch l renten davon bekannt ist, läßt fich Vorzügliches erwarten. Die
die ungeschickte Leitung des Intendanten ist Paris des Vergnü Saminlunq wird fich durch ihre charakteristische Gestaltung an«
gens beraubt worden, die Sängerin während ihres langen der Masse der sonstigen poetischen Erscheinungen erheben. Will
Aufenthalts in Paris zu Köre» , und dem kbnigl. Hofhalte hat und Laune. Hauptzüge des österreichischen Charakters, find nicht
er eine Summe von vicrziatanscnd Franken verschwendet. gespart. Die GemütKlichkcit. welche bcngemischt ist, erinnert zu
(Der Beschluß folgt,) weilen an Hebel. Das Werk ist die Frucht eines vierjährigen
Sammeln«. Seine kaiserl. Hoheit der Erzherzog Johann haben
Wien, Januar bis April. die Zueignung angenommen.
l.Fortse«n»g.) (Der Beschluß folgt.)
Das Lcopoldstäbter Theater steht nunmehr seit einem Mo
nate unter der Direktion des Schauspielers und Theaterdichter« Beylag e: Literaturblatt Nr. 57.

Verlag der I. G. Co rra'schen Buchhandlung.


110-

M o r g e n b l a t t

für

gebildete Stände.

Mittwoch, 7. Mai 182».

SKst ist, fröhlicher Ln>^, deiner Beaeinrnnn 5,auch.


Wenn die «c„r dich qebiert; wenn slch dein Odem saust
I» der Iünqlinge Herzen
Und die Herzen der Mädchen gießt!
K lopstoek.

Frühlingsanfong. Ucber das Abfallen der Blätter. «)


Du kommst in Stürme», Wir sind gewohnt jcdeö Jahr, wann die Sonne von
O Len«, geflogen. uuscrn Breiten Abschied genommen hat und ehe die Na
Die «ufte irvgen. tur in ibre» winterlichen Schlummer fällt, den größte«
Die Wälder, die Sec'n Theil unserer Bäume und Sträucher ihren Blätterschmuek
Bäumen sich deinem kräftige» Weh'n! abwerfen zu sehen, »nd der Sprachgebrauch nennt i ininer-
Bon weitem fchon
Erregt dein Weben grün diejenigen Gewächse, welche diese Naturkrise, die im
Das todtc «eben. gemeine» Leben für die Ursache des Blätterfalls gilt, über
Sich zu erbeben leben und gleichsam, dcr allgemeinen Erstarrung trotzend,
AuS alten Banden, für uns Pfänder der Wiederkehr der fommerlichcn Sonne
Emporzustreben
In neuen Gewanden sind. Allein man verwechselt den Tod des Blattes mit
Entgegen deinem Maienstrahlenscheinl dem Abfallen desselben; es ist dies? durchaus nicht Ein
Sollt' ich allein Begriff, bevde find zwar unter bestimmten Breiten, aber
Dein Weh'n nicht spüren? nicht im Allgemeinen an den Jahreswechsel gebunden und
Soll sich nicht rubren
In meinem Bufcn Beseeligung? es beruht lediglich auf dem anatomischen Bau cincS Ge
So stille sitz' ich wächses , ob seine Blätter abfallen oder nicht. Es wird
In meiner Zelle? nicht uninteressant fey», auf diesen anatomischen Grund
So leise Welle des Blätterfalls,aufmerksam zu machen, und wir bedienen
Schlägst du, mein Herz, und wirst im Lenz nicht jung?
Auf, Frühlingsstürme, uns dazu dcr Worte eines der größten Naturforscher, D e-
Aus, weitet, weitet c and ol le s.
Mit FInqclschwankcn Das Wachsen der Blätter , sowohl in die Länge als
Meiner Seele Gedanke» in die Breite, erreicht seine Kränze im Allgemeinen ziem
Zu einem flatternden, herrlichen Zelt,
Auf basi darinnen, lich schnell ; alsdann übt das Blatt eine Zeit lang seine
Wenn die Feste beginnen. Verrichtungen aus und ist in der Fülle seines Lebens; ol-
Der Lenz sein KönigSlager halt! ") Au« Derandolle's Organographie der Gewächse,
A. Schill. Aus dem Franzöüschcn von vr Mcisncr. zweyZheilc. welche«
Werk so eben im Verlag der I. G. C o t t a 'schen Buchhandlung
erschienen ist.
.57 43S
lein indem es vollkommen reines, dem destillirten gleiches j lenttheile, wenn sie von frühzeitigem Frost oder vielleicht
Wasser ausdünstet und in seinem Gewebe die erdigen Theile, auch nur von kalter und feuchter Witterung getroffen wer
die der.>Ernährungssaft dahin gefüllt hat ,/ zurückbehält, den, sich in den Gelenken lostrennen. Dieser Erscheinung
verhärte^ sich allmählig die Gefäße «nd verstopfen sich die gleicht das Abfallen der Blätter in so weit, als es eine
Ausdünstungs-Leffnungen. Dieser Zeitpunkt tritt im All- wahre Auslenkung oder Desartikulation ist; es nitterschei-
gemeinen um so schneller ein , je thätiger die Ausdünstung det sich aber davon dadurch, daß diese Auslenkung eine be
ist ; daher sieht man die Blätter der krautartigcn Pflanzen ständige, regelmäßige Erscheinung ist, welche, unabhän
oder der Bäume , welche stark ausdünsten , vor dem Ende gig von den äußern Umständen, ungefähr zu ihrer bestimm
des Jahres, in welchem sie entstanden sind , abfallen, da ten Zeit eintritt. Baucher aber hat zuerst die Mev-
hingegen die der Fettxflanzcn, oder die harten und leder- nung aufgestellt, daß diejenigen Blätter, welche mit dem
artigen Blätter mancher Bäume, welche, die einen wie Stengel unmittelbar zusammenhängen, absterben ohne ab
die andern, wenig ausdünsten, oft mehrere Jahre hindurch zufallen, daß hingegen die, welche mit dem Stengel mit-
ausdauern. Man kann also im Allgemeinen sagen , daß telsteines Gelenkes verbunden sind, nothwendigcrweise zu
die Lebensdauer der Blätter mit der Lebhaftigkeit ihrer einer bestimmten Zeit ihres Dasevns abfallen. Es ist also
Ausdünstung in umgekehrtem Verhältnisse stehe. Wenn das Abfalle» der Blätter, so wie das der Früchte, zum
diefe Zeit eingetreten ist, vertrocknet daS Blatt nach und voraus bestimmt und eine nothwcndige Folge des Dasevns
nach und stirbt endlich ab ; man muß aber den Tod des eines Gelenkes. Mit Wahrheit darf man nur sagen, daß
Blattes mit seinem Abfallen nicht verwechseln, diese bey- das Abfallen durch verschiedene Ursachen erleichtert wird,
den Erscheinungen sind, obgleich häufig miteinander ver wie z. B. durch d«S Größcrwcrdcn der Knosi>,in der Ach
bunden, dennoch völlig verschieden. Alle Blätter sterben sel des Blattstiels , daS Aufhören oder die Abnahme des
zu einer bestimmten Zeit ab, allein einige werden allmäh- Wachsthums, wodurch der Blattstiel ausgetrocknet und
lig durch die äußern Eingriffe zerstört, ohne abzufallen ; verdreht wird, die Einwirkung schädlicher atmosphärischer
andere hingegen fallen ab , indem sie sich an ihrer Basis Einflüsse, welche, wie der Frost, die kalte Feuchtigkeit und
vom Stengel lostrennen, und zwar fallen sie, entweder besonders der Reif, das WachSthum vermindern , die Wir
als schon abgestorbene, oder als absterbende, oder blos als kung mechanischer Stöße, die wie der Wind, der Hagel
kranke auf einmal ab. oder der Regen die BasiS der Blätter erschüttern. Alle
° ^ Früher hatte man zu beweisen gesucht, daß, wenn das diese verschiedenen Ursachen erklären die kleinen Verschie
Blatt abgestorben sev , der lebende Theil des Baumes das denheiten, die leichten Anomalien, welche die Baumblätter
selbe abzustoßen strebe, gleichwie bey den Thicren die le zur Zeit ihres Abfallens zeigen; die wirkliche Ursache
benden Theile die tobten abstoßen , was man z. B. bevm dieses Abfallens aber ist immer das Dascvn eines Gelenkes.
Brand sieht; allein diese Erklärung, so scharfsinnig sie auch , ' Im allgemeinen Sprachgebrauch nennt man hinfällige
ist, geht zu weit, da es eine Menge Blätter gibt, welche Blätter diejenigen, welche vor Ablauf ihres ersten Lebens
absterben, ohne sich von dem sie tragenden Stengel zu jahres absallen, und ausdauernde die, welche über
trennen. diese Zeit hinaus fortdauern; insbesondere werden im
Se'ucbicr hatte zuerst angefangen, das Absterben mergrüne Bäume diejenigen genannt, deren Blätter
vom Abfallen zu unterscheide», und schrieb Icztcrcs dem ausdauern. Es muß aber bemerkt werden, daß diese vom
Wachsen der Knospe des folgenden Jahres zu, welche sich, äußern Aussehen hergenommenen Redensarten keineswegs
vom Sommer an, in derBIattachsel zu entwickeln beginnt. richtig sind ; der botanischen Analogie zufolge müßten alle
Ich will nicht läugnen , daß das Zunehmen dieser Knospe jemals abzufallen bestimmten Blätter abfallende heißen,
das Abfallen der Blätter erleichtern könne, allein die we und nntcr diesen könnte man unterscheiden: j) die, welche
sentliche Ursache davon kann es nicht sevn, denn einmal gibt im ersten Jahre abfallen, oder die einjährigen; 2) die,
es Blätter, welche in ihrer Achsel keine Knospe besitzen, welche im zweyten Jahre, nach der Entwicklung neuer Blät
und die doch wie die andern abfallen; ferner gibt es an ter, abfallen, oder dic z wevj ä hr ig en; dieß bemerkt man
dere Organe, die an ihrer Basis keine Knospe haben, und an der Steineiche (cKsae welche in dieser Hinsicht
doch auf eine den Blättern so ähnliche Weise abfallen, daß das Aussehen der immergrünen Bäume hat, indem sie die
man unmöglich glauben kann, daß so gleichartige Erschei alten Blätter erst nach dem Ausbrechen der jnngen ver
nungen durch gänzlich verschiedene Ursachen bewirkt wer liert, deren Blätter aber in der That nur wenige Monate
den. Duhamel ist der Ursache der Erscheinung näher länger alS die der gemeinen Eiche (eKS»» rouvr«) danern, bey
gekommen, indem er das Abfallen der Blätter mit der welcher sie im Herbst absterben und oft erst später abfallen.
den französischen Landwirtden unter dem Namen cl>»«>. Z) ES gibt abfallende Blätter, welche, wie die der
xlur« (Brand) bekannten Krankheit des WeinstockS ver Fichten oder Tannen, zwcy, drep oder selbst eine größere
glich. Leztcre Krankheit besteht darin, daß die ober» Ge- Anzahl Jahre dauern , die man aber nicht mit den aus
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dauernden Blättern verwechseln darf, obgleich die einen keine Etikette, Gewiß , die Etikette geht mich nichts an ;
wie die andern den «»«dauernden Blätkerschnmck der im ich habe den Kaiser bep mir gesehen und er war in Pantoffeln.
mergrünen Bäume oder Sträucher ausmachen. Gräfin. Ich bitteSie, Herr Talma, sxrechenSi«
ein Wort für uns, wenn doch die Wünsche des Kaisers
selber hier ntcbts gelten ; erbitten Sic von ihrem Freunde
Die KröuungSgemälde.
ei» kleines Plätzchen in seinem Gemälde.
(Fortsetzung.) Talma. So höre doch, guter Kamerade, du ar
Der Kammerherr (tritt auft. Treten Sie herein, beitest für den Hof, werde doch etwas geschmeidig , und
nur herein , Frau Gräfin. hilf dem Herrn Grafen und der Frau Gräfin zu einiger
Gräfin. Wir treffen Herrn David zu Hause. Was Bcrübmtheit.
wir Glück haben! Kammerherr. Und mir auch, ich bitte Sie darum.
David. Ein Künstler ist immer zu Hause, Madame. Graf. Herr David, cs muß sepn. Bep meiner
Graf. Auch Talma? Das tst ja hier das Hciligkhum Stelle muß ich gewisse Vorrechte haben.
der Künste. Kam in erHerr. Wir sitzen Ihnen, so lange Sie
Gräfin. Je nun, wv ist denn das große Gemälde? wollen.
Ha, ha! Aber es ist ungeheuer groß. Wohin sollen wir Gräfin. Ich werde ein Sammtkleid von Nacarat-
eine solche Maschine stellen? färbe anlegen. Gewiß , mcin Anzug wird Ihucn gefallen.
David. An den schönsten Platz, den der Kaiser auf David. (Bcy Seite voll Acrgcr.) Kann man das Ge
finden wird , und ihm darf ich das überlassen. nie so mit Forderungen niederbeugen !
Graf. Cs ist prächtig, David. Seine Majestät wer Talma. Wie? Dn klagst darüber, David? wenn
ben entzückt, bezaubert sepn. man Sclausxicle macht wie dll, will jedermann Rollen
Kammerherr. Sehr hübsch, sehr artig. Aber wie? darin haben.
Je nun, wo werde denn ich angebracht, ich? Graf. Ein so großer Maler wie Herr David !
David. Sie, Herr Kammerherr? David. Großer Maler! Sum Guckuck! DaS ist was
Kammerherr. Allerdings, ich bin ja beständig um Rechtes ! Solche Begriffe hat mau von mir! Ich bin kein
Ken Kaiser. Maler. Ich war zu etwas Anderem geboren «Is znm Schmie
Gräfin. Und ich als Dame d'Atours Ihrer Majestät ren. In der konstitiiircndcn ÄZcrsammlung, im Senat,
der Kaiserin, unumgänglich nothwcndig muß ich darauf dort hätte ich glänzen sollen. Mir gehörte der Play , den
stehen , ganz nahe bey ihr. CambacercS einnahm. (alS EroßkanzlerZ be« Kaiserreichs.)
David. Es thut mir ganz unendlich leid, daß ich Ih Talma. (Bey Seite). Das sieht ihm ganz gleich.
nen nicht dienen kann, aber was Sie da »vi, mir fordern, David, (ungeduldig). Wo zum Teufel fvll ich Sie
ist unmöglich. anbringen , Frau Gräfin ? ich habe keinen Raum alö in
Gräfin. Unmöglich? Sie beleidigen mich! meinen Auschauerlogen.
Graf. Ach! Herr David spricht nur im Scherze. Gräfin. Am Ende ist das doch besser als gar nicht.
David. Glauben Sie mir, mein theurer Herr, mit Nur verstecken Sie mich nicht hinter eine Corntche.
Hofleuten scherze ich nicht; aber es ist kein Platz für Sie auf David. Um Gottes willen, man wird Sie noch
meinem Gemälde. Kaum werden die Prinzen vom Ge- immer nur allzusehr bemerken. Setzen Sie sich hier. (Sr
blüte und die Großwürden hineinkommen. Da ist Cam- lößt sie in einen Lehnsessel si«cn.) Legen Sie die Hände zu
bacereö , einer meiner alten Freunde, kaum habe ich eine sammen ; sv !
kleine Ecke für ihn. Kammerherr. Ich, Herr David, als Kam
Kammerherr. Hören Sie mich an, Herr Da merherr!
vid, Sie müssen sich die Mühe geben. Der Kaiser würde Graf. Ich, Herr David , als Oberofsizier!
darüber sehr unzufrieden werden. David. O! Sie, meine Herrn, ich kann Sie nur
David. Mein guter Herr, ich wollte herzlich in der Kirche unterbringen.
gerne. Aber Sie sehen selber, mein Gemälde ist über- Graf. Gerade das ist es ja, was wir wünschen.
füllt, meine Gruppen sind fertig, sie würden einen Theil David. Meine militärischen Gruppen sind geschlos
ihrer Anmnth verlieren , wenn ich Sie hineinbrächte. sen. DaS höchste was ich für Sie thun kann ist, daß ich
Gräfin. Können Sie denn unsere Familie nicht den Herrn Grafev als Diakonus, und Sie, Herr Kam
in eine kleine Gruppe stellen? So etwas dürfen Sie dem merherr, da Sie jünger sind, als Chorknabe, vorstelle.
Herrn Grafen von Sinecure nicht abschlagen. Auch for Gräfin. Meinen Gemahl «lS Diakon? das ist
dert cs die Etikette. höchst unanständig,
David. O, meine schöne Frau, die Künste kennen Kammerherr. Ich als Chorknabe! das leide ich nicht.
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David. Ganz nach Ihrem Belieben. Aber es ist «erde eS bald so ergehen wie ihr: I« public ,e Klizuer».
das einzige Mttel, was ich noch habe, um Ihre Köpfe benuzt Dafür wird jedoch jezt Rath geschafft, denn Dem. Sontag
den von ihr vorbehaltenen Urlaub» um Hwey Monate
anzudringen. ans der Londncr italienischen Bühne 'zu singen, und die Pa
Graf. Als Diakonus ! Machen Sie mich wenigstens riser werden unterdessen eine andere große Sängerin, Mab.
als Kardinal. Malibra» zu hören bekommen, deren Vater, Sarcia, ein
David. Der Kardinäle habe ich mehr als mir lieb ist. Spanier, lange auf der Pariser Btehne gesungen und auch
Kammerherr. Lieber wäre ich für meinen Theil einige Opern gcsczt hat. Für die Zufriedenheit der Dilettanti
ist also einstweilen wohl gesorgt. Was beu den andern Thea,
als Sakristan. tern NeueS vorgefallen, soll im nächste« Schreiben erwähnt
David. Das hängt nicht von mir ab. Entschei werben. ,, . -Dg.
den Sie. Wien, im April.
Talma. Sie sehen, Madame, daß ich hier nichts (Beschluß.)
ausrichten konnte als dicß. Wenn ich Ihnen rathen darf, Unser sonstiges Wirken und Treiben ist noch immer sehr
mein Herr, fo thun Sie wohl daran, wenn Sie sogleich lebhaft. Besonders viel geschieht für die Verschönerung der
sitzen. Morgen ist vielleicht kein Platz mehr weder für Stadt. Der Scherz, welchen lezthin ein Schauspieler in ei
nem Vorstadtthcater vorbrachte: „während man ein GlaS
Chorknaben noch für Diakone. Wein in einem Gasthause leert, wird auf der Straße ei»
Graf. Wenn es nicht anders sevn kann Haus fertig ist nicht ganz aus der Luft gegriffen. Es ge
(Die Fortsetzung folgt.) schah vor einigen Monaten dem, mit der Lokalität Wiens
hinlänglich vertrauten Referenten, daß er auf einem Spazier
gange sich nicht zurcchr finden konnte, denn dort , wo vor sechi
Korrespondenz-Nachrichten. Monaten noch Brachfeld war, stieg eine Häuserreihe empor.
Paris. 6. April. Der merkwürdigste Bau in der Stadt ist gegenwärtig der bcr
(Beschluß.) Universitätsbibliothek. Da er auf demselben Play, wo das
Ein untergeordneter Beamte würbe wegen eine« solchen Ver alte Gebäude stand, geschieht, bleibt die Bibliothek längere
fahrens zur Rechenschaft gezogen worden und abgesezt oder zur Zeit geschlossen. DaS Lokal wird um mehr als die Hälft«
Ersetzung der Geldsumme verurteilt worden sevn; allein ein vergrößert. Hinter dem Bclvctere wird in der Nähe des, n»
Hvfmann kann sich manchmal dergleichen Schnitzer ungestraft das Zehnfache vergrößerten botanischen Gartens , ier gegen
tcrwcise erlauben. Indessen mag der Hr. Vicomte doch einge- wärtig einer der größten in Europa ist. eine herrliche Ka
se!,cn haben, daß cr zur Leitung einer italienischen Oper nicht pelle gebaut, welche mit dem bekannten kostbaren Mosaitgc-
taugt; er hat daher dieselbe aufgegeben und es dahin ge mälde der Ccna, nach Leonardo da Vinci, geschmückt wirb.
bracht, baß dieses Theater nunmehr einem Privatdircttor . Lau An der Donau beginnt eine Gesellschaft von Aktionären den
rent , übergeben worden ist, der zugleich auch das englische Bau einer zwcyten Kettenbrücke, ein Unternehmen, welches,
Schauspiel mit diesem Theater verbindet, so daß künftighin da die Passage am sogenannten Schänzel sehr lebhaft ist.
wechsclswcise englisch und italienisch auf seiner Bühne wird einträglich werden dürfte. Auch die Straßenbeleuchtung hat
gespielt werden. Den ganzen Winter hindurch war die ita sich in den lczten Monaten bedeutend verbessert» Wo vordem
lienische Oper von der großen Welt sehr besucht. Dem. Son- ein schwaches LampciNicht nur spärlich die Straßen beleuchtete,
tog und Signora Pesaroni stimmten vortrefflich zusammen; strömt gegenwärtig eine Feuermaße auS neuen, geschmackvollen,
fast keine andere als Rossinischc Opern wurden gegeben; ein mit glänzenden Rcvcrbcrcn versehenen, an den Häuser» an
mal füllte man den „Don Juan" auf, allein mit wenig Er gebrachte» Lampe» , und erhellt die Nacht zum Tage.
folg. Ein Journal wollte daraus die Folgerung ziehen , daß Einige Wochen »ach Ostern beginnt die Kunstausstellung
Dem. Sontag keine große Sängerin scy , indem sie in einer der Gemälde auf der Acadcmie , deren ich in meinem nächsten
Mozartschcn Oper, einem wahren Probierstein des musikalischen Berichte umständlicher gedenken werde. Man erwartet Vor«
Talents, keinen Bchfall cingecrndtet habe; ich glaube aber züglichcs, obschon einige der bedeutendsten Maler sich für dieß-
die Schuld lag noch mehr am Publikum als an der Sänger,». mal zurückgezogen haben.
Der Nossinischc Swl ist dergestalt zum herrschenden Geschmack In der Charwochc, welche nur in Rom niit größerer
geworden, daß dem großen Publikum, wovon Nichtkenner Feverlichkeit alS be» uns begangen wird, war mindesten? die
die Mehrzahl ausmachen , der Mozartsche Styl dagegen matt halbe Bevölkerung Wiens auf den Straßen zu erblicken ; des
und fast schleppend vorkommt ; und ihnen nicht mehr bcbagt ; dazu unfrenndlichstcn Wetters, einer empfindlichen, durch starken
kam den« auch freylich . daß „Don Juan" gar nicht mit der Schnee erzeugten Kälte ungeachtet, wurden die Stadt- und
Vollkommenheit dargestellt wurde, die man zu erwarten be Worstadtkirchen zahlreich besticht. In manchen Kirchen wer
rechtigt war. Wahrscheinlich hat aber auch Dem. Sonrag die ben am Charfreitage erhabene, der Fever des Tages ange
Nosflnische Musik mehr stndirt und eingeübt als die Mozart messene Tonwerke zur Darstellung gebracht. Dieses Jahr
sche. In dem Rvssinischen Gesänge hat sie wirklich eine Mei hörten wir zum Beystgiel be« St. Anna Hapbens „siebe»
sterschaft erreicht , die Rossini selbst in Entzücke» stzt. In Worte." und in der, nach Art der Pcterslirche erbauten präch«.
dessen stimmen doch nicht alle Urthcile der Kiesigen Jour tiqen Karlskirche, zur Abendzeit das „5>»b«t IVIoie,-^" von
nale in ihr Lob ein ; sie hat einen heftigen Tadler in dem Pergolese.
IVc>ure«u pourvoi öe ?«e>5 , das ihr beständig vorwirft, sie Ein Schnelläufer , der vor ewigen Tagen im Pratev, mit
verderbe durch übertriebene Schnörkelepen und kokette Manie Helm , Küraß und sthwcren Stiefeln angetban , eine Strecke
ren den Gesang und ihre Rollen. Auch in einigen klcinern von mehr als einer deutschen Meile in S9 Minuten znrückzu,
Blättern wird die holde Deutsche nicht immer geschont; so legen versprach, Kat sein Versprechen erfüllt, zugleich Over sei»
bemerkte neulich der (»«nri-ier 6es ?Ke'«tres : Dem. Sontag Unternehmen mit dem Tode gebüßt. Er starb am Tage nach
sev unpäßlich wegen «Uzugroßer Ermüdung; dem Publikum vollbrachtem Lauft. —ft—
Verlag der I. G. Cotta 'scheu Buchhandlung.
III.

M o r g e n b l a t t

f ü r

gebildete Stände.

Donnerstag, 8. Mai 1823.

Scheltet mir nicht die Pfaffen ! sie kennen be« Menschen Bedärfniß.
Goethe.

Gemälde des römischen VolkscharakterS. zubenannt, (am 17. Jan.) ein und dauert während der
sogenannten acht Tage «>tt«„ri«) desselben. Dieser Anto
Die Einsegnung der Pferde (>» ben°ck!,ion<! s»' nius, vom Volke der Feuerantonius (int«»!« 6«! luve«)
e»,alli.) genannt, der nicht mit dem heil. Antonius von Padua
Mit einer Abbildung verwechselt werden muß, gilt in der katholischen Kirche
besonders viel als Fürsprecher zur Betreuung von mancher-
Daß den Menschen in Rom jährlich viermal vom Bai-
lep Krankheiten, unter welche» ehemals das sogenannte
kon der Peterskirche herab vom Papste der Segen crthcilt Feuer, nach ihm das Antoniusfeucr genannt, obenan stand.
wird, weiß die ganze Welt, daß hier aber auch die Pferde
Dieses fürchterliche Uebcl, welches besonders im Mittel
und Esel gesegnet werden, ist weniger bekannt. Sonderbar
alter wüthete, verzehrte die Glieder, als wären sie vom
genug dauert dieser Pferdesegen acht Tage lang, wäh- Feuer verbrannt und zog in kurzer Aeit den schmerzhafte:
rcnd der Segen, welchen der Papst über die Menschen sten Tod nach sich. Ss scheint, daß ehemals auch die Pferde
spricht , mit einem einzigen Male abgcthan wird. Wer von dieser Krankheit befallen wurden, weil ihnen noch heut
von lcztern versäumt, sich der Wohllbal desselben in der zu Tage der Segen des beil. Feuerantonius ertheilt wird.
dazu angesezten Stunde thcilhaftig zu machen, muß war-, Die Ceremonie findet vor einer Nebenthüre der Kirche
ten bis zum nächsten Male, dahingegen den Pferden zur des genannten Heiligen auf dem Santamariamaggioreplatze
Emxfängniß desselben eine ganze Woche zugestanden wird. statt. Vom Aufgange bis zum Niedergänge der Sonne
Diegeit tritt mit dem Feste des heil. Antonius, der Abt steht hier ein Priester, welcher mit Hülfe zwever Kirchen
diener auf die ihm vorgeführten Pferde und Sfel mit dem
*) Der obige Aussog brachte uns in das Gedächtnis, daß Sprengbüschel Weihwasser fprüzt und dazu den Segen
dem Morgenblatt in einem seiner frühesten Jahrgänge ein Ku spricht. Da Kiefer Kirchengebrauch zu einer Art von Volks
pfer, das Fest des heil. Antonius Eremita vorstellend, bcyqe-
legt war. Um wenigstens die Lokalität , den Play von San fest geworden ist, so wird eine nähere Beschreibung dessel
ta Maria Magqiore, mir der von dem alten Friedenstcmpel ben nicht ohne Interesse scyn.
genommenen, vor dieser Baillika errichteten Säule, zu »ersinn- Wie natürlich fällt, weil das Fest eine ganze Woche
lichen > nehmen wir keinen Anstand diesen Umriß noch einmal dauert, ein Tag desselben auf einen Sonntag. Dieser
beyzulegen, um so weniger, da ftit der ersten Mittlieilung
desselben mein? als eine halbe Generatio» dahingegangen ist wird als der vorzüglichste betrachtet und besonders glän
und der damalige Aufsag blose Kupfererklärung war. zend begangen. Den Besitzern von Luruspferden ist es
D. Red. freylich einerlcy, an welchem Tage sie die ihrigen zum Se
44»
gen führen ; aber für die Arbeitspferde ist ausschließlich Nach diesen machen sich die Stuten der Gemüsegärtner, Win
der Sonntag bestimmt. Schon mit Anbruch des Tages zer und Obsthändler bemerkbar ; ihre Stirn ist mit einem
beginnt es >n den Straßen des Bergequarticrs (Klone äe' mehr oder minder breiten seidenen Bande geschmückt, wel
Moni!) lebhaft zu werden. Mit dem frühesten Morgen ches nagelneu gekauft und wobey um so weniger auf ei»
versammeln sich auf dem Platze vor Santa Maria Mag- Paar Majocchi gesehen worden, als es nachher den Gat
giore (einem der größten, aber auch wüstesten Roms) Ver tinnen derselben zum Leibbande zu dienen bestimmt ist.
käufer aller Arten von Eß- und Trinkwaaren und fangen Endlich kommen die stolzen Kärnergäule. Diesen flattern
an dieselben auszuschreyen. Unter ihnen zeichnen sich die dicke Schleifen von Gold - und Silberbändern von der Stirn
Fabrikanten der sogenannten 2>>ci.er!ni (Gerstenzucker) herab; selbst ihre Schweife sind damit geschmückt. Am be
aus, welche um diese Jahreszeit, gewöhnlich reich an Hu merkbarsten unter allen machen sich die L»rberi, die Nen
sten und Schnupfen, häusig gegessen werden. Der Ge ner, welche im nächstbevorstehenden Karneval um den Preis
schmack des Volks wird von dieser Leckere» und von dem laufen solle». Diese Thiere (also genannt, weil man sie
Zusehen bey ihrer Bereitung gleich befriedigt. Man denke ehemals zu diesem BeHufe aus der Barbarey kommen ließ,
sich einen großen, vierschrötigen Kerl, welcher mit hoch während es jezt einheimische Pferde seyn müsse»), am reich
aufgeschürzten Hemdermeln die rohe Masse des genannten sten unter allen geschmückt, zeichnen sich auch durch die Ka-
Zuckers, nachdem demselben vom hinzugefügten Eywciße briolen aus, zu welchen sie das Wohlbesinden, dem man
eine fast unzerstörbare Zähigkeit gegeben worden ist, um sie sich drep oder vier Woche» vorher ergeben läßt, veran
und zwischen den Armen durchschlingt, sie in unendliche laßt.
Stricke zieht und streift, über einen Hacken schlägt und (Der Beschluß folgt.)
abermals dehnt, dann mit Roscnwasser besprengt und end
lich in den neben ihm stehenden Tiegel mit kochendem Ho
nig wirft. Diefe Handgriffe, mit Achtem Charlatanismus Die Krdnungsgemaldc.
ausgeführt, setzen die Zuschauer in ein erwartungsvolles
Entzücken, so daß sie mit den Fingern in die Honigpfanne (Fortsetzung.)
fahren würden, schlüge ihnen nicht der Verkäufer noch zu David. Sehen Sie, ich habe da alle Kostüme, die
rechter Zeit mit dem Rührlöffel darauf. Neben diesem der Erzbischof mir zugeschickt hat. Drapiren will ich Sie
machen sich die Bambocciari (Puppenhändler) am meisten späterhin. (Er wendet sich an dc» Kammcvlicnn und sczt ihm
bemerkbar. Hier zeigt sich der kindliche Charakter der Rö die geistliche Möge auf den Kopf.) Sie haben doch keine
mer im auffallendsten Lichte; Alt und Jung von allen Furcht vor der rothen Mütze, Herr Kammerherr?
Ständen läßt den Arlekin auf der Faust tanzen, zieht dem Kammer Herr (lächelnd). Nein, nein.
Gliedermann Arme und Beine krumm und wieder gerade, David. Lassen Sie sich nieder/ auf die Kniee, das
läßt die Schnarre erschallen, präsentirt das Gewehr und Rauchfaß in die Hand! Sie sehen, daß ich Sie in Ihren
schlägt die Trommel dazu. Alles ist hier Kind, die Kin gewöhnlichen Amtspflichten lasse.
der ausgenommen , welche dastehen und in ernstes Nach Talma (bey Seite). Das ist eine wahre Scene, aus
denken über den Spaß der Eltern versunken sind. Man welcher Dural eine treffliche Komödie machen würde!
erinnere sich übrigens , daß dieses Fest in die Karnevals David (im Malen). Ei, Herr Graf, Sie haben ei
zeit fällt. nen Bauch, derfür einen blosen Diakon nicht ganz paßt.
Nun zu den Hauptpersonen , den Pferden. Den Für Sie, Kainmerhcrr, werde ich wohl irgendwo eine
Reihen beginnen die Arbeitspferde, welche, wie an den blonde Pernicke aufsuchen müssen. Was ist denn das für
andern Tagen, fo auch heute am frühesten auf die Beine ein Lärm auf dem Platze ? gleichviel ; bleiben Sie ruhig,
gebracht werden; und sähe ihnen der Stand auch nicht ich komme an Sie, Gräfin.
durch die Rippen , an ihrer Stirne würde man lesen kön Talma. Man hält an vor dem Hause ... mehrere
nen, welchem Herrn sie angehören. Jeder dieser Gäule' Wagen ... der ganze Stab ! Es ist der Kaiser !
trägt nämlich irgend einen Schmuck auf dem Kopfe, wel Alle. Der Kaiser!
cher durch seinen Werth de» Vermögensstand des Besitzers Napoleon (im Eintreten). Ich besuche Sie ohne
bezeichnet. Der Kotywagenführer hat-am Tage vorher, den weitere Umstände, David.
besten Lumpen aus dem Straßenkehrigt ausgesucht, ihn David. So viel Ehre, Sire, beschämt mich.
bcym nächsten Brunnen so rein gewaschen, als es sich ohne Napoleon. Guten Tag , Talma.
Seife thun läßt, und seiner Mähre vor den Kopf geheftet. T a l in a. Sire . . .
Dem Füllen des Puzzolankrämers paradirt daS Strumpf Napoleon (tritt an das Gemälde vor). Das ist ja
band seiner Gattin an der Stirn, welches diese zur Er bereits über die erste Anlage vorgerückt. (Er sieht das Ge
sparung der Kosten für den Tag hat herleiheu müssen. mälde lange stillschweigend an.) Die Kaiserin ist schön. In
ihrem Bilde stellt sich der ganze Anstritt dar, groß, schön, Sie verrathen eine gewisse Schwäche in Ihrer Vorliebe für
sehr schön. (Er betrachtet e< noch einmal schweigend.) Ja, sehr die alte Regierung, und darum werden die guten Geister der
schön. (Er geht auf David loi und lüpft vor ikm seinen Hut.) Revolution sich von ihnen abwenden. Was wollen Sie ma
David, ich grüße Sie. chen, wenn Sie auch noch Feinde im Innern haben , von
David (gerührt, drückt Talma die Hand.) O! Mein den auswärtigen gar nicht zusprechen? denn mit all Ih,
Freund, diese Ehre ist jcht republikanisch. ren Siegen auf dem festen Lande, werden Sie doch England
Napoleon (bemerkt den Grafen und den Kammerherr»). nicht besiegen. Am Ende, Sire, fehlt es Ihnen an einer
Sie waren vor mir hier, Graf, und Sic, Kammerherr ! Marine.
ist das eine Posse? Spielen Sie hier Komödie? Napoleon (kalt). Sie vergessen, daß ich die Mari
Graf. Sire, ich saß, um gemalr zu werden. nen von Joseph Vernet habe ; Herr David, ich werde sie
Kammerherr. Herr David wollte . . . im Pallaste des Senats aufstellen.
Gräfin. Sire, unser Eifer... David. Ich verstehe, Sire, ich bin weiter nichts
Napoleon (ungeduldig). Wie? was? «IS ein Maler; aber ich kann mich nicht entkalken, zn
David. Sire, ich glaubte damit Euer Majestät zu feufzcn, wenn ich den Genius des jungen Frankreichs
gefallen. Der Herr Graf und die Frau Gräfin haben mir sehe, umgeben mit aristokratischem Trödel von Vicomten
zu verstehen gegeben, es müsse in einem Gemälde wie die und Markisen.
Krönung . . . Napoleon (indem er da« Seinälde anfiel t). Auch
Napoleon. JmKrönungsgcmäldc! Ick will darauf scheint mir dieses Bein zu kurz zu seyn, was mevnenSie,
vorgestellt fevn, umgeben von mciiic» Generalen, wie am David ? Sie verstehen das besser als ich. (Sr fleht auf.
Tage der Schlacht. (Zum Grafen und zum Knnincrherrn) Zu einem Lakaycn). Mein Gefolge !
Gehen Sie. (Sie gehen Beybe ab.) Talma (leise ,u David). Unglücklicher ! Du bist durch
Napoleon (sezt sich a«f eine» hölzernen Sessel ohne deine Schuld verloren (da« Gefolge tritt ein).
Lehne; sein Gefolge tritt ab.) Wenn wir einst den Frieden Napoleon. Meine Herrn, ich ernenne Herrn
haben, David, dann wollen wir große Dinge ausfüh David zum Reichsbaron.
ren. Aber Sie haben mich da Zeuge eines lächerlichen David. Sire , ich bin durchdrungen ....
Austritts werden lassen. Den Grasen und den Kammer- (Der Kaiser geht ab. Da« ganze Gefolge begleitet ihn.)
Herrn im Kirchenornat! Was wollen sie? Talma (drückt dem Maler mit Lächeln die Hand). Wahr
David. Sie wollten einen Platz neben Ihnen, haftig, mein Freund, diese Ernennung ist eine ächt rexu^
Sire , durchaus wollten sie das. blikanifche Ehre.
Napoleon. Ich muß mich wundern über diese Leute. David (stampft mit den Füßen). Sie machen sich alle
Weil ich ihnen meine Antichambre gcöffnet habe, halten sie über mich lustig, aber ich weiß, was mich an ihnen rächcn
sich für Helden. Sie meinten, sie gehen da zur Kröming soll, ich will den LcomdaS *) malen!
Ludwigs xv. Ihr alter ehemaliger Hof lieferte mir nichts (Die Fortsetzung folgt.)
als Lakaven.
David. Ha! der alte Hof glaubte in Ihnen einen *) Bekanntlich ziehen Kenner David« Leonida« allen seinen
Dagobert zu finden ; er traf ans einen Karl den Großen. Meisterstücken vor , wozu er ebenfalls den Gegenstand aus der
Napoleon. Sie führen aber erlauchte Namen ; man alten Geschichte wählte.
che sind aus den ältesten Familien Frankreichs, und dann
gehören sie zum Pallaste; vergessen Sic das nicht, David.
Ihre republikanischen Vcrirrungen vcrzcike ich Ihnen gerne,
Korrespondenz- Nachrichten.
aber das Volk bedarf des Adels alö eines Zaubers , und ich
habe eS nicht ungern , wenn man einige große Name» an D ärmst« dt, Ende April.
meinen Fenstern sieht.
David (tritt vor). Aber, Sire, ich scheue mich nicht, Wer da« künstlerische Deutschland nur nach der Postkarte
öffentlicher Blätter bereisen wollte, der würde auf seinem
es Ihnen zu sagen, dieser altgothtsche Adel, dem Sie gute Wege von Frankfurt nach Mannheim , Karlsruhe , Frcybnrg,
Worte geben, wird Sie ins Verderbe» führe». Baden-Baden , Stuttgart ». s. w. ohne Zweifel auch in unse
Talma (zieht il'n zurück , leise). Bist du toll, Freund? rer Rcndenz anhalten , um die Pferde zu wechseln. Wen» ein
Napoleon (lächelnd). Lassen Sie ihn reden, Talma. solcher Reisender , gegen die Weise gewissenhafter autoptischer
Rcisebeschreiber, nicht schliefe während des Umspannen«, fo
David. Sie haben mich daran gcwöhnt, Sire, daß kb„„kc er aus Lanqerweile in feine Schreibtafcl »stiren ,.Darm-
ich mit Ihnen reden darf, wie ein Künstler mit einem gros stadt hat ein schönes Pvsthous." und wir hätten unS für diese
sen Manne reden soll. Nie werde ich Ihnen schmeicheln. gütige Aufmerksamkeit noch höflichst zu bedanken. Zwar fleht.
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Gräfin. Ich weiß es, mein Herr, aber Sie haben viel Gemälde des römischen Volkscharaktcrs.
Verstand. Darum werden Sie auch wohl fühlen, daß man
bisweilen etwas aus Politik thun muß , wenn man auch (Beschluß.)
nicht höflich ftvn will. Die traurigste Figur spielen wie immer di/r Esel. La
Maler. Ach du Gott, Madame! die Politik gehört sten haben sie zwar am heutigen Tage nicht z« tragen ; aber
nicht in mein Fach und die Galanterie steht mir nicht ihre Prügel bekommen sie reichlicher als an andern Tagen,
mehr an in meinem Alter. denn sie werden von ihren Herrn, welche im Römischen,
Gräfin. Ich habe mich fehr geirrt, mein Herr. Ha, sonderbar genug, mit ihren Thieren einen und denselben
sieh da mein Gemahl; nun Wird es mir nicht gelingen. Namen führen, nämlich s°m,ri. eifriger hinter dem Se
Graf (mit seine». Bedienten). Legt hier sorgfältig gen hergeschlagen als Hie Pferde. Damit aber der Segen
auf diese Stühle meinen Mantel nieder, meine Orden und desto wirksamer seyn möge, erscheinen nur die ganz Ar
meinen Fedcrhut. Sie sehen, Herr Baron, ich habe nichts men oder Geizigsten mit leeren Händen ; die meisten ver
vergessen, mein vollständiges Bmtskleid. (Er sieht seine Ge ehren der Kirche eine Wachsfackel, oder doch einige Ker
mahlin.) Wie, Madame, Sie hier? das ist doch son zen; die Reichern lassen sogar den Antouianerinnen, deren
derbar. Kloster mit der Kirche verbunden ist, ein Fuder Holz,
Gräfin. Ich sehe nicht, mein Herr, was an mei Wein oder dergleichen anfahren. Diese s«»» lere»!«» sind
nem Schritte zu tadeln wäre. aber sehr gefährlich , denn auf ihre Geschenke trotzend fah
Graf. Sie sind eine Intrigantin ; überall trifft man ren und reiten sie durch die dicksten Haufen wie das wilde
Sie an. Gewiß ist Ihnen die Narrheit in den Kvxf ge Heer. Daß hier, so viel man hört, keine Unglücksfälle
kommen, auf dem Kxönungsgcmälde stehen zu wollen. entstehen, muß dem heil. Fcucrantonius zugeschrieben wer
Gräfin. Sie stehen doch auch darauf, mein Herr. ben, welcher nicht allein die Krankheiten der Pferde heilt,
, Graf. O das ist etwas ganz anderes; ich komme in sondern auch die Menschen beschüzt, daß sie weder von den
der Geschichte wirklich vor. Wagen gerädert, noch von den Pferden zerstampft werden.
Maler. Herr Graf, Frau Gräfin, machen Sie ein Wer außer den Pferden auch Wagen hält, fährt zum
ander keine Vorwürfe. Segen, die Petits-Mattres reiten. Hier werden diesel
Graf. Madame, Sie haben mich betrogen; Sie ha ben Sitten, derselbe Lurus entfaltet, welche man an an
ben dem Herrn Direktor der schönen Künste ctwaö aufge dern Tagen auf dem Corso wahrnimmt; vom Vctturino
bunden, und das ist höchst lächerlich. bis zum Herzoge «scheint Jeder in feinem besten Staate,
Gräfin. Es steht Ihnen wohl an, mir vorzuwer und Mariuccia, die bekannte schöne Vetturinfrau, sizt so
fen, ich intrigire, während Sie der frechste Schmeichler gut an der Seite ihres Cavaliere Servcnte wie die reizende
von der Welt sind. Dnchcssa neben dem ihrigen, während ihre Ehemänner zu
Graf. All das ist eitel Eigenliebe und Anmaßung. Pferde die Wagen derjenigen Damen begleiten, welchen sie
Gräfin. Und Sie, was treibt denn Sie, wenn Sie ihre »ervitü gewidmet haben. Wie auf dem Corso, stellt
den jungen Herrn spielen? Ich weiß, daß für Sie die sich auch hier das männliche Publikum ans bepdcn Seiten
Jagd etwas unerträgliches ist, aber um den Prinzen zu des Weges auf, und läßt die Equipagen in der Mitte
gefallen, sind Sie mit Tages Anbruch auf den Beinen, ge durchfahren. Es wird gelobt, getadelt, bekrittelt gerade
stiefelt und gespornt. wie dort. Die Römer sind keine Heuchler, sie genießen
Graf. Meinetwegen, wie Sie wollen, Madame, das Vergnügen, wo sie es finden, und ohne sich einen an
aber alle Ihre Plane werde ich vereiteln. Ja , wenn Sie dern Zwang aufzulegen , als dem sie etwa von den Cara-
noch an unsere Tochter dächten, sie würde sich auf dem binern (Gcnsd'armen) unterworfen werden. Diese lassen
Gemälde nicht unvortheilhast ausnebmen; aber Sie! mit sich handeln , und somit geht alles in Ruhe und Frie
Gräfin. Sie sind nichts als ein Egoist; Ihre Toch den ab, d. h. im ärgsten Tumulte, über den sich Niemand
ter nehmen Sie nur zum Vorwand. Sie kümmerten sich ärgert, weil Alle daran Theil nehmen. Tätlichkeiten wer
wenig um sie, als Sie dieselbe unbarmherziger Weise trotz den vermieden, weil hier die Eorabiner keinen Spaß ver
ihrer Schwächlichkeit zwangen, den Prozessionen des Jubi stehen dürfen. Heimliche Püffe und Rippenstöße laufen
läums beständig bepzuwohnen ; aber da wollten Sie sich zei mitunter; das sind, wie man hierzn sagen pflegt, n»«cnio-
gen, obgleich Sie an nichts glauben. nerie (Kleinigkeiten). Statt daß übrigens, wie billig, die
Graf. Sie vergessen, Madame, daß wir hier Aeu- Fuhrwerke und Reiter, nachdem die Pferde den Segen er
gen haben. Ucbrigenö kömmt der Ritter Trebucbet gerade halten, sich nach Hause begeben sollten, da diese Cercmo
recht, er wird Ihnen sagen, wie die Befehle des Hofs nie kein weltliches Spektakel , sonde.ru ein religiöses Fest
».uteri. ist, stellen sie sich auf dem Platze zu zehn, zwanzig und
(Der Beschluß folgt.)
drevßig auf, wo dann die Unterhaltungen, welche bereits
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im Vorbevfahren angefangen haben, im Stillstande einen unentbehrlich, wenn es in diesem Stücke besser werden
desto erwünschter« Fortgang haben. Daß hier die Equipa soll; und, wenn dieß ist, so scheint mir eine frevmü-
gen und Reiter der fremden Nationen, besonders der eng rhlgeBenrtheilung der neue sten Stücke ein we
lischen , sich am bemerkbarsten machen , versteht sich. So sentliches Ingrediens zn Ihrer Unternehmung zu sevn.
ein Gentleman , der in seinem Lande über verrußte Ent Ich müßte mich sehr irren, wenn Sie in Herrn Meißner
weihung der Religion schreit , wenn ein armer Schuhflik- nicht dazu Jbren Mann gefluiden hätten. Doch, waS ich
ker, um nicht Hungerö zu sterben, am Sonntage einen hier sage, ist bloö eine Folge der Seite, von welcher ich
Hinterfleck aufgefezt hat, entblödet sich hier nicht, den Prie dermalen die Sache ansehe. Vielleicht ist es nicht die
ster, der den Segen ertbeilt, mit der Lorgnette zu be rechte, und vielleicht glauben Sie, nickt ohne sehr plau
schauen, die Achseln zu zucken, überlaute Bemerkungen zn sible Gründe, daß man hier mehr ausrichten könne, wenn
machen, ja. ihm geradezu ins Gesicht zu lachen, ivcim er, man das Ucbel untergräbt, «ls wen» man es mit Ge
ermüdet von der unaufhörlichen Wiederkehr derselben Hand walt ausreißen will.
lung, sichs a»i Ende etwas bequem macht und dabcv nicht Die famosen 5t«m«?r« <l«>sr.cke v«ii»ir, kenne ich schon
immer die Bonzcnmaske vor das Gesicht nimmt. Ereig seit einigen Wochen, weil sie mir zugeschickt wurden. Ich
net es sich gar, daß seine Pferde, welche sich dem Auge an weiß nicht, was die bösen Dämonen für einen Stvl schrei
schließen müssen und nicht ausweichen dürfen, im Gedränge ben; ich, meines Ortes, fand, als ich diese l«.m»ir« gele
den Segen davon tragen , fo sprudelt der Mann im höch sen Karte , daß unter allen sterblichen Menschen Voltaire
sten Jörne sein Goddam hervor und wüthet, als wäre ihm allein der Verfasser derselben sevn könne. Es ist ein häß
der größte Schimpf widerfahren. licher Rachlaß, und schwer genug büßet der große Fried
Mit Einbrnch der Nackt hört ine Einsegnung auf, und rich dadurch feine partbeiliche Vorliebe für den französischen
Menschen, Pferde und Esel begeben sich langsam auf den Koi e.xri,; er wollte ein französischer König sevn, hatte
Heimweg. Da aber der Schauplatz dieser Scene zn den eine französische Akademie, machte, waS noch ärger ist,
einsamsten und vcrödctsten von Rom gebort, und hier eine französischen Witzlingen ordentlich die Cour in Hoffnung, von
Jusammenbäufimg von Menschen bev nächtlicher Weile der ihnen für ihresgleichen anerkannt zu werden, und hat nun
öffentlichen Sicherheit nickt weniger als der öffentlichen daS Vergnügen zu selten , wie sie ihn zum Besten gehabt
Sitte gefährlich werden dürfte, so müssen die Carabiucr haben, und wie gut ihr CorvpliZus, Voltaire, dafür ge
sorgt hat, daß die Nachwelt j« nicht ans den Wahn kom
men könne, er habe den nordischen Salomon für etw.'<<
m?br «i4 ukil> für einen ^
W i e l a n d an A r ch e n h o l z. Brandebonrg gehalten, der lhm just gut genug gewesen,
Weimar, !78i. sich mit seinen Nidiculcs lustig zu machen und seine
Sie haben einen große» Appetit nach den Grönlän Zriedricksdor einzustreichen. Es ist ein schreckliches Erem-
disch e n P r o z c ss e n bry mir erregt ; wir haben aber hier pel, das der französische »ei an einem seiner Nation
das Unglück , alle n«r» dieser Art immer ein halb Jahr und Sprache sich schämenden deutschen Fürsten stotuirt hat.
Mit seinem Gleim, Kleist, Rammler ie. hätte der große
später als die übrige Welt zu bekommen.
Nun, mein Bester, ein Paar Worte über den Plan König nichts dergleichen riSquirt. Aber so ists nun ein
mal: x«r <zu«6 qui, x«cc»r, per iöe» pvMtur. Voltaire
der allgemeinen Theater-Zeitung.
Ich deuke, daß bcp den dramatischen Ans sä tzew, selbst, der von Seiten des moralischen Charakters längst
bep den Vorschlägen zu Verbesserung der nichts mehr verlieren konnte, wird nicht um einen T6irel
Kunst und überhaupt bcy der ganzen Unternehmung das schwärzer dadurch, und die Nachwell wird seine Alzire, sei
Hauptaugenmerk darauf gerichtet sev , zur Remcdur deS nen Mabomcd, seinen Candide und seine Jeaime darum nicht
dermaligen klaglichen Anstandcs des deutschen Schauspiel mit weniger Bewunderung und Vergnügen lesen. Auf den
wesens etwas Erklekliches bepzutragen. Ich sehe «der versprochenen Brief über das Reisen, mein liebster
nicht wie dieser Zweck erreicht werden könne, ohne die Freund, worin Sie de» Fanfaren W. wegen feiner mencher-
Houptnrsachen dieses, der ganzen Nation schimpflichen lev begangenen Albernheiten und feiner übermäßigen Süffi
Justandes unserer dramatischen Musen aufzudecken, vnl> sance und Präkensionen namentlich züchtigen wollen , freue
dem verdorbenen Geschmack selbst, und den Schriftstellern ich mich znm Voraus. Ich habe keine Ursache diesen Sterb
und Stücken, welche ihn verursachen und unterhalten, lichen mehr zn schonen als irgend einen ander», und da
denKltngern, Schinken, Schillern und Komp. ich voraussetze , daß Sie ihm kein Unrecht thun werden, so
einen offenbaren Krieg anzukündigen. Grün bliche Kri überlasse ich ihn gänzlich der Strafgerechtigkeit, die Sie
tik, sckarfe Kritik, (bevdeS kann mit einem guten Ton, im Namen des von ihm beleidigten »»» 8«»» «i ihm aus
de, Niemand bürgerlich beleidigt, bestehen) ist uuS üben wolle». CS ist nöthig, daß dergleichen literarischen
44«
Recht vorwarf, ist heut zu Tagt nur eine gesellige Erheite«
Demagogen die Löwenhaut, aus welcher sie der armen rung Die alte Trinklufl hat sich gleichfall« gelegt. Auch mehr
deutschen Lesewcltmit ihrem Cselsgeschrey so seltsam impo- religiöser Sinn herrscht seitdem hier, besonders bey den Frauen
niren, von Zeit zu Zeit über die Ohren gezogen werde. de« ersten Stande«. Sie haben ilirein geselligen Standpunkt
Wieland. durch Wohlthun und ökonomische Sorge in den Hülfsanstalten
eine höhere Würbe geben wollen . und dieß ist ihnen vollstän
dig gelungtn. So haben sie auch eine uncntgcldliche Arbeits
Korrespondenz- Nachrichten. schule angelegt , ein guter Theil ihrer Einkünfte und ihres
Neufcha t e l, im April. Vermögens kömmt überhaupt den Armen zu Gute.
(Fortfcgung.) (Der Beschluß folgt.)
Heinrich IV. hatte in seiner Armee Neuenbürg« Kompagnien,
die sich auszeichneten. Die Offizier e wurden von den französischen Hannover, April.
Fürsten , die un« damals beherrschten , sehr Werth gehalten. Hey unserer Emilie Grvux, eine Noviet in ThalienS Tempel, und
Die Könige bezeigten diesen Offiziere» besonderes Wohlwollen, Glüek ibrtn Oper seit dem ersten März tngagi«, hat mit
trsten dramatischen Versuch al« „Myrrha" im
gaben ihnen Adclsbriefe und beförderten sie vor Andern im Lande.
So traten die begünstigten Familien aus der Gleichheit mit Opferfestc gemacht. Die sehr biegsame un e. kehlenfcrtige
den andern heraus , und wurde» wie die alten Vasallen deS Stimme hat den ganzen Reiz jugendlicher Frisch Ihre Arie :
Lande«. Auf diese Weise erhielten die Feudalvorurtyeile und „Ich war. wenn ich erwachte," ward überlaut applaudirt. Da«
Sitten mehr Aufmunterung. Der Militärdienst in Frankreich. Herüberziehen der Töne und der zuweilen zu häufig angebracht«
Holland und andern Ländern verschaffte mehreren Neuenburgcrn Triller sind ein Paar Ncbclwolken an dem schönen Gesang«»
Ansehen , Pensionen , und den Kompagnicchefs gute Gehalte. Himmel dieser beginnenden Sängerin, die ein freundlicher Wink
Mit der zunehmenden Wohlhabenheit nahm auch der Sinn für deö Kapellmeisters gewiß zerstreuen wird. An der stürmischen,
fremde Gebräuche und Genüsse zu. Doch war bieg noch sehr an Wahnsinn gränzcnden S<ene im zweytcn Akte war fast nicht«
im Einzelnen. Die große Mehrheit fühlte in ihrer Lage keine auszusetzen . und so dürfen wir unS zu dieser neuen Acquisi»
Veränderung , und kannte nur die Freuden des Trunk? »nd tion um so mehr Glück wünschen, da ein solcher Versuch vo»
des Spiels. So blieb das sittliche Leben bis in die Mitte einem kaum sicbzelmjäbrigen Mädchen zu den erfreulichsten Aus
sichten berechtigt. Ganz neu . zum Benefiz de« PensionSfonbS
des vorige» Jahrhunderts, wo durch den immer zunehmen deS hiesigen TbeaterS. sahen wir: „die Geopferten." Trauer»
den Handel große Wohlhabenheit und selbst Rcichthum in spiel
Ncufchatcl heimisch wurde. Der Handel, und mit ihm die neucrnin Tragödien. vier Akten vo» Braun von Braunthal . eine der bessern
Streifen wir die im Geiste der Zeit Hins
Möglichkeit reich zu werden . reizte alle und stand allen offen. zugefügten Katafalke und Katakomben alS schauererrcgcnde Su»
Mit den glücklichen Erfolgen stieg auch die Gewinnsucht ; die rogate von dem natürliche»
Spekulationen dehnten sich immer weiter aus und machten eS dem Stücke durchaus nicht Ganzen der Ereignisse ab. so fcklt
an Interesse. Mahnen au« ein
häufige Reisen nothwcndig. Dadurch kamen auch fremde Han- zelne Situationen und Charaktere unS hier und dort an Schil«
delslcute nach Ncufchatel. Nun mehrten sich auf doppeltem lerS Räuber «ie >. R, schon die Grundidee,
«««e neue und kostbare Lebensweisen. Die Haujcr . die sich den verschmähet cn . eoelgeborene» Maravigliadaßin da« Unglück
die Hände
bereichert hatten, oder die noch da»»" ^»^Sl,.^ullrr». «taten
o,e ^— , ^,s>„„x„s,^», verschafften >>ch gesellige. einer Räuberbande führt . deren Hauptmann er wird . ferner
bis dabin unbekannte Annehmlichkeiten, sie wurden hochgeach der Charakter de« Romano, zu Anfang mit dem de« Kosinskv
tet und gcfcyert, weil sie reich waren, und alles bekam die und später mit dein des Schweizer nahe verwandt ; die Herrsch»
Richtung zum Wohlleben und zum Uebcrfluß. sucht de« Lorenz« , dem wie Sxicgelbcrg nach der Hauptmann»
Die französische Revolution vernichtete vollends alles, waS schaff löstet ». s. w., so sind wir doch durch den Hauptmomcnt.
noch von Feudalsitte und Gewohnheit übrig war. DaS Gute wo Maraviglia die gerettete, früher angebetete Bettina trinm,
dieser Umwälzung , die Ausfüllung deS schroffen Abstand« zwi phirend seinem Nebenbuhler in die Arme zurückführt, genügend
schen den verschiedenen Klassen hat sich in Neufchatcl erhalten. befriedigt. Nicht so befriedigend hingegen ist die Katastrophe,
Alles macht gleiche Ansprüche, alles strebt nach gleichem äus wo der hcldenmürbige Maraviglia, mit sich, dem Grafen und
sern Schein. der Gräfin Kaflelmare versöhnt, iin Angesicht diese« gräfliche»
Wollte man die Einwohner der Stadt In Klassen brin Paares aus den Händen eine« gemeinen Räuber« den Tod
gen . so zeigt sich wohl Verschiedenheit in der Erziehung , in empfängt. Diese Glücklichen hätte der Dichter nicht Zeuge
der geselligen Weise und in den Formen. Da« sind aber nur eine« soliden traurigen Ende« seyn lassen sollen, und war der
geringe , kaum sichtbare Abstufungen. Darin liegt der größte Tob al« Brri'öhnungSinitter mit dem Himmel, oder al« Bal,
Unterschied, dag einigt durch ihr Vermögen und ihre Lage un- sain für die unheilbare Wunde im Herzen erforderlich . hätte
abkäiigig sind , andere aber für sie arbeiten und von Gehalten er schöner bcrbeygcführt werden können. Frevlich wäre ein
ober Uitterstüynng leben. Dieselbe Scheidelinie findet sich auch Thcatcrcoup dabcy verloren gegangen, dafür aber auch auf die
in Beziehung auf Moralität. In den bwbcn ober« Klassen reiner« Empfindungen de« Zuschauer« würdiger gtwirkt worden.
herrschen gewiß sehr reine Sitten, Maß »nd Anstand in allem, Die sehr blühende Sprache ist eine Hanptzicrdc diese« Stücke«,
dabcv große Mildthätigkeit jund uugesuchtes Woblthun. Durch doch könnten die Monologe und Meditatioucn seltener seyn.
den Handel und dessen Unfälle kömmt mancher schnell von Reich- In den Augenblicken der größten Gefahr werben Betrachtun
tvum und Wohlstand herab , seit?» dagegen dura, unüberlegte gen angestellt, wozu e« tinem von allen Seiten Gedrängten
Verschwendung. Man kann selbst bemerken , baß in derselben und Verfolgten an Zeit und Ruhe fehle» muß. Dem Helden
geselligen Sphäre Familien von ganz verschiedenen Vermögens deö Stücks , Hrn. Volkmar (Maraviglia), gebührt die lauteste
umstände» leben. Anerkennung für die in allen Theilen sehr gelungene Darstel
Vergleicht man unser jetzige« sittliches „nd geselliges Le lung dieses glühenden Charakter«.
ben mit dem vor der französischen Revolution, so läßt sich nicht (Der Beschluß folgt.)
verkennen, daß es viel besser geworden ist. Man sieht weniger
Zerstreuung, die Spielwuth zumal, die man uns lange mit B e y l a g e : Literaturblatt Nr. Z8.
Bering der I. G. övtta'schen Buchhandlung.
113.

M o r g e n b l a t t
für

gebildete Stände.

Sonnabend, 10. Mai 182 8.

Um schlecht«, Lorbeer kämpft der Held,


Der nur «m Ehrt kämpfet;
Wer für die Menschheit Segen streut.
Der isvi, beß sich die Menschheit freut.
Herder.

Brplragc zur Völker- und Länderkunde des russischen Entfernung von dem eivilisirten Europa, in diesem äußer
. . Reich«. . . ' sten Winkel Sibiriens, mitten unter den .Horden der wil
den Burän», die für die eifrigsten Anhänger des Heide»-
Seit dem Jahr t8ZZ bemerkt man unter den gebilde thnmS gelten, ganz in der Nähe des buratischen Oberprie-
ten Klassen der russischen Beamten ein löbliches Strebe»/ sters, eine Gesellschaft von Engländern fand, die man hier
bex Reisen, die sie in öffentlichen oder Privatangelegen unter dem Namen der Selenginskischen Missionäre kennt.
heiten durch die entlegener« Provinzen ihres großen Vater Ich konnte nicht genug die Festigkeit ihres Charakters be
landes machen, soviel es nur ihre GeschäftSverhältnisse und wundern, welche sie vermocht, einen so heroischen Ent
Lvkalumstände gestatten, belehrende und interessante No schluß mit standhafter Bekämpfung so unendlicher Schwie
tizen über die Sitten , die Lebensart der Bewohner, die rigkeiten durchzuführen. Diese kleine Kolonie besteht auS
Geschichte und Geographie zu sammeln und solche ihren einem Engländer und zwey Schottländern aus Glasgow
Landsleuten in eigenen Broschüren oder durch die gelesen- mit ihren Familien. Beyde leztere haben auf der Univer
sten Tagesdlätter mitzutheijen. Dieß ist ein erfreuliches sität Sdinburg studirt. Der Engländer Stalibras spricht
Zeichen der Zeit, de«» nur so dürfen Rußland und Europa bereits unsere Landessprache mit ziemlicher Geläufigkeit ;
znverlüßige und^ genaue Besuchte von allen, selbst den ent kein. Sohn, ein anmuthiger Kn«be von sieben Jahren,
legensten Theile» dieses Riesenstaa» erwarten, welche bis verräth schon in physischer und psychischer Hinsicht viele
her bepden nicht viel mehr «IS den Namen nach bekannt ßüge russischer Nati,»alität und liest das Mandschurisch«
waren. Dies« Bevträge, von denen wir im Folgenden ei ganz fertig. Ich fand bey ihnen einige junge Burätinnen,
nige mittheilen, beweisen, daß, wenn Rußland Provinzen die unter Anweisung der Hausfrau schon die niedlichste»
erobert, auch die Civilisation, wenn auch langsamer, doch Sachen von Stroh flechten gelernt hatten. Diese kleine
nicht minder sicher, Land gewinnt. Ein Herr v. Mar tos Kolonie, in einem von FelSbergen , welche in der Ferne
beschreibt in einem Briefe de» Besuch, hen er der bepSe^e»- den Anblick einer Stadt haben, umschlossenen Thale, des
ginsk am SeleiMfllnZeiq ejver Entfernung von S5«u Wersten sen Boden ganz aus Sand besteht, am linken Ufer dor
von Petersburgerrichteten enSlischenMissionskolonie »lachte, Seie«aa, gelegen, besteht aus zwey im Jahr 482« auf Ko
in einem andern die chinesische Grenzstadt Maimadschan. sten der Regierung sehr geräumig und bequem erbaute«
1) Die englische Missionskolonie bep Selen- Häusern. Bevbe gehören ausschließlich den Missionäre»
ginsk in Sibirie»« und werden von ihnen und ihren Dienstboten, die lauter
WK erstaunt w« ich, als ich i» dieser Ungeheuern Buräten sind, bewohnt. In einem derselben befindet sich
45°
eine recht artige Bibliothek. Sin ganzes Zimmer war mit . Die Krönungsgemälde.
Evangelien in Mandschurischer Sprache angefüllt, die man
, (Beschluß.)
aus Petersburg hiehcr geschickt hatte, , um sie unter die dieser
Sprache kundigen Heiden zu vertheilen, welche sie zu be- Trebuchet. Ich bin hier ganz recht, wie ich sehe;
sitzen wünschen sollten. Als ich die Wohnung der Heyden ich habe das Vergnügen, mit dem Maler des Königs zu
Schottläuder besuchte, ward ich von William Shans Gat sprechen ?
tin mit einem Frühstück ganz nach englischer Weise bewir- Maler. Und ich, mein Herr, wen habe ich die
thet. Sban wies mir darauf einige Schriftzöge der Du Ehre vor mir zu sehen?
ralen, die noch eine sehr grobe Form haben ; die'Buch- > 5 Trebuchet. Wie? Sie kennen mich nicht? Ich bin
siaben gleichen den türkischen und chinesischen. Gleich den der Ritter Trebuchct, der Krvmingsgefchichtfchrciber. Ich
Chinesen schnitzen auch die Burären ihre Buchstaben auf glaubte, Duras habe mit Ihnen von mir gesprochen.
hölzerne Täfclchen aus und drucken sie sodann ab. Wir Graf (bcy Seite). Duras ! Wie der unverschämte
besitzen jezt in Rußland zur Bekehrung der nichtchristli- Mensch von den Leuten spricht! — In der That hat sich der
chen Völkerschaften zwey englische Missionsgesellschaften: Herzog von Duras Vorwürfe zu machen, daß er den Herrn
die gedachte am Selengaflusse und die Astrachansche *). Geschichtschreibcr vergessen hat.
Cs läßt sich mit Wahrscheinlichkeit hoffen, daß diese neue, Tr e bu ch e t. Wo ist das Gemälde ? Ah hier! Nicht
im sibirischen Erdboden ausgestreute Saat des christlichen übel! Es hieß aber, es solle hoher werden, die Personen
Glaubens, so schwach sie auch scyn mag, aufgehn und würden acht Fuß hoch. Je nun, wo bin denn ich, ich sehe
Früchte bringen werde, nur scheint der Zeitpunkt dazu mich nicht.
noch nicht nahe zu sepn, und er dürfte erst dann eintre Maler. Sie, mein Herr?
ten, wenn der gegen die übrigen Völker so feindselige Trebuchet. Wahrhaftig, man sollte glauben, ich sey
Geist der chinesischen Negierung einst durch den Drang der fremd wie der Sultan, ich, der Ritter Trebuchet, Kri-
Umstände gefälliger, toleranter wird und sich mit ihnen nungsgeschichtschreiber. In der Liebfrauenkirche hatte ich
durch Verbindungen mehr befreundet. Dann werden die meinen eigenen Platz, ich muß alfo auch auf dem Gemälde
Missionäre von Kanton in nähere Verhältnisse mit de einen habend - .. :
nen von Selcnginsk treten können , und erst dann darf Maler. Ihren Platz, mein Herr ... ich werde su
man mit Zuverlässigkeit günstigere Erfolge für die Verbrei chen, Ihnen nach Gebühr einen anzuweisen.
tung des Christenthums unter den heidnischen Völkern Gräfin (zn Tnbuchet). Was wollen Sie, mein Herr ;
Ostasiens erwarten. Bis jezt haben die Bemühungen der bin ja sogar ich nicht darauf.
gedachten Britten nur unbedeutenden Erfolg gehabt ; dieß Trebuchet. Aber, gnädige Frau, Sie sind auch kein
erkältet und entmuthigt aber ihren Eifer keineswegs. Den KrönungSgeschichtschreiber. (Er besieht da« Gemälde mit
ganzen Sommer über findet man sie wenig zu Hause, sie sein« Brille.) Sagen Sie mir doch, Herr Baron, ich kann
stellen dann die für ihren Beruf notwendigen ' Fährten mich hier gar nicht zurecht finden; das sollte ganz anders
nicht nur zu den Burätcn, sondern auch zu andern in wei sevn. Hat Ihnen denn Vabry das Ceremonienbuch von der
terer Ferne wohnenden Völkerschaften an und setzen ihre Krönung unserer Könige aus der Bibliothek im Louvre
Streifereycn selbst bis nach dem bekannten chinesisch-russi nicht zugeschickt?
schen Handelsorte Kijächta fort. Den Schottländer Wil Maler. Mein Herr, ich kenne den Herrn Vabrv und
liam Shan fand ich zur Zeit meines Besuchs mit einer Ue- das Ceremonienbuch ganz und g»r nicht. > ^- - .!'.
bertragung der Psalmen Davids in die Sprache der Büre Trebuchet. Wie? wenn Sie es nicht haben, sokoni-
ten beschäftigt.! Die Missionäre erhalten das Journal der men Sie auch nicht zmkecht. Ihr Gemälde muH ganz un-
Londonschen Missionsgesellschaft überaus richtig jeden Mo 'rrchtigl werden. Stellen Sic sich doch vor, daß man «lle
nat zugeschickt, die politischen Zeitungen aber nur einmal Ccremonien pünktlich befolgt hat; Alles war wie bev den
im Jahr. Chamba, der Oberpricster der Buräten, der Krönungen Ludwigs xiv. , Ludwigs xv. «nd xvi.
von ihnen nur fünf Stunden Weges entfernt ist, hat sie Maler. Auch der Eid auf die Charte? '
in vier Jahren einmal besucht. Die Britten schreibe» dieß ' " ' trebuchet. Diese CereMvnie war ein Nebenhin«,
seiner außerordentlichen Beleibtheit zu; du sie^ aber „m so das «ns etwas iis Verlegenheit sezte; wir wurden in
schmächtiger sind, hätte es ihneii- incht schwer Wen dessen doch damit" ftrtig. Schon gut, ich will Sie besu
ien, dem korpulenten Dalai-Lmn« der Bliräteii desto öfter chen tindJhneii mit Meinem Ratb an die s?aiid gehen.
zuzusprechen. -'K ? 7,? Sie versteben wdhl, ich wär dabed, ich'war in Allem voran
- (Die Fortsetzung folgt.) '/ -> .> !. ,. als Geschichtschreiber. . . ' .
") Leztere hat sich bekanntlich vor Aurzem g<inz aufgelbst. Maler. Herr Geschichtschreiber , Sie sind ein jun-
grr Miinn, Sie haben Sine Krönung gesehen, ich. sah ih
4ör
rer zw«. Sie waren noch in der Schule, als ich bereits Tr ebNchet (sucht »nfdnn SnnÄbe mit seiner Brille).
meine schönsten akademischen Preise davongetragen botte; Wahrhaftig Kammerherr, ich suche Sie überall, ich finde
Sie habe» die Etikette studirt, ich die Natur ; erlauben Sie nicht.
Sie also, daß ich auf Ihre vortrefflichen Rathschläge Ver Gräfin. Sehen Sie hier den schönen Husaren? eö
zicht thne. Hätte mich der König so sehr verkannt, und ist aber der Herzog von Orleans !
von mir statt eines Nationalgemäldes einen Ahnensaal ver Kammerherr. Je nun , gerade da muß ich fern,
langt, oder einen Wappenschild, so würde ich Sr. Maje (er sieht nach). Wie ist dann das? . . ich bin nicht mehr
stät für die Ehre gedankt und mein Amt dem Herrn Wap- da.... den Kopf des Herzogs von Orleans hat man auf
penhervld übergeben haben. meine Schultern gesezt! Das ist abscheulich!
Graf. Der Herr Baron hat Recht; ein Künstler Maler (lächelnd). Was sollte ich machen , mein Herr?
kennt keine andere Rücksicht als seine Kunst. Hören Sie Höhere Befehle Die Etikette wollte es so, fragen Sie
doch, mein Lieber, Sie müssen mich vo» der linken Seite de« Herrn Gcschichtschreiber.
darstellen ; man muß doch meine Ehrenzeichen sehen ; ich Alle lachen laut anf.
wünsche das nicht meinethalben , es ist nnr wegen meiner Gräsin. Ich ersticke vor Lachen.
Kinder. Graf. Das ist göttlich!
Gräfin. Herr Baron, wenn Sie meinen Gemahl Kammerhe,rr (wütyend). Schon gut, mein Herr,
hineinbringen, so will ich auch hinein. Wenn ich nicht ich beklage mich beym König (geht a».
hineinkomme , so werde ich krank. Sie bringen ja sogar Gräfin (mit Lachen). Ganz Paris will ich die Ge
den Kammcrherrv hinein ; seit vierzehn Tagen sizt er Ih schichte erzählen (gebt ab).
nen, er rühmt sich dessen überall. Graf. Nun, Barou, sitzen wir hoffentlich.
Maler (lächelnd). Wenn Sie durchaus wollen , Ma Maler. Gerne , Herr Graf ; wir wollen mit dem
dame , so thue ich für Sie dasselbe, was ich für ihn thne. Kostüme anfangen.
Gräfin. Endlich also! Ich wußte wohl, daß ein Ba Graf (ganz kalt). Ich verstehe.
ron die Gesetze der französischen Galanterie nicht verletzen Trebuchet. Mein Herr, ich sehe mit Vergnügen
kann. Ihre schlimmen Gesinnungen. Lassen Sie mich nur ma
Kammcrherr (im Eintreten). Ha, Sie sind da, chen ; ich bin uicht nnr Geschichtschreiber der Krönung,
Graf, und die Frau Gräfin auch! Ei, ich weiß schon, Sic sondern ich arbeite auch an einem gewissen Journal, und
suchen sich Plätze; Sie kommen hieher, um zu intrigiren; werde Sie dort zu schildern wissen (geht ab).
nicht wahr, Baron, sie intrigiren? Maler. Wie Sie wollen!
Graf. Zum Henker ! Sie sind überall der Erste und
machen sich gar groß damit, daß Sie vor uns gekommen
sind. Daö gute Herz.
«räsin (spbttisch). Der Herr Kammerherr ist ja
auch Oberster, und wird sich gewiß unter die militärischen Schlägt dir ein fühlend Herz, ^
Umgebungen des König« eingeschlichen haben. Wird dirs viel Kummer machen,
Kammerherr. In der Husaren-Staatsuniform, Bcv fremdem, bey eigenem Schmerz.
mit Ihrer Erlaubniß , Madame. Ach, und die Thoren, die Schwachen,
Die sich Helden, die sich Weise wähnen,
Gräfin. Sie als Husar? ich meynte, Siesollen Abnen nicht dein Sehnen,
hinein als Chorknabe? Nicht deinen Schmerz,
Kammerherr. Und der Herr Graf ohne Zweifel Können grollen, können lachen
Ueber dein Herz!
als Diakon?
Graf. Sprechen wir nickt von alten Geschichten, Aber auch Wonne genug.
Herr Kammerherr, Sie würben vielleicht dabey schlimmer Bist du nur klug.
Wird es dir aus Freuden und Leiden,
wegkommen als ich. Fremden und eignen, bereiten;
Kammerherr. Sie auch da, Trebuchet? Nun, Wonne, so rein und zart.
das ist mir sehr lieb. Sie sollen mir sagen, ob ich gut Wie aus seligem Land,
aussehe. O, ich habe einen Ehrenplatz im Vordergrund, Von der kalten versteinerten Menschenart
ganz nabe bei, dem Kissen, auf welchen» der König stand. Nimmer gefaßt und erkannt.
Ich nmßte frevl ch oft sitzen, mache aber dem Baron deß- Gottlieb Zimmermann.
halb keinen Vorwurf, er nimmt es genau. Der Kopf
ist kaum angelegt, aber meine Kleidung ist ganz ge
troff«. ^ 2
452
Aorrespo»denz-Nachrichten. Rebe und mchventhcilS richtiger Betonung. Das zu häusige
Aussprciyen der Arme und Emporziehcn der Pupille im Auge
London, April. muß der auf gutem Wege Begriffene «ntcrlasscn ; solche Ange
Dcr König bat vor Kurzem einen großen Hoftag gehalten, wohnheiten werden zu leicht stereotyp »nd schmälcrn den Werth
wobey sich eine fast bcyspiellose Menge Herrn und Damen einsam dcr beste» Leistungen. Die scenische Anordnung im lezten Akte
den , und wobey vor allen der Herzog nnd die Herzogin von St. war von unserem Direktor von Holbcin eben so sinnrcich als
Albans (die Wittwc des Banquier Couts) sich durch übermäs geschmackvoll ausgeführt. Sie soll ganz Holbeins Erfindung
sige Pracht auszeichneten. DaS Gedränge war sehr groß, und scyn, um desto erfreulicher für den Dichter, sein gelungenes Pro
selbst die Gesandte» und andere vornehmen Personen, welche dukt auch stenisch hier so sinnreich ausgeschmückt zu sehen. Im
Cntre'c hatten . fanden sich so eingeengt, daß dcr Prin, Ester: „Barbier von Sevilla" nalnn Hr. Uetz als Figaro, eine Glanz»
vaz» zum Baron Valk gesagt haben soll: o«u> » äoane parthie dieses ausgezeichneten Baritrnisten, Abschied von un
I'entre« , i> taut »U5»i «ou» ckvvver l» «ortie." Des Abends serer Bühne , mn dem Rufe nach Carlsruhe zu folgen. Die
war italienische Oper, bcy welcher fast alle, die am Hofe gewesen, unzwcydeutigstc» Beweist der Anerkennung seines entschiedenen
zugegen waren. Die Logen warn, viotl. und Parterre und Gal des Bedauerns ihn scheiden zu sehen . sprachen
leric übermäßig angefüllt; obgleich man durch besondere Be- sich ununterbrochen rochen an dem Abcude
Abeude aus. Unsere bei besten Wün
günstigung an 2U>> Personen hinter die Koulissen gcheu ließ, sche begleiteten den nunmchr von uns Gcschicdcnc». I» den
so mußten doch mehrere Hunderte sich, ohne Einlaß gefunden Zwischenakten hörten wir den ausgezeichneten Violouistcn, Hrn.
zu haben, zurückbegeben, und diese Anziehungskraft hatte allein Sigismund von Praun. einen ungarischen sechszehn-
die Sontag , deren liebenswürdige Sutmörhigkcit ihr alle Welt jährigen Edelmann, dessen glockenreine Töne, Zartheit des
zum Freunde zu machen scheint. So hat z. B. Mab. Pasta Vortrags und Führung des Bogen« ihm einen eminenten
in den Zeitungen angekündigt, daß Dem. Sontag sich aufs Play unter den lebenden Violinisten auwciscn. Frau von
freundschaftlichste erboten habe . bev ihrem Benefiz die Rolle Longbi-Mdscr , cinc sehr brave Harffnistin, gab ein Konzert
der Desdemona zu übernehmen, obgleich, ihrem Bertrag« nach im Harmonicsaale mit glücklichen, Erfolge. Ihr Spiel ist von
sie aus bescheidenem Mißtrauen in ihre Kräfte diese Art von seltener Virtuosität, nur überflügelt dcr allzustarkc Baß oft
Rollen nicht zu spielen brauchte. Dieß ist besonders erfreulich, die Sphärcntdne des Discantö. Was sie von ihrer eigene»
da man allgemein geglaubt hatte, daß zwey Sounen an einem Komposition spielte , sprach in Hinsicht der Tondichtung nicht
Hinimcl einander nvtbwendig beneiden müßten. Sie gibt den sehr an: eS waren meistens veraltete Passagen in neue For
Allsten ein Morgcnkonzert, wobey schon alle Plätze bestellt sind, men gegossen. Ihr gratidscs Spiel verdient aber besondere Er
und »och fünf Mal so viel bestellt worden wären, wenn der wähnung. Grauns Oratorinni: ,.der Tod Jesu," znm Besten
Saal mehr Ranm hätte. dcr Armen nm Charfrcitagc von den vereinig tcn Künstlern und
Rctsch.'nS vortreffliche Skizzen von Hamlet sind hier auf: Dilettanten oufgcführr. unter wclcdcn lcjter» die herrliche So-
scrordcntlich beliebt nnd gehen sehr schnell ab. Hr. Fleischer pranstimmc eincr jungen Dame, Dcin. y . sich vernehmen
war hier und überreichte dem Könige zwey Prachtercmplarc ließ , hat den Armen cinc so rcichc Ausbeute gebracht , daß al
von diesem einzigen Werke. Dcr Monarch »ahm das Geschenk lein dcr Stadtarmenkasse cinc Su»»ne von ?l>» Thalern von dieser
sehr huldreich an und gab Hrn. Fleisch« eine goldene, reich Erndrc zugcflosscn ist. Die ganze Einnahme bclief sich auf
mir Diamanten besegle Dose. Zugleich drückte er den Wunsch Z1U Thlr. 12 Gr. In der TKat , ein schöner Gottcspfcnnig,
aus. Hu» ^...^ ...^ nächsten Lieferung die lustigen Weiber von der dcn Hülssbcdürftigcn von de» Hülfeleiflendc» in ein Paar
Windsor wählen möchte, u...^.. r.^„„te, doS diefelbe schon Stunden ersungcn ward.
so weit gedeihen sey. baß eine Veränderung des »cgr>,p.„.i,.. Am zwcntcn Ostcrtoge haben wir Dclnhardsteins ,.Hans
nicht mehr möglich wäre, versprach aber, baß die dritte Lieferung Sachs" unv v,„k „>^h„ ..Belisar" und „das Fräulein am
dieses Stück enthalten solle. - Bor ein Paar Tagen eröffnete die See" zu erwarten.
Londoner wisscnschaftlicheGcsellschaft ihre» neuen Hörsaal, wo: S. H.
bcy Hr. Denman eine glänzende Rede über die Vortheile der
Wissenschaften hielt, welche nächsten« im Druck erschcincn wirb.
Diese Gesellschaft ist eine von den zweycn , welche in London Auflösung des Näthscl« in Nro. IDi:
unter dem Schuye der Herrn , welche seitdem die l.ibr«rx «s Nuß.
v5°sul Kn««Ieckg» angefangen haben, gebildet worden sind.
Sie hat bereits 6W Mitglieder, die für zwey Pfund des
Jahres die Borthcilc eine« Lcsekabinets , des Unterrichts in 5!,, Mztlitz
Sprachen und der Vorlesungen über.allcrlc» Gegenstände ge :,„vt5 R t h s e l.
nießen , was zum Theil aber nur durch die Bcyträqe an Wie heißt das Ding, das viele suchen?
Gelb. Büchern , Instrumenten u. s. w. von Seiren der Ehren Meist ist sein Geldwerth sehr gering;
mitglieder möglich geworben ist. Sein innrer Wert» gar oft verdächtig, its?ks ->-! >».
Hannover. Weil's oft an schlechte», Plage hing!
.IMtiOl,''?«
(Beschluß.) euch so manchevley Gestalte»
Mab. Artour vermehrte als Bettina wiederum die Zahl Von Heil'gen . Menschen , Thiereo weist;
der Bewunderer ihres schönen Talents, welches durch die reizende Dem ihre Name» leihen inußtcn
Gestalt dcr werthvolle» Künstlerin erhöhet wirb. Hr. Ka«ia- Selbst Christus und der heirge Seist?
ncr (Graf Kastelmare) und Hr. Hanf (Altamonte) waren auch
in diesen beschränkten Sphären sehr verdienstlich. Hr. Engel: ES gleichet eine», schönen Stempel,
ken , ein sehr junger Zögling Thalien« , seit Kurzem erst bey Der oft ein falsch Metall verhehlt.
unserer Bühne engagirt , überraschte uns sein- erfreulich als Und doch den Werth de« ächten zeiget.
Carlo Romano . eine bedeutende Rolle dieser Tragödie ; fast Wenn der Probierstein dir nicht fehlt.
durchgängig sprach er diesen mit sonorer Stimme, deutlicher I. <S. M.
Verlag der I. G. Cotta'schen Buchhandlung.
M o r g e n b l a t t

für

gebildete Stände.

Montag, 12. Mai i 8 2 8.

Die Neigung gibt


Den Freund, es gibt der Vortheil den Gefährten;
Wohl dem , dem die Geburt den Bruder gab !
Ilm kann da« Älück nicht geben , ««erschaffen
Ist ihm der Freund.
, Schiller.

Walderich' s Söhne. Haupte winkend? ..Thue also, mein Neffe. Gott bat dich
Erzählung von C. Spind ler. von großem Zwang crlist; danke ihm, und gehe hin."
Sogeschah es denn leicht, daß Marimilian von seinen
.,Unser Vater verschied gestern Abend in der zehnten bisherigen Studien Abschied nahm und sich der heimathll-
^Stunde. Ich bade ihm die finstern Augen zugedrückt , chen Stadt näherte, wie es sei» Bruder wünschte. Diesen
7,ich halv die leztcn Worte seines strengen Mundes »er-
..Nammen. Ich werde allein seinen Sarg zur Gruft ge- Bruder nach einigen Trennungsjabren wieder z» sehen, er
-leiten. Komme jedoch sobald eS dir möglich ist, mein freute Maximilians Gemüth ganz besonders. Die VeV
„Geliebter, um das Erbe in Besch zu nehmen. Ich hältnisse ihrer Kindheit waren geeignet gewesen, eine treu«
..verlange nicht »ach deinem Tröste, denn nun erst athme Liebe in den Herzen der Brüder zu entzünden. Ebenso
„ick leichter; aber nach deiner Liebe sehne ich mich. Komm
..in meine Arme , in oaö HauS, daö unö jezt nicht mehr wohl von der leichtsinnigen Mutter vernachlässigt, wie von
..ein fremdes ist. dem grausamstrcngen Vater in eiserne Zwangfesseln ge
Arthur.- schlagen , hatten sie nur in ihrem eigenen Zusammenleben
Dieser Brief gelangte an den Studenten Marimilian Ersatz und Trost gefunden. Sine Verbrüderung der Nvth
v. Walderich, als im alrerthümlichen Dom die Vesperglok- hatte sich dem Bunde der Natur bcvgcsellt, und wie sie ge
ken geläutet wurden. Seiner Hand entsank das schwarze wohnt waren, vereint zu leiden, so freuten sie sich auch
Gewand, das er überzuwerfen im Begriff stand. Er legre nur vereint. Aufrichtigere Thränen find nie geweint wor
das Gebetbuch weg, las noch einmal den Brief deö Bru den als bey dem Abschiede der Brüder. Nach des Vaters
ders , und besah sein lächelndes Gesicht im Spiegel. Er unabänderlichem Willen , und weil es von jeher so her
zog den Vorhang vor die theologischen Bücher seiner Zelle, kömmlich in der Familie gewesen, sollte der jüngere Sohn
band einen Flor um Arm und Hut und ging aus, die Marimilian in das geistliche Stift, der ältere, Arthur,
Tranerkleider zu bestellen. Vom Friedhof heimgekommen, in die Armee treten. Widerstrebte gleich Bevder Neigung
wo er sich ernsthaften Betrachtungen über des Vaters Hin- der despotischen Bestimmung , hätte gleich der sanfte,
scheiden überlassen hatte, trat er vor den Dechant des Ka- schwärmerische Arthur lieber daS Kreuz , der lebhafte Mar
xitelS, seinen OKeim, und sagte: „Der Freyherr, Ihr eifriger den Degen ergriffen , das Alter entschied unwider
Schwager, ruht bey seinen Vätern ; ich bin mein eigner ruflich, und nutcr Schwüren ewiger Treue gingen die Brü
Herr geworden, und wünsche das Seminar zu verlassen, der von einander. Sie hatten nimmer gehofft, sich so bald
auf das Domherrnkreuz Verzicht zu leisten." Und der wieder vereinigt zu sehen, und doppelt war darum ihr«
Dechant erwiedexte freundlich , mit dem silberhaarigen Wonne, «IS sie sich unter dem Portale des väterlichen Hau
ses wieder weinend umarmten. Des Baters Manen zürn diesen Tag befchieden. Komm, lieber Mar, daß daS Te
ten vielleicht, denn ihnen floß die-Thrane nicht, und nicht stament geöffnet werde." »- »
dem Äridcnken der Mutter, die schon längst, schnell und ^» (Die Fortsetzung folgt.) ^
leichtsinnig, wie sie immer gewesen, aus dem Hause ge
gangen war , dahin , woher Niemand zurückkehrt.
„In diesen versiegelten Schränken und Koffern liegt
unser Erbe," sagte Arthur, indem er den Bruder im Beytrage zur Völker- und Landerkunde des russischen
Hanse herumführte; „diesen Rcichthum schenkt dir und Reichs.
mir die Eröffnung des Testaments. Aber den beste» Schatz,
der dir nun ungethcilt zugefallen, ist , kann ich dir nicht (Fortsetzung.)
zeigen. Du wirst ihn jedoch erkennen, ich mexne mein 2) Die chinesische Granzstadt Maimadschan.
treues brüderliches Herz." Der chinesische Handclsort Ma im ad sch an, der dem
Maximilian legte sich bewegt an dieses Herz, und Ar bekannten russischen Kjächta gerade gegenüber liegt, ist in
thur küßte ihn sanft auf die Stirne. einer Saudfläche sehr regelmäßig gebaut; die Stadt liegt
„Ich kenne kein höheres Glück," sprach dieser weiter, au der rechten Seite der beyderseitigen Gränzlinien und
„als dir ferner anzngehören, treu, eigen, unablösbar. ist von dem ihm gegenüber liegenden Kjächta nur 25«
Meine in Zwang versteinerte Brust sprudelt wieder frische Schritte entfernt. Die Stadt besteht ans vier Straßen
Quellen. Ich habe alle Anstalten getroffen. Das harte und zählt gegen t?« Häuser. Hier widmet sich Alles dem
Soldatenhandwerk gebe ich auf; ich ziehe zu dir, zu un- Handel, der überaus wichtig und ausgedehnt ist, darum
serm Oheim. In eurer, der Gottgewcihten Nähe will ich sind auch fast alle Häuser mit Buden und Magazinen ge
den Frieden des Lebens kennen lernen." füllt ; die Häuser haben übrigens in Rücksicht der Kunst
Da rief Marimilian: „Nein, mein Bruder, nicht oder der Bauart überhaupt für den Reifenden nichts Merk
dorthin , wo ein finsterer Dom und ein kaltes Gepränge würdiges. Hier steht man die Chinesen zuerst in ihrer
eigentlichen Heimath Hausen ; aus ihren Gesichtszügen
uns nicht befriedigen würde. Auch ich bin frey ; auch ich
habe mich losgesagt von meinen aufgedrungenen Pflichten. spricht deutlich als vorherrschender Zug Habsucht und Geld
Ich will der Welt angehören, nicht einer eitcln Hoffnung gier, eine Leidenschaft, welche ihnen auch hier eine gewisse
auf einen Heiligenschein." Kühnheit in ihren Unternehmungen gibt, die sie in an
dern Verhältnissen nicht leicht zeigen ; eine gewisse Uube-
, - Arthur wurde bleich bey dieser Rede; mit einem holfcnheit und Saumseligkeit aber ist dabey in ihrem ganzen
leichten „So?" senkte er das Haupt und schwieg über Treiben nicht zu verkennen, und namentlich pflegen sie die
rascht. Ein junger, hübscher Mann, in tiefer Trauer, geringfügigsten Geschäfte mit einer Wichtigkeit abzuthun,
gleich Walderichs Söhnen, trat, Marimilian ehrerbietig die oft ans Lächerliche gränzt. Gegen jeden Europäer, von
begrüßend, zu ihnen. dem der Chinese etwas für fein Interesse erwarten darf,
„Doktor Ogger," sagte Arthur, der sich faßte. „Du ist er immer sehr höflich. Die Gassen bieten dem Frem
siehst in dem geschickten Arzte den Mann, welchen unser den die auffallendsten Erscheinungen dar: hier begegnet
Vater in den lezten Jahren seiner schweren Krankheit aus man einer Menge zwevrädriger Karren mit den reinsten
Dänemark berief, um von der Kunst des Gerühmten seine Sisstücken gefüllt; dieser Artikel ist einer der gesuchtesten,
Herstellung zu begehren." Mar schüttelte dem Doktor die den» es gibt nicht leicht eine Speise oder ein Getränk,
Hand, und dieser versezte: „Der Himmel hatte über den wozu sich die Einwohner nicht des Eises bedienen ; dort
Frevherrn beschlossen ; die Wissenschaft war zu Ende. Wenn sieht man gesattelte Ochsen, die zum Reiten vorgeführt
es mir jedoch nicht gelang, Ihren Vater zu erhalten, so werden, oder mit Waaren schwer beladene Kameele , die
wurde ich dagegen Ihres Bruders Freund. Mein Bestre aus der mongolischen Steppe herüberkommen ; weiter Kna
ben, auch der Ihrige zu seyn, wird es sich belohne»?" — ben, die allerlev Sachen feil bieten und mit ihnen so schnell
„Sie haben meines Vaters lezte Stunden versüßt, mei durch die Straßen laufen , daß sie einen umzurennen dro
nen Bruder wie einen Freund getröstet," erwiederte Ma hen. Ueberall findet man eine bewundernswürdige Rein
rimilian ; „zweifeln Sie daher nicht an meinem Wohlwol lichkeit, und man glaubt sich in eine holländische Stadt vcr,
len. Erlauben es Ihre Verhältnisse, so bleiben Sie bey sezt. Nicht nur die Gassen, auch die Höfe, die durchgän
uns, daß wir uns näher kennen lernen." — „Ich bin der gig mit Granit gepflastert sind, zumal aber die Gemächer,
Heimath entfremdet worden," sagte Sggcr; „vor der Hand werden stetö in musterhafter Reinlichkeit erhalten. Geht
nehme ich die Frcystatt in Ihrem Hause an, bis Sie dem ein Mensch über den Hof oder fahrt ein Wagen durch,
Ueberlästigen selbst die Thüre weisen." — „Komm jezt gleich ist der HauSknecht mit seinem Besen zur Hand, um
zum Kanzler," forderte Arthur; „die Zeugen sind auf jede zurückgebliebene Spur von Unsauberkeit zu tilgen. Nir-
455
gends fleht man hier auf der Straße die Fa?aden der Häu chen neben dem Sfen. Sie sind leidenschaftliche Liebhaber
ser, denn überall werden fle von verschiedenfarbigen Zäu vom Rauchen und bediene» sich dazu metallener Pfeifchen,
nen dem Ange verdeckt. Die Wohnzimmer und Buden nicht viel großer denn ein Fingerhut; diese sind gleich aus»
sind ohne Ausnahme in den innern Hofranmen angebracht. geraucht, werden beständig ausö Nene gefüllt und mittelst
Im volkreichen Gewühl einer so bedeutenden Handelsstadt besonders dazu dienender Lichter an dem Kohlenbecken an
sieht man nirgends ein Frauenzimmer, denn bekanntlich gezündet. Mit gleicher Leidenschaft lieben sie den Thee.
zeigen die mißtrauischen Chinesen ihre Weiber Niemanden. Die gefüllten messingenen Theekannen stehen daher unun
Allgemein nimmt man es bier als keinem Zweifel unter terbrochen auf der glühenden Kohlpfanne , und während
worfen an, daß die Chinesen von allen in Kanton des des Rauchens schlürfen sie schnell eine Tasse nach der an
Handels wegen anwesenden Europäer» die Russen am «lei dern. Die Küchen in Maimadschan fand ich nicht min
sten schätzen und am ausgezeichnetsten behandeln. der rein und zierlich aufgeräumt alö die Wohnzimmer.
Die Buden in Maimadschan sind sehr geräumig und Da die Chinesen Key ihren Mahlzeiten Zwiebeln und
werden überaus rein gehalten. Das feinste weiße Papier Knoblauch über alleö lieben , sind die Küchen damit auch
vertritt hier die Stelle der Fensterscheiben, nur ganz kleine am meisten angefüllt. Abends werden die Hofe mit La
Stücke Glas sczt man in die untern Nahmen, um die Vor- ternen , die von durchsichtigem , buntfarbigem Papier ge
bevgehenden zu seken. Die Wände der Buden sind mit macht sind, crieuchrek; dieß gewährt aus einiger Ferne,
allerhand Schriftzüge» und Gemälden behängen; lcztere wenn man fo die ganze Stadt in den verschiedenartig
stellen Chinesen oder Ansichten von ihren Landhäusern vor. sten Feuern brennen sieht, einen schönen Anblick. Je
Die Kaufläden der Häuser, die von den eigentlichen Wol >>- der Maimadschanische HauSwirth hak gewöhnlich vor der
gemächcrn völlig getrennt sind, bestehen aus mehreren Stadt ein eigenes Landhaus, in dem er seine Pferde, Ka-
Zimmern ; in jedem derselben befinden sich zierliche Schränke meele, Esel, Maulesel und sonstiges Hauövieh und zah
von Ebenholz , gefüllt mit den verschiedenfarbigsten chine mes Geflügel hält.
sischen Seidenzeugcn , die mit den Lvoncr Zcngen in Güte (Die Fortsetzung folgt.)
der Fabrikation wetteifern könnten ; in andern sind den
Käufern Vasen und die niedlichsten Gefäße von Porzellan
zur Schau ausgestellt , die den sächsischen an kunstvoller Korrefpondenz- Nach richten.
Bearbeitung nichts nachgeben , oder Riesen stoße von Pa Pari s. ,0. April.
pieren aller möglichen Farben, aus Bambusrohr verfertigt. Seit seiner Reise nach Italien hakte der berühmte Dichter
Alle diese Erzeugnisse der Chinesen zwingen dem Reisen Casimir de la Vignc nichts gedichtet aiißer einigen Neinc» Ge
den Bewunderung und Achtung vor einem Volke ab, das «II«, dichten, welche sei» Verleger Ladvocat »nter dem Titel: tVou»
««»»enienn« mit vieler Prackit »alte drucken »nd mit
i» vielen Künsten und Zweigen des Gewerbfleißcs schon vielem Lobe in den Zeitungen ankündigen lassen, und die er
die bedeutendsten Fortschritte gemacht bat. In einem Zim den Lesern fel'r theuer verkaufte. Diese Gedichte wurden aber
mer des Kaufladens ist die bekannte Hauptgötttn der Chi bcu weitem feinen frül,crcn nicht gleichgefchälzt. Für das
nesen (Foo-Khon) angebracht; man siebt sie hinter einem TKeater liatte er seit seiner e'eol» cle, ,iei»»r<I» nichts ge
liefert. ES machte dakcr Auffelien, als vor einiger Zeit die
Altar in einer Nische, die ein seidener Porhang deckt, thro Journale ankündigten, der Dichter habe dein l'Keitr« kr,»-
nen ; vor ihr hängen an der Wand einige Lampe», die be ei» neues Lustspiel in fünf Auszüge» vorgelesen; cS sc« so
ständig brennen. An großen Festtagen zündet man ihr zu gleich angenommen und die Rollen vertheilt worden. Dicß
Ehren Lichter an, die aus gewisse» aromatischen Kräuter^ geschah zur Zeit des Miuistcrwechfels ; mau wird bald sebc».
dag dieser Umstand nicht gleichgültig war. Der neue Mini
verfertigt werden. Der Chinese ist sehr tolerant; keinem ster des Inner» . Marrignac . ein Man», der eben so I'bflim
Fremden ists verwehrt, seine Götzenbilder zu bejehen und und >?ofinän»isch ist als Corbiere faucrtöpfisch war, sagte dein
selbst seinem Gottesdienste beyzuwohne»; auch besuchen die Dichter recht verbindlich, er wolle selbst sei» Thea terce»sor
hiesige« und in Kjächta wohnenden Chinesen zuweilen un sc«», und lieg das Stück spielen, wie es der Dichter geschrieben
hatte ! ei» Glück . das leider nicht allen Dichtern widerfährt.
sere Kirchen und betragen sich in denselben sehr anständig. Da bislier alle Stücke Casimir be la VigneS schon bev ihrer
Der Ofen, der in einem chinesischen Wohnzimmer ersten Vorstellung rauschenden Bcvfall erhalten harte», fo zwei
fast den vierten Theil deS Raums einnimmt, versammelt felte er und feine Frcnnde fv wenig an dem Erfolge des
zur kalten Jahrszeit, wo er stark geheizt wird, die Fami neuen Lustspiels . dag er selbst sein Manufcript einigen Vaude,
villedichtern lieh, um »ach diesem Lustspiel eine burleske Paro
lie und alle Gäste um sich ; zur Nacht pflegen die Hausge die für das Varieivstl'catcr vorzubereiten. Am Abende der
nossen auch auf ihm zu schlafen ; doch feit Kurzem haben ersten Vorstellung war der Saal des 1°Kc«tre voll
die Chinefen die holländischen Oese» be» sich einzuführen von den Freunden des Dichters. Die witzigen Verse und die
begonnen. Ein unentbehrliches Möbel der Chinesen ist »attffae» geistreichen Anspielungen auf TaqcsbeqebenKeitcn ge
fielen >l»d entzückten fogar; allein je weiter das Stück vor
ein Kohlenbecken ; dicß steht auch den ganzen Tag mit rückte, je mehr zeigte sich die Leere »nd die lose Jntriguc;
«lühende» Kohlen gefüllt auf einem zierlich lakirten Tisch im fünften Aufzuge wurde die Unzufriedenheit des Publikums
456
laut, man mlirmclte, n«ii zischte; die Freunde des Dichter« Ntufchat.l. im April.-..,)
hingegen klatschtc» Bcyfäll, und unter diesem Widerspruche der (Beschkuß.) - ^
Ve mnungcn ging dk« glänze Stück zu Ende. Man verlangte
nun, nach dein G«ti>a«che der Pariser, den Namen des Bett Es gibt hin mehrere GeseUscl aften, die sich »dchenMch
fassers z» kennen. Ein Schauspieler kam hervor und nannte versammeln , um Handlungen des Wohlthuns zu berathen und
Casimir de la Bigne; nun wurde allgemein Beyfall geklatscht, kräftig zu unterstützen. So besteht zu Probarreau seit mc»-
gleichsam als ob man sagen wollte . wenn das Stück auch nicht rcren Jahren eine Anstalt, wo arme Mädchen auf Kosten eines
viel taugt, so schätzen wir doch den Verfasser wegen seiner ans Fraucnvercins erzogen werden. Als im Jahr 1814 einKorp«
der« Dichtungen hoch; mich dünkt, dieß war ein sehr ehren» der Alliirten Armee in die Stadt kam , wurde ein großes Ho,
voller Beweis von Achtung, welche man dein Dichter zollte, denn spital wegen der ansteckenden Fieber errichtet ; hier über«
sonst pehc» die Pariser bev Theaterstücken . die ilmcn nicht be nahmen Misere Frauen die Aufsicht über Ordnung , Reinlichkeit
hagen, und für welche sie ihr Geld haben ausgeben müssen, nicht und Ockonomie, und ungeachtet der augenscheinlichen Gefahr
so sanft zu Werke , und der Verfasser muß in solchen Fällen gingen sie zu jeder Stunde des Tags und der Nacht aus
mit seinem Stücke leiden. Casimir de >a Viane mag wol'l und ein.
irgendwo ein« Anekdote von einer italienische» Prinzessin gcle- Aber bieg schöne Bild unsere« sittlichen Leben« hat auch
sen »abcn , die während ihrer Minderjährigkeit von mehreren seine Schattenseite. Dahin gcliort der in allen Dingen zuueh,
Prätendenten umlagert wurde, und als sie zum Throne ge- mende Lurus. Man konnte ihn vcrthcidigcn , so lange ei»
langte, einen unbekannten Jüngling zu il'rem Ehemann aus- bedeutender Handel hier überall WvKlstand und selbst Reichs
erwählte. Ein Lustspiel a»S einer solchen Anekbote zu machen, thum verbreitete. Der Handel Ist aber jezt fast ganz gesunken.
war keine leichte Aufgabe ; Casimir de la Aigne hat geglaubt, Bedeutende Summen, die ikm ehemals angehdrten, liegen
er würbe zu seinem Zwecke gelange» , wenn er drcv Präten zwar jezt sicherer und zu ansehnlichen Zinsen in fremden Fonds,
denten aufstellte, wovon der eine lächerlicher, das heißt er aber das Fehlende ist langc nicht damir ausgeglichen. Freilich
bärmlicher ist als der andere, und wenn er diese drc» Anbeter hat unser Luxus noch keine sichtlichen Vcrmögcnsunfälle her-
zu alten Minister« machte. Zwischen diese und die Prinzessin bcygefül'rt , aber sein nachtbeiligcr Einftuß zeigt sich schon i»
hat er einen Arzt gestellt , der ein jovialer Hofmann ist und anderer Beziehung. Nur reiche junge Leute wollen sich noch
den Gesandten spielt. Vermittelst dieser vier Personen schiebt verhcirathen. Die mit geringem Vermögen bleiben lieber lc
sich die Handlung die fünf Aufzüge hindurch, bis die Priuzcfsin dig, weil sie nicht genug Einkünfte haben, um ein HauSwcscn
die alten verliebten Duniinkdpfc ins Garn geführt, und die zu führen , wie es jezt erfordert wird. Dieser Ucbelstand kann
Einwilligung derselben zu ihrer Selbflrcqicruiig und zu einer unmöglich bleiben und muß über kurz oder lang eine gesellig«
frcpen Wahl erlangt Kat. worauf sie den jungen Krieger zu Umgestaltung herbevfül'rcn.
sich auf den Thron erhebt , und ihm einige gute Lehren mir Oft ist von Ncufchatel gesagt worden : die Wissenschaften
in den Kauf gibt , nachdem sie ihn zuvor dadurch geprüft hatte, m»s> man Kier nicht suche». AllcS strcbt »ur darnach Gcld zu er
daß sie ihm vorschlug , er solle Malthcscrritter werden. Die werben »ud es wieder z» vcrthun. Es läßt sich nicht längnen,
drn? Minister benclimcn sich außerordentlich albern, und gc- daß viel Wahres an der Bcliauptung ist. Indessen hat doch
währen den Zuschauern manchen Spaß; allein solche Späßc unsere Stadt auch tüchtige Männer im gelehrten Fach gehabt,
machen kein Lustspiel aus, wie man auf dem ^Koäir« 0»n- von denen wir nur die Osterwald, Vattel, Montmellin , Pes
s,is eins erwartete, bcfondcrs ein großes Lustspiel in fünf titpicrre . Bouvc , CKaillct , Dnranb und Shambricr anfüh
Aufzügen. Dazu kam dann noch, daß die drei) Rollen voll An ren wollen. Osterwald alS Theolog und Vattel als Publicist
spielungen auf das unsilinige Villvlcfche Ministerin,», und eine haben ausgrzeichneten Ruf. Es ist zu hoffe», daß der ausschlief:
wahre Sawre oder Ironie auf dessen allzulange Jeniitcn-Narr- sende Sinn für Gcld und Gelderwerb in dein Maß abnehmen
heilen sind. Als aber die erste Aufführung des Casimir de la wird, als die Umnöglichkeit wächst, ihn länger zu befriedigen.
Vignefchen Lustspiels stattfand, waren Vllleic und seine Teil Auch felilr es uns »icht an Gelegenheit zum Unterricht. ES
nehmer schon fort, und Frankreich von wrem Joche völlig bc- hat ^Ich ein literarischer Cirkel gebildet, wo die Glieder sich
freut; die Pariser sind nun aber so beschaffen, daß, sobald die zu unterrichtendem Gespräch versammeln , und wissenschaftliche,
Gefahr oder da« Uebcl verschwunden ist , sie sich wenig mehr literarische und politische Zeitschriften lefen. Wen» der Sinn
um dasselbe bekümmern. Deßhalb gefielen denn auch die bcift und die Masse deS Unterrichts einmal bcy uns großer und be
sende» Epigramme auf die abgesezten Minister weit weniger, deutender geworden ist , wird sich auch ein anderer Uebelstanb
alS wenn diese Minister noch am Staatsruder gesessen hätten, mindern . der dein Fremden hier sehr »nangcnel'm auffällt ; ich
in welchem Falle aber schwerlich das Stück würde gespielt wor mcvue die Leichtfertigkeit und Ucberciliing im Urtheil , die oft
den scyn. Denn die Minister gaben wcl'l bisher den Kauft mit großer Selbstgenügsamkeit verknüpft ist. Das lZic>!«nn«ire
mannSstand. die Advokaten , die Acrztc, die Börsenspekulanten, z,e«Ar»i>K>que wiederholt i» allen seinen Ausgabe» uud in al
die Notare und einige andere Stände, bcfondcrs die von der len Formate», daß wir sehr geistreich, aber auch sehr eitel fcpcn.
Regierung unabhängigen , auf der Bülme der Geißel der ko Die erste Klasse der Einwohner verdient in gar mancher
mischen Dichter Preis ; allein sich selbst und idren eigenen Stand Beziehung Lob. nicht aber die zwcpte. Die Männer sind mehr
der saryrischcn Geißel Preis zu geben . war für ihre Eigenliebe bcpin Trunk und Spiel denn bey der Arbeit zu finden , und
zuviel; sie und, die ihrigen mußten hübsch verschont bleibe« ; oft könnten die Frau nnb die Dienerin bev dem Putztisch die
was Casimir de la Äigne,, in seinem, Lustspiele ihnen zugedacht Rolle» tauschen. Eine, die chemalS durch ihre schöne Kleidung
l'atte . musitc wolil im ZHiMrfühl ihres baldige» Sturzes ge von idrcs Gleichen verspottet worden wäre , wird heute darum
schrieben worden fenn« dc^un wie hätte er sonst hoffe» könne», bcncidct. Daher daS begierige Ergreifen aller Mittel zum
so etwas von der Bühne des ^Kesire I>»»s,!s dcrab sagen z» Erwerb , wenn sie auch Sitte und Religion vcnverfen , da-
lasse» ,' Glücklicherweise sind ihm die Zeitumstände zu Hülfe l>er daS Unglück . daß viele sich einbilden . der Betrug scy mir
gekommen, die verkable» Minister sind fort, und die Vül'iie eine Repressalie der Armutb gegen den Reichthum.
kann nun so gut wie vorhin die Presse frey iieraussagen, wie
schlecht sie daZ schone Reich verwalteten.
. ^ . (Der Beschluß folgt»,. '.. ... ....... ,/ «. Berlage: Kunstblatt Nr. 28.
Vorlag der I. G. Corka'fchcn Buchhandlung.
n°. 115.

M v r g e n b l a t t

f ü r

gebildete Stände.

Dienstag, iz. Mai i 8 2 8.


?»^^^»»«^^^^^»»»»»—
- Dt« VaterflucdeS
Finstre Macht bel'crrsctiet mich.
Treibt mich rastlr« an zum Bbscn. —
Rache löst ihn.
Müllner.

Das Jammerholz Die Gräfin durch die Büsche drang.


Gefolgt von der Begleiter Schaar:
Die Gran» Bertha ritt durch's Holz, Sick ! auf dem feuchten Grunde rang
De» Edelfalkcn auf der Hand; Ein Grete», schneeweiß an Bart und Haar,
Ihr weifeS Roß schritt lcichr und stolz. Von Lumpen kaum den Leib l
Von Golde strahlt ihr grün Gewand; An Hand und Fuß vom Srric
Und Zager folgten viel nnd Frauen, Dabc» mit fiusterm Blicke staub
Der hohe» Baize Lust zu schauen. Ei» Mann in rauher Felle Tracht,
Schon löst dem flinken Dvggenpaar Und eine Hacke schwang die Hand,
Der Nüdemann die Koppel auf ; Die in den Boden schlug mir Macht,
Laut jauchzet daS Hailoh der Schaar, AIS wollt' er in dem Meeresgründe
Sie stöbern ringS im raschen Lauf, Aushaun ein Grab zur selben Stunde.
Und jagen den bebüschreu Reiher „Wer bist du?" ruft mit strengem Mund
Empor am fchilfunirauschrcn Weiher. Die Gräfin den Verstörten laut;
Die Gräfin löst der Haube Nacht „Wer ist der Greis, der diesen Grund
Dem Aar und wirft ihn himmelan ; Mit einem Tbränenbach bethaut??
Er regt der breiten Flügel Macht Welch Werk ist's, das du dort bereitest.
Und steigt <'iS zu der Wolken Bahn, Und wie zu einem Grab crwcitest?"
Und stellt den Feind in weite» Ringen, Da ächzt der Greis mit mattem Ton:
Von oben sich auf ihn zu schwingen. „Vernehmt der Gränel höchstes Maaß;
AlS jedes Auge blickt empor, Es ist mein eigner cinz'gcr SoK»,
?u fchaun der edlen Baize Lust: Der mich verfolgt mit blnt'gem .baß.
Was wimmert da durch Busch und Rohr, Der bald ein Grab wird fertig haben.
Wie Klagcsruf aus banger Brust? Um mich lebendig zu begraben."
Welch Jammern ächzet dort und stöhnet, Au Eis gerinnt der Gräfin Blut,
DaS wie von Menschenstlmme tönet? EiilMeu klammert i!>r nm's Herz.
Da svricht der Sohn mir sinsterm Muth
") Zwischen den bcyden Landstädten Danneberg nnd Lüchow Und' hebt die Hacke himmelwärts :
iin Königreich Hannover liegt ein Wald . in welchem eine „Seht ?hr den Rost au diesem Stahle?
Stelle da« I a m ,n c r h o l z genannt wird, weil nach der Sage Kein Reiben tilgt die rothen Male."
einst einer Gräfin von Danneberg a>,f der Jagd da« Abenteuer
wirklick, aufgestoßen seyn soll, da« den Stoff zu obiger Dich „Seht Ihr den Hügel, nie bcnezt
tung gab. Von Thau noch Regen, dürr und kahl?
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Den Rost hat Vaters Blut geäzt, aus einer Hand in die andere zu spielen. Ich konnte die
Das roth einst floß an diesem Stahl; Ursache davon nicht erfahren.
Der .Hügel hält das Haupt umschlossen, Der Oberbefehlshaber von Maimadschan heißt Tschar-
Deß Blut einst Sohneöhand vergossen." gntschy. Er vereint dre» verschiedene Autoritäten in sei
„Drum reizet mich der Hölle Fluch, ner Person : die polizcyliche, die der Handclsangelcgcnhci-
Ihm zuzumessen gleichen Lohn. tcn und die Civiladministration. Er wird jedes Mal vom
Wer seinen Vater einst erschlug ,
Erschlagen soll auch ihn der Sohn! Hofe von Peking ernannt, aber nie länger denn drey Jahre
Stets hört mein Herz den Bösen sprechen : in dieser Würde gelassen. Der gegenwärtige Tschargnt-
Du mußt de» Mord am Mörder rächen. " schy heißt Bo-Lo und ist schon über scchszig Jahre alt. Er
Entsetzen, bleich und starr, umschlingt ist sehr höflich, überaus gesprächig und besizt großen natür
Der Gräfin Herz, als das sie hört. lichen Verstand. Vor seinem Hause, das außen und in
Und näher ihr Gefolge dringr, nen ganz einfach ist, steht zu bevden Seiten eine Poli-
Daß solcher Gräuelthat sie wehrt ;
Doch ihrer Hand er sich entwindet ! zenwache, und in den Frühstundcn sieht man dort die ganze
Und in des Waldes Nacht verschwindet. OrteHolizey mit allen Abzeichen ihrer Würde versammelt.
Und auf dem feuchten Grunde rang Wir machten ihm unsern Besuch und wurden im Speise
Der Greis den bitter» Todeskampf; zimmer empfangen, das zugleich zum Arbeits- und Gesell
Ein gräßlich Zucken ilm durchdrang, schaftszimmer dient. Der Divan nimmt hier den größten
BiS Herz und Auge brach der Krampf; Raum ein, und an der Hauxrwand thront die oben beschrie
Da gellt im Wald des Sturmes Stimme,
Es rauscht vvrbcp im jähen Grimme. bene Göttin. Mit äußerster Sorgfalt wird in diesem Zim
Fr. Helms mer das Amtssicgcl aufbewahrt ; es liegt stets in einem
bcfondern, mit gelbem Zeuge beschlagenen Kästchen. Man
versicherte mir, sobald der Tschargutschy dieses Amtssiegel
Bcyträgc zur Völker- und Länderkunde des russischen nicht besitze, scy er zur weiter» Bekleidung seines Postens
unfähig. Er behielt uns znm Mittagessen bey sich, das
Reichs.
unö über zwev Stunden beschäftigte und wvbep eine Fülle
(Fortsclzung.) und Mannigfaltigkeit von Speise» zum Vorschein kam,
Wie überall in China, so fand ich auch in Maimad- die mir große Achtung vor de» chinesische» Mahlzeiten
schau die Chinesen im Umgange mit uns Europäern über einflößte. Die meisten Gerichte waren uns Europäern völ
aus mißtrauisch; sie knüpfen mit andern Völkern nur lig neu, so daß ich jeden Augenblick den Wirth durch
allein ihres Interesses wegen genauere Verbindungen an ; Fragen, was ist dieß für ein Gericht? wie heißt man je
man erlangt daher ihr Vertrauen erst bey lange fortgcsezter nes? hätte stören müssen, bättc ich alle wollen kennen ler
Bekanntschaft. nen. Trotz aller nnfcrcr Protcstationen war der Wirtb,
Wey meiner Anwesenheit in Maimadschan im Win- als wir ausbrachen , so höflich, uns das Geleite bis in sein
ter war die Kälte gegen drcvßig Grade Reaumur stark; die leztes Vorzimmer zn geben ; dabey wurden uns von
Chinesen schienen indessen, ihrer Kleidung nach, die ziem- zwev seiner Leute Laternen bis an unser Fuhrwerk vorge
lich leicht war, daran gewöhnt. Lcztere besteht im Win tragen.
ter in einem Oberrock von Seidenstoff oder Nanking, der (Die Fortsetzung folgt.)
gleich den unsrigen vorn zugeknöpft wird, über ihm tragen
sie eine Art Spenzer, mit Pelzwerk gefüttert. Vorn am
Gürtel haben sie eine Tasche, in der die Pfeife und ein W a l derich's Söhne.
Futteral steckt; in lezterm liegt ihr Messer und aus Kno Von Sxindlcr.
chen gedrehte Stöckchen , die ihnen benm Essen statt der
Gabel dienen. Ihre Stiefeln mit überaus hohen Absätzen (Fortscvung.)
sind von schwarzem Atlas. Die flache, breite Mütze, am Die Brüder erschienen vor dem Kanzler. Die Siegel
Rande mit Ranchwerk bcsczt, auf der Spitze mit einer fielen von Waldcrichs lcztemWillen undMarimilian vernahm
seidenen Troddel versehen, tragen sie nur ganz leicht auf mit Bestürzung und Unmuth, daß ihm die Hälfte des Er
dem Kopf, so daß sie ikre großen Ohren nicht bedeckt. Sie bes versagt seyn solle, wenn er vom geistlichen Stande ab
entblößen übrigens vor Niemanden das Haupt und pflegen stehen würde. Arthur sollte in diesem Falle Universalerbe
hier die Haare in einen Zopf zu flechten , der ihnen bis an seyn und keine Verbindlichkeit irgend einer Art gegen
die Hüfren hcrunterreichr. Fast alle haben die sonderbare den Bruder haben. Trotz seiner Ucberraschung erklärte
Gewvhuhcit an sich, Rosenkränze oder knöcherne Küqclcl'en Marimilia» unverholen, daß er Weihen und Pfründe aus
»der Nüsse in den Händen zu tragen, und sie nnaufhörlick gegeben habe, und lieber ein Bettler seyn wolle, als geneigt,
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um des Vermögens willen ferner seine Lvst , seine Über binette, sie trugen Kleider von einer Farbe, von ei
zeugung aufzuopfern. Der Kanzler gab ihm nicht Unrecht, ncm Schnitt. Selten sah man Einen obne den Andern.
und ließ ein Wort von der Möglichkeit , das Testament Sine Arbeit beschäftigte, ein Vergnügen zerstreute Bevde.
Sich selbst genügend, vernachlässigten sie die Kreise der bi
seinem Wesen nach anzugreifen, fallen. „Des wahre mich Hern Welt; sie brachen alte Bekanntschaften ab, ohne neu«
Gott," sagte aber Marimilian hierauf, „daß ich unsers zu machen, und das >,„z,^ Gestirn, das sich nm die Brü,
Waterö lezten Willen feindselig vor den Tribunalen herum- Versonnen Vreden durfte, war der junge beliebte und gelehrte
schleppe. Ich habe dem Willen des Lebendigen nicht zu Ogger. Seine Vertraulichkeit mir den Frevherrn Walverich
mackte Aufsehen und ^vvcl i in dem Grade, alö früher feine
widerstreben begehrt, viel weniger wehre ich den Verfü unvermuthete Ankunft die Neugierde erregt hatte. SS war
gungen des Todken. Diefe harte Klausel bahnt mir den frevlich der Stadt länasr kein Geheimniß gewesen, daß der
Weg zur Frevheit, und ich will den schon betretenen nicht alte Walderich, von schmerzhaften Beschwerden befallen und
deren Linderung suchend, in einem Seebade an der V5ni
verlassen." fchen Küste einen geschickten Arzt gesunden, daß er in der
Da nun Marimilian darauf bcharrte, da Arthur schwieg, Folge gewünscht, denselben Man» be» sich in der Heimath
so wurde dem lcztern die Macht über alles Walderich'sche zu tmben , daß der besorgte Arthnr de» Fremde» bewogen,
Eigenthum zugesprochen und die Sache war vor Zeugen ab- im Vaterlande Alles aufzugeben , »ni einem einzige» fer
nen tranken seine Zeit, seine Kunst zu weihen. Aber die
gethan. Als aber die Brüder ohne Jeugen waren, und Stadt hatte eine ehrwürdige Perrückc, ein ParacelsuSge-
Marimilian, die Bitterkeit seines Herzens kaum bezwin sickt erwartet, und mit «rannen eine» jungen, »ach der
gend, grollend und aufgeregt in den dämmernden Him neusten Mode gekleideten Mann «»komme» .icseben ; ei
mel sah, ohne eine Lvlbe zu verlautbaren, da umfaßte Bewegung nen Mann , der uichr alle Apotheken der große» Stadt in
sczte, um einem Schwerlranken die Hülfe
ihn Arthur und redete zu ihm mit seltner Milde: „Zürne der Kunst zuzuweiidkn , sondern der die eins, ckstr» Mittel
nickt mir, guter Mar! zürne auch nicht dem Vater, der sparsamst gebrauchte, eine» Mann, der sich »l^r »ue cm trüber
jetzo, so Gott will, im Paradiese ist und bereut, waS er Alchomist in rußige Laboratorien verriegelte imo voraus
hier unten gegen dich gethan. Ueberlasse es mir, sein u»verständliche Orakel in die Weit sandle, sondern der die
Geselligkeit aufsuchte und sich durch den Zauber seiner Un
Unrecht gut zu machen. Nimm von meiner Hand, was terhaltung, die den Arzt nie ahnen ließ, aller Herzen
dir das unsclige Testament versagt hat. Schlage mir'S unwiderstehlich zu bemächtigen verstand. So wie er, einem
«icht ab." muntern Geiste ähnlich, in alle» Salons den Frohsinn bc-
So wendete sich denn Mar zu dem bittenden Bruder, schüzte, so schien er auch der Schuhgeist ider brüderlichen
Sintrocht zu sevn , die sich im Waivcrichschen Palaiö aus
und erkannte wieder das Auge, das so manches Mal mit fallend kund «ab. Sr war darin der Vertraute, der Schieds
ihm geweint, den Mund, der ihn so oft getröstet, die richtcr, der Ordner und .>>auShaltcr , de» Frevherrn un
freundliche Gestalt, deren Anblick ihn immer wehmüthig entbehrlich, wie sie es ihm geworden waren.
angeregt hatte. Denn Arthnr glich der schönen bleichen (Di, Fortsetzung soigr.)
Mutter, nach deren Liebe sich der leidenschaftliche Mar, Korrespondenz-Nachrichten.
des Vaters Ebenbild, stets vergeblich gesehnt hatte. Die Port», April.
Verblendete, nach eitelm Tand Jagende hatte nicht Ge (Beschluß.)
Die den Minister« nactigeschickten Epigramme wollien
fühl für den Gatten, nickt Treue für die Kinder. Die kein Publikum »uvt mehr behage» , ein Epigramm auf einen
Natur, den widerstrebenden Eltern ein Bevspiel zu geben, Minister hat nur dann Kraft und Wirkung, wenn er nc«
vereinigte dafür die Söhne, daß Arthur in Mar den Va mächtig ist; späterhin gleicht eS einer Bemerkung über da«
ter, Mar in Arthur die Mutter liebte und liebend fand. Wetter im vorigen Jahre. Das «iyigfle iin Lustspiele de»
„Arthur!" rief jezt Marimilian, ihm bevde Hinde blieb Casimir de la Mgne ging also für die Zuschauer verloren; noch
aber die Rolle deS sovialen, geschäftigen Arztes, die zu allen
reichend ; „ich erkenne dich und deine treue Sorgfalt wie Zeiten gut sevn wird, denn wahrscheinlich wird ei immer an
der. Ich nehme an , was sie mir bietet. ES war mir von Hofen irgend einen Arzt geben, der den müßigen Fürsten und
jeher bestimmt, dir AlleS verdanken zu müssen. So habe Hofleuten mit Spaßen und Anekdoten die Zeit «rtrcil't, und
nebenbei) etwas Arznnikunde versteht und ein wenig I» die
denn Dank und bereue deine Freygebiqkeik nie!" Staatsgcschäfte hineinschielt. Da« arglistige Publikum vennu-
Somit theiltcn die Brüder, und die Stadt, worin tlict , der Dichter habe den Dr. Alibert schildern wollen , der
dieses laut wurde , belobte Bevde sehr, vor allen jedoch sich als Hoforzt neulich zum Baron hat machen lassen ; allein
den gefühlvollen Arthur. Sein früheres Leben, feine jetzige wer Kar dein Publikum gesagt, daß dieser Arzt dem vr. Prly-
castro in dem Lustspiele gleiche? Bev der ersten Aufführung
That gewannen ihm allgemeine Sbre, und es hätte fast nicht des Stücks stieg beym Sndauftritte die Prinzessin auf einen
des Lobes bedurft, das den Brüdern der in vielen Gesell Tkron, bewaffnet« sich mit einem langen Zepter, und gab vc»
schaften verbreitere Doktor Lgger zollte, um die Theilnahme oben >>crab ihrem einprrqcrommenen Herr» iVeuiU'l >i,,c Lek
der ersten Stände wie der geringsten auf ihr HcmS zu ziehen. tion üver Moral uiid Politik. Dieß erschien i>e,n '^iblikum 0
kuriwriliq , daß der Dichtcr ttügli« diese» »minien Pomp >cv
Man nannte sie.gemeinyin nnr die Getreuen. Sie be Leite gelassen hat. In der Parodie dtSMustspici» am Bari«
wohnten in dem weitläufigen Prachrgebäude der Familie teSthcater ist der Held des Stückes ein Karkoch , welcher zulezt,
Walderich uur ein Gemach; sie schliefe» in einem Ka «ls er ein sircnggepröftes Mädchen zur Ehe nimmt . ihr d,,,
I

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Bratspieß darreicht-, sie ermahnt höflich gegen bic Kunden zn zu legen , noch im vorigen Jahre die Maßregel nicht vorschl«,
seiln »»d sorgfällig de» Braten z» wenden, damit er nicht gc» wollte» , und Canning , der dadurch der öffentlichen Mei
verbrenne. Dem. Mars spielte im de la Vignesche» Lustspiel die nungen ei» Opfer zn bringen vermeinte, erklärte, er würde
Rolle der Prinzessin Äurelia; ihr geistreiches, gewandtes Spiel sich derselbe» widersetzen? Wenn mau bedenkt, baß das jeizige
I,at wahrscheinlich verhindert, daß das Stück nicht ganz durch Ministerium den Widerstand für so nothwendig hielt , daß es
gefallen ist ; mehrere Journale ricthen dem Verfasser , dieses eine Kabinctsfragc daraus machte, und allen seinen Anhängern
Stück lieber zurückzuziehen und nicht mir in die Sammlung sei: gebot im Unterhaus? z» erscheinen und gegen den Vorschlag
»er dramatische» Schriften auszunehmen ; allein so weit scheint es der Abschaffung dieser Gesetze zu stimme», wer hätte da vcc-
der obwohl sonst sehr bescheidene Dichter in derSclbflverlängnung mnthcn sollen, das, der Erfolg so seht? würde? Auch darf man
nicht haben bringen zu können. Er hat sich vloS mit einigen sich nicht wundern, daß Peel wie aus den Wolken gefallen da?
Verbesserungen begnügt, und »un wird das Stück »och dann stand, als er den Vorschlag von einer fast beuspirlloscn Mehr
und wann aufgeführt . Dank dem geistreichen Style und de» heit angenommen sah, und z» gleicher Zeit bemerkte, daß viele
wiyiqc» Versen. Seine Freuudc rathen ihm, durch ei» von dene», welche auf seiner Seite gestimmt l«ttcn . von dieser
besseres Stück die Anrelia zu ersehen ; andere mehnen . diese uncrwartetcn Aciißcning des Zeitgeistes erschreckt, bereit stän
heillose Anrelia seh ei» Beweis von der Erschöpfung des poe de» zu de» Freunden der bürgerliche» Frenheit überzutreten.
tischen Genies bey dem Dichter ; er habe alle seine Kraft i» Nur erst nach einigem Besinne» konnte si« die Regierung so
seiner frühen Jugend vergeudet, und nun. da er zn reifcrn weit fasse» , das, sie in die Maßregel willigte, und um doch
Jahre» gelange, beweise er, das; er nicht mehr zu leiste» im den Schein zn retten, die bekannte Erklärung vorschlug, wor-
Stande seh. waS er so früh versprochen. Dief, wäre zu bedauern, nach diejenigen, welche höhere Staatsämter übernehmen, ver
indessen ist man neugierig, wie er sich von dem lezten Unfälle er: sprechen sollen, sich ihres Amtes nicht zu», Schaden der hohe»
Heden wird. Ein andrer junger Dichtet. Pichalk, ist kürzlich Kirche zu bedienen, und es wenigstens dahin brachte, das, die
durch den Tod der dramatischen Laufbahn entrissen worden. Nichtchristen , namentlich die Inden, von der neuen Vcrgünstic
Sein Trauerspiel „Leonidas. voll Anspielungen anf den Kaiuvf giiiig ausgeschlossen blieben , da das Unterhaus sie sogar diesen
der Griechen gegen ihre Unterdrücker , hatte einen wahren En- zuerkannt hatte. Viele hatten geglaubt, dag die Bischbffe sich
t>,usi>rSmuS bey de» Parisern erregt; eine ähnliche Wirkung mit aller Gewalt dein Vorschlage entgegensetze» würden ; aber
würde wahrscheinlich sein Schauspiel „Wilhelm Tel!-' hervor diese Herrn sind viel zu höflich um anderer Mcynnng zu seyn
gebracht haben, wenn das vorige Ministerium es hätte auf als das Ministerium. Aber nicht so der alte Lord Eldon;
führen lassen; das jetzige Ministerium hat der Wittwc des dieser ehrliche Greis hat sich nun einmal völlig an den Ge
junge» Dichters eine Pension zusichern lassen , und auch sei» danken gewöhnt, daß nichts in der Welt weiser seun könne
Schauspiel soll aufgeführt werde» . wie denn ebenfalls an der nlS das Bestehende, und dag nothwendig jede Veränderung
großen Oper ein „Wilhelm Tcll^ vorbereitet wird . wozu Nos- in den Staatsqeseizcn zu der Trennung zwischen Ki,°che und
smi die Musik soll gesezt haben. Manche, welche die Trägheit Staat, oder mit andern Worten zu», Umsturz deS Staates
des große» Maestro kenne», sind über diese Ankündigung nicht , führen müsse, »nd dag es ihm obliege, sich jeder Neuerung, sie
wenig erstaunt, anch haben einige Zeitungen die Nachricht in komme woher sie wolle, zu widersetzen; er sprach daher fort
so fern eingeschränkt, baß Rossini keine neue Musik zu dem während eifrig dagegen. Es gibt aber noch Leute hier, die sich
Terte gesezt , sondern ihm seine Musik des zur Krönnngsfevcr wirklich bereden »nd ihre Meunnng öffentlich bekennen, daß
Karls X. gescztcn „Vi»gz,'o cki fteims^ »ntergelegt haben soll. die Universitär, die jezt in London errichtet wird, das Land
Dieß ist auch das Wahrscheinlichste; eine ganz neue Oper aus mit Ungläubigen bevölkern werde, und zwar einzig darum, weil
Rossinis Händen wäre eine außerordentliche Begebenheit; eS man keine theologische» Vorlesungen daran zn halten gedenkt.
wäre auch Schade, wenn die Musik deö Vinzzi« <Zi Keim,, ..Es soll bieg die erste Anstalt für die Erziehung der Jugend fev»,^
das nur kurze Zeit hat gespielt werden können, verloren ginge, sagt der sonst vernünftige Bischofs von Cbester . „und man hat
besser also ist es . der Tonscixer paßt sie einem ander» Stücke den Religionsunterricht ausgeschlossen ?'^ AlS wenn die theolo
an und fügt etwa «jziigc neue Gesäuge hinzu. Zwar kann gische» Vorlesungen, die man ans den englischen und andern
lue nnb da ein Stoclrovalifl Aerqcrniß daran nehmen, daß die Universitätc» hält, von andern Menschen besucht würden als
Musik, die zur Kronungsfeher eines ächt legitime» Königs ge denen , die Theologie flndiren . oder als ob das Studium P a-
schrieben worden, nunmehr zur Darstellung einer demokrati Ichs je eine» Menschen religiös gemacht hätte, dem die Re
sche» Revolution und zur Fener eines Schwcizcrhcldcn dienen ligion nicht im elterlichen Hause oder in der Schule eingeprägt
sott. Allein wer weiß, wie der Wilhelm Tcll der großen Over worden ist. Und wofür werden denn so viele Millionen an die
zugerichtet worden.? Vielleicht erscheint Geßler in dem Stücke Geistlichkeit bezahlt? Man hat für diese Universität . Wieste
als ein liebenswürdiger Beamter , und hat höchstens Wilhelm schon künstigen Oktober eröffnet werben soll, bis jezt weder für
TcllS Tochter oder Schwester verführt, wie Scv.ibe die Sa die deutsche noch sür die französische Literatur einen Professor
chen in seiner, „>lu«I,c: Z» poriiei" gestaltet hat. Vielleicht gewäl'lt; es scheint, die Herrn., welche den Rath bilden, wün
ist in dem Tertc. von Vaterland und FrcvKcit keine Rede ; we schen für diese Posten Männer zu finden, die durch ihre» Namen
nigstens.würde es unter dem vorigen Ministerium so gegangen der Anstalt Ehre machen könnten, und zugleich mit der engli
sn,n. vielleicht kann aber unter dem jetzigen der Opcrn-Tcll schen Sprache «nd Literatur hinlänglich vertraut wären, um
mir mehr Fr«cheil ^en Bund beschwören und ins Werk setze». ihre Vorträge für Engländer verständlich und angenehm zu ma
Dg. chen ; es mögen sich aber wohl „och keine der Arr gemeldet
be». da man noch vor Kurze», in den Zcirnnge» Kandidaten
London, April. zur Meldung aufgefordert hat. Auch glaube ich, dag sich folchc
Die Billige Abstellung der Geseke für Ausschließung der Leute nicht leicht finden werben. Unter den hier anwesenden
NonconforMsten von öffentlichen Acmtcr . ans welche bisher die Deutfchcn, die sich gemeldet haben , befinden sich indessen man
anglikanische Girche ihr Daschn zn gründen pflegte, ist nun che, die einen recht klaren, gemeinnützigen Vortrag über unsere
im Oberhaus zun, dritten Male verlesen und damit angcnvm: Literatur haltenn könnte» , wenn sie sich gleich durch literarische
ine» worden. Wer hätte ein solches Resultat erwarten sollen, Arbeite» noch nicht ausgezeichnet haben nj/qen?
da die Whigs, um Canning keine Schwierigkeiten in de» Weg B c u I a g e : Äter
LiiSrarurblatt N r. zs.
Verlag der I. G. Lorra'schcn Buchhandlung.
N°. 116.

M o r g e n b l a t t

gebildete Stände.

Mittwoch, Ii. Mai i « 2 s.

Ich Nebe , ja ! ist Liebe denn Verbrechen ?


Darfst d» dafür, darfst du dagegen sprechen?
Scott.

ldcrich's Söhne. schafft, und somit seine Kindespflichten redlich erfüllt. Ihre
Pon Svindler. Tugenden wie ihre Reize sind gleich geeignet, Ihren Arm
der zu fesseln, und Ihre eigene Ueberzeugung . . ."
<Fottscgung.Z Arthur winkte ihm zu schweigen und starrte mit ver
' Ein Jahr war ans diese Weife vergangen, als Arthur schränkten Armen vor sich hin, während eine Thrine i»
plötzlich eine Aenderung in Marimilians Betragen zu be- seine Wimper schlich. Dann sagte er: „So bestätigt sich
merken glaubte. Der junge Mann wurde träumerisch, zer «lso, was ich lange gefürchtet? So bricht unwiderruf
streute verschlossener, seltener als sonst. Häufige Abwe lich der Bund, der mich begliickte? Ach Doktor! Sie wissen
senheiten außer dem Hause und eine gewisse Abneigung besser als Einer, wie sehr mich dieses Sreigniß schnurzen
gegen das innige Nerhaltniß, daS bisher bestanden, mach- muß! Ich lebe nur in dem undankbaren Mar, und der
ten sich dem Bruder fühlbar. Arthur sah mit Hummer, Augenblick, der ihn von meiner Seite reißt, ist der An
daß sich sein ältester Freund nach und nach von ihm ent- fang meines Todes." Ogger zuckte die Achseln, wvllte ein
fernte. Sr redete darüber mit dem Doktor. „Sehen Sie tröstendes Wort sprechen, Arthur hörte indessen nicht auf
nicht, was den Baron beschäftigt?" fragte dieser lächelnd. ihn und ging dem Bruder entgegen, der eben in das Zim
„Sein Herz nnd seine Phantasie haben einen thenrern Ge mer trat. Mar war fröhlich gelaunt., sein Gang leicht
genstand gefunden. Sein lebhaftes Temperament macht und sicher, seine Brust hob sich frey. Mit einer feurigen
sich geltend. Er ist verliebt; ohne Zweifel ist er's, und Umarmung begrüßte er den Bruder. „Arthur !" sagte er,
ich glaube die Zauberin zu kennen, die ihn u»S entführt." „hilf mir die schönste Stunde meines Lebens fepcrn. Ich
«Er liebte?" fragte Arthur erschrocken; ,.er hätte sich bin ein Bräutigam geworden. Die Generalin Treumar
von mir gewendet, um eitler Fraucnliebc willen? L re- hat heute meiner Bitte entsprochen , mir die Hand ihrer
den Sie, mein Bester. Nennen Sie mir . . lieblichen Tochter zugesagt."
«Wenn ich mich nicht in Allem betrüge ," antwortete Der Doktor entfernte sich behutsam, da er sah, wie
der Doktor, „so heißt seine Geliebte Amalie von Treumar, Arthurs Brust stürmisch arbeitete, wie seine Wangen sich
die Tochter der »erwittweten Gencralin, die von ihrer glühend röthete». Cr «hnete den Kampf, der hier entste
sehr geschmälerten Pension ein ziemlich kummervolles Leben hen würde, und wollte nicht dessen Zeuge sevn.
führt, und kaum die Mittel, standesmäßig zu wohnen und „Mar!" rief Arthur, mit einer Heftigkeit ausbre
zu erscheinen, aufzubringen vermag. Amalie ist eln schö chend, die gewöhnlich feiner zarten Natur fremd war: „soll
nes, ein braves Mädchen , das im Stillen arbeitet und ich glauben, was mir dein Mund sagt? Du willst mich
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verlassen, deinen Bruder, deinen wärmsten Freund? dein Keim der verzehrenden Krankheit, welche sie endlich dahin
Herz an ein Mädchen hängen, leichtsinnig, flatterhaft, wie raffte. Wenn ick) von hinnen scheide, bist du noch ein
sie alle sind?" blühender Mann, kräftig wie der Vater gewesen, «nd jung
Maximilian staunte sprachlos. Arthur fuhr aber hef genug, um der Liebe Kränze auf dein Haupt zu setzen. Thue
tiger fort: „Erfüllst du so, was wir uns heilig zugeschwo dann, was dir gefällt, gehe nur jezt nicht von mir. Sage
ren haben, ungetrennt, ungeschieden durchs Leben zu mir nicht, ich solle bey dir und deiner Gattin wohnen, ei
wandeln ? Sind diese Eide an dem Busen einer Fremden ner gedoppelten Liebe und Pflege gewärtig seyn. Meiner
zerronnen ? Rebe ! sprich ! warum ?" Liebe zu dir würde die Gattin zürnen, ihrer Eifersucht
Marimilian entgegnete: „Ich begreife dich nicht, Ar- würdest du mich aufopfern müssen. Ich würde meinend
thur! Wie könnte es mir einfallen, dir zu begegnen, davongehen und unter Fremden sterben müssen!"
wie du es mir thust, wenn du aushören wolltest ein Ha- „Lasse doch die Empfindeley aus dem Spiele," sagte
gestolz zu seyn? Hütte ich dem Altar Lebewohl gesagt, um Mar halb ärgerlich, halb gerührt; „wahrhaftig, wer dich
seine drückenden Pflichten gegen den Bruder zu beobachten?" hörte, müßte dich für ein Mädchen halten, dessen Eifer
„Du bringst Unglück über dich und unser Haus , wenn du sucht dem Geliebten Jammer und Elend prophczciht, um
dich vermählst!" erwiederte Arthur, ihn ängstlich bey der ihn zu fesseln. Sey vernünftig, lasse niich gewähren. Denke
Hand fassend. „Entsinne dich der traurigen Ehe unserer nicht an einen frühen Tod. Es malt ja ein zartes Roth
Eltern! entsinne dich der Verwünschung, die unser Vater deine Wangen, und bist du nicht ein derber Mann ge
auf seinem Sterbelager über mich aussprach, wenn ich worden, so gleichst du doch einer feinen, gesunden Jung
mich verehlichen würde! Ich habe dir die grausende Scene frau, und dein Lebensziel ist, so Gott will, sehr weit ent
geschildert. Wenn ich damals dem Sterbenden nachgab fernt. In meinem Hause sollst du Muth zu langem Le
und ihm versprach, nimmer Gatte und Vater zu werden, ben gewinnen, die treueste, dankbarste Pflege soll dir
wessen Bild tröstete mich in meiner Entsagung? das deine. von mir und Meiner Gattin werden, und wenn sich Eiser
Wen wollte ich aufsuchen, um bey ihm zu leben, bey ihm sucht in unser stilles Hauswesen mischen sollte, so müßte
zu sterben? dich, der dazumal der Kirche angehörte. O es nvthwcndig nur die m e i n i g e seyn. Weiß ich etwa
du hättest diese Bande niemals lösen sollen ! hätte ich nicht nicht, daß Amalie lange Aeit hindurch eine stille Neigung
deine Einsamkeit erfreut? hätte ich, dein trcuester Ge zu dir gehegt? Der Chevalier d'Eon, wie dich deine Ka
fährte, nicht jede deiner Entbehrungen versüßt? habe ich meraden scherzweise nannten , hatte ihr Herz mit Sturm
dir endlich nicht wieder gegeben, was unser Vater dir genommen , ohne es selbst zu wissen. Seine Kälte gegen
versagte? Und zum Lohne..." das schöne Geschlecht hatte jede Annäherung verhütet, und
„Willst du mir verbieten, Mensch zu seyn?" brauste so ging endlich Malchens Neigung unter, um sich mir
Mar heftig auf ; „welche Anmuthung ! Wohl war nnfers verdoppelt zuzuwenden. Beruhige dich, ich bin nicht arg
Vaters Ehe unglücklich, aber sein rauhes Gemüth trägt wöhnischer Natur ; ich kenne deinen und AmalicnS sittli
mit der Schwäche unserer Mutter gleiche Schuld. Er chen Werth und prophezeihe uns Allen glückliche Tage."
war ein Tyrann, selbst in der lezten Stunde. Weil Arthur lächelte tiefsinnig und scherzhaft, ohne zu re
e r mit seiner Gattin unglücklich gewesen, verfluchte er das den. Marimilian, sein Spiel gewonnen sehend, plauderte
weibliche Geschlecht, versagte er den Söhnen die Möglichkeit fröhlich weiter. „In zwey Monaten soll die Hochzeit seyn.
glücklich zu werden, schlug er unsern alten Stamm an den Scchszig Tage der entzückendsten Sehnsucht stehen mir
kräftigen Wurzeln ab. Ein Thor, der sich in solchen Schlin bevor, und ich habe mir ausgedacht, daß unser Oheim,
gen gefangen gibt ! Ich habe keine Lust ein Thor zu seyn." der Dechant, die Trauung verrichten soll. Du schlägst
„So sey ein Mensch, treu, herzlich, fühlend wie sonst!" mirs nicht ab, Arthur, mein Brautführer zu seim. Der
bat Arthur, von seiner Heftigkeit zur Wehmnth herabge Himmel gebe, daß deine Vornrtheile bald schwinden möch
stimmt. „Sieh mich an ; ich bin älter als du , ich habe ten , damit ich dir den gleichen Dienst erweisen könne.
dich, der Knabe den Knaben, auf meinem Arme getragen. Vor der Hand dürfte es'aber schicklich seyn, wenn wir zum
Ich habe dich gefüttert, weil die Mutter dich vergessen. Zeichen unseres innigen Einverständnisses zuweilen vereint
Ich habe ehrlich mit dir ausgehalten, ich habe Alles mit dir die Braut und die Schwiegermutter besuchten. Was mcynst
gethcilt. Sich mich an; ich muß in der Welt einsam ver du dazu , mein Brnder?"
gehe» , wenn du nicht meine Stütze bleibst. Mein Kör Arthur antwortete nicht, sondern blickte zerstreut durchs
per ist nicht stark, die Parze wird meinen Lebcnsfaden Fenster. Mar, von seiner Stimmung ergriffen, trat zu
nicht lange spinnen. Bleibe bev mir; wie bald sind nicht ihm, faßte seiue Hand, sab ihm zärtlich ins Gesicht und
die Jahre der Jugend vorüber, die mich allein aufrecht fragte schmeichelnd: „Du schweigst noch, mein guter Ar
balten, und ich lege mich dann in die Erde. Ich habe der thur? hast du keine Sylbc für mich? zürnst du mir denn
Mutter Angesicht geerbt, aber nicht minder, fürchteich, den noch immer in blindem Vorurtheil? Kann dich denn die
Wahrheit meiner Gefühle, die Hoffnung auf mein Glück ein Pud Fleisch anderthalb Rubel in Papier. Die Lebensart
nicht versöhnen ?" — „Ich muß mich erst mit dem Gedan der hiesigen Bauern fand ichdurchgängig reinlicher als die der
ken vertrauter machen," verfczte Arthur, von dem Bru Russen. In ihren Hütten findet man immer all ihr HauS-
der gehend. Marimilian, der in diesen Worten die Rück- geräth rein gescheuert. Ihre Fußbekleidung ist nicht gleich
kehr gewohnter Freundlichkeit sah, sang schon ein Sieges- der anderer russischer Landleute von Baumbast, sondern sie'
lied und entfernte sich mit den besten Hoffnungen. tragen wirkliche lederne Schuhe, mit Riemen befestigt. Sie
(Die Fortsetzung folgt.) sprechen einen besondern Dialekt des Russischen, in welchen
sich cigenthümliche Ausdrücke mischen. Man findet diesen
Dialekt von Perm bis vchotsk , mithin der ganzen Länge
von Sibirien nach, zn Hause. Von KraSnojarsk bis Jr-
Bcyträge zur Völker- und Länderkunde dcS russischen kutSk fuhr ich durch eine wildromantische Gegend, die stets
Reichs. zwilcken majestätischen Bergen und den Gesichtskreis be
(Fortstsung.) schränkenden großen Wäldern abwechselte. Unfern Jrkutsk
pflückte ich am l itcn April schon eine Feldblume im Freve»
Z) Ostfibirien.
Die folgenden Bemerkungen über West- und Ostfibi Der Angarafluß, der durch Jrkutsk strömt und es in
rien, welche ein anderer Kronbeamtcr im Frühjahr t»27 zwcy gleiche Hälften theilt, hatte sich am ,5ten März
bereiste, fanden desto größer« Bevfall, als man bisher schon ganz vom ?ise gereinigt. Die Angara ist ein herr-
selbst in Rußland von jenem großen Lande ganz falsche, zum Iicher»Stroni , nicht so breit wie die Newa, aber von
Theil entgegengesezte Vorstellungen gehabt hatte. einer so überaus schnellen Strömung und von cmcr
Das dem Nordpol nahegelegene Sibirien ist zwar so durchsichtigen Klarheit, daß man in ihrem Bette von
überaus kalt, aber der südliche Theil dieses großen vier Faden Tiefe daö kleinste Steinchcn deutlich wahr
Landstrichs entbehrt des wohlthürigen Sonnenstrahls kei nimmt, ihr Wasser ist dabcy fo kalt, daß man die Hand
neswegs , und bis zum 55sten Grade der nördlichen nicht lange darin halten darf. Ihr Lauf ist äußerst reißend,
Breite treibt man auch in Sibirien noch überall mit in einer Sekunde durchläuft' sie acht englische Fuß. Vor
aiin/Agem Erfolge den Ackerbau. Im März und April dren Jahre» begann die Regierung ihre bevden User durch
vorigen Jahres durchreiste ich mehrere Distrikte Sibi geschmackvoll aufgeführte Quais von Holz einzufassen, die
riens und fand das dortige Klima ganz so wie um diese kurz vor meincr Ankunft vollendet wurde» und jezt viel
Zeit bev uns in Petersburg. Bev KrasnojarSk, der er zur Verjchönernng von Jrkutsk dcntragen. JrkntSk ist die
sten Stadt Ostsibiricns, konnte ich es kaum noch in mei Hauptstadt Ostsibirienö , und darf als der wichtigste Han-
ner Winterequipage aushalten. Vom 7ten April an genoß dcl^ort im ganzen" russischen Asien angesehen werden. Hier
ick daselbst der heitersten, schönsten Frühlingstage, keine haben die russischen Kaufleute ihre Hauptniederlage für
Spur von Schnee war mehr zn finden , überall war es auf den chinesischen Handel, dessen ergiebigsten Zweige für sie
den Straßen völlig trocken, die Leute spazierten draußen in der AuöfuKr der fcltncrn sibirischen Pelzthiere, der
in ihren Sommerkleidern , auf den Feldern zeigte sich be russischen und preußischen Tücher nach China bcsiehn, wo
reits das erste junge Grün ; nur die mit Eis^nvch bezogene gegen sie von dort hauptsächlich Thee und Nanking bezic
Fläche des Jcnisey vcrrieth Spuren des jüngstentflvhencn hen. Unter den dortigen Kaufleuten gibt es mehrere Mil
Winters. Könnte ich doch lebhast genug die schöne Umge lionäre, und sie sind zum Theil Männer von einem Krade
gend von KrasnojarSk schildern! Die Stadt liegt zwischen der Bildung, wie ich sie selbst in Petersburg bev Personen
zwev Flüssen, dem Jenisey und der Katscha. Von allen dieses Standes selten wabrnabm und hier gar nicht er
Seiten umschließen sie romantisch geformte Berge, deren wartete. Sie besitzen artige Bibliotheken , bie sie jährlich
rötbliche Farbe der Stadt ihren Namen gab' Diese Berg durch die interessantesten Erscheinungen in unserer vater
gipfel sind mit anmuthigen Gebüschen bewachsen. Ucbcr- ländischen Literatur vermehren, und xränumcriren auf alle
h-mpt kam ich hier mehrmals durch Gegenden, wo mich in Petersburg und Moskau erscheinende Journale. Ihre
eine wahrhaft majestätische Natur überraschte, die ich in Töchter beschäftigen sich fleißig mit Lektüre und haben
dem bey uns in Petersburg durch seine Oede, Trauer und Talent für Gesang nnd Musik. In diesem kalten, un
starre Kälte so übelberüchrigtcn Sibirien nicht erwartet hätte. freundlichen, sibirischen Klima fand ich leidenschaftliche An
Der ganze Kanton von KrasnojarSk ist überaus fruchtbar. hänger der Gedichte nnsers Puschkin und Leser des alte»
Der Roggen trägt hier fünf-nnd-zwa»z:g - und der Haber DichtervatcrS Homer. Die Kanfleute rasiren sich hier durch
dreMgfältig, daher sind auch die ersten Lebensbedürfnisse gängig den Bart und gehen deutsch und französisch geklei
hier unglaublich wohlfeil, z.B. ein Pud Noggenmchl <ji) det. Jrkutsk zählt eine Volksmenge von nahe an 2u,«»l>
Pfund) kostet nur Z« Kopeken, ein Pud Haber 12 Kopeken, Menschen, und schon in dieser Hinsicht kann sich keine
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Stadt in ganz Sibirien ihm gleichstellen, und über zivey- wa Prediger , Proftsforen und Schauspieler haben Geiegncheit
öffentlich zu reden, und daher konunt die allgemeine Ungeschicks
tansend Hänser, wovon freplich die wenigsten von Stein sind. lichkcit. dir sich überall zeigt, wo uicht «rn der Kanzel, dem
Wie in allen russischen Centralstädten, sind auch hier sehr viele Katheder und von den Brettern herab gegen irgend ein Pub
Kirchen , unter denen sich die prachtvolle Kathedrale , der likum hin gesprochen werde» so«. Die am weitesten verbrei
Sitz des Erzbischofs von Ostsibirien, deren Gründung in tete Gesinnung ist bey uns die : das glücklichste Volk sey mir
das Jichr 174« fällt, am schönsten ausnimmt. Während der dasjenige, welches, von einem milden, gerechte» Könige wie
unsrige regiert , vcrtrauungsvoll sich um gar nicht? küm
meines Aufenthalts begann man auch den Ba« einer eige mern und vom politischen Leben nichts wissen wolle , indem
nen evangelischen Kirche. Das Haus des Stadtvirstehers jeder sein bürgerliches Leben für daS Höchste halte. Ein ehr
Sibiräkow würde, in eine der Hauptstraßen Petersburgs liches Haudwerk. ein Kramladen «der respektive eine Handlung
versezt, denPallästen der nordischen Kaiserstadt gewiß keine lmd e» gro» ober ein Geldgeschäft . das die Familie redlich nährt
in Erholungsstundcn z« standesgemäßen Vergnügungen
Schande machen. Seine Fayade ist prachtvoll und majestä die «billigen Ausgaben deckt, dicß ist cS, was solcher Gesin-
tisch, das Innere im neuesten Geschmack eingerichtet. Der uung als der Gipfelpunkt bürgerlicher Frcybcit und bürgerlichen
Besitzer verräth in den gesellschaftlichen Cirkeln, die sich Wolilsams erscheint, so daß sie es für baore Tborhcit aus
be« ihm zu versammeln pstegen , eine Feinheit und Bil gibt, de» sicheren, engbcschlosscnen Kreis durchbrechen oder
überschreiten zu wolle». „Man kann unter jeder Regierung,
dung , die den Gast auf Momente glaube» machen könnte, in jedem Lande glücklich seyn/' ist daS Motto dieser Gesinnung,
er befinde sich in einer der ersten europäischen Hauptstädte irnd zwar dos ganz richtige , denn soweit wenigstens sind, den
bcp einem durch Rang, Stand und Rcichthum ausgezeich Südosten und Südwesten ausgenommen , alle europäischen
neten Staatömanne , und nicht i« der fernen Oede Sibi Staaten ausgebildet, daß PrivarcigentKum nicht nur Sicher
heit, sondern bürgerlicher Berkel r auch Beförderung findet.
riens bey einem russischen Kaufmann. Man könnte dicfe Gesinnung die spießbürgerliche nennen , die
. (Der Beschluß folgt.) wohl recht eigentlich nur m Deutschland , und besonders auch
in Sachsen und Preußen zu Hause ist. Das unsinnige uud ge
Korrespondenz-Nachrichten. sinnungslose Extrem dagegen, die Demagogie des Gefühls,
Berlin, April. welche das Herz als politischen Autokraten einsetze» wollte,
Mit welch erfreulicherer Nachricht könnte» wir den bicK- diese Ironie im Felde der Politik ist glücklicherweise, wenn sie
maligcn Bericht beginnen, als mit der, welche ein langerwar- sich hat breit machen ivollcn, nnr noch in den Laudesfestun-
tcter Kanonendonner laut genug der ganzen Stadt »erkun gen eng genug zu Hause, oder läuft auf freycn Füßeu kops
dete ? Die Geburt des ersten Prinzen, der 00« einen, nusercr los, ohne geköpft zu seyn, unschädlich umher. Diejenige Pc,
Königssöhne herstammt, begeisterte sogleich auch die Berliner riode der Ironie , welche die Beliebigkeit der eigenen Mcy-
GelcgcnhcitSdichter. Der eine besang den königlichen Spröß nung , die Zufälligkeit des Gefühl« als einzig wahrhafte» Rich
ling, wie ausdrücklich in dem Gedichte angezeigt war, noch ter anerkaimte, ist überhaupt sowohl im Sittlichen als auch
uuter dem Kanonendonner in der Humboldrschen Vorlesung; im Politische» und Religiösen für die deutsche Nation ohne be
er hätte besser gcthan. seine patriotisilz^oetische Hitze durch deutende Wirkung gewesen, und es ist crgöylich zu sehen, wie
größere physikalisch-geographische Aufmerksamkeit abkühlen zu die ironischen Leute nicht aufhören können sich hierüber höch
lasse«, er selbst und das Publikum würden dabei) gewonnen lichst zu vcrrcundern , es müßte denn seyn. daß sie Katholiken
haben ; ein anderer gab zu Ehren des N.'ugebornen ein Früh? und gewaltige Aristokraten geworden sind. Alle diese bisher
lingsgetändel zum Besten ; unsere Prinzen aber, die Sohne und genannten politischen Gesinnungen zeigen nicht eben von gros
Enkel kriegerischer Kduige. sollten uicht wie Schneeglöckchen sem Geiste und tiefer Einsicht in die Interessen , Rechte und
besungen werden; nur Fr. Förster, der stets fertig« Gelegen- Forderungen unsevcr Zeit. DaS deutlichste Zeichen aber voll
bcirsdichter , verglich diese Geburt mit der dcS Sohns des Ve kommenster Mittelmäßigkeit ist die bc» uns mannigfach ver
lens, und erinnerte daran, daß auch nnsern Fürsten der Na breitete Aristokratie. Wer durch sich selbst, durch die Arbeit
me Achilles nicht fremd sey; wir kdmirii bev solchem Ver seine« Geistes, durch Bildung, Kenntnisse u. s. f. nicht gel
gleiche »nr wünschen, daß keine kurze achillcische Blüthc den ten kann, wird sich natürlich am liebsten durch die mühelose Zu
jungen Köiiigssohn hiuwegraffc, während das Leben des kö fälligkeit der Geburt, wenn diese Zufälligkeit ihm gerade gün
niglichen Großvaters an Dauer und Frieden im Alter nur dem stig ist, nicht nnr über andere erheben, sondern diese auch
des Nestor vergleichbar seyn möge. Wie ungeschickt aber fast verhindern wollen, sich durch Anstrengung. Talent und Fleiß
bey Zeder Gelegenheit die öffentlichen Freudcnbezcngungen und z» gleicher Höhe emporzuschwingen. Diese Aristokratie ist
Dankadressen in uuscru Zeitungen sind, zeigen auch die, nicht etwa eine zeitgemäße wie die feudalistische des Mittelal
welche Herrn Alexander von Humboldt nach dem Schluß sei ters , keine wohlgesinnte Pairic wie in England, die ihren
ner Vorlesungen in Versen und Prosa entmuthigcnd bewie rechten Play in der Verfassung gefunden hat , sondern sie geht
sen . er dürfe nur auf den Dank derer rechnen, welche geschwie entweder aus dem absichtlichen Mißkennen und Verwerfen
gen haben. Was überhaupt unserem Leben fehlt , ist die rege des Geistes der Gegenwart, oder aus der inodcrnsten Selbst
ThcilnaKmc für alle allgemeineren Angelegenheiten. Die Inter sucht hervor, ohne Verdienst die Früchte des Verdienstes
esse» bei Staats, Krieg und Frieden ausgenommen, über in müheloser Bcaucmlichkcic pflücken zu wollen. Will diese
schreiten nicht den KreiS derer, die unmittelbar damit zusam Aristokratie, statt nur Gesinnung und vornehmthncndes all
menhängen ; mir der Gerichtsstand z. B. weiß vom Recht und gemeines Raisomienienr zu bleiben, auch in die spezielleren
der Rechtspflege, oder hat lebendigen Eifer dafür; polizeulichc Zweige der Verfassung und Verwaltung eingebe« uud sich
Verordnungen werden zwar bekannt, Gcscizc werden prouiul- dort verwirklichen . so wird sie viel gefährlicher und revolutio
girt, aber daß auch die allgemeinsten, öffentlichste« Angele närer als die GcfKhlSdcniagogcn. Ihre Revolution ist eine
genheiten . daß das ganze politische Lebe» öffentlich sey . dafür Revolution in die Vergangenheit zurück.
ist im Allgemeinen noch kein Bcdürfniß vorhanden. Nur er- (Die Fortsetzung folgt.)
Verlag der I. G. Lot ta'schen Buchhandlung.
117.

M v r g e n b l a t t

f ö r

gebildete Stände.

Donnerstag, 15. Mai 182 8.

Vollst «st, l> sanfte Mutter b« Wkiibeit, nuch


Aus ernste Vfade leiten im Mondcnftticin,
«0 der Denk» tiefe Wahrheit
Schöpfet und glüheuber Stirne w«Uer:
^ F. L. ». Stollberg.

Ueber das nächtliche Wärmestrahle» dcr Körper und dcrn Beschaffenheit des KirperS ab und von dem Zustande
die damit zusammcnhZnzcndeii Erscheinungen. seiner Oberfläche. Bep jeder Art von körperlicher Beschaf
fenheit nimmt übrigens die Stärke der Strahlung mit
Die Lehre deS Physikers A rag o vom nächtlichen Wäx- der Temperatur zu. Bey gleicher Temperatur scheinen
mestrahlen der Körper, zn welcher ihm besonders die For alle Luftarten zu den Körpern z« gehören, welche am
schungen von Wei l S über den Thon Anlaß gaben, verbrei schwächsten strahlen. Fosrige Substanzen dagegen, wie
tet nicht nur über daS Wesen dieses merkwürdigen Me Wolle, Baumwolle, Flaum «. s. w. haben eine sehr beträcht
teors großes Licht, sondern verspricht auch den größten liche Ausstrahlungskraft. Die xolirten Metalle strahlen im
praktischen Nutzen, besonders für den Gartenbau. Da die Durchschnitt nur wenig Wärme anS, abcr dennoch ist diese
mannigfaltigen Beobachtungen und Versuche dieser Natur Eigenschaft nach LeSltes Versuchen ausgezeichneter de» Pla
forscher vom allgemeinsten Interesse sind, so theilcn wir tin«, Eisen, Stahl und Zink, «lS bep Gold, Kupfer und
eine allgemeine Uebersicht davon mit. Zinn.
* . * Da nun jeder Körper mittelst dieser ganz allge
Es ist allgemein bekannt , daß von zwev Körpern, de meinen Eigenschaft unaufhörlich Wärmestoff abgibt, so
nen man einen verschiedenen Grad der Wärme gegeben kann seine Temperatur sich nur dadurch gleichbleiben , daß
hat, dcr wärmere den kältern allmählig erwärmt, wenn er sich jeden Augenblick einen seinem Verlust entsprechen
man sie auf beliebige Entfernung einander gegcmibcrdringt. den Theil der von seinen Umgebungen ihm zuströmen
Die Phvsiker nehmen deßhalb Ausflüsse, Strahlen der den Tesammtirärme zueignet. Der Körper wird erkalten
Wärme an , welche von der Oberfläche der Körper bey je oder sich erwärmen , sobald dieser fortwährende Tausch
der Temperatur ausströmen, und mittelst deren die War nicht vollständig im Gleichgewicht bleibt. Nimmt man
me des einen Körpers auf die eines anderen Körpers in nun nach diesen Voraussetzungen an, ein kleiner Körper,
dieFerne wirken kann; diese Strahlen bilden nach dieser dessen Oberfläche ungehindert Wärmestoff ausstrahlt, be
Annahme den sogenannten ausströmenden Wärme finde sich Nachts bey hciterm Himmel bocb über dem Erd
stoff. boden mitten in einer weiten, von allen Seiten offenen
Aber nicht alle Körper haben in demselben Grade die Ebene, so läßt sich crmeisen, daß cr unter dicsc» Umstän
Eigenschaft , den Wärmcstoff unter dcr Form von Strah den schnell erkalten muß ; denn dieser kleine Körper wird
len ausströmen zu lassen ; diese Eigenschaft, welche man jeden Augenblick Wärmestrahlen gegen alle Punkte der
die Kraft der Ausstrahlung nennt, hängt von der beson- sichtbaren Halbkugel des Horizonts ausstrahlen ; es ist also
466
nur noch zu unkersuchen, «b diese Halbkugel ihm Alles erse mindern; nur muß man hinzusetzen, daß die Wolken,
tzen kann, was er auf diese Weise verliert. Nun aber kann welche mit der sie umgebenden Luftschichte ungefähr gleiche
einerseits der leere Raum , in welchem sich unsere Erde Temperatur haben müssen, durch ihre eigene Strahlung
bewegt, keine wahrnehmbare Wärme abgeben, andernseits den Wärmcverlust der irdischen Körper um fo unvollstän
wird die Gesammtwirkung des Wärmestrahlens der At diger ersetzen werden , je höher sie stehen. Die Sonne
mosphäre unbeträchtlich seyn, einmal, weil, wie schon er scheint nicht nothwendig untergegangen seyn zn müssen,
wähnt, alle Luftaxten eine schwache Strahlungskraft bcsiz- damit die Strahlung gegen den Raum eine fühlbare Wir
zcn, nnd sodann, weil die Schichten der Atmosphäre schon kung auf die Temperatur mancher Körper äußern könne.
in einer geringen Höhe sehr kalt sind, wie dieß der ewige Ueberall, wo ihr Licht nicht unmittelbar hinkömmt, wird
Schnee beweist, welcher so viele Berge bedeckt. Der Kör man , selbst bey Tag , eine höhere Temperatur in der At
per wird demnach unfehlbar erkalten, und die Erkältung mosphäre als an den Pflanzen bemerken, wenn ein großer
wird beträchtlich seyn können, wenn man eine Substanz, Theil des Himmels unbedeckt ist, und auch diese Erfah
welche ein schwacher Wärmeleiter ist, zwischen den Erd rung läßt sich schon mittelst des Gefühls anstellen.
boden und den Körper bringt, und lezteren dadurch hin Sehen wir nun , in wiefern die Erfahrung mittelst
dert, seinen Wärmeabgang durch das Zuströmen der Erd Versuchen diese theoretischen Sätze bestätigt.
wärme zu ersetzen. Die Sudstanzen, aus welchen die Um (Die Fortsetzung folgt.)
hüllung der Erde gebildet ist, sind nun im Allgemeinen
sehr schwache Wärmeleiter, und die untern Schichten der
Atmosphäre bilden also die schwachleitende Substanz , wel Walderich's Söhne.
che nach obiger Voraussehung zwischen den kleinen Körper Von Spindler.
und den Voden gebracht wurde.
Die untern Schichten der Atmosphäre sollten, wie es (Fortsetzung.)
scheinen könnte, eine gleiche Temperatur mit dem Erd «Sie sagten die Wahrheit, Doktor," sprach Arthur
boden zeigen ; da aber ihre Strahlungskraft, wie bcy allen zu demselben, der wieder erschien. „Der böse Mensch liebt
Luftarten, sehr schwach ist, so wird die Erkältung bey ihnen und sezt sejn einzig Glück in die Gegenliebe seines Mäd-
in einem weit geringeren Grade stattfinden, so daß bey reinem , chens. Sey es denn!" — „In die Gegenliebe?" fragte
Himmel ein auf den Boden gestellter und ein in der Lust Ogger bedeutend; „Sie irren, Herr Baron. Diese Ge
aufgehängter Thermometer nicht denselben Wärmegrad zei genliebe ist nicht—^ — „Wie?" — „Die Geueralin hat
gen werden ; ersterer wird bedeutend tiefer fallen. Daß der der Tochter befohlen, Ihren Bruder zu Heirathen, weil er
Boden, besonders der Grasboden , au heitern Sommcr- durch Ihre Güte reich ist, und der Armuth der Familie
abenden bedeutend kälter ist, als die ihn zunächst berüh mit Einem Male ein Ende macht. Amalie opfert dem
rende Luftschichte, ka«n Jeder, der ans einem Flußbade Wohle der Mutter sich selbst und ein geliebtes Bild, das
kommt, leicht schon durchs Gefühl bemerken; die Kalte sie seit Langem, wenn gleich ohne Hoffnung, im Her
des Bodens kann schon ziemlich empfindlich seyn, während zen trug."
die Luft noch lau ist. Arthur fragte crröthcnd und ahnend nicht weiter, und
Da nun diese Temperatnrverschiedenheit zwischen der der Doktor ließ, wie er immer zu thun pflegte, die ange
Luft und den dichten oder flüssigen Körpern, die sich auf schlagene Saite gleichmüthig verklingen. Die Eintracht der
der Oberfläche der Erde befinde», eine Wirkung des Strah Brüder nabm wieder zu. Beyde besuchten das Haus der Ge
lens gegen den Raum hin ist, so muß man erwarten, sie neralin. Arthur war der getreue, gelassene Begleiter des
um so bedeutender zu finden je stärker die Strahlungs feurigen Liebhabers. Er prüfte, er verglich ; er fand Oggers
kraft dieser Körper und je größer der offene Himmels- Ausspruch bestätigt. Amalie schien zu lieben, aber nicht
räum ist. den Freyherrn Mar von Walderich. Die Generalin »er-
Wenn man zwischen den zum Versuche bestimmten rieth Geiz und Mißtrauen.
Körper und den .Himmel einen dichten Schirm bringt, so „Eine Frau, die ihn nicht liebt! eine habsüchtige Schwie
wird dieser der Erkältung vorbeugen; denn der Verlust germutter!" sagte Arthur einst zu dem Doktor; „Mar wird
des Würmcsioffs, welchen dieser Körper durch die Strah unglücklich. Er rennt in sein Verderben und meine Angst
lung gegen den Raum hin erfahren haben würde, wird fast steigt von Minute zu Minute."-
genau durch die Strahlung der unteren Schirmfläche, de Lgger zuckte die Achseln, ein Beweis, daß er Ar
ren Temperatur von der der umgebenden Luft wenig ver thurs Ansicht billigte , ohne sich jedoch weiter darauf ein
schiede» ist , ersezt. Die Wolken werden nun denselben zulassen. Arthur sah sich auf sein eigen Gefühl, auf den
Dienst leisten, wie dieser Schirm z sie werden nämlich auf Bruder verwiesen. Er redete mit Marimilian. Dieser
dieselbe Weise das nächtliche Strahlen verhindern oder ver spottete anfangs seiner, dann zürnte er ihm.
46?
„Du willst meine Braut verdächtigen? Ss gelingt dir verfiel. Oggers Geschicklichkeit mäßigte auf der Stelle
nicht. Mein e Liebe mißfällt dir, ich weiß das; mag die Gewalt der Krankheit. Mit der völligen Besinnung
sieeSdoch; gestehe mir aber gesunde Vernunft zu. Jchliebe kehrte auch die Sehnsucht nach dem Bruder in Arthurs
Amalien unsäglich ; solche Leidenschaft bleibt nie ohne Er: Brust zurück. Es war Abend geworden. „Wo ist mein
wiedcrung , und die Zurückhaltung der Jungfrau wird die Mar?" fragte er sorglich: „ich will nichts gesagt haben ; er
wärmere Liebe der Gattin begehrenswerther machen." — soll wieder Alles nehmen, was er besaß ; er soll empfangen,
„Deine Leidenschaft täuscht dich." — «Dich betrügt die was ich noch besitze; er soll glücklich sevn, wenn ers ver
deine, die der Eifersucht. Sonderbarer, unglücklicher mag. Senden Sie nach ihm, Doktor!"
Mensch! du beneidest mein und Amalicns Glück. Ich soll Der Doktor that es. Der Diener fand den Baron
an deinem verödeten Herzen verdorren, und Amalie elend nicht auf feinem Jimmer , nicht im Hause. „Zur Gene-
sevn ! Oder hätte vielleicht ihre Schönheit deine Seele ge ncralin!" stammelte Arthur. „Wenigstens erfahre er
rührt? Verlangtest du nach meinem Reichthum?" Morgen durch sie . . . ."
Arthur starrte den argwöhnischen Bruder an. Dann „Ich übernehme das selbst!" versezte der Arzt und
trat eine bittere Verachtung auf seine Lippen ; er schwieg. ging schnell zu der Frau von Treumar. „Baron Mar ist
Der in der Hitze verblendete Mar täuschte sich über Arthurs ein Bettler geworden," sagte er zu der Gcncralin. „Ba
Gefühle. Er fuhr fort: „Sieh, wie deine Seelenschuld ron Arthur liegt krank, und Ihr Hochzcittag ist der sei
sich vcrräth! Ich habe deine Tücke ergründet. Du spielst nes Todes," sagte er zu Amalie, und kam z» Artkur zu
die Schlange in meinem Paradiese!"' rück, ihm zu berichten, daß er seinen Bruder nicht gefun
„Undankbarer!" stammelte Arthur empört und wollte den. Der Kranke hoffte von Stunde zu Stunde auf des
den Wilden verlassen. Dieser hielt ihn zurück. sen Erscheinen. Alles vergebens. Endlich am zwcvtcn
„Welchen Namen nanntest du ?" fragte Marimilian Abend seit jenem bedauerlichen Zwiste tritt Marimilian
gesteigert; „ha! wie sich bcy und in diesem Worte Alles, in die Krankenstube, bleich wie ein Entgeisterter und
waS ich von dir erkalten und genossen habe, wie ein Ge verhaltncn Schmerz auf dem stummen Munde. Arthur
birge auf meine Brust legt! Bist du mein Wohlthater ge hat zehn Fragen an ihn gerichtet, ehe er einer Antwort
worden, um mein Henk« zu sey»? war ich etwa ein zu fähig wird.
dringlicher Bettler, den man vor die Thüre zu jagen oder „Freue dich," sagte er hierauf bitter und verschlossen,
zu mißhandeln sich das Recht nimmt? Oder gabst du mir ..dein Wunsch ist erfüllt worden, und ich bin doppelt elend.
vielleicht ein Almosen , um mir bequemer den Dolch ins Mein Herz ist in Jammer versunken ; während ich hoffte
Genick zu stoßen? Nimm Alles zurück, du moralischer nur irdische Güter entbehren zu müssen, siel mein himmli
Meuchelmörder, was mich an dich bindet, die Zaubertränke, sches Besitzthum treulos von mir ab."
die mich berauschen sollten!" „Wie das, mein Bruder?"
„Marimilian! noch ein Wort, und du zerreißest den „Erheuchle keine Unwissenheit! dir verdanke ich, daß
Zauber der Natur für immer!" rief Arthur, von Zorn und ich min daö weibliche Herz kennen gelernt. Die Genera
Angst ergriffen. lin nahm ihr Wort zurück ; Amalie hat mir ein ewig Lebe
„Das will ich, heuchlerischer Bube !" entgegnete Mar, wohl gesagt. Ich bin arm geworden, der Zauber ist zer
„ich Witts, so wie ich diesen Pakt zerreiße , der mich dir flossen, ich stehe allein, ein getäuschter Thor , und will in
leibeigen machen sollte." Die Schenkungsakte, die ihm der Ferne Menschen suchen, die ^ehrlicher mir mir mevnen."
Arthur über die abgetretene Vermögcnshälfte zugestellt hatte, (Die Fortsetzung folgt.)
flog zcrstückt zur Erde.
„Unsinniger! was thust du?"
^Frage nicht. Ich bin ein Mann ; habe Kraft und Korrespondenz-Nachrichten.
Berlin, April.
Muth. Mein Weib zu ernähren, soll mir Aicht schwer (Fortscvunq.)
fallen ; auch ohne die Hülfe des Selbstsüchtigen , der mir DaS Gesagte zeigt sich z. B. deutlich in einer Schrift,
mit seinem Golde mein Gefühl abkaufe» wollte. Dirzum welche vor kurzer Zeit öffentlich solche Gesinnungen auSgesprvs
Trotze werde ich mit Amalien glücklich sevn ; und Du, chen Kar. und von einem Soi'ne unseres vormaligen Finanzmi
nisters l'crrükrcn soll. Sic spricht von der Gefährlichkeit der an-
verzweifle einsam auf deinen Schätzen!" tironalisNschcn Grundsätze, nach welche» daS Staatsrecht im
„So fahre denn hin, Opfer einer tollen Begier!" pre„ß>schen Landrechte festgesezt worden sc». Diese Schrift
zürnte Arthur dem Davoneilenden nach ; „fahre hin aus nämlich läuqnct, dgs> eS Staa tcn gebe, und will auch von
dem Schooße des Glücks in dein Elend! du hast meine Bürger» dcS Staats nichts wissen. König und UntcrtKane»
dagegen, meynt sie, gebe eS, und sie würde auch mit Freu
Liebe zu dir ermordet, ich kenne dich nicht mehr!" den Leibeigne anerkennen, da ihr Verfasser auch wol,l Herr
Die Folge diefer harten Worte war, daß sich Arthur einiger Seelen würde werden können. Zum Herrn über Gei
sehr erschöpft fühlte und in einen schweren Fieberzustand ster wird er sich aber wohl nie emporschwingen, denn jene
4^8
Gesinnung möchte nicht leicht einen mittelmäßigeren Sprech« der Donner der Kanonen verkündete es sogleich weit umher.
gefunden habe», so hat er im Ganzen auch wenig Wider Unbeschreiblich war der Wonncrausch, welcher »och in derselben
spruch gefunden, nicht wegen der Wichtigkeit, sondern wegen Nacht i« Dresden alle Gemüthcr ergriff. Es ward in der
der Unwichtigkeit. Nur der Historiker Buchholz bat eine Bros schönen milden Nacht lebendig ans den Straßen, als sey eS Tag.
schüre herausgegeben, in welcher er nur leider auf das andere Mehrere Häuser, ja ganze Straßen waren pfeilschnell erleuch
Ertrem Hinkbertritt und jenen bekannten Ausspruch deö groß« tet, Musikbanden fanden sich ein, eine freudige Menge ver
Friedrichs heraushebt, daß er sich für den erste» Diener des Staats sammelte sich auf der Elbbrücke und den freuen Plätzen, Volks-
halte , einen Ausspruch, bc» welchem der Fall eintritt, daß man gesänge wurden angestimmt, und bis der Morgen wieder
einmal royalistischer als der König selber sehn muß. Von un: tagte, rastete die aufgeregte Empfindung nicht. Am 2Iflen
sercm Könige erzählt man, er habe lächelnd über jene Schrift ward nun des Abends um sechs Uhr die Tanfe des Mengeder-
geäußert, daß die Gefährlichkeit der Grundsätze des preußische» »en vollzogen , und es wurden ihm die bedeutungsvollen Na
Landrechtes doch so übergroß nicht sehn könne , indem während me» Friedrich August Albert bevgelegt. Dann begab sich der
seiner ganzen Regierung auch nicht die geringste Wirkung sol König und die gcfammte königliche Familie, mit Einschluß de,
cher Gefährlichkeit zum Vorschein gekommen sep. 'Dagegen zum Besuch hier anwesenden vcrwittweten Königin von Baiern
sollen jene Gesinnungen in andern höheren und mittleren Krei nnd ihrer Töchter, in das festlich bclcnchtcte Theater, wo sie
sen sich vielfachen Beyfall erworben habe» , denn die politische der Jubel des vollen HauseS bcym Eintritt bnrch ein dreimali
Aristokratie ist nicht die einzige die wir hier kennen; sie ges Lebehoch empfing. Es ertönte nun eine festliche Ouver
herrscht auch in Künsten und Wissenschaften. Gegen Männer, türe von Kapellmeister Ncissigcr , nach deren Schlüsse init der
die einmal im Gebiete der Wissenschaft den Freuberrn:, Grafen- innigste» Rührung folgender, dem Vernehmen nach von Th. ^
oder gar Fürstenrang durch die öffentliche Mevnung eingenom Hell gedichteter Festgcsang angestimmt ward:
men haben , sollen Angriffe , auch selbst die wissenschaftlichsten Ertöne Jubclschall
Verbrechen sehn ; die Angreifer sind sogleich als wissenschaftli Heut laut und überall
che Demagogen mit persönlichen Absichten verschrieen; ein be Aus Sachscnbrust:
rühmter Name wird wie ein Majestätsrccht angesehen. Im Ein langersehntes Fest
Ganzen ist daher von Seite» dieser Aristokratie auch eine offene Uns Gott erleben läßt.
scharfe Kritik am meisten gehaßt : Geist zu haben, wird als der Daß sich das Auge näßt
Gelehrsamkeit hinderlich zur wissenschaftlichen Schuld, gegen In seclgcr Lust.
welche sogleich die Klage der Ungrünblichkcit zu erheben sey,
und besonders stellt sich die Empirie, al« feudalistischer Adel in Beglückter Tag, der heut
der Wissenschaft, der Philosophie kämpfend gegenüber, wenn Der Sachsen Herz erfreut!
diese ihr Souveränitätsrecht geltend machen will. Frevlich ist Beglücktes Land!
nicht zu läugnen, daß sich bey uns auch viel philosophische! Un DeS Himmels Segen liegt
wesen hervorthut, wie dicß'an einem Orte, wo sich Köpfe aller An Mutlcrbrust geschmiegt.
Art . starke und schwache, bemühen , eine neue Richtung der Den tbeure» Knabe» wiegt
Philosophie aufzufassen und zugleich in eigener Weise fortzu Des Vaicrs Hand.
bilden, wohl nicht anders der Fall scvn kann. Man braucht Willkommen holder Sproß,
z. B. nur in eine neulich erschienene Broschüre : ^.philosophische Den an ihr Herz schon schloß
Umrisse , entworfen von Dr. Gustav Andreas Lautier" zu blik- Die Nation!
kcn. in welcher das Prinzip des Widerspruchs, das diese Gegrüßt im Rautcnkranz.
Blätter als Prinzip der Philosophie aufstellen , zugleich ihrem In deiner Ahnen Glanz ! ,
Grundsay nach praktisch ausgeführt ist . denn sie machen die Sey einst ihr Nachbild ganz,
Prätensio» tiefster Gründlichkeit, und liefern doch nur ein Ge O Fürstrnsohn !
misch oberflächlicher Trivialitäten und unverständlichen Galli-
Mathias; sie wollen das Innerste der Dinge ans Licht brin Hinauf zum Throne hebt.
get», und zeigen doch nur, daß sie knnm kennen ; waS sie zu er Von Hoffnung neu belebt.
kennen mcnue» ; sie wollen die neueste Ausbildung der Philoso Sich froh der Bliek;
phie meistern , und beweisen doch nur, zu deren rechtem Ver Dem tkcurcn König Heil!
ständnis! nicht durchgedrungen zn sevn. und wen» sieden Gipfel Dem Königshaus? Heil!
d.r Wissenschaft zn bilden glauben . habe» sie nur den Gipfel Und ewig sn> sein TheU
punkt der WissenschafrSlosigkeit erreicht. Man kann sich ge- Das reinste Glück!
gl» hielr, Abirrung nicht stark genug, erklären , weil Migwol? Je neuer diese Erscheinung eines ähnlichen, allgemeinen Aus
lcnde^lche' Erscheinung mit Jubel bcgrüsicn , indem sie glau: drucks der Gefühle durch Fcstgesang vor, unserer Bühne war,
.,ben. ni>i), ein Recht erlangt zu , haben, auf Geist und Philosophie um so tiefer fühlte sich jedes GcmütK/ davon ergriffen, und
/überhanpt>zu schmähen . als wenn historische« Quellenstudium machte sich am Schlüsse desselben nochmals durch ein Lebehoch
' zu verdammen scu , wenn irgend ein unwisscndcr, halbblindcr für die geliebten Glieder des königlichen Hauses Luft. SS ward
Historiku? die köstlichsten alten Handschriften falsch gelesen uni sodann die Jungfrau von Orleans" dargestellt. Am Sonn
historischen Unsinn herausgebracht hätte! ^ tage darauf fand ein mir dem Donner der Kanonen nnd Sal
(Die Fortsetzung folgt.) ven des Muskttenfeners begleitetes 1> l)eum in der katholi
schen Kirche statt, und da schon am Zysten die Stadt erleuch
Dresden, 1. Mai. tet gewesen war , wiederholte sich dieses an jenem Abende noch
Das lczte Vicrtheil des «crwichcnen Monats zeichnete sich mir größerer Feuerlichkeit, während auch der Hof. in allen
berzerkebend durch den Jubel <rus, den ein für Sachsen höchst Siraßcn herumfahrend, diese Zeichen der Vottsfreude in Au
glückliches Ereignis vom Throne aus über Hütten und Pallä- genschein nahm.
ste verbreitete. Gegen Mitternacht nm ZZ. April ward dem (Der Beschluß folgt.)
Prinzen Johann von Sachsen der erste Sohn gebore», und Berlage: Kunstblatt Nr. z».
Verlag der I. G. öotta'schcn Buchhandlung.
N°. 118.

M o r g e n b l a t t

f ü r

gebildete Stände.

F r e y t a g, is. Mai i 8 2 3.

Der Sieg
Ist schon, doch schöner noch, den Feind zum Freund zu werden.
Und zu der eignen Kraft des Bruders Kraft zu erbe».
Voltaire.

N i k « n d e r S R u n e n Dort die Klinge liegt im Saude,


Hole sie und tödte mich !
Hogne.
Bleibst du ?
Sorle.
Ja, ich bleibe fitzen.
B j a r k a m « l Herrlich ist's, sein Blut verspritzen
Als ein stilles Shrenopfer,
Hogne. Trotzend deinem Schwert und dir.
Sorle! willst du kämpfen mehr? Hogne.
Sorle. Trotz beutst du den TodeSstreichen?
Einmal mag der Streit noch walten, Much, nicht Flehn kann mich erweichen.
Norwegs Lowe kann zerspalten Nimm die Hand in Kraft und Liebe,
Noch mit seinem blanken Beile Leb' und wachs an meiner Seit'!
Drev der Kronen, wenn nicht mehr. Ob dein Leu der Kronen dreve
Hogne. Spalten mag, so können zwcge
Normann, du kannst dich nicht heben. Große, starke Bruderlöwen
Und ich kann nicht tobten dich. Spalten sechs, wenn's kommt zum Streit.
Sorle.
Sorle.
Lieber tobt, alS flehn um's Leben, Wie der Fall auch mochte schmerzen,
Dieß hielt Sorle stets für Schande, Dieß dein Wort geht mehr zu Herzen.
Dich als Bruder ich begrüße —
Hier die Hand, du Schwedenmann !
-) S. Mgbl. t»27, Nro. 242. u. ff. Laß die Hände treu uns drücken
Won der RuneBjark. Bjarkamal. Benennung ei« Und des Friedens Lilie pflücken.
ner Art aller isländischer Helden- und Kampflieder. In den Jeder halb und doch zusammen
isländischen Sagen kommt das Wort osters vor. Der Stoff In des Streikes heißem Brand.
des LiedeS ist aus der Sorles Saga (Kap. 2Z) genommen, wek
che sich unter den Björn er scheu Kämpfertharen findet. Schöner als des Streites Klingen
Während des Streits war der norwegische Kämpfer in eine Wird der Skald' einst von uns singen:
Srube gefallen , der schwedische war olme Schwert , denn er ..Keiner überwand den andern,
batte daS seine schon früher von sich geworfen , «in mit Sorle .,Doch ein Jeder überwand."
i» ringen. (N.)
47»
Walderich' s Söhne. „Amalie ist eine Waise geworden, wie ich," sagte Ar
Von Spindler. thur ; „ich werde hingehen , sie zu trösten."
(Fortsetzung.) Der Vormund empfing den nach einigen Tagen Ein
Maximilian stürzte fort, ohne auf den Ruf seines sprechenden kurz angebunden. Amalie war erschrocken, in
Bruders zu hören, und es wurde nichts mehr von ihm »er- ihren Augen perlten Thränen. Sie entfloh ohne wieder zu
nommen. Arthurs Genefung wurde durch diese Betrüb: erscheinen, und des alten Herrn gleichgültige Höflichkeit
niß sehr aufgehalten ; indessen heilte die Zeit dennoch sei: jagte den Baron aus dem Hause. Arthur wollte sich's
neu Körper. Oggers Bemühungen waren unablässig. Sie kaum gestehe», daß Amaliens Züge einen heftigen Sindruck
siegten über das physische Leiden. auf sein Herz gemacht hatten; diesen Eindruck verwischte in
„Ihnen bin ich mein Leben schuldig," sagte der dank dessen das unangenehme Gefühl, das er mitsich ausTreumars
bare Arthur; „doch die Wunde meines Herzens heilt nim Hause getragen. Er kehrte aber dennoch dahin zurück; Ama
mer. Ich habe in der Welt keinen Menschen gefunden, lie war zu ihrem Vormund auf das Gut gezogen. Er ritt
den ich lieben möchte wie meinen Bruder, und der Unse hinaus und kehrte tiefsinnig heim. „Sie lieben Amalie,"
lige verläßt mich!" sagte der Doktor einsylbig.' Arthur läugncte nicht. „Sie
„Er würde Sie auch verlassen haben, wenn er sich ver waren Amaliens erste Neigung, und ich mevne, Sie find
mählt hätte!" tröstete der Doktor. „DieTreumar ist eine nicht von ihr vergessen worden." Arthur stuzte; er fragte
Schlange, eine habsüchtige Kokette, wie es ihre Mutter den Doktor um sein Urtheil ^ Ogger zuckte wie gewöhn
gewesen. Als Gattin hätte sie die Brüder getrennt, wie lich die Achseln , Arthur übersah es , er übersah sogar den
sie sich jczt von dem Armgewordcnen losgerissen. Maxi Eid, an dem er heilig gehalten. Cr wiederholte seine Be
milian ist glücklich, daß sie von ihm schied, aber er ist zu suche. Der Doktor begleitete ihn. Während dieser, der
beklagen, daß er Ihnen so unendlichen Kummer verursacht. Amaliens Vertrauen während der Krankheit ihrer Mut
Sie wären indessen ein Mörder an sich selbst, wenn Sie ter, die er behandelt, errungen hatte, wie nicht minder
diesem Kummer ewig nachhängen wollten. Blüht nicht das Wohlwollen deS Vormunds, während er also mit dem
auch Ihnen die Zauberfrucht der Jugend? Thun Sie, was Leztcrn ein Spielchen machte , redete Arthur mit Mund
der Unselige thun wollte. Suchen Sie in einem wohlge und Herz zu Amalien. ..Mein Ungestüm vielleicht hat
prüften Ehcbunde Zerstreuung, Glück und Heiterkeit." Ihnen den Geliebten gc'raubt;" sagte er zn ihr. „Der
„Nimmermehr!" versezte Arthur, „ich habe es mei Unglückliche kehrt nimmer zurück. Darf ich Ihnen Ersatz
nem Vater geschworen, ich will mein Wort nicht brechen. leisten ?" Und ein Strahl der Frühliebe brach siegreich aus
Meine Tage, lieber Doktor, sind gezählt. Ich fühle, daß Amaliens Augen, und ihre Brust hob sich mächtig, und
ich meiner Gattin bald den Wittwenschleyer überwerfen ihr Mund — verneinte. Arthur schien gekränkt, riß das
würde. Schweigen wir davon." Gefühl aus seiner Seele und beneidete den Doktor, der
„Wie vermöchten Sie das Ziel Ihres Lebens zu be kalt und gleichgültig, wie immer, das schöne Maienbrunn
stimmen? Selbst der Arzt hat nur Muthmaßung, die fort und fort besuchte, ohne sich in füße, aber beängstigende
eine heilsame Umwälzung der Natur gar oft zu Schanden Netze zu verstricken. Ogger war an einem prachtvollen
macht. Bedenken Sie selbst Ihren Neichthum, Ihre Gü Tage nach dem Gute geritten , Arthur allein zu Hanfe.
ter — wollen Sie dieselben lachenden Fernerben hinwerfen, Da bringt ihm ein Jockey ein Billet. „Sie werden als
während . . ." Mann von Ehre bev dem Siegmundshaag erwartet. Sie
„Nicht weiter, Doktor, mein Bruder . . ." können bis Abend vier Uhr dort eintreffen, und werden,
„Wenn es sich crwahrt, was hin und wieder verlau man nimmt zum Voraus Ihr adelig Wort zum Pfände,
tete? wenn er in dem Kriege, wohin ihn seine unbändige unfehlbar erwartet."
Natur geführt , den Tod gesunden hätte?" Eine fremde Hand ohne Unterschrift; der Jockey ant
„Dann bliebe mir noch ein Freund, würdig, die Glücks wortet nicht und verläßt daS Hotel. Stets bereit der
güter zu erben, die ich dem Zufall verdanke, Sie, Herr Stimme der Ehre zu gehorchen rüstet sich Arthur, ob
Doktor." wohl von unheimlichen Ahnungen bestürmt, zu der Fahrt.
„Mein Gott! Sie beschämen mich." Er besteigt seinen Wagen, ein einziger Diener geleitet
„Sie sollen im geltenden Augenblicke sehen, wiesehr ihn. Mir Wehmuth wirft er einen Blick nach dem Thürm-
es mir mit dieser Aeußerung Ernst ist." , chen von Maienbrunn, als er das Perggelände hinab zum
„Der Himmel behüte Sie noch lange !" versteckten Siegmundshaag fährt. An dem Schlagbanm
Der Bediente brachte eine Karte. Die Generalin von der Waldanlage läßt er Wagen und Diener zurück, wan
Trcnmar war gestorben, und der Vormund der Hinterblie dert zu dem Allecstern, der den Mittelpunkt der Anlage
benen Tochter, ein Landedelmann, lud den Adel der Stadt bildet. Plötzlich steht ein fremder Offizier vor ihm. „Herr
zur Leichenfever ein. von Walderich ?" — „Ich bin's." — „Sie sind gefordert."
47 r
«Won wem?" — Von einem Manne, den Sie schwer be: per können ein sehr gutes Leitungs- und zugleich ein sehr
leidigten." — „Ich wüßte nicht — „Glanben Sie mir schwaches StrahlungSvermigen besitzen und umgekehrt. Die
indessen. Bestimmen Sie die Waffen." — „Seltsame Ans- xolirten Metalle und die Kohle liefern einleuchtende Bey-
spiele fvr Beydes; denn es weiß ja Jedermann, daß wenn
forderung ! Ich werde beschiedcn wie zu einem Meuchelmorde. man eine dünne Metallstangc an einem Ende in die Glut
Ich komme ohne Waffen, ohne Sekundanten." — „Sie steckt, die Hitze sich ziemlich weit in ihr verbreitet, wäh
bedürfen keines Sekundanten Ihrem Gegner <">«"»i>>,r ^ rend eine weißglühende Kv,/le jenfeitö deS rothcn Thcilcs
(Die Fortsetzung folgt.) kaum warm ist und in einer Entfernung von wenigen Li
nken von der Flamme ungestraft mit den Fingern angefaßt
werden kann. WaS dagegen das Strablungsvermögen be
trifft, fo zeigt die Erfahrung, daß es in den Metallen
Uebcr daS nächtliche Wärmcsirahlcn der Körper. schwach, in der Kohle aber fcbr stark ist. Eine Folge des
(Fortsetsung.) starken WärmeleitnngovermögenS derMckalle ist es daher,^.
daß ei» kleines, dünnes Metalldlättchen durch die Strah
Wie bedeutend die Wirkungen des nächtlichen Wär lung weit schneller erkaltet als ein derbes Stück desselben
mesirahlens seyn können , erkennt man einfach , wenn man Metalls. LcztcreS erfrzt feiner Oberfläche die Wärme, die
in ruhiger, heiterer Nacht kleine Haufen von Pflanzen, sie durch Strahlung verliert, aus feinem Innern durch das
Baumwolle, Eidcrdnn oder von jedem andern faserigen Stoffe Leitungöverniögen, bey einem dünnen BläNchcn aber erfezt
nichts den Verlust. — Fragt man nach dcr Wirkung des
der sreyen Luft aussezt ; man findet nach einiger Jeit, daß Windes, fo zeigt die Erfahrung, daß er dic Erkältung ei
ibre Temperatur « und selbst » Grade der bundertthei- nes Körpers beschleunigt, welcher wärmer «IS er ist ; er
ligcn Scale unker die Temperatur der umgebenden At muß folglich die Erwärmung eineS Körpers bcschlcunigcn,
mosphäre gesunken ist. Bev Metalle» beträgt diese Er welchcr k>,lccr ist als er selbst. Indcm dcr Wind wäbrcnd
einer hcitcrcn Nacht bcständig ncne atmosphärische Schich
kaltung nur einen, höchstens zwey Grade; sie ist am ge te» an dir Oberfläche aller derjenigen Körper fül'rt, welche
ringsten bey denen , welche die schwächste Strahlungokraft die Stradlung zu erkalten strebt, wird er bewirken, daß
haben, bey Gold, Silber, Kupfer, Zinn. An den Orten, ihre Temperatur nicht so niedrig wird, als sie außerdem
wo das Sonnenlicht nicht hindringt, und von wo aus man geworden wäre. Bev bedecktem Hinimel ist das Gras selbst
nie kälter «IS die Luft, wenn der Wind stark ist ; bev voll
einen weiten Himmclsraum übersieht, fängt diese Verschie kommen heitcrcm Himmel aber vermindert der Wind di«
denheit zwischen der Temperatur der Pflanzen und der fa Strahlung zwar, aber er verhindert sie nicht.
serigen Stesse einer - und dcr Atmosphäre andererseits (Die Fortsetzung folgt.)
gegen Z oder 4 Uhr Nachmittags, nämlich sobald die Wärme Korrespondenz-Nachrichten.
der Luft sbnimmr, an bemerklich zu werden ; Morgens Dresden, I. Mai.
wihrt sie mehrere Stunden nach Sonnenaufgang noch fort. (Beschluß.)
Die folgenden Erfahrungen geben Beyfxiele vom Ein Auf unserer deutschen Hofbühne war das ebengedachte
fluß der Wolken und künstlicher Schirme. In ei Schillcrsche Werk in dem Monate April daS einzige neueinstu-
diel te Stück. Dem. Gley spielte die Jungfrau. Ihre Kräfte
ner heitern Nacht war das Kraut einer Wiese 6° 7" kälter sind der Ausführung einer solchen Aufgabe durchaus noch „,cht
als die Luft ; es zogen Wolken vorüber ; sogleich wurde daS gewachsen. Einzelnes war von ihr mit Gefühl und Wahrheit
Kraut um 5°K" wärmer, ohne daß die Temperatur der gegeben , anderes aber wieder gänzlich vergriffen. DaS Talent
Luft sich änderte. Sin Thermometer in Berührung mit der Künstlerin sprach an mehreren Stellen an, aber a» an
dern wieder fehlte, sonderbar genug, entweder entschuldigende
einem Büschel Wolle, der auf einem, ein Paar Fuß über Natürlichkeit, oder ei» »oberes Studium, dem man das Be«
dem Boden angebrachten Brette lag, zeigte bey ruhigem herrschenwollen anmerken konnte. Freplich balle au» dic schätz
und heiterem Wetter fünf Grade weniger als ein zwev- bare Darstellerin mit einem lähmenden Einflüsse von außen zu
ter Thermometer, dessen Kugel mit einem vollkommen glei kämpfen. Bey der ersten Vorstellung, welche, wie vorgcdacht,
an jenem Tage des schone» Festes im Tkcater erfolgte, konnte
chen, aber an der untern Fläche desselben Brettes ange ihr kein aufregender Bevfall zu Tlieil werden, und sie also di«
brachten Wollenbüfchel in Berührung stand. Stimmung des Publikums für diese oder jene Partl'ic ihrer
Wenn man übrigens einen deutlichen Begriff von allen Darstellung nicht beurtheilen , und da die Wiederholung des
Kiefen Erscheinungen bekommen will, ist es nothwendig, die Stücks abermals auf den Sonntag siel, wo die Erleuchtung
der Stadt Jedermann entweder zu Hau« oder auf den Stras
wärmeleiten deSige nschaft derKörpervon ih- sen beschäftigte, so war das Schauspielhaus so leer gelassen,
rerStrahlungsfähigkeit wohl zu unterscheiden. Das daß der Darstellenden mehr als der Zuschauenden sich darin be
Wort Leitungsvermögen bezeichnet die in den Graden ihrer fanden. Bev den schönen Naturgaben dcr Dem. Sic» muß
Stärke sehr verschiedene Eigenschaft, welche ein zufällig' er- sie jeder wahre Freund ihrer Kunst bitten , sparsam mit ihren
Mitteln zu seyn. und sich besonders noch nicht an Aufgaben
hizterTheil irgend eines Körpers dcsizt, feine Wärme an z„ wagen , zu deren Lösung ein tieferes Eindrinacn , eine völ
die übrigen Theile derselbe» Masse abzugeben, ohne daß sie lig geregelte Kraft und der Hauch einer hbbern Poesie gehört,
dabev ihren früher» Platz verläßt. Die Strahlung dagegen welcher nur durch daS innigste Durchdrunqcnfevu in Gefühl
ist der Akt , kraft dessen die Hitze von der Oberflache der und Geist sich erzeugt. Wir könne» überhaupt die ganze Dar
stellung dieses Stücks nicht wohl eine gelungene nennen. Nur
Körper entflieht und nach Außen abgegeben wird. Die Kör Hcrr Becker als DunoiS schien vom Geiste sein« Rolle durch.
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brungen , bn' allen übrigen war eine gewisse Kälte , leider bey stg Jahren einer so gründlichen Prüfung, wie die gegenwärtige,
manche» Neveürcllei, war auch Unbeholfenheit sichtbar. Es unterworfen wird , daß in der Prozeßordnung vielleicht ein
bürste wohl überkiupt schwer sehn, diese r o m a ,, t i sch e Tragödie mündliches Verfahren dürste eingeführt werben , wenn auch die
irgendwo in allen Tkcilcn mit der Frische und dem Schmelze Leffentlichkcit als eine unserem ganzen politischen Leben noch
darzustellen/ die ihr »othwendig eigen seyn müssen, wenn nicht unangemessene Form möchte ausgeschlossen bleibe». Auf Ge
manches recht Eigenthüinliche gerade dann recht störend her: schworenengerichte ist man hier aber nicht eben gut zu sprechen ;
vortreten soll. sie würden zu unseren Gewohnheiten, Gesinnungen und Mey-
Die italienische Oper gab nach de» Osterfcyertagcn wie: nungcn in keiner Weise passen. In solchem Sinne scheint im
der etwas ReueS nach langer Kargheit , eine komische Oper. Ganzen eine Broschüre „über die preußische Städteordnung, nebst
„i> Loverv« ckeN» <2»>« , das Hausregiment," mit Musik einem Vorworte über bürgerliche Freuheit »ach französischen und
von Gaetano Donizetti, einem jungen Tonsetzer, von Wels deutschen Begriffen , von Friedrich von Raumer" verfaßt zu
chem bis jczt noch nichts auf unserer Bühne erschienen ist. Das serm. Die hier geäußerten Gesinnungen gehören Männern an,
Tertbuch war übrigens der wohlbekannte Hofmeister in tau welche es mit dem Staate wohl meyncn, mit wärmster Liebe
send Acngflen, nur in zwey Akte ausgedehnt, und dadurch al und Verehrung, wie alle guten Preußen, dem Könige onhane
lerdings den Unannehmlichkeiten des Prokrustesbette« nicht ent gen , und diese frcye Liebe und das feste Vertrauen zu feiner
gangen. Indessen ließ sich auch so das heitere Stück mit anse Gerechtigkeit als die sicherste Basis ansehen, auf welcher ein
hen, und Benincasa gab seinen Hofmeister mir ächtcr Scmüth- Gebäude frevcrer Institutionen sich aufbauen lasse. So heißt
lichkeit. Die Hauptrolle ist hier der Herr vom Hause gewor es in jener Schrift z. B.: .,ohne Gewalt, Blutvergießen, mit
den, und da sie in den Händen vonZe zi war, so mußte man einem Worte, ohne alle Revolution , sind wir unter der Re
dafür sich bedanken. Seine schöne Gestalt, seine männliche gierung unseres Königs durch frevwilligc Verträge, durch Ge
Haltung und sein trefflicher Gesang, kräftig und doch auch rechtigkeit, Mäßigung und Weisheit auf der Bahn der wah
wieder mild, stets wvhltdncnb, nie zum Brumme» der Tiefe ren Frcpheit und des ächten Gehorsams weiter gekommen , als
oder dem Kreischen der Hohe überschlagend, gewährten einen nuscre Nachbarn" (die Franzosen). Gegen die ftanzbsische Kon
großen Genuß. Die Palazzcsi und Rubini traten ebenfalls stitution wirb besonders eingewendet, „daß es zwischen dem
recht vortheilhaft ein und hatten Gelegenheit Wohllaut und himmelhohe» Reichstage in Paris und jener Ebene, wo die
GewandKcit ihrer Stimmen zu entfalten, auch hatte d!e erster« Z2 Millionen (Bürger) sich mntreibc», gar keine Stufen, keine
eine ungemein anziehende Toilette gemacht. Die Komposition Mittelglieder , keine Wirkungskreise gebe." Hingcgcn werde»
ist allerdings ohne Originalität, eignet sich aber gut zum Ge bann unsere Städteordnungcn hervorgehoben und Vcrbcssc-
sang , hat einige recht artige Terzetten und Duetten, und mag rungsvorschläge versucht, die besonders darin bestehen, der
so immerhin einige Male nicht ungern gehört werden. ^Läöt schrankenlosen Zersplitterung , welche die Gewerbsfreyhcit ver
man sich doch wohl bann und wann gern der strengen Oper, anlaßt hat , Einkalt zu thun , und durch Einrichtung von Kor,
»eri, entheben und in die heitern Regionen der buff« führen. porationen Mittelglieder zu finden, welche für die Wähler eine
Guido. solidere Grundlage bilden könnten, als bloßes städtisches Ei«
gcnthum oder als das Eingcschricbenscvn in Gewerbcrollen und
Berlin, April. die Gemeinschaft beS bloßen Bcusammcnwohncns in ein und
(Fortsetzung.) demselben Stadtbezirk. Doch cs ist hier der Ort nicht, näher
Wir kehren zur Aufzählung der politischen Nuancen um in den speciellcn Inhalt der Schrift einzugehen. Die Auffaft
so lieber zurück, als wir jezt auch der tieferen und achteren sung jenes großen Mangels der französischen Konstitution ist
Gesinnungen zu erwähnen haben. Wir wollen aber nur die gewiß ein tiefer Blick; eben fo scharf ist der harte, schroffe
gründlichste herausheben. Sic wirb von Männern gehegt, Grundsatz im inneren politischen Leben der Franzosen aufges
welche bic großen Bewegungen der leztcn vierzig Jahre mit faßt , der , wie wir neulich von einem geistreiche» Freunde sc»
Einsicht zu betrachten verstehe», und erkannt haben, daß die po gen hörten, zum Unterschiede von England darin bestehe, daß
litische Reformation die Ausbildung der Staaten zur konstitu jeder Engländer die Konstitution selbst als Lebenslicht seine«
tionellen Monarchie scy. Aber sie sind weit von dem Wunsche bürgerlichen Dasevns ansehe, daß aller Kampf und Streit d«
entfernt, auch bey uns plöylich die Gerichtshöfe bem Volke her nur auf dem Boden konstitutioneller Gesinnung stattfinden
geöffnet , Geschwornc bcn Richtern und Advokaten gegenüber könne, während in Frankreich die bcyderfcitigc» Ultras mit ih,
gestellt, eine Deputirten-, eine PairSkammer errichtet zu le rer Gesinnung über die Charte hinaus, entweder rechts nach
ben , alle Verhandlungen am folgenden Tage in vielfarbigen dein »ncien regime oder links nach der Konstituante und Kon«
Zeitungen besprochen und bestritten zu finden, und das bisher vcntion abwärts blickten. So bezeichnete neulich der Pariser
tvdte Wort weitläufig schriftlicher Verhandlungen in allen LloKe diesen Gegensatz auch so, baß er sagte, er kenne Män»
SvKärcn auch als lebendige Rede zu vernehmen. Langsam, ner, weiche sich nicht würde« beruhigen können, wenn ihnen ein
aber sicher sehe» sie nnser inneres StaatSlcbcn vorschreitcn und Minister ein unzufriedenes Gesicht zeigte, und andere, welche
wollen kein Treibhaus anlegen, diesen Wamsthum vor der außer sich kämen , wenn sie einmal zur Majorität gekörten.
Zeit zu beschleunigen. Was anderswo nur durch gewaltsame Dennoch möchten wir weniger, wie cs Herr von Räumer tkut,
Erschütterungen, oder durch enges Anschließen an Frankreich dem Franzosen bcppflichten . de« ihm in Rücksicht unserer In
und französische Gesinnungen und Institutionen hat zu Stande stitutionen sagte : ,,Sic haben die Sache, wir haben de» Schein."
kommcn können , soll bey uns , verlangen sie , ruhig auf va Fast der größte TKeil. der Franzosen könnte jczt auch nur i»
terländischem Boden in eigenem Geiste sich ausbilden. Rur eincm konstitutionellen Staate leben , während solches Bedürft
von solcher naturgemäßen Ausbildung erwarten sie segensreiche »iß sich bey uns nur sehr vereinzelt bey bcn Gebildetsten, und
Früchte. Bor England und Frankreich, erkennen sie. >>aben meist nur theoretisch zu äußern beginnt. Doch hat Herrn von
wir tkeils eine bessere administrative Einrichtung . theils eine Raumers klare , lebendige Schrift allgemeines Interesse erregt
vertraueiierregcndcrc Gesinnung in allen Zweigen der Verwal und vielen Bchfall bcu weniger Widerrede gefunden.
tung, nnb vor allem ein gebildeteres, milderes, gerechteres (Die Fortsetzung folgt,)
Kriminalrecbt voraus z unser Strafcvder ist nicht mit Blut ge
schrieben. Sie freuen sich, daß unser Lnndrccht schon nach dreys- Beplag e: «iteraturblatt Nr. 4«. ,--.?'.
Verlag der I. G. Cotta 'scheu Buchhandlung.
119. .

M o r g e n b l a t t

für

gebildete Stände.

onnabend, 17. Mai i 8 2 3.

O Frevheit! solche Züge zu verloschen,


Bedarf der Mensch Jahrhunderte von Heil!
Lamartine
an Delovigne.

Obrist Fabvier und die Griechen. lieutenant trat vor den Obrist und reriongte ein Regiment.
„Vortrefflich," antwortete Fabvier, „macht Such selbst
Mit den Worten: „Ich bin nicht Grieche und kann eins, hebt Soldaten aus ; geht da ein wenig gegen Larissa
mich nicht in eure Regierung mischen," schlug Obrist und amPindus bmauf, da gibt es Griechen genug, breitet
F a bv i c r eine Stelle im gesetzgebenden od« vollziehenden den Aufstand aus und macht Such Leute." Da kommt ein
Körper aus, aber er stellte den Griechen vor, daß cS zu Schüler der polytechnischen Schule und laßt sich von der
einem festen Zustand der Dinge allein mittelst Truppen griechischen Regierung zum kommandirenden General des
kommen könne, die nach europäischer Kriegsweise geübt Geniewesens ernennen ; Fabvier vernichtet als Chef aller
sepen, »ahm willig den Titel als Oberhaupt der gesamm- regelmäßigen Truppen diesen Beschluß, und die Regierung
ten regelmäßigen Macht, die er würde organisiren können, gibt ihm trotz den Klagen des jungen Mannes Recht, denn
an, und ging als Mann ans Werk. Ganz durch eigene sie fürchtet ihn ; nun schreibt der achtzehnjährige Schüler
Mittel hatte er viertausend zweihundert Mann zusammen an das französische Komil«, Fabvier sey ein Querkopf,
gebracht. Die Kapitanis waren eifersüchtig auf ihn , denn der Alles zu Grunde richten werde, und das Komik« glaubt
jeder bcsizt den Titel und die Gewalt eines kommandiren- ihm. Die Regicrungsmitglieder fürchten sich vor seiner
den Generals, wenn gleich mancher nicht sieben Mann im Redlichkeit, sie verschlingen Auflagen, Beute, Almosen,
Solde hat, die sie meistens nicht bezahlen, denen sie Urlaub stehlen wo und wie sie können, und er ist ihnen ein Gim
gebeü, um zu stehlen wo sie können, und so wollte keiner pel, er ist ja ein elender Wicht, gibt Alles her, opfert
von ihnen in diesem nenen Hcer eine Hauptmannsstelle mit Alles auf und hat doch »ie etwas. Die Agenten des Ko-
hundert Mann unter sich annehmen; sie hätten ja zugleich mites sehen in ihm einen wilden Tollkvpf, und in ihrem
einen über sich anerkennen müssen. „Ich bin kommandiren- eigennützigen Ehrgeiz, mit ihren kleinlichen Interessen und
der General und will mich nicht herabgeben ," so schrie Je thörichten Ansprüchen schmieden sie Komplotte gegen ihn und
der. Kaum das hie und da einer einen Sohn oder einen suchen ihm Soldaten und Offiziere abwendig zu machen
Neffen an Fabvier schickte, daß er sie zn Hauptleuten mache. und zur Desertion zu verleiten ; die Kapitanis thun des
, Die Europäer kamen nach Griechenland in der Absicht, gleichen aus persönlicher Eifersucht.
die BolivarS oder Washingtons des unglücklichen Volks Die Leute, die mit ein Paar Tausend Franken Ge
zu werden, und das Erste war, daß sie sich gegen Fabvier halt diese Umtriebe leiten , die ihrer zweydeutigen Stel
erboßten ; sie mevnrcn , er bringe sie um die schöne Rolle, lung nicht durch Charakterstärke Halt zu geben wissen, wa
zu der sich Jeder berufen glaubte. Der geringste Unter- ren allgemein in Griechenland verachtet. In einem.ver
heerten Lande befiehlt allein wer gibt oder zu geben hat. gut, mein Herr, gehen Sie zu den Thermoxylen; das
Da gibt es keine Felder mehr und keine arbeitenden Hände ist ein schöner Name, ein wohltonender Name. Gehen Sie,
dazu, kein Getreide, ringsum nur ein weites Brachfeld; Herr W., ich gebe Ihnen einen meiner ersten Offiziere und
im Gebirge laufen Schafe, und der Soldat nimmt sie weg, eine Truppenabtheilung mit; die Türken find dort. Sehen
ohne zu frage» ; hie und da steht ein Olivenbaum; die Sie zu, was Sie ausrichten." — „Ich? aber mein Gott, ich
ganze Bevölkerung ist in die wenigen noch übrigen Städte, bin nicht der Mann , der sich unter Jemandens Befehle
Napoli, Athen u. f. w. zusammengedrängt, Weiber, Kin stellt; ich will kommandirendcr General sepn." — „DaS
der, Greise, Alles bewaffnet; Mores ist mit Ausnahme thut mir leid;, hier hat man blos Leute, die man sich
der Ostküste und Maina eine menschenleere Wüste, in der selbst gezogen ; mein Kapitän, der sich seine Mannschaft
Ibrahim den kommenden Sommer Hungers sterben wird, gebildet, befehligt dieselbe ; nichts hindert Sie ein Heer zu
wenn er von feiner Eskadre nicht regelmäßig vcrxrovian- vrganisiren, machen Sie sich Regimenter, mein Herr,
tirt wird. In einem solchen Lande muß man den Men und kommandiren Sie."
schen zu essen geben, wenn man ihnen befehlen will; aber (Die Fortsetzung folgt.)
die Ränkemacher haben hier fette Weide. Mit einer fo
schwachen, schwankenden Regierung, wie die griechische,
welche Menschen , die den Türken die Vvrräthe verkaufen, W a l d c r i ch ' s Söhne.
welche der edle E y n a r d den armen ausgehungerten Grie Won Spindler.
chen schickt, weder das Handwerk niederlegen, noch sie
bestrafen kann, weiß man sich zu verständigen, und bev (Fortsetzung.)
den Menschen, welche die Angelegenheiten der Griechen zu Das Gebüsch öffnet sich; Marimilian tritt in Uniform
besorgen haben, geht es häufig zu, wie zu Gilblas Zeit in hervor. Arthur stößt einen Schrey der Freude aus. Er
Spanien bey denen, welche die Armensachen besorgten. stürzt auf den Bruder zu, er ruft: „Wahrlich! hier be
In den Verhandlungen des englischen Komit« zwischen den darf ich auch keiner Waffen !" Er will sich an Marimilians
Darleihern, den griechischen Abgeordneten und den Agen Brust werfen. Dieser weist ihn aber ernst und hart zurück.
ten der großbritannischen Menschenfreunde verschwanden „Ich bin nicht gekommen, um mit dir zu schwärmen,
vierzehn Millionen, meist wohlthätige Beyträge, und die giftiger Heuchler!" sagt Marimilian; „deine Bosheit liegt
Griechen bekamen nichts davon. Ein französischer Offizier am Tage. Sieh hinüber nach dem Dache von Maienbrunn,
stieg, von Griechenland kommend, in Marseille ans Land und erfahre, daß ich Alles weiß. Amaliens Pflegevater,
und begegnete einem der griechischen Deputirten, der eben ein redlicher Mann, dem ich meinen Aufenthalt, meine
aus London kam. In einem vertraulichen Augenblick äus neu aufgelebten Wünsche mittheilte, schrieb mir die Wahr
serte ihm dieser ehemalige türkische Dollmetscher : „Mein heit. D u hast Amaliens Mutter gegen mich aufgewiegelt,
armes Vaterland kann nie gerettet werden , wenn man du hast Amalien hinterbringen lassen, ihre Vermählung
nicht die Glieder der Regierung eins ums andere aufknüpft fcp dein Tod, und die Schüchterne, von ehemaliger Liebe
und mit mir den Anfang macht.« — „Das thäte ich auch, erschüttert, gehorchte kindischer Angst und dem Geiz der
wenn ich könnte," antwortete der Offizier; „aber Ihr Mutter. Du hast mich von Allem, was mir tyeucr war,
sevd also so ein gar großer Dieb?" — „So heißt es, und gerissen und in den Kampf gestoßen, dem ich, der Ver
doch habe ich ölender nichts, gar nichts ; ich muß hier um zweifelnde, dieß Ehrenkleid verdanke. Du bewirbst dich
ein Mittagessen betteln." um Amaliens Hand, und die Ungetreue ist auf dem Punkte,
Jener Amerikaner mit dem großen Namen, der Neffe Deine Beute zu werden. Ick) bin im Lager wild und gie
eines großen Mannes, der sich zu Paris in albanischer rig nach Blut geworden; ich durste nach dem Deinen.
Tracht, mit der griechischen Mütze, seinen dichten rvthcn Nimm dicfe Pistole und erschieße zuvörderst mich, wenn
Haaren , seinem im Lazarett, großgewachsenen Barte sehen du das Leben lieb hast !"
ließ, der vom Tische der Maler weg, denen er als Held „Welch ein Schauspiel willst du geben. Entsetzlicher!"
saß, zu der Tafel der Jefuiten ging, denen er eine Bc- rief Arthur zurückschaudernd ; „von Jrrthum befangen, willst
kehrungsscene zum Besten gab, trug in Griechenland selbst du das Ungeheure thun? verwirklichen, was im Gedicht
gefällig das anliegende amerikanische Kleid, den großen die feindlichen Brüder beginnen ? Höre mich !"
dreveckigen Hut, ein glattrafirtes Kinn und enge Bein „Deine gleisnerische Stimme? deinen Sirenengesang,
kleider. Cr sprach in philosophischem Tone, in Napoli blasser, eifersüchtiger Adonis? Beweise jczt lieber, daß
wies man mit dem Finger auf ihn und nannte ihn P s«- dn deines Fürsten Rock mit Ehre getragen. Laß sehen,
lidokeri. Lichtputze. Er trat vor Fabvier im Glänze ob unter der mädchenhaften Rosenstirne des Mannes
seines Ruhms und sprach in wichtigem Ton : „Mein Herr, Muth nicht fehlt! Schlag an und mach ein Ende mit
ich bin hier, um General en Chef zu werden." — „Ganz mir !"
475
„Der Himmel schütze mich vor Sünde !" sagte Arthur Amalien noch nicht gesehen, und wir gebührt es jezt, dich
verabscheuend und warf die Pistole von sich ; „lieber sterbe zu ihren Füßen zurückzuführen. Gilt vor der Holden das
ich, ehe meine Hand sich gegen den Bruder erhebt!" Wort des verschmähten Werbers , so wird der Geliebter«
«Zeiger! Brautbett oder Grab !" verscjte dagegen Ma nicht unzufrieden von dannen gehen."
ximilian voll Wuth und drückte auf dk» sich Abwendenden sein „Ach, Arthur/- stotterte Mar sehr überrascht, „bv
Gewehr los. Dem Munde Arthurs entfuhr ein Wehruf. schäme mich nicht so grausam ! Nach der Sngelsgüre, die
Sein Blut rieselte ins Gras, seine Hand war verwun du entfaltet , kann ich nicht schnöde von dir gehen. D«
det. Dieses Schauspiel überwältigte Marimilians Zorn. siehst mich freudig bereit dir jeden Augenblick zu widmen.
Weinend und angstvoll umarmte er den Bruder, mischte Deine seltene Liebe ist heiliger alö Zrauengunst ; laß mich
mit seinen reuigen Zähren das Blut der Wunde. Athem- bcp dir."
los eilte Doktor Ogger herbep. „Ist's zu spät?" rief er „Mit blutendem Herzen?'- lächelte Arthur, ,.nicht so,
wie eiu Verzweifelnder und warf sich vom Pferde. „Ich er- mein Freund. Ich war ein unNuger, leidenschaftlicher !l>or/
fuhr erst vor wenigen Minuten . . . Friede zu stiften eilte da ich deinen Willen zu beschränken dachte. Ich habe bereut,
ich Hieher! Ein Mißverständnis) hat hier gewaltet und du sollst glücklich werden ; ich will deine Zufriedenheit se
ein Opfer gekostet!« hen; sie soll mein schönes Abendroth seyn."
„Nicht doch, Doktor," stammelte Arthur, durch Der liebeglühende Mar kämpfte nicht gegen die drin
Schmerz und Thränen lächelnd. „Die leichte Wunde, die gende Forderung Arthurs an. Auch dem leztern kostete
ich mir ans Versehen beygebracht, ist für Ihre Kunst ein der Entschluß , das Gute zu thnn, keinen schwere» Kampf.
Kinderspiel. Wir haben keinen Zwist, Marimilian, nicht Er fiilirtc freudig , wie in der Vorirelt ein Paladin seinen
> wahr, wir sind schon versöhnt?" , überwundene» Feind , den muthigen Ncuwerber vor seine
Mar antwortete nur mit Schluchzen und Seufzern, Dame, und bat selbst in dessen Namen um das beglückende
verbarg sein Antlitz an Arthurs Halse. Während Mari- Jawort. Maienbrunn's Wunsch war erfüllt, der Doktor
milians Waffengefahrte den Verwundeten verband, sagte ei» schweigender Zeuge der Scene. Amalie, deren Wan
Qgger: „So sey Gott gelobt! Jeder Zorn, den Sie, meine ge bald rothe, bald weiße Rosen trieb, begehrte ängstlich,
Herrn,.noch hegen möchten, falle auf mein Haupt. So verlegen Bedenkzeit.
eben hat .nerr von Maienbrunn mir entdeckt, daß er von Mar war sich seiner Schuld gegen die Theurc bewußt,
Ihrem Zusammentreffen wisse. Sie hatten es ihm geschrie- und hätte ihr Jahresfrist bewilligt. Arthur beschränkte,
den, Herr Baron. Suchen Sie Genngthuung an mir. über den unvcrmutheten Aufschub erstaunt, mit Mühe die
Meine Theilnahme für Ihren Bruder sprach die Worte Bedenkzeit auf einen Monat, und kehrte mit froher
auS, die Sie erzürnen, weil Sie voraussetzen, daß Ama- Hoffnung für den Bruder mit demselben heim. Marinii-
liens Sinn dadurch eine Aendcrung erlitten. Bestrafen lia» eilte, den im Abendwinde wifpelnden Waldbäumen
Sie mich für meine unbesonnene Rede , aber lassen Sie seine Sehnsucht zu klagen. Arthur redete indessen mit
mich mit der frohen Ueberzcugung hinübergehen, daß zwcv dem Tollor.
zürnende Brüder sich auf ewig neu versöhnten." (Die Fortsetzung folgt.)
Beschämt und leidend war Marimilian keines Wortes
mächtig. Arthur streichelte dessen Wangen und Locken und
sagte: „Komm mit mir ins VaterhanS zurück, das dir Korrespondenz-Nachrichten.
meine Liebe nie verschloß. Auch der Geliebten Herz ist London, Mai.
dir nicht verschlossen. Es versagte sich mir , und wenn ich Dem. Svntag zieht noch immer ein großcs Publikum
bereit bin , zu jeder Stunde mein Leben für dein Glück noch der Oper ; ihre Stimme erregt die höchste Bewunderung,
sie füllt das sehr große Haus in allen Winkeln, und waö am
hinzugeben, um wie viel mehr eine Liebe, die nur ein erstaunlichsten ist, sie bat dieselbe auf der niedrigsten wie auf der
schmacher Schatten gegen die Liebe ist, welche ich für dich höchste» Stuft der Tonleiter gleich in ihrer Gewalt und bringt
hege. Komm, und vorüber sey der unglückliche Zwist, der allenthalben nach Belieben die kunstreichsten Verzierungen an.
uns schied." Man muh indessen gestehen , daß ihr die Fülle und das Ge
Sie zogen im Triumph in Walderichs Haus. Ein fühl der Pasta und die Süßigkeit der Carodori fehlt, aber in
ihrer eigene» Art ist sie vollendet. Auch wird ihr Talent reich
schönerer Himmel spannte sich über ihnen aus. DaS Volk lich belohnt, ihr Engagement an der Oper trägt ihr Zoll»
redete wieder von der Alles besiegende» Bruderliebe, das Pfund ein. olme de» Ertrag ihre« Benefizes zu rechnen , wel
GraS auf dem Grabe der Eltern schien lustiger zu grünen. cher wohl auch !(><»> bis t5M> Pfund ausmachen wird. Ihre
In dem Schooße dieser Freude genaß Arthur schnell von Morgenkonzerte sind sehr einträglich, nnd sie bekdmmt fast
jeden Abend »och 25 bis 50 Pfund für ihr Singen i» Privat-
seiner Wunde. Den Arm noch in der Binde tragend, aber kvuzertcn Man versichert, sie soll Key ihrem ersten Erscheinen
erglänzend von Wonne trat er vor den Bruder und fragte, im Haufe bei Herzogs von Dcvonshire getanzt haben, über
ihn umarmend: „Bist du gesaßt, Marimilian? Du hast welche Verlegung der Gtiquette Manche den Herzog tadeln-,
4?6
sie selbst lobt Jedermann um ihres Auslandes und ihrer Beschei treibt sein bestimmter Inhalt. Nach allen vier Weltgegcnben
denheit willen. der Poesie und Geschichte blicken sie reflcktircnd umher, sie
erschaffe» sich Kollisionen, und man könnte bey ihnen Tra-
Die königliche Gesellschaft hat ihre diesjährige Ausstellung
eröffnet , sie soll aber nicht so gut scyn als die vom lczten gödicy » I» Calderon, « I» Shakespeare, auch » I» Jffland,
Jahre. In der Royal -Institution sczt man die Konsersa Kotzedue und Tie« bestellen; sie würden in wohlklingenden
tion, die man in diesem Verein vor zw«) Jahren für Freitag Trochäen und Jamben, gereimte» nnd ungereimten, ganz les
Abends festsezte , wahrend der Season fort. Jedes Mitglied bar »nd genießbar geliefert werde». Die tieferen oder ober
- daS Recht zwcy Freunde dabey einzuführen. Man vcr- flächlicheren Ncflcrioncn, überhaupt die metaphysische Bildung
> in der Bibliothek, wo gewöhnlich mehrere seltene bey sonstigem Vers - und Theatcrgeschick und Gcstaltungstalcnt
...e der Kunst oder Natur gezeigt werden, die von bestimmen vnter diesen jetzigen Poeten den Grab der Vollkom
Mitgliedern oder andern zur Besichtigung hingeschickt wor menheit. Die am besten pbilosophiren , werden am besten dich«
den. Um !> Uhr wird über irgend einen interessanten Gegen ten, nur daß alle diese Gedichte das Knochengerüst ihres Phi-
stand eine Borlesung gehalten, welche eine Stunde bauet r, losophircns durch den dünnen , poetischen Ucbcrwnrf
worauf die Gesellschaft eine weitere Stunde im freundschaftli neu , und die früher lebendigen Gestalten zu allqemei!
chen oder wissenschaftlichen Gespräch bey einer Tasse Thce oder danken in Form von Personen werden lassen ; bieg im
Kaffee zubringt, woben indessen zwcy Hindernisse obwalten, durchaus Unpoctische , Unkünstlerische in ihnen aus. T
man ist nämlich zu sehr gedrängt, und findet weder in der sie ist zum Greise geworden , der alle Thntcn seines Lebens
Bibliothek »och in dem Kaffccziinmcr einen Stuhl, worauf vollbracht hat, und ohne Kraft Neues ins Leben zu rufen,
man sich niedersetzen konnte. Der Herzog von Somerset sizt seinen Genuß nun in der Wiederholung und theoretischen res
gewöhnlich dem Vorleser gegenüber in einem Armsessel als Prä flektirenden Reproduktion dessen findet, was er sonst in frischer
sident und - schläft. Jugcndkraft. durch innerlichen Drang getrieben, inutbig voll
führte. Es gebt der Poesie wie jenem größte» Helden des
Berlin, April. neunzehnten Jahrhunderts, der, auf der Felfeninscl gefangen,
nicht mehr über die Alpen ziehen oder Moskau erobern konnte,
(Fortsetzung.) sonder» seine Hcldcnthaten . seine siegreichen Schlachten in der
In dem Gebiete der Kunst können wir nicht sogleich von Vorstellung und rcflektircndcn Betrachtung noch einmal, aber
so erfreulichen Erscheinungen sprechen. Ei» neues Lustspiel, ohne lebendig in der Mitte seiner Schaarcn zu stehen, wie
,.Hans Sachs," wurde mit großer Thcilnahme erwartet , da derholte. Daß dieser greisenhafte Rückblick auf das vergangene
Goethe sein bekanntes Gedicht : Hans Sachsens poetische Sen Jugcndlcben der Poesse, scv es mit ironischem Lächeln, mit
dung, zu einem Prologe für bieg Stück erweitert hatte. Ein nüchterner Verständigkeit . oder mit der Begeisterung, welche
Lustspiel , dem Goethe feine Aufmerksamkeit schenke , glaubte die Erkenntnis, des Geschehenen gibt, der allgemeine Grundzug
man , könne weder schlecht noch mittelmäßig sehn. Ward es der gegenwärtigen Dichtkunst sey, wird bald mehr und mehr
dann aber doch von den meisten für mittelmäßig gehalten , so anerkannt werden.
blieb kein anderer Ausweg übrig , als die öfter schon gemachte (Die Fortsetzung folgt.)
Erfahrung wiederholt zu finden, daß GvctKc, feiner erste» fürst
lichen Stelle uutcr den deutschen Dichtern gewiß, jezt mild und
freundlich , wohlwollend und aufmuntcrnd i» ungetrübter Hei-
, tcrkeit zu allen hinunrcrblickc , die mit Reime» oder poetischer
Prosa zu ihm herantreten, um Lob und Bcnfall, und dadurch Auflösung des NäthselS in Nro. l!Si
ein Klagcrccht gegen etwaige Mißbilligung des Publikums zu Orden.
gewinnen. Und in der Tbat flehen alle jezt lebenden Poeten,
sie uiögcn nun Raupach oder gar Ticck heißen , so weit von
Goethe av . daß den liebenswürdigen Greis ein mildes , fürst
liches Wohlwollen besser kleidet, als ein heftig jugendlicher
Zorn, oder bittere Anklage und fester, männlicher Angriff. R ä t h s e l.
Wir würden jenes Lustspiels gar nicht Erwähnung thun. Wir liebe» den Becher
wenn sich nicht allgemeine Rcflcrione» daran anknüpfen ließen. Und trinken doch nicht;
Schon öfter fanden wir Gelegenheit zu sagen . daß fast alle ge Wir haben auch Augen
genwärtigen poetischen Produktionen sich sogleich von allen frü Und doch kein Gesicht.
here» , sowohl deutschen als auch französische» . englischen und
spanischen durch einen allgemeinen Eharaktcrzng unterscheiden. Wir suchen für Fürsten
Betrachtet man. um ei» nahes Beyspicl anzuführen, die er Soldaten heraus ;
sten Schitterschcn Tragödien , so ist die deutsche Drang - und Entscheiden manch Schicksal
Gaiirnngsveriode darin nicht zu verkennen. Hier treibt und Bey Saus und bey Brau«.
arbeitet ein Inhalt in der Brust des Dichters , der sich die
ses Inhalts nicht entschlage» kann ; die innerliche UnrnKc hört Meist Zwillinge sind wir.
nicht auf, bis die Gestalten lebendig, wie sie sich in seinem Oft Trillinge gar;
Innern regeln , vor ihm dastehen. Goethe ist sein ganzes Le Flieh unfre Bekanntschaft:
ben hindurch von der Gestalt des FauNs . von dem Inhalt , der Leicht bringt sie Gefahr
in dieser Tragödie sich vor unser» Augen entwickelt, verfolgt I. «. M.
worden; der Jüngling gab uns nur Fragmente , der Mann
füllte die Lücken; jezt sehen wir den Grei« noch einmal Hand
a»S Werk legen , um das Fehlende zu ergänze». Wie anders
» steht es mit den jetzigen sogenannten Dichtern? Da gähet und Berlage: Jntelligenzblatt Nr. IS.

Verlag der I. G. Cotta 'scheu Buchhandlung.


120-

M v r g e n b l a t t

f ü r

gebildete Stände.

Montag, 19. Mai i 8 2 8.

Ein ne«k< ScKrckkniß glimb ich atmend


Vrr mir zu stlm , und steiie wimccrud , wie
Da« Jrrsol sich eniwirren soll und ldsen.
Schiller.

W a l d e r i ch's S ö h n e.^ meiner Praris erlitten, als ich hieherkam, mich einzig Jl>
rem .ftklise zu widmen."
Von Sxindler. ArkKnr brückte dem Ruhigen die Hand und versezt«:
(Fortscy»,,,,.) „Eine Gewissenofrage, Bester. Ich, ein Anhänger deö
Eölibats, habe gegen die Ehc gefrevelt, .övmcn rächte
„Ich bin «schöpft," sag« Arthur ; „der Auftritt zu
sich, indem er mich selbst nach seiner Fackel lüstern machte,
Maienbrunn hat mich bedenklich angegriffen. Meine Wan-
und sie dem schnell Bekehrten spottend versagte. Ich bin
gc flammt, während meine Stirn kalt wie Siö ist, und zur Erkcnntniß gekommen. Ich möchte jetzo, wenn schon
meine Brust ist wie zusammengeschnürt. Ich fürchte,
nicht meine Person, doch die ganze Welt vcrheirathen.
lieber Doktor , eS möchte bald Zelt seyn meinen Mar zum Hätten Sie nicht eine Gefährtin gefunden , mit welcher
Altar zu führen, wenn.ichs überhaupt noch thun soll. Sa Sie an MarimilianS Ehrentage das zwcyte Paar vorstellen
gen Sic mir nichts, trösten Sie mich nicht; ich fühle den
möchten? Reden Sie ausrichtig ; und wenn es ist, so ver
Wurm am Keim meines Lebens. Um so vorsichtiger muß
schmähen Sie nicht die bescheidene Ausstattung, die ich Ih
ich jedoch zu Werke gehe». Ein redliches Wort zu Ihnen,
nen biete."
mein Bester. Sie kennen mein? Freundschaft, erinnern sich Plötzliche Röthe überlief des Doktors Stirne. „Ich
meines Versprechens. Ich habe bereits langst mein Testa habe mir das Wort gegeben," sagte er, „Ihr Begleiter
ment den meinem Notar niedergelegt. Es spricht Ihnen zu sevn, bis an jenes Ziel, wo sich die dunkle Pforte für
alles zu ; jedoch haben sich die Dinge geändert. Mein Bru Einen von uns aufthut. Erlauben Sie mir, meinem Vor
der ist in seine alten Rechte getreten. Ich werde ein ande sätze getreu, zu bleiben."
res Testament entwerfen. Sie sind uneigennützig, Freund; „Sie wollten mir den Bruder ersetzen?" rief Arthur
darum sage ich Ihnen dieses Alles offen und ehrlich. Sie mit wehmüthiqer Freude ; „Sie wälzen eine Pyramide der
«erden nicht vergessen seyn; allein Sie begreifen " Dankbarkeit auf mein 5erz. Ich muß nach Mitteln su-
„Herr Baron," ermahnte Ogger, „wofür' halten Sie chcn , Ihre Aufopferung gebülirend zu erkennen. Vor Al
mich? habe ich je den Erbschleicher gemacht? war ich nicht lem jedoch nebme ich Ihre Mittel in Anspruch, um die
der Vermittler und Sühnende zwischen Ihnen und dem Qual meiner kranken Brust zu mildern."
Baron Mar? Diesem Lezteren gehört Ihr Gut von Rechts Die Arznep linderte, aber den Schmerzen folgte Er
wegen, und von Ihrer Billigkeit erwarte ich nur eine kleine schlaffung. Des Erkrankenden Gemüth wurde unruhig. „Ei
Pension, die mich für den Verlust entschädige, den ich in len Sie zu dem Notar," sprach er zu dem Doktor, „er
47»
soll mein Testament herausgeben, ein neues errichten. O brist Fabvier und die Griechen.
Ich will meinen Mar an seinem VermShlungstage damit
überraschen." (Fortsetzung.)
Ogger ging eilfertig und brachte — nichts. Der No Fabvier ist mit Leib und Seele Grieche geworden;
tar hatte auf eine kurze Zeit die Stadt verlassen. Arthur er hat nichts halb gethan und bc» Kleinigkeiten fo gut wie
wurde unruhiger. „Sie machen sich selbst elend, krank," den Leiden und dem Tode gegenüber ist er der Mann von
crmahnte der Arzt, „Sie vergehen in eitler Sorge. Ihr starkem Charakter. Aber der schönste, der stärkste Charak
Znstand ist nicht gefährlich. Ein Paar Tage, ein Paar ter hat ja seine schwache, seine verwundbare Seite, und
Wochen verzögern nichts." so fragt sich der Mann , den nichts in der Welt auch nur
Der Herr von Maienbrunn kam zur Stadt; er sprach einen Augenblick aus der Fassung bringen konnte, ängstlich,
allein mit Arthur. „Meine Base," sagte er, «ist schwer- was man in Paris von ihm denkt. „Was werden unsere
müthig, scheint liebesiech, und will sichs nicht merken las Freunde drüben sagen ?" spricht er, und der große Mann
sen. Ich kann das Gcthränc und Geseufze nicht mehr drey wird zum Kind nnd ein leeres Gerede macht ihn zittern.
Wochen lang in meiner Nähe dulden. Kurz und gut! fo Seine Füße sind nackt, er trägt die weiten albanesischen
Habens unsre Alten gemacht und sich wohl dabev befunden. Beinkleider oder vielmehr die Art' von ungeheucrm Wei
Mar ist ein herrlicher, kräftiger Mensch; ich habe ihn im berrock, der ihm als Tafeltuch, als Schnupftuch, als Hand
mer geliebt, und Amalie liebt ihn nicht weniger. Warum tuch dient, und den er so wenig wechselt als das schmutzige
also das Zimpern, bis man Ja sagt? Wir wollen das seidene Hemd, das schwarz ist und von Schmutz strozt,
Paar überrumpeln. Morgen wird ein Besuch ffngirt ; wir nnd dessen weiten, aufgeschürzten Ermcl feine nervigtcn
frühstücken, wollen in dem Garten wandeln, aber hinter Arme blos lassen ; er trägt den Turban und das einfache
der Thüre steht der Heus « mocKi?,» , der Pfarrer. Die albancsische Wamms ; Alles an ihm ist schwarz, theils weil
Leutchen erstaunen, erschrecken, fügen sich. Ja wird ge es so gefärbt ist, theils weil es durch das lange Tragen so
sagt, „und er soll dein Herr sevn" — Punktum. Wir geworden. Seine Hüften umschließt ein plumper Gürtel,
sind Bepde der Qual entledigt und ein frohes Mahl be an dem der Yataghan, zwey lange Pistolen und der
schließt die Impromptu - Vermählung. Aber geheim ge hölzerne Löffel hängen, der Spitzen hat wie ein Reibeisen
halten , mein Freund ! Der Pfarrer und wir , wir seven und dessen Gebrauch wir aus Rücksicht für unsere Begriffe
die Dreveiuigen." von ZartgefüKl crrathen lassen müssen. Er liegt auf einem
Arthur, von der Abenteuerlichkeit des Plans erregt, Teppich voll Ungeziefer auf plattem Boden, unaufhörlich
wie von dem Gedanken, er müsse keine Minute seines Le ist er mit feinen Soldaten beschäftigt, stets wälzt er Plane
bens mehr verloren geben , sagte zu. in feinem Kopf, sieht sie vereitelt durch die Ränke eben
Niemand ahnte das Geringste. Einem Sonntags der Menschen , die er gerne retten möchte, und fängt von
schmause entgegen ritten Mar und der Doktor. Arthur, vorne an und wird nicht müde, nicht ärgerlich. Aller
nachdem er einige Geschäfte in der Stadt besorgt , folgte Hülfe ermangelnd, stark allein durch eigene Kraft, glück
ihnen. Maienbrunn war freundlich geschmückt; im schön lich durch sein Bewußtsevn, sah er oft genug die mit fo
sten Lenze prangte die unvorbereitete Braut, die unbefan großer Mühe gebildeten Truppen davonlaufen, und die
gen, obwohl bleich und still dem Frühstück prasidirte. End miaufkörlichcn Kabalen der Europäer und der Kapitanis
lich gab der Vormund das verabredete Zeichen. Sie stan vermochten feinen hartnäckigen Muth nicht wankend zu
den auf, nach dem Garten zu gehen. „Bereiten Sie ei machen. Tag für Tag trat ein Offizier vor ihn : „Vbrist,
nen Glückwunsch," sagte im Gehen Arthur lächelnd zu dem heute sind zwanzig Mann fort." Einmal liefen drevhun-
Doktor an seiner Seite. „Wie so ?" — „Hier gibts Hoch dcrt auf einmal davon. „Nun ja doch," antwortete Fab
zeit, jezt, in dieser Minute." Ogger sah finster und fra vier ruhig; „laßt es gut fcyn, sie kommen wieder." Und
gend empor. Indessen sprang die Flügelthüre aufsein wirklich, sie kamen wieder nach einiger Jeit zu zehn bis
Altar blinkte. Der Geistliche redete das c i'chrockene Paar zwölf Mann und traten in das Zelt des Offiziers. „Nun,
an. Maximilian hatte seine Bestürzung bald überwunden, Kapitän, nehmt mich wieder an ; seht zu, daß Ihr mir
wie .eine Lilie im Sturme jedoch wankte Amalie. Der Gnade auswirkt. Was ist eS denn? ich ließ mich eben
Bräutigam mußte sie mit starkem Arme halten, ihre weglocken. Aber lieber will ich die Bastonade bekommen
Lippen bebten, ohne eine Svlbe zu finden. Aber als die nnd wieder ins Korps treten, denn ich sehe schon, allein
Frage, die entscheidende, aus dem Munde des Priesters das Regiment Tactikos kann Griechenland retten." —
ging, da rief Amalie ein herzzerfchncidendes „Nein" und „Da seht Ihr es ja," sprach der Obrist, „sie kommen wie
sank ohnmächtig zur Erde. der;" nnd de» den bessern Subjekten milderte man die
(Die Fortsetzung folgt.) Strafe, sie bekamen fünfzehn bis zwanzig Hiebe statt drcv-
ßig, vierzig, ja drevhundert, dir man den S>1'li»!tt,en voll
47?
aufzählt. Diese Strafen, welche die Soldaten selbst vollziehen, Man findet dessen viel, wenn es kürzlich geregnet hat,
«erden nach einer streng-gerechten Strafordnu ngzuerkannt, sehr wenig dagegen nach einer gewissen Reihe trockener
welche Fabvier eingeführt hat, dem von Natur dieses Stock- Tage. Die Winde aus Süden und Westen, welche bey uns
regimcnt zuwider ist, der aber dennoch dabcv bleiben muß- vom Meere kommen, begünstigen seine Bildung. In
te , denn lange Sklaverey hat die Griechen einmal Egypten dagegen, im Süden des Mittelmecrs, bemerkt
daran gewöhnt und es ist die einzige bey ihnen gebrauch- man kaum einige Spuren von Thau , wenn nicht die
liche Strafe. Nur mit vieler Mühe brachte er eS dahin, Nordwinde blasen. Alles überhaupt, was die Feuchtigkeit
daß sie sich dabey zu einer gewissen Ordnung und einem der Luft vermehrt, alles was den Hygrometer gegen das
Kriegsrathe verstanden. Ist der VerurrKeilte gehörig zer Ziel der Sättigung hintreibt, trägt auch, wie dieß nalür-
schlagen, so wälzt man ihn im Staube/ um ihm seine licherwcise vorher erwartet werden konnte, dazu bcv, den
Wunden schmerzlicher zu machen, dann steckt man ihn ins Thau reichlich zu machen. Es ist aber nicht richtig, ob
Gefängniß; hier bleibt er zmey Tage, um sich zu erholen, gleich von vielen Physikern angenommen, daß sich nur
am dritten erscheint er wieder frisch uni> munter, und es Abends und Morgens Thau bilde; ein Körper bedeckt sich
ist, als ob nichts geschehen wäre. Früher war die Justiz mit Feuchtigkeit zu jeder Stunde der Nacht , wenn nur
prompter, besonders bey Leuten, die ihren Anführer ge der Himmel heiter ist, und nach aller Wahrscheinlichkeit
röstet hatten; die Soldaren führten ihn vor Fabvier und fängt der Thau an den vor der Sonne geschüzten Orten an
sprachen: ,.Er hat seinen Hauptmann gctödtet," drauf, sich niederzuschlagen , sobald die Temperatur der Luft ab
ohne auf Antwort zu warten, schnitten sie dem Verbre nimmt, d. h. von drcy oder vier Uhr Nachmittags an.
cher den Kops ab. Sie sind noch nicht ganz überzeugt, daß Es ist znm wenigsten gewiß, daß im Schatten das Gras
diese rasche Justiz nicht etwaö Vortreffliches sep, doch begreifen lauge vor Sonnenuntergang merklich feucht ist; doch be
sie nun, daß man auf diese Weise leicht einen Unschuldi merkt man feiten kleine T ror fen, so lange die Sonne am
gen befördern konnte. Häufig wurden Komplotte gegen Himmel ist; morgens nach Sonnenausgang werden die
Fahvicr geschmiedet, da aber Jeder der Aufpasser deS An Tropfen der Nacht noch eine Zeitlang größer. Unter glei
dern ist, m,irden diese Verschwörungen eine nach der an chen Umständen bildet sich in der ersten Hälfte der Nacht
dern entdeckt. Sin Offizier kommt und sagt zu einem von weniger Thau als m der zwryten , obgleich in dieser die
Fabviers Vertrauten : „Der Regiments-Adiutant zettelt Lust bereits einen gewissen Theil ihrer Feuchtigkeit verlo
Meutere» an gegen den Obrist." — „Gut," spricht der ren hat.
Franzose, „der Adjutant bekommt füns-und-zwanzig Stock Die Erscheinungen des Thaunicdcrschlags auf einem
hiebe." Der Kriegsrath versammelt sich , und die Hiebe dichten und xolirtcn Körper, z. B. aus einer Glasplatte,
werden aufgezählt. gleichen vollkommen denjenigen, die man bemerkt, wen» ei»
(Die Fortsetzung folgt.) Glas einem Strom von Wasserdamps von höherer Tem
peratur als die des Glases ausgesezt wird ; zuerst trübr
eine leichte und einförmige Lage von Feuchtigkeit dir Ober
Ucbcr das nächtliche Warmesirahlcn der Körper :c. fläche , sodann bilden sich unregclmästige nnd abgeplattete
(Fortsetzung.) Tropfen, welche sich, wenn sie eine gewisse Größe erlangt
haben, vereinigen, und dann nach allen Nichtungen abrie-
Vom Thau. Der Thau ist nur in ruhigen und hei seln. Man kann diesen Versuch selbst an jeder Fenster
tern Nächten reichlich. Man bemerkt einige Spuren scheibe machen , wenn man sie eine Zeitlang anhaucht.
desselben in bedeckten Nächten, wenn kein Wind geht, oder (Die Fortsetzung folgt.)
ungeachtet des Windes, wenn das Wetter hell ist, aber
er bildet sich nie unter den vereinten Einflüssen des Win
des und eines bedeckten Himmels. In dem Augenblick, andern Stellung eines Körpers gegen die Luft ben diesen edcr jenen
wo sich der Himmel bedeckt, hört der Thau auf sich zu bil armospbärischcn Umstände» u. s. w. nicderstolagcn. bediente sich
Wells wollener Büschel , wovon jeder zel'n Kran wog , de
den. Man bemerkt sogar alsdann sehr oft, daß der Thau, nen er die Form einer abgeplatteten Kugel gab , dcien größ
«elcher bereits auf den Pflanzen lag , gänzlich verschwin ter Durminesser unaefäl'r zwev Zoll maß. Die Wolle war weiß,
det, oder wenigstens sehr abnimmt. Eine leichte Be- von mittlerer FeinKeit, und bereits mit einer kleinen Menge
«egung der Lust begünstigt eher die Bildung des Thaus, Zimmer wässerichren Dunstes getränkt, weil sie in einem ungeheizten
aufbcwabrk war. Diese Substanz nalm den feuchten
alS daß sie ein Hindernis? dieser Bildung wäre. Niederschlag auf ihrer Oberfläche leicht in ihre Fasern auf und
In twen gleich ruhigen nnd heiteren Nächten kön hielt ihn fest.
nen sich sehr ungleiche Mengen von Thau niederschlagen.*)
"1 Ve» dc>, Versuchen , wo es darauf ankam die Mengen
von Feuchtigkeit zu vergleichen, welche sich bcv ein« oder der
43«
An einen Menschenfreund. dem Rock, den er sich anzieht, in der süßen Miene, der Dumm«
Fürchte das Alter nicht, der du, himmlische Glut in dem heit »nd Aufgeblasenheit, 'Ue er zur Schau trägt. Sezt Herr
Devrient diese Perrückc nicht auf, zieht er den Rock nicht an und
Auge, den Mund weniger zum dummen Lächeln, so ist es mit der Ko
Priester am reiucn Altar Musen und Grazien dienst. mik des Junker« aus. Denn von Wi« , von in sich selbst ko«
Sind doch die Grazien jung und jung die begeisternden mischen Situationen ist nicht die Rede. Benin höheren Lust»
Musen, spiel aber, und dazu soll dieser Hans Sachs gehören, muß
Sieh', und die Jugend verjüngt, wer sich ihr freundlich nicht die äußere Maske des Schauspielers das allein Bclachenss
gesellt. werthe ausmachen. Doch man könnte den flachen, bedeutungs
Gottlicb Zimmermann. lose» Inhalt ohn« Tadel hingehen lassen , wen» es sich dartiniu
ließe , der Dichter habe es auf den historischen Charakter des
Korrespondenz -Nack richten. Hans Sachs, oder auch auf feine Situationen, interessante
Berlin, April. Verwicklungen u, s. f. angesehen. Lcztercs ist nicht sein Zweck
(Fortsetzung.) gewesen , nach dein crsteren hat er hingeskrevt, doch es ist gänz
In einer Zeit wie die gegenwärtige kommen die Dichter lich verfehlt. Nur hin und wieder stich einzelne Züge gelun
ganz ««türlich dazu, schon gebrauchten Inhalt »och ciimial gen. Besonders zu tadeln aber ist eS, daß wir nur die äuge«
zu erfinden und für etwas Neues zu geben , oder den bekann reu Verhältnisse Sachsens zu seinen Kunflzunftgcnossen kennen
ten, herkömmliche» Gestalten ci» neues Kleid aus dem Mit lernen, während er uns als Poet ganz unbekannt bleibt und
telalter oder der Zeit der Reformation u. s. f. zuzuschneiden. wir ihn nur immer als Schuhmacher agiren sehen. Statt ihn
Sie »alten da« Publikum für so gntmüthig , die Gestalten für uns in der Kraft seiner schwankweisen DarstellungSart de« welt
das zu nehmen, wofür deren Faschingsmantel sie ausgibt , ober lichen Treibens , in dieser Derbheit , Heiterkeit und Naivi tät
sie sind so freundlich gegen sich selbst, zu glauben, daß Kleider entgegen treten zn lassen, zeigt Ilm uns der Dichter in senti
i» der That noch Leute inachen. Es ist derselbe Jrrthum, der mentaler Verliebtheit und Sehnsücittigkcit, unbeholfen, unklar
zur Zeit der Nitrerstücke sich zu verbreiten begann , als sc» die über sich und die andern, trübselig und oft innerlich matt.
Sentimciitalilär , die Tugeniheldenschaft u»5 Niederträchtigkeit Auch da« Nürnberger Kostüm , der ganze lokale Ton dicseS"
im gesteifte» Weibcrkragen, im Panzer und sonstigen Waffen- denn doch geschichtlich scun sollenden Gemäldes ist nicht über
stücleu ganz ein anderes Ding als im Morgcnhäubchcn , im all treu, nirgends aber frisch und lebendig. Fehlt nun noch
Frack und in Schuhe» und Strümpfen. Achnlichcn Jrrthum die Geschicklichkeit, interessante Situationen heranzuführen,
hatten wir vor Kurzem bcn Gelegenheit des „Ehrcnschwerdrcs," so wüßte man nicht, weshalb denn ein solch unendlicher Auf
einer Tragödie von Herrn von Ucchtriy, bcmerklich zu machen. wand allerliebster gereimter Verse, geschichtlicher Einkleidung,
Was dort in tragischer Gestalt erschien, zeigt sich in ,.Han«Sachs" Herbcnrufung von Kaiser und Reich u. s. f. gemacht sey, wenn
in weiterer Form. Ein Goldschmidt will seine Tochter nicht dem man nicht leicht erkennen könnte, dies, alles sc» entweder ge
Schuhmacher und Poeten Sachs , sondern eincin Junker, seinem schehen, um die Armurb des verbrauchten JnhattS zu ver
Freunde, zur Frau geben , obgleich das Mädchen den Poeten decken , oder der Dinner habe wirklich gutmütliig geglaubt,
liebt. Die Kollision kommt mm dadurch herein, das Hans Nürnberg, Hans Sachsen und seine Zeit aufs treuste porträ-
durchaus Schuhmacher bleiben will, während sein Liebchen, ganz tirt zu haben. Diesen gutmüthigen Glauben aber kann de«
so flach, leer, unbedeutend, eitel und eigensinnig wie eine Bcurtheilcr mit dem Dichter nicht theilcn. — Einen eben so
heurige Balldaine, gern eine nicht nur reiche, sondern auch vor verbrauchten, noch platteren Inhalt trng ein anderes Lust
nehme Frau werden möchte. AlS es nun endlich mit der Hei- spiel, ,.der Kammerdiener," gleichfalls in drev Akten, zur Schau.
rath zur Entscheidung kommen soll , und Hans Sachs sich wie Die Jntriguc ist die. daß ein Kammerdiener, der' sich alö Graf
derum weigert, seinen Leisten zu verlassen und Pech und Drakh Sl'nisslinSkv eingeführt hat, mehrere Damen mit HeirathSan»
bev Seite zu legen , da schilt sie , da verachtet sie ilm seines trägen aufülirt, und da die Damen unglücklicherweise einan
GewerseS wegen . beleidigt ,' erniedrigt il'n in jeder Weise, so der kennen, in stete Verlegenheit gerätb, doch sich bis zum Schlüsse
dag der Arme, Verkannte, Gemißhandcllc, Unverstandene sich hinauShilft, wo er endlich, als Kammerdiener entdeckt, de«
selbst von der Unverständigen scheidet. Doch wir können nur Grafcnrock ausziehen und entfliehen muß. Die wenigen ko
bedauern, daß er solch ein gemeines Gemüts, wie es seine Schöne mischen Sccncn sind früheren Lustspielen entwendet, die Witze
in dieser Hauxtscene entfaltet, hat lieben können, und sich sparsam, und die Komik nur für solche genießbar, welche so
durch diese Liebe , so wie durch die Mißgunst seiner poetischen eben gelernt laben, wo der Dativ, wo der Accnsativ zu ge-
Zunftgcnosscn aus der Vaterstadt treiben lagt. DrauVcn im braimien st« ; denn auf Verwechslung von „mir und mich,
Walde begegnet er dem unbekannten Kaiser , der ihn zur Rück ihnen »nd sich" beschränkt sich diese bornirte Komik. Da« Neue
kehr beredet ; doch er kommt nur an, um den Goldschmidt, der in diesem matten Krankenstubcnwcrke (man neunk Herrn Wvlff
Bürgermeister geworden , gegen seine Tochter wuthen zu jede», alS Verfasser) besteht darin, daß die Hauptperson eine reiche
wcil'sie den Junker, jczt standhafter als je, verschmäht. Die jüdische, aiifBildnng und Geschmack Anspruch machende Wittwc
Flucht ihres poetische» HonS Hot sie zu Verstand gebracht. Sachs ist, zn Weimer man auch schon mehrere Berliner Originale bat
stürzt herein , vergreift sich an dem Bürgermeister und wirb finden wollen. Sollte man sich nicht geirrt haben, so wäre
verurtheilt Nürnberg zu verlassen; nur der gnädige Kai solche Darstellung bekannter Privatpersonen , zumal wenn der
ser, alS veu» e, m»cl>!n«, bringt alles ins Glcichc und die Gegenstand ilirer Komik so ganz partikulär ist, dem Verfas,
Liebenden zu einander. Der RathSIierr und Junker ziem mit ser in jeder Weise als durchaus unschicklich, »»statthaft und
langer Nase ausgelacht ab. Er soll die komische Gestalt des geistlos vorzuwerfen. Wir können degl'alb nicht glauben, da?
Stücks sepn ; seine Komik besteht vavin, dag er klug lhnt „nd Herr Wolfs in der That sich dieser Gcifflosiqkeit schuldig ge
dumm ist, seinen Adel nur immer im Munde führt, ohne ihn macht habe, und wissen ihm durch keine andere Erklärung
im Herzen zn tragen , »nd innerlich feige , nach aus,',, stets besser unsere Verein ung an den Tag zu lege«.
»ramcnbasirt ; oder eigentlicher gesagt , die Komik und da» Lä (Der Beschluß folgt.)
cherliche besteht nur in der blondm FlachSperrückc , die Herr
Devrient «ufsezt, wenn er diese Rolle spielen muß. auch in B e v l a g e : Kunstblatt Nr. 4».
Verlag der I. G. Cotta 'scheu Buchhandlung.
n°. 121.

' M o r gen b l a t t

f ü r

- gebildete Stände.

Dienstag, 20. Mai 1 8 2 8.

Ich zittre nur, ich stotttt »ur.


Und kann ek dcch nicht lassm;
Ich fühl', ich kxnne dich, Natur,
Und so ,nug ich dich fassen.
Goethe.

, .v i ch t e u °). In die zwevt« Periode


Tritt der Jüngling nun mit Lust,
We»u.>« Jüngling geht air's Dichten, Wo der liebe kühne Ode
Jjl das Herz ihm übervoll. Neu beseligt feine Brust.
Und er weiß nicht, was berichten. Seiner Liebe cngverwachsen
Was er von sich sagen soll. Ist das All', und Welt und Zeit
In sich selbst ist er versunken. Dreht sich um die Aauderachsen
Die Erfahrung ist ihm fremd. Seiner LiebeSseligkett.
Und von sich singt er nun trunken. Was an Schmerz zurückgeblieben.
Halb mit Stolz und halb verschämt. Wird der Liebe >ezt »ereint.
Doch das eigne junge Leben Weil von allen , die da lieben,
Ist zu arm an That und Kraft, . Jeder manchmal heimlich weint.
Drum muß Poesie verweben Aber Lieder und Gedanken
Dem Gefühl die Leidenschaft. Sind bestimmter schon und klar.
Seiner Seele Kraftqebilde Denn es ist kein irres Wanken,
Hüllt ein Trauerfchlever ein. Und das Atel ist offenbar.
Immer nȧ die Qual, die wilde. Nur noch eine Umgestaltung,
Und die Pein zuhanden sevn. Daß es üb'rall werde Licht:
Seiner Dichtung Luftgestalten Und dem Bilde fehlt die Haltung,
Fließen nachtig grau in grau. Leben dem Gedichte nicht.
Ohne klar sich zu entfalten Da durchzuckt mit tausend Strahl«
In ein wolkenloses Blau. T?r Natur ihn und das All,
Unter Schlacken fließt der Goldquell, Und es bricht zu tausend Malen
Acndern kann es nur die Zeit, Dieses Licht sein Herzkristall.
Die die Edelerze goldhell Ueb'rall ist nun andre Farbe,
Endlich allen Schlamm's befrevr. Alles hat den rechte» Schein,
Und sogar die Wundennarbe
Muß zum edcln Schmuck sich weihn.
*) Sinc Probe au» demzweyren Bändchen meiner Roman» Die begeisternden Ideen',
z«n, Lieder und Sonette, da« im Juni l. I. bey Die der Schooß der Schöpfung trägt.
Aronberaer und Weder in Prag erscheint. Läßt er blühend auferstehen.
T>. Bers. Durch die Hoheit angeregt.
Alles Halbe wird vollendet, dert auch die Menge des Thaues , womit sich der Körper
Den Gebilden kommt die Ruh, bedeckt. Folgendes mag zum Beweise dienen : Wells brachte
Alles, waS er strebet, wendet in einer richten und heitern N^cht in Gran Wolle auf
> Sich der Lcbenssonne zu.
ein gemaltes, Meter langeo, ? Meter breites nnd zwcy
Dennes kann, nur Dichter geben. Zentimeter dickcö Brett, das mehr als einen Meter hoch
Die Natur bat aufgesäugt.
Weil der Poesie das Leben über dem Grase von vier sehr dünnen und gleich hohen
Erst die wahre Größe zeigt. hölzernen Stützen getragen wurde ; zugleich befestigte er
fr e d. iu Gran Wolle mitten auf der untern Fläche. Die bep-
4>t 5en Büschel warm folglich zwcv Eentimcter von einander
Ucber das nächtliche Waimcsirablcn der Körper. entfernt nnd der Wirkung der Luft gleich sehr auögesczt.
Am andern Mvrgen fand sich jedoch, daß der obere Büschel
(Fortsetzung.) sich nn't 14 Gran Feuchtigkeit belade», während der untere
Die p o l i r t e n M e t a l l e sind unter allen bekannten nur ^ Gran angezogen hatte. In einer zweyten Nacht
Körpern diejenigen, welche- den Thau am wenigsten anzie waren diese Mengen von Feuchtigkeit 19 und g Gran ; in
hen , und diese Eigenschaft der Metalle ist so auffallend, einer dritte» n und 2 u. s. f.; immer war es die auf dem
daß sie geschickte Physiker beweg zu behaupten, der Thau oberen Theile des Brettes befestigte Wolle, die am mei
benetze dieselben niemals. Wells hat jedoch unter sehr sten Gewicht erlangte. Man bemerkte aber geringere Un
günstigen Umständen eine leichte Lage von Feuchtigkeit an terschiede, wann der untere Büschel nicht, wie bev dem
der Oberfläche einiger Spiegel von Gold, Silber, Kupfer, angeführten Versuche, einen Platz einnahm, von wo «uS
Zinn, Platin«, Eifen, Stahl, Zink und Bley bemerkt; man fast keinen Theil des Himmels übersehen konnte. So
aber man findet dabep fast nie auch nur die äußerst kleinen erlangten io Gran Wolle, auf das Gras senkrecht un
Tröpfchen , welche auf dem Gras , dem Glase u. s. w. die ter dem Brette gelegt, in der ersten Nacht einen Ge-
«ftm Augenblicke des Niederschlags der Flüssigkeit bezcich wichtsübcrschuß von 7 Gran, in einer zwevten von g Gran,
nen. Die Metalle widerstehen indessen nicht alle in glei in einer dritten von 12. Das Brett verdeckte bcym ersten
chem Grade der Bildung des Thaues. So sieht man z. B. Versuche beynahe den ganzen Himmel, weil die Wolle mit
zuweilen Platin«, Eisen, Stahl und Zink deutlich mit Feuch seiner untern Fläche in unmittelbarer Berührung war;
tigkeit bedeckt, während Gold, Silber, Kupfer und Zinn, beym zwcytcn, in der Entfernung von mehr als einem
obwohl in gleicher L«ge, vollkommen trocken bleiben. Ein Meter, war ein betrachtlicher Theil des Himmels von
mit Fleiß benezter Metallspicgel trocknet zuweilen da , wo dem Platze aus sichtbar, welchen die Wolle einnahm.
andere Gegenstände sehr feucht werden. ,. I Man könnte sich vielleicht einbilden , der Thau falle
Diefe Unfähigkeit der Metalle, sich mit Thau zu be nach Art des Regens und das Brett schütze die Wolle bloS
decken, theilt sich den .Körpern mit, welche auf ihrer Ober mechanisch, ob es gleich bey dieser Voraussetzung schwierig
fläche ruhen; so wird sich ein Büschel Wolle, einem hei wäre, zu erklären, wie der an der untern Fläche des BretteS
tern Himmel ausgesezt, auf einem Metallspiegel weniger angebrachte Büschel dennoch feucht geworden ist. Um übri
mit Feuchtigkeit tränken, als wenn er auf eine Glasplatte gens jeden Zweifel in dieser Hinsicht zu heben, sczte Wells
gebracht wird. Gegenseitig aber haben auch die Körper, einen an beyden Enden offenen Cylinder von gebrannter
auf welchen Sie Metalle ruhen , einen eigenen Einfluß auf Erde, beynahe einen Meter hoch und ein Drittel Meter
die Menge des Thaues, welcher die lezteren benezt. im Durchmesser haltend, senkrecht auf das Gras. Ein
Auch der mechanische Austand der Körper hat einen Büschel von ig Gran Wolle, welcher die Mitte des untern
Einfluß auf die Menge von Thau, welche sie anziehen. Theilcs des Cvlinders einnahm, belnd sich in einer Nacht nur
Sehr kleine Späne z. B. werden in einer bestimmten Zeit mit 2 Gran Feuchtigkeit, während für einen ähnlichen Bü
viel feuchter alS ein dickes Stück Holz von derselben Art. schel, der aber ganz offen dalag, die VermelMing i« Gran
Die nicht gesponnene Baumwolle scheint auch etwas mehr betrug, und doch hätten, da während des Versuches nicht
Thau anzuziehen, als die Wolle, deren Fasern im Allge.. der geringste Wind ging, die beyden Büschel Wolle zuver
meinen weniger fein sind. , Nun hängt aber die Menge lässig dieselbe Menge von Thau erhalten, wenn derselbe,
von Thau, welche sich ans die Körper niederschlägt, nicht wie einige Physiker angenommen haben, senkrecht herab
blvs von ihrer Beschaffenheit und ihrem Anstände ab, son fiele. Man könnte allenfalls behaupten, ein beträchtlicher
dern auch von der Lage , in welcher sie sich in Bezug auf Theil der Feuchtigkeit, womit ein Büschel Wolle sich die
benachbarte Gegenstände befinden , und man kann den Nacht hindurch beladet, komme einfach von der Einsaugung
Grundsalz aussprechen: überhaupt alles, was den Him der Feuchtigkeit, der sogenannten hygroskopischen Wirkung
melsraum vermindert, welcher von der Stelle aus, die her, welche die Fasern auf den atmospkärifchen Dunst aus
ein Körper einnimmt, übersehen werden kann, vermin üben ; aber Wells hat bemerkt, daß an Orten, von welchen
itliS der Himmcl nicht gesehen werden kann, !0 Gran Wolle muß, zu gefallen, all das, womit ich dir Freude machen
in einer Nacht auf, keine merkliche Weise «n Gewicht zu will, tückisch zu zerstören. Daß mein Wille rein und ohne
nehmen. Die Wirkung ist noch geringer, wenn das Wet Falsch ist, solltest dn wissen; oder ists der Argwohn, der
ter trnve ist, obgleich gerade dann, wegen des UebrrflusscS deine Stirn in krause Falten zieht?"
«n Dünsten, die hygroskopische Wirkung der Wolle ihren Wie ein ertappter Knabe schlug Marimilian die Au
höchsten Grad erreicht haben muß. gen nieder und »ersezte seufzend : „dein Scharfsinn gleicht
, Ganz gleiche und in einerlep Lage gegen den Himmcl deiner Sanftmuth. Mit dir verglichen , bin ich ein bö
befindliche Körper können sich jedoch mit ungleichen Men ser Mensch, dem das Mißtrauen, der verwirrende Dämon,
den vörl Thau bedecken ; es genügt hiezu , daß sie nicht ei stets näher ist als der fromme, zuversichtliche Glaube.
nerlep Lage gegen den Boden haben, tu Gran Wolle, nie Vergib meinem wildbewegten Herzen."
dergelegt auf einem Brette einen Meter über der Erde, Schmerzlich gerührt, reichte ihm Arthur die Hand,
erhielten in einer Nacht einen Gcwichtsüberschuß von 2« sagend: ..Möchtest du doch einmal einsehen, daß ich nur
Gran, während ein gleicher Büschel , !j Meter über der dein Glück begehre , daß ich Hinterlist nicht kenne."
Erde aufgehängt, nurltGran Feuchtigkeit verschluckte, Der Doktor trat wieder ein, ernst, verschlossen und
ob er gleich der Luft eine größere Fläche darbot. still ; „wie befindet sich die Kranke ?" riefen ihm die Brü
(Die Fortsetzung folgt.) der entgegen ; „das Fräulein ist kränker als ich vermuthen
konnte;" erwiederte Ogger. „Ich will zu ihr!" sprach Mar
leidenschaftlich.
„Nicht doch," »ersezte der Doktor; ,„5rrr von Maien-
W a l d e > i ch ' S Söhne. brnnn ist dort. <?r wird sich bey Ihnen als Boke einstel
Von Spindlcr. len. DaS Fräulein ist, kaum von seiner Ohnmacht genesen,
im Begriff Ihnen zu schreiben." „Zu schreiben ?" fragten
(Fortscvimg.) Arthur und Marimilian erstaunt. Dem lcztern stieg das
„Das find die Folgen unüberlegter Maskeraden !" sagte Blut gewaltsam zu Kopfe ; !?gger fühlte teilnehmend sei
mit ernstem Vorwurf der Doktor vor sich hin ; aber die nen PulS. „Sic sind in äußerst heftiger Bewegung," sagte
Worte deS Grollenden galten dem bestürzten Arthur, der, er, „Sie bedürfen schneller Beruhigung ihres Körpers.
auf dieses New ! nicht gesaßt , trostlos und grübelnd der Wünschten Sie nickt ein Klas Oranqenwasser zu genießen?',
Ohnmächtigen nachsah, wie sie von Marimilian und dem „Wenn ich bitten darf," versezte Mar, und riß sich
Vormund nach ihrem Zimmer getragen wurde. stürmisch Frack und Weste auf. Der Doktor »ahm einige
«Welch ein Räthsel!" seufzte Arthur. „SS ist »och Lrangen aus dem silbernen Körbchen , das noch, von Des
kein Irdisches ungelöst geblieben ," entgegnete Lgger mit serttellern umgeben, auf dem Tische stand, und begab sich
Betonung; „warten Sie es ab." hinweg. Mar, nachdem er leidenschaftlich hin- und her
„Sie stehen unthätig hier?" brauste Mar, der her- gegangen ,. stellte sich vor Arthur, nahm krampfhaft dessen
bevstürzte, den Doktor an. „Am Bette meiner Braut ist Hände und sprach: „was bedeutet daö, mein einziger,
Ihre Stelle. Die Ohnmacht ist zwar ein bedenklicher Zu thenerster Freund ? Amalie hat den Wunsch ausgegeben mir
fall, allein die Anwesenheit der geladenen Zeugen erfordert, nur zu reden. Sie will mir schreiben; fühlst du daS
daß die Handlung heute Abend oder doch morgen früh statt Niederschlagende dieses Worts? was werde ich erfahren
finde." — „So?" »ersezte der Doktor gleichmüthig, und müssen? ich sehe schon daS süße Band, kaum wieder an
ging , dem Wunsche des Barons zu genügen. geknüpft, zum zwevten Male zerrissen. Amalie ist eine
„Sin Wort zu dir, Arthur," sagte nun Marimilian böse Fee, die uns beseeligt, um uns desto grausamer zu
ernst und dringend. „Nun der fremde Mensch weg ist, ermorden."
frage ich dich auf dein Gewissen , was du von der Bege (Die Fortsetzung folgt.)
benheit hältst? Nein! ruft die Unglückliche, und indem
sie die Augen ausschlägt, ihre Hände von den meinigen
umschlossen fühlt, drückt sie meine Finger, sendet mir ei Korrespondenz- Nach richte».
nen himmlischen Blick und flüstert: Vergebung! Willst Berlin, April.
du nicht die Meinige sepn? frage ich leise entgegen . und (Beschluß.)
sie nickt mit dem Kopfe und lifxelt : „Ich muß mit Ihnen <?lei<nzeitia mit diesen Lnstspielen faßten «uch ein vier-
allein sprechen, mein Freund!" »sriqeS „die Schleichhändler," und eine Posse „der versirqekre
Bürgermeister." von dem in Lust Schau - mid Trauerspielen
„Nun, so erwarte aus ihrem Munde die Lösung des unerschöpflichen Ranpach , auf der Kbniastädter Böline eine
sonderbare» Aufiritts," erwiederte Arthur sanft und trö Lokalxosie von Angclv, „daS Fest der Handwerker," und ein
stend ; „es scheint einem bösen Geiste , der hier wohnen rührende» Drama von L. Robert, „der Waldfrevel," festen
Fuß. Wir wollen, um nicht den Leser z» ermüden, das nächste I GotteS , als ei» Schicksal hergeleitet wird. In solcher Weise
Mal von di^ftn n^uesreii Berliner Produktionen weiteren Be sind diese poetischen Misscthatcr benui Puölikuin als^unschuldige,
richt erstarren. Sic ettalten sich bis dahin gewiß »och alt neu und bcmirlcidcnswerthe Opfer eingeschwärzt werden. Äie Ver
bcliebr. Auch der Wcrnrrsche ^vier-und-zwattzigste Februar," die ehrung der Beliebigkeit und Zufälligkeit erscheint hier i» d«
ser Vater des Fluch« in der Tragödie , ist nach langer Ruhe zweyfachen Gestalt , erstens , daß kein Kampf wesenttichex Le
einmal wieder hervorgesucht worden , rmb hat im Februar und bensverhältnisse die tragische Kollision herbeyfübrt, sontcru
März die Bühne mit seiner Gräßlichkeit erfüllt. Doch das daß der Dichter aus der Machtvollkommenheit seiner Einfälle
Publikum ist diesen Mißgeburten schon entfremdet; sie habe« irgend einem unwesentlichen Zufalle die Kraft deS tragische»
nur kurze Zeit hindurch den gesunden, deutschen, poetischen Hebels verleiht, und diesen miserablen Helden sodann den Schein
Sinn verstricken und verschüchtern können. Auf den ersten groger, interessanter Leute, und im Ganzen schuldloser, tief»
Blick könnte es scheinen , als sepeu diese ungeschickten Geschicks« Gemüther gibt. Dieß ist der allgemeinste Zusammenhang, den
draincn schnurstracks denen entgegen > welche die Jroniexeriode man zwischen jenen anscheinend heterogenen Ausbildungen deut
durch Tirck und den verwandten Heinrich von Kleist zu Tage scher Poesie angebe» könnte. ''
gefördert hat , doch innerlich sind sie verwandt , wie es Sei-
teuverwandte , auch wenn sie sich feindlich trennen , nicht ver Leipzig, im April.
leugnen können. Man kann im Allgemeinen sagen, daß cS
jener Tieckschen Periode besonders darauf aukomme, die Freu? Je näher die Zeit der Auflösung unseres Theater« rückt,
l,cit des Mensche» in sich , die Freyheit seines Gefühls , seines desto mehr fanden wir Gelegenheit, den Werth einzelner Tr»
Gcmülhs, die Willkühr, irgend ein LebensverhältniK , einen lenke, welche da« Personal desselben in sich faßte, durch Wie
Lebensinhalt für wesentlich anzuerkennen oder auch nicht, die« derholung einiger Vorstellungen , welche unser Publikum schon
ses Belieben in die Poesie einzuführe» und darzustellen. Das früker ausgezeichnet hat, so wie durch einige ncucinstudirte
nächste Geschäft dieser Poesie besteht darin , die Kovebue- Stücke in ihrem günstigen Lichte zu sehen, da es a«, vielsei
Ifflandische Stufe, diesen Edelmut? , diese Tugend, dieses be tigem Eifer der Bessern nicht fehlte.
schränkte, bürgerliche Leben, diese StroKKütten u. s. f., als Die zulezt neu einstubirten Schauspiele waren : „HanS
prosaisch lächerlich zu macheu und heruvterzusctzen, und die Ge Sachs ," von Deinhardstcin , „drcy Tage aus dem Leben eine«
nialität in diesem Gcrmgschäycn des bisher allein Hochgeachtet Spielers," der „Diplomat," Lustspiel nach dem Französischen,
tcn beurkunden zu wollen. Eine andere Seite tbut sich dann in bearbeitet von Th. Hell. Ueber die erstern beybc» ist in alle»
Darstellung des Schwankens aller sonst festen Charaktere her Blättern schon so viel gesprochen worden, daß noch mehr davon
vor. Ain Ende tlmn alle Gestalten jcdcsinal das Entgegenge- zu sagen , fast überflüssig ist.
sezte als im Anfang, sie verkehren sich durchaus, und nur in In den „drev Tagen au« dem Leben eine« Spielers" ist
der Anschauung solcher Verkehrung sollen Leser und Zuschauer i»,S Gräßliche und die Verworfenheit so geflissentlich gehäuft,
sich befriedigen. Die mystische Auffassung religiöser Gefühle, daß wir nur noch den transparenten Galgen vermißten. Und
daS wortlose Vevschweben beym Verlasse» jedes bestimmten In all' diese« Gräßliche geht nicht einmal aus jener Spielstiche
halts, beschließt den Kreis dieser Darstellungen. Da« Gemein- wesentlich hervor i wir haben e« vielmehr von vorne herein mit
scuaftliche aller aber liegt in der Forderung, baß nichts Mensch einem verkehrten Charakter zu tyun, von dein wir uns mit
liche« und Göttliche« gelten solle , weil solchem Inhalte seiner Abneigung abwenden. Einzelne Züge haben eine schauderhafte
Natur nach Gültigkeit zuzuschreibe» sey , sondern weil das Ge- Wahrheit und erinnern an gewisse Porträts , welche diese
müth ihn, beypflichten will und sich in Uebereinstimmung darstellen ; so der Zug , daß die Spieler in der höchsten Ge-
damit findet. Diese Macht der zufälligen Stimmung, Mey- sunkcnheit und Unvermögcnhcit an ihre Wicdererhebnng durch
nung , Beliebigkeit , auch bcu göttlichen Dingen , kann als der Spie lg l ü ck denken. Herr Devricnt suchte die schaudervolle
Gvimdklaiig angesehen werden, der alle diese Gestalten durch Wahrheit zu pvrrrätiren ; wir bedauern die Kraftaustrcngung
zieht . und das GcmürK kann diese Macht nur dadurch bewei eines Künstlers bey solcher Aufgabe. Die kleine Rolle de«
sen, daß es sich von allem wesentlichen Lebensinhalte fre« macht, Vaters wurde von Hrn. Genast mit ausgezeichneter Haltung
und mit seinen unbestimmten Willkührlichkcitcn, seinem inhalt und Wahrncit ausgeführt.
losen Behagen, Sehnen, Bangen, seiner Begeisterung, sei Der.,Diplomat." eine Persiflage der geheimnisvollen Wich«
nen Offenbarungen, ShmpatKiecn , Träumen, mid Eingebun tigthuer unter den Diplomaten , erfreut durch eine feine , mit
gen sich als daS unnahbar Höchste hinstellt. In jenen Wer äußerster Geschicklichkeit beuandeltc Jntriyue. Daß unserem
ken dagegen, deren Geburtstag der viermnd-zwanziqste Februar Theaterpublikum die Anschauung eines Diplomatentreises z»
ist , den sie , etwa nur der Seltenheit wegen , auf den nenn- fern fleht, binderte eine größere Wirkung dieses Lustspiels.
u»d:zwanzigsten verlegen, scheint diese Frculieit durchaus »er: Der Hauptinlialt des artigen Stücks bestellt darin, daß ein
lezt . und der Adel der menschlichen Natur knechtisch der Macht junger Offizier durch Zufall in eine solche Situation gebracht
irgend eines Fluches, einer alten Prophezeihung, einer Zigcu- wird, dag man il,n für einen Meister in der Diplom«, enkunst
nerlaune u. s. f. unterworfen zu scvn. Doch dieß ist nur halten muß, während er doch selbst nicht weiß, wovon eigentlich
Schein ; in der That bleibt diese Willkühr nicht nur gänzlich die Rede ist und wie er zu diesem Nubm gelangt, aber dem
erhalten , sondern sie wirb im Gegenthcil noch mehr als je ge Zuschauer sollte es doch am Schlüsse klarer scun. Stci»
hegt und gepflegt. Denn diese neuen Helden sind nicht etwa spielte den Offizier mit lebendiger Laune, Brand den alten
mit irgend einem tüchtigen Lebenszweck erfüllt, der nicht der Diplomaten , der den Gegensatz bildet und durch sein geheim-
Zufälligkeit und dem Belieben anhängt, den sie durchsehen niswollcs Mißtrauen lächerlich wird, nicht ohne Wirkung.
wollen . und dadurch in Schuld und Unglück gcrathen , son Die Tochter des lcztcrn ist für diese Erziehung doch zu einfach,
dern sie sind von Hause aus Schurken uu^ schlechte Kerle , die man möchte sagen einfältig geschildert.
rein nur ihren Trieben, Neigungen und Einfällen folgen ; diese (Die Fortsetzung folgt.)
Schlechtigkeit wird ilincn aber nicht etwa angerechnet, sondern
sie ist so heilig gehalten, daß sie von irgend einem Verbrechen
oder irgend einer andern Zufälligkeit als ciuer Bestimmung Beplag e: LiKraturblatt Nr. «.
Verlag der I. G. Cotta 'scheu Buchhandlung.
.122.

M o r g c n b l a t t

für

gebildete Stände.

Mittwoch, 21. Mai i 8 2 8.

Ich sah enrzn«


Dil schbnen Bande zwischen euch sich flechtm! —
D« dlut'ge Mord kam beiner schöne» Licbc
Zuvor. - Jezt kannst du nicht« mehr, al« ihn rächen.
Schiller.

Waldcrich'S Söhne. Amaliens Vormund trat in das Ammer. Hastig griff


Marimilian nach dem weichen, duftenden Billet in seiner
Von Spindler. Hand. Zu Arthur gewendet , sprach Maienbrunn : „Ich
<Fovtse«ung.) sinde mich nicht in meine Mündel. Unter Seufzern und
Artbur crschixfte alle Ueberredungsmittel, nm die dü- Thrinen bat sie die wenigen Zeilen geschrieben, deren In
ftere Ahnung ans der Brust seiiieS Bruders zu reißen, halt sie mir verhehlte. Ich fürchte ein Hiobsbote zu sevn.
aber seine Beredsamkeit scheiterte. Er iprach für eine Sa Bemerken Sie, wie Ihr Bruder erbleicht, wie das Pa
che, die er selbst schon verloren gab. Das kühlende Getränk pier in seiner Hand zittert?"
wurde gebracht; mit Begierde ncztc Marimilian damit Arthur sprang auf den Erschütterten zu, der sich trost
seine bebenden Lippen , verdrießlich sezte er es weg. los in einen Sessel warf, und die Hände vor die Augen
«Mein Herz ist so tief vergiftet," sagte er, „daß seine drückend ausrief: «Leset, o leset, meine Lieben! hier
Bitterkeit auf meine Junge tritt und diesen süßen Saft zu sprudelt kein elvsischer Quell! Es ist aus! an eines Wei
einem Wermuthbecher umschaffk" bes Laune geh ich zu Grunde !"
„Der Konditor des Herrn von Maienbrunn ist ein Arthur erhaschte das zur Erde schwebende Blatt. Ein
Künstler in seinem Fache," äußerte Arthur lächelnd ; „er zertrümmertes Gcmüth sprach aus den Worten , eine im
wird an diesem Kühlungstranke seine Meisterschaft nicht Kampfe unterliegende Hand aus den fast unleserlichen
geschändet baben, und was deine wählige Zunge «erwirft, Zügen :
soll mir, dem vom unnützen Reden Erschöpften, herrlich „Von einem grausamen Verhängniß geschleudert, muß
schmeckend „ich Ihnen ein Bekenntniß thun, das meine Angst gerne
Sr leerte das Glas mit e i n e m durstigen Zuge. „Es „noch länger aufgeschoben hätte , das die heutige Ueberra-
hat gemundet," sagte er, es wegstellend ; ..diese süße Zluth „fchung mir entreißt. Ich kann nicht den Namen Walde-
erscheint mir als ein Trank des Lebens.« „rich führen, kann nicht Ihre Gattin fevn. Der Him
„Möge er deine Melancholie Keilen!" entgegnete Ma mel beglücke Sie! Mein Schmerz führt Ihre Räch«!"
rimilian mit inniger Theilnahme. „Meine^eele lechzt „Mein Gott! was spuckt in dem Kopfe dieses Mäd
nur nach dem Becher, den mir der Herr von Maienbrnnn chens!" rief Maienbrunn unwillig und gekränkt. „Welche
überreichen wird ; scy er nun mit elysischem Quell oder mit Scene in meinem Hause ! Welche Muthmaßungen werden
ftygischer Glut gefüllt , gleichviel. Ungewißheit ist die die Gäste mit sich fortnehmen ? Die Leute sind gleich mit
höchste Pein.« einer Historie fertig, während wir, die Nächsten, vor dem
unbegreiflichen Mädchen stehen, wie vor einer unauflösba Interesse seines Bruders frage ich nach der Existenz dieses
ren Hieroglyphe! Welch ein unseliger Tag!" Dokuments."
«Ja wohl unselig!" seufzte Arthur, indem er den in „Sonderbar !" erwiederte der Notar ; „der Freyherr
sich versunkenen Bruder verlassend, nach dem Sofa wankte. hat erst gestern seinen bey mir dcponirt gewesenen lezten
„Bester Maienbrunn!" fM er fort, „wollten Sie nicht Willen kassirt und ein anderes Testament errichtet, dessen
meinen Wagen besorgen lasse» ? Ich muß nach der Stadt, Abschrift er heute mit sich genommen , um es seinem Bru
ich möchte sonst . . ." der mitzutheileu."
„Herrgott!" versezte Maienbrunn, den Freyherrn Der Doktor stand wie vom Blitze getroffen. Ein neuer
recht ins Auge fassend, „wie verändern Sie sich, mein elektrischer Schlag gab ihm die Empfindung- wieder ; aber
Freund? Ihre Wangen bleich, Ihre Stirne mit eisigen welche Empfindung ? welches Gefühl ?
Tropfen besäet! Ihre Glieder zittern , was ist Ihnen?" (Die Fortsetzung folgt.)
„Der Tod ist mir nahe, meyne ich," sagte mit einem
mühsamen Lächeln Arthur, der Ermattung nachgebend.
„Der Tod?" schrie MariMllian auf, emporspringend Ob r ist Fabvier und die Griechen.
und sich über den Bruder werfend; „Allmächtiger, wäre (Fortsetzung.)
es möglich, dn solltest von mir gerissen werden?"
„Ich scheide nicht freudig von dir, mein Lieber!" flü- Fabvier rcgalirt zuweilen. An den gewöhnlichen Ta
sterte Arthur, „ich hinterlasse dich ja nicht glücklich; aber gen bekommen seine Offiziere drei LliveH aber an Festta
ich fühle es, das höchste Gebot ruft mich. Ich fürchte, gen vergrößert sich das Mahl durch ein Schaf. Wie Me
die Erkältung, die ich mit Mer Limonade in meine kranke griechischen Hauptlcute zerlegt er das Thier, das im Freien
Brust trank, reißt mich von hinnen." an einem hölzernen Spieß gebraten worden, mit dem
„Jene Limonade?" rief Marimilian schaudernd, und Säbel und de» Händen; er reißt das Fleisch in Stücke
stand versteinert vor einer tief verhüllten Frevclahnung. und vcrtheilt sie unter seine Leute alle. Als er einst einen
Indessen hatte des Hausherrn Hülfruf das ganze vornehmen Abgeordneten des Kvmites bei sich hatte, machte
Schlößchen durchdonncrt. Diener flogen, wie auf einem er so wenig Umstände mit dem Essen als gewöhnlich; da
Gewitterstrahle fuhr Doktor Oggcr hcrbey. „Was ist hier der Tisch der platte Boden war, stemmte er in Gedanken
Vergegangen?" stammelte er außer sich, den Todkranken den Fuß auf den Braten. „Nehmt Euch doch in Acht!"
erblickend; „in welchem Zustande finde ich Sie, Baron sagte einer seiner französischen Offiziere zu Hm, es ist ein
Arthur?" Fremder da, der an fo etwas nicht gewöhnt ist ; er bringt
„Ich werde aufhören zu scyn," erwiederte leife und 600,««» Franken, und da darf man schon auf ihn Rück
gefaßt der Kranke. „Wollen Sie Ihre Kunst noch an mir sicht nehmen." — „Nun, was gibts denn?" — ..Ihr habt
verfuchen?" ja die Füße auf dem Schaf," — „Ach ! sonst nichts ? könnt
„Ich meyne, sie hat sich hier erschöpft!" sagte Mari Ihr Euch denn von Euren zarten europäischen Begriffen
milian ernst und drohend, dem Doktor, dessen Gesicht, gar nicht losmachen ?"
wie Arthurs, ein hippokratisches wurde, in die Augen Um einen sichern Ort für sich und die Scinigcn zu ge
starrend. > ... winnen, und wäre es gegen die griechische Regierung selbst,
Oggcr stotterte, von dem Schauspiel sehr ergriffen, mit der er manchmal im Streite lag , wollte Fabvier den
ungereimte Sätze her, fühlte zitternd nach Arthurs Puls- Türken Ncgroxonte entreißen. Diese Insel hängt mit
fchlägen, gab noch nicht alle Hoffnung verloren, schrieb dem festen Lande durch eine Brücke zusammen, welche von
mit konvulsivisch bebender Hand ein Rezept, eilte hinweg, der Citadclle von Carababa vertheidigt wird. Der Zu
um damit einen Boten nach der Stadt abzufertigen, und fluchtsort war gut gewählt und er führte sein kleines Heer
sprengte selbst, kaum hatte dieser den Hofraum verlassen, von 42«» Mann, das im Oktober t826 nur noch 8N« Manu
wie ein Rafendcr hinter ihm drein. Er überholte den Vor zählte, dahin. Aber Fabviers Armee hatte noch kein Feuer
reiter, in zwanzig Minuten war er am Stadtthore. An in freyem Felde erlebt; der Soldat, gewöhnt sich hinter
Walderichs Hotel vorüber flog der gehezte Gaul. Bor einem Meteritze (Versteck) zu schlagen, seinen An
dem Haufe des Notars Alben hielt der tolle Reiter. Wie griffs- und VerthcioigungSplan selbst zn entwerfen, konnte
ein dem Schwerte Entronnener drang der Doktor in die im Feuer nicht Stand halten und zu einer Maschine wer
Schreibstube des Notars, der, ans seinem Kabinette kom den, welche der Kopf des Anführers in Bewegung und
mend, scheu nach dem Begehren des Verstörten fragte. Ruhe setzen, der er allein Willen, Furcht, ja das Feuer
,ZZaron Arthur liegt am Tode ; /ein verwirrter Sinn des Muths einflößen muß. Fabviers Heer hatte das eu
spricht Wahnsinn; sein Muud fabelt von einem Testa ropäische Crercitium gelernt; seine Pallikaren waren ganz
mente, das er bey Ihnen niedergelegt haben will. Im sein, so weit es sich von Sold, Lebensunterhalt, der Art
4«?
die Flinte zu tragen, Ererciren, Märschen, Gegenmär die Wassermenge, welche eine Luftart im aufgelösten Au
schen handelte ; aber dem türkischen Geschütz gegenüber stande enthalten kann, um fo geringer ist, je mehr die
siegte die alte Gewohnheit. Pallikare und ein braver Junge Tempcnttnr des Gases sich erniedrigt. Sin leichter Hauch
ist Eins, ein Mensch, bereit zu kämpfen, bereit zu flie oder dergleichen führt aber bald die erste Luftschichte weg, eine'
hen , begabt mit allen Eigenschaften zum Sehen und Han neue tritt an ihre Stelle , erkaltet sogleich durch die Be
deln, die man von «einem Krieger verlangen kann ; mit Flü rührung des Körpers und jäßt gleichfalls alles Wasser
geln an den Füßen und einem Gesicht, das auf eine Stunde zurück, das ihre neue Temperatnr ihr zu behalten verbie
weit sieht, ein Mensch, der Fuß zu fassen und zu weichen, tet. Dieselbe Erscheinung erneuert sich sehr oft in sehr
zuvorzukommen und zu erwarten, zu fliehen und sich durch kurzer Icit, und bald ist die Oberfläche des Körpers, die
daö Feuer zu schlagen weiß, kurz ein Mensch, der Herz Ursache seiner ersten Erkaltung mag gewesen sepn, welche
und Verstand mit in deu Kampf bringt. Dicß siud nun sie will, mir Tröpfchen oder fogar mit einer zusammen-
Dinge, wodurch ein Regiment eben nickt zu einem Regi hängenden Lage Wassers dedeckt, das die atmosphärische«
ment wird, und kaum war das Fadviersche im 'Angesicht ei Schichten darauf niedergelegt haben.
nes Feindes, dessen Stärke doch der General allein berech Damit diefe einfache Erklärung ganz auf den Thau
net hatte, gegen den er allein einen Plan entwerfen konnte, anwendbar feo, bleibt nun nur noch die Frage zu unter
liefen Lffiziere und Soldaten davon, die ersten wiesen den suchen übrig: Geht die in einer ruhigen und heiteren
andern den Weg, und Fabvier stand allein mit ein Paar Nacht an der Oberfläche fast aller irdischen Körper beob
Franzosen. Sic waren von Türken umzingelt und wären achtete Kälte der Erscheinung der kleinen Tröpfchen, oder
verloren gewesen , hätte sich nicht «,?s zwcvte Korps des gehen die Tröpfchen der Kälte voraus?
Fußvolks, das sie im Kampfe sah, gesammelt und blind Im ersten Falle wird die Kälte nnmirtelbare Ursache
lings eine Gewehrs«!«? auf den .bansen gegeben, in dessen des Thanes sepn, bev der entgegengesczren AnnaKme
Mitte sie sich defanden ; die Ungläubigen liefen anseinan- könnte man sich einbilden, wir haben uns bisher über den
dcr und die Nacht begünstigte den Rückzug des Obrists Ursprung der nächtlichen Erkaltung getäusckr, und sie sey
und seiner Offiziere. Pen diesem Streif;»« gegen Euböa Folge des Niederschlages der Flüssigkeit. Folgender
zerstreute sich auch die Neikercy, welche der Sohn von Versuch von WellS entscheidet den Streit : Be» sehr trok-
Kapiiauo de St. Jean d'Angclv mit so vieler Mühe ge kener Witterung waren sechs Gran auf einem hochgestell
bildet hatte. ten Brette befestigter Wolle bereits über sieben Gr«de der
(Der Beschluß folgt.) hnnderttheiligen Scale kälter als die Luft, ehe sie den
geringsten Zuwachs an Gewicht erkalten hat
ten, waS durch eine Wage untersucht wurde, die ein
lieber das nächtliche Warmcsirahltn der Körper. SechözeKntels-Gran zum Schwanken brachte; die Hätte
gekr also dem Than voraus; unter andern atmosxkärischen
iFvrtseyung.) Umständen dagegen führte eine weit geringere Ver
Vergleicht man das, was über daS Wärmestrahlen der schiedenheit der Temperatur auf denselben Bü
Körper gesagt wurde, mir den obigen Beobachtungen über schel Wolle bevnahe zwanzig Gran Than, so daß sein Ge
den Than , so wird man leicht bemerken , wie viele Ähn wicht verdrcyfacht wurde; also geht der TKau nicht der
lichkeit zwischen der Fähigkeit aller dickten Körper, sich mit Kälte voraus, weil sonst nach reichlichem Thau eine noch
Thau zu bedecken, und ihrer nicht minder bcmcrkenswer- weit bedeutendere Kälte hätte eintreten müssen, als bev
then Eigenschaft, sich in ruhigen und heiteren Nächrcn der obigen Erfahrung, bev welcher ja die Kälte fckon
weit mehr als die Atmosphäre zn erkälren , stattfindet. stattfand, ehe überhaupt Thau gefallen war.
Wenn die Erkaltung der Körper dem Ansätze von Than- Sobald nun auf diese Weise bewiesen ist, daß die Kälte
troxfen auf ihrer Oberflüche vorausgeht, so wird die Er der Erscheinung des ThaueS vorausgeht, so ist dieses Me
klärung dieser Erscheinung keine Schwierigkeit darbieten, teor, über welches so viel geredet worden ist, zurückge
denn man wird darin ganz einfach einen Niederschlag von führt auf die einfachste, am besten erklärte und am denk
Feuchtigkeit erblicken, ähnlich demjenigen, welcher sich auf lichsten erwiesene natürliche Erscheinung, d. h. auf den
den Wänden eineö Gefässes zeigt, dessen flüssiger Inhalt Niederschlag der Fenchrigkeit , wie man ihn auch im In
kälter ist als die Lnft. nern großer Gebäude bemerkt, wenn die den Winter über nach
Ein Körper von irgend einer Temperatur, welcher in und nach erkälteten Mauern bevm AuftKaiien plötzlich von
eine merklich wärmere Atmosphäre getaucht wird, erkältet der warmen Luft der äußern Atmosphäre berührt werben.
plötzlich die Lustschichte, die ihn berührt; enthält nun diese (Die Fortsetzung folgt.)
Schichte viele Feuchtigkeit, so sezt sie sogleich einen Thcil
davon auf der Oberfläche deS Körpers ab, weil bekanntlich
4«S
Korrespondenz-Nachrichten. handelnden Figur vorkommt; denn da sie doch nicht vor un
fern Augen vorgehen kann, so muß sich in den zwe» ersten
Leipzig, im April. Fällen das Bcnscitegehen wiederholen , wodurch sie sich wieder
(Fortsetzung.) , der dramatischen Darstellung entzieht. Hätte sie einmal die
schaurige Grundlage eines OpcrnmäKrchcns bilden sollen, so
Uns» Opcrnrepcrtoire erhielt noch zulczt zwe» Opern, hätten, dünkt unS, die zwe» erste» Fälle in die Vorfabel fallen
welche hier zuerst auf die Buhne kamen. Die erste war : die und nur in der Erzählung vorkommen sollen , und die Hand
„Sonnenmänncr," Musik von unscrin Schauspieler Genast, lung hätte dann in dem wirklichen Kampfe des Lord Rnthven
welche schon ander« Blättern reichen Stoff zur Persiflage hat »n, die dritte Braut bestanden; mit andern Motiven und
hergeben müssen. Unsere Mcynung «in« dahin > daß eine solche Evisobcn wäre sodann der Raum der Oper ausgefüllt worden.
Arbeit, die ei» junger Schauspieler in seineu Musestundcn Indessen müssen wir doch gestehen, daß, so graußenerregend
überninnnt , eine chrenwerthe Beschäftigung ist und ihn seiner diese Oper jczt nun ist , so war sie uns auf die obengenannte
Kunst selbst näher bringt. Ob ein solcher Versuch sogleich folgend fast eine Erholung, und zwar darum, weil
auf die Bühne gebracht werden soll, kann die Frage scvn. man sich hier immer noch der phantastischen Grundlage der
Größere Nachsicht darf er allerdings hoffen, wen» e« die wnßt ist.
Bütme ist, um welche er Verdienste hat. und da« Publikum, mit (Die Fortsetzung folgt.)
Welchem er vertraut geworden ist. Aber hier schadete wohl,
wie oft geschieht, der übertreibende Bcvfall der Freunde; die
gelungenen Einzelnhciten. welche von Studium und Kombina- Rom, Mai.
tivnSgabe des Komponisten zeugen, konnten daS gedclmtc und
durch Anklänge an Spontini und CKerubini gestörte Ganze In Deutschland , besonders im Norden von Deutschland»
nicht halten , und was von diesem , in der dramatischen Poesie hält man das Volk für verderbt, weil cS zu viel lieSt, und in
bewanderten Schauspieler unbegreiflich ist. er hatte an einen Italien, weil cS zu wenig lieSt. Wo liegt die Wahrheit? Hier
elende» Tert cineö namenlosen Poeten seine große Mühe ver in Rom wird nicht gelesen, und die Rcgiecung muß dabcy die
schwendet. Die zwcyte Darstellung war die lezte. Ich sehe allersiunlichflcn Maßregel» anwcnden, um den Pöbel von den
nur hinzu, dag eS Stücke in dieser Oper gibt (z. B. ein Duett Weinschenken abzuhalten und vor den Unglücksfällen zu bc,
der Liebenden, einen Chor der Knapvcn , einen marschartigen waln-en, die sich hier zu ereignen pflegen. Selbst die gebil«
Chor am Eingänge des dritten AktS), welche man, für sich beten Klassen lescn nicht. Nach den Begriffen der Eiferer
betrachtet , gern hören wird. gegen das Lesen müßte also in Rom das irdische Eden scvn.
Entschiedene« Glück hat die zweyte Oper, der „Vompvr," Aber auch hier bereitet sich in Folge der Zeiten und , wie der
Tert (nach der bekannten. Lord Bvron bepgclegten No Hr. von Pradt zu sage» pflegt, der Natur der Dinge eine all-
velle) von Wohlbrück, Mitglied de« Magdeburger Theaters, mälige Aenderung vor , doch nicht sowohl für die Romanenle«
Musik von Heinrich Marschner, vormals Musikdirektor der screv. obgleich nicht nur von Lafontaine ; sondern auch von Walter
Dresdner Oper, gemacht. Der Stoff ist teuflisch grausenliast, Scott eine Ueverseymia, angekündigt ist, als für die Politik;
und die Hauptperson ist es, die dieses Grause» erregt, ohne al den» dem positiven Römer wird die phantastische Fasele» der
les weiter« menschliche Interesse. Lord Rutnven, der dem Romanenwelt noch lange eine t«rr« ioeognit» bleiben. Daß
Dienste der,.Herrn und Geister," man erfährt nicht warnm. ver die politische Wißbegier in Rom steigt, davon habe ich mich in
fallen ist. erhält von dem Meister derselben die Erlaubnis, noch sechs Jahren vollkommen überzeugt. Bcy meiner Ankunft
ein Jahr unter den freuen (?) Menschen zu wallen , wenn er ward in den hiesigen Kaffeehäusern keine andere politische Zei
ibm bi« zur nächsten Mitternacht drey Bräute alS Opfer tung als das hiesige Diari« di Roma , «nd auch dieses nur in
darbringe. Wenn aber der Lord schon ei» Vanrpnr ist, wie er den voruel'instcn gehalten, höchstens gab es »och hie und da drcv oder
im Tert genannt wirb, warum soll er erst jene Erlaubnis vi» andere, worunter sich auch die Genuesische Zeitung befand.
erhalte», da er doch nur unter Menschen ein Vamv»r sc»» Nach und nach hat sich dies, so geändert, daß im gegen
kann? Der Lord verspricht es, »»des gelingt ibm wirklich zwe» wärtigen Augenblicke das Dario ti Rom« von allen Kaffee
Opfern daS Blut auszusaugen . das dritte wird gerettet und häuser» . selbst von einigen auf den Beigen («i IVlonti, wie
die Holle zur Schande. Man kann die dramatische Geschicklich man hier die von lauter geringen Leute bewohnte Gegend um»
keit de« Hrn. Wohlbrück bev Anordnung diese« Stoffs nicht anf und zwischen den Bergen Ssquilinus und ViminaliS zu
verkenne», die sich besonder« in der Folge der Sccncn zeigt, Neimen pflegt), und von den meisten auf dem Corso sogar in
nnd in der Beschränkung dessen , wa« in der gedachten Novelle doppelten Eremplaren , außerdem noch von alle» dem», welche
vorgeht, ans einen engen Raum. Aber die Idee? wird man ckenlr« stom» liegen, die Genueser und Florentiner, ja vcn
fragen ; diese , scheint es , wollte der Operndichtcr , statt sie einige» auch die Ticineser Zeitung (zu Lugano gedruckt) ge,
durch da« Ganze durchleuchten zu lassen, erst fast am Schlüsse ^ halte» wird. Seit ein Paar Jahren haben sogar drcv oder
der Oper in dem Duett Malviucn« und Aubrys wörtlich so vier abwechselnd einige fraxzösische Zeitungen angeschafft. An?
au« sprechen : fangs vom hiesigen Lesekabinette alt übernommen, dann aber, da
Wer Gottesfurcht im Herzen trägt. sie auf dicfem Wege zu mangelhaft ankamen , durch die Post
Im Busen reine Liebe hegt. kommen blassen. Früher waren dieß die liberalen Pariser
Dem muß der Hölle dunkle Macht entweichen. Blätter; seit aber diese, wenigsten« um öffentlich gelesen zu
werden, in Rom verboten worden sind, ist an deren Ereile
Kein böser Zauber kann ihn je erreichen. die O»,e>>« «>e kV»nco getreten, und diese wirb wirklich,
Da« ist nun zwar wahr . in sofern es keine solche Tenfclcy trog der damit verknüpften bedeutende» Unkosten von zwe»
gibt, aber in dem Bisherigen bildet ihre Eristenz doch die Kaffeehäusern «nf dem Corso durch die Post bezogen. Es
Voraussetzung . und da kann man fragen . wie kann der liebe steht aber zu befürchten, daß diese« Blatt, welche« mit dem
Herrgott die schwache Menschcntugend durch solche Tcnfcle» Austritte des Hrn. Villelc aufgehört hat ministeriell zu scvn.
prüfen wollen? Höchst grauscnbafr ist dies, Hinabziehen in« Ver gleich den übrigen verboten werden wird.
derben , diese Blutsaugern?, und noch mehr, wenn sie in einer (Die Fortsetzung folgt.)
Verlag dcr Z. G. Colt a 'scheu Buchhandlung.
123-
^ —,— '

Mo r g e n b l a t t
s « r

gebildete Stände.

Donnerstag, 22. Mai 1823.

ES staunt der Seist,


Wo» <A,r furcht, Mitleib fKvlt er sich vernichtet,
Sr schauet de« Seschicte« Höl,' uud Stur,.
Er iniök den Abgrund von dem Rul?m ,um Richtt;
Doch mitten durch die Trauer stellt der BN<f
Sntjttctr und weinend alter Schönheit Spuren.
Lamartine,
Harold« Pilgerfahrt

Lbrisi Fabvier und die Griechen. thut ihr hier? was gibts? wie lautet der Befehl —
„Seht einmal, Goura ist nicht sicher, und der Obrist ist
(Veschlnß.) oben; eS konnte leicht ein Unglück geben, und da sind »ir
Die Anhänglichkeit der Soldaten an Fabvier ist de» hier und wollen sehen wie es geht."
alle dem groß und rührend ; Jeder spricht mit Begeiste Die Mittel zur Unterhaltung feiner Truppen bestrit
rung von seiner Aufopferung, seiner Geradheit, seiner ten fast ganz allein er und feine nächsten Freunde. Einst
Gerechtigkeit, den Entbehrungen, denen er sich unterzieht. kam, als er fast zehn Monate Sold schuldig war, das
Er selbst will keine Wachen um sich, aber trotz seiner Be Geld eben zur rechten Zeit, er zahlte aus und nun war
fehle belagern wenigstens hundert Mann die Thüre seines großes Fest im Lager ; man tanzte drep Tage lang dem Ge»
JeltS, um es zu bewache», wie sie sagen. „Schafft mir neral und dem Vaterland zu Ehren. Singen, Tanzen,
die Leute vom Halse," ruft Fabvier seinem Adjutanten zu, Wettlaufen, Schießen, darin bestehen die Belustigungen
„ich will Ruhe haben!" Aber es hilft alles nichts, sie blei der Pallikarcn ; Trunkliebe und Lüsternheit im Essen sind
ben aufgepflanzt, und Niemand kommt, unter welchem ihnen fremd. Diejenigen indessen, die sich aus Misso-
Vorwand es seo, vor den Obrist, außer in Begleitung lunghi gerettet, blieben drep Monate in den Schenken von
eines der vornehmsten Offiziere. Er entschlüpft etwa durch Napoli liegen, betranken sich und erzählten ihre Leiden,
eine Hinterthüre, um sich am Meereöufer zu ergehen; er aber ganz ruhig ; es war , als seyen sie gegen den Kum
kommr an den Strand und meint sich auf den Sand strek- mer wie gegen Wunden und körperliche Schmerzen abge
ken u«d allein in Ruhe seinen Gedanken überlassen zu härtet. Sic sagen einem wie die gleichgültigste Sache vo»
können ; er wendet den Kopf und sieht in einiger Entfer der Welt: „Ich habe Vater, Mutter, Brüder in Misso-
nung zwev bis drephundcrt Mann stehen, die ihm nach Innghi verloren; ich bin jezt ganz allein." Man konnte
gegangen sind und ihn nicht ans den Augen lassen. Zu keinem Missolmighier begegnen, der einem nicht die Hand
Athen machte er Madame Goura den Hof, er schlich sich hinstreckte, und durchaus nicht bettelnd, sondern ganz un
zuweilen AbendS weg und schlug heimlich den Weg zur Ci- gezwungen sprach: „Lavitan, ich brauche einen Piaster,
tadelle ein. Eines Nachts findet einer seiner Offiziere/ gebt ihn mir," und er bekam ihn. Singend zogen sie von
als er die Runde macht , am Fuß der Akrovolis vor einer Missvlunghi ab, denn sie besingen Alles, Sieg und Nie
kleinen heimlichen Thüre einen Theil des Regiments Tal- derlage, den Tod der Freunde wie den Tod der Feinde.
tikos; sie sangen, spielten,, schwazten, erzahlten Para- Gleich den Türken vcrackren die Griechen die Europäer
methi» (Geschichten) im Mondschein. „Was Teufel und nennen sie lateinische Hunde. Vörden Fran
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zosen haben sie indessen etwas mehr Achtung. In den aufführe» sehen. Die beyden Geschlechter tanzen und be
von einer übermäßigen, unordentlichen, ausgehungerte» lustigen sich jedes in einem besondern Zimmer, und hören
Menge dichtgedrängten Straßen von Napplt weiche» die gegenseitig den Schall^Hrer Tritte ; dieß ist das einzige
Griechen aus, um Fabvier Platz zumachen, und begrüßen Gemeinschaftliche bev ihren ErgöMchkeitcn.' Die Männer
ihn, die Hand an der Stirne, nach Art des europäischen sind herrlich; aber die Frauen! mit nackten Füßen, ohne
Soldatengrußes ; auch vor seinen Landsleuten setzen sie sich Schnürbrust, ohne Anmuth, ohne Haltung, den ganzen Tag
ein wenig in Positur. auf dem Boden gelagert! Sie sind übrigens sehr unglück
Sin europäischer Offizier, der lange in Griechenland lich)' werden sehr Hart4ehandelt und in ihre Häuser einge
gelebt hat, erzählt von den unglücklichen Eingcbornen viele sperrt , in die man nicht geht wie man will ; ein Pallikare
Züge von Grausamkeit. Cr mußte sich daran gewöhnen, schreit einem zu: „Unten geblieben, es sind Weiber hier!"
die Griechen so glatt wie die Muselmänner Köpfe abhauen. wollte man.Gewalt brauchen, könnte man leicht einen Pi
Gefangene nicderfäbeln, ihnen deü Bauch aufschlitzen .zu stolenschuß duvontrager,, den» die Griechen, die sonst nicht
sehen, und wenn er ihnen zuruft: «Wie doch! wozu nüzt leicht morden, verstehen in diesem Punkte keinen Spaß.
es , den Elenden zu zerfleischen ? schneide ihm den Kopf ab
und damit gut!" die Antwort zu erhalten : „Schweig! un
gläubiger Hund!" Fabvier selbst muß sich in die Landessit Walderich'S Söhne.
ten fügen und sehen, wie seine Soldaten ihm nach dem
Gefecht die Köpfe der Feinde bringen. Sie werfen sie ihm Von Spindler.
gleichgültig vor die Füße und der Obrist muß in die Ta (Fortsetzung.)
sche greifen und dem Palliaren ein Paar Paras reichen. „Liebau? sich da! Sie hier?" sagte die tiefe Stimme
Dieser schleuderp'das Geld in die Luft, fängt es wieder eines lebhaft aus dem Kabinette Tretenden , und vor sei
über seinem Kopfe auf, den er hoch und stolz trägt, und nem Anblicke vergingen dem Doktor die kaum aufgeflacker
singt : „Victoria ! ich habe meinen Feind besiegt", ich habe ten Sinne.
ihm den Kopf abgeschnitten, hier ist das Geld zum Be „Ich fordere Sie auf, Kiefen Menschen auf Ihre
weise!" — Empört von den, Mctzeleyen von Tripvliza, und meine Verantwortung zur Haft bringen zu lassen,"
Mvnembasia und Salon« wendet man sich von der gerech fuhr der Fremde, zu dem Notar gewendet, fort: „Er ist
testen Sache gerade um der Ursachen willen ab, die einen ein Mörder! In meines Vaters Haufe in Esthland^als
dafür gewinnen sollten ; denn aus der Barbar?» des Skla Hofmeister aufgenommen, hat der Entsetzliche meine Schwe
ven sieht man, wie groß die Barbarei) seines Unterdrük- ster verführt und die Unglückliche sammt der zarten Hoff
kers war. nung, die sie trug, durch Gift begraben. Er entfloh
Griechenland ist das Land der Besuche. Beträte es spurlos, aber der rächende Himmel wollte, daß aus dem
eine Europäerin, so würden alle Frauen ihr die Aufwar weitentferntcn Lande mein Geschäft mich Hieher führen
tung machen. Für die Männer, welche in den Häusern muß , um mit Ihnen zu negoziren und dieses Ungeheuer
der Griechen Höflichkeitsbesuche abstatten dürfen, besteht zu entdecken!"
der Gebrauch , daß sie nicht sprechen ; auf dem Teppich zu In dem Augenblicke drangen Gerichtsdiener ins Haus.
platter Erde sitzend, darf man die Damen nur verstohlen Marimilian , von ahnendem Rachgcfühl und von der Aus
ansehen, sonst heißt es in einer Viertelstunde in der gan sage des Konditors geleitet, welcher unter Thränen be
zen Stadt: „Wißt ihr wohl? der Herr ** hat die Frau *** schwor, Doktor Ogger habe größtentheils allein die Li
angesehen;" es entsteht großer Lärm, ja es kann gefähr monade gemacht, war dem Verbrecher wie ein Zornen-
lich werden. Die Hausfrau reicht auf einem silbernen gel gefolgt, hatte seine Habhaftwerdnng verlangt, und
Teller jedem Besuchenden eine ganz kleine Tasse Kaffee führte ihn wieder, in Begleitung des esthländischen Kava
mit sammt dem Satz. Man wechselt kein Wort, höchstens liers und eines Unterfuchungskommissärs nach Maienbrunn
sagt vielleicht eine Fran zu der andern: ?«s eck«!«? (wie vor das Sterbelager des unglücklichen Arthur. Die müh
befindest du dich) und die Befragte antwortet langsam: same, lügnerische Fassung, die sich Ogger aufgedrungen,
I<«I», lolvier, (gut, sehr gut). Der Besuch darf nicht über verließ ihn abermals in Arthurs Nähe. Mir einer Thrä-
fünf Minuten währen und wird eine Stunde darauf er- ne der Angst im Auge, mit bebenden Lippen sagte er:
wiedert. Trotz dieser Zurückhaltung geben die Frauen zu „Das wollte ich nicht. An diesem kranken, dem Tode
weilen Bälle und laden die fremden Offiziere dazu ein"; verfallenen Leben wollte ich nicht freveln. Vergeben Sie
aber diese bekommen keine Fran zu Gesicht, außer etwa mir, Arthur, und Sie, Marimilian, danken Sie dem
durch das Schlüsselloch, durch welches sie mit vieler Mühe im Zufall Ihre Rettung !"
anstoßenden Zimmer die Frauen gravitätisch langsame, in „Ungeheuer!" fuhr Mar wild auf; „was Hab ich dir
wollüstigen Stellungen und Wendungen bestehende Tänze gethan, daß du nach meinem Tode lechztest ?"
4?'
„Das Geschick hat mich fein betrogen," verstzte Og- Sin gut geebneter Platz vv» ungefähr vier Morgen
ger bitter und eiskalt. „SS spiegelte mir vor, Walderichs ist iti Bierecke von einem Meter Länge und anderthalb Me
Reichthum sollte mein werden. Mein Gefühl hat mich ter Breite abgetheilt, welche mit einem kleinen Rand vrn
jedoch tölpisch verrathen. Ich wählte That und Stunde Erde von ungefäkr einem Decimeter Höhe umgeben sind.
sehr ungelegen. Die Leidenschast macht blind ; ein Paar In diese Adrheilungen, welche mit gewöhnlichem Stroh
Wochen später wäre Alles besser gelungen. Arthur war oder mit trockenem Zuckerrohr bedeckt sind, sezt man so
sterbend, Marimilian kraftvoll; seine Ehe zerschnitt mei- viele mit Wasser gefüllteTipfe, als sie fassen können. Diese
ne Hoffnungen, er sollte weg. Noch wählte ich das Töpfe sind nicht glasirt, aber man fettet ihre inneren Wände ;
Mittel ; die Ueberraschung von heute mengte sich gefähr- sie sind sehr breit »nd nicht tief ; das Eis bildet sich an
lich in meinen Plan. Sie, Baron Marimilian, wollten ihrer Oberfläche.
Amalien sprechen , Sie durften eö nicht; meine eifersüch Man bätte um so weniger Ursache anzuneknicn, daß
tige Hand fand in meiner Westentasche das Gift, das ich sich daS Wasser der Töpfe nicht bey Nacht durch eine Strah
mitgenommen hatte , um es an einem Jagdhunde zu er lung gegen den Himmel nach Art aller übrigen irdischen
proben. Ihre Limonade wurde davon gesättigt; Alles Körper erkälte , da nach den eigens hiezu vou Leslie an
war recht, da spielt mir die Empfindsamkeit einen Streich. gestellten Versuchen diese Flüssigkeit ein sehr beträchtliches
Ich erwartete, Sie mit dem Tode ringend zu finden, StrahlungSvermögen hat ; auch handelt eö sich hier nicht
und ich märe kalt dabey geblieben ; aber statt dessen . . . darum, ob dieses Strahlen einen Thcil an der Erscheinung
ich kann dieses Sterbenden Anblick nicht aushalten, brin habe, sondern vielmehr, od es nicht die hauptsächliche Ursache
gen Sie mich- sott!" derselben sep, und dieß wird aus folgenden Betrachtungen
„Unglücklicher!" redete ihn Artkur, schon jezt ein hcrvoraeben : l) nach dem Zeugnisse von Packer und Willi
versöhnter Engel, an. „So stürzt Ihre Habsucht mich ams ist der Wind, welcher die Verdunstung so sehr begün
und Sie inS Grab'." stigt, in Beuqalen ein solches Hinderniß für die Erzeu
„Ich hätte verdient reich ,n werden," entgegnete Va gung des SiseS, daß, wenn er auch nur ein wenig stark ist,
ger, „ich wollte ertrotzen, was meinem großen Wissen die das Gefrieren gänzlich aufhört. 2) Die wirksamste Ursache
Natur versagt bat. Doch mehr als der Rcichthum blen der Schwächung des nächtlichen Strahlenö, d. h. die Ge
dete mich Eifersucht. Marimilian wollte mir die Braut genwart einer großen Menge von Wolken, hindert auch
entreißen , ich wehrte mich." das Wasser durchaus am Gefrieren, z) Sin «uf das Stroh
„Die Braut?" riefen Mar, Arthur, Mayenbrunn, zwischen die Töpfe gestellter Thermometer sinkt nicht auf n
und Ogger antwortete hohnlächelnd: „Fragen Sie die in dem Augenblicke, da das Eis sich bildet, und dieß beweißt,
Dame selbst, sie kömmt." daß die äußeren Wände dieser Gefässe nie schr kalt sind,
(Der Beschluß folgt.) und daß sie nicht auf die Weise der Alcarazas, der porö
sen und erkältenden Krüge deS Orients wirken, was man
übrigens hätte zum Voraus wisse« können , weil die inne
ren Wände der Töpfe gefettet sind. «) Bey der Anual'me,
daß die Verdunstung Ursache der ersten Lage von Eis scv,
Ucbcr das nächtliche Warmefirahlcn der Körper. .womit sich deS Wasser bedeckt, mußte man immer noch
einen Grund für die Erscheinung suchen , daß die Dichtig
(Fortsetzung.) keit des Eises die Nacht hindurch allmälig zunimmt, wäh
Von der künstlichen Bildung des Eises rend doch schon alle Verdunstung durch die erste Sisschichte
in Bengalen. ES gibt in Bengalen unter Breitegra- unterdrückt ist. 5) Endlich, seit man weiß, daß diese Er
den , wo der Thermometer in der Luft nie auf u sinkt, scheinung des nichtlichen Gefrierens Indien nicht eigen- .
Fabriken , welche täglich ziemlich bedeutende Mengen Eis thümlich ist, hat WellS bewiesen, und dieß hebt alle Schwie
liefern. Bisher hatte man angenommen, die Verdunstung rigkeit, daß in London das Wasser zuweilen bey einer
fpiele die Hauptrolle bev diesem künstliche» Gefrieren; Temperatur friert, die höher als u ist, ohne das Ge
wenn man aber die Umstände, welche dabey eintreten müs ringste von seinem Gewichte zu verlieren , wie dieß doch
sen, mit Aufmerksamkeit beobachtet, so wird man sich leicht der Fall feyn müßte , wenn die Ausdünstung irgend Thcil
überzeugen , daß diese Einbildung ihrcn Grund bennahc an dieser Erscheinung hätte.
allein in der nächtlichen Strahlung hat. Hier die Be (Die Fortsetzung folgt.)
schreibung einer solchen Manufaktur, welche der Englän
der Williams besuchte, und wobev drevhundert Menschen
angestellt sind.
4?2
Korrespondent-Nachrichten. ker als Naturalist, man könnte ihn mit Ifslanb vergleichen,
Rom, Mai. denn nicht selten finden sich Anklänge in ihm , welche unwilk
(Fortsetzung.) kübrlich an jenen Künstler erinnern, der im Komischen der
Typus ist, welchen in Deutschland nicht leicht wieder ein Schau
Die Künste und Wissenschaften scheinen sich die Hände spieler erreichen wird. !i
gereicht zu haben, um die Schätze, welche sich etwa in mid (Der Beschluß folgt.)
um Rom herum befinden könnten, anszubcuten. Zu den
Nachgrabungen auf dem Forum und einer nenen Untcrneh- Leipzig, im April.
m»ng von Giovanni Angelini und Antonio Fe« , welche von (Fortsetzung.) ., ^
alle» in der Umgegend vorhandenen antiken Denkmälern Zeich«
nungen in Umrissen nebst beschreibendem Texte versprochen Die Musik von Marschncr zum „Bampyr" ist voll Feun
haben, kommt jczt ein Werk, welches, mit Geist und Fleiß und Geist, und dadurch hat sich diese Oper bey unS Eingang
ausgeführt , der Archäologie, ja selbst der Geschichte, vom und den glänzendsten Erfolg verschafft. Selbst diejenigen, die
größten Nutzen seyn dürfte. Ein Herr Marocchini, aus Jinol« den Teufelevcn seit der Wolfsschlucht abhold sind, mußten da«
gebürtig , hat treue Abschriften aller mögliche», an öffentlichen wackere ?>K,,1reben eines in diesem Gebiete bisher noch unbe
und Privatbanken vorhandenen Inschriften angekündigt. Nach kannten Komponisten anerkennen , nnd cS ist ein seltener Fall,
seiner Versicherung bat er darüber zwanzig Jabre zugebracht, baß eine neue Oper, ungeachtet des Widerwillens, mit wck
und jede Abschrift in eigner Person an Ort und Stellage? chcin einen großen Thcil des Publikums das Gräßliche bei
macht. Endlich ist in diesen Tagen von dem hier wohnenden Vorgangs erfüllt, ungeachtet sie viel, vielleicht zu viel Musik
bekannten englischen Antiquare und Geographen William Gell, hat , die weder in der Ausführung noch in der Auffassung
vormaligem Begleiter nnd Kammcrhcrr» der unglücklichen Kö leicht ist, dennoch in wenigen Woche» so oft und mit «»ge
nigin Caroline von England, eine sehr ausführliche Karte der schwächtem Bcpfall aufgeführt werden konnte. Dazu kommt
nächsten Umgebungen Roms herausgegeben und von Nibbp aber auch noch, daß diese Musik sich im Geist zunächst an die
init einer Beschreibung versehen worden. Bcy'm ersten Opcrnprodnktioncn des so gcfcverten Weber, nämlich au
Anblicke dieser Karte fällt eine Eigenheit auf, welche den dessen „Euryanthe ' und „Freyschüft" anschließt ; eine geistlose
Standpunkt, auf welchem die jetzige römisch-antiquarische Nachahmung würde diese Wirkung nicht haben hervorbringen,
Kenntniß fleht, gewaltig herabsetzen und für leztcre sehr demüs können. Und in der That , es ist inir jczt kein junger Kom«
tiiigend werben könnte. Bisher wurde nämlich von allen Anti ponifl bekannt, welcher im Stande wäre, mit solchem Glücke
quaren und auch vom erwähnten Nibby das alte Alba Longa auf Webers Bahn fortzuschreiten wie Marschncr ; nur ist ihm
an die Stelle versezt, wo sich vom Castell Gandolfo aus über bald ein Opcrngcdichr zu wünschen , das von einer menschlichen
den See Weggeseke» , gerade gegenüber das FranziSkancrklvstcr Grundidee durchdrungen und belebt ist, ei» Stoff, der das Ge-
Pallazznolo befindet. Nun tritt Gell auf, und auf einmal, inütb erbebt und erheitert , statt es unter die Gewalt finsterer
wie durch eine Zauberruthe versezt, sehen wir es »er. Weitem Naturmächte niederzubeugen. Möge sein Schwager Wohl«
mehr links und in der Richtung nach Marino liegen. Welche brück , der in dem Buch zum Vampyr wenigstens gezeigt bat,
Gründe die Verfasser zu dieser Versetzung gehabt haben, wird das, es ihn, nicht an theatralischer Gewandtheit fehle, ihm
sich in ihrer Beschreibung finde». einen solchen Stoff bearbeiten.
Die FrühlingSthcaterzeit hat hier, wie gewöhnlich, mit Ich will hier nur noch einige der ausgezeichnetsten Stückr
dem Montage nach dem Weißen Sonntage begonnen. Die der Oper anführen. Die Ouvertüre schon ist ein brillante?
spielenden Theater sind Valle und Pacc. Erfleves hat sowohl Stück, kann aber erst nach mehrmaligem Anhören verständlich
seine Schauspiel - als Opcrntruppe von Grund aus erneuert, werden , besonders da auch unser Komponist die Melodiecn,
babeu aber , so viel bis jczt scheint , in Hinsicht lezterer durch welche auf Hauxtinomeiite der Oper fallen, in derselben als
aus verloren und mit erstercr nicht viel gewonnen. Unter den Hauptmaterie zusammengefaßt hat. Höchst originell und vor«
Sängern ist Niemand von einigem Rufe als die. auch in trefflich deklamirr ist der zweytc , auf das Melodram folgende
Deutschland bekannte, Clclia Pastori, welche ehemals in Stutt Cl,or der Heren : „leise, leis' bcym Mondenschcin :e." Eben
gart als Hofsängerin angestellt gewesen ist. Diese noch junge so ist die Schilderung in der Scene, wo dem Lord Ruthvcn die
Person erregte vor einigen Jahren die größten Erwartungen Kräfte absterben in der furchtbaren Oebe , und dann, wo Au-
und ward auf demselben Theater Walle, wo sie jezt abermals br» denselben zur Höhe hinaufführt, und die MondeSflrahlen
engagirt ist , mit ungemeinem Beyfalle aufgenommen. Aber ihn wieder beleben, von schauerlichem Effekt. Hier zeigt sich
schon als sie im »orlezren Karneval im ungeheuren Argcntina Marschncr als glücklicher Nachfolger Webers in der charak«
sang, bemerkte man an ihr eine gewisse Entkräftung und tcristische» Jnsirumentirung. Die Arie MalvinenS . deren
Heiserkeit der Stimme, welche, obgleich die Schuld davon auf Gang an den Frcyschütz erinnern mußte . und das darauf fol
das große Lokal geschoben wurde, den Kennern ein untrüg gende Duett zwischen Malvina und Aubry erimmrern nnl>
licher Vorbote voin nahe bevorstehenden Srinimvcrluste der erheben den Zuhörer wieder ; bcvde könnten indcß durch Ver
Sängerin zu seyn schien. Diese Befürchtung ist, leider, nur kürzung noch gewinnen. Ungemein lieblich ist im Finale der
zu bald eingetroffen. Die übrigen Sänger verdienen nicht ge GlückwünschungSchor : ..Blumen und BlütKen im Zephyrge-
nannt zu werden. So ist es nicht zu verwundern , baß schon kvse." Im Finale deS ersten Akts, in welchem unter andcru
von der siebenten Vorstellung an nur der erste Akt voin Ros- ein schöner, 'aber schwer auszuführender vierstimmiger Canon
sinischen Barbier hat gegeben werden können, obgleich die sich befindet, hat der Komponist wohl ein wenig zu stark aufge
Schuld davon ans die Kürze der Nächte geschoben wird. Die tragen und von den Sängern zu viel gefordert, wcßhalb uns
Schausvielertruppe ist gleichfalls sehr mittelmäßig, ob ihr gleich dieses Finale, bcfonbcrs nach dem Schlüsse hin, nie durchs,
der berühmte Komiker Vestri, der einzige Schauspieler, welcbcr auS klar geworden ist.
nach de' Marini, klassischen Ruhm in Italien besizt, alS Di (Die Fortsetzung folgt.)
rektor vorfleht. Vestri ist allerdings ein Künstler, mit gros
sen Naturgaben ausgestattet, und wäre er eben so sehr Den Be plage: Kunstblatt Nr. 4t.

Verlag der I. G. Cvtta'schcn Buchhandlung.


124.

M o r g e n b l a t t

f ü r

gebildete Stände.

F r e y t a g, 23. Mai i 8 2 8.

Die ^auptch'r«ktcrzüge einks Bolls bleiben ,?ch glrich. wie Kind»


den B>itcrn und Kri>s,»äter» gl> ichc» ; machen nich dir beweglichen
Züge der leidenschaftlichen Zeitgcursscn und eigene Leidenschaft in?»
so betrachtet die rilliigcu Sesichtcr im Ayuensaal b» Geschichte.
Villemaln.

Frankreich zu Anfang deS siebzehnten Jahrhunderts. nicht sowohl die Gallier, olS die Römer in Gallien besiegt
zu haben. , .' , '
Ans dem gleichzeitigen Reisebericht eines Jezt ist daS alte Gallien in verschiedener Fürsten Ge
Schottländerö mitgethetlt biet getbeilt, und daS, waS die alten Franken behalten ha
von ben , führt den Namen Frankreich. Dieses Volk der
Franken ist durch Tapferkeit und HeldentKaten so ausge
Gustav Schwab zeichnet, daß eö nicht unverdient erscheint , wenn seine
Frankreich ist, nach seinen alten Gränzen gcschäzt, Schriftsteller, um ihren Stamm zu preisen, ein, nichtige,
bevnahe die größte Provinz Europa'S. Alles Land, was aber allgemein verbreitete Fabel benutzen, und sich Nach
vom Rheine, vom Scean, von den Pyrenäen und Alpen kommen und Ueberbleidsel der Trojaner nennen.
umschlossen ist, war Gallien. Und noch auf der andern Von allen westlichen -.'ändern ist dieses Land das ge
Seite der Alpen reichte es bis an den Rubico, und lastete segnetste; eS wetteifert in der Güte seines Bodens »tt
auf dieser Seite auf dem Nacken der Römer. Denn die dem Charakter und den Anlagen seiner Bewohner. Wein
und Getreide erzeugt daS Gefilde an allen Enden ; auch der
tapfersten Gallier drangen in Italien ein und verursach
Oelbauiu und daS edelste Obst, das rauhe Lust nicht ertragen
ten durch die Eroberung und Einäscherung Roms solchen
kau», bilden seine Zierde da, wo eS an die Alpen gränzt,
Schrecken, daß nachmals fcstgesezt ward, so oft die Gal
wo es sich dem liqurischen Meere zudehnt und vom nahen
lier einbrächen, sollten selbst Priester und Greise nicht frev
Weste» gewärmt wird. Keine Provinz anf Gottes Erdbo
vom Waffendienste sevn. Hinwiederum aber ward auch
Gallien von den Römern bezwungen, jedoch nur Thcil den gewährt »ach Mapgab? der Gränzeu den Einwohnern
so viele Reichthümer. Die Waareu fremder Handelsleute
für Theil und so, daß innerlicher Zwiespalt benuzt wurde.
Nie lernte es vereint seine Kräfte kennen und versuchte nimmt daS Land blos zu seinem Vergnügen auf, denn nur
der Lurus ist es, der die Seide, die von jenfeitS der Al
dieselben gegen Italien. Nachher brachen die Franken mit
ten aus Deutschland ein, und schienen Gallien in eine pen kommt, bev ihm in Aufnahme gebracht hat, und auf
die Kunstwerke deutschen Fleineö ist das reiche Volk nur
zweyte Sklavcrev stürzen zu wollen. Bald jedoch vermisch
aus Ueppigkeit aufmerksam qcwerde». Eine Ausnahme
ten sich die Sieger mit dem besiegten Volke und schienen
machen die englischen Vaaren, denn obgleich es auch die
ser eigentlich nicht bedarf, so gewähren ihm doch die
») S. Morgenbl. Nro. 6v. vollen Schiffsladungen derselben keinen geringen Nutzen;
5
das Bley, daS Zinn und der Safran, die aus England chelten, mit unbesonnener und schlaffer Gutmüthigkeit zn
kommen, dienen sowohl seinen täglichen Bedürfnissen als glauben. Dann bedienten sie sich des Sieges mit Aus
der höheren Eleganz. schweifung und trieben, der Sinncswcise >encr Völker ganz
Frankreich hingegen thcilt außer den, Ernten, 'mit zuwider, ihren Muthwillen; zulezt vergaßen sie der Waf
welches es der 'Unfruchtbarkeit Spaniens aushilft, o»ch fen oder blickten zurück nach ihttm Vatevlande , dessen
seine Weine der kälteren Nachbarschaft mit, und reich Ferne sie nicht lang ertragen können. Durch solche Feh
an Flachs und Hanf, liefert es den meisten Wölkern die ler wurden sie die Beute eben derjenigen, über welche sie
nöthigen Segeltücher, Ankertaue und was sonst von Seil- triumphirten, und den fröhlichen Anfang ihrer Kriege ver
werk zur Ausrüstung von Flotten gebraucht wird. Durch darb immer ein unglücklicher Ausgang.
diese und andere Naturgaben empfangt es mit reichlichem (Die Fortsetzung folgt.)
Ertrage das Gold, das es in seinen Metalladern nur
spärlich findet, so daß diejenigen, die dasselbe mit ängstli
cher, quälender Sorgfalt ansgrabcn und vom Ende der W a l d e r i ch's Söhne.
Welt herbeyschleppen, nur für Galliens Wohlstand Knechts- Won Spind l er.
dicnste zu leisten scheinen. ... ^. ^
In einem so ausgebreiteten, «lks einem so mannigfal (Beschluß.)
tigen Gewebe von Provinzen zusammcngesezten Gebiete hat Mit fliegenden Haaren stürzte Amalie herein, warf
die Woblthätigkcit der Natur kaum eine Erdscholle unfrucht sich «n Arthurs Lager nieder, küßte seine matt herabhän
baren oder ungcbautcn Bodens übrig gelassen, denn selbst gende Hand , benezte sie mit Thränen. „Du gehst von
einige ide Gegenden zwischen der Garonne und den Pyre hinnen , Arthur?" fragte sie schluchzend. „O, so scheide
näen sind weder unbewohnt,, noch unangenehm, sondern wenigstens nicht, ohne zn wissen, wie ich dich geliebt! Er
mit Fichtenwäldern bedeckt, deren Harz und Holz kostbar fahre wenigstens, daß das Recht, das ich diefem Entsetzli
ist; Vögel, die unter die Leckerbissen gcrechirct werden , chen eingeräumt, mich Braut zu nennen, keine trübe
fliegen schaarenwcisc auf, so daß jene Gegenden der Lnft Quelle hat! Mit deinem Tode springt die Fessel, die er
gerade fo viel verdanken , als ihnen der Sand von dem geschickt um mich gewunden. Sein Verbrechen , das mein
gehörigen Ertrage des Erdbodens entzogen hat. schaudernd Ohr erst jczt vernahm, trennt mich auf ewig
Frankreich gränzt an beyde Meere, es wird vom Ocean von ihm.". ' - »'' " '
bespült und von dem Theilc des Mittclmcercs, das von „Enthüllen Sie das Räthsel," bat hochaufathmend
der Meerenge zwischen Spanien und Afrika an bis nach Arthur, und alle lauschten.
Egypten die Länder trennt; eine vortreffliche Lage für „Ich bekenne vor aller Welt, nachdem ichs bisher Al
die Schifffahrt, die ihm erlaubte durch die Meere aller len verborgen," sagte Amalie, „daß Sie, Arthur, mein
Namen und an alle Küsten seine Handelsflotten zu ent Herz gerührt, so daß es fast gebrochen wäre in sehnsuchts
senden, wenn die Gallier sich mit eben dem Eifer an das vollem, hoffnungslosem Schweigen. Meine Mutter wählte
Seewesen gewöhnen könnten, wie an die Pferdezucht, Ihren Bruder, meine Tochterpflicht sagte Ja , und Freund
und wenn sie im Stande wären, weitaussehende Hoffnun schaft, wenn auch nicht Liebe, fühlte ich für den raschen,
gen eben so zu pflegen, wie sie sich an schnell erfüllbare edeln Mann. Da betrat jener Teufel in der Unschuldge-
machen. stalt unser Haus. Den Zwist der Brüder benutzend, be
Das ganze Volk der Franzosen zeigt große Liebe und thörte er die Mutter und mich. Den noch immer Gelieb
unbedingten Gehorsam gegen den Herrfcher. Dort ist das ten vor dem Tode zu retten, willigte ich in der Mutter
wahre Königthum zu Hanfe, und für einen Frevel wird Wunsch, die dem Ärmgewordencn die Thüre wies. Nach
gehalten , sich nur zu besinnen , wie viel dem König er dem Sterben meiner Mutter boten Sie mir Ihre Hand,
laubt sev. Es ist ein in den Waffen tüchtiges Geschlecht, Arthur, aus Edclmuth ohne Zweifel. Die Freude pochte
doch rüstiger im Kampfe zu Roß ; die Treulosigkeit kennt an mein Herz, aber ich bezwang mich, meines Unrechts
eS nicht, besonders in öffentlichen Entschlüssen; auf sich gegen den früheren Bewerber, der noch lebte, bewußt.
selbst beschränkt, ist es eine unbezwungenc Masse, strömt Mit blutender Brust verschmähte ich den Gclicbtcren, um
es aber über nach außen, so vergißt es gar bald seine Kraft; gegen Beyde gerecht zu scyn. Der Doktor trat ziemlich
daher hat eö auswärtige Gewalt nie lange geübt und ist offen an Ihre Stelle. Dem Vormund hielt er seine Nei
nur zu seinem eigenen Verderben mächtig. Oberitalien, gung geheim, mir entdeckte er sie fruchtlos. Mein Ver
Neapel, Sicilien, eine Menge anderer Länder haben sie trauen hatte der redlich Scheinende gewonnen, meine
dnrch häufige Siege unterworfen. Bald aber fingen sie Liebe war nur Einem geweiht. Endlich überlistete er
an, die halb unterjochten Feinde zuversichtlicher, als klug mich. Von meinem Vormund, der mir Alles wvhlbedäch-
war, zu verachten, oder ihnen, wenn sie Gehorsam heu- tig verschwiegen, hatte er vernommen, daß um meinet
willen die Brüder sich zu schlagen begehrten ; er hinter: schritten. Die Familie Walderich erbaute dem Gestorbe
brachte mirö ; es erfüllte Angst und Schmerz meine Seele. nen ein prunke » beS Denkmal auf dem Friedhofe der
Ich flehte den Doktor an, seine Freundschaft zu benutzen, Stadt, aber sein Angedenken wird freundlicher erkalten
die Zornentbrannten zu trennen , eke noch Blut geflossen. werden in der Saqe deS VottS, das ArtburS Bruder
Hätte ich es doch dem Vormund mirgetheilt! allein ich liebe elegisch besingt in einfachen, eigenthümlichen Weisen.
hielt ihn für unwissend in der Sache und fürchtete seine Auf seinem Hügel sisen die Eltern mit ihren Kindern,
Vorwürfe, eine Beschimpfung meiner Familie. Oggtt und prägen den lauschenden Geschwistern daS große Bei
versprach, die Sacke bepzulcgen, forderte jedoch olS Lohn spiel brüderlicher Eintracht und Aufopferung ein. Na
feiner Bemühung meine Hand. „Sie lieben ," sagte der hen sich alsdann Frevherr Maximilian und seine Gat
Abscheuliche, „Arthur »der Maninil,«,,, vielleicht Beydc ; tin Amalie und ihre Söhne, um mit feuchten Augen le
Sie wollen nickt . daß Siner sterbe, aber Sie bear«fcn, benswarme .Kränze um den kalten Aschenkrng zu winden,
daß Sie für Bevdc verloren fevn müssen , indem die Ver so entfernt sich theilnehmend d,s Volk, um ihnen Plad
bindung deö Einen der Tod des Andern ist. Nach einem zn machen. Vor der Kirchhofsmaucr schaut jedoch ein
solchen Eclat nun wird sich nicht leicht ein Frcncr finden. Jeder scheu zur Seite nach einem einsamen , kahlen Hü
Wählen Sie daher mich, und halten wir die Verbindung gel, und ein Jeder schlägt verstohlen ein Kreuz. Dort
geheim, bis Sie die Volljährigkeit erreicht, weil Ihr Vor schläft , gebändigt , still und Verlassen , der Doktor.
mund ein entschiedener Feind von Mesalliancen ist. Nur
u», diesen Preis verhüte ich ei» Unglück !" Ich gab mein
Wort, und schweige über alles Folgende, wie mich Mari- Um Mitternacht.
milians neue Bewerbung überraschte, Arthurs Scelengröße Gelassen stieg die Nacht auS Land,
entzückte, wie ich zögerte, aufschob ... bis heute; o kein Hängt träumend an der Berge Wand ;
Wort mehr ! Bin ich aber vor dir gerechtfertigt, lieber Ihr Auge siebt die goldne Wage nun
Sterbender?' Der Zeit in gleichen Schaaken stille rubn.
„An diesem rcinm Wesen scheiterte deine Verführung, Und kecker rauschen die Quellen hervor,
Sie singen der Nackt, der Mutter, ins Ohr
Elender!" donnerte den, Doktor der Esthländcr zn, und Vom Tage!
auf einen Wink Arthurs entfernte man den Unmenschen Vom heute gewesenen Tage!
aus dem stillen Kreise, um seine früheren Unthaten zu be DaS uralt alte Schlummerlied,
gründen und zu bewahrheiten. Sie acktet's nickt, sie ist es müd'.
Arthur richtete sich mühsam auf, fah mit hellen Au Ihr klingt des Himmels Bläue süßer nock.
Der flückt'gen Stunden gleichgesckwung'ne» J«ck;
gen Amalien an , drückte schwach ihre Hand und sagte : Dock immer behalten die Quellen daS Wort,
„Weinet nicht um mich, meine Lieben alle, und heißet Es sprechen die Wasser im Schlafe noch fort
mich nicht unglücklich, weil ich früher hingehe denn ihr! Vom Tage!
Ich bin ja glücklich , denn ich erfuhr noch die Liebe dieses Vom heute gewesenen Tage!
Engels. Ich bin glücklich , denn ich gebe ja mein LezteS, Eduard Moerike.
mein Alles , mein Leben für dich, mein Maximilian. Er
kenne mich doch ohne allen Argwohn für deinen guten
Bruder und liebe mich über das G«b hinaus! Besuche Kor respoudenz- Nachrichten.
nicht darum meine Nuhestätte, weil du mein einziger Erbe Leipzig, im April.
(Fortsevuna.)
bist, sondern weil ich für dich gestorben bin, und nichts Im zwrhten Aufzuge sind die schönsten Musikstücke, welche
freudiger thnn konnte alö dieses, und wieder nichts Hö allgemein entschiedenen ?n?fatl gefunden Kaden. Er beginnt
heres als dieses. Denke, dir sey jezt die Mutter erst ge mit de« au« voller Brust Kervorstreinenden Tönen der Fröl'«
storben, »ud dir, Amalie, der Bruder." lichkeit (Ctwr der Trinkenden) , alle« gebt lustig durch einan
der wie be« den Trinkgelagen, die im« bildlich die niederlän
„Ach, die Mutter!" seufzte, in Thränen ausgelost, dischen Meister geschildert haben , und steigert sich mit nngenici:
der Bruder, und betrachtete und küßte wchmllthig die im «er Kraft, darauf folgt die liebliche Arictte der ländlichen
mer verklärter schimmernden Aüge Arthurs, dessen Augen Braut, (Nr. ,1.) welche iliren Bräutigam grollend erwartet;
zugingen , wie die cirus Schlafenden , und dessen ruhiger dann die «in lei.se« Grauen erweckende Romanze derselben,
(Nr. l?<) welche »om Vampur bandelt, imd welche der Ro
Mund noch im Scheiden die Worve lispelte: ,.Segen mit manze von der weiften Dame In der k7per Kiest« Namen« in
euch, die ihr mein Leben erfreutet! Segen mit mir, e>gen«k»'»»l>chN- Vchönlieit ncyenüberftkl't. Da« dann folgende
den ihr geliebt! Segen auch mit dem Unglücklichen, der Terzett, in welchem Rntl'vcn Georg« Braut durch Schmeichele«
mich heute schon ins Todtenreich gerufen, denn sc!» Ruf «n sich zieht , dieser aber »o« Ferne mit komischem Aergrr zu
sieht, ist eine« der reizendsten Musikstücke und bat einen scbö-
ist sanft, und nicht rauh die Pforte zum Jenseits !" ttcn melodische» Fluß, wie man i„n in neuern Opernslnrkcn
Und er hatte sie mit einem leichten Athemzuge über selten findet , ohne der Bedeutsamkeit der Harmonie etwa« ,„
4?6
vergeben. Ii! d«n kann folgenden Stücke hat der Komponist Rom, Mai.
für dc» bedeutenden !1.'io,nent , wo Lord Ruthvcn den Zustand
eines Vampprs schildert, ein durch kräftige Deklamation und (Beschluß.)
durch Koloriruttg der Instrumentalbegleitung gleich ausgezeich
netes . ja meisterhafte« Recitativ geschaffen < welches von Ge Erste Aktrice ist die Iuternari , welche schon früher hier
nast sehr wacker vorgetragen , den ergreifendsten Eindruck her engagirt war. ES ist sonderbar, daß die vorzüglichste Al tsän-
vorbrachte. Das Duett, in welchem der Vamppr Eunnp mit gerin Italien«, die Pisaroni (jezt in Pari«), und die vorzüg-
sich fortzieht: „leise dort zur ferne» Laube :c." ist wiederum lichste rccitirende Schauspielerin . die Jntcrnari , ohne Zweifel
sehr tief gegriffen , und vielleicht da« reizendste Musikstück. Ein die häßlichste» Personen ihres Lande« sind, ei» Umstand, der
gekeimnißvolles Granen »lischt sich in das Verlangen. Das dem Gcschmacle der Italiener und der Achtung , welche sie, abs
einfache (vierstnnmige) Trinklied, was darauf folgt : „im Herbst gcsehe» von allen blos körperlichen Vorzügen, dem Talente zol-
muß man trinken," sprach sogleich an. und muiitc bep meh len, die größte EKre macht. Die Jntcrnari bat das Unglück
reren wiederholten Aufführungen der Oper zwepmal gesungen gehabt, daß ihr ein Kcrabfallender Vorliong da« Nasenbein zer
werben ; auch ist cS schon in den Mund dcS Volks übergegan schmettert und iKr Gesicht bis zur Häßlichkeit entstellt hat.
gen. Das hierauf folgende Quintett zeigt des Komponistcu Diese Schauspielerin ist unstreitig eine der wenigen Künstlerinnen
glückliche Anlage für das Komische, es erreicht in dem Lach Italiens , welche sich nicht blo« dem Instinkte oder der monien-
chor den höchste» Grad ausgelassener Fröhlichkeit, und wirkte tauen Eingcbimq hingeben . sondern auch rcflekriren und des
immer unwiderstehlich auf das Publikum; um fo greller tritt rechnen. Im übrigen Europa wäre bieß wirklich eine gute Ei»
darauf der Tranerchor ein, wo die Musik wohl auch den Ue- genschaft , in Italien , wo die Naturen so vortrefflich organisirt
bergang dramatisch hätte bewirken sollen. Das Finale der sind, daß sie der Kunst entbcliren könne», möchte im Allgemeinen
Oper hat dramatische Bewegung, doch wird die Entwicklung erst noch darüber gestritten werden könne», ob ein Bischen Kuiist
zu lange aufgehalten. »»bcinBischcnNaturzn clwasAndcrcin als zur Affcktation führe»
Der Komponist veranstaltet jezt de» Klavicrauszug der kann. Der Rest der Truppe ist l'öchfl mittelmäßig, um nicht schlecht
Oper, vou welchem der Verleger (Fr. Hofmeister) schon ein zu sagen. Die dargestellten Stücke beweisen, wie mit jedem Jah
zelne beliebte Stücke (Ouvertüre. Enmws Arictte und Ro re . ja niit jeder Theatcrzcit, auch in Italic» dem Publikum
manze Nr. lt und Z2, eine Arie Aubrps Nr. 1Z, und das der elende Gcschinack an den Melodramen und an ähnliche»
angeführte Trinklied) in dieser Messe ausgegeben hat. Wahr Mißgeburten immer mel>r aufgedrungen wirb, denn man
scheinlich wird diese Oper, welche übrigens ein gutes Orchester sieht offenbar den Eckel, dc» die Zuschauer davor empfinden, und
und Singpersonal erfordert, bald auf mehreren Theatern er wie sie sich gegen eine Gattung sträuben , welche mit ihrem
scheinen. Wolköcharaktcr so wenig übereinstimmt. Man dürfte in die
Was die Aufführung anlangt, so war dieselbe besonder« sem Widerwillen des Publikums gegen dergleichen Stücke und
von Seite» des Orchester« sehr gelungen. Herr Musikdirektor in der Beharrlichkeit der Direktionen, sie anfznführcn , einen
Marschner hatte die Proben selbst geleitet und die Direktion in Widerspruch finden wollen ; er ist aber leicht zu lösen. Meist
der ersten Aufführung übernommen. Jlim wurde die in diesem sind diese Stücke aus dein Französischen Kbcrsczt »ud dann,
Falle seltene Ehre zu Thcil, hcrvorgerufc» zu werde». Unter wenigstens iu ihrem äußern Zuschnitte, auf Wirkung berech
dc» Darstellern zeichnete sich Hr. Genast als Vainpyr auS. net, auch entwickelt sich nicht selten eine gewisse, wcnn auch nur
Sein gewandte« Spiel vereinigte sich mit guter Recitation. robe Kraft , mitunter sogar Leidenschaftlichkeit barin . lauter
Den Darstellern diese« Unholds , der hier die Hauptfigur ist, Reizmittel , von welchen das Publikum nicht allein zum erste»
ist für die Zukunft zu rathen , das Gräßliche nicht zu sehr in Male angezogen , sonder» auch , obgleich augceckclt . in d»
das Acusicre zu legen, da Lord Rull'vcu zufolge dcrErzählung Hoffnung , daß die folgende» Male der Auswuchs ausgemerzt
einen zwar beum ersten Augenblicke uncrklärliche» Schauer ein scn» werbe, zum Wiederkommen eingeladen wir!?. An ver
floßt , aber doch als ein äußerlich liebenswürdiger Man» er nünftig en Stücken , an Stückcn. wo der Konflikt gegensei
scheinen soll. tiger Charaktere oder gegenseitiger Interessen wirksame Sccncn
Mir den lcztcn Tagen der Ostcrmcsse ging auch die Thea- schßfft , und wo die Komik aus den Situationen und nicht auS
tertttttcrnehmnng des Hofrath Küstncr zu Ende. Die Haupt- den Worten . am wenigsten aber aus elenden Wortspiele» her
Vorstellungen während derselben waren außer > „Ovcron" (die vorgeht, gebricht es i» Italien wie in Deutschland. Italien
lczte Vorstellung dieser Oper war die 4Zste) und der „weißen hat seinen Goldoni , aber wen hat Deutschland ? Goldoni wird
Dame/' der „Vamppr," der „Maurer," (in welchem Singspiel auch von ganz Italien geliebt, verehrt, und seine Stücke er
Frau v. Zictcn von glüttlichcn Fortschritten ihrer GcsaUqCbil- regen noch innner -einen wahren Enthusiasmus , aber sie wol
Dung Beweise gab) „Hans Sachs" und „Hermann und Doro len gespielt sev». Dieß ist ein zwcvtcr. noch triftigerer Grund,
thea." In einem Festspiel von W. Gerlmrd, die „Wiegen- warum die Direktionen zu dc» Melodramen greifen, in welche»
Weihe" betitelt, wurde die erfreuliche Geburt eines kdnigl. auch der armseligste Stümper, wen» er nur brave Lungen
sächsischen Prinzen , Friedrich August Albert, auch auf unscrer hat , mitspiclcn kann. Sin solche« vernünftige« Stück , beti
Bühne gefeuert. Die lezte Vorstellung dieser Unternehmung telt „>'4mbi»i«,«." (die „Ehrsüchtige,") vom bekannt«, Ad
wird Sonntag den jl. Mai stattfinden, und dazu Ealde- vokaten Nota, ist in diesen Tagen gegeben worden, und hat,
rons „Leben ein Traum" gegeben werben. obgleich nur von der Jntcrnari und Vestri gut gespielt , die
Auch die Kiesige» Aboimemcntökonzertc wurden für diese« größte Sensation gemacht, welche dadurch am sichtbarsten
Mal in der Ostcrmcsse geschlossen. Sämmtljchc HaupNvcrke geworden ist . daß . obgleich da« Stück bi« zwen und ein halb
Beethovens waren in diesem Abonnement aufgeführt worden. UKr n?ch Mitternacht dauerte . nur sehr wenige Personen vor
Seine lezte große Symphonie mit de», Chore wurde dieftmal Ende desselben das Theater verlassc» haben. ,» ? ,
wieder vollständig gegeben. Unser Unheil ist aber, obgleich
die Aufführung um vieles ausgearbeiteter war als die frü ! , , i . ,.4 ," ^
here, im Wesentlichen dasselbe geblieben.
, , (Die Fortsetzung folgt.) Beplag e: LiteraturblaN Nr. 42.
.. ' . . . . 'i'< . '
125.

M o r g e n b l a t t

für

gebildete Stände.

Sonnabend, 24. Mai 1823.

Sckidner qrtt»: des Lorbeer« Ranke,


Dir dein Scheitet tr.iqt.
Wenn der Frevbeit Hochgedonke
Deine Brust bewegt.
Wagner.

Wieland an Archenholz. haben. Ich schreibe nicht gerne für noch wider die Könige,
<zu>« NOK ««»ci« reziku» «»e »««UI j aber die Zeit
Weimar, t?»s. wird daö Wenige, was ich gesagt habe, bald genug über-
Alle Anscheinungen müßten mich sehr betrügen, wenn flülllg und nur zuviel rechtfertigen. Ich meines Orts ma
es nicht Ihr guter Genius war, der Ihre Wahl eines che keine Ansprüche an die Könige , und erwarte um so
Wohnorts für Hamburg bestimmte. Außer vielen an weniger von ihnen, da ich nichts um sie verdient zu ha
dern Vortheilen, die ich nicht zu nennen brauche, so Sie ben glaube. Aber dafür, daß ich kein Unterthan dessen,
dabcp gewinnen, scheint mir der einzige Umstand, daß von dem die Rede ist, geboren bin, dafür danke ich mei
man in H. Luft der Freyheit «thmet, für einen nem Schicksal.
Geist wie der Ihrige und für einen Schriftsteller, der Joseph haben Sie vermuthlich zu Wien selbst gesehen,
auf das k«ri «e»!i,t (wie billig) einen so hohen Werth wiewohl Sie mir nichts davon schreiben. Ich wünsche Ih
legt, sehr wesentlich zu sevn. Ich bin, wie Sie wissen, rer Bittschrift den rühmlichsten Erfolg , getraue mir aber
kein Frevgcist in dem Sinuc, worin man dtt'ß Wort nimmt, nicht, Ihnen viel Erfreuliches darüber zu weissage», zumal
wenn es ein Schimpfwort sevn soll ; aber ich bin über, da Sie mir sagen, es sey die kühnste, die vielleicht feit
zeugt, daß ohne gänzliche Frevheit der Vernunft, Cäsar Augusts Zeiten an einen seiner Nachfolger gestellt
und ohne soviel k>e°ckon» «sWii «nck ttumour, als mit den worden. In der Thot, liebster Freund, ich begreife nicht,
Gesetzen der Wvhlanständiqkcit und den Prinzipien aller wie Sie sich oder der Literatur von einem solchen Mit
bürgerlichen Gesellschaft bestehen kann, nichts Gutes un tel etwas versprechen können. Henri iv. ist der einzige
ter den Menschen gedeihen kann. mir bekannte Monarch, dem der einzige Sullv auch un
Sie sprechen mir, liebster Archenholz, von einem die angenehme Wahrheiten, zuweilen mit der größten Kühn
deutschen Musen liebenden Könige, und steinen heit sagen durste; aber ich kenne unter allen Fürsten von
sich von diesem Geschöpfe Ihrer Imagination viel Herrli Nimrod an nur einen einzigen Henri rv.
ches für das Schicksal der deutschen Literatur zu verspre
chen. Ich schreibe dicß auf die Rechnung derrosenfarbeneu Was sagen Sie dazu, mein liebster Freund, daß ich
Einbildungskraft cineS Bräutigams, der in «cht Tagen mich, j« «» »»>» ?»» 'evx kommen! , auch in die dermaligt
Hochzeit zu machen gedenkt, oder Sic müßten sich im Na Anti-Maurerische und Anti Jesuitische Debatten habe hin,
men geirrt und etwa dcn König Endvmion im Mond, ei einziehen lassen? Doch ich konnte es gewissermaßen nicht
nen guten Bekannten meines Freundes Lucian, gcmevnt vermeiden, und ich bin wirklich in »ollem Ernst einer
498.
von denen, die es für Pflicht halten , Porthev gegen Al Frankreich zu Anfang des siebzehnten Jahrhunderts.
les, was sich in Mysterien einhüllt und unter Grund ar
beitet, zu nehmen, und die Aufdeckung des großen (Fortsetzung.)
«> i«iqui„>i, , die immer näher herbepkommt, beschleuni Es gibt keine Sterblichen , die mehr zu zierlich schö
gen zu helfen. Die Sache scheint mir zu einer entschei ner Männlichkeit geschaffen wären als die Franzosen. Sie
denden Krisis reif zu feyn. zeichnet ein Ausdruck von Unerschrockenheit in der Miene
Ohne Zweifel , lieber Archenholz, werden Sie bey ei und ein Anstand in Geberden und Bewegungen aus, der
ner zwevtcn Auflage Ihrer Briefe über England im An sich auf den ganzen Körper erstreckt. Und dieser äußere
fang des vierzehnten Abschnitts wo >nichr einige Verän Schmuck ziert das Verdienst großer Männer, kleinen See
derungen, doch wenigstens Erläuterungen und len hingegen dient er zu einer Art von Schminke, gleich
nähere Bestimmungen dessen, was Sie von der sam zu einem natürlichen Bollwerke, hinter dem sie die
schrecklichen Lage, worin sich dieses Reich befinde, ge eigne Niedrigkeit verbergen oder mildern. So ganz zur
sagt haben, für dienlich halten. Ich las z.B. nicht gern Artigkeit geschaffen, mögen sie «us der endlosen, stets
die Worte: Die Epoche deö brittischen Flors wechselnden Reihe ihrer Moden, wie aus einer unerschöpf
ist indessen unwiederbringlich vorüber. Alle lichen Vorratskammer, eine Kleidung hcrvvrsuchen, wel
Probleme, die in dieses Fach gehören, scheinen mir viel che sie wollen, mögen zu beliebigem, künstlichem Gruße
zu komplicirt und das, was einer solchen Nation mög ihren geschmeidigen Körper beugen, immer wird man
lich ist, zu inkommensurabel zu seyn, als daß man,' meynen, nichts sey natürlicher, nichts passender als eben
auch mit der eractcsten Kenntnis, der Sachen , sich so gar jene Mode. Die Nachbarvölker aber, von einem lächer
positiv ausdrücken dürfte, ohne die Gefahr aller Prophe lichen Jrrthume betrogen, glanben durch die bunte Nach
ten zn laufen, die ihre Weissagungen früher als die Eve- ahmung derselben Kleider und Bewegungen sich auch ih
nemens sich wirklich ereignet, von sich gegeben haben. Es re» Sitten zu nähern; sie wissen nicht, daß durch die
scheint mir nichts weniger als unmöglich , daß eine große Macht der Anmuth und der Grazie bey gewissen Men
'Srertion des National-Patriotismus , wofern dieser je schen Alles eine» und denselben Charakter gewinnt. Al
mals in der Folge der Zeit, durch große Veranlassungen les gefällt, bey andern hingegen , denen die Natur eine
«ufgeschürt, in ein allgemeines Feuer ausbrechen sollte, solche Beweglichkeit im Acußern versagt hat, die Nachah
Mittel und Wege zu Wiedererlangung des imxerii n>»ris mung und Affektation derselben Anmuth lächerlich und wi
fourniren könnte, über welche die Welt erstaunen würde. derwärtig wird. Denn Tugenden und Laster, überhaupt
Ein freyes Volk, bey dem der Privatrcichthum so unge Zustände, die ihren Grund in der Tiefe des Gcmüthes
heuer groß ist, sollte, dächte ich, nie verarmen können. selbst haben, können von uns ohne besonders mühsame
Was für eine immense Snmme müßte z. B. herauskom Verstellung geheuchelt werden, weil unsere Gesinnung ih
men, wenn sich in einem Nothfalle des Staats alle rei rer Wurzel nach in so tiefen Schlupfwinkeln der Seele
che Leute in England entschlössen, zehn Jahre lang aus sich verbirgt, daß nicht leicht einer entdecken wird, ob die
Fayence zu essen und alles ihr Silbergeschirr in die Münze Geniüthöbewcgungen, die wir blicken lassen, wahr oder
zuschicken? Entweder sind die Engländer die energischen für den Augenblick erdichtet sind ; so wird es einem leicht
Menschen nicht, wofür wir sie zu halten Ursache haben, werden Demut» zu heucheln, so Haß, Liebe, Frömmig
oder sie müssen solcher Efferts sähig sevn , zumal da sie keit; hingegen von demjenigen, was nicht blos von der
sehr sicher sevn könnten , dnrch solche Schritte Alles wie Herrschaft der Seele, sondern auch von der sichtbaren
der zn gewinnen. Weisen Sie mich zurccht, lieber Freund, Schmiegsamkeit und Nachgiebigkeit des Körpers abhängt,
wenn ich ertravagiere. von dem wirst du, wenn die Natur dir widerstrebt, kein
lebendiges Bild auf dich übertragen können. In diese
Den zweyten Heft der Thalia habe ich noch nicht ge
sehen, zweifle aber nicht, daß die darin befindlichen Schil- Klasse gehört Gewandtheit und äußerlicher Anstand, an-
lerschcn Gedichte mir eben so wie Ihnen gefallen werden. mnthigc Leichtigkeit im Scherzen, dann jede Art von
Die lorische Poesie mag wohl das wahre Fach dieses Man Beredsamkeit, die ihren Sitz nicht im Herzen, sondern
nes seyn, dessen Kopf viel zu warm für das Dramati cinf dem Rande der Lippen hat: dicß Alles ist in Frank
sche ist. reich dnrch Natur und Gewohnheit zur Virtuosität ge
diehen; du aber wirst dich vergebens bestreben, dassel
Wieland. be dnrch Nachahmung zu erreichen, wenn dein Genius
nickt von selbst durch die Anlage dich dafür empfänglich ge
macht hat.
Im Ucbrigen kann die Welt der französischen Gast
lichkeit nie genug Dank wissen; denn sie Icheint einen
49?
Tempel der Menschlichkeit zu eröffnen, in welchen sich das ten, indem er sie bev der kläglichen Bedringniß ihrer
Glück aller Auswärtigen flüchten darf. Sie schäzt an den Vermögensumstände treibt, in den Unruhen ihr Gewerbe
Menschen den Geist, nicht das Vaterland, und tbeilt zu suchen, so daß sie bald durch öffentliche Gewalthandlun
uicht den Jrrthnm anderer Länder, die an Fremdlingen gen, bald durch geKeime Frevel schimpfliche Armuth von
und Bevsassen das LooS ibrer Geburt bestrafen. Mit rei sich zu entfernen bestrebt sind. Der Handel steht bev ih
ner und ungeschminkter Liebe zurTngend bewundert Frank- nen nicht in der Ehre, die ihm als einer höchst nützliche»
reich ohne Neid ausgezeichnete Männer, woher sie stam Sacke gebührt, als dem ersten Mittel, durch welches Huma
men mögen, unterstüzt sie gern aus seinem Uebcrfluß, nität über die Erde verbreitet wird ; und so schämt sich
und trägt als Lohn seiner großen Menschenfreundlichkeit das benachbarte Italien desselben nicht, das seine Schätze
einmal den öffentlichen Ruhm eines solchen Betragens da- gerade durch den Handel unker die edelsten Familien ver-
von, dann auch das Geld und den Ruf so vieler Fremd thcilt. Auch England glaubt edles Blut durch jenen Pe
linge, die durch keine unwürdige und uu»»tze Adoption nis nicht geschändet. In Frankreich hingegen scheuen nicht
Mitglieder der gallischen Familie werden. Auch haben nur die alten Geschlechter diesen Austausch des Nutzens,
diese Gäste dort nicht nothig, ihre vaterländischen Sitten sondern als ob die Handelsleuke sich ihrer sewst schämten,
zu verlernen oder sie nach dem Muster der französischen bestimmen auch diese, sobald daS Glück sie begünstigt hat,
zu modeln ; nur Ucbermnth oder barbarischer Mangel an ihre Söhne sogleich zu einer andern Lebensweise, undhcis-
aller Bildung muß ferne bleiben. Denn gerade dadurch, sen sie einen andern, größern Schauplatz für ihr Leben
daß man sich öffentlich zu fremder Sitte bekennt, wird suchen, als der väterliche war.
man das Interesse des neugierigen Volkes rege machen, Nirgends aber kann man die Eitelkeit nnd de» boch-
das mit weniger Vorurtheil über Fremdes urtheilt als strebenden Geist der Franzosen wirksamer sehen, als in
über Eigenes, und selbst Unarten und Untugenden, wenn der Bewerbung um Ebrrustcllen, von welchen beharrlicher
sie nur aus der Fremde kommen, für eine Tugend anrech- Diensthandel daS Verdienst der Armen schon lauge ausge
»et. Denn «fr sah ich dort, daß die Beredsamkeit eines schlossen hat. Ihre Familien erschöpfen, Schulden machen,
fremden Menschen, wenn er noch so oft in der Sprache Geld und Kredit vergeuden, alles däucht ihnen ehrlich,
irrte , Lob erhielt , und daß man eine große Meviumg wenn sie nur den Vorzug eines eiteln Titels erhalten, oder
von seiner Weisheit hegte , weil man ihn nicht verstand. ein Amt davon tragen können, daS den Ruin ihres HanS-
Das gemeine Volk hat einen ungeheuchclten Respekt wesenö durch verstohlene Einnahmen wieder gut macht.
vor den Reicheren , der nicht blvs von Furcht oder von Und eS leidet keinen Zweifel, daß diese Titelsucht, wenn
altem Herkommen abzuleiten ist ; hinwiederum werden die sie uicht in sich selbst untergeht, zulczt Senate, Gerichts
Großen des Reichs auf gleiche Weise von jenen geehrt, die höfe, Präsekturcn niit unedlem Blute und niederträchtigen
nicht den gleichen Vorzug des Ansebens und des Geschlechts-, Gesinnungen beflecken wird.
adels haben. Nur Stolz und Ucbcrmnth ertragen sie (Der Beschluß folgt.)
nicht; sobald du dich als Despot geberdest, errötben
sie über ikre Knechtschaft. Freundlichkeit, die mit künst
lich heiterer Stirne, mit gnädigem Leuchten der Augen, Winter nacht.
mit vertraulicher Rede schmeichelt, wird die Seite der Im tiefen Schlummer lag ich
Großwürdenträger sicherer mit Clienten umgeben , als die In fü5er LeibeSnch',
Größe ihrer Macht eS tbun kann. Alle Schätze, ja das Da fliegt heran der Wintersturm
Blut selbst gilt ihnen weniger <ll? die Ehre. Hauptsächlich Und brauser ab und zu.
des Adels .hochmuth wächst oft zu seinem und deS Vater: Von meinem Bette reißt er
landes Verderben , während selbst die Erfahrung der Ar- Den holden Schlaf mit Macht;
Auf Flügeln führt er ihn KinauS
muth keinem von ihnen erlaubt, durch Handel ober Fabri Weil in die schaurige Nacht.
ken einträglichen Erwerb zu suchen. Sie lieben es, mit Von Wunder kann ich sage»
Verkehrtem Ehrgeize der Größe ihrer Ahnen nachzueifern, Bev diesem Mißgeschick;
und glauben das Blut ihres Stammes werde befleckt, wenn Mir blieb der kleine Engel Traum
sie durch ihre Lebensweise sich dem Volke näher». So Iezt ohne Schlaf zurück.
trösten sie sich selbst unter den bittersten Sorgen des Le De» kümmert nicht das Stürme»,
bens mit ihrem eiteln Adelstitel und mir dem Glanz ei Wie laut es brausen mag;
nes vornehmen Müßigganges. Und doch befleckt sich die Er malr nur fort und immerfort
An seinem Frühlingstag.
ser hochfahrende Geist, fo ftkr sie sich darin gefallen, fo A. Schöll.
fehr sie von beschimpfendem Schmnz aller Art sich ferne
dünken, zuweilen mit bcvnahe uothweudigcn Schandth«-
Zoo
Korrespondenz-Nachrichten. bey Probst. Das wahrhaft gediegene Pianofvrtekonzert von
Leipzig, Mai. MvscheleS z n>«II (58 Oo,) in Stimme» »nd im Arrange
(Beschluß.) ment bcsizt nun Haslinger , der auch ein Konzert auS c ckur
Die Messe, welche in diesen Tagen zu Ende' gebt, hat von PixiS bringt. In der leichteren Gattung der Pianosorte:
de» Erwartungen , die man in Hinsicht des Handels von ihr kvmpositioncn rivalisircn «och Ka lkbr enn e r (von der voll«
hatte , n i ch t entsprochen. Der Verklär der Buchhändler aber ständigen Sammlung seiner Werke lieferte Probst das siebte
schien belebter als je , und es sollen fünfzig Buchhandlungen Heft in eiuer sehr eleganten Ausgabe) und PixiS (Variatio,
mehr als in der »ergangenen Jubilaremesse gegenwärtig gewe« ncn auf ein euglischcs Lied lieferte Haßlinger), ferner Herz
scn seyn. Die bildende Kunst, vornehmlich die Malere«, ging und Czetny. Herz scheint jedoch mit seinen eleganten Pot
bicßmal fast leer aus. indem der Knnsthandcl nur wenig brachte. pourris und Rondeaux-Variationen nicht so lange in der Mode
Andere Sehenswürdigkeiten der Messe gab es fast nicht; zu bleiben als Ezcrny, der in seiner bedeutenden Fruchtbar«
das Meiste, was sich in den Buden zeigte, warschon oft besser kcit immer »och einen großen Vorrath schöner Melodie» zeigt.
da gewesen. Für die größte Merkwürdigkeit auf der Messe Dicß beweist vornehmlich seine bc» Probst unter dem Titel
hielt man das Spiel des Virtuosen Hindle aus Wir» auf dem Oee«mer«n herausgegebene Sammlung, in welcher mehrere
Contrebasse, den er seltsamer Weise alö Soloinstrumcnt mit vierhändig« Variationen ausgezeichnet schön sind. Gegcnwär»
staunenerrcgenber Fertigkeit spielt, und man muß auch gestehen mit tig erwirbt er sich auch um die Anfänger im Pianosrrtespicl
Geschmack behandelt. Sein Vortrag von Variationen im lcz« ein anzuerkennendes Verdienst, namentlich durch seine 2»0
ten Abonnemcnlskonzertc fand ungemeinen Bcyfall. Er gab Ucbungsflücke mit Fingcrsclzung (in vier Heften bey Haßlinger
darauf ein eigenes, und was jczt eine Seltenheit ist. sel>r b e such- in Wien erschienen) und dnrch seine drey leichteren Sonaten (bey
tes Konzert, welches sich auch durch niedrere andere Leist»«» Probst). Für schon g e b i l b e t e Klavierspieler hat M o s ch e»
gm auszeichnete. Herr Prombcrger aus Wien produzirte nebm- l e s das zweytc Heft seiner Studien geschrieben. Nächsten«
lich in demselben daö von seinem Vater gebantc Pianoforte. erscheint nun auch des PianofortcmeiflerS Hummel große
genannt Sirenion , welches seiner angenehmen, wenig Raum Pianosorteschule oder ausführliche theoretisch praktische Anweisung
erfordernden Form wegen, die vor den bisher bekannten, auf zum Pianofortcspicl vom ersten Elementarunterrichte an bis zur
recht stehenden Instrumenten noch dcs^Rorzug verdient, Bcyfall vollkommensten Ausbildung, aufweiche man mit vier Rthlr. prä-
gefunden hat. Er spiclte darauf V^ationc» von MoschelcS nmncrirt. Von kleinen interessante» Pianofortestückcn sind zu
mit bedeutender Fertigkeit. Der Ton ist stärker, als man auf empfehlen mehrere neue Werke des originellen, oft aber auch
de» ersten Anblick glauben sollte , aber im Basse nicht von glei Originalität suchenden Franz Schubert, z. B. sein Impromptu
cher Kraft mit der Mitte. In demselben Konzerte trat der (bey Haßlinger), seine Polonaise « t m»i»5 (75, Werk, Wien
junge geniale Biolinspieler Wallenstcin aus Dresden auf, und bey Diabclli) , die brillanten Walzer von Rcißiger (bey Probst),
spielte ein Concertino für die Violine von Pechatscheck; Kraft die Ronbinos von Lickl , und drey Notturnos von O. Claudius
und Geschmack, mit Feinheit verbunden , zeichnen ihn vor vie (bey Breitkopf und Härtel) ; Licdcrkompositionen erscheinen
len Talenten seines Alters ouS. Herr Hindle war in dem Cou- neuerdings sehr wenige, »nd unter ihnen gckörcn die von
certino von Rombcrg nicht ganz glücklich, denn von dem Franz Schubert (bey Haßlinger) und einige von Kreuzer
Glücke hängen berlcy Produktionen auch ab, glücklicher in (bey Probst) zu den bessern.
den RKodeschcn Violinvariationcn, auf dem Contrebasse gespielt! ! W.
Er wurde nachher aufgefordert noch einmal auf dein Theater
zu spielen. Auflösung des RäthselS in Rro. ll«:
Da von bedeutenden literarischen Werken mir noch nichts Würfe l.
zu Gesicht gekommen ist, so will ich hier nur auf einige ausge
zeichnete Neuigkeiten in der musikalischen Literatur aufmerk
sam machen. Im Fache der großen Kirchenmusik sezt Haßlin- R, S t h s e I.
gcr in Wien seine Prachtausgaben von Eyblcrs und Hümmels Ei« Wort von dreyerle« Bedeutung.
Messen fort. Von crsterem eristiren nun drey Messen, ein Wir treiben, was nicht fort will
Requiem, mehrere Gradualien und Offcrtorien. Bey Breit- Gewaltig an zum Gehen;
köpf und Härtel ist ein dreyflimmiges Requiem von Neukomm Wir wiegen schwere Lasten,
angcküudlgt. Von Ouvertüren wird uns Beethovens Ouvertüre Wie Ammen Kinder wiegen:
zu König Stepl'an (ttp ji?) in einer schönen Partitur gebracht ; Wir springen aus, wie Helden,
die große charakterische Ouvertüre (lZSjvx.), welche sich unter Will man Gewalt uns antbun.
seinem Nachlasse gefunden, ist noch unter der Presse; von den Wir tanzen gar vergnüglich
Ouvertüren zu Fidelis (ältere und neuere) bat die Brcittopf Wenn wir ins Freyc dürfen ;
und Härtclschc Vevl.'gshandlung Partituren geliefert ; dieselbe Oft treibt man unS zusammen
liefert OnslowS ncne Oper „le colporleur" im Klaviersus- Und steckt uns bann in Säcke,
zuqe , und die Ouvertüre auch in Orchcsterflimme. Probst in So drücken schöne Mädchen
Leipzig lieferte die sieben ersten Sumphvnicn Beethovens von Uns an die Lockcnkdpfchcn, ,
Czcrny. mit seiner bekannten Geschicklichkeit für vier Hände Wenn uns der Himmel wohl will.
arrangirt. in brillantem Notenstich. Solche Arrangements
haben den Nutzen, zum genauer« Verständnis solcher Meister Wir trinken manches Schlückchen
werke beuzutraqcn und sie dem Liebhaber näher zu bringen. Aus unser» kleinen Fäßchen
Mehrere andere Arrangements Beethoven scher , Mozartscher. Und geben dann zu Irinken.
Sxohrschcr Werke in dieser Form lieferte Breitkopf und Här Oft schoß dura, unsrc Röhre»
tel. Den Liebhabern großer Konzertstücke für Instrumente Selbst Amor seine Pfeile.
bietet sich Haßlingers „Odeon" dar, dessen siebzehnte Lieferung Hievon, mit spitzigem Munde,
ein gefälliges Potpourri für die Flöte von Lintpaintner ent Sab eine von uns Euch Kunde.
hält. Czerny liefert ein Konzert zu vier Händen («p. IZZ) I. «. M.
Verlag der I. G. Cotta 'scheu Buchhandlung.
126.

M o r g e n b l a t t

f ü r

gebildete Stände.

Montag, 26. Mai 1323.

Du Schloß dort auf dein Felsen,


Du flrl'fl so ernst treu.
Die »»»kein Wogen wälzen
Sich unten still vorbev.
Mir ist«, ,US l'brr' ich Wort«
Wie aus vergangner Zeit
Vom hohe» Felsenorrc.
Th. Körner.

Auf dem Güssenberge. Sjeht die alten Kampfgenossen


Ju der blanken Panzer Glühn
kust'ger auf des Berges Höhen Zum !urnc» auf stolzen Rossen
Klingt deö Dichters Saitenspiel, Aus des Schlosses Pforte zieh'n.
In der Lüfte rcin'rem Wehen, Und bis sie sich ferne wenden.
Denn im Thal ist'S dumpf und schwul. Von der Felsenwarte Höh'n
Lieblich ist's umhcr^uschauen Ihnen nach in zarten Händen
Von der alten Burg Gestein, Weiße Schleyer winkend wch'n.
Dörfer dort, hier grüne >luen, Sinnend laßt er die Gestalten
Saatenfeloer, Thal und Hain, So an sich vorübergeh'n.
Neues wechselt mit dem Alten,
Büchlein, die gleich Silberstreifcn Und das Alte war auch schon!
Durch der Matten frische« Grün
Murmelnd sich in Schiangenläufe» Und die Saiten tönen wieder.
Zwischen bunten Ufern zieh'n, Was, von Phantasie'» umspielt.
Er, der Sänger frommer Lieder
Kähne dort, auf Silberspiegeln In bewegter Brust gefühlt.
Ruhig gleitend, Schwänen gleich, Magen au.
Heerde» hier an duft'gen Hügeln,
Blöckend weidend durch's Gesträuch,
Und im Kampf mit wilden Wellen, Frankreich zu Anfang des siebzehnten Jahrhunderts.
Sausend unter ihrer Last,
Dort der Mühle Rad im schnellen (Beschluß.)
Bogenschwunge sonder Rast,
Gleichwie ein Wein, je besser er im Alter wird, desto
Graue Thürme alter Besten, unruhiger gährt, so lang er neu ist, so pflegt auch die Ju°
Die aus düstrem Tannengran'» gend und das erste Mannc^altcr bev diesem Volke, das
Schaurig in verlaßnen Resten
Aus der Fern' herüberschau'n. seiner Anlage nach zur edeln Menschlichkeit geschaffen ist,
nnd dessen ältern Leute Muster von Klugheit sind, in un
Auf die mvosbewachsncn Trümmer sinnigen, tollkühnen Streichen auszutoben. Bev den Jüng
Ruft des Dichters Scherblick
Der erlosch'nen Größe Schimmer lingen herrscht daher eine haltungslose Frevheit, die sich
Aus vergang'ner Zeit zurück ; bald in unschuldigern Scherzen, bald in einem muthwllli-
502
gen Drange, Bekannte und Unbekannte ohne Unterschied auf Leben und Tod sich schlagen. Ein leichter Wortwech
zu necken, zeigt, und die allenthalben übermäßigen Anspruch sel, den das Ehrgefühl der Streitenden steigert, oft ei»
auf Straflosigkeit macht. Auch sind sie gar flüchtiger Gc- in Wahrheit unschuldiger Scherz sehr häufig aber die Un
müthsart, lassen sich von jedem Gerüchte hinreißen, die geduld, mit der ein unruhiger Kopf «ach einem Rufe
Ruhe ist ihnen unerträglich, aber auch des Lärms sind sie strebt, das Alles treibt die wahnsinnige Zugend jener
bald satt. Mit ihrer Liederlichkeit prahlen sie auf eine un abscheulichen Sitte gemäß, die ein Schandfleck unseres Jahr»
natürliche und alberne Weise; ihr unbesonnener Spott Hunderts ist, oft zum schrecklichsten Mord, und verödet
schont Niemanden ; nie können sie ihre Kraft ruhig in sich ganze Geschlechter. Mit solchen Sitten Haben wilde, aus
bewahren , sie bricht nach allen Seiten in mannigfacher der Varbarey stammende Völker den Erdkreis jezt schon
Beweglichkeit auö. Einige von ihnen jedoch brüsten sich seit Jahrhunderten befleckt. Von ihren Gebräuchen schreibt
mit einer nicht natürlichen und "ebendeswegen übertriebe sich die unsinnige Sitte, die noch unser Zeitalter unsicher
nen Klugheit; als wäre in ihnen die Weisheit zn früher macht, und die jezt ihre eigenen Gränzen überschritten
Reife gediehen , lassen sie ein Wort nach dem andern lang- hat: denn ehemals war sie doch von der Entscheidung der
sam aus dem Munde gehen, mit feverlichem Gesichte, auf Obrigkeit abhängig, heut zu Tage aber lassen Privatleute
dem sich Feinheit und Zurückhaltung bep aller Höflichkeit durch sie nach Herzenslust ihre Wurh aus. Ja , sie bege
ausspricht. Die Sache hat diesem Betragen den Namen hen jenen Frevel sogar ohne selbst beleidigt zu seyn, son
gegeben : sie nennen's Kälte (kroiZeur). Allein in diesem dern fremdem Hasse znlieb opfern sie oft sich selbst und
Falle macht die Erhcuchclung der Tugend einen unange ihre theuersien Freunde auf; denn von Solchen, die nicht
nehmen Eindruck, und die noch so geschickt cinstudirte Rolle allein sterben wollen, werden Andere zur Thcilnahme an
verbirgt doch nicht lange den Leichtsinn, der keinen Schleyer diefem Todcsspiel eingeladen, wie ins Theater oder zum
duldet. Nur die glückliche Anlage, die in der Mitte liegt, Abendschmauß.
und die gewiß auch bey den Franzosen vorkommt, nämlich Doch diese Untugenden, und wenn sich sonst eine Mak-
die überströmende Fröhlichkeit eines rcichbegabten Geistes, kel dem Charakter der Franzosen angehängt hat, kann man
der jedoch eine nicht erkünstelte Klugheit Zügel anlegt, in den Kauf nehmen zu den Tugenden, welche reiferes
nur sie hat wahren Werth, nur sie stellt ein Bild von Alter oder Meisterwerdende Weisheit in solcher Mischung
Weisheit und Heiterkeit zugleich dar. ihnen verleiht, daß die Gewalt der einheimischen Fehler
Das aber ist ein unglücklicher Flecken an den franzö sie nicht überwältigen kann. Bep ihnen ist ausgezeichnete
sischen Sitten, daß sie das Wohlwollen, das sie gegen Artigkeit zu Hause, nicht jene geschminkte, die tückisch
Fremdlinge in ihrem eigenen Lande mit so vieler Nach gegen diejenigen angewandt wird, denen sie schmeichelt.
sicht beweisen, wenn sie sich außerhalb ihres Vaterlandes Nicht dem Betrüge, nicht dem geheimen Hasse geben sie
befinden , kaum gegen ihre eigenen Landsleute üben. Wer sich hin. Wer Zutritt zu ihnen wünscht, wer etwas wis
sollte es glauben , daß ein so gebildetes Volk auswärts sich sen will, den nehmen sie gütig auf; einem Jeden erweisen
nicht recht zu benehmen weiß? Auch Böge! wetzen, ins sie seine Ehre nach Standeögcbühr. Ihrem Umgang ist
Käffch eingeschlossen , ihre» Schnabel nicht und lassen ih jeder Fremdling willkommen, wenn er nur kein offenkun
ren Zorn nicht ans, und wenn wilde Thiers außerhalb der dig schlechter oder kein alberncrMcnsch ist; so daß, während
Wälder Beute suchen , so macht sie das gemeinsame Ge man anderswo die fremden Sitten beobachtet, ob sie uns nicht
schick einig. Nur die Franzosen liegen, wo irgend in schaden können, man bey der reifen und feinen Bildung .
fremdem Lande sie sich niedergelassen haben mögen, zumal der Franzosen mehr auf sich selbst aufmerksam seyn muß.
wenn sie im Unglück und fremder Hülfe bedürftig sind, ein
ander mit der grimmigsten Eifersucht in den Haaren. Da
regt sich versteckte Bosheit, häßlicher Neid, unverhohlener Ucber das nächtliche Warmcsirahlcn der Körper.
Haß kommt zum Vorschein, und ihre ungeschlachte Händel
sucht, welche Mitbürger selbst vor fremde Tribunale ruft, (Fortsetzung.)
wird znm Gesxötte. So wird das Volk bey Leuten, die Ueber den Nutzen der Matten, womit die
rS nicht näher kennen, übel berüchtigt, als wäre ihm Neid Gärtner die Nacht hindurch ihre Pflanzen be°
und Haß angeboren, als wüßte es nichts von der Ruhe decken. Che die Physiker mit der wichtige» Rolle be
und Liede, durch welche die Natur Bürger Eines Vater kannt waren, welche das nächtliche Strahlen bey den Er
landes mit geheimen Banden aneinander geknüpft hat. scheinungen der Temperatur spielt, glaubten sie gar nicht
Noch schlimmer aber versündigen sich, im Innern an den Nutzen dieser leichten Bedeckungen, mit Hülfe de
Frankreichs selbst, diejenigen, die hier und dort, wie zum ren die Gärtner ihre zartesten Gewächse vor der Einwir
öffentlichen Kampfspiel verdammte Klopffechter, in plötz kung der Kälte zu schützen hoffen. Es schien in der That
lichem Hasse zu den Waffen greifen und im Zwcvkampf > unmöglich, daß eine dünne Matte, welche vor einer
Pflanze ausgehängt ist , bewirken könnte, daß das Gewächs sache findet sich im Novemberheft der ck, I, 5oci»>^
die Temperatur der Atmosphäre nicht annehme, tl cils I.i«»e°vne <l« ..Ein Gartcnliebhaber macht seit
«eil diese Maite nach allen Richtungen der Luft ausge- Gebrauch von Netzen, welche aus den Fäden deö spaniscl o,
sezt ist, theilö weil eine so zarte fascrige Decke sehr schnell Ginsters (5>>«r>!u«, junccum) geflochten sind, um seine
von der atmosphärischen Temperatur durchdrungen werden Spaliere vor Frost zu schützen, und er befindet sich sehr
muß; hier aber ist, wie in so vielen andern Dingen, die wohl dabey. Diese Netze werde» in schlefer Richtung an
Erfahrung der Theorie vorausgegangen. Die Matte würde Stangen von der Höhe der Mauer und in der Entfernung
in der Tbat nur einen beschränkten und sehr zweydeutigen eines Meters von dem Spaliere angebracht; sie brecben
Nutzen haben, wenn die Äälte der Luft allein zu furch- die Stärke der kalten Winde und der S^lagregen, und
ten wäre; man wird aber gleich sehen, wie ganz anders hemmen die Wirkung des Frostes. Es ist ein ganz eige
die Frage sich stellt, sobald man auch außerdem die Wir- ner Anblick, wenn man am Morgen eines Reises über die
kungen des Strahlens in 'Anschlag bringt. Fläche dieser Netze hinblickt; >ede Masche ist mit Eisnaecln
Wells befestigte auf einer Wiese in den vier Winkeln bcsezt, »reiche bev den ersten Sonnenstrahlen schmelzen.
eines Vierecks von zwey Fuß vier dünne Pfähle, welche Der Spalierbanm, auf diefe Weife gefchüzt, leidet durch
sich jeder sechs Zoll hoch senkrecht über die Grundfläche er aus nichts von den so verderblichen FrühlingSsröstcn. Er
hoben, spannte über ihnen ein feines Tafchentuch wage- genießt vollkommen dcS günstigen Einflusses der Lust und
recht ans und verglich in heiteren Nächten die Tempera- der Wärme; die Früchte, die er trägt, sind vortrefflich
tur des kleinen Vierecks von Rasen, das unter diesem und erreichen eine beträchtliche Größe. Dir Verfertigung
leichten Schirme lag, mit der der benachbarten, vollstän diefer Netze ist gar nicht kostbar ; sie ist das Werk von Grei
dig sreyen Theile. Der durch das Taschentuch vor dem sen und Äindern in den langen Winterabenden."
Strahlen geschüzte Rasen war oft sechs Grade wärmer als (Die Fortsetzung folgt.)
der andere; wenn lcztcrcr stark gefroren war, so hielt sich
die Temperatur des vor dem Anblick des Himmels durch
daS dünne Gewebe, das ibn in sechs Joll Entfernung bedeckte, Korrespondenz- Nachricht? n.
«cschüzte Nasen noch mebrere Grade über ,,. Bev vollstän Paris, M«i.
dig bedecktem Wetter dagegen brachte ein Schirm von Ba Gepriesen scv Herr Brau». Professor der dcuts«',» Spra
che an der billigen xolutechnisoien Schills ! denn was ,"ranzo»
tist, Matten oder andcrm Stoffe eine kaum merkliche se» , Engländer , Italiener , kurzum alle Volker biSber verge>
Wirkung hervor. Ein Schirm schüzt den Boden gleich l>cns gesucht l«tten , nicht etwa den Stein der Weisen, nrn,
gut, er mag in einer Höhe angebracht sepn in welcher er die Quadratur des Sirkcls . sondern etwas viel Besseres »nd
will, wenn seine Größe mit der Entfernung zunimmt, Nützlicheres , ich mevne die Kunst die Luftballone zn lenken,
versichert unser Landsmann aufgefunden zu baben. Er bat e<
so daß er beständig denselben Umfang des Himmels bedeckt. a» de» Minister de« Innern geschrieben, der Minister des?,,»
Man mnß jedoch alle unmittelbare Berührung vermeiden. »er» bar es an die königl. Akademie der Wissenschaften gcfchric»
Auf einem Rasenfeldc war das Gras, auf welchem ein den . diese aber bat es a» Niemand weiter geschrieben, sonder»
Stück Leinwand auslag, drev Grade kälter als das, blos still geschwiegen, wie sse oft tbut, wenn ibr etwa« Äußerer«
deutliches und tlncrwartctcö gemeldet wird. Die Akademie
iu der Entfernung von einigen Zollen mit einem leichten macht es wie ein kalter prosaischer Mensch, der be» allen pc>e?
Stück Leinwand bedeckte. tische» Ausrufungen und Versprechungen eines Entbusiaste» kalt
Noch ei» wichtiger Versuch von Wells ist folgender: blütig antwortet : wir wollen schon seven ! Da also von der
königl. Akademie keine Antwort zu erwarten war , so bat sich
Man spannte mit Hülfe zwevcr Stäbe ein Tafchcntuch senk der Erfinder an dos große Publikum gewandt , «nd in einer
recht auf einer Wiese aus , und bemerkte sodann bev hei Ankündigung versprochen, er wolle auf dein geräumige» l^K«mx
tern, Himmel, daß ein bevm Fuße deö Tuches auf der ö« >l»e» i» Paris in die Luft steigen , seine Richtung »ach
Seite, wo der Wind herkam, auf das Gras gestell Calais bi» ncbmcn , über die Meerenge lnnübersteuer» ober
fliegen . sich in London niederlassen , dort die vom Parlamente
ter Thermometer 3" 5" mehr als ei„ benachbarter frcv- «nögesezte Belovunng von tanscnd Pfund Sterling sich aus,
stehender Thermometer zeigte. Dieser Versuch beweist, bitte», »nd dann vermutblich mit diesem S«'a«c wieder ins
daß die Mauern der Spaliere die Pflanzen nicht blos da geliebte Paris herabfallen. Hat man je einen knbnercn Dem«
durch schützen, daß sie ihnen bev Nacht einen Theil ih schen gesckcn? Käme die Ankündigung vv» einem Franzosen
her , so würde sie eben nicht viel Aufscbcn erregen ; allein man
rer den Tag über eingesogenen Wärme mittheilcn und denke ! ein stiller, unbekannter Deutfcher, der sich mit nichts als
die kalten Winde mechanisch aufhalten, sondern daß sie mit Grammatik zu beschäftigen schien . und es nur mit den
auch «IS Schirm wirken und den großen Wärmeverlust ver Scbülern der polniechni,che» Schule z» tlmn batte. tritt inille»
mindern, welchen die Pflanzen durch ihre Strahlung er in dem großen Paris auf. »nd will ctwaS leiste», das mau
jcho» für eine Unmöglichkeit anaesebcn batte. Ob es ibm ab^r
litten haben würden, wenn die Mauern ihnen nicht einen auch gelingen wirb ? D>eß wird man erftil ren. sobald sich n»r
großen Theil deö Himmels verdeckt hätten. — Eine merk- eine biiilangliche Anzalil von Snbfcribentc» wird eingefuntc»
würdige, die Theorie der Strahlung bestätigende That» Halali > «m die Koste» des Ballons und veruiuli-lich manche an.
5° 4
dere Auslagen zu decken z dafür werben dieselbe« dann auch die Wunder bat das Pariser Publikum , für dessen Bequemlichkeit
Freude haben, den Herrn Braun bey Hellem Tage auf dem von alle» Seiten her gesorgt wird, wieder ein neues HülsS»
Morsfclbe durch die Luft abfahren zu sehen, um die taufend: mittel bekommen , um schnell und wohlfeil von einem Punkt«
pfündige Prämie aus London zu holen. Wie würde sich dann bcr großen Hauptstadt zum andern zu gelangen. Ei» Speku
die Akademie schämen, daß sie nicht gesprochen hat, als es Zeit lant hatte schon vor länger «lS einem Jahre zu Nantes , das
dazu war ! Ob Paris also zum ersten Male das Schauspiel lange Kays an der Loire hat, Diligenccn für zwölf bis fünf
eineS wahren Luftflicgers genießen wird , hängt von der Zahl zehn Personen angelegt, welche die Kays entlangs fuhren , und
der Subscribcnten ab. Wer weiß, ob nicht Deutschland aus für einige Sous die Leute von einem Ende zum ander» brach
purein Patriotismus snbscribirt , damit der Versuch desto eher ten. In Bordeaux waren, dicfe Wagen, die der Unternehmer
zu ?tande komme? in Paris ist man leider etwas mißtrauisch Omnibuö nannte, seitdem auch eingeführt worden.
gegen vielversprechende Ankündigungen geworden, denn die Zahl (Die Fortsetzung folgt.)
der mißglückten Versuche und Erfindungen ist Legion. Auch
hat schon ein verwünschtes Journal die Pariser an den Wiener Berlin, April und Mai.
Mcchanikus Degen erinnert, welcher vor ungefähr fünfzehn Im Gebiete der Oper war den ganzen Winter hindurch
Jahren mit großen Fitligen auf dem Marsfclde in Paris da nichts Neues zum Vorschein gekommen, und so wurde denn
von fliegen wollte , trvy aller Mechanik doch nicht die Erde das erste hier noch nicht gesehene Werk , die ,,Abcnceraqen,"
verlassen konnte , und kaum besser flog als der Vogel Strauß. einc ältere Oper CKerubini'S > mit großem Poinp angekündigt.
Den Franzosen geht es in dieser Hinsicht nicht besser als den Daß der Gcneralmusikdirektor, Herr Ritter Spontini, die Auf
'Deutschen in Paris. So sollte vor drey Jahren eine schöne führung leiten werde, war ungewohnter Weise mit großen
Hängebrücke über die Seine, dein Jnvolidenhötcl gegenüber, Buchstaben auf dem Theaterzettel zu lesen. Dicß konnte bey
nach d.n OIi«n>p, e>v«»e» zu, angelegt werden; die Zeitungen dieser Oper mehr als bey ander» befremden. Denn bisher
konnten den Plan nicht genug rühmen , schon che die Brücke hatte »ran Spontini hier häusig für ein Genie anerkannt,
angelegt wurde , war sie in Kupfer gestochen zu schauen , und baS sich eine ganz eigene neue Bah» bricht, und alle an
nahm sich wirklich sehr hübsch aus. ES fehlte nun weiter mchlS, dern überflügelt ; wie ein Meteor waren feine Opern in ih
alS daß man den Plan vom Papier ins Werk setze. Da rem uns fremden Charakter an dem hiesigen musikalischen Him,
wurde dann gebaut. Eise» gegossen, die Brücke rückte schncll mcl erschienen , zumal seit der Komponist zu uns hcrüberge»
vorwärts , allein eben als man erwartete, sie werde zum Ge kommen war. Aber bey dieser Cherubinischen Oper, welche
brauche geöffnet werden . rutschten die Pfeiler auf den Ufern, nicht, wie die früher hier bekannten, der „Wasserträger" z. B.
das Kcttcnwcrk mußte abgenommen werden, das Publikum und „Lodoiska," für die kleineren Opcrntheatcr, wie das rkrsir«
murrte , die Unternehmer schoben die Schuld einer auf den an 5,z<te«u, sondern für die große Over, die »c,Ss'mie r«x«Ie,
dern, diejenige», die das Geld geschossen, hatten, kamen um ihre geschrieben ist, zeigte eS sich wiederum deutlich, daß Spontini
Auslage» und um ihre Hoffnungen , und dicß war das Ende wie Cherubim nur dem festen Typus der großen französischcu
der Geschichte. Neulich hatte auf der Seine wieder ein Versuch Oper gefolgt ist. Wir wollen einige Züge dicfes TypuS her
mit einem sogenannten önteou remorrsueur, d.h. cincm die Schif ausheben . und zwar nach dnn Zcuaniß cinc« »lusikverstäiidi-
fe den Strom hinaufziehenden Boote statt; das war da« zwcyte gen Franzose». Rousseau läßt in der neuen Hcloise den St.
oder dritte dieser Art; bey den erst«» waren die Unternehmer Prcur, als dieser so eben zum ersten Mal durch den Sänger
ebenfalls zu kurz gekommen. Diesmal sollte ein kleines Dampf des Lord Eduard italienische Musik gekört hat, seiner gelieb
boot die schwimmenden Bäder , die wenigstens fünfzig Schuh ten Julie schreiben : ,.Verliere keinen Augenblick, sammle sorg
lang sind, den Fluß hinaufziehen. Anfangs ging das Ding sam deine Opern, deine Cantaten, all deine französischen Mu
gut , allein als Bäder und Boot recht mitten in den Strom siken, mache ein tüchtiges, hochauflobernbeS Feuer an und d«
gelangt waren , konnte keins von beydcn weiter fort , und da hinein werfe diese» ganzen Plunder (l»>r»s), und schüre da?
her? blieb der Versuch stehen. Auch ist es nicht lange her, daß Feuer fleißig, damit soviel Eis hier brennen und doch wenig
der Hr. Pe'aucur, der am <2«nserv»lvi,-e Se, »rtz et melier« stens einmal Wärme verbreiten könne." Man wird dem lcichtauft
eine Anstellung Kar. einen Dampftvagcn von seiner Erfindung lodernden Fcuerkvpfc dicß harte Urtheil um so leichter vcrgc»
in Gegenwart sachkundiger Personen vcrsnchcn ließ. Der Wa den , als er eS mit guten Grünben »utcrstüzt. Bey den Jt«
gen wog ««Ml Pfund und seine Dampfmaschine hatte eine licnern entzückte ihn besonders der stete Fluß der Melodie, die
Kraft von sechs Pferden. Auf ebenem Boden lief der Versuch Seele des Tons, die Melodie aber, sagt er, ist es gerade,
nicht übel ab . allein auf einem etwas sich erhöhende» Erbreich was den Franzosen fehlt, „welche nur die Effekte der H a r in o-
konnte der Wagen kaum fortkommen. Der Mann läßt sich nie und die e'ci»>« öe v«!i (Stoßseufzer und Frcudcngeschrey
jedoch durch den ersten zweideutigen Erfolg nicht abschrecke», des Gesanges) kennen > und so unglücklich in ihren Ansprüchen
und er will nun einen zwölftausendpfündigcn Wagen mit einer sind, das, diese Harmonie selbst, welche sie suchen, ihnen ent«
Dainpfkraft von zwölf Pferden verfertigen. Vielleicht gelingt wischt; sie wollen nur beladen, und verlieren die Auswahl
es ihm mit diesem besser; wozu aber so schwere Wagen? waS und wissen nicht mehr was Effekt macht ; sie verberben' sich dai
soll man damit auf den Landstraßen anfangen? Indessen muß Ohr, und haben nur noch Sinn für Gelärm." Man sollte
man den Mann nicht muthloS machen; denn vielleicht, nach ineyncn, der feurige Liebhaber koinme fo eben von einer der lez«
dem er lange nachgedacht, probirt und wieder angefangen ha tercn Sponrinifchen Oper» her. An andern Orten sagt Rous»
ben wirb, gelingt eS ihm einst, einen hübschen, elegante» seau vo» Raincan . dem berühmten Musiker : „man muß ihm
Wagen zu verfertigen, der ohne Pferde »nb Kutscher mir dam die Kunst zugestehen, seine eigenen Gedanken vielfach umzudrehen,
pfender Este über die Landstraßen dahinrollt und die Reisen dagegen hatte er weniger Leichtigkeit neue zu erfinden , mehr
den schncll von einer Poststation zur andern schafft . indcß die Gcfchicklichkeit als Fruchtbarkeit u. s. f.;" könnte man nicht
Braunschcn Patcnrballone über unfern Köpfen dahin fliegen, glauben, unser italicnistoer Generalmusikdirektor sey bey dem
und sich von Deutschland nach Frankreich oder England, vou alten Franzosen in die Schule gegangen, und habe sich dessen
Europa nach Asien begeben, wobev die Gränzvisitatorcn mit Charakter durchaus anzueignen verstanden ?
den Händen iin Rockschoß zusehen und sich ärgern, daß sie nun (Die Fortsetzung folgt.) '
fast nichts mehr zu thun haben. In der Erwartung dieser Bevlage: Kunstblatt Nr. «.
Verlag der I. G. Cotta 'scheu Buchhandlung.
127-

M v r g e n b l a t t

f ü r

gebildete Stände.

Dienstag, 27. Mai 1 8 2 8.

Ja! wunderbar gezeichnet und verwvben


Ist da« Geschick der Heyden Könige!
Uhland.

Bruchstücke aus dem ungcdrucktci, Schauspiel: Zerstreutheit unbillig abgeht. Aus dieser wunderliche»
Die Gegenkaiser, Zusammensetzung theilen wir hier einen Theil des dritten
oder Tyll Eulenspiegels Kriegsth aten. AktS mit , der die Kulmination des Stückes , die Mühl-
dorfrr Schlacht im Jahr ,zzz behandelt, indem die bevdcn
Von C. M. Rapp.
vorhergehenden nur die Vorbereitung auf diese, der noch fol
Der Verfasser diese« Stückes wünschte in einem r-ra- gend« vierte aber die Aussöhnung der Fürsten enthält, wel
matischen Werk das national-historische Interesse mit dem che, Kraft poetischer Licenz, unmittelbar hinter der Schlacht,
Humor einiger komischen Volköcharaktere zu vereinbaren, mit Uebergehung der Gefangnißjahre Herzog Friedrichs, an
in der Weise, wie unS dafür Shakespeares Heinrich iv. als geheftet wurde.
ewiges Musterbild vor Äugen steht. SS ist eine histori- Zwischen Friedrichs und Ludwigs Heeren kommt es
sche Zufälligkeit, daß die komische Figur des Tvll in die zur Schlacht bey Mühldorf am Inn, ohne daß Friedrich
Zeit des Kronkamxfs zwischen Ludwig dem Bauer und seinen Bruder Leopold, der ihm vom Rhein her zu Hülfe
Friedrich von Oestreich gesezt wird, die der Komxositicn kommen soll , erwartet ; der Burggraf von Nürnberg fillt
an sich frevlich keine Rechtfertigung zuführen kann noch unter vstreichischem Banner Friedrich in den Rücken ; die
soll. Zudem möcbte der Name des VolkShelden dem Sindruck ser wird geschlagen und muß sich seinem Nebenbuhler ge
um so gefährlicher fern , als der Charakter desselben nicht fangen geben.
getroffen ist und in dieser militärischen Sphäre eigentlich * . *
nicht am Plaft war. Noch gefährlicher aber ist vielleicht ein
weiterer Versuch, »och ein drittes, ganz heterogenes Sic- Erste Seene.
ment in die historische Tragikomödie einzuführen, näm In der Niederung.
lich obligate Liedermusik. Die zerstreuten Liedcrweisen Ludwig, Schweppermann, de? Burggraf, AI-
von Weber, deren nationale Bedeutung längst anerkannt brecht v. Riüdsmanl und andere Rinn. Sine Schaar
ist, suchte der Verfasser in fein buntes Gemälde zu noch bäuerischer Lanzenknechte, Trommel >,nd Pfeifer voran«.
mehrerer Buntheit zu verweben, um, falls seine Arbeic (Alle bla» mvntirt , stellen sich rückwärts aus.)
einige Tbeilnahme des Publikums in Anspruch nähme, Ludwig. Sie folgen uns rasch, Herr Sevfried.
theils diese damit in den bedeutendsten Parthieen zu schmüc Schmep. O König, welch ein lichter, freudenrei
ken, ja völlig zu tragen, theilS auch diesen Weisen selbst cher Tag wird das! Da fällt der Hochmutt) recht buch
eine Art von Einigung zn gewinnen, die ihnen in ihrer stäblich in seine Grube. Wohlauf, Herr Burggraf, jezt
haben wir die Höhe gewonnen, wo ihr euch rasch hinterm permann habe sein zwanzigstes Treffen verloren. Da seht
Wald wegschleichen könnt. nur meine Bayern an , sie hängen ihre Blicke an eur' Au
Burgg. Wohl, wohl, Herr, ich reite. genlied, als wollten sie sagen, da läßt sichs mit Lust un-
- Schwep. Aber Landsmann, wohlbedacht! Es kann sers Herzogs Haus decken, wenn solche Säule nnterstüzt
euch ein Heer und einen Kopf und eurem Land einen Kai ist. Hört ihr denn die östreichische Trompete auch, Kinder ?
ser kosten, wenn ihr fehlrcitet und nicht auf die rechte Mi Ein Pfeifer. Ja, Herr Herzog, und wir reden
nute erscheint. Vertraut ihr euch auch ? uns schon lang ab , wie man die falschen Bläser zu Schan
Burgg. Herr, ich finde den Weg, so gewiß ich den den mache. Entweder sie haben ihr Notenbuch vergrif
zur Schule.im vierzehnten Jahr auswendig gewußt. Wenn fen, oder sie sind nicht mit fünf gesunden Sinnen vom
der Himmel nicht einfällt, so erscheinen des Burggrafen Nachtquartier ausgeritten, denn sie blasen so falsch wie
Kürassiere pünktlich um Mittag dicht überm Fohrenholz des Oestreichers seine Dreyer oder seine Redensarten sind.
und werden zu fällen wissen. Sey so gut, Herzog, und laß uns ein ander Stückchen
Schwep. Und die weiß und rothe Fahne? drein spielen, das die Burschen da zu singen gelernt, um
Burgg. Soll ihre Rolle spielen, ohne darum scham- sich für die Schlacht einzufeuern, und wir blasen und trom
roth oder schreckenblaß zu sehen. Gott befohlen, mein Kö meln zwischen ein was Lustig's, und gib Acht, es läßt sich
nig und Herr Feldhanptmann. hören.
Ludw. Recht fröhlichen Ritt, du trefflicher Reiter. Ludw. Ei, wißt ihr denn, was für 'nen Heiligen
(Schwcppermann reicht il'in dic Hand und er geht.) wir heut haben? Ist kein Kalenderfester drunter?
Albr. v. Rindsm. Die östrcichifchen Reiter streifen Ein Soldat. Sankt Michel, Herr, 's ist mein
schon auf «ufere Nachhut und höhnen wacker dranf los, daß Patron.
wir uns die Sohlen schmieren, che wir sie probiert haben. L u d w. So, Kamerad, und da wirst du viel Namens
Sckw c p. Nur Geduld, sie sollen heut noch die Wichse vettern habest im Regiment, und ich sag euch denn, all ihr
bezahlen. Seht ihr den Herzog noch? Michel, daß ihr an eurem Ehrentag eurem Heiligen, hoff
ich, keine Schande machen werdet, nnd eure Kameraden,
Albr. Er reitet keck hinter den ersten Posten daher, denk ich, werden euch schon um guter Brüderschaft willen
in glänzender, herrlicher Rüstung auö pur Gold , im Pur- in dem Vorhaben ein Bissel unterstützen. Ich sag euch,
xurmantel und den geflügelten Reichsadler mit der Krone der Erzengel Michael ist, wie Gott bekannt, einer der er
hoch auf dem Keime führend. Cr reitet einen stahlschat sten Vorfechter des dreymal heiligen Thrones, und wenn
tigen Aelter, und von einer tollen Schaar junger Wcißröcke- er uns Schwert nnd Lanze segnet, sind wir wohl beschla
umfchwirrt, rast er wie verliert vor seiner Front, bald gen. Und darum, Kinder, Sankt Michel, der reisige
rechts, bald links, immer voran und den Berg nieder. Streiter Gottes, sey unsre Losung, und laßt euren Kriegs
Ihr hört seine Trompete schon von der Höhe. gesang dretn erschallen, dann ziehen wir uns gemach über
Schwep. Laßt ihn mir nicht aus'm Aug, das leg ich das Blachfeld und lassen den Feind seitwärts hcrbeykommen.
euch aufs Gewissen, Ritter, daß ihr mir jeden Augen Lustig, Kinder!
blick berichten könnt, wo das Thier fein Leben herbergt. Pfeifer. Sankt Michel und unser Ludwig für alle
Hirt ihr? Bayern hoch , hoch ! (Vivat und Tusch mit Trommeln und
Albr. Wohl, mein Feldherr, ich will ihn hüten, Pfeifen.)
daß er euch keine Nübe aus dem Acker stehlen soll. (Ab). Chor der Soldaten.
Schwep. (zu einem Rttrcr). Die Böhmen sollen sich (Melodie: Schwcrdtlied von Kbrner.)
hinter dem Buchenschlag xoftiren und den ersten Wider Wir beugen uns zumeist?
stand thun. Reitet zum König Johann, daß ers nicht Dem Vater Sohn und Geiste,
Daß er durch Schuß und Stich
versäumt; wir kriegen auf dieser Seite nicht gleich einen Uns führe väterlich
andern Haltxnnkt. Ich denke, er wird auch die ungrischen - Aum Sieg, zum Sieg, zum Sieg.
Tvlmaiigc nicht so grimmig fürchten. Sie sind ja neben (In den Durschlußattord dieser MoUmelobie fallen die Trom
einander aufgewachsen und dabev hält kein Wunder Stand. meln ein und spielen mit den Pfeifen eine mutliigc Marschpas:
Reitet! (Nttlcr ab) So Hot? ich denn zu Gott, Herr Kö sage aus diesem Durton und enden im Wirbel. So nach je
nig, daß der Trumm richtig eingefädelt ist, und meine dem Vers.)
fünfzigjährige Rechenkunst müßte irr scpn, wenn er s« Dem heil'gcn Dionysen,
leicht abrisse. ' Sankt Christoffel, dem Riesen,
Dic gntem Kampf getreu
Ludw. Man würde den Boten ins Gesicht schlagen Steh» dem Gerechten bey
um der Lüge willen, der erzählte, Herr Sevsricd Schwep- Zum Sieg, zum Sieg, zum Sieg;
Dem heiligen Georgen Mevnung ; allerdings kannte man keine Kometenbahn, die
Verrraun wir unsre Sorgen. sich mit der Erdball,, kreuzte, allein die planetarischcn An:
Sllts uns das Herzensblut, ziehungen können die Bahnen beträchtlich verändern, über-
Send' er uns Sterbensmuth
Zum Sieg, zum Sieg, zum Sieg. dieß kannte man bey weitem nicht alle Komctenbahnen ;
wäre es also nicht verwegen, gewiß zu behaupten, daß keine
Wird einer aufbehalten. der nicht berechneten Kometenbahnen mit der Erdbahn zu
Der schwöre brav zum Alten, sammentreffen, und daß keine der bekannten so verändert
Und folg treu bürgerlich
Dem Herzog ewiglich werden könne, daß sie die Erdbahn schneiden müßte?
Zum Sieg, zum Sieg, zum Sieg! So dachte Lalande , und die Zeit hat seine Worte bestä
(In der forlgesezten Passage der Trommeln und Pfeifen mar tigt, denn der Komet, der je nach <;j Jahren wieder er
schieren sie von der Bühne.) scheint, geht so nahe an der Erdbahn vorbev, daß sich bep
(Die Fortsetzung folgt.) der geringsten Pertuxbation die zwep Bahnen schneiden
könnten. Soll aber ein Unglück geschehen, so müssen
nicht allein die Bahnen, sondern die Himmelskör
Der Komet von 1 g Z 2. per selbst am Durchschnittspunkt zusammentreffen, und
Die civilifirte Welt glaubt es seit geraumer Zeit den die Wahrscheinlichkeit, daß dieß nicht der Fall sevn wird,
Astronomen auf ihr Wort, daß die Kometen keine im ist unendlich groß. Lalande hatte nnn einen Aufsatz die
Himmelsraum umherfegclnden Brander sind; die Plane- ses Inhaltes für eine öffentliche Sitzung der Akademie in
tarzufammenkünfre und Finsternisse habe» seit »och länge- der Tasche ; da er aber in der Reihe der Vortragenden
rer Zeit das Privilegium verloren, die Völker der Erde weit hinten zn stehen kam, wvrde die Zelt zu kurz, und
in noch weit unvernünftigere Angst zu setzen. Von diesen die Abhandlung blieb ungclefcn. Aber der Titel: Be
großartigen Schrecken bleibt nun gar nichts übrig, als die trachtungen über die Kometen, die der Erde
allerdings unbestreitbare Möglichkeit des Zusammentref nahe kommen könnten, interefsirte natürlich die
fens der Erde mit einem Kometen ; die Wahrscheinlich meisten Zuhörer; man fragte sich, was der Aufsaß enthal
keit dieses Zufalls ist aber so unendlich klein, daß kein ver te, man erfuhr, er handle von den Folgen des Zusammen-
nünftiger Mensch sich deßhalb beunruhigt ; diejenigen aber, stoßens eines Kometen mit der Erde , und bald hieß es
welche vor Kurzem, als Olbers verkündete, im Jahr l«s überall, der Komet komme wirklich , Lalande habe es
werde ein Komet nahe an der Erdbahn vorübergehen , die xrvxhezeihl ; allgemeiner Schrecken! schwache Personen star
Erdbahn mit der Erde selbst verwechselten und die ben vor Angst, Weiber kamen nieder und gewisse Leute
öffentliche Berichtigung dieses JrrtlmmS veranlaßtcn, wußten im Trüben zu fischen und verkauften Plätze im
werden zugeben, daß sie für ihre Unbesorgtbeit keine bessern Paradies zn hohen Preisen ; der Lärm wurde fo allgemein,
Gründe haben, als ihre Vorfahren für ihre Angst. daß der Polizevlieulenant die Abhandlung zu lesen ver
Die Bahn des Kometen, der im Jahr t»Z2 erschei langte; er fand nichts darin, was den Schrecken des Pu
nen wird, und der alle «Z Jahre wiederkehrt, wurde in blikums rechtfertigen konnte und ließ sie sogleich drucken;
Frankreich berechnet, und diese Beobachtungen in Deutsch aber nun hieß cS allaemein, der Verfasser habe die böse
land bestätigt und berichtigt. Im Jahr t»Z2 wird dieser Prophezeihung unterdrückt, um die Welt nicht durch Ver
Komet, wenn er der Erde am nächsten ist, noch achrMil- kündigung eines Unglücks, gegen das es kein Mittel gebe,
lionen geographische Meilen von ihr ciitfcrnt sevn ; er dürfte in Furcht zu setzen.
ohne Schaden noch zehn Mal näher kommen, denn im Jahr Abgesehen von der unendlichen Unwahrscheinlichkeit des
«77n kam ein Komet auf 7Z«,mw französische Meilen her Zusammentreffens eines Kometen mit der Erde, sind die
an. Lalande scbäzt, daß erst bev einer Annäherung auf neuen Beobachtungen «der die Natur dieser Himmelskör
5Z,«u>, französische Meilen ein Komet merkliche Unordnun per sehr geeignet , der Menschheit von den Folgen eines
gen auf der Erde veranlassen würde. Aber an der Erd Zusammentreffens mit einem Kometen andere Begriffe als
bahn wird der Komet von t»Z2 ziemlich nahe «orbevge- bisher bcvzubringen, denn diese Himmelskörper sind wirk
hen, nämlich in der Entfernung von fünfthalb Erddurch lich aus so leichtem Stoffe gebildet, daß man Sterne er
messern oder etwa «7«» geographischen Meilen. Im Jahr ster und zwevter Größe durch sie durchschimmern sieht;
t?75 wurde Lalande auf ähnliche Art die unschuldige Ur auch die ausnehmend schnelle Bewegung der Kometen ist
sache eines noch weit qröüern Schreckens. Newton hatte, ein Umstand, der einen über den möglichen Schaden, den
alS er von den Folgen sprach, welche das Zusammenflös sie anrichte» könnten, sehr beruhigt, denn eine norhwen-
sen der Erde und eines Kometen haben müßte, geäußert, dige Zolge dieser Schnelligkeit ist, daß ihre Wirkung auf
die Vorsehung habe alles so eingerichtet, daß ein solches die Erde, von sehr kurzer Daner fem, müßte; nach Duf«-
Zusammentreffe» unmöglich sey. Lalande war anderer jourö Berechnung würde sie in zwev, höchstens drev ?t«"
Z08
den vorübergehen ; manche Leser «erden aber denken, dieß wicier eine andere Diligeme da skr diejenigen, die weit« wol«
sep mehr als genug, um zu ertrinken oder zu ersticken. len. Auf- und absteigen kann unterwegs jeder wo er will;
vermittelst einer mechanischen Vorrichtung wird eine Trompete
geblasen, »m die Leute vom Abgänge des WagcnS zu unters
richte!,, ohne baß der Kutscher nbthig hätte deßhalb seine Lun«
Korrespondenz- Nachrichten. ge„ zu erschöpfen. Ei» Kondukteur im Wagen empfängt daS
Geld und läßt die Leute auf- und absteigen. Dieß und die
Pari ö, Mai. schon seit einigen Jahren eingeführten kleinen Frachtwagen,
welche für fünf Sous ein Paket von irgend einer Gegend in
(Fortsetzung.) PariS zu einer andern fortschaffen Und den Leuten ins Hau«
Eine Anstalt wie die Omnibus war nun in Paris noch weit bringen , sind zwey vortreffliche , ganz dem Bedürfnisse ein»
nützlicher als zu Nantes und zu Bordeaux, denn wenn gleich großen Hauptstadt angemessene Anstalten, die nothwcndig, woe
1 SUV Mietbkurschen und 8W Kabriolet» dem Publikum auf den fern die Unternehmer stets bedacht sind , das Publikum wohl zu
Straßen und Plätzen täglich zu Diensten stellen, so sind doch bedienen , guten Erfolg haben werden. Da in Paris über al
diese Fuhren für den wenig Bemittelten , besonders wenn er les gespaßt wird, so haben auch die OmnibuS dieser Spaßlufl
keinen sehr langen Gang zu machen bat, viel zu tbeuer, und nicht entgehen können. Ein kleines Journal gab eine Seen?
ist es sehr schlechtes Wetter, so kann man oft weder für Geld »och im Omnibus zum Besten zwischen einem Herrn und seinem
für gute Worte irgend eine der I2W Micthkuischen auftrei Schuster, den er im Omnibus antrifft, und welcher die Gelegen?
ben und zum Fahren bewegen. Man bat die Micthkulschcr heit bcnuzt. um ihm das Maß zu eine», neuen Paar Stiefeln zu
daher auch mit vorgeblichen Freunden verglichen, die immer nebinen. Natürlich werden die OmnibuS für Handwerkes, die
bereit flehe», wenn man ihrer nicht bedarf, und die in der sZeit große Gänge zu machen haben, und denen das Zcitcrspare«
der Noth alle verschwinden. Diligenccn , die von einein Ende wichtig ist, vv» großem Nutzen scvn. und man wird daher sehr
der Stadt zum andern > ober vom Mittelpunkte aus nach den oft auf denselben Schneider , Schuster , Putzmacherinnen lind
Barrieren, oder die Kays und die Boulevards entlang fahren, Nähterinncn antreffe» ; allein auch für andere Stände werden
waren also keineswegs etwas überflüssiges in einer so großen sie sehr gut scvn und oft gebraucht werden. Dieß haben auch
Stadt, wo so viel Verkehr und so viel Geld ist , und wo die die EigcntKümcr der Mictbkutschcn oder sogenannten FiakerS
meisten Bewohner leicht einige Sous ausgeben können, um sich bald eingesehen , und sind daher wegen der Einführung der Ome
das Gehen zu ersparen , oder Zeit zu gewinnen und schnell von nibus nicht wenig besorgt. Einige wollten die neue Anstalt
einem Punkte zum andern zu gelangen. Die Unternehmung dadurch stürzen , daß sie sich erboten für dre» Sous zu fabren,
war für das Publikum so bequem, als sie für den Unternehmer allein dabei? hatten sie sich eher zu Grunde gerichtet als die
ersprießlich sehn mußte ; dieß war aber noch kein Grund um sie neuen Wagen. Da dieß also nicht ging , vereinbarten sie sich,
unter dem vorigen Polizevpräfcktcn inSWcrk setzen zu können. um eine Beschwerde bcy», Polizevpräfcktcn gegen die OmnibuS
Denn der mit Recht wenig beliebte de Lavau begünstigte nur, einzureichen. Dieß ist den» auch geschehen; was der Präfckt
was von der JesuitenpartKc» herkam, und sein schlechtes Be: den MictKkutschcrn geantwortet bat , weiß ich nicht, er
tragen bcy dem Auflaufe im November vorigen Jahres, da konnte ihnen im Grunde nichts anders sagen als dieses : was jczt
er auf die Volksmenge ohne hinreichenden Grund schießen ließ, geschieht, ist die Geschichte alle, neuen Ersindungcn; diejenigen,
bcwcißt, wie wenig ein solcher Mann verdiente an der Spitze die sich auf die alte Art eingerichtet hatte», oder von ibrcn
eines Departements zu stehen, dessen Pflicht es ist, für die lang bcraebrachte» Privilegien zehrten , verlieren ihre Kunden ;
allgemeine Wohlfahrt, das beißt für die Sicherheit, Gesund? als die Druckern? eingeführt wurde, klagten die Schreiber, die
heit und Bequemlichkeit der Pariser Volksmenge, zu sorgen. neue Kunst werde ihr Handwerk zu Grunde richten ; als die
Dieser de Lavau verweigerte also die Erlaubnis, zum Anlegen Strumpfwcbercv begann , bekam das Strumpfstrickcn einen
der Omnibus in Paris, oder er hielt doch wenigstens den Un harten Stoß; bey der Wiederherstellung der Preßfrcyhcit vcrs
ternehmer mit allerlei? Einwendungen hin , so baß nichts aus lvr die Ccnsnr ibr H'ndwcrk, und wenn einmal allgemeine
der Sache wurde. Zum Glück für Frankreich , für die Pari« HandelSfrevbcit eingeführt werden wird, so wercen die Mau-
ser und für die Omnibus mußte aber endlich das Jesuitische thcn noch längcrn Fenerabcnd bekommen als ihr Herrn Mieth-
Ministerium abziehen , und be» dieser Gelegenheit wurde dann kutschcr. Dieß ist aber so der Weltlauf. Vor allem muß ans
auch die Stadt Paris den unerträglichen Polizevpräfcktcn los ; die Bequemlichkeit und Zuträglichkeit des Publikums gesehen
an seine Stelle kam ein billigerer, leutseliger Mann , welcher werden ; was diesem ersprießlich ist , verdient immer den Vor:
sogleich den Bortheil der vorgeschlagenen Anstalt einsab i»id z»g, und sollten auch zehn Hanbthierungen darüber eingeben.
seine Einwilligung dazu gab. So singen denn lezte Ostern Wenn ihr Herrn Micthkntscher jezt nicht alle mehr von eurem
die OmnibuS an in Paris herumzufahren. Eine Stadtdiligcnce Handwerke rcben könnet, je nun, so vertauscht eure Peitsche
war etwas ganz Neues, daher denn auch diese Wagen allges gegen ben Pflug oder gegen ein anderes Werkzeug, oder sucht
meine Aufmerksamkeit erregten-; jeder wollte das Vergnügen euch als Kutscher be» den OmnibuS anstellen zu lassen , und
haben, für seine fünf Sous eine Postflation in der Stadt ab? hiemil Gott befohlen !
zumachen , und auf diese Art zu reisen , ohne das liebe Paris (Die Fortsetzung folgt.)
zu verlassen. Bald wurden die OmnibuS «oll ; indessen hat der
Unternehmer sie noch nicht alle in Bewegung ge,sczt, denn er
will deren Kundert liefern , und klüglich bat er be» den Bou
levards angefangen, wo der meiste Verkehr stattfindet, und wo als« Berichtigung.
die beste Hoffnung ist, die Pariser an de» Gebrauch deS neue« In Nr. I2Z, Seite «91 , Spalte i , Zeile 5 »v» unten
Fuhrwerkes zu gewöhnen ; beständig fahren seitdem Omnibus ließ Erscheinung statt Einbildung.
von ben bestimmten Punkten ab , und bringen die Leute für
ihre fünf Sous ungefähr eine halbe französische Licue. etwa
eine Viertels deutsche Meile weit; wo sie stille halten, ist dann Bevlage: Literaturblatt Nr. 4Z.

Verlag der I. G. Cotta'schen Buchhandlung.


128.

M o r g e n b l a t t

für

gebildete Stände.

Mittwoch, 28. Mai i 8 2 3.

Me n st heimtich glkcklich lttt.


Da droben in b«, Wolken s»»ebt'.
Den Siwkran,. ewig jung dclaubt,
Dcn sezr die Nachwelt il-m auf» Haupt.
Goethe.

Di« Gedacht« ißfeyer Schillers zu Stuttgart. die ganze kultivirte Welt , und über,,« wird ihm die Ehr
furcht gezollt, welche dem echten Genius gebührt; er ist
Die mich den Statuten des Kiesigen Gesangvereins
angereiht den großen N>,s,ien der Vorwelt, die alS leuch
jährlich an seinem Todestage wiederkehrende Gcdächtniß-
tende Sterne am Horizont der gebildeten Mcnschbeit pran
fever Schillers fand auch dießmal, von der heitersten Wit
gen. Auch fever« wir nicht seinen Todestag — der Genius
terung begünstigt und von einer ungewöhnlich zahlreichen
und glänzenden Versammlung verherrlicht, mir deu gewöhn sieht keinen Tod! — wir fevern den Tag seines Uebertritts
in die höhere Sphäre, zu welcher er früh gereift war, weil
lichen Zierlichkeiten imZreyen unter dem Blüthe» schmucke
seine Seele, immer auf dos Höchste gerichtet, rastlos nach
der Natur statt; Frauen und Jungfrauen verschonte» dieß
dieser Reife rang. Sin verehrlicher patriotischer Sinn
mal den Gesang. Die frcywilligen Beyträge, welche ohne
wollte an diese Fever gern ein Denkmal knüpfen, das wür
vorausgegangene Ausforderung von den Theilnehmer» zu
dig sc», die Gefühle , von denen unsere Brust für den Un
dem bezweckten Denkmale des Dichters dargebracht wur
sterblichen beseelt ist, auszudrücken, damit auch die Nach?
den, bezeugten auf eine höchst erfreuliche Weise die warme
weit wisse, daß seine bankbare Mitwelt reif genug war,
Theilnahme an dem Zwecke dieser Fever. Von dem Gesang
die Größe des Genius zu fassen , der sie so hoch verherr
vereine dazu ausgefordert, sprach dabevHofrath Reinbeck,
licht hat und dem sie so viel verdankt. Ss bedurfte nur
Mitglied des Gesang- und des Schillersvcreins, unter
der Aeußerung dieses Vorsatzes, und der Erfolg war ent
Schillers Büste, die zwischen zwev blühenden Bäumen auf schieden ; denn dieser hängt einzig von dem festen Willen
gestellt war, folgendes:
«v. Der echte Wille ist That ; zwar vermag er nur nach
Hochverehrte! den vorhandenen Kräften vorzuschrciten ; allein diefe wach
Zum vierten Male kehrt der Frühling mit seinen Blu sen im Vorschreiten und er gelangt bestimmt zum Ziele.
men wieder und schmückt die Fever, die uns vor dem Heb Der rastlos sprudelnde Quell, dem sich in seinem Lauft,
ren Bilde des großen Mannes vereint, den Würtemberg mit wenn auch an sich nur unbedeutende Bäche mit unermüde-
gerechtem Stolze im engern Sirn,e den Seinigen nennt. t«r Treue zuneigen, schwttlr bald zum bedien Strome an,
Diese Fever — ihr würdiger Zweck ist bekannt, aber diese der auf seinen Wogen spielend die größten Lastfchiffe trägt.
Kever gilt nicht seiner Shre, sie gilt unserer, sie gilt des Deut Und gewährt der Anblick dieser glänzenden Versammlung,
schen Ehre. Schillers Name wird leben, so lange deut der edle Siftr, der sich überall zur Verherrlichung der Ge-
sche , i» so lange geistige Kultur der Menschheit überhaupt dächtnißftycr ihres unsterblichen Landsmannes beurkun
fortlebt; er tönt nicht blos in Deutschland, er tönt durch det, nicht den sprechendsten Beweis, daß die Treue für
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den patriotischen Zweck noch nnerschöpft ist, und daH i« stimnumg, für welche, wie sichs hier und in München be
dieser allein ein unversiegbarer Quell fließt, der, sollten währt hat, jedes deutsche Herz so empfänglich ist.
selbst keine andern Zuflüsse stattfinden, dennoch, wenn auch Doch nicht b!os in diesem.Srei sechst sich unfer
minder rasch, zum ersehnten Ziele führen würde? Allein Zweck der Theilnahme zu erfreuen gehabt ; wie viele erhe
unserm frohen Blick erscheint daö Ziel nicht so in der Ferne bende Beweise der Verehrung und der Liebe für den gros
mehr, wir sehen uns ihm bedeutend genähert. Die Zeit, sen deutschen Dichter und darunter wie manches rührende
welche zwischen der lezten Jever an dieser Stätte und der Scherflein ist ihm zugeflossen! und wenn der Dichter mit
gegenwärtigen verflossen ist, hat unsere Schritte bedeutend so innig gefühlter Wahrheit sang :
gefördert. Der landesväterliche Sinn unsers erhabenen „Ehret die Frauen! Sic flechten und weben
Monarchen erlaubte, daß die königliche Hofbühne allen Himmlische Nosen in's irdische Leben,
deutschen Bühnen, dem glänzendsten Schauplätze des ge- Flechten der Liebe beglückendes Band,
Und in der Grazie züchtigem Schleper
feverten Sohnes Württembergs, ein vorleuchtendes Bey- Nähren sie wachsam das ewige Feuer
spiel geben und eines seiner unsterblichen Meisterwerke zur Schiner Gefühle mit heiliger Hand
Darstellung bringen durfte, deren Ertrag dem Denkmale und in einer der folgenden Strophen des herrlichen Liedes :
des Dichters geweiht war. Mit patriotischem Eifer ent „Aber wie leife vom Zephpr erschüttert
sprach Stuttgart und die Umgegend einer so erwünschten Schnell die äolische Harfe erzittert,
Aufforderung, seine Liebe und Verehrung für den großen Alfo die fühlende Seele der Frau —"
Landsmann zu bcthätigen, und die ermunternde könig fo hat die aus eigenem freyen Antriebe von edeln zartfüh
liche befondcre Theilnahme an dem hehren Zweck sprach lenden Frauen in Königsberg in Preußen eingegangene Bey
sich in der eigenen großmüthigen Beysteuer aus. Dadurch steuer den sprechendsten Beleg zu den Worten des Dichters
ermuthigt, erging an alle Bühnen Deutschlands die Auf gegeben.
forderung, sich selbst zu ehren in der Beförderung eines So sind wir dem Ziele bedeutend näher gerückt, wenn
Denkmals für einen Dichter, dem sie ihren glänzendsten wir es gleich auch jezt noch nur in nicht unbedeutender
Aufschwung verdanken und den sie so oft und fo innig zu Ferne erblicken. Es war von Anfange hoch gesteckt, denn
rücksehnen mit seiner ästhetischen Kraft, einer Kraft, die es sollte durch alle deutsche Gauen , ja über diese hinaus
immer mehr in unfern dramatischen Dichtern zu ermatten als ein Wahrzeichen dastehen , daß es dem gesanimten
scheint und die der bloße Verstand nicht zu ersetzen ver Deutfchlande angehöre, wie der Unsterbliche, dem eS ge
mag. Der kunstliebende Sinn des erhabenen Monarchen weiht ist, als ein Wahrzeichen, wie Deutfchlands Völker
Bayerns, der eine neue Aera deutscher Kunst und Wissen sich felbst im deutfchen Genius zu ehren wissen. Der Ge
schast zu begründen scheint, beurkundete sich auch hier in genstand fchon hielt alle Kleinlichkeit fern. Ein weiter freyer
der huldreiche» Bewilligung einer ähnlichen Darstellung in Raum wird das Denkmal selbst in seiner Mitte auf einer
München, die sogleich erfolgte nnd nicht minder glänzende geräumigen Erhöhung empfangen, hoffentlich das kolossale
Resultate der Theilnahme an dem würdigen Zwecke ge erzgegossene Standbild des Gcfeyerten, dessen Züge die
währte. Andere große Bühnen, das königliche Hoftheatcr Meisterhand feines Freundes fo genial treu aufgefaßt und
zu Berlin, das zu Dresden, nnd selbst Bühnen mit klei der Nachwelt in einem unsterblichen Werke überliefert hat.
nern Mitteln , ja bloße Privatuntcrnehmungen faßten in In einfacher Größe wird es den ganzen weiten Ranm be
großartiger Gesinnung und mit edlem Enthusiasmus die herrschen, der in geraden Linien' von hochbclaubten Bäumen
an sie ergangene Aufforderung anf, und erklärten sich mit dasselbe umgeben wird, nach der Rücksicht, daß es ein un-
höchst verehrlichen Aeußerungen bereit, einen so schönen getheilter Raum sepn solle, der eine größere Menschenmenge
deutschen Gemeinzweck nach alle» Kräften zu befördern und unvereinzelt zu einem bestimmten gemeinsamen Zwecke auf
znm genügenden Gelingen den günstigsten Zeitpunkt zu zunehmen hat, und dessen Mittelpunkt das Bild des Gescycr-
wählen*). Wer könnte zweifeln, daß ein gleicher Sinn ten ist, das überall gleich sich dem Blicke darbieten muß.
für Nationalchre in der dankbaren Anerkennung eines Ge Ein frischer Rasen wird das Auge mit seinem energischen
nius, welcher des aeiammtcn Deutfchlandes hohe Zierde Grün erquicken. Breite Gänge mit Ruhesitzen werden in
ist, alle übrigen Bühnen, deren Verhältnisse es nur ir ihre Schatte» einladen, und bey künftigen Fevern ähnlicher
gend zulassen, beseelen werde , und besonders da, wo diese Art wie die gegenwärtige genügenden Raum darbieten.
Bühnen »on der Bestimmung königlicher oder fürstlicher Diese einfache,, der Würde des Gegenstandes angemessene
Gesinnungen für Deutschlands Ehre abhangen, eine Be- Idee liegt der bereits getroffenen Anlage des Raumes znm
Grunde, der absichtlich in der Nähe der Stadt und in der
Diefe »«rehrliche Zusage ist von der hohen Intendanz Nähe der Oerter gewühlt wurde, wo sich die Erinnerung an
deö kbnigl. Theaters zu Berlin bereits durch die «m Sterbe» die frühere Periode der Entwicklung des großen Gcisics*)nicht
tage des Dichters veranstaltete dramatische Akademie aus sei
nen Kerken auf das Glänzendste erfüllt worden. ") Das Gebäude, in welchem die Heye Carlsschule war.
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bloS d«n einheimischen , fondern auch dem fremden leb beten ..Geschichte des Abfalls der «reinigten Niederlande,"
hafter darbietet. Ist der Blick von diesem Räume aus oder in seiner „Geschichte deö drevßigjährigen Krieges
nicht sehr ausgedehnt, so ist dieser Maom ja nicht zu ei dasteht? Oder soll ich die Verdienste Schillers de« philoso
nem gewöhnlichen VcrgnügungSorte bestimmt und umsaßt phischen Denkers beleuchten, dessen Scharfsinn die »er-
das, was zu dem Gegenstände, der hier vorherrschen soll, wickeltsten Windungen der Spekulation zu verfolgen ver
in der nächsten Beziehung steht. mochte, der das Gesuchte nie entschlüpfen ließ, und nicht eher
Der Raum ist nun zu seiner Entwicklung für den ruhte, bis er es erreicht hatte? Oder soll ich Sie mit Schil.
beabsichtigten Zweck der Natur und der Zeit anvertraut: ltt, dem ästhetischen Erzieher der Menschheit bekannt
er bedarf nur noch der Pflege, die in treuen deutschen Hän machen ? Soll ich nachweisen , wie durch ibn in allen Ge
den liegt. Was daS Erste und Vorzüglichste als Grund bieten der Kunst und der Wissenschaft die Idee herrschend
bedingung war, ist so bereits zur Wirklichkeit gelangt ; die wurde, und welch ein erl»benes Ideal diesem Seböxfer-
weitere Ausschmückung hängt von den Kräften ad, die aus geiste vorschwebte? Oder soll ich Ihnen Schiller de» Men
ser der Beförderung deS Hauptzweckes darauf werden ver schen in seiner höchsten Würde zeigen , der im Aufstreben
wandt werden können. Der Raum ist bereitet, er erwar nach Wahrheit keine Hemmung kannte, und der selbst das
tet das hehre Bild, das ihm fem« Bedeutung und seine Leben einsczte, nur um Großes und Würdiges zu schaffen
Weihe geben soll. Dieß ist nun der deutschen Treue und und zu wirken? Oder soll ich Ihnen Schiller den Men
Liebe anvertraut, und diese wird nicht tauschen, denn sie schen in seiner höchsten Liebenswürdigkeit zeigen «IS Gat
läßt nie von dem, in welchem sich Dcutschheit im edelsten te, Vater, Freund, alS ermunternder, belebrender Füh
Sinne d,S Wortes , deutscher Geist , deutsches Gcmüth, rer aufleimender Talente, als freundlicher Warner gegen
deutsche Bildung verherrlichte, wie selten in einem aus Verirrungen und Abwege? Welch einen reichen , ja uner
ser ihm. Bedarf es wvbl noch dafür eines Beweises? schöpflichen Stoff bietet dieser Sinzige dar für das Talent,
Muß ich schildern die Verdienste Schillers, deS ly das ihn in seiner ganzen Höhe und Tiefe aufzufassen und
rischen Dichters von der Tiefe des Gefühls , wie es in darzustellen vermöchte. Meine Kräfte möchten, auch wenn
der „Klage der Ceres" ertönt ? oder deS epischen DichterS ich es versuchen wollte, dazu nicht hinreichen; aber es be
,vn der Hehheit und der plastischen Kraft, wie sie sich in darf auch dessen nicht, Sie, Hochverehrteste, zu überzeu
den Balladen „der Kampf mit dem Drachen," „die Kra gen, daß der jezt lebende Deutsche sich selbst und seine
niche deS Jbvcus," und in so vielen ähnlichen Meisterwer Seit nicht würdiger ehren kann, als wenn er seine Vereh
ken seiner epischen Muse offenbart; oder des schildernden rung und Liebe für diesen großen Deutschen in einem
Dichters von der reichen Phantasie idealer Anschauungen, würdigen Denkmal ans die Nachwelt bringt.
wie in seinem „Spaziergange ," in seinem „Herkulanum O daß ich alle Deutsche in diesem feverlichen Anqen-
und Pompeji ," oder des didaktischen DichterS von dem blicke vor mir sähe, diefühlen'und denken, und Sin», nicht
kühnen Schwünge zum Erhabenen , wie in dem Gedichte für Narionaleitelki it, für Nationalebrc baden; daß meine
„die Künstler," oder in dem in allen Literaturen einzigen, Stimme über ganz Deutschland hinreichen könnte! ich
„die Glocke ;" oder des dramatischen DichterS mit dem ge würde ihnen zurufen: Blickt auf dieses Bild, den Abdruck
weihten Blicke für menschliche Hoheit, Liebenswürdigkeit der sterblichen Hülle , die sich die Seele deS Unsterblichen
und Schwäche, wie in „Don Carlos," in „Wilhelm Teil," schuf ; es sind Schillers Jüge, die Ihr seht, der GeniuS
in „Maria Stuart," in „Wallenstein ?" Wem von JKnen der Freundschaft bat sie aufgefaßt, die Liebe *) hat sie für
schweben nicht die Aaubergestalten vor, in wem tönen nicht die seiniqe» erkannt. Seht diese erhabene, sreve, gewal
die Zauberworte, mit denen dieser Dichter Geist und Herz tige Stirn des Denkers, die Gcdurk«stärre seiner reichen
unS fesselt, und fo großer Dichter wir uns auch fönst rüh und bohen Ideale; seht, welch ein tiefes Gefühl auS diesen
men dürfen, de» welchem von ihnen ist dieß in gleichem Au^en strahlt, obgleich sie des belcbeiibcn Stcrneö erman
Maße der Fall ? Oder soll ich Ihnen Schiller den Gc- geln ; sein wie freundliche Milde um diesen Mund lächelt.
schichtschreiber vorführen , mit dem feinen großen Stoff in Für Euch dachte und bildete diese Stirn , für Euch glühte
aller seiner Ausdehnung, Verwicklung, Höhe und Tiefe dieses Gefühl, sür Euch flößen die Worte der Weisheit
beherrschenden Scharfblick , mit der hohen Ansicht von der und Tugend und des seelenvollsten GcmürhS von dieser
Menschheit, und mit jener pragmatischen uud anziehen Lippe. Als sein irdisches Auge sich schloß — ach! wir Ge
den Darstellung, welche als hohes, schwer erreichbares genwärtigen fühlen in diesem Augenblicke, wo abermals
Muster für GeschichtSdarstcllung in seiner leider unvollen-
wo Schiller feine vielseitige Bildung erhielt , und der Spiel- Seine Ä.'Nin >md seine Freunde bezeugten die KobeNel,»-
play de« Zöglinge , auf welchem auch Gr sei» Strichen hotte, lichkcir in der kolossalen Büste, dem Meisterwerke seine« Ju
liege» ganz i» der Nähe. gendfreunde» Dannecker»
5! K
tin unersetzlicher Verlust das Vaterland betroffen hat, *) ler, «nd dieses Heiligthum hat ihm seine
wir fühlen mit schmerzlich erneuter Lebhaftigkeit, was eS dankbare Mitwelt geweiht!
heißt, wenn zwcy Augen sich schließen, aus denen dem
Menschen Liebe, Glaube, Hoffnung, die höchste Menschen
würde strahlte — als diese Augen sich schloffen, da war Schiller an Arche,, hol z.
es ein Schrev des Schmerzcns durch ganz Deutschland, Jena den j«. Juli 4795.
und wo nur ein deutsches Herz auf dim ganzen weiten Schon mehrere Wochen , mein vortrefflicher Freund,
Erdkreise schlug, da fühlt« es den großen, allgemeinen habe ich mit jedem Posttage auf einen Aufsatz von Ihrer
Verlust als einen eigenen. Ju deutscher Brust erkaltet Hand geharrt, wozu Ihr lezter Brief mir eine sehr nade
die Liebe nicht. Ein Vicrteljabrhuuderr ist bald verflossen, Hoffnung machte, und habe deßwegen immer verschoben,
und »och begeistert der Name Schiller jedes deutsche Ihnen zu antworten. Bcynahe aber fürchte ich , daß Sie
Herz , denn jedes deutsche Herz verdankt ihm die beseli mich vergessen haben, und will also meine Antwort nicht
gendsten Regungen für Wahrheit, Schönheit, Tugend. länger verschieben.
Ihr sucht mit edlem Eifer die Vergessenheit früherer Jahr Ihre Darstellung »on der Räumung Tvnlons ist ein
hunderte gutzumachen, und errichtet kostbare Denkmale treffliches Stück , und wer es weiß, was dazu gehört , für >
frühern Verdiensten ; Ihr werdet nicht künftigen Jahr eine so verwirrte und wilde Masse den rechten Standpunkt
hunderten die Ehre der öffentlich beurkundeten Anerkennt- zu finden; und die Parthieen zu ordnen, der mnß den
uiß dessen überlassen wollen , der vor allen Euer war. Und Verstand bewundern, womit es angeleat und entwickelt
dieser Ruf. er muß ein antwortendes Echo in jeder deut ist. Auch der Geschichtschrcibcr mnß wie der Dichter
schen Brust finden, und vor Allen in der Brust seiner und Historienmaler genetisch und dramatisch zu Werk ge
Landsleute, in Ihrer Brust, Hochverehrteste, die Sie zu hen ; er muß die produktive Einbildungskraft des Lesers
nächst von seinem Glänze überstrahlt werden. Sein Va ins Spiel zu setzen wissen , und bey der strengsten Wahr
terland wird durch seine nie erkaltende Beförderung des heit ihr den Genuß einer ganz freyen Dichtung verschaf
hohen Zweckes sich würdig zeigen, daß Deutschland ihm fen. Dieses haben Sie hier, und wahrhaftig nicht Kter
das Denkmal seines Schillers anvertraut. allein, in hohem Grade erreicht, und es müßte ein schlechter
Ja, Unsterblicher, das theure Abbild deiner irdischen Maler srvn, der nach Ihrer Darstellung nicht in Stand ge-
Hülle, die dein hoher Geist beseelte, wird sich erheben iu sezt wäre, ein ausdrucksvolles Gemälde jener fürchterlichen
der Halle der Natur, welche d/ines Volkes Dankbarkeit Begebenheit hinzuwerfen. Ich bin ein zu schlecht belcs»-
dir weiht; es wird den Schauplatz deiner Entwicklung ver uer Historiker, als daß ich über Ihre historische Treue
herrlichen, dessen herzerhebende Fever wir vor wenigen nrtheilen , oder wenn ich es auch thäte , daß mein Urtheil
Monden »on den würdigsten Greisen und Männern des darüber für Sie einen Werth haben könnte; aber daß Sie
Vaterlandes, nicht ohne Sehnsucht nach dir, dankbar be die historische Kunst mehr als irgend einer in Ihrer Ge
gehen sahen **) und bcy dem deine Erinnerung im ceifern walt haben, dieß ist ein Zengniß, das ich Ihnen, öffentc
Alter oft mit Rührung weilte ; es wird dein Blick diesen lich und im Stillen, zu geben bereit und begierig bin.
Schauplatz zu überschauen scheinen, und ihm für jedes Auf das, was Sie über Polen sagen werden , bin ich
deutsche Herz eine höhere Bedeutung geben. Vielleicht sehr neugierig. Auch in der Wahl Ihrer Stoffe habe ich
ist uns das Glück vergönnt, daß wir, deine gegenwärtigen Sie öfters beneidet: aber vielleicht ist es nicht der Stoff,
Verehrer, unter denen noch mancher dir auch im Leben sondern der Geist, womit sie ihn beleben , w«S ihn frucht-
nahe stand, selbst noch zu deinen Schatten wallen, welche bar macht.
die süßen Schauer deiner Gegenwart erfüllen werden. Ist Ihnen noch nicht die Idee gekommen , ein kur
Wenn nicht, so werden die kommenden Geschlechter hin zes, gedrängtes Table«« von dem amerikanischen Frey-
wallen, und Väter und Mütter werden ihren Kindern heitskricg aufzustellen? Ich kenne nichts in der neuern Ge
dein Bild zeigen und sagen: Seht, dieß ist Schil- schichte, was unter der Hand eines guten Meisters so
allgemein anziehend werden könnte; denn die französische
") Durch den Tob bes durch Wissenschaft , Geist und <Se- Revolution ist wenigstens «or der Hand noch nicht reif
mütt, gleich ausgezeichneten kdnigl. Leibarzte«, Dr. Carl für die historische Kunst.
Christian Friedrich v. Jäger, der gerade am Todes Ganz der Ihrige
tage Schillers , am 9. Mai erfolgt war. Schiller.
Die am jjtcn Februar von den noch lebenden ckema-
ligen Lehrern und Zöglingen der Koken Carlsschule zu Stutt Um diese« Blatt ganz S ck i l l c r s Andenken zu widmen,
gart veranstaltete Feuer des hundertjährige» Geburtsftsics haben wir einen Brief bcugcfügr, den er als Hcrausgcber der
Herzogs Carls, des «wuchten Stifters dieser AnstM. Hören an den Herausgeber der Minerva geschrieben hat.

Verlag der I. G. Cotta 'scheu Buchhandlung.


529-

M v r g e n b l a t t

' . für

gebildete Stände.

Donnerstag, 29. Mai 1 8 2 8.

Heil dir, lächklnder Mai,


Blumenschdpfer.
Herzenfeßler,
Wecker de« Bergungen«,
Heil dir, lächelnder »lüthenmond!
Hilty.

F r ü h l i n g s l i « d e r. Und nur Eine sev der Sorgen :


In genießen Wald und Flur,
Won Karl Felder. All die Lust seit diesem Morgen
Liebe, Frühling und Natur!
Frühlingsleben.
Rath.
Glücklich an den Blütheniusen
Sink' ich, Maienerde, dir; Ja! nur dieß ist nun das Recht,,
Nicht bedarf ich euch, o Musen, Sich im Nacdt- und Lichtqeflechte
Dichtet doch der Frühling hier! Grüner Waloer auozuruhn !
Hell die Äugen aufgeschlagen.
lüfte säuseln , Wellchen fließen All die FrühIingSlust zu tragen,
Leise murmelnd durch'S Gestein, Sev dein stilles, schönstes Thun!
Vögcl durch die Wipfel schießen,
KlangcrfüUet hallt der Hain. FrühlingSlehre.
Grün - und gvldne Käfer eilen Fort, du Kram, an dem ich hafte!
Emsig hin durch GraS und Kraut; Alles steht in vollem Safte
Selbst das Sckineckchen will nicht weilen, Und ein allgemeines Blühn
Wo ,s Alles rege schaut. Lacht und winkt aus jungem Grün.
Draußen reden andre Blätter,
Dann die trauten Blümchen alle. Lehrt ein himmlisch FrühlingSwetter
Gelb und blau und weiß und roth. Mehr als alle Bücherlast,
Drängen sich am Wasserfalle, Was du, Leben, SüßeS hast.
Fast thut es um Räume Roth.
An die Vögel.
Und wie um dieß süße Blühen, Lieben Vögel, laßt euch zanken!
Bienen, euer Tönen summt! Was verbrachen die Gedanken
Ja, genug nun aller Mühen, Meines Ernstes, daß ihr sie
Jeder Kummer sey verstummt! Mir verwirrt, ich weiß nicht wi«?
In die webende Bewegung Lieben Vögel, ihr sevd Diebe;
Um mich hier in Wald und GraS Wenn ich gern gebunden bliebe.
Mische sich des Herzens Regung, Stehlt ihr mich von Tisch und Haus
Lieben, Hoffen ohne Maaß! UnversehnS zu euch hinaus!
4 .
FxühlingSpoesie^ Und Blei) in Füßen schleppt, ich kann nicht kleben
Welch ein Summen, welch ein Schwärmen, Am Koth, wenn mir der Schlachtcngvtt im Lorbeer
Welch ein lcis melodisch Lärmen Hochauf von Wölk' in Wolke schwebt voran
Tönt um mich in Einem Lied! Und mir die Rechte beut.
.Dichten wollt' ich, doch nur hören Marschall.
Soll ich nun von Bienenchoren : Ja recht, so ist's!'' ' '
Welchen Lenz nns Gott beschied.
Ein höllisch Nebelbild hat dir den Sinn
Verwirrt und neckt durch Gauckeleyen dich
Bruchstücke aus dem ungcdrucktcn Schauspiel: Zum Abgnind. Herzog, hör noch eins:
Ich Hab' mir jczt die Fahrt vom Bodensee
Die Gegenkaiser, Mit Fleiß berechnet und glaube, daß dein Bruder
oder Tpll Eulenspiegels Kriegsthaten. Noch heut' eintreffen kann. Halt ein, mein Fürst!
(Fortsetzung.) : » >. ' - Friedrich.
(Auf der Höhe de« Grundes erscheinen Trompeter Friedrichs Was, bist du rasend? Sich, so hat mich doch
blasend und stellen sich daselbst auf; seine Ritter kommen Der Traum dießmal nicht irrgeführt. Ich sah
herabgezogen und singen rasch unter «oller Trompctenbcglci: Den Bruder auf einem rabenschwarzen Roß
tung.) Dahergebranst , der faßt mich dep
Chor der Ritter. Des Helmes Busch und riß mich aus 'nein Strome
Steig, stolzes Licht, Von Blut. So kommt er wahrlich ! Marschall denkst du,
Schimmernde Panzer vcrgülde,
Rothe die Helm' und die Schilde, Cr soll uns, Händ' im Schoost , beym Feuerheerd
Jeglich Gesicht. Ueberraschen, nicht im Beruf, im Kriegeshandwerk nicht?
Leucht uns die Bahn, Marschall.
Die unsers Aaren Gefieder Du bist mit Blindheit fürchterlich geschlagen, Fürst,
Stürmend zum Kamxfgefild nieder Und rennst mit witz'gem Aberwitz in dein
Brauset voran.
Verderben —
Nimmer gewankt. Friedrich.
Taucht ench in schmutzige Farben, He! sorg wer für den alten Plichendorf,
Deckt uns der Lorbeer die Narben,
Sind wir bedankt. Er ist mit Sicbzigen in's Kinderwamms
Zurück und läßt sich Christkindskuchen backen.
Adelaar ficht!
Niedrige Nebel durchrungen Ist wer, der mit dem Aar zur Sonne zieht.
Bist du zur Sonne gedrungen. Um mich?
Ewig im Licht. Die Ritter.
Fri edri ch. Hoch! König Friedrich, hoch!
Von bannen, Kinder, und vorwärts. (Soldaten ziehen ab.) (Ziehen stürmisch ab , Plichendorf mit. Die Trompete» auf
der Höhe blasen dazu fort.)
Marschall Plichendorf.
Herzog, höre mich ! Zwevre Scene.
Halt ein auf dieser Hügelkette hier. Anderer Theil des Schlachtfeldes.
Laß deine Schützen neckend auf den Feind (Alarm. Kriegsmusik, rechter Hand Pfeifen und Trommeln
der Bayern, links die Trompeten der Oestreicher hiutrx der
Sich werfen und übcrmüthig sie zur Rache Scene. Chöre.)
Bergaufwärts locken, dann sind sie geworfen. Chor der Bayern.
Um alle Heil'gen steig nicht tiefer nieder! Dem heiligen Georgen
Friedrich. Vertraun wir unsrc Sorgen.
Siehst, alter Granbart, denn du einzig nicht Gills uns das Herzeusblut,
Die hohlen Rücken untrer flücht'gen Feinde, Send' er uns Sterbensmuth
Die Hasen bevm Treibjagen gleich den Grund gum Sieg, zum Sieg, zum Sieg.
Hinnnterschleichen mir verhängten Ohren? (Trommel und Pfeifen.)
Marschall. Chor der Oestreicher. (Mit Trompeten.)
Um drunten ja als Füchse sich zu wenden. Nimmer gewankt.
Taucht euch in blutige Farben,
Und euch im Anlauf tück'sch ein Bein zu stellen; Deckt uns der Lorbeer die Narben,
Ihr sevd verloren, wo ihr tiefer zieht. Sind wir bedankt!
Friedrich. (Ludwig und Schweppermann treten auf.)
Steh denn, wer sich im Podagra gebettet Ludw. Nicht daß mir ein Zweifel aufstiege, lieber
ffelbbauptmcmn , öder dein Kommando, denn ich feb dich Ihr bannt mir den Sieg aus der Hand durch euer vorei
lichklnd und sicher regierend über die Ebene hinauSdltcken, lig Beschreven. ,
die für mich nichts als ChaoS und Konfusion ist, und ich Ludw. Mann, der du den Sieg an sieben Kette»
bin recht gedemüthigt, daß ich von solch.,,, Erempel, das gefesselt lenkest , wie soll er dir entgehen ?
mir die Krone herauSrechnen soll, nicht mehr soll begreifen «SkKi, ad.)
können als der geringste .«necht. und nicht ebensoviel wa- (Di, Fortsetzung folgt.)
gen darf, wenn der beste Glücközug nicht gar eine Niere
»erden soll. Aber daß unsere Flanke hier immer weiter
zurückkommt und du aleichmobl von (yiiick und Sie« sprichst, Ucber das nächtliche Weitmesirahleu der Körper.
sollt' ich doch um ein Kleines besser einschen dürfen. (Fottstyunq.)
Schwer. Verehrter Herr Herzog, glaubt ihr, baß Wie der Schnee den Frost verhindert,
der rechte Flügel auch so zurück sev ? tiefi» die schneebedeckte Erde einzudringen.
Ludw. Wissen kann ichS nicht. Die Tiefe, bis auf welche in strengen Wintern die
Schwer. Warum vermuthet ihrs , Herr ? Kälte in den Boden eindringt, ist um so geringer, je
Ludm. Ich kann mich »om Gegenrheii darum nicht früher und reichlicher die Erde mit Schnee bedeckt ist.
überzeugen , weil der tolle Wirbelwind unS «ll den Staub Die Landlente haben diese schützende Kraft, welcher sie
nderS Feld duredeinanderjagr, daß kein Hanfe sicher ist, bald öfters die Erkaltung der Saaten verdanken, längst kennen
rechts bald links in die Blöße zu aerathen. lernen; so qesror z. B. in dem strengen Winter von l7«9
Em Bote (kommt). Herr Feldhauptmann, deine nach den Erfahrungen von Teissier die Erde bis ans die
Nürnberger, die sich b>S iezr unverrücklen Fußes gehalten, Tiefe von zwev-und zwanzig Zoll an den Orten, welche
da doch die Bödmen langst von ihrer Seite gewichen , las mir Schnee bedeckt blieben, während an ganz nahe lie
sen dir vermeiden, daß es nicht langer möglich, nach dieser genden Stellen, die der Wind von Schnee entblößt hatte,
Richtung zu fechten. Die wilden Ungarn haben ihnen ent- der Frost zwölf Avll tiefer eindrang. Aber erst seit we
aeqen schon dreimal die Mannschaft gewechselt und sie ha nige» Iahren besitzen wir die Grundlagen, auf welche
ben alle vestaudcn, aber das seo der ringere Feind; was sich eine genaue Theorie der verschiedenen Wirkungsarken
ihnen das Tageslicht schwinden mache, fev, daß ihnen die- dieses Meteors bauen läßt.
seS selbige jezt zwcv volle Stunden in die Augen blitze und Blieben die atmosphärischen Schichten ^unveränderlich
«Her Staub des Felde? vom Wind aus derselben Unglücks- an demselben Platze, so würde die Temperatur der Erde
^ ecke her ihnen wie Schuppen sich übers Gesicht lagere. von einer Sonnenwende bis zur nächstfolgenden «nf eine
Schwep. Vergönnt ihr mir, Herr Herzog, noch regelmäßige Art abwechseln, die kleine», von größerer
zwev Boten abzuwarten, eh ich mich gebührend gegen euch oder geringerer Reinheit des Himmels herrührenden Ver
rechtfertige ? änderungen abgerechnet; wenn dicß nun aber nicht der
Ludw. Ich weiß von keiner Rechtfertigung, werther Fall ist, so liegt der Gruud darin, daß die Winde öfters
Herr. ' die Arinosrchäre des Nordens nach Süden, und die des
Schwer, (zum Vrtcn) Meine Nürnberger sollen Fähn- Südens nach Norden führe» ; daß senkrechte Strömungen
lein für Zähnlein links in die Flanke ziehn und sich im die äußerst kalten Schichten der höheren Regionen mir
Winkel nach dem Inn zn in Front stellen bis herüber. bei, im Allgemeinen gemäßigteren an der Oberfläche der
Verstehst du? Erde vermischen. Wenn ein eisiger Wind an einem b,'
Bote. Noch weiter zurück, Herr? stimmten ?rte anlangt, so erkältet er schnell die Oberfläche
Schwep. Ich laß mein« LandSleute grirßen >md sie aller Körper, die er trifft, und diese Erkältung theilr sich
seven wohl geborgen. Sag ihnen das. (Boic ab.) medr oder minder schnell mittelst der Leitung den untere»
Ludw. Sie werden frohl ocken nn d sagen : Heida, un Schichten mir. Wen« die Oberfläche der Erde nackt ist,
ser Hauptmann wacht über misern Hältvtern für alle Schä so empfindet sie unmittelbar die Wirkungen des Windes,
den und eS ist kein Mangcl an »nS , den er nicht herstel und die innere Erkältung, die daraus folgt, kann be
len, keine Bravour, die er nicht zn nützen wissen wird. trächtlich seyn, Ist sie dagegen bedeckt , so trifft die nn-
Darum, Brüder, fällt kein Erreich in die Luft, den wir mittelbare Erkältung ihre Hülle, und die Schichten der Erde
führen, und so laßt unS rrcn nnd handig cm die Lese, der nehmen um so weniger Theil daran, je dichter diese Hülle
Schivexpermann keltert und der Ludwig; Feldhauptmann ! und je geringer ihr ^eirungSvermögen ist. Nun ist ab«
Schwep. Mein verehrter .«Herzog, n»S ««int il>r? der Schnee einer der schlechtesten Wärmeleiter, er wirb
Lud». Der Ludwig kostets und freut sich dessen, waS also dein Nebcrgimg der Kälte der Luft in den von ihm
mit Schweiß und BIM erkauft ist. " bedeckten Bode,! ein fast »ttübnsteiglichcS Hknderniß in
Schwep. Ei, ihr dankt, eh der Dienst gethan ist. den Weg lege». Wer sein Nutzen beschrankt sich nicht
hierauf, der Schnee thnr auch den Dienst, eines Schir interessantesten Augenblick bnvch ein Fest unterbrochen, b«i man
mes, und »«hindert durch seine Gegenwart, daß der de» sitzende» Schauspielern gibt, und welches das Parterre
Boden, welchen er bedeckt, nicht in heiterer Nacht durch stehend mit ansieht. Die Personen des Stücks sind gänzlich
vergessen, ober die Zuschauer blicken auf die Säuger, dir wo
Strahlung geg cn den Himmel eine Temperatur anders Hinsehen. Die Art. solche Feste hcrbcvzufükren, ist ein
erlangen kann, die mehrere Grade niedriger ist, als die fach ; ist der Prinz fröhlich ^ . sc> nimmt mau Theil an seiner
der Luft; diefe Art von Erkaltung ' geht dann auf der Freude und tanzt, ist er traurig, so will, man ihn erheitern
Oberfläche des Schnee's vor, und wegen seines schlechten und tanzt. Aber es gibt auch »och viel andere Anlässe zum
Tanze», denn die wichtigsten Handlungen deS Lebens werden tan
Leitungsvermvgens nimmt der Boden fast keinen Theil zend vollbracht. Die Priester tanzen, die Soldaten tanzen, die
daran. (Die Fortsetzung folgt.) Götter ranzen , die Teufel tanzen ; mau ranzt bis zum Be-
gräbnig, und alles tanzt « ro-op«, von allem." Wir sehen,
die neueste» Spoutinischc» Opern sind auch von dieser Seite
K v rr e sp o n d e n z -N a chr i ch t e n. her nur die Wiederholung der alten französssclien. Den Haupt
Berlin, April und Mai. zug aber dieser großen Over», wie der französische» M«rsik über
^ (Fortsetzung.) haupt, bar Rousseau nircirno? anacaebcn. Man kann diese
Passender noch ist das Urtbeil Ronsseaus über Nameau in Musik vorzugsweise die ctiarattcristische nennen. Durch daS
Betreff auf das Orchester. „Er hat das Orchester, es sey wie eS Strebe» jedem Wort des Tcrtcs zu folge» , nicht nur die all
will . sagt Rousseau , mißbraucht ; er machte die Begleitung so gemeine Stimmung auszudrücken , sondern alle ihre Nuancen,
konfus, so uberladen, so häufig, daß einem der, der Aufführung und in ci»c Arie z. B. vielerlei) Empfindungen hineinzuzwän
seiner Opern der Kopf von dem unendlichen Getöse der maus gen, vermag die Melodie nicht sich frey zu entwickeln , wird
«ichfnchen Instrumente bersten mochte. Man wurde die Opern überall unterbrochen, mebrere werden nebeneinander aufge
mir Freuden Koren , wenn sie die Ohren weniger betäubten. häuft, u»o keine weiß das ?l,r recht' festzuhalten und zu vcr,
Weil da« Orchester immer spielt . ergreift es , trifft es nicht folge». Durch dasselbe charakteristische Strebe» werden sie est
und verfehlt fast immer seine Wirkung. Die überladene» Be hart, gezwungen, »»melodisch, »nd überall schimmert das Kno
gleitungen bewirken gerade das GegeutKcil von dem, was sie be chengerüst der harmonischen Grundlage, des Taktes, stark «i«r-
zwecken. Anstatt die Aufmerksamkeit ftflzubalren , zersplittern kirten Rhythmen u. s. f. , als die Hauptsache hervor.
und zerstören sie dieselbe. Man wird mich nicht bereden, daß (Die Fortsetzung folgt.)
drcy oder vier Motive durch eben so viel verlchicbcne Instrumente
übereinander gehäuft, lobcnSwerth scyen , wenn man mir nicht Paris, Mai.
erst bewiesen bat, baß drey oder vier Handlungen in einer Ko i . (Fortsetzung.)
mödie ndthig sehen. Doch Niemand hat besser als Rameau Die Fiaker wollen nicht nachgeben; sie sollen Berath«
den Geist des Einzelnen erfaßt und besser die Kunst der Kon schlaqunq gepflogen haben , und es heißt , sie wollen jezt nicht
traste verstanden ; zu gleicher Zeit aber hat er seinen Opern mclir durch Klagen und Bittschriften. sondern dadurch gegen dieOm-
jene so sehr gewünschte Einheit nicht zu geben gewußt." nibus kämpft», dag sie es ihnen an Pracht znvvrthu». Da nämlich
Wenn Rousseau wieber unter uns träte und den Auftrag er die Fiaker meistens alte und schmutzige Kutschen sind, woge
hielte, eine kurze Charakteristik Spontinis zu liefern , er würde gen die Omnibus sich als wahre ElcganS darstellen , so wollen
diese Worte wiederholen können. Auch dasjenige, was er den die Eigenthümer der Fiaker eine Revolution in ihrem ganze«
St. Prcur von PariS aus seiner Geliebten über die große Wesen hervorbringen. Die alren Wagen sollen brv Seite ge
französische Oper schreiben läßt , würde er hinzufügen dürfen. schafft , und dagegen ganz neue , die Omnibus an Eleganz noch
„ES steht , schreibt er , nicht Jedem so freu als du es glaubst, übertreffende Kutschen verfertigt werden. Auch die Kalb zer
seine Meinung über diesen wichtigen Gegenstand zu sagen. lumpten Kutscher sollen gegen einförmig wie Hcrrscnaftskur«
Man darf hier über alles reden , nur nicht über Musik und die scher gekleidete Leute , oder eigentlich ihre Klciduug gegen eine
große Oper. Die französische Musik erhält sich nur durch eine Livree umgetauscht werbe» , und außerdem soll noch ein
sehr strenge Inquisition ; die Diskretesten schweigen und wagen Junge als Jockcu hinten auf stehen. Dafür solle» bann die Preise
nur, wenn sie unter sich und, darüber zu lachen. Die Sänger der Miethfuhren erhöht werden, so daß die Fiaker alsdann für
und Sängerinnen , eS ist wahr, sind Leute, die das Publikum die Begüterten, die Omnibus aber für bie^nindcr beinittelre«
bezahlt , und die sich dem Anschaun und der Kritik Preis ge Pariser dienen würben. Unterdessen arbeiten die Vaudeville-
ben ; aber alles dicß ändert seine Natur . in sofern dieö eine dichtcr a» einem kleinen Schwanke über den Wettstreit der
königliche Akademie derlMusik, eine Art souvkränen Hofes ist, Fiaker und der Omnibus. Laßt n»S nun den Fiakern und
der ohne Appellation in seiner eigenen Sache Recht spricht, und de» Omnibus gutes Glück und gute Reise wünschen , und zu
sich nicht eben sehr piquirt Gerechtigkeit Kandzuhaben. AllcS einem andern Unternehmen übergehen, das u»S etwas Großes
kündigt in diesem Lande die Härte deS Ohrs an. WaS mich verspricht. „Ist eS nicht zu verwundern, daß zu einer Zeit, da
anbetrifft , so bin ich überzeugt, daß man daS Geschrcu einer man Eisenbahnen anlegt, Woaen ohne Pferde und Kutscher dar
Opernsängerin wie die Kraftstücke eines Gauklers auf der Messe über verrollen läßt , da mau die Straßen mit GaS beleuchtet,
beklatscht; man leibet, so lange eS dauert , und man ist fo zu kurz, da so viele erstannungSwürdige Erfindnngen ins Werk qe-
hieben es ohne Unfall enden zu hören , daß man gern seine sezt werden , das Ausbrüten der Euer fast noch auf demselben
Freude bezeugt. Stelle dir vor, daß die Musen. Grazien. Amoret Punkte steht, als zu jener Zeit, da der Mensch noch baarfuö
ten . ja BcnuS selbst in dieser Weise singen. Für die Teufel ging und a»S der holen Hand trank? Heutzutage wie damals
ginge eS noch ; diese Musik hat etwas Höllisches , welches ihnen ist man noch nicht weiter gelangt als bis zu dem Verfahren,
nicht übel stehen würde. Die Ballette sind der glänzendste der Henne ein Nest zu bereiten und sie das Sv ausbrüten ,«
Theil dieser Opern . und für sich betrachtet , gewähren sie ei lassen." -
nen angenehmen Anblick , aber sie gehören zu den wesentlichen (Der Beschluß folgt.)
Tbeilcn deS SrückeS, und in dieser Eigenschaft muß man sie
betrachten. Gewöhnlich wirb bey jedem Akt die Handlung im , Beylage: Kunstblatt Nr. 4Z.
^Verlag der I. G. Cotta 'scheu Buchhandlung.
M o r g e n b l a t t

f ü r

gebildete Stände.

F r e y t a g, z«. Mai i 8 2 3.

Da« Reich der Osmanli«, dies» kranke Sta»««kdrper «hält sich


nicht durch milde, mäsize Diät, sonder» durch gcwaltsame Mittel,
die il>n fortwährend erschöpfen und untergraben.
Montesquieu.
lettre« p»r»»ne>

Türkische Staatsvcrwaltuag ^). Kopf abschlagen, seine Franen und Sohne umbringen las
sen kann, wagt es nicht öffentlich ein Glas Wein zu trinken.
Die türkische Regierung ist der Despotismus mit sei: Unter den Titeln des GroßKerrn findet sichauch der des
nem ganzen, vollen, furchtbaren Egoismus. Der Sultan Hnnkiars ober Morders , weil ihm das Gesetz freve Macht
«reinigt wie die ersten Kalifen alle Gewalten in sich, er und Gewalt über daS Leben seiner Nnterthanen gibt ; es
macht die Gesetze, lä?t sie ausführen und steht auch an der läßt sich ihm nicht einmal als Verbrechen vorwerfen, wenn
Spitze der Religion. er täglich «»9 Menschen ohne Ursache tidtete. Wer abcr
Mahoinet pflegte oft zu sagen : eine Scheide kann nicht sollte es glauben, daß sich Mvslem nach der Ehre febnen, von
zwcv Säbel zugleich enthalten. Dicß Wort ist von seinen des Sultans Hand zu fallen, denn sie haben die Mevnung,
Nachfolgern festgehalten worden, und jczt wird damit in der Tod von feiner Hand oder auf feinen unmittelbaren
der Türkey die Einheit und UNtheilbarkeit deS Reichs und Befehl gebe das Märtvrerthnm.
der Macht bezeichnet und ausgesprochen. Hiernach wird Sine despotische Regierung mnß mehr denn jede <m>
die vbcrpriesterliche Hoheit des Sultans von Konstantino- dere über die Mittel verfügen können, die blinden Gehor
xel und seine Eigenschaft als oberster Iman von allen Mos- sam auflegen, sie muß bevm geringsten Widerstand ver
lemfürsten und Herren anerkannt, wenn sie die vier or- nichtend eingreifen können. Darum theilen auch die Beam
thodoren Gebräuche beobachten. Einige, z. B. der Kaiser ten diese Gewalt ihrer Regierung, und icdcr hat über
von Marens, die Fürsten Arabiens und des übrigen seine Unterq, ordneten eineunmnschränkte Gewalt, die von
Orients, huldigen seiner geistlichen Hoheit, die andern aber, Stufe zu Stufe herabgebt.
wie die Dev's in Afrika, erkennen auch feine weltliche Ober Der Muphti steht alS Sivil-Autorität unter dem
herrlichkeit. Vezir, ist ibm aber übrigens gleich. Dadurch zerfallt die
Indessen darf der Sultan doch nicht ungestraft die Ge Regierung in zwey Hauvtabtheilungen. Die des VezixS
setze des Propheten übertreten, eben so wenig wie manche umfaßt «Les, was auf die Regierung im enqern Sinn Be-
von der Jett geheiligte Gebräuche. So kommt es, daß zuq bat, die des MupHti aber beschränkt sich auf die Ju
die Sultane auf das Korps der'Ulcmas oder Doktoren der stizverwaltung.
Rechte sehr viel, oft bis zur Schwache Rücksicht nehmen. Der Groß-Vezir regiert im Namen des Sultans, des
Der Sultan, der ungehindert jedem Vorübergehenden den sen Stellvertrcrer er ist und dessen Sieqel er führt. In
keinem Lande findet sich eine ähnliche Stelle. Nur die Aus
*) Au« M»nv'« Vorlesungen in Senf. legung der Gesetze gehört nicht in seinen Benich. Aber
S'S
je mächtiger er ist, desto mehr Verantwortlichkeit hat er. dieser, bald aus jener Klasse zu wählen, um wenigstens
Au dieser hohen Stelle gelangen gewöhnlich mir Lieblinge in der Einbildung das Gleichgewicht herzustellen. Diesen
des Sultans ; aber in dem Augenblick , wo der Liebling Versuch erneuern sie auch durch die Ernennung eines neuen
Wezir wird und die Allgewalt seines Herrn übernimmt, Vezirs , so oft das Gleichgewicht dedroht oder unterbro
wird er dem Sultan verdächtig ; denn von nun an sieht er chen scheint.
in ihm nur einen Feind, der nur auf die Gelegenheit (Die Fortsetzung folgt.)
wartet, seinem Herrn zu schaden oder ihn vom Thron zu
stürzen. Dcr Vezir ist für Alles verantwortlich, das
während seinerVerwaltung vorfällt, und dcr Tod droht ihm, Bruchstücke auö dem ungcdrucktcn Schauspiel :
so wie er dem Volk mißfällt, oder so wie der Sultan drin Di < Gegenkaiser,
genden oder doch dringend scheinenden Verdacht gegen ihn oder Tyll Eulen spiegels Kriegsthaten.
hegt. So lebt er immer zwischen Furcht uud Allgewalt,
und seine Zeit geht fast in Bemühungen hin, um sein Le Dritte Seene.
ben gegen die Umtriebe dcr Großen zu sichern. Die Ve- Enger Weg.
zirswürde verdankt dem Sultan Amurat II. .ihre Entste (Friedrich mit verbundenem Kopf vom Marschall hereingeführt,
hung. Cr wollte damit einen seiner Generale belohnen, einige Ritter folgen.)
der Adrianopel erobert hatte. Nach dcr Konstitution des Friedrich.
Reichs sollcn die Vezirs aus allen Klassen der Untertha- Bringt mir den Rappen auf die Beine wieder,
nen gewählt werden können. Dieß war für die frühere Herr Marschall. O es ist nicht Nastens Zeit.
Zeit weise, den» damals war die Taktik noch in der Wiege. Reitet zurück und fragt die Ungarfchützen,
>Damals, wo Muth, Tapferkeit, Stärke und das Zutrauen Was sie erschreckt, was so unrühmlich sie
der Soldaten bey einem General die Hauptsachen waren, ward Die Sohlen wiesen. Gott im Himmel, sagt
natürlich der stärkste, tapferste und unerschrockenste Moslem Mir's nur, was hat so wieder allen Sinn und
?z»m Stellvertreter des Sultans ernannt: er führte seine Crmessen uns so plötzlich ieck gestoßen ?
Brüder und Waffengefährten zum Kampf und Jeder strebtc, Marschall.
sich feiner Nachfolge würdig zu zeigen. Wenn er zu Ge O Herr, 's ist ein spitzbübischer Feind,
richt saß, war es immer auf Kriegesart, und das Schwert Cr hat nicht Männer gnug von deutschen Sehnen
zerhieb gewöhnlich den Knoten. Was brauchte ein Vezir Uns bieten können, da alliert er sich
damaliger Zeit die Lage andcrcr Länder zu kennen, da seine Mit dem verbotnen Bann der Wetterkräfte,
religiöse und politische Pflicht war, seines Herrn Feinde zu Und sendet uns statt Hagels spitzer Pfeile
bekämpfen, wo er sie immer fand? So blieb es aber Des Sonnstrahls wüthende Skorpionenstiche,
nicht. Die türkischcn Sultane wurden dcr Eroberungen Des Wirbclstaubs verblendend tück'fchen Regen,
müde und gründeten eine feste Niederlassung. Dadurch Das miverwundlich Neckcnde
änderte sich das Verhältniß und die Stellung des Großvezirs, In unsere männerspähnden Kriegcraugen.
andere Forderungen konnten nun an ihn gemacht werden, Ein Ritter.
und seine Pflichten wurden ganz anderer Art. Der Sul Ja, Herr,
tan hätte seine ersten Minister nun eher untcr den Gesez- Des Feindes schmutzgedeckten Waffenstaat
zesleuten, als den unterrichtetste» Männern des Landes, su Genierte kein Rcfler der irren Lichter;
chen sollen. Dabep aber fürchtete sich der ängstliche Despot, Doch unsre Harnische so wetterleuchten»
die Macht ausschließlich dieser Klasse anzuverrrauen, wo Von Schien' auf Schiene, goldnem Helm auf Helm
durch die Ulcmas zu Herrn werden konnten. Cr fürchtete Und Tartsch' auf Tartsche je des Nebenmanns,
aber auch seinen Vezir aus der Armee zu nehmen und Warf solch ein Flitterheer irrleuchtender
diese dadurch zu sehr zu begünstigen, zumal es augenschein Gespenstcrfunken in unsre stolzen Reih'n,
lich war, daß sie der Frieden entnervt hatte, und daß sie Daß wir genarrt uns selbst und unsre Brüder,
dem Sultan nicht mehr wie sonst mit vollem Zutrauen er Den Streich nicht schauend, den das Herz erzielte.
geben war, seitdem er sich nicht mehr selbst/ an die Spitze Im falschgeführten Wechfelstoß zerhackten.
seines Heeres stclltc. Sollte er dagegen seinen ersten Mi . , Marschall.
nister immer aus dem Volke wähle» ? Dcr so aus den Ket O es ist hart , geblendet und betäubt.
ten, in denen er geboren und erzogen war, erhobene Sklave Wie arme Sünder sich zur Schlachtbank schleppen!
würde durch seinen Klcinmurh immer das Spiclwerk der Friedrich.
Priester und der Armee seyn. Darum haben die Sultane Und gar sich schleppen lassen von Verblendete«
den alten Gebrauch bevbehalten, ihre Minister bald aus Zur Schlachtbank, ist ein härter Schicksal noch ;
51?
So willst du sagt«, Plichendorf; sog's Gesammte Landschaft, baß auf drevßig Schritt
Ich weiß es. (Gr sezt sich nieder.) Kein Baum sein Laudgeist herüberbietet.
Marschall. Doch, doch, Hirt ihr? der Hufe hohles Trotte«
Bevm Teufel, Herr, f» solltet ihr Am Grund? sie wenden sich hieher, es dringt
Nicht reden. Magst du mich 'neu Hund doch schelten. Ein Banner durch den Nebel!
Daß ich trotz deinem Hohn mit grauem Haar Zriedri.ch.
Dir in die Schlacht gefolgt. Ich seh auch grau Banner! Cngel!
Im Ucbelnehmen und geb' nicht viel mehr drauf. Die Farbe? Plichendorf! die Farbe, Farbe, Farbe!
Denn nur das Sine steht mir licht und funkelnd, Ritter.
Zed' andres überstrahlend, was mein Leben lang Herr, 's ist ein Ncbclbild, der graugeführt«
Ich deinem Haus geschmoren und auch öontur nur reißt sich auf wie Schattenspiel
Gehalten Hab', daS Vollmaß meiner Pflicht. Im Dampf. Ich ahne keiner Farbe Spur.
(«eh« ssch ab.) Friedrich.
(Pause. Ferne Trvmpetenmvsse läßt ssch hbren. Chor von Stim: O stand' ich oben , ,ig ich mir den Schatten
men dazu, mit voller Trompetendegleitung.) .Des Banners mit des Rasens Jaubcrwunsch
Mel. Huftirenlied. An'ö Aug Hera». Ich sendete, was meine Seele je
Was klingen doch Trompeten Von Kraft gefühlt, im einz'gen Sehnerv auf
So übermüthig hold, Die straffste Bogensenn' und schleudert es
Hell durch die Trommelflöten,
Und glitzern pur wie Gold! Hinaus ins Ncbelivettcr, daß es königlich.
Sevd ihr in Herzensangst und Nöthen, Wie Blitz' einfallen in die Mitternacht,
Laßt unvermeilt trompeten, trompeten. Das Licht sich schüs und Farben zündete!
Friedrich (hat ssch horchend aufacrichtet). O eines Knechtes Aug ist Finsterniß,
Die Lust streicht aus Südwestwest, Plichcndorf, Wo Sonnen sich begrüßen!
Nach Oeling zu stand doch mein linker Flügel, Ritter.
Der se? geworfen ja mein linker Flügel, Herr Gott, da bricht ein rothcr Sounstrahl durch!
War'S nicht so ? ganz geworfen und zerstreut. Silberne Helm' an Hunderte, o Himmel, hell.
Marschall, kann man nicht rechnen, daß vom Bodensee— ? Wie Frühlingsschollcn sich vom Eise lösen.
Habt ihr nicht selbst — ? Marschall, sprich, hilf und rede! Und mehr und mehr, das Banner glänzt!
Marschall. 0 Heiland — ich —
Bey dem Lebend'gen, 's ist kein Trauerlied, Friedrich.
Das da hereinbricht, recht der Ton von Minnern, Wahnsinniger, sprich!
Die ungestäubtcn Schuhs noch den gestampften Willst du wie Weltgerichtsengel deine Lust
Tanzplan betreten und unermüdcte An ewiger Perdammniß kühlen?
Sxielleute hellen. 'S ist beym großen Gott Ritter.
Kein Bayermarsch ; Steigt, Herr, auf jenen Strunk! O lieber Herr,
Ihr müßt zum mindesten die Banner aus Mir warf der Glanz und Schrecken die Besinnung
Der Gasse ragen sehn , wenn sie sich nah». Zusammen. Das Panier ist roth und weiß,
(Ein Ritter steigt «nf den Bimmstrunk.) s' ist Oestrcichs Fahne!
Chor (wie oben, näher.) Marschall.
Auf Windesschwingen flattern Hirt ihrö, hört ihrs, Herr?
Gleich Vögeln sie heran. O welch ein Bruder! welch ein gnäd'ger Himmel!
Und kapitolisch schnattern. Chor.
Dem sie als Freunde nahn.
WaS pfeift und quiekt in Feld und Stödten, Nur traut nicht allzurüstig.
Das überschrev'n Trompete». Gar tugendsam und sittg
Marschall. Versteckt der Bise listig
Den Schweis im Voqclfittg.
Was seht ihr? Auch Winseln, «lucken, Heul'n und Veten
Mitter. Vertuschen die Trompeten.
Noch ist's unerreichbar, Herr, Friedrich (z» einem Ritter).
Kür's Aug , was doch dem Ohr so traulich nah. Nimm den Demanle,,, den der Shni mir
Der Staub des Feldes, in den Rauch deö brennenden Vererbt, der nie besiegte Habsdnrgskaiser,
Vorwerks geschleyert, hat ein dicht Geweb Flieg mit gen Salzburg , dort vom Zürstenhof
Von nacktem Licht gebreitet über die Blizt meilenweit ein sehnsuchtglühend Auge
52«
Entgegen dir und dürstet heiß nach Kunde. stische Ausdruck durch den, wie die Franzosen sagen, nurxsal-
Still ihm dc» Hcrzkrampf, meinem Weib schrey zu, mvdircndcn Lulli und den gelehrte» Ramcau »och nicht gefnn-
de» war. daß Männer wie Diderot nun auch in der Kunst
Daß mir auch eine Marchfeldsschlacht geworden. das laute Fcldgeschrcv : Natur! Natur! erhoben; der natür
Daß fürder ich keinen Rudolf mehr beneide. liche Schrey der Leidenschaft sollte diese,» neuen Gebote zu
Eine Welt zum Lohn, laß dich nicht weiter blicken! Folge nachgeahmt , alle Empfindungen . welche die menschliche
(Ritter ab). Brust nur zu hegen vcrniag , sollten nach der Art und Weise
ihrer natürlichen Aeußcrung ausgedrückt werden. I» diese
Marschall. Zeit fällt auch die Entstehung der sogenannten Buffovpern,
Fürwahr, mein Klcinmuth hat sich nach welche Duni nach Paris brachte, und welche sich später auch
Gelohnt. Dir hat der Gott im sichern Busen auf dem tKe'Zl-e k>^«»u besonders als eine neue Gattung der
Gesprochen, dich hat dein Gestirn getrieben. französischen Musik ausbildeten. Ein Gemisch von Leidenschaft
tcn wurde leicht, melodisch, gefällig, ohne tiefe gelehrte Kennt«
Mein Fürst! Da weichen irdisch ausgegrübelte. »ifi der Musik, naturgemäß und charakteristisch dargestellt.
Bedenklich kluge Stimmen. Du vergibst mir ? Dieses neue Genre als die Wahrkaste Kunst darzustellen , be
(Ein Ritt« kommt verwundet aus der Gasse.) mühte» sich Rousseau und Diderot mit alle« ihren Kräften.
Ritter. „Diese beliebten Feinheiten der Kunst, sagt Rousseau, diese
Nachahmungen, diese Dvppelmorivc . diese gezwungene» Bässe,
Flieht, wem die lezte Kraft noch dran zu setzen! diese Gcge»fugcn sind nur ungestaltete Ungeheuer, Denkmale
S' ist alles, alles hin ! des schlechte» Geschmacks, die man in die Klöster verweisen
Friedrich (flößt ihn nieder). sollte." In diese kleinere» Opern flüchtete sich alle Melodie,
Spar dir dein LezteS, deren die Franzosen fähig sind, und in diesem Genre haben
sie viel Liebliches , Freundliches , durchaus aber immer Elia»
Du Abstreichsrittex und streich dein RittertKum rakteristisches geleistet. Es kommr den Franzosen durchweg
Aus meinen Siegstroxhäcn ! mehr auf den Inhalt an als auf seine AuSdruckswcise ; sie
Ritter. wollen nicht eine gulgcarbcitctc Arie, eine schöne Melodie,
Mein Heiland sep mir gnädig! sondern sie wolle» ganz in entgegengesezter Weise als die Ita
liener diesen oder jenen Inhalt, Zorn, Schmerz, Wuth, Ent
Du hast mich falsch gemordet, König, 's war zücken , Verzweiflung u. s. f. hören. Dicß Hervortreten des
Dein leztes Häuflein, die den Hohlweg wir Jnbalts als der Hauptsache zeigt sich auch besonders in den
Gedeckt, bis uns anch von der dritten Seite Chansons, von denen Rousseau sagt, wenn die Franzose»
Der Feind umzingelte. Dein Bruder Heinrich Gefühle zu singen wüßten . würden sie nicht Spiele dcS
Verstandes singen. Doch es ist Zeit zu Cherubim . von dc,n
Hat mit dem Banner sich ergeben. Armer Fürst! wir anSgingcn, zurückzukehren. Die größte Umgestaltung der
Dich hat die Färb getäuscht wie uns; du denkst französischen Oper haben die Franzosen dem Streite der Glucki«
Dich Sieger! Ich möcht wohl meinen lezten Hauch stcn und Piccinistcn zu verdanken , Melodie und schönste, srrn,
Dir so verhaßt nicht machen. SS ist der stc Vcrvi»dttng derselben mit charakteristischem Ausdruck hat
Burggraf von Nürnberg, der so lügnerisch dc» Sieg davon getragen ; doch gerade diese Verbindung im
Mit falschen Wimpeln segelte und uns höchsten , vollendetsten Grade ist nur den Deutsche» gelungen
In Grund gebohrt. Leb wohl, Herr, rette dich! (stirbt) und bev ihnen heimisch geworden; die Franzosen sind in ihre
(Der Chor von des Burggrafen Kürassiren zeigt sich auf der allen Fehler wieder zurückgefallen; die französischen Fehler, auf
jenen besseren Gluckschen Bode» gcsäet, bringen ?rüchre her
Höhe unter Trompete» und Gesang.) vor wie die Abenccragcn und die Spontinische» Opern, nur
Doch klingen die Trompeten daß bey Spontini alles aufs Extrem hinausgctricben ist, was
Recht übcrmüthig hold. beh dein älteren Cherubim noch Maaß hält. Man kann Che
Hell durch die Trommelflötcn rubim in den Abenccragcn nicht dcn Vorwurf seichter Melo
Und glitzern pur wie Gold. dien nnd durchaus mclodicloser. schroffer, mühsam aneinander
GiltS jede Sorge zu zertreten. gercibter Harmonicgängc , phantastischer, erkünstelter Effekte
Ich sags, blast uns Trompeten! machen; wasSpontini in dieser Weise ganz auseiuander tre
ist dem Marschall regungslos in die Arme gesunken.) ten »nd mir einander abwechseln läßt , weiß er noch besser zu»
Marschall. sammenzubaltc» ; der Takt und Rhythmus ist beu ihm noch
Ich seh noch eine schmale Straße, Herr, nicht, wie an manchen Stellen beh Epontini . der alleinige
Die uns vielleicht noch frenstehr. Großer Gott, Herrscher . seine Instrumcntirung ist ausgezeichnet , und noch
Welch fürchterliche Wendung ! (führt ihn ab.) nicht so überladen, daß die »»endliche Mühe dirscr Ausarbei
(Der Beschluß folgt.) tung als ein bloscs Gelärm und Getöse ans OKr klänge; er
Korrespondenz -Nachrichten. glaubt noch nicht, dag bloscs Geräusch, als z. B. Klappen auf
Berlin. April und Mai. die Schilde, Stosien auf den Brettervodc», Musik sep, und.waS
(Fortsei)»««.) jh» bev andern Vorzügen chrcnwerth macht, er arbeitet gründ
Wie die Franzose» malen u»d dichten, komponieren sie er nicht Nur
licher. Arien, im Sinne Mozartscher, Glnckscher, weiß
zu mache». Doch wir dürfen nicht in de» jezt allge
auch ; sie sind die beste Widerlegung sür jene Theorie , welche mein gewordene» Fehler verfalle» , über die Musik die Kunst
das Charakteristische einseitig als de» ganzen vollständi-
gen Begriff dessen , was die Kunst zu leisten habe , aufstellen selbst und alle andern Künste zu vergessen, und breche» daher
wollte. In ihre großen Oper war aber z» Rousseau« Zeit lieber ab. <Die Fortsetzung folgt.)
so viel similosc Pracht , so viel äff, krirtcr Ausdruck , verzierter
Effekt u. s. f. hereingekommen, während der acht charakteri Belage: Literaturblatt Nr. «4.
Verlag der I. G, Cotta 'scheu Buchhandlung.
M o r g e n b l a t t

f n r

gebildete Stände.

Sonnabend, 31. Mai 1328.

Furchtet nicht
Für l?uer eete»! senket nicht de» Blilk!
Ihr l»bt mit Ruhm gefochten, stolzer Held!
Uhland.

Bruchstücke auS dcm ungedrnckten Schauspiel: Ludw. Du willst durchaus daS Kleeblatt meiner Ta«
Dir Gegenkaiser, felrundc füllen. Junger Held , nimm dirs nicht zu früh
oder Tpll EulenfxiegelS Kriegs thaten. heraus und Küre dich!
Rindsm. Auf Wiedersehen, König. Kommt Ka
(Beschluß.) meraden. (Mit seinem Zuge ab.)
(Bayerische Trommeln im? Pfeifen. Von einer Seite Lud Schwep. Herr, du hast uns gedankt, so laß auch
wig, Schwexpermann und Krieger, von der andern
Albrecht V. Rindsmaul mit seiner Schaar. Siege; dem, dem Alle schulden, unser Loblied klingen.
Ken dem im Hintergrund an der Spi?« sein» Reiter vo« Ludwig.
kommenden Burggrafen entgegen.) Ja, Bayern, eu'r Trimnphlicd , euern Sieg,
Ludm. Wo ist der zwepte Paladin, auf den ich mei Viktor, singt! Auf, meine Kinder! ihr steht
nes Thrones Säulen stütze ? Ja rosrnglühnd und jede Freude muß
Burggr. Glück zu, mein Herzog, Heil euch, Feld- Srblühn zum Sonnenlicht. Singt, Kinder, singt!
Hauptmann ! Nun, Hab' ichs recht gemacht ? (Trommeln und Pfeifen. Drauf die Trompete» des Burg,
Echwep. Zürmahr, Herr Friedrich von Aollern, ihr grasen.) >.
sepd eurem Dienst entwachsen , unfern Nürnberger Krä Chor der Stimmen (folgt.)
mern die Burg zu hüten und den JaKrmarkt zu bewachen. Mtl.: Hör nni Allmächtiger.
Ihr müßt euch unter den Thronen umsehen und meine
fünfzigjährige Physiognomik führt mich irr, wenn nicht Dir Benedeyete,
Der wir geweihete
eure Stirnrunzeln trotzige Kronzinken in sich bergen für Bleiben für's ewige Leben,
die künftigen Alter. Sinken wir in den Staub,
L u d w. Wo ist mein Vetter ? Daß in der Feinde Raub
Schwep. Wer weiß von Herzog Friedrich? Albrecht! Uns dein« Hand nicht gegeben.
Rindsm. Was Herr? Ich war den ganz«, Tag Hast uns Unwürdige
ihm auf der Fährte und jagt ihn hier ins Enge. Da Sündig Gctmrtige
Gnädig durch's Schlachtfeld gelenkt.
kreuzt mir der Burggraf die Spur und ich bin irr. Aber Uns nicht gebührt der Preis,
nur Geduld, Herr, ich stihr' ihn wieder auf und führ ihn Allzeit verkündet sev's, . Z-
euch zu Füßen, eh der Tag sich neigt. Er kann unmög Wie dn der Deinen gedenket. , ... , -
lich weit sevn. (Trommeln und Pfeifen , die Trompeten wiederhole».)
Vierte See He^z> Ich stand eurem Herrn nach Krön und Leben.
Nor einem WirthshauS an der Straße. Tumult von Flüchtlingen. Wißt ihr das?
(Alarm. Herzog Friedrich wankt schwer verwundet beran, Rindsm. Hat nichts auf sich, Herr, ich kenne den
vom Marschall gcflüzt. Zwcy Ritter . T Y l l und der Herzog.
Spielimmn hauen ihn durch ein Häuflein feindlicher Lanzen- Herz. Und ich soll mein Land behalten ?
knechte, die sie verjagen.) , Rindsm. Ich glaub' es.
Tvll. Zum Henker, ihr Satansknechte! Da hast d« Herz. So scheint doch noch eine Habsburger Sonne
deine Nummer auf den Buckel und du auf die Nase und droben. Plichendorf, hörst du?
so packt euch und sagt zu Haus, ihr sevd von Kinigswe- Marsch. Mein hoher Herr!
gen ritterlich sortirt worden. Herz. Du bist betrübt? Fehlt uns denn waS?
Marsch, (zum Herzog). Hier ist eine Bouk, Herr. Marsch. (Sicht ihn schmerzlich lächelnd an.)
Wir sind los für den Augenblick. Sure Lippen lechzen. Herz. (Siehtauf seinen Purpurmantel.) O mein Weib
Seht nach einem Glas Wasser, wo's zu haben ist. (Ein UNd Meine Welt! (IM die Hände vors Gesicht.)
Ritter ab ins Haus.) Marsch. Ihr werdet erlauben, daß wir den Herr»
Tyll. Da bin ich wohlfeil losgekommen. Ein einzi ein wenig zur Ruhe hier in das Haus bringen und ihm
ger Finger hat sich das Rothkäxpchen über die Ohren ge die blutenden Wunden auswaschen ?
zogen. Rindsm. Wenn ich dienen kann, herzlichst. (Sie
Ritter (mit dem Glas zur««. Hier ist ein Trunk, führen ihn ins Haus.)
Herr , frifch genug für den heißen Tag. Toll. Ja, >a, wenn dem Stier das Hirn eingeschla
Herzog (trinkt). gen ist, legt er ihm den Pfeil unter. Was flicken nur
Alarm. RindsmaulsStimme. Hier, Kinder, wir in der Geschwindigkeit in diese lausige Zeit, um un
dran, dran! das ist warme Spur! Seht, Ainigsblut sere Stunden voll zu bringen, bis der offenbare Jammer
wird doppelt purpurn gezapft. Dort stuzt unser Wild. (Er über uns einbricht ? Wie, mein Hans , wenn wir unserer
dringt eiu mit seiner Schaar , stürzt pfeilschnell auf den Her Trübsal die sinnlose Geschichte von der Schmülzelputzhäu-
zog und reißt ihm den Becher aus der Hand.) Weß Gesund ser Witthschaft vorsängen, so mochten mir uns tristen,
heit, Herr? daß auch im Reich der Poeten und Sterngucker, die sich
Marsch. Mensch, rasest du? doch ihre öligen so schön austapezieren möchten als zu wün
Rinds m. Auf Avemariaslänge ja , Freund. Weß schen wäre, nichts viel besseres als wieder Roth und Angst
Gesundheit, Herr? (sezt ihm da« Schwert auf die Brust.) und Mißverstand zu finden ist. Was denkst? auch dem
Marsch. Stech' ich ihn nieder ? Herzog mag unsere Narreteidung vielleicht ein Lächeln ab
Herz. Cr meint es gut, Marschall. Wer wollte auch zwingen über das Fortunasrad, das uns so lächerlich in
länger auf der Fortuna Transportrad geschmiedet sepn und die Pfütze gekugelt hat.
kugelum laufen, zumal wenn'S des Wagens fünftes Rad S p i e l m. Du fällst aus dem Spaß , Tvll.
ist? des Kaisers, Herr. Tyll. In den Scher,, hoff ich. Nichts von Grillen!
R i n d s m. (gibt ihm den Becher zurück.) Auf des Her Laß uns Arm in Arm diese Verrücktheit durchwandern,
zogs Gedeihn. Sein Nam' ist Ludwig. (Dos Gefolge wirb und du, kleiner Trömmler, dir haben sie doch dem Schnell
entwaffnet.) ' kenhaus auf dem Rücken gelassen, und so schieb's vor dich
Herzog (hat getrunken). Nun, das Gift ist gereicht. und wirb!' uns den Chorus drein, daß doch einige Ver
Ihr führt auch den Dolch gleich mit oder solls den Strang nunft in die Historie kommt. Hörst du? gu stimme«
gelten ? Ihr trefft keine Anstalten , Herr. hast du Gottlob nicht viel und ich werde dich bep den Oh
Rindsm. Was ist euer Begehr, Herr Herzog? ren im Takt halten. Brich auf, HanS, und wir fol
Herz. Deinem Herrn einen treue» Diener zu zieh«. gen dir.
Ich scheu den Tod nicht. Du e t t.
Rindsm. Euren? «i aber ich, Herr. Des Kaisers So geht es in Schmützelputzhäusel,
ausdrückliches Wort war, seinem lieben Vetter sep kein Da singen und tanzen die Mäusel,
Haar gekrümmt. Und bellen die Schnecken im Häusel.
Herz. Was Hab' ich zu thun ? In ScvmützclxuKhäusel da geht es sehr toll.
Da saufen sich Tisch und Bänke voll,
Rinds m. Er wirds euch selber sagen. Doch weiß Pantoffeln uuter dem Bette.
ichs, glaub ich. Wenn ihr versprecht, eure Parthev aus (Der Bvrhang fällt.)
einander zu bringen und persönlich Herzog Leopolden zur
Muhe verweist, kann eurer Frepheit schwerlich ein Hinder-
niß im Weg stehen.
5»3
Törkischc Staatsverwaltung. iynen anvertraute MllitSrgeivalk steht mit ihren Einkünf
ten im Verhältnis ; wenn sie vom Sultan zum Heerbann
(Fortsetzung.)
aufgefordert werden , führen sie ihre Leute selbst an. Ge
Ehemals gab es neben dem Großvezir sechzehn Staats- ringer ist die Macht und der Geschaftskreis «Kies Paschas
minister, die Vezire des Divans genannt wurden. Aus von zwey Roßfchweifcn, denn wenn er zu Felde zieht,
ihnen bestand der Kabinetsrath , und sie sagten ihre muß er sich an einen Pascha von drey Roßschwcifcn an
Mevnung frey und ungescheut, wenn sie auch der des schließen und seinem Befehl gehorche«. Es gibt nur we
Großvezirs entgegen war. Unter dem Sultan 'Achmet III. nige Paschas von einem Roßfchweif. Am wächtigste»' sind
war Ibrahim Pascha Großvezir. Ihm gefiel die Controle die Paschas von Romelien und Anatolten. Unter erster«»
der andern Minister nicht, darum schaffte er sie unter stehen alle Paschas der europäischen , und unter lezterem
dem Vorwand der Srsparniß ab. Jezt machen nur noch alle Paschas der asiatischen Türke?. Die Vaevoden sind
drey Minister den Divan aus , der des Innern , der des Befehlshaber von Städten, unabhängig von den Paschaliks.
Aeußern und der Fiuanzminister. Die andern Minister Im Norhfall ziehen s» an de? Spitze ihrer Soldaten ins
sind nichts mehr als Generaldirektoren. Jedes Ministe Feld und vereinigen ihre Truppen mit denen eines Paschas
rium hat seine Divisionen und Subdivifionen. Wer sich von drey Roßschweifen.
in den Bureanr auszeichnet kann Minister werden, und an Ein großer Ucbelstand in der Administration liegt in den
der Spitze aller Bnreanr steht der Rei^effendi, Die Mi häufigen Absetzungen und Einsetzungen aller hohen Civil- und
nister und die Generaldirektoren vereinigen sich zweymal Militärbeamtcn , wvbey immer nur besondere Rücksichten
in der Woche zum gewöhnlichen Rath , wobev der Gros- des Sultans oder deö Großvezirs, nicht Talente undlVer-
»ezir oder der Muphti den Vorsitz hat. Darin legen die dienst zum Grunde liegen. Zeigt sich ei» solcher Uebelstaod
Generaldirektoren die Angelegenheiten ihres Departements allzustark, so sollen schnelle und häufige Erckutione» dem
dar, sie werden in ihrer Gegenwart besprochen, und der selben abhelfen.
Beschluß. des Raths, vom Präfidenten unterzeichnet, wird Sin Volk, das so fern von aller europäischen Weise
dem Sultan vorgelegt. Die Ulemas wohnen dem Rath ist, kann keine Regierungsform und keine NegiernngS-
durch zweo Caz«AskiereS bey, die von Rechtswegen Sitz grundsähe ans Europa annehmen. Daher besteht auch i»
und Stimme darin haben. Da die Türken keine abendlän der Türkey kein eigentliches Finanzsystem. Das ganze Ge-
dische Sprache verstehen, so muß die Pforte für «lle Ge heimniß des Fiskus zeigt sich in den Mitteln, den groß-
schäfte mit Suropa einen offiziellen Dollmetscher oder Dra- herrlichen Schatz auf alle Weise und auf Kosten der Unter-
goman haben. Diese Stelle war ehemals in den Händen thcmen zu füllen. Dieß falsche System aber, wenn man
der Fanarioten, jezt versieht sie ein Renegat.. dem türkischen Finanzwesen je diesen Namen geben kann,
Die Paschas sind die Civil- und Militärgouvernenrs bringt die Regierung um alles Vertrauen und mindert
der Provinzen ; Sivilverwaktnng und KriegSangelegen- täglich seine schon unglaublich gesunkenen HülsSquelleu.
heiten sind also in ihren Händen. Als Jnfignien ihrer Wenn man die Geringfügigkeit der Stenern in der Tür-
Würde werden ihnen Roßschweife vorgetragen, die an kep kennt, wird man geneigt zu glauben, daß in keinem
Stangen gebunden find, welche Konfalvn beißen. Der Staat Europas die Steuern so gering seyen. So wäre
Ursprung dicfcs Gebrauchs stammt aus den Zeiten Abu- es auch, wenn mir diese bezahlt werden müßten. Ader
Bekr's. Nach dem Verlust einer Schlacht verließen ihn be« der Art, wie die Steuereinnahme geschieht, zahlen die
seine Truppen und flohen nach allen Seiten. Da die Fol'- Unterthanen dreymal mehr als anderwärts , denn die Pa
schas und andere Beamte fordern außer der Sraatsstcuer
nen verloren waren und einer der Offiziere doch die Leute noch Nederstenern für sich, in den Staatsschatz fließt aber
wieder sammeln wollte, fiel er auf den Gedanken, seinem nur die gesetzlich bestimmte Summe. Uebrigens darf auch
Pferd den Schweif abzuschneiden und ihn an eine lange der Privatschaü des KroßKcrrn nicht vergessen werden; er
Stange zu binden ; er erhob und schwenkte das blu ist ein Schlund, in den alle die unzähligen Koiifiskakioneu
fließen, denen ihrer Zeit eben jene Paschas und andere
tende Zeichen ; es sammelten sich die Truppen wieder um Beamten unterworfen werden , wenn sie reich geworden
ihn her, denn sie hielten es für das Merkmal irgend ei und ihre Betrügereven zu offenkundig geworden sind.
nes günstigen, unerwarteten Ereignisses ; der Feind wurde (Die Fortsetzung folgt.)
von Neuem angegriffen und entschieden geschlagen. Von Korrespondenz-Nachrichten.
nun an ward der Roßschweif ein sehr ehrenvolles und geach PartS, Mai.
tetes Zeichen bey den türkischen Heeren , er wurde das (Beschluß.)
Zeichen der Paschas, die nur durch die Zahl der Schweife Herr Wer spricht so kühn scheltend zum Publik,!», ? SS ist der
Borne > von dem vielleicht keiner der Leser ge»drt hat»
von einander unterschieden werden. Am Höchsten stehen der aber nicht« desto wenigcr ei» großer Reformator ist. Schon
die Paschas von drey Roßschweifen , die dao Recht über Le vor ewigen Iahten habe ich deS in Paris angestellten Versuchs
be» und Tod haben; ihr Wille ist unbeschränkt, und die erwähnt, nach egyptischer Weise Euer in Backofen ausbrüten
5-4
>« lassen. Die Sefen w«re« damals in den LK,»x» Sy,«'»» phael Wengs haben sich die Dentsche« besonders «iein nach
angelegt, und manche Neugierige begaben sich dahin, um das Italien, dem Lände der schönen Formen in der Malerey', hin«
sonderbare Verfahren mir eigenen Augen zu beschauen. Hin übergcwandt. Wie wenige wallfahrten, statt nach Rom, nach
ter diesen Backöfen nun stark der Hr. Borne, ein unbnnittels de» Niederlanden, nm dort die Meisterwerke altnicdrrländt-
ter Mann, der sich einmal i» de» Kopf gesezt Patte, eö scher Kunst zu studieren, ober versenken sich ganz in die Werke
müsse mit dem Ausbrüte» in Frankreich so gut gelingen, alö es in Dürers, Holbcins ». s. f., selbst von den Genrrmalern neh
Egypten gelingt. ES fehlte dein Manne an Geld, um seine men sich nur wenige die späteren Holländer zum Muster. ES
Versuche ins Große zu treibe«! er fand aber einen begüterte» ist eigen, daß die Deutschen die fremde Entwicklung der Kunst
Mann , welcher sich erbot die Kosten zu einer größer« Anlage höher achten als die einheimische. Nur eine sehr kleine An«
zu bestreiten. Es wurde nun eine Everbrütercy zu Auteuil zahl moderner Altdeutscher verachtet die Schönheit der Fore
neben Paris angelegt. Der Unterstützer ist aber gestorben, men aus der klassischen Periode italienischer Malerey , aber auch
«nd die Erben haben seine <Süter verkaufen lassen , so daß diese geringe Anzahl nimmt sich mehr die älteren Italiener als
sich Hr. Borne nunmehr wieder vlinc. Backofen befindet und die kölnischen , die niederländischen und oberdentschen Meister
doch immer noch große Lust hat. Euer auszubrüten. Gr bat zn Vorbildern. Einen Grund für diese Erscheinung anzug»
sich also ans Publikmn gewandt mir ciucr IVolie» «ur I» s«r- ben, möchte mißlich seu». Im Allgemeinen gebt es der Ma
»»tion ck u» «loblisiviuont mociele «z?»ut pour obj«t i'in» lereu jczt fo, wie es auch der Poesie gebt; es ist kein cigenthüm»
eub»ri«u »rtiöciolls , worin er seine geliebte Jncubation lichcr Inhalt vorhanden, der in den GcmütKcrn arbeitet , und
recht berebtsam dem Publikum ans HeVz legt. Ist es nicht e!uc der sich auch in Farben und Gestalten ans Tageslicht heraus»
jämmerliche Sache, daß eine Henne so lange über ihrem Ey zudrängcn trachtet. Äst aber solch ein Inhalt verloren gcqan«
brütet , indeß der Barkofen das Ding mir Hülfe eines Holzliau- gangen, fo wird vornehmlich daraufqcsehcn, jedweden Inhalt,
fens vollendet? und was kdmmt den» am Ende bcym langen welcher nun eben gewählt werden ma.z , in den schönsten For»
Brüten der Henne l^rauS? ei» Dutzend Küchlein, zuweilen men init höchster technischer Geschicklichkeit darzustellen. Ei«
auch nur ein einziges. Des Hrn. Bornes Backöfen rönnen genthümlichc Gestalten werden wenige erfunden , und der Rück«
deren tilwn auf einmal liefern. Freylich wenn man die Hübs blick auf die gestimmte Welt der schon vorhandene» schöne«
per wild laufen liege, so würden sie nur zu einer gewissen Formen «nd Gestalte» ist der Meister , dem der jetzige Maler
Zeit deS Jahres, danP «der auch viele Eyer zugleich ausbrü folgt. DaS cfigentbümliche der jetzigen Malere» besteht viel«
ten; wir aber haben den Hennen andere Gewohnheiten geges leicht nur darin, ohne eigenen, nur ihr gehörigen Inhalt auS
den. Noch besser ist es jedoch, de» armen Henne» die Mühe des diesem universellen' Ucberblicke .hervorzugehen. Man könnte,
Brüten« ganz zn ersparen, und der Hr. Borne hoffr, baß einmal wenn Vergleiche früherer und späterer Perioden nicht immer
die 3«tt kommen wird, da jedweder Bauer und Landeigcnrhüs zugleich etwas Schiefes und Unrichtige« mit sich brächten , die
mcr neben seinem Brobofe» auch einen Brütofcn besitzen wird. jetzige Epoche von einer Seite her mit ter Periode der Earrac»
Am Ende jeden Jahres kann die Brütarbcit beginnen . „n eis u. s. f. vergleichen. Die Haupteufgabe der italienische»
Januar kommen die Küchlein auS dem Backofen, und im März Malcrev war gelöst, die Erscheinung des Göttlichen in irbis'
sind sie so weit großgezogen , daß sie aus den Tafeln der Rei scher Gewalt, birg Wunder, da« fünfzehn Jahrhunderte früher
chen aufgetragen werden können. Wenn der Bauer also nicht unmittelbar m die Wirklichkeit trat, war von der Malerey noch
weiß, waS er mit allem seinem Korn anfangen soll, so darf er einmal i» ilirem Gebiete wiederholt worden ; doch wenn schou
ja nur einige hundert Küchlein aufziehen und sie dann an Cvrreggio dem Technischen den Vorrang eingeräumt hatte, kam
den Mann bringen , wenn er kann. Ueber das Anbringen bicß nun später mehr und mehr hervor , und wird immer her«
der Hunderte und Tausend? von Küchlein hat sich der Hr. Borne vortreten, wen» der Kunst nn der Darstellung mcbr liegt als
nicht ausgelassen; vermntlilich wird bieg vvrauSqesezt , auch am Inhalt. Und baß dieses Hintcnanseycn deS Inhalts überall
äußert er, daß er in seiner Brütfaörik sich mit dem Aufziehen das Verderben der Kunst mit sich bringe, zeigt sich auch hier;
der Küchlein gar nicht abgeben könne ; er wolle die Eyer aus als nach ben schönsten Gestalten niit höchster Mühe getrachtet
brüten und weiter nichts , das Uebvige ginge andere Personen wurde , begannen sie mehr und mehr zu verschwinden. Aber
an. Er wünscht also mir, er möge Unterstützung genug fin daraus ist „och nicht dieß sich Zurückwenden der jetzigen deut
den, um die Anstalt im Großen anlegen zu kdnnnc. Auch bat schen Maler zu den Italiener« erklärt.
sich bereits ein ehemaliger Bankier bereitwillig gefunden , ein (Die Fortsetzung folgt.)
Lokal in der Umgegend von Paris dazu herzugeben. Man hat
also Hoffnung, daß es mit dem Brüten bald Ernst werden Auflösung des N ä t h sc l S in Nro. 1 ,« :
wird; er selbst wäre erbbtig, gegen ein billiges Honorar Brüt- ,.,z „.^ .... Federn. ., , „..
dfen anzulegen und das Verfahre» jedermann zu lehren. Kö
nig Heinrich >V. wünschte die Zeit berbcy, da jeder Bauer sein Logvgryx h.
Huhn am Sonntag in den Topf stecken könne ; nunmehr wird, Fliehend der Sonne Pracht
falls BvrncS Brutdfen Nachahmer finde« , bald jedermann in Lieb' ich die finstre Nacht;
Stand gcsezt wrrdcn, am Sonntage sein Küchlein an den Dennoch den weisen Mann
Bratspieß ,» stecken. D g. Deut' ich im Bilde an;
Aber noch einen Laut
Berlin, April und Mai. Füget am Ende zu.
(Kortsctzmig.) -, , ,,»!'. Nenn' ich , dem Licht
Daß de« Säculartag deS Todes Albrccht Dürers auch in Den großen Denker euch.
Berlin würde aufs Feuerlichste begangen werden, ließ sicb er- Der ohne Rast und Ruh'
wartin, da unsere Akademie der Künste vor sieben Jahre» Forschte im Räthsclrcich,
schon am Todestage Raphaels ein glänzendes Erinnerungs- Bis sich ihm fesseuvs
fest gefeuert hatte. Man kann zwar nicht sagen, daß der jetzi Leuchtend sein Ziel erschloß
gen deutschen Malerey Dürer . der große deutsche Meister, Tb. ».Haupt.. ,
näher stände als der italienische. Seit Winkelmann und Ra Beplage: Monatsregister M«i.
Mrlag der I. G. Cotta'schen Buchhandlung.
Morgenblatt

f ü «

gebildete Stände.

Zwei und zwanzigster Jahrgang.

1 8 2 8.

Juni.

Wenn Geist mit Muth ihr einet, und wen» in euch


Des Schweren Reiz nie schlummernde Funken nährt,
Dann werden selbst der Apollonia
Eifrigste Priester euch nicht »erkennen.
A l o p ft o ck.

S t u t t g a r t u n d T ü b i n g e rr,
im »erlag de, I. G. Cotta'schen Buchhandlung.

I L 2 8.
«s „Morgenblatt für gebildete Stände" enthält folgende Artikel:
I. Schöne Literatur. Uebersicht des Zustandes derselben in Deutschland, Frankreich, Großbritannien, tt. —
Kleine Aufsätze über schöne Wissenschaften überhaupt. — Kurze beurtheilende Anzeigen der neuesten belletristischen
Schriften: der Romane, Schauspiele, Almanache, Gedichte. — Gedrängte Auszüge aus seltenen interessanten Werken.
— Revision einzelner Recensionen aus den besten kritischen Blättern. — Nachricht vom Zustande der ausländischen
chönen Literatur, besonders der Französischen, Englischen, Italienischen, Holländischen, zc. — Ucbersetzungcn als Proben.
II. Kunst. Kurze Abhandlungen über Gegenstände der Kunst. — Benrthcilung neuer Schriften: Malerey, Bild
hauerei,, Baukunst, Gartenkunst ic., Auszüge. — Kunstnachrichten: Theater. Periodische Uebersicht des Zustandes der
vorzüglichsten Schaubühnen in Deutschland, Frankreich u. s. w. Scencn aus ungcdruckten Schauspielen. Musik.
Nachricht von neuen musikalischen Produkten. — Kurze Kritiken neuer Werke.
III. Beiträge zur Sitten- und Kultur-Geschichte einzelner Städte und Völker. Geselliges
Leben; Vergnügungen; Mode; Lurus; Sittengemälve der Universitäten, Messen, Bäder, Carnevals; zuweilen interes
sante topographische Schilderungen. ,
IV. Biographische Skizzen. Einzelne Züge aus dem Leben interessanter Menschen. — Beiträge zur Bildungs-
Geschichte vorzüglicher Schriftsteller, Künstler. — Ungedruckte Briefe nach der Original-Handschrift. — Anzeigen von
den gegenwärtigen Beschäftigungen der Gelehrten, ihren Reisen ic.
v. Kleine Reisebeschreibungen. Auszüge aus interessanten größern Werken dieser Art; kleinere Original«
Aufsätze.
Vi. Gedichte. Oden, Lieder, Idyllen, kleine Balladen, Romanzen, Fabeln, Epigramme. — Proben aus gröf»
er» ausländischen und deutschen Gedichten.
VII. Miszellen. Anekdoten. Satyrische Aufsätze. Kleine leichte Erzählungen in Prosa und Versen; Räthsel,
Charaden und dergleichen.
VIII. Besondere Beilagen enthalten die Uebersicht der Literatur.
Alle Tage, mit Ausnahme des Sonntags, erscheint ein Blatt. In besondern Intelligenz-Blättern werden gelehrte
so wie andre Anzeigen bekannt gemacht.
Jeder Monat erhält ein Titelblatt, mit allgemeiner Inhalts -Anzeige.

In wie weit obiger Plan eine Ausdehnung erhalten hat, zeigt folgende Anzeige:
Seit einer Reihe von Jahren sind im „Morgenblatt" Aufsätze und Nachrichten über Gegenstände der bildenden
Künste geliefert worden. Zur besseren Uebersicht für Kunstfreunde wurde später eine eigene Beylage unter dem Na
men des ,.K unstblatts" für diesen Zweck bestimmt, die jedoch in ungleichen Fristen erschien, je nachdem Stoff
und Auswahl zu Gebote stand.
Die Liebe zur Kunst hat sich in den letzten Decennien , trotz Kriegen, und politischen Umwälzungen, mehr und
mehr ausgebreitet und gesteigert; jetzt, nach eingetretenem Frieden, zeigen sich davon bedeutende Wirkungen, und las
sen den erfreulichste» Fortgang hoffen.
Daher wird eine Zeitschrift, welche Nachrichten und Beurtheilungen von allen merkwürdigen Erscheinungen» im Ge«
biete der bildenden Kunst gäbe, zum fühlbaren Bedürfnis?, und die unterzeichnete VcrlagShandlung wird auf Beyfall
rechnen dürfen, wenn sie unternimmt, das „Kunstblatt" in solcher Ausdehnung und Regelmäßigkeit erscheinen zu
lassen, daß es, diesem Bedürfnis! entsprechend, den Lesern des „Morgenblatts" eine bedeutende und interessante An
gabe fe» , für Künstler und Kunstfreunde aber auch abgesondert eine felbstständige Zeitschrift bilde.
Man wird zn dem Ende sich bestreben, zunächst in zwe», wöchentlich erscheinenden Blättern so viel möglich voll
ständige Nachrichten über das Merkwürdigste zu ertheilen, was in Deutschland und den Ädrigen Ländern in allen Tliei-
len der Kunst, i» der Maleren und den ihr verwandten Zweigen, dann in der Bildncrey und Architektur sich ereignet,
Beurtheilungen von Kunstwerken und Abhandlungen über allgemeine Kunstgegenstande zu liefern, und Beyträge zur
Geschichte der älter» und neuer» Kunst zu sammeln. Hiermit sollen Aufzüge aus ältern und »euern die Kunst betref
fenden Werken, so wie eine Uebersicht der neuesten artistischen Literatur und Beurtheilungen der bedeutendsten
Schriften dieses Fachs verbunden werden. Auch wird man darauf bedacht seyn, das Blatt mit Umrissen in Kupferstich
oder Steindruck befriedigend auszustatten.
Die Redaktion hat Hr. v,-. Schorn, Verfasser der Schrift über die Studien der griechischen Künstler, übernommen.
Wir stellen nun an alle Freunde und Kenner der Kunst die Bitte, unser Unternehmen durch Beyträge an Origi
nal- Aussätze» und Nachrichten kräftigst zu unterstüken. Besonders ersuchen wir auch Künstler, «ns von ihren eige
nen , oder den in ihrer Nähe entstehenden Kunstwerken Notizen einzusenden , damit die Uebersicht möglichst vollständig
werde. 9n allen Beueliungen wird man stets den Grundsatz strenger Unpartheylichkeit befolgen, und wir glauben
deßhalb die bereits i» den bedeutendsten kritischen Zeitschriften angenommene Regel, a lle Beurtheilungen mit
Namensunterschrift oder anerkannter Chiffre zu versehen, auch für uufer Blatt feststellen
zu müssen. Dies? wird die Redaktion vor jedem Verdacht «„gegründeten oder ungemcssenen Lobes oder Tadelö
schützen , und d<i,n bentragen, unsrer Zeitschrift den edlen und anständigen Ton zu erhalten, welcher überall vor dem
Publikum, und besonders, wo von den höchste» Fähigkeiten und Gütern des menschlichen Geistes die Rede ist, beobachtet
werden sollte.
So wie na«' obiger Anzeige der bisher für das ,',Kun st- Blatt" bestimmte"Raum nicht zureicht, wenn für diefes s»
interessante ?ach dasjenige geleistet werden soll, was das gebildete Publikum davon erwarten kann, eben so ist e<
der Fall mit dem „Literatur-Blatt." — Der bisher ihm gewidmete Raum ist zu beengt. — Wir sehen uns daher
genvthigt, auch diesem TheildeS „Morgxnblattö" eine größere Ausdehnung zu geben, um unsere Leser mit den neue
sten Erscheinungen der Literatur, die, ohne zu den strengwissenschaftlichen zu gehören, von allgemeinem Interesse sind,
bekannt machen zu können.
Diese gedoppelte Ausdehnung , zu der wir qcnöthigt sind, wenn wir wirklich den fiir Gründung des .. Morgen-
blatts " beabsichtigten Zweck vollkommen erreichen wollen, erheischt natürlich auch größere, bedeutende Auslagen^, und
wenn wir gleich durch däS Opfer, oaö wir bisber durch die, diesem Zweig bestimmte» Bevlagen brachten, binlängllcy
zeigten, daß wir zu jedem neuen möglichst bereit sind, so kön,»n wir dieses bev der Vermehrung von 4 — 5 wöchent:
lichen Bevlagen damit nur beweisen, daß wir blos auf die Hälfte dessen, was wir »ach dem bisherigen Preis des ,.Mor-
geublatts- dafür fordern könnten, Anspruch machen, und für diese Ausdehnung mir dem kleinen Ausschlag von
2 fl. oder 1 Rthlr. » Gr. für's Halbjahr uns begnügen.
Sollten Künstler und Kunstfreunde daS . K u n st- Blatt " einzeln halten wollen, so wird diesen der halbe Jahr
gang für z fl. erlassen. DaS Gleiche gilt für einzelne Bestellungen des „Literatur -Blatts."
Für diejenigen Liebhaber aber, welche bepde, das „Kunst-" und „Literatur-Blatt", miteinander zu haben wün
schen, kostet der halbe Jahrgang nur s fl.

Der halbeJahrgang des „MorgenblattS-, mit Einschluß des „Literatur-" und „Kunst-Blatts", würde
also kosten . . . . ^ «0 fl.
Der halbe Jabrgang des „Literatur ' und ..Kunst-Blattö" ohne daS „Morgenblatt" ... s fl.
Der halbeJahrgang von jedem dieser Blätter einzeln, nämlich daS „Literatur-Blatt" 5 fl.
daö „Kunst-Blatt" z fl.
Für diesen Preis kann, nach Uebereinkunft mit dem Löbl. Haupt-Postamt in Stuttgart, daS ..Morgenblatt"
in Würtemberg, Bapern, Franken, am Nhein, Sachsen und in der Schweiz durch alle Postämter bezogen werden.
I. G. Cotta'sche Buchhandlung.

Inhalt.

(Die 3«hl zeigt die Nummer des Blattes an.)


Gedichte. Vom Zustand der Naturgeschichte bey den alten Egvptern.
«52. 155. «S4.
«nnpach, von Manfred. 152. 151. «Z7. Aufsätze gemischten Inhalt«.
Pfand und Band, von Zimmermann. «ZS.
Frühlingszug, »vn Schöll. 159. AuS Jean Pauls Nachlaß. «,">. 11». 147. «S5.
Mein «ahn, von Schöll. «41. Das Licdcrfcst z» Eftlingen. 15«. 159. 14«.
Früblingsabenb, von Schöll. 112. SKarlvtte, verwittwere Königin von Portugal. «42. «45.
Wanderlieder, von K. Felder. 115. Moderne Mumien. 11«.
Der Herbflmorgen. von G. Schwab. 147. Der Auflcrnfang im nördlichen Frankreich. 148.
Nu« dem neuen Lustspiel: der romantische Oedipus, v. Gr«» Charles und Marat, «54.
fen v. Platcn. 15». Zur Geschichte der Kunst Getränke abzukühlen und Sis zu
Wunsch, von G. Zimmennann. 15«. bereiten. 15«.
Myrologen. Die Stimme der Wüste. 155. «55.
Logogryph. Leben, Lieben. 157. Korrespondenz.
R^thsel. Frost, 115. — Oblate. 119. - Stroh. 15Z. Neapel. «52. «ZZ. 151. - Berlin. 152. 155. 154. «ZS.
Erzählungen und Romane. «59. «4». «41. «12. III. 115. 116. ~ Paris. 155. 15«.
«57. «5». 159. 11». 1.19. 15«. 151. «55. «5«. - Lon
Sie Abenteuer Hojji Baba's. «55. 15«. «57. 159. II«. don. «5«. «57. 15». «17. 11«. 14!>. «5«. Brüssel.
141. 145. 141. 15«. «1«. «11. «42. 145. - Hamburg. «15. - Bastia. «44.
Da« Judasbild, von L. Kruse. 141. 145, 14«. 147. 14». «45. 11«. - Rom. 117. — Luzcrn. «Sl. - Dresdni.
«49. 15«. 151. 152. I5Z. 151. 155. «51. «52. - B. im Mai. «52. 155. - Bern. IS4. -
Gotha. «55. 156.
Länder« und Völkerkunde.
ktrkische Staatsverwaltung. 1ZZ. 155.
A u n st , B l a t t.
Reisen.
Nro. 44.
Die beyden Saleve. IZ4. 1ZS. 1Z6. Alte Denkmale in Venedig, v. Rink. (Forts.) - Kunstqe«
»ilder aus Frankreich. 15». 11,). III. «42. HZ. «45. «46. schichte. Allgemeine deutsche Taschenbiblivtlick , v. Lüde«
147. 14». 119. «5«. 151. mann. (Beschluti.)
Nro. 4S.
Naturwissenschaftliches. Der Saal der Muse und der Nivbidensaal in der Glnvto«
Urb» da« nächtliche Wärmestrahlen der Körper. «Z2. «Z4. thek ,n München. — (Forts, mit einem lithographirtcn Blatt.)
«»n dn Seldi^verbrennung beS menschlichen Körper«. «55. Umrisse nach altitalienischen und altdeutschen Gemälde»
im Besitze von C. F. Wendelstabt. — Rom. — Anbeut»»« Literatur-Blatt.
gen über bildende Kunst. Nro. 45.
Nro. 46. Der heimliche Maluff, Drama von L. Bauer. — Pestalozzis
Kaiserlich kbuigl. Bilbergallerie im Belvebere in Wien. — sche Blätter für Menschen: und Volksbildung, von 0r.
HrczKl, — Andeutungen über bildende Kunst. Niederer.
Nro. 47. Nro. 46.
Der Saal der Muse und der Niobibensaal. (Forts.) — K. k. Aesthetik. - Der heimliche Maluff. (Schluß.)
Bndergallerie im Belvebere. (Beschluß.) — Andeutungen Nro. 47.
über bildende Kunst. Aesthetik. (Beschluß.) - Georg Kastriotto, eine biographische
Nro. 43. Skizze der Vorwclt.
Der S«a,l, der Muse und der Niobideusoal. (Beschluß!.) — Nro. 43.
München. — Andeutungen, über bildende Kunst. Französische Theater-Literatur.
Nro. 49^ ! Nro. 49.
Französische Theater-Literatur. (Beschluß.) — Kipp«! ,»r l'ik »
NeueNe Ausgrabungen in Pompeji (mit einem lithographir- col« cles potit« enl»n5 » Lt, Lerv»i«.
Blatt). — Aus Böhmen. — Etwa« »on landschaftlichen Nro. 5«.
Fernen. Sprachkunbe. 1) Boirischcs Wörterbuch, v. N. Schwel-
Nro. 5S. ler. i) Oili«v«rio clcl cki«I«tlo ?eneli«nc> äi O. Loeriv.
Die christlichen Bilder^ ein Beförderungsmittel des, christliche», V<>c«b«I»ri« W«nlav»uo il»U»«o lli <^K«r«di»i. 2)
Sjnns , - von I. G. v. Wcsscuberg. — Etwas von laubs OI«s»«re gen«, vi».
schriftlichen Fernen. (Beschluß^ Nro. 51.
N«. S4> Sprachkunde (Beschluß). 4) 4 erit!c,l z>r«»o»»cing
Die christliche» Bilder , »on Wesscuberg. (Beschluß.) - Münz ciicli«n,r^ ZoKn W«II<«r. — 4) Zusammensetzung dn>
kunde. — Andeutungen über bildende Kunst. Wörter in den Sprachen der amerikanischen Indianer. —
D r a m a t i sch e Literatur. Amalie von Hallberg, von
Nro. S2. <S. I. Krähe. — Panegyrische Literatur, j) Tschirs
Einige Bemerkungen über das Erscheinen des natürlich Lockens ners Denkmal, von Professor Krug. 2) H. G. Tschirner,
den und des Unschönen in der Malerey. — München. — Skizze seines Lebens, »on I. F. Slük.
Andeutungen über bildende Kunst. Nro. 52.'
Buch, der Lieber von H. Heine. — K»p«leo» ev L^Tpte, ein
Heldmgedicht in sechs Gesängen, v. Batthelemy undMery.

Anzeigen.
sz«7l So eben ist bev mir erschienen u»d in allen, auf Einen Thaler Zehn Silbergroschen,
Buchhandlungen zu erhalten,;, wofür es jede Buchhandlung liefern kann.
Nach Ablauf des festgesezren Termincs treten aber
Ueber dm Gebrauch der natürlichen und künstlichen unwiderruflich die bisherigen Ladenpreise von e Thalcr
Mineralwässer von Karlsbad, Embs, M<iric,ibad, für das Ganze, und 2 Thaler für den einzelnen Theil
Egcr, Pyrmont und Spaa. Von Friedrich Lud« wieder ein. ., ,,
lM^Kreysig. Zweyte, verbesserte Auflage. 3. Halle, den 1. Juni 1828.
22 Bogen auf Schreibpapier, i Tblr. 3. Gr. Hemmcrde und Schwetfchke.
Leipzig, den,isten M«i 132».
F. A. Brockhaus. s29S) ?n der Hein sius" scheu Buchhandlung in
Gera find so eben erschienen und durch alle Buchhandlun
szg4Z Hexabgesezter Preis gen zu beziehen:
von d«x göttlichen Komödie des Dante Viktoria Colon»«. Eine römische Erzählung auS
Ali ghieri, übersczt von Karl Streckfuß, dem neunzehnten Jahrhundert. Nach dem Eng,
Z THcile , gr. 8. , 1824, 1826 , 1826. lischcn frcy bearbeitet von O. L. B. Wolff, 3.
Der zeitherige Absatz dieses Werkes , und die von Tblc. 3. Z Thalcr 6 Gr.
selbigem gemachte starke Auflage erlauben uns, dem An
trage des Herrn Ueberseßers, welcher durch einen mäßi Vittorio, oder Bekenntnisse eines römischen Im,
geren Preis auch den minder Wohlhabenden den Ankauf provisators. Aus der ilalieuischen Handschrift,
möglich gemacht zu sehen wünscht, zu genügen. übersczt von — a —r. 8. 1 Thalcr.
Wir erniedrigen daher filr alle diejenigen Sremplare,
welche von jezt an bis zum lsten April 1829 gekauft wer Wolfis, O. L. B., des deutschen Improvisators
den, den Preis für das ganze Werk Erzählungen. Zwcytc Folge, nebst einem lyri»
auf Drey Thaler, scheu Anhange. 3., 1 Tblr. 18 Gr.
und für jeden einzelnen Theil
132.

M o r g e n b l a t t

f s r

gebildete Stände.

Montag, 2. Juni 182 3.

Hier auf diesem Vvdcn standen.


Die zur Frevl'kit sich verbanden.
Ruf. v Blut »ein Schlachtfeld, sey
Swig, Schweizer! stark und frey.
Lavater.

» p a ch «). So standen sie gewärtig


De<> Feinds, die Schwerter blank,
1 3S 6. Viel Helden grau und bärtig.
Viel Männer jung und schlank.
Den Arm beschirmt durch Schilder,
Zu Sempach auf der Höht, Wo'S Noch an Schildern that,
Bedeckt vom grünen Wald, Ein Brett an Arm gebunden
Da steht der Eidgenosse» Des Schildes Stell' vertrat.
Streitmuthige Gemalt:
Viel Männer der Waldstädte Und gegenüber ihnen.
Und an Luzernern viel, Im tiefen ebnen Thal,
Aon EnMbuch und Gcrsan Des Herzogs Ritter all«
Und Zug ein bunt Gewnhl. Im hellen Waffenstrahl,
Da schwebte manches Banner, Bewehrt mit eh'rnen Lanzen,
Da strahlte manches Schwert, Gar schwer und überlang.
Das in der Ahnen Händen Gedeckt mit hohen Schildern,
Sich tapfer hat bewährt. Durch die kein Schwertstreich drang.
Und manche Hellebarde, Die stunden eng bevsammen.
Die in dem großen Streit Wie eine Mauer stark.
MorgartenS einst erglänzte, Mit all den langen Wehren,
Sie glänzte wieder heut. Ein dichter La»zenpark;
Die Enkel kühn» Ahnen Denn all die langen Spieße,
Aus jener heil'gen Schlacht, Sie wurden eingcstämmt
Derselbe Much, der männlich Und allenthalb dem Feinde
DaS Vaterland bewacht ; Weitreichend vorgedämmt.
Dasselbe Blut, das willig
Zur Land und Freybeit floß. So harrten sie, gcwapnet
Dasselbe Volk, im Streite ^n festen blanke» Stahl,
So wie im Frieden groß; De» Schweizern überlegen
Zu drevmal an der Zahl,
») Eine Probe aus dem zweuten BZndche» meiner Roman« Die Rosse rückgescndet.
zen, Lieder und Sonette, da« im Juni.l. I. bey Krön- Mit festem Fuß im Feld,
derger und Weber in Prag erscheint. Und in dem sta ken Heere
.. .,. .. V. Be vsb i , . Manch kühn« Waffenheld.
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Vor allen aber strahlte mit dem sich nichts vergleichen läßt. Davon führen wir
Der Herzog Lenpold hell, nur die Ausgabe für eine Promenade des Sultans an ; sie
Gar hochgemuth und männlich, heißt Beneeh und jede kostet dem Schatz 5«,Wo Piaster.
Siegfcurig , heldcnschnell.
Der sich aus manchem Strauße Sie werden jedoch nur in der schönen Jahreszeit gehalten.
Den Lorbeer heimgebracht, Andere Revenuen hat der Staat selbst. Dazu rechnet
Cr sehnte rachedürstcnd man die Kopfsteuer von Christen und Juden , die Grund
Sich, brausend, nach der Schlacht. steuer, die von dem Ertrag der Lünderevcn erhoben wird,
Er steht mit kühnem Trotze den Ertrag der Zille, die Abgaben von Wein, Brannt
Am Passe der Gefahr, wein, Tabak und Fischerep, und die jährlichen Tribute
Er führt zum ernsten Gange Egyptens, der Moldau, Wallachey und Servicns. In
Die mutberfüllte Schaar;
Nicht will er rücklings sehen. Konstantinopel sind die Auflagen sehr gering ; sie find aber
Wie seine .Helden sterben. bedeutender, je weiter eine Provinz von der Hauptstadt
Er will zugleich mit ihnen entfernt ist, denn da dürfen die Paschas und andere Gou
Sieg oder Tod erwerben. verneurs die härtesten Bedrückungen wagen.
Die Eidgenossen aber, Die Staatseinnahmen sind unveränderlich und neh
^ Sie stehen eng vereint, men keine Rücksicht auf die Umstände. Da die Türken
Sie sehen unverzaget keine Geburts- und Sterbelisten führen, so kann die Be
Den überstarken Feind; '
Der Große ob den Alpen, völkerung durch Pest oder durch einen andern Zufall sehr
Er hat sie muthdurchglüht. verringert werden , ohne daß die Regierung bey den Auf
Und dem Urew'gen tönet lagen darauf Rücksicht nimmt. Sie muß gerade so viel
Jezt vor der Schlacht ihr Lied: steuern wie in den vorigen Jahren, und auf die Verminderung
„Du Vater deinen Kindern, wird durchaus keine Rücksicht genommen. Eben so ist es
„Bey deinem harten Tod, mit den Abgaben von Getreide. Dabey findet in schlechten
„Hilf uns, den a'incn Sündern, Jahren, bey Wetterschädcn u.s. w. kein Erlaß statt. Der
„Aus dieser Schmach und Noth!
„Woll' gnädig uns erretten Ackermann muß in Hungerszeiten so gut und so viel zah
„Freyheit und Baterland, len wie in Jahren des Ucbcrflusses. Es besteht aber noch
„Oder uns würdig betten ein größerer Ucbelstand. Will sich ein Pascha gegen die
„In vaterländ'schen Sand!" Pforte auflehnen, so erhebt er zum Voraus alle Einnah
Manfred. men, die dem Fiskns gehören. Wird der Pascha besiegt
und abgesezt, so fordert die Pforte den Unterthancn des
Türkische Staatsverwaltung. Paschaliks alle rückständigen Steuern ab, d. h. die , welche
noch nicht in den Staatsschatz geliefert worden, wiewohl
(Fortsetzung.) sie auch das ganze Vermögen des Empörers konfiscirt, wor
Die Staatseinkünfte zerfallen in zwey Abtheilungen, unter sich doch die zum Voraus eingenommenen Steuern
nämlich in die des Sultans, die gar nicht berechnet werden befinden.
können, und die des Staatsschatzes, die weniger betragen, Alle indirekten Auflagen werden verpachtet. Wenn
aber auch noch zur Verfügung des Großherrn gestellt sind. deßhalb die Pachtsummc vom Rath bestimmt worden ist,
Des Sultans gewöhnlichen Einkünfte bestehen: in einem so wird das Geschäft dem überlassen, der dem Wezir oder
monatlichen Gehalt, den der Staatsschatz dem Sultan den Minister« am meisten Geschenke gibt, eine Einnah«
zahlt, welcher Djcxv Humaöonne, oder Tasche des Sultans me, die nicht unbedeutend ist, da die Pachtung gewöhnlich
heißt, und sich auf 5<io,«W türkische Piaster belauft ; im alle Jahre erneuert wird.
Ertrag aller liegenden Gründe, genannt kaiserliche Monea- Bedenkt man nun die Unordnung in den Finanzen ,
teas; in den Geschenken, die alle Paschas und höhern die Unkenntnis? der einfachsten Rechnung und die täglichen
Beamten dem Sultan täglich machen, sie bestehen in Ge Verschwendungen, so wird es begreiflich, baß die Türkey
genständen aller Art, welche von dem Großherrn oft in von allen europäischen Regierungen die ärmste ist, und
Geld umgefezt werden; in allen Konfiskationen, davon nicht einmal genug hat, um ihre nothwendigen Ausgaben
sind jedoch diejenigen ausgenommen, die der Sultan zu ir zu decken. Die größten Ersparnisse, bevm Innern des Se-
gend einer Ausgabe bestimmt; endlich in dem Vermögen rails und des Harems augefangen, wären vvnnöthen, um
aller crblvs sterbenden Staatsbeamten, welches dem Groß dem Finanzübcl nur etwas abzuhelfen.
herrn nach dem Gesetz gehört. Dicfc ungeheuren und un Zu dem Allem kommt noch der immer mehr herabsin
berechenbaren Einkünfte sind zllm Theil zur Erhaltung des kende Werth des Geldes und die zunehmende Verarmung
LuruS und der Pracht im Innern des Serails bestimmt. der Einwohner, so daß man wirklich staunen muß, wie sich
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die Regierung bis jezt hat halten können. Sie schreibt mel wslkigt oder villig bedeckt war; denkt man nun zu
nie neue Stenern aus , so groß auch ihre Verlegenheiten der Kälte, die >7«2 daS Thermometer zeigte, i» bis 12
seyn mögen, sondern macht ein gezwungenes Anlehen, das Grade als Wirkung des Strahlens deö Wassers gegen
aber nie zurückgezahlt wird. Die Münze verliert täglich den Himmel hinzu, fo wird sich ergeben, daß, trotz der
mehr von ihrem Werth, denn immer vergrößert sich der Angabe des Instruments, das Wasser in diesem Jahr an
Kupferzusatz. Cr hat in den lczten Jahren so zugenom seiner Fläche einer weit stärkern Kälte ausgesezt war «IS
men, daß der türkische Piaster, der unter dem lezten Sul 1748, und auf diese Weise verschwindet aller Widerspruch.
tan ? französische Franken 5« Centimen galt, jezt auf 4« Im Jahr «773 trieb die Seine Eis am «. Februar,
Centimen 6 Deniers berabgesunkeu ist. Aus dieser Münz- nach einem fünftägigen Frost , dessen mittlere Tempera
Verringerung folgt, daß alle Nahrungsmittel im Preis stei tur «» und die niedrigste l»« unter n betrug; im Jadr
gen und der unvermögende Handwerkomauu sich und die 177« zeigten sich die Eisschollen erst am 10. Januar, und
Seinigen kaum mehr erhalten kann. doch fror eS seit dem 9ten, und vom tüten an betrug die
(Der Beschluß folgt.) mililcrc Temperatur »°, die niedrigste tZ'unter ». Der
Wasserstand kann auch hier die Erscheinung nicht erklären,
denn 177« betrug er 4j Fuß über dem mittlen, Stand,
177Z dagegen stieg er auf acht Fuß. Es bleibt also nur
Ucber das nächtliche Wärmesirahlci, der Kdrpcr. noch der Austand der Atmosphäre zur Erklärung übrig;
(Fortsetzung.) der Zte bis «te Februar waren 177Z fast beständig heitere
Tage, 1776 dagegen entwölkte sich der Gimmel vom 9- litten
Vom Gefrieren der Flüsse. Januar nur auf kurze Augenblicke. Die nächtliche Strah
Die nichtliche Strahlung scheint verschiedene Umstände lung ist eö also auch hier, was allein zu erklären vermag,
bevm Gefrieren der Flüsse zu erklären, welche den Beob wie trotz eines weit höheren Wasserstands und einer ge
achtern längst aufgefallen waren, deren Ursache sie aber ringer« Kälte der Fluß im Jahr 177Z leichter übersror
bis jezt nicht anzugeben vermochten. Wenn man die Er als 177S.
scheinung des Gesriercns der Flüsse beobachtet, hat man, Im Jahr 17«9 herrschte zn Paris fast die strengste
so scheint es, blos auf folgende Punkte zu achten : 1) auf Kälte, die man beobachtet hat, feit man sich der Thermo
die Stärke des Frostes ; 2) auf seine Dauer ; z) auf den meter bedient, und in diesem Jahr blieb die Seine bev
höher» oder niedriger,' Wasserstand ; 4) auf die Schnel Kältegraden von 2Z° in der Mitte beständig frev. Die obi
ligkeit der Strömung. Sieht NM aber z. B. die Regi gen Bevspiele berechtigen unS vielleicht, diese Sonderbar
ster über den Wasserstand und das Gefrieren der Seine keit, die damals zn so vielen Hypothesen Anlaß gab, ein
nach, fo findet man bald, daß es noch andere Momente mal aus dem holzen Wasserstand und sodann aus der
geben muß , welche darauf Einfluß haben. Spräche der Strahlung in Folge eines bedeckten Him
Im Dezember t7K2 war der Fluß vollständig zugefro mels zu erklären. Die zahlreichen Schriften über den
ren , und zwar nach einem sechstägigen Frost, dessen mitt Frost von 17»9 geben nns aber keine Mittel an die Hand,
lere Temperatur z« 9^ unter « betrug,' ohne daß dabev dieß außer allen Zweifel zu selzcn.
die größte Kälte über 9° unter o stieg; im Jahr I7l» da (Der Beschluß folgt.)
gegen war der Fluß nach einer achttägigen mittleren Tem
peratur von 4« unter « noch frev , die größte Kälte hatte
über 12" betragen. Die Höhe des Wasserstandes unter Korrespondenz- Nachrichten.
der Brücke la Tournelle, und nach dem Wasserstand richtet
sich ja bev jedem Flusse die Schnelligkeit der Strömung, Neapel.
war aber zu beydcn Zeiten dieselbe. Wie erklärt sich nun Ucber den lezten Ausbruch de« Vesuvs. AlS
jene bedeutende Verschiedenheit ? Wir können dieß vielleicht/ wir z» Anfang Aprils den Ncsu» zum ersten Mol bestiege»,
wenn der Zustand der Atmosphäre im Jahr 17S2 und im bemerkten wir auf der südlichen Seite de« 25U Fuß tiefen,
fast eine Stunde im Umfang messenden Kraters gegen Torre
Jahr 5 71» nicht derselbe war, nach der einfachen Beob bel Greco l,in eine kleine Oeffnung von etwa einem halben
achtung, daß das Thermometer in frever Luft nicht Schul, Durchmesser, aus der »on Zeit zu Zeit eine schwache
immer genau die Temperatur der festen oder flüssigen Rauchsäule aufstieg. Alt wir acht Tage darauf den Berg «rel,
Körper, die sich an der Oberfläche der Erde befinden, ci„,»a7 bestiegen, sciiie» der Rauch etwas starker geworden zu
scn» , auch l>«tten ücl, nom einige kleine i^effnungen gebildet.
angibt. Nun findet man aber wirklich, daß I7«2 die Doch die» war iinmcr noch kein Zeichen eines baldige» Aus
sechs Tage vor dem vollständigen Gefrieren des Flusses bruches, den» vordem großen Ausbruch im Jahr I7«Z war
vollkommen heiter waren, während 1716 der Him der halbe Horizont zwev Jahre lang mit Rauch bedeckt gewesen.
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Als wir von einem öreytäaigen AuSflug nach .Pästnm uern des Bergs. Und bald sahen wir auch glühende Steine
hieher zurückkehrend , be» Nocera wieder aus dcn Bergen Hers aus dem Schlund Keiausflieaen und über d^n äußern Tbeil des
cmstraten, und der Blick auf dcn Vesuv frey zu wer« Kegels hinuntergleiten. Schon bangte uns, das Besteigen
den begann , bemerkten wir von der 'Höhe des BcrgeS , dessen möchte nicht mehr möglich sevn, welche Besvrgniß unser Füh:
oberste Spitze vcrbüllt war , in südlicher Richtung weithin ei- rcr vielfach bekräftigte. /
ne grauliche Rauch- oder Wolkemnasse; es mußte das eine (Die Fortsetzung folgt.)
ober daS andere seyn. Da wir an keinen Ausbruch mehr dach
ten, so lag die Idee eines dichten Nebels am nächsten. Aber
eS zeigten sich Wirbel in der Masse wie in einem dichten auf Berlin, April und Mai.
steigenden Rauche, und die Farbe ging da und dort in einen
gelblichen Schimmer über. Unsere Mepni.ngcn waren getheilt, (Fortsetzung.)
der Betturin mit den andern entschied für Nebel, ich, vielleicht
mehr nach meinen Wünschen olS dem Anschein der Sache, für ihren Eine ähnliche Umkehr hat schon der niederländischen Kunst
Untergang gebracht. Denn im Ganzen hat sich die ei»
einen Ausbruch. Wir wetteten endlich, und bald zeigte sich genthümliche
meine Mcvnung als die richtige, denn als wir a» Pompeji gekümmert; siedeutsche Malere» um klassisch schöne Gestalten nie
will das innerste, religiöse, deutsche, gläubige
vorüberfuhrcn , trafen wir Leute , die uns mit bedenklichen Gemütbslcben darstellen, und das Gcmüth , das Nachdenken
Stimme» zuriefen : der Berg speit Fcucr auS. So viele tau über, göttliche Dinge kümmert sich wenig darum, wie es aus
fend Reifende kommen nach Neapel, aber nur wenige« ist die sieht . ob es schöne äußere Formen hat ober nicht. Malen die
ser Anblick vergönnt ; wir , kaum vor einigen Tage» in Nea
pel angekommen, sollten also uuter der Zahl dieser wenigen alten Niederländer Gott Vater oder Christus, so geschieht
sei,». Bald überzeugten wir uns von /.r Wirklichkeit des dicß entweder ganz sitnationslos, und nichts als die Ruhe des
tiefsten, ewigen Ernstes und wandcUoscr Gleichheit brückt sich
Ausbruchs durch eigene Anschauung. Ein ungeheurer Ranch aus
wogte aus dem Schlünde empor und bedeckte einen Theil des me» , sind «irgcndö ein Streben nach schönen Formen ; diese For
wpisch. die kleinen Christkinder, fast nur znr Andacht
Horizonts ; Feuer sah man aber nicht, weil es Tag war. In für die Dabcystcbcndcn hingestellt , machen auf Schönheit der
Neapel angekommen, begaben wir uns so schnell als möglich Gestalt nicht den mindesten Anspruch; steifere, häßlichere Kin
auf den Hafendamm oder Molo. Hier erwarteten wir de» der sind fast nirgends zu finden. Auch Dürer zeigt nie den
Abend; eS war Freitag der Zlfle April. In dem Maße, wie Trieb nach dem , waS man ideale Schönheit zu nennen
das Licht deö Tages erlosch, begann der Vulkan zu glühen. pflegt , und wenn LnkaS Kranach in seinen Lukrclicn bin und
Bald leuchtete nur eine sehr schwache Röthc über dem Kegel, wieder über die sächsischen Allragsgcsichter und Gestalte» hin
bald flammte mir kaum hörbarem Getöse ei» großer Fcucr- ausgehen will , vermag solcher treuherzige Versuch in seinem
ström Horb in die Lust auf und verklärte mit seinem Wider
schein dcn Golf. Man kann wohl nichts Schöneres sehe». Wir Mißlingen n»S nur ei» Lächeln abzugewinnen. Weltliches Le
Körten, daß viele Fremde von Neapel aus dcn Berg bestiegen , ben , die Äraft, alle Zwecke des Lebens tüchtig vollführe» zu
können , die Andacht solcher Gcmütl'er, das Sinnen , Forschen,
wir aber waren zu müde von der Reise nach Pästuin , und die selbst das
Möglichkeit des HinaufstcigenS blieb uns immer noch für den ThätigkeitGrübeln über religiöse Gegenstände, diese innerste
kommenden Tag. Um zehn Uhr Abend« nahmen wir eine Hand und des Geistes , für welche selbst die schönste Form von
Barke und fuhren mit auf dcn Berg gerichtete» Blicken über gleichgültig Fuß, Wange, Auge u. f. f. mehr oder weniger
ist, finden sich in deutschen Bildern älterer Zeit
den glatten, von keiner Luft bewegten Golf bin. Ein langer
Lichlstreif des Widerscheins zog sich über den Wasserspiegel hin, ausgedrückt. Solcher Inhalt aber ist jczt nicht mehr der Lm
aber das innere Toben des Bergs war wegen der Entfernung halt unserer Malere«, das religiöse Leben, die Interessen bcr
kam» verncbmbar. So dauerte es die ganze Nacht, docl, flog Reformation und der Religion überhaupt liegen unser« Mo°
an diesem ersten Tage kein Stein auf. Die Dörfer am Berg lern im Ganzen fern , sie haben keinen Drang sie darzustellen,
bin , Portici, Resina , Tone del Greco n. f. «. waren indes dieser cigentbümlichc Inhalt ist nicht mehr der Inhalt un«
sen in banger Furcht; das 6i«r„»Ie cli vom Samstag scres Lebens; die Rückkehr zum KatholiciSmus vermag ihn,
kündigte an , daß nach der Mcynung der erfahrensten Vulkani- wie mannigfache Bn?fpicle zeigen, nicht wieder anzufrischcn»
flen ein mit Ausströmen der Lava begleiteter baldiger Ausbruch das Jnsichverhausen moderner GefüKlsmvstik kann sich zu b«
sehr wahrscheinlich sei? , daß die Regierung überall auf dein stimmte» Gestalten, nicht ausbreiten, und in diesem Mangel a«
Berge Wachen ausgestellt haben , und baß die Einwohner der Eigenthümlichkeit bleibt nichts übrig, olS auf die Zeit wieder
Dörfer 1>eu den ersten Zeichen kommender Gefahr in die Stadt hinüberznblickcn , welche schöne Gestalten zu erschaffen wußte,
flüchten würde». Am Samstag dcn Lösten April war der und diese Gestalten, ohne die Tiefe des Ausbrucks, in ähnlicher
Vulkan dcn Tag über in Zwischenräumen bald ruhig und kam» Weise, in ncuerfunbcnc» Situationen zu jedem beliebigen In
mit einigem Rauche bebeckt , bald wirbelten aber wieder mäch halt zu verwenden. Die deutsche ältere Malerei? hat nur
tige Säulenaus il»n empor, besonders um Mittag. Gegen durch die bestimmte Weise bcS Gcmüthslebcns , daS sie dar«
Abend verschwand der Rauch allmählig wieder. Wir machten stellt , Werth ; ist diese bestimmt? Anffassungsweise der Welt
uns gegen vier Uhr auf dcn Weg ; man fährt nach bem nicht und des religiösen Lebens nicht mehr die beS Malers, f.»
völliac zwei? Stunden entfernten Resina nnb dort nimmt man hat eS keinen Sinn mehr . diese Gestalten nachznal men. Und
Esel bi« zum Eremiten hinauf, der auf einer , eine Viertel hierdurch möchte sich die Rückkehr zur italienischen Malerei? im
stunde vom Kegel entfernten Anhöhe Knust. Die Straßen von Ganzen rechtfertigen lassen. Diese Rückkehr kann nicht geläugs
Renn» waren voll von Maullhirrni und Führern, und wir hatten net werde» und gab alle» Dürerfesten etwas Gezwungenes.
Mühe nach getroffener Wahl die Zudringlichen abzutreiben. (Die Fortsetzung folgt.)
Es gebt durch die Weinberge der Lacrvmä Christi auf steilen
Pfaden hinauf, bis man auf die Lavafelbcr kommt, welche von
früheren Ausbrüchen her den untern Tbeil des Berge« bedecken.
Hier hörten wir auf einmal das furchtbare Brausen im J,u Be plage: Kunstblatt Nr. 44.

Verlag der I. G. Co cr« 'sehen Buchhandlung.


III.

,'! . I

M o r g e n b l st t

für

gebildete Stände.

Dienstag, z. Juni 182 8.

Mcint Lkbre
Erhebt dm Seist. n»n)i«<ll Zkrast und Mnth,
Msldk uiikicschliltcrlich, und mein Scsttz
SrsMifft ssch Hcldc»?
^ Goethe.
M » h » m « t.

T ü r k i fch e Staatsverwaltung. AM der Leute in diesen Ortas uahm immer zu , denn


vor ihrer Auflösung hatte jede 2 bis Zum, Man»; darun
(Beschluß.) ter »urben jedoch nur Moslem und Christen aufgenom
Die Regiernng bat den abendländischen Kanfteuten men, die sich sre»,vilkq einschreiben ließen. Alle Städte
ihre Niederlassung in den Häven der Levante sehr erleich des Reichs hatten ähnliche Militzen, die in Kameradschaf
tert. Sie zahlen auch weniger goll als selbst türkische Un- ten oder Odas (Zimmer) eingetbeilt waren. Wer unter
terthanen ; demungeachtet hat der Handel mit dem Abend- den Janitscharen eingeschrieben war, mußte sich auf Erfor
laude der Türke» nicht nur leinen Vorteil gebracht, son dern stellen, hatte aber auch einen regelmäßigen Sold, der
dern entschiedenen Nachtheil, und er ist wesentlich an ihrer alle dre» Monat mit gewissen Feyerlichkeiten in Gegenwart
Verarmung schuld. Die von den Abendländern eingeführ deS Großkerrn ausgezadlt wurde, denn dieser war selbst
ten Waaren haben alle großen Äertli , was aber die Tür und von Rechtswegen Janitschar der ersten Ort«, und em°
ken dagegen geben, ist von geringerem Betrag. Sie müs , »fing bev dieser Gelegenheit seine eigene Bezahlung. Die
sen also den große» Uebcrschuß mit Gold, Silber, Dia Ortaö hatten alles, waS sie bedurften, und manche ihrer
manten u. s. w. decken , wodurch das Land natürlich im Offiziere waren Köche »nd Wasserträger. Täglich erhieK
mer mehr verarmt. Außerdem haben seit fünfzig Jahren ren sie in ihrer Kaserne eine Ration Brod, Fleisch, tür
fortwährende unglückliche Kriege die Türke» im Allgemei kisch zubereiteten Reis und eine Art von Zuckcrwerk , das
nen, aber besonders Konstantinoxel sehr verarmt. aus Safran und Honig bereitet war. Wenn fie gegen de»
Jeder Moslem ist schon durch seine Geburt Soldat. Großberr» oder die ober» Behörden aufgebracht waren ,
Das eigentliche Heer aber bestand, ehe die abendländische so versamnielren sie sich zu Ete-Merdan oder dem Fleisch-
MilitärdiScixlin eingeführt wurde, aus den Janitscharen fcld in Konstantinopel , verweigerte» die Annahme ihrer
und der Mannschaft, welche die PaschaS in ihren Provin Rationen und stürzten zn dessen Wichen ihre Kessel so lange
zen aushoben. Die Janitscharen entstanden schon unter um, bis man ihre Beschwerden abgestellt und sie befriedigt
Amurat l. ; unter Bajazct tieften sie sich den fünften Theil hatte. Bev alledem war der Janirscharen Achtung vor der
der Gefangenen zuschreiben ; später erhielten sie den zehn herrschenden Ottomanensamilie sehr groß, und so oft sie
ten Theil der öhristenkindcr zur Rekrutiruug. Dieser Ge sich auch gegen dieselbe aufgelehnt habe», so dachte» sie doch
brauch Körte jedoch unter Amurat l>. auf. Indessen war nie daran, die Ordnung der TKronsolae zu ändern und das
das Korps schon bedeutend, weil unter Svlinian I. tij» Diadem einem andern zu übertragen, alö dem vermuthli-
Kohorten »der OrtaS von Z — so« Mann bestanden. Die chen Thronerben.
Es ist auffallend, aber bep der Ungeheuern Gewalt und und die neuen. Leztere nennen sich ganz bescheiden die
dem Druck des Despotismus in allen seinen Zweigen fast Diener der andern. Ungeachtet ihrer jüngern Entstehung
natürlich, daß sich in der Türke» rüe das Volk selbst gegen werden sie aber doch mehr geachtet als die Vlten, und ha
den Herrscher aufgelehnt h>t, denn alle Meutereven und ben auch auf dem Marsch vor ihnen den Rang. Dieß ist
Unruhen gingen immer von irgend einem Großen oder eine Belohnung, die ihnen von Mahomerm. ward zum
Vornehmen aus; Kiefer besticht einige Jmams, um ihre Lohn für ihr ausgezeichnetes Betragen und ihre Tapfer
Stimmen gegen den Sultan zu erheben und Kiefen folgen keit in einem Augenblick, wo die übrige Armee fast ganz
dann die Truppen blindlings. vernichtet und der Sultan selbst schon auf der Flucht war ;
Da das Janitfcharcnkorps eine Meqge Vorrechte hatte, sie allein standen fest, stellten die Ordnung wieder her und
so ließen sich viele Reiche darin aufnehmen und einschreiben. banden den Sieg an ihre Fahnen. Außer ihnen gibt es
Sie erhielten keine Löhnung und cs wurde ihnen leicht der noch zwey andere Kavallcrickorxs , die Zaenes und die
Kriegsdienst erlassen. Was für ein Verbrechen ein Juuit- Taimariotes, die Ländcreven des Großherr» als militäri
schar auch verübt hatte, fo konnte er doch nicht anders als sche Lehen innehaben, dafür aber zum Heerbann verpflich
nach dem Gesetzbuch der Janitscharen gerichtet werden. tet sind, wenn ein Krieg ausbricht.
Wollte aber der Sultan oder der Vezir einen Soldaten Die Türken sind beym ersten Angriff voll Feuer und
ohne ordentliches Urthel und Recht bestrafen, so wurde Kraft, aber bevdes nimmt bald ab, und Unordnung reißt
er heimlich in eine der Vestungcn geschickt und da erdros unter ihnen ein. Da sie auch jezt , ungeachtet Mahmuds
selt. War dieß geschehen , so siel ein Kanonenschuß zum Bemühnugen , wenig von Taktik verstehen , so gehorchen
Zeichen. sie mehr dem Aufruf im Namen Gottes. Die Offiziere
Für die Landarmee ist die Rekrntirung in der Tür rufen ihnen zu: Moslem, das Paradies ist euch offen! So
key frevwillig. Bricht ein Krieg aus , fo wird ein Aufruf schrieen fönst die Spanier: Heiliger Jakob, hilf uns, nnd
an die Moslem erlassen, und sie reihen sich dann un die Franzosen: Montjoie und St. Denis steh vns Key;
ter die auf den öffentlichen Plätzen ausgesteckten Fahnen. die Griechen rufen die Heiligen Georg und Nikolaus an.
Von diesem Augenblicke an erhalten sie Löhnung nnd Ueberau bedeutet dieß : Laßt euch zu Ehren des Gottes
dürfen nach Belieben von einem Korps zum andern über tödten, der alles Blutvergießen verboten hat. ,
gehen, ohne daß dieß als Desertion ausgelegt werden kann. Auch die Seefoldatcn sind nicht stehend, sondern wer
Dieser Umstand nöthigt die Regimentsschess zu großer den im Augenblick des Bedürfnisses durch Matrvfenprcsscn
Milde und Nachsicht, denn sonst würde ihnen Niemand zusammengebracht, sie bleiben aber nur für einen Feldzug
bleiben. in Dienst. Auch sie sind, wie die andern türkischen Sol
Das vorzüglichste Reiterevkorps hieß vor Zeiten Spa- daten, ohne Disciplin und zu Meutereven geneigt.
his und zeichnete sich durch Rang, Ruf der Tapferkeit
und Disciplin ans. Dadurch und durch ihr großes Anse Von der Selbstverbrennung des menschlichen Körpers.
hen im Reiche wurden die Spahis fo möchtig, daß sie sich Kann wohl von allem Schrecklichen , dem des Men
oft gegen die Sultane erhoben und verschworen. Maho- schen Körper ausqesczt ist, etwas furchtbarer auf die Ein
mei iv. wußte aber dem Korps auf kluge Weise sein dro bildungskraft wirken, als der Gedanke an einen Menschen,
hendes und gefährliches Ansehen zu nehmen. Er gab den der sich de» lebendigem Leibe durch inneres Feuer verzehrt ?
Janitscharen immer den Vorzug und ertheilte ihnen be und daß der menschliche Körper wirklich aus inner» Ursachen
denkende Privilegien ; dadurch mußten die vornehmen Of unter Flamme u»5 Rauch verbrennen kann, ist unlaugbar,
fiziere der Svahis ihrem Dienst entfremdet werden und wenn gleich manche Naturforscher die Erscheinung in ih
den Hof so viel wie möglich vermeiden. Die andern Spa rer ganzen Ausdehnung in Zweifel zogen, und man wird
his folgten ihrem Bcvspiel, zogen sich in die Provinzen diese Ungläubigkeit begreiflich finden , wenn man bedenkt,
zurück, oder lebten nur währcnd dcr Musterung in Kon daß die Zahl der Fälle, die man, seitdem die Wissenschaft
stantinopel. Der Sultan gebrauchte nun auch andere Trup Erscheinungen der Art nicht mehr spurlos vorübergehen
pen zu Pferd gegen den Feind. Seit dieser Zeit haben sie läßt, wirklich beobachtet hat, nicht über fünfzehn steigt,
daö Recht verloren, ein Ncservekorxs für die Bewachung und daß zu der Bestätigung deS einzelnen Falls so viele
des Sultans zu bilden, und die Janitscharen traten birriii übereinstimmende und umständliche Zeugnisse erforderlich
an ihre Stelle. Bald aber mißbrauchten auch diese das in sind. Die neuesten Forschungen über diesen wichtigen Ge
sie gesezte Vertrauen ; darum verloren sie ihr Vorrecht, genstand gehören dem Franzosen Jnlia-Fontencll«
und den Bvstandiis wurde daS Recht, den Sultan in sei an. Statt einzelne Bevspiele anzuführen, fassen wir die,
nem Serail zu bewachen und in Krieaszcit sich nm sein Haupterscheimmgen und Umstände zusammen, die in den
Zelt zu lagern. Sie bilden ein Korps von ungefähr I2,«n« verschiedenen Xällen bemerkt wurden.
Mann. Die Spahis zerfallen in zwev Klassen, die alten Die Menschen, welche an der Selbstverbrennung star
den, waren meistens selche, welche sich an den über nung eine krankhafte EnNvIeNung dieser Luftart im gan
mäßigen Gebrauch geistiger Getränke gewöhnt hatten, sie zen Körper, namentlich im Zellgewebe, anzunehmen, daö
kommt indessen weit seltener bey Männern als bey Wei- Gas würde dann zufällig durch einen fremden brennen
bern vor, und die Weiber waren dann fast immer bejahrt; de» Körper oder auch durch Entladung der »n Körper
ist ein Bevspicl von einem siebzebnjährigen Madchen krankbast anaebäufren Elektricität entzündet. Eine inter
kannr. Der Fall ereignet sich weit häusiger Winters «IS essante Beobachtung könnte, scheint es, dieser Ansicht zur
Sommers , und die Verbrennung ist meistens allgemein, Bestätigung dienen; als der französische Arzt Baillv dcn
kann jedoch örtlich seyn. Die Verbrennung entwickelt Leichnam eines Menschen öffnete, der an einer allgemeinen
sich plötzlich und verzebrt den Körper in wenigen Stunden, Luftgrschwulst gelitten Katte, strömte ein Gas aus, das
wöbe» der Leidende eine sehr heftige innere Hitze empsin- angezündet mit blauer, oft sechs Zoll langer Flamme
der; Rumpf und Singeweide werden beständig verbrannt, br.inute. Dieser Mevnung stehe» ludessen ähnliche Gründe,
Füße, Hände, Schädel blieben d,ig«.n fast immer uuvcr- wie der von der Sättigung mir Weingeist entgegen; außer
sehrt. Es ist durchaus nicht erwiesen, daß es eincö äus dem, daß iene Luftentwicklung im Körper niebt erwiesen
sern brennenden Körpers bedarf, um dieses innere Feuer und unwahrscheinlich ist, «erden dünne Flcischstücke, »och
zu entzünden, sondern alle Umstände weisen sogar auf das so lange in brennbarer Luft aufbewahrt, nie brennbar.
Gegenthcil hin; auch wirkt das Wasser hier so wenig als Nachdem Fontenelle die bisherigen Theorien von der
Löschungsmittel, daß es die Zerstörung zu befördern scheint, Selbstverbrennung widerlegt oder doch in ihrer Allgemein
und wenn auch keine Flamme mehr sichtbar ist, lodert doch heit unwahrscheinlich gemacht hat, stellt er eine eigene,
das Feuer im Innern fort. Um einen Leichnam auf gc- gleich unerweißllchc auf und betrachtet die Selbstverbrenn-
wohnlichem Wege einzuäschern, bedarf es bekanntlich eines nng als keine wirkliche Verbrennung, sondern «IS eine von
beträchtlichen Holzstoßes. Bev der Selbstverbrennung aber äußern Einflüßen ganz unabhängige Zersetzung der weichen
äschert sich der Körper ein, ohne daß die brennbarsten Ge Körpertheilc, deren Produkte in ihrer Vereinigung Er
genstände ganz in der Nähe Feuer fangen ; so theilte sich scheinungen hervorbringen , die mit der wirkliche» Verbren
in einem äußerst merkwürdigen Fall , wo zwey in demsel nung Aehnlichkeit und die .>>auptcharaktere gemein baben.
ben Zimmer befindliche Personen zugleich verbrannten, daö Die Menge von Wärme, welche verschiedene Körper bey
ffeuer weder dem Zimmer noch dem Geräthe mit. Im der Verbrennung entwickeln und ausströmen , ist außeror
ffall einer allgemeinen Verbrennung ist noch nie ein Mensch dentlich verschieden, und so könnte sich der merlwürdlge
gerettet worden, wohl aber bev einer örtlichen, theilwei- Umstand, daß bev der Selbstverbrennung niemals ein noch
sen. Die Ueberbleibsel dieses Verbrennungsprozesses sind so brennbarer äußerer Körper in Brand gesteckt wird, dar
eine fette Asche und ein schmieriger Ruß von durchdringen aus erklären , daß die Produkte, die sich bev dieser Zersez-
dem schlimmem, sich weit verbreitendem Geruch, die sich zunq des Körpers bilden, sehr brennbar sind, aber weni
überall im Zimmer anlegen und in das Hansgeräthe dringen. ger Wärmestoff fabren lassen als alle biSKer bekannte» Kör
ES war wohl natürlich, daß die meisten Beobachter, per. Allem nach scheinen besonders Weiber zu dieser ei-
die sich mit diesem Gegenstand beschäftigten, wenn eS sich genthünilichcn Zersetzung geneigt zu sevn , und diese An
von Erklärung der merkwürdigen Erscheinung bandelte, lage dnrch die Schwäche, welche Alter, sitzende Lebeusart
ihre Aufmerksamkeit besonders auf das Uebermaaß der mei »nd Mißbrauch gebrannter Wasser mit sich bringen , noch
stens genossene» geistigen Getränke, namentlich des Brannt vermebrt zu werden ; der Branntwein spielt ans jeden Fall
weins richteten, und sich dachten, der Branntwein durch nur als Beförderungsmittel der Krankheit, nicht als un
dringe vom Magen aus »ach und nach den ganzen Körper mittelbare Ursache eine lliolle dabev, und dieß gebt schon
und sättige ihn endlich so, daß die Annäberimg einer bren- daraus dervor, daß Menschen ans diese Art umkamen,
nenden Substanz hinreiche, denselben in Brand zu stecken. welche keine Säufer waren. Erst wiederlwir, Beobachtun
Diese vorgebliche Sättigung der Organe niit Branninvi» gen und die Forrschritte der PKosik »nd EKemie werden
bey den Säufern ist indessen durch nichts erwiesen, und über diese rätkselbafte Krankbeit Licht verbreiten ; es ist
ferner würde nach Versuchen von Julia- Fontcnelle selbst indessen nicht zu wünschen, daß der schreckliche Zufall durch
diese Sättigung den Körper noch nicht brennbar machen ; öftere Wicderbolnng sich der Voikspbaiitasie bemächtige,
er tränkte Ochsenfteisch mehrere Monate lang mit Brannt der er blsS durch feine Seltenheit fremd geblieben, und die
wein, sogar mit Weingeist, ohne daß das Fleisch brenn Wissenschaft bereichere.
bar wurde. "üi . ,5'-? ' , , 1« ,t i,'. ,K ' , " >. !i 4
Das Wassernoffgas oder die sogenannte brennbare Luft, Korrespondenz-Nachrichten.
die sich in größerer oder geringerer Menge aewökniich in Neapel.
(FortseiMnq.)
veid bildet, brachte deutsche und französische N,ich drey Siimtc» qcl.'nqlen wie zum Eremiten. Sein
im Falle der Sclbstverbrc». Haus war zur Hcrdcrgc einer zahllosen Menge von Senke»
532
allen Nationen geworden. Deutsche , Engländer , Franzosen, ben hatten , wieder in den Krater zurück ? wenigstens trat aus
Russe», die Offiziere dev neapolitanischen Schweizcrregimen- unserer , durch de» Wind gcfchüzte Seite kein einziger. Da«
ter drängten sich durcheinander. Der gute Eremit hatte für heftigste Krachen des Donners ist nichts gegen das entsehlicht
diese segensreiche Zeit drcy Kellner aiigcnommen . »nd ver- bol>le Getöse aus" dem Bauche des Berges berauf, und der BlitZ
kaufte sauren Wein unter dem Namen Lacrymae Christi für nur «in schnell vorübergehend» Strahl gegen diesen Feuer«
hone Preise. Als ich ihn fragte, ob er keine Furcht habe, sag« strom. Ich kMin diesen mit nichts vergleichen als, mit der
er, Gott habe dieses Keilige HauS immer beschüzt, es habe Girandola in Rom. an Osicrn oder dxm Peter und Paulsfest
eine gute Lage. Wirklich muß diese Heiligkeit mehr im in dem Augenblick' wo die unzählige Menge von Raketen und
Hause »ls in dem gegenwärtigen Besitzer liegen. Uin zehn Schwärmern nach allen Richtungen von dem Kastel St. Ängelo
Uhr brachen wir von der Tremitcnwohnung auf, die Fackeln anffälxrt. Doch gilt diele Berglcichung nur für die Form, den«
wurden angezündet » und ein langer Streifen solcher leuchten das Verhältnis ist bcy dem Naturereignis unendlich kolossaler.
den Punkte zog sich nach dem eine Mtglie entfernten Kegel hin. (Der Beschluß folgt.) ^ ' ,'
Immer noch flogen Steine auS dem Krater heraus und über den
Kegel herunter, und wir durften uns nicl,t verhehlen, daK ein >z.: ' ' »Berlin, April. und Mai. , .
Stein, der traf» tobten mußte. Am Fuße de« Kegels augekonis ,,, (Fortsetzung.) , , ^ ,.
inen , fanden wir viele leere MaultKiere und horte», daß ihre Ein vaterländisches Kunsifcst sollte gcftvert. deutsche Kunst
Reiter oben sehen , und da und dort sah man eine Fackel bei, gepriesen, in Reden vcrtbcidigr und erhoben werde», wäh
Berg binaitfglimmen. Bekanntlich ist der Kegel des Vesuvs rend wir Denrsche selbst deren Auffassungs - und Darstellungs»
eine runde, sehr steile, aus Asche und Lava bestehende Hohe weise verlassen haben, und nach dem Auslände mit unserem
in Zuckerhutform , und ei» rüstiger Fußgänger braucht immer Geschmacke ausgewandert sind. Die frühste Feuer unternahm
eine halbe Stunde um binaufzuglimmc». Der Wind blies der wissenschaftliche Kunstvercin an seine», gewöhnlichen Siz-
glücklicher Weise mir großer Gewalt gegen die Seite , an der zungstaqe, der für den Monat April auf den 8ten siel. De»
wir aufstiegen, und wir durften daher erwarten, daß alle Anfang der Sigunq machte die Vorlesung einer AbKnndlung,
Steine, die etwa auffliegen mochten, auf die entgegcngcsczte welche, der Tendenz des Vereins nach, niebr den Geist de?
Seite getrieben werden würden. Die Ungeduld beflügelte Dürcrschcn Werke hervorzuheben suchte» olS sich auf die Be
unsere Schritte, und bald stauben wir. etwa mn eilf Uhr, am trachtung ihrer technische» Vollkommenheiten beschränkte. Be
Rande des Kraters. Die Spitze des Kegels bildet einen sonders ward hier fes!z»sc»en versnchr. durch welche Auffassungs-
dreiviertel Stunden im Umfang Kältenden Rand, der an den wcise sich die dcutsclien Maler von den italienischen, und die.
meisten Stellen kaum einen Schub breit, an andern ganz scharf oberdeutschen wiederum von den Kölnern und alten Niederlän
ist , indein auf der einen Seite die innere Kluft abschüsiig sich dern , Dürer aber von de» früheren Oberdeutsche» fo wie von
dffnet , auf der andcrn Seite der Kegel sich steil nach außen Lukas Kranach unterschiede. AlS Hauvtcharaktcrzng in Dürcr
senkt. Nur auf der westliche» Seite, wo man gewöhnlich auf- schcn Bildern wurd die beginnende Himicigung z» der Lehre
steigt , ist er etwa zwölf Schub breit und gegen de» Schlund der Reformatoren bezeichnet , durch welche Dürer besonders de«
hin durch eine vorstellende Felsenzackc bcgränzt. Die Tiefe des Drang des Forschen« , ?!achdcnkcns . in gewaltige»! kräftige»
Krater« ober Schlundes beträgt 25„ — 5lw Sckuh , aber deutschen Gesichter» ausgedrückt Habe. Diese Gestalten scvcu
schon Kattc sie durch das Steigen der Lava merklich ab- aus allcu seinen Bildern die beachteilswerthestcn und gelun
genommen. Auf dem beschriebenen breitere» TKcilc des Ran- gensten. Eine andere Abhandlung über die Campersche <?e«
dcs fanden wir Zt> — 4t> Personen, die heraufgestiegen waren, sichtslinie ward vo», Herrn Direktor Schadow vorgelesen, der
mn das Schauspiel zu genießen, und zwar lauter Fremde, durch diese» Vortrag das näher erörtern wollte , waS Her«
keine Italiener, sondern Deutsche. Engländer oder Franzosen. Alcvander ». Humboldt in seinen öffentlichen Vorlesungen über
Man horte behnahc nur deutsch und englisch reden. Unten in diesen Gegenstand nur flüchtig berühren kennte. Besonder
der Tieft des KraterS glübtc eine Lavabecke, welche die ganze, erfreulich aber war es. daß Herr Professor Ne,uch. Mitglied
etwa lm> Fuß im Durchmesser haltende Grundfläche des Schlun beS Vereins . das kleine Modell der für Nürnberg bestimmten
des bedeckte. Diese Masse war an den meisten Orten oben Statüc Dürers aufstellte. Dürers Gestalt ist in diesem Mo«
mit Asche bedeckt , und ließ nur durch kleine Rißen das Feuer bell fast die kraftvollste, die dein Künfll.-r je mag gelungen seun,
durchblicken . an andcrn aber lag die Gluth ganz zu Tag. In das lange, geringelte Haupthaar fällt auf den mit einen, Pelz
dieser Masse zeigte sich auf der Südseite eine Ocffnung oder ein kragen verbrämten Mantel herab, der da»» ruhig in großen
Trichter von bepläusig fünfzehn Schuh Durchmesser , welcher Falten de» Rücken entlang bis zu den Kndchel» hcrabftiesit;
oben mit einem Lavablockc wie mit einem Deckel geschlossen siele er bis zur Erde uerab. um sich dort etwas umzulegen,
war, der nur da. wo er nichl auflag, die Ocffnung in die so möchte vielleicht eine größere Mannigfaltigkeit der Drape,
Tiefe sehen ließ. Um ikn herum zeigte» sich da und dort klci: ric mit sc»ö„e,c» , geschwungenere» Linie» anzubringen ccwe«
nerc Trichter. Der Berg war eben ruhig , der größte Tkeil scn sevn. Die langherabhängciidcn Aermel breiten die ll!?stc,It s
der Zuschauer lag auf dem Rande hingestreckt. Ich streckte nur. glauben wir. ,nöa,ten sicl, die in svit'e» Winkeln geöffneten
mich ebenfalls, vom Aufsteigen ermüdet, »eben cincni feisten Einschnitte in der Mitte der Aermcl bev der kolossalen Ausfül»
Engländer bin, voll Erwartung der Dinge, die kommen sollte». runq noch weniger gut ausncbmcn als im Modell. Der Aus
Kam» hatten wir sechs bis acht Minuten in dieser Lage zuge druck des Gesichts ist durcbaus kräftig und edel ; die Stellung
bracht . als man eine Bewegung an dem Lavadcckel über dem dcS rechten Arms , dessen Hand einen Lorbcerzwcig hält, frey
Trichter bemerkte. Alle fuhren wie mit einem Silage auf, und leicht, besonders schön aber die des linken, der im Man,
der Block hob sich langsam etwa scchs ScK»h in die Höbe , so tel auf der Brust rubt. Den Beschluß dieses ersten Srinne«
daß er nur noch an einem Punkte die Lavadcckc bcrübrtc, und rungSfcstcs machte, wie es sich nicht anders vcrstcllcn läßt , ein
nun subr mit eineni Gckrach. das man sich kaum denken kann, Abendschinausi, bcu welchem der Generalsekretär der Gesellschaft
ein Fencrregen glübcnder Lava in kleinen Stücken von allen Herr Ne, Fr. Förster, eine kurze Tischrede : „gegen die jeuige
Seiten des Trichters in Gestalt em?r Feuerqarbc in die Höbe. Mutblosigkclt in der Kunst.^ Kielt.
Im glaubte gewiß getroffen zu wert»», e,«r alle Steine stürz: l,?- ' . ,<Dic Fortsetzung folgt.) '
ten, nachdem sie sich in eine Höhe von 200 — ZW Schuh erbo- , .Belage: Likergkurbiarr Nr. «.
Verlag der I. G. ^otta'schen Buchhandlung.
n°. 154.

M o r g e n b l a t t

gebildete Stände.

Mittwoch, 4. Juni 182 8.

Die Streiter hofften nicht am ernsten Tag«


Morgovten« , noch dcr starke Wink.rricd
Bc» Scmpach« adelich» Niederlage,
Auf eine« Barde» Lied.
Tschorner.

S e m p a ch. Die Mitte aber starret,


Sin felsenstarker Lern,
1 Z K 6. Und Kalt mit festem Arme
Jedweden Andrang fern.
Ans einmal donnert es nieder. Heiß wird's; die Schweizer suche»
Sin loögcrißncr FelS, Zwischen den Spießen Bahn,
Sin anqeschwvllner Meßbach Die Träger zu erfassen.
DeS hohen Alpenquellö: Doch ist's ein schweres Nah'n;
Die Eidgenossen stürzen Da sinkt zur selben Stunde
Auf ihren Feind herab. Das Banner von Luzern,
Im Herzen Muth, im Schwerte Mit ihm der Gundoidingen,
Vernichtung, Tod und Grab. Der edelste der Herrn.
Die Behren sind gereifet. Dort Stephan von Sillinen,
Die Zeit der Srnte naht, Der Altschultbeiß von Moos,
H« , wie die "Schnitter jubelnd Anton von Port und andre,
Hinstürzen auf die Saat! Jezt sind es Leichen blos;
Doch wie die Schweizer toben Und rücklings steht Bonstetten,
Im Angriff und im Sturm, Das wissen die Schweizer gut.
Die unten stehen kräftig. Den Herzog unterstützend
Ein nesenfester Thurm. Mit starker Hintcrhut;
Die langen Lanzen alle Was frommt ein sichrer Wurfspieß,
Weit vor sich hingestreckt. Wo unnahbar das Wild?
Gerüstet bis zur Sohle, Was srommt em muthia Kämpfen,
Mit schwerem Schild gedeckt: Wo es kein Kämpfen gilt?
So harren sie, unnahbar. Sechzig der tapfern Minner,
Ein Hellebardenwald, Sie liegen sterbend all.
Trotzend in ihren Waffen Und ungebrochen steht noch
Jedweder Srreitgemalt. Der Feinde Lanzenwall.
Und wenn sie sich bewegen. Da springt mit einem Male
Ist's von der Seite nur. Sin Kühner aus den Reih'n,
Die Schweizer zu umflügcln Bom Herren «userkohren
Halbmondiger Figur; Ein Retter heut zu sey»;
534- ^
Ein Mann aus Unterwalde» - — ^j. B«ep od« Laufanne her, so stellen sich verde Berge wie
Von tapferem Gemüth, ein gewaltiger gerade abgeschnittener Felsen, wie ein gros
Won ricsenstarkem Arme, ses leukadischeö Riff dar^ hoch gen.ug, um alle, Nachbarn
^ Arü«Id von Winkelried.
zu überragen und sich als ungeheurer Block am Fuße der
Von Winkelried, ein Name, savoyischcn Avrdcralpcn hinzustellen.
Bekannt im Lande Schweiz, Die Saleve sind eine wunderbare Bergnatur, die ei-
Von Winkelried, ein Ritter, «ige Jahrtausende vor Genfs Entstehung ein anderes An-
Gepriesen allerseits.
Der kann das bange Harren, sehen haben mußten, weil damals die Berge noch verbunden
Der kann die Schmach nicht sehn. waren und ihren Fuß der See umfluthcte, dessen nächstes
Der will den Eidgenossen Gestade jezt eine gute Stunde entfernt ist. Sie scheinen
Voran zum Tode geh«. ^ aber so nahe bcy der Straße , daß Rousseau als Knabe einen
„Ich mach' euch eine Gasse, Stein gegen die Felswand werfen wollte.
„Beym Lenker des Gefechts! . .. Die Besteigung des kleinen oder großen Saleve ist einer
„Gedenket meiner Kinder, der anziehendsten Ausflüge, die von Genf aus gemacht wer
„Gedenkt meines Geschlechts! den können , denn sie führen gleichsam in den Vorhvf der
„Mir nach, ihr Schwcizerbrüder,
„Mir folget festvereint!" höhern Alpen- und Gletfchcrwelt von Chamouni, in das
Und hat es kaum gerufen. Peristyl jener Wnnderhallen, welche die Eis - und Schnee
Und ist schon an dem Feind. brücke zwischen Himmel und Erde zu seyn scheinen.
^ Und^wie er riesenmäßig Es waren unserer Fünf, die- dießmal früh um sechs Uhr
Und groß und kraftbcwußt. dahin auszogen, und darunter eine spanische Mahlerin mit
Faßt er drcy Hellebarden, ihrem Bruder aus Grenada. Noch jezt, nach so vielen
Und stößt sie in feine Brust ; Geschlechtern, war in ihren Zügen maurische Abstammung
Greift nach den Waffenträgern
Mit ungeheurer Macht, so wenig zu verkennen wie in ihren Worten. Außerdem
Und reißt sie sterbend nieder. hatten wir noch zwep Griechen bey uns, worunter ein
Daß Arm und Schiene kracht. langhaariger, schnurrbärtiger Klexhtensobn. Von Genf
bis Veiri, am Fuß des Bergs, fuhren wir in einem
Da ist der Bann gebrochen weiten OK»r S« c«,e mit aufgezogenem Leder, um nach
Und offen ist die Bahn,
Rasch stürmen hin die Schweizer, beyden Seiten ausfchen zu können und nicht das Schicksal
Wo Arnold aufgethan ; eines spleenhaften, stummen Engländers zu thcilcn, der in
Der Lanzcnwald ist offen. einem nur auf der linken Seite geöffneten Char, die
Die Schweizer Hausen drin. Fahrt um den Genferfee «lachen wollte, deßhalb zum
Die Bäume wohlgetroffen
Sinken zur Erde hin. Schwcizcrthvr Hinansgefahren , bey Nacht in Laufanne an
gekommen, am folgenden Tag wieder weitergefahren, eben
Die eignen Waffen selber so in Evian übernachtet haben, und über Thouon nach
Sind jezt der Träger Noth,
Der Eidgenossen Schwerter drey Tagen nach Genf zurückgekommen fepn soll, ohne den
Sind jezt der Feinde Tod ; See gesehen zu haben, der immer hinter seinem Rücken
Zum Kriegesaltar aber, lag. Wir sahen die Landschaft in vollem Frühlingsrciz,
Drauf Feindcsblnt jezt glüht. wie die riesigen Kastanienkuppeln auf breitgezacktem Laub
Die Stufe war der Leichnam
Arnolds von Winkelried. liebliche Blüthenthürmchen wiegten und wie sich das junge
Akaziengrün gleich Kindcrlvcken in die ernsten Blättermas-
Manfred.
scn flocht. Bey Chateaublanc schlugen aus den herrlichen
Wicsengründen die Nachtigallen so anmuthig herauf, daß
unfer grenadisches Mädchen halten ließ und wir eine
Die b c y d e n Saleve. ziemliche Strecke zu Fuß gingen. Während uns in der
Niederung die Sonne schon sehr warm schien , glänzte der
Wer Genf gefeben, erinnert sich vielleicht einer gar Schnee noch auf des Mote Spitze und dichter auf den
sonderbaren Berggesialt an der Südseite, die etwas Auf: südlichen Firnen. In der Schlucht zwischen dem großen
fallendes, Zerrissenes, Apokalyptisches hat. In Genf scheint und kleinen Saleve sahen dagegen die gelben und grünen
sie ein langer, felsiger Bergrücken, von grünen und steini Saatfelder gar wundersam ans. Zwischen Bvugcries unö
gen Schichten malerisch und bandartig durchzogen, denn Veiri liegen eine Menge lieblicher Landhäuser. In einem
vom großen passen sie genau auf den kleinen Berg. Kömmt Land, wo Kunst und Eleganz eine untergeordnete Rolle
man aber von Osten oder Norden , vom See - Savoyen, spielen und das Sparen so zu Hause ist, wie bei uns.
5Z5
denke man ja nicht an die erhobenen , großartigen , leich- niedriger ist als die der umgebenden Lust, und daß dieser
ten und zierlichen Sampagnen anderer Länder, an ihre Unterschied verschwindet, fodal5 viele Wolken anfzieben.
Treppen, Statuen, Ballone, Springmasser u. s. w. Bon In den April - und Mainächten beträgt die Temperatur
alledem ist bei unS nichts zu finden. Sin einfaches Wohn- der Lufc oft nicht mrbr «ls vier bis fünf Grade, und die
yanS hängt oft noch mit dem Wirtschaftsgebäude, mit dem Mondlicht, d. b. dem Keltern Himmel anSgesezten
Scheuer, Stallung und Heuboden zusammen. Gewöhnlich Pflanzen können so trotz der Angabe des Thermometers
aber trennt man jezt Beydcs von einander; dann sieht erfrieren, weil sie durch die Strahlung sechs bis acht Grade
das Ganze ziemlich hübsch aus. StwaS größer und klei Wärme verlieren. Den triftigsten Beweis, daß der Mond
ner , etwaS freundlicher oder düsterer . das ist der ganze hier an sich keine Nolle spielt und daß die Beobachtung der
Unterschied im Cauton Genf; ein Landhaus gehört aber Gärtner richtig, nur ibr Schluß falsch ist, gibt der Um
bei unS zum tägliche» Brsd. stand, daß dieselbe Erscheinung stattfindet, ob das Gestirn
(Die Fortfelznug folgt.) sich über dem Horizont befindet oder nicht, wenn nur der
Himmel wolkenlos ist.

Uebrr das nächtliche Warmcstrahlen der Körper. Korrespondenz-Nachrichten.


(Beschluß.) Verl in, April und Mai.
Vom sengenden Mond <l» >>»>»» '««»»«). Schon (Fortsetzung.)
. im vorigen Jahre ist im Morgenblatt etwas über diese
vorgebliche Wirkung des Mondlichts mitgetheilt worden ; t7tenDieApril zweytr, bey weitem matteste Fever untcriial'm am
das Kbnigsstädter Theater dur« ein Gelegen«
der Vollständigkeit und des Zusammenhangs mit der Theo- heitsstück : ,^?an« Goch« oder Dürer« Festadend." «I« Vc»
rie von der Strahlung wegen , dürfen wir aber diese Er süsser nennt man Herrn Gubiy , Professer der Holzschnei
scheinung hier nicht übergehen. Wenn die Gärtner schon dekunst und Herausgeber de« Gesellschafters. Als Farce kann
längst versichern und glaube», daß in gewissen Monaten m>»> das kleine Gemälde Kingelv« lagen ; es ist sogar eine
Sccne darin, über welche des komischen Spiels des Herrn No-
daS Monblicht schädlich auf die Gewächse wirke , und daß sectewegen gelachtwerden »,„ft. doch',ist eseine eigene Manier, zu
namentlich in den Monaten April und Mai junge Blätter „Albrech, Dürer« Gedächtnigfever ' (»ie der Zettel die «uffüv-
und KnoSpen, die dem Mondlicht ausgesezt sind, roth- runq ankündigte) nichts anders vorzudringen . «ls deu Paniof-
werden, d. h. erfrieren, so nahm die Meteorologie hier felbelden Dürer, der von seinem als Zkantipp« vcrscüriouc»
Weibe auf jede Weise gepeinigt , ihrem Keifen, ihrer Gewinn:
von keine Notiz und warf diesen Glauben zu den Vorur- sucht . ihrer Gemeinheit , ihrem Sei, nichts als eine Lamms»
theilen, weil sie keinen Grnnd für die Erscheinung anzu gcduld entgegensezt, und überhaupt so sanft, still, nachaiebig
geben wußte, daß Pflanzen erfrieren, während doch das und schwachsinnig, und nur bin und wieder mit biederbc« Ncr
densartcn von Trefflichkeit der Kunst . Gott ». s. f. oufqc»
Thermometer in freyer Luft überall mehrere Grade über stuzt ist, daß jeder andere, der ein Dürer weder war, noch ist.
dem Gefrierpunkt steht. Das Volk glaubte auch zu bemer noch seyn wird , wenn er ein keifendes Weid bat , diesem Por
ken, daß, sobald das Mondlicht durch Wolken, ja selbst träte ähnlicher sevn müßie als Dürer. Einen Hrrvs der Kunst
durch künstliche Schirme von den Pflanzen abgehalten von zu seiner dreyhundertjährige« Gedächtnißsever einzig und allein
der mattesten , schwächsten Seite darzustellen . kann wenig«
werde, diese keinen Schaden leiden; waS war natürlicher, stens als sonderbar angesehen werden. Und Herr Wagcner
als daß man sich vorstellte, das rlcht unseres Trabanken gab den Dürer noch dazu so schncidcrniäSiq und hölzern, daft
besitze eine wesentlich erkältende Kraft, und baß die Phy es zu erbarmen war. Hätte der Mann nicht die ungeheure
siker, welchen wohl bekannt war, daß das durch die stärk braune RingeUockenvei rücke aufgehabt , so hätte ihn Niemand
ohne Zettel für den angesehen, der den Dürer spielen sollle.
sten Linfen konccntrirte Mondlicht das empfindlichste Ther Glücklicherweise war das Haus ganz leer. Sinex zrorvten
mometer weder zum Steigen noch zum Fallen bringt, diese späteren Wiederholung habe» wir nicht bevqcwrl„,t. Die
erkältende Kraft und damit die ganze Erscheinung löngne- eigentliche Feneraber, welche das Berliner Zknnstblatt schon
im Februarhcfte angekündigt hatte, wurde von der Akademie
ten ? Nach der Theorie des nächtlichen Wärmcstrahlens ist der Künste im Saale der Singakademie begangen. Die Rück
aber der Volksglaube leicht mit der Wissenschaft in Ein wand des Orchesters war zu diesem Schüfe mit einer gemalten
klang zu bringen, indem man dem Mondlicht allerdings Pfcilcrrcil'e dckorirt . in deren Mitte ein secns Fuß Hobes, vom
an sich keine Wirkung zuschreibt, sondern das Scheinen Herrn Professor Wichmann dem jüngeren nrvdcllirtcs Stand»»
des Mondes nur als das Zeichen eines unumwölktcn Him Dürers »»kqcstlllt war ; zu ccn Feit?» slandcn in den anoe-
rc» Zwischenräumen die siy'ndcii Statuen der Mal.'rey. l.r
mels betrachtet, ,und sich erinnert, daß bev heiterem Him Geometrie. Persv>stivc und Kricgsbaukunst , mvrrüirt vom
mel die Pflanzen mittelst der Strahlung gegen den Raum , Herrn Professor Ticck. Nach einem Dürerschen Holzschnitts
eine Temperatur erlangen können, die sechs bis acht Grade ! war der gekreuzigte Christus im Schooje Gott Daters, um-
5Z6
geben von Engerix mit Ken Marterwerkzeugen , i» einnn Halb kommen. So wie der Ausbruch vorbe« war, sank der Block
kreise über der Säulcnsieliung in Ocl vom Herr« Professor wieder auf die Ocffnung zurück, doch schien er kaum ibrc Sei
DÄ'liiig, und die übrige Malercy von dem Dekorationsmaler ten zu berühren, sondern trog seiner Schwere vielmehr über
und Thcatcrinspcktor , Herrn Gropins ausgefüprt. Die An- ihr zu schweben. Wir erklärten un« diese Erscheinung da«
gäbe des Ganzen hatten der geheime Obcrbaurath Schinkel und her , daß die im Bauche de« Berges befindliche Lust durch die
der Direktor Schadvw gemeinschaftlich üb.rnommen. Eine innere Hitze unendlich ausgedehnt, init Gewalt einen Au««-
Symphonie von Herrn Felix Mendclsohn-Bartholdp eröffnete weg suche, und dadurch den Block, der die Verbindung mit '
das Fest auf charakteristische Weise; krau«, bunt, effektvoll, der äußern Athmosphäre hinderte, in die Höhe halte. Die,
piquont und hin und wieder lärmend, zeigte sie, daß ihr der selbe Erscheinung kehrte nach Zwischenräumen von zwcy bi« drev
Sinn und Sehalt des Mannes , dessen GcbächtniKfeyer sie be Minuten wieder, oft stärker oft schwächer . oft auch von bcson«
ginnen sollte, so fremd seu wie den meisten Zuhörern. Nun der» Phänomen«« begleitet, denn oft bildeten sich um den
trat Herr Professor Tölken , Sekretär der Akademie der Kün größeren Trichter herum kleinere Löcher, warfen etwa« Lava
ste hervor, und hielt eine Rede, i» welcher er weniger den aus , und verschwanden dann wieder , oder vereinigten sich mit
Gcifl Dürerschcr Werke als vielmehr sein äußeres Leben, seine dem größeren, der dadurch bedeutend an Umfang gewann.
Verdienste um das Technische der Holzschncide- und Kupferstecher- Sollte es nun zu einem Ausströmen der Lava in Masse
kunst, um die Kcnntniß der Perspektive , um die Proportio
nen des menschlichen Körpers u. s. f. mit schätzcnswerthestcr Lavadccke. noch
kommen so mußte sich die den Grund des Kraters bedeckende
bedeutend hebui . denn ihre Höhe mochte damals
Gelehrsamkeit und pathetischem, würdevollem Vortrage zu ent nicht über brepßig bis vierzig Schul, betrage», und wir sahen
wickeln wußte. Doch wollten viele behaupte», die Rede würde wohl, das, dazu noch lange Zeit gehöre ; aber um den Anblick
sich besser gedruckt lesen lassen. Sie mochte für das größere Publi vom Rande des Kraters zu schauen, war damals eben die ein
kum zu lang seyn. Da sie im vierten Heft des Berliner Kunst zig rcchrc Zeit,
blatts erscheinen soll, so wcrdcnKenncr derKunstgeschicbtc sich über nahm, durfte sichden» so wie das Toben des Vulkan« überhand
Niemand mehr hinaufwage».
zeugen . baß hier in Betreff ans die genannte» Punkte alles
Bekannte und manches Neue mit vielem Flciße und gründlicher Nachdem wir etwa anderthalb Stunden oben zugebracht,
Gelehrsamkeit klar und anschaulich zusammengcstcUt worden brache» wir auf. Der Wc'g hinunter ist in fechs Minuten ge
se». Nach dieser Rede folgte eine Cantatc von Felix Mendel- macht, denn man stürzt in grvßen Sätzen durch die lockere,
sohn-Bartbvlcy »ach dem Text de« Herrn Professor Levczow. weichende Asche deS Kegels hinunter. ES war zwey UKr nach
Seil seiner vor einem Iah« hier aufgeführte» Tpcr war der Mitternacht, als wir bc« dem Eremiten wieder ankamen. Un,
junge Komponist mit nicht« Neuem wieder hervorgetreten. ter den Zuschauern oben hatte ich vre» englische Frauen erblickt-
Soll ein Urtheil über bieß neue Produkt gefällt werden , so die sich von Führer» hatte» hinaufschleppen lassen. Wer möchte
muß man die Kürze der Zeit , in der es fertig werden muß Nicht hierin eher unwribliche Verwegenheit als Mnth erblicken?
te, so wie den Text berücksichtigen, der weder anzufeuern, noch denn um von Echicklichkeit gnr »ich! zu sprechen, so ist im Fall
ein frische«, lebendige« Bild von dem Dürerschen Wirken und eines unvorlm'aesebencn schnellen Ereignisses ein Man» zur
Schaffen zu geben vermochte. Kraft, Schwung, Fülle, Kennt: Noth in drc» Minute» den Kegel hinunter, aber wie ein?
»iß des Orchester« waren nicht zu »erkennen; oer junge Kom Frau, bc« hemmender Kleidung und geringerer Kraft? In
ponist hat in guter Schule gelernt ; doch was wir vermiß der Ercmitcnwohnunq erzählte man, baß ein Engländer schon
ten, war ein eiacntliüinlictier Geist. Nach d ic ser Arbeit, zu seit «icr-uttd-zwanziq Stunden sich auf dem Rande des Kra
urtdeilcn, wird keine neue musikalische Epoche durch ihn an ters vefinbe. Ob dieß wcirgctriebcne Wißbegierde war oder
brechen. Ein gewisser hin und herschwankendcr Sklecticismus der Wuusch von sich sprechen zu lasse» , weiß ich nicht.
ließ sich nicht «erkennen. .Nicht etwa daß man Ncminiscenzen
aus bekannten Oratorien oder ^pern herauSlidrcn konnte , aber NachtsSonntags den Z7>. April dauerte der Ranch fort, aber
dieser Chor erinnerte an Händel, jene Arie an Gluck, plötzlich ward folgendensahzwey man schon kein Leuchten mehr , ebensowenig an de»
Tagen , und am dritten hörte das Feuer ganz
man durch den Klang Mozartschcr Töne überrascht, bey anbem auf. Die Einwohner der unten am Vesuv gelegenen Övte
glaubte man Graun zu hören . auch Spvl,r ließ sich erkennen, waren bießmal mit dem Schrecken davon gekommen , weil kein
Sebastian Bach arbeitete sich mächtig hervor, vor allen an Ausströmen der Lava nach außen erfolgte.
dern aber machten sich Bethovcn und Weber geltend , und An
klänge einer spukhaften Genialität im Gespenstischen, wie sie Ich blieb noch mehrere Tage in Neapel, in der Erwar
init Hoffmaun noch nicht ganz ausgestorben ist, brechen beson tung eines ferneren, größeren Ausbruchs, ab« vergeblich,
ders^» der Symphonie, oft Mißbehagen erregend, durch. Vor und ich mochte gern auf diesen Anblick zu Gunsten der arme»
dieser leztcn Abirrung möchte sich der jugendliche sprudelnde Bewohner verzichten, welche die Drohungen des Vulkans niit
Geist vielleicht am meisten zu Küken haben. Doch die gesun ganz andern Augen ansehe» als die fremden Zugvögel. AlS ich
de kräftige N«ur, die sich so vielfach in den Chören aussprach, dem Besitzer des Hauses, in dem ich wohnte, eine», alten gar
wird ihn sicher davor bewahren , und dieft wäre um so mehr furchtsamen Manne meinen Wunsch zu erkennen gab, da«
zu wünschen . da bieg musikalische Genie das einzige ist , auf Ausströmen der Lava au« dem Berge zu sehen , sagt« er zu
welche« die Deutschen hoffend und erwartungsvoll blicken können. mir: „sprecht um Gotteswillen nicht so, den» von allen schrecke
(Die Fortseyiuig folgt.) lichen Dingen ist der Ausbruch eine« Vulkans das Furchtbar«
sie. Noch im Jabr j82l glaubten wir, Neapel möchte ein
Pompeji werden . den» zwey Schuh hoch lag die Asche in den
Neapel. Straßen und auf den Dächern unserer Häuser." «Arfahrcne
(Beschluß.) Männer glauben indessen, daß es bald zu einem furchtbarer«,
mit Ausströmen der Lava begleiteten Ausbruche kommen könne;
Die Lava , welche bc» dem Ausbruche aufflog , hatte sich denn da und dort werden in der Halbinsel Erdbcbc» verspürt.
tveils von dem Rande de« Trichters abgelöst, so daß dieser Diese Zuckungen stehen oft mit Ausbrüchen der benden Vulkane
immer größer wurde , tbeilS war sie aus der Tiefe heraufge in Verbindung.
Verlag der I. G. Colt« 'scheu Buchhandlung.
M o r g e n b l a t t

f«'

gebildete Stände.

Donnerstag, 5. Juni i 8 2 8.

Ich gesiebt e«. Ncs,ir. e« timt mir im Herfen wehe, al« Persten
meinen Blicke» entschwand, und ich mich in Min» der treulose»
O«manliö sah s je wtiter ich im Land, der Unheiligen kam, desto mehr
ward mir zu Mutye , al« würde ich selbst »nheiiig.
M MonreSqnieu.

Die Abenteuer Hajji Baba'S.") eigenen Scharfsinn Glück zu wünschen. Seit Montes-
q Ulcus persische Briefe ganz Frankreich entzückten, seit
Wenn es wahr ist, daß diejenigen Nomone die besten die Pariser Buchhändler jeden Schriftsteller, der ihnen be-
sind, welche von Menschen jeden Standes, von Hohen «Xgnete, mit den Worten am Srmel faßten: !U<,»,ieur, r»i
und Niedrigen, von Alt und Jung mit gleicher Lust gele ««»°,oi <i« l»l,re, per,,»«, hat dieses unerreichte Muster
sen werden, so hat wohl keine Manier mehr Hoffnung viele, zum Theil nicht unglückliche Nachahmungen gefun
und Mittel,, sich jene hohe Ehre zu erwerben, als jene den , keine aber kam jenen berühmten Briefen o« Geist
Humoristische, welche mir seichterer oder tieferer, phi und Konsequenz gleich. DoS neueste englische Werk der
losophischer oder satirischer Tendenz Menschen, welchen Art von Morier, der zwev Meisen nach Persien gemacht
die europäische (Zivilisation völlig fremd ist, mit unfern hat, ist mitgroßer Kcnntniß des Nationalcharakters der Kin
Sitten in Konflikt bringt, und dieselben naiv und ihrem der des Propheten geschrieben, und wenn es ihm auch hie und
Nationalcharakter getreu bey Erzählung unserer Gebräuche da an K o n sequ e n z gebrechen mag , so enthält es doch
und Mißbräuche ihre Bewunderung und Zurcht, ihre so viele treffende Züge, daß ein Paar Kapitel daraus will
Freude und Verachtung aussprechen läßt. Dem Gebilde kommen seyn werden.
te», dem glücklichen Erben tausendjähriger «Zivilisation, Schon längst hatte keine persische Gesandtschaft Fron-
wird beo einem geistreichen Werke der Art zu Muthe, wie kistan betreten, da entschloß sich der Schach, „der Schutz
einem Wanderer , der ^cine überstandenen Mühseligkei des Weltalls," seinen Bruder, den Schach von Sngland
ten erzählen hört, aber noch nicht am Ziele ist, und ein durch Abgeordnete und reiche Geschenke seiner Freundschaft
einziger glücklicher Aug predigt hier oft mehr Wahrheit und versichern zu lassen. Mirza Firouz wurde zum Bot
Philosophie als ganze Abhandlungen ; der gewöhnliche Leser schafter, Ha Iii Bad«, der aus der Hefe des Volks er
ergizt sich an den feincrn oder derberen Spaßen, welche hobene Günstling des Vezirs , zum Gesondtschaftssekretor
die Situation an die Hand gibt; alle nnd jede aber fin ernannt und mit Bevschaffung der Geschenke deonftrogt.
den , indem sie mehr oder minder die Bedeutung der man Er richtete sein Hauptaugenmerk auf Sklaven von selte
nigfachen Züge fassen, hinter denen sich Ironie oder Sa nem Werth, und nach vielen Bemühungen gelang es ihm
tire, Mvrat oder Politik versteckt, Gelegenheit, sich zum endlich, einer fchwarzen Sklavin, die sich dos Schliefen od-
Sine Ueberseyung diese« Werke« ist eden unter der Presse gewöhnt hatte, und eines männlichen Ungeheuers, Perle»
und wird in kurzem im Verlag der I. S. Lotto 'schen Buch für ein Harem, Hobhaft zu werden ; dos Uebrt,e, Pferd«,
handlung erscheine«. kostbare Kleider, Show«, Edelsteine u, s. ». »or »old
53«
angeschafft, und die Briefe des Schachs und seiner Banou thun werdet." Bey einer andern Gelegenheit, wo er dem
(ersten Frau) an König und Königin von England geschrie Mufti einen Besuch abstattete, sagte dieses mächtige Haupt
ben. Als das Nerzcichniß der Geschenke dem englischen der Gesetze, nachdem er lange daS nnglüclliche Geschick des
Clchi^oder Gesandten vorgelegt wurde, wie staunte» die. Gesandten bedauert, welches ihn verurteile, das Land
Perser, denen ein König ohne Sklaven ein Körper!ohne des wahren Glaubens zu verlassen , um in den Regionen
Hände und Füße war, als der Elch: sich bestimmt weigerte, des Unglaubens zu wohnen : „Groß wird bis Masse von
Sklaven anzunehmen und ihnen die englischen Gesetze er- Unreinheit scyn, welche sich vor Eurer Aurücttunft an Euch
klärte, aber mit Vergnügen sich die andern Artikel gefal anhäufen wird. Wie könnt Ihr Euch jemals davon reini
len ließ. Ter Gesandtschaft wurde ein junger gelehrter gen?" — „Jnfchallah! wenn es dem Himmel so gefällt,"
Ungläubiger, der, wie Hajji Balm sagt, gerade so viel antwortete mein .Herr, „indem wir nicht über Konstanti-
Persisch verstand, um alles falsch zu verstehen, als Doll- nopel zurückkehren." Man lud den Gesandten einst in eine
metscher beygegeben, und als alles in Bereitschaft war, Gesellschaft von lustigen Gesellen ein , wo man Wein trank
sagte die Karavane den Minarets von Tehran ein kum und Gesang und Soitcnspiel ertönte. Dieß gab Anlaß zu
mervolles Lebewohl und wandte die Köpfe ihrer Pferde einem Gespräch über die Schönheit der türkischen und der
nach dem Lande der Ungläubigen. persischen Muslk, und ein junger Effendi, der große Ansprüche
* . * ans Witz machte, sagte laut genug, daß wir es hören
Nachdem wir, erzählt Hajji B«ba, den langen und lang konnten: „Was die Wirkung anbetrifft, die ihre Musik
weiligen Weg durch die T ürkep zurückgelegt, in jedem Posch«»- hervorbringt, so wissen wir wohl, daß sobald ein Perser
se gezankt und unfern Haß gegen Omars Anhänger vergrößert singt, man immer auf Regen rechnen kann." — „Und wir
hatten, erblickten wir endlich die .Kuppeln und Minarets der haben in Persien beständig bemerkt," rief der Gesandte
Hauptstadt des B l u t t r i n k e r s das große «nd prächtige aus, „daß, wenn ein Türke singt, alle Esel um ihn herum
Konstantinopel. Die türkischen Beamten empfingen dm ihm ihre Antwort zuschreven."
Gesandten mit den gehörigen Ceremonien und Achtungs- Da der Gesandte Nachricht von Giaour Jsmir er
bezcugnngcn und wiesen ihm und seinem Gefolge eine halten, daß ein Schiff bereit sey, ihn und sein Gesolge
weitläuftigc Wohnung in Skutari an. Der junge Ungläu aufzunehmen, um ihn nach London zu führen (so heißt der
bige, der uns begleitete und nun unsere Sprache erträglich Fnß des englischen Thrones), sezten wir unsere Reise ans
genug verstand, verließ nns, um feine Wohnung bey sei dieselbe Weise fort, wie wir von Persien gekommen wa
nen Landsleutcn aufzuschlagen, und bald darauf ging er ren. Nachdem wir die beyden Städte Brousa und Ma
nach einer Stadt voraus, welche Giaour Jsmir oder t,nZ nch« zurückgelegt und ein Land durchreist hatten , wel«
ungläubige Smyrna genannt wird, um dort ein Schiff, chcs Alles, was z«M Glück und dem Wohlsevn der Men
das uns nach England führen sollte, zu bestellen. schen erforderlich ist, besizt, erreichten wir endlich den
Bald nach feiner Ankunft stattete der Gesandte dem Ort unserer Bestimmung, der am Rande einer prächtigen
Großvezir und hierauf den vornehmsten türkischen Beam B«v liegt und die Stadt der Ungläubigen genannt wird,
ten der Reihe nach feinen Besuch ab ; mehrere derselben wegen der vielen europäischen Kanflente, Griechen und
faßten eine große Neigung zu ihm und schienen viel Ver Armenier, die dort wohnen, öffentlich Wein trinken und
gnügen an seiner Unterhaltung zu finden. So sehr il'in deren Schweinen es erlaubt ist, in den Straßen herum;«:
dieß auch gefallen mochte, fo verließ ihn doch niemals sein laufen. Bey !2nserm Eintritt bliesen wir über nnserc
Nationalhaß gegen die Türken und er versäumte keine Ge Schultern, um die Unreinigkcit der Bewohner von uns
legenheit ihn auszusprechen , wenn es auf eine fchickliche abzuhalten und nahmen dann unsere Wohnung in einem
Weise geschehen konnte. Bey einer vertraulichen Zusam Hause, welches die türkische Regierung besohlen hatte zur
menkunft mit dem Großvezir, wöbe» eS mir vergönnt Aufnahme des Gesandten einzurichten.
worden war, gegenwärtig zu fcvn, sprach dieser Minister, (Die Fortsetzung folgt.)
ein erzbigotter Muselmann, im Allgemeinen von der Macht
der Franken, ihren Verfassungen »nd ihrer hartnäckigen Die beyden S a l e v e.
Anhänglichkeit an ihren Glanben, und rief endlich, zu dem (Fortsetzung.),
Gesandten gewandt, aus: „O Freund, wann wird dieWelt Auf uttserni Wege lag kein Landhaus, das sich auszeichnete,
von diesem verfluchten Geschleckte der Ungläubigen zerei aber die Natur ist wunderreich nnd mannigfaltig, besonders
nigt werden? was kann man dazu tbnn?" — „Ich will bey Sierne , wo eine Holzbrückc über die Arve führt, >md
es Stich sagen," versezte der Mnza, „Allah muß es Ikun, bey Voiri, dem schönen Dorf «m Fuß des Sal«ve. Gleich
denn unter uns gesagt, ich denke nicht, daß Ihr es jemals darauf beqinnt eine Wüste, ans dem Gestein und Geröll
5) Ein Titcl, unter welchem der türkische Sultan in Per- gebildet, das vom Berge herabkömmt in großen nnd kleinen
sicu bekannt ist. Brocken. Da windet sich ein kümmerlicher Pfad zwischen
dvrch bis zum berüchtigten ?«» ck« I'^KiIl», oder dem genannt werden kann. Iezt geHirt die Ruine mit einigen
Leiterpaß. Acker Felsenboden einer Genfer Familie, die sich eben so sehr
Wer diesen Paß nicht gesehen bat, erschrickt vor der durch Geist, sIS durch ihren streng republikanischen und de
Beschreibung, die Viele, besonders Genfer, davonmachen, mokratischen Sinn auszeichnet.
und wagt sich kaum hin. Dabev ist aber gar nichts zu Iva: Noch einige Schritt« im Pergthor weiter an einigen
gen, denn der Pfad ist zwar steil und rheilweife in Felsen unqekeuren Granitblöcken vorüber — der ganze Berg baut
gehauen, auch recht unbequem durch die großen Steine, sich aus Kalkfelsen auf— standen wir vor der Schenke dcS
auf denen man schreiten nuȧ. Damit hat eS jedoch keine ? irschenS Moneti, das vor einigen Jabren ganz abbrannte,
Gefahr, denn am Rande ist durch Maschinen, Aäune und durch die schleunige und bedeutende Unterstützung der Een-
Heiken dafür geforgt, daß Niemand lxrabstürzen kann. fer aber schnell wieder aufgebaut ward. Darum ist «uf
Sdemals waren hier, wie noch hie und da auf dem kleinen einer schwarzen Marmortafel an dem neuen PfarrbauS eine
Saleve, Leitern angebracht, auf denen man hinauf und fo schwülstig preisende lateinische Inschrift auf die Muvi-
hinabklettern mußte, uud da hatte die Sache mancherlev sicenz der Regierung, die nur wenige hundert Franken
Bedenken > daher der Name und Ruf. Nun hat zwar die bevtrng, geiezr worden. Glücklicherweife wurden die Gen
fardinische Regierung , denn gleich Kinter Voiri gelangt fer dadurch geehrt, daß man ihrer nicht darin gedacht bat.
man ans savoviscben Boden , nicht bzS Geringste getban, Bev einem für Savove» ziemlich reinlichen Sverkuchcn,
um den Pfad praktikabler zu mache» > da hier für Doua- trefflicher Salme und schwarzem Broo, aber abscheulichem
»ei:, Aölle uud .Kasernen nichts zu gewinnen war. Aber Wein , beschlossen wie gegen unsere frühere Absicht zuerst
ein Paar arme Maurer auS Moneri nahmen sich der Sache aus den großen Saleve zu steigen, den kleinen aber auf
an, haben den Pfad in den Felsen gebrochen, die Stu dem Rückweg mitzunehmen, waS allerdings einige Schwie
fensteine gelegt, umhagren und sicherten ihn, und besser- rigkeit hätte, wenns einer wirtlich auSfiibre» wellte. Der
ten dm Mg bis auf den heutigen Tag sorgfältig auS. Weg hinauf, den schwache Personen im leichten Lhars ma
Sonntags kehren sie ihn sogar recht sauber für die zarten chen können, ist durch eine Menge kleiner ond großer Steine
Damenfüße, die, Gott sev'S geklagt, in Genf nicht zart beschwerlich, bietet aber einige sehr reizende Punkte dar,
sind, da auch unsere Framn, »ie unsere Handelshäuser, wo die bevden von einander gerissenen Berge ein weites
«uf solide ?asis halten. Zhor bilden, durch das man auf die Iurakette, den See
Solcher Vorwurf traf Rosa, nnier maurisches Mäd- und die Genfer Landschaft steht. »?ben reiben sich niedrere"
chen nicht, und der steile Pfad schien eigendS gemacht, um Sennhütten oder Chaletö aneinander, und einezroße Scheuer
den ganzen Reiz ihrer spanischen Gestalt uud Haltung zu steht bev derBaumgruppe, die noch immerl^,!»» „Kr« heißt,
zeigen, und ihr war »>eß schon recht. AIS wir beym Brun jezt aber nur noch fünf Bäume aufzuweisen bat. Rosa wollte
nen ankamen, erzählte ich ibr, daß man nur von einem durchaus nicht in die rauchigen Hütten eintreten , in de:
einzigen Pferd wisse, das Kiefen Pfad ans, und — waS am »en Elend und Schmutz in allen Gestalten und Stufen-
schwierigsten ist und unmöglich scheint — abwärts gemacht, solaei, zu finde» lst. Unzählige Kinder drängen sich da in
und dieß Pserd war ein spanisches, geborte einem Spanier engen Rann, zusammen, und wen» man fünf bis sechSgezählt
und sein Herr saß keck darauf. Der Wagehals war Rocca, hat, so ist man gewöhnlich erst zur Hälfte oder zu zw«
der Fra» von Stasi zweyter Mann, dessen ritterliche Drittheilr» fertig. Da kriecht »och einS unter der Bank her
Kühnheit viel dazu beigetragen haben mag, ihm unsere vor, ein Paar andere kauern im dunkel» Stall, ein Stück
Korinna zu gewinnen , die bekanntlich auch kühn war. chen grauer Käserinde auf dem Kribbele» verzehrend, und
Bald batten wirS überstanden , und links von einem Vabev einem schmutzigen Holznaxf voll Milch zusprechend,
kecken Felsenzahn deZ kleinen Salrve traten nnS die im- den große schwarze Fliegen zur Schwimmschule gemacht
endlich malerischen Ruinen des savovischen Raubnests ba^e». Den Lltern sieh« man uiivcrkennbar Beschränkt
Moneti entgegen, daS im drevzehnten, vierzehnten und heit, Armuth und Faulheit «n.
fünfzehnten Jahrhundert daS kleine Genf unsäglich äng (Der Beschluß folgt.)
stigte und peinigte, feine .«auffeilte ausplünderte, der
Stadt Quellen und Nahrnngsmittcl abschmtt, und über'
Haupt nichts unterließ, was jenen tapfern Herrn der gute» V»s Jean Pauls Nachlaß.
«tten Zeit gegen minder Mächtige erlaubt war. Jezt stei Willst dn einen jungen Mädchen- und Hravcnzirkel
gen die rrich, kräftig mid glücklich gewordenen Gmfer mun fassen mit Worten und mit stärker» als mit solche» der Ver-
ter zu den zertrümmerten Mauern hiumif, rim Kirch die lmiindung, so sprich in« über Religio» ; alle fallen dir
weiten Fenster imd Risse auf die reizende, freundliche be>, und sie freuen sich, eines atkeiftnchen 7,oelieö l,S ge-
Land'chast und das freve, rege Leben herabzust'hen. Gewiß, worden zu sevu , wenn der Mann gläubig sprach.
das BtU> mich cmeu solchen Rahmen, habe», der historisch
84°
Korrespondenz- Nachrichten. aber täglich dieselben. Die kbniql. Theater helfen sich in sol
Paris. IN. Mai. chen Fällen durch die Unterstützung, die ihnen von Seiten der Re
Am lezten Sonntage war imOdcvnthcarer schon ei» Stück gierung zu Tbeil wird , auS der Notb ; allein bey den andern,
gespielt, :mi> das Publikum wartete mit Ungeduld auf das die ganz auf Privatrcchnung geführt werben . häufen sich die
zweyre, es polterte und oerlangte nngcstümm, der Vorhang Schulden, und das Unternehmen geräth in Stocken. Es ist
solle aufgezogen werden. Allein der Tl'earcrdircktor war dies unbegreiflich, wie man noch in den lezten Jalircn ein neues
mal ein wahrer Iraxre»»ri> in »ngusli» ; einer der Hauptjän: Theater, das 1°K«äiee 5i«u?e»>>l,'s hat anlcgcTi können,
gcr nämlich, NamcnS Lecomte , hatte eine Geldforderung an um Vaubevillcs aufzuführen , da schon dreh Theater nichts an
den Direktor, und erklärte bestimmt, er werde nicht eher ders aufführen als diese Gattung, und andere Theater auch zu
spielen, als bis die Forderung berichtigt sey. Aber lieber Herr ihren kleinern Stücken VaudevilleS wählen. Dieß Nouveau-
Lecomte ! morgen wolle» wir alles in Ordnung bringen ; hö tösthcater hat daher auch seit seinem Beginnen viele Mühe ge
ren Sie das ungestüme Publikum den» nickt ? geschwind, gts habt emporzukommen.
schwind! Allein der „liebe Herr Lecomte" war unbeweglich; <Die Fortsegung folgt.),
er ließ das Publikum toben und den Direktor sich den Angst
schweiß von der Stirnc wischen. Er wollle nicht spielen. Man Berlin, April und Mai.
holte den Polizeykommissär , dieser versuchte Bitten und Bere- (Fortsegung.)
düngen; alles vergebens, Lecomte kannte all zu gut das Ein festliche« Mittagsessen , da« von der A'ibemle der
Kellcrtsche „Morgen, morgen, nur nicht heute;" nichts ver Künste war veranstaltet worden, beendete, die Jever. Zwey»
mochte ihn auf den morgigen Tag zu vertrösten. ES war nun hundert Personen waren gegenwärtig; der Direktor Schadow
kein Mittel übrig , als man mußte daS Publikum mit dem Um präüdirte, Herr Gubitz hatte mehrere Tischlieder gedichtet, die
stände oder Unfälle bekannt machen. Der Polizeykommissär von Zelter, Rungcnhaqen. Hellwig und Mcndelsohn-BartKol-
kündigte an, der Sänger Lecomte habe gegen das Theatcrrcg- dy in Musik gesezt, vor den verschiedenen Toasten abgesunken
lement gefehlt und die Ordnung gestört , er wolle nicht spie wurden. Dazwischen trat auch ein Poet auf. und deklamirte
len , und man sey gcnötbigt ihn zur Pelizcypräfcktur zu füh ein Gedicht, das jeder schon vorher gedruckt erhalten l'attc. Man
ren (Bravo, Bravo!); ob das Publikum einwilligen wolle, baß lernt daraus, daß Albrccht Dürer ein Maler gewesen sey und
der Souffleur mit den, Notenbuche in der Hand Lccomtes Rolle von der Perspektive erkleklichc Kenntnisse besessen habe. So
absinge. Das Publikum, das so billig war, sich in die Lage des heißt es z. B.:
Theatcrdirektorö zu scyen , und es dein Polizeykommissär Dank
wüste, daß er sogleich den vermessenen Sänger zur Rechenschaft Eins, großer Mann, vermagst du nicht zu dichten:
gefordert, gab dieß zu, und so wurde die angekündigte Ope» Der Zeit die Persvektivc zu »erlcihn;
rette denn aufgeführt. Lecomte ist seitdem nicht aufgetreten, D» wußtest sie im Räume zu erricvten.
und wird gewiß , wenn er zum ersten Male wieder erscheinen Jedoch wie fern auch, du erschienst nie klein.
wirb, tüchtig ausgepfiffen werben. Dieß kann jedoch seiner Mit großem Pathos und einiger Selbstgefälligkeit her
Forderung nicht schaden , denn hat er gerechte Klage» gegen gesagt, wußte man nicht, ob man daS Poem als PaSs
den Direktor , so muß dieser ihm doch wobl Geiiugtlmung ver quill ans da« Fest, des gefeuerten Todtcn. oder den lebenden
schaffen. Einige Abende nach diesem Vorfalle ging es im Verfasser aufncl'mcn sollte. Leztcre Mcynung schien jedoch
l'Ke'sir» Se «ick»«,« bcynahe ebenso; auch hier war schon die Oberhand gewinnen zu wollen. Zum Dank für die Kom
ein Stück ausgespielt und ein zweytcs sollte beginnen , als der position der Cantate überreichte der Direktor Schadow dem
Schauspieler Gonthier sich weigerte aufzutreten , bevor die Felir Mcndelsohn-Bartholdy das Patent als Mitglied de« hie
Theaterdircktion in eine schon verlangte Gehaltserhöhung ein sigen Künstlervercins; man trank das Wohl des jungen Kom
gewilligt l'ättc. Auch hier wurbe inständig gebeten, die Fi- ponisten , so wie deS älteren Dichters. Auch RauchS Wohl,
Nanzanträge auf den folgenden Tag zu verschieben und vor der der noch b?y de» spätesten Viachkommen die Erinnerung an Dürer
Hand zu spielen ; Gonthier war unerbittlich wie Lecomte, und wird frisch crlialtcn, ward getrunken, bis endlich so mancher
wahrscheinlich machte auck er den Gang zur Polizcypräfcktur, in die Laune: send umschlungen Millionen! hineinkam, und
wa« jedoch nicht viel auf sich hat , da die Polizey Niemand ohne die Tafel aufgehoben wurde. Die Eleven der verschiedenen
einen richterlichen Urtheilsspruch länger als vier-und-zwanzig Akademien hatten im Schulgarten vor dem Brandenbutger
Stunde» in VerHaft halten kann. Das Publikum wurde von TKvre gleichfalls ein ffestmabl veranstaltet; doch nach einem
der Verlegenheit der Direktion in Kenntniß gesezt und gebe jchwüklcn Tage begann sich schon am Nachmittage der Him
ten , mit einem andern Stücke , in welchem man Gonthier ent mel schwarz z» umziehe» , und als die Gäste nach Hause woll
behren konnte, verlieb zu nehmen; dieß wollte aber das Pub ten, brach solch ein Donnerwetter herein, von Sturm und
likum nicht , und somit blieb der Direktion kein anderes Mit Wolkcnbruch ähnlichen Regengüssen begleitet . daß niedrere
tel übrig, als daß eS dem Publikum sein Geld wieder gab und Straßen überschwemmt wurden, da« Wasser in die Keller lief,
den Saal schloß. Die Einnahme hatte sich , ungeachtet das und bky Finsterniß und mangelnder Straßcnrrlcuchtung sich
Thearer nicht sehr groß ist. auf ZOVV Franken belaufen; diese die Verwirrung von Stunde zu Stunde vermehrte. Doch weiß
gingen also verloren. Be» einigen Theatern (vielleicht bev man von keinem bedeutenden Unglück. Zwischen zwey Kinder,
allen) haben die Direktionen viele Mühe mit den Schauspielern die in der Wiege schlafend lagen , traf der Blitz . ohne sie zu
auszukommen, und dieß ist noch nicht ihre größte Nvtb; die verletze» , mitten hinein. Drc« solcher Gewitter folgten ein
Hauptsache ist, baß sie mit der Ein - und Ausnalnne sich zu ander in weniqcn Tagen , als solle die Welt «m vierten Tage
rechtfinden. Bcy der jetzigen Menge von Schauspielen in Pa untergeben. Das Volk schob dieß alles auf die ucueuigkrich-
ris gehört außerordentlich viel dazu, um ei» TKeater lange im tele Gaserlcuchtung.
Flor zu erhalten. Hat einmal ein neues Stück die Zauber (Die Fortsetzung folgt.)
kraft , da« Publikum hcrbevzuziehen , so gebt es eine Zeitlang
gut; wird dann aber nicht unterdessen für eine eben so pi
kante Geistcsunterhaltung gesorgt, so bleibt das Publikum
wieder aus, der Saal steht leer, die Ausgaben bleiben B e y l a g e n : Kunstblatt Nr. «5. mit einem Steinabdruck,
Verlag der I. G. Co tta'sche» B»chh<mdlung.
N°. 136.

Morgenblatt

f ü r

gebildete Stände.

F r e y t a g, 6. Juni i 8 2 8.

Sinsi wälzte, wo im Abentlichte dort,


Gcnrv,' . deine Zinnen sich erkeben.
Der Rl odan seine Wogen trauernd fort,
Do» schaucrvoller Haine Nacht umgeben.
Matthisson.

Die b e y.d e n S a l e v e. gerade gegenüber die lange Juralinie mit ihren schneige»
Kuppen, einem ungeheuren Festungswall, oder wenn man
(Beschluß.) will, einer der großen Fortiflkationslinien im Gruithuifl,
Als Rosa den Anblick noch widerlicher fand alS Aehn- schen Monde vergleichbar, im Westen endlich das hügelicht
licheS in Spanien und Portugal, fing ich an , ihr von den Frankreich mit seinem Rhonethor, worüber das Fort de
reinlichen Alxenhütten in Oderbavern nnd Tyrol zu er-, l'Sclufe bewachend gcsczt ist. Alles lacht hier in Reich-
zahlen, wo blühende, oft schöne Mädchen Hans, ich möchte thum. Fülle und Kultur; Städte, Dörfer und Landhäu
sagen, Hof Kalten. Ich sprach etwas warm von ihrer hei: ser drängen sich aneinander, nicht das kleinste Fleckchen (?rde
tern Gastlichkeit, ihrem poetischen Talent, das sich Lie- hat der Fleiß unbebaut gelassen ; den See durchschneiden
bcslieder und ihre Weise selbst schafft; nnd als Nosa mir Schiffe und Barken nach allen Richtungen ; die großen
ganz gespannt zuhörte, glaubte ich dem südlichen Mädchen rothen Flaggen und das lange Rauchband der Dampfboote
wohl erzählen zu können, wie alle Sonnabend bey Son zeigen sich meilenweit auf der blauen Fluth, und «IS fröh
nenunlergang unter vielfachem Alpenrnfen, Jauchzen und liches Lebenszeichen tönt ein ewiges Summen aus der Tiefe
Antwort der Mädchen von der stundenweit entfernten herauf.
Höhe ihre Buden zu ihnen auf den Berg ziehen, da un Wie ganz anders ist es, wenn man sich abwendet und
ter vielfacher Lust bis zum Sonntag Abend bleiben und gen Süden und Südosten blickt! Ss zeigt sich da eine an
dann wieder ins Thal hinabgehen , ohne daß Jemand in dere Welt, ein anderes Zeitalter. Alles Menschliche ver
dem glücklichen Lande etwas Auffallendes darin finde. Lange schwindet hier. Nur wenige Dörfer werden gcfehen und
sah mich Rosa fragend an, dann sagte sie aus tiefstem diese wenigen sind klein und ärmlich. Dafür hebt sich An
Herzen: >,Und das ist auch in Deutschland, im Schnee deres aufwärts. Zunächst steht der Mole fo abgeschlossen
land ?« und wunderlich da, daß er an den Strombolikcgel erin
So waren wir in Frage und Antwort bis auf den höch nert, wenn man sich die Wellen denkt, die ihn einst um-
sten Punkt des Bergrückens gekommen, wo sich das ganze flutket haben mögen! Dann ziehen sich immer höher wer
flache Land, so wie die Alpen- und Aletscherregivn aus dende Gebirgsflankcn ins Land, herrliche Bergformcn tre
breitet, wie zwey ganz verschiedene Reiche^ Nördlich zu ten «uS wundervoller Vegetation heraus, bis sich ganz hin
unscrn Füßen der winzige Kanton Genf, dessen Grönzen ten der Montblanc mit seiner Dienerkcttc in weißen Män
man überall mir dem Finger zeigen kann, der See mit teln erhebt. Man muß jene Gegend, das Chamouni-
dem umufernden Woadtland bis Lausanne hin, und uns th«l, >n unzählichen Gletscherkupxen und Nadeln genau
. 54»
keimen, nm sich für diese unwandelbaren Freunde lebhaft sten fand, sie riß sie durch und bildete so das Rhonethor
zu interessiren , wenn man sie hier wieder sieht, alle in zwischen zmev Felsen, die auch offenbare Spuren früherer
Reih und Glied gestellt, wie aufgerichtete, erstarrte Titanen- Vereinigung an sich tragen. Bald verliefen sich nun die
keichcn. Sie erscheinen hier übersichtlicher als auf dem Wasser und es blieben davon nur der Leman, die von den
Breven, selbst, her das eigentliche Observatorium für den Gletschern kommende Arpe und die aus dem See fließende
Montblanc ist. Rhone übrig , die als starke, tiefe Wasseradern das Land
Hätte Rosa die Gletscher im Abend - oder Morgenlicht durchschnitten, sich vereinigten und durch das westliche Thor
oder im Vollmondschein gesehen, so wäre wohl ihr Entzüc nach Frankreich flössen.
ken noch größer gewesen. Dieß ist aber hier fast unthun- Unter den Genfer», die heute auf den Berg kamen,
lich, da sich auf dem Berg selbst kein Unterkommen findet, war auch>einc mir wohlbekannte geistreiche Familie, in
denn alle möglichen Svnncnauf - und Untergänge, ncbsi al der sich einige artige junge Franen befanden. Ehe wir es
len erdenklichen Mondscheinen können nicht für Eine Stunde uns versahen , umzog sich der Himmel und es begann
in den Savoyischen Sennhütten entschädigen. Genfer haben in mächtigen Tropfen zu regnen. Nun flüchtete AlleS
«uf dem Berggipfel schon ein kleines Wirthshaus mit Kö in die große Scheune. Die jüngern Mädchen streiften
che, Keller und Zubehör gründen wollen. Solches konnte gleich die weiten Ermel auf und scheuerten die hölzer
aber die sardinische Regierung unmöglich zugeben, da aus nen Näpfe in den Sennhütten und von daher wurde unter
ser den Genfer kalten Pasteten, Geflügel, Evern, Schin v ielem Lachen Milch, Nahm und Brod, versteht sich mit
ken, Wein u. f. w. manches andere ins Land gebracht wer gebrachtes , ans den rauchigen Hütten in die windige
den könnte. Scheuer getragen. Schnell verwandelte sie sich in eine«
Am günstigsten und umfassendsten ist dieser Stand angenehmen Salon, da die Frauen, die hier etwas eng
punkt für die Betrachtung des weiten Schauplatzes der Ver und unbequem neben einander kauerten, schön und liebens
wüstung, welche vor Jahrtaufenden .diese Gegend betrof würdig waren. Glücklich die, welche einiges Stroh und
fen und mächtige Spuren ihres Ganges hinterlassen hat. Heu zum Sofa hatten zusammenraffen können! Trotz des
Eine ungeheure Wasserflut!? strömte damals von dem Hoch Regens standen die Chalctskindcr in Haufen vor dem
land, von den Alpen »nd Gletschern nach Norden ,in die , Thor, das ihnen der Wind manchmal an die stnippigen
Niederung und riß sich da am Leman, wo ihr niedere Berge Köpfe warf', wo dann die Getroffenen mit Heuleu davon
entgegenstanden, mächtige Tbore auf; das erste durch liefen.
den Saleve selbst, den aber die Fluth, da er von unten Endlich ward es im Himmel und auf Erden wieder
bis oben fester Felsen ist , nnr zur Hälfte bezwingen und hell und klar. Das Gras war aber naß, Erde und Steine
von einander trennen konnte. Dafür bahnte sie sich gleich schlüpfcrig und auch die Luft hatte sich, wie das be» uns
östlicher zwischen dem kleinen Saleve und den Vviröns zu gehen pflegt, allzuschncll abgekühlt. Alles beschloß daher
eine» weiten Durchbrnch, da wo noch jezt die Arve strömt. gerade wieder hinabzugehen. Die Genfer Frauen fanden an
Von der Gewalt dieser Fluth kann man sich einen Begriff Rosa's reiner mittäglicher Natur fo großes Behagen, daß
machen, wenn man die Ungeheuern GrnnUblöckc betrach sie unö alle einluden, Thce und Abendbrod auf ihren, Land
tet, die von den Hochalpen und Gletschern wie kleine Kiesel haus zu nehmen , das bey Voiri am Fuß des Berges lag.
tief in den See gerollt worden sind, denn von dort müssen Wir waren dieß sehr wohl zufrieden, und erst gegen Mit«
sie hergekommen sevn , da sich in der ganzen Umgegend bis ternacht fuhren wir durch Rachtigallenflöten , Blüthen-
dorthin kein Granit findet, sondern nur Kalkstein. Als viel dufr und unter dem Vorleuchten uuzählichcr Johannis-
später der See vom Fuße des Salöve zurücktrat, wurde Genf würmer nach Genf zurück.
erbaut, die in den See geschwemmten Granilbrockeu traten l>r. Christian Müllerr-
hervor nnd zeigen sich jezt an der Osricite der Stadt, nahe
«un Gestade. Das Volk nennt den größcrn Pierre de Niton
und es geht wegen seiner viereckigen Form die Sage, er habe Die Abenteuer Hajji Baba'S.
tu der Römerzeit zu einem Altar Neptuns gedient; da-
»er auch der R«me. Achnliche Blöcke von ganz gleichem (Fortsetzung.)
Granit sinden sich vereinzelt beym Dorf Moncti, wo, sie In der Entfernung eines Paraiangs von der Stadt
die durch den andern Abfluß schon schwach gewordene Flnth begrüßte uns der junge, Engländer, der «ls Meymandar
nicht mehr weiter rollen konnte, uns liegen ließ. Durch von Konstantinopel voraz«sgereist war; er unterrichtete
diese Überschwemmung entstand, wahrscheinlich in der den Gesandten, daß zwev Schiffe in Bereitschaft lägm ;
selben Zeit, wo die Rhone zuerst in den Leman strömte, das eine ,v«r seiner Beschreibung nach ein großes, dem
eine so große Flnthcnmasse in dem Lande, daß sie bis zum Schach seines Landes zugehöriges Schiff und für den Ge
Iura hiuantrat und endlich eine schwache Stelle im We sandte» bestimmt, und ein anderes war von einem Kauft
54Z
MvN» gemietet worden , um die Pferde binüberzubringen. daß der glückliche Augenblick bestimmt der sev, wo ein gün
Er versicherte ups, daß Alles z» unfern, Empfang« bereit stiger 'Wind wehe, und wenn man warte, bis er sich drehe,
und alle Vorrith, an Bord sevcn, Schafe für unsere Ka- eS ihneu vielleicht tu mehreren Wochen nicht möglich sevn
dobs, Ziegen für unsere Milch, Hühner, Gänse, Enten möchte abzusegeln; nichts konnte ihn bewegen, und sie
und Pulver, ncdst einer großen Menge Wasser. Erwünschte wäre» so eben im Begriff in Verzweiflung wegzugeben,
sich nur über einen Punkt zu vergewissern, und dieß war, als znm größten Glück der Gesandte zwevmal nießre. Je
ob der Gesandte in einem Bett zu schufen wünsche, wel dermann wünschte Glück, und er sagte: „dieß ist ein gu
ches, seiner Beschreibung, nach s? eingerichtet war, daß es tes Zeichen; wenn nur die Sterne günstig wären, iwclch
sich vor- und rückwärts bewegte, oder in einem stillste ein vortrefflicher Augenblick zur Abreise !" In demselben
hende« ? Auaenblick nießte Mohamed Beg edensalls zwevmal. Wir
Unsere Unbekanntschaft mit der Einrichtung eines standen alle erstaunt. „Gelobt sev Gott, und Allah ge»
Schiffes und mit Allcm, was d>>S Serben betrifft, machte priesen!- erschell es von allen Lippen, kein Mund wider
es sehr schwierig für uns, diese Frage zu beantwor sprach ; das Zeichen war zu bestimmt um noch länger Ein«
te». Zuerst waren wir nickt wenig erstaunt, daß nach Wendungen z» machen, und der Gesandte erklärte auf der
seiner Beschreibung ein Schiff gleich einem Pachthofe alle Stelle seine Bereitwilligkeit zur Abreise.
Tbiere, welche er herzählte, enthalten sollte, und wie eS (Die Zortsetzuug folgt.)
zweiselhsfr- sevn könne, ob ein Mann ruhig liegen oder
vorwärts und rückwärts geschaukelt werden wolle, war noch
schwieriger zu erkläre« ; demnach ließ der Gesandte weis Pfand und Band.
lich die S>'che für de» Augenblick auf sich beruhen , bis I», die Mädchen lieben Bänder,
»ir besser im Stande sevn würden darüber zu urthcilen. Mebr als manche stolze Herrn, .
Dem Gesandten lag sehr viel daran , nicht anders als Und die Mädchen lösen Pfänder
zur glücklichen Stunde das Ufer zu verlassen und seinen Bev dem leichten Spiele gern.
Fuß an Bord zu setzen, und er beratkschlagte sich deshalb Und warum, ist leicht zu sagen:
Laßt sie nur »ach Band und Pfand
mit seinem Ceremonicnmeister, Mohamed Beg, der große Ihre stille Neigung tragen;
Kennrniß iu der Srerudeutcrcv besaß, da er einige Zeit Ernst und <!plcl ist hier verwandt.
«Itter dem berühmten Mirza Sossin von ISpahan siudirt Ist daS heiligste der Bänder
hatte. Er konnte keine günstige Stellung der Planeten Doch der Xiebe himmlisch Band;
für die nächste Woche entdecken, und wir schickten «»San, Ist d«S süßeste der Pfänder,
ruhig die Pfeife der Geduld zu rauchen, als am zwevtcn Doch ei» holdeö Licbespfand !
Morgen nach unserer Ankunft in Smvrna, und nachdem G. Zimmermann.
unser Gepäcke den Tag zuvor eingeschifft worden war, der
T.'.hmandar mit dem Kapitän des Schiffes erschien um
uns zu melden , daß AlleS bereit und der Wind günstig Korrespondenz-Nachrichten.
sty, so daß wir uns sogleich einschiffen müßten. Allein London, Mai.
dieß paßte nicht in des Gesandten Rechnung, und so erklärte Die Sontog wird noch eben so selir gefeyert wie im An
er sehr bestimmt, er würde nicht von der Stelle gehen. fange . und ob man gleich sich nicht mekr s> sclir a» der Koi^e
Die Abwesenheit eines günstigen Augenblick!!, sagte er, drängt wie Anfangs, so sieht man doch die Oper «ller alt
iu a»i>crii Jabren. Nächste Woche gibr Pitt ei» Konzert im
sev eine bedeutende Sache, und was auch andere Leute da it>Uienis>r>c» Opcrnsaal. wobei) Dem. Lontag und Mab. Schüi5
von denken möcbtcn , so seye er für s, inen Tkeil eine» zn einige wieder a»K Webers Hi-evs»'«» singen werec». ein Ems«», der
großen Werth auf sein Leben und ans den Barr an seinem der )!cul,cit weg?» eine Menge Zudbrer bcrbcvziebeu wird.
Man Iiat auch hier den seichten Noman H cur i e t te , welcher
Kinn , um eine i'o gefährliche lllirernehmung als die , sich ari,z>»lia> s,ch auf die Sonta« beziehe» soll, unter dem an
auf einem von Ungläubigen befehligten Schiffe nach von ziehende» Titel: tkc prim« I>«»« herausgegeben, das Buch
Ungläubige» bewohnten Länder» einzmchiffen, ohne die volle hat aber kein Glück gemacht .
Zustimmung seiner eigenen Sterndeuter zn iinteriicbnie». Neulich gab Farada'.) in der Abendtonversotion der kiuigl.
GcseUsibaft cii» Vorlesung ttber die Klanglcl're, wöbe» cv et-
Er ward in diesem Entschlüsse von Mohamed Beg bestärkt, nigc Tone der Mc„i>I aviuonrca hören liest, und das Prui^ip.
der auf feine Wissenschaft und auf seine Bekanntschaft mit w«a»f dies,'« J„s,lui»>>il gründet, crttjrtr. VeHdcs
dem Fimmel sich berufend, erklärte, eS würde ausgemachte ! schic» den :jul>öre>n n^ii und cri'icl« ihren Beifall. Fa-rado»
Tollheit sevn, auf d^ bloße Verlange» eines ttiiqlaiil'i- ! ! iiev.'us ;u v.'rpe!v„, i>,,K d,rsclb,'(^i»n!>i>iy „tf >>iS Jnsirii-
^ n«ur >>»gi»,',ukt w^-l ö.» ftn. weI«>cS L«mlz »o» Wie» unt der:
gen abzureisen, welcher meine, wenn der Wind günstig , i üii^rakinücht l ,it. und Acoliiarmonieo »cnnt. Soulzwar selbst
blase, sev nichts weiter zu einer glücklichen Rerse erforderlich. > ^ mir seinen i>n,dc» Sbi'ncn zuncgk«, und begleitete nebst fei-
Vergeblich versicherte» der Kaprkän und der Mehmandar, ^ ^ ucin ^'»igstl» Soyuc mir der Euitarre da» Gpiel de« alleren
aus der Aeolbarmonica. Dle Anmntl, des Instruments, gepaart von 21 Millionen für Meriko zu erwarten sc», wo man °'jt
mit dem schön'», ausdrucksvollen Spiel des jungen M>»,»cS, nur uugcfahr sür 7j Millionen dcö Jahres münzt.
erhielt den ung.'thellreften Beifall der gebildete» Versammlung. (Die Fortsetzung folgt.)
Hr. Ward , welcher vor Kurzem von Meriko zurückgekom
men ist , wo er sich als brittischer Bevollmächtigter aufhielt, Paris, 14. Mai.
l,at unter dem Titel: Mexiko im Jahr 1^27, ein sehr in (Fortsetzung.)
teressantes Werk über diesen wichtige» Staat hcrauZgegeben, Der erste Direktor, Berard, der vom Minister Corbierc be
welcher über kurz oder lang eine sehr bedeutende Rolle in der günstigt worden war, hatte das Nouveantrstheatcr so ungeschickt
Weltgeschichte spielen wird. Seine Nachrichten von den Berg verwaltet, daß er sich hat zurückziehen müssen. Seitdem haben die
werken des Landes sind sehr lesenswert!?. Es scheint, daß bis Aktionärs einen Keldcmnüthigcn Entschluß gefaßt. Nach dem
1777 nichts Zuverlässiges über diesen Industriezweig angegeben Bcyspicle derjenigen Leute, die dann de» größten Aufwand ma
werde» kann. In diesem Jabre wurden die Gesetze KarlS V. chen, wenn es mit ihrem Beutel am schlimmsten steht, und die
abgeschafft, und ein neues, zeitgemäßeres Gesetzbuch eingeführt, sich durch einen kübncn Streich emporzuschwingen Kossen, haben
welches dem Entdecker einer Ader baS Zigentl'umsrechr sicherte, sie de» berübmtcn Komiker Polier , der sich bereits vom Thea
und jede bedrückende Ansucht und Auflage ausschloß. Die ter zurückgezogen und Abschied vom Publikum genommen
Wirkung hiervon war cmffallend ; denn von I7>,0 bis 17IZS hatte, bewogen, sich an ihrem Theater reruiiltclst eines Ge
(bcpde einschließlich) «lief sich der Ertrag des ausgebeutete» Sil haltes von 4ll,Mll) Frankcn zu cngagiren. Poticr hat einem
bers auf 1i2.»2»,»6ll Tbalcr, während derselbe in den näch so glänzenden Anerbieten nicht widerstehen können . zumal da
sten zehn Jahren schon bis auf I9Z,5ltI.Z,< I Thaler , und in ihm noch ein Urlaub von zwc» Monaten in jedem Jahre zu
den darauffolgenden zehn Jahren auf 2Z I.il8N.21 1 Thaler stieg. gesichert wurde, nnd cr^hat also sei» gemächliches Leben ver
Die folgende Periode ist zweifelhaft; auch wurde während deS lassen, um daS Pariser Publikum. das 'nicht mehr hoffen konnte
französischen Rcoolutionökrieqcs weniger gegraben. Doch rech il,n noch auf der Bühne zu erblicken , wieder durch sein komi
net W,,rd, daß innerhalb fünfzehn Jahren, von 179« bis sches Spiel z» ergötzen. Nun hat das Theater zwar Poiicr,
jährlich für 21 Millionen Tbalcr Silber nnd Gold aus den allein cS fehle» noch Stücke, in denen er sich auszeichnen kann,
Bergwerken erhoben wurden, von welchen jährlich 22 Millio und die eigens für ihn geschrieben sind. Bis dahin kann er
nen ausgeführt worden sehn sollen, so daß während der lcztcn nur in älter», schon hundert Mal gegebenen Färsen auftreten,
fünfzehn Jahre vor der mexikanischen Revolution sich Zl> Millio auf einem NouveautvSthcatcr sind aber alte Stücke ein wahrer
nen im Lande angehäuft hätten. Dieser große Ertrag aber soll Widerspruch, worüber sich auch die Journale sehr anfqc>»lten
während der Revolution bis auf i i Millionen des JahrS vermin haben. Glücklich ist daö 1'i,«»tre cke >I»<j»,ne zu schätzen, das
dert worden fcvn , während die jährliche Ausfuhr noch immer Scribc imaufhörlich mit neuen Stücken versorgt, und welches
an IZj Millionen betragen haben soll. Die Zerstörung der daher nimnier Mangel leidet. Dieses Theater macht vielleicht
Schmelzonstaltcn , die Unsicherheit beym Transport und die von allen Pariser Theatern die besten Geschäfte ; wenigstens ist
Erpressungen der Beamten brachten in dieser Periode daS cS fast jeden Abend voll, und die Vaudevilledichter > deren es in
Bergwerkqcschäft immer mehr in Verfall; die Minen wurden Paris eine Menge gibt, haben alle Lust für dicß Theater zu
vcrnachläßigt nnd füllten sich zum Tbeil mit Wasser, besonders arbeite», und besonders mit Scribc neue Stücke zu schreiben.
nachdem i«21 alle Spanier, die sich mit dem Bergbau abge Auch nimmt Scribe beständig eine» Mitarbeiter ; nur sehr we
geben hatte», das Land verließen. Umsonst traf die Regie nige Stücke rubren von ikin allein her ; bey manchen bat er
rung Anstalten, diesem so wichtigen Erwcrbzwcig wieder auf blos den Witz darüber gegossen, wie Köche eine künstliche Brühe
zuhelfen . indem sie in den verschiedenen Provinzen Münzen über ein gewöhnliches Gericht gießen und es dadurch geschmack
anlegen ließ . um den Transport des Metalles nach der Haupt voll machen. Nnr so lagt es sich erklären . wenn die Scribe-
stadt „nnötliig zu machen, nnd die freye Einsuhr des zur, scheu Stücke Schlag auf Schlag folge»; er braucht ja nur zu
Scheidung so nothwendigen O.uecksilbcrs gestattete, den» die erfinden ; man bringt ihm Plane und zum Thcile schon aus
meisten Kapitalisten hatten das Land verlassen und die Gelder gearbeitete Stücke . er legt den Firniß darüber , da« Stück ist
mitgenommen, wodurch die Bearbeitung der Berge möglich in wenig Tagen einstndirt , wird gegeben, das Publikum sagt,
wurde. Man lud also Ausländer ein, die verfallenen Werke zufrieden von bannen gehend : da hat der unerschöpfliche Scribe
zn übernehmen , worauf sich auch mehrere Vereine bildeten, wieder ein neues Slück geschrieben . wo nimmt der Dichter
von denen einige sehr gute Aussichte» zu haben scheinen. Die doch das alles her ? und die Dichter . die mit ihm das Stück
verschiedenen amerikanischen, englischen und deutschen Vereine geliefert habcn . sind auch zufrieden, weil ihr Name doch
z» diesem Zweck, zusammen zehn an der Zahl, haben bis jezt auf dem Anschlagzettel neben demjenigen deS berühmten Van:
die Summe von etwa 2,ggn,l«n» Pfd. verwendet, worunter der devillcdichtcrs prannt . und sie jeden Abend aus der Theater
Slberfcldsche Verein , 7Z,Nl)s> Pfd. Doch sollen von all diesem kasse ein hübsches Stück Geld erhalten. Eins der lczten Scri-
Velde im Lande nicht über 12 Millionen Thaler ausgelegt wor bcscheu Stücke war ..Pclve, oder die russische Waise." das seit
den scpn . während vor der Revolution ei» Kapital von Z» sechs Woche» bennahe alle Abende gegeben wird, nnd in wel
Millionen darauf verwendet ward. Vieles von dem Velde ist chem wirklich eine russische Waise als Schauspielerin auftritt,
an iinbrauchbark europäische Maschinen und eben so unbrauch nämlich die Nadcjc , die bemn Einzüge der Franzosen in Mos
bare europäische Arbeiter verschwendet worden . denn man hat kau als verlassenes Kind von einer französischen Familie ausge
gefunden, daß größtentheils die dortigen Arbeiter und Maschi nommen . und seitdem von derselben großgezogen winde, auch
nen, wenn die ersten nur erst wieder zusammengebracht und schon sehr ftübc in Kinderrollen sich auf der Bübne gezeigt
die lczterru herbengeschaffr waren . sich am nützlichsten bewähr hat, jezt aber ein großes Mädchen und keine üble Schauspie
ten ; noch größere Summen hat man an erschöpfte Minen weg lerin geworden ist.
geworfen, und selbst diejenigen, welche wirklich am Ende ergie (Die Fortsetzung folgt.)
big auszufallen versprechen . kosten so nngebrner viel einzurich
ten, baß vor der Hand an keinen Vortheil zu denken ist. In
dessen ist Ward der Mcpnung, daß 18Z5 wieder eine Ausbeute Beylage: LiteraKiröl.'.tt Nr. 4S.

Verla« der I. G. Cotta 'scheu Buchhandlung.


N°. 137.

M v r g e n b l a t t

für

gebildete Stände.

onnabend, 7. Juni i 8 2 8.

Er Wust« nicht, wie «r?S er war;


Er roukte nicht, daß scinr Hand,
Durch Gott gestärkt, sein Vaterland
Errette» mnrbc von der Schmach
Der Zknechtschafr, deren Joch er drach.
F. L. v. Stollberg.

S e m p a ch. Biel weltbekannte Namen,


Der llkuhmgerröntcn viel,
1 Z 8 6. Sic gehe» unter sterbend
z. Im blutigen Gewühl.
Geendet hat der Sieger, Verblutend und erblassend.
Sb noch der Sieg errungen. So enden sie allmahlig.
Da sind wie wilde Tieger Die Stolzen werden Leichen,
Die Schweizer eingedrungen. Dir Leichen fast unzahlig,
Dir Wälle zu zerbrechen. Sie werden Ricseiigraber,
Die iknen Trotz geboten. Die mächtig sich erhebe»,
Und würdevoll zu rächen DrauS siebet man die Frepheit,
Den edlen, großen Todren. Des Landes Phonir, fchwcbcn.
Nun geht es an ein Fechten, Die Banner sinken nieder.
Nun ist'S gegönnt dem Much, Mit ihnen Ruhm und Glück,
Den Gegner kühn zu fassen. Da schauet seine Tobten
In senken in sein Blut; Des Herzogs Heldcnblick:
Und ob er auch gerüstet „Sie sind für mich gefallen,
In Stahl und Lisentracht, ,.Jezt sterb' ich auch für sie!«
Sin scharfes Schwert verwüstet Und stürzt sich mit Verzweiflung
Etahldeckcn auch mit Macht. Tief in des Kampfes Müh. ^
Und sieh, vom Wald herunter, Und kaum daß in die Mitte
Da kommen neue Krieger, DeS Streites er gedrungen,
Gesellen sich laurjubelnd Uud kaum daß er mit Wüthen
An ihre kühnen Sieger, Den Rächerstahl geschwungen,
Und bringen neue Wunden Da wird er niedcrqcrungen
Dem Feinde und Verderben, Und in den Sand gerissen,
Und wollen mit den Ihren Als ob er unvcrwundet
Den Siegcrkranz erwerben. Und rachlos sterben müssen.
Da sinken Leupolds Ritter, <?mpor will er sich raffen.
Da stürzen edle Herrn, Da trifft ihn hart ein Streich,
Da stirbt manch starker Kämpfer, Ihm schwinden Kraft und Leben
Geschlagen von Luzer»; Und Sinne allzugleich;
546
Sin thränenwerthes Ende! Die Abenteuer Hajji Baba's.
Es stirbt ein großer Held,
Und ungerächt und kampflos (Fovtscgung.) ,
Auf seiner Schande Feld.
Als wir uns der Fregatte bis auf ungefähr einen
Wie nun der Fürst gefallen. Maidan genähert, sprangen auf einmal zu unserer äus-
Da ist nichts mehr zu richten.
Die wenigen Basallen, sersten Verwunderung auf den Ton einer hellen Pfeife
Sie denken nur an's Flüchten; Hunderte von Seiltänzern, wie es uns schien, hervor.
Das aber ist verwehret. Sie schienen sich in Reihen auf Stricken zu schaukeln, die
Die Rosse sind entflohen kaum dem Auge sichtbar warm , höher und allmählig höher
Und mir dem feigen Nachtrab
Schnellfüßig fortgczohcn. hinauf, bis endlich auf der höchsten Spitze des Mastes ent
O Sempach, heil'ge Stätte, weder ein Gin oder ein Diva stand> denn !gcwiß konnte
Die jene Wunder sah, kein sterbliches Wesen jemals etwas ähnliches unterneh-
O Geist gewalt'ger Thaten, men. Wir hatten nicht sobald das Verdeck erreicht, auf das
Wie warst du damals nah! man uns (der gesegnete Ali mag wissen wie) hinaufgewun
Ihr kühnen Eidgenossen,
Wie habt ihr da gehaust den, als sich eine Kanonensalve hören ließ, welche uns in
Und mit dem tapsern Schwerte solches Erstaunen versczte, daß unsere Lebern in Wasser
Das Siegerlied gebraust! verwandelt und unser Gehirn ausgetrocknet ward. „In Al-
O Sempach, heil'ger Boden, lah's Namen," rief der Slchi aus, „was bedeutet dies? Ist
Du deines Volkes Stolz, dieß vie Hölle? oder soll es den Himmel vorstellen?" Wäh
Auf deinen Scgensauen rend er so rief, stand der Kapitän vor ihm mit tiefen Ver
Wie Siegesdvnner rollt's!
Die Weltgeschichte tauchte beugungen und schien auf Zeichen seiner Bewunderung zu
In Ruhm den Griffel ein. warten ; und erst als das Feuern vorüber war und unsere Oh
Und schrieb die Heldenthaten ren sich etwas von der Erschütterung erholt hatten, erschien
Auf ihren Marmorstein. der Mchmandar und erklärte, das, alles dieß zu Ehren Sr.
Dort im Aargauerlande Ercellenz geschehen und der in England gewöhnliche Ge
Im Kloster Königsfelden brauch scy, um Personen von ausgezeichnetem Range zu
Ruht Leopold, der Herzog,
Und seine blut'gen Helden; empfangen. „Möge sich Euer Schatten niemals verklei,
Dort in Luzern die Tobte» nern," erwiederte der Gesandte; „ich erkenne sehr die
Der Cidgenossenschaaren, Ehre ," dabcy verstopfte er seine Ohren mit den Fingern,
Mögen sie ruhig schlafen. „und versichere Euch, daß diese Auszeichnung einen dauern
Die Retter in Gefahren!
den Eindruck auf mich machen wird. Allein was für einen
Dich aber , kühner Degen, Nutzen hat es, so viele Kanonen abzufeuern und so viel
Arnold von Winkelricd,
Dich preise allerwegen kostbares Pulver zu verschwenden? Ihr habt mehr Pulver
So Nachruhm wie das Lied ! verschossen als unser Schach in der berühmten Belagerung
Begraben ist die Hülle, von Tus, wo er mit drey Kugeln und einer Kanone ein
Der Geist entsteigt der Gruft Heer Duzbegs vernichtete und ihr ganzes Reich für immer
Und schwebt im Himmclslichte
Hoch ob der Gletscher Luft. in Furcht vor seiner Macht erhielt. Aber wie viele Ka
Zu klein für dich, zu ärmlich nonen habt Ihr an Bord, im Namen des Propheten?" —
Ist Säul' und Monument, „Vier-unb-vierzig," antwortete der Mehmandar. „Meint
Ein Volk und ein Jahrhundert, Ihr wirklich vicr-und-vierzig ?" vcrsezte Sr. Ercellenz,
Das dich mit Staunen nennt. „oder versteht Ihr diese Zahl im unbestimmten Sinne und
Das ist dein würdig Denkmal,
Das ist der Hcldenbricf, wollt damit nur eine große Anzahl bezeichnen, so wie wir '
Deß Inhalt mit Bewundrung Chehel m i na r,i die vierzig Säulen, sagen, wenn wir
Der Enkel noch durchlief. von den Ruinen von Persepolis reden, oder Chehel
Jahrhunderte und Völker t en, die vierzig Körper, wenn wir die große Anzahl der
Haben dich angestarrt, ' Heiligen beschreiben wollen, die in dem Mausoleum bey
Und gleich bestaunen wird dich Schiraz begraben liegen?" — „Ich meine in der That vier-
Zukunft und Gegenwart,
Und ewig tönt von Sempach und-vierzig ," sagte der Mehmandar, indem er sich auf
Das große Heldenlied, den Schiffskapitän berief, der in seiner Nähe stand ; „doch
Und ewig preist die Nachwelt das ist eine Kleinigkeit," fügte er hinzu, „unser König hat
Den Helden Winkelried. viele Schiffe mit oreymal so viel Kanonen n»d wenigstens
Manfred.
fünfzig mit derselben Anzahl, und wenn man alle Kanonen,
die so von einem Ende der Welt zum andern geschleppt die ganze Neuheit der Scene erhielt unsre erstaunten
werden, zusammenrechnete, so mußte man nicht bev Hun Sinne in unaufhörlicher Spannung.
derten sondern dep Tausenden zählen." — „Es ist nur ein Als wir am erste» Morgen an Bord des Schiffes er
Gott!" rief der Gesandte, indem er zugleich den Finger wachten, war der Anblick, der sich uns darstellte, völlig
in den Mund steckte und in tiefen Gedanken stehen blieb; nen für uns. Das Leben und die Welt schienen uns ver
«Ihr seht, daß das, was ich vorher sagte, wahr ist," fuhr lassen zu haben, und wir sahen nichts «IS die Außenseite
er zu mix und seinem um ihn versammelten Gefolge fort, der Dinge. Wo war Tehran? wo die Pracht unserS
„ich habe euch schon gesagt, daß die Engländer ihre Kano Schachs? seine vergoldeten Palliste, seine Krieger in ei
nen fir und fertig aus den Minen graben, und bicß ist sernen Müstungen, und seine glänzenden Höflinge? wo
dcrBeweis davon, In Jahrhunderten könnten alle Schmiede war JSxahan? wo daS erhabene Demawend? wo die Ebe
von Iran rem Morgen bis in die Nacht arbeiten und nen von Snltanieh und die Wildnisse von Mazonderan ?
würden doch niemale so viele Kanonen zu Stande brin die Hauvtstadt , ja daö ganze Land des Bluttrinkers war
gen." — „Ja, ja," antworteten wir; ,,wir alle glauben vor uns verschwunden, und hier waren wir, ein Punkt im
es." Auf einmal, als wie durch einen Zauber, sahen wir Ocean ; von Niemand als von den Wolken über uns gese
ungeheure Segel ausgespannt, wo wir früher nichts als hen , segelten wir an dem Schatten der Länder vorüber,
Holz und Stricke gewahrt hatten, und ehe ein Mollah seine die sich in unermeßlicher Entfernung von unS zeigten , in
Kugeln hätte abzählen und hundert Mal „Gott vergib den Händen der Ungläubigen, die uns, Gott weiß wohin,
mir's" sagen kennen, begannen wir schnell durch das Was führten , mit denen wir nicht reden konnten, die unS nicht
ser hinzufahren; eine allgemeine Bewegung schien unter erklären konnte», warum sie diesen Weg und nicht jenen
den Häusern, Schiffen, Bäumen und Hügeln, von denen »ahmen, warum sie sich eine Bahn durch die See machreu,
wir nmgebcn waren, statt zu finden, und ivir sahen uns wo keine war, und weßhalb daS? Schiff gerade ausging,
der Gewalt der Wellen übergeben. „Wir sind verloren, da doch nichts es hindern konnte rückwärts zn gehen. Wer
und mehr als verloren," sagte der Gesandte; „doch wir von unS wußte, wo England war? keine Seele. Alles was
sind in Allahs Land!" — „Gott se» mit uns! O Maho- wir vom .Gimmel und Meer fakcn. konnte für uns daö
medl v Ali!" rief ich aus. „Möge Ali uns alle gesund Land der Ungläubigen seon. Allein waS konnte ein solches
heimfuhren!" ächzte der Ccremonicnmcister. Land irgend Jemand nüi?en ? war cS doch klar, alleEinwoh.
ner mußten in Kasten, gleich dem^ in welchem wir unö^cfan-
Als wir uns von unserm ersten Erstaunen auf dem de», einge'chloflen feyn; und da sie nach lyesallen , einer
Verdecke erholt hatten , stiegen wir in ein Zimmer hinab, hier und der andere dahin gehen konnten, so war eine Re
welches mit Spiegeln verziert und mit verschiedenen, den gierung unmöglich , kein Schach konnte Herrschaft über sie
Sitten und Gewohnheiten der Europäer gemäßen Ge- ausübe». Niemand ihnen eine Geldbuße auflegen, kurz,
rälhen versehen war ; und hier ward die Frage wegen des je mehr wir über unsere Lage nachdachten , desto bestürzter
Bettes , die uns früher unbegreiflich schien , auf einmal wurden wir, und die Erklärungen, welche wir von dem
unfern Begriffen klar; denn es war eine Art Hangmattc, Mchmandar erhielten, konnten unsere Bedenklichkeiten
gleich denen, deren sich die Armenier in Jnlfa bedienen, nicht zerstreuen, denn er sprach von Dingen, die unser»
wo das eine Ende an einem Balken und das andere an Begriffen so fremd waren, daß wir uns für den Augenblick
der Mauer befestigt ist, und die fo hin und her geschwungen genöthigt sahen, den Anker unserer Neugier in den Hafen
werde». Der Gesandte wählte eine derselben, um darin zu der Erwartung auszuwerfen.
schlafen. Ich legte meine Matratze ans den Boden in ei (Die Fortsetzung folgt.)
nem Vorzimmer, und die Bedienten breiteten ihre Tep
piche zwischen den Kanonen aus, und hingen ihre Muske
ten, Schwerter und Pistolen an Pflöcke, wie sie gewohnt Korrespondenz-Nachrichten.
waren es in den KaravanferailS und Posthäusern zu thun, London. Mai.
wenn sie ans dem festen Lande reiferen. (Fortsetzung.)
Ei» anderer schätzbarer Bevtrag zur Gcfc>,!el>te «ndKennl-
Die erste Nackt brachten wir auf eine nicht zu be niß des jeiziaen Zustandes von Amerika ist I. M. ?>csirex>o.
schreibende Weife zu. Wen» man sagte, daß die Köpfe Ministers des ?nncrn der Republik Kolumbia. tti«>vri» I»
Kevoluiion <I« I» Keuulilie» <t« lüoloniki,, Das Werk wird
uns herumgingen, daß unser Magen daS Gleichgewicht zebn Bändchen bilden. So weil dasselbe bis jezt erschienen.
gegen unsere Leber verlor, und die Leber mit den Herzft- >,a„delt eS von der Gesü'ieiitr vc» ?!cu-Era„ada vis ins Ii»?
der» in Streit gcrieih , so würde dieß nur die Hälfte nn- tAIÜ. ?l>c vi >Kk Proline« os KI»»i»^>,u»eI» U»,,
sers Elendes ausdrücken. Das Hin- und Herwerfen, das Oom >74y «« >7'4 etc. von T. Huichinson Es«., elicmaliaem
Gouverneur der Provinz, ist so eben von seinem Enkel beraui-
außerordentliche Geräusch, die ungewohnten Gerüche, daS gegeben worden. Diese« Werk gib! eine treue Darstellung von
sondcr barcGeschwatz, welches in u»sere Ohren schallte, kurz den Begebenheiten zu Anfang d>r nordamerikanischc» Revolu
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tion , und ist um so lesenswerthtt , ba ter Verfasser ei» Geg, Pari«, ll>. Mai,
u» jcncr Umwälzung war. (Fortsetzung.)
Die Fortsetzung der Lkrovicle, «s tk» O»n««g«l« wirb Der große Bevfall, den die Scribeschen Stücke erholten,
hier für eine« der besten Werke gehalten, mit denen SirWals besonders die glänzende Aufnahme der Oper Mucite ä«
ter Scott uns seit fünf bis sechs Jahren beschenkt hat. Noch Partie,'," welche beständig gegeben wird, solle» auch dem be
habe ich eines interessanten Werks zu erwähne», der H,iven- rühmten Rossini Lust zu einem Scribeschen Terte gemacht ha»
tuee» «k U»jji Und» «s Isp»K«n in t?nz>»n6 ; es ist von ben. Ich meldete neulich, Rosfini wolle die Mufik zu einem
Moricr , der sich durch seine zwcy Reisen »i Pcrfic» und diese Wilhelm Teil fegen , so hatte das Gericht es auch ausgesagt ,
Abenteuer seines Hajji Baba als ein ticscr Kenner morgenlän und dieß war nicht wenig auffallend, da Rosfini keine neuen
discher Sitten und als guter Schriftsteller bewährt Kar. Dieses Opern mehr kompvnirt; auch hieß es bald darauf, eine neue Oper
Werkchen ist, eine Satire auf die europäische» Sitten, der wolle er in der That nicht fegen < fondern nur dem Tnte die
Verfasser bleibt aber dabey immer gurmükl'ig. ^) Mufik seiner Oper „Vi«ggic, cki Kvi»,«" unterlegen. Mir
Bekanntlich liegt London in einem von den Hügeln von dem Wilhelm Tcll halte e« aber nicht« auf sich ; es Ist schon
Kent, Surre« und Middlescr gebildeten Becke», welches >die viel, daß die Oper einen MasanicUo aufgenommen Kat . BloS
TKemfc durchströmt , die in London selbst das Wasser einer wünschte Rossini seinen Text von Scribe zu erkalten. Die
Menge von Bächen und Flürchen ausnimmt , die sich von jenen ser aber , alö er hörte , daß Rosfini keine neue Mufik dazu
Hügeln herab durch die anliegenden Thälcr und die Stadt setzen , sondern eine ältere Komposition nehmen wolle , soll
schlängeln, aber welches Wasser! Da, wie es sich von selbst gedacht haben : willst du keine neue Mufik kompvuirni, so will
«ersteht , die Themse tiefer liegt als die Stadt , ja diefe auf ich dir auch keinen neue» Tcrt schaffen , und somit soll er sich
einer Seite zu einer bedeutenden Höhe hinansteigt , so fand begnügt haben , ein« seiner älter» VaudevillcS : „Graf Orev"
man cS vor der Erfindung der Dampfmaschjnc fast »nmdglich, alS Oper neu einzurichten. Dieß ist kciuc üble Satire auf die
auS dem Flusse den oberen Tlicil der Stadt, so wie die obern TrägKcit des Toukünstlers. Freylich hat Rosfini genug zusei»
Stockwerke der Häuser »n uutcr» Tkcilc ,:'ir Wasser, zu vcrfe- nein Ruhme komponirt, und kann nun ausruhen; auch ist
Heu. ES wurde also unter ander» schon der sogenanute dieß sehr klug vo» ihm gehandelt , wenn er fühlt, daß sich fein
neue Fluß nach London gcsührt, welcher noch jczt den musikalisches Genie erschöpft hat. Seine Meisterwerke herrschen
ganze» nordöstlichen Tkeil der Stadt mit einem gesunden, ob auf der Bühne und in den Konzerten ; keine andere dramati
gleich nicht reinen Element verficht. Andere, später gebildete sche Mufik der Italiener scheint daS Publikum mehr Köre» zu
Vereine bedienten sich deS TKemsewasserS , das man mir der wollen alS die Rosssnischc. Die italienische Oper gibt bestän
Dampfmaschine jezt zu jeder beliebigen Höhe hebt, oder der dig nur seine Stücke ; da die SingpartKicn in seinen Opern so
einströmeiidc» Flüftchcn, aber bcy der zunehmenden Bevölke reichhaltig und glänzend find, so erscheinen fie immer wieder
rung vorzüglich deS crstcren. Dieses Wasser hatte bisher auch neu. so oft eine andere talentvolle Prima Donna die Haupt»
wirklich in sekr gutem Ruf gestanden, eS machte mit Hülfe deS rolle vorträgt. So hatte die Dem. Sontag den Singstücken
Hopfen und des ( oculu, Inclicu» vortrefflichen Porter, es half in ihren Rollen einen Reiz gegeben, den man bisher nicht bc»
srl'r bedeutend zu der Vermehrung der in der Stadt genossenen merkt hatte , obschon die Pasta , Dem. Fodor ». a. dieselben
Milch, uud alle SchiffSkapitänc verücherte«. das, cS, nachdem Stücke auch vortrefflich sangen , »nd nun , seitdem die Sontog
eS gcgohren, stinkig geworden und sich gcsezt, ei» ungemein »ach London abgereist ist , fingt die junge nnd reizende Mad.
gutcS Getränke liefere. Aber die Grand Jnuktionkoinpagnie Malibran-Sarcia dieselbe» Rollen und entzückt die ZuKörer in
schöpfte ihr Wasser dicht bch der großen Ranelagh Cloake, ei Stellen, deren Schönheiten ihre Vorgängerinnen zuweilen nicht
nem unterirdischen Strom , welcher mit seinen Unrcinigkeiten hatte» ahne» lasse» , oder die fie nicht mit derselben Anmuth,
oft den Fluß bis zur Mitte trüben soll. Die vornehmen Herrn mit demselben Talente vorgetragen hatten. Diese Malibran»
im westlichen Thcil der Stadl, denen dieser Labctrank ins Garcia, deren Gesang mit demjenigen der Catalani viel Aehn-
HauS gcsükrr wurde, hatte» längst ihre Köche und Bedienten licheS Kat, ist jezt die LieblingSsängerin und ersezt die Son-
über de» schmutzigen Unrath klagen Kören, die Frauen jammer tag vollkommen. Somit erregen denn die bepdcn jungen
ten über den unangcnekme» Geschmack des TkccS , aber Nie Sängerinnen jczt die Bewunderung der Heyden größten Haupt'
mand dachte an die wakre Ursache des Uebcls, bis ein gewis flädte Europa«.
ser WrigKt dem Publikum zurief : ,.ihr trinkt den Unrath. wel (Die Fortsetzung folgt.)
chen drey Millionen Tl'iere aller Art, welche in dieser großen
Stadt zusammengedrängt leben, abwerfen." Man fragte, was
denn aus de» vielen Flüßchcn werbe, die ibr klares Wasser in
frühern Zeiten durch die Stadt und die Vorstädte gewälzt, und Auftösmig des Logogryph« in Nr. 1«.
man erfukr. daß fie zum Wcgwaschcn dcS städtisch«, Unraths Eule. Euler.
benuzt wcrdcn , nnd mit j iö schwarzen Cloakenmündungc» in
die Themse ciiibrechcn; uud um auch die lezte Hoffnung zu
vernichte» , dieses Hdllenwasscr werde täglich einmal wenig
stens von dem Meere aufgenommen,, bewiest» einige boSKafte Logogryph.
wissenschaftliche Männer, das, das Wasser der Themse eigentlich nie Schön bin ich wohl, und ohne mich
in das Meer fließe , sondern durch jene große Wasscrmasse auf Was freute, wa« entzückte dich?
gehalten, von der Ebbe und Flulh in beständiger Schwingung Doch, tö„t ein fre»ndlich i mit mir.
erhalten werde , und eigentlich nur durch die Ausdünstung ei So bin ich dreymal schöner dir.
nen Abgang erleide. Und wa« ich bin, da« wär ich nie
'1 In diesem Blatte selbst finden unsere Leser die Fortsetzung Recht rüstig ohne dieses i;
»on Auszügen aus diesem Werke. Du würdest lieber mich vernichten.
D. Reb. Als auf das i für mich verzichten.
(Der Beschluß folgt.) I. O. M.

Verlag der I. G. Co tta'schen Buchhandlung.


N°. 158.

M v r g e n b l a t t

für

gebildete Stände.

Montag, 9. Juni 182 8.

Hier kann nicht seyn ein böser Muth,


Wo da singen Gesellen gut ;
bleibt kem Zorn, Zank, Haß, noch Neid,
Weiche» ,n«S alle« Herzeleid.
Auch ist ein jeder de« wokl fr«'
Dag solche Freud kein Sunde sev.
Sondern auch Gott viel Baß gefüllt.
Denn olle Srcud der ganzcn Welt.
Martin Luther. ,

Das Lieder fest zu Eßlingen. passenden Ort zur Fever desselben zu erwählen. Nach ei-
ner vcrangegangenen Besprechung wurde einstimmig die
Am Pfingstmontage diese« Jahres feverte die Mehr- Stadt Eßlingen zum Schauplatze des Festes bestimmt.
zahl der Bereine für Einführung des vierstimmigen Ge- In der Tbat hätte auch im ganzen Vat,ri«»de kein« «w-
sanges ins gesellige Leben, die in Würtembcrg unter dem labendere Stelle für eine Fever gewählt werden können,
Namen Liederkränzc bestehen, ein allgemeines Liederfest, die es verdiente, durch die Umgebung einer Frühlingsno-
das durch den Charakter, den ihm der edle Zweck, der tur i« der herrlichsten Erscheinung gehoben und gleichsam
zahlreiche Besuch von Säugern und Hörern , der zur Per verklärt zu werden. Eßlingen liegt in einer der reizend:
sammlung gewählte höchst geeignete Ort, endlich ein wolle«: stcn Lagen des Ncckarthales, ganz in der Nähe der Haupt:
loser Zrühlingshimmel verlieh, zun, wahren Volksfeste sich stadt, welche dem Feste die meisten Länger zusandte. Die
gestaltete. Ein schon im vorigen Jahre auf einem andern Stadt lehnt sich gegen Osten an eine Kette von Rebenhü-
Sammelplatze gemachter Versuch war, trotz aller Hinder gcln, deren Bergfläche meilenweit mit Obstwäldern und
nisse, unter denen die schlechte Witterung oben an stand, malerisch zerstreuten Wohnungen glücklicher Landleute be
so befriedigend ausgefallen, daß der allgemeine Wunsch , deckt sind, und deren Wände vom jungen Grün des Trau:
ein alljährlich wiederkehrendes Fest daraus zu malvcn, nach benlaubrs glänzten. Auf der andern Seite ist sie vom
Jahresfrist das erste Mal zur Ausführung gebracht wurde, blauen Neckarflusse, der hier eine hübsche Breite hat, und
und nach dem einstimmigen Zeugnisse der Teilnehmer de- über den eine lange, massive Brücke führt, bespült und
gründete dieser Tag auf die würdigste Weise eine Fever, zum Theil in Kanälen durchschnitten ; Berge mir Wald
deren Wiederholung Key der Armuth unserer Zeit an öf- lind Gestein erheben ihre steilen Wände, bald unmit:
ferttlichern Volksleben sowohl demjenigen wünschenswcrth telbar am Rande des Misses, bald seitwärts von der le
sepn muß, der persönlichen Antheil an diesem Feste neh- bendigen Landstraße, zunächst an der Stadt von einem
men kann, als dem, der aus der Ferne jeder Entwicklung Obsthavn unterbrochen, den ganzen Westen des Thaies
des GcmeinsinneS mit theilnebmender Freude zuschaut. entlang, und bilden einen kräftigen Gegensatz mit den jen
Die Zahl der Lieberkränze hatte sich seit dem vorigen seitigen Rcbenhöhew. Die Stadt selbst, mittcuinneliegend,
Jahre vermehrt; einige schon damals bestehende, die am mit den Trümmern einer Burg an der östlichen Seite,
vorjährigen Feste nicht Antheil genommen hatten, wünsch-, zeigt mit schönen Kirchen, stattlichen Thürmeu (darunter
ten es nun auch mitzufenern, und so war es bev stark vcr- einer von herrlicher altdeutscher Struktur), Kapellen,
mehrter Anzahl der Theilnehmcr vor Allem nörhig, einen grauen Ringmauern, uralten Häusern neben einigen ge
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schmackvollen Gebäuden der neuern Zeit, mannigfaltige winkten ihm vor und in den Gasthöfen , welche zur Auf
Spuren reichsstädtischcr Geschichte, und vor den Thoren nahme der Licderkränze bestimmt waren. '
hat de? Erfindungsgeist seiner neuesten Bewohner an dem So freundlich und festlich empfing Eßlingen seine Gä
wvhlbsnüzten Wasser des Neckars Fabriken angelegt, de ste, und auch der Himmel selbst schien das Fest begünstigen
ren heitere Niederlassungen dem Auge einen wohlthötigen zu wollen ; Regen und Ungcwitter hatten die vorhergehenden
Rnhexnnkt gewähren. Den Mittelpunkt füllen Wiesen und Tage getrübt; der Pfingstmontag brach hell und heiter an,
Obstgärten, über den Hintergrund des sanftansteigenden ein frischer Ostwind vertrieb jedes Nebelgewölke und es
Thalcs ragt die schwäbische Alb mir ihrer fernen , blauen blieb heiter bis zum Untergänge der Sonne.
Gebirgskette in kecken Linien hervor. Von acht Liederkränzen des Landes war der größere
In diese Stadt, wo mit Leichtigkeit auch für eine Thctt der Mitglieder erschienen, einzelne auch von andern;
große Menge von Gästen Unterkunft zu finden war, hatte an sie schlössen sich noch sonstige Sanger und Sangcsfrcun-
^in Rundschreiben die verschiedenen Liedervcreine des Va de an, fo daß der ganze Sängerchor, der in den hochge-
terlandes eingeladen. Die dortige, längst nicht mehr zum wölbten Hallen der neuen Kirche sich versammelte, über
Gottesdienste bestimmte vormalige Dominikaner- oder Pre 5«o Personen stark war. Zu Roß und zu Fuß, in Kutschen
digerkirche, seit ihrer Erbauung im drevzehnten Jahr und auf Wagen waren Zuhörer herbcvgeströmt ; Eßlingen
hunderte die neue Kirche genannt, bot ein trefflich pas glich heute einer großen, starkbevölkerten Stadt, und als
sendes Lokal für das Fest dar, und der wohlwollende Stadt nach zehn Uhr die neue Kirche geöffnet wurde, welche zu
rath zu Eßlingen räumte dieselbe nicht nur zu diesem erst der Zug der Sänger betrat, so waren ihre Hallen bald
Zwecke mit freundlicher Bereitwilligkeit ein, sondern er voll, und von außen umwogte noch eine große Zahl von
übernahm es auch mit einer, gewiß seltenen und daher Zuhörern das überfüllte Lokal.
um so preiswürdigeren Liberalität, sie auf eine würdige Das Fest selbst begann nach eilf Uhr mit der Absin>
Weise ausschmücken zu lassen , was unter der Leitung ei gnng des Chorals: „Lobe den Herrn!" der, wie der
nes kunstverständigen Mitglieds des Eßlingcr Liederkran Schlußchoral und vier andere Lieder mit Posaunen und
zes, des Organisten B op p, auf eine höchst geschmackvolle Trompeten begleitet wurde , und bey dessen feycrlichen
Weise, die den Beyfall aller Anwesenden erhielt, geschah. Klängen die ganze Versammlung der Männer unwillkühr-
lich die Häupter entblößte, um in stiller Erhebung zu dem
Ucbcrall an den mächtigen Pfeilern , welche die Decke Geber aller guten Gabe den Segen für dieses Fest reiner
des Schiffs der Kirche tragen, zwischen den hohen Fen Freude von ihm hcrabzuflehen.
stern des Chors , und selbst auf der diesem gegenüberste (Die Fortsetzung folgt.)
henden Cmxvrkirchc prangten stattliche M ayen (so nennt
der Oberdeutsche mit seinen Minnesängern noch auf den
heutigen Tag die abgebrochenen Zweige und Aestc frisch Bilder aus Frankreich.
ausgeschlagener Birken) ; sie waren durch Kränze von Tan
nenreis mit einander verbunden; ein grünes Gehege faßte Am frühen Morgen betrat ich bey heftigem Regen die
die abgeschlossenen Plätze der Sänger nicht nur, sondern auch französische Kränze bey Forbach. Die Douanic'rs fielen
das ganze Schiff der Kirche sammt dem Platz unter der über mein Gepäck wie hungrige Fliegen her. Zwcy Frank
Smxorkirche ein; besonders reich war der Chor, wo' die stücke ersparten mir indessen die Mühe des Aufschließe»?:.
Sänger standen, geschmückt: hier sah man buntfarbige Forbach war früher der Sitz einer deutschen Reichs»
Blumenkränze, hier zwev mit Blumen umflochtene Levern, grafschaft. Das Deutsch, das hier gesprochen wird, ist das
hier stand die Bühne für den Leiter deö Gesangs und für abscheulichste Kauderwelsch, was mir noch vorgekommen
den Redner, mit Tannenreisern und Blumen geziert, und war. Von hier ging bis ChalonS die beschwerlichste Post-
darüber schwebte eine Art von Blumcnkrone, der eine aufsickt an , die man sich irgend denken kann. Alle Au
zwcvte über den Plätzen für die grauen gegennberhing; genblicke hörte man von de» Gcnsdarmcn das: v«ir«
auch die Eingänge der Kirche entbehrten ihres Schmuckes pssse port! Mit einem von ihnen, der früher an der
an Maven und Kränzen nicht; in den leeren Feilsterhöh- fpanischen Gränze gestanden hatte, ließ ich mich in ein Ge
len des Chores waren Blumengewinde mit den frischesten spräch ein. Er zeigte, wenn auch in etwas edlerem Style
Farben an die Stelle des bunten Glases getreten , das als gewöhnlich, in seiner Person die ganze französische Na-
wohl einst hier geglänzt hatte, und über ihnen blickte durch tionalxhvsiognvmie. Er war von mittlerer Größe, nicht
das Grün wehender Zweige der blaue Himmel herein. Und besonders stark, aber von ausgezeichneter natürlicher Hal
damit jeder Fremde, welcher die Stadt betrat, wisse, daß tung. Seine Gcsichtsbildung erschien nicht schön, aber anS-
hier ein fröhliches Fest gefepert werde, begrüßten ihn drucksvoll, sein Blick war nicht glänzend, aber lebhaft
fchon vor den Stadtthoren Mayen, und Mayen und Kränze ! und frey. Diese Züge haben sich mir immer als die vor-
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herrschenden Elemente in der äußern Bildung der Nation selben keine Vorstellung machen. Ich lachte und erin
bewährt. nerte mich niedrerer in Deutschland gegen daSGeschwornen-
In Bionvillc, einem kleinen schlechten Orte, ruhte ich gcricht erschienener Broschüren, deren Verfasser in der
einige Stunden und lernte hier de» französischen Land- Beschränktheit ihrer Ansichten, nur auf eine umgekehrte
mann zum ersten Mal kennen. Das Dorf besteht aus Weife und bcv fchlechtern Gründen, mit dem einfältigen
zwcv Reihen gemauerter Häufer, die ziemlich nahe anein Lothringfchen Landmann fvmxakhifirten. Nachmittags »m
ander stehen. Die Gebäude sind von vcrhältnißmäßig ho vier Uhr kam ich in Metz an. Der Weg von Saarbrück
hen Wänden umschlossen und von einem stumxfwinklichen bis Metz ist, die ersten Stationen abgerechnet, nicht unan
Dache geschüzt. Ich hatte oft gelesen , daß diese Bauart genehm. Man fabrt fast beständig in einem Bergkesscl, zu
in Italien allgemein sev, nach Frankreich aber brachte ich weilen gebt die Straße höher, zuweilen niedriger, aber nir
die Vorstellung von deutschen Dörfer» mit, die mich gänz- gends sieht und pafsirt man so viele Dörfer als eö am ei
lim gerauscht hat. Ich habe auf dem Wege von Saarbrück ner gleich großen Tour am Rhein der Zall wäre. Die
bis Paris und von Paris bis Straßburg fast gar keine höl Stadt erschien sehr belebt ; die Truppe» waren in Pa
zernen Häuser gesehen. Die Lage der Dörfer ist dabey um rade aufgestellt, und wo Mars nicht blizte, da lärmte Mer
malerisch. Cs fehlt jene angenehme Jsolirung der Ge kur, denn es war zugleich großer Markt. Ich trat in ein.
bäude, die in jedem derselben ein abgeschlossenes, stilles der Messagcrie Lirthshans , nnd fand
Dasevn ahnen läßt. Die Natur selbst scheint an Kraft in dem Saale beneiden eine zablreiche Gesellschaft. Das
und Frische zu verlieren, sobald man Deutschland verlas Geröie ibrer Unterhaltung schallte mir schon von der Straße
sen hat. entgegen. Als ich in die Thürc trat, hörte ich den Namen
Ich nahte Imich einem französischen Landmanne, der, Villele. <?in alter Mann, bürgerlich gekleidet, aber mit
ein Kind auf dem Arm, dem Anspannen zusah, das sein einer militärischen Zeldmützc aus dem Kopf, groß nnd fehr
Knecht besorgte. Ich hatte auf einer Tour von zehn Stun bärtig, sprach mir durchdringender Stimme über die Um
den nichts als Dörfer der beschriebenen Art und in oder triebe der Kongregation, und schloß mit der Phrase: „die
über ibnen nur ein einziges großes adeliges Schloß gese Pferde die hinter den Wagen gespannt werden, um ihn
hen, das auf einer Höhe liegend dem Reisenden sehr be rückwärts zu ziehen, sind gegen die vordren gehalten nicht
deutsam ins Auge fällt. Ich begrüßte den Franzosen und stark genug." Dieser eifrige Redner hatte, wie ich ber-
er dankte mir mit einer Höflichkeit , die man alles gntcn nach erfuhr, in der Marine gedient, war jezt si!erber »nd
Willens ungeachtet selbst in mittlere» deutschen Städten einer der konstitutionellen Wähler von Metz, einer Stadt,
vergebens suchen würde. Ich fragte ihn nach dem Besitzer die gegenwärtig Hein Ministerium ergeben ist. Man er
jenes Schlosses ; es war ein benachbarter Fabrikherr. „Un zählte mir, bcr Präsident deS Ministerrates habe, um
ter der alten Regierung, vor der Revolution," sagte er, diese Anhänglichkeit zu belohnen, dir Besatzung vermehrt.
indem er sich einen Augenblick besann , wie unser Siner, (Die Forsetzung folgt.)
wenn er etwas ans der alten Mythologie erzählen wollte,
und ihm einige Data entfallen wären, „soll cs einmal ei
nem Herzoge von Levis gehört haben." Die Kirche er Korrespondenz-Nachrichten.
schien mir ungewöhnlich klein, ich fragte, ob das Dorf London, Mai.
der Sitz eines Kirchspiels oder ein Filial sev. „Ss wird (Fortsetzung.)
täglich Messe gelesen, aber nnr alte und junge Frauen ge Dieß war nun frenlich von jeber der Fall gewesen . »nd
hen hinein! wir andern," sagte er spöttisch, „kümmern seitdem London stellt, muß an>1> da« Tl'emsewasser durch t!n-
uns um den Pfarrer nicht. Er predigt oft für sich allein." ratl> zcrsezt worden snni ; »nd doch zeigt sich die schädliche
Von dieser Übeln Stimmung und Richtung habe ich später vor Mrkmig dieser Zerscizunq erst seil zel>„ bis zwdlf?a>>rcn. denn
dieser Zeit gab es noct, eine solwr Menge Fische in dem
noch auffallendere Bevspiclc erfahre». Eine Menge Bettler Flusse, daß zwischen Richincnd »nd Dertford Ii», Fischer Be
umringte den Wagen, die Aeltercn sagten Psalmen auf latei schäftigung und Nal'rung fanden, an manwen, Tage 5».mis>
nisch her , die Jüngern beteten in der Landessprache, aber Fische. Smelti genannt, auf den Marli gebracht, und im
Laufe dcS Jabrcs an 5i»m Salme gefangen wurden, welche
immer mir dem höflichen Ansätze : »'il ,»u» pl«>«. Ich lcztcrc ilivcr Güte wegen besonders H euer bezablt wurden.
saß im Coupe, dem besten Platze, neben mir ein Landmcknn Ader Smelti finden sich jczt nur noai wenige . und die Salme
mit seiner Frau, beydes geborne Franzosen, aber von find ganz verschwunden. Vor ei» Paar IaI'ren erdlielie man
deutscher Herkunft und der deutschen Sprache mächtig. noch l'ier und da ?isci,e. die il're Köpfe au? dem Nasser »oben,
Die Fr,,» ekknndiqte sich viel nach Berlin , daö sie bestän »nd fiel, in Todesangst auf das UfergraS zu werft» sumie»!
aber auch diese» traurigen Anblies bat man jezt »ictit mei>r,
dig das deutsch'' Paris nannte. Der Mann forschte nach und brvnalie alle Tl'cMscfischcr in der Nabe von London daben
dem Zustand unserer Gerichte, und konnte sich, da er jl,r Handwerk aufgegeben. Die Aale, deren in Landen eine
nur das System der Jury kannte , von dem Gange der große Menge verzehrt wird, nud die man sonst bäufig in
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der Tbemsefanö. müssen jezt »ou Friesland hergebracht wer rung der Opernmusik gebraucht worden sind. Nach Rossini
den. Sie kommen in Schiffen, welche im Raum mit Kosten sieht der Verfasser keine Veränderung mehr möglich, mau
versehen sind, durch welche dos Wasser eine» freuen Zufluß müßte denn zu der einfachen Begleitung mir einiaen Violinen
l,at. Seit einige» Jahren aber hat man bemcrkr. dag, sobald und einem Basse zurückkehren, wie die ersten Italien» iure
die Schiffe in die Nähe »o„ Greenwich kommen , die Fische ans Oper» sezten. Rosm« . heißt es , bat den ganze» Umfang der
fangen zu kränkeln, aus dem Wasser herauszukommen suchen, Tonkunst erschöpft; darin ist er Mozart überlegen, daß n
fleckig wie Schlangen werden und zu Tausenden sterben. Alle besser die Kunst »«'steht auf das GcmürK der Menge z» wirs
diese Thatsachen sind nach der so eben geschlossene» Untcrsu- ken , und sich allgemein beliebt zu machen. Hat er eine uw
chung als beglaubigt »ors Parlament gebracht werden; und erwartete Wendung, einen ungewöhnlichen Zug anzubringen, so
obgleich die Meunung der zu Rothe gezogenen Aerzte hin« wieberholt er >Kn unter so mannigfaltigen Gestalten , daß die
sichtlich der Wirkung des Vergiftete» Elements «uf den Men Zuhörer sich mit dein Neuen, Auffallenden vertraut machen.
schen getbcilt sind , so zweifelt doch fast Niemand, daß diese Auch läßt er nie die Aufmerksamkeit ciuschlummcrn , welches
HöllenbrüKe nicht gesund scyn könne. Als Ursache» dieser beu einer langen Oper sonst fast unvermeidlich war; feine
Zersetzung eines sonst so guten Wassers gibt man anl die Stücke sind beständig voll Bewegung , Leben, Geräusch. Ab,
schnelle Zunahme der Bevölkerung und folglich auch des Uns wechslung; » reißt denLuvörcr von einem Erstaunen zum
rorhS, die Einführung der Wosscrabtrirte , wodurch der Uu- andern hi» , und läßt ihn nicht zu Gedanken kommen , als bis
rath, welcher fönst als Dünger auf die benachbarten Wiesen das Stück , das il,u in Entzücke» gcsezt hat, zu Ende ist. U» ^
geführt zu werden pflegte, mittelst der Cleaken in den Fluß ber de» häufigen Gebrauch der Trompeten und anderer BlaS,
geführt wird, die Vermehrung der Fabriken, besonders aber instrumente in den Rossinischen Opern spaßen die kleiner« Po«
die Anlegung der großen GoSfabrikcn, deren Abgang auf der riser Journale beständig. So erzählt eins derselben , man
Oberfläche hcrumfchwimmt , und dem Auge und dem Geruch habe Rossini gefragt, ob er die alten Fiaker oder die neuen
gleich unangenehm ist, endlich das Auf- >mb Abfahren der Omnibus vorziehe, worauf Rossini geantwortet, er Kalte es
Dampfschiffe, welche den eckelhofteu Auswurf der fchon genann mit den Omnibns, weil bey diesen unreiner Trompete dasZeir
ten I4Z Mündungen, welcher sich fönst vielleicht unschädlich chen zur Abfahrt gegeben würde. Ein anbcres will wisse»,
zu Bode» fetzen würde, beständig onfrühren. Ohne Zweifel daß die Nachricht von Rossinis baldiger Abreise sich in Pari«
wird man also das fernere Schöpfen aus der Themse aufgeben ; verbreitet und im Preise scS Wcrssings ein Sinken von zehn
wie man aber denjenigen Tkcil der Stadt , der bis jczt seinen Prozent bewirkt habe. Ich glaube aber schwerlich , daß Rossini
Wasservorrath von derselben empfängt , mir diesem unentbehr ernstlich daro» denkt Paris zn oerlassen, denn wo anders würbe
liche» Bedürfnis! versehen soll, ist noch nicht entschieden; ohne sei» Verdienst so anerkannt , gefeuert und bclolmt werden als
Zweifel wirb , da die Regierung sich nicht damit befassen will, »icr ? Von hier ans beherrscht er ja gegenwärtig so zu sagen
eine Privatgesellschaft gebildet werde«. Man hat bereit« eine die ganze Opernwelr. Alle großen Künstler Europas erscheinen
Menge Plane vorgeschlagen . wie dieser Zweck zu erreiche» fey, hier nach und »ach und zollen il'in den Tribnt ihrer Bewunderung.
vor alle» aber verdient der des bekannte» Malers Martin Bcv Hofe nnd in den großcn Gesellschaften wird scineGegenwatt
Aufmerksamkeit, nicht nur wegen seiner Ausführbarkeit, sondern nachgesucht und dient znr Verherrlichung musikalischer Feste;
auch wegen der damit verknüpften Winke, wie das von dem die ausgezeichnetsten Sängerinnen, die jczt leben . traten eine
Flusse Solnc herbcvzuführende Wasser zu cinem großen, öffent nach der ander» liier auf, um durch seine Opern das Publikum
lichen Bad und zur Verschönerung der Parks und königlichen zu entzücken. Auch andere Theater nehme» seine Musik auf,
Gärten benuzt werden könnte, ein Plan, welcher besonders dar und vo» allen Seiten erschallen Rossinischc Singstücke uud Rof-
um Beachtung verdient, weil es wahrscheinlich keine große siiiischc Musik; sogar die Tanzorchcster haben sich derselben be«
Stadt gibt, die ben so großer Leichtigkeit ilm sich zu verschaffen »nächtigt und sie in Contrctänze verwandelt. Wer wird nun
des Wasscrschmucks so fckr entbehrt. Manche behaupten, baß durch den große» Maestro dereinst ersetzen? wahrscheinlich Wirdes ein
tiefes Bohren i» den Mergel, welcher die Grundlage des noch größerer Maestro scun müsse». So sehr indessen Rossini iu
ThcmfebeckenS bildet . anf die leichteste Art eine unversiegbare Paris gefeuert wird , und fv ougerorbcntlichcn Bcyfall auch
Wasserfülle zu gewinnen fey» würde, seine Opern erhalten , so ist man dcökalb doch nicht »ngerccSt
gegen andere große Meister. Dicft zeigt sich bep den Kon»
Paris, 10. Mai. zerten, welche das Musittonfervatorium gibt, oder welche ro»«
(Fortsetzung.) nigflcnS in dem großen Konzcrtjaale dieses KonscrvatoriumS
AlS Dem. Sontoq zu London das erste Mal auftrat, wurde gegeben werden. ES haben sich nämlich die Meister nnd Schü
die Parlamentssitz»»« des Abends früh geschlossen, damit die'Hcrrn, ler, welche zum Konservatorium gehört haben oder noch geht-
besonders die reiche» LordS , doch den gkiiußrcichcn Abend im rcn, mir einander vereinigt, um alle vierzehn Tage im Frühjahr
Theater nicht zu versäumen brauchten. So weit' geht der Di ein Konzert zu gebe» ; dcnErtrag derselben tbeile« sie unter einou-
lettantismus oder vielmehr die Neugierde in Paris doch nicht; der. Die ausgezeichnetsten Virtuosen, die Paris bcsizt. lasse» sich
hier ist man schon mehr an große Virtuosen gewöhnt, uud rb- hier hören. Ei»S der ersten dieser Konzerte hatten sie dem Ange:
scho» es bep den Darstellungen der Sontag so voll war wie dcnke» Beethovens gewidmet, und es bestand ga»z und aar
jezt bcv denjenigen der Malibran-Garcia, so wäre» doch dcß- aus BeetKoveusche» Stüekcu , Sumphonicn . Konzertos . Ora
weacn die andern Theater auch nicht leer, und außerdem wa torien u. s. rr. Den Anfang machte die heroische Snmpheuie,
ren der Soirecs und Konzerte eine Menge. Schwerlich werde» die so gefiel , daß sie bei»» nächste» Konzerte wiederholt wer?
Irgendwo anders die Rossinischc» Overn so vollkommen aufgeführt, de» mußte. Dann wurde auch eines jener Konzerte dein An
b«ondcrs was das Orchester betrifft, als liier unter den Au denken Mozarts gewidmet und bestand olei>l,fa!IS ganz ans
gen de« Tonkünsttcrs. Eins der unter dem Namen Kovuc, Stücken , die aus Mozar:s Werken ausgewählt werde» waren.
neu entstandenen Journale hatte neulich einen merkwürdigen Solche chrcstomalhischc Konzerte gefallen jedoch den Kunstkennern
Aussäe über Rossini uud seine Kompositionen. Der Verfas mehr als der großen Menge , die Abwechslung haben will , und
ser fragt, was das Schicksals der Oper künftighin scun werde, eine verständlichere und abfälligere Musik vorzieht.
seitdem allmähliq alle möglichen Instrumente ins Orchester auf (Der Beschluß folgt.)
genommen worden, und zur Verstärkung oder znr Verände- B e v I ag e : Kunstblatt Nr. 4L.
Verlag der I. G. Colt« 'scheu Buchhandlung.
N°. 1?9.

M v r g e n b l a t t

f ü r

gebildete Stände.

Dienstag, 10. Juni 1 8 2 8.

Willkomm?«, Willkomms«
Am Rebengeflade,
Dn freundlicher Tag!
Dir tbnt die Harfe
Mit festlichem «lange!
Matthisson.

Das Lied er fest zu Eßlingen. Und bald, wie Staufens großen Söhnen
Verlieben wird ihr Haupt zu krönen,
(Fortsetzung.) Und nun die Schwaben Meister sind.
Nach dem einlnrrnden Gesäuge betrat Professor Gust. Da dehnet sich die enge Klause,
Da wurdest du im Kinigshausc,
Schwab, Mitglied des Stuttgarter Liederkranzes, die O Stadt! ein svrgenfrepes Kind.
Rednerbühne und sprach den Prolog, den wir hier unmit Der RotKbort baut an deinem Tburme '),
telbar folgen lasse«. Der PKilipp nimmt in Kampf und Sturme
Doch deiner jungen Mauern wabr »).
Prolog. Des größten Friedrichs Adler schmücket
Au fevcrn einen Schmaus dem Ohre Dein graues Thor und nnverrücker
Durchzogen wir bekränzte Tbore, Bewacht es noch sein Löwenxaar ').
Gleich Kämpfern auf olnmx'schcr Bahn i O Zeit des schwäbischen Gcfangcs!
Den Musen, wie in alten Tagen, Da rauschte brüderliche» Klanges
Ist hier ein Lager aufgeschlagen, Das Lied zum Necrarwellcnschlag;
Zum Wetrsang strömt das Volk heran. Sin Meister war auch dir gegeben.
Wie beißt die Stadt, zu der wir wallen. Du Stadt der Blüthen und der Reben,
Mit ibrcn Thürmen, ihren Hallen? Der sang von deinem Maientag
O hält' ich einen Pindarsmund! Auch dieses Haus ward jezt gegründet.
Wie flösse mir am Tag der Lieder In dem sich unser Lied entzündet;
Die Hvmne von der Lippe nieder.
Und lhüt' ihr Lob den Horchern kund!
1) Mündliche Sage, durch die tliellweise Bauart der Haupt»
Srst eilt des Neckars leise Welle kirche und il,rer Tburme wahrscheinlich gemacht.
Vorbeo an einer kleinen Zelle, 2) ?tto IV. verleibt Eßlingen da« Skadtrecht 120«. Sein
Drin ruht ein Heiliqcnqebein '): Segenkdnig Pi'ilipp hält daselbst ReichSversammlung. 1202.
Doch schon ist eö ein Play der Ehren,
Und mit des Reiches Glänze kehren Z) Kaiser Friedrich U. umfing Eßlingen mit Mauern und
Schon deutsche Könige hier ein '). Graben. Noch fleht von ihm da« „Wolf«rhor." über dessen
Vogen ein Adler . zu beyden Seiten de« Thorroeg« zwey in
1> Die Pfarrkirche »on Eßlingen war ursprünglich eine Zelle, Stein «»«gehauene Kdwen, da« Wappcnsumbol der Herzoge
in welcher die Gebeine de« Märtyrers Vitalis ruhte», »on Schwaben.
2) Der Segenkdnig Rudolph hält eine Versammlung in Eß 4) Der Schulmeister »on Esselinqen, Minnesänger, (Maness.
lingen im Jahr 1077. II. 9Z f) singt „vom lichten Maienschein."
554
Der Staufs Heinrich baut' es aus ') ; Und alles Schöne muß gedeihen.
Doch fiel er vom geraubten Tl>rone, Die Künste blühn, die Bürger reihen
Da nahm sein Weib vom Haupt die Krone, Sich ein zum wackern Meistersang '),
Und trat mit ihr in dieses Haus. Und lieblich läßt die Stimme tönen
Ein Heller Chor von deinen Söhnen,
„Ihr Mönche! gebt dies Gold den Armen, Gelehrig , zu der Orgel Klang °).
Ihr Mönche! flehet um Erbarmen,
Fleht für die Seele meines Herrn !« — Zwar kam noch Manches, dich zu quälen.
Werth ist dicß Weib, daß man fein denket. Wovon die Enkel noch erzählen,
Das auch der Krone Gold verschenket. Und Krieg') und Pest') ging über dich:
Als unterging der Ehre Stern. Doch blieb dein stattlich Bürgcrleben,
Und dein erfinderisches Streben
Bald bleichten, Stadt! auch deine Sterne, Rührt fröhlich an dem Strome sich.
AIS nun ein Henker in der Ferne Und auch vom Berg dein Nachbar droben.
Das>,Beil für Staufens Enkel schliff; Mit dem sich Fehde lang erhoben '),
Da sang der Meister deiner Schule: Hat dir an Ehre nichts geraubt ;
Cr warnte Gott auf seinem Stuhle, Sein glücklich Kind bist du zu schauen °),
Als Habsburg nach der Krone griff '). Du lehnest dich, mit Selbstvertrauen,
Doch war in dem kein Feind gekommen. Geschirmt an sew gekröntes Hanpt.
Ein Pürgerfreund, ein Freund der Frommen; geig' immer stolz dein Prachtgelände,
Dir wurde Rudolph herzlich lieb '). Die schmucken Werke deiner Hände '),
Cr baut an Kirchen dir und Brücken, Dein Thal vom Segen Gottes voll.
Cr stärkt die Burg in deinem Rücken, Und deine grauen Altcrthümer,
Cr sichert dich vor jedem Dieb. Der Burg und der Kapellen Trümmer,
Da wardst du groß im Lauf der Zeiten, Die Kindcskind noch schauen soll.
Und um dich buhlen, um dich streiten Du pflegst auch unsres Liedes Blüthe,
Zwecn Könige mit Heeresmacht '). Nimm unstrn Dank für deine Güte,
Sie sprengen in des Neckars Fluten > Für gastlich aufgethones Thor.
Mit Roß und Mann, die Wasser bluten — Den unfern soll dein Chor durchdringen,
Im Frieden schaust du auf die Schlacht. Es hall' ein rein, ein kräftig Singen,
Ein Lvbgesang in Aller Ohr!
m Frieden baust du kühn aus Quadern
>ie Kirche 2), die den Ast von Adern, 1) Auch in Eßlingen bestand eine Meistcrsangerschule.
Den schlanken Thurm zur Höhe treibt; 2) Or. Lucas der ältere gründete im Jahr 1598 das Alum:
Cs stebn die hellen Fensterbogen, «cum zu Eßlingen , dessen Zöglinge hauptsächlich in der Kir,
Mit lichten Bildern überzogen. chcmnusik unterrichtet wurde».
In deren Glas die Sonne bleibt. 5) Melac's Einfall im Franzosenkriege von 1638; im Re»
Nun waren deine Tempel fertig volutionskriegc das Treffen bey Eßlingen am 21. Juli 17SK.
Und ihres Gottes neu gewärtig ; 4) Im Jahr 1564 »nd 1614.
Da zückt herein der Morgenstrabl, 5) Die Grafen von Württemberg lebten in beständigen Krie«
Crneut, gereinigt ist der Glaube, gen mit der Reichsstadt Eßlingen. S. hierüber , wie über da»
Es reifer deine dunkle Traube bisherige: Geschichte der Sladr Eßlingen von I. I. Keller,
Jezt für den Kelch im Abendmahl «). Pfarrer in Pleidelsheim, 1814.
6) Seit 1802.
7) Eßlingen I,at ausgezeichnete Fabriken.
1) Das Prebigerklostcr, von Heinrich VN. im JaKr 12ZZ gebaut. (Der Beschluß des Aufsatzes folgt.)
Als er 1255 wegen Emxbrunq gegen seinen Water obgesczt,
in einem Gefängnisse den Tod fand . gab seine Gemahlin Mar:
garita ihre Krone dem Prior des Predigcrklostcrs in
Eßlingen, um sie unter die Annen auszutheilen. Die Abenteuer Hajji Baba'S. «)
2) L«I> nu eiek öinem stieks . , (Fortstynng.)
^1»« 6»5 ckir nit erkcklickv
Oiuen Nimel «ne «er. So lange wir uns in der Nähe des Landes befanden,
8cK»Ii». v. I?5»el. konnten wir begreifen, wie Seefahrer ihren Weg finden
.. .. «. können; allein sobald völlig Alles, ausgenommen Him
Z) Die Bürger nannten ihn zulezt immer ihren lieben mel und Wasser, aus unsern Augen verschwunden war,
Kaiser.
4) Ludwig der Bayer und Friederich von Oesterreich im Jahr ") Um Irrung zu vermeiden , bemerken wir , baß das Buch :
^äventurei «k llsjji ösb« «s IspoK»» i» Lnzlonö, »so»
1516. rier, das in Edinburgh und in einer Uebcrsegung in ber J. G.
5) Die Frauenkirche mit ihrem herrlichen , durch Quaglio's Cot ta'schen Buchhandlung erscheinen wird , eine Fortsegung
Zeichnung allbekannten Thurm, erbaut im Jahr 1440. des Buchs ist. das unter dem Titel: Hajji Baba's Aden»
6) Eßlingen reformirte seit 1522. teuer in Deutschland schon seit 1824 bekannt ist.
was konnte sie da leiten? Indessen fingen wir an, einige Länder außer der Türkey und Persien gebe, und wir streng
Aufklarung über diesen Punkt zu erhallen, da wir an dem ten demnach, vereint mik den englischen Astrologen, un
Tage, wo wir zuerst das Land aus den Augen verloren, sere Augen an um das rand zu entdecken. Endlich, gerade
entdeckten, daß daS Schiff voll Sterndeuter war. Unge als eben die Sonne sich ins Meer gesenkt hatte , erschien
fähr um Mittag erschienen mehrere junge Leute, die wir ein Streif am Horizont, von welchem Jedermann ver
als bloße Müßiggänger betrachtet, mit dem Astrolabium sicherte es fey Land, und man rief mich, um mich von der
in der Hand auf dem Verdeck und beobachteten die Sonne. Genauigkeit der Astrologen zu überzeugen. Mohamed Beg,
Sogar Knaben handhabten dicß Werkzeug der Weisheit; der sich feiner eigenen Mepnnng nach für einen vollkom
und nach der Art zu urtheilen, Wieste unsere Fragen beant men fo wichtigen Mann als Abu-Mazer, *) der Vater des
worteten , schienen sie vollkommen überzeugt, daß wir auf Gesprächs, hielt, zweifelte, und versicherte alle, die ihn an
dem rechten Wege und die Sterne nnserm Unternehmen hören wollten , seine Wissenschaft habe große Vorzüge vor
günstig seven. Mohamcd zog, um nicht unwissend zu der unserer englischen Seeleute, da er im Stande sev vor
erscheinen, ebenfalls fein Astrolabium hervor, allein es Dingen zn bewahren die man nicht sehen könne, während
gelang ihm keine der Beobachtungen, die er in Jspahan die Engländer nur die Erscheinung sichtbarer Dinge vor
anzustellen gewohnt war, denn er erklärte uns, die Ge auszusagen vermöchten. Und ich erinnere mich, daß Mo
stirne haben sich verändert, und die, welche er jczt fehe, hamed Beg bev dieser Gelegenheit einen merkwürdigen
sel'en von denen in nnserm Vatcrlande völlig verschieden. Streit mit dem Mehmandar hatte ; als dieser versuchte,
Wir »ermittbeten jedoch, daß die Wissenschaft der Fran unS den Zweck der täglich um Mittag angestellten Beobach
ken eine andere «IS die unsrige sev, und sie bemühten sich, tungen zu erklären , versicherte er , diese Erde , ans der
uns den Unterschied zwischen Astronomie und Astrologie be wir stünden, drehe sich um die Sonne, und doch ist es
greiflich zu machen. Obgleich wir unsere Schlüsse augen eine wohlbekannte, und von allen Gelehrten in Persien
scheinlich aus derselben Quelle herleiteten, so schienen doch seit Jemschends Tagen angenommene Thatsache, daß die
unsere Zwecke nicht dieselben zu sevn; denn da der Gesandte Sonne nichts anders zn thun hat, als sich um uns Kerum
sich nicht wohl fühlte und Arzucv z» nehmen wünschte, so zn drehen. Ich kann mich nicht genau auf «Urs besinnen,
sandte er zu einem dieser Sternseher und ließ durch den waS bende über diesen Gegenstand sagten , allein so viel
Medmandar fragen , ob die Himmelskörper einem solchen erinnere ich mich, daß Mohamed Beg, den die Nenbeit
Vorhaben günstig seyen? Er erhielt zur Antwort, daß der Bemerkungen deö McKmandar verwirrte, die Unterre
ihre Wissenschaft sich nur auf die Bestimmung der Länge dung abbrach und mcvnte, wenn er sich in Pcrsien auf
und Breite des Schiffs erstrecke, und das sie noch nicht feinem eigenen Boden befände, würde er bald unbestreit
gelernt hätten, welches der beste Augenblick sey, um den bare Gründe für die Wahrheit seiner Behauptungen auf
Magen Sr. Srcellenz zu kuriren. Dieß gab in unfern finden können.
Augen Mohamed Beg ein gewisses Uebergewickt, indem er (Die Fortsetzung folgt.)
dev dieser Gelegenheit ganz keck nach einer besondern Be
rechnung entschied, daß Aderlassen ^ind Abführen im ge Abu Mazer bedeutet auf Arabisch : der Vater de? Ge
genwärtigen Augenblicke mit villiger Sicherheit vorgenom spräch« ; er war ein gelehrter Astronom und Astrolog und ist
in Europa unter dein Namen Att'mnazcr bekannt.
men werden könne.
Wir konnten uns indessen immer noch nicht von un — >
serem Erstannen erholen , wenn wir einen Hänfen unbär
tiger Knaben mit der Astrologie beschäftigt sahen. WaS FrühlingSzug.
in unserem Lande das Geschäft erfahrener Männer ist, die Aus dem Felsen fort in Ferne
ihr ganzes Leben mit Beobachtung der Sterne und Haben Quellen sich ergossen,
der Bestimmung passender Stunden für jede Hand Blumen sind emporgeschossen
Auö dem grünen Gras, wie Sterne.
lung in dem Leben eines Menschen zugebracht, ward hier
von bloßen Kindern unternommen. Man versicherte mir, Bienlein sind davongezogen
Aus des Stockes engen Räumen,
daß einer diefer Beobachter mit dem Astrolabium in der Vögel sind aus grünen Bäumen
Hand mir bis auf eine Meile genau den Ort, wo wir unS In die blaue Luft geflogen.
auf der Erde befänden, anzugeben vermöge, und um Ach! wenn so mit tausend Freuden
dieß zu beweisen, brauche er unS nur die Zeit zu bemerken, Alles flicht in weite Ferne,
wo wir Land sehen müßten , es werde dieß , wie man er Möchtest, Seele, du nicht gern«
warte, diesen Abend bev Sonnenuntergang der Fall sevn. Aus dem engen Leibe scheiden?
Da wir nun mehr als eine Woche auf der See gewesen, «. Schöll.
verlangte uns sehr uns zu vergewissern, od es denn wirklich
L56
Korrespondenz-Nachrichten. migkeit u. s. f. nur Verstellung sey . auf daß nicht auch der
Zuschauer getäuscht werde. Vor allem aber ist anzuerkennen,
Berlin, April und Mai. daß Herr Devrient seiner beliebten Weise, jeden Ausdruck der
(Fortsetzung.) Schlechtigkeit und Gräßlichkeit inS Ertrem hinüberzuspielen,
Wir müssen nun der bedeutendsten Erscheinung auf bn gänzlich entsagt hatte.
königlichen Bühne Erwähnung thun , de« Smkcspearschen Ri (Die Fortsetzung folgt.)
chard des Dritten. Schon seit viele» Jahren hatte sich Herr
Devrient mit diesem Charakter beschäftigt, der dem Kreise »on Paris, 14. Mai.
Nolle» , in welchem dieser Künstler sich am meisten als Mei
ster zeigen ,u könne» glaubt, angehört. Er wollte seinen (Beschluß.)
künstlerischen Werken die Krone äusseren. Franz Moor, Schylok Beethoven ist während seiner Lebenszeit von den Franzo
konnten alS Vorstudien gelten. Als August Wilhelm von sen nicht nach Verdienst gcschcizt worden. Die Haydnschen
Schlegel im vorigen Jahre in Berlin war, ward die Sache nä Spmphvnien waren im ausschließlichen Belage des RechtS, die
her vesprvchcn, dem De. Fr. Förster war die Bearbeitung über großen Konzerte zu beginnen , und erst seitdem diese so zu sa
tragen , und als die Direktion endlich auf eine geschickte Weise gen abgenuzt und verbraucht worden sind, hat man sich nach
ersonnen hatte, wie die Geister im lezten Akt erscheinen , wie andern Meistern umgesehen, und da ist denn die Wahl auf
Richards und Richmonds Zelte zu gleicher Zeit gesehen werden Beethoven gefallen, dessen Riesengeist erst nach und nach den
könnten , lag dem Unternehmen keine Hauptschwierigkeit mehr Franzosen klar wird. Die Kunstkenner setzen nun schon einen
im Wege , denn auch über das Kostüm konnte man sich bald ver hohen Werth auf seine Kompvfltionen , die Popularität der für
einigen. Dennoch verging fast noch ein Jahr, ehe die Auffüh Jedermann faßlichen Haydnschen Svmphvnien werden sie jedoch
rung nach wenigen unzulänglichen Proben zu Stande kam. in Frankreich nimmer erlangen. Für den Gesang ist in den
Eine erste Aufführung ist bcy uns die Generalprobe , vor dem lezten Jahren eine Anstalt in Paris emporgekommen, die
Publikum gespielt. Leider mißlang diesmal die Generalprobe. Hr. bereit« vieles leistet. Ein Hr. Choron, der schon lange eine
Devricnr, durch zufälligen Acrger kurz vor dem Auftreten ver Singschule angelegt hatte, und sich keine Mühe verdrießen
stimmt, außerdem heiser, konnte die schwerste aller Rollen nicht ließ , um dieselbe zu erweitern . hat es endlich so weit gebracht,
mir der Energie, wie er wohl wünschte, durchführen. Fast daß ihm von Hofe aus Unterstützung zu einer großen Sing
zur Darstellung keiner andern Rolle bedarf der Schauspieler akademie für kirchliche Musik bewilligt worden ist. Gegenwär
so sehr der Fähigkeit, vom einschmeichelndsten Flüstern an bis tig besteht die Anstalt aus 150 Kindern, sowohl Knaben als
zur höchsten Wnth und zur Angst der Verzweiflung hin alle Mädchen , wovon vierzig auf Kosten des Hofes dort ganz frey
NKanccn der Stimme stets zn Gebote zu haben. Diese Fä gehalten werden. Die andern wohnen nicht in dem Jnstirute,
lligkeit ging Herrn Devrient durchaus ab , er mußte sich übers sondern genießen nur den täglichen Unterricht. Choron hat
schreye» , stieß die einzelnen Worte abgebrochen und heiser ver den ganzen Winter hindurch Wintcrkonzerte gegeben, diesehr inter
sus , und c« mißlangen ihm gröhtentbcils die Scencn, i» wel essant waren , denn man Körte hier Stücke von Händel, Corelli
chen Richard zu zeigen hat, daß er auch das Hcldensch.vcrdt und andern Meistern »ortragen, von denen man höchst selten in
zu fKKren wisse. Das Ganze schleppte, die hervorstechend Paris etwas zu hören bekömmt, und Chöre von etwa achtzig
sten Scencn gingen eindruckslos verloren. Denn Elisabeth, Zungen und friscnen Stimmen sind auch etwas nicht gewöhnli
EouaroslV. Wittwe, Mad. Wolff, und die alte York, Mad. ches bi«, denn die Theaterchdre sind selten gut besezt. Es ist
Kriclcberg, sprachen so leise, so ohne alle innere und äus sehr zu wünschen, daß die Choronsche Anstalt dauernden Be
sere Energie, und Mad. Schröcks sanfte, melodische Stimme stand haben möge; leider aber haben wenige Menschen so viel
paßte so wenig zu den wilden, schmerzlichen Flüchen der al Beharrlichkeit als Choron , und nach seinem Abgeben stekt zu
ten Margarethe , daß besonders das Klage - und Fluchtrio im befürchten . daß sich die Anstalt nicht lange wird erkalten
vierten Akt das Publikum fast zum lauten Ausbruch der Un können. Auch sieht man nicht wohl ein, welche Aussicht der
geduld gebracht hätte. Nur der Name Shakespeare, schien es, Choronsche Unterricht, der sich hauptsächlich mit geistlicher
hielt die gebildeten Berliner zurück. Und da denn schließlich Musik abgibt, den Zöglingen der Anstalt verschaffen kann, denn
Rimnvnd und die Geister mir Musikbegleitung kamen , nahm außer der kdniql. Kapelle gibt eS keine andere besoldete dieses
alles »ach halb eilf Ulir ein gutes Ende. Der allgemeine Grund: Faches. In Frankreich liebt man auch keine Musik in de»
to» dieser Aufführung war der der Mattigkeit und der Unsicher Kirchen. Man müßte damit anfangen, den französischen
heit gewesen. Dennoch hatte das Publikum mit gespannter Geistlichen selbst in der Tonkunst zu unterrichten und ihnen
Aufmerksamkeit zugehört und seine Teilnahme, wo eS nur einigen Geschmack dafür bcyzubringen suchen, Vcrmuthlich
irgend möglich war . laut genug bewiesen. Die zweyte Auffüh aber wird die Choronsche Schule dieselben Dienste leisten, wel
rung gelang be» überfülltem Hause , nach vielfachen Abkürzun che ehemals die Schulen der Singknaben be» den Domkirm.'n
gen, eingeschobenen Verdeutlichungen und schnellerem, mein- leisteten; aus diesen Schulen gingen nämlich zwar manche Sing
andcrqreifcnderem Spiele bedeutend besser. Besonders Herr knaben hervor, allein diese Sinqknaben betraten oft späterhin
Devrient war kaum wieder zu erkennen. So weit sie es noch die TKeatcrbühnen und wurden Opernsänger; einige gaben sich
vermag, stand ihm seine Stimme durchaus zu Gebote, er brauchte au^ mit dem Tonsetzcn ab und schrieben für Kirche und Thea
weniger ausschließlich nur mit den Augcnbraunen , der schiefen ter. Mehrere ausgezeichnete Sänger der großen Oper in Paris
Schulter, dem lahmen Beine und den Augen zu spielen, und sind in den Domschulen gebildet worden. Obscho» also die Be
nur gegen den Schluss hin mußte er sich mit Schrcpen helfen, förderung frommer Andacht der Zweck derjenigen ist, welche das
indem er in die Manier verfiel, mit welcher er die Gewissens Choronsche Singinstitnt befördern und unterstützen, so ist es doch
angst im Majorat zu spielen pflegt, und die auch »on seinem -wahrscheinlich, daß die Theater mehr Nutzen aus demselben zie
Osstp u. s. f. her bekannt ist. Dagegen gelangen ihm beson hen werden als die Kirchen. Li« vo« von vobi»,
ders die Sccnen der Heuchele«, so daß in der That die naiven D g.
Erklärungen nicht als übcrflKKig erschienen, in welchen der
Dichter nach jedem solchen Auftritte den Richard selber sagen
läßt . daß seine Demuth , seine Güte , Verträglichkeit , Fröm B e y l a g e : Literaturblatt Nr. 47.
Verlag der I. G. Cvtta'schen Buchhandlung.
M o r g e n b l a t t

gebildete Stände.

Mittwoch, 11. Juni i 8 2 3.

Prüft da« ««schick dich , wciS e« wovl warum ?


Es wünschte dich enthaltsam; folgt stumm:
Goethe,
»estbstlicher !y>»a».

Di« Abenteuer Hajji Baba'S. niß erkauft zu haben, und er sezte noch hinzu, eine An
zahl von Glocken, wie wir sie in diesem Augenblicke läuten
(Fortsryung.) Hirten, möchte ein artiges Einkommen für emeo von deS
»m nächsten Morgen befanden wir uns ganz nahe an Schachs Söhnen abgeben.
den Küsten einer Insel, die man Malta nennt, und wel Sobald das Schiff vor Anker lag, war das Erste, da?
che früher, wie der Mehmandar uns sagte, einer Bande wir uns anschickten ans Ufer zu eilen; allein wie groß
fechtender Derwische zugchirte, deren einziger Ledenszweck war unser Erstaunen und vnser Unwille, als man unö
darin bestand, unnatürliche Gelübde abzulegen und gegen sagte, daß eine unmittelbare Landung nicht erlaubt sev,
die Kinder des wahren Glaubens zu fechten. Eines und daß wenigstens vierzig Tage über unser Haupt gehen
ihrer ersten Gesetze war, nicht zu heirathen; wie konn müßten, ehe man uns für rein erklären könne. Kaum
ten sie also fortdauern ? Hätte man ihnen auch nur die hörten wir dieß, so geriethen wir in gränzcnlose Wuth,
Hälfte der Weider erlaubt, welche der Prophet seinen und begaben uns alle zu dem Gesandten, um ihr freven
Nachfolgern vergönnt , vielleicht blühten sie noch jezt. Lauf zu lassen. „In Allah's Namen !" sagte ich als Spre
Die Begierde, mit welcher mir die Küste betrachteten, als cher der Uebrigcn, „sind wir so weit hergekommen, um
wir in den Hafen segelten, laßt sich bcsscr begreifen als hier unrein genannt zu werden? Wir sind Muselmän
beschreiben. Wir sahen neue Männer, neue Weiber, neue ner; biS auf diesen Tag haben wir von nichts Unreinem
Gebäude , wir hörten eine neue Sprache und neue Tone. gehört; wir können durch nichts unrein geworden sevn als
Wenn sich alle Karavanen, welche durch Persien und Ara durch die Befleckung, der wir durch unser Leben unter die
bien ziehen, versammelten, so würde der vereinigte Schall sen Christenhundcn auSgesezt gewesen. Im Namen des
ihrer Glocken nicht das ewige Geklingel übertönen, das Propheten ! wir wünschcn »ach Persien zurückzukehren.
sich von den zahlreichen MinaretS hören ließ. Jsmael Beg, Wenn es Such nicht vergönnt ist, hier zu landen, so wird
derNazir*), bemerkte sehr richtig , daß dieser Umstand man Euch dieß noch viel weniger in England erlauben,
allein schon unsere Ankunft in einem christlichen Lande be da jenes ihre vorzüglichste Besitzung ist, anf welcher der
weise, weil sie Kicr ihre Glocken nach Gefallen läuten, wäh Fuß ihres Thrones ruht.« — „Ihr redet nicht unrecht,
rend kein Hund unter ihnen eS wage» würde, dieß in un Hajji Baba,^ sagte der Gesandte zu mir in einem ruhi
fern Städten zu thun, ohne vorher die gehörige Erlaub- gen Tone, der ihm nicht gewöhnlich war. „Auch ich bin
aufs höchste erstaunt, allein das Geschäft deS Schachs muß
HauSliofmeifl«. vollbracht werden ; Koth in seinem Dienste zu essen, wird
55S
von nun an unser täglich Brob seyn, und wir müsse» es essen Bilder aus Frankreich.
und noch dazu sagen. Dank sep Allah! Der MeMandar
(Fortsetzung.)
hat mir die Ursache dieser Anordnung verständlich zu ma
chen gesucht. Er sagt, es sep eine Vorsichtsmaßregel ge Während des Mittagcssens sangen zwey junge Harfe
gen dienest , und in allen Reichen von Frangistan dürfe nistinnen. Sie hatten keine üblen Stimmen, aber die
man niemals davon abweichen , selbst nicht zu Gunsten unmelodifche Accentlosigkcit der französischen Spräche fiel
eines Königs; wenn irgend Jemand versuche sich dersel mir hier zum ersten Male auf. Dicht vor den Fenstern
ben zu entziehen , so werde er gleich einem wilden Thiere hielt ein venetianifcher Bilderhändler seine Bude, und seine
niedergeschossen und diese Ceremonie stände einem jeden Heyden Gehülfen, noch Knaben, sangen Italienisch aus so
von uns bevor , wenn wir den geringsten Widerstand wa voller und tiefer Brust, daß sich hier das verschiedene Na
gen sollten; da die Sachen so stehen, was bleibt uns übrig, turell der deichen Rationen in einem sehr nahen Gegensatz
als in Geduld zu verharren? Diese Menschen haben keinen berührte. Der Tanz, der eigenthümliHe Ausdruck fran
Glauben an Takdeer (die Vorherbestimmung), Sie mö zösischen Behagens, nimmt ungefähr diefelbe Stelle wie
gen nicht sterben, wenn sie es vermeiden können, und die bey den Italienern der Gesang ein, und die außerordent
Wahrheit zu sagen, meyne ich, sie haben nicht Unrecht." liche Anlage beyder Nationen zu diesen Erhebungen ihres
„Aber wir haben keine Pest," rief Taki, der Ferasch (Tep- gewöhnlichen Lebens mag wohl die aller andern Wölker
xichleger) aus. „Wir sind von Iran, wohin die Pest nie übertreffen.
mals kommt. Laßt sie die Türken als unrein betrachten Ich chatte, ohne zu wissen was ich that, in dem Bu
und Niemand wird ihnen widersprechen; aber wir sind reau der Messagerie generale einen Platz im Banquctte ge
Perser." nommen, d. h. oben auf dem Wagen, !in einer solchen
Mohamed Beg machte einige tiefsinnige Bemerkun Höhe, daß wenn wir einen Ort passirten, ich den Leuten
gen über die unwandelbaren Beschlüsse des Geschicks und bequem in den ersten Stock sehen konnte. Beym Auf-
führte den Koran auf eine sehr eindrucksvolle Weise an ; und Niedersteigen mußte jedesmal eine Leiter angelegt
zu gleicher Aeit sezte er hinzu , daß , wenn es nicht unsere werden. Ich schlief meiner üblen Lage und des Lärms we
Bestimmung sev, unsern Fuß auf die Küste von Malta zu gen, den der Kondukteur und ein Sckrctair des BurcanS
sehen , so brauche nichts weiter darüber gesagt zu werden, der Messagerie mit ihren politischen Meynnngen machten,
und wir müßten uns die Begebenheiten gefallen lassen wie nur wenig. Die Namen Villele, Peyronnet und Cvrbi«re
drängten sich auf diesen ungewaschenen Lippen. Der Kon
sie eben kämen.
dukteur war früher Soldat gewesen und befaß noch etwas
Dieß besänftigte unsere Ungeduld, welche noch mehr von der Rauheit feines ehemaligen Metiers. Von der
gedämpft ward , als wir erfuhren , daß wir am nächsten außerordentlichen Lebhaftigkeit der französischen Nation er
Tage unfere Reise in einem weit größcrn Schiffe fortsetzen fuhr ich hier die überzeugendsten Beweise. Die-Gefell-
sollten; man zeigte es nnS wirklich und es sah in der schaft im Innern des Wagens sprach so viel, daß die »er-
That einem schwimmenden Schlosse ähnlich. Was wir wirrten Stimmen wie ein heftiges Summen zu meiner
daran sahen, erfüllte uns mit Erstaunen, und das Schiff, auf Höhe drangen , meine Nebenmänner schwaztcn unaufhör
welchem wir uns jezt befanden, sank sehr in unser,, Au- lich und die Munterkeit der Postillone war so groß, daß
geu , da wir auf jenem in allen Ecken und Winkeln Kano sie bald durch die Fistel, bald im ächten französischen Baß
nen über Kanonen in so großer Anzahl erblickten, daß, sich theilö untereinander, theilö mit ihren Pferden unter
wenn wir eine» treuen Bericht davon gäben. Niemand in hielten. Ich , der ich ohne allen Schntz bald vom Regen,
Persien unS Glauben beymcssen würde. Wir begriffen nun bald von der Sonne zu leiden hatte, verwünschte die ganze
zum ersten Male wie cö zuging, daß die Engländer Besitz Gesellschaft,, die Einrichtung der Messagerie« und meine
von Indien genommen, und hielten es für ausgemacht, daß Reise. Nur die vortrefflichen Mahlzeiten, die, den Wein
die Geschichten alle, welche wir gehört, sie würden von al abgerechnet, die am Rhein noch übertreffen, hielten meine
ten Weibern beherrscht, grundlos seyn müßten. Mit gebeugte Seele aufrecht.
solchen Kaiivncn und solchen Schiffen, wer wollte da nicht Von Clsalons aus wird die Gegend immer einförmi
die Welt erobern ? ger. Mich interessirte diese ungeheure Ebene, die jene
(Die Fortsetzung folgt.) von Wahlstatt und Lcuthen in Schlesien noch weit Über
trifft. Ich dachte au die entscheidende Schlacht , die sie
einst getragen hatte, aber vergebens suchte mein Auge den
Hügel, um den so heftig gekämpft wurde, und den Bach,
der von Blut anschwoll. Cholons ist lebhaft mid zum
großen Theil wohlgebaut. Wir ruhten hier und ich fand
559
Gelegenheit, meine Reisegefährten, die ich noch nicht alle nie in unserem Kreise-, ernst sep mib würdig unser l?<-
gesehen hatte, zv mnstern. Zuerst fielen mir zwey Da sang, dem Herrn der Welten, der über uns die schützen
men auf, die ohne hübsch zu seyn sich durch die höfliche den Flügel breitet, dem Paterlandc, daS uuS vereint, dem
Art auszeichneten, mit der sie bei Tafel die Honneurs Bunde, der uns zuiammeugefükrl, und jedem Schönen,
machten. Ich bemerkte dann vier Offizien der Pariser Guten undEdeln sollen unsere Lieder tönen ; doch auch die
Garnison, in bürgerlichen Kleidern, mit acht französischen heitere Freude, wenn sie sittsam naht, und nicht mit wil
Gesichtern, d. h. starken und etwas stumpfen Augen, vol den Tönen roher Lust, auch sie sep willkommen in unsrein
lem Haar, lebhaften Augen und großen Backenbärten, die Kreise, willkommen, wenn sie uns singt von zarter riebe,
sich über ihren neuen Obristev lustig machten, von dem von Frühlingslust und von des Herbstes süßen Gaben !"
sie behaupteten, daß er besser zur Bedienung des Priesters „So blüh' und wachse denn dn froher Licdcrbund ! breite
i» der Messe, «IS zu der des Geschützes passe. Sie frag dich a»S über alle Gauen unsreö Vaterlandes, daß es über
ten sich untereinander, ob sie oft die Kirche besuchten, all und lange 7">hre noch erklinge, wie hier i» unserem
was alle spottend beiahten. Krelse: ..Hoch lebe deutscher Gesang!"
(Die Fortsetzung folgt.) In diesen bekannten Kanon stimmte der Sänzerchor
nach dem leztcn Halle des Redncrwortcö gewaltig ein.
ES folgte» »och zwcp nieder: „Schön istS, für dich, mein
Das Liederfest zu Eßlingen. Vaterland-iind „Freudig wallt zur em'gen Tugend," den
(Beschluß.) Schluß der ganzen Feyerlichkcit, die nicht über andert
Auf diesen Prolog folgten vier Lieder : „Stimmt an halb Stunden gedauert, machte der Ehoral: Nun dan
mit Hellem hohem Klang," „Wir sind ein'fcstgeschlossner ket alle Gott.
Bund," „Sind wir vereint zur guten Stunde," und Jezt begab man sich zum Mahle in die verschiedenen
„Was ist des Deutschen Vaterland." Als sie gesungen wa Gasthöfe der Stadt, wo ebenfalls mehrfacher Gesang er
ren , trat ein Mitglied deS Eßlinger Liederkranzes, Kon tönte ; hierauf versammelten sich um dre? Ubr Nachmit
rektor Pfaff auf, und entwickelte, nachdem er die erste tags die Liedcrkränze , jeder a»S seiner Herberge mit Ge
Wiederkehr des LiedersesteS freudig begrüßt, und daö We sang heranziehend, »och einmal auf dem schönen Spazier
sen des vierstimmigen Männergesangcs gegenüber von an gange, der »litten in der Stadt ,1» dem Kanäle des Zlus-
derer Musik bezeichnet hatte, in lebendigem Vortrage rasch fcs, in drin sich die schönsten öffentlichen Gebäude der
die Hauxtmomente der Geschichte deutschen Volksgcsanges. Stadt spiegeln, unter doppelte» Reihe» «Ircr nndcnbäumc
Der Raum erlaubt uns nicht, diese Rede ^in ihrem ganzen sich ausbreitet. Hier, umwogt von einer Menge von Ein
Umfange mitzuthcilcn ; doch stehe hier der Schluß. Nach wohner» und Freniden, ließen sich noch die einzelnen Ver
dem der Redner dem Minnegcsang und dem spätern Volks eine höre» und damit endete daö Fest. Aber der schöne
lied? gehuldigt, schilderte er die traurige, verkümmerte Maientag lockte ins Freve , wo noch manches Lied erklang,
Zeit> welche die Krauel des drevßigjäbrigen Krieges her- bis Abends die Fremde» heimzöge». Die Macht des Ge
vevfükrte», „wo gleich dem Leben auch die Poesie steif, abge säuges hatte sich auch dicßmal erprobt; der Zag ging in
schmackt, unnatürlich war, obgleich das kleinste Städtchen »»gestörter Ordnung vorüber, so groß auch die Aahl der Zu
seinen Poeten hatte , und kein Ehebund geschlossen, kein hörer selbst auS de» unteren Ständen war; ungetrübte
Kind geboren werden. Niemand sterben konnte, ohne daß Heiterkeit und anständige Fröhlichkeit herrschte überall, und
ein solcher Versemacher mit tiefen Bücklingen sein wohlge- jeder Fremde verließ daS Fest mit Dank gegen die Stadt,
rcimtes Carmen überreichte." die ihn so freundlich aufgenommen, und wen» er schei
„Mögest du nie wiederkehren," fährt er dann fort, dend ans daS herrliche Thal zurückblickte, das iniGIanzeder
„du gute, alte Zeit, wie man dich wohl auch zu nennen Abendsonne hinter ihm lag, so konnte er den Wunsch nicht
pflegt; wir wollen uns begnügen mit der neuen Zeit, die unterdrücken, daß es möglich gemacht werde.« möchte, hier
«nS ein frcyes, frisches, kräftiges Leben wiedergebracht auch die künftigen Liederseste fortdauernd feyern zu können.
hat ; wenn sie auch neue Lasten mit sich führte , so hör sie
doch auch die alten Fesseln gesprengt, und zwangloser be AuS Jean Pauls Nachlaß.
wegt im weiten Kreise sich der Sterbliche." An dem Geburtstage ist der Mensch gut, wenn er
„Schon darum wollen wir sie freudig begrüßen, weil Zeit hat allein zu senn ; waS könnte nicht in Fürstensee
sie das hol>- Himmclskind, den Gesang, einführte in un len dieser Tag legen, wen» man ibnen Zeit ließe sich
sere Mitte ; ein theures Geschenk hat sie uns gegeben, und ihren Stand zu bedenke». Aber gerade am wichtig
wir aber wollen es auch treulich hegen und pflegen. Was sten Tage werden sie am wildesten gestört, und der Tag
die Gemeinheit schuf, was schaler Witz erfand, was darauf ist sogar noch schlechter.
Schmeicheley den Mächtigen der Erde weihte, das töne
Z6o
Korrespondenz-Nachrichten. Volk mitgetheilt wirb. Die Belgier sind ja auch ein Zweig
des uralten, weitverbreiteten germanischen Stammes; sir
Brüssel, Mai. unbillig bcnrtheilen . hieße ein Glied der Familie widerrechtlich
Die hiesige U«eu» Ze, b«, theilte vor einigen Ta ausstoßen , und wenn der Kiesige Journalist sich , »ngeachtek
ge» «»s dem Amsterdamer Handclsblatte einen Artikel mit, seines Unwillens , doch so verbindlich über unsere Nation äns«
in dem man sich über die sehr irrigen, die Einwohner Brüssels serr, so Wörden wir dem Rufe der Gründlichkeit und Vielsei«
und der Umgegend einer rohen Gefühllosigkeit beschuldigenden tigkeit, der uns überall im Auslände ehrt, wenig entspre»
Angaben eines Brief« beschwerte , der im vorjährigen Rovem- che», wenn wir hier nur wegwerfend aburtheilen wollten,
bcrhcfte de« Morgcnblattes, Nr. 265-267 erschienen ist, und ohne dem wirklich Vorhandenen einige Aufmerksamkeit zu widmen.
aus diesem auch in das Weimarsche Journal für Literatur, (Die Fortsetzung folgt.)
Kunst und gesellige« Leben übergegangen zu sep» scheint. In
Beziehung auf daS Morgenblatl bemerkt dabev unsere Zeitung, Berlin, April und Mai.
es scv um so auffallender diesen Brief hier zu finden , da die (Fortsetzung.)
ses Blatt zwar Nachrichten ans fast allen Ländern Suropas, Schon Herrn DevricntS äußere Erscheinung war nicht, wie
aber fast nie aus den Niederlanden entlialte. und fügt dann hin- im Franz Moor, im Galeerensklaven, widerwärtig; man kann
zu: „wenn wir auch eben so viel Unwillen als der Redakteur eS sich als möglich denken, das, durch die süßen Schmeicheleien nnd
des Handelsblattes darüber fühle» , daß solche Ungereimtheiten das reuige Gesicht solch eines Richard , verführt, die klagende
bey einem «abrieft gebildeten und im Rufe vorzüglicher Anna von ihrer Wutb abläßt und ihm in da« Ehebett folgt,
Weisheit stehenden Volke auf unsere Rechnung gesezt werden, in welchem sie keine Stunde ruhig schlafen kann. Ausgezeich
jo wundern wir nu« doch weniger , seitdem wir aus den Be» net gelang jedesmal die Seenc mit den Beordern des Elarence.
richten eines dentschen Reisenden über Holland vernommen ha „Nun, meine wackrrn, tüchtigen Gesellen." sagt er mit solcher
ben, in Amsterdam sperre man die miartigen Kinder in Freude , daß man sieht, in der Gesellschaft solcher zu jeder ärg
Porzellangcfäßc ein , nnd seit uns ei» anderer aus Belgien sten That muthig entschlossener Bursche scy ihm zum ersten Mal
im Jahre 1826 erzählt hat. in Brüssel treffe man in den Kaffee wokl. Er findet sich unter Wahlverwandten , deren stnnpathe-
häusern mehr Damen als Herrn an, jene gingen otme alle tischcr Zug es ist „Mühlsteine zu weinen wie die Narren Thri
Begleitung hin, nnd in den Park werde, besonders llen." Ich Hab euch gern. Bursche! ist da« erste Wort, daS ihm
während derObfllese, Niemand zugelassen, der nicht von Herzen gebr. Uebcrhaupt ließ Herr Devrient das Be-
einen besonder» Schlüssel dazu habe. wußtsevn der Sicherheit, daß ,Km olleS gelingen müsse, bis nach
Einsender dieses kennt die deutschen Werke nicht, in denen der Krönung überall deutlich hervorblicke». Fehlt der Ausdruck
diese Seltsamkeiten vorkommen , und wäre geneigt, sie für eine dieser selbstbewußten Energie, so würden wir den Richard
Erfindung deS Journalisten zu halten, wenn er nicht selbst nicht ertragen können; so aber werden die meisten Zuschauer
Gelegenheit gehabt hätte zu erfahren . wie oft ein vorgefaßtes wünschen , daß dem Richard fein Werk gelinge. Erst alS der
Urtheil. ein einzelner, zufälliger Umstand, ein unvollkommen hochgestiegene Bukingham schwierig wirb, beginnt er unruhig
vernommenes Gerücht die Ansicht deS flüchtig Durchreisenden zu werde»; alS ihn die Mutter verflucht, stiert er ins Leere;
bestimmen. Wer erinnert sich nicht an Fran von Stokl. die seine Festigkeit verläßt ikn , er wird wild , fährt ohne Ueber«
ungeduldig am Rheine auf daS Schiff wartet, da« sie nach legnnq auf; versinkt in sich, brütet, ohne zu wissen über was»
Dentschland übersetzen soll , und zu der eine gute alte Frau, sucht sich zulczt mir der Schwäche seines Feindes zn trösten,
eine Deutsche, gelassen sagt: „wozu der Lärmen?" Zum Un und vertraut der Stärke seines erprobten Heldcnarms. bis die
glücke liegt auch anf dem jenseitigen Ufer alle« voll Schnee, und Geister erscheinen. Alle diese Züge gab Hr. Devrient. so wert-
der. Poflillon stoßt schneidenb falsch in« Horn. Nun kann fei» körperlicher Znstand es erlaubt, mit den unläugblrsten Zci«
natürlich Deutschland nur ein phlegmatische«, kalte«, unhar chcn innerer künstlerischer Inspiration , den» ans Rcflerio-
monisches Land sepn , und doch wird nachher al« der Liebling nen geht sein Spiel nicht hervor. Das gräßliche Erwachen
der Nation Goethe aufgestellt, von dem doch die geistreiche nach Erscheinung der Geister im lezten Akt war in allen vier
Schriftstellerin wohl nicht sagen will, dag er sich die Zuneigung Darstellungen der am wenigsten gelungene Thcil, dagegen
der Deutschen durch Phlegma und unharmonische Kälte erwor glänzte die Scene nach der Krönung im vierten Akt jedesmal
ben Kabe. So spricht auch unser Landsmann in seinem Briefe hervor. Der Uebevgang von dem Richard, der noch heuchelt,
au« Brüssel , auf den Glauben an die ersten , gänzlich entstell schmeichelt und verspricht , zn dem herrischen , blutdürstigen,
ten Gerüchte hin . von .,ächt türkischem Aberglauben, tobender mißtrauischen, wilden, aufqährendcn ist meisterhaft; wenige«
Tanzmusik und brüllenden Bauern" im Anschauen einer in kann daS Vorspiel zu dieser Umwcndung. die Anklage Stanleys
Flammen aufgehenden Meiere«, und gedenkt doch auch unmit gefallen. Hier fehlte der Ausdruck geistiger Ucbcrlegenheit.
telbar darauf, der ..stillen herzlichen Frende, die auf allen für die ein fast kreischendes Geschren nicht genug ist. Bev der
Gesichtern zu lesen war ." weil man die Wiederherstellung der dritten nnd vierten Aufführung fiel wegen Unpäßlichkeit der
„wegen ihrer Mildti'ätigkeit so hochverehrten" Königin unauf Mab. Schröck die Rolle der Margarethe auS . und was man
gefordert feuerte. Wird aber der Brüsslcr, der in feiner kaum glauben sollte. daS ganze Stück gewann dadurcy für die
Königin die Mildthätigkeit so hoch verehrt , sie den» selbst gar Bühne ; alle« Interesse concentrirte sich mehr und mehr auf Ri
nicht üben? An Vorkehrungen gegen Fe>urSbrünste lägt es chard . da sich der Bearbeiter auch noch bemükt hatte, alle ans,
die Regierung einer Stadt, in welcher sich neue, glänzende serwesentlichen Interessen wcazulasscn. und die Handlung, wie
Quartiere wie durch Zauber erheben . auch wohl nicht fehlen, Goethe eS schon für den Hamlet vorschlägt, zu vereinfachen.
und wäre 5er heitere Korresoondent nur wenige Zeit länger in Durchaus störend blieb nur immer die Art und W^'e, wie Hr.
den Mauern Brüssel« geblieben, so würden il,n die öffentlichen Beschort den Buckinqham ergriff, indem er an die Manier er«
Blätter über die Umstände jenes Ereignisses besser belehrt ha: inncrte, in welcher er vortrefflich den Perm in ..Donna Diana"
den. Aber daS Ganze sollte wohl^iur ein Scherz scpn , wie gibt.
sich bieg auch auS andern Stellen des Briefes nachweisen liege, (Die Fortseyung folgt.)
der Verfasser kann eS daher nnr freundlich aufnel'me» . wenn
hier Einiges zur Berichtigung feiner Ansichten über das hiesige B e i) l a g e : Jnrrlligenzblatt Nr. 1 7.
Verlag der I. G. Cotta 'Den Buchhandlung.
141.

M v r g e n b l a t t

für

gebildete Stände.

Donnerstag, 12. Juni 1 8 2 8.

Sinen Nach«, seh' ich schwanken.


Aber ««! der Fähnnann fehlt!
Frisch hinein und ohne Wanke»!
Schiller.

Mein Kahn. Da komm' ich an's Meer, und löse den Kahn,
Schon Hab' ich das Ruder zur Hand ;
Sin Kahn hingt festgebunden Wer hat mich lieb? Wer steiget mit ein?
Brv einem qoldnen Meer, Weit fahr' ich in's Wunderland!
Da schlagen die Wellen hinauf, hinab. A. Schöll.
Und tanzen um ihn her.
Sie kommen geschwommen sonnenhell,
Komm mit, du leichter Kahn !
Sie ziehen vorüber, lustig schnell. Bilder aus Frankreich.
Wer band so fest dich an ? (Fortsegling.)
Der Weg wurde immer einförmiger. Kleine Dörfer
Der Kahn, der mag wohl schwanken
Und schweben an seinem Band, der geschilderten Art, unermeßliche Kornfelder und Wein
Die Kette schnellt, er springt zurück, berge bedeckten das Land. Ich dachte mit Erstaunen an den
Muß bleiben am harten Strand. ungeheuren Ertrag einer solchen Srndte. Gegen Mittag
Bleib rubig, gute Fahre, nur. wurden Landhäuser sichtbar, Lustgärten und sorgfältig an
Dich löset sonst kein Mann,
Und keiner weiß das Meer alS ich. gestrichene Wirtschaftsgebäude. Wir fahren in eine
Der ich dich lösen kann. Reihe elender Häuser ein und sind in Paris.
Die Vorstellung, an einem Ort zu sepn, der seit tS«
Ein Abend wird erscheinen, Jahren der Vulkan war, aus dessen Krater so viel Ver-
Geschmückt, wie eine Braut; Wüstung und Erleuchtung strömten, bemächtigte sich mei
Da geben die Meereswellcn hoch ner Gedanken, so ermüdet ich auch von der anstren
Und plaudern hell und laut.
Da gehen die Wolken alle weg, genden Reise war. Ich eilte nach dem Palais Rvpal und
Und steigen leicht empor. den Tuilerien. Es war noch Tag, wiewohl der Abend
Und über'm weiten Wasscrplan ziemlich grau und früh hcrabkam.
Tritt fernes Land hervor. Als ich in den Garten der Tuilerien trat, that sich
mir in ihm allerdings der imposanteste und prächtigste An-
Die Wellen werden stille. blik auf, den ich in der Mitte einer Stadt geahnt hatte.
Und trinken Sonnengold;
O wie so selig Alles hinab Das Schloß selbst machte einen geringen Eindruck. Mein
Sum fernen Lande rollt! Auge hatte sich gewöhnt, die Verhältnisse eines großen
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Gebäudes über dem Aufwand seiner Masse nicht zu ver für eine Französin gelten. Als ich meine Landsmannschaft
gessen. Von diesem Standpunkt aus betrachtet, ist der geltend machte, sprach sie deutsch, aber so schlecht und ge
Pallast der Tuilericn bev dem Mangel einer architektoni brochen , daß ich mein Erstaunen nicht verhehlen konnte.
schen Einheit in seiner Anlage und eines schönen Mittel Ihr Mann , ein Commis im Ministeriuni des Auswärti
punkts, bey dem schlechten Geschmack, der sich in dem Ver- gen, ein trockener, ernsthafter Franzose, verstand Italic'
hältniß der Kuppel und des Theils, auf dem sie ruht, in nisch und Englisch, Deutsch aber, obwohl er lange in Dres
der Höhe und Weite des ganzen Gebäudes ausspricht, ein den gewesen war, kein Wort. Die Schwester der Fra«
sehr mittelmäßiges Werk der Kunst. Ohne den zauberi vom Hause hatte ihre Muttersprache ebenfalls fast verges
schen Garten mit seinen hesperischen Bäumen, seinen sen, und erst in einer etwas vertraulichern Unterhaltung
Fonwinen und den einzigen großen Alleen, wäre der An sprach sie fertiger, und, was mich sehr belustigte, im west-
blick des Ganzen für das Auge ermüdend. Das Geschmack phälischen Dialekt. Das Plattdeutsch hatte von diesen zart
loseste und Auffallendste an diesem Königssitz ist sein Dach geschnittenen französirten Lippen einen sehr komischen Ton.
mit den unnützen und unschönen Verzierungen. Das Ber (Die Fortsetzung folgt.)
liner Schloß ist in einem weit bessern Styl gebaut als die
Wohnung des Vourbonschcn Königsstammes, obwohl es
frevlich viel kleiner ist und im Ganzen betrachtet durch Die Abenteuer Hajji Baba'S.
seine Höhe, die überaus schlechten, schmutzigen Höfe, und
(Fortsetzung.)
die nach Süden zu nicht günstige Lage zu viel Masse zeigt,
so zu sagen vom Licht freyer und schöner Verhältnisse zu Ehe man uns ans dem kleinern Schiffe in das größere
wenig durchbrochen ist. Die Aussicht auf die Tuilerien ist brachte, erhielt der Gesandte einen Besuch von dem Gou
aber von keinem Punkte aus so schön, als die von der verneur der Stadt, welcher, sobald er sich neben dem Schiffe
Brücke des großen Churfürsten auf die östliche oder alte befand, auf eine gelbe, oben aus unserm Mäste befestigte
Seite des Berliner Schlosses. Der Garten der Tuile Flagge deutete, als Entschuldigung warum er nicht an
ricn und die übrige nahe Umgebung ist aber in eben dem Bord komme , da dieß , wie wir erfuhren, ein Zeichen der
Maße bedeutender, als Frankreich unter Ludwig XIV. mäch Unreinheit war. Er ließ sich durch den Mehmandar ent
tiger und interessanter war als Preußen unter Friedrich l. schuldigen, daß es nicht in seiner Macht gestanden, den
Ich suchte mir am andern Tage eine Wohnung. Sin Gesandten an der Küste seinem Range gemäß zu empfan
Hans von mittlerer Größe, mit nngchenern Zetteln be gen ; allein er versicherte uns aufs Neue, daß alle die Qua
klebt , schien mir für meinen Zweck ziemlich wohlgelcgen, rantäne betreffenden Verordnungen so strenge seven, daß
da es von einem der Boulevards nur wenige Schritte ent selbst ein Engel, wenn er ^uö der Türke« käme, nicht
fernt war. Eine kleine weibliche Figur, sehr braun und als rein betrachtet werden würde. Er endigte seine Rede,
beweglich und in ihrem Betragen einer Berliner Schnet- indem er sich aufs angelegentlichste nach dem Befinden deS
dermamsell, wie diese auf dem Theater gegeben werden, Schachs und dem politischen Znstande Persiens erkundigte.
nicht unähnlich , zeigte mir ein Zimmer im ersten Stock, Hierauf versicherte Mirza Firouz, der es für seine Pflicht
erzählte mir, die Eigenthümerin des Haufes sey eine hielt, eine so schmeichelhafte Rede zu beantworten und zu
Deutsche, die ihre Landsleute vorzüglich begünstige, und gleich den Flor seines Vaterlandes in das bestmöglichste
forderte als Monatszins einen ziemlich mäßigen Preis. Licht zu setzen, dem Gouverneur, daß nach den leztcn Nach
Das Zimmer war nach französischer Art und von der Ein richten das Gehirn des Schachs sich in dem vollkommen
richtung ähnlicher Wohnungen in Deutschland durchaus sten Zustande der Gesundheit befunden, und er sich cbe«
verschieden meublirt. Der Fußboden bestand ans Stein, in seinem Pallasre zu Sultavich über die Ankunft von
die Wände waren mit ziemlich guten Tapeten belegt, ein zwanzig Maulthierladungcn von Rebellenhäuptern erfreut
Marmortisch nahm sich nickt übel aus , aber ein Vorhang habe , welche man ihm aus den aufrührerischen Provinzen
von rauschender Seide verbarg ein sehr schlechtes Bett, Khorassan und Mazanderan gesandt, die ganz von seinen
die Stühle standen kaum auf ihren Beinen fest, und ob siegreichen Truppen verwüstet worden seven, ein Triumph,
wohl angeblich das Zimmer bisher von einer Dame be den man den Bemühnngen von Sr. Majestät fünf und-
wohnt gewesen war, so lag doch Alles voll Staub nnd zwanzigstem Sohne verdanke. Er hoffe, daß diese Neuig
Schmutz. Außerdem hatte der Ofen eine fo schlechte Lage keit des Gonvcriicnrs Herz mit Freude erfülle» und all
und Einrichtung, daß dieß Zimmer im Winter gar nicht gemeine Zufriedenheit in England verbreite» werde. Der
zu bewohnen gewefen wäre. Ick besuchte meine Wirkhin Gouverneur erwicdcrte, daß dieß ein unerhörtes Glück
«der die Bourqevise, wie sie der Portier nannte. Sie em fc», und so weit es uns möglich war unser» Dollmctschcr
pfing mich in einem eleganten Kabinet, sprach vollkommen zu verstehen , machte er den Umständen angemessene Kom
Französisch und konnte in Haltung und Betragen sehr wohl plimente. Cr hielt es dann für nörhig uns feinerseits
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auch einige Mittheilnngen zu machen, welche, was er auch daß man die Anstalten in unfern Harems hier hätte um
davon denken mochte, für unsere Obren nicht sehr günstig kehren können, und gehörig vertheilt, wären wenigstens
lauteten. Nach dem, iraö u»S klar davon ward, wüthcte fünfzig Männer die Sklaven einer Frau gewesen und hät
ein Bürgerkrieg in England, denn er erzählte uns mit ten ihren Hausstand gebildet. An Bord herrschte ein Ue-
großem Entzücken, daß die Vczire dcö SchocKS von Eng bcrflnß, «IS hatten wir den Bazar von JSpahan in der
land, welche, wie es scheint, eben so wie in der Türkey Nähe gehabt, um uns mit Vorrath zu versorgen. Wir
über seine Heere befehlen, einen entschiedenen Sieg über hatten Früchte aller Art , so viel Milch und Butter, alS
ein aufrührerisches Volk, die „Opposition^ genannt, er ob die Gezelte der Ilioten in unserer Nachbarschaft ausge
halten habe». Der Mehmandar gab »ns weikläuftiqe Er schlagen wären , und Wein und Fleisch in großer Menge.
klärungen über diesen Gegenstand, welche wir durchaus SIllcS zusammengenommen, sezte unö das Schauspiel,
nickt verstanden. Doch war es klar, daß die Aufrührer welches wir hier vor Augen darren , in größeres Erstau
noch machtig blieben, da sie nach des Gouverneurs eigenem nen als alles, waS wir bis jezt außer unserem rande gese
Bericht, obgleich täglich geschlagen, doch nicht zerstreut hen. „Ach," sprachen wir, „hätte unser Schach nur ein
wurden. „Ha/- rief Mohamcd Beg, ,.die Franken mö solches Schiff im Easpischen Meere, er würde dre Väter
gen so viel es ihnen beliebt von ihrer Rcgierungsweise der Russen verbrennen!" „Jnschallah! möge es Gott ge
schmalzen; hier ist doch augenscheinlich ein großer Mangel fallen!" ward von allen Anwesenden wiederholt, und wir
an inorgenländischer Weisheit; ein wenig Tutiai Dow- lebten der Hoffnung, daß wenn wir uns nur erst i» Eng
let oder LraatS- Eollprium *) möchte ihnen sehr nithtg land würden angewöhnt baden, es nicht schwer fern möchte
scvn, und be» Allahs Segen! Ihr-^ dabev wandte er sich den Schiffbau zu lernen ; sahen wir doch , daß die Türken,
zu Mir;« Firouz, ..Ihr sevd der Man» sie die Anwen welche von Jedermann als die Esel des menschlichen Ge
dung desselben zu lebren !" Sobald der Gouverneur Ab schlechts anerkannt sind , sie zu bauen verstehe» , und wir
schied genommen , ließen wir uns an das neue Schiff füh gedachten, daß ja die Perser mehr Geschicklichkeit und Ta
ren. Ungern trennten wir uns von unser» Freunden auf lent besitzen, als die übrige Welt zusammengenommen.
dem kleiner« Schiffe, welche sehr zu wünschen schienen uns (Die Zvrchuiig folgt.)
nach England begleiten zu dürfe» ; allein sobald wir unö
in Sicherheit auf dem -I^rbecke des großen befanden, ver
drängte» Entzücken und Erstaunen alle andern Gefühle.
Korrespondenz-Nachrichten.
Der Gesandte ward an Bord des Schiffes mit gros
sen Ceremonien von dem Kapitän empfangen, der ein al Berlin, April und Mai.
ter Mann war und, wie wir vermurdeten, uns zu Ehren (Fortfeynng.)
sein Haupt mit einem weißen Staube bestreut hatte, der
auf eine so geschickte Art angebracht war, daß er nicht Sccnc im fünfte» Akt Erwähnung wolle»
Bon der Bühncneiurichtnng wir nur der erste»
tbun. Hier galt cS, zwcy
bcruntcrsicl. Welchen andern Beweggrund alS Demurh Lager fcindlicvcr Heere nebe» einander auf die Bühne zu »rin
konnte er hieben haben? Er stand mit abgezogenem Hute, gen. Die Borrichtung ist einfach und zweckmäßig. Hohe Fel
augenscheinlich um feinen Staub zu zeigen, und hielt schöne sen trenne» die Zelte, die ganz vorne zu bevde« Seiten stehen.
Am vorderste» Helsen erscheinen die Geister, die dadurch erst
Sieden, und um zu beweisen, daß er sich nicht blos auf Worte gegen Richard ihren Fluch , dann aber mit leichter Wendung
beschränke, befahl er eine ungeheure Kanonensalve abzu gegen Richmond ihren Segen aussprechen können. Alle« Lä
feuern. Hierauf führte er uns allenthalben auf dem Schiffe cherliche wandelnder , meblbestreutcr Geister fiel weg , und
herum, wo wir Alles fanden, was das Herz des Men diese Sccne verfehlte niemals ihre Wirkung. Um „»» auch
schen wünschen kann, ausgenommen Pferde und ein grü einiges über die Bearbeitung zu sage«, so hat Herr De.
Forster glücklich zwcu Ertremc vermieden , welche von den Ei
nes Feld um darüber hinzujagcn. Wir sahen hier fast nen und Andern al« der einzig richtige Weg gepriesen wer
drevmal so viel Kanonen als auf dem vorigen Schiffe und den. Ss gibt viele, für welche es keine größere Sünde gibt,
Menschen genug, um eine von unfern Städten zu bevöl als von dem geliebten Dichter auch nur eine Zeile wegzustrei
chen, ein Bild, ein Gleichniß auszulassen. Sie wolle» den
kern. Es gab auch Weiber, allein nicht in großer Anzahl ; ganzen Shakespeare auf der Bühne sehen . als wenn es darauf
in der That waren ihrer so wenige, wie man uns sagte. ankäme, die Geschichte der Poeüc zu fludire». Kein Schimpf
wort soll fehlen^ eS wäre ihnen ein Kapitalverbrechen , wenn
Richard einmal weniger als „Igel." oder „Molch/' auch wvlil
Collyriuin , Antimoniumpulver, wird von den morgens als „wüstes Schwein" bezeichnet würde. Durchaus, auch in
ländischen Völkern gewöhnlich zur Stärkung der Auge» ge RoKtieiren daS gänzliche Wide, spiel der Franzosen zu scvn , er
braucht, und häufig spottweisc als eine Arznei? solchen em scheint ihnen alS ein unantastbares brittisclics Verdienst. Sie
pfohlen , die sich durch ihr Betragen alS Beamte dem Tadel würden es gern sehen, wen» Anna den Richard < wie Shake
«uSsclzen. speare vorschreibt , anjuspeicu nicht unterließe. Andere da-
S«4
gegen behaupten, das Shakespearesche Drama dürfe nur die Reisenden von einer sehr vortheilbaftcn Seite darstellen , denn
Grundlage bleiben, auf welcher ein anderes Gebäude z» errich umcr all.» Verschönerungen, die seit der Entstehung des Kö
ten scy, und wir bedürfe» eines deutschen Queis zur Bear nigreichs cinigc Thcile von Brüssel ganz umgewandelt haben,
beitung Shakespearscher Dramen. WaS unS betrifft, fo wissen verdient vielleicht keine mehr seine Aufmerksamkeit, als ei»
wir dem Bearbeiter Dank, sich zu keiner dieser Meynnngcn imposantes Gebäude in der untern Stadt , nicht weit vom Ka,
hingeneigt zu haben, und sollten wir ihm einen Vorwurf ma nale und vom WilhclmstKore. Es sind dieß die kaum erst
chen, so wäre es nur der, noch nicht genug weggelassen, ge vollendeten großen Hospizicn, oder die Hospizien deS großen
mildert, vereinfacht, und die Schlegclschc Ucbersetzung, die BeginenhofS. Solcher Beginenhbfc (bezuinoge,) gab eS
z„ Grunde gelegt ist , nicht genug zum Bühninvortrag ver seit Jahrhunderte» in mehreren belgischen Städten. Sie bil
deutlicht zu haben. Zur Verdeutlichung dcS Ganzen trug be dete» ein eigene« Quartier, in daS sich fromme Frauen, die
sonders ein Prolog bcy, den Mab. Stich als Britannia zwi aber kein unwiderrufliches Gelübde ablegten , zu einem Leben
schen den Gräbern des alten Vork und seines zarten Knaben einsiedlerischer Abgeschiedenheit und zur Ausübung christlicher
Rutland, so wie Heinrich des Sechsten und seines Sohnes Tugenden zurückzogen. Nicht überall wohnten sie in einem
Eduard recitirte. Er rief kurz den Kampf der weisien und einzigen Gebäude oder Kloster; zuweilen waren cs nur anein
rothen Rose ins Gebächtniß zurück , und indem er zugleich den andergereihte kleine Häuser, neben denen sich anch andere Bür
tieferen Sinn der diesen Kampf beschließenden Tragödie aus ger anbaute», und dann wohlbcjahrte Frauen, die sich dem
sprach , ist er in jedem Sinne gelungen zu nennen. Auch unS Gcwühle der Stadt für den Rest ihres Lebens entziehen woll
scy es nun vergönnt, einiges über den innere» Sinn deS Stücks ten , bey sich in Kost und Wohnung aufnahmen. An diese
zu sagen. Nur durch solches Bemühen vermag die Theater Hänser stieß ein Hospital für arme Kranke, deren Pflege sich
kritik sich ihrer jettigen Gemeinheit zu entheben und sich il'res die Beginen mit einen, immer musterhaft gebliebenen Eifer Wik«
alten Adels wieder würdig zu bezeige» ; doch schlimm ist eS, meten. Im Mittelpunkte des frommen Quartiers durfte na
daß für solches Vorhaben noch immer dem» Publikum um Er türlich die Kirche nicht fehle» , von ibr war eigentlich die ganze
laubnis gebeten werden muß. Es ist sch?» bausig gesagt wor Anlage ausgegangen, und damit uns hier im Kleinen der Urr
den, dag die sopkocleischc Antigene zuerst das Wesen des Staats sprung der Städte, so wie ihn die niederländische Geschichte
und im Fall der Kollision sein tragisches Verhältnis zn den häusig berichtet, recht vergegenwärtigt werden möchte, war der
ewigen Rechten der Familienlieb darstelle. In der modernen Beginenhof von den übrigen Tbeilen der Stadt durch eine
Welt ist es besonders Shakespeare , der zuerst Staatsintercsscn Mauer , einen kleinen Graben und durch Tborwcge getrennt,
zum eigentlichen Inhalt von Tragödien macht, und auch ihr die jeden Abend verschlossen wurden ; also wirklich eine Stadt
Verhältnis! zur Familie wieder zur Anschauung bringt. Denn in der Stadt. I» dem Brüsseler großen Bcgincnhofe (denn
bc« den spanischen Dichtern wird zwar auch von Brüdern, Gat an einer andern Seite der Stadt lag ein sogenannter kleiner)
ten, kdniglichen Freunden, Machtsprüchen der Fürsten, von lebten im fünfzehnten Jahrhundert etwa tausend Beginen.
Familie und Staat gesprochen, doch immer nur in Bezug auf Während der Religionskriege , als Brüssel eine Zeitlang eine
Eine oder Liebe ; Untreue z. B. ist nicht Unsittlichkcir, sondern protestantische Obrigkeit hatte, wurde er zerstört, und erhob
Verkettung der Ehre. Die Britten dagegen Haben Familie und sich erst wieder am Anfange des siebzehnten Jahrhundert«
Staat, diesen weltlichen Inhalt jedes Menschenlebens, wieder auS seinem Schutte. Reben einem Klankcnhausc enthielt er
zum Inhalt ihrer Tragödien gemacht. Wer solchen Inhalt auch ein Asyl für alte Frauen, die früher nicht gebettelt hatten,
nicht hat. ist ein Taliban. Viele Shakespcareschen Stücke aber nun arbeitsunfähig , und mithin der Hülfe ihrer Reben«
beschränken sich auf Familicnintercsscn , deren allgemeiner menschen bedürftig waren. DaS Ganze beruhte ans from»
Boden daS bürgerliche Leben und die Gcscue deS Staats sind; men Stiftungen. Die modernisirende Hand der,Zeit, die
Julia und Romeo, Lear, Othello u. s. f. sind die bekannte draußen allmählich alles umgestaltete, schien an diesen stil»
sten . bev andern aber machen Staatsintercsscn de» Hauptge- len Wohnungen vorüberzugehen. Nur die französische Revo?
genstand auS, und Familienbande schlingen sich nur in unter lution verfuhr auch hier schonungslos. Die ganze Anstalt litt
geordneter Weise hindurch. Weniger ist dicß noch in Corio- viel, auch wurden im Umkreise mehrere Häuser onfgefübrt.
lan und im Macbeth der Fall, ganz schon im Julius Caesar, die init dem klösterlichen Charakter der übrigen fehr im Wider«
aber in de» eigentlich vaterländischen Stücken geht das Unrecht spruche standen, doch konnte noch vor wenigen Jahren ein
gegen Familie und Staat Hand in Hand. Freund träumerischer Erinnerungen an vergangene Zeiten hier
(Die Fortsetzung folgt.) eine Stunde in der angenehmsten Stimmung zubringen , und
trat er auS de» engen, dunkeln Straßen in die Kirche »nd sah
Brüssel, Mai. vor den Altäre» und in den stillen Winkeln des schönen Ge
bäudes die Frauen in ihrer oltcrthümlichen , schwarzen Tracht
(Fortsetzung.) auf den Knieen liegen . so wurde die Täuschung vollkommen.
Endlich aber fand man eine gänzliche Umschaffung in mehr alS
Einen Beweis ikrcr regen Theilnalune an den Leiben ih einer Hinsicht ratbsam. >Jn den engen Straßen und düsteren,
rer Mitmenschen gaben die Brüsseler schon bcycbcn jener Feuers- unbequemen Wobnungen war die Luft nicht so rein, als die
brunst ; ein unglückliches Zusammentreffen mehrerer Umstände Verpflegung der Kranken und Alten es erforderte, auch konnte
harte es unmöglich gemacht, die einzeln stehende , kleine Meie die Stadt aus den Veränderungen mehrere Vortheile ziebcn.
re« zu retten. Einige Tage nach dem Unfälle gingen nun an Wo noch vor Kurzem unregelmäßige , den Einsturz drohende
gesehene Bürger von Hans zu Haus und sammelten Bcnträge Gebäude am Rande eines trübe», schleichenden Wassers sich
ein. damit der Verlust so schnell alS möglich wieder ersezt würde. hinzogen , erhebt sich nnn eine Reibe schöner Bürgerhänfrr.
Billig aber wird die Menschenliebe einer Bürgerschaft nicht (Die Fortsetzung folgt.)
nach auqcnblicklichen^Anfwallunqcn des Mitlcioens, sondern nach
den Stiftungen beurtbcilt, die für Jahrhunderte gegrün
det, ihre segensreiche Wirkung auf alle Generationen «nsdchnen.
und hier muß sich gleich «t Kiesige Stadt dem aufmerksamen Bev läge: Kunstblatt Nr. «7.

Verlag der I. G. Cotta'schen Buchhandlung.


142.

M v r g e n b l a t t

f ü r

gebildete Stände.

F r e y t a g, iz. Juni i 8 2 8.

Ich habe Lkidenschaften , warme« Blut,


Wik eint Andre , und ich kam al« Königin
In diesem Land ,u lebe», nicht zu scheine»,
Sch iller.

Skizzen aus Portugal. sigen Herrn keine andere Belohnung als eine Verbesserung
ihrer politischen und bürgerlichen Verhältnisse.
Charlotte, vcrwitkwete Königin ».Portugal. Mebr denn jeinuls gewährte dieses unglückliche Land
Sur Zeit der französischen Invasion war Portugal in zur Zeit der Revolution vonOporeo einen traurigen, dü
einen Anstand der Erniedrigung und in eine Starrsucht ster» Anblick. Durch die Revolution schien ein neues Le
versunken, die nirgends in Europa, selbst nicht in Spa ben in Portugal zu deginnen ; das Volk erinnerte sich mit
nien ihres Gleichen hatten. Seit dem Marquis von Pom- großem Selbstgefühl der Zeiten des Ruhmes, der Zeiten,
bal konnte kein Mann von überwiegender Einsicht ins Mi wo die alten Kortes das Glück des Landes begründeten;
nisterium kommen, und es war ein großes Unglück fürPor- der Monarch selbst ward von der allgemeinen Bewegung
tvgal, daß alle Minister, die auf Pombal folgten, unfä der Geister ergriffen und schien ernstlich die moralische und
hige und moralisch verdorbene Menschen waren; Männer politische Verbesserung seines Landes zu wünschen. Un
ohne Patriotismus, ohne Gefühl für den wahren Ruhm glücklicherweise wurden alle diese Hoffnungen getäuscht ; sie
ihres Herrn und einzig damit beschäftigt, ihr eigenes so wurden getäuscht durch jenes außerordentliche Wesen , des
wohl als das Glück ihrer Familien zu gründen. sen großer Geist so viele gigantische Plane geschmiedet und
Bev der unerwarteten Kunde von dem Einfalle der ausgeführt hat ; sie wurden getäuscht durch die sonderbare
Franzosen ward der Hof bestürzt und suchte sein Heil in Mischung ausgezeichneter Talente und gefahrlicher Eigen
der Flucht; das Volk sah mit Stillschweigen der Abreise schaften in der Person der Königin Mutter. Diese
seiner Herrn zu und empfing die fremden Truppen in ei Frau , welche treu den Lehren ihrer ehrgeizigen Mutter
ner würdigen, ernsten Haltung. Sobald eö aber nur die folgte, greift so innig in die neuesten Schicksale Portugals
Möglichkeit sab, die verhaßten Fremdlinge aus dem Lande ein , daß die folgende Skizze ihres Lebens und Wirkens
zu treiben, zeigte es einen Muth und eine Ausdauer, die willkommen sevn wird.
eines bessern Lohnes würdig gewesen wären. Unausgesezt Charlotte, Jnfantin von Spanien und verwittwete
und unermüdct kämpften die Portugiesen an der Seite der Königin von Portugal, ward geboren am 25sten April
Engländer ; ihr Blut floß auf den Schlachtfeldern, ihr Hab t775; sie ist demnach neun Jahre älter als ibr Bruder
und Gut ward geplündert, ihre Wohnungen zerstört, und Ferdinand vn, Aon ihrer frühen Kindheit an zeigte die
dieß Alles ertrugen sie mit einer unvergleichlichen Ge Jnfantin dieselben Neigungen , dieselbe Lebhaftigkeit des
duld; sie hatten nur einen Zweck, sie dachten blos an die Geistes, die ihre Mutter auszeichneten. Ihre außeror
Vertreibung ihrer Feinde und wollten von ihrem rechrma- dentlichen Fähigkeiten erregten allgemeine Bewunderung;
566
mitten unter den Zerstreuungen eines ausschweifenden, Feinde suchten das Gerücht zu verbreite», er leide an ei
verdorbenen Hofes wußte sie sich mannigfaltige und aus ner Geisteskrankheit; sie hatten den Plan, ihn der höch
gebreitete Kenntnisse zu erwerben. Mit zwilf Jahren be sten Gewalt zu berauben und dann die Prinzessin von Bra
stand sie vor ihrem Großvater eine Prüfung , welche we silien an seine Stelle zn erheben. Johann war schnell wie
gen der Gegenwarr des Hofes und der fremden Gesand der hergestellt und kehrte nach Lissabon zurück, als eben die
ten in gewisser Beziehung eine öffentliche genannt werden Polizey die Verschwörung entdeckt und die gedruckten Pro
kann; eS wurden ihr Fragen aus der heiligen und pro klamationen mit Beschlag belegt hatte. Eine gerichtliche
fanen Geschichte, aus der Geographie vorgelegt, sie wurde Untersuchung fand statt; aber der gute Fürst wollte
in der lateinischen, französischen, spanischen und portugie Niemanden ums Leben bringen lassen ; blos einige der
sischen Sprache eraminirt, und die Richtigkeit ihrer Ant Verfchwornen wurden verbannt. Jose Anastasiv, einer
worten sezte alle Zuhörer in Erstaunen. Zu diese» Kennt der ersten Polizeybeamten, und einige andere , welche die
nissen kam noch, daß sie sehr zierlich und geläufig sprach, Verschwörung entdeckt hatten, wurden zu Mafro vergif
und ihre Schrift war ausgezeichnet schön. tet, der erste mit einer Schüssel Brvcvli und zwey an
Einige Monate nach diesem Examen ward sie dem dere durch Chvkolade. Daher das warnende Sprichwort,
Prinzen Johann , Infanten von Portugal angetraut, und welches man wohl noch heutigen Tages hört: hütet euch
«79« in ihrem fünfzehnten Jahr verfügte sie sich zu ihrem vor den Brocoli und dem Chvkolade zu Mafra «Z»rck«l«
Gemahl nach Lissabon. Von neun Kindern, die sie hatte, cio« droe«1«5 cKoc«I»äe ck» !>l»sr»)
leben jezt noch sechs. Hier folgen ihre Namen und die (Die Fortsetzung folgt.)
Zeit ihrer Geburt: Marie Therese, geboren den 29. April
179Z; Don Petro d'Alcantara , Kaiser von Brasilien, ge
boren am t8. Oktober 1798 ; Maria Franziska, geboren
den 2«. April 180« , verheirathet' mit dem Infanten Don Bilder aus Frankreich.
Karlos von Spanien; Jsabella Maria, die ehemalige Re
(Fortsetzung.)
gentin, geboren den 4. Juli 18«1 ; Don Miguel, Re
gent , geboren den 2s. Juli 18«5 ; Anne de Jesus Marie, Indem Hausewohnten Engländer, Griechen und Polen,
geboren den 2Z. Dezember i»«g und an einen portugiesi und da die Gänge eng und dunkel waren, so lief man häufig
schen Edelmann verheirathet. aneinander,wobev dieE»tschuIdigungen in den verschiedensten
Kurz nach der Geburt des ersten Kindes brachen Zwi- Tönen vorgebracht wurden. Der Portier erschien, ein mun
stigkeiten aus zwischen Johann vi. , damals noch Prinz terer wvhlgebildeter Franzmann, sehr reinlich nnd schnell,
von Brasilien genannt*), und seiner Frau. Im Jahr und erbot sich zu allen nützlichen Diensten. Ich hatte aufdem
1806 ward ihr Zwist öffentlich und es erfolgte ein Bruch, Wege ein leichtes Fieber bekommen , das jeden Abend wie
der bis zum Tode des Königs gedauert hat. Während derkehrte und anfing mich besorgt zu machen. Eine junge
diefes ganzen Zeitraums bewohnten Bcyoe besondere Appar Französin in diesem Hause behandelte mich mit einer Auf
tements und man sah sie nie zusammen außer im Jahr merksamkeit und Gutherzigkeit, die ich von den untern Klas
1822 , wo sie sich der Schicklichkeit wegen dey Gelegenheit sen der Berliner Einwohner nicht leicht Jemand verspre
der Feyerlichkeiten, die durch die neue Ordnung der Dinge chen könnte. Dazu war dieses Mädchen, obgleich die Toch
veranlaßt wurden , zusammen im Theater zeigen mußten. ter eines Schäfers auf dem Gute meines Hauswirths, in
Wir schweigen von der skandaleuscn Chronik. ihrem Betragen einem hiesigen Stadtkinde vollkommen
Wenn die Prinzessin von Brasilien Feinde an dem gleich und von gutem Aussehen.
Hofe ihres Gemahls hatte, so hatte sie von der andern Ich besuchte das tKe»tr« ir«nx«!, ; Esther wurde gege
Seite sich auch eines großen Anhangs zu erfreuen; die ben. Ich nahte mich diesem Hause mit gespannten Er
sem Anhange schrieb Johann vi. das Komplott von 1805 wartungen, weil hier seit langer Zeit der Sitz dessen ge
zu , welches zum Zwecke hatte , ihn seiner Würde als Re wesen ist, worauf die französische Nation vorzüglich ihr
gent zu entsetzen. Er war zu dieser Zeit in tiefe Melan Optimal in der europäischen Literatur gestüzt hat. Das
cholie verfallen , die höchst wahrscheinlich häuslichem Ver Aeußere des Gebäudes imponirt nicht, das Innere hält
druß zugeschrieben werden muß; er suchte die Einsam mit dem Berliner Opernhause keinen Vergleich aus. Die
keit, zeigte sich wenig dem Volke, und war gegen seine ge Versammlung war zahlreich und ich kam ziemlich spät, so
wöhnliche Weise schwer zugänglich. Cr hatte sich nach Alen- daß ich das Vergnügen hatte, den ansehnlichen Raum
tejo begeben, um seine Gesundheit wiederherzustellen. Seine schon erfüllt zu sehen. Die Anwesenheit so vieler gepuz-
ten Damen machte einen festlichen Eindruck, den man in
*) Die Königin Mari« , seine geisteskranke Mutter, starb deutschen Theatern nicht erwarten darf. Mich zog dieser
erst 181S. Glanz häufig vom Spiel ab, ja ich muß gestehen, daß meh
56?
rere s,dr hübsche Damen in meiner Nähe mich mehr in- Freundin ein langes Gespräch über die Gleichgültigkeit der
teressirten, als alle dumpfen, schnarrenden und aufschreven« Franzosen gegen die Religion und die Mittel, welche
den Srklamatirnen des unnatürlichsten und leersten aller Regierung und Geistlichkeit ergreifen, um wenigstens in
dramatischen Spiele. Ich begriff kaum, wie eine Nation, der nächsten Generation andere Stimmung hervorzu-
die in der Hervorbringung natürlicher Produktionen eine bringen. Daö Streben der zurückgekehrten Dynastie und
so ungemeine Fertigkeit besizt, in Bezug auf die künstleri namentlich des jezt regierenden Königs, den kirchlichen
sche Plastik so trocken und langweilig seyn kann. Ich hatte Institutionen mehr Einfluß und Festigkeit zu geben, sind
von dem affektirten Heroismus, der prüden und kalten in Deutschland so allgemein ein Gegenstand des Tadels,
Grazie ihres Spiels oft gelesen , aber doch keinen solchen mau legt dieser frommen und gerechten Absicht so einsei
Winter deS Lebens in ihnen vermuthet, der, wie um deS tige und weltliche Motive unter, daß es der Mühe werth
Sommers zu spotten, sich mit Kränzen von Seide und ist , jene Bestrebungen und diese Urtheile näher ins Auge
Papier schmückt, und mit dem rothen Absatz seines som zu fassen.
merlichen Schuhs auf Schnee gekt. So viel man auch (Die Fortsetzung folgt.)
Aber die Art, wie sich die französische Ration politisch und
literarisch vom Mittelalter losgerissen hat, wissen mag,
der Mangel aller Poesie in einem so großen und geistvol
len Volke, in welchem ursprünglich die Mischung der ro FrKhlingSabend.
manischen Bildung und des germanischen Lebens von dem
Verhältnisse bcnder in Spanien und Italien wenig ver Der Sonnenglanz verweilt aus Auen,
schieden war, ist schwer zu begreisen. Die moderne Poe Und goldner Regen träuft von Bäumen;
Jndeß sich Abendwolken bauen.
sie, oder vielmehr die Tiefe des modernen Geistes, aus Will noch vom Tag die Erde träumen.
der sie heraufgekommen ist, fehlt ihrem Wefen ganz.
Ihr Erbtheil aus der romanischen Welt ist vielleicht um Die Erde lächelt hell, der Himmel
so reicher. Hat kühle» Thau ihr eingeflößet;
Ihr Athen» wehet leicht, der Himmel
Den außerordentlichen Bevfall, den sich Lafon bey sei Hat ihr den Gürtel sanft geliset.
nem Publikum an diesem Abend erwarb, konnte ich nicht
theilen. Mir fiel dabep Napoleons Ausspruch ein, er Bald schläft sie ein mit nassen Wangen,
Die lczten Lichter werden sinken;
würde Corneille, hätte er zu seiner Aeir gelebt, zum Für Da wird sie reine Nacht umfangen.
sten erhoben haben. Von diesem Dichter wird jezt auf der Und hell deö Mondes Auge blinken.
französischen Bühne wenig oder nichts mehr gegeben , und A. Schill.
doch ist er derjenige, dessen Poesie durch den Schimmer
von Romantik, der noch in ihr glimmt, den jetzigen Be
strebungen näher steht, vor allen aber durch seinen mehr
herrischen als galanten Charakter, durch seinen Sinn für Korrespondenz- Nachrichten.
Zrevheit und politische Größe seine Landsleure heutzutage
mehr intcressircn sollte als Racincs weiche Grazie und Berlin, April und Mai.
Dvltaire's antithesenreicher Styl.
(Fortsetzung.)
Ich besuchte eine Dame aus Belgien, deren Mann in
der französischen Marine gedient hatte. Ich war ihr durch Man ist gewohnt, bürgerliche Verhältnisse, politische
einen Geistlichen , ihren Verwandten, empfohlen worden. Machinationen bat prosaische Lebe» zu nennen; in die,
Ihre Anmuth und Güte, und daS Vertrauen, das ich zu ser Prosa erscheine» sie bep Shakespeare nicht. Der moderne
Staat, seine dem Sinne der neue» Zeit gemäße festgewordene
ihr faßte, machten uns schnell zu Bekannten. Ich wünschte Verfassungen sind »och nicht vorhanden, die unterschiedlichen
das kirchliche Publikum von Notredame kennen zu lernen, Seiten, an« deren friedlichen Vereinigung die Verfassung ilch
»nd wir fuhren in die große Messe. Ich konnte mein Er bilden soll, gähren noch durcheinander, und gerade dadurch
werden diese Gemälde poetisch. Nichts stellt fest, alles wird
staunen über die fast villige Leere der ungeheuren Räume erst durch Individuen hervorgebracht, befestigt, bestritten,
nicht verbergen. „Alle Vornehmen , die mit dem Hofe in der Zustand ist im Ganzen der feudalistische . alles ist an In
Verbindung stehen, und namentlich alle Militär- und Ci- dividualität gebunden , «nd erhält sich n»r dura, ihre Kraft.
vilbeamten sind in andern Kirchen, wo sie besser gesehen Die englische Konstitution ward zwar durch die PlantagenctS
schon ausgebildet . aber diese Seite deS politischen LcbenS be
werden.^ Die andächtige Menge bestand aus Kirchenar- rührt Shakespeare nicht , und außerdem war die Verfassung
meu, Krüppeln, und alten und jungen Frauen. noch nicht daS alles Beseelende. Belebende, der Kampf um die
Ich hatte bep der Nachhausefahrt mit meiner neuen Krone macht den wichtigsten Punkt auS. Die Erstgeburt ist
568
zwar »l« Recht anerkannt, aber bieg Recht hat noch nicht mit seinem großartigen Charakter die Zuversicht einflößte, daß
solche Gewalk, daß eö keinem in den Sin» käme, tieß Recht zu die alt« Stiftungen noch regelmäßiger als vorher zu den vor
verletze». Hier ist es denn die Beeinträchtigung der Samilieiibaiide, geschriebene» Zwecken verwandt werden. Der einzige Vor«
welche das Unrecht Kerbniführt und die stärksten Geister zu wurf, den man diesem Gebäude gemacht hat , ist eine Pracht,
grnndc richtet. Eden so anerkannt wie das Recht der Erstge die sich mit der Bestimmung desselben nicht wohl zu vertrage»
burt ist auch die Macht und Heiligkeit der Majestät; aber scheint ; man könnte nun bcynnhc von Brüssel sagen, was man
auch gegen diese Macht wird durch die eben so mächtigen Pairs häufig über London bemerkt hat , daß die Armen hier besser
angekämpft, und wir sehen beym Wechsel der Herrscher» die wohnen als der König. Ohne die zur Seite liegenden Gärte»
widerrechtlich den Thron besteigen , steten Verratb, Abfall, in und Nebengebäude hat eS auf 4UU Fuß Länge 260 Fuß
nerliche Kriege, angenblicNichcS Gelingen, baldigen Unter Breite. Das Innere tbeilt sich in zwcy AbtKeilungcn. In
gang ! die Individuen entschließen sich zu dieser ober jener Par de« einen wohne» die früher im Beginenbvfe verpflegten alten
ti)«?, von Familienintercssen, Habsucht, Treue, Liebe, Edel- Frauen, in der andern alte Männer, die bis dabin i» einem
muth , Tapferkeit getrieben , und haben das Schicksal zu dul ehemaligen Mannskloster zusammen lebten. Jede Abtheilung
den , das ihren Stamm , ihre Parthc» trifft. Bis zu Richard bildet, um einen sehr geräumigen, mit Rasen und Blumen
dem Dritten hin fuhrt uns Shakespeare das Schicksal von sechs beeten sorgfältig ausgelegten Hof, ein längliches Viereck. Rund
gekrönten Häuptern vor; der Klang treuster Liebe des Dichters umher ruht «uf Pfeiler» aus massiven Steinen eine Halle, un
für fein Vaterland , „dicß Land der Majestät , den Sitz des ter welcher sich auch bey dem schlechtesten Wetter die Be
Mars , dieses zweyte Eden , dieses halbe Paradies," durchzieht wohner in freyer Luft bewegen können. Im Mittelpunkte
alle diese Gedichte, bald klagend, bald rühmend und anfeuernd; wohnt der Ockonom , so baß er nach allen Richtungen hin die
und die ewige göttliche Gerechtigkeit schwebt über dieser Welt Anstalt überblicken kann. Die soliden Pfeiler und Gewölbe,
»oll Schuld, Kraft , Tüchtigkeit, Härte. Grausamkeit, Zart die breiten, aus großen Quadersteinen zusammengefügte»,
heit, Liebe und Innigkeit. DaS innere Wesen des englischen Treppen, die mai-morne» Fenstertafcln, die im edelsten Style
Staates ist der unsichtbare Richter , der über Tob und Leben aufgeführte Kapelle, alles zeugt wirklich von einem Reichthum,
aller Helden Recht spricht. Wir sehen König Johann mit den man der Verwaltung vorwerfe» müßte, wenn nicht der Ver
Hintansetzung seines ^uin Throne berechtigten Neffen Arthur kauf der umherliegenden Gründe für Bürgerhäuser allein eine
sich mit dem goldenen Reif die Stirne zieren; sein Volk, die fast hinlängliche Entschädigung aufgebracht hätte. Fünfhundert
Großen stimmen ihm bey und er besiegt Frankreich, nimmt Perfonen sind bereits aufgenommen , unter Kiefen bezahle»
den Neffen gefangen, trozt dem Pabste; doch er läßt den Nef niedrere jährlich eine Summe, die nach der Bequemlichkeit ihrer
fen morden , und nun hilft ihm seine zwevte Krönung nichts Wohnungen steigt, und ihre Zahl wird sich, bey der wirklich
mehr, die Großen fallen ab, die Franzose» besiegen ihn, und musterbasicn Pflege, wahrscheinlich noch vermehren. Die Le»
wie schon früher b.is Gift der bdfcn TKat ibn innerlich aufge str erwarten keine umständliche Erwähnung aller hiesige»
zehrt l'atte, stirbt er zulczt vor unser» Augen als wirklich Wohlthätigkeirsanstaltcn. Hospitäler, FindelKäuser, Waisen
vergiftet. Richard der Zwevte steht mit vollem Rechte auf dem häuser, alle erhalte» sich aus dem Ertrage jener Stiftungen,
Thron , und fo heilig ist ihm die Majestät , daß alle Fluth die von dem frommen Geiste der Vorfahren zeugen. Das Zu«
des Meers nicht könne den Balsam vom gesalbten König wa trauen in die Unvcrlctzlichkeit dieser Stiftungen ist in den lez,
sche» , und der Athein sterblicher Männer nicht den geweihten te» dreyßig Jahren durch ungerechte Singriffe geschwächt wor
Stellvertreter des Herr» zu entsetzen vermögen. Doch er hat den , daher sich von dieser Seite die Menschenliebe der Einwoh
sich »»gerecht, üppig, leichtsinnig, unköniglich, verschwende ner vielleicht nicht mehr so thätig bewährt; dagegen sahen dies«
risch bewiesen, und der beleidigte, strenge, tapfere Bolingbroke Zeiten zwcy andere Anstalten entstehen , die beweisen, daß im
besiegt und cntfezt ibn. Mir Kalber Schuld und halbem Recht mer noch derselbe Geist , nur von de» Umständen anders be
sczt sich Heinrich der Vierte auf den leer gewordenen Königs- dingt, nntcr den Brüsseler» lebt. An die Erwähnung dieser
stuhl des ermordeten Richard nieder. Seiner Seele thut web, Anstalten knüpft sich ein charakteristischer Zug , der nicht un
daß er sei» Glück mit Blut besprizt sieht, und er will inS ge beachtet bleiben darf. Ihr Zweck ist ebenfalls die Pflege sol
lobte Land wallfahrten. So bleibt auch seine ganze Regierung cher Männer und Frauen . die nach einem tbätig burchbrachten
ein fortdauernder, sorgenvoller Kampf gegen die stolzen, sich Leben nur durch die Gebrechlichkeit deS Alters in die Norhwe««
gekränkt fühlenden Vasallen; ..sein ganzes Regiment war nnr digkeit versezt werden, fremden Bcystanb anzunehmen. I»
ein Auftritt, da« diesen Inhalt spielte." Seinen Thronerben der einen befinden sich über 2«N, in der andern etwa ISO Per
hält er für eben fo leichtsinnig , verschwenderisch, gegen Recht sonen, Sie bestehen nur ans dem Ertrage freywiUiger. jähr»
und Sitte ankämpfend wie Richard , und er stirbt, wenn auch lieh erneuter Snbscriptivnen , die sich eher vermehren als »er»
nicht ermordet , dennoch in Äugst und Sorge , und hat noch mindern. Unentgeldlich leiten cbreiiwertbe Bürger alle Tkcil«
den Schmerz des Wabucs z» ertragen, daß sei» Erstgeborner der Verwaltung, «»» kein größeres Lob kann man hierüber
sich die Krone no« vor seinem Tode habe aufs Haupt setzen aussprechen , als baß, obgleich sich huiidcrtjährigc Personen dar
wollen. in befinde» , in diesem Augenblicke in keiner derselben auch nur
(Die Fortsetzung folgt.) ein einziger eigentlich Kranker anzutreffen ist. So wie beyde
Anstalten im eigentlichsten Sinne immer nur von der Gegen
wart leben , so nimmt auch besonders die zweytc mehrere Vor
Brüssel, Mai. fälle des geselligen Lebens in Anspruch , um ihre Einkünfte zu
vermehre».
(Fortsetzung.)
(Der Beschluß folgt.)
Wie gerne man «der auch das Düstere dem Heiteren weichen
siebt, so könnte man doch diesen Einbruch in die ehrwürdige
Wohnung des Friedens unb der Menschenliebe nnr bedauern,
wenn nicht neben jener Häuserreihe das neucHospizicngebäude B e v l a g e : Literaturblatt Nr. «.

Verlag der I. G. Cotta 'sehen Buchhandlung.


M v r g e n b l a t t

für

gebildete Stände.

Sonnabend, 14. Juni 1823.

Di« Zelt Ist da, «rl«? die lange Ruh,


Au« zwcyrnn El,ao« wcck' ein zwcvte« All !
Ei» ander Bild droumr unser schläsriq Auge,
Ein ander Wunder unser sanvanker Geist ! —
^oinm , zeige d» dich, ,«i„g un«, daß wir glauben'.
Lamartine.

Bilder an< Frankreich. Kirche in Frankreich wieder her und durch seine vom Papst
vollzogene Krönung, erkannte er die Bedeutung desselben,
(Fortsegung.)
wie auch seine innere Ueberzeuqung gewesen sevu mag,
Die Revolntion verschlang auf ihrem Wege alle vor- ausdrücklich an. Es entstanden in allen Departements
hondenen Fundamente der Eristenz der Nation. Es blieb geistliche Verbrüderungen, zum Unterricht bestimmt, und der
fast nur die Erde unter und der Himmel über ihr sich Kaiser begünstigte dieselben, wenn er sie anch nicht un
gleich, obgleich man sagen kann, daß die vollkommen um mittelbar aurorisirte. Die Restauration war anfangs aus
geänderte Gestaltung deS Grundeigenthums und die Ein schließend mit den politischen Einrichtungen des Landes be
führung des revolutionären. Kalenders auch diese bcvdcn schäftigt. daS religiöse Interesse blieb sich selbst ltberlassen.
Massen, die eine durch ihre Nähe, die andere durch ihre Die Auflösung aller moralischen Bande vor der Revolntion
Ferne unbeweglich, mir verändert habe. ES ergab sich die durch den Dämon des Atl>elsmus, der Bruch mit der gan
in der Geschichte einzige Erscheinung, daß ein Volk seinen ze» civilisirten Welt durch die Gräuel der Schreckenszeit
Glauben, der den Kern seines Wesens ausmacht, mit sei: und den eroberungssüchtigen Geist der Konsul«- und Kai-
nen äußern Einrichtungen zugleich abwirft, »der vielmehr fcrepoche haben die Nation dem religiösen Geiste entfrem
nach dreyzehn unter der Herrschaft des ChristcnthumS ver det, und diese Stimmung oder Richtung dauert noch fort.
lebten Jahrhunderten sich einer Art von politischem Hei- Die Geistlichen begannen ihre Funktionen mitten in der
dcnthum ergibt. Die furchtbare Verfolgung der Geistlich ungläubigen Menge. Die geistlichen Brüderschaften fingen
keit und die außerordentliche Kraft und Hingebung, mit an sich auszudehnen. Hier empfingen Knaben, die sonst
der sie diese Leiden ertrug, hat auf den Mantel jenes po alles Unterrichts entbehren würden, wenigstens Unterwei
litischen Fanatismus den schwärzesten Flecken und auf den sung in den Grundwahrheiten der Religion und den ersten
Scheitel deS verfolgten Klerus ein unvertilqbares Zeichen Kenntnissen des bürgerlichen Lebens, und die Schwester
feiner Würde und Heiligkeit gedrückt. Die Geistlichen schafren, vorzüglich Pcilsionatc, zur Erziehung der weib
zeigten sich in Kiefen Tagen der Gefahr und der Noth ihres lichen Jugend bestimmt, erhielten eine erweiterte Erlaub
hohen Berufes weit würdiger als der Adel, und ihre An nis! zur Annahme von Schenkungen und Stiftungen.
hänglichkeit an die vertriebene Dynastie war weit reiner Diese Vcraiistattiingcn tadeln zu wollen , die obenein nicht
und unintcressirter. Als Napoleon unter seinem Konsu von der Regierung, sondern von dem Geiste der Religion
lat Frankreich mit dem übrigen civilisirtcn Europa wieder und deS Guten ausgingen, der sich im Gegensatz zu den
zu verbinden dachte, stellte er durch ein Konkordat die Theorien einer einseitigen bürgerlichen Moral, die von
57°
den Liberalen für hinreichend oder einzig gültig zur Erzie nicht den Appetit verloren hätte; lauter Entdeckungen,
hung des Volks gehalten wird, mit vermehrter Kraft gel die Mirza Akhmak nicht in einem Monde gemacht hätte,
tend zu machen begann , würde von einer gänzlichen Un- nein, gewiß nicht, und hätte er auch den Bcystand aller
kenntniß des Zustandcs von Frankreich zeugen, der sich mit Talismane und Astrologen von ganz Persicn gehabt.
äußerlich ähnlichen Verhältnissen in Deutschland nicht va- Einer der Männer auf dem Schiffe war ein Sohn des
rallelysiren läßt. Das Mißtrauen der politischen Par- Weges, wie die wandernden Araber sagen, ein Reisender.
theyen , die gegenseitigen Uebertreibungen und Jntriguen, Er war augenscheinlich ein erfahrner Mann, denn sein
die dadurch nothwendig werden , haben in dem höhern Haar war weiß , was er leicht vor den Augen der
Theile der französischen Geistlichkeit vielleicht Ansichten und Welt hätte verbergen können, wenn er beständig einen
ein Benehmen hervorgebracht, das die politische Masse durch Turban oder Kopfschmuck nach unserer morgenländischen
religiöse Hebel zu regieren sucht. Die Wahrheit dieser In Weise getragen hätte. Was er von sich sagte, war uns
tentionen mitten unter dem Parthevgeschrev herauszufin unbegreiflich, denn es schien, als ob er auf seine eigene
den , wo auf der einen Seite mancher Aberglaube wieder Kosten für einen König der Franken in der Welt herum
hervorgesucht, auf der andern jede religiöse Beziehung reise, um Vögel, Thiere und Fische zu sammeln, die er,
schlechthin als mit der Vernunft und Freyheit unverträg sobald er sie gefangen hatte , ausstopfte. Kaum wurde er
lich geschildert wird, ist für den Augenblick unmöglich, so uns gewahr, so betrachtete er uns von Kopf bis zu Fuß, als
viel aber gewiß, daß ohne die Einheit und Stärke der re ob er Pferde oder Kameele zu untersuchen hätte, und seine
ligiösen Institutionen in Frankreich ein sittlicher, mithin Neugierde ward uns später klar, als wir den Zweck seiner
auch politisch-sicherer Austand unmöglich ist. Der untere Reise erfuhren; ohne Zweifel sah er uns wie fremde Thiere
Theil des Klerus hat sich übrigens in Frankreich von jeher an und war lüstern uns zu tödten und auszustopfen. Ein
durch eine ernste und strenge Befolgung seines Glaubens Anderer war, wie der Dollmetscher ihn nannte, ein S cha h-
und seiner amtlichen Vorschriften ausgezeichnet. Seine zadeh oder Fürst, ein Eingeborner einer großen Insel,
jezt in etwas verbesserte äußere Stellung ist wiederum ein Sicilie» genannt, bey welcher wir nahe vorbey segelten.
Gegenstand des Tadels und Verdachts geworden. Wem Sein Fürstenthum bestand, wie es schien, in einer Ladung
aber die Beschränktheit seiner äußern Lage bekannt ist, wird von Kaufinannswaarcn , die er nach England zum Ver
die erweiterte Sphäre dieser eifrigen und festen Diener kauf brachte, und sein Loos vergegenwärtigte mir, was
der Kirche nur als eine igcrechte Anerkennung ihrer Würde, manche unserer persischen Prinzen wahrscheinlich nach dem
ihrer Treue und Standhaftigkeit ansehen. Tode unseres Schachs se»n werden, nämlich Wanderer
(Die Fortsetzung folgt.) nnd Abenteurer auf dieser Erde. Er hatte nicht gar viele
Zeichen einer hohen Geburt an sich und erschien sogar un
ter den Franken als ein Mensch von finsterm, schlunmem
Die Abenteuer Hajji Baba's. Aeußern, er hatte Manieren, welche vielleicht fürstlich
seyn mochten, denn was wissen wir davon ? die aber sicher
(Fortsetzung.)
weder angenehm noch anständig erschienen. In seinem Ge
Der Kapitän brachte seine N a i b s oder Lieutenants folge befand sich ein Vezir , den er vielleicht hielt, um
und Offiziere und stellte sie dem Gesandten vor; unter ih seinen niedergeschlagenen Geist aufzurichten, und der in Er
nen machte er besonders auf einen Arzt aufmerksam , dem manglung einer ernstern Beschäftigung vom Morgen bis
es oblag, für unsere Gesundheit zu sorgen. Außerdem in die Nackt eine Art Zitter spielte.
führte er noch einen fränkischen Priester vor, welcher das Wir lernten nun eifrig die englische Sprache und began
einzige lebendige Zeichen von Religion war, welches uns nen die häßlichen und verwirrten Buchstaben zu lesen, wel
bis jezt unter den Ungläubigen vorgekommen, denn nie che man in den europäischen Büchern findet. Was mich
mals hatten wir einen von ihnen auch n»r still stehen und betrifft, so konnte ich mich niemals von der Gewohnheit
beten seben. Der Priester unterschied sich von den Uebri- losmachen, von der Rechten zur Linken zu lesen, denn
gen durch seine schwarze Kleidung. Sein Kinn nnd seine so seltsam verkehrt sind diese Europäer, daß alle ihre Bü
Lippen waren, gerade so glatt geschoren als die aller An cher von der Linken zur Rechten geschrieben sind; rüglich
dern und er trank Wein ohne das geringste Bedenken. erneuerte sich diese Schwierigkeit, so wie ich z« lesen be
Der Arzt hatte ebenfalls keine besonder,, Merkmale der gann , bis ich es endlich nöthig fand zur Erinnerung eine
Weisheit an sich, doch war er augenscheinlich ein gelehrter Nadel in meinen linken Ermcl zu stecken. Mahomed Beg,
Mann, denn sobald er mir den Puls gefühlt und meine der tief über diesen Gegenstand nachgrübelte, kam nach
Zunge besehen hatte, fragte er mich, ob ich nicht einen gehöriger Betrachtung so widersprechender Gewohnheiten
Schmerz gerade an der Stelle meines Kopfes fühle, die zu dem Scnlnsse, daß alle Völker, welcke auf dem Hoden
er berührte, ob mich die Augen nicht brennten und ich sitzen, wie die Perser, Türken und Araber, von der Rech
!7«
tni zur Linkt» schreiten, da hingegen alle diejenigen, wel der in Gefangenschaft bleib«, sollten, ihre Rechte auf die
che sich der Tische bedienen, wie die Europäer, die Feder spanischen Besitzungen in Amerika geltend zu machen. I«
in der entgegengesezten Richtung führen. diesem Zwecke sendete sie in alle benachbarten Länder, wo
(Die Fortsetzung folgt.) sich neue Reiche erHoden hatten, Emissäre, nach Buenos-
Avres, nach (Zhili und Peru, vorzüglich aber faßte sie
Paraguay ins Auge, und hier glückte es ihr auch gewisser
Skizzen aus Portugal. maßen ; sie wußte den Doktor Francis ganz für sich zu ge
winnen. Dieser Tvrann schien in ihre Ansichten völlig
(Fortfeyung.) einzugehen, und sendete einen Agenten nach Rio, um
König Johann nahm sich diese Verschwörung sehr zu Her: mit ihr das Weitere zu verhandeln. Dieser Mensch, na
zen; erlebte seit derzeit in beständiger Angst vor dem Ehr mens Fort, schlug ihr vor, wahrscheinlich um idre An
geiz seiner Gemahlin i er versagte sich die Vergnügungen der sichten über die Jesuiten kennen zu lernen, in Paraguay
Jagd und verbrachte einen großen Theil seiner Zeit in eine Regierung nach der Weise der Jesuiten zu gründen,
Einsamkeit zu Masra , ohne auch nur einem Freunde sei die den Namen: der gute Jesus von Paraguav
nen geheimen Kummer mitzutheilen. In diesem Zustande führen sollte, sie selbst aber sollte die Schutzherrschaft über
befand sich die königliche Familie, als die Franzosen die dieses neue Reich übernehmen. Sie habe, sagt man, die
Kränzen deS Reichs überschritten und geradezu auf Lissa: sem Vorschlage Gehör gegeben , ja es srven mehrere ge
bon losginge». Johann begab sich (am 27. Nov. t»e>7) heime Aktenstücke vorhanden, die von ihr in jener Eigen
sommt seinem Hofe, feiner Mutter und Don Pedro auf schaft unterzeichnet wurden.
ein Linienschiff von achtzig Kanonen; die Prinzessin befand Diese Unterhandlungen wurden völlig ohne Vermis
sich mit dem übrigen Theil der Familie auf einem andern sen des Prinzen , ohne alle Theilnabme von seiner Seite
Schiffe. geleitet. Fort und die Königin sahen indessen nach der
Gleich nach der Ankunft in Rio wählte der König Vertreibung der Franzosen aus Spanien und der Rück
San Eristoval, einen vier englische Meilen von der Stadt kehr Ferdinand vil. wohl ein, daß ihre Plane unaus
entfernten Landsitz zu seinem Aufenthalt. Cr nahm mit führbar seyen, deßhalb kamen sie überein, alles Mögliche
ssch Don Pedro, Don Miguel und die Prinzessin von Bei: für die Wiederherstellung der spanischen Herrschaft in
ra, die jezt mit ihrem Sohn Sebastian, geboren zu Rio Südamerika zu versuchen. Fort begab sich deßhalb nach
«m 4ten N«v. I8lt, zu Madrid lebt. Die Prinzessin von Montevideo, ward daselbst verdächtig, von General Lecvr
Brasilien wohnte mit ihren drev jünger» Töchtern in Rio, gefangen genommen und endlich »ach Rio geschickt. Hier
hatte einen besondern Hof und sab den Prinzen blos an bekam er bald wiederum seine Freyheit, ward durch die
Gallataqen. Bev jeder Gelegenheit suchte sie die Regierung Guiist der Prinzessin zum Obriste» erhoben und erhielt
ihres Gemahls herabzusetzen, und ihr Shrzeiz und ihre den Titel : Marquis von G u a n a n v. Er leistete un
Herrschsucht schienen täglich zu wachsen. Rio ward bald ter diesem Titel später seiner Gönnerin große Dienste,
der Sammelplatz vieler Flüchtlinge, sowohl aus Spanien und ward die Seele aller zum Sturze der neuen Regie-
und Portugal als aus den spanischen Provinzen in Ame rmigöform in Portugal ersonnenen Jntriguen.
rika, die sich in Republiken umgestalteten; die Prinzessin (Die Fortsetzung folgt.)
nahm alle mit der größten Zuvorkommenheit auf und knüpfte
allenthalben Verbindungen an. Sie suchte selbst während
der GefangenschaftFerdinands vii., so wie früher während Korrespondenz-Nachrichten.
der kurzen Geistesabwesenheit ihrer Mutter sich «IS Re Brüssel, Mai.
gentin von Spanien ausrufen zu lassen. Um dieses zu er (Beschluß.)
Der Ruf der niederländischen bildenden Künste ist zu al
reichen, sendete sie einige Vertraute nach Kadir, die ihr len eiriliürtcn Völker» gedrungen . und noch immer «gl sich
einen Anhang verschaffen sollten. Der Doklor Padron, der Sinn dafür in den meiste» Prooinze» des Kdniqreiais.
ein Kortcsmitglied, der sich vorzüglich durch seine heftigen Brüssel bleibt bicrin. nli Rcssdenzstadt im Süden . gewiß niebt
Reden gegen die Inquisition bemerkbar gemacht hatte, ward zurürk. Ausgezeichnete Künstler baben I,icr ihren Wobnsky
ihr vorzüglicher Anhänger und es kam so weit, daß ihre aufgeschlagen und die bffentliche» Kunstausstcllungen ziehen pr-
riodisai eine Menge Kunstfreunde ans allen TKcilcn des Landes
Ansprüche auf die Regentschaft selbst in den öffentlichen an. Bc« einer jeden dieser Ausstellungen „cl'mcn nun . bc»m
Versammlungen der Kvrtes debattier wurden ; eine starke Hercintreten . zwev Bürger die Großmutb der Scvanlust igen
Opposition hinderte aber ihre Anhänger sie geltend zu zu». Besten jener Anstatt in Anspruch . und seile» vergeben«.
machen. Zuweilen überläßt auch wviil ein Künstler einzeln sei« ebe,'
vollendetes Werk dieser Anstalt, die es dann gegen eine mLs-
Nun fiel die Prinzessin darauf, im Falle die franzö siac Rctvibution ausstellt . und man kdmite nicht sage», da,!
sische Herrschaft ^u Spanien sich befestigen und ihre Brü- dies jemals dieZahl der sich herzudrängcuden Freunde d^s Sek?
5?-
NM vermindert hätte. Aber nicht etwa nur höhere, öer ge Festes an. Nach bem Gottesdienste schlägt die Stunde teS
bildeteren Welt zustehende Genüsse werden hier durch Theil- EssenS , und während sich alle Bewohner der Anstalt um die
nähme an den Notbleibenden veredelt , auch bis in die unter: reicher alS gewöhnlich besezten Tafeln reihen , geht daS Pub
sten Klassen, bis zu den gewöhnlichste» geselligen Freude» hin likum umher, bespricht sich mit ihnen, mancher Bürger grüßt
ab erstreckt sich dieser menschenfreundliche Seist, und es bietet seine alten Bekannten, und ein unbefangenes Benehmen »er«
dieß den besten Anlaß dar, eine Mcynung zu berichtigen , die doppelt bey den ehrwürdigen Alten das beglückende Gefühl iy-
nur gar zu sehr über den Flamänder im Allgemeinen bey den res forgenfrcyen Zuflandes.
Fremden Wurzel gefaßt hat. Man denkt ihn sich immer nur Folgen dieser Mittheilung künftig einige Skizzen über hie»
mir Bier und Tabak, und sieht in diesem ewig stumpfen Ei sigeS BcincrkenSwcrtbe und Charakteristische, so wird dieß in
nerlei? deö sinnlichen Genusses das ganze Volk für nicht gebil der Voraussetzung geschehen, daß ein Land, dem unser Schill»
deter an als jene Bauern, mit deren Karrikaturcn Tenicis in seinen historischen Arbeiten einen so hohen Rang angewiesen,
und O st a d c uns ergötzen. Allerdings ließe sich auf manche «uö dem sich Kunst - und Gewerbfleiß nach de» Nachbarstaate»
unserer Estaminets die Bemerkung anwenden : hin zu einer Zeit verbreiteten, als einige derselben noch sehr
„Mit wenig Witz und viel Behagen weit zurück waren . in dem volkreiche Städte, reinliche Dör
Dreht jeder sich inr engen Zirkeltanz," fer und blühende Felder überall das Gepräge der ordnungSvol-
lcn Tl'ätigkeit seiner friedlichen Bewohner an sich tragen, wohl
aber fo wenig Goethe alle deutschen Abendgesellschaften mit der darauf Anspruch mache» darf, die Aufmerksamkeit eincS gebil
in Auerbachs Keller auf eine Linie stellen wollte , so unbillig dete» Publikums von Zeit zu Zeit auf einige Augenblicke zu
wäre es auch, in den Niederlanden überall nur ungebilbele« We beschäftige».
sen vorauszusetzen. Der GeKKxte , i>«r Advokat, der Künstler -td-
bringen hier nicht selten eine gcsprämrgc Stunde neben dem
schlichten Handwerker zu, und schon diese Mischung der Stande, Hamburg, 22. Mai.
die etwas republikanisches hat , läßt kein ungesittetes Beneh In voriger Woche traf hier Madame Eatalani mit ihrem
men aufkommen. In allen Estamincts hat aber auch die Wohl:
thätigteit ihren Sitz aufgeschlagen. Einige der Nachbarn , die gewöhnlichen stattlichen Gefolge ein. und kündigte ein Konzert
sich dort gewöhnlich Abends einfinden, übernehmen es nämlich, an für den Eintrittspreis von fecbs Mark. Bey ihrem lez
zum Besten . des zulezt angeführten Hofpiziums eine Beufleuer ten Konzcrte vor vier Jahren hatte sie sieben Mark acht Schi,
cinjusammeln , die, wie sie für den Einzelnen unerheblich (zwey Spcc. Tblr.) gefordert. Trotz der gemäßigten Forde
ist, auch wegen des schönen Zweckes nicht leicht verweigert rung gingen nur sehr wenige Billcts ab , und darüber höchlich
wird. Diejenigen Estaminets , welche jährlich mehr als iZd entrüstet , ließ sie gestern in den wöchentlichen Nachrichten be
Guldcn aufbringen , werben in den Zeitungen namentlich an kannt machen, eingetretener Hindcrnissc wegen könne sie kein
geführt. In dem lezten Jahre belief sich iure Anzahl auf Konzert geben ; man möge die BilletS wieder zurückgebe» und
zwanzig, und wir vernainnen am 14. April, daß ihre Bepflcucr das Geld in Empfang nehme». Die berühmte Sängerin hatte
zusammen l7Zö Gnlden betrug. Nimmt man den Betrag der aber vorher gar keine Anstalt getroffen ihre Anwesenheit allge
geringeren Estaminets binzli . so kann man eine Summe von mein anzukündigen , es wußten nur wenige in der volkreiche»
etwa 7UW Gulden annclnnen. Nach so bescheidener Ausübung Stadt, daß sie uns mit ihrer Gegenwart beehre.
»iciischenfrcundlicher Pflicht darf dann auch wohl ein Mo Heute liest man nun in den wöchentlichen Nachrichten
ment erhöhter Freude eintrete». Au einem zum Voraus be folgende Bitte:
zeichneten Abende erscheinen in jedem der angegebenen Estami- ^Mehrere Frennde des hiesigen Stadttbeoters ersuchen die
nctS zwcy Greise, vor ihnen her zieht Musik, sie tragen eine »erehrliche Direktion doch in diesen Tagen die .,falfche Prima
mit Blumen geschmückte Krone, ihre eigene Arbeit, aus buntem Donua" aufführen zu lassen." ,
Pappendeckel voll zierlicher Vergoldungen , und im Namen der R.
Anstalt überbringen sie der Gesellschaft einen innig empfunde
nen Dank ; unter Musik und Beyfallrufen wird die Krone im Auflösung des Logogryphs in Nr, tZ7.
Saale aufgcliängt und bleibt so daS JaKr hindurch ein ehren
des Zeugnis für die Gäste und eine freundliche Mahnung an Leben. Lieben.
diejenigen, die sich zu ihnen gesellen ; den ganzen Abend aber
währt die Musik; die Greise cmpsangeu von allen Seiten Be
weise aufrichtigster TKcilnahme, erzählen von ihrem vergan Buchstaben-Rärhsel.
genen Leben und fühle» sich wie verjüngt . und da die Ge
sellschaft zalilreichcr ist wie gewöhnlich, au«, der festliche Auf - Hüte vor mir dich! im Süden und Norden
zug das Her; dem Wohlwollen besonders öffnet, so beginnt Kann ich dich packen, und schütteln und morden.
das neue Jahr mit einer nicht unbedeutenden Erndre milder Nimm mir ein Zeichen : dem lüsternen Esser
Gaben für denselben Zweck. Um diesen wahrhaft humanen Dien' ich, und bin doch ein Eisenfresser;
Verkehr zwischen Wohlhabenden und Hülfsbcdürstigen . zwi Noch eins : eS wand sich auö meinem Schooß
schen höheren und niederen Ständen schlingt zugleich die Re Frühe der Sott schon, der feurige, loS;
ligion ihr beseligendes, bekräftigendes Bind. Einmal imJaine Noch eins: ich stehe vor heiligen Namen,
wird in jeder Anstalt ein Hochamt zum Andenken der verstor- Rede nicht höflich init schwatzenden Damen ;
benen Wolilthätcr und Verwalter derselbe» gcfcnerr, Ben Eins noch: von einem Getränke den Ton
diesem Anlasse erscheinen die alten Männer und Frauen, rein Hörst du, ja giebst mir die Lösung auch schon?
lich gekleidet, in der Kirche, die sie zuvor mit Blumen und I. G. M.
Bauinzwcigen ausgeschmückt haben. Die unter dem Namen
große Harmonie" bekannte Gesellschaft der hiesigen Musik
freunde bietet dann gerne ihre Dienste zur Verherrlichung des Bevlage: Jntelligenzblatt Nr. i8.
Verlag dcr I. G. Cotta 'scher, Buchhandlung.
v r g e n b l a t t

für

gebildete Stände.

Montag, 16. Juni i 8 2 g.

Kannst du immer »roch den alten Triebt«,


Die dich Schwächer», Aeltcrn immer mehr ja
Drucke» . geißeln , xeiniqen , noch dienen ?
Ach. du mußt! — O Golk, so reiche du mir.
Du aus fernem mir in fernem Lande
Deine milden Arme , und entreiße
Mich mir selbst!
Herder.

DaS Judasbild. Hut und sprach kein Wort. Chemnitz hielt sich mit der
einen Hand an einem Stuhl , sah den Fremden starr a»
Won L. Kruse. und fragte mit fester Stimme: „Wer sevd Ihr? WaS
Es ward« dritte Sonntag nach Trinitatis des JaKrS führt Such zu mir?«
t7", als Magister Slaus Chemnitz, Pfarrer an der Kir „Mein Name ist Michael Havenrenter," gab
che der heiligen Drevfaltigkeit in A**, nachdem er eine er zur Antwort, ohne die Augen aufzuschlagen. „Uebri-
eindringliche Predigt von dem verlornen Schaaf und dcm gens bin ich das verlorne Schaaf und der abhanden gekoni:
abhanden gekommenen Pfennig gehalten, aus der Kirche mcne Pfcimia , von denen Ihr heute gepredigt habt."
nach seiner Wohnung zurückkehrte. (?s deuchte ihm im An diesen Worten, nnd noch mehr an dem Ton, mit
merfort, als folge ihm Jemand auf den Fersen nach; als dem sie auöqesxrochen wurden, merkte der Magister, daß
er endlich den Kopf uniwandte, um zu sehen, ob vielleicht er einen reuigen Sünder vor sich habe. Cr wurde daher
irgend Jemand mit ihm zu sprechen wünsche, gewahrte er ganz Meister deS unheimlichen Gefühls, das sich bcnm An
dicht hinter sich einen ihm ganz unbekannten Mann, der, blick dieses Mannes seiner bemächtigt hatte, redete ihn
ohne daß er sich zu erklären vermochte warum, ihm mir milden, mitleidsvollen, vertranenerregenden Worten
unwillkührlichen Schauder einflößte. Es war ein Mann an und lnd ihn ein, sich niederzusetzen.
in mittleren Jahren , groß und stark gebaut; seine „Nicht sitzend, ehrwürdiger Herr!« sagte der Fremde.
Züge waren sehr scharf und hervortretend, ein dicker, rörh- „Stehend will ich Such mein Herz eröffnen, insofern Ihr
licher Bart nmkräuselte Wange und Kinn, Haare von der: meine Beichte hören wollt; Ihr habt den Schlüssel zu
selben Farbe waren unter dem niedrigen, breitrandigen meinen innersten Geheimnissen zu finden gewußt. Wollt
Hut sichtbar; er trug ein Kleid, wie es die Seeleute ge Ihr mich erretten, wollt Ihr einen verlornen Mensche»
wöhnlich tragen. Chemnitz drehte dm Kopf wieder um erlösen?«
und eilte mit schncllern Schritten nach Hanse, sich seines „Ich nicht, ich kann es nicht!" fiel der Pfarrer ein;
Schreckens um so mehr schämend, als er sich denselben „allein ich will Such auf den verweisen, der es kann.«
nicht erklären konnte; doch kaum hatte er sein Studier: „So meyne ich es eben,« mihm Havenreutcr das Wort.
zimmer erreicht und das Amrskleid abgelegt, als es an „Allein wenn ich Such etwas offenbarte, das ich gcthan,
der Thüre klopfte und auf sein. Herein, der Unbekannte und das Sucr innerstes Gefühl empörte, etwas, das die
hereintrar. Gesetze mit blutiger Strafe belegen, müßtet Ihr mich
Cr blieb an der Thüre stehen, drehte verlegen an dem dann vcrrathen ?"
874
Diese Worte flößten aufs Neue dem Seelsorger einen bare Hand mich dem Altare zu , eine unwiderstehliche Ge
Schauder ein. Er sah seinen Gast groß an , trat einen walt fesselte meine Augen an das glänzende Metall. Un
Schritt zurück und fragte gespannt: «Seyd Ihr denn ein willkührlich nahte ich dem Altare; da trat ein Kirchen
so großer Sünder?" diener hervor und wies mich zurück. Wie es nun zu
«Groß oder klein," fiel der Andere ein; „kommt gehen pflegt, wo eine böse Begierde gewurzelt hat, daß
es denn darauf an, wenn ich gerettet werden will? So diese nie schneller gedeiht, als wenn ein Hinderniß sich zwi«
nach muß ich mich empfehlen." Cr kehrte sich um und schen sie und die Befriedigung stellt, so ging es auch mir.
wollte gehen. , O, der köstliche Kelch! o, das glänzende Gefäß! diese
Chemnitz eilte ihm nach, ergriff ihn beym Arm, zog Vorstellungen schwebten mir unaufhörlich vor. Oft schlich
ihn tiefer ins Zimmer herein, drückte ihn auf einen Stuhl ich, Gelegenheit erspähend, um die Kirche, keine wollte
nieder und sprach : „Nicht um die ganze Welt ; Ihr bleibt sich darbieten. Mehrere Tage trieb ich mich, von den schau
hier, Ihr laßt Euch helfen! Groß oder klein,, darauf derhaftesten Empfindungen gequält, herum. EinesmalS
kömmt es bey dem dort oben nicht an. Allein Ihr dür Hey Nacht stehe ich schlafend auf, kleide mich an, eröffne
fet nichts verhehlen! was Ihr mir verhehlt, verhehlt das kleine Fenster des Bodenzimmers, in dem mein Bett
Ihr auch Ihm, und das verzeiht er nicht." stand, gehe auf das Dach hinaus, und lasse mich längs
«Ich werde nichts verhehlen," begann Havenreuter der Wasserrinne auf die Straße hinab; ich schlage den
jezt. «Ich bin ein wilder, unbändiger Mensch, und habe Weg nach der Kirche ein. Alle Gegenstände rings um er
seit meiner Kindheit im Dienst der Sünde gestanden. — kannte ich klar und genau in der tiefen Finsterniß, doch
Gibt es Menschen, die Böses thun, weil sie es müssen, nicht durch die Augen oder irgend ein bestimmtes Organ,
dann bin ich ein solcher. Ich bin zum Stehlen ver sondern ungefähr so, wie man etwas im Traume sieht. Ich
dammt." bin mir noch Alles, was mir diese Nacht begegnete, aufs
«Zum Stehlen?" wiederholte Chemnitz verwundert. Deutlichste bewußt. Als ich die Kirche, erreichte, schlich
«Zum Stehlen!" bestätigte der Fremde. «Soweit ich einige Mal um sie herum und untersuchte aufs Ge
mein Gedächtniß in das Leben zurückreichen kann, habe ich naueste Alles. Kopfschüttelnd wollte ich eben unverrich-
gestohlen. Schon als Kind hatte ich bestimmte sichere Ver- tetcr Sache umkehren, als ich ein kleines Fenster ziem
wahrungsorte , wohin ich alles brachte, was mir in die lich hoch an der Mauer bemerkte, das während des Got
Augen stach. Mitunter wurde ich auf der That ergriffen tesdienstes gern geöffnet wurde, um der frischen Luft Ein«
und hart bestraft. All«n ich konnte es nicht lassen; selbst gang zu verschaffen. Gerade über stand eine mächtige Linde.
wenn ich mir vorsezte: du sollst nicht! streckte ich doch An dieser schwang ich mich hinauf, und mittelst ihrer Zweige
wie unwillkührlich die Hände nach fremdem Eigenthnme stieg ich'glücklich durch das Fenster hinein und von da in die
aus. Ich bin ein geborner Dieb. Es ist mir er Kirche hinab.«
zählt worden, daß die Mutter, während sie mit mir (Die Fortsetzung folgt.)
schwanger ging, jeden Morgen, wenn der Vater noch schlief,
Geld aus feiner Tasche herausnahm , um damit geheime
Lüste zu befriedigen; und daß dieß nicht ohne Einwirkung Die Abenteuer Hajji Baba's.
auf meine Natur geblieben ist, davon gibt mein ganzes
(Fortsetzung.)
Wesen ein trauriges aber unwiderlegbares Jeugniß. Ich
wurde in die Lehre gethan , allein da so viele Sachen zwi Wir sezten unsere Reise mehrere Tage lang in einem
schen meinen Händen verschwanden, wurde ich überall weg kältern Klima fort, und es ereignete sich nun ein Umstand,
gejagt. Mit dieser gehässigen Neigung war in sonderba der uns die Hoffnung einflößte, daß wir uns dem Ende
rem Bunde die Eigenheit vereint, die sich seit der frühe derselben näherten. Der Reisende und Thicrausstopfcr,
sten Kindheit bcp mir äußerte, daß ich nämlich im Schlafe mit dem wir fehr bekannt geworden waren, schien äußerst be
herumging. Bevm Mondwechsel erhob ich mich von mei kümmert über jene unzwevdeutigen Zeichen des Alters, seine
nem Bette mit offenen Augen, jedoch ohne zu schen, und weißen Haare. Er verglich unsere Bärte mit seinem Haupte
ein gefährlicher Nachtwandler, unternahm ich, was mir und fragte, durch welches Mittel wir alle, Jung und Alt,
am Tage nicht gelingen mochte. Eines Tages schlich ich, es möglich machen, unfern Haaren eine so schöne, glän
eben als das heilige Abendmahl ausgetheilt wurde, in eine zende sä>warze Farbe zu erhalten, mährend er, er möge
Kirche hinein. Die reichen Gefäße, die bey dieser Fever thun was er wolle, nimmer im Stande scv zu verhin
gebraucht wurden, weckten sogleich meine Aufmerksamkeit. dern, daß die seinigcn weiß würden. Er gab u»S zu ver
Ich vermochte nicht die Augen von ihnen abzuwenden. «Du stehen, daß die Welt im Allgemeinen eine falsche Rech
sollst die Kirche verlassen," sagte ich zu mir selbst. Allein nung nach seinem Haare mache, und ihn für weit älter
in demselben Augenblick war es , als drehe eine unsicht halte als er in der That sev, da er sich, wie er uns ver
575
sicherte, noch in der vollen Kraft der Jugend befinde, und uns die Küste zuerst zeigte, entdeckten wir anstatt der hel
er «lernte, wenn irgend ein künstliches Mittel im Stande len und sonnigen Berge, an welche unsere Augen in unfe
wäre, eine so unbillige Schätzung zu verhindern, hielte rn« Vaterlande gewöhnt sind, nur eine niedrige Linie,
er sich für vollkommen berechtigt es anznwendeu. die den Horizont begränzre und von Wolken und Nebel
Wir versicherten ihn, daß wir in Persien ebenfalls verhüllt war; und dieß versicherte man uns, sey das Land
die Schwache des Alters fühlten und einen eben so großen der Franken. S« war denn die Ursache eines Umstandes,
Widerwillen gegen weißes Haar hätten und deßhalb seit der uns stets so uncrklärbar schien, daß nämlich dieß un
undenklichen Zeiten uns gewisser Forden bedienten, welche ruhige Volk beständig seine eigenen Wohnungen verläßt und
die Pärte der alten und jungen Leute einander gleich mach: so vielen Gefahren und Schwierigkeiten trozt um uns auf
ten. Einige zogen die einfache K Henna vor, die eine zusuchen, auf einmal erklärt. Wir besitzen einen Vorzug,
schone rothe oder Orangefarbe gebe ; Andere , deren Ge der ihnen fehlt, und ohne welchen daö Leben des Menschen
schmack feiner feo, bedienten sich des Indigo und erschie wenig Werth hat. Freplich versuchte der Mehmandor
ne mir blauen Bärten ; die Meisten aber mischten bevde eine andere Erklärung zugeben, indem er sagte, daß die
Farben, waö lenen schönen schwarzen Glanz hervorbrächte. europäischen Völker sich von einer Absicht, deren Größe
Wir fragten hierauf den Reisenden, welche Farbe er zu und Umfang wir nicht zu begreifen vermöchten, leiten lies-
haben wünschte, rotk, blau oder schwarz? DaS Roth sen, und diese mache es sür England, eines der hauptsäch
schien ihm Schauder einzuflößen, und er schwur, daß idm lichsten dieser Länder, nothwendig, Abgesandte nach allen
seine eigenen weißen Haare lieber seven , drückte aber de» Tbcilen der Welt zu senden, wie entfernt sie auch von
Wunsch aus, die schwarze Farbe zu bekommen, und dieß ge dessen unmittelbaren Umgebungen scvn möchten, um Freund
schah augenscheinlich ohne Vorwissen irgend eines seiner schaft zu stiften und den Handel auszubreiten. Wir konnten
Lantsleute, in der Absicht, das Ufer feines Vaterlandes im indessen diese» Gründen keinen Glauben bevmesscn und un
vollen Glänze der Jugend zu betrete». Hafchem, des Ge- möglichzugeben, daß irgend ein Interesse, welches die fränki
sandten Kammerdiener, versprach demnach die gehörigen schen Nationen bewegen mochte, mit denen in Vergleich zu stel
Farben zu bereuen und das Haupt dieses Ungläubigen zu len scve, nach welchen unsere weitläufigen, bedeutenden und al
verjüngen. Allel,, wie groß war unser Erstaunen, als wir ten Monarchien regiert werden. „Aum Bevsxiele," sagte der
den Tag darauf, statt daß er neu gefärbt erschien, Gesandte zu ihm, „wenn ihr von auswärtigen Verbindun
seinen Kopf mit Fett überxflastcrt und dick mit jenem gen sprecht, was wollt ihr niit unsern CbapxowS oder räu
häßlichen Staube bedeckt sahen, dessen sich die Franken berischen Einfallen in benachbarte Lander vergleichen?
bedienen. Wir konnten bemerken, daß die Kbenna sehr D^ie männlichen nnd weiblichen Sklaven, die Kameele,
gut gefärbt hatte, und wäre der weiße Staub und das Fett Pferde, Stuten und Schaafe, und außerdem die Maul-
nicht gewesen, fo wäre sein Kopf feuerroth erschienen. Als thierladungen von Köpfen, die wir siegreich erbeuten und
wir .yaschem fragten, warum er nicht sein Werk mit dem bev dielen Gelegenheiten mit unö hinwegführen, dieß mö
Indigo vollendet, wodurch das Haar schwarz geworden wäre, gen mit Reckt TKaten genannt werden , und lassen sich
fand es sich, daß dieser Farbestoff seine Eigenschaft durch nicht mit den Aänkcrcven von ein Paar bartlosen Ungläubi
die Fenchrigkeit auf dem Meere verloren hatte und dem gen i» Vergleich stellen, welche schreiben und unterhan
nach das Haupt ldeSVöqelausstopfers verurtheilt war, roth deln und schmatzen, und Monate „nd zuweilen Jahrelang
zu verbleiben. Er war augenscheinlich über diesen wider Worte machen , um ihr Recht auf eine Sache zu behaup
wärtigen Anfall bekümmert, da rothes Haar in seinem ten, eh« sie einmal zum Schlagen kommen. Und auf
Lande als schimpflich verspottet wird. Glücklicherweise der andern Seite, wenn Ihr von innern Angelegen
sür ihn und für uns alle ward bald darauf die Huste von heiten redet, was ist daö winzige Interesse einzelner
England gesehen und dieser neue und interessante Gegen Menschen, die bloS für sich und ihren eigenen Genuß arbei
stand ließ uns alles Unglück unserS Reisegefährten »nd die ten, im Vergleich mit den Werken und Bestrebungen einer
Lächerlichkeit seiner karmosiüroche» Locken vergessen. ganzen Nation, die sich bemüht, Neichthum und Uederfluß
Die Ungläubigen schienen die ferne Küste ihres für einen großen König wie den unsrigen aufzuhäufen, der,
Vaterlandes mir fast eben so großer Frcnde als wir statt unö für nnfere Anstrengungen zu danken, nns eine große
selbst zu begrüßen, und dieß besiärigte uns in der Per- Ehre zu erzeigen denkt, wenn er unser Leben und Eigen
muthung, daß Zufall und Schicksal weit mehr Antheil dar thum, welches wir ibm als Opfer darbringen, annimmt ?"
an hatten, daß wir darauf zugekommen waren, als alle Vergeblich waren alle unsere Beweisgründe, nichts
Beobachtungen, Linien, Winkel und große Papicrbogen konnte den Mchmandar überzeugen, daß sein Land und seine
ihrer Sterndeuter. Regierung nicht die beste» in der Welt seycn, nnd alle seine
Alles was wir von dem düstern, traurigen Klima von Reden endigten damit : „Wartet nur, bis Ihr England
,. England gehört, fand sich völlig bestätigt, denn «IS man seht, Ihr «erdet dann mit Euren eigenen Augen urthei
ö?6
len und mir sagen, wer am glücklichsten ist, die Engländer sie an Griechenland erinnert, in Träumereven versunken, eS
oder die Perser." eine Zeitlang vergessen, baß ich die liebe feste Erde mit dem
Endlich warf man die Anker aus und wir stiegen ans man treulosen, wankende» Elemente vertauscht hatte. Statt baß
Hey günstigerem Winde in vier-und-zwanzig Stunden in
Land, ohne daß Jemand fragte oder sich darum zu beküm Korsika ist, sah ich der Tage vier hinschwinden, immer die b»
mern schien, ob es auch in einer günstigen Stunde geschehe. schneiten Berge der Insel im Angesicht , und oft nur eine'Vic«
(Schluß des ersten Abschnitts.) tclflunde von der Küste entfernt, ohne daß es möglich war, die
kleine Spiyc vor der Rhede von S. Florent zu «mscgeln,
Dieß gekmg erst am fünften Tage.
Korrespondenz- Nachrichten. (Die Fortsetzung folgt.)
Basti«. Ende April.
Der Nordwind und mit ihm der erste Frost hatten sich Berlin, April und Mai.
endlich eingestellt. Bis dahin, es war die Mitte Februars, (Fortsetzung.)
war die Vegetation in Lang'iedoe kaum unterbrochen worden, Heinrich der Fünfte, diese lieblichste königliche Helbcnblume,
und iin Januar standen alle Mandelbäume schon in Blüthe. die 1e auf einem Throne erblühte , ist der erste, der nicht mit
Es war also zu erwarten, baß nun der Winter, und besonders inneren Feinden zu kämpfen hat. Den holden Leichtsinn, dcrNi«
der Miflrel, der mir Recht sich nennende Meisterwind. eben chard den zweutc» zu Grunde richtete, weiß er aufs Schönste
falls ihr Recht behaupten würde«. Hierauf vertrauend, be mit seine» königlichen Pflichten zu vereinen ; er hat das Lebe»
schloß ich meine Reise von NiSmei nach Toulon zu Fuß zu des Volks in jeder Weise durchgemacht und kennt es bis zum
unternelimcn , und ich hatte es nicht zu bereuen; acht Tag« Küfer hinunter; er liebt es , und es liebt ihn mit treuster An«
günstiger Witterung erlaubten mir das Städtchen' St. bänglichkcit; er hat den Heißsporn zu besiege» vermocht , und
Ncmy mit seinem schön erhaltene» Mausoleum und dem Frag die Große» folge« freudig feinem siegreichen Bauner nach Frank-
ment eines Triumphbogens zu betrachten . hernach die bizarr reich hinüber. Die herzlichste Liebe zu Catharina wird zulczt
ausgezackte Kette der alpinischcn Berge (5I«»>» X»xi«), nackt das Band des Friedens und beschließt seine kurze Laufbahn.
und öde wie fast alle AnhbKcn des südöstlichen Frankreichs, das Nu» bricht das Elend über England ein ; nur eine schnell ver»
liebliche Air mit seinen Merkwürdigkeiten, wie z.' B. das Ge« blaßte Individualität hatte alle streitenden Interessen zu eini
mäldc von Kdnig Renatus höchsteigener Hand, und um von dem gen , zu beruhigen vermocht. Da« Schicksal der Eroberung
Bielen nur noch eines, und zwar ein kleines zu nennen, ein Frankreichs und ihres Helden Talbot, den die inneren Ent-
täuschend wahr ausgeschnittenes Insekt an der äußerst sorgfäl zwcyungen der weißen und vothen Rose ins Verderben stür»
tig stnlpirten hölzernen Pforte der Kathedralkirchc. Sonder zcn , ist die nächste tragische Begebenheit. Heinrich VI. wächst
bare Um- und Anzüge von weißen, gram» und andern Buß heran , doch kraftlos , unkriegerisch . «kehr dem Reiche GotteS
fertigen verstanden sich wohl so» selbst in der Karnevalzeit. als dem Reiche dieser Welt zugewandt, ein »«königlicher Kdnig,
Anziehender für mich war die große Kalksteinmassc des Felsen wird er beherrscht von seinem ausländischem Weib, und der alte
St. Wctvire, de» man lange Zeit zu seiner Linken behält, Vork bekriegt ihn. Zwar wird dieser besiegt, doch Margaretha
wenn man die wenig besuchte Straße über Roquevairc nach mordet seinen zarte» Knaben, den holden Rutland, taucht ein
Toulo« einschlägt. Hier ist man nun ganz in Felsen vegra, Tuch in baS rauchende Blut und reicht eö dem Vater > seine
den, aus denen man bis Olioules , eine Stunde vor Toulon, Thräue» damit zu trockne» , bann krönt sie den gefangenen
nicht mehr herauskömmt, es sey denn bev Cujes, wo die Greis mit einer papiernen Krone und läßt ih>^, tobten. Die»
Straße von Marseille herkommt. Zum Glück zeigen sich hier scn Mord rächt aber Richard , des alten Vork dritter Sohn;
dem von dem einförmigcn Felsgro» seit Veaucaire ermüdeten er ersticht Eduard von Wales, Heinrichs Sohn, und ermordet
Auge, das zum Ausruhen nichts als unzählige, mit gelbe» den König im Kerker. Wir versuchten diese leicht hingeworfe»
Blumen überschüttete Dornbüsche (vier, xro,i»ci«Ii») fand, ncn Skizzen der dem Richard vorangehenden Dramen nur. um
kleine Nadcll ölzcr mit erfrischendem Grün. Maultbiere mir zu zeigen, wie Shakespeare auch in diesen Stücken nicht etwa,
Steinkohlen beladen, und hie und da rauchende Vitriolwerke wie es zunächst scheinen kann, den Zufall walten lasse, sondern
beweisen, daß die Erde hier inner» Reichthum birgt. Einzelne daß seine Helden nur das ihnen gebührende LovS treffe. In
Stellen, wo Wasser hervorrieselt , bieten dem Wanderer oft allen diesen genannten Dramen sind die Gestalten in weltlich«,
unerwartet den Anblick der schönsten Landgüter dar, so z. B. durchaus irdische Zwecke versenkt, und sinken sie ins Grab, ver
baS des Grafen Albertcs, dessen anderes Besitztum» zwischen fehlen sie dennoch das Ziel, das sie mit kräftiger Energie ver»
Marseille und Air allgemein bekannt ist. Kaum war ich aus folgten , so hören wir oft den Ton der trüben Klage , baß al
diese» Schluchten heraus und im Angesicht de« MeereS, so schien le« Irdische dennoch vergänglich sc«, vornehmlich aber im Ri»
ein eigentlicher Paroxysmus die Natur ergriffen zu haben, ein chard kommt es jezt ausdrücklich zur Sprache , daß , wer hier
heftiger Südwind, stromweise stürzender Regen, Blitz und umkommt, zur SüKne früheren Unrechts , VerratliS und ge,
Donner und eines der stärksten Hagelwetter, die ich je erlebte, walttl'ätigen Mordes hinsinke. Dieß ist der Grimdron, der die
und das ganz Toulon mit zollhohe,« Eis bedeckte, wüthcten ganze Tragödie burchklingt. und der allein nnS alle diese Mord:
abwechselnd drev volle Tage. Dieß war um die Zeit, wo in sccnen ertragen läßt. Hierin, glauben wir, liegt die Lösung
Belgien Erdbeben und in Kadir gewaltige Orkane verspürt des Räthsels . dag Richard Theilnabme statt bloße« Abscheu«
wurden. Am 24sten Februar hatte sich die Wuth der Ele erregt. Sänken Clarcnce. Grcv, Rivers, Buckingham,
mente gelegt > und ein günstiger Wind ndthigte mich Toulon Anna schuldlos ins Grab, litte die Königin Elisabeth „»schul«
zu verlassen, ohne daß es mir möglich gewesen wäre, von den big den Sturz ihres Hanfes , so würden wir n»S empört weg
vielen Kriegsrüflungen etwas mehr zu bemerken als ein Ge wenden; solche fortwährende Dissonanzen, welche erst in der
wühl und Gedränge von Menschen, wie es sich in einem so leztcn Scene durch Richards Tob sich auflösen, würde» wir
wichtigen Hafen im jetzigen Zeitpunkt leicht denken laßt. Dem nicht ertragen wollen.
Scipic und andern bcu Navari» bcrülimt gewordenen und (Die Fortsetzung folgt.)
jezt i»? Ausbessern begriffenen Schiffe» konnte in, im Hinauffah
ren auS> der Rhede einen dankenden Blick zuwerfen und durch Beylage: Kunstblatt Nr. 48.
Verlag der I. G. Colta'schen Buchhandlung.
N°. 145.

M v r g e n b l a t t

f ü r

gebildete Stände.

Dienstag, 17. Juni i 8 2 8.

Aui dem fernsten Himmel blau


Webt ein Singen, lieblich Schallen
Heber Wald und belle Au.
Alker Gram! jezt zeuch von hinnen.
Fülle nicht dieß Herze bang,
Ströme ein ron Himmelizinnen
Morgenrot!) und Luflgesong !
JustinuS K erner.

Wanderlieder. Die reizende Welt!


Don Karl Felder. Auf sie ist seit heute
In'ö Blaue, in's AMt«
Vorgefühle. Mein Sinnen gestellt.
Wollen alle meine Sinnen Bemerkung.
Denn daö Ferne nur gewinnen?
Irrend lauscht mir längst mein Ohr, Wie erhellt sich unser Sinn,
Wenn vom Rasseln ferner Wagen Sehn wir t» die Lüfte hin.
Laute sich hcrübertragen Büsche, Berg' und Thürme ragen,
Oder von der Glocken Chor. Blaue Fluthen Schiffe tragen,
AlleS, AlleS wodlgethan,
Ach ! und wie die offnen Angen Wie'S ein öerz vergnügen kann!
An dem Blau der Berge saugen! O wie hebt sich auch im Muthe
Mes an nur will hinaus'; Alles Heitre nun und Gute!
Alles mit dem Strom der Düste
Schwebt dahin in'ö Reich der Lüste; Vom Grüßen.
Selbst mein Geist ist nicht zu Haus!
Guten Morgen! Gute Nacht!
Am Reisemorgen. Wer hat diesen Gruß erdacht?
Wohl gewiß zuerst ein Wanorer;
Nichts noch von dem Mar/tgewühl! Glaubt eS mir, eS war kein Andrer;
Wogelzwitschcrn , Pferdestamxfen, Er nur im Vorüberwallen
Morgemvchn und Ncbeldamxfcn; Will so wohl den Menschen allen.
O willkommnes Reis'gesühll!
Auf dem Weg«!.
Wie blaulich, nie wonnig. Da< Judasbild.
Erquickend und sonnig
Glänzt Himmel und Land! Von L. Kruse.
So weit ich nur spähe. <Fortse?ung.)
Lacht Ferne sammt Näht
Im Wonnegewand. «Jezt stand ich vor dem Altare," fuhr Havenreuter
O Heimath, verzeihe, fort ; „jezt streckte ich die Arme nach der große» silberne»
ist an der Reihe Kanne, nach dem schweren Kelch, nach dem goldene» Tel-
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ler aus, doch zu gleicher Zeit schüttelte ich den Kopf, denn Mannschaft beliebt. Meine nächtlichen Wanderungen sezte
ich konnte das alles nicht mit mir führen und doch mußte ich hin und wieder fort ; schlafend stieg ich mehr alS ein
ich es hliben. Ich beschloß endlich den Kelch und das Ge mal während des ärgsten Sturmes in den Mastkorb hin
fäß erst wegzunehmen, und wenn ich diese beyden in Si auf «nd spähete nach Land; leider muß ich bekennen, daß
cherheit gebracht, wollte ich zurückkehren, um das dritte ich nicht immer, wenn wir die ruhige Erde betraten, auch
Stück zu holen. Den goldnen Teller verbarg ich an mei die Hände ruhig hielt, und mein Unglück wollte, daß ich
nem Busen ; den Kelch befestigte ich an den Leib mit mei immer gut davon kam ; dadurch wurde ich immer dreister,
nen Strumpfbändern, die ich zn diesem Gebrauch abge und sollte ich Euch jeden Ort, wo ich gestohlen habe, her'
löst und aneinander geknüpft hatte. Darauf trnt ich mei sagen, dann müßte ich alle nennen, wo ich gewesen bin."
nen Rückzng an. Alles ging nach Wunsch ; ich verbarg „Unglücklicher!" rief Chemnitz voll innigen Mitleids.
meine Beute fürs erste in meinem Bett, bis ich Gelegen „Kämpftet Ihr denn nicht mit dieser bösen Lust?"
heit fände, sie besser zu, verbergen und schickte mich an, „Wohl kämpfte ick," ermiederte Havenreuter. „Nur
zum zwcyten Male die Kirche zu besuchen. Bald stand Weniges kann ich mich erinnern , allein ich kämpfte den
ich wieder vor dem Altare , die massive silberne Kanne in noch. Ich war von Jahr zu Jahr mehrere Stufen gestie
der Hand wiegend. „Der Deckel," sagte ich zu mir selbst, gen; endlich war ich Obersteuermann geworden. Auf ei
„möchte klappern," und versuchte den etwas hervorragenden ner dieser Reifen kam ich nach der Stadt Aalborg in Nor-
Stift, der ihn festhielt, mit den Nägeln heransznziehen; den-Jütland. Dort ist ein großes Gildehaus , wo Kauf
als es nicht gelingen wollte, zog ich ihn mit den Zähnen leute und Schiffsherrn sich zu heitern Gelagen versam
heraus. Darauf verbarg ich den Deckel hinter meinem meln. Als Fremder ging ich auch dahin und mischte mich
Brustlatze, band die Kanne fest an de» Leib und begann in die lustige Gesellschaft. Es entging meiner Aufmerk
den Rückzug. Nun wollte mein Verhängniß, daß der samkeit nicht, daß ein Kaufmann eine sehr kostbare Uhr
Wächter, eben wie ich den Lindenbaum hinabstieg, sich mit zwey schweren goldenen Gehäusen, eine sogenannte
unter denselben hinstellen und zweyUhr abrufen sollte, wel Sonnerie, bep sich trng. Sogleich fuhr der Teufel in mein
ches er auf seine gewöhnliche Weise mit einem so fürchter Herz. Ich mußte sie haben. Es war vergebens , daß
lichen Brüllen rhat, daß ich zu dem Bewußtseyn des natür ich mich von dem Manne entfernte ; ohne zu wissen wie,
lichen Lebens erwachend , plötzlich vom Baume auf das befand ich mich immer wieder in seiner Nähe. Endlich ge
Steinpflaster hinunterstürzte und laut in großen Schmer wann ich so viel über mich selbst, daß ich das Haus ver
zen jammerte. Er unterbrach das Rufen, eilte zu mir ließ. Als es Abend wurde, dachte ich bey mir selbst: nun
hin , fragte wer ich wäre, woher ich käme, was ich wollte, wird er nach Hause gegangen seyn, nun ist die Versuchung
u, f. w. , allein ich war fo von dem Falle betäubt, daß ich vorüber. So ging ich denn wieder hin ; doch kaum war
kein Wort hervorbringen konnte. Ich wnrde auf die Poli ich in das Zimmer getreten, kaum hatte ich die Blicke um
zei, gebracht und schon den folgenden Tag war mein Ver mich geworfen , als ich den Mann ganz allein an einem
brechen zum größten Erstaunen aller Einwohner in der entlegenen Tisch erblickte. Run hatte ich die Kraft verlo
ganzen Stadt bekannt. Ich mußte alle Werwahrungsörter ren dem bifen Dämon zu widerstehen. Ich ließ mich mit
meiner Diebstähle entdecken , und die Leute wunderten sich ihm ins Gespräch ein ; er schien Gefallen an meiner Er
nicht wenig , ihre so lang vermißten Sachen auf Böden, zählung von fremden Ländern, deren Küsten ich besucht
in der Erde, hinter alten Mauern, in hohlen Bäumen hatte, zu finden. Es wurde indessen spät; er schickte sich
u. s. w. wiederzufinden. Als ich wieder hergestellt war, an nach Hause zu gehen ; ich folgte."
wurde ich öffentlich auf dem Markte gepeitscht und mit (Die Fortsetzung folgt.)
einem Jndienfahrer als Kajütenjunge weggeschickt. So bin
ich Seemann geworden."
Er schwieg; allein Magister Chemnitz athmete tief Bilder aus Frankreich. ^
auf, als wäre ihm ein schwerer Stein vom Herzen gefal
len, faltete die Hände und sprach: „Nun, Gott, unser (Fortsegung.)
Vater sey gelobt!" Der Besuch des Museums im Louvre, das immer noch
„Ja!" nahm Michael Havenreuter wieder das Wort, zu den reichsten in der Welt gehört, der königlichen Biblio
„auch ich dankte Gott, der meinem unglücklichen Geschick diese thek, des Hotels der Invaliden und des Kirchhofs des Pater
Richtung gegeben, denn dort, auf dem wilden Meere, La Chaise füllte die kurze Zeit aus, die ich in Paris blieb.
unter der strengsten Zucht, war gar nichts, das meiner Ein Verzeichniß der einzelnen Merkwürdigkeiten dieser
bösen Neigung Nahrung geben konnte. Das Element, das Orte anzugeben, wäre für ein Journal wohl sehr unpas
mich trng , sprach ganz meine wilde Natur an. Ich war send, das mehr geistige als materielle Uebcrsichtcn verlangt.
anstellig, munter, unverzagt, das machte mich bep der Alle öffentlichen Gebäude und Einrichtungen, die ich in
579
Paris gesehen habe , tragen das Gepräge der Ungeheuern fundene» Leben auf, die Normannen und Prvvensale»
Macht, die Frankreich entwickelte und die in der Bildung reichte» nicht tief, und die französische Nation rang von
ihrer innern Verhältnisse nicht weniger imposant alö in Ludwig XI. bis Ludwig XIV. nach etwas ganz anderem
ihren Siegen auftrat. Diese Größe, mir einem geistigen als der tiefen Ausbildung innerer Keime und Triebe.
Auge aufgefaßt, hat aber nichts Srcinerneö, Unbewegli- Die Revolution hat das geistige Leben in vielen feiner
ches. Die außerordentliche Kulturstufe, welche die fran- Tiefen verwandelt, in die des Gemürbs konnte sie ihrer
zösifche Nation überall, wo sie stch in ihrer eigenthüm- Natur nach nicht eindringen. Chateaubriand, der größte jezt
lichen Sphäre bewegt, erreicht bat, flößt Neigung und lebende Genius der französischen Nation, und Salvandv,
Erstaunen zugleich ein. Schillers bekannter Vers: „Dem ihr zartester nnd gemülhlichster Poet, stehen zwar hoch über
Vandalen sind sie Stein-' kann sich »ur auf die eigentlicl'e Lamartine , der ein französischer Pope ist , und über De-
Rcvolntionoexoche beziehen , fönst enthielte er die größte lavigne, der in der Poesie einen andern Voltaire spielt,
Ungerechtigkeit. Nirgends, außer Italien, ist der Ge aber selbst diese Heyden vortrefflichsten Autoren kränke!« an
schmack für die schönen Künste so verbreitet , gekört nir allen Mängeln des französifchen Herzens. Deutsche Lands-
gends so sehr zur Erziehung eines gebildeten Individuums lenke, die diese Bemerkungen, zu deren festeren Begrün»
als. in Paris. Der Verstand der Franzosen hat sich -Alles dling hier der Raum fehlt, tadeln möchten , müssen von
angeeignet, was ibrer ursprünglich sehr unpoetischc» Kon der Tiefe ihrer nationalen Eristenz eine sehr unreife Vor
struktion irgend erreichbar war. In der Dichtkunst allein stellung haben. Uebrigens eigne ich diesen unermeßlichen
sind sie durch und durch Stümper geblieben. Ihre Melo Vortheil eines unerschöpflichen, in seinem Reichtbum oft
dramen, die sich an der Prosa und Poesie gleich sehr ver schlecht angewandten, in seiner Tiefe oft unbegrrssenen
sündigen , ihre Lustspiele , die blofe Porträtö des her- ' Wesens nicht meinem Volk allein, ich gestehe denselben
kömmlichen Lebens und der gangbaren Meviiunge» sind, den Engländern und der italienischen und spanischen Lite«
ihre Tragödien , wo das Kostüm ,ezt zwar antik gehalten ratur der Vergangenheit eben so sicher zu.
wird, die Innerlichkeiten der austretenden Perfoue» aber Die Eristenz des ChristcnrhumS macht eine Weltherr
eben solcheParleurs wie Mr. de Joup und die übrigen Redak schaft wie die mocedonifche oder römische unmöglich und
teurs und Mitarbeiter der liberalen Journale sind, alle diese kann sie nie inlassen. Für einen Augenblick schien Frank
Produktionen zeugen von der geistvollsten und ausgebildet- reich diesen Gipfel zu erschwingen , aber selbst da nicht in
sten Prosa des Lebens, es ist aber meiner Meinung nach jener universellen Bedeutung. Für das wesentlich Gute,
darin kaum ein Funken von Poesie zu finden. Diese, waS die Revolution in den politischen Verhältnissen her
wenn man mir eine solche Abschweifung erlaubt, beruht vorgebracht Kar, für eine Größe wie Napoleons wird Frank
überhaupt auf einer ganz ander» Basis , alö die Bildung reich in der Geschichte cineö ewigen Ruhmes genießen, aber
des heutigen Frankreichs möglich macht. die eigentliche Tiefe des germanischen Geistes bleibt ihm
Die ursprüngliche Poesie des Lebens war allein Ger Verschlossen und die ungeheure Süffisance, mit einer ganz ei»
manischen Völkern eigen. Erst in ihrer Entfaltung als gencn Beschränktheit verbunden, wird die Franzosen ans
einer selbstbewußten Thätigkeit, einer Kunst hat sich der ihrem eigenrkl'iinlichen Banne nie herauslasse». Voltaire
verschiedene Genius der europäischen Völker gezeigt, wird immer rbr größter Autor den, Geiste nach bleiben,
aber schon als etwas Gebildetes , dem eine lange , schwei sie müßten denn in ibrem inner» «eben eine eben so große
gende Thätigkeit vorausgegangen war, die den Naturklang Revolution wie in den politischen Verhältnissen erleiden.
in sich aufgenommen, aber erweitert und gestärkt hatte, (Die Fortsetzung folgt.)
weßholb die Knnstpocsie der romanischen Nationen älter
als die der Deutschen und Engländer ist. Die Franzosen,
in deren Gemüth, trotz ihrer Orthodvric, das Ehristcn-
thum niemals so tief als bei, den Spaniern eindrang, die Korrespondenz- Nachrichte».
den italienischen Geist nicht mit Lombardischem Blute ein Basti», Snde April.
ten, das Oberhanpt der Kirche und die Ruinen der alten
Welt nicht in ihrer Mitte hatten, warfen daS norman (Fortsetzung.)
nische und provensalische Princip ihres Lebens leicht ab, Weit weniger »on der Seekrankheit alt von der langen
als ihre Könige ansingen die Ausbreitung einer festen »nd Weile angegriffen, eilte ich alsobalb ans Land und bestieg mit
allgemeinen Herrschaft zum Gegenstand ihrer hvchstenAn- Wollust den ersten besten Hügel; vom äußersten Meeresrand
strengungen zu machen. Die alten Gallier waren, nach a» nichts «lS Berge, die gegen d«s Innere hin immer höher
weiden, hie und da ein Stückchen bcbouteS Feld, gleichsam
Casars Schilderung, gewiß eine der prosaischsten Razen der verloren in unobschbaren Strecken von Gebüsch. In einiger
alten Welt, die Römer konnten ihnen alles »ur nicht die- Sulfernung, dem Hügel gegenüber, erblicke ich einige duyenb
seu Mangel ersetzen, die Franken gingen in dem vorge «lender Häuser, mit alt«» Mauern umgebe» , den Hauxtirt de«
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Kanton«, St. ?l«ront. Um ialin zu gelange», mußte ich et nimmt ab mit dem wachsenden Verbrechen. Was aber dem
wa eine Stunde lang mich durch Moräste Kindurcharbeiteu. Stücke dcn größten dramatischen Werth gibt, und es be
DcS Schiffes übersatt , beschloß i« im WirrhShause zu über« sonders von d,-r vorhcrgel'cnde» Trilogic Heinrich dcS Sechs
nachten; sein Anblick war nichts wcniger als einladend, die ten vorlhcildaft unterscheidet, ist das Hervorgehe» alle« dessen
Zimmer waren kalre Gewölbe, wie sie hier daS heiße Klima was geschieht aus dem einen Zwecke des Hauptheldcn. SS
erfordert, die Scheiben an den Fenstern mochten seit Erbauung würde sich denn dieß Drama auch von allen historischen Stär
der Stadt durch die Genueser, dem gänzlichen Mangel von ken am meisten für die Aufführung eignen , wenn nicht gerade
Durchsichtigkeit nach zu urriicilen, dessen sich die noch erhaltenen die Einsicht in die Gerechtigkeit dcS Untergangs eincS ganzen
Bruchstücke erfreuten, dieselben seyn. , Doch war ein leidliche« Geschlechts nur durch die Kcnntniß der vorangehenden Dramen
Mittagsmahl und frische Leintücher zu erhalten , was in man erworben werben könnte, und matt und trübe würde, wenn
chem Dorf in Frankreich nicht immer der Fall ist. Der Preis sie nicht auch gleichfalls früher dargestellt und angeschaut sind.
«ar derselbe wie auf dem festen Lande. Mit dem Tage erhob! Daß der Zuschauer sie vielleicht könne gelesen haben , darauf
ich mich und schlug den Weg nach Basti« ein ; er ist sehr gut, darf nicht gerechnet werden. ES sey nun auch schließlich er
obschon er über einen hohen und steilen Berg führt. Man ver laubt, einige nähere Blicke auf dcn Charakter Richards zu wer
dankt ihn Ludwig XVl , so wie die Straße von Bastia nach fe». Sieht man nur ans den ersten Monolog , so sagt Ri
Ajaccio , und diese zwcy sind die einzigen fahrbaren Wege auf chard dort, weil die Natur ihn von Seiten körperlicher Schön
der ganzen Insel. BiS jczt aber denkt Niemand daran zu fah heit verwahrlost habe , sc» er willens ein Bösewicht zu wer«
ren, «nd ich habe noch kein Rad gesehen. Nächstens so« je den. Solchen Charakter , der daS Böse nur des Bösen wegen
doch eine Diligence zwischen den Heyden Hanptorten eingerich thut, solch nackter Teufel möchte kein poetischer Gegenstand
tet werben. Während ich den Berg hinanflieg , bemerkte ich seyn. Wir müssen beßhalb zurückblicken. Schon in Heinrich
wie reich, wie üppig die Vegetation in diesem Lande ist! un dem Sechsten, alS Eduard der Vierte auf den Thron zu gelan
mittelbar vor St. Florcnt standen Palmen und indianische gen trachtet, hilft ihm Richard nur, um ihn wieder zu stür
Feigen; diese lcztern sind einheimisch geworden; Olivenbäume zen und sich den Köniqsmantel »mzubängcn. Aber auch dort
von seltener Kroße und Dicke bilden wahre Wälder, die Lor- gibt er alS Grund seines Handelns an , daß er keinem Bru
bcevrose oder der Oleander wächst i» Menge wild und weit der gleiche, keine Lievc kenne, er sc» er selbst allein. Solcher "
hbner als anderswo im Garten. Die Büsche, welche unter dem Geist , ausgestattet mir aller Kraft , allem Drang zu handeln,
Namen von <m,cki«) Maki's die lialbe Insel bedecken und kann nur den Zweck haben , seinem eigenen Willen das Wollen
meistens Erdbcerbäume (»rbutu, uneä«), Baumheiden, Myr aller, die um ik» leben, zu unterwerfen. Bep Shakespeare
rhen und Pistazien sind , erlangen eine Höl,e von zwölf und folgen die meisten Cliaraktcre überhaupt mehr oder weniger
mehr Schul,. Wenn biefe Dickichte in der Ebene gelegen und mit Recht und Unrecht ihren Trieben , iliren Gelüsten ; sie er
noch dazu sumpfig sind, so darf man sich nicht hineinwagen; greifen irgend eine Seite des volle» Menschenlebens . und füh
sie dienen den zahllosen Contumaces oder Rechtsflüchtigen de« ren sie mir fester Konscauenz durch. In Richard nun stellt
Landes und de» viel gefährlicher« sarbinischen Missethätcrn zur sich ein Mensch a ll e m Gültigen in Staar. Familie, Religio«
Frcvstätte. Hat ein GenSdarme oder ein Voltige»? eor«« die entgegen, er achtet nichts beilig als sich selbst, und trachset
Verwegenheit sie dahin zu verfolgen, so bezalilt er es gewöhn nach der höchsten Sphäre, in welcher er sich geltend machen
lich mit dem Leben. Fand ich aber die Pflanzenwelt, und sann. Alle Shakespearcschen Gestalten gehören nun aber durch
besonder« die Blumen, deren viele der italienischen und einige Geburt irgend einem Kreise an , und auch idre GemüthSart ist
bcr nordafrikanischc» Flora angehören , dank dem vortrefflichen ihnen angeboren ; sie folgen ohne zu fragen , ohne zu übcrle«
Boden , viel kräftiger als in Frankreich , so fielen mir dagegen gen. Der Mohr Othello , von der Natur mißgcformt, arg«
die kleinen Pferdchen auf, deren rS eine Unzahl gibt, da alles wöbnt , baß sein liebendes Weib ihm die Treue nicht bewahre»
reitet , Mann wie Weib , und die kleinen Esel . Schweine »nd könne; Julia würbe sich jedem Gcmüth, da« sich ibr licbenh
Schoafe. Die Einwobner haben italienische Piiysionomie, die nahte, mit derselben Liebe und Treue auf ewig unauflöslich
Männer tragen eine Art Mantel von grobem Zeug mit einer vereinigt haben ; Hamlet ist ohne Tkatkrast gebore» , und auch
Kapnzze , die Weiber haben auch alle den Kopf bedeckt , scy eS Richard scheint von der Natur schon bestimmt z» sevu. wie ein
mit einem Schnupftuch, mit der Schürze oder mit einem wüster Eber auf Erden zu wüthen und sie zur Hölle umzuschaf«
SchltH«»v> s fen ; er folgt nur feiner Natur wie alle andere. Dieß unmit»
(Der Beschluß folgt.) telbare Verscnklserm in ihren Zweck gibt allen Sbakespeareschen
Gestalten diese Rundung, diese feste, Cl'arakteristik, diese Nai»
Berlin, April und Mai. vetät, deren bleibendem Eindruck wir uns nicht entziehen kön
(Fortsetzung.) nen. Richard, seiner Stellung in der Welt, seinein Innern
»nd Aeußern nach , kann nicht leben ohne König zu seyn, unk
Wir können dieß Drama den fünften Mt de« Trauer vcrlczt alle menschlichen und göttlichen Rechte, nicht um sie
spiels nennen , das mit Heinrich dem Sechsten beginnt. Al zu vc rlc ft en, sondern um seinen Zweck zu vollführen. Ma«
les Unrecht. w«S überhaupt in den frülicrcn historischen hat auch schon vielfach gemeint, Richard se» ergrimmt über seine
Dramen begangen seyn mag, drängt sich in eine Ge natürliche Mißbildung; wir können dieß nicht zugeben; Liebe,
stalt zusammen . »nd wird durch sie noch einmal mit höch Freundschaft , Wohlgefallen be» antern zu errege», diese Wür»
ster Kühnheit, Konsequenz und Energie vollführt. Die un sche bat er nie gekannt, nie gehegt, wie sollte er gegen seine
endliche Kraft und Sicherheit , der unbeugsame Mutö , die Mißgestalt eifern? er macht sich nur darüber lustig, wie ein
kluge Wahl aller Mittel , daS unbezweifelbarc Gelingen dieses > Bucklicher, der sich gerade seines Buckels wegen wohlqefällt unb
stets wachsenden Verbrechens ist die andere Seite, welche für weiß , baß sein Geist für seinen Körper entschädigt.
Richard die höchste, mit Abscheu vermischte Tbeilnalime er (Der Beschluß folgt.)
regt. Und je höher sein Zweck ist. mit je größeren Mitteln
er ibn w thig und keck verfolgt, desto höher ragt Richard
z. B. üb« Franz Moor hinaus; die Schuld, wie Ftesko sagt. Bevloge: Literatur»!«» Nr. «9.

Verlag der I. G. Cotta 'scheu Buchhandlung.


M o r g e n b l a t t

für

gebildete Stände. .

Mittwoch, 18. Juni 1 8 2 8.

Vitt», bitter ist die Pein


Signkr Riidtkr sich zu senn.
Und ein Richter, der dnrcd List
Ewig unbtflcchlich ist.
Overbek.

Das JudaSbild. sprangen bis an den Rand des Stroms hinunter. Einer
Von L. Kruse. halte ,m Wasser watend fast die Stelle, wo ich mich be
fand, erreicht. 2<h war fest entschlossen, mich lieber von
(Fortscyüng.) dem Rade zerschmettern «IS ergreifen zu lassen, und in
..Eben wie wir über eine große Brücke gingen ,« fuhr diesem schreckliche» Augenblick that ich das Gelübde, wenn
Havenreuter fort, „fragte ich meinen Begleiter, wie viel ich oicßmal ans der Noth mit dem Leben davon käme,
die Uhr wohl sevn möchte. Cr zog die seine hervor , ließ nie mehr daS Schiff verlassen zu wollen, sondern an Bord
sie, weil er der Dunkelheit wegen die Zahlen nicht unter: zu bleiben, wo ich auch hinkäme. Kaum harre ich das Ge
scheiden konnte, reveriren; noch ehe sie aufgehört hatte, lübde gethan, als derjenige, der mir am nächsten war,
riß ich sie ihm plötzlich aus der Hand mit den Worten : ausrief: „Der Teufel mag sich hier ein Fieber holen! er
„Die Uhr muß die meinige sevn , soll ich am Leben blei muß sich über die Brücke geflüchtet haben." Noch ein Paar
ben/- Ich steckte sie zu mir und stürzte fort über den Augenblicke, und Alles war wieder ruhig. Ich schlich mit
Markt hin , er mit einem furchtbaren Geschrev nach Hülfe einem Fieber im Blute an Bord, wo ich das Bett noch
mir nach. Die Wache eilte mir nach ; schon fühlte ich mich lange hüten mußte."
von mehreren Händen berührt, da warf ich mich plötzlich «Es war Gottes Finger!" rief Chemnitz mit gefal
rechts in eine kleine Straße.- Dadurch gewann ich erneu teten Händen. „Nun, und habt Ihr das Gelübde ge
kurzen Vorspnmq. Durch ein Paar Straßen wurde ich halten ?"
verfolgt; ich fühlte daS Blut in meinem Herzen stocken, „Eine Zeitlang wobl, und zwar mit großer Anstren
ich merkte wohl, daß mein schwerer Körper mir es unmög: gung," bctheuerre Havcureutcr ; „allein als ich nun end
lich machte zu entkommen. Mehr als hundert Menschen lich selbst Schiffsherr wurde und ein eigenes Schiff zu
sezten mir nach. Ich befand mich in einer Straße, die führen bekam, wirkte dieser Umstand gewaltig ans meine
schräg zu einem Fluß hinunterführte , dessen mächtiger zwar zurückgedrängte, allein nicht erstickte Neigung. Nun
Strom ein MMrad treibt. Ohne mich einen Augenblick mußte ich ja ans Land gehen, um an jedem Orte die mir
zu bedenken, warf ich mich in daS Wasser und drückte mich obliegenden Geschäfte auszurichten ; kein Vorwand konnte
so dicht wie möglich gegen das brausende Rad hin. Es gültiger sepn. Viele gesetzliche Erwerbsquellen standen mir
war nur die Breite einer Hand zwischen Leben und Tod. jezt offen, allein jemehr ich auf diese Weise erwarb, um
Meine Verfolger wurden irre; sie hielten an und fragten: so siegreicher erhob die Sünde in mir das Schlangenhanxt.
„Wo blieb er ? Ist er nicht hier verschwunden ?" Einige Ich will mich kurz fassen : ich siel zurück, und, wie geschrie
den steht, es wurde mit demselben Menschen weit schlim Bilder aus Frankreich.
mer als zuvor.«
Kaum hatte er dieß gesprochen, als Geergius, der (Fortsetzung.) ^ . .
kleine Sohn des Magisters, froh in das Mimer herein- Ich durchwanderte, da sich der Tag meiner Abreife
hüpfte, doch kaum fiel fein Blick auf den fremden Mann, nahte, die Stadt nach allen Seiten, traurig über den na
als er auffchreyend zum Vater hineilte und ängstlich den hen Abschied. Im Ganzen gestehe ich , daß ich z. B. in
Kopf in feinem Sckovße verbarg. Berlin und Straßburg weit lieber als in Paris leben
Chemnitz erhob Kiefen mit bepden Händen, küßte den möchte, und daß mir eine Wohnung in den alten Straßcu
Jungen und fragte: „Georgius! was fällt dir ein? warum der Stadt auf die Dauer nickt viel besser n?s ein Gefäng
fürchtest du dich?" nis vorkommen würde. In Berlin, mevnen Viele, fehle
„Vor diesem dort," erwicderte der Junge, wobey er das lebendige, regsame Eingreifen der verschiedenen Or
mit scheuem Blick auf Havenreuter deutend, sich mit der ganisationen, es sc» eben so gut eine Militärkolouie alS
Rechten am Vater festhielt. „Willst du mich hören, Va eine Hauptstadt, wo man fast so viele Soldaten als Bür
ter, so entlaß ihn! du siehst ja, wie sein Haar von Blut ger sehe, und wo graue Beine, mit rothcn Streifen ver
träufelt." brämt, auch in der That häusiger als seidene Strümpfe ge
Der Magister gab ihm einen Verweis und schloß ihn funden werden, eine Universitätsstadt, wodiegelehrtenMep-
in dem Nebenzimmer ein. „Was den Kindern einfallen nungen und Untersuchungen der Professoren auf das gebildete
kann!" sprach er sich niederlassend, als erznrückkam. „Die Publikum von wenig Einfluß feyen, ein Theatcrort, wo fast
junge Phantasie führt die wunderbarsten Erscheinungen mehr mit dem Löffel als mit dem Munde gespielt werde,
vor ihren Blick; Ihr habt rothes Haar, gleich muß es ein Mnscum von Autoren, wo, die Arbeiten einiger be
blutig sevn !" rühmter und allgemein anerkannter Gelehrten ausgenom
„Blutig!" wiederholte der Schiffsherr; „ach ja! Kin men, wenig Bedeutendes zum Vorschein komme. Diese und
dermund spricht von der Wahrheit Grund." ähnliche Urtheile hört man in Süddeutschland häufig über
Entsezt schob der Magister den Stuhl etwas zurück : die Hauptstadt des Nordens, und sie sind in so weit
„Was sprecht Ihr da, Havenreuter? Ihr sizt wohl in Ge- wahr, daß der trefflichen Ausbildung einzelner geistigen
danken? Sagt mir aufrichtig, habt Ihr etwas bep dem Verhältnisse ungeachtet, das Leben selbst in jeder Sphäre
gedacht, was Ihr da gesprochen?" dort in einem kleinen Styl geführt wird , wovon aber kei
Havenreuter bedachte sich eine Weile , darauf fuhr er neswegs auf einen Mangel an bedeutenden Individuen in
fort: „Ich will mir nicht felbst vorgreifen. Doch verspre irgend einer Richtung zu schließen ist. Die Ursachen ei
che ich , die Geschichte soll nicht lang werden. Ich lag in ner gewissen Stille und Eintönigkeit, welche die Lindcn-
dem Häven vor Antwerpen, wo ich eine Ladung, nach stadt im Verhältniß zu Paris charaktcrisircn, hat aber viel
Norwegen bestimmt, einnehmen sollte. Da meldete sich tiefer liegende Gründe als etwa die Pedanterie der Gelehr
eines Tages bev mir ein Passagier, dessen Namen Such ten, die Einförmigkeit des Militärgeistes, die Oberfläch
vielleicht zu Ohren gekommen ist. Es war Jean Bap lichkeit der Journalisten oder die Ungeschicklichkeit der
tist? Tovernier, jener berühmte Reisende, der schon Schauspieler, Erscheinungen, die so oder wenig anders
in seiner Jugend das halbe Europa durchwandert hatte modificirt, für sich allein genommen, überall zum Vor
und nachher mehr als vierzig Jahre darauf verwandt hat, schein kommen. Das Streben, das Interesse am Theater
die Türke«, Ostindien und Perfien in allen möglichen Rich zu einem vorherrschenden zu machen, das jezt in Deutsch
tungen zn durchreifen. Jezt war er schon über die Acht land bis zum Eckel wiedcrtönt, würde im Falle deS Ge
zig hinaus, allein er konnte noch keine Rnhe sinken. Er lingens ein sehr schwaches Supplement für den Mangel ei
wollte eine Reise in den Norden machen; wir wurden ner großartigen Sristenz abgeben , die nur im Glänze ei
bald wegen der Fracht einig. Er war von Profession ein ner großen und freven politischen Organifation wiederschei.
Juwelier und hakte es zu einer seltenen Vollkommenheit nen kann, nnd weder bey den Kanfleuten, dem Militär,
in seiner Kunst gebracht. Großen Neichthum hatte er da den Gelehrten und Künstlern, ifotirt genommen, zu suchen
durch erworben, nnd da er keine Kinder besaß, keine Hei ist. Vielen behagt in Berlin eben diese Rnbe des Lebens,
math hatte, führte er sein Vermögen, das theils in Pa die aber mehr die des Abends als des Morgens ist, im
pieren, theils in Bijouterie , mit welchen er auf seinen Verhältniß zn der glühenden Geschäftigkeit in Paris, wo
Reisen einen bedenkenden Handel trieb, bestand, mit sich man, wie die Mitglieder der bevden Kammern, einen Thcil
Kerum." Hier hielt der Erzähler inne. des Jahres gewiß regsamer nnd lebendiger als irgendwo lebt,
(Die Fortsetzung folgt.) wo aber eine dauernde Existenz nickt in den Kreis meiner
Wünsche gehört. SS kann eigentlich »nr zwev wirkliche
Hauptstädte in Europa geben, Paris und London. Demi
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überall , wo das öffentliche Leben nicht von den allgemei rungen deö menschlichen Geistes. I» Forlaxeostle in der
nen Ereignissen des Staates, seinen hervorragenden In Nähe von Balh steht man diese flüssigen Mumien.
dividuen und mächtigsten Korporationen bestmimt wird, Die Grabmale, welche sie enthalten, bestehen aus sehr schö
fällt eö in eine einseitige Richtung, die an und für sich nem weißen, die Deckel ans schwarzem Marmor; auf
liothirendig und vortrefflich, als vorberrschende Substanz einem ist der Graf , liegend, mit gefalteten Händen , auf
aber kleinlich und betränkt erscheint, entweder in die Ge- einem andern die Gräfin ausgchauen; außer diesen stehen
woknheiken deö Hoflebens und die Imitation desselben in noch fünf andere Särge, worunter zwev fchr kleine für
den übrigen Klassen, die Härte des Militärgeistes, das Kinder, in derselben Gruft. Die Flüssigkeit, in welche
materielle Treiben des Handclsstandes, den Eigensinn der die Körper, verwandelt sind, list in einer bleiernen Kufe,
Gelehrten und den Leichtsinn der Journalisten. die oben ein Loch hat, damit man den braunen Saft selvn
Ehe Frankreich seine jetzige politische Organisation kann. Die Art, wie dieser abgeschmackte Gedanke vor mehr
Patte, müssen sich in der Literatur und dem Theater, dem als zwevhnndert Iadren ausgefübrt wurde, ist nicht be
gesellschaftlichen Leben und dem Verdaltniß der Stände kannt, und nur etwa die Liebhaber, die, wie der Cicerone
zu einander diese Schwächen und ThorKciten so arg wie ir ans Farlavcastle pflichtmäßig erzählt, diefeö abscheuliche
gendwo gezeigt babcn. Nur wo die Repräsentanten eines Gebräue gekostet haben , könnten Vermuthungcn darüber
Volks daS Schirkial desselben öffentlich berathen, und wo, haben.
wie jene doS allgemeine Leben, seine Richter die Verhält Diese Geschichte ruft uns die Idee eines talentvollen
nisse der Individuen ebenfalls öffentlich bestimmen, kann denksckenGeleKrkcn ins Gedächtniß, die, so sonderbar s,e sevn
ein grosartiger Zusammenhang gedacht werden, jede an mag, bev weitem nicht so abgeschmackt ist als jene eckelhaftc
dere Enste,,;, so treffliche Momente sie enthalte» mag, er Brauerep. Er schlägt nämlich unter den, Namen N e k r o-
scheint im Käuzen dürftig und vielfach gebrochen, Ganz sotik eine Anstalt vor, in der Chemiker »nd Künstler
katholische Hauptstädte wie Madrid und Neapel enthalten zusammenwirken sollen, um die irdischen Hüllen der Ver
zwar den Mittelpunkt des religiösen Lebens dieser Länder, storbenen für ihre Hinterbliebenen in chemische Souvenirs
dieser Banm sieb? aber, seiner Höhe ungeachtet, da er zu z» verwandeln, wodcv er srevlich vorauSsezt, daß das Pu
wenig belaßt ist, etwaS isolirt da. Rom ist keine Haupt- blikum , wenn nur erst ein solches Institut bestände , Ge
sradt im gewöhnlichen Sinne, sondern immer noch eine schmack daran fände, seine Tvdten der Substanz nach
Stadt der Welt, einer vergangenen der Kunst und einer bcvnahe ganz der Verwesung zu entreißen. Die Chemie
lebendigen im Mittelpunkt des katbolischen Glaubens. vermag bekanntlich «uf ihrem jetzigen Skandvunkre den
Für alle Fremden , die , unfähig die Vorzüge ihres thicrifchen Körper in mehrere Pestandtbeile zu zerlegen,
-eigenen Landes zu empfinden, Zerstreuung und Genuß aus namentlich in Ammonium, thicrifcheS Oel, Kohle; diese
serhalb suchen, muß Paris, auch von der oberflächlichsten leztere wieder iu verschiedene Salze und Kalkerde;
Seite gekannt, ein Eldorado sevn. Die Anmuth und Leich durch besondere Bereitungsarten aber lassen sich noch man-
tigkeit des dasigen Lebens, die Menge der Theater, der che andere Produkte daraus darstellen, so läßt sich das
Witz der Broschüren sollte alle geistvollen Müssigqängcr Fleisch durch Salpetersäure in eine wachs- oder Wallrath-
hier versammeln, eine Klasse, die srevlich in Deutschland ähnliche, geruchlose Masse verwandeln, alle häutigen, seh-
am wenigsten Geist hat. Aber auch der blos materiellen nigten Theile geben Leim, aus Knochen und Gehirn läßr
Vortheile wegen würde ich einer guten Zahl unserer Pfla sich Pbosxhvr gewinnen. Wäre nun das nekrosvtische In
stertreter Paris vorschlagen, da, wie ich gehört habe, stitut im Gange, so schickte etwa ein trostloser Wittwer
Pferde und Bedienung, Essen und Trinken, Wohnung demselben die Hülle seiner Gattin zu, mit der Anweisung :
und Kleidung wenig mehr «IS in Berlin kosten. «) aus dem in Wallrath verwandelten Fleische soll ihre
(Die Fortsetzung folgt.) Büste gegossen werden. Z) Der aus sehnigen Theilen ge
wonnene Leim wird mit Kohlenxulver zu einem würfelför
migen Sokel für die Büste verarbeitet; er enthalte «cbt Ni
schen für eben so viele Gläser mit eingeriebenen Stöpseln,
Moderne Mumien. in welchen, durch chemische Prozesse auS dem Körper ge
Wenn das Bestreben des Menschen, die irdischen zogen, enthalten sind: flüssiges Ammonium, thterischesOel,
Reste seiner Lieben so viel und so lange alö möglich der trockenes Ammonium, Kohle, Asche, Salz, Kalkerde, Phoö^
Verwesung z» entreißen , «ms den schönen Gefühlen der xl,or. Wir überlasse» es dem Leser, über diesen raftmirtea
Liebe und Ächtung fließt, so ist dagegen die Weise, wie Aschenlrug Betrachtungen anznstellcn.
der lczte Graf von Hnntingdon und feine Familie , nicht
in Spiritus aufbewahrt, sondern gleichsam in Spiritus
«rwcmdtlt sind, ei» Beotxag zu der Geschichte der Vcrir-
684
Korrespondenz-Nachrichten. vollbringt sich ohne ihn da«, «a« sich vollbringen sollte, und
reißt ihn , weil er e« nicht wie er sollte vollbrachte , mit in«
Berlin, Apri und Mai. Verderben ; Richard löst sich von allen Mächten des Leben«
(Beschluß.) lo« , sezt alle« hintan , und lädt eine unendliche Schuld ans
Die Hindernisse, die Richard entgegenstehen, sind rie- sich , deren Bewußtfcyn ihn tddtct. Weil Shakespeare diesen
sengroß, und wir bewundern die Kraft eines Ricsengeistes, Gegensatz der Selbstständigkeit fester, einseitiger Charaktere im
der sie alle ,u übersteigen vermag , alles durch sich Vollbringt, tragischen Verhältnis zu der wahrhaften Wirklichkeit, wie sie ihrer
und keinen Zweck , keinen Inhalt hat als sein Ich. Dieser innern Vernunft nach sich vollbringen muß , darstellt , kommt
Richard würde aber , trog der Energie seines Charakters, leer er dazu, dieß Verhältnis di« auf solche Extreme hinauszu
und kahl erscheinen, wenn ihn uns der Dichter nicht mit tau: führen.
send partikulären Zügen vor die Augen stellte, die sein ,.Jch
diu Ich" zugleich zu einem Individuum , zu einem ganzen vol Basti», Ende April.
len Mensche» inachen. Fast von keiner ander» seiner Gestal (Beschluß.)
ten gibt Shakespeare so mannigfaltige Einzelnheitc» ; wir er Da die Jagd frcy ist. so sieht man häufig Schießgewehr
fahren, wie er mit Zähnen geboren, wie er langsam aufgewach auf dem Rücken der Bauern . und dieser Mißbrauch , so wie
sen, wie wild seine Kindheit, wie stürmisch seine Schulzeit gewe die Vendetta, eine alte bbse Sitte, wie beu uns das Duell,
sen sey; er ist tapfer, ein Engländer, mit einem Anflug von sind Schuld an den äußerst Käufigen Mordtliatcn, die Iiier vor
Haß gegen die Bretagne«, die jenseits des Kanals geboren fallen. Auf der Höne zwischen St. Florent und Basti» ge,
sind; wir sehen ihn in den verschiedenste» Situationen, bald meßt man einer herrlichen Aussicht, das Meer auf bepden
siegt er durch Heuchele«, bald durch Schrecken, bald durch Seiten , die Küste von Italien , die Insel Elba , Eaprcja u. ei.
List. Er betrügt alle, zulezt aber sich selbst. Ein ungeheu gerade vor sich , die Ebene im Süden von Basti« mit dem See
res Strafgericht Gottes bricht über ihn herein. Bis zur Er von Bigaglia, bcrülimt wegen seiner Aale, die »ach Neapel
mordung der zarte» KbnigSsdhne , dieses boldcn, schuldlosen versendet werden , und in der Umgebung der Stadt Citroncn?
Paars, dieses süßesten Werks , das die Natur seit den, Be und Pomeranzenbäume mir ihren goldenen Früchten. Die
ginn der Schöpfung je gebildet, traf alle, die er tobten läßt, Stadt von etwa l2,<iUU Einwohner» ist leidlich, auf einem
die Strafe für eigne« Unrecht. Die lezte Schuld, der Mord Hügel gebaut, mithin uneben und zwar so, daß man steile
der schuldlosen Knaben, ist seine höchste. Bislier hat die Mut Treppen auf- und abzusteigen hat. Die Häufer sind sehr hoch
ter iwn nur mißtraut, jczt flucht sie ihm, und schon tragen und nahe bevfammen , was im Sommer külil hält; die vor
die Melle» einen Rächer, all dieser Unthatcn a» da« bcfrenn- nehmeren Leute wohnen in dem dritten und vierten Stockwerke,
icte Ufer. Die Erscheinung Richmonds und sein Charakter wahrscheinlich um mebr und frischere Luft zu haben. Schöne
sind ein Meisterstück. Hier kommt besonder« hervor, baß Sha Gebäude sind nicht zu sehen, nur die Kirchen sind innen
kespeare die göttliche Gerechtigkeit und ihr Wirken inS hell hübsch. Da das Karneval und mit i!»n das Theater schon
ste Licht stellen will. Richard fürchtet den Nichmond nicht, er zu Ende war , so kann ich darüber nichts berichten. Gesell
nennt il'N flach, einen Knaben, der sich noch nicht bis über schaft findet sich nicht leicht andere als die der Beamten, die
die Knöchel in den Schnee gewagt. Richmonds Heer wird sehr zaklrcich sind, da hier der Sitz der ersten Militärbe
von Richards dreymol an Zahl überragt. Richard ist in der hörden und des königlichen Gerichtshofes ist. Diese sind meist
Schlacht tapfer wie sonst; fünf falsche Richmonds besiegt er. Franzosen, mithin auch ihre Sitten französisch. LuruS scheint
Eben so nennt Richmonb sich einen Krieger Gottes, ver ziemlich zu herrschen, an Sonntagen sind die Frauenzimmer
traut nur seiner guten Sache, und ermutlugt seine Krieger sehr elegant, sonst bekommt man sie nicht zu sehen, da sie
durch die Erinnerung, baß sie gegen den Feind GotteS ihr Leben hinter den Jalousien zubringen. Französisch ver
kämpfen. Die Geister feiner eigenen Tl,at besiegen Richard ; steht Jedermann, «ber das Volk spricht italienisch. Große
im Traume steigen sie auf und drohen in der Schlacht fei Freubenbezeugungen geschahen vor Kurzem zu Ebren des neue»
nen Arm zn lälimen. und diese Schatten des Traums werfen Maircs , eines der wohlliabeustc» Kvrsikancr . der bevm Volk
Über Nacht in feine Seele mehr Schrecken als zclintauscnd ge scl'r beliebt ist , das denn auch mehrere Tage mit Schieße» und
stählte Krieger , von Richmonb angefülirt. benm Licht bes Ta Vivatrufcn nicht aufboren wollte. Schauspiele traurigerer Na
ge« könnten. Jezt beginnt die Last seiner Sünden ihn zu er tur waren die Hinrichtung eincs Mörders, der mit vielem
drücken und e« bringt ihn zur Verzweiflung , daß kein Ge MutKe starb, bieg ist ein voini Ä'Konneue für die Korse»,
schöpf ihn liebt, und keine Seele sich seiner, wenn er stirbt, und die VcrurlKcilung eines andern , der ganz kalt seine vier
erbarmen wirb. Und also geschieht« auch. Wie sehr sich jeder oder fünf Mordtbaren mit allen Umständen eingestand und
für Richard interessirt bat. so befriedigt und thcilnahinlos siebt rief: I« giusiili», mit dem Beifügen, wer dicGerechtig-
er ihn sterben. Richmonb endet das Stück, indem er Gott seit nicht clirt . fürchtet auch Gott nicht. WäKrcnd meines
anfleht, das Vaterland mit mildem Frieden und »eitern Tagen kurzen Hicrscyns sind schon mehrere Morde in der Umgegend
zu segnen . und wenn bisher der Staatsinteresscn wegen der begangen worden, alle Folgen der Vendetta, unter antcrn fiel
Bruder den Bruder, der Sohn den Vater erschlug, so will eine schwangere Frau in einer Kirche von einem Pistolenschuß
Richmonb auch Familie und Staat verfilmen und vereint die der einer andern Person galt.
weiße und die rotlie Rose. Mit diesen Andeutungen Die Umgebungen , mit wenigen Ausnahmen steile Berge,
müssen wir un« hier begnügen. Der Hauptzug in den Sl,a- >«!t kleinen Ddrfern, deren Kirche immer zu vbcrst liegt, über
kcspearcschcn Tragödien ist überhaupt der , daß das Wesen der säet . gefallen mir sehr wohl, und trotz der beschwerlichen Fuß
weltlichen Verhältnisse der Familie und de? Staats in ihrer steige und dem veränderlichen Wetter (wir harten schon zwey
modernen Entwicklung die ewigen Mächte sind, an welchen so Mal Schnee in der Sradr . der aber sogleich wieder ver
mannichsachc Charaktere, wenn sie sich nicht innen qemäß ver schwand) bringe ich die meiste Zeit auf dein Lande zu. Wenn
hallen, zn Grunde gehen , und in keinen Stücken zeigt sich dieß einmal der ungesunde heiße Sommer da ist, werde ich vielleicht
deutlicher als in Hamlet und Richard dem Dritten. Hamlet Materialien sammeln können, die mehr Interesse darbieten.
zicl't sich thatlos in sein Gemürl, zurück, vnstcht alles, aber
bedenkt und bespricht eS nur , statt zu handeln , und dennoch Berlage: Jntelligenzblatt Nr. t».
Verlag der I. G. Colt« 'sehen Buchhandlung.
147.

M o r g e n b l a t t

für

gebildete Stünde.

Donnerstag, 19. Juni 1 8 2 8.

Sty guten Miiihe«. Freund!


Hast du ,ur ruliigen Glückseligkeit
Nicht Alle« hier?
Vorth?.

Der Herbstmorgen. Doch wie wird mir, ist'S kein Traum?


Bist du's, trauter Zrüchtebaum?
N^ch einer Landschaft von S t e i » k o p f. Winkst auS wohlbekannter Laube
Zarter Ueberflug von Licht, Du mir, hcimathliche Traube? > .
DaS aus frühem Nebel bricht? Nein , eS ist kein fernes Thal,
Welch ein Thal aus fernen Landen Schwaben, Schwaben allznmahl!
Ist vor meinem Blick erstanden ? Welch ein herrlich Land mein eigen,
Muß mir'S erst der Maler zeigen?
Weiche Hügel hingestreckt.
Dicht mit Baum und Strauch gedeckt, Nicht zur bust'aen Ferne hin
Und von Wäldern «versäumet. Strebe, rubelvfer Sin»!
Drob ein Morgenhinimel träumet. O wie süß im Nachbarthale
Ruhet sich'S im Sonuenstrahle!
Reifen mag in Höhn und Sch!ucht
Hier es wohl von Wunderfrucht, Gustav Schwab.
Tinen in den Laubgebämien
Mag'S von fremden Vogelfängen.
Dörfer stehn in halber Nacht — Das JudaSbild.
' Welch Geschlecht wohl dort erwacht? Bon L. Kruse.
Du, die Augen aufgeschlagen, (Fortsetzung.)
Blauer Fluß, woher getragen?
Uebcr Wellen ruft dein Steg, . „Ich habe von diesem Tavernier reden hören," sprach
Durch's Gesträuche lockt der Weg, Chemnitz. «Cr starb in Moskau , sagt man."
Und der Berge graue Kette „Moskau — Mosköc !" nahm Havcnreuter das Wort.
Bieget neue Wunderstätte. „Einer von den Heyden Orten war es ohne allen Zwei-
Aber bell in's TKal hinaus fel , und an welchem von beyden kann Such Niemand des:
Blickt ein heitres SäulenhauS, ser als ich berichten. Der Weg von Antwerpen bis zur
Lädt zu kühlem Sitz ben müden norwegischen Küste ist lang genug, daß während der Zeit
Wandrer ein diesem Süden.
die Saat des Verbrechens aufleime» und Frucht tragen
Ach daS Bleiben aus den Höhn, kann. Schon als die Lastträger die Kisten des Juweliers
Ach das Ziehen ist so schön!
Soll ich wandern, soll ich weilen? an Bord brachten, dachte ich: welcher Reichthum ! und wei
Soll ich ruhen, soll ich eilen? ter: wer doch so reich wäre als er, und dann wieder: wer
doch seinen Reichthum hätte! Solche Sicbenmeilen- „Ihr habt ihn doch nicht angefaßt, Havenreuter 7 Ihr stun
schritte macht die Verdorbenheit in der menschlichen Brnst. det doch friedlich an seiner Seite, hoff ich? Ihr schweigt?
Anfangs wollte ich diese Gedanken vertreiben, und als Sagt mir um Gotteswillen schnell, daß Ihr ihn nicht mit
wir di4 Reise angetreten hatten und die Geschäfte meines einem Finger angerührt habt!" -
Amts, meine ganje Zeit füllten, schien es auch, als hät „Nicht mit einem Finger, sondern mit der ganzen
ten sie mich verlassen ; allein kaum war das Schiff in ru Hand !" rief der Schiffsherr. „Ich gab ihin den Gnaden
higem Laufe, als sie gewaltiger als vorher zurückkehrten. stoß, und daher kömmt es, daß das Haar auf meinem
Ich wußte selbst nicht, wie völlig sie sich meines ganzen We Judaskopfe von Blut tränfett."
sens bemächtigt hatten , bis Tavernier mir eines Morgens „Ewige Gerechtigkeit !" staizimelte der fromme Pfar
erzählte, wie er die Nacht schlaflos durchwacht habe. Plötz rer, tief erschüttert, ,7»ind die Hand des Herrn traf Euch
lich hatte er etwas in der Kajüte sich hcrumbewegen gehört; nicht?«
eö war mit hörbaren Schritten auf und niedergegangen, „Sie traf mich !« fuhr Jener fort. „Denselben Tag
hatte an einigen Kisten gezogen, an andern leise geklopft, scheiterte mein Schiff mit Segel und Rumpf; keinen Hel
daraufhatte es gerade an der Hängematte, in der er lag, ler rettete ich auS dem Schiffbruche, dieß elende Leben
stillegcstanden , und darauf war es eben so still verschwun ausgenommen, das keinen Heller wcrth ist. Sie traf
den. Als ich das vernahm, wußteich ja gleich, daß ich mich, die Hand des Herrn, und sie trifft mich noch. Oft
es gewesen, der im Schlafe herumgegangen war, allein wenn ich des Nachts im Schlafe herumgehe, höre ich den
ich wußte zugleich, wie ganz ich in der bösen Begierde be Juwelier mich bey Namen rufen, und dann wache ich in
fangen sey. Wie wir weiter segelten, versuchte mich Sa Juckungen auf." Er schwieg.
tan nnter verschiedenen Gestalten ; wenn nun der Alte Lange saß auch der brave Chemnitz, sprachlos vor sich
krank würde und hier ans dem Meere stürbe, wäre es ja hinstarrcnd, sinnend und grübelnd. Endlich sagte er : „Ist
doch möglich, dachte ich, daß er mir etwas vermachte. Ein Eure Beichte zu Ende, Michael Havenreuter?"
andermal dachte ich: er ist frevlich für sein Alter sehr „In andern Sacken bin ich mir nicht bewußt gesün
stark und rüstig, es gibt indessen Bepspiele, besonders auf digt zu haben crwiederte dieser ; „was andere Seeleute
dem Meere, wo nur eine Planke sich zwischen Leben und am meisten lieben , Weiber, Wein und Spiel, die Dinge
Tod befindet; ein Schwindel, ein Fehltritt, und es ist haben mich nie in Versuchung gebracht; selbst die größten
vorbey. SS würde recht traurig sey» , das versteht sich, Schönheiten, welche die Köpfe anderer Lente verrückte», ha
allein es würde keine Seele auf der ganzen Erde ihn'ver- ben mich kalt und gleichgültig gelassen, auch wenn sie mir
missen. Die Reise war sehr glücklich ; wir hatten die Ge entgegen zu kommen schienen. Wein «der irgend ein gei
gend erreicht, wo der furchtbare Mvsköestrudel seine reis- stiges Getränke genieße ich nie, Spiel ist mir ein Gröuel.
scnden Wirbel wälzt. Wir waren eben an dieser, den See Von dem einen Teufel allein bin ich besessen , und es ge
fahrern so gefährlichen Stelle, als Tavernier, der an mei hört noch zu meiner Beichte, Euch ein leztes Beyspicl da
ner Seite stehend dicß ungewöhnliche Schauspiel betrach von anzuführen. Als ich hier hereintrat, lag eine Dukate
tete, plötzlich Kopf über ins Meer stürzte." auf Eucrm Schreibpult ; als Ihr Evern Sohn in das Ne
„Gott im Himmel !" rief Chemnitz ; „und keine Ret benzimmer einschlösset, habe ick sie gestohlen; da habt
tung war da?" Ihr sie zurück." Er zog die goldene Münze aus der Brust-
„Keine, sage ich Euch; es konnte keine Rettung da rasche hervor und legte sie auf den Tisch.
seyn," fuhr der Schiffsherr fort. „Er sank, den Augen
„Furchtbarer Mensch!" rief Chemnitz, „furchtbarer.
blick hernach tauchte er mit dem weißen Haar aus den Wel
Mensch, der sündigt selbst während der Beichte der Sünde!
len herauf, sah mich an mit einem Blick des Erbarmens,
Ihr seyd tief gesunken !"
rief laut: Havenreuter! und noch einmal Havenreuter!
Da riß der Strudel ihn mit sich fort, hundert Wellen wir „Allein ich sage Euch ja," fuhr Havenreuter fort,
belten ihm »ach und rissen ihn^ wie mit einem hundertzak- „was ich will, das thue ich nicht, und was ich nicht
kiaten Mühlrad vor meinen Augen in den Abgrund hin will, das tbue ich; doch bin ich mir meiner tiefen Ver
unter." dorbenheit völlig bewußt, und in diesem Bcwußtscvn frage
„Er stürzte, sagt Ihr ?« fragte Chemnitz. ich Euch: ist noch Rettung für mich da?"
„Ja," fuhr der Fremde, ohne aufzusehen, fort. „Es Mit dieser Frage erhob er sich. Chemnitz schwieg ei
ist ganz natürlich , daß ihm bevm Anblick des reißenden nige Augenblicke tief sinnend.
Strudels schwindlicht werden konnte; wär ich aber nicht (Die Fortsetzung folgt.)
an seiner Seite gewesen , wäre er wohl auch nicht hinun
ter gestürzt, mevne ich.«
„Wie?" fragte der Magister höchst betroffen weiter.
5«7
Bilder aus Frankreich. daö Werk dessen war, dem sie seine historische Bezeich
nung versanken.
(Fortsetzung.) Wir stiegen zum Abendessen in Saarburg aus, wo
Der Weg von Parts vis Strasburg bittet wenig In: mehrere Messagerien in demselben Hötel zusammentrafen,
tcresse dar. Erst von Saarburg an wird die Gegend durch und die Gesellschaft eine wahre Musterkarte »on Kleidern
Berge und Walder lebendiger. Die Aussicht auf die Vo- und Gesichtern abgab. Sin kleines, dürres Männchen mit
gesen entschädigt für die fönst ide Tour. Die Messagerie grauen Haaren , daS fo abgeschabt, wie gewöhnlich Zran»
war mit Reifenden überfüllt. Ich saß im Innern mit vier zosen auf Reisen, aussah, machte die Honneurs an der
französischen Offizieren, die sämmtlich Ritter der Ehren Abendtafel mit einer Virtuosilät, wie sie »»r noch nicht
legion waren und ein ächt militärisches Ansei,,, halte». voraekommen war. Zu meiner Linken saß ein Stndcnt
Wir fuhren über das Schlachtfeld von Montmirail. Ich ans Paris, zu meiner Rechten eine sehr hübsche junge Dame
hatte die Augen geschlossen, ohne zu schlafen, da ich fehr mit einem stocktauben OnNe, der ein solches Burgunder'
müde war, und hörte so, wie sie untereinander ihre gesicht hatte , daß man in die aufgehende Sonne zu sehen
Freude und ihren Stolz bev der Erinnerung an jene Schlacht glandte. Ich gab mich für einen deutschen Studenten
Äußerten. „Wir jagten sie den ganzen Tag," sagte der aus, da mir dieser Sharakter am besten zusagte. Mein
eine; „dieses Dorf wurde im Sturmschritt genommen französischer Kollege sprach über Racine und mcvnte, Lady
und kein Pardon gegeben," sezte ei» anderer hinzu, und Morgan sev sehr geistreich, aber so unwissend, daß sie
so giug es lange fort. Aweo von ibnen, alte Kriegslcute, Shakespeare über Racine stelle. ,.Sr hat sehr viel Tie--
kamen aus Paris, wo sie Sir Söaltcr Scott gesehen Kar sc, aber seine Zeit war noch nicht gebildet genug, um
ten und von ihm sehr eingenommen waren. Sie strikten ihn zu einem Racine zu machen !" Ich mußte ihm für
sich über Bpron und seiner um den Vorrang, wöbe» sie diese Albernheit ins Gesicht lachen, da er obenein der Sohn
leztern immer I« tsi»««, romsnvier nannten, obwohl es einer englischen Mutter war und in London geledr batke.
schien, als wenn sie nichts von ihm gelesen hätten. Eine Meine Nachbarin wurde von mir auf Z4 bis 2« Jahre ge-
Offiziersfrau, die aus Bavonne kam und zu ihrem Manne schäzt, war groß, schlank und sah ungemein frisch und an
nach Straßburg reiste, wurde sehr höflich behandelt, ob genehm aus. Ihr Auge hakte die Lebhaftigkeit dcS fran
wohl mit mehr Frcpheit als in Deutschland unker ähnli zösischen Blickes ohne seine Trockenheit und Leere.
chen Umständen, denn man berührte manche geheime An (Die Fortsetzung folgt.)
gelegenheiten zwar mit Delikatesse, aber doch mit Spott.
Ein kleines Tichterchen, das sie bev sich hatte, und das zum Au< Jean Paul« Nachlaß.
Theil auf meinen Knieen faß, wo es sich etwas unnül) zeigte,
Die Schmerzen der Ehre sind Brandwunden unaus
wurde von der Mutter dann nnd wann mit einem Nasenstü
ber oder einer kleinen Ohrfeige zur Ordnung gewiesen, aber löschlichen Feuers, und wie groß sie sind, sieht Jeder dar
immer durch das ehrenwerthe Prädikat: Mademoiselle! aus, daß leider das beste Gewissen den Schmerz nie ganz
darauf vorbereitet, während sie Key »ollkommen friedlicher auflöst und aufweicht. Man bejammert viel zu voreilig
Verfassung mon enksnt genannt wurde. Die Offiziere de» Durstigen, Hungernden, Frierenden, dessen Elend
vielleicht eine einzige Gabe fortscheucht, aber nicht den,
sprachen von ihren Kriegsthaten nnd fragten mich über
das preußische Militär auS, wöbe» der Sine meinen Aus der unverschuldet an der Ehre leider, der kaum außer,
druck : I« I»i,cknel>i- » s»uve I» ?,->,««, sehr übel aufnahm. kaum in sich ein« Heilung von Schmerzen findet, deren
Die OffizierSfran disxutirte über die Preise deö Hammel Dauer er nicht einmal weiß. Wer einen solchen Leidenden
fleisches in Bavonne und Straßburg mit einem alten Müt kennt, der rechtschaffen und unglücklich war, der gebe ihm
terchen, das so aussah, als wenn es kaum das liebe Leben als Freund, indem er ihm sein achtend Herz vorhält, we
hätte, gleichwohl viel politisirte, auf den Grafen Villile nigstens so viel Freude und Brznep, daß er deu Schmerz,
«isvnnirte, und da sie mich sogleich für einen elr»n«»r er verkannt zu seyn, auSdauerr.
kannte, bey der Erwähnung deS lczten Kriegs sagte: „IVlr.
«ou, eiion, lr»Ki5." So stolz die Offiziere auf ihre Kriegs Korrespondenz-Nachrichten.
London, Juni.
thaten schienen, so war ich doch im ganzen Wagen der Den 28stcn »orlge» MoNatS gab Pirii , der berülmke
Sinzige, der Napoleon »moereoi- nannte. Die andern Klavierspieler , welcher Dem Sontaa Kleber begleitet Kar »>,d
schalten ihn mit einer lächerlichen und unverschämten Lopa- ollcntt'alben als ihr Beschütz« mir il,r gckt, ein Konzert ,u
lität R«n«p»rle, ee l»meur ««pilsine, I» clies «In Aouvei' hinein Vorteil i» dem italienischen Opernhause. Außer de,«
Opernorchestcr unk, einigen »er gnvöknlichen Sänger , l'atte er
nemenl. Diese politische Etikette nah« sich im Munde oc>„ v>irerlä»ktschcn Künstlern Dem. Sontag, Mab. Schütz und
der Soldaten um so widerwärtiger ans , da Alles , was Mal,. Stockwusen, Hrn. MoschcleS'imv Hgi. Vogt. Si»
ihrem Leben Würde und ihrer Eriiiucruug Größe gab. Duett, da« er mit bn» Violinisten Mori, ei» Marsch, de»
588
er mit Moschele«, unb eine Reibe von Variationen eine« welche oben offen warn, , find nach u«t nach verschüttet wor-
Schwei zcrmclodie , die er mit der Sontag ausfübrte, fanden den und sind jezt Gärten , und die, welche Dächer hatten, wer
großen Beyfall , ebni so sehr ein Solo von Bogt. Aber der den zu andern Zwecke» bcnnzt. Einer von diesen, <l>/).s^kvs?,
große Anziehungspunkt de« Abends, der besonders eine sehr der Fremdenfrcund genannt, weil es cm öffentlicher Behälter war,
große Menge Deutscher herbevgclockt hatte , war die Auffuhr ist ein großes unterirdifches Gebäude, welches auf marmornen
rung der zwey ersten Sccnen des zwnitcn Akts beS Frcuschüz- Pfeilern ruht, und wird von den Türrcn wegen der Mengt
zen, unb zwar in deutscher Sprache; Personen: Aga»,e, Dein. derselben Bin bir derek. die Taufend und ein Pfeiler ge°
Sontag. Annchen. Mad. Schüg. Mad. Schütz mar nicht nannt. Er ist zum Theil mit Erde angefüllt , aber doch noch
jung unb lebhaft genug für ihre Rolle, hat auch etwas eigc- immer fchr tief, nnd hat eine gewölbte Decke , welche von 672
nes in der Stimme, was ihrem benrfchcn Gesäuge etwas marmornen Säulen getragen wird , deren jede aus drehe» be
Rauhes gibt, und bcv denen, welche mit unserer Sprache unbe steht , welche über einander anfgcsczt sind. Wenn er voll ist,
kannt sind , das Borurtlieil gegen dieselbe verstärkt haben müß hält er 1.2Z7.9Z9 Kubikfus, Wasser, und da jezt der gewöhn
te, wenn Dem. Sontag nicht gezeigt hätte, wie süß dieselbe liche Verbrauch Konstautinopcls in »icr-und-zwanzig Stunde»
auch in einein reine» Munde klingen könne. Die Sängerin SK,ti78 Fug ist, fo konnte dieser Behälter den Wasscrvorrath
übertraf beu dieser Gelegenheit sich selbst, indem fic nebst ihrer für sechszig Tage fassen. Er ist aber jezt trocken , und eine
gewöhnlichen Kunst und Melodie auch das zeigte, was man oft Menge Scidenwinder haben Besitz davon genommen »ud be
an ihr vermißt, nämlich Gefühl. Das Bwfallklatschcn, welches treiben ihr Handwerk am Boden desselben bcynahc in gänzli
ihr lohnte, war auch wirklich betäubend. Piris, sollte ich cher Finsternis. Nebst diesem gibt es noch einen andern, wel
denken, wild seinen Vortbeil bcv dem Unternehmen gefunden chen vr. Clarke vergebens suchte. Ich aber fand ihn . da ich
haben. Am folgenden Abend spielte die Sontag die Rolle der. mehr Zeit unb Gelegenheit hatte als De. Clarke, zufällig nach
DcSdemona im Othello mit der Pasta als dem Mohren , zu langem Suchen, und zwar genau an der von Gillins cmgcgrbe,
ihrem Benefiz, und obgleich es die Pfingflwoche war, wo viele ncn Stelle. Wir traten in ein Privatbaus, stiegen eine
Herrschaften die Stadt zu verlassen pflegen , war das Haus lange Treppe hinunter und befanden uns am Nandc eines un
doch eben so voll, als wo sie dieselbe Rolle zum Benefiz der Pa terirdischen SceS , welcher sich unter mehreren Straße» hin er
sta spielte. Auch hat fic ihr Engagement um einen Monat streckte. Die Decke war gewölbt und von mehr als ZMi Pfei
verlängert. Vogt hat auch ein Konzert gehalten, welches lern gestüzt; eine Menge von Nblircn reichte WS Wasser hin
ziemlich vortheilkaft für ihn ausgefallen zu scvn scheint. ab . wodurch die Straßen damit versorgt wurden , deren Ein»
I» ein Paar Tagen wird Schulz das scinige geben. Ueber- wobner . wie Gillius schon bemerkt , nicht wußte», woher da«
Haupt vergeht fast kein Tag ohne irgend ei» öffentliches Kon Wasser kam.
zert . und alle Unternclnner scheinen ilire Rechnung dabcu zu (Die Fortsetzung folgt.)
finden . denn alle Stände scheint eine Art von Melomanie er
griffen zn haben. Auch bin ich überzeugt, wenn eine gute deut R om , 2j. Mai.
sche Gesellschaft mit irgend einer ausgezeichneten Sän Die Sommcrstille ist bereits in vollem Maße eingetreten.
gerin herüberkomme» wollte um deutsche Opern aufzufül'rcn, Vor einigen Tage» reiste auch der Prinz von Dänemark nach
fie würde eine vortreffliche Seafon haben. Laporte und Lau Genf zurück. Den Prinzen Friedrich von Sachsen erwarte»
rent, die jetzigen Unternehmer der italienischen Opir, find ganz wir ebenfalls nur auf kurzen Befnch. Die Hitze hat sich un
die Leine dazu, um dergleichen auszuführen. Die Sänger und gewöhnlich früh eingestellt, daher schon Viele aufs Land gezo
Sängerinnen würden wenig dabev wagen, wenn fie wirklich gen find.
gut wären , besonders wen» fie auch italienisch fingen könnten. Der Einfluß des schiffbaren Tiberarins ins Meer wa«
Ein für diesen Augenblick besonders interessantes Werk ist seither nur selten besucht. StroKKKtten, welche man kanm am
eine Landrcise des ve. Malsch von Konstantinopel nach Eng frischen Haff suche» sollte , waren nebe» den MautK- und Sa-
land. Der Reisende scheint Land und Menschen . die Werke nitätsgebäuden der einzige Ucberrefl der alten Hafen, welche
der Natur und Kunst genau beobachtet zu haben , und be noch i» ihren Trümmern impeniren, aber nun freulich lief im
schreibt, was er gesehen, in einem angenehmen Swl. Wir he Lande liegen, dg die See jährlich vom Tibcrfchlainme zurück
ben eine Probe ouS. „Der auffallendste Gegenstand in Kon- getrieben wird. Leiber ficht man aber eben deßbalb nur trü
flanriuopcl war mir die Wasserleitung des Kaisers Valens, bes Wasser am Ufer, an Seebäder ist wegen der schlechten
welche ssch von Hügel zn Hügel über die Stadt erstreckt und Lust nicht zn denken , unb die schönen neuen Srbänbc sind nu«
die Behälter in derselben versieht ; es ist die einzige, welche von wenige Monate deS Jahrs bewohnt. Leiber zerstört man an
allen denen, wovon die Geschichtfchrcibcr melden, übrig ge tike Bauwerke, um sie aufzuführen.
blieben, und da die Geschichte ihres Entstehens merkwürdig Au Florenz ist einer der reichsten Privaten Europa«,
ist. so mag fie hier eine Stelle finden. Der Kaiser, aufge der russische Sraatsratli Dcniidof, im 5? Jahre seines Alter«
braßt über die Einwohner von Cbalccdon , welche den Proco- gestorben. Nicht nur Florenz nnd die Bäder von Lucca ver
pius begünstigt hatten . ließ ihre Mauern niederreiße». Unter lieren sehr viel an ihm, sondern auch Rom , wo er vielen»
den Steinen fand man einen mit einer Inschrift des Inhalts, jezt nicht sehr beschäftigten Bildhauer» uud Mosaicisten Arbei
dag die Mauern von Ciialccdon der Stadt Konstantinopel eine ten aufgetragen hatte.
große Menge Wassers zuführen würde» ; »ud um diele Pro- Französische und Piemontesifche Klosterfrauen, O»m„
xhczechlmg wahr zu machen, ließ der Kaiser q»S den Steinen Zu ,»ce« cneur genannt, werden das schön gelegene Kloster
diese Wasserleitung bauen. Ich habe oft an der Wasserleitung Trinit» de Monti beziehen , und daselbst eine Pension für
n'ci, diesem prophetischen Steine gesucht, aber ohne Erfolg. junge Ebelfräulein errichten. DaS Kloster gehörte französischen
An einigen Stellen wiib fic von den Straßen durchschnitten, Paolorten, war bcnnahe unbewohnt, unb ist 'inn vom König
au and-rn laufen diese längs derselben hin. Weinreben nnb an: von Frankreich zu diesem Zwecke abgetreten worden. Gegen
derc Schlingpflanzen haben überall zwischen den Ritzen Wurzel die Wohnungen der fremzdfifchen Maler in der Villa Med»«!«
gefaßt und einen sehr üppige» Wuel>s erlangt. Die Bcbäl- wird eine Hobe Mauer aufgeführt werden. M.
ter, welche diese und andere Leitungen mit Wasser zu versehen
pflegten, find noch vorhanden, aber nicvt als solche. Einige, Vehlage: Kunstblatt Nr. «9.
Verlag der I. G. Cotta'schen Buchhandlung.
x°. 148.

M o r g e n b l a t t

f ü r

gebildete Stände.

F r e y t a g, 20. Juni 1 8 2 8.

Ja, so verderbt wir sind, so schwach uni selbst zu heile».


So steuert <?ott »och »er Verdorbenheit;
Lädt durch sein heilig Wort u„« neue «rast exrheilen,
Licht der Vernunft, dem Hcr,en Reinigteit.
Und d» willst dieser «rast, o Mensch, dich widersetzen?
Erkenne Soli: „och steht dein Heil Hey dir.
Geliert.

Da« Judasbild. lieb haben, und liebt er ihn, dann kann er unmög
lich dieser Liebe zuwider handeln. Diesen achtchristlichen
Aon L. Kruse. Grundsatz wollte er befolgen, und jede Stunde, die ihm
(Fortsetzung.) sein Amt frey ließ, der Rettung des Unglücklichen wid
„Ich will Euer 'Anliegen m einem Gespräch mit dem men. Es war ja doch sein eigentlicher Beruf dem Elend
Herrn erwögen ," sagte Chemnitz, «ich will im Gebet und zu dienen, und diesem Beruf gab er sich, besonders seit
in inniger Anrufung ihm Sure Norh vortragen. Kommt der Zeit, wo die Gattin seiner Liebe, nachdem sie von
morgen zu derselben Stunde zu mir. Doch nein , ich de- dem kleinen Georgius genesen, im Herrn entschlafen war,
siime mich eines Bessern. Ihr verlaßt nicht Euer Schiff! ganz hin,
Ihr bleibt an Bord , Hirt Ihr ! Laßt Ihr Euch nur ein Den folgenden Morgen kam der Knabe mit einem
einziges Mal auf der Straße sehen, so breche ich sogleich Blatte in der Hand zu ihm hercingcsprungen. „Was hast
jede Gemeinschaft mit Euch ab und gebe Euch als einen du da, mein Sohn ?" fragte der Vater.
verlornen Menschen auf. Versprecht Ihr mir, diese Be- „Das Bild des Rothbarts, der gestern hier gewesen,"'
dingung zu erfüllen?" erwiederte der Junge und zeigte dem Pater einen mit
Rothstift gezeichneten Mannskopf. Er hatte die Gewohn
„Ich verspreche es," sprach Havcnreuter. heit, vom hellen Morgen bis zum dunkeln Abend zu zeich
,.Alle Tage," fuhr der Pfarrer fort, „will ich als nen und zu malen, und Jeder mußte sich ob der kecken
Euer Seelsorger Such besuchen. Schon Morgen werdet Züge, der sichern, kräftigen Umrisse wundern, die daS Ver
Ihr mich sehe». Schlagt nur wo möglich den geradesten mögen einer kindlichen Hand weit zu übersteigen schienen.
Weg zu Euerm Schiff ein." Besonders verrieth er ein seltenes Talent, menschliche
Der Schiffsherr verbeugte sich und ging. Chemnitz Gesichter von irgend einer xhysiognomischcn Merkwürdig
durchwachte und durchsan» die ganze Nacht. AlS seine keit, wem, er sie nur einmal mit seinem klaren Kindes-
Gedanken , indem eir sann , immer verworrener wurden, bllck ergriffen hatte, abznkonterfeven. Der Magister wurde
nahm er seine Zuflucht zum Gebet und nun erst ward es - selbst über die auffallende Aehnlichkeit dieser Zeichnung
ihm durch ein Licht irn Geiste klar, was er zn thun hatte. mit Havenreuters Kopf höchst betroffen.
Jezt sah er ein, wie wenig hier mir der Strenge des Ge „Warum hast du eben ihn nachgebildet?" fragte er.
setzes auszurichten sey. Sr muß, so dachte er, den Erlö „Warum?" erwiederte der Knabe, ..weil ich alle
ser kennen lernen; kennt er ihn erst, muß er ihn auch Bilder der Apostel gezeichnet habe, den Judas ausgenom
/

59«
wen. Ich hak lange nach einem solchen mich umgesehen, Bilder aus Frankreich.
allein dafür habe ich auch jezt einen gefunden, der selbst
den Namen ausspricht; findest du das nicht auch?" (Fortsetzung.)
„Den Namen ausspricht?" wiederholte der Vater, Die Messagerie, mit der ich nach Straßburg reiste,
«wie verstehst du das?" war hier von Reisenden fast ganz leer geworden. Der
„Ich mevne," fuhr Georgius fort, „hier habe ich ei Kondukteur fagte uns, nur ich, jene junge Dame, ihr
nen wirklichen Verräther, der nicht den Beutel in Onkel, der aber weder Augen noch Ohren hatte, und die
der Hand zu haben braucht, um zu zeigen, welch Geistes französische Offizicrssran reisen mit. Wir saßen in einem
Kind er sey." ' , 7' Augenblick allein um den Tisch. Meine Nachbarin hatte
„Thue keinem Menschen Unrecht, mein Sohn ?" warnte sich von mir ab , gegenüber neben die Dame aus Straß
der Vater mit erhobenem Finger. „Gott, ihr Schöpfer, burg gesezt. Sie redete mich auf einmal deutsch an, falsch
hat nicht einige zu Heiligen und andere zu Kindern der accentuirt und nicht geläufig, aber doch zu meinem großen
Verderbniß gestempelt oder erkohren." Vergnügen. Auf diese Art wurden wir rasch bekannter.
„Nicht?" fragte der Knabe; „ich sollte es doch bey- Sie lächelte, indem sie mir über meine, in ihrem Ohr be
nabe glauben. Du z. B., wenn ich auf einen Christus zu sonders reine Aussprache des Deutschen ein Kompliment
meinen Aposteln sinne, so schweben deine Züge mir im machte und zu meiner stockfranzösischen Antagonistin halb
mer vor, und vielleicht, ehe du es ahnst, habe ich mich laut sagte: „Grunzen die Deutschen noch so?" Dieß war
für mich ein Wink, daß bevbe Damen mich schon zum Ge
deines Kopfes dazu bedient."
genstand einer kritischen Reflexion gemacht hatten, wahr
„Wildfang!" sagte ber Vater, und herzte den Jun scheinlich aber, wie Alles in Frankreich, auch bep diesem
gen. geringen Gegenstande sich in eine reckte und linke Seite
Chemnitz unternahm den ersten Desuch bep Haven gethcilt hatten. Die Sffizicrsdame lächelte, schüttelte den
reuter. Wir wollen nicht die dem Novellisten abgesto
Kopf und sagte leise, aber doch verständlich: „Die Deut
chenen Gränzen überschreiten und hier anführen, was Chem schen gefallen mir nicht!" Da sie Mir ebenfalls nicht ge
nitz und Havenreuter in ihren langen häufigen Unterre
fiel und fast nur vom Essen und der Küche sprach, so hatte
dungen mit einander verhandelt haben; es ist uns nur
gestattet zu berichten, daß Chemnitz nach unaussprechlicher ihre Kälte nichts Trostloses für mich.
Mühe endlich so weit gekommen zu seyn glaubte, daß er mit Als wir in den Wagen stiegen, gesellte sich eine alte
ruhigem Gewissen dem Reuigen Verzeihung seiner Verbre Französin zu uns, die über fünfzig Jahr in Paris gelebt
chen zusichern und in ihm einen wiebergcbornen Menschen hatte, bis zum Ucbcrdruß neugierig und geschwatzig, sonst
erkennen dürfe. Denn wenn es auch Augenblicke gab, wo aber sehr gutmüthig war. „Haben Sie noch Eltern ?" fragte
es ihm bauchte, als ob der Fremde weniger aus Gram we sie mich. „Nein, Madame." — „Hoben Sie Güter?" —
gen seiner Verbrechen als wegen des Zwangs, in dem er Obgleich man auf Reisen nie gut thut, sich für «rin ans-
gehalten wurde, leide, obgleich dieser mitunter einen zugeben , ausgenommen wenn man Beutelschneider in fei
Zweifel an Gottes Barmherzigkeit verrieth, als wäre er ner Nähe fürchtet, so sagte ich doch mit niedergeschlagener
doch auf immer dem Dienste des Bösen anheimgefallen, so Miene mit Richard M., obwohl nicht in seinem Geiste:
fürchtete dennoch der Pfarrer allzu ängstlich zu seyn, und mevn- „Ich bin nur ich ganz allein!" Auch war ich wirklich, der
re auch, der Verbrecher könnte verzweifelnd zurückfallen, ungemeinen Dürre meines Geldbeutels wegen , etwas
wenn ihm die höchste Wohlthat der Kirche länger verweigert schwermüthig. p«uvre ß«r?oi>, il n'» ni psrens ni
würde. Dazu kam, daß der größte Thcil des Sommers teri-es," sagte sie theilnehmend zu ihren bevdcn Landsmän
schon verflossen war, und da nun Havenreuter mit der ninnen, die darüber laut auflachten. Die Alte hielt mich
Erklärung, daß er bald abreisen müsse, innig flehend zuerst für einen Jrläuder, für einen Dänen, endlich für
darauf drang, daß ihm vorher Autritt zum Tische des einen Oesterreicher. „iVlcl, j'si I'Konneur ü'elre ?ru«sik«>,
Herrn gestattet werden möchte , gab der Magister endlich sagte ich kurz und gut, um zu bemerken, welchen Eindruck
seine Bevstimmnng dazu und entband den Pocnitenten in dieser Name auf sie machen würde, der einem französischen
demselben Augenblick seines Gelübdes, indem er,ihm wie Ohre niemals gut klingt; sie aber blieb ruhig. Sie war
der Freyheit gab, ans Land zu gehen, was ihm außeror eine der wenigen Französinnen, die ich nicht politisiren
dentliche Freude zu machen schien. hörte. Aber dieser Dämon ruhte nicht ; ein lothringscher
(Die Fortsetzung folgt.) Landmann kroch auö einer Ecke Hervor. Er war von un
geheurer Größe und Stärke und sagte mit einer tiefen Baß
stimme: ..M'adame, was sagt man von Karl X. in Paris?"
„Nichts Gutes," erwicderte die Alte, und in diesem Au»
59l
genblicke flogen alle möglichen Phrasen über ihre Lippen »on jenem Junker klagen, die Austern würden wohlfeiler scpn,
Priesterherrschaft und Ministergewalt viel geläufiger als wenn sie nicht so schwer an die Angel gingen.
bep Berliner Zeitungsschreibern. Die Auster findet sich fast in allen Meeren, welck>e
Es wurde früh Tag und die Frauen und Tochter der die Küsten von Frankreich bespülen, vorzüglich m den
kandleute begegneten uns, um ihre Früchte nach Straß: Baven , in größter Menge aber bcv Cancale. Vom Mai
bürg zum Verkauf zu bringen. Ich war nur kurze Zeit bis September dauert die Laichzeit, und der Fang ist
in Paris und Frankreich gewesen , da ick, mich aber schnell während derselben verboten ; er deginnt gewöhnlich am
orientire , so war mir das französische Wesen ziemlich ge <5tcn Oktober und dauert bis zum z„sten April. Ein
läufig geworden. Ich bemerkte deßhalb mit einiger Ver Fabrzeuq des Staat« führt die xolizevlich? Aussicht dabrv.
wunderung, daß diese großen Figuren mit blonden Haa- Zum Austerfang bedarf es keinrrgroßen, kostspieligen Netze,
ren und Augen den Bewohnern der Dörfer und Städte sondern bloö eines Schleppnetzes ; es ist die? ein sechs Fuß
des romanischen Frankreichs, ans dem ich kam, ganz un lanqes , zwev Fuß hohes , eisernes Instrument in Form
ähnlich sahen, und ich hatte einige Mühe mich zu eri„: einer umgebogenen Schaufel, an welchem hinten eine Art
nern, daß ich der Natur nach nicht mehr in Frankreich von Netz ans Riemen oder dünnen Stricken befestigt ist.
war. Die schlanken Gestalten, die treuen, ruhigen Züge, Das Fahrzeug , das mit dem Wind« segelt, schleppt das
das gerade, offene Ansehen der deutschen Bildung gewin: Netz auf dem Grunde des Meers nach sich, und man kann
nen hier im Gegensalze zu dem französischen Aeußcrn, daö auf diefe Weis, t,„l, Stück auf einmal fangen. Statt
zwar fehr einnimmt, aber selten hübsch ist. Freylich gibt es die kleinen Austern, wie man früherer, wieder in die
auch in Deutschland Gegenden, wo die Leute mehr von See zu werfen, hebt man sie !ezt sorgfältig auf, weil sie
der Bildung eines Frosches als der des Apollo von Belve- in Kurzem fo groß werden als die andern ; diejenigen übri
derc haben, im Ganzen aber mögen die Deutschen und Eng- gens, die in den Handel kommen, müssen dritthalb Zoll
länder nach den Italienern wohl den schönsten Stamm der breit sevn. Je mehr man auffischt, desto stärker scheinen
europäischen Bevölkerung enthalten. Ich sah mehrere aus sie sich zu vermehren, und sie bilden oft Meilenlange Bänke.
gezeichnet hübsche Mädchen an uns vorübergehen, und eö Schiffe von zehn bis zwanzig Tonnen ohne Verdeck treiben
gingen mir manche Gedanken über die Abtrennung dieser in Granville , Cancale und den benachbarten Häsen diese«
Lundschaftvon Deutschland durch den Kopf. Der deutsche Land- Fang fast ausschließlich ; aber der Transport in die Au>
mann sieht frevlich weniger geweckt und munter alsdcrfran- stergebege am Kanal la Manche geschieht durch Schiffe von
zösifche aus, sein ganzes Wesen hat aber ungleich mehr denAus- zwanzig bis vierzig Tonnen, wovon eins ins andere ?»„,',<,(>
druck von Tiefe und Gemüth, Eigenschaften, die schon in Austern fassen kann. Die Auster aus der Bav von Can
den Niedern Klassen vorhanden, in den gebildeten den Eha- cale hat wegen des schlammlgten Grunds keinen angeneh
rakter des deutschen Geistes bestimmen. Die Franzosen men Geschmack , erst wenn sie eine Zeitlang in einen, Park
nehmen sich am Besten aus , wen» sie sprechen , und sie oder Gehege gelegen, verliert sie ihre Schärfe und wird
sind unzweifelhaft die klügsten und gewandtesten Redner in schmackhaft. Man nennt einen Park einen vier bis fünf ?uß
der Welt. Ich aber , obgleich sonst ein Liebhaber geistiger tiefen Behälter mit Mecrwasser , der mit der See zusam
Kultur, würde manches einfache deutsche Landmädchcn, daö menhängt und gewöhnlich mir einer Schichte kleiner Ge
ich auf einsamen Touren in Süddeutschland antraf, den schiebe ausgelegt ist. Außer in Dicppe und Hivre sind
Damen von Longchamp und der Chaussee d'Anrin vor dergleichen Parks fast in allen Häfen am Kanal von Eng
ziehen, fo beschränkt und barbarisch dieß auch klingt. land. Aber nicht überall ist die Küste gleich günstig dazu;
(Die Fortsetzung folgt.) der Ort muß gegen den Wind gcschüzt sevn und häufige
Erneuerung des Wassers gestatten. Fluß-, Regen - Schnee«
Wasser , auch der Frost sind den Austern sehr schädlich. Es
gibt ParkS, wo man die Austern noch weiter raffinirt, näm
lich grün werden läßt , weil manche Feinschmecker sich nur
Der Austernfcmg im nördlichen Frankreich. dann herablassen, sich dieselben zu assimiliren. Allen Grur«
mandS, auch den unsrigen, auf deren Phantasie der Ge
Die Auster wird in deutschen Romanen und auf danke an einen Austcrpark oder gar eine Bank ungefähr
deutschen Tafeln so allgemein gegessen, daß die Art, sie vom den Eindruck macht, wie der Anblick eines Obstgartens im
Teller in den Mund zu bringen, allgemein bekannt ist; Oktober auf die Speicheldrüsen eines Schulkuaben , wird
weniger möchte es die Art fevn, wie sie in Nordfcankrrich, es sehr trostreich sevn zu vernehmen, daß die Austern
einem der Hauptländer für Austerfang, gefangen und be schmackhafter sind, wenn sie einige Tage außerhalb des Was
handelt wird,, wenn es auch nicht viele geben mag, die mit sers zugebracht habe», als wenn man sie unmittelbar auö
Y2
dfin Wasser ißt ; sie scheinen durch den Transport wirklich , welche Konstantinopel umgibt, und das Ange genoß einer wei-
besser zu werden. 29ie es Axicius machte, du>> dicAnstcrn, ! t.» Aussicht nach alle» Seiten hin. Dcr erste und auffallendste
Eindruck war die vollkommene Einsamkeit, welche rings umher
die er Trajan von Italien nach Persicn schickte, frisch an- herrscht. Wir befanden uns ein Paar hundert Ellen von den
kamen, wissen wir nicht, denn heutzutage kann man nichts Mauern einer Ungeheuern Hauptstadt, in der 7W,lWN Men
thun als verhindern, daß sie ihr Wasser nicht verlieren. Man sche» beysammen leben. Wären wir aber nicht weiter von
nimmt sie aus dem Park, packt sie schichtcnweise in Körbe Palmvva gewesen, es hätte nicht bder und wüster aussehen kön
nen. Da sah man nichts von den Landhäusern, wie sie ge
und schnürt diese fest zu. Der Korb enthält ihrer 25 Duz- wöhnlich um große Städte herzulicgcn pflegen. Bios ein Zug
zcnd; ein Wagen führt gewöhnlich 12» Körbe oder z»,»»» Büffel, welche einen Slruba zogen, ober einzelne Reiter wurden
Austern. Die gewöhnlichen Austerwage« fahren von Cour- kaum am fernen Horizont sichtbar. Nichts bezeichnet vielleicht
seniles nach Paris in sieben Tagen, die sogenannten die Trägheit und Unthätigkeit der Türke» besser als dieser Um
stand. Die Ufer de« Bosporus sind dagegen sehr bevölkert,
Iure, sccvleroc» aber in drep Tagen, und von Dieppe und von Konstantinopel bis beynahe zum schwarze« Meere er
nach Paris in vierzig Stunden. Die Parkaustern halten streckt sich fast ein einziges Dorf. Auch ist die Verbindung zu
sich, wenn es kalt ist, auf dem Transport vierzehn, ja Wasser sehr stark, und dcr Wasserspiegel ist ein bewegliches
zwanzig Tage , während die aus der Bap von Cancale un- Bild von hin- und hergleitcndcn Böten. Diese Art sich zu
bewegen, sagt der morgenländischen Schlaffheit besonders zu.
mittelbar verschickten verderben , ehe acht Tage vergehen. Der Türke lagert sich auf seinen Pfühl , raucht seine Pfeife»
DaS Tausend Austern, das in Cancale drey bis vier Franks, und wird gemächlich hingeschafft, wohin es ihm zu gehen
im Park von Coursuelles acht bis neun kostet, kömmt in beliebt.
Paris ans zwanzig bis fünf-und-zwanzig Franks. Man (Die Fortsetzung folgt.)
schözr die Zahl der Austern, die jährlich in der Bav
Pari«, 2«. Mai.
von Cancale gefischt werden, auf 100 Millionen; in den
Park von Coursuelles werden alle Jahre etwa sechszig Mil In Pari« , wo alles ans Abwechslung abzielt , haben so
lionen gelegt. Bedenkt man, daß der Austerfang wegen sei gar die DeputirtenwaKlrn ihre verschiedenen Arten sich zu äus
ner Mühseligkeit eine vortreffliche Pflanzschule für Seeleute sern. So war die dicßmalige im April von der vorigen ganz
verschieben. Seitdem man wieder hoffen konnte , i» der
ist, und daß die Hegung und der Vertrieb viele Tausend Dexutirtenkammcr für das Vaterland nützlich zu wirken,
Menschen beschäftigt, so wird man begreifen, daß die All hatte die Lust und die Ehre, Stellvertreter dcr Pariser zu
ster nicht allein für die Küstendepartements , sondern für scvn, sehr viele Männer beseelt, und eS warben an drevs-
Frankreich selbst ein sehr wichtiger Artikel ist. ssg bis vierzig Männer um die sechs Dcpulirreiistellcn , die
zu vergeben übrig blieben. Zuvor pflegte sich ein sreysinr
Niger , ein ministerieller und etwa noch ein Ultraroyalist darzu-
stellen, und unter drei? solchen Kandidaten hatten die Pariser zu
wählen ; dießnial meldeten sich zehn bis zwölf für jedes Arron«
disscmcnt, und merkwürdig genug, diese zehn ober zwölf ge
Korrespondenz-Nachrichten. hörten alle zu denFrensinnigen; einige waren cS mehr, andere
weniger; allein von dcr andern Parthcy meldete sich keiner, weil
Lo» don, J«»t. sie wohl einsahen, daß es vergebliche Mühe scvn würde. Schon
lange zeichnet sich die Stadt Paris durch unabhängige Wähler
(Fortsetzung.) aus, und die andern haben hier wenig Hoffnung etwas zu bewirken,
auftcr etwa in einem oder zwcy Stadtrevieren, wo sich mehr Vc«
Von allen Behältern, welche die Vorsorge der griechi amte und von der Regierung abhängige Wähler befinden als in
schen Kaiser angelegt, ist dieser der einzige, welcher als Was den cmdern. Da die vielen Kandidaten, die sich um die Deputir«
serbehälter übrig geblieben ist, und so groß ist die Trägheit tenstellen meldeten, zum Theil wenig bekannt waren, aber ih
und Unwissenheit der Türken , daß ihnen das Dasevn desselben ren Nebenbuhlern doch den Rang ablaufen wollten, so ent
im Allgemeinen unbekannt ist. Der Türke, durch dessen Hau« stand bicstinal ein regeS Treiben und Bewerben , wovon man
wir dazu gelangten, nannte ihn Vere Batan Sarai, bisher in Paris noch kein Bcyspicl gehabt hatte. Alle ließen Rund
oder den unterirdischen Pallast , und sagte, seine Nachbarn, de schreiben an die Wahlherrn drucken , worin sie ihr politisches
ren Häuser gleichfalls darüber liegen, wüßten nichts davon. Glaubensbckenntniß ablegten und die Grundsätze auseinander
Ja aus dein Zustande der Wände und andern Umständen zu sezten , wornach sie in dcr Deputirtenkammer siimmen woll
schließen , ist dcr Behälter, seit die Türken von Konflantinopel ten. Von den meiste» verlangte man daS Versprechen , keine
" Besitz genommen , wenig oder nicht besucht worden. Sollten Stelle von der Regierung während ihrer Deputation anzuneh,
die Russen je die Stadt belagern , so würde das erste Bedürf men, oder in solchem Falle ihre Dcputirteustcllc niederzulegen
nis derselben Wasser scvn. Wie die Sachen jezt stehen, würde, und sich einer neuen Wahl zu unterwerfen. Mehrere ließen
wenn die Belagerer, wie sie ohne Zweifel tbu» werde» , die sich durch gedruckte Rundschreiben allgemein geachteter Männer
Verbindung mit den Leitungen abschneiden sollte», d,e Stadt empfehlen.
nicht eine Woche aushalten können. Der Sultan hat die (Die Fortsetzung folgt.)
Vorsicht gehabt, sie mit Getreide zu »ersehen ; wahrscheinlich
wird er also auch die Behälter ausräumen lassen und sie mit
Wasser versorgen." Die Umgebung der türkischen Hauptstadt
ist folgendermaßen beschrieben ; Wir betraten jczt die Ebene, B e y l a g e : Literaturblatt Nr. s«.

Verlag dcr I. G. Cotta 'scheu Buchhandlung.


M o r g e n b l a t t

si.

gebildete Stände.

Sonnabend, 21. Juni 1823.

— Durch Anmuth allein herrschet und herrsche dcii Weib;


Manche zwar baben gekerrscht durch deS Geistes Macht und der Thaten,
Ab« dann haben sie dich, höchste der Kronen entbehrt.
Schiller.

Bilder ans Frankreich. dress« in Paris und entließ mich sehr gütig. Sie schien
eine ächte Französin zu scvn , wo bekanntlich die Frauen
(Fortseyung.) genialer als die Männer sind, wovon in Deutschland ge
Wir stiegen in Straßburg ans. Meine Begleiterin, rade das Gegentheil stattfindet. Sie war sehr gebildet, was
Mad. de Gvriac-Benoit aus der Gegend von Rhode;, die sich aber mehr im Ausdrucke ihres Betragens als in materiel
hier von ihrem Onkel trennte, der nach Saarbrück fuhr, er len Beweisen bestimmter Kenntnisse lag. Die holde Leich
laubte mir, sie auf ihr Aimmer zu führen. Als ich mich verab tigkeit, Anmuth und Schnelligkeit des weiblichen Verstan
schieden wollte, da sie bald weiter zn reisen und Srtroxostzu des charaktertsirte ihre Augen und Lippen. Auch politi
nehmen gedachte, machte sie mir einen seltsamen Vor siere sie gar nicht, wiewohl ihr Mann Oberst im Heere
schlag, der mich in einige Verlegenheit sezte. „Ich reise nach des Kaisers gewesen war. Sie lachte über das Gesicht des
Wien, wo ich in den Angelegenheiten meines verstorbenen Grafen Villele, das eben in einem Kupferstich zu Paris
Mannes Geschäfte habe, bleibe dort eine Woche und werde erschienen war, aber, wie ich glaube, mehr aus ästheti
von da mit einem Griechenknaben, den ich dem Pariser schen als politischen Gründe». Die Neigung zur Polemik
Verein überliefern will , nach Frankreich zurückkehren. in Staatssachen, die den Franzosen so eigen ist, schien
Wollen Sie mich bis Wien begleiten, so soll mir nichts bev ihr keine Wurzeln geschlagen zu haben. Denn auch ich
angenehmer sevn.« Sie sagte dieß mit ebcn so viel Of würde, mit Herrn vr, Birne in Frankfurt a. M. zu reden,
fenheit als Gewißheit der Annahme von meiner Seite. eine Frau lieber Tabak rauchen sehen als politisircn hören.
„Madame, ich habe in Berlin »othwendige Verrichtungen, Unter dem , was ich hier so nenne, verstehe ich aber nicht
ich muß in vierzehn Tagen dort seyn." — „Wir reisen über eine warme Anhänglichkeit an den Regenten , die Reprä
München, bleiben dort drey bis vier Tage; locken Sie sentanten des Volks, die politischen Sitten nnd Gewohn
nicht die dortigen Kunstschätze ?" Ich beharrte auf meiner heiten des Vaterlandes ; dieß Alles liegt, zumal in einer
Weigerung. ;,Sie sagten mir, Sie sevcn im Theater Porte freven Verfassung, einer gebildeten Frau zu nahe, als
St. Martin bestohlen worden. Ich bitte Sie die Reise daß es nicht von einem schwachen Herzen und Verstände
in meinem und nicht in Ihrem Interesse zu machen." Ich zeuge» sollte, wenn sie für Verhältnisse kein Interesse hätte,
wurde durch den Ausdruck von Theilnahme und Hoffnung, von denen das Schicksal der Männer, Brüder und Söhne
der diese Worte begleitete, fast schwankend gemacht, blieb abhängt. Nur die Sucht nach abstrakten Bestimmungen,
aber endlich doch auf meinem ersten Entschlüsse. Sie fügte die den Französinnen der höhern Klasse so eigen ist trübt
sich zulezt ohne Empfindlichkeit darein , gab mir ihre Ad die Lebhaftigkeit ihrer Theilnahme, und der Ha? gegen
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Individuen einer enlgegengeseztm Parthen , selbst wenn Havenreuter saß während dieser Rede höchst unruhig ;
er von den Männern angefacht wird, bleibt für ein weib er bewegte sich hin und her, erhob das Auge nach dem
liches Gcmürh ein Flecken «nd eine Scharte. Beichtiger, der mit verklärtem Antlitz vor ihm stand, doch
Ein überaus wohlgebildeter munterer Kellner flog mir schlug er es sogleich wieder zu Boden und schien sich der
entgegen. Er hatte den schönen , vollen süddeutschen Ton stillen Andacht hinzugebe», als ihm endlich die Verzeihung
in der Sprache «nd das unaussprechliche Etwas im Blick, der Sünde ertheilt wurde.
das ihn als einen Deutschen charakterisirte, und worin sich die Als der Schiffsherr später nach der Predigt mit der
Nationen noch mehr als in Farbe, Schnitt und Manieren Gemeinde dem Alten nahte, und Chemnitz ihm das ge
unterscheiden. Nachdem ich mich von meiner dreytägigen weihte Brod hinreichte, bemerkte dieser eine solche Ver
Reise etwas erholt hatte, besuche ich den Münster. änderung in den Zügen des Kommunikanten, daß ein ban
Ich habe mich lange auf diesen Theil meines Reisebe- ges, unheimliches Gefühl ihn durchzittcrre. In seinem Ta
richtö gefreut, indem ich mich aber jezt 'nähere, ärgere ich gebuch« chatte er dieß betreffend niedergeschrieben: „Ha
mich über meine Ungeschicklichkeit, die den größten Ein venreuter sah sich selbst in diesem Augenblicke nicht ähn
druck, den ich je bekommen habe, so wenig angemessen aus lich ; unwillkührlich mußte ich an Ioh. tZ. 27. denken. Cr
sprechen kann. Ich sah an dem Thurm hinauf, der wie sah mich mit einem Blicke an, als wollte er sagen : wäre
ins Unendliche wachsend, doch so klar und nahe wie in ei ich doch nicht so albern gewesen, dir mich selbst in einer
nem Bilde vor mir stand, ich betrachtete die untere Kon ängstlichen Stunde zu verrathen, so wäre jezt meine Hand
struktion, die wie für die Ewigkeit gebaut ist, und konnte freycr. Ich war nahe daran den heiligen Wein zu ver
mich an der wunderbaren Höhe dieser steinernen Niesen- schütten , so erbebten mir alle Glieder. Gott verhüte,
blnme nicht satt sehen, die, so scharf und bestimmt wie Kry- daß meine Furcht etiles anders sc» als die Wirkung mensch
stall ausgearbeitet, eine Welt von Figuren und Laubwerk licher Gebrechlichkeit, die sich so oft und manchmal selbst
trägt. Ich trat in das Innere hinein. Die Rose über während des heiligsten Geschäfts unter ganz unerklärliche»
dem Eingang, die prachtvolle Glasmalers» zu beyden Sei Umständen äußert."
ten brachten mir in manche erst halb erwachte Vorstellun Den folgenden Morgen wurde die ganze große Stadt
gen einen vollkommnen Morgen. Ich bestieg den Thurm in das l^chsie Erstaunen versezt durch ebnen Diebstahl von
und hatte von hier die weiteste Aussicht über das herrliche so vermessener Art, von so großer Bedeutung, daß er von
Elsas,. tiefer Uebcrlcgung nnd den stblanesten Vorbereitungen zeug
In den steinernen Eckplatten las ich viele und darun- te — die Kirche der heiligen Dreyfaltigkeit war von ruch
tcr manche berühmte Namen. Stollberg, Goethe, Her losen Händen geplündert worden. Alles Köstliche und Schäz-
der, Lenz und Schlosser standen in einer Reihe. Der zenswcrthe, daS die ehrwürdigen Mauern aufbewahrt hat
Name des Herzogs von Aiigonleme nnd der Tag seines ten, alle heiligen Gefäße, das goldene Krnziftr nnd die
Benichs schmückten einen der Bogen. Der Thürmer er schwere silberne Leuchter, die den Altar schmückten, ja
zählte mir, Don Miguel von Portugal sev so weit «IS selbst die in Gold «faßte Folivbibcl, die darauf gelegen. Al
möglich hinaufgestiegen. Das hohe Streben seines Genius les war geraubt. Die Büchsen und Becken der Kirckc wa
zeigte sich also vorahnend schon damals an. ren erbrochen und ausgeleert, die Grancl der Verwüstung
(Die Fortsetzung folgt.) zeigten sich überall.
Wie ein Blitz durchzuckte das Gerücht von dieser Un-
that,' diclStadt. Man wollte das Unerhörte nicht glauben,
Das I u d a s b i l d. ehe man mit eigenen Augen sich davon überzeugt hatte. Alle
Von L. Kruse. Herze» waren mit dem gerechtesten Absch.n erfüllt, und
es wurden die kräftigsten Maßregel» zur Entdeckung der
(Fortscpmig.) Kirchcnraubcr getroffen.
Den cilften Sonntag nach Trinitatis fand Haven- Später an demselben Morgen verbreitete sich ein an
rcuter sich wieder in der Kirche der heiligen Drcyfaltig- deres Gerücht, das alleGemüthcr mit innigem Schmerze
kcit ein. Chemnitz ließ ihn noch einmal unter vier Augen ergriff. Magister Olaus Chemnitz, der fromme, vielge,
beichten, hielt ihm seine UebertretniMN vor, allein zu- liebte Prediger, ward früh am Morgen entseelt in seinem
gleich Gottes granzenlose Barmherzigkeit und erklärte ihm Bette gesunden; das nämliche Gerücht erzählre, daß- er
babcy mit apostolischem Ernste wie er, wen« es ihm je zu äußerer Gewalt unterlegen se«, «Nein 0« keine nNberu
Obren käme, daß ^avenreuter w?eder mit entweihter Hand Spuren einer solchen gesunden wurden als e'i» Paar blaue
nach fremdem Eigenthüme hascl«, sich verpflichtet fühlen Flecken am Halse, die auch die Wirkungen eines plötzli
würde, ihn als einen verlornen Wortbrüchigen der rä chen durch innere Verletzung hervorgebrachten Todes senn
chenden Gerechtigkeit zu überliefernd konnten, verlor sich jenes Gerücht, doch mir auf Augen
595
blicke wieder; denn als sich bald bev genauerer Nack: setzen verbarg ich mich, bis ich wieder einschlief, und als ich
flickung zu Aller Erstaunen an den Summen, die zun, wieder erwachte, hatte ich es bevnahc vergessen."
frommen Gerrauch in die Hände des Magisters von „Wer schritt durch das Zimmer, sagst du?" wurde
der Gemeinde niedergelegt werden waren, große Defekte weinr gefragt.
fanden, mevnten einige feiner Freunde, daß diese in Der Äuabe blieb bei, seiner ersten Aussage, daß es
Verbindung mit einem gewaltsamen Tode stehen müßten, Judas gewesen fey, und als man den Kopf dabey schüttelte,
andere dagegen, denen des Todtc» Andenken nicht wem- suchte er seine vorerwähnte Zeicknung auf, legte den m,c
ger heilig war, muthmaßten, weil keine «.»reu offenbar Rotl'stift hingeworfene» nunnlichen Äopf auf den Tisch
rer Gewalt weiter entdeckt wurden, de» seiner seltenen und sagte: „Der ist's."
Gutberzigkcit und Freigebigkeit, und da man so viele Bev- Daraus konnte nun Niemand klug werden. Wie fest
spiele sehe, daß die besten Menschen die schlechteren Rech auch d^r Knabe darauf bestand, wurde daö Ganze dennoch
nungsführer sind, bade er die Gränze» der ^bristen- für eure Fabel der Art gehalten, wie sie oft in ernsten Kin-
liebe nicht ganz beamtet. Damit indessen kein Makel an derseelen, in welchen die Phantasie gern vorherrschend ist,
dem Andenken dieses tdeuern Mannes haften solle, schös von ftlbsten entstehen.
sen einige Mitglieder der Gemeinde so viel zusammen als Als nun ,die Leiche deS Magisters in den Sarg gelegt
nöthig war, die Defekte zu decken. war, und der Sohn zum lezten Mal daS verklärte Anliy
Doch kaum war dieß Anliegen in der Stille in !7rd- küßte, lispelte er: „Diese Züge vergesse ich nie, allein auch
nung gebracht , als etwaS Neues die öffentliche Aufmerl- die des Verräthers habe ich mir eingeprägt, und bev dei
samkcit zu fesseln begann. Gevrgius, dem man d,n Tod nem Sarge gelobe ich zu suchen, bis ich ihn finde!"
d<S Vaters, so lange es geben konnte, verborgen gehal- „Kindische Ueberspannung!" mevntcn die Gegenwär
ten, verlor endlich die Geduld und stürmte in sein Schlaf tigen; der Sargdeckel wurde festgeschraubt, und die Leiche
zimmer hinein. Als er den Geliebten dort weiß angezo mit einer Fcverlichkeit bestattet, welche der Würde deS
gen auf dem Boden liegen sab, verwandelten sich die Ro Entschlafenen und der Liebe der Uebcrlrbendcn entsprach.
sen seiner Wangen in die weißesten Lilien, er blieb steben, (Die Fortsetzung folgt.)
legte die Hand an die Stirne, a!S besänne er sich auf et
was Vergesseues, dann sank er in rührendem Schmerz
vor der Leiche nieder. rief er weinend, ..jezt weiß Korrespondenz-Nachrichten.
ichs! jezt besinne ich micb darauf; er, er war ia der, dir! London, Juni.
Du liegst da, als schliefest du, und du schläfst ja auch, Herz- (Fortsei,»««.)
liebster Bater ! du schläfst ja auch. Allein i» diesem Leben Herr Vuckingl'am . welcher scheu einmal den Versuch gl»
wird der Morgen nie mebr kommen , da ich brv dem Er macht vat eine Abendzeitung herauszugeben . »kr il'in aber
wachen deine Hand küsse. Nein ," fuhr er fort , indem er mißlang . gedenkt dasselbe Waginü nocii einmal zu »ntcrnel>-
die jngedrückreii AiigenIicdcr berül'rtc. ..Nein, das wußte mcn . aber ».ich eine», andern Plane und »nicr verschiedene»
Umständen, und desiweg,» vieileiwt niil besserem Srsolg. DaZ
ich ja wohl, sie sind erloschen und lächeln mir nicht mehr erste Blatt soll erst drn Zosten Juni erscheinen, um al'cr in
zu. Judas hat sie nur zu fest geschlossen." zwischen dem Publikum eine Probe von der Forin und Ein«
richiung, der Politik und dem Eivl dcS Journals vorzulegen,
Alle Gegenwärtigen waren über dieser unbegreiflichkn I,ak er >ii,luu> Eremrlare von einem Probcblatt drucken lassen,
Rede sehr verwundert und mennten, daß kindlicher Gram welche er uncntqeldlich vcrll'kilt. Um aber doch einigermaßen
dem Jungen den Äopf verrückt babe; allein er blieb, seine Unkosten zu deeken . l'.'i er sich Mni't «cy'bcn Anzeigen
selbst vor den Behörden, bei, der Pebauptiinq , d,iji Judas zu erbalicn, und zwar z» einem drcufach I'bveren Preis ali
gewvl'nlich (die kürzeste kostet eine Guince), »ud bekam auch in
mit bluttriefenden Haaren in der Nackt bc» dein Vater Zietrcciii der vielen Gremrlave. die er zu druct,» veespracti. so
gewesen sev, und >>>ui die Augen zugefchioffen lv,be; da m ',n Viele Riiieigen zugeschickt, das, er deren so viel, als zwen Sei
ihn »uu kopfschüttelnd nack den näheren Umständen fragte, te» qefülli l'ätte», zurüetwcin» musike. U>» aber auch der
gab er zur Antwort: „Ihr wißt ja, daß man mittelst einer <Lkcmpclgtbstl>r zu enigel'en. welche jedes S^lait enirichtc» »inst.
daS auch nur eine einzige politische TaieZncuigkeit gibt,
Hinterthüre durch mein Zimmer in das dcS Vaters gelan gab er »iaits alS fi»girte Rae, ric>,re» vo» Neben im Parla
gen kann." .! 5 ! i » ment, KirichtL: und P^lizeuangeleaen! c,te» . in- n»d ans:
üi «,«^>ic gehört das hiel«r untererach man Im. w 'riiqc wütti'eiliimien , entweder salvvisii'cn Jnl alts oder so,
wie stch der Redakteur den Zustand der Welt n'l':isci,e» oder
„Si sreoliä',- fnbr Georgius fort. ..Denn e.!? ich im erträume» mochte, z. ?. im !>.'rba»S macht Lcrd King den
ruhigen Tcklafe da lag, evn^re es mir, als tiä'.e cii: i^,,- Vorschlag ziir Luianzivatien der Jude» , Lord i?;don ist il?«
gel vor mein Lager und riefe mich leise der Namen, u,,d ilin cnigegc» ; der v«rcstami,'che Erzbiswoff von Dublin „»terstlizt
. und llr. Dovlc , der als katholischer Primas von Jrs
als ich nun die Angcn austbat, sab ich ihn durch mein land seinen Siy in, Parlament genommen bat . sagt dein alten
Zimmer in das des Vaters hineinschreiten. Allein vor Ent Lord tüchtige Wahrheiten. Das Ganze Ist ziemlich gut. avcr
59«
nur zu persönlich. Auch glaube ich kaum, baß das Publikum der bewerben wollte ein Repräsentant der Stadt Paris in b»
Ulrraliberalen zahlreich genug sey um ein Unternehmen wie Deputirtenkammcr zu scmi. Dieser Mann, über welchen dir
dieses zu unterstützen. kleinern Tagcsblätter täglich neue Spaße machten, ließ sich
Wir habe« schon früher etwa« aus WarbS Werk über durch seinen deutschen Komptoirdicncr Haag empfehlen, wek
Mexiko mitgethcilt. Folgende« ist eine Skizze der interessan cher, den zum Buchhandel gehörende» Wahlhcrrn einen langen
ten , ehemals spanischen Provinz T e x a S im Südwesten der gedruckten , wahrscheinlich von Panckoucke , selber ciufgesezte»
vereinigten Staate» von Nordamerika. Der größte Strom in Brief zuschickte, um ihnen seinen ,,lieben Herrn Patron" an«
der Provinz Ter«« ist der rothe Fluß , welcher die Provinz Herz zu legen , der der Dcputirtcnkammer gewiß Ehre mache»
mehrere hundert engl. Meilen weit »ou bc» vereinigten Staa würde. Dein Exemplare dieses Rundschreiben« waren ei
ten trennt. Er hat seinen Name» von der Farbe seine« Was nige Exemplare eines andern gedruckten Briefes beigefügt, wel
ser«, welche« durch einen schweren rothen Lehm fließt, und cher im Namen der Buchhändler an ihre Freunde unter de»
ungefähr 4W Meilen oberhalb der Mündung des Mississippi Wahlherru sollte uinbevgcschickt werden, um ihnen Panckoucke
in diesen Fluß fällt. Es gehen Dampfbdte ei» ober zweyMal zu empfehlen, und den sie blos mit ihrer Unterschrift zu beeh
die Woche, von Neu-Orleans bis nach NatchitocheS , welche« ren brauchten. Dann schickte Panckouckc noch allen Wahlhcrrn
SSI) engl. Meilen oberhalb des Zusammenflusses liegt, außer eine Broschüre zu, die er eigens dazu hatte drucken lasse», und
im Herbste , wo eine Felsenkette sie nicht weiter als bis nach die von den Verdienste» seines Vater« bandelte, der wirklich
Aleranbcria, ISO Meilen weiter unten, kommen läßt. Un als Verleger mancher nützlichen Werke und al« ein sehr mite«
gefähr 15« Meilen oberhalb NatchitocheS bcsindct sich das richteter Mann sich im Buchhandel ausgezeichnet hat. In die
große Floß, nämlich eine Anhäufung von Bäumen, welche ser Broschüre waren auch einige Briefe Voltaires abgedruckt.
mehrere Meilen weit da« Flußbett vollkommen ausfüllen, und Ferner gab Panckoucke große Soirecs , allein dein ungeachtet
außer bey ganz hohem Wasser der Schiffahrt ein Ziel setzen. war eS ihm nicht möglich auch nur ein Paar Dutzend Stimmen
Äiclbore sind wirklich hinter dem Floß mehrere hundert Mei zusammenzubringen » und so sehr sich der Mann auch gerührt
len weiter hinauf gesegelt, und man glaubt, baß, wenn dieses und beeilt hatte , so war doch keine Rede mehr von ihm, al<
Hindernis besiegt wäre , der Fluß bis 'nahe bey Neu-Mexiko eS ans Wählen kam. Um sich über die bevorstehenden Wahlen
schiffbar seyn würde. Die Regierung der vereinigten Staaten zu besprechen, kamen die Wablherrn, die einen gewissen Kar»
hat die Srelle von Genieoffizieren besichtigen lassen, und ihrem didarcn befördern wollten . in Privatbäusern zusammen , wie
Berichte zufolge würde mit geringer Auslage ein Kanal ge dieß bey allen Wahlen zu geschehen pflegt ; zulezt aber , «IS sich
macht werden können , durch welchen Schiffe in den Chirdofee soviel Kandidaten meldeten, und man doch, wenn man in
fahren , und d,urch eine Reihe kleiner Seen nicht nur das Floß der Wahl sicher vorschreiten wollte, zuvor einiges allgemein
vermeiden, sondern auch l NO engl.MeilenWeg« gewinnen würden. beralhe» mußte , wurden die Versammlungen in den verschie
Die Provinz Texas wirk ihrer Fruchtbarkeit und ihre« «nmuthigcn denen Stabtrcvicrcn allgemein; in einem derselben versuchte
Klimas wegen von den Amerikanern der vereinigten Staaten der man nach englischer Weise eine vorbereitende Sitzung zu halten,
Garten des Westen genannt, und soll an Reichthmn des Bo um die Verdienste der verschiedenen Kandidaten z» crbrter»
dens die besten Gegenden der Union übertreffen. Sie besteht und öffentlich zu besprechen, W«S denn auch geschah, jedoch
grbsttcntheilS au« einer großen wellenförmigen Fläche (k>r»iri«), mit vieler Ruhe und Mäßigung , und nicht auf die stürmische
voll von Bächen, Strömen und Flüssen. Baumwolle und und lärmende Art der englischen Meetings. Dennoch erregte
Zuckerrohr gedeihen darin vortrefflich, und der Zuckerahorn diese Sitzung außerordentliches Aussehen. Alle Obskuranten und
wächst sehr zahlreich; man bat Beyspiele, wo ein einziger sol Servilen erhoben ein Zetergeschrei) wider diesen Club, wie
cher Baum aus einem in den Stamm gebohrten Loch vier bis sie es nannten , der ein Vorgeschmack der Erneuerung de« Jas
sechs Pfund Saft des TageS und im Jahr 150 Pfund Zucker kobinerclubS sey; solch eine Versammlung sey gesetzwidrig,
geliefert hat, welcher zwar nicht ganz fo süß als der Rohrzucker, gefährlich , den französischen Sitten zuwider ; in den Zeitun
doch sehr brauchbar ist. Die besten Ländereyen liegen an dem gen und auf der RcbnerbüKne der Deputirtenkammcr wurde
süowesllichen Ufer deS rothen Flusse«. Diese« schöne Land gegen sene Versammlung gesprochen ; der Polizeypräfekt suchte
wurde aber von den Spaniern so sehr vernachlässigt, baß I8SZ, ebenfalls in einer den Zeitungen zugesandten Note zu beweisen»
die wilden Indianer abgerechnet, keine Einwohner in der Pro die Vereinigung schein Verstoß gegen diePolizcyvcrordnungen
vinz waren , außer in der Stadt San Antonio de Bexar und gewesen, da sie nämlich an einem öffentlichen Orte (in einem
der Umgegend, in dem Fort Bahia del Espiritn Santo und Kaffeehause in den CK»mr,, elx»««) stattgehabt habe.
in der Gegend von Nacodoch, zusammen aber nicht über ZUN» (Der Beschluß folgt.)
Seelen. Die ersten Personen, welche hier bedeutende Nieder
lassungen auf eigene Rechnung gründeten , waren Austin , ein
Louisianer, und der Obrist Milam. Diese haben in den lezten
zwei,, drei? Jahre» eine Menge Pflanzer au« den vereinigten Auflösung de« Buchstaben-Räthsel« in Nro. !4Z :
Staaten herbeygezogen , welche in diesem herrlichen Land nicht FROST. ,
nur Unterhalt finden , sondern den Grund zur Erwerbung ei
ne« bedeutenden Vermögen« gelegt haben.
(Der Beschluß folgt.)
R ä r h s e l.
Pari«, 2«. Mal.
Was ein Geheimnis, verwahrt, und ein groß Geheimniß i«
(Fortsetzung,) sich hüllt,
Man bat sehr über den Buchhändler Panckouckc gelacht, WaS dir bitter» Genuß oft noch erträglich gemacht.
der, weil er reich ist und die Germania de« TacituS Und worauf du zuweilen auch aufträgst feineres Backwerk:
übcrsezt und prachtvoll gedruckt hat, sich einbildet, er sey ein Sage mir , wenn du kannst , fleißiges Mädchen, was ist« 7
Staatsmann und ein Gelehrter, und sich auch um die Ehre I. «. M.

Verlag der Z. G. Co tt »'scheu Buch»a^dl.ini.


N°. 150.

M o r g e n b l a t t

gebildete Stände.

Montag, 2Z. Juni i s 2 ».

SS ist mci» Wort zu Kits»


Wie'i allczcit gewesen ist:
Mit kcintr Arbkit ha> ich geprahlt
Und wat ich gemalt Hab', IM' ich gemalt.
Goethe.

Aus dem neue» Lustspiel: Nicht wichtig er selbst und des Streits unwerth, da von
selbst sich Nichtiges auflost.
Der romantische OedixuS, Nur wichtig, indem euch einst er gefiel und bestach kurz
vom Graf» ».Plate». > sichtig« Urlyril;
Drum ließ das Gedicht ihn schmelzen wie Frost an den üp
P« rabase. pigen Strahlen des Frühlings.
Kraft des Gemüths, wem Tiefsinn fehlt, und die Wohl weiß der Poet, baß Fromme zumal ihn vielfachst
Kunst, die Jegliches ordnet. haben gescholten.
Der wird niemals dem versammelten Volk vorfuhren die Ihn eitel gehöhnt und versichert sodann , er gefalle sich
wahre Tragödie. selber unendlich.
Iu erklären, wodurch sie entsteht, liegt nicht in des Lust- Solch Urthcil zeigt stumpfsinnige blos, blos eigene See-
sxieloichters Srmessen, lengemetnheit;
Ihm ist es genug, wenn er lekrt, was euch wie Sirenen- Wer selbst sich gefällt, bleibt stehn wo er steht; doch wer
qesänge zu fliehn ist. in beständigem Fortschritt
Und wovon heut euch sein schaffender Sinn darstellt ein Zu bewältigen sucht und z« steigern die Kunst, nicht scheint'S,
lebendiges Bevspiel. daß selbst er gefällt sich.
Zwar lebt er entfernt, doch lebt er vielleicht in dem Land, Die, welche verzcihn, was Jener gethan, sie erwögen der
das ?der und i?lbe. Zeiten Bedingniß,
Das Rhein und Mayn und der Donaustrom durchzieh», Und den Zustand auch, wie er Deutschland fand, und die
nicht ganz ein Vergeßner, jetzige herrschende Dichtkunst,
Seitdem er zuerst, zu Gefechten bereit, wie ein Leu voll Wo ein (Zlauren sogar Reichthum sich erschreibt, als war's
troSiger Weitsche», ein gewaltiger Boro».
Vortretend (eS liebt der energische Muth des bewußten Ihr Frommen zumal, in der Schrift so gelehrt, seht lie
Gefühls die Metapher) ber ein sichtliches Vorbild
Durch wirklichen Witz urkräftig erlegt den prozeßanspin- In dem Göttlichen selbst, der nie. eS verschwieg, was ihm
nenden Witzbold, in der Seele so tief lag.
Der kleinlichen Geisi's und der Zanksucht voll, wie ein Spitz Als ihn des Bezirks Lanbpfleger gefragt: Sprich! bist dn
an der Kette, gebelfert. der König der Juden?
Und zuerst mißbraucht den erhabenen Styl und die tragi Nicht laugnete Der es bescheiden hinweg, er erwicderte
schen Formen entwürdigt. ruhig: Du sagst es!
Der ohne Natur und Charakterqehalt sein überherodisches Such sagt der Poet: das bin ich! und nie, nie hat er
Machwerk verwegen behauptet.
Aneinandergeftickt und zusammengeklert rabulistische Gal- Daß sein Lustspiel mehr gelte vor Gott, als irgend von
geninrriguen ; euch ein Gebetlcin.
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Ginnt einst das Geschick ihm höheren Flug, ihm ernstere in Bewegung brachte, war doch jede Mühe vergebens.
Fülle der Bildkraft, Jahre vergingen ohne Erfolg.
Dann möge dem Volk der Erfolg darthun, wer schönere, , Georgius hatte indessen aus lebhafter Neigung die
.>> sittliche Reinheit,
Wer mehr Andacht den Gemüthern entlockt, ihr oder die Malerkunst ergriffen und entwickelte, so wie er in der
" weltliche Dichtkunst, Schule tüchtiger Meister immer größere Fortschritte mach
Wenn je sie den Schritt in Kothurne verhüllt und die te, ein so schönes Talent, daß er zu den größten Hoff
Stirn wie ein Priester belorbert.
nungen berechtigte. Er war bev seiner Kunst^nit ganzem
Wohl äußert vielleicht ein bedächtig«? Mann , ja selbst Herzen, mit ganzer Seele. Was so feindlich in fein zar
ein gedmdiher Freund' wohl, tes Leben eingegriffen hatte, das schien er verschmerzt zu
Weßhalb der Poet auf Fehlende stets hinweist in dcr tra haben, wenigstens entfiel ihm nicht die kleinste Aeußerung
gischen Dichtkunst,
Und doch nie selbst den Kothurn festschnallt an die Knö deßhalb. Die Freund« seines seligen Vaters sezten ihre
chel und ernsteren Tanz tritt? Freude darcin , ihn vorwärts zu bringen , so wie auch er
Zwar könnt' er darauf antworten, es sey die Komödie sei- darauf stolz war, ihre Erwartungen von ihm erfüllen zu
.ttcs ^Bereichs nur, , '
Weil Scherz ihn blos und der Huldgöttin leichtsinnige können. Es war einer der leidenschaftlichsten Wünsche sei
Laune Hahinreißt, ner Seele, reisen zu können, und nichts übertraf das Ent
Weil selten ein Haupt zwev Kränze vertrügt, noch we zücken, womit er, jezt ein stattlicher Gesell, erfuhr, daß
niger drcy, wie der Papst bat; die Akademie, an der er sich ausgebildet hatte, ihm we
Doch sagt er dafür, aufrichtigen Sinns, weit lieber Heu gen der großen Hoffnungen, die er erregte, ein Reisesti-
wirklichen Grund euch:
In dem Lande des Teut singt mancher Gesell frühreife pendium auf drey Jahre ausgesezt habe.
Tragödien ab schon. Zrevltch hatte seine Liebe zur Kunst Antheil an die
Wenn müssig der Stahl in dem Schacht noch ruht, der einst sem Entzücken, jedoch vereinte sich damit die geheime Hoff
soll schceren den Flaum ihm ; nung, irgendwo in Europa das Original seines Judasbil-
Doch unser Poet, seit Jahren erwägt sein Geist die ge
fährliche Lanfbalm; des entdecken zn können. Daher besuchte er an jedem
Was Andern ein Spiel blos dünkt, was leicht wie den Schaum Ort wo er hinkam, nicht allein die Werkstätte der Künstler
von der Fläche sie schöpfen. und die Sammlungen der Kunstfreunde , sondern auch die
Er findet es schwer, ihm liegt es so rief, ja, tief, wie die Häfen, die Börse und die Wirthshäuser. So glücklich er
Perle des Tauchers!
Noch stets mißtraut er der eigenen Kraft, tcchs Lusir» »nn auch war, was c>as cl»c ^ttel seiner Reise betraf, so
begehrten die Griechen unglücklich war er rücksichtlich des andern, und als er nach
Von dem Jüngling, der zu dem Wettkampf sich, zu dem Verlauf der drey Jahre nach seinem Vaterland« zurück
tragischen Kampfe sich anbot; kehrte, genoß er zwar des Künstlertriumphcs, daß von ihm
Kaum hat sie erreicht der Poet, drum gönnt gesagt wurde : die Gestalten , die er male , leben nicht
Langathmrnde Muße dem Wanderer, der blos, sie sprechen die Bewegungen der Seele klar aus,
An des südlichen Meers Felsnfer (da schon doch drückte ihn immer der geheime Gram , die Hoffnung
Das Gespann des Aroll in die Waag' eintrat,)
Sturmwinde belauscht, Anapäste betont aufgeben zu müssen, den Gegenstand seiner eben so regen
lind Erfindungen denkt, als natürlichen Rachbcgicrdc ze aufzufinden.
gu belustigen Crethi und Plcthi. Achtzehn Jahre waren nun verschwunden, seitdem die
Kirche der heiligen Drevfaltigkcit zu A. beraubt worden,
und noch war keine Spur von dem Thäter entdeckt. Man
Das JudoSbild. sah ihn längst als verschollen an , verschmerzte den Verlust
Von L." Kruse. und ersezte das Verlorne mit einer Pracht, die weit die
vorige übertraf. Die Kirche selbst wurde ausgebessert und
(Forkscynng.) aufgcxnzt. Nur eins fehlte, um die Zierde des Tempels
Indessen waren die klügsten und kräftigsten Maßre zu vollenden: ein Altarblatt von einem tüchtigen Pin
geln, um den Kirchendieb zu entdecken, vergeblich gewesen. sel. Diese Arbeit wurde dem jungen Chemnitz gleich nach
Dennoch hegte man noch immer und mit Fug die Hoff seiner Rückkehr aus der Fremde übertragen , und er über«
nung , daß er durch die geraubten Sachen vcrrathen wer nahm sie mit einer Liebe, würdig des heiligen Gegen«
den möchte, weßhalb man auch nicht allein im Lande selbst, standes.
sondern auch in den benachbarten Staaten eine genaue Be Als er nun darauf sann, welchen Stoff er sich aus d«
schreibung des Raubes mit der Hinznfügung verbreitete, heiligen Geschichte erwählen solle, dämmerten Erinnern»«
daß, wer nur ein Stückchen davon entdecken könne, den gen aus der frühesten Jugend in seiner Seele auf, Erin»
Werth des Ganzen zur Belohnung erhalten solle. Obgleich nerungcn, so fcnerlich und so himmlisch, daß ihm, indem er
nun dieses allerdings verführerische Anerbieten Taufende sie Verfolgte, ein freverer Blick in das Leben, das nicht von
59?
dieser Welt ist, «fgkschlossen ward. Vis sich oft begei- hoben Werth zu legen. Da der öffentliche Geist ,n einem
stellen Seelen aufgedrängt hat, daß sie nämlich alö kleine wahrhaft freven Volke auf nia»„igfalrige,i ^„leressen, nock,-
Linder einer himmlischen Welt nahe gestanden und En- famen Korporationen, steigenden und fallende» Partbeven
gelSharfen geschlagen , das schien auch in seinem Gemülhe > von sebr verschiedener Farbe beruht, so in»» jedes rolin-
aufzuleben, und in dieser Stimmung erdachte er ein Al ! sche Blatt, das sich um die Interessen de? Landes wirk
tarbild, daö heilige Abendmahl vorstellend. Ais lich bekümmert, eine bestimmte Konfession Kaien, die sich,
Reliquien einer hingeschwundenen Welt suchte er nun die so zu sagen, im Ritual den Unisländen nach ändern, im
Axostelköpfe, die er alS Kind gezeichnet hatte, hervor. SS Dogma aber sich durchaus treu bleiben muß. Wo kein«
wurde ihm, als habe er einmal weit in der Zeit zurück Beschränkung vor der Herausgabe stattfindet, da erneut
alle diese Männer zwar nicht in der äußern Welt , wo die sich daS polirische Schauspiel der Debatten, zu denen der
Sonne auf und niedergeht, sondern in der inncrn, wo Zutritt der Natur der Sache »ach immer nur Wenigen
die Sonne nie vom Firmament« weicht, lebendig gesehen, gestattet iO, durch die Presse für die ganze Nation mit der«
ja es war ihm, als habe er, ein mutbiges Hind, auf ih selben Offenkeit und Energie nud dem Vvrtheile einer
rem Knie gesessen, mit ihren weißen Barten gespielt, ihre reifer» Ucbcrlegung, als der „„mittelbare Eindruck gestat
kahle Stirne berührt, sie von einem bessern Leben xroxhe- tet, und der auö dieser Publicität entspringende morali
zeihen und wie christliche Barden von einer ewigen Liebe sche Einfluß ist für ein hinlänglich vorbereitetes Volk von
singen hören. Je tiefer er in dieß halbverwiscbre Traum unermeßlicher Virkung. Die Pariser Blätter entsprechen
leben eindrang, je mehr er mit zarter und lcicirer Hand diesen Grundsätzen großentheilS. Der 0«»»>iiutionn«l
den Staub von diesem ehrwürdigen Gemälde ablöste, um ist vielleicht der größte Phrasenmacher in der Welt , ein
so unzureichender erschien ibm jedes Studium, jede selbst- fameufer Mcntcur in der auswärtigen Politik^deni un
erworbene Kunst, um s» fester entschloß er sich a^S Mann zählige Lügen, Vcrläumdlingcn und Verdrehungen auf;»,
darzustellen, was er als Kind mit dem Auge der «eele weifen sind, voll liberalen Aberglaubens und die Haupt
gesehen. Er bereitete daher die Farben und arbeitete mu- stütze der einseitigen bürgrrlichen Doktrinen in Frankreich ;
thig nach diesem Entwurf. aber er stellt das Wesen seiner Parthev ans daS Vollkom
(Die Fortsetzung folgt.) menste dar, schreibt vielleicht das schönste 5 ran >>!',!'<?>, und
ist seinen Marimcn immer treu geblieben. Der «'.«»rr!«
sr»ns»i» könnte von Brissot nicht besser redigirl werden,
Bilder aus Frankreich. und das lourn»! g» «ommerc« ist der xrahlhasteste Sv:
kophant des Liberalismus. Diese Journale sind von ih
(Fortsetzung.) ren Grundsätzen nie abgewichen. DaS lourn»! a>s vebai»
Einige Stunden des Nachmittags brachte ich in dem aber kann sich der Höhe, auf der eS steht, ungeachtet, kei
Eaf« Chabert an der Promenade zu. Ich las hier die neswegs den Ruhm einer solchen Beharrlichkeit aneignen.
StraSburger Zeitung, die, obwohl gegen die Pariser Blät Es hat vielmehr etwas Prismatisches, was aber auch in
ter gehalten, unbedeutend, vielen ihrer deutschen Zchwe- dem Geiste seiner Parthev liegt. Die 0»rei,e und die
stern immer noch vorzuziehen ist. Das Zcitungsmonvxol yuoiicki,»»» sind, sv sehr sie von einander abweichen,
drückt wie alle Privilegien , die nicht um des allgemeinen so viel man sie tadeln mag , treue Freunde der Religion
Besten da sind, und läßt allmählig unter feinem Schutze und deS Königthums , und bilden ein noibwendigeS
das ausarten, wofür es garantirt. So verhält eS sich mit Gegengewicht gegen den Fanatismus der ultralibcra-
Ständen und Korporationen, wie mit Instituten. Nur die len Prinzipien. Leider aber sind die Aufsätze von allge
möglichst srevc Konkurrenz bringt überall das Beste Kervor. meiner Bedeutung, die eine ächte Zeitung erst hervorbrin
Es sey mir erlaubt , hier an der Kränze zwever vänder gen, in ihnen mit zu wenig Geist und Strl geschrieben,
über das Wesen politischer Blätter meine Ansicht auszu und in dieser Beziehung sind der cov,»'iu>i<>nnel und daS
sprechen, da der Deutsche den charakteristischen Unterschied loura»! cke» Del,»» ihnen sehr überlegen.
der politischen Svsteme bcvder Nationen hier lebhafter als (Der Beschluß folgt.)
selbst in Paris fühlt, wenn er für Unterscheidungen dieser Korrespondenz-Nachrichten.
Art überhaupt Sinn hat. London. Juni.
In Ländern, wo das Volk mit der Regierimg mehr c?.'M»s,.)
parallel geht , an dem Gange derselben Tbcil nimmt, und Ans dem Gebiet Arkansas allein soll,,, von einer Bevöl
sich damit auch natürlich beurtheilend zu dcmsellv» verhält, kerung von Igmm Scclen nach Teva« gkzoarn ,'«„,. Ditii
ist au« kein Mm>t>kr . da der Bau« sawn ein Vaar Monate
sind die Zeitungen der flüchtige, aber gleichwol'l concen- nach seiner Niederlassung melir Wohlstand und Bequemlichkeit
trirte Ausdruck der Stimmung der Bürger, und die Re um sich Kaden soll, als man irgendwo bn> Leuien dieser
gierung ist deßhalb genothigt, auf ihre Erscheinung einen Klasse siebt. Ward erzählt dabey einen schonen Zug von den
6so
dort ansässigen Bauern, welcher ihnen die größte Ehre macht. sich den Beratschlagungen öer Wahlherrn zu widersetze«, wo
Sobald man i» einer Gegend die Ankunft eines neuen Pflan zu die Regierung denn auch in der That keine Bcfugniß hat.
zers erfahrt, von dessen Charakter nicht« nachtheiliges bekannt Die Wahlberrn versammelten sich daher i» den Wohnungen
ist , versammeln sich die Bewohner an der Stelle, die er sich wohlhabender Bürger, z. B. bcy dem Bankier Lafitte, bev
zum Wohnort erlesen, mit ihren Aerten und Zugochsen, fällen dem Zuckcrraffinicrer Sanlerre u. a. , oder mictheten geräu
die Bäume und bauen ihm sein hölzernes Haus. Dieses be mige Säle zu ihren gemeinschaftlichen Beraihschlagungen. Bey
steht gewöhnlich aus brcy Gemächer», eines zum Essen, das an keiner derselben wagte man es jedoch , das Betragen und die
dere zum Schlafen, welche bcyde ringsum mir Wänden versehen Ansprüche der Kandidaten so frey zil erörtern, als bcy jener
sind , während das dritte in der Mitte offen bleibt und zur öffentlichen Beratschlagung im Kasseehause der l^K«»>p» elvsse« ;
Aufbewahrung de« Pferdegeschirrs und GerätheS, und bcy war- eS wäre zu wünschen, daß man m Frankreich die Bewerber
mein Wetter zum Spciscplatz dient. Die Küche, gleichfalls zwänge, wie in England, von ihrem Betragen und von ihren
aus Baumstämmen gebaut, wird, so wie das Rauchhaus zum Grundsätzen öffentlich Rechenschaft abzulegen und jedem Wahl-
Dörren des Fleisches , vom Haus abgesondert gebaut. Wilde Herrn Rede zu stehen ; an eine solche frcyc Erörterung werden
Thiere sind der Büffel oder Bisson, welcher im Winter in sich aber die Franzosen nur nach und nach gewöhnen können.
großen Heerde« vom Norden herkömmt , der Panther , Leo Eigenliebe, Empfindlichkeit, Höflichkeit werden wahrscheinlich
pard, Bär, Biber, die Otter, Antelopcn , Rehe u. s.w. jene derben Aeußerunge» nimmer zulassen , welche dre engli
Puterhähne bat man im Ucberfluß , und Schwäne, wilde schen Meetings bezeichnen. Wie würde die französische Leb
Gänse und Enten stellen sich in Menge ein. Auch gibt es eine haftigkeit auffahren, wenn bcy solchen Versammlungen die Ehre
große Anzahl vortrefflicher wilder Pferde , deren einziger Feh eine« Mannes angetastet würde, was in England etwa« gar
ler ein weicher Huf ist. Die PropKczeihung Humbolds, daß nicht Seltenes ist ? Da man in Frankreich bcy allen Vereinen
Wagen von Washington nach Meriko gehen würden , ist schon den Anstand vorherrschen sieht, und auch die französischen Wahl
mehrere Male erfüllt worden, besonders im Jahr 1826, wo herrn meistens gebildete Leute sind , weil sie alle zu den wohl
ein Franzose Namens Conci mit vierzig andern in mehreren habenden Klassen gehören, so würden wahrscheinlich auch die
schwerbeladenen Wagen durch Texas fuhr, obgleich es noch we Electoralversammlungen stets in den Schranken deS Anstandes
nig gebahnte Wege gibt. Das größte Uebel sind für den bleiben, wenn sie nur unier Aufsicht irgend einer, vom Volke
Pflanzer die gelegentlichen Einfälle der wilden Comanchen, selbst gewählten Obrigkeit statthätten. Nur Gewohnheit fehlt
welche die Verfolgung der Büffelhcerden voin Norden her in Frankreich , und diese wird nach und nach die öffentlichen
zieht , und die nun Viel, , und oft gar Menschen raube» und Bürgerversammlungcn und Debatten einführen ; solche Zusam
zuweilen die Hirten tddten , und dieses Uebel wirb dadurch be menkünfte hatten ja im Mittelalter , sogar zur Zeit des Faufl-
fördert , daß die anwohnende» Louisiancr ihnen ihren Raub ab rechtS statt , warum sollten sie jezt unter der Aufsicht der Ge
kaufen, die Menschen, wie man versichert, nicht ausgenommen. setze nicht eben so gut stattfinden können ? Zwar kann schon
Man glaubt aber, daß es wenig Mühe kosten würde, diesen Zü eine freye Presse einigermaßen die Stelle einer öffentlichen Er
gen ein Ende zu wachen. Zum Handel ist die Provinz trefflich örterung vertreten ; auch hat man bereits von der Prcßfrey-
gelegen, und Ward glaubt, dag sie sehr bald werde Baumwolle heit bcy den Wahlen häufig Gebrauch gemacht. Indessen gibt
billiger liefern können als irgend ein anderes Land. Auch es doch manche Punkte , die sich mündlich durch Reden und Ge
werden die vereinigte» Staads» bald eine Gelegenheit suchen, genreden besser aufhellen lassen als durch Hin - und Herschrei
ein so gesegnetes Land in ihren Bund zu ziehen, was, da ben , und die auch nicht das ganze Publikum angeben , sondern
die Bcwolmcr fast alle aus ihrem Schooße entsprungen sind, nur die Bürger der Stadt oder die Wahlherrn eines Arron-
nicht schwer seyn dürfte. , bisscmentS. Wenn z. B. Jemand, der schon Deputirter gewe
Pari«, 2». Mai, sen ist , und sich wieder darum bewirbt , sich über sein Betra
(Beschluß.) gen erklären soll, warum er immer nur im Ccntrum der Kam,
Diese warnende Erklärung zeugt schon von der großen mer gesessen und zu Gunsten der Minister gestimmt habe, so
Veränderung , die seit dein Miniflerwcchsel in der Polizeyver- läßt sich so etwas besser mündlich erörtern als durch Broschüren
waltung stattgehabt hat. Unter dem vorigen Polizcypräfekten ober Zeitungsartikel. Vermnthlich fürchten die CentrumSmän-
suchte man die Pariser lieber in die Schlinge zu locken , um sie ner dergleichen Debatten, denn sie dringen gewaltig auf Maß
hernach strafbar finden zu können , als baß man ihnen zuvor regeln gcgcn die Einführung dieses Gebrauches ; ihnen würde
das Gesetzwidrige einer Handlung barzutbun gesucht hätte. De derselbe frcylich nicht vortheilhaft seyn , denn wenn man sie in
Lavau lies seine Gensdarmen auf die Leute loS , und gab heim den Volksversammlungen so behandelte, wie es in den kleiner»
lichen Befehl zusammenzuschießen und zu stechen; so handelte Journalen geschieht , so würden sie freylich nicht wissen, wohin
er im vorigen November bey dem nichrSbedeutenden Tumulte, sie sich flüchten sollten. Ein satnrisches Blatt kündigte neulich^
in welchem leider mehrere unschuldige Bürger ihr Leben ver, an, mehrere Centrumsmänncr machten Ansprüche auf den Preis,
loren haben oder doch schwer verwundet werden sind. Wäre wclchcn die Aufmunterungsgesellschaft für bic bcsten Maschinen
also dieser mordlustige Man» noch an der Spitze der Polizey onsgcsczt bat. WaS ist auch ein solcher Sentrumsmann anders
gewesen , so würden bcy der obengenannten Versammlung die als eine Maschine, die sich Hins und Herschieben läßt? welche»
Wahlberrn wahrscheinlich auch mir Gensdarmen auseinander Werth behält aber eine derartige Mofichwe, wen» sie ihren
getrieben worden oder die ganze Versammlung vor Gericht Dienst in der Deputirtenkammer verrichtet hat?
verklagt worden sevn, und die Ultrablätter würden nicht er »S. ,
mangelt haben die verfolgten Bürger noch obendrein zu beschim
pfen. DaS jetzige Ministerium verfuhr besser und verfassungs Berichtigung.
mäßiger ; es »nennte zwar, an einem öffentlichen Orte dürfe In Nr. «47, Seite SS5. I» dem Gedichte, der Herbst
sich ohne besondere Erlaubniß keine Versammlung bilde»; denn morgen, von G. Schwab, Strophe S , Zeile 4, statt:
seit der Revolution ist der Regierung vor jedem Verein der Wandrer ein diesem Süden, licS: Wandrer ein in diesem
Bürger bange, und sie sucht daher so viel alS möglich daS Süden. — Seite 587, Spalte i, Zeile ZU von vben li eS: »ber
Versammeln derselben an einem öffentlichen Orte zu hintertrei Byron und ihn.
ben; an Privatorte» aber war eö keineswegs ihre Absicht Bcvlage: Kunstblatt Nr. SV.
Bcrlag der I. G. Corra 'scheu Buchhandlung.
151.

M o r g e n b l a t t

f ü r

gebildete Stände.

Dienstag, 24. Juni i 8 2 8.

Wcl,l«n, so gikb mir Pinsel und Palette!


Ich will dnn Herzen folgen - und »ollcndcn.
Honwald.

Das Judasbild. übertragen, war es, als führe eine unsichtbare Gewalt feine
Hand, und zwar mit solcher Sicherheit, daß er selbst er
" Von L. Kruse. staunen mußte ob der Wahrheit, womit daö in eincm
(Jvrtse«»ng.) menschlichen Antlitze, was eigentlich keine sterbliche Hand
„Aber wie werde ich dich malen sprach Gevrgins malen kann, allmählich auf der Leinwand hervortrat, bis
Chemnitz, als nach geraumer Zeit die cilf Apvstelkövfe mit das Ganze, fo wie es in seinem Hirzen lebte und webte,
hervorspringender Lcbenswahrhcit den Abcndmahltifch um- vollendet war.
gaben, „dich, den Herrn und Erlöser, dem kein leben Jezt fehlte nur noch eins, das Bild des Verrätbers;
diges Bild in dieser Welt entspricht, dich, von dessen Of keinen Augenblick war der Künstler mit sich selbst uncins,
fenbarung im Leben ich kein Vorbild habe als nur Kraft wen er darzustellen habe. Es konnte, es durfte ja kein
des Wortes, das deine Apostel von dir gepredigt?" anderer sevn als das rothhaarige Schreckensbild, mit dem
Da fielen die Worte ihm ein, die er einst als Kind er in seiner Kindheit fo viel zu thvn gehabt hatte. All-
zu dem Vater gesprochen : „Wenn ich auf einen Christus mäblig schlich die Rothstiftzeichnung sich in dunkler Far
zu meinen Aposteln sinne, so schweben deine Züge mir benfülle auf das Altarblatt hinüber, der Natur fo furcht
vor." Und deutlicher, lebendiger «IS je schwebten ihm die bar ähnlich, daß Jedermann, der daS Urbild nur einmal
Züge des ehrwürdigen Pfarrers vor, so wie er sie das gesehen, benm ersten Anblick sagen mußte: das ist Mi
lezte Mal in der Glorie der Verklärung, gesehen, und der chael Havenreuter und kein Anderer.
holdselige Blick, der immer in der ewigen Liebe sich zu Sehr wahrscheinlich knüpfte der Künstler an dieß Bild,
spiegeln schien; diese Wangen, worauf die Blässe der Ent das in der großen Hauxtkirche der von unzähligen Frem
sagung/ sich gelegt, diese Lippen, die sich nur öffneten, um den besuchten Stadt aufgestellt werden sollte, eine Hoff
zu segnen und zu beten. „Hast du ihn, mein himmlischer nung, die sein /?erz noch nicht ausgeben konnte, die Hoff
^>err!" sagte er in sich, „du, den Niemand abbilden kann, nung , dem Rotbbart auf dic'Sxur zu kommen. Indessen
so oft gewürdigt dein Stellvertreter ;n sevn, wirst du schien es, als solle dieser Zweck nie erreicht werden, denn
auch nicht zürnen, wenn ich dir dessen Züge leihe, der mir das Altarblatt batte schon lange die Kirche geschmückt, und
der Theuerste auf der Erde war." noch hatte Niemand von Allen, die in seinem Anblick ver
Und als er nun den Pinsel ergriff, um das jugendli loren geschienen, dem Judaskoxfe größere Aufmerksamkeit
che Bild des Baters aus der Phantasie auf die Leinwand zu als den andern Gestalten geschenkt.
6v2
Die Gemeinde bezeugte dem Maler ihre Dankbarkeit, so beruhen seine Marimcn doch durchaus auf einer suxer-
indem sie ihm eine bedeutende Geldsumme zustellen ließ; naturalistischcn Basis. Auch ist er frcy von jenen heftigen
er weigerte sich aber sie anzunehmen. „Diese Arbeit," Diatribcn, die dem französischen Ton in jeder Parthey
sagte er, „war nicht um Geld feil." Da man aber sehr in fast zur andern Natur geworden sind. Die Allgemeine Zei
ihn drang, erbat er sich, daß man für die ihm zugedachte tung hat einen vielleicht noch deutschem Charakrcr als der
Summe einen Christensklaven aus türkischen Fesseln los Lesterreichische Beobachter. Sie drückt den politischen
kaufen möge; „denn," sagteer, „ein Werk der Liebe Geist , wie er unter den Bessern in Deutschland aufgegan
kann nur durch Liebe belohnt werden." gen ist, am Klarsten und Vollständigsten aus ; auch ist sie
vielseitiger und inhaltreichcr. Die Gründlichkeit ihrer
Diese Uneigennützizkcit erregte hohe Bewunderung und
die nöthigen Veranstaltungen zu Erfüllung des seltenen Aussätze in politischen und koinmerciellcn Gegenständen und
Wunsches wurden unverzüglich getroffen. Es wurde ent der fast geschichtliche Ton ihrer Relationen macht sie für
schieden, daß derjenige, der dort am längsten geschmachtet die Tagesbegcbcnheiten zu einer Quelle, und hat ihr in
hatte, losgekauft werden solle. Die Unterhandlungen hat England und Frankreich die meiste Achtung unter den deut
ten erwünschten Erfolg, und eines »eitern Herbsttages schen Journalen erworben. Obgleich keine andere deutsche
lief ein Handelsschiff, das den erlösten Christcnsklaven mit Zeitung sich mit diesen bevdcn vergleichen kann, so ist doch
sich brachte , in den Hafen ein. dieser Theil der periodischen Literatur in Süddeutschland,
meiner Kenntniß nach , besser als im Norden bestellt.
(Die Fortsetzung folgt.)
Ich machte jczt einen Spaziergang um die Stadt, die
von schönen Alleen fast umgeben wird, und begab mich wie
derum auf den Thurm. Ich übersah mit immer wachsen
Bilder aus Frankreich. der Theilnahme das^ reiche, schöne Land und konnte mich
an der Abendtafcl gegen einen Straßburgcr der Bemer
(Beschluß.) kung nicht enthalten, daß die Ablösung dieses herrlichen
Der bestimmte Charakter , der das eigentlich Interes Striches von Deutschland für jeden Deutschen etwas Em
sante im Lebendigen überhaupt ausmacht, und den höchsten pfindliches und Schmerzliches habe. „Wir sind mit der
Organisationen in jeder Sphäre am eigensten ist, macht französischen Regierung sehr zufrieden," crwiedcrre er.
eine Zeitung erst zu einem Lrgan, während sie, bey blos „Für die Privilegien, die wir in der Kapitulation mit
sen Relationen stehen bleibend, eine Unterhaltung für Ludwig xiv. erhielten und die der Konvent kassirte, ent
Kinder und Kannegießer ist, recht eigentlich ein Blatt schädigt unS die Charte hinlänglich. Der Oberclsaß ist
für den Bürger und Landmann , wie man sich in Dcutsch- eine der reichsten Gegenden!" Den Punkt der Nationali
and ausdrückt, d.h. für eine Stufe des Geistes, wo selbst tät aber, den ich nicht fahren ließ, schien er nicht begrei
die Politik noch den mährchenhaften Schimmer der Kindheit fen zu können, da er fortwährend nur von den materiellen
behält. Einer solchen bestimmten Individualität können Vortheilcn der Vcreinignng sprach. Eine allerdings et
sich aber nur zwey deutsche Blätter rühmen, die sonst sehr was phantastische Reflenon in mir träumte sich hier in Ver
verschieden sind, der O e st e r r e i ch i s ch e B e o b ach te r und bindung mit dem Nicderrhein ein eigenes großes deutsches
die Allgemeine Zeitung. Der Oesterreichische Beob Land, das, die uralten Sitze der deutschen Kunst und Ge
achter steht in seinen politischen Reflerionen und in der schichte in sich schließend, den stärksten Wächter gegen den
Weise seines Vortrages sehr weit über der O,re,io und Romanismus der französischen Politik abgeben würde, die
der yuotillienne und ist eine feste Statue auf dem monar in ihren Bestrebungen mir von den gegenwärtigen Umstän
chischen Piedestal, aber seine politische Physiognomie hat den gezügelt wird. Hier an der äußersten Gränze von
zu wenig Geistliches; statt auf das Evangelium zu zeigen, Deutschland erschien mir in dem Betragen und der Phy
wo die Freyheit eben so gut als die Unterordnung gepredigt siognomie der Einwohner, dem vollen reichen Klange ih
wird, hält er der Welt beständig einen Köder der absolu rer Sprache, in der Betrachtung des größten Denkmals
ten Monarchie hin und möchte sie gerne bereden, daß das der deutschen Kunst das deutsche Wesen viel tiefer und le
konstitutionelle Prinzip mit dem katholischen Glauben un bendiger, als in manchen seiner örtlichen Mittelpunkte.
verträglich sey; eine Ansicht, 5ie, wenn sie allgemein wür Gegen Abend holte ich mir aus einer großen nnd wobl-
de, der Kirche auf lange Zeit großen Schaden zufügen bcsczten Leihbibliothek den Theil von Goethes Leben, der sei
könnte. Gleichwohl ist er eine ächte Zeitung und von gros nen Aufenthalt in Straßburg enthält, und Klingers Zwil
ser Bedeutung. Er hat mit den royalistischcn Pariser linge. Da mir in Goethc's Biographie die Schilderung
Blättern die Anhänglichkeit an die Monarchie und die Le seines Lebens in Straßbnrg von jeher zu den interessante
gitimität gemein, und ist er auch kein Schirm der Kirche, sten Parthieen gehört hat, so suchte ich die Orte und Sin
6oz
drücke, die dorr gewildert wären , Wiederaus, obgleich Horch! so lispeln wir uns zu.
ich manche ihrer Namen verändert fand. In der Nähe Hörtest du nichts raufchcn?
des Münsters konnte in einem solche» Geist der Faust ent- Regt sich nichts, so ahnen wir
stehen, und auf den schönen Gefilden um Straßburg und Doch ein stllleö Lauschen.
in jenen anmutdigen Gebüschen die unvergleichlichen wieder
aus dieser Zeit, die die Reife des Sommers und den Duft Daß ein Evland plötzlich une)
deö Frühlings haben. Tief im fernsten Meere,
Ich verließ Straßburq mit einem Gefühl , als scheide Das kein Schiffer je betrat.
ich aus meiner Vaterstadt, und reiste nach Karl S ruhe. Sichre Ruh' gewähre I
Der Weg bis dahin war, mit Ausnahme eines Abstechers Nur felbandcr wollten wir
nach Baden, ziemlich uninteressant. Die Neuheit der Sine Welt uns dünken.
Stadt und die Einsamkeit der Straßen machten auf mich Und vom Kelch der Licbeslust
einen Eindruck, als wäre dicier Ort eben erst fertig ge Ueberselig trinken!
worden und sollte von seinen designirten Einwohnern bald
Könnten wir — o lächle nicht.
bezogen werden. An vcr Mittagstafel hatte ich Gelegen
Allerliebstes Leben! —
heit einen Theil der männlichen Bevölkerung diefer Stadt,
Auf der «Überwölke dort
am Abend im Theater die weibliche Welt, sehr zahlreich
Möcht' ich mit dir schweben.
versammelt, kennen zu lernen. Die erstern hörte ich
Aufgelöst in Himmclslust
sprechen, und zwar viel und laut, die leztcrn sah ich nur Mir erhöhten Sinnen,
- fitzen oder gehen ; gleichwohl war mir die stumme Be Wie die scl'gcn Götter sind.
redsamkeit der Töchter Evens lieber als die laute Rhe
Selig zu verrinnen!
torik der Adamiten im Wirthshause. Noch in keiner
Stadt hatte ich verhältnismäßig so viele hübsche Mädchen G. Zimmermann.
als hier gesehen. Im Theater wurde WallensteinS Tod
gegeben und, mit Ausnahme der Rollen deö schwedischen
.Hauptmanns und der Gräsin Terzky, höchst mittelmäßig. Korrespondenz- Nachrichten.
Den Verfall deö Theaters , den X'crr Ludwig Robert so
vielfältig beklagt, hat er hier täglich vor Augen. Luzern, im Juni.
Bald erreichte ich Heidelberg. Wenn mich Straß Seit Monatsfrist sind nun die Arbeiten für Vollen
burg auf der ganzen Tour durch seine Alkerthümlichkeii, dung der FaKrbarmachunq der Gotthardsstraße auch auf
den Münster und die Erinnerung an Goethe am meisten dem Gebiete bei Kanton« Uri in voller Tl«rigkeit, u»c wen»
interessirr hatte, so habe ich nie einen schönern land sie fo fortgesezt werden, n ie sie angefangen wurden, so wird
man im Laufe diese« Sommers damit so weit vorrücken . daß
schaftlichen Eindruck bekommen als in der Anschauung es möglich scttn dürfte die Straße im nächsten Jahre zu besah-
des Heidelberger Schlosses. Wenn ein geistvoller Archi rcn. Man I'at dade« allerdings mit großen Schwierigkeiten
tekt eine Ruine künstlich hervorbringen wollte, er würde zu kämpfen, die sich erst deutlich ergebe», wen» man die Straf-
die Zeit und Zerstörung nicht erreichen , die hier selbst fenlinie Schritt vor Schritt verfolgt, und alle die Steinmas-
sen siebt und die Felsen, die tbeils abgebrochen, tbeils durchgra-
so phantasievoll zerrissen haben. Nirgends in Deutsch bcn werden müssen. Die größten Schwierigkeircn jedoch häuft
land gibt es eine solche Fülle von Epheu als hier, nir ten sich in der Gegend der Teuselsbrückc, und hier droben
gends ist mir überhaupt die Vegetation so frisch erschie Sefabren , welche die Aufmerksamkeit der Bauleute und der
ne» und es gibt keine Lage , die den Musen holder wäre. Ausser,« sehr in Anspruch nehmen, und die sie vielleicht auch, troy
aller anzuwendenden Vorsicht, gänzlich abzuwenden nicht vermb«
Ich sezte über Darmstadt und Frankfurt meine gend sind. Mag aber erfolgen was da will, es wird die Voll
Reise nach dem Norden fort. endung des Unternehmens einer der schönsten und beauemstcn
Bergstraßen nicht hindern. Wen» man indeß die Linie der
Straße durchwandert, auf der man sich durch oberflächlich auf
liegende Steinmassen durchwinden, oder Blocke überspringen.
Abhänge »mqeken muß; wen» man an Felswände kömmt, von
W u n s ch. deren Höbe Leute an Stricks» müssen herabgelassen werden,
nm daran das Nivellement zu zeichnen . bis ans welches der
Hier im Schatten ruh'» wir aus, Felsen muß abgebrochen werden ; wenn m,n> Klüfte durchwan-
Herz in Herz ergossen; dclt . in denen ausgestellte . mehrere Mctrcs hohe Stange» die
Höhe der Ausfüllungen bezeichne» , über welche die Straße ge
Doch die Liebeswonne wird führt werden muß. und wo das aufgebrochene Terrain fast
Bänglich nur genossen. durchgehend« nur »adle Felsen zeigt; wo alle« nur durch
6«4
Kunst, Malierwerke und Kraftanstrengnng geschaffen werden der Oper, welche sich mit dem Phantastischen, Romantischen,
kann , so verschwindet die überstände»? Mühe mid Beschwerde gemischten Genre viel zweckmäßiger beschäftigt; davon aber
einer solchen Untersuchung bald vcum Gedanke» , daß man in abgesehen, ist gewiß von dicscr Dichtung nur Gutes zu sagen,
eiuigen Monaten durch alle diese Schrecknisse und Gefahren und dem Kompositcur war eine reiche Zahl von Situationen
mit Wagen und Pferden ans einer völlig ebenen Bahn fahren, und Momente» geboten, welche sich für musikalische Bearbei
tmd alSdann kaum mekr wahrnehme,, wird , mit welchen Hin tung eigneten. Wolfram hat sie nun auch großcntdeils sehr
dernisse» gekämpft werden mußte. Mehr aber noch stärkt wohl erkannt und bcnuzt, und mit wabrein Vergnügen sieht
und erhebt den Much zur Bestehung des mühevollen Tage man überall das weitere Fortschreite» diese? Tonscyers auf
werkes die Hoffnung , die Bewohner einer ganzen Landschaft , dem gleich Anfangs mit vielem Bcufalle begonnenen Wege.
die ThaUeute vom Lande Uri , dem größten Elend zu entreis- Unter dem, was ihm besonders gelungen, traten im ersten Akte
sen, in welches sie unvermeidlich versinken würden, wenn, nach die Arie der Cäcilic, das Terzett zwischen dieser, Bohcmund
Fahrbarmachung der übrigen- AlpenpSsse, der St. Gotthards- und Roger . und daS kräftige Finale hervor. Im zwchtcn ist
paß , von welchem ihnen Arbeit, Gewerbsamkeit und Verdienst JsabcllenS Arie mit Chor : „Seht ein Weib in Todeswasfen,"
zufloß, in seinem alten Stande gelassen, und somit auch bald wahrhaft ergreifend , und von tiefer Empfindung durchdrun-
gänzlich unbcnuzt und verödet bleibe» würde. gen das Duett derselben mit Roger , welches wir über
Ein um die schweizerische Pflanzenkunde sehr verdienter haupt für ei» höchst ausgezeichnetes Tonstück halten, da eS
Mann, Doktor Zollikofer in St. Gallen, hat die, »or das tiefste Gefühl mit der fröhlichsten Erhebung vereint. So
etlichen Jahren schon angekündigte „Alpenflora der Schweiz" tritt auch wieder im dritten Akte Eäcilie in einem sehr braven
nun wirklich eröffnet , und das so eben ausgegebene erste Heft Duette mit Bohcmuiid ein, auch macht das Finale in einzel
erfüllt jede billige Erwartung. Die Zeichnungen, durchaus nach nen Parthieen eine sehr großartige Wirkung. Besonders ist
gewählten frischen Pflanzen von dem Herausgeber selbst mit in dieser Oper viel durch den CKor gewirkt , und er tritt oft
eben s« viel Fleiß als Zierlichkeit gezeichnet , sind von dem ge sehr wirksam und in guter Führung auf. Wollte man der
schickten Lithographen Gsell in,. St. Gallen rein und kräf Musik etwas zum Vorwurfe machen, so wäre es vielleicht Kies
tig auf Stein übergetragen , und die kolorirlen Abdrücke scs, daß manche neue und anziehende Ideen nicht gehörig -durch
mit ausnehmender Treue und Sorgfalt behandelt. Der Vor geführt , sondern zu schnell wieder verlassen worden sind . wo
rat!, von Zeichnungen ist ansehnlich, und wenn das Werk, durch manchmal eine Art von Zerstückelung eintritt. Bc» ei
woran nicht zu zweifeln ist, Bchfall und TKeilnabme findet, nem reichen inusikalischcn Geiste ist dieses mehr eine Ueberfüllc-
so können nun die Hefte einander schnell folgen. Jede« ent als ein Mangel, aber das Ohr nimmt gern den vollen Strom
hält zehn Tafeln mit dem dazu gehörigen Tert in deutscher der Musik in sich auf, während blos einzelne Wellenschläge cS
und lateinischer Sprache. Es hat das Werk die Bestimmung, gleichsam störend berühren. Jedenfalls hat der Tonscher sei
die Schäye der Flora, welche die schweizerische» Hochgebirge nen Beruf wieder aufs Neue durch dieses Werk bewährt, unb
Herbergen, nicht blos de», Botaniker von Beruf, sondern diese, auch dem Auge vieles darbietende Oper ist um so mehr
auch jedem Pflanzenfrcunbe. den feine Kräfte, Entfernung den Bühnen zu empfehlen , da sie nur vier Hauptsiimmcn er
oder andere Umstände hindern , dieselben an Ort »»d Stelle fordert, und daher selbst bey dem kleinste» Personale sehr leicht
selbst aufzusuchen, bekannter zu »lachen, und nicht minder bcsczt werden kann. Hier ward ihr schon bey der erste» Vor
soll es auch dem Künstler oder der Künstlerin dienen, die stellung Bchfall gezollt , dieser steigerte sich aber noch mehr bev
im Fall sind, der Natur immer neue Ideen abzulauschen, der zwevtcn. Die ferner» Darstellungen wurden «or der
um sie zur Bequemlichkeit ober zur Zierde des gesellschaftlichen Hand durch die Urlaubsreise deS Tenoristen Babnigg gehindert,
Lebens zu benuycn. Mit verhältnißmäßig geringen Kosten welcher darin den Roger sehr brav sang ; dasselbe war von
werden diese Hefte dein Pflanzenkundigen wie dem Freund ei dein übrige» Personale zu sage». Hinsichtlich der Sccncrie
ner hehre» Alpennatur und auch dem »losen Blumen- und war die ü?pcr etwas zu karg ausgestattet, frcnlich tritt auch
Garrenliebhaber eine lebendige Ueberficht der holden Geschöpfe in dieser Hinsicht alles nach den Wunder» des Oberen i» Schat
darbieten , welche die höchsten Regionen unserS Welttheils be ten zurück. Herr Wolfram ist bereits wieder mit der Ton- ^
wohnen und schmücken. seyuiig einer »cuen Over von Gehe , „Prinz Lieschen," be
schäftigt, welche nach den davon gelesenen Bruchstücken eine
Dresden, im Juni. sehr willkommene Heiterkeit in sich trägt.
Das deutsche Theater hat uns im Monate Mai zwc» neue Die zweuic allgemein bekannte, aber für uns ncne Oper,
Opern vorgeführt , welche sich bende des Bcyfalls zu erfreuen das „Konzert am Hofe/' ward auch hier mit Wohlgefallen
hatten. Die erste war: „'der Norman» auf Sicilicns aufgenommen, ohne jedoch ausgezeichnet anzusprechen. Die
Throne/- Oper in dreh Aufzügen, von Eduard Gehe, von Jo Schwierigkeit der Darstellung solcher kleinen franzdfifchcn Kon-
seph Wolfrain in Musik gcsezt. Gehe hat sich bereits durch vcrfativiisrpcr» auf der deutschen Bühne ist allerdings sicht
seine „Jcssonda/' so wie durch seine „bezauberte Rose" als ge bar und besonders störte hier die Persönlichkeit des Fürsten
schickter Operndichtcr bewährt, und der Text zu diesem Nor den Erfolg. Höwst liebenswürdig war Madame Wächter
man» zeugt ebenfalls, wie von poetischem Talente , so auch von als Karolinc , sehr brav Dem. Veltheim als Adele, und Hrn.
musikalischer Kcnntnig. Die ernste, tragische Jntrigue enthält Bergmanns wohltönendc Stimme schmeichelte sich in der Rolle
der effektvollen Rollen sehr viele. Die Charaktere treten bestimmt des Viktor ein. Herr Keller gab sich mit dem Astnccio loben«-
und kräftig hervor, nur dürfte in ihnen selbst vielleicht crvoas wcrtkc Mühe, es fei lte ihm aber »och etwas an Frepheit, die
zu wenig Abwechslung von Licht und Schatten semi. Diesem sich jedoch bey mehreren Vorstellungen gewiß finden wird.
Mangel hat jedoch der wohl berechnende Verfasser durch an (Der Beschluß folgt.)
mehrere» Stelle» eintretende heitere Chöre abzuhelfen gesucht,
und somit das düstere Kolorit unterbrochen, in seinen Haupt-
stelle» aber eben dadurch auch wieder erhöht. Unserer Mev-
nung nach ist überhaupt das Hochtragische minder das Gebiet Benlage: Lttcraturblatt Nr. St.

Verlag der I. G. Co tta'schen Buchhandlung,


N°. 452.

M o r g e n b l a t t

s s '

gebildete Stände.

Mittwoch, 25. Juni 1 8 2 3.

Du staubst und dachtest; sähest die lungt Welt


Mit Kdnigiblicke , fühletest Harmoiiie
Der Wcse» um dich, föbletest in dir
Kräfte der Gottheit, der Schöpfung Kräfte.
Herder.

Vom Zustand der Naturgeschichte bey den alten Egyp, gen sehr interessanten Bevfpielen, daß die Naturkenntniß
fern, mit besonderer Beziehung auf das Krokodil. der Priester von Memphis und Theben Folge wissen
schaftlicher Auffassung und Verknüpfung der Naturer
Wenn es allerdings die würdigste Aufgabe der Natur scheinungen, ein Theil ihrer Philosophie war.
wissenschaft ist, für daS Wohl des lebenden Geschlechtes Die Naturgeschichte, d. h. die Beobachtung und Be»
thätig zu seyn und die Kultur langsam, aber desto sicherer schreibung der Erscheinungen in dcr Natur blühte im al
zu fördern, so feyert sie doch in den Augen des Gebildeten ten Egvpten lange bevor daS Land unter die Botmäßigkeit
nie einen glänzender« Triumph, als wenn sie nicht den dcr Perser kam. Egvpten war groß in Kunst, groß in Wis
Interesse» dcr Mitwelt, sondern dcr Philosophie dcr Ver senschaft, und strahlt so vor unfern Augen in doppeltem
gangenheit, den Forschungen des Geschichtschreibcrs, des Glänze ; aber nur seinen Denkmäler», für die Ewigkeit ge
Mythologen dient; wenn sie durch Sie Nacht dcr Jahrhun baut, vermögen wir nach fo vielen Jahrhunderten unfere
derte einen Lichtstrahl ans die Kulturgeschichte längst ver Bewunderung zu zollen, die Werke/ die von feinem wis-
schwundener Völker wirft; wenn es ihr gelingt, tausend fenschaftlichrn Ruhme zeugen würden, sind für unS verlo
jährige Vorurtheile zu zerstören oder Völker, welche wir, ren, und somit werden die griechischen Schriftsteller, vor
die späten Erben ihrer Kultur, in nnserm Dünkel herab züglich Hcrodvt, zu Quellen, die uns einigermaßen
setzen möchten, im Grabe adelt. Dieß empfindet wohl über den Instand der Naturgeschichte in Egvpten bclcbrc»
jeder mit uns bey der folgenden Abhandlung von Geof- können. Abcr auch Hcrodot, dcsscn philosophischer Geist
froy St. Hilaire, einem der ausgezeichnetsten Natur alles, Wissenschaft, Künste, Civilisation der Völker um
forscher, einem der »oI6„, leore», wclche daS republikani- faßte, konnte uns nur einen kleinen Theil des kostbaren
fche Frankreich feinem Feldherrn und feinem Heere mit Erbes hinterlassen. Zur Zeit feiner Reise entlehnten die
gab, um im Reiche dcr Wahrheit und Wissenschaft Erobe Griechen, welche die Bahn der Civilisation eben erst be
rungen zu machen , welche keine Schlacht von Abukir ver traten, von dem gelehrten Egvpten nur vereinzelte, un
nichten konnte. Cr zeigt, daß, wenn die ganze gesell vollständige Thatsacven , denen die Verknüpfung und da
schaftliche Einrichtung dcr alten Egvpter sich auf Wahrheit mit Wisscnschafkllchkeit fehlte; unter ihren Händen sank
und Wissenschaft gründete, ihre Begriffe von den Ratur- die Naturgeschichte von ihrer ursprünglichen Höhe zu ei
erschcinungen , die fo innig mit ihrem bürgerlich,-» und ner Anekdotensammlung über die Werke der Natur herab.
religiösen Leben zusammenhingen, unmöglich eine Samm Achtet man genau auf Menge und Gehalt der naturge«
lung von Vorurtheilcn sepn konnten, und beweist an eini fchichtlichcn Aüge in Hervdots Beschreibung von Egypten,
/ . öoö
so sieht man deutlich , daß sie von Menschen von verschie jezt , daß mehrere Arten von Krokodilen im Nil lebten,
denem Talent aufgefaßt sind, man merkt daran die Fort und dieß wird uns das scheinbar sonderbare Benehme«
schritte der Zeit, meist sind sie ihrem Werthe nach geschHzt, der Egvpter erklären.
sie sind in Zusammenhang miteinander gestellt und der (Die Fortsetzung folgt.)
Einfluß absichtlicher Forschung ist dabev unverkennbar.
Nun war aber Herodot kein Naturkenner , er schuf diese
Vorstellungen nicht selbst, er fand sie schon vor und zwar Das Judasbild.
olS Grundlagen der Institutionen eines der ältesten Vol Von L. Kruse.
ker der Erde. Herodot selbst besorgt, die Feinheit, die
Tiefe dieser Ideen nicht ganz wiedergeben zu können ; (Fortscyung.)
da sie aber, wie er fand, mit der bürgerlichen und religiö Der erlöste Christensklave war ein bejahrter Mann,
sen Geschichte des Volks innig zusammenhingen, theilte er der zwar zu seiner Zeit eine große, kräftige Gestalt gewe
sie sorgfältig und umständlich mit, und weil er durchaus sen seyn mochte, allein jezt nicht so sehr von den Jahren
gewissenhaft zu Werke ging, hie und da ohne sie ganz zu als von den Leiden einer langen Gefangenschaft gebeugt
fassen. So kommt es, daß wir in Herodots Beschrei schien. Sein Haar war eisgrau, sein Auge matt, sein
bung mehr Naturgeschichte finden, als der große Geschicht- Gang schwankend, und die Haut hing schlaff und in dich
schreiber hatte hineinbringen wollen oder sollen. Aus Man ten Runzeln über den gewaltigen Muskeln.
gel an speziellen Kenntnissen gab er die Vorstellungen nicht Er wurde dem Manne, dem er seine Rettung zu ver
vollständig wieder ; es fehlt der Zusammenhang zwischen danken hatte, vorgestellt. Dieser, den seine traurige Ge
den einzelnen Thatsachen, und auf diese Weise wurde die stalt jammerte , kaufte ihn in eine milde Stiftung ein,
Wissenschaft der Egvprer dabev ganz verwischt. War es wo er so gut gepflegt wurde, daß der gekrümmte Rücken
nun bisher nicht möglich, diesen Zusammenhang aufzufin sich bald wie in verjüngter Lebenskraft erhob und die trüben
den , so muß man darum nicht glauben , daß wir nie da Augen zu glänzen begannen. Sein Gang wnrde fest, ja
hin gelangen werden. Vorstellungen, welche sich in einem trotzig, und als der lebendige Hauch des Frühjahrs sich
Zeitpunkte hoher Civilisativn bildeten, erscheinen in einem wieder in der ganzen Schöpfung rührte , war keine Spur
Zeitalter von entsprechender Bildung klar und verständ mehr von seinen ausgestandenen Leiden zu sehen, insofern
lich; und dazu braucht es nichts, als daß man die ver man seine weißen Haare nicht dafür ansehen wollte.
worrenen Begriffe im Lichte der Kenntnisse der leztcn Zeit Sehr oft besuchte er seinen Wohltbäter, den jungen
und der neuesten Bereicherungen der Wissenschaft betrach Maler, und unterhielt ihn von seinen Leiden. Sogeschah
tet. Und dieses Ziel ist wenigstens hinsichtlich der natur- es eines schwülen Sommertages, daß er, eben als Geor-
geschichtlichen Berichte Herodots erreichbar, wie folgende gius die sengenden Sonnenstrahlen ausgeschlossen und sich
Bcyspiele darthun werden. auf das Bett geworfen hatte, in dessen Schlafzimmer trat,
Das Krokodil, erzählt Herodot, stand an einigen und, wie er gewohnt war, durch dasselbe in die Wcrkstätte
Orten Egyptens in hohen Ehren , an andern war es ein des Malers hineinging. Doch kaum erblickte GeorgiuS
Gegenstand des Abschcus und Schreckens. Bcy den Ar- die Gestalt in der schwachen Dämmerung sich,Hurch das
sinviten war es ein Halbgott und ihm zu Ehren war hier Zimmer bewegen, als es wie eine Binde von seinen Au
ein Tempel am Ufer des See Möris erbaut; ein Priester- gen fiel. So, ganz so, das fenerrothe Haar ausgenom
kollcginm wachte sorgsam über seine kleinsten Bedürfnisse; men , war jener schauderhafte Fremde durch sein Schlaf
aber in den Augen der Bewohner des Nilufers selbst war zimmer in das des Vaters in der Nacht, in der dieser
es nichts als ein wildes, furchtbares Thier, der gemein starb, gegangen. Es war seine Größe, seine Gestalt,
same Feind des ganzen Volks. Ein Krokodil zu tobten, seine Haltung, sein Gang, ja, es war er selbst.
war dort eine Todsünde, hier eine rühmliche That, ja eine Er fuhr vom Lager auf und ihm nach. „Vorher ein
Wohlthat für das ganze Land. türkischer Sklave, jezt m e i n Gefangener !" rief er; „gebt
Dieser Bericht griechischer Schriftsteller lud auf die Such gutwillig in meine Gewalt. Ihr habt meine» Vater
alten Cgypter den Vorwurf eines abgeschmackten, aber ermordet !"
gläubischen Widerspruchs ; sie hatten, so schien es, über Wie vom Blitz gerührt stand der Fremde da, maß
das merkwürdigste Thier ihres Landes keine festbestimmte ihn mit den kleinen wild herumirrenden Augen und sprach:
Lehre; jede Stadt hatte ihre besondern wissenschaftlichen „Träumt Ihr, junger Herr, oder träume ich?"
Meynunge», wie ihren besonder,? religiösen Glauben. Der Allein ohne etwas zu erwiedern, schoß der Maler außer
Widerspruch liegt aber blos in den Worten, nicht in der sich auf ihn los und faßte ihn um den Leib, um ihn nieder
Sache. Herodot hatte die Traditionen EgvptenS nicht ganz zuwerfen.
rein aufgenommen oder sogar entstellt. Wir wissen „So ist es denn Ernst, Knabe!« rief der Alte, warf
den Gegner gegen den Ofen mit solcher Riesenstärke zu 7-Euer Gewerbe?"
rück, daß er mit blutendem Kopfe zu Boden sank; er «Seefahrer/'
selbst eilte aus der Thüre. Er war schon die Treppe hinun „Habt Ihr je auf Sur« Reife» diese Stadt besucht? '
ter, schon auf der Straße, als Georgius nachstürzend ihn „Einmal, im Sommer
einholte, ihn festhielt und um Hülse mit den Worten rief: Etwas betroffen fahrendie Richter fort : „Habt Ihr de»
«Ergreift ihn, »erhaftet ihn, er ist eiu Morder!« damals »och lebenden Magister Olaus Chemnitz , Pfarr»
In einem Augenblicke »aren bepde von Leuten um an der Kirche der heiligen Dreyfaltigkeit, gekannt?"
ringt. Der Maler wiederholte seine Aussage ; der Fremde „Allerdings! ich Hab« ihn mitunter besucht, er auch
wurde verhaftet und in das Stadrgefängniß gebracht. mich.«
Anfangs meynte man, daß er den Maler überfallen „WaS hattet Ihr mit ihm zu verhandeln?"
habe, zu welcher Meynong fein blutiges Aeußeres Veran „Ich berierh mich mit ihm in einem geistliche» An
lassung gab. Man stelle sich aber vor, welch ein Erstau liegen , das meine Seligkeit betraf."
nen Alle ergriff, als er den Behörden eine Klage ein „Habt Ihr damals den Kläger gesehen?"
reichte, in welcher er auf das bestimmteste den losgekauf „Ich erinnere mich recht wohl, daß der selige Magi
ten Türkensklaven als denjenigen angab, der vor mehr als ster einen kleinen Sohn hatte, der de» meinem ersten Be
zwanzig Jahren seinen Vater, de» Magister Olaus Chem such in daSZimmer hineingesprungen kam, und vor Schrck-
nitz, Pfarrer an der Kirche der heiligen Drepsaltigkeit, er ken außer sich wurde, als er das rothe Haar erblickte, das
mordet habe. ich damals trug, und das meine Leiden schon lange weiß
Dieser Angabe zufolge wurde der Verdächtige aus dem gemacht haben."
Stadtgcsängniß geführt und in den Thurm geworfen , wo „Sevd Ihr Im Hause des Magisters in der Nacht
man die groben Verbrecher, bis ihr Urtheil gesprochen nach dem eilften Sonntag x«,t l>iait»,i, gewesen ?
war , aufzubewahren pflegte. „Nein ! ich war dieselbe Nacht auf der Reise nach
Die Sache sollte vor dem Gerichte vorgenommen, dem mittelländischen Meere, wo ich von einem türkischen
mußte aber verschoben werden, weil die Wunde, welche Sorsaren aufgebracht wurde.
Georgius durch den schweren Fall gegen den Ofen am Mit gleicher Einfachheit und Zuversicht beantwortet«
Kopfe bekommen , diesem eine Krankheit zugezogen hatte, er alle Fragen, die ihm vorgelegt wurden, und hob dadurch
die mehrere Monate anhielt. Dieser Verzug spannte die die Bcfremdung, welche seine ersten ehrlichen Antwor»
allgemeine Erwartung noch hoher, und mit Sehnsucht sah ten den Richtern verursacht hatten , und die nun zu sei
man dem Augenblick entgegen , da er mit den Beweisen nem Vortheil aussiel, weil der sich schuldig fühlende Ver
seiner schrecklichen Behauptung vor die Schranken treten brecher ohne Zweifel seine Anwesenheit geläugnet hätte.
würde. Georgius, dem es nicht entging, daß die allgemeine
Als nun der langersehnte Tag kam, und der Ange Stimmung sich gegen ihn kehrte, trat nochmals vor und
klagte blaß, hohläugig, eingefallen, so wie er die Türke? flehte dringend > daß der Jnquisit noch eine geraume Zeit
verlassen hatte, unter dem Gewichte seiner Fesseln nieder- unter scharfe Aufsicht gefezt werden müsse, indem er die
gebeugt , dabev wie ein Märtyrer demütlug und still, wie Hoffnung äußerte, daß es ihm vielleicht, noch bevor jene
der erschien, rührte sich Mitleid in manchem Busen. Und verlaufen sev , gelingen möchte. Beweise vorzubringen,
da nun obendrein der Maler vor die Schranken trat, zwar die das Gericht für gültig annehmen werde. Nach einigem
in den bestimmtesten Ausdrücken die Klage wiederholend, Bedenken willigte man in sein Verlangen ein, und eine
allein, ohne dieselbe auch nur durch einen gesetzlichen Be Frist von vier Wochen wurde ihm zugestanden.
weis begründen zu können, sich nur auf die Achnlichkeit (Die Fortsetzung folgt.)
des Jnquisiten mit einer auffallenden Erscheinung, die er
in seiner Kindheit dieselbe Nacht als der Vater gestorben
war, gehabt haben wollte, berufend, konnte man sich kaum Korrespondenz-Nachrichten.
von dem Erstaunen erholen, wie es möglich se», daß ein B. im Mai.
so trefflicher Kopf in solche Vcrirrungen gerathen und in Ueber Ludwig Tie« und Franz Horn« Sr-
die gehaltlosen Träume seiner Kindheit zurücksinken könne. läuterungen de« Shakespeare, in nächster Be
Die Richter wandten sich kopfschüttelnd von ihm ab in ziehung auf Hamlet. — ES kann um so weniger die
der Mevmmg, daß er noch von den Folgen seiner Krank Abücht dieser Zeilen snni, einen eigentlichen Vergleich zwischen die
sen bcvden berühmten Kommentatoren Shakespeares anzustellen,
heit leide und singen an de» vermeintlichen Malesikanten da Tie« biSjeztnur über rinzelne Charaktere dieses Meisterwerk«
zu »erhören. öffentlich verhandelt , während Horn es feiner Jdcc nach bis
„Euer Name?" zu dcu anscheinend unbedeutendsten Personen und Situationen
„Michael Havenreuter.« entwickelt hat. Dennoch dürste schon die Art und Weise, wie
6oK
jene beyden mit Shakespeares Geist vertrauten Männer un« zu folgern. U,» so befremdlich« muß es dem allem nach sey«,
beyde Ausleger über mehrere Charaktere im Hamlet so durch
den Schatz ihrer Erkenntnis ausschließen , zu betrachten höchst aus entgcgengcseztcr Meynung zu seben. Zwar müssen wir"
interessant sei)«. Tie« liebt es die Resultate feines Studiums uns frcplich schon von vorne als in »nsrer Ueberzeuguiig be«
und Nachdenkens uns auf überraschende Weise vor Augen trc- stimmt bekennen , aber nichts desto weniger ist die Bitte ein«,
ten zu lassen; er stellt di« Behauptung gewöhnlich voran, und weiteren Erläuterung
die hernach reichlich bcygcbrachreu Beweise sind , wenn auch Bis jczt nämlich könnenoder Erleuchtung aufrichtig gemeint.
nicht allemal für jene überzeugend, in vieler, ganz besonders der vielen vortrefflichen wir bcy der freudigsten Anerkennung
Gaben und großen Talente unseres
aber auch in sprachlicher Hinsicht doch so belehrend und anre
gend, oder aber für die Geschichte der damaligen dramatischen Ludwig Tie« , doch die „vielen großen «nd vortrefflichen Ga
Kunst jo wichtig , daß man sich auf jeden Fall in den Geist ben und Eigenschaften" deS giftmifchenden , horchenden und
des großen brittischcn Dichters tiefer eingeweiht, und auf den brubermördcrischeu Dänenkönigs nicht glauben, entdecken oder
äußeren Standpunkt gestellt fühlt, seine Werke auch in str- abnden . durch welche, wie Tic« will, dessen „schlimmen und
wellen Beziehungen richtig zu würdigt«. Horn hingegen, wir niedrigen" aufgewogen werben.
,.>.' ,',,,! lDer BcMuß folgt.)
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>>. ..i . . ''<'>:
spreche« hier nur »on seinen grbru«ttN Schriften, da die Gabe ! ,' °1'> I ", j'. '' ' . '' " i'' «I
seiner Beredsamkeit allerdings etwas, fast möchten wir sagen , , . Dresden, imJurei.
gegen seine Absicht Hinreißende« hat, die aber nur klar und
ruhig überzeugen , und durch Tiefsinn und Ernst , wie durch .. ! . ' (Beschluß.) , '.. ,
Scherz und Humor zum Sclbstdcnken anregen will, ljßt sich Im rezitirenbcn Schauspiele erfreute uns zwar kein neues
mit wahrhafter sokratischer Ironie Anfangs ganz und gar zu Stück, dafür aber eine Debütantin, von welcher sich die Kie
seinen Lesern herab. Weit entfernt, auf irgend eine Weise im« sige Bühne sehr ausgezeichneter Kiinfllcistuiigen zu erfreue«
poniren oder bestürzt machen zu wollen, weiß er in jenem haben wird. ES war dieß Mad. M^viuS. deren Gastsvicle
Sinne gleich einem gewandten Und gründlichen Schulmanne im Laufe deS abgewichenen Winters wir schon in diesen Blät
sich zuerst an das Allgemeinste, bep jedem denkenden und füh tern erwähnt haben. Zu ihren Antrittsrolle» baue sie die
lenden Menschen als Grundlage Vorauszusetzende zuknöpfen. So „Maria Stuart" und die „Jobanna von Montfaucon" ge
geschieht eS, daß wir am Ende der Untersuchung , die in äflkc- wählt, Sie bewährte sich in Heyden als eine denkende und
tischer wie in ethischer Hinsicht gleich wichtigen, tief auS dem «on der Natur mit den ansprechendsten Mitteln ausgerüstete
Leben und der Geschichte geschöpften Resultate derselben so Künstlerin. In keiner Sccne war Studium und Fleiß zu
sclbststänbig erwovbc» babc«, baß wir sie wirklich für ein langst verkennen , doch scheint es unS , als ob die leidenschaftlicher«
besessenes Eiqenthum Kalten konnten, wenn wir nicht dem» Stellen dem Ausdrucke des Auges wie der ganzen Künstler-
Rückblick auf den Punkt, von welchem zuerst ausgegangen Individualität der Darstellerin am meisten zusagten. In sol
ward , zur dankbaren Wahrnehmung gezwungen würden , daß chen Momenten ist ibr Spiel eben so vollendet »ZS ibre De
es mit den Rückblicken seine besonders eigene Bewandniß bat, und klamation; Stimme und Gebcrde sprechen den höchste» Kampf
so mag es wohl auch eines der Zeichen unserer immer und im: der Leidenschaft aus, bleiben aber doch babey in de» Gränzcn
mer nur vorwärts strebenden Zeit scyn, baß uns häufig Stel deS Wohllaut« und der Schönheit.
len aus Horns Schriften begegne» , die »on Schreibern und In der Oper sang Herr Bre i tin g au« Mannheim den
Abschreibern für die selbst zu Tage geförderte eigene Weisheit George in der „weißen Dame" und den Leon im „Maurer"
gegeben und gehalten werden. Trotz der Verschiedenheit aber, als Gast. Er besizt eine der kräftigsten Tenorstimmen, welche
welche die genannten beyden Schriftsteller in Charakter und wir noch je auf der deutschen Bühne gehört haben , und be
Mctbvdc unterscheidet, scl,cn wtr dieselben doch oft auf über sonders in de» höheren Tönen einen köstlichen Woblklang.
raschende Weise zusammentreffen , eben sowohl in der besonder« Somit ist ibm ein schönes Wiegcngcschenk für seine Kunst zn
und eigcnthümlichcn Art der Anerkennung jenes großen Dichtcr- TKeil worden , und es feM ihm nur eine reifere Ausbildung
genius, als auch in ihren Ansichten vom Umfang und der Würde dieser Fertigkeiten , um einer der ersten Tenors deutscher Zun
der Kritik. Wenn Horn dieselbe von der Idee uni der höch ge zu werden. Möge er sich daber von dem Bevfallc, der ihm
sten liebevollen Gesinnung ausgehen läßt , um sie als betrach auch hier in beyden PartKie», besonders aber in der ersten,
tende und reproduzirencc Poesie geltend zu machen (Siebe Um sehr lebkaft zu Theil ward, nicht abhalten lassen, nach guten
risse zur Geschichte und Kritik der schönen Literatur Deutsch Mustern sich zu richten, seine MetKodc zu verbessern, mehr
lands, zwentc Auflage l»2I), st jagrTie« in seinen dramatur Gefühl und vor allem mehr edle Haltung in seinen Gesang zu
gischen Blättern (Thrills. t»26). die Kritik scy , wenn sie ih bringe», und dabey auf sein Spiel, so wie auf seine Ausspra
ren Beruf erfülle, gleichfalls von schaffender, dichterischer Kraft. che bcvm Dialog zu achten , damit sie sich von einer gewissen
Eben so seben wir das Streben bcyder Erläutcrcr vorzüglich gemeineren Sphäre entfernen, bedeutender, richtiger, und
dahin gerichtet, Shakespeare, den man noch häusig genug als dadurch de» jezt so gesteigerten Anforderungen an die Kunst
ein übersprudelndes Genie u. s. w. verketzern »nd vergöttern näher gebracht werden.
möchte. In seiner höheren Besonnenheit und Mäßigung, kurz In der italienischen Oper zeichnete sich besonders eine
auch als wahrem Künstler den verdienten Rubin zn verschaffe». Darstellung des ,.Srociaro" von Mcycrbeer aus, welcher auch
Um aber auch das gleichmäßige bei) der Bcurtbcilung ein der Kronprinz von Preußen, der bier zum Besuch war, bey»
zelner Charaktere n. s. w. nicht unerwähnt zu lassen, wollen wir. wobnte. und die er mit laut ausgesprochenem Bcyfalle beehrte.
um das schlagendste Bcyspie< zu wäbleu, nur an das von Horn Das Zusammenwirken «on der Palazzcsi und Schiasctti , sowie
zuerst öffentlich zur Sprache gebrachte Verl«ltnig der Makbcth- Rubini und Zczi, verbunden mit der Frische, Jmiigkcit und
schcn Ebcgatte» erinnern (zuerst in dem Roman, Liebe und Gcdiegcnbcit dieser meisterhaften Komposition selbst, wirkt
Ehe, l»2j. gründlicher. TKeil I. des erläuterten Shakespeare, bier fast zauberhaft. - < ^
j»2Z). welches Tie« gleichfalls in der Abendzeitung (<»25), .' i'.> > Guido.
eben weil ei ja von Horn gründlich und eiulcuchtenb nachge
wiesen war, mit kurze» Worten wie eine bekannte Sache binstellt,
»in für das Spiel der darstellenden Künstler weiteres daraus B e n l a g e : Jntelligenzblatt Nr. su.
I' '..> I!. . , «"
Verlag der I. G. Colt« 'scheu Buchhandluug.
n°. 155.

M o r g e n b l a t t

f ü r

gebildete Stände.

Donnerstag, 26. Juni i 8 2 s.

E« trkibt mich rasch zum Lied? fort.


Zum Harfciiflurm hinaus;
Im Herze» lebt «in kübne« Wort,
Wo« gilt«, ich jhrech' e« au«.
Th. Kirner.

Myrologen. Strahl Gottes, d«, den diese Schauer ahnen.


Reiß mich mit dir auf deinen Flammcnwegen
Srfler Mvrolog.
Dem höchsten Aiel, dem heiligsten entgegen.
Die Stimme der Wüste.
Was macht dich. Blick, in weiter Ferne weilen. Ja, dieses Lied wird nicht vergeblich tönen.
Was pochst du Herz, was stürmst du fort, o Seele, Und überleben wird es seinen Sänger,
Auf WebmuthStönen durch die Luft getragen ? Denn nicht gemeiner Antrieb Hat'S geboren !
Was siebst du dort, mein Auge, o erzähle. Ich fühl' im Busen einen mächt'gern Dränger,
Daß du das Herz so zwingst dir nachzueilen? Der mich erregt und mir baS Haupt wird kröne»;
WaS regt im Geist dieß Sehnen, laß mich fragen, Ihm will ich folgen, brünstig wie Auroren
Dieß Hoffen und dieß Sagen? Der junge Tag. — Erkoren
Ruf' t« die Lüft' es, Stimme meiner Lieder! Hab' ich sein Zeichen und ich will's bewahren!
Kommt um mich her, ihr Völker in der Runde, Nicht schnöde Rücksicht soll mir Fesseln winden,
Ihr Alle, die vom großen Liebesbunde Unzeik'ge Demuth nicht den Arm mir binden,
Die unzertrennlich auserwählten Glieder! Frev will ich singen, wie die Lüfte fahren!
Such will ich's sagen, und wie milder Regen Scv ich geschmäht, verfolge, ein Thor geachtet.
Wird Thränenthau die Herzen euch bewegen! Was kümmert's mich? ich weiß, waö ich getrachtet.
Und du, Strahl GotteS, der mich hat berühret, Zwar langer Gräuel hat die Welt verwildert.
— Denn Gottes Strahl darf ich den Blitz ja nennen. In breiten Strömen ist das Blut geflossen.
Der mir des Sanges Drang und Kraft entzündet. Hin über Herzen hat den Lauf gewendet
Die sich von mir nur mit dem Leben trennen — Der eh'rne Wagen mit den Kriegesrossen,
Tu , der in diesen Kampf mich hat gcführet. Und nicht der Friede hat die Wuth gemildert Z
Der mir den Muth, der mich erhebt, begründet. Od auch der Waffen offner Kampf geendet,
Der mir den Sieg verkündet. Fort streitet, sinnvcrblendet.
Weil heilig ich geschworen seinen Zahnen, Der aufgeregten Leidenschaften Toben!
Die ich nicht lass, und sollt' in Schmerzcnsgluten Für lang vermodert rostzerfreßne Rechte
An hundert Wunden sich mein Herz verbluten. Sieht man aufs Neu in blutigem Gefechte
Den Arm des Zwanges freventlich erhoben; ^ man ihm vertrauen durfte, hatte der redliche Freund ihm
Die schnöde Selbstsucht wirbt er zum Gesellen, sein gesetzliches Eigenthum nicht länger vorenthalten wol
Um auf der Menschheit Nacken sich zu stellen. ' ,> len^ Aus Mißtrauen gegen sich selbst und öuö Ehrfurcht
vor den Geheimnissen des Vaters hatte der Sohn dasselbe
Und trotzig sieht, zum ÄiHerstand gerüstet. bis jezt so, ,,ie er es bekommen, aufbewahrt. Nun aber
Man rings die Völker sich entgegen stemmen. war es ihm, als solle und müsse er darin einen Faden fin
Wenn nun der Kampf der Mevnung sich erhoben. den , der ihn aus dem Labyrinthe, worein ihn Rachbe-
Wer wird die Glut, ist sie entfesselt, hemmen. gicrde , kindliche Liebe und Unbesonnenheit geleitet
Glaubt nicht, daß mich den Streit zu sclm gelüstet, hatten , wieder hinausführe. Er erbrach das Sie
Daß ich entbrannt den Aufruhr wolle loben. gel. Anfangs fand er sich nicht getäuscht; er fand darin
Bevm höchsten Gott dort oben! aufgezeichnet sowohl Havcnrcuters Beichte , als den
Ihn haßt mein Herz gleich wie der Hölle Grauen! Inhalt dcr Unterredungen, wodurch der Seelsorger den
Doch wie's die uferlose Frechheit tadelt, Misscthgter zur Crkenntnjß der. Wahrheit zu leiten ge
Liebt es die Frcyheit, die den Menschen adelt. strebt batte. Was ihn besonders ergriff und fesselte, wa
Den schönsten Engel, den die Welt kann schauen. ren die inhaltsschweren Worte, die der Vater im Vorge
Ruft ihn herab auf diese Jammercrde, fühl der Annäherung eines ungeheuren Verbrechens gleich
Daß, wenn sie frey, sie endlich friedlich werdel nach Havenreutcrs Communion aufgezeichnet hatte.
(Die Fortsetzung folgt.) Es war ihm klar, daß er, wenn er dies Tagebuch
dcm Gerichte vorlegte, die Augeu der Richter über ein
Ungeheuer offnen konnte, das sie in ihre Obhut zu neh
Das I u d a s b i l d. men geneigt schienen; allein das war ihm nicht gestattet.
Wie viel er auch sich mit sich selbst berieth, wie deutlich
Von L. Kruse.
eö ihm auch in gewissen Angenblicken einlenchtete , es sep
(Fortsetzung.) die Gerechtigkeit die einzige Rücksicht,, die ihn zu lei
Wie verwirrt ging dcr junge Maler wahrend dieser ten habe, und er verpflichtet, eines so wichtigen Doku
Zeit umher, in einen Austand versenkt, dcr das Mitleid Al ments sich zu bedienen, es war ihm dennoch nicht gestat
ler, die ihn sahen, erregte, obgleich sie schaudernd, be tet. Denn auf dem ersten Blatte des Tagebuchs hatte
dauerten, daß so viel Genialität in Träumerey zu der selige Vater folgende Worte niedergeschrieben :
Grunde gehen solle, ein Zustand, dcr »m so schrecklicher „Sollte der Herr mich einmal so schnell zu sich berufen,
war, da er in seinem Wahnsinn einen Unschuldigen in „daß mir keine Zeil übrig bliebe , dies Buch zu vernich
sein Unglück mit sich hineinzuziehen strebte. ten, das mehrere, mein heiliges Amt betreffende Ge°
Allein dcr Maler hatte einen Kampf zu bestehen, den „Heimnisse enthält, die zu keines Andern Kcnntniß
Niemand kannte oder nur ahnte. Er hatte den Beweis „gelangen sollen, so will ich, daß derjenige, in dessen
wirklich so gut wie gefunden. In einer Art von Verzweif „Hände diese Blätter fallen mögen , keinen öffentlichen
lung hatte er sich jene Frist crbctcn, denn er ahnte, daß „Gebrauch von denselben mache, und ich darf hoffen,
er in den theuern Reliquien feines Vaters einige Auskunft „daß dieser mein Wille befolgt werden wird, um der
finden könnte. Unter andern befand sich darunter das vor „Liebe willen,"
erwähnte Tagebuch des Vaters, das er aus heiliger Scheu So war feine Annge gebunden, und dcr Kampf, der
nie geöffnet hatte, denn es war ibm versiegelt zugekom in feinem Busen wogte, rührte keineswcges von der Un°
men. Er erinnerte sich des Aeußcrn des Buches recht schlüssigkeit wegen des Gebrauchs des Buches her, aber
wohl; wie oft hatte erden Vater hincinschrcibcn und nach- dcr Spruch war ihm eingefallen: dem Herrn gehört die
dcm er hiiicingeichrieben, daß Buch wieder versiegeln se Rache. War es nicht, als gäbe dcr Himmel selbst dep
hen, um es einige Abende hernach wieder zu eröffnen! aller Gerechtigkeit seiner Sache durch das ihm aufgelegte
Das Buch und dicscr Umstand warcn seinem Gedächtnisse Schweigen, durch fein völliges Verstummen diesen Aus
entfallen gewesen; allein in reifer« Jahren stellte ihm einmal spruch? und doch fühlte er in seiner menschlichen Brust
ein Freund des Vaters dasBuch als ein thcures Vermächt die Unmöglichkeit, dem Mörder seines Vaters vergeben
nis, versiegelt zu. Dieser Freund, dcr glcich bev dem Ge zu können ; jd ! in seinem fast verwirrten Sinnen nach
rücht von dem Tode des Pfarrers hinzugceilt war, und die einem Avswcg schwebte es ihm vor, wenn er es über sich
Wichtigkeit dieser Blatter, denen dicscr seine geheimsten gewinnen könne, dem Himmel allein ohne seine Mitwir
Gedanken anzuverrraucn pflegte, kannte, hatte sie zu sich kung die Rache zu überlassen, werde und müsse diese noch
gesteckt, damit kein Mißbrauch damit getrieben werden hienieden den Verbrecher treffen ; allein wie sich zurück
möchte. Als dcr Sohn zu dem Alter gclangt war, daß ziehen, ohne das menschliche Ehrgefühl zu vcrläugnen?
6/1
und hätte er am Ende etwas anders gethan, als eine hei > dem theogonischen Glauben , der jetzigen Wrltordnung
lige Pflicht gegen die Gesellschaft und die Gesetze er vorausging, so bezeichnete der Suchus, indem er Osiris
füllt? Deiinoch war es ihm immer, als forderte der er hochzeitlichem Besuch oder dem Ergüsse des Wassers über
mordete Bater diese Verzeihung, diese Selbstüberwindung die Erde vorausging , einen neuen Zeitraum des SegeuS
von ihm. und Friedens.
(Die Fortsetzung folgt.) Nur in den ferne vom Strome gelegenen Städten,
OmboS, Arsino«, Coxtvs hatte der SuchuS Tempel, denn
nur dort war seine Sendung von boher, segensreicher Be
deutung. Die Nilbewohner konnten das Steigen des
Vom Zustand der Naturgeschichte de» de» sltcn Egyp' Flusses an eigenen dazu bestimmten Vorrichtungen, den
kern, mit btsvnderer Beziehung auf das Krokodil. . McqiaS, beobachten, für die Bewohner der entlegeneren
Gegenden verlrat derLuchuS ihre Stelle; er mar ein wan
(Fortsegung.) dernder MegiaS oder Nilmesser, und überbrachte die große
Die Gefühle der Sgvpter waren gerecht und wahr, Zeitung. Kam er früher «IS gewöhnlich, brwillkommte
denn sie verabscheuten und verfolgten daö Krokodil T 'ein ihn daö Volk mit Festen , denn dieses Creigniß war ein
sah, wegen des Schadens, den es verursachte, und über sicheres Anzeichen einer stärker» Überschwemmung, damit
ließen sich einem ganz natürlichen DankbarkeitSgesübl, wenn einer reicher» Erndte ; blieb er ans oder kam er spar , so
sie des Krokodils Soul, das die Griechen auch SuchuS vcrkündetcdiest ein Hungerjahr, und vcraiü.ißte allgemeine
nennen , schonten. Trauer. Die Wanderung des aus dem Wasser ans ^>ud
Was das T 'einsah betrifft, die größte Art, welche komincnden Suchus und das Anlangen des Wassers selbst
stets mahnendes Bedürfnis, und unersättliche Freßlust zu verschmolz in der Einbildnngskrast jener einsahen Men
wilden Angriffen auf die Ruhe der Völker trieb, so lehrte schen in Ei»S ; sie stellten sich vor, er ziehe d,,S Wasser sich
die Religion, daß Tyxhon oder der böse Geist, in der nach, und dicß drückt auss Deutlichste und «che,, sie daö
Gestalt solcher Ungeheuer , beständig in der Verfolgung Emblem aus, wo vorgespannte Krokodile Barken in den
des Osiris begriffe» sev. Damit war ein Gebot zu Aus Wässerung? kanälen bugsircn.
rottung der furchtbaren Thiere erlassen, das Gesetz bot Waö in den alten Schriftstellern dunkel erzählt wurde,
damit zum allgemeinen Besten die Gesammtkraft Niler und woran die Erklärer Scharfsinn und Gelehrsamkeit ver
auf, und somit ging dem Gesetz der erhabene Charakter, geblich erschöpften, klärte sich also erst auf, als Geossroy
der dasselbe in ledem gut regierten Lande bezeichnet, durch. St. Hilatre unter den Krokodilmumicn »nd in der Natur
a»Z nicht ab, der Charakter, der passende und treue Aus mehrere Arten erkannte, damit allen Widerspruch löste,
druck der Bedürfnisse der Gesellschaft zu scvn. viele alte Tcrte erklärte , und durch ein historisches Fak
Das andere Krokodil, der Such» ö, ist eine schwache, tum die Bahn zu weiteren Forschungen eröffnete.
harmlose Art; er steigt wie alle Krokodile, von Aeit zu, Wenn min aber blos der Snchus göttlich verehrt,
Acic ans Land und gelangt vermöge seiner Kleinheit frü mir er mit Armbändern geschmückt, mit dem Fleische der
her als die andern größern Arten ins Innere dcS Landes, Opfer gcnäbrt wurde, war es auch blos er, dem man die
wenn sich bep der Ueberfchwcmmung daö Wasser dahin ver Ehre des Clnbalsamireiiö erwies? den man in heiligen
breitet. Die Sgpvter sahen in dieser Eigenheit die Ursache Grüften beysezte?
eines für sie wohlthätigcn Ereignisses, und dicß bewog sie zu Religion, Sprache, alle gesellschaftlichen Verhältnisse
einer Dankbarkeit, die sie durch öffentliche Ehrenbezeu des alten Egyptens sind für uns fo gut wie verschwunden,
gungen an den Tag legten. Das schnelle Erscheinen des aber seine Begr ä b n i ß stä tte » stehen noch, hier sind
Suchns an entlegenen Orten hieng mit dem wichtigsten wir ganz in die Vergangenheit zurückversezt, sie selbst
Ereignisse, mit dem Wunder der Befruchtung des Landes spricht zu uns in frischen Bildern , nicht bloö in Erin
zusammen ; da er beständig der jährliche» Ueberschwem- nerungen ; auS den frommen Händen , welche die Kroko
mung vorausging , schien er den aus seinen Ufern getre dile in den Grüften von Theben niedergelegt hatten, gin
tenen Nil über das erhizte, lechzende Land zu bringen, gen die heiligen Reste inGeoffrovs Hände über, diese Hey
vd.'r symbolisch, theogonisch ausgedrückt, der Suchus verkün den .Handlungen folgten unmittelbar auf einander ; nichts
dete jährlich der schmachtenden Isis das Nahen eines mit dem lag zwischen ihnen als eine drevtausendjährige Nacht.
Reiz der ewigen Jugend geschmückten Gemahls. Auf diese (Der Beschluß folgt.)
Weise spielte der Suchus eine wichtige Rolle bey diesen großen
Mysterien. Mehr brauchte es nicht um ihn zu einem Symbol
zu machen, er wurde dem Varcr Osiris geheiligt und Emblem
der xersoniftcirten Zeit. Wie der egvxtische Saturn, nach
6l2
Korrespondenz-Nachrichten. ober gutem Erfolg als Werkzeug zu benutzen , und so glau«
bc» wir wirklich, baß Polonius unter den Augen seines ersten kb«
B. im Mai. »iglichcn Herrn einen ganz guten Hofmann und nach Um
(Beschluß.) stände» brauchbaren Diplomaten in sich dargestellt habe.
(Diese unsrc Ansicht würde jedoch Horn schwerlich zugeben,
Weber aus dem deutsche» „och an« dem englischen Terte indem er dem alten Höfling kaum einen freyen Blick in daS
hat uns ferner beS Könjgö „Abel und Liebenswürdigkeit" und reine Heldenauge des verstorbenen ritterlichen Königs zutraut.)
daß Claudius „ein schöner Mann" seu, entgegen strahlen wol Eben deßwcgcn tritt aber das schwankende Verhältniß zu dem
len, und wenn der Geist ihn zwar allerdings verführerisch unwürdigen neuen Gewalthaber um so schneidender hervor,
nennt, so spricht er ausdrücklich von ..Vcrrärhcrgabcn , Zau wie die Hohlheit „dieses grauen, der Zeit dienenden Halbs
ber beö Witzes^ «. s. w. , wodurch sich der Usurpator freyli« schclms," wie Goethe den Polonius so treffend bezeichnet.
bey der Dame Gertrud mag beliebt gemacht haben. Wenn aber Seine Wohlwürde» sind, und ahnden eS znm TKeil selbst, mit
auch der Ausruf: „0 «ikeä «it ele. die Sache noch zwei ihrer früher angenehmen Spaßhaftigkeir etwas außer CourS
felhaft lassen könnte, nennt doch der Geist weiter unten den gekommen, und in Furcht, man möchte das alte Gepräge nicht
Verführer gegen sich selbst armselig an Gaben der Natur: inebr gelten lassen im neuen Handel und Wandel , sehen wir
„»Kose n»>ur«I zisi» «ere poor t« tkose os mine," so daß den alten Herrn so geschäftig und dienstbeflissen, dag er doch
das Zcugniß Hamlets von seinem Vater, wie partkehisch es wenigstens sich de» Schein seiner Wichtigkeit rette. Nur zu
sonst immer sevn möge , in dieser Beziehung doch wohl gerecht Hause mag er sich auch gelegentlich in rober UngcnirtKcit und
fertigt erscheint. Aber auch die Kunst des Rcprästntirens kön Plattheit gehen lasse», und sein Benehmen daselbst gegen Ophe
nen wir Tiecks Schübling nicht zugestehen, oder gibt nicht viel rten dient, worauf auch Horn ganz besonders aufmerksam
mehr der Mangel derselben dem norwegischen Prinzen die näch macht, vorzüglich dazu, PoloniuS Charakterbild zu vollenden,
ste Veranlassung, die von seinem Vater an Dänemark einge und ihn in seiner geringhaltige» Natur . die sich bey feierli
büßten Ländcrepen gleichsam im Umsehen wieber gewinnen zu chen Gelegenheiten nur aufspreizt. zu schildern. Wie viel Geist
wollen > wenigstens fällt dieser Gedanke dem Klaudius so und Svrachqelehrsamkeit Tieck auch axfwendet, seine Ansicht
gleich ein: „aus Minderschälzung unseres Werths." Will über OpKclien zu beweisen und durchzuführen, könne» wir
Ticck überhaupt jene Rede des Königs zweckmäßig „und sein dieselbe am allerwenigsten thcilen , ja nur bedauern, das reine
Verhandeln der Staatsgcschäfte" einsichtsvoll finden , müssen Auge des StückS, wenn auch Gottlob nur im ersten Moment
wir uns frcvlich bescheiden, können aber doch nicht unterlas des Erschreckens, getrübt gesehen zu haben. Der Charakter
sen darauf hinzudeuten, w«S Horn bcv dieser Gelegenheit über des Hamlet selbst ist i» den dramaturgischen Blättern nur ge«
die unsichre , iin falschen Schimmer prunkende und oft doch lcgcnllich , aber auf eine höchst interessante Weise bebandelk.
wieder gemeine Rhetorik äußert. Wie denn aber erscheint wie es auch unseres Wissens zum ersten Mal im Druck aus»
Claudius seinem Beschützer bcu der zwcyten Audienz , wo er gesprochen ist, baß der berühmte Monolog: „Sevn oder nicht
den wichtige» Brief zur gelegenen Zeit lesen will, und sich scyn." nicht sowohl die Absicht sich selbst zu röbten. als viel
vom PoloniuS heißen läßt , zuförderst den zurückkehrenden Ge mehr die den König zu ermorden »errathe. Nach Horn be
sandten Gehör zu geben, seinen eigenen Bericht über den schäftigen Vorsätze dieser Art den Prinzen, seit sein Verdacht
Prinzen aber als „Nachtisch" zu genießen? Ferner der meu von der Anklage des Geistes bestätiget ward, aber auch der
terische Anschlag des Laertes! Wäre es zu denk«,, heißt es Gedanke deS Selbstmordes ist ihm so zu sagen geläufig, und indem
in dieser Beziehung bey Horn . daß dieser mittelmäßige, ruhm einer wie der andere ihm nahe tritt, führt ib» seine Neigung
lose Jüngling an der Spitze eines Haufen müßigen Gesindels zu inetaphysischen Spekulationen unwillkührlich zu jene» tiefen
denselben auch nur unternehmen, und in der Art. wie wir es Betrachtungen. In wie fern sonst die beybeu Erläuterer in
geschehen sehen, ausführen könnte, wenn Claudius nur eben Beziehung auf diesen Charakter übereinstimmen möchten < lägt
die Kunst des Rcpräsentirens besäße? llnd doch sehe» wir die sich jezt »och nicht sagen , da Tieck bis jezt nur über diesen
Ausleger hier sonderbarer Weise wiederum in der Bemerkung einzigen Monolog sich ausführlich geäußert hat. In einer
zusammentreffe» , in welcher, wie Horn in seinen Erläuterun Nachschrift sagt uns dcrfclbe noch . das, mehrere seiner scharf,
gen , Tl'l. II. > jezt auch Tieck auf die Weisheit des Dichters sinnigsten Freunde jene von ihm vorgeschlagene Erklärung
aufmerksam macht, mit welcher derselbe hier andeutet, welch mit der früher angenommenen Hand in Hand geben las
leichtes Spiel Hamlet gegen diesen König haben würde, wenn sen . auch möchte manchen schlichten , einfachen Leuien dicß
er nur irgend einer Entschlossenheit fähig wäre. Diesem Em das Entsprechendste dünken. Trog dem viele» Geistvollen
pörer gegenüber gelingt es nun zwar dem Claudius allerdings, und Belehrenden . was uns der Ticcksche Aufsatz brachte , kön
eine KönigSgebärbe anzunehmen, mit Recht aber macht uns nen wir uns doch nicht mit manchen schrcycnden Parabvrcn des
Horn darauf aufmerksam, bab er mehr in Berufung auf die selben versöhnen ! ja fast möchten wir uns versucht halten, die
Würde und Heiligkeit des Köniqtlmms , von der er durch Hö Auskunft , welche Tieck in der Einleitung zum Hainlet selbst
rensagen frevlich eine historische Kunde hat, Schutz sucht, als gibt: „als habe Shakespeares unbegreiflicher Genius bieg külme
sich persönlich als König geltend macht. Zulczt endlich noch Werk mit in der Absicht gedichtet Anstoß zu errege»," hier aufih»
sein Verhältnis zum Polonius ! Zwar hat Tic« seine Zustim felbst.Anwendung finde» zu lassen. Welch verschiedene Wege jene
mung , daß dieser seinem Herrscher zur Zeit »ncntbehrlich sc», beuden verehrten Männer aber auch in ihren Erläuterungen
dadurch mit seiner Ansicht von demselben in Ucbereinstimmung wandeln und uns weise» mögen , immer gebührt ihnen uusere
gebracht, baß er in Polonius „einen wahren Staatsmann, klug, freudig dankbare Anerkennung , baß sie uns ein höheres Ver
politisch, einsichtig" u. s. w. wahrnimmt; so willig wir ständnis und eine tiefere Einsicht in Shakespeares Meisterwerke
ab« auch de» Vordersag einräumen , baß nämlich der eröffnet , und uns zu noch innigerer Liebe für ihn , den größ
alte Hofmann auch seinein früheren Monarchen wichtig ges ten aller Dichter, begeistert haben.
wesen, können wir ihm den angedeuteten Charakter doch nicht
zugestehen. Ist es doch mit eines der Kennzeichen des großen
Mannes , auch Geringes und Mittelmäßiges mit glänzendem Be plage: Kunstblatt/ Nr. öl.

Verlag der I. G. Cotta 'sehen Buchhandlung.


154.

M o r g e n b l a t t

f ü r

gebildete Stände.

F r e y t a g, 27. Juni 1 8 2 8.

Dir Htr,tnikund'gk dort . der wird un« richten.


Und laßt mich das Stl'kimniK Sur« Lüge
Forttragt«, eh« der neue Tag descheint.
H 0 U W a l d.

Das Judasbild. Maler selbst seine Anklage für ungültig erklärte, erwic-
Von L. Kruse. derte er mit Demuth, wie von dem Gefühle der Dankbar
keit ergriffen: „Ich verlange nichts «lS eine Ehrener
(Fortsetzung.) klärung."
Während dieses Kampfes war die Frist verlaufen, und Da brauste der Zorn des Malers gewaltsam auf ; er
vielleicht nicht weniger beklommen und im Innern zer stand im Begriff ihn in Worte zu ergießen, doch gelang es ihm
nichtet als der wahre Verbrecher, stellte sich Chemnitz zum seine Zunge zu bezwingen , und nach einem kurzen Still
zwevtenmale dem Gerichte, wo er kein Wort mehr als sei« schweigen sagte er ruhig, langsam und fest: «Eine Ehren
frühere räthselhafte Erklärung zum Beweis seiner Behaup erklärung? nun ja! Ihr sevd ein Mörder, und noch mehr,
tung aussprach. Doch nahm er die Anklage, daß Häven- hätte ich eS nicht gesagt, ich würde es nicht sagen, allein
reuter der Mörder sev, nicht zurück. Sine Lüge konnte ich rufe nicht zurück. Möge Gott zwischen unS ent
der Himmel nicht von ihm verlangen, ja er wiederholte scheiden!«
sogar diese Aussage mit fester Stimme. Es war ihm, als Mit diesen Worten dachte er den Gerichtssaal z» ver
müsse der Himmel selbst darein reden, seine sehnende Seele lassen, allein da erhob Havenreurer de» gekrümmten Rüs
verlangte nach einem Wunder, allein Alles um ihn blieb sen in so heftiger Bewegung, daß die Fesseln klirrte«, und
stumm, ein Seufzer entriß sich der beklommenen Brust, rief: „Da Kläger sich weigert, mir den Ehrenerfatz zu ge
und er senkte die Augen zu Boden. ben, den mir die Gesetze zuerkennen, darf ich Kraft der
Da brach der lange zurückgehaltene Unwille l«S ; es selben Geseke mit Zuversicht verlangen, daß er an meiner
wäre besser gewesen, ließ man sich verlauten, wenn erden Statt gefesselt und als ein Mann, der sich als ein Mör
Unglücklichen in den türkischen Zesseln hätte verschmachten der der Ehre ehrlicher Leute bemiesen hat, abgestraft werde !"
lassen, als ihn loszukaufen, um ihn in noch schmählichere Die Richter wurden durch dieses unerwartete Gesuch
Ketten zu schmieden ; er solle die Nichtigkeit seiner phan unangenehm ergriffen. Selbst ein Murren, von dem man
tastischen Träume erkennen und seine unerweisliche Be nicht wußte, ob man es für Bevstimmung oder Mißbilli
hauptung widerrufen. gung nehmen solle , ließ sich unter den Zuschauern verneh
Havenreurcr stand da mit der Miene der leidenden men. SS fuhr dem Maler eiskalt durch die Brust, allein
Unschuld und gewährte einen noch mitleiderreqendern An zn Aller Erstaunen sagte er ruhig, ehrerbietig gegen die
blick alS das vorige Mal , und als man ihn fragte , ob er Richter gewandt: „Entscheidet, ich bescheide mich Eures
es als hinreichenden Ersatz annehmen würde, wenn der Unheils!«
6l4
Allein die Nichter hatten noch zu große Achtung vor haben. Ein kleiner Vogel fliegt dem auf dem Smide aus-
dem gesegneten Andenken des alten Chemnitz und zu viel rul>ende« Krokodil furchtlos in den geöffneten schrecklichen
Zuneigung forden tüchtigen Künstler, den nur kindliche Liebe Nachen und säubert diesen von kleinen Thiercn, die sich
in eine« verworrenen Gemüthszustand versczt hatte, um an die Gaumenhaut ansetzen, und deren sich, daS Krokodil,
solcher Forderung zu genügen. Doch wurde Havenreuter weil seine Zunge unbeweglich ist, selbst nicht entledigen kann.
auf das feycrlichste frcygesprochen , und es fehlte nicht an Dieß erzählt Herodot den Priestern von Memphis nach
Leuten, die ihn von dem Gerichtshof unter lautem Jauch und sagt, das Krokodil thue dem Trochilus aus Dankbar
zen nach Hause begleiteten, als wäre er im Begriff gewe keit nichts zu leide, der Vogel und das Ungeheuer haben
sen , der Gegenstand eines Justizmordes zn werden , auch einen Bund unter sich geschlossen. Dieses anscheinende
nicht an solchen, die Geld zusammenschössen, um ihm das Wundermährchen hatten nun alte und neue Schriftsteller
Elend der langen Einkerkern,«, zu vergüten. nach dem Geiste ihrcS Zeitalters und dem Stand ihrer
(Der Beschluß folgt.) Kenntnisse bald geläugnet, bald erklärt; wollte man aber
die Lehre des weifen Alterthums über Kiefen naturgeschicht-
lichcn Zug mit der Naturgeschichte selbst in Einklang brin
gen, durfte man nicht griechische Schriftsteller vergleichen
Vom Zustand der Naturgeschichte bcy den alten Egyp, oder erklären , welche die Sache blos als Anekdote aufge
faßt und wiedergegeben hatten, man mußte Herodots Fuß
tem, mit besonderer Beziehung auf das Krokodil. stapfen in Egypten folgen, und dieß that Geoffrov. Seit
(Beschluß.) Herodot mit den Weisen zn Memphis verkehrt hatte,
Es finden sich in den Katakomben fünf Arten von war ja Alles in der ewig jungen Natur sich' gleich ge
Krokodilen, jezt kennt man ihrer im Nil bloS drey, und blieben, und so pflanzte sich auch jene Sage von dem
so bereichern also die Stätten des Todes das Verzeichnis; Bunde zwischen der größten Eidechse und einem kleinen
der lebenden Wesen der Erde; dieser Umstand führt uns Vogel von Geschlecht zu Geschlecht fort ; was also von je
aber vornehmlich auf die Erklärung der alten Gesetze in her gesehen worden war, mußte auch Geoffrov sehen, und
Bezug auf die Vestattnng der Leichname, denn es geht wirklich, er sah auf dem Sande Egyptens das Krokodil,
daraus hervor, daß die Egvpter nicht allein den Suchus, seine Feinde und seinen Freund; ersah, wie kleine Schna
sondern alle fünf Arten von Nilkrokodilen einbalsamirten ken die gelbe Gaumenhaut der Krokodils in eine schwarze
undbevsezten. Denkt man nun an den Abscheu des Volks Kruste verwandelt haben, und wie ein kleinerVogel, vom
vor den großen Arten, so wird man nothwcndig auf den Geschlecht der Regenpfeifer, überall nach Jnsekten^imher-
Gedanken geführt, daß die Egvpter bep dem Einbalsamiren fpähend , ihnen selbst in den Rachen des Krokodils nach
dieser Thiere sich weder von Haß noch Liebe, sondern wohl geht und dieses von seinen Quälgeistern befreyt.
von Rücksichten für das allgemeine Beste leiten ließen. In Die Alten erzählten mit naiver Zuversicht, was sie
einem Lande, wo das Erdreich jährlich überschwemmt wird, beobachtet hatten; es fand zwischen bepden Thieren gegen
in einem Klima, wo alles Thicrischc so schnell in Zäulniß seitige Dienstleistung statt, sie sahen also eine gegenseitige
übergeht, wären einfache Gräber wie die unsrigen höchst Uebereinkunft darin, und der Bepspiele, wo Thiere ganz
verschiedener Art in Gesellschaft leben und wie in dem
verderblich gewesen; also aus Rückficht für die Gesundheit
Bcwußtseyn gegenseitigen Bedürfnisses sich aneinander an
der Lebenden gab man sich so viele Mühe mit den Tobten. schließen , gibt es ja noch mehrere. Der Löwe nimmt auf
Heutzutage begräbt man die Tobten in Egypten, aber nun die Jagd bald den Wolf, bald den Caracal zu Gehülfen ;
wüthet auch die Pest, die in glücklichen Zeiten weise Vor sie jagen ihm das Wild auf und leben von dem, was er
sicht fern gehalten hatte, dort aufs Neue. Diefe Anficht nicht aufzehrt. In Afrika leben Drosseln (7uS,) , die sich
zeigt uns nun aber die Cgvpter in einem ihrerMirdigen dem Elephanten auf den Rücken fetzen und die Insekten,
Lichte; fanden wir oben, daß ihre Gefühle von Haß und welche sich in seine tiefen Hautfaiten gesezt haben, aussu
Liebe vollkommen wahr und gerecht waren, so müssen wir chen und aufpicken ; dem Elephanten, der sich derselbe»
hier als weise Vorsicht bewundern, was man sonst abge anders durchaus nicht entledigen könnte, scheint dieß sehr
schmackten Aberglauben nannte. zu behagen. Auf das Hülfgeschrev eines Schwalbenpaars,
Die naturgeschichtliche Beleuchtung eines andern in das durch Zufall sein Nest verloren hat, eilen andere
teressanten Punktes, der den Scharfsinn der Gelehrten Schwalben herbe« und helfen ihm sein Nest wieder bauen.
lang und vergeblich in Anspruch genommen hat, führt zu Aber ganz das Gegenstück z» der Geschichte vom Krokodil
einem ganz ähnlichen Schlüsse. Wir mevnen die Geschichte und dem Trochilus ist der Bund zwischen dem Havfischund
mit dem Krokodil und dem Trochilus, die wir nach dem Lootsen; so nennt man einen kleinen Schellfisch, weil
GevffrovS Erklärung bereits in Nro. 36. d. I. mitgetheilt er sein Leben damit hinbringt, den Ha» zu geleiten; er ist
der Sklave seiner frevwilliqen und darum beste fester« An, großer, seitdem entdeckten Kontinente, Amerikas und Au
Häuslichkeit, er sieht und sucht blos für seinen Herrn und straliens, bestätigt.
führt ihn geschickt seiner Benre entgegen. Solche Sitten:
zügc aus dem Leben der Thiere erzählten die Alten, wie
sie dieselben beobachtet, ohne Umschweife, und sie scheuten
sich nicht, das Bild auszumalen , ohne ihm etwas von sei Charit« und Marat.
ner Wirkung zu rauben. Aber in unfern Zeiten herrschen Der bekannte, kürzlich verstorbene Phvsiker Chan
andere Grundsäpc; sobald die Wahrheit den Stempel der les, der Erfinder der Methode, den Luftballon mit
Unwabrschcinlichkeit trägt, sucht man sie ferne zu halten ; brennbarer Luft zu füllen, der sich am Z7sten August t78Z
wir drehen und wenden an einem Faktum so lange, bis in feinem Aerostat zum ersten Mal vor dem erstaunten
wir es systematisch eines Theilö feiner Bedeutsamkeit ent Paris 7«iv> Fuß hoch in die Luft erhob, hatte als Profes
kleidet haben, lind dieß rührt daher, daß wir den Thie- sor der Phvfik ein Abe»teuer zu bestehen, wie wohl noch
ren weder Uebcrlegnng dey ihren Handlungen, noch die ge keines je einem Professor aufgestoßen ist. Diese Anekdote
ringste Sxur von sittlichem Gefühl zugestehen wollen ; eine verdient indessen blos darum Aufmerksamkeit, weil sie für
unnberstcigliche Schranke trennt die Ideen deö Menschen den Mann, der die Hauptrolle dabev fpielt, höchst charik«
von dem, waS denselben bey den Thieren ähnelt, und wir teristisch ist.
glauben diefe Scheidung durch die wesentliche Verschieden Ein Mensch, der später in seinem Vaterland? eine
heit der Fähigkeiten begründet, indem einerseits dem Men der furchtbarsten Mollen spielen sollte, Marat, gab sich
schen das Licht der Vernunft zukommt, andcrnseitS das einige Jahre vor der Revolution mit Physik ab. Cr ließ
Thier sich vom Instinkte leiten läßt; aber dieser Unter Schriften drucken, «der seine verworrenen, fast nnvcrständ»
schied, vielleicht ein bloserWortunterschied, ist geeigneter, lichen Ideen bewiesen schon damals, wie unordentlich es
den Ansprüchen der Eigenliebe zu schmeicheln, alö eine in seinem Kopfe aussah ; fo bestritt er in Newtons Wer»
Grundlage für ernste Forschungen abzugeben. Die Alten kcn über die Optik nicht etwa zweifelhafte oder unvollstän
dagegen , welche unter dem Einflüsse ganz anderer pftiloso- dig entwickelte Punkte , sondern gerade die klarsten Schluß«
xhischer und religiöser Begriffe standen, erblickten in sämmt- folgen. Auch von der Elektricität hatte er sich feine ei»
licken Werken der Natur Zeugen der Allmacht und AU- gcne, wunderliche Vorstellung gemacht, und er besuchte
Weisheit, und betrachteten alle Lebcnsiußeruuqcn bev einstmals Charles, um sich mit ihm über seine Ansichten,
den Thieren als verkörperte Offenbarungen derselben, als die er Entdeckungen nannte, zu besprechen. Der Profeh
erhabene Anstalten zur wunderbar herrlichen Weltordnuii,,. for sezte ihm mit gewohnter Klarheit die Grundfätze der
Sie überblickten die ganze Reihe der Thiere aus einem Theorie auseinander, aber Marat ließ sich durch nichls
Gesichtspunkte und glaubten, Hey allen Wesen ohne Un überzeugen und wurde immer hitziger. Plötzlich gerät»
terschied stufe sich die geistige Fähigkeit genau nach der er in heftigen Zorn, er ist feiner nicht mehr mächtig, zieht
größer» oder geringer» Vollkommenheit deö organischen den Degen , er trug gewöhnlich einen folchen , und stürzt
Baus ab. Nach dieser Lehre, auf welche nnö die Fort anfCharlcs los; Cl«rles, im kräftigsten Mannesalrer und
schritte der Physiologie vielleicht eiucS Tages wieder zu ausnehmend gewandt, erhält doppelte Kraft durch die
rückbringen werden , konnten und mußten die Alten die dringende Gefahr, packt rafch seinen Gegner, ringt mit
Handlungen der Thiere gerade so auffassen, zusammenstel ihm, wirft ikn zu Boden und zerbricht den Degen; wäb»
len und erklären, wie sie es, wie wir sehen, im Allgemei rend des heftigen Kampfs war Marat in Ohnmaedt ge
nen wirklich gethan haben. fallen , und man glaubte , es fey aus mit ihm ; Charles
Wir halten durch die obigen wenigen Beyfpielc diefe hatte ihn unter vier Augen entwaffnet, er rief daher die
Wahrheit für hinlänglich begründet, und es geht daraus Nachbarn um Hülfe,' ließ ihn nach Haufe tragen und
hervor, daß man in Egypten über Gegenstände der Na ging sogleich zum Polizeylieutenant.
turgeschichte nachdachte; die Thatfachen wurden zusam Man kann sich denken, wie deforgt Charles Freunde
mengestellt, verglichen und in ursachlichen gusammen- waren, alS wenige Jahre nachher Frankreichs Unglück
dang gebracht, und erhielten dadurch bev der Allgemein Marat in Stand fezte, statt mit der Slektrisirmaschine
heit des Grundsatzes wissenschaftlichen Charakter. Zum mit der Guillotine zu erperinientircn, und er ungcfäkr
Schluß noch ein Bcyfpicl von diefer wahren, sichern Na auf dieselbe Weise Recht sprach, wie er Physik demon-
turauffassung : Herodot läßt die Egypter ganz zuversicht strirte. Charles hatte indessen das Glück, von dem Wü
lich behaupten, das Krokodil fey das einzige dekannte therich vergessen zu werden.
Thier, dessen untere Kinnlade unbeweglich fey. Diefer
allgemeine Satz nun ist bis auf den heutigen Tag wahr
geblieben, und hat sich selbst für die Thierwelt zwever
6i6
Korrespondenz- Nachrichten. ist dazu bestimmt, der Gesellschaft die »öthigen Vorschüsse ,«
Bern, Juni. mache», um die erlittenen Verluste vollständig zu vergüten,
wenn die Versicherungsbeyträge der Gesellschaft für sich allein
Ei« seltenes Unglücks das großen Schrecken verursach» dazu nicht hinreichen mochten. Er besteht gegenwärtig au«
tc, auch der Gegenstand vielfacher Besprechungen mib Er 9Z« unterzeichneten Aktien . (die Aktie zu S«g Franken) und
örterungen blieb, ereignete sich amlZten Juni, Abends gegen bildet also für die Gesellschaft auf den Fall des Bedürfnisses
acht Uhr. in Mitte hiesiger Stadt. In der gangbarsten und eine Summe von 19U.0VU Schweizer Franken. Auf den Ifle»
vorzüglichsten von Berns Apotheken, in derjenigen des Herrn Juli diese« Jahrs , als den Anfang des dritten Versicherung«»
Pagenflccher, welcher auch ein rühmlichst bekannter Che jähr«, wird die Gesellschaft bereits eine Summe von 47161
miker tst , waren zwey Taglöhner beschäftigt , einen Vorratb Franken für die seit ihrem Entstehen (in zwcv Jahren) erlitte«
von Mincralwasserflaschen in den Keller zu tragen und sie da neu Brandschaden ihren Mitgliedern vollständig vergütet und,
selbst aufzuschichten. Durch eine unvorsichtige Bewegung eine« bezahlt haben.
dieser Arbeiter warb eine in der Nähe stehende Flasche mit
Schwefelnaphta , sieben bis acht Pfund haltend , zerbrochen. Pari«, 27. Mai.
Der eine in der Apotheke beschäftigte Kommis (der andere war
ausgegangen), hievon benachrichtigt, befahl auf der Stelle das Zwey gelehrte Gesellschaften hielten vor Kurzem ihre
bey der Arbeit gebrauchte Kerzenlicht auszulöschen ; allein noch öffentliche jährliche Sitzung , nämlich die Ackerbaugesellschaft
brannte eines im hintern Theil des Keller«. Die. wie man und das kdnigl. Institut, welche« bekanntlich die Gesammtheit
vermuthet, in der Absicht, auch dieses auszulöschen, in den der vier kbnigl. Akademien ist. Bey irsterer führte der neue
Keller , wohin unmittelbar von der Straße eine Treppe führt, Minister de« Innern den Vorsitz . und svrach sehr kluge Worte
hinabsteigenden Tagldhner erreichten dasselbe nicht mehr. Der über die Wichtigkeit einer Anstalt, welche die Beförderung de«
flüchtige, entzündbare Stoff war bereits mit der entfernte» Ackerbaue« und der zweckmäßigen Landwirtbschaft zum Zwecke
Lichtflamme zusammengetroffen ; mit unglaublicher Stärke ent hat. Man hörte bießmal keine so unvernünftige» Worte als
wickelte sich das brennbare Gas , und es erfolgte eine de,» hef diejenigen, welche vor wenigen Jabrcn in Gegenwart derstll'en
tigsten Kanonendonner ähnliche Erplosion , die weit umher ge Gesellschaft der Direktor de« Ackerbauwesens, Hr. Syriey«
hört ward. Aus der Oeffnung der Kellers schien ein Feuers de MairinKac aussprach ; dieser behauptete nämlich . der Ackcr«
ström sich zu ergießen ; der Inhalt des Kellergewdlbes und die bau bringe zu viel hervor, eine Aeußcrung , worüber sich die
zwey Tagldhner wurden bis ans zwentc und dritte Stockwerk liberale» Blätter in der Folge oft lustig gemacht haben. Was
dcö jenseits der Straße bev vierzig Schritte entfernt stehen soll man auch von einem Beamten halten, den die Regierung
den Kaufhauses geschleudert, wo beyde verbrannt, zerschmet an die Spitze des AckerbauwcscnS gestellt hat , und welcher die
tert und verstümmelt, tobt weggetragen wurden. Alle Fen wunderklugc Entdeckung macht , dag die Bauern in Frankreich
ster dieses Kaufhauses wurden zerschmettert und das Gebäude allzu arbeitsam sind und aus dem Boden allzuviel Nutzen zies
auch an andern Theilcn beschädigt. Ein nahe bcym Kellcreingang hen ? Da dieser Syrieys de Mairinhac auch die Smrercyen
stehender Mann ward gleichfalls über die Straße geschlendert unter feiner Aufsicht bat, so hat ein Journal beißend bemerkt,
und so übel zugerichtet, daß man an seinem Aufkommen zwei e? sey nicht zu verwundern, daß dieser Herr schlecht rnisonnire.
felt. Im Hause selbst war die Verwüstung gräßlich. DaS da er mit den Pferden zu raisonniren gewohnt sey. In dieser
Feuer zwar brannte nicht lange, wiewohl es. vermuthlich öffentlichen Sitzung der Ackerbaugesellschaft wurde eine Lobrede
von Außen, bis aufs Dach getrieben worden war, wo man auf cincu Mann , Namens de la Marre, gehalten , welch«
loschen mußte. Im Keller ward es erflickt durch baS Hers derselben Gesellschaft ein hübsches Vermächtnis hinterlassen,
untersinken des ganzen Erdgeschosses, sammt der Apotheke; auch die nämlich ein Gut Namens Harcourt, auf welchem der Besitzer
vor dein Hauseingang befindlichen Quadersteine der Arkade viele Versuche mit Baumpflanzungen angestellt hat. Dieses
wurden auf die Straße heraus getrieben. Kaum begreiflich ist, Gut hatte er wohlfeil angekauft, und es war auch wenig
wie der in der Apotheke beschäftigte Provisor , der in den Keller Werth , weil der Boden meist ans Haide und Moor bestand,
fiel, wieder unbeschädigt emporgetrieben ward, während Ober- worauf fast nichts anderes wuchs ; auf diesem unfruchtbaren
amtmann Effinger von Frutigen, ein bejahrter Mann, der sich Boden begann de la Mar« seine Pflanzungen ; manche miß»
gerade ein Arzneymittel in der Apotheke bereiten ließ, im Nie langen, indessen ließ er sich nicht abschrecken und' bezog baS
derstürzen beyde Unterschenkel brach. Der pekuniäre Schaden alte , zu diesem Gute gehörige Schloß , um seine Versuche selbst
in der Apotheke und den reichen WaarcnvorrätKe» wirb auf leiten und besorgen zu können. Er pflanzte endlich Fichten,
2« bi« Z0.g«<> Franken berechnet. Zu großem Glück war die und diese Baumart gedieh besser alS die bisher versuchten. Der
den Tag über flctS mit Menschen angefüllte Straße in dies Man» berechnete nun. was nach Verlauf von drcyßig- Jahren
ser Abendstunde gerade fast menschenleer. diese Pflanzungen wertk scven ober einbringen würbe», und
Die gedoppelte, von Bern aus geleitete gegenseitige schwei fand, daß der Ertrag ,ich über eine Million belaufen müsse.
zerische Versicherungsanstalt tkeils der Fcldfrüchte Diese Entdeckung entzückte ihn dergestalt, daß er eine Schrift
gegen Hagelschade», theils des MvbiliarvcrmdgenS Zes drucken ließ unter dein Titel: Millionenwerth durch
der Art gegen F e u e rs g efa h r, gewinnt fortwährend Fichtenpflanzungen hervorgebracht; und da er
die erfreulichste Ausdehnung. Die erflerc hat nach drei alt war, und besorgen mußte, nach seinem Tode möchten sein«
jährigen Erfahrungen ihre Anfangs nur provisorische Einrich Pflanzungen in die Hände sorgloser Erben oder Ankäufer des
tung revibirt und nach Beschlüssen der Eantonalverwaltun- Gute« fallen , so beschlog er es init den Hoffnungen künftigen
gen dieselbe nun endlich festgesezt; so eben sind diese, in 168 Relchthuin« der königl. Ackerbaugesellschaft zu vermachen, indem
Artikeln verfaßten „Statuten der schweizerischen Versicherungs er nicht zweifelte, baß dieselbe seine Pflanzungen bestmöglichst
gesellschaft gegen Hagelschaden" ausgegeben worden. Die Mo- pflegen und besorgen werde.
biliarbrandversicherungsgesellschaft 'ihrerseits ist bereits über , (Die Fortsetzung folgt.)
achtzehn Cantone der Schweiz ausgedehnt, und ihr versicher
te« Kapital übersteigt schon zwauzigl Millionen Schweizer Fran
ken. Ein durch Aktien gebildeter Hüls« - und SarantiefondS ? Bevlag e: Ateraturblatt Nr. s?.
Verlag der I. G. Cotta 'scheu Buchhandlung.
155.

o r g e n b l a t t

f ü r

gebildete Stände.

Sonnabend, 28. Juni 1828.

«ch . die Frcnl'tit ist auf Srten ftehlich nur tin arme« Weib.
Hak wohl kaum genug zu kleiden ihren abgezelrten Leib;
Wundenmahle , statt der Orden, halten ihre Brust bebe«,
M,ina,c„ schnöden Achtbxief haben ihr Satrapen angesteckt.
Wilhelm Müller.

M y l g Schlingt. Schätze ein, mit Orden se»d belastet.


Doch unsre Ehre laßt unangelastet! —
, (Fortsetzung.)
Und wer denn seyd ihr, xflichtvergessne Knechte, Das, was die ?eit verlangt, ich will's euch sagen :
Die ihr das Herz der Könige herhöret 7 Das frevc Worr, wic'ö Männern ziemt, bescheiden
Der Könige, die mild stetS im Gewähren, Mit eignem Mund — mir eurem nicht' — zum Throne
Nur hart, wenn sie auf euern Rath gehöret; Der hoben Hirten, die die Völker weiden,
Ihr die, wenn um die angebornen Rechte In unverfälschter Mevnnng hinzutragen ;
Die Menschheit fleht, in Aufruhr sie erklären. Daß mit der faucrn Mühen kargem Lohn«
Das Mißtraun emsig nähren. Kein feiler Knecht der Krone
Der FürstHi Liebe von den Völkern wenden! Nach Willkühr schalten mög'; ein srcv Gewissen,
Blickt um euch her! der Saame eurer Thaten Den Gott der Lieb' im Geiste anzubeten;
Ist aufgegangen, und in reichen Saaten Das gleiche Recht, vor dem Gesetz vertreten ;
Wird er des Unheils grause Ernte spenden. Den guten Namen nicht geheim zerrissen;
Blut fließt im Süden, Blut im Osten! — Saget, Und Fürsten, die, von Argwohn nickt getrieben.
Es sey der Völker Schuld, sagt's, wenn ihr's waget!- Den Menschen mehr als stumme Sklaven lieben. —

Sind jene Völker, die ihr wagt zn schänden, Und was Ihr wollt? auch das will ich euch künden:
Eiuds nicht dieselben, die für ihre Fürsten Allein stehn wollt ihr an der Fürsten Ohre,
Ccvaarweis sich drängten in den Tod der Schlachten? Mit euern Augen nur sie sehen lassen.
Wie küm' es, daß nach Jener Blut zu dürsten. Das Volk fortdrängen von dem Gnadcnthore! —
Die sie geliebt, sie nun gereizt sich fänden? Von denen mochtet ihr ein Bündniß gründen.
Es sollrcn, die den Thron so treu bewachten Die von des Staats Gewalt und Würden prassen.
Ihn"nun zu stürzen trachten? . , Drum müßt ikr jene hassen.
Die ihre Sohne freudig hingegeben. Die hohen Geist, nicht hohen Rang verehren ;
Damit daö alle Band noch fort bestehen Das Wort der Wahrheit möchtet ihr vertreiben.
Die Rei!«n später Enkel sollten sehen, Die ächten , die'S verkünden , die es schreiben ;
Sie wären es, die's nun zu trennen streben? Statt ew'gem Rechte, wollt ihr eures lehren!
6lS
Und nun die Kunst nicht um zu täuschen gnüget. Um Hülfe fleht! Sie hätten den erschlagen.
Haßt ihr die Welt, weil ihr sie nicht betrüget! Der Bundsgenosse sie der wilden Horden,
Die ungestrafct unsre Brüder morden,
So heuchelt ihr Abgitterey der Krone, Zu nennen, so wie euch, hätt' wollen wagen!
Damit das Scepter bleib' in euern Händen, Sie wären nicht im Fürstenrath gesessen.
Und lästert die, die sie wahrhaftig lieben. Und hätten, daß sie Ritter sind, vergessen! —
Die keinen Antheil wollen an den Spenden, (Die Fortsetzung folgt.)
Die sie verleiht. — Mit fast ,u dummem Hohne ,i
Von jenes Dünkels Uebermuth getrieben.
Der eurer Art verblieben. Das Judasbild.
Lacht ihr des edlen Grams der würd'gen Schmerzen, Von L. Kruse.
Die bess're Herzen als die euern fühlen. —
Umsonst saht ihr im Eingeweide wühlen (Beschluß.)
Des Brudervolks ; auf dem Altar die Kerzen Kaum war Havenrcuter auf sreyen Fuß gekommen,
Der Andacht ausgelöscht, das Kreuz zertrümmert. als er zusehens an Kraft und Heiterkeit zunahm, ja eS
Die Priester tobt — was hat es euch gekümmert? war höchst auffallend, diesen rüstigen, oft ausgelassenen
Mann unter den alten hinfälligen, niedergeschlagenen Mit
Umsonst raucht Jahre lang die FenersÄule gliedern derStiftung, in der er noch immer auf öffentliche
Der blutigen Zerstörung in die Lüfte; Kosten unterhalten wurde, sein Wesen treiben zu sehen.
Umfonst kreischt der Verzweiflung heisre Stimme, Ganz verschieden von dem seinigen war indessen Georgius
Die sich geflüchtet in der Berge Klüfte, Zustand. Seine innere Unruhe, sein Unmuth traten immer
Um Rettung auf — für euch hat's keine Eile! sichtbarer hervor. Er rieb sich zusehends auf und wurde
Ob dort, erschlagen von entmenschtem Grimme, immer einem Schatten ähnlicher. Vergebens nahm er
Der Greis im Blute schwimme, - Auflucht zu seiner Kunst ; zwang er sich auch die nöthige»
Das Schwert die blondgelockte Kindheit schlachte, Vorbereitungen zu treffen, warf er doch bald nach eini
Im zarten Nacken schwacher Weiber wüthe. gen mißlungenen Zügen den Pinsel hin, und die Farben
Ob holder Jungfrau'n kaum erschlossene Blüthe vertrockneten auf der Palette. Die Einwohner der Stadt
Im frechen Arm der heißen Nothzucht fchmachte: ließen es nicht an gehässigen Bemerkungen fehlen.
Was kümmert's euch? Empörer sind's, sie büßen. Indessen bemerkten auch die Vorsteher der Stiftung
Weil sie geduldig nicht daS Mordschwcrt küssen! bald, daß Havenrcuter dort am unrechten Platze fey, und
er selbst äußerte oft, wie es noch immer sein liebster
Ihr seht die Welt unwillig und entrüstet, Wunsch scy, das wilde Weltmeer zu durchkreuzen. Die
WaS kümmcrts euch auf euer» Lotterstühlen? Mitglieder der Stiftung flehten fogor, daß sie von die
Was ist die Welt, daß sie euch sollte mahnen sem unruhigen Hausgenossen befrcyt werden möchten, der
Durch ihren Angstschren, menschlicher zu fühlen? — nie ihre kleinen Habseligkeiten in Ruhe lasscrBkonnte nnd
Ihr, die ihr mit ererbtem Glanz euch brüstet sie auf alle erdenkliche Weife beunruhigte, einem Ta
Von tapferen und ritterlichen Ahnen, bak, dem andern Stecknadeln, dem dritten Schwefelhöl«
Wie fern von ihren Bahnen zer u. s. w., begreiflicherweise nur um sie zu necken, weg
Seyd ihr gewichen! — Könnten sie sich regen nahm. Sie waren daher herzensfroh, als sie vernahmen,
In ihren Ernsten, ja sie würden kommen daß er als Steuermann auf einem Handelsschiffe angestellt
Die Ehrenvollen, Muthigen und Frommen, worden sev. Nun mußte es sich so treffen, daß die Stiftung,
Um ihren Fluch auf euer Haupt zu legen! in die er aufgenommen war, zum Sprengel der Kirche
Im Kampf für's Kreuz erblühten ihre Thaten, der heiligen Drevfalrigkeit gehörte, woselbst die Mitglie
Sie hätten's an den Erbfeind nicht vcrrathen! — der, insofern es ihre Gebrechlichkeit gestattete, zwep Mal
des Jahrs das Abendmahl zu genießen pflegten, und oben
Sic hätten nicht es ruhig angesehen, drein mußte es sich fo fügen, daß der Tag ihrer Kommu
Wie bald vertilgt der lczte Grieche sinket; nion kurz vor Havenreuters Abreise eintraf. Er nahm
Wie der Zerstörung Pflug mit schwerem Gange auch keinen Anstand, sich mit den Uebrigen hinzubegeben,
Den Boden furcht, wo so viel Ruhm noch blinket! „denn," sagte er, „ich bin ein eben so guter Christ wie
Sie hätten nicht feiqherzig mögen stehen ihr." Voller Andacht, wie es schien, trat er in die Kir
Bep eines Christenstammes Untergange, che hinein, ließ sich die Vergebung der Sünden ertheilen
Der in des Kampfes Drange und nahte dem Altäre, um das Hvchwürdige zu empfangen.
Schon kniet er nieder, schon reicht ihm der Pfarrer fangenheit am schönsten zusagen. Ich glaube der heiligste
das geweihte Brod, da erhebt er den Blick und dieser fällt Gedanke, den eine Jungfrau nicht auszusprechen wagt, ist
auf das Altarblatt. Cr erblickt Chemnitz und— o ent der eines Kindes, ihrer Liebe zu ihm.
setzen ! er erblickt sich selbst , Aug vor Aug , so wie der Alle Jünglinge sind Blumen , aber wer mit giftige»
Spiegel vor vielen Jahren ihm daS eigene Vild gezeigt. Blumen spielt, dem wird die Hand gelähmt.
Cr erkennt in seinem Bildniß JudaSJ schar ist an Die Jungfrau ist eine Maiblume, aber der Mann
dem Abendmahltisch! sev eine August- und Decemberblume, und erblühe in je«
Das Maaß der Vermessenheit war voll, voll war das dem Jahr. Die Jugend ist eine Aurora, aber auch daS
Maoß der Langmury des Himmels. Das geweihte Pro» Alter.
wurde dem Verrither immer größer im Munde; er kaut
und kaut, »m es zu verschlingen, aber eS will nicht hin DaS Alter stärke sich an der Jugend, schwäche sich
unter. Der Angstschweiß der Hölle bricht avf seiner Stir- aber nicht daran.
ne hervor, er kann sich nicht aufrecht auf den Knieen er Die Jugend ist eigentlich der Widerschein deS fer
halten , er faßt mit der Hand nach dem Geländer vor nen Alters, der tieferen Sonne gegenüber die noch scharf
dem Altare, sinkt aber in demselben Augenblick zu Boden strahlende.
und wird ohnmächtig auS der Kirche gebracht. Freylich
«holte er sich bald insofern, daß er noch dieselbe Nacht Korrespondenz-Nachrichten.
die Wache auf dem Schiffe, wo er in Dienst getreten,
Pari s. 27. Mai.
übernehmen konnte; «IS aber der Morgen dämmerte, er,
blickte man mit Entsetzen Michael Havenreuker, eine schauer (Fortsetzung.)
liche Leiche mit verzerrten Zügen , am großen Mast han Die Aekerbaugesevschaft hat nicht ermangelt, da« schöne Ver
gen, die gebrochenen, weit offnen Augen unbeweglich den mächtnis des Herrn de la Marre in Empfang zu nehmen ; in
dessen siel,, man au« der Lobrede auf den Testator, daß sie von
nicht fernen Thurm der heiligen Dreyfaltigkeit anstarrend. dem Millionenwertbe nicht völlig überzeugt ist. Der Hr. de
So kam eS wenigstens dem Maler vor, der mit klo la Marre Iiat nämlich in seinem Anschlage die Unfälle vergessen,
pfendem Herzen sogleich hingeeilt war, sobald die Kunde die einer entstehenden Pflanzung dreien, als Hagel» Sturm
sein Ohr erreicht hatte. Als die Richter es erfuhren, winde, Insekten, Brand, Baumkrankheiten, u. s. w. Auch
scheint dcrGutSbeützcr mebr Bäume auf einen Morgen Sande«
schüttelten sie den Kopf, ohne selbst zu wissen , ob sie es gerechnet zu Kaden, al« wirklich darauf oinie gcgcnsciligc» Nach»
ans Klugheit oder aus Einfalt thaten. Allein Georgius weil wachsen können. Vielleicht fällt die geiwsste Million in
war von der Stunde an genesen. DaS Tagebuch des Va der Wirklichkeit vi« zn einem Viertel oder einem Fünftel zu
ters, in dem er bisher immer geblättert, obgleich es ihm sammen. Da« Vermächtnis, war nicht« destoweniger sehr dan
kenswert» » und daher hat die Ackerbau>>eskUsl»aft denn auch
weder Trost noch Muhe gewährt, und das er so oft durch eine schöne Lobrede auf den nicht zu iliren Mitglieder» gei'ö-
gelesen hatte, daß er es auswendig wußtc, war ihm, ans rendcn GutSbtttycr Kalten lassen. Auch auf den verstorbenen
einmal theurer als je geworden, und er ergriff nnn mir Graft» Fransvi« de Neufchateau , der ineKrmalS Präsisem der
neugeborenem Lebensmuth den Pinsel wieder, tauchte Ackerbaiiacsetischast gewesen war und einige der höchsten Wür
den im Staate bekleidet hatte, wurde dießmal eine verdient«
ihn begeistert in die Farben und flüsterte : „Nun bist du Lobrede gckalten. E< ist sonderbar. doK dieser Mann, der eine
mir doppelt lieb, denn du hast mir geHolsen den Vater so große Rolle gespielt hat. eigentlich kemen Familienname»
zu rächen I" hatte. Er hieß kurz und gut FransviS , Franz ; erst später
bin legte er dicftm kurzen Taufnaine» den Bermoiiien de Neuf
chateau zu . nicht als ob er ein Herr v. Neufchateau gewesen
wäre, sondern weil er i» der Gegend de« Städtchens Neufcha-
Auö Jean Pauls Nachlaß. tean geboren war. In den vielen vioarapkischen Wörterbü
chern, welche in der lezt'rn Zeit erschienen und, wird sein
Jede Braut ist ein Brautkleid der Mutter. Geburtsort und seine Familie unbestimmt angegeben. Nach
der Lobrede de« Sekretärs der Ackcrbaugescllswaft , Baron«
Erschafft in der Erziehung nicht bloö die Oberfläche v. Svlvcstre, war sei» Vater Schulmeister im Dorfe Saffai«;
der Sitte, unter der doch alles gährt nnd treibt, son der junge Franzoi« konnte bchnalie zu den Wunderkindern ge
dern greift den Meerbodcn an, damit er nicht mit sei rechnet werden , solche erstaunliche Fähigkeiten legte er schon
nen Erdbeben komme. Sorgt weniger für äußerliche während seiner Kindheit an den Tag. I» einem Alter von
dveyzci'n Jahren gab er eine Sammlung von Gedichten her,
Sitte als für innerliche , damit die Mädchen nicht Herr ans. und ein Jai« darauf erswic» eine noch beträchtlichere;
fcher erst erwarten, um sich selbst der Mühe zu entschla damal« gekörte der Knabe schon mehrere» geleierten Gesellschaf
gen. Laßt lieber dem äußerlichen Sturm Raum, und ten an. Veltaire. den er z» Fern«, besuchte, wollte ihn zu
nehmt ihn dem innerlichen. seinem Sekretär machen, aber er blieb seinem Beschützer, dem
Grafen d'Alsacc getreu , 4er ihn in seiner Jugend kräftig un-
Sogar Jungfrauen hören gern über Erziehung der terflüzt hatte. Der junge Franko,« gehörte nun zu de» aus
Kinder sprechen, als der Wesen, die'ihnen durch ihre Unbe gezeichnetsten Schöngeistern von Paris , und dichtete und schrieb
620
unaufhörlich , erhielt Preise Key de» Akademien in bcr Pro« sten den Vergleich aushält, was in dieser Gattung an den
vinz , laS in de» öffentlichen gelehrten Sivunge» seine Gedichte Monumenten der frühere» Jahrhunderte, .an den Domen zu
vor u. s. w. Dicß konnte iln» jedoch zu keine», höher» Ziele Strasburg. Cöln. Mailand, so sehr bewundert wird. Er,
helfen ; zum Brodstudium wählte er «lsv die Advokatur und sindung und Ausführung sind gleich trefflich , und leztere nm
ward Richter in Lothringen, Dan» wurde er als köuigl. Ans so lobenSwcrthcr , als das Material a»S einem ziemlich grobs
wald nach St. Domingo gesandt. Er litt Schiffbruch, als er körnige» Steine besteht, welcher inzwischen den Einflüssen der
dahin abfuhr, und bei) seiner Zurückkunft begegnete ikm bass Witterung gekörig zu widerstehen scheint und dadurch ersezt,
selbe Unglück. Bn, dem lezten Schiffbruch verlor er seine U«s waS ihm auf jener Seite etwa mangeln möchte. Die schlan
berseyung des Orlsvck« furios«, vicrzigtausend Verse in Mas ken Säulen . die zierlichen Kapitäler , die mannigfach durch
nufcript; diejenigen, welche selbst viel gedichtet haben, können brochenen Brüstungen, die netten Laubwerke, alles ist mit einer
denken, welch' empfindlicher Verlust so etwas für einen Dichter Vollendung ausgeführt, die sonst nur für das Resultat des
ist; bcv seiner Rückkehr bekam er andere Aemter und fulw fort einsigen Fleißes unserer Vorfahren zu gelten schien. Auf
Belletristik zu treiben. Bald darauf begann die große StaatS- ähnliche Weise werben also nunmchr zu Neinhardsbrunn. des«
Umwälzung , und nun stieg FransviS schnell empor. Einmal gleichen aus dem Kellenbcrge bev Coburg die dortigen alten
wurde er wegen eines Lustspiels, „Pamela," das er geschrieben und unregelmäßigen Gebäude zu herrlichen gothischen Schlös
hatte, und welche« auch aufgeführt wurde, verhaftet! Frans sern mngeschaffen, wovon nameiUlich das erstere, inmitten ci»
?ois dichtete im Gefängnisse so gut als zu Haust, und inachte ner wild romantischen Gegend, wo die frappantesten Schön,
unter andern die vier hübschen Verse: beitcn des Thüringer WaldcS vereinigt sind, eine eigene, za«
Li«» loin c» izuereller le» Die»x verhafte Wirkung hervorbringen, und gewiß bald ein neuer
Ze m« resizne et »ois m« t«ir«. WallfaKrtspunkt für unsere schau» und reiselustige Zeit wer,
IVI» <1ev!ss est qu'il vout bien mieui den wird.
Loustrir I» m»I <zue cle le t»ire. (Der Beschluß folgt.)
" Auch dankte er in Versen , als er wieder losgelassen wurde.
Die Republik begrüßte er ebenfalls alS Dichter , und zeigte sich
ziemlich feindselig in seinen Gedichten gegen die monarchische Auflösung bes Rä thselS in Nro. !4»:
Regierung. Es gibt sogar Verse von ihm, die einem Jakobis Obla te.
ner Ehre gemacht haben würden. Von diesen spricht natürs
lict, die Lobrede des Sekretärs d« Ackerbaugefellschaft gar nicht;
auch hat sich Fran?vis wohl gehütet, sich derselben in der Folge
zu rühmen. Da er sich als Schriftsteller , Beamter und Re R a t l? s e l.
publikaner ausgezeichnet hatte , so wurde er zum KassationS- Ach . wo ist ei» zartes Herz,
richter und bald darauf zu», Minister deS Innern ernannt. Das mein Leide» weilte?
(Der Beschluß folgt.) Grausam schneidet man mich ab.
Wo ich gerne weilte.
Coburg und Gotha, Juni.
Wirft mich öfters, berb zerklopft.
Mit Antheil haben wir vor einigen Monate» die Beiners Gar „och hin den Thieren,
kungcn eines Reisende» über das literarische und artistische Les Die mich, wie man denken kann.
den in bcr Stadt Gotha in diesen Blättern gelesen, und Schlecht genug verzieren.
wollen nicht unterlasscn solchen Rachrichten einige Folge zu ge
ben , je nachdem die Sachen hier und in bcr Schwesterresidcnz So mißhandelt gibt man mich
Coburg , welche daran mitbcrechtigt und niitbcrl'ciligt ist, seit Meiner cig'nen Mutter,
jener Zeit vorgerückt sind oder sich anders gestaltet haben. Der die Kost gar wohl behagt.
Was zuerst die von unstrm kunstsinnigen Fürsten unter Endlich noch zu», Futter.
nommenen Bauten angeht, so schreiten die Arbeiten auf dem
Lustschlosse Neinhardsbrunn rüstig vorwärts , so daß ein TKeil Ost auch müht man künstlich sich.
derselben / wie es scheint, schon diesen Sommer bewohnbar Mich recht abzumagern.
stvn und der Fürstenfamilic zum Auftnthalt für einige Wo Ach! und schneidet nun den Leib
chen dienen wird. Das früher vernachlässigt gewesene alte Mir noch auf, den Kager«;
Gebäude, ursprünglichem Mönchskloster und von nott'ischcr Reihet mich gar zierlich an.
Bauart, wird nnnmehr nach einem eben so geschmackvollen als Gibt mir viel Gestalten.
großartigen Plane ganz im Seist der damaligen Zeit herge Bald als Sonn s und Regenschirm
stellt , woben man nicht weniger die treffliche Be»liiz»ng des Siebt man mich veralten;
Vorhandenen zum beabsichtigten Zwecke , olS die Kunstfertigkeit
bewundern muß, womit sowohl die Wiederherstellungen als Bald läßt auch ein schönes Kind
auch die neuen Arbeiten ausgeführt werden. Es darf leicht be Müd' auf mir sich nieder;
hauptet werden, daß in keinem Tbeile Deutschlands geschicktere Theilt sie trotzig Körbchen airS —
Werkmeister für gvrkischc Bauwerke und Verzierungen angc- Lft sind'Z meine Glieder.
troffen werden als in der hiesigen Gegend, wo schon längst der
Geschmack de« Fürsten für diese» besonder,, Baustvl und dcssen Svrich. wer bin ich? aber nie
großartige Bauiicbc die niannigfachstc Gelegenheit zu AuSbils Winde meinem Säuger
düng dieser Kunstfertigkeit darbietet. Am Schlosse zu Coburg Mich znm Krainc, sonst, mein Freund,
bcmidct sich , um nur einer solche» Arbeit zu erwähnen . ein ^ Singt er dir nicht länger.
Söller, welcher in seinen Verzierungen dreist mit dem Schöns I. S. M.
Verlag der I. G"Cö t t a 'scheu Buchhandlung.
N°. 1S6.

M v r g e n b l a t t

für

gebildete Stände.

Montag, z«. Juni 182 8.

Und immer ging k< weiter.


Und immer ward e« breiter!
Und unser ganzc« Ziel «
Si schien ein ewig Flielm.
Goe rhe.

Dit Abenteuer Hajji Baba's. Wir alle trugen Sorge, di, Zulfs hinter unfern Ohren zu
kräuseln.
(Fortseyung von Nro. t44.) Wir stiegen mit z<> mlich bewegtem Gcmüth mit den
AIS wir am Abend unscrersteS Nachtquartier auf engli- Mirzas in die Kutsche und machten sie aufmerksam darauf,
schem Boden erreichten, ward der Gesandte von zwev Mirzas daß die Art, wie die Perser bev feverlichen Gelegenheiten
rmxfangcn, welche mit Kutschen von dem Hofe des engli sich einer Stadt nähern, von der hier gewöhnlichen ganz
schen Schach in Begleitung zweyer königlichen Chappcr verschieden zu sevn scheine. Es ist Gewohnheit bev uns,
oder Kouriere kamen, die Befehl hatten, alles Nöthtgc für versicherte» wir sie, sich sehr langsam zu bewegen; viele
ikn zu bereiten. Wir bemerkten, daß dieser erste Scdinmier Eeremonien werden gcmachs, viele Reden voll Äomplimenicn
v on Aufmerksamkeit von den, Könige des Landes dem Ge gehalten ; wir rauchen auf dem Wege, unsere Schatirs oder
sandten angenehm mar, und wir sahen im Geiste schon den Läufer gehen vor den Pferden her, und bey der Ankunft der
Jstakbal (feverlichen Empfang), den wir am nächsten Gesandten wird der Stock häusig in dem Gedränge ge
Morgen erhalten sollten, da wir, wie man uns sagte, braucht, um Bewunderung über die Wachsamkeit der Pe-
nur zehn Paralangen von der Stadt entfernt fevcn und sie lizev zu erregen und die Macht des Königs zu zeigen. Zu
gewiß erreichen würden, ehe die Muezzins zum Mit- weilen, wenn man es für nöthia hält einen besondern
taqsgcdete riefen. Dieß verfezte uns Alle in gute Laune. Schrecken einzuflößen, werden die Stadtthore mit mensch
Der Gesandte berathschlagte sich mit Seid über die Caba, lichen Körpern geschmückt und Köpfe vor dem königlichen
welche er bev dieser Gelegenheit anlegen, und was für ei Pallaste aufgeschichtet. Allein hier bemerkten wir gerade
nen Chawl er um seine Mühe winden solle, auch befahl das Gegenthcil. Die Ungläubigen, welche unsere Kutschen
er seinen Dolch mit dem diamantnen Hefte bereit zu Kal führten, jagten mit ihren Pferde», als gelte es einen An
ten. Ich hatte bev mehreren Gelegenheiten bcmetkt, daß griff der Reiterev auf den Feind, und als hätten sie nicht
unsere dunkelfarbigen Gesichter und schwarzen Augen den den Stellvertreter^ von Allahs Schatten auf Erden zu
schönen Töchtern Englands nicht mißfielen, und so zog ich führen.
bloß ein reines Hemd an, welches, wie ich ebenfalls be Man sagte nnS, wir seycn jczt nur vre» Parasan
merkte, ein wlchtiges Erfordcrniß ist, will man den Bev- gen von dem Fuße des Thrones entfernt, und in dem
sail der Engländer erhalten. Ich schnürte meinen Leib zu selben Verhältniß, wie die Entfernung sich verminderte,
sammen und gab meinen Schultern ihre völlige Breite, nahm die Bewegung auf dem Wege zu. Nach der uner
indem ich meinen Takmab mit weilen Crmeln anlegte. meßlichen Aahl von Leuten, welche in Kutschen vorüberwir
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belten, und den Fuhrwerken von aller Art zu urtheilen, Nichts war zu thun als stille zu sitzen. Die Mirzas und
schien es, als ob die Bevölkerung der Hauptstadt von un der Mehmandar sprachen angelegentlich miteinander; der
serer Ankunft benachrichtigt morden sey. Ss war jedoch Mehmandar that Alles was er konnte, um den Kummer
außerordentlich, daß Niemand sich auf die gehörige Weise des Gesandten durch seine Erklärungen zu verscheuchen ,
um uns bekümmerte, denn wenn man uns einmal von allein bald machte die neue Art von Geräusch , welche die
ungefähr gewahr wurde, fo folgte nichts darauf, als daß Kutsche beym Einfahren in das Innere der Stadt erregte,
sie mit Fingern auf uns zeigten, über uns lachten und jedem Gespräch ein Ende. Wir konnten nur im Vorüber«,
uns aushöhnten. Wir strengten unsere Augen so sehr wir wirbeln rasche Blicke auf die Straßen, Häuser, Buden
nur konnten an, bis wir durch einen dicken, gelben Nanch und alle die neuen Gegenstände werfen, die zu zahlreich
einen Gegenstand erblickten, der deutlich eine unermeßli sind um beschrieben zn werden, und zulezt hielten wir vor
che Stadt zu sepn schien, und nun begann der Gesandte einer Thüre, die sich zwischen andern Thüren gerade von
sich nach den Abgeordneten, die man ihm entgegen senden derselben Größe befand.
sollte , umzusehen. Wir gewahrten weder Truppen, noch (Die Fortsetzung folgt.)
Reuter, die mit spähenden Blicken umhcrjagten. Die zwey
brittischen Mirzas saßen unbeweglich; allein derMchman-
dar, der nach dem, was er in unserm Lande gcschn, er Zur Geschichte der Kunst Getränke abzukühlen und
riet!?, was in dem Gemüthe des Gesandten vorging, sagte, Eis zu bereiten.
er hoffe, wir werden nun bald am Ziel unserer Reise
sevn und der Gesandte möge sich dort von dem Wunsche Der Satz, der für jeden gewissenhaften Gourmand fo
des englischen Volkes, ihm seinen Aufenthalt angenehm tröstlich ist, daß die Verfeinerung der Genüsse mit den
zu machen , überzeugen. „Und ist dieß so Gewohnheit in Fortschritten der Kultur und Wissenschaft Hand in Hand
Eurem Lande," rief Mirza Firouz, „einen Gesandten in geht, wird sich auch in folgender leichten Skizze bestäti
den Sitz Surer Regierung einzuschwürzen , als ob es ein gen. Wenn der Geschichtsforscher, der Dichter, der Künst
Ballen verbotener Waare wäre?" Der erste Mirza ver ler aus dem großen Jnvcntarium des alten Roms sich
sicherte nun dem Gesandten vermittelst des Mchniandar, ein ganz ansehnliches Erbe gerettet haben , so hat dagegen
daß es in England nicht Sitte scv, Abgeordnete auf die der Sturm, der jenes Reich zertrümmerte, dem gelehrten
Straße zu senden , er könne aber versichert sevn, daß man Kochkünstler fast nichts übrig gelassen; alle die großen, fei
ihm alle seinem hohen Range gebührende Aufmerksamkeit er nen Gedanken und Methoden jener größten Feinschmecker
weisen werde, sobald er die für ihn bereitete Wohnung er der alten Welt sind für ihn so gut wie verloren; aber
reicht habe. „Wenn dieß Eure Gewohnheit ist," sagte un mehrere Umstände sind geeignet,"' seine Begriffe von der
ser Herr, „so glaubt mir, bep dem Haupte des Schach! es Kiinsr der Herrn der Welt sehr herabzustimmen, und keiner
ist eine üble Gewohnheit. Geht nach Persicn, lernt da der geringsten ist die Thatsache, daß die Römer zwar ihre
gute Sitten! Die Ceremonie des Jstakbals ist so alt Getränke zu küklen, aber kein künstliches Eis zu bereiten
als Jcmscheed. Am Ende ist doch ein Unterschied zwi verstanden; und von einem Stück Schnee, das inan in
schen dem Einzüge eines Gesandten und dem eines al den Wein wirft, bis zn einer «I»c« » I'«n«n„, oder gar
ten Weibes , obgleich ihr Bcydes gleich hoch anzuschlagen bis zu einer ßt»ce ,« s«ur, welch ein Riesenschritt!
scheint." Die beyden englischen Mirzas saßen stumm vor Das Aufbewahren des Schnees, um Getränke im
Erstaunen bcy diesem Strome von Worten, die auf ein Sommer damit abzukühlen, war schon im grauestcn Alter-
mal von des Gesandten Lippen flössen. Sie zeigte» mit thum gebräuchlich. Salomo spricht davon in seinen Schrif
sanfter Geberde auf einen wunderschönen Garten, durch ten, und in den griechischen und römischen Schriftstellern
den wir so eben fuhren, und sagten: „Dieß ist einer von wird dieser Gegenstand häufig berührt. Die Art aber,
unfern öffentlichen Spaziergängen und Bclustigungsorten." wie der Schnee bey den Alten aufbewahrt wurde, ist we
„Zieht die Fenster auf!" schrie Mirza Firouz, „Niemand niger bekannt. Verschiedenen Andeutungen zufolge, wel
soll mich so beschimpft sehen, mich, dem es anbefohlen che man bcy den Alten findet, scheint es, daß der Schnee
worden, das Antlitz des Schach in fremdem Lande weiß in besonder» Löchern aufbewahrt wurde , die man i» die
erscheinen zu lassen , mich , der ich der erste Gesandte bin, Erde grub. AIS Alcrander der Große die Stadt Petra in
den der Schach jemals hierher geschickt, und der nun mit Indien belagerte, vergaß er auch die Leckerbissen seiner
eben so wenig Ceremonie behandelt wird als eine Esels Tafel nicht und g,>b Befehl, drenßig Löcher zu graben und
ladung von alten Lumpen in Persien! Es ist ein nicht zu sie mit Schnee anzufüllen, den man mit Eichcnzwcigen
ertragender Schimpf!" Wir fuhren fort mit unbegreif bedeckte, wodurch er sich lange crbielt. Plntarch sagt, daß
licher Geschwindigkeit dahin zu rollen ; die Fenster waren man den Schnee lange aufbewabren könne, wenn man
anfgezogen und der Schweiß strömte von unserer Stirne. ihn mit Stroh und groben Stoffen umgebe ; und dieselbe
62Z
Methode ist jezt noch in Portugal gebräuchlich. Nachdem nießen, wurde indessen gegen Ende desselben Jahrhunderts,
man dort den Schnee tief vergraben hat, deckt man ihn nicht nur bey den Großen, sondern auch im Volke allgemein.
NM Stroh oder Krautern und Schafmist j«, wodurch cr Damals gab es nur wenige Personen, welche Handel mit
sich so zur erhält, daß man ihn von Lissabon auf sechszehn Eis oder Schnee trieben ; weil aber die Regierung nie
spanische Meilen in die Runde holt. In den Tagen des Geld genug auftreiben konnte um den LuruS bep Hofe
Propheten Jeremias war der Schnee vom Berge Libanon zu erschwingen , so machte sie ein Monopol daraus. Die
sehr geschäzt , und Harmer erzählt, daß ihn die Bewohner Bestände? erhöhten daher den Preis dieses Artikels nach
von Palästina jezt noch daselbst holen , um ihn mit Wein und nach, wodurch der Verbrauch desselben sich verringerte,
zu mischen. bis es am Ende nicht mehr der Mühe werrh war, einen
Od man auch das Eis ehemals zu denselben Zwecken Gegenstand der öffentlichen Einkünfte daraus zu machen,
gebrauchte, ist nicht bestimmt; noch hent zu Tage nimmt wcßbalb der Handel damit srevgegeben wurde. Später
man in Italien, Spanien und Portugal Schnee dazu, al entschieden blos die Strenge oder Milde der Jahreszeiten
lein in Persien wird Eis vorgezogen. Au JSpahan sollen, über den Preis dieses Artikels.
nachOlearius, die Einwohner häufig Sisbehältcr haben, (Der Beschluß folgt.)
worin sie festes, ziemlich dickes Eis dadurch erzeugen,
daß sie blos Nachts mehrere Mal Wasser auf den abhän
gigen, mit Sandstein oder Marmor gepflasterten Bo Wiedergeburt.
den gießen , wo es friert und in zwev oder drev Nächten Ich bin erwacht alS wie aus Träumen,
ziemlich dick wird. Auch die alten Romer hatten bekannt Mit reiner Brnst und tiefem Sinnen,
lich Eisbehälter, aber die Art ihrer Einrichtung ist un Mit einem innerlichen Keimen,
bekannt. Als sollt' ich selber neu beginne».
Der Gebrauch, das Getränke auf den Tafeln wohlha Und war doch scbon herangcblühet
bender Personen abzukühlen, scheint außer Italien und Mit meinen Airersbrüdern allen.
den benachbarten Staaten vor dem sechzehnten Jahrhun Und Hab' im Sommer schon geglühct.
Sind meine Blüthe» abgefallen?
dert nicht bekannt gewesen zu seyn. Wenigstens hatte
man vor der Mitte dieses Jahrhunderts keine Eiskeller So bab' ich wirklich ihn erlebet.
Den strengen Winter, balbvergcsscn ?
in Frankreich, und Belon beschreibt in seiner Reise nach Nur daß er mir vorbevgeschmebet.
Konstantinoxel, die er im Jahr 155Z machte, die Art und Kann ich am zweyten Lenz ermessen.
Weise, wie man dort Eis und Schnee den ganzen Som Der Himmel liebt mit alter Güte,
mer über aufbewahrt, um Äühltränke damit zu bereiten, Die Erde spendet alte Lieder,
und dicß, meynt er, könnten seine Landsleute auch thun, Fürwahr, mein Herz, d» warst schon Blüthe,
da er Eiskeller in wärmere» Ländern als Frankreich gesehen Und bist nun worden Knospe wieder.
hal>e. Uebrigens findet man das Wort Kloeiie» (Eingrübe) A. Schöll.
in den ältesten französischen Wörterbüchern und selbst in
denn von Monel nicht, das im Jahr t«Z5 gedruckt wur Korrespondenz-Nach'richten.
de. Der Arzt EKamxier, welcher Kaiser Karl v. auf sei Paris, 27. Mai.
ner' Reise nach Nizza begleitete, sagt, die Italiener und (Beschluß.)
Spanier beziehen den Schnee aus den nahe liegenden Ber Unter de» viele» Minister» , die seit breyßig Jahren i»
Frankreich die inner» Angelegcnl'eilen geleitet Katen , ist Frans
gen und werfen ihn in den Wein um ihn abzukühlen ; er svii de Neufaiarcau »„streitig einer der besten gewesen; denn
bemerkte diesen Gebrauch mit Erstaunen und glaubte, er er arbeitete fteistig , beförderte Wissenschasten, Ackerbau, Ae«
sey der Gesundheit n achtheilig; er sczt bey, man hi'.c ihn werbfleig und Handel. Manche uülzlichc Anstalten, die noch
zur damaligen Zeit am Hofe von Frankreich nicht gekannt. bestehen , rühren von ihm her , z. B. die Ackerbaugcscllschaften
in der Provinz, die Vertheilung ven Preisen an die besten
Aber gegen das Ende des sechszehnten Jahrhunderts, un LandwirlKe , die Abfassung sogenannter A„nuaircS mir stati
ter der Regierung Heinrichs m., war der Schnee am fran stischen Nachrichten in den scchS-und-achtzig Departementen,
zösischen Hofe allgemein in Gebrauch gekommen, doch be in die Frankreich eingethcilt ist n. s. w. Odsebon er inir kurze
trachtete man ihn damals noch als einen Lurusartikel und Zeit Minister war, so ist doch eine so große Menge nützli
cher Verfügungen von il»n a»S dieser Jeit vorbanden, dag
glaubte noch immer, cr seo der Gesundheit nachcheilig. man glauben sollte, er müsse wenigstens zehn oder fünfzehn
Aber auch jezt kannte man noch keine Methode den Wein Jahre Minister gewesen sehn. Hcrnaci, warb er Senator,
abzukühlen, ohne Eis unmittelbar darin zergehen zu lassen, hatte mci'rmaks Napoleon « anzureden, oder von ilnn den Ks»
und dieser Gebrauch erhielt sich bis zu Anfang deS sieb fentlichen Gelegenheiten zu sprechen , und streute den Weih
rauch des Lvdcs mit eben so vollen H.inden au« , alS er z»:
zehnten Jahrhunderts. vor die Freyi'eit besungen hatte. Von solchen Wetterfalincn.
Die Gewohnheit, mit Eis abgekühlte Getränke zu ge welche nach der Reihe die Republik , das Kaiserthum und die
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königliche Familie besungen haben, ist Frankreich »oll. Kaum Coburg und Gotha, Juni.
gibt cS aus jenen Zeiten eine» Staatsmann. , einen Dichlcr^ (Beschluß.)
der nicht republikanisch wie ein Jakobiner, und dann monar Man spricht hier in Gotha »och immer von dem Bau ei«
chisch wie ein Höfling gewesen wäre. FrcknsviS , der st> eist nes neuen Theaters , und es hat sich eine gar rege TKeilnahme
rig die «heilige Freyhcit" bcsungn, und in einem seiner Lust« für dieses Unierncl'mcn geäußert, welcher sich vielleicht nur
spiele wiber Titel und Adel geschrieben hatte. nal„» ganz des dadurch einige Schwicrigkci'cn entgegenstellen mögen, daß»
müthig den Grafen! irel und das Wappen a», daS Napoleon i»m wie cS scheint, der Zuschnitt zn groß ausfallen könnte, indem
hatte machen lassen , bestellend in einem Schwan und Kornäh« alsdan» größere Summen erfordert würden, als mit den Kraft
rcn ; da der Manu über alle Ereignisse seines Lebens Verse machte, tcn der Bewohner verträglich ist. Rathsam wäre daher , das,
so hat er auch über das Wappen. daS ihm als eine Anspielung was man kann, nicht dem, was man möchte, aufzuopfern,
auf seine Heyden Liebiingsstudicn. Dichtkunst und Ackerbau, sehr da auch Erfahrung oft genug gelehrt hat, das, zu groß ange«
schmeichelhaft schien, einige Verse gedichtet, die er mir dem legte , das Verhältnis de« Raums und der M.tlcl übersteigende
Wappen i» seine Bücher zu kleben pflegte. NcbrigcnS war er Einrichtungen der Art höchst selten einen glücklichen Erfolg
keineswegs eigennützig , und er bat die Kunst nicht «er, gewinnen. Vor Allein ist ein. nach Maßgabe 'der Bevölke«
standen . sich wie so manche andere Staatsmänner aus der Nor rung zu großes Schauspielhaus von sehr wesentlich«!! Reichs
poleonschen Zeit zu bereichern. Er hatte sein Vermögen im» theil für die ganze Anstalt, denn nur wo keiu Platz übrig
mer sehr nützlich verwendet, zum Theil auf agronomische ist , drängt jeder sich hcrbcv um einen zu haben . und die Ge
Versuche, daher ihm bcy seinein Tode nur noch ein mittelmäs- wißheit , daß cS nie daran fehlt, ist allein hinreichend, um den
siger Pachthrf übrig blieb. Unter der kbnigl. Regierung bc: Besuch zu vermindern, ja um das VorurtKeil zu erwecken,
kam er keine Anstellung mehr , mochte auch wohl keine suchen, der Kunst und Lust se» zu wenig, da des Ranines zu viel ist.
und verlebte die lezten Jahre seines Alters in einer philoso» Es wäre daher recht wüuschenswcrtb . daß bey dem Bau ei
pilischen RuKe , indem er immerfort noch schrieb und dichtete. nes Theaters in Gotha die Verhältnisse der Stadt wohl bu
Von der öffentlichen Sitzung der vier Akademien oder des kb rücksichtigt würden , um nicht in den neuerlich oft vorgekom
nigl. Institut« am L isten April läßt sich nicht viel sagen. Fou- menen Jrrthum zn verfallen, daß man nur große Häuser bauen
rier als Präsident lobie die Regierung, daß sieder Preßfre»- dürfe, um auch viele Gäste darin zu haben. Viel nöthiger
Kcit jczt ihren Gang lasse , und in der That ist die Regierung dürfte übrigens der Bau ciues Theaters in Coburg erscheinen,
jezt so vernünftig geworden daß sie Beaumarchais „Figaro^ wo das Lokal an alle» Mängeln leibet, welche einem Institut
frey aufführen läßt, mit allen fatyrifcheu Anspielungen auf der Art nur eigen scvn können , indem dasselbe ursprünglich
Censur, Ministcrängstlichkeit u. s. w. Hernach wurde der eine ganz andere Bestimmung hatte , und nur allmählich mit
Bvlneysche Preis zwischen dem deutsche» Bibliothekar Schleier- nicht unbedeutenden Kosten zu seiner gegenwärtigen eingericc,-
wacher und dem französischen Baron v. Massias getheilt, mit tet worden ist. ES wird niwt viel fehlen, so hätte man dafür
der Bemerkung , die beudcn Konkurrenten scyen auf ganz cnt- ein neues Haus bauen können. Jene erweiterte Einrichtung
gcgengcscztc Resultate in Hinsicht des EinftnsseS der Schrift des alten, früher dem Ballspiel gewidmeten Hauses fallt jedoch
auf die Sprache gekommen; da nun das Institut nicht hatte in die Zeit vor dem Renicrnnasaritritt des jetzigen Herzogs, dessen
entscheiden wollen, so hatte es für kürzer gehalten bcude zu Bauliebc und schnellem Ueverblick solche Gelegenheit zu einer
belohnen. Kürzer war dieß freylich, allein einer von de» bei,: neuen Stiftung gewiß nicht entgangen sevn würde. Als eines
den Konkurrenten muß doch Recht haben , oder haben sie et schönen Charakterzuges dieses Fürsten soll hier noch beS außer«
wa bcude Recht ? Dieß bewiese blos, daß die Frage von der Art ordentlichen AnthcilS gedacht werden , womit er überall in sei«
war, daß sie auf keine befriedigende Art gelöst werden kann. ner Umgebung die Pfianzeuwelt beachtet, pflegt und in Schutz
Der Volncusche Preis ist überhaupt sehr lästig für das Insti nimmt. Besonders zeigt er vor Bäumen eine gleichsam re
tut. Dem Willen de« Erblassers zufolge soll der Preis jähr ligiöse Verehrung, so daß, als er neulich die Grundmauern
lich demjenigen zuerkannt werden , welcher die beste» Mittel eines neuen Gebäudes in Augenschein nahm , das an einer
auffindet, um das Orientalische mit europäischen Buchstaben zu sehr besuchten, mit großen Paprcln besczten Landstraße vor
schreiben. Allein ist diese Aufgabe es Werth, Jahr aus Jahr Coburg errichtet wurde , und dabev die Bemerkung inachte,
ei» den Gelehrten aufgegeben zu werden ? Das Institut , ohne daß der Bau den Verlust eines dieser herrlichen Bäume nott»
sich genau an das Testament zu halten , hat daher auch schon wendig mache , er befahl , um den Baum zu erhalten , die
einige Aufgaben bekannt gemacht , die Volneu gewiß nicht im Grundmauern auf feine Kosten um einige Fug wegrücken zu
Sinne hatte; so will cS für das nächste Mal den Preis demje lassen , mit der Acußerung , ,.dc>ß er in vier Wochen wohl ein
nigen zuerkennen, welcher die beste Darstellung des Baskischen HauS bauen , aber keinen Baum wachsen lassen könne."
SprachshstemS liefern wird. Dieß hat eigentlich mit dem Vol, Wenn nun schließlich über unser Hosthearer als Kunst»
vepschen Testament nichts zn Nmn, allein es ist gcw ö eben so anstatt noch einige Worte gesagt werden dürfe», so mag hier»
nützlich. Das Interessanteste be« jener öffentlichen Sir>,i»g mir Vorbehalt der persönlichen Beurlheilung. blos allgemein
war eine Vorlesung des Grafen de Laborde über seine Reise angeführt werden, daß unter den sicbenzig. seit Anfang dieses
ins Morgenland; die Zeitungen haben lange Stellen über die JahrcS thcilS in Gotha, tkeils in Coburg stattgefundencn Vor«
Griechen aus dieser Vorlesung eingerückt, sie ist folglich schon flelluugen . sich zwölf Vprrn , ein Ballet und drev-nnd.brn'ßig
bekannt. UcberKaupt wird jczt für die schnelle Verbreitung öf Slückc bcfindcn. welche ganz neu oder ueu einstudirt erschie«
fentlicher Vorlesungen sehr gesorgt. Die der ausgezeichnetsten neu , woraus eine Thätieekeit ungewöhnlicher Art zu folgern
Professoren an der Pariser Universität erscheinen drc» Tage ist , welche sowohl den Mitgliedern de« Instituts, als auch der
darauf, nachdem sie von geschickten Stenographen aufgeschrieben Leitung desselben zum Verdienst gereicht. Besonders aber ist
worden. Wird dies, Verfahren je auf fremde» Universitäten ein diese Thärigkeit der Energie des Herzog« zuzuschreiben, der
geführt, so werden sie wahrscheinlich über die Hälfte ihrer keine Schwierigkeiten keunt, und durch seine huldvolle Person«
Studenten verlieren ; denn wozu ein kostspieliger u»d langer lichkcit auch andere sterö zu Beilegung derselben anzufcucru
Aufcntl'alr, wenn man den Vorlesungen ganz begunn zu Hause weiß. " X.
bevwobuen kann?
>i - ,.Dg. Bevlagen: Kunstblätter. S2. u. Monatöregister Junt.
Verlag der I. G. Cotta 'scben Buchhandlung.
M o r g e n b l a t t

gebildete Stünde.

Zwei und zwanzigster Jahrgang.

1 8 2 8.

Juli.

Wenn Geist mit Mulh ihr einet, und wenn i» euch


Deö Schweren Reiz nie schlummernde Funken nährt.
Dann werden selbst der Apollonia
Eifrigste Priester euch nicht »erkennen.
K l o p st o ck.

Stuttgart und Tübingen,


im Vorlag der I. G. Cotta'schen Buchhandlung.

18 2».
«^as „Morgenblatt für gebildete Stände" enthalt folgende Artikel:
I. Schöne Literatur. Uebersicht des Znstandes derselben in Deutschland, Frankreich, Großbritannien, «. —
Kleine Aufsätze über schöne Wissenschaften überhaupt. — Kurze bcurtl?eilende Anzeigen der neuesten belletristischen
Schriften: der Romane, Schauspiele, Almanache, Gedichte. — Gedrängte Auszüge aus seltenen interessanten Werken.
— Revision einzelner Rccensionen aus den besten kritischen Blättern. — Nachricht vom Zustande der ausländischen
chönen Literatur, besonders der Französischen, Englischen, Italienischen, Holländischen, ic. — Uebersetzungen als Proben.
II. Kunst. Kurze Abhandlungen über Gegenstände der Knnst. — Beurtheilung neuer Schriften: Malere», Bild«
hauere», Baukunst, Gartenkunst :c., Auszüge. — Kunstnachrichken: Theater. Periodische Uebersicht des Zustandes der
vorzüglichsten Schaubühnen in Deutschland, Frankreich n. s. w. Scenen aus ungedruckten Schauspielen. Musik«
Nachricht von neuen musikalischen Produkten. — Kurze Kritiken neuer Werke.
III. Beiträge zur Sitten- unb Kultur-Geschichte einzelner Städte und Völker. Geselliges
Leben; Vergnügungen; Mode; Lurus; Sittengemälde der Universitäten, Messen, Bäder, Carnevals; zuweilen intcres-
sante topographische Schilderungen.
IV. Biographische Skizzen. Einzelne Züge aus deni Leben interessanter Menschen. — Beiträge znr Bildungs«
Geschichte vorzüglicher Schriftsteller, Künstler. — Ungedruckte Briefe nach der Original-Handschrift. — Anzeigen von
den gegenwärtigen Beschäftigungen der Gelehrten, ihren Reisen ic.
v. Kleine Reisebeschreibungen. Auszüge ans interessanten größern Werken dieser Art; kleinere Original-
Aufsatze.
>'l. Gedichte. Oden, Lieder, Idyllen, kleine Balladen, Romanzen, Fabeln, Epigramme. — Proben aus gröf-
ern ausländischen und deutschen Gedichten. , > '
VII. MiSzellen. Anekdoten. Satprische Aufsätze. Kleine leichte Erzählungen in Pros« und Versen; Räthsel,
Charaden und dergleichen. ?
vill. Besondere Beilagen enthalten die Uebersicht der Literatur.
Alle Tage, mit Ausnahme des Sonntags, erscheint ein Blatt. In besonder» Intelligenz-Blättern werden gelehrte
so wie andre Anzeigen bekannt gemacht.
Jeder Monat erhält ein Titelblatt, mit allgemeiner Inhalts -Anzeige.

In wie weit obiger Plan eine Ausdehnung erhalten hat, zeigt folgende Anzeige:
Seit einer Reihe von Jahren sind im „Morgenblatt" Aufsätze und Nachrichten über Gegenstände der bildenden
Künste geliefert worden. Zur besseren Uebersicht für Kunstfreunde wurde später eine eigene Beplage unter dem Na
men des „Kunstblatts" für diesen Zweck bestimmt, die jedoch in ungleichen Fristen erschien, je nachdem Stoff
und Auswahl zu Gebote stand.
Die Liebe zur Knnst hat sich in den letzten Decennien, trotz Kriegen und politischen Umwälzungen, mehr und
mehr ausgebreitet und gesteigert; jetzt, nach eingetretenem Frieden, zeigen sich davon bedeutende Wirkungen, und las
sen den erfreulichsten Fortgang hoffen.
Daher wird eine Zeitschrift, welche Nachrichten und Beurtheilungen von allen merkwürdigen Erscheinungen im Ge
biete der bildenden Kunst gäbe, zum fühlbaren Bedürfniß, und die unterzeichnete Vcrlagshandlnug wird nufBepfall
rechnen dürfen, wenn sie unternimmt, das „Kunstblatt" in solcher Ausdehnung und Regelmäßigkeit erscheinen zu
lassen, daß es, diesem Bedürfniß entsprechend, den Lesern des „Morgend latts" eine bedeutende und interessante In«
gäbe sey , für Kunstler und Kunstfreunde aber auch abgesondert eine ftlbstständige Zeitschrift bilde.
Man wird zu dem Ende sich bestreben, zunächst in zwe», wöchentlich erscheinenden Blättern so viel möglich voll
ständige Nachrichten über das Merkwürdigste zu erthcilcn, was in Deutschland und den übrigen Ländern in allen Thci-
lcn der Kunst, in der Malere» und den ihr verwandten Zweigen, dann in der Bildnerey und Architektur sich ereignet,
Beurtheilungen von Kunstwerken nnd Abhandlungen über allgemeine Kunstgegenstäiide zu liefern, nnd Beyträge zur
Geschichte der altern nnd neuern Kunst zu sammeln. Hiermit sollen Auszüge aus altern und ncuern die Kunst betref
fenden Werken, fo wie eine Uebersicht der neuesten artistischen Literatur nnd Beurtheilungen der bedeutendsten
Schriften dieses Fachs verbunden werden. Auch wird man darauf bedacht sevn, das Blatt mit Umrissen in Kupferstich
oder Steindruck befriedigend auszustatten.
Die Redaktion hat Hr. Hr. Schorn, Verfasser der Schrift über die Studien der griechischen Künstler, übernommen.
Wir stellen nun an alle Freunde und Kenner der Kunst die Bitte, unser Unternehmen durch Bepträge an Origi
nal- Aufsätzen nnd Nachrichten kräftigst zn unterstützen. Besonders ersuchen wir auch Künstler, uns von ihren eige
nen, oder den in ihrer Nähe entstehenden Kunstwerken Notizen einzusenden, damit die Uebersicht möglichst vollständig
werde. In allen Beziehungen wird man stets den Grundsatz strenger Unparthevlichkcit befolgen, und wir glauben
dephnlb die bereits in den bedeutendsten kritischen Zeitschriften angenommene Regel, alle Beurtheilunqen mit
Namcnsunterschrift oder anerkannter Chiffre zu versehen, auch für unser Blatt feststellen
zu müssen. Dieß wird die Redaktion vor jedem Verdacht nngegründcten oder ungemessencn Lobeö oder Tadels
schützen, und dazu bentragen, unsrer Zeitschrift den edlen und anständigen Ton zn erhalten, welcher überall vor dem
Publikum, und besonders, wo von den höchsten Fähigkeiten und Gütern des menschlichen Geistes die Rede ist, beobachtet
werden sollte.
So wie nach obiger Anzeige der bisher für das „Kunst-Blatt" bestimmte Raum nicht zureicht, wenn für dieses so
interessante Fach dasjenige geleistet werden soll, was das gebildete Publikum davon erwarten kann, eben so ist eS
der Fall mit dem „Literatur-Blatt." — Der bishex ihm gewidmete Raum ist zu beengt. — Wir sehen uns daher
genithigt, auch diesem Theildcs ..Morqenblatts" eine größere Ausdehnung zu geben, um unsere Leser mit den neue
sten Erscheinungen der Literatur , die, ohne zu den strengwissenschafrlichen zu gehören, von allgemeinem Interesse sind,
bekannt machen zu können.
Diese gedoppelte 'Ausdehnung , zu der wir genithigt sind, wenn wir wirklich den für Gründung des ..Morgen-
blatts" beabsichtigten Zweck vollkommen erreiche» wollen, erheischt natürlich auch größere, dedeutende Auslagen, und
wenn wir gleich durch das Opfer, das wir bisher durch die, diesem Zweig bestimmten Verlagen brachten, hinlänglich
zeigten, daß wir z» jedem neuen möglichst bereit sind, so können wir dieses bev der Vermehrung von 4 — 5 wöchent
lichen Bevlagen damit nur beweisen, daß wir blos auf die Hälfte dessen, was wir nach dem bisherigen Preis des „Mor-
genblatts- dafür fordern könnten, Anspruch machen, und für diese Ausdehnung mit dem kleinen Aufschlag von
s fl. oder l Rrhlr. 8 Gr. für'ö Halbjahr uns begnügen.
Sollten Künstler und Kunstfreunde das.. Kunst-Platt" einzeln halten wollen, so wird diesen der halbe Jahr
gang für z fl. erlassen. Das Gleiche gilt für einzelne Bestellungen des „Liter« cur -Blatts."
Für diejenigen Liebhaber aber, welche beyde, das „Kunst:" und „Literatur. Blatt", miteinander zu haben wün
schen, koster der halbe Jahrgang nur 5 fl. ,

Der halbe Jahrgang dcS „Morgenblatts'-, mit Einschluß des „Literatur-" und ..Kunst-Blatts", würde
also kosten 1« fl.
Der halbe Jahrgang des ..Literatur- - und „Kunst-BlattS" ohne das „Morqenblatt" ... 5 fl.
Der halbe Jahrgang von jedem dieser Blätter einzeln, nämlich daS .Literatur-Blatt" 3 fl.
das „Kunst-Blatt" 3 fl.
Für diesen Preis kann, nach Uebcreinkunft mit dem Libl. Haupt-Postamt in Stuttgart, das „M orgcnb lotl"
in Würtembcrg, Bayern, Franken, am Rhein, Sachsen und in der Schweiz durch alle Postämter bezogen werden.
I. G. Cotta'sche Buchhandlung.

Inhalt.

(Die Zahl zeigt die N nmer des Blattes an.)


Gedichte. Naturwissenschaftliches.
In der FrüKe , von S. Moerike. 1 ig. Von der Eigenschaft gewisser Menschen , stch ohne Nachthcil
Frage und Antwort, von E. Moertke. 161. großer Hitze auszusetzen. 167.
Johann Brenz, von K. Grüneisen. 162. Ucber Scheidung de« Lichts von der Finsterniß, von I. W.
Lichtbrechung, von A. Schöll, 164. Pfass. 172. 173. 174.
Joscpl'inc, von E. Moerike. 165. Aufsätze gemischten Inhalts.
Der Tod Ampota Sapa's. 168. Zur Geschichte der Kunst, Getränke abzukühlen und Eis zu be
Bltschottisch, von v. Goethe. 170. reiten. 157.
Im Frühling, von S. Mocrike, l7l. Jean Paul Friedrich Richter an Smamiel. 158. 175.
Der Mensch, von G. Ziminerm.inn. 175. Kcratrv über literarisches EigcntKum. 161. 162. 163.
Der Glaube , von A. Schöll. 1 75. Kaspar Hausscr, der Naturmensch. 166.
De« Nabobö Heimkehr. 176. Wieland an Archenholz. 167.
Die Ausstcht, von A.Schöll. 177. Kann eine Romandichteri» Männer schildern, und ist ein Mann
Wanderlieder, von K. Felder. 181. zum RomanKcldcn zu brauchen? 169.
Myrvlogen, 157. 159. Francesco Sana. 179. 18«. 181. 182.
Räthsel. IUI. 167. Der Maler Choris. 18«.
Homonvmen-Spiet. 173.
Charadc. 173. Korrespondenz.
Chamber«. 157. 153. 159. - Riga. 157. 153. - Paris.
Erzählungen und Romane. 159. 16«. 169. 17«. 171. 177. 178. 18«. 181. 182.
Die Abenteuer Hajli Baba's. 157. 153. 15g. 16«. 162. 163. 183. — München. 159. - London. 16«. 161. 162. 163.
165. 165. 177. 17». 179. INN. 131. 174. 17». 182. 183. - Lausanne. 161. 162. 177. 178.
Die Rose von Jericho oder der Christabend , von I. Bamnann. «79. - Berlik 16Z. 164. 165. 17«. 171. 172. 173.
159. 160. 161. 174. 175. 176.- Genf. 161. 165. 166. 167. 168. 169.
Das Kropvydorf. 17«. 17l. 172. 173. Pctcrsbnrg. 166. 167. 168. - Leipzig. 172. 173. - Ulm.
DaS innere Gestcht, von G. Döring. 182. 133. 175. 176. - Turm 181.
Länder, und Völkerkunde.
K u n si , B l a t t.
Türken und Türkey. 168. 169. 17g. 171.^
Eine Unterhandlung mit Indianern in Südamerika. 171. 175. Nro. 53.
Gemälde des römischen Volkscharakters. 176. 177. 178. Die Statuen der «er Evangelisten in dem Tempel -Monu
Bild« au» Nordamerika. 164. 165. 166. 167. ment auf dem Rothenberge bev Stuttgart. — Münzkunde
(Beschluß.) - Paris. — Einladung zur Hamburgischen Kunsts sey, von G.S. Schulze. - Alm au ach. Almanach der Lud,
auöflclluug im Frühjahr 1829. Wig-Maximilians-Uuiversität, erster Jahrgang.
Nro. 54. Nro. 54.
Ausstellungen der Gemälde, Bildwerke »nd Zeichnungen in Literargeschichte. Die deutsche Literatur v. W. Menzel.
den Sälen der Akademie zu Mailand im Jahr 1827. 7- Nro. SS.
Die Statue» der vier Evangelisten. (Beschluß.) — Anzeige.Literarge schichte. Die deutsche Literatur v. BZ. Menzel.
Nro. SS. (Beschluß.) — Dramatische Literatur. Schauspiele
Ausstellung der Gemälde, Bildwerke undZeichnungen :c. (Forts.) vou Dvn Pedro Caldcro» de la Barca.
Bon de» symbolischen Attribute» der Evangelisten. — Oslers Nro. S«.
,ncsse und Ausstellung der Kunstakademie in Leipzig. Dramatische Dichtkunst. k«u,t, t>»ze'äie cke Lx>«tKe :
»ouville lr»clueti«a cowpiet«, «n pro«« et ea vers, p»k
Nro. SS. Lerircl. — G n 0 in i sch e Dichtkunst. Denksprüche in Rei«
Aiisstcllungldcr Gemälde, Bildwerke und Zeichnungen >c. (Forts.)
Lstcru«sse uud, Ausstellung :c. (Beschluß.) men, der rcifern Jugend zum Gebrauch, von I. Fr. v. Jakobi.
Nro. S7. Nro. S7.
Drama t i sch e Dichtkunst. ?«ust. tr»ze<1!» cks OoetKiete .
Ausstellung dcrGcmälde, Bildwerke und Zeichnungen :c. (Forts.)
(Beschluß.) — Alter thumS kundc. Ueber religiöse Bil«
Zürich im Mai 1828. dung , Mythologie uud Philosophie der Hindns , von D> I.
Nro. 53. G. Rhode. — Prälat v. Schmid zu Ulm, nach seinem Leben»
Ausstellung der Gemälde, BildwcrkeunbZeichnungen :c.(Schlug.)
Neue Kupferstiche, l^u^ ego mitt« >« «perir« vccul«» «o> Wirken und Charakter. Vom k. bayer. Rcgieruugsrathe Was
rum. — LaS Monument des Lysikrates zu Athen. genseil zu Augsburg.
Nro. 59. Nro. 53.
Aunstbandcl in Mailand 182». — Ueber das Fechmbachische LZnbers und Völkerkunde. Skandinavien und die AK
Monument in der Domkirche zu Bamberg. pen, von K. V. v. Bonstcttcn. — Kritische Literatur^
Kritische Schriften von A. W. v. Schlegel. — Moral -Li»
, Nro. 6«. teratur. Kriminalgeschichtcn , v. K. Müchler.
^lltc Denkmale in Venedig und seiner Umgegend, von W. F.
Rink. - Altdeutsche Baukunst. — An die deutschen Künstler, Nro. 59.
Geschichte. Schicksale der Jungftau Johanna von Are. —
Albrecht Dürers Stamml'uch betreffend. Jugendschriftcn. 1) Da« Täubchcn, v. Fr. A. Krün»
Nro. Sl. macher. 2) Die Hülfe in der Noth oder da« hölzerne Kreuz,
Ucbcr Malerey, ihre Bedeutung , ihren Zweck, ihre Mittel, vom Verf. der Ostercyer. Z) Der arme Heinrich oder die
von Karl Buchner. — Alte Denkmale in Venedig, v. Rink.
(Jons.) — Kunstnachrichten aus dem Badcnschen. — Pari«, Pilgerhütte am Wcißenstein.
Nro. gg.
Z0. Mal 1823. ' Geschichte. Schicksale der Jungftau Johanna von Are.
(Beschluß.) — Dichtkunst. Sammlung von Romanen und
Literatur<Blatt. Erzählungen deutscher Schriftstellerinnen. Gedichte vou Ag«
Nro. SZ. nes Franz.
Geschichte. Attila nach der Geschichte , Sage und Legende, Nro. öl.
dargestellt durch Gustav Friedrich Klemm. - B i ograPhi e.
Ueber die Entdeckung , daß Leibmv ein Katholik gewesen Humoristen. 1) Tieck. 2) Heine.

Anzeige.
F. A. S chm a l z, medicinisch7chirurgische Diagnvstikzc.
Vortheilhaftes Anerbieten. 4te fehr verm. und verb. Aufl., im Ladenxr. 8 Thlr., für
Um vielfachen Anfragen mit einem Male zu begegnen, K Thlr.
wollen wir, wegen Kürze des Zeitraums zwischen den An H. Clauren, Scherz und Ernst, 4 Sammlungen,
kündigungen und der verflossenen Lstermesse d. I., fol jede zu 10 Bänden, im Ladenpr. » iu Thlr., das Ganze
gende niedrige Preise bis mir der Michaelmesse d.J. statt 4» Thlr. , für 2» Thlr.
G. Schilling, sämmtliche Schriften in 5« Bänden,
finden lassen, bey:
H. Cotta, Anweisung zum Waldbau. 4te »erb. Aufl. Ausgabe lezter Hand, im Ladenpr. alle 5» Bde. 20 Thlr.,
im Ladenpreise 2 Thlr. 12 Gr., zu 2 Thlr. . für l 1 Thlr., oder jede Lieferung von iu Bänden für 2 Thlr.
0. S. Hahnemann, reine Arznevmittellebre, 12 Gr.
«Thcile. 2te verm. Aufl., im Ladenpreise 12 Thlr. 12 Gr., C. F. v. d. Velde, sSmmtliche Schriften in 25 Bän»
für 9.0.Thlr. den, im Ladenpr. 2» Thlr., für 21 Thlr.
S. Hahnemann, die chronischen Krankheiten, C. Weisflog, Phaittasicstücke und Historien, 10
ihre Natur und Heilung, Z THle. im Ladenpreise s Thlr., Bände, im Ladenpr. 15 Thlr. 1» Gr., für 11 Thlr, i2Gr.
Jede rechtliche Buchhandlung ist von uns in den Stand
für 4 Thlr.
I. G.Lehmann, die Lehre der Situationzeichnung ic. gesezt, diese sehr crmä,!igtcn Preise ohne irgend einen Er
mit 25 große» Planen, 4teverm. und verb. Aufl., im La satz von Porto :c. Jedermann gewähren zu können. Im
denpreise 12 Thlr. , für 9 Thlr. Falle der Verweigerung aber erbieten wir uns, gegen Baar-
F. S.Petri, Handbuch der Fremdwörter :c., 2Thle. zahlung oder gültige Anweisnna, zur portofreien Ueber-
Ste sehr verb.u.verm. Aufl. ,im Ladcnpr. 4 Thlr., für z Thlr. fendung , und es ist für den Besteller ganz gleich , die
F. Mohs, Handbuch der Mineralogie, 2 Bde., im Dresdener oder Leipziger Handlung dazu zu wählen.
Ladenpr. 9 Thlr. 4 Gr. , für 6 Thlr. Dresden und Leipzig im Jnnius i32».
1. F. M. R i ch te r , Reisen zu Wasser und zu Lande :c., Arnoldifche Buchhandlung.
8Bde., im Ladenxr. 8 Thlr. 4 Gr., für g Thlr.
N". 157.

Morgen b l a t t

für

gebildete Stände. -

Dienstag, i. Juli i 8 2 8.

VlirN durch dm Raucl,, der linni>etl?brk»d


Der Zimbcrpfann' der SchineichekN) entsteigt;
Sek>t, wie die Sklaven schlimme Blicke rauscht«.
Hirt «ter Flüche» ihre Kette» rauschen«
Moor?.

M v 0 l « Ist's um w«S Hell'ges stets, ihr dürft vertrauen;


Nicht bev Gemeinem werdet ihr sie schauen! —
(Fortsegung.)
S Fnrste», Fürst«!, Fürsten, die ich Nebe, Werm Hellas Volk, vin heißer Notb beenget.
In welche Hände habt ihr euch gegeben? Die länger nicht es Kraft bat zu ertragen.
Wollt auf der Menschheit Leichnam ihr euch stellen, Sich »nterm Fuße windend der Barbaren,
Ihr eucrn Thron auf ödem Schutt erheben ? — Die ihre Fersen ibm in s Äntliö schlagen.
Was hättet ihr, wenn euch die Äsche bliebe Sich nun erhebt und seine Fessel sprenget ;
Der schönen Erde, die in Flammenwellen, Wenn, die utt'e Kreuz seit so viel hundert Jahren
An grausen, dlutighellcn. Jedwede Schmach erfahren.
Auflodert ringS, ein weites Grab zu werben? Es zu erretten tief begeistert brennen ;
Was nüzt' es euch, selbst wenn cS euch gelänge, Wenn um den heil'gen Boden ihrer Väter
Wenn die Gewalt für jezt die Völker zwänge, Sie Kampf bestchn, wollt ihr sie drum Verröther,
S inherzugehn wie willenlose Heerde,,? — Wollt ihr Empörer die Unsel'gen nenne».
Habt ihr nicht selbst — o freut euch deß! — vor Jahren, Die selbst der Tod weit minder schreckt als Leben,
Wie schwach der Zwang, wie stark die Lieb', erfahren? Das jeder Marter schuhlos preisgegeben?

Denkt iener Zeit, der göttlich schönen denket, Was könnte» denn in diesem Kampf gewinnen
Bon der nun freylich die Verlaumdung schweiget. Die Wenigen, die ihn noch überdauern.
Wo sich für Recht, für Wahrheit, Treu' und Ehre, Daß sich an ihm so sehr ihr Herz erlabe ? —
Sin großer Sinn in edler Kraft gezeiget. Verbrannte Tempel, eingestürzte Mauern,
Der freve 'Antrieb hat das Volk aelenket In Schutt versenkt der Städte hohe ginnen.
Zu seinen Herrschern! Rings umsaust vom Speer« Das Land verödet, weggetilgt die Habe,
Zahlloser Zeindesheere, Und eingescharrt im Grabe
Wer bat den Thron, den wankenden, gehalten? Sie 'Alle, die einst Lieb' und Pflicht verbunden!
Umsonst sucht man Begriffe zu verwirren. Sind dieß die Güter, die so mächrig reizen.
Was heilig, kennt das Herz, und kann nicht irren. Daß also sollt' um sie der Grieche geizen.
Drum, seht Begeistrung irgendwo ihr walten. Nicht Tod zu achten, Martern nicht und Wunden?
02<> > .
O welche Nacht liegt denn auf eurem Blicke, anzufangen war, fo ließen wir ihn sich auf dem Sopha
Daß ihr mißkennt die großen Weltgeschicke! herumwälzen , während Seid ihm die Füße rieb und Feri-
> >> doon, der Barbier, seinen Rücken.,lind scinsLenöer, knetete,
Das ist die Nacht, die Jen' um chicb verbreiten. was ihm mehr Erleichterung zn gewähren schien, als
Die , weil er klar sie zeigt in ihr?r Schwäche, alle Reden per MirzaS oder des Mehmandars,^-
Den Tag verabscheu'«, vor dem Lichte zagen! Ich stellte in Begleitung des Mehmandar eine Unter
O daß nicht einst an Euch das Schicksal räche suchung des Hauses an, welches uns von dem englischen
Di« falschen Lehren, die vom Recht euch leiten. Schach eingeräumt worden war. Es mußte kürzlich mit
O öffnet endlich euer Ohr den Klagest ,, Gewalt irgend einem eingebornen Khan entrissen worden
Wollt ihr die Flüche tragen ^ ^' ,', ' -seyn , da wir schwerlich glauben konnten , daß irgend Je
Der armen Opfer, die Verzweiflung 'rödtet? mand gutwillig den unermeßlichen Ncichthum, der darin
Sind's Christen nicht, die euch um Hülfe flehen? enthalten war, an Fremde überlassen haben würde. Der
Wankt nicht das Kreuz? habt ihr denn nicht gesehen Pracht war kein Ende, größere Spiegel, als jemals nach
Won Strömen Blutes seinen Stamm geröthct? Persien gekommen, hingen an den Wänden, Leuchter,
Saht Priester nicht, den Schnee von achtzig Jahren gleich denen des Schachs in seinem Pallaste in Ncgaristan,
Auf ihrem Haupt, gewürgt an den Altaren? Teppiche, Sophas, Stühle, Betten, alle zur Bequemlich
(Der Beschluß folgt.) keit des Lebens bey den Franken nvthwendigen Sachen fan
den sich hier von allen möglichen Größen und Formen ;
Dinge, deren Gebrauch wir nicht ausftnden konnten, und
Die Abenteuer Hajji Baba's. Dinge, die uns, wenn man uns ihren Zweck erklärte, un
nütz erschienen. Z. V. waren da Stühle von allen Arten,
(Fortsetzung.) einige um die Beine in die Höhe zuhalten, andere um
Der Gesandte stieg in sehr übler Laune aus dem Wa sie herunterhängen zu lassen ; einige um den rechten, und
gen, ganz unbekümmert, ob die Stunde günstig oder un andere um den linken Arm zu unterstützen , noch an
günstig se». Niemand erschien, um ihm „Seyd willkom dere um den Kopf darauf zu lehnen. Dieß schien uns, die
men!" zu sagen. Niemand, um ihn mit einem Geschenke wir nur eine Art zn fitzen kennen, nämlich auf unfern
in der Hand zu begrüßen ; nicht einmal ein Granatapfel Fersen , der höchste Grad der Thorhcit. Wieder gab es
ward ihm geboten, er rannte mit schnellen Schritten die Tische um darauf zu essen, andere um darauf zu schreiben,
Treppe hinauf und warf sich in Verzweiflung auf ein So- und noch andere um sich zn waschen und den Bart zu schec-
pha. Vergebens lud man ihn zn einem prächtigen Mahle ren. Das Zimmer, worin die Bedienten sich niedergelas
von Zuckerwerk, Früchten und Gefrornem ein, welches, wie sen, war zum Speisezimmer bestimmt; an irgend einem
die englischen Mirzas und der Mehmandar ilm versicher andern Orte zu essen ist unschicklich; hierzu schlafen würde
ten, auf besonder,, Befehl der Regierung bereitet worden, ein Verbrechen seyn, ein Bad dort zn veranstalten würde
nichts vermochte ihn zu trösten ; er schwur, sein Antlitz scy einen Aufruhr erregen. Dann gab es überdieß mehrere
schwarz, und schwarz, schwur er, solle es bleiben ; der geräumige Dimmer mit Ottomannen in verschiedenen Ek-
Mehmandar brachte ihm sodann etwas Speise auf einem ken, wo wir alle sehr gemächlich hätten schlafen mögen,
Teller und fragte, ob er nicht essen wolle. „Essen!" rief der allein diese waren, wie man uns sagte, die Dewan
Gesandte, „wenn Ihr denkt, den Schimpf, der meinem Khan eh der Franken, wo die Herrn ihre Befuche an
Schach heute widerfahren, dadurch auszulöschen, daß Ihr nehmen.. Eins war ganz gewiß, sie haben keinen Ande
mir zu essen gebt, so irrt Ihr Euch sehr. Laßt Jemand re an, keine abgeänderte Wohnung für ihre W«bcr.
kommen und mich im Namen Eures Schachs willkommen Männer und Weiber leben alle zusammen, das Zimmer
heißen und dann mag ich vielleicht essen." — „Aber rech- eine? Mannes kann ganz nahe bei, dem einer Frau scvn,
netJhr denn die brittischen Mirzas für nichts?" sagte der dies? verursacht durchaus keine Schwierigkeit. Wie die Dinge
Mehmandar. „Mirzas, in der That!" rief er wüthend auf diese Weise gehen können , daß mußten wir erst noch
aus, „sandten wir einen Firmanschreiber oder Papierschnei begreifen lernen, und der Gesandte war in einiger Ver
der zu Eurem Gesandten ? Was für Reden sind dieß? legenheit, wo er mit seiner Ctrkassienn , die er in Kon-
Sczt nicht mehr die Luft mit so unnützen Worten in Be stantinevel geschenkt bekommen harte , hin solle , bis wir
wegung! Mein Antlitz ist schwarz. Euer Antlitz ist schwarz, endlich ein sehr gutes, von den übrigen abgesondertes Zim
und das Anlitz Eurer Regierung wird auch (gelobt scy mer fanden, wo sie ungesehen und odne Andere zu sehen
Gott) vor der ganzen Welt geschwärzt werden, wenn diese lcben konnte. Wir gedachten der Gemächlichkeit unserer
That ruchbar wird." öäuser in Persicn im Vergleich mit dem, welches wir
Da wir sahen , daß in dieser Laune nichts mit ihm jezt bewohnten. Dort war fast niemals eine Stufe zu stet
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gen. Alles war zu ebener Erde. Auf einer Grundfläche und DescarteS haben Versuche darüber angestellt, und seit
befand sich der Harem mit seinen fünfzig Zimmern, sei- diefer Zeit haben alle Physiker, welche über Hitze und
ncn verschlungenen gärigen, dem geräumigen Den? an Kälte schrieben, von der Art gesprochen, wie man künstlich
Khaneh nut der offenen Vorderseite, bereit das leiseste Eis erholen kan«.
Lüstchen einzulassen , der weite, mir Bäumen umpflanzte, Zu Anfang des siebzehnten Jahrhunderts machte man
mit Blumen geschmückte und durch plätschernde Springbrun: schon ziemlich häusig Gefrorenes , allein blos aus «llerle,
nen gekühlte Hof. Hier war im Gegentheil allenthalben Obst , bas man mit Eis überzog, erst gegen das Ende des
das Unterste zu oberst gekehrt. Bedurften wir eines Ko selben Jahrhunderts scheinen die Franzosen angefangen zu
ches, um unsere Speisen zu bereiten, so stiegen wir in haben. Gefrorenes aus allcrlev schmackhaften Flüssigkeiten
die Eingeweide der Erde hinab ; wollten wir sie essen, fo zu machen , und dieß war eine höchst wichtige Entdeckung
blieben wir zu ebener Erde; zum Sitzen und Ausruhen für die Kochkunst. In Deutschland verbreitete sie sich erst
weilte» wir in der Mitte, und zum Schlafen kletterten gegen die Mitte des achtzehnten Jahrhunderts allgemein,
wir in die Krftigen Räume hinauf. Mahomed Beg, der und seit dieser Zeit wird die gebildete Welt auf Bällen
beständig damit beschäftigt war, gute Gründe für Alles, was und in Theatern mit Eis versorgt.
wir s,,hen , auszuforschen , war der Mepnung, da England Die Heirath Heinrichs des Zwesten , damaligen Her
eine Insel fev, habe man es für nötkig gehalten, so viel zogs von Orleans, mit Eatharina von Mcdicis, im Jahr
Grund als möglich zu sparen, denn wenn alle Häuser, wie hatte viele geschickte Italiener nach Frankreich ge
in Persien, über die Oberfläche der Erde ausgebreitet wa zogen , welche die köstlichen Gerichte daselbst einfübrtcn,
ren, fo würde daS Ganze nur eine einzige Stadt bilden die man in ihrem Vatcrlande genoß , besonders aber feine
und kein Boden zum Ackerbau übrig bleiben. Ligueure fabrizirten und verkauften. Am meisten Ruhm
(Die Fortsetzung folgt.) und Geld erwarben sich aber diejenigen, welche im Jahre
tgz« oder i'iZZ die Limonade erfanden. Dieses Ge«
Jur Geschichte der Kunst Getränke abzukühlen und tränk warum so beliebter, da eö bcp großer Hitze sehr er
Eis zu bereit,,,,. frischend war, und von den Acrztcn gegen fauligte Krank-
(Beschluß.) Heiken enw'lchlen wurde. Da diese Eigenschaft den Ge
Da die Alten unfern Salpeter nicht kannten, fo hat branch desselben bald allgemein machte , fo suchten die Li-
ten sie auch keinen Begriff von dem Verfahren, Getränke monadcschcnken ihren Gewinn dadurch noch zu vermehren,
dadurch abzukühlen , daß man das Gefäß, worin sie ent daß sie auch Gefrornes daraus machten. Ein Florentiner,
halten sind, in eine Auflösung von Salpeter und Wasser NamenS Pro cope Couteaur, erreichte im Jahr l««u
stellt, Zwar hätten sie dieselbe Wirkung mit andern Sal einen hohen Grad von Vollkommenheit darin, und machte
zen l>ervorbringen können, die ihnen bekannt waren; ak- ganz festes Eis aus Limonade. Diese Erfindung ahmten Le-
lein sie scheinen nie auf den Gedanken gcrathen zu sevn. f«vre und Fov »ach, und diese drcv waren lange im ausschließ
Diese Eigenschaft des Salpeters wurde erst zu Anfang des lichen Besitze dieser Kunst. Allein schon im Jahr t«76
secbszchnken Jahrhunderts bekannt, vnd lange Zeit dar machte der Verkauf von Gefrornem den hauptsächlichsten
auf entdeckte man erst, daß sie auch andern Salzen ge Artikel der Limonadiers zu Paris auS, welche dcßkalb,
mein se». 2Z'> an der Zahl, zu einer eigenen Zunft erhoben wurden.
Die Italiener, in diesem Punkt würdige Enkel ihrer Dennoch blieb man noch lange auf dem Glauben, man
großen Ahnen, machten zuerst Gebrauch davon, und um dürfe diese Getränke blos in der heißen Jahreszeit gemes
daS Jahr liZU, also zu einer Zeit, wo daS übrige lururiöse sen, und erst im Jahr 175« machte Dubuisson, Nachfolger
Europa noch lange Schnee in feinen Wein warf, war aller des berühmten Prvcvpe im Kaffeehaus in der Straße <!e»
Wein, welchen man auf den Tafeln der Reichen iu Rom r«,»«'» 5. Kerm,i».cke, . Gefrornes das ganze Jahr
sah , auf diele Weise abgckühlr. hindurch , die Acrzte empfahlen es in verschiedenen Krank
CS ist nicht bekannt, wer zuerst auf den Gedanken kam, heiten , nnd jezr wird diese erkünstelte Leckere? überall das
Schnee oder Eis mit Salpeter oder andern Salzen zn ganze Jahr hindurch genossen.
mischen, um einen höhcrn Kältegrad zu erzeugen, und Unter den neuern Methoden, Eis durch Verdunstung
Wasser in Eis zu verwandeln. Zu den ältesten Schrift zu erzeugen , verdient keine so viel Aufmerksamkeit, als
stellern indessen, welche davon sprechen, gehört katins Tan- jene des Professors Lesliemit geröstetem Hafermehl.
«rebus, Arzt und Professor zu Neapel, der in sciuer Ab Mit einer Lage dieses MeKls, welches etwas mehr als einen
handlung 6» r»me e, 5i,i, die er im Jahr !6t>7 heraus Zoll dick war, und einen Fuß im Durchmesser hatte, fror er «:
gab, versicherte, man könne Wasser in Eis verwandeln, Psund Wasser, das in einer porösen, hemispkarisci>en
wen» man es in einem Glase schnell umrühre und es in Schaale enthalten war, und vermittelst dieser einfachen Me
eine Mischung von Eis und Salpeter stelle. Auch Vacon thode kann man Eis in allen Älimaten machen.
62«
Korrespondenz- Nochrichten. nach Carl Dupin'schen Ansichten untersuchen und behandeln
wollte, der würde schlecht fahren.
Chamber?, im Juni. (Die Fortsetzung folgt.)
Wer im Winter zu uns kommt und sonst kein Kopfhänger Riga, Juni.
ist. dem können wir schon mit manmcm Angenehmen aufwar- In unser» Heyden Ostsceprovinzen , Lief- und Ehstland
tcn . al« da find Äffen und Trinken, Schmaus, und Braus, werde» die Klagen immer lauter und heftiger , daß k,e nieder»
Tau; und Saitcufpiel, Freude und Lust überall, so schlecht es Stände durch ein blindes Nacheifern der Hökern Vtände iu
auch im Grunde um uns steht, wenn mau sich nach andern Sitten , Kleidung und Sprache moralisch fich immer mehr cnts
Ländern umschaut , wo die Leute mehr lesen, denken und reden würdigen, und dadurch ihrer ursprünglichen Bestimmung,
als essen , was doch immer die Hauptsache ist. Wollen Sie es dem Lanbbau, fich ganz entfremden. Der Bürger schämt fich
ober im Sommer bey n»S »ersuchen, so kann ich Ihnen ver seinen Sokn ein Handwerk lernen zu lassen, er soll durchs
sprechen , dag Sic gern hier und in der Umgegend verweile» a„S Gelehrter, Kaufmann oder Militär werden. Die Töch«
solle» , wo Key Reichen und Bemittelten viele Gastfreiheit zu ter solcher Leute werden für ihren Stand auf das Verderb
finde» ist. lichste verbildet, und durch eine eben so lächerliche alS schädli,
Zu den angenehmste» Ausflügen gehört Air. Dort ist jezt che Verfeinerung , welche dennoch der wahrhaften Mcnschcn-
schon alles voll von Badegästen, die an dem reizenden Orr bildung ermangelt, für den Stand, in welchem fie geboren
Heilung oder Ergdtzlichkcit suche». Sonntags ist halb Cham wurden, verdorben. Die Bürgerstochter, für eine engbe»
ber« da, und auf der staubigen Landstraße folgt ein Wagen mit gränztc Sphäre stiller und thätigcr Häuslichkeit bestimmt,
schönen Franen dem andern. Am häufigsten sind die vielen savopi- muß Universalgeschichte, Aesthetik, so viele« andere für fie
scheu Landfväulein , die mit wenig Vermögen, aber tau unbrauchbare lernen, wird im Deklamiren geübt, wird zum
send bestechenden Eigenschaften hier gar «»muthig auf- und Franzdfischspvcchen angehalten . aber nicht im niittdeste» über
abziehen. ihre» künftige» Beruf und dessen Pflichten untervichtct. So
Air bat auch binfichtlich seiner Badeanstalten bebeutend ge lange nun das Uebcl der Ueberbildung undVcrbilbung fich nur
wannen, und die verschiedenen Mineralgewässer gelangen jezt durch auf einen grdßtentbcilS konsumirenden Stand beschränkt, dürften
^»le Leitungen m die Häuser. Die kleine Stadt und ihre Um die nachlheiligen Folgen für den Staat geringer sevn. als fie eS
gebungen verschönern sich, neue Spaziergänge find angelegt dann find und seyn müsse», wenn der Landmann als Bauer und
worden. Wenu auch Kier nicht an die geistige Erregung wie Produzent von einer ähnliche« Manie ergriffen wirb; daß aber
in andern Bädern zu denken ist, so besteht doch ein Ableger bereits eine so verderbliche Influenza unter unserm Landvolke
von Bibliothek und Lesekabinet. Besser steht es mit dnnVaur- fich eingeschlichen hat und fast täglich fich weiter verbreitet, ist
Kall aus. wo fich die Fremde» vereinigen. Große Gärten, überall wahrzunehmen. Diese Erschcinnng ist aber so wichs
Säle für Schauspiel. Billard, Kommcrzspiele , den» Hazard- tig, daß fie die ernsteste Erwägung verdient. Hunderte von
spiele fiud ganz »utcrsagt, Tanz und Musik wechseln mit Bauernkindern bcuder Geschlechter befinden fich jezt iu deutsche»
einander. Voriges Jahr warn, über zweitausend Badegäste Händen, um ihrem Staude abwendig gemacht zu werde». In
in 'Z'ir; wenn es so fortgeht wie seit der Mitte Maus, so der Folgezeit muß diese Kaste, die man Kicr den halb beut«
kommen dieß Jahr noch mehr. In der Nähe liegt die schöne Abs schcn Plunder zu »ennen pflegt, zur Last des Landes bis
tw Hantccrmbe, das St. Denis der alten savovischcn Fürsten, zur Unverhältnißmäßigkcit anwachsen. Hat ein Bauer fich i»
von der ich Jlmen neulich schrieb. Nach diesen alten Gräbern seiner Landwirthschast einige Kundert oder einige tausend Rus
i» reizender Gegend wird häufig gelustwandclt, und über bel erworben, so kennt er jezt keinen heißer» Wunsch, hat
den Grüften bewegt fich dann frohe«, buntes, lachendes Leben. keine wichtigere Angelegenheit auf dem Herzen , als sein lieb
Die königliche akademische Gesellschaft in Savoye» beschränkt ste« Kind deutsch kleiden . deutsch unterrichten, und zum Deut
fich auf da« positive, sogenannte nützliche, ich möchte sage» schen ummvbcln zu lassen. Sr bringt dasselbe unter, wie und
handgreifliche Wisse», und hält fich fern von aller Spekulation. wo ikn unwissende oder unredliche Rathgebcr Kinwciscn, und
Judess.ii ist ihre neueste Prcisaufgabe doch sehr verdienstlich, erschöpft, wie Bcuspicle lehren, gar oft sein so schwer crworbc:
denn es handelt fich dabcy um genaue statistische und agrono nes und ersparte« Kapital , um sei» Kind nicht nur für fich
mische Darstellung der einzelnen Provinzen Savopeus, »ach ih selbst und die Welt unbrauchbar zu machen , sonder» eben so
rer topographischen Lage . »ach Gletschern, Bergen, Felsen, oft moralisch zu verberben. Unnütze, faulleuzcude Küster und
Höhen und TKälern , nach ihrem Anbau und der Verwendung Winkclschulmcistcr auf dem Lande, ungeschickte Handwerker,'
ihrer Ackergründe im Allgemeine» und Besonder», Holzkultur alternde Jungfern und Wirtwen in Städte», halte» je^t Pen
und Anbau des LcinS. Hanfs, Hopfens, der Obstbäume, Ge sionen für Baucrnkilidcr, um von den rcicklich bedungenen Vie>
müse . Baumschulen u. s. w. , die möglichen Verbesserungen tualic» und dem zu zahlenden Jahrgclde mit Gemächlichkeit leben
deS Ackerbaus, die Auslrocknunqen , Bewässerungen u. s. w., zu können. Der Bauer erschwingt diese Ovfcr gerne , in der
ferner die Lokalbauten, die Alpe». Alpen - und Sennhütten, Hoffnung, daß eS seine Kinder weit bringen werde. Lcztcre aber
der Ursprung und die Rase» des Viehs, das Verfahren bep blicken, wenn fie während der Ferien ihre Eltern besuchen, mit
der Milckerey und Käserei), die Nahrung des Wichs und die Verachtung und Geringschätzung auf die übrige Dorffugend,
Düngung . ferner die Verbindung der einzelnen Tliälcr oder sondern fich überall mit vornehmer Miene von ihnen ab , und
Landstriche unter einander, ihr Handel mit Landcserzcugnissen, werden von diesen durch die unterscheidenden Namen : Schul«
ibre Messen und Märkte , Steinbrüche u. s. w. , müssen da- jungherrn und Schulmamsells ausgezeichnet. Der Einsender
bcy ausführlich besprochen werden. Durch diese Arbeiten wird hatte öfters Gelegenheit eiue Menge solcher Zunge» Wesen z«
Savonen. wenigstens zum Theil, besser bekannt «ls bisher. prüfen, er traf unter ihnen aber auch nicht ein einziges, das ihn
Aber auch nur zum Theil. denn alles Höhere der Statistik und selbst rückfichtlich des Unterricht« Kälte befriedigen können.
Wolttkultur, Erhebung , Unterricht u. s. w., ja selbst die (Der Beschluß folgt.)
Angabe» der Bevölkerung find ausdrücklich ausgeschlossen. Wer
also Saooyen , dieses so interessante und wenig gekannte Land Bevloge: Literaturblatt Nr. sz.

Verlag der I. G. Cotta 'scheu Buchhandlung.


158.

M o r g e n b l a t t

sü,

gebildete Stände.

Mittwoch, 2. Juli 1 8 2 8.

Die Stiauetit ist dtr Zt>nechi«,»us


5cr Kindcrv^lker und der alte» Kinder.
Diderot.

Die Abenteuer Hajji Baba's. als wir endlich ein Geräusch in der Straße Hirten , wel
ches anzeigte , daß die Einwohner erwacht ser»n.
Der Gesandte, der sich mit Hülfe seines Barbiers
Mr brachten die erste Nacht sehr übel zu. Jeder von erfrischt hatte, stand in besserer Laune auf und sie ward
nns Kalte ein Bett mit Vorhängen , die so schon waren, noch durch die Anknnst eine» vornehmen Kranken ver
daß mir wünschten sie zerschneiden und Alcolokö") da mehrt, den man ihm «IS den Mehmandar ankündigte, der
von machen oder sie um unsre Hüften winden zu können ; von dem Schach von England deaustragt se», während sei
allein wir waren der schweren Decken ungewohnt, und nes Aufenthaltes in diesem rand« Sorge für ihn zu tra
nackdem wir eine kurze Zeit darunter zugebracht, fanden gen, und der unsere Sprache mit so großer Leichtigkeit
»ir , daß unsere Nicke und Beinkleider uns sehr beschwer- und Ncinlieit redete, daß nun Alles unserer Gesandtschast
lich wurden. . Wir kamen alle übcrein, daß gewisse Stücke einen günstigen Erfolg zu versprechen schien. Er sprach
loser Leinwand, welche wir in allen Betten fanden, vor nicht allein persisch, sondern schrieb eS auch mit eben so
treffliche Hemden abgeben würden, und Taki, der Ferasch, großer Zierlichkeit als einer unserer besten Moonsch is;
der nur eins besaß, entschloß sich sogleich seinen Vorrath er hatte alle unsere vorzüglichsten Schriftsteller gelesen,
zu vermehren. Unser ganzer Haushalt war lange auf den konnte Hafiz und Saadi auf den Fingern hersage», und
Beinen, ehe die sanken daran dachten sich zu rühren; die Wahrheit zu gestehen, fanden «ix, daß unser Gesaudte
allein Mohamed Beg war sehr in Verlegenheit, wie er die sich glücklich geschäzt hätte, wenn er nicht ganz so gelehrt
richtige Stunde für sein Morgengcbet finden solle, da wir gewesen wäre , da er hier und da sich genöthigt faud seine
keinen Muezzin sie von den Moscheen verkünden hör eigene Schande wiederzukäuen und de» bitter» Trank der
ten, und außerdem waren die Nächte so viel länger, als Unwissenheit hinunterzuschlingr». . , ,
wir es jemals gewohnt gewesen, daß wir bevnahe zu glau Der Mehmandar kündjgt«,,ielA Gesandten a», daI
ben anfingen, die Sonne gehe in dieser schlecht beschaffe es die Absicht des Vezirs des Königs von England für
nen Stadt niemals auf. Wir waren mehrere Stunden dir auswärtige» Angelegenheiten sev,, ihm diese,» Tag ei
im Hause fast in gänzlicher Zinsterniß herumgewandclt und nen Besuch abzustatten, und daß der Vezir Azem, d«
warteten in Verzweiflung auf die Morgendämmerung, erste Minister, den folgenden Tag kommen werde. DicI
sezte uns in das größte Erstaunen. „Wie !" sagten wir,
^ Die Untenveste, welche gewöhnlich von geblümtem Kat „sollen alle diese Besuche ohne einen einzige» Streit ab
tun ist. gemacht werden? Diese Franken müssen einen sehr grrio
6z«
gen Begriff von ihrer eigenen Würde haben, «nd «n dem, Falle widersetzen und ihm länger, als er es wünschte, die
was ihrem Schach gebührt, wenn sie das, was bey uns Gegenwart des Königs versagen würden, daß er aber ge
ein Hauptgegenstand der Unterhandlung ist, so schnell ab wiß sobald als möglich eine Audienz erhalten solle. Diese
machen können? Erklärung machte das Herz des Gesandten verzagt, und
Der Vezir kam zur bestimmten geit. Er war nur sobald der Vezir Abschied genommen, brach er in folgende
von zwey Personen begleitet, die sich ohne Umstände in Ausrufungen aus: „Wohi! Wahi! welch ein Unglück ist
seiner Gegenwart niedersezten, ohne ihn um Erlaubniß zu «uf mein Haupt gefallen! wenn dem fo ist, so ist es mit
fragen. „Was für ein Unterschied ," sagten wir, „zwi meiner Seele vvrbey ; ich werde vor allen Menschen be
schen einem von unsers Schachs Vezircn und diesem schimpft und mein Weib und Kind an die Turkvmanen
Manne! — Bah, bah! ein Vezir ist Etwas in un- verkauft werben!^ Dann wandte er sich zu uns und fuhr
serm gesegneten Persien! Seht ihn an, wenn er das fort: „Ha, Batchah! sagt Kinder, was sollen wir an
Thor seines Hauses verläßt, von hundert Dienern und fangen? wohin sollen wir gehen? unser Antlitz wird schwarz
Unterbeamtcn umgeben; einige bewachen die leiseste Wen- ^sevn ! Unser König ist ein despotischer König und beküm
dung seines Hauptes, um einen Blick aufzufangen; an mert sich Glicht mehr um eines Mannes Haupt, als das
dere rennen in geschäftiger Eile neben seinem Steigbügel Maulthier um die Disteln , die es verschlingt." Ich ver
her, um seine Knie zu küssen, noch andere ergreifen den suchte seine Furcht zu besänftigen, indem ich sagte: „ES
Zipfel seiner Kleider, um unter dessen Schutze eine Bitt ist wahr, o Mirza, Ihr sprecht recht, und Ihr thut nichts
schrift zu übergeben. Und dann, wenn ein Armer fo un ohne gehörige Berechnung; allein bey der Seele Eures
glücklich ist, den Weg zu versperren, auf dem er so eben Kindes, sind wir nicht Perser und Muselmänner? und
daher kömmt, wie lustig schlagen die Feraschc auf ihn los ; wenn wir in die Hände eines unwissenden und unreinen
wie werden seine Kameele davon gejagt, oder seine Maul- Geschlechts gefallen, wessen Schuld ist es, als die unsers
thiere, 'Pakete und Alles zusammen in die Gosse geworfen!" Schicksals ? das Haupt unserer Nation ist ein despotischer
Bis jezt hatten wir an den Männern in öffentlichen Aem- König, daran ist kein Aweifcl, allein wie mächtig er auch
tern in England nichts gesehen, was ihren Platz hätte sevn mag, vermag er ctwaö gegen daS, was im Buche des
wünschcnswcrth machen können, und wie groß war unsere Schicksals geschrieben sieht?" — „Der HM hat "recht,"
Verwunderung, da wir erfuhren, daß der Mann, der in rief Mohamed Beg, „Takder, dem Geschick müssen wir
diesem Augenblicke unsern Gesandten besuchte, nichts Ge am Ende Alle folgen; wir essen, wir trinken, wir schla
ringeres als der Ueberwinder des großen Tippo sey, der fen, wir kommen an, wir reisen ab, es gibt keine Hand
Eroberer der glänzenden Stadt Seringapatam ! lung unsers Lebens, die nicht vorherbestimmt ist; und
Der Gesandte drückte dem englischen Vezir den Wunsch wenn es so geschrieben steht, o Elchi, daß Ihr den König
aus , sogleich dem Schach von England vorgestellt zu wer der Franken nicht früher als an einem gewissen Tage sehen
den, um ihm einen Brief und die Geschenke zu übergeben, sollt, was könnt Ihr, eins von Gottes Geschöpfen, dagegen
mit denen er beauftragt war, und kündigte ibm an, daß thun?" — „Und wenn es mein Geschick ist, meinen Kopf
der König der Könige ihm bey Verlust seines Kopfes an zu verlieren ," rief der Gesandte aus , „wie dann ?- —
befohlen, eine Audienz in weniger als drey Tagen nach „Nun denn, so fällt er," antwortete Mohamed Beg ganz
seiner Ankunft zn erhalten.' Der Vezir versicherte dem ruhig, „und möget Ihr Barmherzigkeit finden!" —
Gesandten, Alles, was sich nur immer mit den englischen „Maschallah! Gelobt sey Gott!" sagte der Gesandte,
Gebräuchen vertrüge, solle geschehen, um seine Wünsche „ich bin Euer gehorsamer Diener. Wenn ich weiß , daß
zu erfüllen; er fürchte aber, da der König, sei» Herr, mein Kopf abgeschlagen werden soll, muß ich nicht suchen
nur zu bestimmten Zeiten Zulaß ertheile , daß ein kleiner ihn auf meinen Schultern zu behalten ? Geht, geht, Herr
Verzug statt haben möchte. Mirza Fironz schien hierüber Sterndeuter, lernt eine bessere Lehre, oder bey des Schachs
erstaunt und erklärte, daß der Schach von Persien sich sei 'Bart, Ihr sollt finden, daß Sure Fersen vorhcrbestimnu
nen Unterthanen täglich zeige , daß der Selam vor dem sind, die Stelle Eures Hauptes einzunehmen."
Mittagsgebete stattfände, wo Se. Majestät auf dem Throne Da wir ihn in dieser verdrießlichen Laune sahen, über
säße, wo alle vornehmen Hofbedientrn sowohl als alle andern, ließen wir ihn sich selbst und waren froh ihn sein Ka-
deren Pflicht sie vor des Königs Angesicht rufe, vor ihm lioun fordern zu hören, welches, wie wir wußten, im
ständen, und daß ein Gesandter, wenn es ihm gefiele, den mer als ein niederschlagendes Mittel wirkte, wenn das
Tag stiNer Ankunft eine Audienz erhalten könne, wenn Feuer der Erschütterung den Ofen seines HerzenS entzün
nur die Sterne und die Astrologen günstig seoen. Der det hatte.
englische Vezir antwortete, er fürchte die UnHöflichkeit der (Die Fortsetzung folgt.)
englischen Gestirne entschuldigen zu müssen, da sie sich
nothwendigerweise den Wünsche» des Gesandten in diesem
l
Jean Paul Friedrich Richter an Emanuel. zen einen Schöpfer, die Geschichte eine Vorsehung auf.
Aber (zurückzukommen) wenn wir göttliche Fnßstapfen im
Hof, den 9. Febr. I79Z. großen langen Gange der Weltgescbichte auffuchen, warum
wollen wir sie nicht noch lieber in den kleinern Tritten
Mein lieber Emanucl! unserS Lebens studiren und Tagebücher machen? Den»
Man sollte einem Auror für nichts mehr danken als wenn einmal irgend eine Hand den Zügel und das Lauf-
für Briefe, so wie für nichts weniger als für Bücher: denn baiid der ganzen Welt reziert, so muß sie auch, da die
da ihn diese ausschöpfen und da sie ohnehin nichts sind Welt ja aus nichts als Individuen besteht, eben daS In
als Briefe in dickerem Format, so mag er keine vo» klei dividuum versorgen , um daS Ganze zu versorgen. ES ist
nerem liefern. Der Mensch qenießet sein Ich nur, indem unsinnig zu denken, daß die großen Räder im Universum
erö verdoppelt, so wie er seinen Körper erst in der Ver gehen werde», wenn der Schöpfer „ur die Räder und nicht
doppelung durch den Spiegel überkömmt; und eben dieser auch die kleinsten Zähne daran machte. Wenn er nicht
Zwang, uusere Seele vor einer fremden abzubilden und Kleinigkeiten besorgt, s» besorgt er gar nichts, weil die
unsere innern Quellen gerade durch einen Abfluß zu ver Größe nichts ist «IS eine größere Anzahl Kleinigkeiten.
mehren, nöthigt die Mädchen zum Brief, die Autores Ich bitte nicht um Nachsicht für diesen Jrrsteig ; in einem
zum Bücherschrciben, die Einen zum Reden und Einige Briefe und bev einer Bisire ist man an keine Paragraphen-
>um Thun, wenige zu Tagbüchern. Ihres ist nach meinem kette gebunden. Allgemeine Wahrheiten müssen bep uns
Gefühl ein schönes, sanftes Echo dessen , waS sonst in der die Gtadtneuigkeiten fern, «nd wenn man diefe ohne
Seele zu leise ist, um heranSzutönen. SS gibt eigentlich Ordnung sagen darf, warum nicht jene?
nur stumme Tugend, nicht stumme Sünden. DaS Edlere WaS mir in Ihrem Tagebuch außerdem xhilosoxhiren-
in uns, die heiligste« Gefühle fliehen am ersten das Licht den Geiste darin so wokl tbat, ist Ihre Toleranz mit allen
«nd das Auge, und hüllen sich, für ein anderes Leben blü Menschen, mit ihren Schwächen, mit fremden Schlägen,
hend, gern verborgen ins Herz; aber eben das Schlim mit eignen Schmerzen.
mere wird von der geistigen Natur wie böse Säfte auf die In Ihrem schönen Briefe veranlasset mich eine einzige
äußere Haut herausgetrieben, um nur desselben los zu wer Anmerkung zu einer entgegeugesezten, diefe, daß vollkom
den ; ein Bösewicht ist sicher froh, wenn die llebclthat vor men g e b o r n e Wesen schlechter sind als vollkommen w c r-
über ist, weil er dann seine Seele nicht länger mit Hem dcnde, d. h. sich bessernde. Ich glaube daS Gegentheil ;
Entschlüsse dazu zu beschmutzen braucht. Gott selber ist, aber wird nicht heilig oder vollkommen.
Nur gute Menschen können Tagebücher mache», Le- HweptenS besteht die moralische «rast so wenig in Be
vensprvtvkolle , gleichsam Hauptbücher unserer moralischen siegung der unmoralischen, als die Gesundheit in der
Bilanze. Wäre das nicht, so würd' ich mich wundern, Bekämpfung der Kronkheitsmateric ; sondern wie die Ge
daß so wenige Menschen Annale« ihrer kleinen entflat- sundheit am größten ist ohne Anlaß zum Bekämpfen, so
ternden Tage machen. Wabrlich, wir Menschen sind ist Tugend ohne Anlaß zu Siegen, d. h. ohne Angriffe des
überall Narren und saugen nnö wie Schmarotzerpflanzen Lasters, d. h!"ohne anfallende kleine Laster, am größten.
mit unserni Ich nur immer an auf fremden Ichs; denn Je besser der Menfch wird , desto weniger hat er in sich
die römische, die sinesische, die ?ttentottische Ge zu bekämpfeir, und der Neubckcbrte hat .gerade größere
schichte drücken wir mit allen Hrcn leeren Fürsten in die Kriege , aber doch sicher nicht größere Verdienste als der
Seele ein, aber unsere eigene werfen wir als eine ausge TugcndgreiS. Noch mehr, wenn angeborne mora
kernte Hülse weg von nnS; wir selber, unsere lebendigen lische Kraft weniger Werth haben soll, so frag' ich, mit
Tage sind uns weniger als öde kahle Zahlen und Sagen welcher andern als einer angebornen wird den» der
vor der Sündfluth, da doch unser Leben, weil die Gegen Schwache über seine Versuchungen Herr ? DaS Verdienst,
wart nur aus hüpfenden Sekunden, die Vergangenheit aber sich selber gar a uszu schaffe n, hat zwar der Schwache,
«us Jahren besteht, nichts ist als ein fortwährendes Er aber der Engel hat es noch mehr; nur fängt Kiefer sein
innern des Lebens. Die ganze Geschichte ist, insofern sie srepwilliges Steigen ans einer höhern Stufe, aber auch
ein Gewächs des Gedächtnisses ist, nichts als eine fast- mit größern Flügeln an. Endlich, wenn angeborne T»'
und kraftlose Distel für pedantische Stieglitzen ; aber inso gendtriebe kein Lob verdienen, so verdienen auch ange
fern ist sie, wie die Natur, alles Werth, inwiefern wir aus borne Lastertriebe keinen Tadel, und folglich wäre des En
ihr, wie «us dieser den unendlichen Geist errathen und gels Gehorsam gegen jene und deS Menschen Sieg über
ablesen, der mir der Natur und der Geschichte wie mit diese gleich unverdicnstlich.
Buchstaben an uns schreibt. Wer einen Gott in der phv- Der ganzeStreit entspinnt sich ans dem großen Rätb-
fischen Welt findet, findet auch einen in der moralischen, sel , von dem selber Kant die Schreibfinger abzieht : „was
welches die Geschichte ist ; die Natur dringet unserm Her- macht, daß der Mensch gut wird, da man, um sein W o l
6z,
l en bessern zu wollen, ja schon eben dieses Wollen habe» Riga, Juni.
mußte, und es also unnöthig wäre es erst hcrvorzubringen?^
Der März, dieser Werbemonat des Todcö, der die (Beschluß.)
Menschen gewöhnlich in den transcendenteii Himmel trägt, Die Kinder schreiben weder orthographisch richtig, sev
wird mich, hoff' ich, in den irdischen führen, nach Bay es deutsch oder ehstnisch , noch sind sie im Rechnen oder sonst
reuth. Wir wollen dann jede Viertelstunde Bogen von einer Kunst geübt , die sie einst z» nützlichen und brauchbaren
Briefen an einander schreibe«, d. h. reden. Ihr lustiger Gliedern ihres, der Gesellschaft fo unentbehrlichen Stande« ma
chen tonnte. Der ebstnischen, ihrer Muttersprache, schämen
Brief war einer spasbaftern Antwort und ihr langer ei sie sich und bleiben darin absichtlich unwissend. Sie lassen et
ner längern werth. Aber Sie vergeben mir beydeö, denn sich angelegen scvn, nichts anders als deutsch zu sprechen, so
das Schicksal hat Sie längst an daö Vergeben gewöhnt. unverständlich und kauderwelsch sie sich auch barin ausdrücken.
Keines war im Stande, Inhalt und Sinn irgend eines popi»
Leben Sie recht wohl und schreiben Sie mehr als ich, lär abgefaßte» deutschen Lesestücks ganz zu fassen.
und, was ich am meisten bitte, früher als ich; gute Nicht ganz schuldlos an dieser Störung und Verdrehung
Nacht, guten Mvrgen, guten Tag, guten Abend, Lieber! drS bisher «inen , anspruchslosen und offene» Sinnes unseres
Ihr Landvolkes, wenn sie auch nicht die ganze Schuld tragen, mö
Freund Nichter. gen jene eingeschlichenen Gerinanier seh» > welche daS Ausland
gleich HcidcnbekeKrer» ober protestantischen Jesuiten unser»
Provinzen zuschickt, »nd die sich hier eingenistet habe«, um
Korrespondenz-Nachrichten. in den Gemeinden deS Landes zu werben «nb Projelyten z»
Chamber», im Juni. machon, ein unberufenes Anfsclicramt zu verwalten, unser
(Fortsetzung.) gutinüthigeS und am Verstand gesundes Volk lieblos und
Unser Museum vaterländischer Alterthümer nimmt täg ^ feindselig gegen alle, welche nicht zur Separatistenklasse gebö-
lich zu , und wird für die Kunde de« Landes aus früher und ren . zu stimmen , und diese schiefe GeifleSricbtung durc» ver
frühester Zeit immer anziehender und nützlicher. Unter den in derbliche Pbantasiespicle zu befördern. Die gegenwärtigen bür-
neuerer Zeit hinzugekommenen Gegenständen zeichne» sich aus gerlichen Verhältnisse unseres Landvolks machen es allerdings un-
zwc» kolossale Bronzesingcr von trefflicher Arbeit und ein möglich, daß der Bauernstand be» seiner bisherigen so tiefen und
Ccidnceus von einer noch ungekannten Statue des Merkur, eine finstcrn Unwissenheit beharre. Es bat derselbe bcy seiner neue»
Marmorbüfle vom Kaiser Galba . ein Apollo in Bronze. ihm verliehenen Verfassung , die ihm den unbedingten Volk
I» dem benachbarte» französischen Departement de l'Aisne besitz der persönlichen Freybeit sichert , sein eigenes Gesetzbuch,
bat man auch neuerdings wieber alte Gräber entdeckt. Einige seine von ihm selbst gewählten Richter »nd Gcmcindcvorste»
sind von besonderer Größe. Nach und nach wurden zu Ar«, St. her , die alle dren Jahre wechseln. Soll diese Verwaltung dem
Reslitue gegen zehntausend Särge gefunden. Gewöhnlich deckt Gemeinwohl entsprechen, können ihr unmöglich Leute vorste
sie nur wenig Erde, oft kaum neun Zoll ! wahrscheinlich aber hat hen, die leider bis Zezt oft nicht einmal lesen konnten ; gleich
da« Wasser einen Theil der Erde davon weggeschwemmt. Diefe wohl sollen sie die ihnen vorgebrachten Klagesälle nach den in
Gräber sind immer in der Richtung von Westen nach Osten, der Baucrvcrordnung enthaltenen Gesehen beurtheilen und rich
wo die Füße liegen , die Gräbcrreihen aber gehen von Norden ten, sollen Berichte erstatten, Protokolle führen, über de»
nach Süden. Hier und da fanden sich mehrere Reihen über Gerreidevorrath und den Kassenbcfland der Gemeinde Buch
einander. Gewöhnlich sind die Gräber zwev bis drcy F„ß von führen . alle drcv Jahre die Tabellen über die Lebenden und
einander, manchmal ist dazwischen eine Leiche ohne Sarg be Verstorbenen fertigen, und noch vieles andere thun, wozu ihr
erdigt. Auch an diesen Gräbern sieht man den Wunsch der jetziger Bildungsstand sie gänzlich unfähig macht. Die Notb-
Hinterbliebenen, der Todten Gebeine so lang wie möglich zn wcndigkcit , eine Höhcrc Bildungsstufe als die gegenwärtige zu
erkalten ; darum verlegten sie solche auf Höhen, auf steinigten erringen , «kennt auch der bessere Thcil des Volks »nd fühlt^
Grund oder auf eine Mcrgelschichtc. wie »vtbwendig eZ sc», seine Kinder nach den Bedürfnisse»
In manchen Särge» lagen zw« Skelette. Oben steht ge seines Standes unterrichten zu lasse». Auch die neue Bauern-
wöhnlich ein kleiner Schemel , worauf der Kopf des Leichnams Verordnung spricht sich «mständlich über Gemeinde- und P«
liegt. Eins. war besonders merkwürdig , der Deckel bestand rochialschnlen auS . hat aber dabc» nicht bestimmt woher »nd
»HS einein einzigen Stück gebrannter Erbe, schön rot» wie brauchbare und gehörig unterrichtete Lehrer für unsere
und von sehr feinem Korn. Ein anderes Grab war ganz Landjchulc» zu bekoinMcn seyen. So lang es an Subjekte»
«US künstlicher Erbe, wahrscheinlich aus Kalk und pulve- bcr Art mangelt . werde» die besten Schulvcrordnunaen etwas
risirter Erde . darum waren eiserne Bande gelcat. Im Allge ganz Unnützes sev». Das einzige und sicherste Mittel, den
meinen bestehen sie ans einem etwas halten Kalkstein,, sind Landlcuten der Ostsceprovinzcn eine, ihren neuen Verhältnissen
gewöhnlich 6' lang, 9' tief, und 2< 6" bis »" breit; die entsprechende Bildung zu geben, ohne sie den eben gerügte»
Dicke de^Wände beträgt Z". Manche Leichen waren ganz mit Gefahren der Verbildnng auszusetzen, ist die Anlegung wohl
Kalk überzogen , andere lagen zwischen stark zusammengedrtuK eingerichteter Landschulen, die Einführung br.nichbarer . mit
ter Erde. Eine andere Merkwürdigkeit fand sich in einem Grab, Kenntniß , Einsicht und richtiger Benrthciluny der VolkSbe«
das zwischen zweu Gräbcrschichten lag, nämlich ein männliches dürfnisse abgefaßter Volksschulbüchcr, vor allen Dingen aber die
Ekelet , das einen weiblichen und einen männlichen Kopf zu Gründung cineS SchuNeprerseminars; daS Lehr- und Schub
'seinen Fußen hatte. Neben dein Sarg laqm die zwe» Skelette, Wesen muß aber bribe» gänzlich vor dem verfinsternden Schwär,
deren Köpfe in jenem Grab lagen. Die Gebet»« in4»'Erde inercwfiuß bewahrt werden >, der die verderblichste« NachtKeiK
waren hssser erhalte» als die in den Gräbern, „Die danialige ^f.momlsfchin ^lzarakt« und geistiges WoKlsevn des,?
Generation ist aber nicht groß, gewesen, , «nscfahr j' 7" Mit sich bringt, was sich durch eine Menge beglaubigter ?
bis S". fachen beweisen ließe'. '
' > (Der Befchlnß folgt.) ' ,.i
Verlag der I. E. Colta'fche» Buchhandlung.
N°. 159

M o r g e n b l a t t

f S r

gebildete Stände.

Donnerstag, 3. Juli 1 8 2 8.

O leuilite, Gott, von deinem Himmel nieder?


Send' einen VliystraKl zündend in da« Herz
So manede« edlen Herrsch««: daß der Brüder
Seschick ihn aufteg'. und ihr Foltcrschmerz.
L. Brachmann.

M Y r 0 l 0 g r n. Blickt auf die Stätte jenen Kampf zu schauen !


(BeschluS.) Die Zeit des Ruhmes seht ihr wiederkehren.
Die Helden, die Jahrhunderte verehren.
0 eilt zu retten, weil die Rettungsstunde Sind sie erstanden nicht in Hellas Auen?
Nock möglich ist! — Wenn ab der Sand geronnen. Hat denn dieß Volk sich würdig nicht gezeiger.
Der lezte Schlag des Hammers ausgeklungen. Daß in der Brust euch jedes Mitleid schweiget ? —
Und ihr das Werk der Liebe nicht begonnen ;
Wenn jenes Volk, ein Glied vom Brüderbunde, So Hirt denn ibr, die ihr noch Thrillen weinet.
Den lezten Ton des Sterbelieds gesungen. Wenn fremdes Leid die Seele euch verwundet;
Nun fällt, binabgeschlungen: Die edler Muth noch rührt, der selbst im Sinke»
Sin Raub des Hillenreichs , des gottverhaßten ; *) Den reinen Quell, dem er entströmt, bekundet;
Dann wird die Reu' umsonst den Busen quälen! Ihr, denen noch die Herzen nicht versteinet.
Ein Rachcengel wird die Thränen zählen. Und Sterne zwar nicht von den Kleidern winken,
Und jenes Blut, das kaum die Meere faßten. Doch hell im Busen blinken;
Wird auf das Haupt er denen richtend legen. Die ihr Gefühl, nicht Kohle Schranzen fragen.
Die helfen können und den Arm nicht regen! — Für was sie glühn, und was sie hassen sollen;
Noch wogt der Kampf! noch sind sie nicht erlegen! Hirt ihr mein Lied, ihr warmen, lebensvollen
Zwar wankt das Kreuz, doch ist'S noch nicht gebrochen; Und liebevollen Herzen! Hirt die Klagen!
Noch ein'ge Heldenhänser sind am Leben, Laßt euch in wahren, nicht erfund'nen Bildern
Die ihm ihr Blut mit hohem Eid versprochen ; Der Griechen Nvlh und ihre Thaten schildern ! —
Noch schirmen sie's mit ihres Gottes Segen,
Voll Muth und Kraft! Noch kann vereintes Streben Das Kreuz in Hellas zeig' ich euern Blicken,
Die Sinkenden erheben! Wie es, verhöhnt, geschändet von Barbaren,
Doch Trost noch spendet, und den Muth belebet
In dem MannKrixte feklt Kier «ine Linie. Bi« der uns Der gottgeweihten, todgeweihte» Schaaken,
genannte Dichter den ächten Der« sendet, woUe der Leser mit Die auf zu ihm die lezten Seufzer schicken! —
gegenwärtiger , mangelbafren Restauration sich begnügen, wel
che oersucht worden ist. um nicht eine störende Lü«e lassen Von Trauertvnen ist dieß Lied gewebet.
,u müsse». Die Red. Doch wie in Wettern schwebet
ez4
Der Regenbogen , der ein Hoffnungszeichen, Kindern. Er hatte sie mit eigener Hand erbaut, und
So wird vielleicht, indeß die Töne klingen. meinte darum, es wohne sich in ihr gar freundlich und fchön.
Ein Rettungsengel sich vom Himmel schwingen. Doch war er nicht hochmütbig, sondern dankte Gott, daß
Und Felsen wird der Mosesstab erweichen. — er ihn im Leben mit solchen Glücksgütern gesegnet; denn
So trennt euch Wolken! theilet euch ihr Schleyer! ,cr hatte sieben Ziegen und zwölf Schafe. Wo der Segen
Tauch' Hellas auf in deiner Todtenfever! - des Himmels in zufriedne Herzen fällt, da wohnt Neich-
thum und Fülle, jede Gegend wird ein Garten und jede
Hütte ein Pallast. Die Stirne bleibt immerdar heiter,
das Genuith freudig und froh , und die gesunde Seele be
Die Rose von Jericho oder der Christabend. tet mit jedem Morgen: «Geheiliget werde dein Name!"
Siehe aber, wie ganz anders, wo das Herz am Vergäng
' In einem der wildern Thäler der Schweiz, nahe dem lichen hängt, und nur dieses zu vermehren sinnt und trach
AbHange eines Felsen, stand ein kleines Haus, ein tet ! Da ist bep allem Ueberfluß Mangel, bev allem Reich-
fach aus Holz gezimmert. Rohe Steine deckten in Men thum Armuth, und das Leben wüst und öde. Mit dem
ge das niedere Dach und verhinderten, daß der Wind Morgen erwacht nicht jene göttliche Stimmung im In
die Bretter nicht davon tragen und Schnee und Regen nern, fondern nur ein Heer von Begierden und Sorgen
in die stille Wohnung eindringen konnten. Die Tannen und eine Unzufriedenheit, die sich an der hehren Gottes-
bäume, aus denen dieWände leicht zusammengefügt waren, natnr weder erfreuen mag noch kann.
hatte des Zimmermanns kunstlose Art blos von innen ein Kuoni hatte ein frommes Weib und sieben Kinder.
wenig behauen, außen waren sie roh geblieben und flinker Sie waren alle kräftig und wohl und wuchsen heran wir
Wurm bohrte sich unter der Rinde seine Behausung ein. junges Rohr. Die Natur ist frisch und stark, wo dee
Eine Fallthür, auf der Ostscite im Dache angebracht, diente Mensch mit seinem Sinnen und Trachten keine Schwächen
bey freundlichem Wetter als Kamin ; kam aber ein Sturm in sie hineinkünstelt hat. Wenn unsere jungen Alpenbewoh-
inZdas Thal hereingezogen, so wurde auch diese mittelst ner den ganzen Tag über an steilen Felsen herumgeklcttcrt,
eines Strickes niedergelassen, der hinabreichte in die ru- die Größern aber Futter und Streu auf den langen Win
sige Küche. ter cingesackmelt hatten für die Ziegen und Schafe, dann
In einer Ecke der Stube stand der Tisch , zu bevden kamen am Abend alle ermüdet heim in die Hütte, ver
Seiten befand sich eine an die Wand befestigte Bank und zehrten mit Lust die einfache Kost, beteten mit Freuden
gegen den steinernen Ofen hin lagen etliche Holzblöcke zu und schliefen darauf in ihren Laubbetteu fo wohl und sanft,
Sitzen für die Kinder. Ucbcr demselben hing , dicht ne als wenn die Engel Gottes sie bewacht hätten. Im Win
ben dem rundscheibigen Fenster, der Heiland am Kreuze, ter saßen sie hinter dem warmen Ofen und halfen dem
dessen Haupt alljährlich mit einem frischen Kranze von Al Vater Körbe flechten, welche diefer dann am Jahrmarkt
penrosen geschmückt wurde. Näher gegen die alte Wand alle verkaufte ; denn Sedermann wollte einen Korb haben
uhr war eine lange Leiste angenagelt, wo die hölzernen Löf vom braven Kuoni, weil sie so fest und gut geflochten
fel und Gabeln nach jeder Mahlzeit aufgesteckt wurden. waren.
Links führte eine Thür in die Nebcnkammer, wo Mann Kuoni besaß von seinen frühverstorbenen Eltern ein
und Frau schliefen. Sie bewegte sich knarrend auf einem ihm theures Crbtheil. Es war eine Rose von Jericho,
hölzernen Zapfen und trug an der Seite gegen die Stube die in vielen Gegenden der Schweiz gar hoch geachtet wird,
hin das Bild der Mutter Gottes «on Einsiedel«. Oben weil sie am Weihnachtsabend die Fruchtbarkeit des kom
war noch eine schwarze Kammer für die Kinder, mit Bet menden Jahres prophczeihct. Wenn nun der feverliche
ten von Moos oder Buchenlaub, ohne Fenster. Auf der Abend da war, nahm die fromme Hausfrau mit einer ge
Abendseite des Hauses lag die Stalluug für die Ziegen wissen Andacht die Rose aus dem alten Schranke hervor,
und Schafe. Neben der Hausthüre wohnte der treue in welchem sie sorgfältig aufbewahrt wurde, füllte ein
Hund, dessen Geschäft war, zu hure», daß kein Vieh in Glas mit Wasser und stellte sie darein, mitten auf den
die Küche kam. Bey jedem kommenden Winter wurden Tisch. Freudig fezten sich die Kinder alle um diesen
«Ile Spalten mit Moos sorgfältig,zugestopft, und auf der herum, denn es war auch der Abend, wo sie für ihren
Nordseit«, ei« Schmzwand längs der Hütte aufgeführt, die Fleiß mit einem Weihnachtsgeschenke belohnt werden soll
ßch auch um die Stalluug herumzog, i»id aus Weißtaunen- ten, ivelchcs, so unbedeutend es an sich auch war, sie alle
ästen bestand. Der Hund aber zog für, diese Jahreszeit doch hoch erfreute, so daß sie mepnteu, es könnte auf der
in die Stube, und schlug sich seine Wohnung unter dem ganzen Welt nichts Köstlicheres geben. Wenn dann die
Ofen auf, weil er draußen jezt nichts mehr zu thun hatte. Hausfrau ihr gewöhnliches Geschäft in der Küche, und wo
In dieser Hütte lebte der brave Kuoni mit Iran und es sonst war, verrichtet hatte, saß sie auch hin unter die
6Z5
Kleinen und gab wobl darauf Acht , ob Alle die Hönde wolle , er, der kein Bedenken tragen wird Schweinefleisch
recht gefaltet hätten, und ob sie nicht nur mit dem Munde, zu essen und von dem verborene» Weine zn trinken? und
sondern such mir dem Herzen beteten. Denn der Kuoni dicß noch obendrein, wenn unser Gesandter seine eigenen
fing jezt die schöne Litanev an , wo eS beißt: „Der du für Bedenklichkeiten Key Seite gesezt, sein Obr den Geboten
uns gestorben bist; erbarme dich unser!« unscrs heiligen Propheten »erschlossen und den Franke»
lDie Fortselzuug folgt.) behandelt hat, «IS oder ein wahrer Gläubiger sex."
Viele Besuche kamen ; wer und was sie sevn mochten,
war uns zu entscheiden unmöglich. Man sagte uns , sie
scven alle Staarsbedienre ; einige.gehörten zu dem Hofstaate
Die Abenteuer Hajji Bab.a'S. des Schachs; einige hatten eine Beschäftigung und andere
keine. Sine dieser Personen interessirle »nS sehr , neil
(Fortseyung.) wir unS an die große Wichtigkeit scineS Kollegen in Per
Der erste Vezier kam ohne irgend ein Gefolge. Wir sien erinnerten. Es war der iZkremonienmelstcr. Aeer
bemerkten einen Unterschied zwischen der Kleidung derVe- o Himmel, welch ein Unterschied zwischen Bevdcn! Der
ziere und der anderer Leute, deren Besonderheiten, wie Jscbcagassi, des Schachs Ecremonicnmeister, hat in seinem
wir schlössen, ans ihreAcmter deuteten. So zum Bcy spiele Aeußern wenig seines gleichen in der Welt. Er ist ein
hingen schwarze seidene Beutel ihren Nacken herunter, und Kajar, von des Königs eigenem Geschlecht, daS we^en
da sie gewissermaßen den AtlaS und Brokatbeutcln ähnlich der Pracht seiner Barte berühmt ist, und er ist mit ei
sahen , in welchen die Briese unserer Könige und Fürsten nem gesegnet, der selbst den seines königlichen Herrn
gesandt werden, so dachten wir, sie möchten wohl Gesandte übertrifft. Seine Kleidung und sein Anstand siild unüber
seyn ; allein dann hatten sie wieder ein langes , dünnes trefflich und so onch seine Sprache. Seine Kenntniß der
Gewehr an ihrer Leite hängen , welches Vielleicht, so viel Spitzfindigkeiten der Ehum wa Hnm *) ist größer «ls
wir davon urrheilen konnten, ein Schwert vorstellen die irgend eines Mannes am Hose. Kurz er ist ein Mu
mochte und so einen Kröger anzeigte, allein es sah mehr ster eineö Sohnes von Iran. Allein der, welcher hier
einem unserer Feldbratspießc ähnlich, an welchem wir in vor dem Gesandten als Eeremonienmeister des Königs
der Eile einen K a b ob bereiten, und deßhalb konnten sie für von England erschien, war ein alter, dicker, kraftloser
Munbköche des Sckachs gehalten werden. Auf unser Bc, Khan, der so sehr auf ein Paar geschwollenen Füßen
fragen sagte uns der jüngere Mehmandar, daß dicß eine, schwankte, daß wir ganz natürlich fragten, ob er eine Ba
bev feverlichen Gelegenheiten gewöhnliche Kleidung und stonade erhalten habe. Er machte viele Entschuldigungen,
dieselbe sey, welche sie trügen, wenn sie vor dem Könige daß er nicht früher gekommen sev ; wir fragten ibn, war
erschienen ; der Vezier habe sie dem Gesandten zu Ehren um er überhaupt? Indessen drang der Gesandte, der eif
«mgetegr. rig den Augenblick der Audienz berbevwünschte und eine
Der Großvezier war ein Derwisch in seinem Aeußcrn, Botschaft deßhalb erwartete, in ihn , uns zu sagen, Ivan»
so mild, so freundlich, daß wir uns nicht genug verwun wir uns bereit zn halten hätten. Zu unserer Freude und
dern konnten, daß die Angelegenheiten eines fo großen Zufriedenheit sagte er dem Gesandten, daß der König, der
Landes durch ihn geleitet werden sollten , wenn wir dar gewöhnlich ^i» Schloß cmf dem Lande bewohnt, in drey
an dachten, wie viel Kraft und Blutvergießen es erfordert Tagen in seinem Pallaste in der Stadt sevn und dort den
eine bedeutende Volksmenge in Ordnung zu hallen. Aber Gesandten empfangen werde. Unfcr Entzücken war grän-
«us allem, was der englische Vezier uns erzählte, sahcn zcnloS. „Alham du Tillah! gelobt sev Gott!" erscholl
wir deutlich, daß er niemals die Hand eines Diebes ab von nnsern Lippen und wir überhäuften den allen lahmen
hauen , oder nur die Ohren eines Beckers an die Tbüre Khan mit mehr Liebkosungen, hielten schönere Reden an
seines Ladens hatte nageln lassen. Sin sehr gutes Frühstück ihn und machten ihm mehr Frel,ndschafksversicherun-
ward vor ihm aufgetragen, welches aber, fo wunderbar gcn , als wen» er der König von England selbst gewe
dieß auch klingt, g«r nicht nach seinem Geschmack« zu fern sen wäre.
schien. Der Gesandte legte ihm die ausgesuchtesten Bis (Die Fortsetzung folgt.)
sen mit seinen eigenen Fingern vor; er langte sogar mir
der Hand in dieselbe Schüssel voll Reis mit ihm, und bot Schineichcln? und Aomplimentc.
ihm seinen eigenen Löffel «n um Scherbet zu trinke» ; al
lem er ließ sich nicht bereden sich die Leckerbissen, die vor
ihm standen, schmecken zu lassen. „Unmöglich," sagte«
wir, „sann dieser Ungläubige sich stellen, als ob er uns für
unrein halte, und darum nicht unsere Speise» koste»
6z6
In der Frühe. zen! BejammernSwerthe ! seyd ihr denn so blind, nicht ein«
zusehen, daß ihr mit euren Karren nicht gegen die impv«
Noch kühlt der Schlaf mein Auge nicht. sanken Gestalten unserer Omnibus aufkommen könnt? (Keftis
Dorr zittert schon des Tages Licht ges Murren und Schrcycn im Ccntrum) . dieß wäre wabrlich
An meinem Kammerfenfter; ein neuer Kampf der Pvgmäen gegen die Giganten (man lacht
ES wühlet mein verstörter Sinn rechts). Ich könnte dieHäupter des revo l u t ion ä re n Klubs
Noch zwischen Zweifeln her und hin. nennen , ich habe die Beweise , die Dokumente in Händen,
Und schaffet Nächrgefvenster. welche diese schwarzen Machinationen aufdecken, (im Centrum :
Seele, zur Frage ! zur Frage !) Ich bemerke hier einen Fiat« , ber
Quäle sich herausgenommen har, in seinem revolutionären Klub baS
Bang und bänger külme Wort auszusprechen, er wolle mit seinem Karr» die
Dich nicht länger! OmnivuS umstürzen. . . . (Ein schrecklicher Lärm im Ccntrum.
Freu' dich ! schon sind da und borten mehrere drohen dem verchrlichen Redner mir ihre» geballte»
Mvrgenglocken wach geworden! , Fäusten.)
M. Moerike. Vergebens sucht der Präsident die Ordnung herzustellen,
vergebens läßt er seine Pferdcschclle erklingen. Der OmnibuS-
redner will seine Philippica von Ncnem beginnen , neuer und
Korrespondenz: Nachrichten. »och stärkerer Lärm . er verläßt endlich die Tribüne , und wird
Pa ri i, im Juni. auf der rechten Seite mit großem Benfall empfangen.
Kongreß der Fiacre«, Cabriolets und Oms (Der Beschluß folgt.)
nibu«, zu Paris, am 29flen Mai l»Z8. Die Leser wissen
vl'ne Zweifel, daß da« Jahrhundert auf seinem Gange zur Ver Chambery. im Juni.
schönerung des Lebens im Begriffe siebt , auch die alte» Fuhr (Beschluß.)
werke umzustürzen, welche bisher die guten Pariser in ihrer Neben den Leichnamen wurde mancherleu in den Gräbern
Stadt umherzogen > sie wissen gleichfalls, daß es zwischen denen, gefunden. Schwerster, eifcrne Platten. Nadeln, Dolche.
welche das Unglück harten , Opfer der Neuerung zu werden, Schnallen und Agraffen, in denen kleine Stücke farbigen GlaseK
und den glänzenden Neuerern, den Omnibus, z» Streit und eingeschmolzen waren, Armbänder in Schlangengcstalt, Ringe,
Tbätlichkeit kam , was für die Passagiere , wenn auch nicht im Schreibgriffel, Zierathen von weißem Metall, das dem Heu»
mer gefährlich , doch in- jedem Falle höchst unangenehm war. tigen Tombak gleicht , Körner von Halsbändern , Flaschen aus
Ganz Paris vernahm daher mit großer Freude, daß sich cie Par- glasartiger Substanz, Gefäße aus gebrannter Erde. TKränen,
lkeven endlich 5aKi» verständiget hätten, Deputirte aus ihrer fläfchchen, Münzen römischer Kaiser, Helme, Eisen von La«
Mitte zu wählen , die ihre gegenseitigen Streitigkeiten beule- zen und Wurfspießen , bronzene Urnen, Aexte auS Kieselstein,
gen sollten. Dicfer im Voraus lang besprochene und lang er und die Inschrift: IlVIVOI, welche Lemaiflre durch in»o il>
wartete Kongreg fand endlich statt, Donnerstag am 29ten lustri» vir!«»»« j»eeat deutet.
Mai, an der Barriere- Belleville , in einem Salon zu 150 Eine ganz artige Kunst - und Literaturcrscheinung sind
Couverts. Srchszig Deputirte waren gegenwärtig; die Sit die eben hier erschienenen 8ou?,n!er» pittorezque» ü'^ir les»
zung warb eröffnet turc» die Wahl eines Präsidenten und ö»ins, cle <ÜK»u,berz? et cie I« IZrincle <2K»rtceu»e , von C.
zwever Sekretäre. Die Stimmen zur Präsidentschaft waren zwi Aubert. Sie entkalken sehr nette Zeichnungen vom Bogen
schen einem Kabrivletkutscher und einem Omnibuskutscher ge- deS CampanuS und von de» römischen Bädern von Air , vom
theilt ; »ach einer doppelten Ballorage siegten endlich die Kloster HautciCombe, vom Schloß Bordeaur am See Bour,
Kabriolets, und Schimo, genannt Bourguignon. ward get . desgleichen eine Ansicht von Chambery, vom Bout du
mit einer geringen Majorität alS Präsident ausgerufen. Zu Monde oder den Cascatellen der Papeterie, vom Wasserfall
Sekretären wurden ein Fiaker und ein Omnibus gewählt. zu Cour . von den Thürmen von Sr. Jvoire . vom Fort Mio,
Um acht Uhr Abends besteigt der Präsident seinen Stuhl, lons , vom Weg ber großen KartKausc , vom Kloster derselben,
zu spät bemerkt man, daß eine Glocke mangelt , >:>,!> eine Glocke und von der Kapelle des beil. Bruno. Das Büchlein ist eine
ist doch unumgänglich von Nöthen ; darob entsteht eine große angenehme Erinnerung für diejenigen, welche die hiesige Ge,
Bewegung in der Versammlung; Mobin, ein Kabrioletskur- gcnd besuchen, und reiht sich in gleiche», Format an die So«
scher, schlägt eine Pfcrdcschellc vor. die er zufällig in der Tasche venirs von Genf , vom Genfer See und von El'amouny an.
habe, der Vorschlag wird unter allgemeinem Bcyfall angenom
men. Der Präsident eröffnet die Sitzung und ladet die Depu München, Zl. Juni.
tirte« ein Plag zu nehmen. AlSbald trennen sich die drcy De In Gegenwart Ihrer königl. Majestäten wurde
putationen, die Omnibus sehen sich recht«, die Kabriolets links, gestern zum ersten Mal „Makbcth." eine heroische Oper in
und die Fiakers ins Ccntrum. Man konnte im Vorans »er- dreh AufzKgen . Musik von C h e l a r b , mit außerordentlichem
mnth.'n, daß die Sitzung stürmisch seun werde, indem die Om Wenfälle gegeben. Die Damen Schechner und Sigl-Ve:
nibus große Prätensionen machten , und die Fiakers und Kab-. spermann, jene als Lady MakbetK, diese alsMoina.
riolets sich gewöhnlich nichts gefallen lassen. Tochter des Königs Dunk«», so wie Herr Pcllegrini ali
Ein OmnibuSkutscher bar als erster ein geschriebener Red Makbeth , schmückten sich mit neuen Lorbeeren. Der Tonseyer
ner das Worr. „Meine Herrn sagt das verehrliche Mit und die Hauptpartkien wurden am Schlüsse mit dem größten
glied. wb?,n eS sich gegen die Fiakrcs wendet, „meine Herrn, Enthusiasmus gerufen.
die Errichtung der Wagen , die ich zu repräscntiren die Ehre Cbelard kam mit eigenhändigen Empfehlungsbriefen de«
habe, Kar euch mit Schrecken erfüllt, und ihr täglich steigen Königs nud Dauphins von Frankreich an unfern König verse,
des Glück droht euch Unheil nnb Verderben; deßkalb habt ihr Ken hier an, und diese Oper war in Paris sechszehn Mal nach
eine schreckliche, eine schändliche Verschwörung angezettelt, einander gegeben worden.
(Murren im Centrum) , ihr habt einen revolutionären
Klub gebildet (Bravo, rechts), ihr wollt die Omnibus stür Vehlage: Kunstblatt Nr. 5Z.
Verlag der I. G. Cotta'fchen Buchhandluug.
16«.

M v r g e n b l a t t

gebildete Stände.

Freytag, 4. Juli 182 8.

Du bist Nng i» deinen Sinnt, glclchwobl scheinst du mir ei» Thor;


Narrenl'.indeln siebst du klüglich, klugen Sachen närrisch vor.
Tscherning.

Di« «bentcrrer Hajji Baba'S. mich mit einem solchen Smpfangc begnügen?' — „Und
warum nickt ?" versezte der andere, ..die? ist die Art wie
(Fortsetzung.) andere Gesandte empfangen werbe», und was wollt Ihr
Der Mehmandar bestätigte zu nnskrer großen Freude mehr? ' — . Was weiß ich von andern Gesandten?" er-
die Nachricht des Ceremonienmeisters. Der Schach von wiedcrte der Stellvertreter des ScbachS wüthend. .,Ss gibt
England wollte die Gesandtschaft vor Ablauf einer Woche Könige von verschiedener Art in der Welt, und eben so
empfangen ; und als Mohamed Beg den Tag mit einem, find ihre Stellvertreter verschieden. Ich weiß mir, wen
in unscrm Kalender übereinstimmende» verglich, so wa- ich vorzustellen hal>e. Mein Gebieter ffzt ans dem ältesten
ren wir froh zu finden, daß eS gerade der nach dem un: Throne in der Welt. Wenn Ihr nnsre Vorfahren zu ken
glücklichsten unserer Tage war, nämlich nach dem „Mitt nen verlangt, so will ich sie Such von dem heutigen Tage
woche des SiendS *).« bis zu Noahs Seit an vorrechnen. ^Und wenn es Such
Mirza Fironz erkundigte sich dann nach der Art und einfällt, Sure fränkischen Könige, deren Namen nicht ein
Weise, wie die Ceremonie vor sich gehen solle, worauf der mal in Persien bekannt find, mit unfern alten Herrschern
Mehmandar antwortete, daß er mit denselben Ehrende: zu vergleichen, so ist es klar, daß Ihr nicht viele Schritte
Zeugungen wie die Gesandten anderer Mächte würde em von dem Platze entfernt sr»d, wo die Leute ihre eignen
pfangen werden. „Und wie ist das ?" fragte der Mirza. Thorheiten verzehren." — „Was für Reden find dieß?"
«Der König," versezte der Mehmandar, ..wird Euch in rief der Mehmandar aus. „Wollt Ihr die Sitten unser«
seinen Simmern empfangen. Ihr werdet in Surer Kut Landes ändern? Wenn es Snrem Schach gefüllt einen
sche nach dem Pallaste fahren. Dort werdet Ihr von dem Bart zn tragen, ist dieß kein Grund für den unsrigen, es
Ccremvnienmcister empfangen , und durch den Vezir der auch zu thun. Jedes Volk hat seine eigenen Gewolmbei-
auswärtigen Angelegenheiten dem Könige vorgestellt wer ten." — „Als Sner Gesandte in Perfien," sagte Mirza
den, und dann Euer Creditiv übergeben." „So, bev Firouz, „die kaiserlichen Thorr von Tchran erreichte, ward
meinem Barte!" rief der Elchi aus, „mevntJhr ich werde er auf die Weise empfangen wie ich hier ? Nein , des KS-
nkgs Amou *) ward zu seiner Pewillkvmmung gesandt, noch
*) Die Perser halte« alle Mittwoche für »nglüttliche Taac. ehe er die Stadt betrat, und «I? er zur Audienz ging,
Oer lezte Mittwoch deS Monats Sefcr ist der Tag, an wel
chem sie erwarten, daß die Posaune das Weltgericht verkündi ») Am o ,l oder OKeim ist ein Name, den man öfters Günst
gen wird , und dieß hat einen Übeln Einfiug auf alle andern lingen oder Svielgesetlcn bcvlegt, und wird Pier in diesem Sinne
Mittwoche. . . » , gebraucht. . . ' > - >
. 6zg. ,^
waren die Truppen längs den Straßen sufMellt, Kons-, „. _Wir aber, die an die Art und Weise des Gesandten ge
neu wurden gelöst und Jucker unter die Füße seines Pfer wöhnt waren, sahen nichts Außerordentliches in dem, was
des gestreut; Tummeln, Pauken dnd Trompeten ertön vorgefallen. ^
ten du^ch die Stadt ; die Bazars waren geschmückt und ^ / > (Die Fortselzun/fvlgt.) ^ .-
das Volk hatte Befehl, ihm- alle mögliche Ehre zu erzeigen.
Er ward mit einem Ehrengewande bekleidet und man
vergönnte ihm in demselben Gemache zu stehen, worin der Die Rose von Jericho oder der Christabend.
König der Könige ruhte. Und ich schwöre bev dem Barre (Fortseyung.) —
des Propheten, wenn man mich nicht ans dieselbe Weise Während die Familie so betete, ging im Glase auf
behandelt, begebe ich mich als Privatperson nach dem dem Tische die Rose auf und proxhezeihte in dem Maße,
Pallaste, verlange dort den König zu sehen) lege meines wie sie sich aufthat und ihre Acste ausbreitete, ein mehr
Schachs Briefe in seine Hände , sage mein K h o d a Ha- oder minder segenvvlles Jahr. Und wenn sie weit sich auf-
fiz Schuma, „möge Gott Euch in seinen heiligen Schuh gethan, da waren Alle gar freudig; der Vater dankte
nehmen !" verlasse auf der Stelle dieß Land und gehe hin, Gott und die Mutter hatte überall zu wehren, daß die
woher ich gekommen." — „Das mag sich Alles wohl sa Kleinen nicht auf den Tisch kamen nnd mit den Fingern
gen lassen, so weit es Euch betrifft," versezte der Meh- an die Zweige rührten. Jczt nahm Kuoni das Wort und
mandar, „aber mein Gebieter hat auch etwas in der Welt sprach: „Seht, lieben Kinder, fo wie die Rofe bey unserm
zu bedeuten und wird wahrscheinlich um seine Meynung Gebet aufgegangen, müssen auch eure Herzen aufgehen,
in der Sache befragt werden. Gesezt nun, er wollte Euren wenn ihr mit Gott redet. Nur dann, wenn dieß geschieht,
Besuch nicht annehmen?" habt ihr recht gebetet, und euer harrt auch ein Segen,
Wir sahen das Gewitter im Anzüge und meynten, es der ewig dauert. Aber wie jezt noch ein langer Winter
wäre besser gewesen, die Worte des Mehmandars wären vorübergehen muß, bis der verheißene Rcichthum in un
in seiner Gurgel stecken geblieben. Das Gesicht des Ge serm Tbale sich ausbreitet, so geht auch euch erst nach ei
sandten verzerrte sich, die Haare seines Bartes standen nem langen Winterleden ein Frühling auf, und die wahre
aufwärts und der Schweiß drang tropfenweise hervor. Fülle jenes Segens kommt über euch, wenn ihr mit den
«Kurz denn," sagte er mit feuersprühenden Augen, „bin Engeln im Himmel zusammenkommt!"
ich ein Gesandter oder nicht?" — „Ist mein König ein Wenn Kuoni so sprach , horchten die Kinder ihm auf
König oder nicht?" sagte der Mehmandar, und in seinem merksam zu und keines rührte sich. Die jüngern wußten
Acrger murmelte er etwas in seiner eigenen Sprache wie zwar noch nicht recht, was er meynte ; aber die altern ver
„Dam oder Damm» *)" vor sich hin, und dieß Wort be standen ihn wohl, und sie freuten sich gar innig der schö
rührte das Ohr des Mirza, der sich erinnerte, es öfters nen Verheißung. Eine reine und unverdorbene Natur ist
an Bord des Schiffes gehört zu haben, und es für einen bald sähig, das Göttliche zu fassen, denn es liegt ihr ja
ihm selbst beygelegten Schimpfnamen hielt, worauf feine fo nahe!
Wuth sich in folgenden Worten ergoß : „Dam, sagt Ihr? Die Eltern beobachteten nun sorgfältig, gegen wel
bin ich Dam? Wenn ich Dam bin, so seyd Ihr Da ms ches ihrer Kinder ein Zweig der Rose sich besonders aus
Vater. Soll ich hier verweilen um Dam genannt zu wer gebreitet hatte , weil diesem dann auch ein vorzüglich
den? Bey allem dem bin ich Etwas in meinem eigenen gesegnetes Leben bevorstand. Kuoni glaubte fest an diese
Lande! Ich will das Grab von Dams Vater entweihen! Vorbedeutung, denn sie hatte sich ia auch an ihm erfüllt,
Ich will seiner Mutter, Schwester, seinem Weibe und gar herrlich und schön !
allen seinen Vorfahren allen Schimpf anthun , den ein War der Winter nichtgar zu rauh, und lag der Schnee
Esel ihnen anzuthun vermag. Ich bin nicht dicfen langen nicht mannshoch im Thale, so kamen wohl am Christabend
Weg hergekommen um Dam zu essen und um es aus noch etliche Nachbarn in Kuoni's Hütte, um mitzubeten,
solchen Händen zn essen." Und damit stürzte er aus dem daß die Rose von Jericho weit sich aufthäte. Geschah es,
Zimmer und überließ es dem Mehmandar, die Augen des so kehrten sie alle dann froh wieder heim und erzählten
Srstonncns zn öffnen und die Schläge des Verdrusses zu von der Rose und dem Segen , der auf ihre Weiden und
verzehren. Dieser sezte nun seinen Hut auf, sah nach Heerde» kommen sollte und sprachen viel auch von Kuoni's
seiner Uhr, knöpfte seinen Rock zu, zog seine Hand verständigen Reden ; denn sie alle liebten ihn sehr und ach
schuhe an, und nachdem er zu unö gesagt: „Möge sich teten ihn hoch, weil er lesen konnte.
euer Schatten niemals verringern !" verließ er ruhig das Gewöhnlich pflegte Kuoni am Christabend seine Ge
Haus. schichte zn erzählen. Darum kamen auch oft weitentlcgcne
Thalbewohncr an diesem Abend zu ihm", denn Alle moch
") Der bekannte englische Fluch. ten gerne hören , wie ihr Nachbar von Gott gsprüft wor
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den sev , bis er würdig geachtet wurde des Glückes, dessen um ihn lvaren und semeS Atters sich freuten, so von
er jezt genoß. Kuoni erj,ihlte ^dann so. ihm haben scheiden könne». Mir einem schweren Seuf
Drunten am See,, wo. daS schöne Stanzstadt liegt, zer lcknte er sich auf meine Schüller, und eine große
stand daö HauS meines Vaters ES war klein und unau- Thräne brach auS feinen matten Augen. Ich begleitete
schnlich ,m Vergleich mit den Däusern des Fleckens, aber ihn auf die Bank am Sccufer, wo er sich niederließ. SS
wir wohnten froh darin und freudig. Nicht nur Liegen war alles stumm und still. Kein Laut kam ans der ver-
Uttd Schafe waren unser Eigeiitbum, wir vermochten auch ödclcn Hülle. Von all den Lieben zeigte sich Niemand
eine Kuh zu ballen Jahraus und ein. Unsere Hülle hatte mehr. Die Wellen rauschten am müssigrn Fischerkahn
»irr große Fenster, die sahen hinaus auf de» See; das vorüber. Das Klingeln der Heerde tönte traurig.
war eine Aussicht! Links der schwarze Pilatus mir seinen Die Scbaafe weideten in einiger Entfernung, die Kuh
hohen Spitzen, gcrad hinüber gings gegen Winkel, und lag im Schatten eines Baumes, und die neugierige»
rechtS konnte mau weit hinabsehen über den See nach Küß: Ziegen stiegen herab vom Berge und vcri'ammellen sich
nacht hin und a» den freundlichen Rigi. Ich war unter um uns. Sie thalen, als wvlllen sie fragen, wo die Buben
drev Brüdern der älteste und fubr mit meinem Groß- wären, die ihnen sonst am Morgen und Abend fleißig ihr
valer auS auf dem See. Auch kam ich zwcvmal mit ihm Salz gebracht. ^
hinunter nach Lnzern in die Stadt. Meine jünger« Brü Jezt wendete der Großvater sich zu mir und sprach :
der weideten die Heerde , und mein Vater arbeitete den ..Kuoni, der Herr hat uns schwer geprüft; aber sein Na
reichen Leuten von Stanzstadt für den Taglohn. So leb me werde gebeiliget, und sein Wille geschehe! die Lieben
ten wir fort, zufrieden und froh und gesegnet von Gott; haben uns alle verlassen, sie sind heimgegangen zum Va
denn wir waren Alle gesund und wohl, vnd unsere ter, und nur du und ich sind »och zurückgeblieben in der
Heerde gedieh und vermehrte sich lährlich. Und wenn fremde. Doch wir können unö gegenseitig trösten und hel
der Christabend da war, so besuchten uns viele Nach fen, ick dir durch Rath und du mir durcb ?l>at." Dar
barn; selbst vornehme Leute, die zu Stanzstadt prächtig auf schloß er mich in die Arme und zog mir matter Kraft
wohnten, kamen jezt in unsere .Hütte; sie alle wollten mich a» seine Brust. Ich mußte weinen und er a»ch,
die wunderbare Rose von Jericho sehen, die mein Vater doch es wurde ihm und mir leichter ums Herz.
von seinem Vater, und dieser von einem frommen Mönche
ervalten, dem sie ein andächtiger Pilger einst heimge (Der Beschluß folgt.)
bracht hatte von Rom, woderPobst wohnt. „Kuoni, deiner
wartet noch großer Segen sprach der liebe Großvater an
diesem Abend oft zu mir, in Gegenwart aller Leute, wenn Korrespondenz-Nachrichten.
die Rose ihre Zweige immer vorzüglich gegen mich aus
breitete. Die Vornehmen lachten über diese Prophezeihung, London, Juni.
aber die Nachbarn, die niisersqleichen waren, blickten mit
einer gewissen Ebrfurcht auf mich, und sie alle freuten sich Den Igten dieses gab Hr. Schulz von Wien, nebst seinen
bevdcn Söhnen, (Zduard und Leonhard, ein Konzert in dem Ar-
mit meinen Eikern der Verbeißung des Greises gar innig. gvlesaalc. untersinzt von Herr» und Frau SchKy, den Gebrüdern
Und ich war froh im Herzen und verrichtete freudig, was Herrmann von München. Hrn. Schunkc. Cuddy und ciniqe» an
an rmich kam, und betete : „Dein Wille geschehe auf Srden dern. Mad. Schüg sang einige Arien au« dem „Frepschüy" und
wie im Himmel!- zwar deutsch init sehr großem Bcusail , eben so ein Duett «u«
der„Schweizerfamilic" mir ihrem Manne; die Gebrüder Hert
Es war in den ersten Tagen, wo der Schnee zu schmel mann spielten ei» treffliche« Quartett von Beethoven, und
zen begann, und an allen Seiten der Berge rauschende sangen das bekannte Lied „gute Nacht" zur allgemeinen Zufrie
Bäche hinunterstürzen in den See, als eine böse Krank- denheit. Auch ein, Konzerts, welche« Herr Schulz, von seinem
beit in unsere Gegend kam. Wir alle wurden von ihr be- Vater und Bruder auf der Harfe begleitet . auf der Soiliar-
monika gab . fiel vortrefflich au«. Dieses Instrument findet
fallen; meine Eikern starben innerhalb wenig Wochen, überhaupt sehr vielen Beyfall bev allen Kennern , und die Fa
meine zwev Brüder folgten ihnen in kurzem nach. Ich milie bat acht Mal vor dein Könige spielen müssen. Am treff,
litt dabey am wenigsten, immer könnt' ich die Andern lichsten aber zeigte sich Eduard Schulz in einer Reibe von sebr
noch besorgen; mein Großvater, den ich schon verloren schweren Variationen von Herz, auf dem Klavier. Seine Aus
führung ist fest und zierlich zugleich, und voll Ausdruck;
gab , erholte sich wieder. CS war an einem heitern Nach der Junge versp.icht, wen» er so fortfahrt, einer der ersten
mittag, als er sein Krankenbett zum ersten Mal wieder ver Klavierspieler z» werde» ; dabe« ist es aber wirklich merkwür
ließ. O ick, werde diesen Nachmittag nie vergessen ! Ich dig, dag bisher von alle» Musikern, welche Konzerte gegeben
führte ihn hinaus vor die Hütte. Lange blickte er um sich haben . keiner i>>» Kat spiele» lassen. Ich fand unter den Zu
hörern den berühmten Maultrommelsprcler Viilciistei». Der
her , ob er denn außer mir sonst Niemanden mehr sähe. arme Meusch hat sich durch diese« Spiel so sehr die Zähne ver
Lr schien nicht glauben zu können, daß Alle, die einst dorben, daß er es Kat aufgeben müssen; er tröstet sich indessen
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damit , baß er eine Menge Schüler dadurch erworben hat , die Pari«, im Juni»
er i» der Musik unterricmct. Indessen war der Saal nicht (Veschlu?.)
seiwvoll, und zwar weil es der Jahrestag der Schlacht de«
Waterloo war und der Herzog von Clareuce der vornehme» Ein Fiakre nimmt nun das Wort »ud spricht: »Ich
Welt auf der Themse ein Fest gab , begleitet von einer präch komme blvs hierher um mich über eine persönliche That«
tigen Wettfahrt von Voten (Negott») , »aS alles nach jener fache z» erkläre». Dieser Herr da nannte mich eine« Wer«
Segend hinzog ; den« sonst sind bevnahc alle Konzerte vors fchwbrcr, eine» Revolutionär. Wohlan denn, beym Teu»
theilhaft für die Unternehmer ausgefallen. fel , ich Imbe koufpirirt (ab ! ah ! auf der rechte» Seite) . . ,
Am töten feuerten auch die Nonconforniisten ihren Triumph aber davon handelt sichs gar nicht jezt. deshalb sind wir von
durch ein prächtiges Mittagsmahl, wobey jede Person zwch unfern Kommittenten jezt nicht hichcv geschickt worden. Wir
Guineen bezahlte. Es waren viele Herrn aus Heyden Pari«: wurden gesandt Frieden zu stiften, »nb siehe, da kommt ein Oin«
mentshäufern . so wie Abgeordnete von fast allen Gemeinden niliuS und macht sich über uns lustig, nennt uns Karrnl
jener Klasse im Königreich zugegen , und der Herzog von Süss Euch Omnibus flchts in der Tbat recht gut, sich über unS
sex führte den Vorsitz. Man trank mehrere passende Toaste, Fiakers lustig zu machen! gleicht ihr denn nicht den Menage,
unter andern auch einen, der den Wunsch ausdrückte, dag bald riewagen oder den Karr» herumzicheudcr Krämer?" (heftiger
alle Ausschlicsnmg von Lehranstalten wegen religiöser Mcmmn- Ausbruch des Unwillens anf der Rechten). Der Redner wen«
gen («aS bekanntlich noch auf den englischen Universitäten bet sich auf diese Seite: „meine Herrn, wollt ihr Krieg '! nun
der Fall ist) «»sichren möge. Morgen (den 2Isten) wird unter wohlan, wir sind bereit." (Rechts, ja! ja! — Links Aber, aber,
dem Herzoge von Wellington eine Versammlung stattfinden, meine Herr», ihr vergegt, warum unS unsere Kommittenten
um sich über die Mttel zu beratben, eine Universität iu Lon Kiehcr sandten). Der Redner mit Nachdruck: „wir »«erden bald
don , unter der Aufsicht der Kirche zu bilden ; denn es wird sehen , wer der Stärkere ist, ihr send einer gegen zehn."
den Angllkoncrn bange, eS möchte die bereits gestiftete Uni Jezt erfolgte solch ein Lärm , dag man sein eigenes Wort
versität, die nicht für sie ist , eincn ihr entgegeuwirkenden nicht mehr höre» konnte; die Fiakrcs und Omnibus wollte«
Einfluß äußern. Dicii ist sehr möglich ; wenn aber diese zu schon handgemein werden, da fiel eS endlich dein allgemein be»
stiftende Kirchenuniversität nicht ganz liberal ist , so wird sie liebten Kabrioletkutscher Merlin, le Coguc genannt , ein. um
die andere nicht in ihrem Gange bindern. Bildet sich aber je das Wort z» bitten; still! still! hieß es alsbald von alle»
eine Kirchenuniversität nach freysinnigcn Grundsätzen , so darf Seilen , Merlin le Coaue will spreche». Merlin bestieg de»
man ihr gerne den Sieg wünschen. Reducrstul'l und begann : >
Das Pferderennen bcy Ascott ist glücklich vorübergegan „Meine Herrn, wir sind hier versammelt um darüber;«
gen ; der König war jeden Tag da, was allein smon hinrcichte »erhandeln, wie eine Vereinigung zu Stande gebracht werde»
ein Heer von Menschen zusammenzubringen , vbqlrich^cs fast könnte, deren Zweck senn soll, denbcklagnngswertben (ciexl«r»die)
beständig regnete, uud Straßen und Fcld eine ungeheure Pfütze Mißverstand zu beseitigen. Von den bcyden Rednern, di«
bildeten. D.r König war in fcbr guter Laune, weisse ihn vor mir die Bühne betreten hatten, scheint keiner sich auf
sogar dann nicht verließ, als er alle seine Pferde, welche er de» rechten Standpunkt gestellt zu haben; (hört! hört!) ich
rennen ließ , besiegt sah. Anch war daS Volk , vornebm und billige keineswegs des Herrn Omnibus Verfahren, der zuerst
gering, über das gesunde und fröhliche Aussehen des Monar feine Zuflucht zu Persönlichkeiten genommen hat, der schmerz,
chen in ausgelassener Freude, und das Lock »q/«, tve King, lichc Erinnerungen , die man vergessen wollte und sollte , inS
von 5N.UW Kehlen angestimmt , hatte beu dieser Gelegenheit Gedächtnis zurückrief, und bitten, Vorwürfen Tbor und
wirklich etwas Rührendes. Spieler und Beutelsllmeider trie Tbür öffnete, (Bcbfall auf der Linken. Todesstille nufderRecl»
ben wie gewöhnlich ihr Wesen , und sollen trotz Sir Richard ten). Auch billige ich nicht seinen heftigen Ausfall gegen dir
Birnie und seinen Polizcvinirmi,do„cn eine gute Ernte gevabt Fiakrcs . weil von bcpden Seiten gefeblt lmirde (zur Rechten :
haben. A» Bo x i »g-M a t ch es und Schlägereien fehlte es nein! nein!) Wie? ihr sagt nein? ... Isis nicht wa<>r, dag
auch nicht. Eine der lezterc» hatte einen traurigen AuSqang. ein OinnibuSkutschcr de» Wagen eines FiakerS, wäbrcnd er
iude», sie einem jungen Edelmann? das Leben kostete. Einige einen Augenblick auf die Seite ging, am Boulevard du Tcmplr
halbbctruiikene junge Herrn nämlich geriethcn in Streit mit umwerscn wollte ? (Im Ccntrum, wabr. ganz wahr!) Aber,
mehreren Burschen der Stadt Wiiidsor i„ der Stadt selbst; es meine Herrn , unsere Kvmmittciiten erwarte» »0» nnS mehr
mochte wohl von bcubcn Seiten Schläge gesczt habe», als Lord alS Deklamationen und Geschwätz, werden wir uns trennen»
Moimt-Saudon hinzu kam . und ebne sich im Geringsten in olme etwas gerhan zu haben , was ibren Hoffnungen cntsplicht ?
den Srreir gemischt zu s^ben, von einigen Bürgersleuten an (tiefer Eindruck in der ganzen Versammlung). Nein , deßbalb
gefallen wurde, deren einer ihn mit der Faust zu Boden schlage ich vor einen Ausschuß zu ernennen, der alle Gelber in
schlug. Er ward am Haupte blutend aufgclwbrn . und starb Empfang nimmt, die jeder verdient ; wöchentlich sollen sie dann
nach mehreren Tagen an einer empfangenen Gebirnverlevung. gleichmäßig verthcilr werden." Die Omnibus: ..ganz und gar
Die Todtenschau ist noch nicht beschlossen; bis jezt ist es „ach nicht , ganz und gar nicht! unsere Einnahmen sind bep weitem
dein Zeugenvcrhör noch nicht gewiß, ob er die Tvdcswundc durch beträchtlicher als die der FiakreS und Kabriolets ! „MißbiM«
den Fall auf einen Siein oder durch Fußtritte erhalten. ES gung im Ccntrum und ans der Linken. Die FiakreS erbeben
sind zweu Männer im VerHaft ; man weiß aber nicht genau, ob sich in Masse und erkläre«, mit den Omnibus leb nicht au?«
der. welcher de» Lord niedergeschlagen hat , darunter ist. Auf zukommen, sie wollen Krieg, „ek Kie», so soll er beginnen !''
jeden Fall kann er keines vorsätzlichen Mordes beschuldigt werde». Ein großer Lärm herrscht in dem Saal, die Omnibus brechen
Die französische Schauspielergescllschast hat ihre Scaso» endlich auf, die Fiakrcs und Kabriolet« lassen sich Wein un5
bevnahc, beschlossen . welche ziemlich gut ausgefallen scvn soll. Punsch bringen . und endigen heiter und lustig die stürmische,
Dem. MarS ist aber mit einige» unbedenteiidercu Künstler» fruchtlose Sitzung.
hier angekommen , in der Absicht, sechs Abende im italienischen
Opcrnbause zu spiele»; es ist ei» Unternehmen Laportes, des
Pächters dieses Hauses . das vielleicht gelingen dürfte. Berlage: Literaturblatt Nr. it,
, (Die Fortsetzung folgt.)
Bertas der I. G. Cotra'schen Buchhandlung.
N°. 161.

M o r g e n b l a t t

fSr

gebildete Stände.

onnabend, 5. Juli i 8 2 8.

Wer flicht die unbedeutend arünen Blätter


Zum Sl'renrranj Verdiensten jeder Art?
Wer sichert den Olymp, Vereinet Sötte«?
De< Mensche» Kraft im Dicht« offenbart.
Goethe.

Aera try .über literarisches Eigenthum. doch zugeben müssen, daß dieß der Einfachheit und Klar
heit der Begriffe an sich keinen Eintrag thut.
Die wichtige Frage über geistigesSigenthum und „Der Begriff des likerarischeniSigenthums ist ein ziem
N a ch d r u ck ist seit Erfindung der Buchdruckerkunst tausend-, lich neuer ; er entsprang im Schooße eines schon ausgebil
mal besprochen und Vorschläge sie zn lisen gegeben worden, deten GesellschaftSzustandes und gründet sich auf die Erfin
wie dieß noch oft der Fall seyn wird, bis ein ausgebildetere? dung der Buchdruckerkunst. Die erl«,benen Gedichte des
GesellschaftSzustand dieselbe faktisch list. Als Vorbereitung zu AlterthumS wurden von Rhapsoden gesprochen oder vielmehr
dem ersehnten Ziele ist jede verständige Beleuchtung des Ge abgesungen, die Tragödien eines Sophokles wurden auf
genstandes wichtigundinteressant, aderauch denjenigen, dem den Theatern Griechenlands vorgestellt, aber kein Gesetz
der Zweck des Streites ferner liegt, zieht er an als ein jener Zeit gibt eine Bestimmung zu Wahrung des Eigen-
Spiel des Witzes und Verstandes , als ein weites Feld, thumsrechts der Dichter. Zu Ciceros, besonders zu Pli-
auf dem sich geistreiche, eigennützige und uneigennützige, nius des jüngern Zeit, schrieben zu Rom Frevgelassene
Sophismen und glänzende Paradoren tummeln. Dieß al die neuen Werke ab, und von den gleichzeitigen Verfas
lein schon weist aber daraufhin, wie wenig geistiges Si sern geschah darum keine Einsprache. So war es noch im
genthum auch nur entfernt mit körperlichem Besitz zn Mittelalter, bis Guttenbergs Erfindung vielfältige und
vergleichen ist; die Frage ist ihrem Hauptinhalte nach augenblickliche Verbreitung der GeisteSwerke möglich, und
^ rein geistig, und darum wird auch so erfolglos und mit sie zum Geschäft einer geringen Händezahl machte. Erst jezt
solcher. Erbitterung darüber gestritten, darum sehen wir ver erschien es denkbar, den Verfassern von Geistesprodukten
ständige, gebildete Männer mit übertriebener Vorliebe einen Vortheil deßhalb zuzugestehen, und man kam über
hier für die Signer, dort für die Diebe, hier für diejeni die Sache überein , ohne den Grundsatz zu besprechen ; ja
gen kämpfen, die das Gut schöpfen, dort für diejenigen, man dachte nicht darüber nach , ob auf einen dem Public
die damit handeln. kum mitgetheilten Gedanke» oder eine Reihe von Gedan
In der Kammer der französischen Deputirten soll näch ken je Ansprüche gemacht werden könnten, wenn derjenige,
stens ein Gesetz über literarisches Sigenthum besprochen der sie einmal in Umlauf gebracht, unvermögend ist ih
werden, und wirtheilen hier mit, was Keratrv in der rer wieder habhaft zu werden. Die Frage über dasliterari-
Sitzung vom s^sten Juni vorläufig darüber geäußert hat. sche Sigenthum ist aber jezt eine für die Gesellschaft äußerst
Sollte es auch manchem Leser scheinen , «15 ob die Rede wichtige Frage und eiu Gesetz darüber erfordert reifliche
etwas mit französischem Flitter gepuzt scy, so wird ex Ueberlegung und Beleuchtung von allen Seiten.
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Das Eigenthum, das sich auf eine literarische Arbeit Sonst durfte er kaum auf einen Platz in der Akade
gründet, würde man mit Unrecht dem Besitz eines"Erb- mie und auf einige Lehrstühle Anspruch machen ; jezt sieht
gnts, eines Hüttenwerks, eines Gebäudes gleichstellen. er die Pforten der bevden berathendcn Kammern, ja die
Der Mann von Genie treitt ein gaijz anderes Vermögen des Raths des Fürsten sich vor ihm aufthun. Gewiß!
um, das des Verstandes, -und damit kann er auch bet Werke, durch die man sich solches erringt, sind ein Ei
menschlichen Gesellschaft große Dienste leisten; vermittelst genthum. Wie kann man aber dieses Sigenthum mit den
seines Scharfsinns zeichnet er entweder unserm Gewerb übrigen Arten von Eigenthum zusammenstellen? und wa
fleiß sicherere und kürzere Bahnen vor, und diese Leisturi- rum sollte es dann nicht des gemeinen Rechts genießen,
gen gehören gewissermaßen in die Klasse der Patente für das über das Sigenthum überhaupt bestimmt ? erwirbt es
Erfindungen, oder aber er schöpft ausglüHc«der Brust er- etwa nicht ebensvviele Achtung? war Büffon als Ver
habene Gefühle, aus kräftigem Geiste große Gsdanken, fasser der Naturgeschichte minder ehrenvoll bekannt, denn
und adelt in nnsern Augen die Bestimmung des Menschen. «IS Besitzer des Gutes Montbar? Verdankt Voltaire
Cr wird Schöpfer eines der fchönen Werke, die unserm seinen Ruhm seinem Schlosse zu Ferne»? Nein, daß daS
Geschlechte das Recht erWeilen, sich 'in der großen Wesen Geistcseigenthum höher steht, ist außer Zweifel, aber
reihe ein wenig hoch zu stellen, und bereitet dadurch sei eben darum muß es eine Gränze haben. Um mit seinem
nem Jahrhundert hohe Genüsse; seine Genüsse aber gehen Schöpfer nicht ganz unterzugehen, braucht es denselben
gleichen Schrittes damit, wird ja einerseits die öffentliche blos als ein ewiges Denkmal für einen dem Vaterlands
Achtung sein Lohn, und hat er ja andcrnfcits den Durst geleisteten großen Dienst zn überleben. Ja man darf mit
nach Wissen , den Drang nach der unaussprechlichen Lust, Wahrheit sagen, er selbst verlangte nichts anderes."
die dasselbe begleitet, befriedigt. (Die Fortsetzung folgt.)
Das Loos der Schriftsteller in Frankreich hat sich seit
der Revolution unstreitig gebessert, und dieß war billig:
sie hatten ihr Vaterland aufgeklärt, hatten ibm im Aus Die Rose von Jericho oder der Christabend.
land hohe Achtung errungen; es war reckt, daß das erha
bene Sittengesetz des menschlichen Geschlechts, nach dem (Beschluß.)
früher oder später daS Gure zu seiner Quelle zurückfließen Ich war achtzehn Jahre alt und verstand mich schon
soll, an ihnen in Erfüllung gehe. Ja, es fiel vor ihnen ziemlich auf Haus und Heerde. Der Greis erholte sich in
die Schranke, die sie von der Verwaltung des Landes aus Kurzem, und es ging uns bald wieder gut. Viele
schloß, dessen Ruhm sie waren ; es hob sich das Vorurtheil, der freundlichen Nachbarn, welche die Krankheit verschont
als sey der Forscher als solcher zu öffentlichen Aemtern hatte, standen uns bcv mid halfen uns willig, so weit es
unfähig, ein sonderbarer Widerspruch, vollkommen wür ihnen möglich war. gwcv Jahre lebten wir so zusammen,
dig eines Jahrhunderts voll Widersprüchen. Die Schrift da drohte mir plötzlich ein neuer Verlust. Das lezte
steller fehen sich endlich davon losgesprochen, blos müßigen Liebste auf Erden sollt' ich jezt lassen, den lieben Groß»««
Lesern zur Unterhaltung dienen zu dürfen. Allerdings ter. Er wurde krank und alle Hoffnung seines Wiedcrge«
haben sie einen Titel dabev eingebüßt, auf de» sie nie nesenS war hin. „Kuoni," sprach er eines Abends zn mir,
viel hätten halten sollen, den Titel von Schöngeistern, wo „jezt geh ich auch heim zu deinen Eltern und Brüdern ; der
mit man sie unter Ludwig xlv. zu bezeichnen ansing, und Herrgott ruft mich , und sroh u/id freudig folge ich diesem
über den die großen Geister jener Zeit weit erhaben wa Rufe. Nur Eines liegt mir noch am Herzen : ich möchte
ren, wenn sie auch weit entfernt, seyn mochten, ihn von dich nicht fo allein da lassen. Drum nimm des alten Nuo»
sich zu weisen. Es breitet sich jezt vor dem Manne, der di's Tochter drüben am Berg, du siehst sie ja gerne und
sich der Bildung seines Geistes hingibt, ein weiterer Ge sie dich auch. Sic wird eine brave Frau werden und dir
sichtskreis aus ; aber damit ist auch sein Leben ernster, sin hundertfachen Segen inS Haus bringen. Und der Rnodl
niger, ich möchte sagen gewichtiger geworden. Die Zeit gibt sie dir auch gerne, ich weiß es! Versprich mirs und
der Madrigale ist für ihn wie für das Publikum vorüber ; gib mir deine Hand drauf, Kuoni ; dann scheid' ich ru
Rührung, Belehrung, Verbreitung der Menschenwürde hig aus dirscr Welt." Ich gab ihm die Hand und weinte.
bis in die untersten Stände,, die Anknüpfung des gegen Er aber sprach: „Behalte Gott im Herzen, Kuoni! und
wärtigen Wettlaufs an eine noch bessere Zukunft, dieß sind wenn dich was hart ankömmt, so blicke auf zum Himmel
die Frückte, die er von seinen Bestrebungen erwartet, Be nnd bete. DaS Gebet ist eine gar gute Heilquelle, worin
strebungen, die oft sein eigenes Wesen aufzehren, denn sich das matte Herz erfrischt und stärkt; und nur dicjeni«
die Fakcl deS Genies verzehrt sich ja, während sie leuch gen, welche den Much nicht haben, oder denen cS am
tet, deren Reiz aber so mächtig ist, daß es den Denker Willen mangelt, auf die rechte Weise hineinzntauchen,
immer wieder zu ihnen hinzieht, bleiben krank und könucu nicht gesunden ! Leb wohl, Gott
6lZ
segne dich und laß dich allzeit finden den reckten Weg!" und die Prophezeihung des seligen Großvaters , wenn am
Dieß waren seine lezten Worte. Er starb wie ein Licht, Christabend die Rose von Jericho s, weit gegen mich sich
das kein Oel mehr hat. ausgebreitet, ist gar scbön in Ersüllung gegangen.
Jezt war ich von Allem verlassen ! Doch die Liebe zu Das war die Geschichte , die Kuoni am Christabend
Bethy, des Ruodi's braver Tochter, hielt mich noch auf- nach der rltancy erzählte. Lange lebte er noch in seiner
recht, und ließ diesen lezten Verlust mich allmähliq ver Hütte glücklich, bis auch er endlich heimging. Seine Zra»
gessen. Bethy wurde meine Hoffnung und meine Lust. starb zwey Jahre nach ihm.
Aber die Prüfung, der der Himmel mich zu unterwerfen Die Rose von Jericho aber erbte sich fort von Enkel
beschlossen hatte , war noch nicht überstanden , noch harrte auf Enkel, un prophezeite noch «n manchem Christabend
Sch>?«reS meiner! Ein biser Mann in der Nachbarschaft, Segen in dem kleinen Hause , bis die Revolution , die in
dessen Güter an das meine gränzten , und den alle Leute UnterwaldrnS friedliche Tbäler kam, auch dieses ergriff
ungern um sich hatte», trat jezt plötzlich auf mit einer For- und mit hineinzog in die Verwüstung.
derung, die er an meinen Vater und Großvater zu ma I. Bau mann.
chen hätte, und die weit Alles, was ich mein Srbtheil
glaubte, überstieg. Die Nachbarn alle schüttelten den Kopf Frag und Antwort.
und meynten, dem wäre wohl nicht also; doch er be Fragst du mich, woher die bange
stand darauf und zeigte Brief Siegel und, die er, Gott Liebe mir zum .herze» kam,
weiß woher, genommen hatte. Ich trat mit ihm vor Ge Und warum ich ihr nicht lange
richt; er war ein begüterter Mann, ich eine arme ver Schon den bittrrn Stachel nahm ?
lassene Waise. Die Richter sprachen ihr Urthcil, und — Sprich: wober mit Geisterschnelle
ich mußte dem Manne abtreten, was ich besaß, Haushund Wohl der Wind die Zlügel rührt?
Heerde. Doch Gott verzeih' ihm's und geb' ihm Segen Sprich, woher die süße Quelle
Die verborgnen Wasser führt?
dazu !" Bey diesen Worten traten den, Knoni, so oft er
am Christabend seine Geschichte erzählte, die Thränen in Banne du auf seiner Zährte
Mir den Wind i» vollem Lauf!
die Augen, und Alle, die sie hörte» und ikn fahr», wein Halte mit der Zanbenierte
te» mit und riefen : .,Gott verzeih ihm's !" Du die füßeu Quellen auf!
„Nichts blieb mein ," »ahm Kuoni darauf wieder das ?. Moerike.
Wort, „nichts als die Rofe von Jericho. Diese nahm
ich jezt und zog aus der lieben Hütte, in der ich aufge Korrespondenz -Nachrichten.
wachsen war. Die Ziegen alle liefen mir nach bis an das
Gatter , wo meine Weide endete ; sie mevuten sie müßten London. Juni.
auch mit mir. Ich kam zn Bethy und weinte. Sie aber (Fortsetzung.1
tröstete mich und sprach: «Kuoni, dein gutes Herz ist rei», Treuttel und .?omp. haben so eben den ersten Band oo„
einem sehr interessanten Werk? d>6 Hrn. Taylor vc» Nvrwicy
du bist gesund und stark, darum laß dirs nicht bange herausgegeben , nämlich ^ Ki»t«rie 5ur,«/ «s Oerm»o po,
werden. Droben auf unserer Alp tritt mein Vater dir ir?. Ich nenne es interessant i„ Beziehung auf den Eng
ein Stück Land ab; geh hinauf und bau dir ein Haus, länder, der mit dem Umfang der deutschen, schönen i^ireratur
wir wollen dir helfen, und dann komm ich hin zu dir für unbekannt ist ; für den Deutschen können es nur die Ueberse!-
imm r, und wenn Gott mit uns ist, so können wir dro zungen , womit das Werk nur zu reichlich ausgefüllt ist, (man
denke „der ganze Nathan der Weise" in einem Werke, welches
ben auch glücklich sevn wie da unten, ist gleich der Winter in drc» bis vier Oktavbändcn den ganzen ChkluS de»tscher
länger und rauher." Ich war vor Freuden außer mir, da Poesie umfassen soll!) anziehend mache», aber diese llcbersej-
ich das von Bethn hörte. Ich fiel ihr um den Hol? und zungc» lind »icistentbeilS gut , und dal'er das Buch schon cin-
weinte wie ein Kind. „Bethy , du bist ein Engel !" rief »fehlcnswerlh.' Wir müssen dieser Buchhandlung Dank sagen, die
in de» zwölf, drevzch» Jahren , seit sie ihr Haus hier bcnzt.
ich aus, und hatte noch Vieles sagen mögen, aber ich bereits so sehr viel zur Aufnahme unserer Literatur in Eng
konnte kein Wort mehr reden. Unterdessen kam der alrc land bevgetraqc» bat. DieseS thnt ne uoch besonders durch
Ruodi, und wiederholte mir selber alles, was Bethy mir ihr p«r«izn Hu»r>?rlv ftevieiv, wovon utttcr andern daZ ede»
schon gesagt hatte, und versprach mir zu helfen wie ihm erschienene vierte Stück. Artikel über Wirland und sewe Wer
ke, über NiebuhrS und Waa,S„,uihZ Unterstcchungcu über iie
möglich. römische Geschiente u»5 über Heinrich von Siels! und dessen
Jezt war ich auf einmal wieder reich und ginnte Werke enthält . welche aewis, aucd in Deutschland beachtet ut
dem bösen Mann, waS er mir genommen hatte. Es w.lr werben Verdiene». Sonst enthalt dieser Band noch cine «er?
im Sommer, da ich anfing dsS YauS zu bauen, und im treffliche lleberncht vcn Cailliauds Neilc in l7bcreg«vten. r.^»e
che offenbar vo» c>nen> Manne Keriührt. der an Ort nudStcUe
Herbst wohnten Bethy und ich schon darin , und waren gewesen ist. einen sehr gediegenen A issay üver dll spanihDen ?!«-
eingesegnet vom Pfarrer, und der Himmel war mit mir. «taue, und einen kaum minder gulcu über das neuere n>a
644
nische Schauspiel; Artikel , welche alle vom Nutzen beö Wer, möchte, gingen dabin, eine landwirthschaftliche Armenanstalt
keö zeugen, dessen Fortdauer nun ohne allen Widerspruch der gleich der in Hofwyl, Brüggen u. s.w. zu errichten, und die
gründet ist. So eben ist Kapitän Franklins Beschreibung vv» Anzahl der Zöglinge nach dem Magstabe der zu erhaltenden
seiuer zweyten Expedition nach den Ufern deS Polarmeeres er: Beiträge möglichst zu vermehren. Die dritte Schrift- gibt ein«
schienen. Sie ist wie die erste, und alle andern bev Murray genaue Uebcrsicht der Eiiirichkungen des bezweckte» Instituts,
erschienenen Reise», ei» prächtiger Quarrband mit vielen vors nachdem zni'lrcime Unterzeichnungen den Mitgliedern des Vcr,
trefflichen Kupfern und einer ganz neuen Karte. Wie weit eins möglich gemacht hatten, die Unternehmung wirklich zu
die Erpedition gekommen, welch große Schwierigkeiten und Stande zu bringen , und die lezte endlich enthält den begeister
Beschwerlichkeiten die Reisenden gefunden, daß sie aber ohne ten Dank des Präsidenten der Gesellschaft, des Herrn Pfarrer
den Verlust auch nur eines einzigen Gefährten zurückgekehrt, S ch c l l e r , deutsche» Predigers i» Lansannc. Wenn nicht
ist bekannt. Dieses Werk geht aber inS Einzelne, und gibt geläugnet werden kann, daß die vermehrte Bevölkerung, der Man,
manche interessante Beschreibungen von Gegenden und einzel, gel an Industrie, die Arbeitslosigkeit, zu welcher die in Auf
ncn Naturerscheinungen, spricht aber nicht viel von Men nahme koiiimenden mechanischen Vorrichtungen aller Art un
schen, deren es in jenen unwirtbbaren Gegenden doch mehr sere untersten Klassen «erurtheilen , die ökoiiomische Lage eine«
gibt, als man erwarten sollte. Auch zeigten sich beh man großen TKeils des jezt lebenden Geschlechtes bedeutend verschlim
chen Gelegenheiten die kleinen Esquiinaur sehr raub- und mert , und in natürlicher Folge also auch auf ibrc Moralität
streitsüchtig , besonders einmal bey einer Insel an der Mün einen ungünstigen Einfluß gehabt haben; wenn man sich nicht
dung des Mackenzieflusses, wo die Bote der Engländer von einer verbergen kann, daß bey dieser Lage der Dinge große Mittel er
'großen Menge Männer und Weiber angegriffen und bennabe fordert werden, nm dein Uebel gründlich abzuhclfen, so darf
ausgeplündert wurden. Die Engländer hüteten sich ihre Schießge auch hinwieder nicht verschwiegen werde», daß die Zeit, in wel
wehre gegen den feindseligen Stamm zu gebrauchen, eine Mensch cher wir leben, nngeinessene Ansprüche an diejenigen macht,
lichkeit und Klugheit, welche den Offizieren Ehre Macht. An welche ei» EiqenlKnin besitzen , daß Anforderungen aller Art
dere Esquiinaur dagegen waren freundlich, und ließen sich gern bcunahe täglic» die Bürger unsere« Landes bestürmen . deren
in einen Tauschhandel ein. Be» ESqnimaux, ungefähr im Menge und Bedentenbeit, besonders der Mittelklasse zur Last
tZg Längengrade, fanden sie Messer und andere Diugc von fallen müssen. Die leidende Menschbeit hat Rechte auf die
europäischer Arbeit , welche diefe jährlich von andern Esqni- Hülfe der Bemittelten die kein gefühlvolle« Herz verkennen
maur eintauschen , denen ihre Leute weit gegen Westen hin wirb, allein bald sind cs Gl iechenvcreinc, bald Hagel- und Brands,
entgegengehen ; diese haben , wie sie sagten . ein ganz ande steuern . die unzählbaren kleinern Beybülfen ungerechnet, wel
res Ansehen als sie , und reden eine andere Sprache ; Frank che das Mitleiden der Privaten für Dinge in Anspruch neh
lin vermuthct . baß leztere die Maaren von den russischen Pelz- men . die gleichwohl ihrem nächste» Interesse, den Arme» und
Händlern erhalten. Jene westlichen Esquiinaur rauchen sogar Hülfsbedürftigen ihrer Umgebung und i K r e r Bekanntschaft
Tabak. Der Handel zwischen diesen so weit von einander leben fremd sind. So sehr indessen solche Bemerkungen sich auch
den Stämmen scheint erst seit wenigen Jahren in Gang gekom dnijeniqe» Gemöthern aufdringen müssen, die zu der mildesten
men zuseyn. Wohltbätigkeit geneigt sind, so kann man doch nicht umhin»
(Die Fortsetzung folgt.) sich mit de» Unternehmern der neuen Anstalt deS Gelingen« ih
rer schönen Zwecke zu freuen, die ihnen selbst so unendlich
Lausanne, Juni. viele Befriedigung zu gewähren scheinen. Die aufgestellten Mev-
nungcn und Begriffe der tbeilnchinenden Personen werden frey
Seit Kurzein sind hier in verschiedenen Zeitpunkten meh lich wieder von denjenigen, die sich gewöhnt haben, das Leben
rere kleine französische Druckschriften ") erschienen , die um der und seine vielfachen Verkettungen nicht durch da« vergrößernde
Wichtigkeit deS beabsichtigten Planes willen , den sie mittkeis GloS des Enthusiastin«, sondern in dem einfachen Lichte der
lcn und auch zum Tbeil schon erfüllt darstellen, die Auf Wirklichkeit zu betrachrcn, theilS etwa« übertrieben, theils greU
merksamkeit des gebildeten und edelgesinnten Publikums verdie und entinutbigend vorkommen.
nen. In den zwcu ersten ist ein wiederholter Aufruf an alle (Der Beschluß folgt.)
diejenigen , besonders aber an die Bewohner des Waatrand« ge
richtet, die mit Bedauern und Theilnabme die armen Kinder
beyderlcy Geschlechts betrachten , welche thcilS durch Armurb, Auslösung besRäthsels in Nro. 1Z5!
tbeil« durch den Tod, theils durch die tiefe Verdorbenheit ih Stroh.
rer Angehörigen in den Fall gesezt, sind bey gänzlicher Verlassen
heit oder von schlimmem Beyspiele verführt, in dem Schlamme
der UnsiMichkeit unterzugehen , und jeder Möglichkeit beraubt
einige Erziehung zu erhalten , mit Müßiggang , Betteln und gl ä t h s e l.
deren Folge», größeren und kleineren Verbrechen, zur Plage
der Menschheit werden. Die Wünsche der Gesellschaft, wel Man stopft mich, ich werde nicht fett.
che diesem öffentlichen Uebel, wenn auch yur thcilweise, steuern Und schnürst du mich, werd' ich nicht schlank;
Du fängst mich : ich lief nicht davon.
«) t ipp«! e« s»veur «l'u» el»c>Iis»emeat cke bi«i>f»!s,nce Fort wirft mich, wer immer mich liebt.
pour I'vnkinee m«IKoureu«e z 2. 8«cvvci ^ppel cku comite Dann flieg' ich so lustig dahin.
cle pour I'enlince m»IK«ureus« ; Z Klemoiee rel»» Obwohl ich kein Vogel bin.
tik »u projor äe lonclsr un »»ils ru?»I c>«n» le c»nt«n cke I. S. M.
I',»ile V,uSoi» , t« 7. ävril 1828 > v« Lizi»», LcKeller,
xastonr «U«iv»n<l, Beplage: Intelligenz««» Nr. zi.

Verlag der I. G. Cotta'schen Buchhandlung.


162.

M o r g e n b l a t t

f ü ,

gebildete Stände.

Montag, 7. Juli 1 8 2 3.

Richte? schwebt der Geist . doch leise.


In der späten Engel Sreise.
Werner.

Johann Brenz"). Und belauscht die heil'ge Etitt«


Aus des Grabes stiller Nacht.
Unterm kalten Kirchenboden, Ucbcr seinem Haupte strebet
In den Särgen rings verstreut, Kübrk der Kanzel Säulenbund;
Ruh'n und schlummern unsre Tobten Und was oben tont und lebet,
AuS der alten guten Zeit. Wird dem Ohr des Tobten kund.
Einen langen stillen Frieden
Nach der kurzen Angst und Müh' Wann das Volk in fromme Lieder
Gab der Herr den Lebensmüden — Seiner Andacht Glut ergeußt,
Starr und schmerzlos liegen sie. Zu dem Tobten schallt es nieder
Wenn zur Wölbung die Gesang« Und er forsebt des Liedes Geist.
Schwellen aus der Gläub'gen Mund, Wann am Altar sich die Frommen
Keinen dieser frommen Klang« Laben von dem Mabl des Herrn,
Höret man im tiefen Grund; Alles hört er, wie sie kommen.
Kein Gebet noch Senfzer kehren Wie sie preisend gchn, von fern.
Drunten ein , nicht Lust noch Harm, Auf die Predigt ihrer Lehrer
Von der ew'gen Wahrheit Lehren Merkt in der Lebend'gen KreiS
Wird das kalte Herz nicht warm. Keiner, wie der todte Hörer,
einer mir in seinem Bett« So mit Ruhe , fo mit Fleiß ;
Kann nicht schlummern, Einer wacht Keiner wägt so tief der strengen
Worte Sinn und Deutung ab.
Em» der thätigsten Beförderer der Reformation in Vü« Wie der Alte in dem engen
tnnberg , gest. ,u Stuttgart al« Propst der Stiftskirche Anno Hirchenstobl, im kalten Grab.
und in dieser Kirche »utrr der Kanzkl begrabe»; er bcc
stimmte selbst kurz vor seinem Tode diese Ruhestätte und sagte: Rede, wenn dir, wie zu lauschen.
. Hier soll meine Grabstätte se»n, damit, wen» etwa künftig Auch zu reden ward die Macht,
Jemand eine andere Lel/rc von dieser Kanzel verkündigen würbe,
ich verkündigt habe, ich olidann mein Haupt an« dem Warum willst du nimmer tauschen
aufrichten und ihm zurufen ksune : du lügst." Tagessorg' und Ruh' der Nacht?
646
Warum wachst du bey den Tobten? schaft in Umlauf bringt, entschlüpft er seinem Urheber und
Raubt Gewissen dir die Rast, ist Gemeingut. Am Tage , wo ein Geistesmerk fertig ge
Ein Vergeh'n, das unterm Bode» worden, könnten hundert Schreiber Abschriften davon ma-
Du mit Angst zu sühnen hast? che«, ohne daß Jemand unter dem Vorgeben, er sev Eigen-
thümcr, ihnen in ihrem Geschäft Einhalt thun oder sie
„Meine Hand und mein Gewissen darum verfolgen könnte; so war es, wie gesagt, bev den
Waren meinem Herrn geweiht, Alten, und auch die Presse ist ja nichts, als eine abgekürzte,
Won der Lehre Finsternissen schnellere Art zu schreiben , als mit der Feder. Das An»
Hab' ich Gottes Haus befrevt; ' , erkenntniß eines literarischen Eigenthums zum Besten de«
Und drauf hat Er mich zum Hüter Schriftsteller seit Erfindung der Buchdruckercp ist also ein«
In dem stillen Raum bestellt. förmliche Ausnahme vom gemeinen Rechte, und wie wahr
Daß des Glaubens reine Güter dieß ist, sieht man daraus, baß dieses Recht notbwendig
Kommen auf die späte Welt. in einer Thalgränze oder an einem Flußufer erlischt, jenseits
welcher ihre Werke, ohne daß man sie Theil daran nehmen
Wollten, was wir heiß errangen, läßt, ja, unter ihren Augen vervielfältigt werden. So will
Heil'ges Erb' und Eigenthum, es einmal die Vorsehung, indem sie, gewiß fehr weise,
Enkel opfern, trugbefangen, nothwendig die Nahrung des Geistes dem Monopol ent
Johann Brenz bleibt nimmer stumm. rückt hat, dem man die Nahrung des thierischen LcbenS
Wird sein zürnend Haupt erheben unterwerfen kann. Grabt Pfähle ein , baut Mauern auf,
Und 5 wenn Lebende sich schcu'n, zieht Linien, das mögt ihr auf der Erbe Reich; das Reich
Soll von todten Lippen beben des Geistes aber duldet nichts der Art, und duldet es nicht
Wahrheit gegen Lüg' und Schein!" zum Besten enrer eigenen Würde.
Wie in seiner lczten Stunde, Es ist nun zu untersuchen, ob die Gesellschaft, da sie
Da er noch im Leben. war. einmal zum Besten eines mühevollen Lebens dicfe Aus
Spricht er so aus tiefem Grunde nahme gemacht hat, diefclbe unbeschränkt fortdauern lassen
Schon zwcvhundert. fünfzig Jahr, soll ? Müßte man nicht fürchten, daß sich das Land mit bevor
Ruhet nicht im dunkeln Bette, zugten Menschen füllen würde, die ohne eigcnesVerdicnst zu
Hütet feines Gottes Haus; diesem Vorzug gelangt sind, und nur zu oft weit unter dem ste*
Aber noch stieg an der Stätte hen, dem sie als feine Nachkommen denselben verdanken ? Der
Keines Tobten Haupt heraus. Himmelsstrahl Genie kennt weder Ahnen noch Nachkom
K. Grüne isen. men, und sein Besitz und seine Ansprüche scheinen uns so
ziemlich ihrem Wesen nach unübertragbar. Man dedenke
wohl, eS handelt sich bey der Frage von der Erblichkeit deS
Keratry über literarisches Eigenthum. literarischen Eigenthums von etwas sehr Wichtigem , we
nigstens darum, ob man eine Substitution bilden, oder ein
(Fortsetzung.) unwiderrufliches Besitztbum gründen soll. Nun ist dieß
Umsonst würde mau mir zeigen, wie der Enkel ei aber selbst der Grundbesitz nicht; er haftet nicht unwider
nes Mannes von Genies meinetwegen Corneilles und ruflich auf den Familien , kommt nicht auf sie zurück wie
Ra cines Enkel, an der Thürc des Theaters bettelt, wo beym Jubeljahr der Hebräer , und wir dürfen uns Glück
die schönen Verse Cinna's und Athaliens eine Versammlung dazu wünschen , denn der Wechsel im Besitz ist eine we
der ersten Geister der Nation entzücken ; ich würde mich sentliche Lebenseigcnschaft der Gesellschaft, wenn sie nicht
schmerzlich bewegt fühlen , der Gedanke an das wechselnde zum Stillstand verdammt ist.
Loos der Familien würde mich innig rühren; unmöglich Hier drängt sich aber noch eine weitere Betrachtung
aber kann ich in den Geistesarbeiten des Vaters ein Lehen auf, nämlich : Der Schriftsteller kann auch seine schönsten
zu Gnnsten seiner Urenkel sehen. Diese Arbeiten wurden Werke nicht ganz als sein Werk in Anspruch nehmen;
der Natur der Sache nach gleich bey ihrer ersten Bekannt hat er doch Theil genommen am lebendigen Gang beö
machung Geniciiignt des Menschengeschlechts ; der Gedanke, Jahrhunderts ; hier bekam er den Antrieb , ohne den er
«n sich unkvrpkrlich, srev wie die Lufr, in der er durch die Töne ans der Bahn, die er jczt mit Ruhm durchlaufen hat, nicht
der Sprache ballt, und doch mittelst des leichten Blattes, weit gekommen wäre; beständig tauschte er Gedanken,
dein man ihn anvertraut, der Verbreitung fähig , kann Gefühle, Begriffe mit seiner Zeit. Laßt Rousseau
nun und nimmermehr zur geheimen Urkunde werden. Im hundert Jahre, bevor er seinen Emil schrieb , geboren wer
Augenblick, wo man ihn, so oder anders, in der Gesell- i den, und wir haben keinen Emil, Lavoisier fünfzig
647
Iah«, vor seinen Entdeckungen in der Chemie, und statt > lassen!" Endlich überwältigten aber Ungeduld und Unruhe
des Mannes, der die Gränzen seiner Wissenschaft erwei jedes andere Gefühl, und er sandte mich nach dem Hanfe
tert , haben wir wahrscheinlich eine» blosen Manipulator. des Mehmandar mit einer Orange in der Hand und dem
Zu bestimmten Zeitpunkten der Reife gebiert daS Jahrhun Austrage, ihn zu bitten, er möchte nicht verfehlen, an die»
dert große Schriftsteller, und eS darf nicht von der Erb fem Tage fein Scham -) mit ihm zu essen. Ich wußte,
schaft ihrer Werke zum Vortbeil von Unbekannten, die daß, wenn diese Ungläubigen einmal in Zorn gerathen,
ihm fremd sind , ausgeschlossen werden. Das literarische es keine leichte Sache ist, mit guter Art ihr Gehirn wie»
Eigenthum muß nun aber einmal, als Tochter der Civili- der zurecht zu bringen, und näherte mich ihm deßhalb mit
sation der neuer« Zeit, eine g e w i sfe Z e i t lang dauern ; Behutsamkeit. Allein zu meinem größten Erstaunen fand ich
welche Kränze sollen wir ihm dann setzen? ihn nicht hartnäckig, sondern ganz wie unser einen nach einem
Hier muß nun nvthwendig ein Unterschied gemacht Zanke, d. h. als ob nichts vorgefallen sev, und er willigte aus
werden, wenn man sich nicht der Gefahr des Widerspruchs der Stelle in den Wunsch dcö Gesandren, mir ihm zu es
oder der Unbilligkeit aussetzen will. sen. AIS er kam, begrüßten sie sich gerade so wie gewöhnlich.
(Der Beschluß folgt.) Seine Hand auf den Rücken des MehmandarS legend, und
ihm die Seite klopfend, riefder Gefandte: „Mofchallab! ge-
lodtsev Gott! Ihr fevd doch ein Man» ! Seht waS eS heißt
Di« Abenteuer Hajji Baba'S. in Persien gewesen zu sepn ! Ja, ei» ungereister Franke
-» (Fortsetzung.) wäre wirklich zornig gewesen, und hätte in diesem Augen
Mirza Firouz hatte seine Rolle als ein geschickter Un blicke seine Wnth verzehrt ; Ihr aber sevd ein Mann, de?
terhändler gespielt, und uns einen Beweis gegeben, daß die Welt kennt ; Ihr wißt zur rechten Seit zornig zu sev»
kr der Würde des Schutzes des Weltalls nichts vergebe ; und wieder gnr zu werden. Hafiz hat gut gesagt: ..wabre
er wußte, daß sein Benehmen «n unserm Hofe für ihn reden Liebe ist gleich dem Zorne eines Narren . sie brennt noch
würde. Er wandte sich auch bald z» uns, höchlich mit sich fort , wenn auch keine Ursache mehr dazu ist." Hierauf
selbst zufrieden, und war nicht wenig entzückt, als wir ihn anrwortete. der Mehmandar: „Möge Eure Freundschaft
versicherten, daß die Franken in der !bat, wenn sie einer sich nimmer vermindern! ich habe Eure Wim sc»e dem Vo»
Lektion in den einem Gesandten obliegenden Pflichten be zier der auswärtigen Angelegenheiten zu wissen gethan.-
dürften, nur zu ihm zu kommen brancbten. „Sie den „Nun," rief der Gesandte, plötzlich aufgereizt, ..und
ken ," sagte ich, „weil sie Spiegel in ihre» Häusern haben, waS sagte er?" „Er sagte," antwortete der Ungläubige,
und wir nicht, weil sie Uhren und Federmesser und Tuch „eS werde keine Schwierigkeit haben. Euch eine öffent
verfertigen und wir nicht, und weil sie im Besitz von Hind liche Audienz zu verschaffen. Wir haben Truppen die
sind, welches einst uns gehörte, wir seven Männer, die Menge und Kutschen vollauf, und Ueberflnß an schönen
hinter ihnen sitzen müssen; doch gelobt sen der Prophet! so Kleidern und herrlichen Sachen, und Ihr sollt zu deni Kö;
stehen die Sachen nicht. Wir sind Perser und JnschallaK ! nigc in einer Begleitung gehen , wie sie. Euch selbst anstän
mit Hülfe des Gesandten wollen wir sie lehren , um un dig ist." „Wunderbar," rief der Gesandte a»S, ..wunder
fern kleinen Fingern herum Versteckens zu spielen." — bar! ich kann euch Engländer gar nicht begreifen. Ihr
«Ja, ja," rief Mohamed Beg, „Gott ist groß; möge er macht keine Schwierigkeiten. Mit Such gibt es nichts zu
den Clchi in feinen heiligen Schutz nehmen. Was ein untcrhandeln." „Nicht um Kleinigkeiten," versczte der
Franke auch zu thu» vermag, laßt uns nicht vergessen, Mehmandar. ..Kleinigkeiten? und nennt Ihr die Auf
daß er doch nur ein Ungläubiger bleibt. Was er auch es nahme eines Gesandten eine Kleinigkeit?" sagte Mir,«
sen «ige, sey es Schweins- oder Lammfleisch, eS ist Firouz. „Nicht ein Schritt wird bev einer solchen Gele
unrein." genheit in Persien gethan , ohne daß er vorher gehörig ab
Da der Tag verging und der Mehmandar nicht er gemessen wäre. Und rechnet ihr die Würde eines Herr
schien, so fingen wir an zu denken, den Franken möchte schers für nichts ?"
vielleicht unsere Weise, eine Unterhandlung zu eröffne», (Die Fortsetzung folgt.)
nicht behagen. Diese Besorgniß fing a» sichtbar auf Mir- Da« Abendessen und boS Mittag«,«««.
za Firouz zu wirken. Er fragte jeden Augenblick, ob der
Mehmandar noch nicht zurückgekommen sey, und um sich Korrespon de nz-N achrichten.
zu beruhigen, ging er im Hanse herum und fragte Jeden,
dem er begegnete: „Alles wohl erwogen, habe ich nicht Lausanne, Juni.
(BesoiluS.)
gut geredet? In Wahrheit, meine Antworten waren gleich Man burchgelie i» allcn Scnwei^er Kantonen Gemeinde
Pfeilen. Ein K i z z i l Bäsch, ein persischer Rothkopf ist um Gein>>»de. man biille in da« Innere dcv HauSdalluugc».
nicht so weit hergekommen, um sich in den Bart lachen zu und man rvird finden, daß man wenigste»« für die Hälfte der
64«
Population Arbeit? - nnd Schulbäuser errichten müßte, um nur eines schönen Erfolge« erfreuen. ES soll diesem Ueberbli« zm
einigermaßen das Bedürfniß unserer Zcit zu befriedig?« , weil folge keinerlcu Art lieber- oder vollends Verbilduug statt,
eö oft au dem nvtbwcndigste» fclll, an der Möglichkeit finden; die Kinder dürfen nicht durch einen, in ihrem Stande
sich ebrlich durchzubringcn, au de», B c v »i c l e, das aus den übcrflüssiaen Unterricht aus ihrer Sphäre gerissen werden. daS
böbcrn Ständen kommen soll, und an Predigern und Gemein: Traurigste, was heranwachsenden jungen Leuten widerfahren
derorflchcrn. denen ibr Beruf die erste Angelegenheit auf der kann. Sie werden für das Leben, zu dem sie bestimmt sind,
Welt ist. So lange nicht von oben herab die Quelle des Ue- das heißt zu gute» H »echte» und Gehülfcn in der Landwirtb-
bcls verstopft, und der Krankheit unserer Zeit vorgebeugt schaft praktisch gebildet; ihr wissenschaftlicher Unterricht soll
wirb, so lange nicht die Bedürfnisse beschrankt und verein: nur in gut Lesen, Schreibe» und Rechnen, nebst einiger Kunde
facht und der ungeheure Lurus vermindert werden, der so von den Hauxtcreignisscn in der Geschichte ihres Landes beste»
manchen redlichen HauLvatcr dcS Mittelstandes zu Boden ben. »nd zu diesem Unterrichte darf nicht viele Zeit verwendet
druckt . so lange wird auch der Versunkenhcit der untern Klas: werden. Ucberdicß lernen einige von ihnen auch noch daS
scn nicht gesteuert werde» können. Wenn man übrigens auch gewöhnliche Korbmachen, die Verfertigung der einfachste»
eingestehe» muß, daß in dem Zeitpunkte, worin wir leben, man: Werkzeuge zu», Frlcban. das Weben des Leinen: und Wrllcn-
cbcs besser scpn könnte als eS wirklich ist. so würde es doch vielen zcngs zn ihren Kleidnngsstücken . da« Etrohflcchten, nebstäbn«
schwer fallen . die Welt in demjenigen Zustande von nameulo- lichem mehr „nd werden hoffentlich auf diese Weise zu brauch
str Verdorbenheit zu erblicken, in welchem Herrn Pfarrer baren, wacker» Menschen erzogen.
Scuellcrs Phantasie dieselbe sieht : „Wer würde sie» ," sagt er
m seiner Rede, „nicht der Gründimg eines Asyls für arme London, Juni.
verlassene Kinder freuen, wenn man von allen Seiren die (Fortsetzung.)
schrecklichen Folgen der Versunkenbcit einer Generation bemcr: Eine Nachricht vcn den Glanbcnsmevnungen der Hnnderip-
ken muß. die in dem Unglauben, in einem wahnsinnigen Hang penindianer , mit welchen die Erpcditio» viel zn tbnn hatte.
zu Vergnügungen »nd in allen Lastern, welche die Folgen da: ' theilen wir ihrer Merkwürdigkeit wegen mit. „Der erste Mann
von sind, groß gezogen wurde; den» wenn Gott unS nichteine ^ bieg Chaxrwcc <spr. Tschappewie). Er fand die Welt voll Lei
bessere Zukunft zeigte . so würden wir nicht ohne Entsetzen ^ bcnSmittcl, und erschuf
d,,S Schicksal uuscrcr eigenen Kinder betrachte» , die bestimmt " gab. schwarze »nd weiße, Kinder, denen cr zwepcrlep Zrüchre
ihnen aber verbot von den schwarzen
sind, einst mitte» in dieser verdorbenen Generation zu leben." zu esse». Mit diesem Verbot
Dag. die Menschen weit besser sehn könnten, als sie wirklich Familie . und begab sich auf einenahm cr Abschied von seiner
lange Reise . um die Son«
sind, daß in allen Ständen, und vielleicht in den höheren in
mehr als in den niederen. Untugenden, Fehler, ja Laster aller seinedieKinderWelt zu bringen. Während seiner Abwesenheit aßen
nichts vcn dem schwarzen Dbst : aber da sie das weiße
Art herrschen, kann wohl nicht geleugnet werden ; allein man alles aufgezehrt
untersuche die moralische Lage beS jezt lebenden Mcnschcngc: ging, um auch ballen, und der Vater noch ein Mal auf Reisen
den Mond zu bolcn, da übertraten sie sei» Ge:
schlecht? und diejenige, nicht »nr früherer Jahrhunderte, son: bot nnd «gen von dem schwarze». Darüber aber ward er sebr
der» der lezrcn Jahrzehnte, man stelle sie gegen einander,
und man wird gewiß finden, daß jezt mehr Sittlichkeit , vor zornig und sagte, baß die Erde in Zukunft nur schlechte Früent«
züglich unter dem weiblichen Gcschleclite herrscht, daß mehr erzeugen , und cr die Mcnfchcn mit Krankheit nud Tod beim»
wahre Religiosität, mehr tbätige Menschenliebe die Herzen suche» würde, eine Strafe, welche seine Kinder »och bis auf
erfüllt . und daß auch da , wo der süßliche To» übertriebener diescn Tag zu leiden haben. Er selbst lebte so lange, bis seine
Frömmelev nicht einheimisch ist, sich ein hoher Glaube an alles Kehle abgcnnzt war und das Leben ihm zur Last wurde» worauf
Göttliche , und eine frohe Ucbcrzcngnng dessen findet , w«S cr sich von einem feiner Leute einen Bibcrzab» i» den Kox^f
unsere tröstende Religion uns lehrt. Seltsam lautet eine schlagen ließ. Derselbe Cbapcwec (oder vielleicht anch ein onds»
Voraussetzung des Herrn Scheller , der , indem er Gott für rer) lebte mit feiner Familie zwischen zwcy Seen auf eine,
die reichlich gefallene Unterstützung dankt, sich also äußert: „Ja, Landenge. Einst stellre cr ein Ney auf. in dem sich so viele
Gert wird für dieses Asnl sorgen , welches er bis jezt so zart: i^sche fingen, daß daS Wasser nicht hindurch konnte, anschwoll
lich gehütet hat. Es sind nicht die große« Kapitale, a» denen und die Landenge überschwemmte. Er ging also mit seine«
uns am meisten gelegen ist. sondern der Segen Gottes. Wenn Familie in ein Boot, in daS er alle Arte» von Tliicre» nnd
wir zum Gedeihen unscrS Asms zwischen zwcv Mitteln wählen Vögeln auftiabm. DaS Wasser bedeckte das Land viele Tage
müßten.- nämlich: allein mit 1(»>,iAW Franken unser» Weg lang. Endlich sprach der Mann, wir können nicht immer so
zu verfolgen, oder uuscrn Herrn »nd Heiland mir tW Tb«: leben, wir müssen Land finden, und sandte eine» Biber airs
>crn nur zum Begleiter zu haben, so würden wir das Lezte um solches zu suchen, der Biber aber ertrank. Hierauf schickte
wählen, denn wenn der Ewige nicht das Haus baut, da ar: er eine Bisamratze , welche uo.ch'langer Abwesenheit mir Mühe
betten die vergebens, welche es bauen." Es ist nun zwar eine zurückschwamm und ein wenig Erde in der Pfote mitbrachte.
unbestreitbare Wahrheit . daß Görkes Segen z» jedem Unter Der Anblick der Erde erfreute ihn, aber cr vergaß nicht feine»
nehmen nöthig ist, wenn dasselbe gedeihen soll, allein man treuen Boten, sondern rieb ihn niit der Hand und wärmte ilm
darf bcunahe als gewiß voraussetzen, daß bc» einer Institution in seinem Busen , bis cr ihn wieder ins Leben zurückbrachte.
wie ein Armenhaus für Kinder der Beufall des Höchsten nicht Hierauf knetete er die Erde zwischen den Fingern, und legte sie
ermangeln werde . daS Kapital mag so groß oder so klein fenn aufs Wasser, wo sie bald ein Eiland bildete. Das erste Tbier.
als es will. WaS übrigens hinsichtlich des Zweckes und der das er darauf sczte, war ein Wolf; aber da die Juscl von der
Einrichtung der noch in ihrer Kindheit sich befindenden An Schwcrc de« Thiers am einer Seite zu siuten drobete , so ge«
stalt gesagt wird, muß diejenigen freuen und ihnen genüge», bot ex diesem ein ganzes Jabr lang auf derselbe» in die Runde
deren Herz das Gute zu schätzen weiß, unter welcher Gestalt zu geben; inzwischen war da» Land sc gros, geworden, dag
und in welchem Lande sich dasselbe darbiete, und wenn die alles in dem Boote auf demselben Raum fand.
Plane »nd Grundsätze der Stifter ausgeführt werden und in (Der Beschluß folgt.)
Erfüllung «geben . st> könnten sich die Menschenfreunde , deren
Bemühungen und Beytrjgen die Schule ihre Entstehung dankt. Berlage: Kunstblatt Nr. «.
Verlag der I. G. Cotta 'scheu Buchhandlung.
N°. 163.

M o r g e n b l a t t

f ü r

gebildete Stände.

Dienstag, s. Juli i g 2 s.

Ja, Rorane, wenn du Kirr wärest, würgst du srufzen nach dn


süßen Einsamkeit, in der du deine Unschuld findest, in dn du deiner
selbst gewiß bist, wo du mich lieben kannst ohne dir Vesorgniß, daß
je die Liebe erlösche, dl« d» mir schuld^,.
Montesquit».

Die Abenteuer Hajji Baba's. tuch der Gasisrevheit ward das Maid am des Stamms
freundlicher Gemeinschaft.
c?ortse?ung.) Der lange herbevgewünfchte Tag erschien endlich und
„Die enropäischen Völker waren in früheren Zeiten thö- die Vorbereitungen wurden im ganzen Hause gehört. Au
richt genug," sagte der Mehmavdar, „aus der Etikette meinem größten Verdrusse erwachte ich mit einem solchen
ein Staatsgcschäft zu machen, und sie verloren wichtige D ildar di (Herzireh) , daß eS mir unmöglich w,ir,
Vorthcile um dieser eingebildeten willen ; doch nun sind mich ohne Schmerzen zn bewegen, und so ersuchte ich den
sie weiser geworden ; wir betrachten die Etikette nun «IS Gesandten auss dringendste, mich zu Hause zu lassen, was
K ^.-»erspiel. Da wir aber berücksichtigen, daß Ihr Perser er ohne die geringste Schwierigkeit bewilligte.
sevo und es nicht besser versteht, so geben wir Such so viel Ich wartete geduldig, bis der Gesandte zurückkehrte,
und begab mich dann zu ihm , begierig zu erfahren, wie
davon , olö Such zu haben beliebt." Darüber strich sich der
Gesandte den Vart, kräuselte seinen Backenbart und saß Alles abgelaufen fcy. Ich fand ihn von seinem Gefolge
eine Weile in tiefen Gedanken ; er süblte sich in der Mcy- umgeben und Alle dem Anscheine »ach in der besten Laune
von der Welt. Haiji!" rief er, als er mich erblickte,
nung der Franken erniedrigt, und doch süklte er zugleich,
„Ihr habt in der That einen außerordentlichen Anblick
daß er nicht anders handeln könne, als er handelte. End
verloren. Welch ein wunderbar guter Schach ist dirß!
lich rief er aus: „Und so denken also die Engländer, daß
wir Waldmenschen, Esel , Lastthicre sind und nichts von Bcy meiner Seele! es ist wahrlich nicht zu verwundern,
daß die Engländer ihren König so lieben. Er zeigte mir
der Welt verstehen? Nun gut, mag eS darum sevn!
Wißt aber, daß ein Volk, das seine Vorfahren bis zu Tcm- eine Güte, wie nur ein Vater für seinen Sohn haben
sched aufzählen kann, daS einen Tamerlan, einen Nadir kann. Augenscheinlich trägt er das Gepräge eines könig
lichen Wesens an sich. Die Art und Weise seines Hofes
Schach, einen Aga Mohamcd Khan unter seinen Königen
zänlt, nicht an Kinderspiel gewöhnt und übcrdieß durch ist frcvlich weit von der »nsrigcn verschiede» ; allein Kö
aus nicht geneigt ist, in Dingen, welche seine eigene Würde nige sind sich vlme Zweifel i» jedem Lande gleich, denn
sein Herrscherblick und Ton zeigten mir, daß er ganz Kö
betreffen , an den Königen der Franken ein Muster seiner
Aufführung zu nehmen." nig ist, nnd erinnerten mich an unfern Schulz des Weltalls."
„Und ich habe wohl geredet, Hab' ich nicht?" fuhr er
Hierauf nnd nach einigen ähnlichen kleinen Stiche- fort, seine Diener ansehend. „Maschallah!" riefen Alle
leven vvn Heyden Seiten aßen sie zusammen, nnd das Tisch aus. „Plato könnte nicht besser geredet haben," sagte Js
mael Beg. der Nazir, „In der Thal," fuhr der Gesandte sticken, fein Geld und feine Juwelen «erwahren, ich be
fort, „nichts hätte der Würde untres Schachs angemesse darf nichts anders. Ich will an die Rose und. hie Nachti«
ner feyn können!" < - ' gakl denken, wenn wir nach Iran- zurückkehren ; «nterdes-
«Und wie »ar es sagte ich, „war da keine Schwelle, sen müssen wir uns erinnern , daß wir in den Händen
kein Thron , kein vorgeschriebener Ort , um Eure Schuhe der Ungläubigen sind und unser Vertrauen auf Allah sez-
auszuziehen ?" — „Was sagt Ihr?« rief der Gesandte aus, zen." '
„ich stand dem Könige so nahe, als ich Such stehe. Ick gab Dem Gesandten gefiel diese Ergebenheit seiner Skla
ihm den Brief des Schachs selbst in die Hand ; der König vin so sehr, daß er Hefahl, ihr Kleider, wie, sie ihr gefallen
selbst stand. Wir alle schienen zu derselbe!, Mejlis *) möchte», zu geben, und den Wunsch ausdrückte, sie folle
zu gehören. Au einem Könige m diesem Lande zu gehen, ihre cirlassischen Gewänder, welche nachgerade anfingen
ist Kinderspiel im Vergleich mit dem, was es in Persien zerlumpt auszusehen, ablegen und die Kleidung der Fran
ist. Man sieht weder de,n Fclck, noch den zur Bastonabe ken annehmen. Cr sagte, der Schach habe ihm befohlen,
bestimmten Stock ; nichts, was einem Scharfrichter ähnlich Muster von fränkischen Weiberkleidern für den königlichen
sieht , kann man gewahr werden ; in der That glaube ich, Harem zurückzubringen, und er wünschte nun , daß Dil-
baß wenn einer von uns es gewagt hätte vor dem Könige ferib zuerst an sich die Probe damit machen möchte. Dem»
auszuspucken. Jemand bcy der Hand gewesen wäre, um nach ward ein grüner Sammt für sie ausgewählt und eine
„wohl bekomm es Euch !" zu sagen." — „Das ist sehr son englische Schneiderin gerufen, ein Kleid daraus zu ma
derbar," erwiederte ich. „Könige in diesem Lande müssen chen. Die Schneiderin stellte vor, daß noch eine große
in einer betrübten Lage seyn." Menge anderer Kleidungsstücke nöthig sev ; allein der Ge
„Ja!" rief Taki, derFerasch aus, „imd wir Ferasche sandte erklärte sich dagegen. „Nein, nein," sagte er,
würden nichts zu thun haben, denn Jedermann scheint „laßt uns mit der Außenseite der Dinge zufrieden seyn und
hier so außerordentlich gut zu seyn **)." laßt das Verborgene für sich selbst sorgen."
Während dieser ganzen Zeit war die Cirkassierin in Das Kleid ward gebracht und groß war die Freude,
ihrem wohlverschlosscnen Zimmer gewesen, und wahrschein die es erregte. Die Cirkassierin erhielt Befehl es anzu
lich hätte sie fortwährend so glücklich und ungexlagt gelebt, ziehen. Sie hing Ohrringe in ihre Ohren , ordnete ihr
herrschte nicht unter diesen Ungläubigen ein höchst unge Haar auf europäische Weise und stellte sich dann ihrem
rechtes Gesetz , welches Jedermann den Besitz seiner eige Herrn vor; allein sie zitterte vor Frost, als ob sie mit dem
nen Sklaven verbietet, ohne sich darum zu bekümmern, ob Schnee von Demawend bekleidet gewesen wäre. „Was
diese Sklaven mit ihrem Znstande zufrieden sind oder fehlt dir, Kind?" sagte er, „warum zitterst du so?" —
nicht. Despotisch zwingt es Jedermann frcv zu feyn, und „Mit Erlaubniß meines Aga, Herr," sagte das arme
wäre es auf die Cirkassierin angewandt worden , so würde Mädchen," wenn dieß die Kleidung der Ungläubigen ist,
sie in die bittere Nothwendigkeit gcsezt worden seyn , ihr so müssen ihre Frauen aus dem Fleisch und Blut der
Antlitz den Blicken aller Menschen auszusetzen und in Thiere geschaffen seyn ; mich friert." .Als man die Sache un
offenen: Verkehr mit den Verächtern nnsers Propheten tersuchte, fand sich, daß sie außer dieser einzigen Bedräng
und der Jmams zu leben. Sobald man den Gesandten von grünem Sammt da stand, wie die Natur sie geschaf
mit diesem Gesetze bekannt gemacht, so zögerte er keinen fen hatte ; kein Wunder, daß sie fror. Sie nahm wieder
Augenblick, ihr die Freyheit anzubieten, und erklärte so ihre cirkassischen Kleider, da kam ihr die verlorne Wörme
gleich , daß es ihr frevstände zu thun, was ihr beliebte/ zurück, und sie legte nun das grüne Sammtkleid über alles
„O Prophet! o Mahomcd!" rief sie aus, „Ihr könnt mich andere an , um ihren Anzug zu vollenden.
nicht fo erniedrigen wollen, daß ich in den Straßen mit (Die Fortsetzung folgt.)
unbedecktem Angesichte gleich jenen unverschämten Weibern
herumgehen sollte! Nein, nein, ich bleibe wo ich bin." —
„Aber Ihr scvd frcv," iagte der Gesandte ; „dieß ist ein Keratry über literarisches Eigenthum.
freyes Land, es gibt keine Sklaven hier, geht! hier sind
Gärten, hier sind grüne Felder, geht und macht Cure (Beschluß.)
Seele glücklich!" — „Meine Seele bedarf nichts," ant Bey literarischen Arbeiten findet auf zweyerlev
wortete sie, „als das Antlitz meines Herrn. Laßt mich Art Aufwand oder Verbrauch statt ; einmal Aufwand von
für ihn arbeiten, seine Kleider verfertigen, seine Mützen Geist, und dafür gibt es «iif keine Weise eine denkbare
Vergütung. Alles Gold von Potosi wird zu nichts vor
») Gesellschaft. einem Kapitel des e,xrit 6e«!oi,, Golcondas Minen kön
Die Ferasche in Perfleu schlagen die Verbrecher «uf die nen keine Seite von Milton bezahlen. Cs ist dieß der
Fußfohlen. glänzende, der unschätzbare Thett des Besitzthums der Vöt^
Kr, «nd sie erringen ihn sich im Bunde mit ihren großen nun soll auch gewissermaßen, gleichwie der Priester dem
Schriftstevern, denn ein gutes Werk ist ja immer die Tempel läßt , iras vom Tempel kam , daS menschliche Ge,
Fruckt, welche der Schriftsteller und die Gesellschaft, in schleckt der einzige Erbe seiner Schriften scon. Er mag
der er lebt, miteinander zeugen ; den zweyten Theil deö immer von seiner Arbeit leben, aber webe lvm, wenn
Aufwands bilden vorbereitende Arbeiten, Studium und Lohn ihr Ziel ist ! aliobald würde daS heilige Feuer ihm
Fleiß, die sich ihrem Werth nach schützen lasse». Die Er in der Hand erlöschen. Hüten wir uns, durch ein Gesetz
ziehung des Schriftstellers bis zu der Zeit, wo er sich im den Schriftstellerstand zu einem Handwerk zu macheu;
Stande fühlte, selbst aufjutrcten, hat Auslagen erfordert. bald würden unsere Städte von unruhigen Köpfen wim
Während er schrieb, ließ er sich von der unwiderstehliche» meln, die gerne die gesellschaftliche Ordnung verwirren
Mackt hinreißen, die fem ganzes Wesen einem Zeitpunkte möchten, um obenauf zu schwimmen , oder von sklavischen
entgegentrieb, wo er sich selbst begreifen lernte, und ver Schriftstellern, die icdeni feil sind, der, wie Lord Wal»
nachlässigte darüber sein Vermögen, oder brauchte es blvS als pole , die Tare ihres Gewissens kennt. Ich weiß nicht,
eine Stufe, um zum Gegenstand seiner Forschungen zu ob ich mich irre, eS dünkr mir aber «IS ob die förmliche
gelangen; er verzehrte es gleichsam als Reisegeld, oder Absicht, sich durch Geistesarbeiten für die Gegenwart oder
ließ cS gar hinter sich als ein Gexäcke , worüber ihm die die Zukunft ein Vermögen zu erwerben, etwas Wider
Aufsicht lästig dünkte. Mit demselben unermüdeten Fleiß, sprechendes in sich, ein gewisses Etwas, es ist schwer zu
auf materielle Lebenszwecke verwandt, wäre er aber sagen waS, gegen sich hätte. Auch erscheint eS mir abge
reich geworden. Hier fordert die strenge Billigkeit eine schmackt, wenn einmal die Rechte des Gemeinwesens und die
Entschädigung, um so mehr, als der Tag der Gerechtigkeit einer Familie gegen einander abgewogen werden, je dem
oft, so lange er lebte, über seinen unsterblichen Werken militärischen Vorurtheil, nach welchem der Ruhm mit der
uicht anbrach; Racine war im Grabe, als Atbalia in ih Entfernung von dem Urheber desselben zunimmt, irgend ei
rem Ruhme strahlte. nen Einfluß zu gestatten. Der gemeinste Menschenverstand
Dem Schriftsteller muß also das Recht zugestanden sieht, daß hier die Abstufung in umgekehrtem Verhältniß
werden , über seine Werke zu verfügen für eine Zeit, Ivo stattfinden muß, denn deö SohneS Seele konnte sich noch
si? nach ihrem Werthe geschäzt und, wenn sie es verdie wärmen am Feuer deS väterlichen Genius, er schöpfte Be
nen, belohnt werden sollen, das heißt für eine Zeit, wo er geisterung avS Gesprächen , in denen noch der Hauch deS
nicht mehr am Leben ist. Ja er soll zum Beste» der Eningen Lebens athmete, aber dem Enkel wurde dieses Glück sel
eine Entschädigung für seinen Fleiß, nenn der Erfolg ihn ten , dem Urenkel fast nie zu Theil. Doch immer bleibt
gekrönt hat, ansprechen dürfen; aber viel zu lange wäre ihnen ja ein schöner Name ; wenn sie ihm auch nnr eini
es , wollte man diese Entschädigung auf ein halbes Jahr germaßen Ehre zu machen wissen , so wird dieser Theil ih
hundert ausdehnen und daö Publikum der Gefahr aussez- res ErbeS nicht ohne Werth für sie se?n ; wie manchem
zen, daß ihm durch die Laune eines unwürdigen Erben, Mann von Verdienst, der im Dunkeln blieb, fehlte bl«S
oder dadurch, daß ein Mensch, der das Eigentbvm an sich ein Name, und er wäre bekannt geworden.
gebracht , mit einer bigotten Sekte oder einer gegen das
geistige Fortschreiten ankämpfenden Regicrvng in Verbin
dung steht, ein halbes Jahrhundert lang ein nützliches Korrespondenz-Nachrichten.
Buch vorenthalten werden konnte. Der Zeitraum von
zwanzig Jahren, den das alte französische Gesetz fest- Berlin, Jnni.
sezt, scheint dagegen der vernünftigste und billigste; nach Mao« m e H aiginger auf dem KdnigsstZdter-
Vcrfluß desselben würden die Geisteswerke wieder öffent Theater.
liches Eigenthum, mit der einziger/ Bedingung , baß die
Der Name dieser Künstlerin ist in ganz Deutschland so
Verleger oder die Theaterdirektioncn sofort gehalten wä rühmlich bekannt, daß weder enthusiastische« Lob die Stimme
ren , der Wittwe oder den Kindern eine vertragsmäßige de« Publikum« ,u steigern , noch scheelsüchtiger Tadel die allge
Entschädigung zu bezahlen, die sich stufenweise verringerte meine Anerkennung bcrabznstimmen vermag. Die zahllosen
bis zu den Enkeln , mit denen dieses Erbrecht unwider Taqesbljkter, und die.täglich anwachsende Menge von Leuten, die
unfähig, selbst etwa« in irgend einer Kunst bervorznbrinqen. sich
ruflich und mit Ausschließung jeder Seitenlinie erstürbe ; dennoch anmaöen über Kunst abzusprechen, haben doch, wie im
denn der Schriftsteller konnte im Eifer für feine Studien mer die höchsten Hblien des Misibranch«. zu etwa« Vntn»
zwar wohl Frau und Kinder in ihren gerechten Erwartun geführt. Auch der Leite im Publikum ist dadurch ,nr Erkennt
gen täuschen , seine Seitenverwandten aber war er weit nis gekommen . und die aus persönlichen Verliältnissen hervor
gehenden Lobliebeleycn geben eben so spurlos vorüber al«i
weniger, der Mitwelt dagegen gar viel schuldig. Er hatte der von einem Neidn bestellte Tadel , odn die Ausfälle eine«
in dieser Welt gleichsam ein Priestcramt bekleidet, und armen Schlucker«, der, al« lezte« Mittel zu seinem Lebuulnn-
'5

terhalte, auf im öffentlichen Skandal sxeknlirt, und i« London, Juni.


Schweiße der Ehrlosigkeit fein Brod iß,. Künstlerinnen wie (Beschluß.)
eine Crcling er , Linduer, So pH. Müller, Pfei
fer, Schröder :c. können durch Reccnscntenwerk weder ge» Beym Lande» steckte Chapcwee ein Stück Holz in die Erde,
Winnen noch verlieren. Zu einer gediegenen Kritik ilircr tran- welche« zn einer Tanne ward , die bi« in den Himmel hinauf»
firorischen Kunst fehlt eö uns aber an einem Lcsfi n g. Dem strebte. Ein Eichtior» lief an derselben hinauf, Ehapewee ver«
«lsv , der sich nicht eitler Weise einbildet ein solcher zu seyn folgte dasselbe, bis er in die Sterne kam, wo er ein schönes Ge«
und doch nicht s« gewissenlos ist. um unbegründetes Lob oder filde und eine gebahnte Straße fand. Auf dieser Straße legte
diktatorischen Tadel öffentlich auszusprechen, dem bleibt nicht? er eine von seiner Schwester Haar gemachte Schlinge, in wel»
übrig als Nefcrcnt zu seyn, d.h. Thatsachcn zu berichten. Ich cher die Sonne sich am Mittage verwickelte, so daß es auf
werde demnach auch nur erzählen, wie Mab. Haihins einmal finster wurde. Als iDin seine Familie darüber Wo«
ger von dem hiesigen Publikum aufgenommen, und wie in würfe niachte , entschuldigte er sich damit, bog er es nicht gern
Kenncrkrciscn über ihr erneutes Erscheinen grurthcilt wurde, gethav, und um seinen Fehler wieder gut zu mache», schickt«
nicht etwa, weil ich mir über die Kunst der Bübnc, nachdem er eine Menge Tbicre hinauf um die Schlinge zu zerreißen und
ich mich seit fünf-und-zwanzig Jatircn damit beschäftige, g« die Sonne zu befrcven; aber die große Hitze vrrzcl'rtc sie zu
kein Urtheil zutraue, sondern weil ein solches Urlbcil zu des i Asche. Einem Maulwurf aber gelang es, indem er sich ei,
gründen l'tt? einer rransitvrischen Kunst fo große Schwierigkeiten ncn Weg nnter den Sternen weg bohrte, die Schlinge zu
hat. daß es nur ouS sehr aussülirlichcn Abhandlungen, wozu diese zernagen; doch verlor er darüber feine Augen, und seine Nase
Blätter den Raum nicht gestatten, Kcrvvrgclicn kann. Ich und ZäKnc sind noch immer braun gesengt. Inzwischen er-
beschränke mich also auf eine der strengsten Wahrheit gemäße reichte die Insel die jetzige Größe von Amerika, und Ehapewee
Berichterstattung. zeichnete den Lauf der Flüsse nnd den Umfang der Seen mit
Nachdem Mad. 5? aiginger binnen einem Zeiträume feinem Finger darein. Hierauf wieß er alle» TKieren, Vögel»
von melircrc» Jahren zu vier verschiedenen Molen anf der rd- und Fischen ihre Stellen an, und gab jedem stine Eigenschaf
nigl. Bül'ne gastirt . und dadurch den Beweis empfangen liatte, ten , indein er sie lehrte sich für die Zukunft vorzuscDc» . weil
wir gern man sie hier sab, erhielt sie im verflossenen Winter der Mensch sie rödten würde, wo er sie nur immer fände, zum
von der Direktion des königSstädrischcn Tl'caters, unter sehr Tröste aber sagte er ihnen, das,, wenn sie stürben, ihr Körper
guten Bedingungen, eine Einladung zu Gastspiele». Berlin wie ein ins Wasser geworfenes Saamcnkorn wieder zum Lebe»
war ihr durch frülicre Erfolge tlieucr geworden , die königliche aufsprießen solle. Aber die Thierc baten: laß uns, wen»
Bütmc zum fünften Male wieder zn bctrcten , schien it,r eine wir sterben , scvn wie ein Stein, der inS Wasser geworfen c»rf
Anmaßung; die Bretter, auf welchen eine S o n ta g stand, ewig verschwindet. Da seine Familie wegen des über sie ver
eine Tibaldi noch erscheint, und , wo sie vvn anerkannten hängten Todes klagte, so willigte er ein, daß die von ilmen, so
Meistern , wie Schmilka und S p i t) e d e r, ron ausgezeich gewisse Tränmc haben würden, Keilende Männer werde» soll»
neten und in der Fülle der Kraft aufblülienden Talenten, wie tcn; »m aber diese Eigenschaft zu bcwalnrn, müßten sie Nie
Mepcv, Wcgner und Rdsike und die Dem. Herold manden ihre Träume mittbcilen. Lange lebten CbapewceS
und H o l z b cch er, »ntcrstüzt werden soUle, diese Bretter Izielt Nachkommen als eine Familie bevsamme» ; aber am Ende wuv»
sie, wenn gleich die eines sogenannten zwehtc» T Dealers, den zufällig einige junge Leute bevm Spiele erschlage»; es er
vollkommen iDrer würdig. Ucbcvdicß war es ihr nicht un- hob sich ein Streit , und die Menschen trennten sich. Einer,
bekannt geblieben, wie diese« Tlicalcv in lczter Zeit, zu der Er- der sich am Ufer eines Sees niederließ, hatte eine trächtige
kcnntnisi seiner eigentlichen Aufgabe kommend, es aufgegeben Hündin bey sich. Dicfe warf ihre Jungen zur rechten Zeit,
hatte . feine kostbarsten Lcbcnsnäste ausschließlich der Oper zu: nnd der Mann band sie, so oft er zum Fischen ging, an, de»
zuwenden , wie es sich durch die täglich wachsende Liebe des Pu mit sie sich nicht verlaufen möchten. So oft er sich dem Zelte
blikums, durch sein stet« gefülltes Auditorium für den Fleiß , nakcrtc. l'drlc er immer ei» Lärmen und Lachen wie von spie-
und die Sorgfalt bclol'iit sah , die es auch den andern Gattun lendcn Kindern, wenn er aber hineinkam, fand er alles, wie er
gen der dramatischen Kunst, und namentlich den auf vaterlän es gelassen. Dies, erregte seine Neugierde ; er tl'at als gehe
dischem Boden erwachsenen Stärken widmete ; und so war es er fischen , verbarg sich aber in der Nälie . und als er wieder
unbedenklich wohl gctl>ni, daß Mad. Haitz inq er auf die in den Lärm vernahm, trat er plötzlich hinein, und entdeckte meh
jeder Hinsicht annelmilichcn Vorsmlage der tönigsstädtcr Di rere schöne Kinder, welche mit den Hundcfcllcn neben sich auf
rektion einging, und auf dieser jugendfrischcn BüDnc vor einem dem Boden scherzten und lachten. Er warf die Felle ins Feuer,
lel'encigtl'cilnelnucndc» Publikum erschien. Der Groll einiger, und die Kinder . welche ihre Gestalt behielten . wuchsen auf
mit voli.-.n Recht enthusiastischen Freundr der königl. Bül'ne und wurden die Vorfallender Hundcrivprnindianer!"
konnte irr so wenig von diesem Schritte zurüctDalten , als die Man liest mit Vergnügen, daß die Pelzhändler keine gti«
enge Beschränkung , die dem Rcpertorium des kon,igsstädter stigc» Gelränke mcDr unter die Indianer bringen, und die mei
Theaters qcscymäßig auferlegt ist. über die es klagt, und die ste» derselben diesen Mangel nicht selir empfinden sollen.
meiner Ueberzcugung na« dieser Anstalt um s« ersprießlicher Dieser Band entl'ält mclncre wissenschaftliche Nachrich
ist, al? eine unbedingte Frctzheit ins grenzenlose Blaue, oder ten, besonders über die Witterung; eS ist aber ein anderer
vielmehr in das bunte Nichtige fülircn würde. . Band angekündigt, welcher mit Unterstützung der Regierung
Die Küirstlerin trat in den bcvdcn Lustspielen : Liebe gedruckt werden, und alle wissenschaftlichen Beobachtungen dcS
kann Alles und neue Pivberollen auf, und das er De, Richardson und Professor Hvokcr enthalten soll.
freute Publikum erzeigte i»r jede Enre , die eine berüDmte
Scva»svielerin nur erwarten darf: sie wurde mit Jubel empfan Berichtig unq.
ge» . nach Beendigung eines jeden Stückes gerufen nnd mit In «nscrem gestrigen Blatte ist in der zwevten Zeile de«
rauschenden Zeichen des Bcvfalls und des Danks entlassen. Mvrro's statt Engel zu lese» Enkel.
(Die Fortsetzung' folgt.) B e v l a g e : Literaturblal^ Nr. ,z.
Verlag der I. E. Cotta 'scher, Buchhandlung.
164.

M o r g e n b l a t t

f ü r

gebildete Stände.

Mittwoch, 9. Juli 1 8 2 8.

V wie toumerr
Hier dir Vernunft .' welch Wunder ist der Mensch
De», Menschen!
H kr der.

Bilder aus Nordamerika. fühle der Sündhaftigkeit, die sich selbst völlig vernichten
will und sich nur in der unbedingten Gnade wieder sam
(Aus de» Briefen eine« Reisenden.) melt ; doch dieß lczte haben sie auch mit den hiesigen Aal-
Die Methodistenpredigt und der Quäkergot- vimsten gemein. Man kann immer im Vorübergehen hö
r e s d i e n st. ren, wenn in einer Kirche Methodisten ihren Gottesdienst
Ich habe in Philadelphia die menschliche Natur in fcvern; Gebet, Predigt und Gesang sind immer laut und
zwep Ertremen gesehen, wie noch nie zuvor. Ich war am heftig. Es gibt aber unter den Methodisten wiederum sehr
Morgen in einer Neger-Mcthodistenkirche und Nachmit viele Abteilungen, die thcilö in den Grundsähen, theilS
tags in einem Quäkerbethause. Jeder weiß, daß eS nur in der Kirchenvcrfassung verschieden sind, doch stehe»
gute und böse, laugsame und schnelle, heitere und traurige sie sich nicht feindlich gegenüber. Eine Unterseite bilden
Individuen gibt, aber wenn man ans kleinem Räume namentlich die Hovkinianer, vom Prediger Hoxkinse genannt,
Massen, die nach demselben Ziele streben, gerade entge- der den Satz aufstellte, daß die Erlösung nur nach der völ,
gengesezte Bahnen mit ganzer Kraft verfolgen sieht, wo- ligcn Vernichtung des sündigen Menschen, im Gefühl
bey es bevde gleich aufrichtig mevnen, so stellt sich dem der Sünde und Verdammniß, im Vorschmacke der Hölle
Beobachter in einem klar zu überschauenden Bilde das dar, und der gänzlichen Ergebung in die Gnade erfolgen könne ;
was das Auge im großen Gemälde der Jahrhunderte min deswegen bediente sich dieser Mann aller geistigen und kör- .
der schnell fassen kann — unsere Thorheit. xcrlichcn Mittel, den Geist zu schrecken und zur Zerknir
Du weißt, daß sich die Methodisten von ihrer Entste schung zu bringen, und es ist vorgekommen, daß Perso
hung an schnell unter dem ganzen englischen Stamme verbrei nen, namentlich junge Mädchen, in der heillosen Angst
teten, und nun eine der zahlreichsten Sekten in den Ver vor Verdammung wahnsinnig geworden sind, oder sich den
einigten Staaten bilden, wo man unter to Millionen Ein Tod zugezogen haben, indem ihr Körper zu schwach war,
wohnern ungefähr t,8««,«o« Methodisten trifft. Sie sind eine solche Uebcrsxanmmg zu ertragen. Man kann sich
unter den zahlreichen protestantischen Sekten diejenige, leicht denken , daß die Methodisten hier und in England
deren Hauxtcharakterzug ein Schwärmen in aufgeregten ihren größten, ja fast ihren einzigen Anhang unter de»
Gefühlen ist; zwey Züge sind bey den Methodisten immer niedrigen Klassen haben, denn der ungebildete Mensch
hervorstechend bey ihren Perdigten, Gebeten, Gesängen, lebt ja überhaupt mehr im Gefühl und ist geneigt, eine
Musiken u«5 Festen : eine Gefuhlsstimulation, die sich nicht selbst leidenschaftliche Erregung für religiöses Gefühl z»
selten zur Wildheit steigert, und eine Zerknirschung im Ge halten ; und aus diesem Grunde sind auch bey weitem die
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melsten farbigen Leute Methodisten , denn obgleich sie an Predigt und ber ganze Gottesdienst an so wild zu werden,
vielen Orten Schulen haben, so sind sie doch der Theil der daß es mir unmöglich ist, eine fortlaufende Beschreibung
Bevölkerung der Vereinigten Staaten, der in der Bil davon zu geben, denn alles ging durcheinander; der Pre
dung noch am tiefsten steht. Die Methodisten thun indes: diger riß durch das wilde Feuer feiner Rede, durch die
sen im Allgemeinen viel für Arme, Hospitäler, Missio- Gräßlichkeit feiner Bilder oder sein ausschweifendes Ge»
uäre und Sklaven. Am stärksten äußert sich ihr wilder bet die Gemeinde mit sich auf und ab, wie er gerade mehr
Geist bep den sogenannten Feldversammlungen cOomp m°e- oder weniger tobte. Und wunderbar! dieses religiöse Feuer
ti»«°), wo viele Gemeinden unter freyem Himmel auf das sich dieser ganzen Masse mittheilte, ließ mich selbst
mehrere Tage zusammenkomme» und beten, singen, sich nicht kalt. Die Predigt selbst bestand indessen aus znsamc
den aufgeregten Gefühlen überlasse» und bcylöuffg allen mengewürfclten Gedanken von Hölle, Sünde, Erlösung.
, Unfug treiben, der bey katholischen Wallfahrten vorkommt, Der Prediger kann nicht lesen und läßt sich dgher zu Hause
und bep dem Gottesdienste der farbigen Methodi- von einem Knaben die Bibel vorlesen; dennoch aber citirte
ste». Ich beschloß diesen Morgen einem solchen bepzuwoh- er demungeachtet sehr viel und richtig. >
nen und traf gerade einen außerordentlich stürmischen Got (Die Fortsetzung folgt.)
tesdienst.
Als ich in die kleine Kirche trat, waren nur wenige
Menschen da, von denen einige in Gesang- oder Gebet Die Abenteuer Hajji Baba'S.
büchern lasen, einige halblaute Gebete vor sich hinmurmel
ten, andere summend sangen, andere auf den Knteen be (Fortsetzung.)
teten und laut weinten, und noch andere mit festgeschlos Wir fanden unterdessen, daß die Neugierde die ganze
senen Augen, das Gesicht gen Himmel gewandt, ebenfalls Stadt in Aufruhr gebracht hatte. Unser Haus wimmelte
mit bewegter Seele zu beten schienen. Nach und nach vonLondner Frauen, undmitgungen versehen, welche, wie
füllte sich die Kirche und man fing an ohne Orgel zu sin Saadi sagt, „das Herz reden, und den Fuß ohne die Med»
gen ; indcß ging es mit dem Gesänge weit besser, als man mandari des Hauptes wandeln lassen," begannen sie eine
voraussetzen könnte , denn die Neger haben sehr viel mu Art Pilgerschaft zu dem armen Mädchen. Aber, Allah,
sikalisches Gehör, waS man sehr deutlich in den Häfen hö Allah! welch wundervollen Anblick stellten sie uns armen
ren kann, wo sich die Neger durch ihr richtiges Treffen Söhnen der Gläubigen dar! Wunderbare Augen, ohne Er
selbst bey den rohen Schreylicdern, die zum Auspacken ge barmen, ohne Mitleid! Ich sah Schönheiten unter ihnen,
sungen werden, vor den Weißen auszeichnen. Die Heyden vor welchen unser gesegneter König der Könige (Barmher»
Lieder, welche gesungen wurden, waren sehr verschieden. zigkeit und Friede sey mit ihm !) sich glücklich schätzen wür
Das erste war eine poetische und wohldurchgeführte Ver- de, auf Händen und Füßen zu kriechen. Sie bekümmere
gleichung unferer Seele mit einem Garten voll Unkraut, ten sich so wenig darum, ob sie gesehen würden, baß es
aus welchem der Gärtner Christus daö giftige Kraut aus ihnen niemals einfiel, einen Schleyer über ihr Antlitz zu
jäten möchte ; das andere war eine widerliche und zuwei werfen. Arme Franken, dachten wir, auf eine Einzige
len höchst lächerliche Durchführung des Bildes, daß wir für das ganze Leben beschränkt zu seyn! Hätte unser göttli«
Krieger oder vielmehr Soldaten im Dienste Christi seyen, cher Prophet seinen Stab hierher gesczt, statt sich in die ge»
wovev unsere Uniform als weiß, wie das Licht der Wahr segneten Regionen von Mecca zu begeben , so würde er
heit, und mit Aufschlägen, roth wie das Blut Christi, und seinen Nachfolgern sechs statt vier vergönnt haben. Ich
mehr Vgl. , fo wie die Uniform des Satans als prächtig für meinen Theil verzehrte mich täglich in Sehnsucht,
und glänzend beschrieben ward. Nun erschien der Predi und was unfern Gesandten betraf, fo sahen wir Alle, wo
ger, ein Schuhmacher von Handwerk und Bischof, denn es hinauslaufen würde. Sein Herz mußte wie gebrate»
diese Gemeinde gehörte zu den bischöflichen Methodisten, nes Fleisch werden, che ein Monat herum war, und er selbst
welche die Form der englischen Kirche beybehalten haben. bald „Majnoon so ähnlich werde», als jemals einer sich
Sein Beystand und Vorsänger war ein Kellner ; beyde, bep Wangennahrung und Augenspeise abgezehrt hat.
wie ich von Leuten nachher hörte, die sie kennen, sehr Tagtäglich kamen sie, um die Cirkassierin zu sehe»
brave Leute. Der Prediger mochte zehn Minuten lang ge und brachten allerhand Spielzeug und Geschenke mit ; al
predigt und dabey schon mehrere Male so laut gerufen, ja les aus Mitleid, wie sie sagten, mit ihrer Gefangenschaft
gebrüllt haben , daß ich mir kein höheres Steigen in die und ihrem elendem Sklavenzustande. Einige gaben, ihr BiK
ser religiösen Aufwallung denken konnte; auch hatten schon der, andere Puppen und Bücher. Dilferib war dankbar für
bey den lautesten Ausrufungen einzelne Mitglieder der ihre Aufmerksamkeit, allein sie ward höchst unwillig, als
Gemeinde mit voller Kraft: „O Jesus rette uns!" oder:
«Gott, Allmächtiger, erbarme dich!" geschrieen, da fing die ') Der persische AbZlarlz, LeilahS Geliebter.
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sie sie zu berede» suchten Strumpfe zu tragen und ihr die daß sie ihre Augen bewahren und ibre Schamhaftigkeit
selben sogar mit Gewalt anziehen wollten- In ihrem Er hüten, und »ichtS von ihrem Schmucke aufdecken, als
staunen versich.rten sie ihr, daß nichts unanständiger seyn was nothwendig erscheinen muß, und laß sie den Schleper
könne als mit nackten Beinen zu erscheinen. „Wie!" rief über den Busen werfen und Niemanden ihre Zierden zeigen,
Dilferib aus, „Ihr legt eine solche Wichtigkeit auf Sure es fey denn ihren Gatten oder ihren Vätern ic.
Beine, und doch zeigt Ihr gegen alle Gesetze des Anstan- Aber hier, Allah! Allah! unser gesegneter Prophet
des Suer Gesicht? Wahrlich, wunderbare Begriffe «on An selbst würde hier einen schweren Stand gehabt haben. Wir
stand, müßt Ihr haben! die Beine aller Weiber sind sich armen Fremdlinge, denen jede Zrau neu war, die niemals
gleich ; es kann nicht unanständig scvn, sie nackt zu las eine als unsere Mutter und gelegentlich unsere Schwester»
sen, denn Niemand kann, wenn er sie sieht, eine Frau gesehen hatten, diejenigen unter uns ausgenommen, welch«
von der andern unterscheiden; allein das Gesicht, jener verheirathet waren ; wir, die, wenn die Weiber der Schachs
geh.'iligte Theil, geweiht der Schamhaftigkeit allein und ausgingen, genithtgt waren mit Lebensgefahr davon zu lau«
dem Auge des Gatten, daö Gesicht, das mit der größten fen und uns zu verstecken, «IS ob der Tod m den Straf«
Gewissenhaftigkeit bedeckt werden sollte, das laßt Ihr un- fen herumwandelte und unS zu verschlingen drohte; wir
verschlevert, um von jedem unverschämten Burschen ange hatten da auf einmal eine Welt voll HouriS, wie kein
gafft, getadelt, belacht zu werden. — Allah, Allah!" sagte Paradies sich jemals rühme» konnte welche besessen zu ho«
die gekränkte Dilferib eines Tages zu einer jungen Frau, den, offen vor unfern Blicken liegen; nnsere Augen wnr«
welche in sie drang, ein Paar lange baumwollene Strum den bezaubert, alle unsere Sinne verwirrt; die größte»
pfe anzunehmen ; „Astafarallah! Allah vergib mir! Schönheiten durften wir ansehen , ohne Furcht vor eine»
Sevd Ihr toll? Ist Euer Gehirn verrückt? Laßt mir frer« eiferfüchtige» Ehemanne, ohne Gefahr gepfählt zu werden.
Peine, ein verhülltes Gesicht und die Gnade des heilige» Der Wechsel war zu stark für unsere Natur, und wir
Propheten und sagt nichts weiter. Welch ein sonderbares schwaztev und träumten von nichts anderem.
Mißgeschick hat uns in dicß Land gebracht, wo die Wei (Die Fortsetzung folgt.)
ter ihre Deine verhüllen und ihr Antlitz aufdecken!"
Bev allem guten Willen der Engländerinnen für
Dllferib, gab es doch etwas für uns Unerklärliches in ih Lichtbrechung.
rem Benehmen gegen sie. Obgleich alle offen kamen, um
sie zu sehen, wollte doch keine behülflich fern ihre Einsam S ihr hohen Bergeshüften
Ueder'm schattigen Mefild,
keit zu erheitern und ihr Gesellschaft zu leisten. „Wer Die ihr in den Faltenklüsten
würde in Gesellschaft mit einer Frau sevn wollen ," sag Solches Abendlicht verhüllt.
ten sie, „welche nicht mit dem Manne verheirathet ist, Seh' ich eure blauen Wände,
bey dem sie lebt? dieß hieße unfern ganzen Ruf aufs Spiel Suren lichterslillten Eckvoß,
fetzen." Eine Person, welcher der Gcsanbte sehr vortheil- Ist mir doch, zu lesen stände
Drinnen meiner Seele Loos.
hafte Bedingungen machte , wenn sie niit seiner Sklavin
leben und sie unterrichten wollte, zeigte sich höchlich belei Nimmer mögt ihr's mir verhehlen,
Tauscndfarbig kann icb's seh'n ;
digt über einen solchen Vorschlag. Sie konnte auf offner Uederlaut mögt ibr'S erzählen.
Straße mit Männern spazieren zehn, mit ihnen schwatzen, Niemand wird eS ganz versteh'«.
Männer anstarren , sie bcvm Arm nehmen , Besuche von Dieses ist des Herzens Wonne,
Männern empfangen, und Niemand dachte deßhalb schlechter Dieses ist des HerzenS Pein,
«vn ihr ; allein sie gcriech außer sich vor Wuth bev dem Daß eö kann von keiner Sonne
Gedanken, daß sie beschuldigt werden möchte, dasselbe mit ei Ganz und gar durchschienen seyn!
ner Person ihres eigenen Geschlechts gcthan zu haben, die A. Schill.
sich in der Lage der harmlosen Dilferib befand. Nun, und
was würden wir von einer solchen Frau in unserem Lande Lsrrtsponde», -Nachrichten.
sagen? Man würde ihr die Haare abschneiden, sie verkehrt
«>f einem Esel mit dem Schwanz in der Hand durch die Senf, Juni.
Straßen der Stadt führen , und dann in die offene Wüste Ich habe Innen wohl voriges Jahr erzählt, daß sich einer
jagen , als wäre sie mit Unreinheit befleckt. So groß ist nnsner tüchtigst?« ErziebungSmänncr , der Professor Hnw,
der Unterschied der Gewohnheiten in verschiedenen Län bert» gegen das Theatralische und Eitle der jährlichen Prüflings-
feyerlichkeiten
dern, und wer kann einen Augenblick zweifeln, welche gemeiner Heftigkeit aussprach . daß mehrere Scholarchen deiilwlb mit
über ihn herfielen und ihn schimpften, statt
die besten sind, wenn wir folgende Worte in unserm ihn zu widerlegen. Diese Feuerlichkcit , genannt Promotion,
»«Heiligten Sora» lesen : -.Soge de» gläubigen Weibern, h« mm auch diese« Jahr wieder stattgefnnbe« mit alle» U„»
Zweckmäßigkeit» , die ihr immer vorangehen. Es ist näm gen zu lassen. Republikanische Knaben können nicht fern gnmg
lich nicht die Rede davon die Schüler zu belohnen , die sich im von solcher Nachahmung gehalten werden.
Laufe des Schuljahrs durch Fortschritte, Leistungen, gutes (Die Fortsetzung folgt.)
Betrage» u. s. w. am meisten ausgezeichnet haben. Was könnte
billiger und verständiger seyn? Kurz vor dein Fest werden den Berlin, Juni.
Schülern Aufgaben mancher Art vorgelegt, und. wer darin
die>wenigsten Fehler macht, wird preisfjhig und erhält alle die, (Fortsetzung.)
Auszeichnungen des Tags. Wie unzweckmäßig ! Wer nur ein
ordentlicher Schüler war, und auf den Karten Bänken von Nach dem, was ich im Eingänge dieses Berichtes sagte,
Tertia, Secunda, Prima Jahrelang herumgcrutfcht Ist, und kann es nicht meine Absicht seyn eine Auseinandersetzung je« ,
wem es da sauer geworden , der weiß auch, wie wenig eine der ihrer Darstellungen zu geben ; auch ist dieß bereits in de»
Prüfung ober eine Aufgabe über das Wissen lind Können hier erscheinenden Blättern geschehen, und von der Mehrzahl
und über das ganze Verdienst eines jungen Menschen entschei und de» Ncnuenswerthen mit einstimmigein Lobe. Ich berichte
det, aus den im Moment des Eramcns gar manches nachthei- also nur, daß Mab. Haiving er, in eine», Zeiträume vo»
lig wirken und ihn zu Fehlern bringen kann , die er in ru ungefähr sechs Wochen, achtzehn Abende , und meistens in zwey
higer Gemütbsstimmung nie gemacht haben würde, und die er Stücken aufgetreten ist , daß sie dazu stchS-und-dreyßig Proben
am folgenden Morgen selbst nicht begreift. bedurfte, und acht neue, ihr ganz unbekannte Rollen einflu-
Die ruhige Mittelmäßigkeit trägt in solchen Fällen ge dirte. Folgen die Stücke: „Liebe kann Alles," zwey Mal,
wöhnlich den Preis über das höhere Verdienst des Knaben da „neue Proberollen" drey Mal, „Kuß und Ohrfeige" zwey
von , dessen lebhafte Phantasie schon die Gesichter von Vater, Mal, „Minna von Barnhclm" zwey Mal, „Turnier z»
Mutter, Geschwister«, Verwandten uizd Nachbarn sieht, wenn Kronstcin" ein Mal, „Beichte" ein Mal, „Rehbock," ein Mal,
er keinen Preis erhält, oder nur einen ganz geringen. Ge „Nachschrift" ein Mal, „Vorsatz" ein Mal, „zwey Worte"
rade dann, wen» der Knabe was Werth ist , muß er unruhig ein Mal, „MartinSgänse" zwey Mal, „Cvrstn" ein Mal,
und bange seyn. I» solcher Stimmung kann er aber nicht mit „Mirandoline" zwey Mal , sämmtlich Lustspiele ; „Waldfrevel"
voller , ruhiger Uebcrlegung arbeiten. Er macht eine Menge zwey Mal, „Tiroler Wastel" ein Mal, „Milchmädchen" ei»
Fehler, und die Lehrer sagen ihm oft mir wahrem Bedauern, Mal, „Braut aus Pommern" sechs Mal, Lieberspiele und
baß sie ihn gar nicht begriffen. In dieser Acußerung allein Vaudcvillcs; „der Schnee," Oper. In allen diesen Darstel
liegt schon das Vcrdammungsurtheil berMetKode. Nun kommt lungen war das HauS oft überfüllt, meistens voll, und nur
das Fest selbst, dessen Aeußcrlichkcit und Prunk gewiß nicht ein Paar Mal was man gut besezt nennt ; ungctheilt , wenn
günstig für die Gemüthcr der Knaben ist, zumal wenn dadurch auch in einigen Stücken größer als in andern, war der Bey?
vielleicht ein bitteres Gefühl von erlittenem Unrecht in ihr fall, und nur drey oder vier Mal wurde die fremde Künstlerin
Herz kömmt; dicß allein schon muß unendlich nachtheilig auf nicht gerufen. Bey ihrer lezten Darstellung aber, wo sie sich
sie wirken. Die Preise bestehen nicht etwa in nützlichen Bü in der bekannten Oper, „der Schnee," nebe» ihrem Gatte»,
chern, sondern in silbernen Medaillen, die an farbigem Bande als gewandte und liebliche Sängerin zeigte, wurden benbe un-,
im Knopfloche getragen werden. ter lautem Jubel hervorgerufen ; Blumen, Kranze und Gedichte
flog.., und flatterten aufdie Bühne und in das Auditorium, und
Wie alle Jahre, so war eö auch bicßmal auf ein Haar. schon war der Vorhang wieder gefallen , als d«S begeisterte
Indessen scheint doch der oben angeführte Streit manchen Leu Publikum lautrufend auf Vorlesung des Gedichtes bestand, wel
ten , besonders verständigen Eltern die Augen geöffnet zu ha ches, nebst einem vollen Blumenkränze, dem gcfcycrtcn KünsK
ben , denn die Kirche war dicßmal lange nicht so »oll wie lcrpaar ein Zeichen allgemeiner Anerkennung war. Herr
sonst. Das Unzweckmäßige des SchulverfahrenS und das Meyer mußte das Gedicht lesen, und er thar es mit eben so
Nachtheilige des Festes kann auch wohl kaum von denen ächttünMcrischer, d. h. selbst vergessener Liebe, als es mit
übersehen werden, die das" jugendliche Gemüth rein von allem Enthusiasmus aufgenommen wurde. Dergleichen Vorgänge
Einfluß des auf Stelzen gehenden Ehrgeizes und der Eitelkeit kann man bereiten, ja sie müssen sogar bereitet werden, um
erhalten wollen. Es ist doch wahrhaftig nicht genug, daß Cal möglich zu seyn ; aber so wenig man es wagen darf, in einer so
vin im sechszebntcn , Jahrhundert die Promotion eingesczt großen Stadt wie Berlin, dem gewöhnlichen Talente einen
und so angeordnet hac^. und baß sie ein ausgezeichneter Staats solchen Triumph zu veranstalte» , so gewiß wird das versam
mann in Genf (der Graf Capodistrias) rühmte, ohne jedoch melte Publikum eine solche Anmaßung der Einzelne» durch
weiter in deren Prüfung einzugehen. Schreiber dieses kann über- Lauheit zu strafen wissen. Hier aber zeigte sich durch den
dicß versichern, daß der Graf zugab, es könne für junge Gemü stürmischen Jubel des gedrängtvvllcn Hause«, daß die Einzelne»
thcr nicht vorthcilhaft sehn , wenn den Fehlern und schwachen den Gedanken Aller und nicht nur ihre eigene Empfindung aus
Seiten der Gesellschaft Einfluß auf sie gestattet werde, und gesprochen hatten. Schon das vollgcdrängte HauS bey die
wenn »>nn sie darauf führe, das Gute und Rechte hauptsäch ser lezten Vorstellung dcS Künstlerpaars, die zugleich ihre Bene-
lich des äußern Scheins und der Auszeichnung wegen zu rhu». fizbarstcllnng war, bewies die große Gunst drs Publikums.
Man hat bey de» Genfern immer das Haschen nach Belohnung, Gelegentlich will ich hier erwähnen , daß außer dieser Darstel
nach Acusierlichkcit , Bekannt- und Berühmtwerdcn bemerkt; lung , deren Einnahme ihnen gekörte , jedes von ihuen fünf
sollte dieß nicht von den ersten Schuleindrücken kommen ! Eine zehn Fricdrichsdor für jede Abenddarstellung erhielt, und vaft
ruhige . mehrtägige Prüfung in einem Schulhaus vor den die Direktion übcrdicß mit kunstehrcndcr Artigkeit ihnen eine»
Eltern und den Mitgliedern der Akademie, wobey jede verstän silbernen Pokal mit sinniger Inschrift überreichte. Ich erwähne
dige Frage gestattet wäre , und hierauf eine Schulftycrlichkeit dieß, weil heut zu Tage, und mit Recht, auch das Honorar,
ohne Pomp und militärischen Schnickschnack, möchte wohl welches ein Künstler erhält und eine Direktion gewährt , «i<
zweckmäßiger sehn. Dadurch würde die Austhcilunq von Preis- Gewicht in die Wage fällt , init welcher, wenigstens die Men«
und Verdienstmedaillen nicht ausgeschlossen, man hüte sich aber ge , ihre Achtung für bcyde abwägt. .
sie «IS eine Art von Dekoration am Bande iin Knopfloch tra (Der Beschluß folgt.)

Verlag der I. G. Cotta'schen Buchhandlung.


M o r g e n b l a t t

für

gebildete Stände.

Donnerstag, 10. Juli 1323.

Il,r Lantenton
Spielt in dem hingegebnen cherzen
Mil süßcr Wollust süßen Schmerzen.
Seume.

Josephin c. Sich von der Tine hcil'gem Uebersckwang


In mir mit schlichter Rede herbewegte!
Das Hochamt war. Der Morgknsonne Blick O dieser Ton, — ich fühlt' es nur zu bald.
Glomm wunderbar im süßen Weihrauchscheine ; Schlich sich in'sHerz und macht' eS tief erkranken:
Der Priester schwieg ; nun brauste die Musik Ich stehe wie ein Träumer in Gedanken,
Vom Chor herab zur Tiefe der Gemeine; Jndeß die Orgel nun verhallt.
So stürzt ein sonnetrunkner Aar Die Sängerin vorübermal! t.
Vom Himmel sich mit herrlichem Gesieder, Die Kirche aufbricht und die Kerzen wanken.
So läßt Jehovens Mantel unsichtbar C. Moerikr.
Sich stürmend aus den Wolken nieder.
Dazwischen Hirt' ich eine Stimme wehen.
Die sanft den Sturm der Chöre unterbrach, Die Abenteuer Hajji Baba'S.
Sie schmiegte sich mit schwesterlichem Flehen
Dem süß verwandten Ton der Flöte nach. (Fortseyung.)
Wer ist's, der diese HimmelSklinge schickt? Dem Gesandten wurde angekündigt, die Königin von
Das Mädchen dort, das so bescheiden blickt. England erwarte ihn zur Audienz. Wir sollten die Wei
Ich eile sachte auf die Gallerie, ber des Königs der Franken, vielleicht seine Töchter se
Zwar klopft mein Herz, doch tret' ich hinter sie. hen. Sin solches Glück war nur wenigen vorbehalten!
Hier könnt' ich denn in unschuldvvller Lust „Gelobt sey Allah!« sagten wir; „wenn die Schönheiten,
Mir leiser Hand ihr festlich Kleid berühren.
Ich konnte still, ihr selber unbewußt. die wir täglich auf der Landstraße und an den Ecken der
Die nahe Regung ihres Wesens spüren. Gassen sehen , schon unsre Seele in Fesseln legen, wie groß
Doch, welch ein Blick und welche Miene, müssen nicht die Reize derjenigen sevn , welche das Herz
Als ich das Wort nun endlich nahm. eines Königs erobert haben; derjenigen, denen man viel,
Und nun der Name Josephine leicht nicht erlaubt , sich gleich andern Weibern den Blik-
Mir herzlich auf die Lippe kam ! kcn der Menge auszusetzen."
Welch zages Spiel die braunen Augen hatten!
Wie barg sich unterm tief gesenkten Schatten Wir wurden von lauter Männern empfangen , nichts
Der Wimper gern die leise Schaam! verkündete, daß Frauen das Haus bewohnten. Nachdem
Und wie der Mund, der eben im Gesang man uns in Pomp durch mehrere Gemächer geführt, in
Die Gottheit noch auf seiner Schwelle hegte. welchen wir nichts , was irgend ein weibliches Geschöpf
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anzeigen konnte, gewahr wurden , spähten wir endlich in Steine , womit er verziert war , schienen ihre Bewunde
der Ferne Weiberröcke aus, und nach und nach erblickten rn«? zu erregen. Sie war begierig sich jedes Stück erklä
wir einige wunderlich aussehende Frauengestalten, die nach ren zu lassen, und alle Weiber in dem Zimmer, drängten
dem,, was wir davon wissen konnten, vielleicht Gemahlinnen sich um beu «Gesandten, als er zeigte, wie mau es anle
des Königs sevn mochten, denn nach ihrem Aussehen zu ur? gen müsse. Sic machten manche Bemerkungen über die
theilen, wetteiferten sie, die ohne Zweifel schon zahlreiche Jubbehs und Jacken; als sie aber zu den Beinkleidern
königliche Familie mit einem Schach Zadch oder Prin- kamen, vermochten sie kaum ihrem Muthwillen, obgleich
zen zu vermehren. Wie wir uns ihnen aber näherten, er durch die Gegenwart der Königin gedämpft war, Krän
fanden wir, daß wir uns geirrt haben'mußten, und wir zen zu fetzen. Sie sahen einander an, und dann wieder
schlössen demnach, daß das, was «nsre Augen auf sich ge die Jeer Jumehs; sie vermochten den Ausbruch ihrer
zogen, nichts «IS eine höchst sonderbare Art von Klei Fröhlichkeit nicht zurückzuhalten. Steif von Brokat und
dung sev ; später erfuhren wir, daß sie nur bey Hofe ge mit Baumwolle ausgestopft, stand der Gegenstand ihreS
tragen werde, wo keine Frau es wage, sich der königlichen Erstaunens aufrecht in der Mitte des Zimmers und bildete
Person zu nähern, wenn sie sich nicht auf diese Weise ver in der That einen höchst auffallenden Gegensatz mit den flie
unstaltet hatte. genden Kleidern der fränkischen Frauen. Ein A r a c G i r *)
Wir waren nun augenscheinlich am äußersten Rande erregte große Bewunderung wegen der mühsamen Näthe-
unserer Hoffnungen. Die Frauen, welche vor uns stan rey, und alle gegenwärtigen Personen waren begierig zu
den, mochten, wie wir vermutheten , einige der K Ha wissen, wie eine so kleine Mütze ans dem Scheitel festsitzen
nums und Beggums am Hofe sepn, welche die Ge könne ; allein sobald die Kopfnadcln zum Vorschein kamen,
schäfte in den Vorzimmern besorgten ; allein wie groß war fand sich diese Schwierigkeit gelöst. Einige prachtvolle
unser Erstaunen , als der Ceremvnienmcistcr den Gesand La Hofs oder Polster erhielten den Verfall der Königin,
ten zu einer Dame führte, die mit dem Rücken gegen ei wie auch die Kaschemir-Shawls und der Sammt von Js-
nen großen Spiegel gewendet stand, und diese war, wie pahan.
wir hörten, die große Banoo des Landes. Was wir (Beschluß des zwevten Abschnitts.)
auch erwartet haben mochten, alsobald fühlten wir uns von
Ehrfurcht und Achtung gegen die erhabene Person, vor ") Eine Kappe, wörtlich ein Auffanger de« Thaucs.
welcher wir standen, durchdrungen, weit mehr, als unser»
Gedanken nach irgend eine Frau einzuflößen «erinögcnd
war. Sie hatte mehr das Ansehen eines Großvezirs als
einer Frau. Sie legte dem Gesandten Fragen vor, wie Bilder aus Nordamerika.
in Persien nur Gelehrte zu thnn vermögen, Fragen,
(Fortsetzung.)
welche unsere tiefsinnigsten Schriftsteller in Verlegenheit
gesezt haben würden. Es war klar, daß der König von Wie soll ich aber min ein nur einigermaßen deutli
England fchr weise handelte, wenn er bey einer solchen ches Bild von dem wilden Tumulte des Gottesdienstes
Frau Vorsichtsmaßregeln und Wachen für überflüssig hielt, der Methodisten entwerfen? Oft stieg der Prediger in
wie wir sie in unserm Harem veranstalten, denn mit ih Bildern und mit feiner Stimme fo hoch, daß ihn bcvde
rem Verstände wäre sie wohl fähig gewesen ein Königreich zulezt verließen, und dann brüllte er mit gen Himmel
zu regieren, wievielmehr sich selbst. Als der Gesandte gestreckten Händen, ohne irgend einen artikulirten Ton
den ihm anvertrauten Brief der ersten Gemahlin des mehr hervorzubringen ; nun greift er erschöpft nach einem
Schach übergab, fragte die Königin, ob die Banoo ihn Kruge Wasser, trinkt, schrevt wieder, endlich aber sinkt er
eigenhändig geschrieben? Ich sah Schamröthe das Antlitz völlig ermattet nieder und seine Überspannung löst sich
des Gesandten bedecken, denn ach! das Schreiben gehört auf dem natürlichen Wege in Tftränen auf. Dave» hat
nicht zu den Talenten einer persischen Dame ; was sollte die Gemeinde de» jedem höhern Klimar ebenfalls lanter ge
er also sagen? er war genethigt zu gestehen, daß es von rufen: „Gott, Allmächtiger sc» bey uns!" oder dgl. So
dem großen Moonschee des Reichs geschrieben worden; z. B. rief der Prediger einmal : „Was denkt ihr von der
«ls die KöntLin die Ueberießung las, lächelte sie; geschah Hölle?" Allgemeines Wimmern. „Zehn Jahre ohne Es
dieß aus Bewunderung oder aus einer andern Ursache ? sen." Viele: „O Gott, erbarine dich!" — „Zwanzig Jahre
dieß mußten wir dahingestellt feyn lassen. ohne Trinken." Viele: „O CbristuS, errette mich!" —
Sie betrachtete dann die Geschenke und richtete ihre „Tausend Jahre ohne Freund!" — „Himmlischer Vater,
Aufmerksamkeit besonders ans den vollständigen persischen erlöse unS !" — Zehntausend Jahre in dem feurigen Ozean,
Frauenanzug. Die Schönheit der Sticken?, die Pracht zu pflügen!" Jedesmal schreyt die Gemeinde lauter. „Mit-
i^-S Stoffs und der Glanz des Goldes und der kostbare« li«l»n Jahre auf dem Meeresboden und «in Felsen auf
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Eurer Brust!« — „Ich sinke, ich sink. Hülfe, Hülfet auf den Knieen liegend, wie wahnsinnig den Heilige«
Endlich ruft der Prediger : daß ich Posaunen hätte, so wild aiirufen, daß sich schwer sagen ließ, ob sie de«
euch die Worte in die Obren zu schreven ! Heute brennt teten oder fluchte». Bey den vielen Untcrabiheilungen und
mir der Geist Gottes im Innern, wahrhaftig wie nie vor: Abstufungen der großen Merbodistcusekte paßt obige Be
der.- Und eine alte Frau schrevt: ,.Mir auch, mir auch!" schreibung natürlich nicht genau auf alle Mcthidisten, doch
jezr stürzt sie in Krämpfen auf die Erde, fängt an irre zu bleibt das Aufgeregte, Leidenschaftliche, namentlich in den
reden und zu schreven. Sin graßlicher 'Anblick! «der der Gebeten, die bald laut gerufen , bald weinend gesprochen
Prediger bleibt ganz still, bis sie wieder aufhört zu fchreven, werden , und immer mit einem ganz besonder« , gedehn
und nnn geht es wieder von vorne an. Hier saßen wel ten und zitternden « t.«-6! (O Herr!) reich ausstafsirt
che, die mit zugedrückten Aiuen laut , doch unverständlich find, allgemeiner, durchgreife lder Charakter.
beteten und dabev mit den Füßen stampften; dort faßen Als ich mich noch kaum von dem bacchanolifchen Shri-
Andere, die mit dem Ausdrucke gänzlicher Ergebung mit stengottesdicuste erholt hatte, ging ich am Nachmittage in
dem Kopfe unaufhörlich hin und her wackelte»; da weinten eine Quäkervcrsammlung ; den» mau hatte mir gesagt, daß
Greise, daß ihnen die Tdränen ununterbrochen über die wahrscheinlich einer ibrer besten Redner predigen werde.
nmzlichen Wangen flössen, da schrieen welche: „Ich bin Ich kannte die Armseligkeit des gnakeriichen Gottesdien-
verdammt, verdammt;" da rauften sich einige das Haar, sies, aber wahrscheinlich wäre sie mir nicht so grell erschie
andere kreischten laut auf und viele murmelten wie in nen, hätte er nicht mit dem, waö ich heute Morgen gese
Angst vor sich hin. Wohl Vre» bis vier Mal stieg und siel hen, im Gegensätze gestanden. Ein treues Conterfei der
so dieser religiöse Rausch. Nnn aber wurde der Prediger platten Wirklichkeit hätte eine treffliche Karikatur abgege
so wild, und ich übertreibe nicht, denn dieß wie die ganze ben. Jeder Mensch, der lange Zeil stille sizt, ohne zu re
Erzäl'lung ist wörtlich wahr, daß er die Kanzel faßte, sich hoch den oder seine Ansmerksanikelt ans etwas Aeußercs zu
aufschwang, mit den Füßen ausschlug, dann auf die Bank richten, »ie z. B. bevm Anbören einer Rede geschieht,
fxrang, die in der Kanzel steht, und wie unsinnig «mber- nimmt «ach vnd nach eine dnmme Miene an. Die Ge-
sramxfre. Da wurde Alles ivahnsinnig ; einige sielen zuk- sichtSmuSkeln haben nichts zu thun und erschlaffen nach
kend auf die Bänke, die meisten aber liefen umher und luid nach, fo daß sie dem Gesicht keinen Ausdruck lassen,
riefen: ^Der Teufel, der Teufel!" Ich traue diesen Men selbst den nicht der stillen Rübe wie im Schlafe, da nach
schen, wie sie jezr waren, alles zu. Mir kam der Ge dem Gesetz der Schwere der Kinnbacken etwas herunter
danke, wie, wenn nun der Prediger mich als den Satan fällt, so wie die Augenliedcr und einige andern Mnskeln.
bezeichnete, du ich der einzige Weiße und Wohlgekleidete Daher kömmt eS denn, daß du in einer Quäkerversammlung
in der Versammlung mar? Sie wären fähig gewesen mich ein Museum von dmnmen Gesichtern sinkest ; und doch
zn zerreißen. Ich sprang anf eine Bank und hielt mich sind unter ihn«' gewöhnlich nnr sehr wenige Dnmmköxfe.
auf Alles, was da kommen mochte, gefaßt. Vielleicht hast (Die Fortsetzung folgt.)
du bereits gelacht, und dieß kommt daher, daß in der
Darstellung wilder oder auch nur leidenschaftlicher
Momente häusig etwas Lächerliches liegt, wenn auch der Korrespondenz-Nachrichten.
Gegenstand selbst nicht lächerlich ist. Wenn ich dir erzäh Berlin. Juiri.
len wollte, wie ich in Rom den Kaxelllneistcr Baini bey (Beschluß.)
Aufführung der Sirtinischen Musik l»be vor Entzücken ES bleibt mir nur noch übrig zu berichten , wie in Ken-
zurück und in die Arme zwever Sänger fallen und bev nerkvcisen über die erneute Erscheinung der Mab. H a i ? i »-
ueueintretendcr Musik wieder auffahren fehen, du würdest ger, und zwar im Allgemeinen , qeurrl'eilt wufte. Man
auch vielleicht lachen. Aber es war sehr schön, ernsthaft, fo fand, daß diese Künstlerin bedeutende F»rtschritte i» iln'rr Kunst
gemacht habe ; ein gewisses Bereitetes (AxpretirteS). was man
«ie dieser Gottesdienst gräßlich ernsthast war. Ich lxabe il,r früher vorwarf, habe sie ganz abgelegt ; dabin gehört z. ?.
nnn einen deutlichen Begriff von dem religiösen Wahn ein Spiel oder Spielen mir dem Publikum , welches sie jezr
finne derAIten bereinigen ihrer Feste. Dieser methodistische nur da anwendet, wo es in einigen Luflspielstellen unbedingt
Gottesdienst war eine wahre christliche Bacchanalie, »o eintreten muß . nm hier eine starre Sisgränze zwischen Par-
terre und Bühne in wallende, überfließende Wogen zu ver
die Weiber in religiösem Wahnsinne umhertaumelten. Sie wandeln; sie thne dieses mit Maß und Animith, und so l'. be
find Wollüstlinge in der Zerknirschung «nd schwelgen in sie eine höhere Naivctät erreicht, als jenes Gnrli - und SuS-
dem Gefühle der Sündhaftigkeit. Ich hatte früher nnr chenwesen, daS man gewöhnlichst nennt, mib das sie fczt ge
«inmal etwas AehnlichcS gesehen ; es war in Neapel zur trost den jüngeren und mcrdendcn Talenten überlassen dürfe.
Man fand, dag eS ihr zum Borth?,! gereichte, auf dem Kd-
geit des Festes des heiligen Januarius , als fem Blut niqSstädter TKeater zu spielen, weil diese Bühne kein Trauer
nicht fließen wollte. Da sich ich auch zwey Frauen vor spiel geben darf, «nd baS Tragische nicht zu dem eminenten
demMare, auf welcher«, du Nasche mit dem Blut stand. Talente dieser Schauspielerin gehöre. Ich , und mit mir ei
66s
«ige gleichgesinnte Freunde , wir sind dieser Me«nung nicht. Dieser thatsächliche Bericht ist der strengen Wahrheit gemZK,
Bey anderer Gelegenheit werde ich mich einmal ausführlich wenn gleich mein und meiner Freunde Urtheil, wie jedes ans
hierüber aussprechen ; jezt kann ich meine Ueverzeugung nur dere. ein irriges seyn kann. Ueber das großartige Talent
andeuten, wenn ich sage, daß Mab. H>, itzi nger schwerlich im dcS Hrn. Ha iging ers zu berichten, muß ich dein Musik«
Stande sc»» wird die P»Zdra zu spielen, wohl aber die La kcnncr überlassen , und sage nur, daß er dreyzehn Mal Hey ge»
dy Makbeth, schwerlich die Braut von Mcssina, füllten! Hause init rauschendem Beyfall gesungen hat.
wohl aber Ophelia; ich sage; ..schwerlich," denn das ist Ludwig Robert.
eben die Eigenschaft eines siegenden Talentes , daß es alle solche
weoretischcn Berechnungen zu Schanden macht, und selbst da Genf, Juni.
StaunenSwcrthcs leistet, wo man es am wenigsten erwartet. So (Fortsetzung.)
erwartete man kcincsweges Mab. Haitzinger als Sängerin Dießmal hatten die Preisschüler zu Ende des Feyertags
auftreten zu sehen , und war doch schon am ersten Abend höch ein wahres Fest. Der hier anwesende Kunstreiter Avrillon,
lich überrascht, mit welchem Geschmack, mit welcher Anmulh der sich auf französische Weise Premier e'euver cle I« k>»ne«
und wie charakteristisch sie die Lieder der Trrubadoursccne in nennt, und als solcher täglich einigemal auf die Nase fällt,
den „neuen Proberollcn" vortrug; späterhin bcy ciner größe hatte an Alle Eintrittskarten für seinen Oirqu« «Ivivpiqu«
ren und sehr charakteristischen Gesangssccne in „der Braut aus vcrtheilen lassen. Man siebt, der Mann ist schon einige Zeit
Pommern." erkannte man, welch einen vortrefflichen Lehrer in Genf und bat da was gelernt, er spekulirt schon nicht
sie in der Person ihre« Gatte» gefunden hatte ; endlich aber in schlecht, denn die Artigkeit für die preisrragenden Knabe» führt
der Oper: „der Schnee," mußte ihr der Neid selbst den Na unfehlbar ihre zahlenden Eltern und Geschwister herbe». Di«
men einer höchst lieblichen Sängerin zugestehen; und ich kann ser olympische CirkuS ist übrigens eine runde Brettcrhütte, wo
es bezeugen, daß ein in ganz Europa berühmter Komponist, auf ziemlich engem Raum abgerichtete Pferde nach der Trom,
von ihrem dramatischen Gesänge entzückt , unaufgefordert ihr mel heruinaallopiren , alt und jung tanzt und springt'
daS Versprechen gab. cigends für sie eine Oper zu schreiben , Hanswurst Kberdieß seine Späöc und Wortspiele macht, z. B.
und ilircn Part dem Umfange ilircr Stimme gemäß zu setzen. Hueile ckiffeeeoce v « t il entre une seerure et le» l>»>
Man fand, nachdem ihr Gastspiel beendet war, baß sie auf mes cleOeneve? L est <zu, I, »errure est Pleins cle vice»
der kdnigsstädter Bühne Gelegenheit gefunden habe, den gan et >es Oenevoise» pleine» cle vertu».
zen Umfang ihres Talents (daS hochtragischc ausgenommen) Der Juni ist bcy unS eine Reihe von Schautagen und
zu zeigen. Die Fülle desselben, so wie ii>r Fleiß, ihr Gedächt Festen. Dahin müssen auch die Manduvers der Nativnalgarde
nis! und selbst die physische Kraft, so uuauSgcsezre Anstrengun gerechnet werden , denn sie sind eine wahre VolkSangelege»«
gen zu ertragen, wurden bewundert. Man wollte, weil dicß bcit, »n"dcr Groß und Klein, Vornehm und Gering Theil
immer auf Abwege führte, nicht vergleichen ; man könnte selbst nimmt. Der junge Mensch I'vffr aus die Zeit, wo er sich in
zugeben, daß einzelne Scenen, ja einzelne Rollen, von den schmucker Uniform und Waffen zeigen , Aufsehen machen , und
im Eingange dieses Berichts rühmlich erwähnten Künstlerin ein Bischen rcnnomiren kann , was man hier bl»zuer nennt.
nen besser dargestellt werden konnten , aber man könnte sich Aus ferner republikanischer Zeit weiß sich das Mütterchen den
nicht verläugnen, daß eine Schauspielerin , die heute im feinen, Tag «nb die Stunden zu erinnern, wo dieser und jener nachPlain-
morgen im charqirten Lustspiel, bald als dümmliches Land? Palais zog , wo sie denn noch hinziehen, und wo sich jezt der
fräulcin , bald als Dame aus der feinen Welt , nun in einem Herr Sohn mit Ober- und Untergewehr bewegt. Unter den
Schiebladenstück, nun in einem Melodram, im Liederspicl und breiten Akazien und Kastanien < die den weiten Rasenplatz um
in der Oper, kurz in allen Gattungen an ihrem Platz ist. und geben, sind Tische und Bänke in Menge aufgestellt, und daraus
das Publikum zu lautem Bcufall hinreißt, daß eine solche wird aus großen Korben aufgetragen, was nur des Menschen Herz
Schauspielerin, wenigstens hinsichtlich der Vielseitig erfreuen kann. Die Frauen und erwachsenen Töchter sind ge
keit, mit jeder andern, und zwar siegend in die Schran schäftig und auf die Hauptsache bedacht, wiewohl lcztere viS«
ken trete. Und doch hat diese Künstlerin zwcy ihrer ge weilen auch nach den Uniformen schielen, die Buben und kleinen
lungensten Rollen hier in Berlin nicht gespielt, zwcy Rol Mädchen aber haben mancherley im Sinn, denn ihre Aufmerk
len . in wclcyen die berühmte M a r S ihr Vorbild war : die samkeit ist zwischen den guten 'Sachen auf dem Tisch und zwi
Blinde in Clcmcntine, und die junge Frau im Tartüffe. schen den blinkenden Flinten, den krachenden Kanone» und
den langen Soldatcnrcihen gethcilt, wo sie den Vater heraus
Ich kann nicht umbin hier über den Verfasser dieses finden wollen. Endlich , wenn sich die Truppen saltsam hin-
Vaudl-villcs, über Herrn Angel», einige Worte zu sagen. und hcrgcschwcnkt haben, und vor - und rückwärts gerückt sind,
Höchst ungerechterwcisc streiten ihm einige Kritiker alles auch init Hörnern, Trommeln und Kanonen zur Genüge hanthiert
Dichtertalcnt für die Bühne ab , indem sie nichts weniger wol haben, wird die große Pause gemacht, die immer eine Stunde
le», als baß er ein Scribe ein Schiller oder Shake dauert. Während nun Syndiken, Staatsräthe, fremde Prin«
speare scun soll. Dergleichen kuriose Ansprüche macht die zen, Offiziere und Herrn unter dem großen Zelt schmaußen,
praktische Kritik der Franzosen nicht. Herr Angel» weiß und sich mit obligaten Redensarten langweilen , zieht der FuK
es sehr wohl und sagt es mit bescheidenem Selbstbewußt- selier und Grenadier unter den grünen Laubgängen bey den Sek
styn. baß ihm die Gabe der Erfindung nicht ward. Aber «igen ein, die ihn frey und froh empfangen. Tschako, Patrrn-
wer hat. wie er. französische Kleinigkeiten so glücklich los taschc und Säbel wird schnell abgelegt und anS Werk gegan
kalisirt und auf deutschen Boden verpflanzt? Svin „Fest der gen, be» dem die Kleinen Anfangs reblich helfen , hernach «Ser
Handwcrkcr" ist durchaus etwas anderes geworden, als das bey den Kanonen verkehren , ober bey den zusammengestellten
französische Original, und die beste Lokalvvsse. die Berlin je sah. Flinte» ab- und zugchen. Die kleinen gcpuztcn Mädchen spie«
Dieö beweisen wohl dessen brcußig Darstellungen während ei: len und tanzen nun auf dem grünen Rasen, den vorher die
nes halben Jahrs, b>,cß beweisen viele seiner Bearbeitungen, Pelotons zertraten.
und wenn ihm auch hie und da etwas mißlingt, so könnten (Die Fortsetzung folgt.)
sich seine Tadler doch gratulircn, wenn sie im Stande wären
nur ein Stück zu schreiben . das dreyßig Vorstellungen erlebte. Berlage: Kunstblatt Nr. S5.
Verlag der I. G. Co t t a 'sche» Buchhandlung. '
166.

M o r g c n b l a t t

skr

gebildete Stände.

F r e y t a g, 11. Juli 1328.

Der Weltgtist.
Du siehst ibn nicht Im Lichte, hbrfl ihn nicht
Im Schall; dcr Unsichtbar', dn UnKdrdan
Sr macht dich stlm und »b«n, falilk» . dkiiken:
Er denlr,!« dir. du v,ft nur stin Scfäß.
Herder.

Aaspar Hausser, der Naturmensch. her,, geistigen Besitze dadurch, daß er von jeder erst m
Nürnberg erkannten Sache angad und hinzusezte, wer sie
Nach Beobachtungen vom I. Juli iSk3. ihm gezeigt, Key wem er sie zuerst gesehen habe. Sr er
Der junge Mensch, über welchen nachfolgende Bevd- schien als ein Mensch von wohl zwanzig Jahren, wenn
achkungen gemacht worden sind, kam gegen Ende Mai's man die ausgebildeten breiten Schulter», und den anch
dieses Jahrö mit einem Führer, welcher von der Stadl schon an den Wangen keimenden Bart detrachtete; sein
sich entfernte, und denselben allein hinelnslbickte , nach Gang war mühselig, besonders dadurch, daß er die Kniee
Nürnberg, wohin er außer seiner ärmlichen Kleidung nur noch nicht gehörig biegen gelernt, wodurch das Treppen
eine» Brief brachte, in welchem gebeten wurde, ihn zum steigen ihm am beschwerlichsten war. Seine Gesichtsfarbe
Kavalleristen zumachen. Aus den wenigen Worten, die war gut, seine Hände vollkommen ausgebildet. In der
er vorzubringen wußte, erkannte man, daß er bis zu sei: Sprache merkte man schon den Siufluß dessen, w«S er hier
nem Abgang nach Nürnberg ohne irgend eine Abwechslung, gelernt hatte, nicht nur dem Wvrtreichthum, sondern auch
auch ohne Ahnung der äußern Welt durch das Gehör, in der Aussprache nach. Vornehmlich ist ihm von Hause aus
einem engen Gemache, nur von einem einzigen Menschen das Aussprechen des en Key den Endsvlben nicht eigen,
spärlich gepflegt, seine Zeit zugebracht hatte. Da eine wohl aber hier durch den Umgang mit Personen, welche
solche Erscheinung zu den allerseltensten gehört, und in mehr die Schriftsprache gebrauchen , mitgetheilt worden.
dieser Hinficht schon ost ein Traum der Phantasie an die Seine Sinne sind nicht sowohl ausgebildet al» empfind
Stelle der Erfahrung gesezt worden ist, so glaubte man die lich. Das Auge, welches niemals bis zur Reise hieher
nachfolgenden Beobachtungen aufbewahren zu müssen. Etne eine weitere Entfernung, als die von wenigen Schuhen
Täuschung durch Verstellung des Individuums wird durch maß, ist matr dem Ansehen nach, ohne ihm jedoch den
seine Kindlichkeit und Originalität, so wie durch die Menge Dienst zu versagen. Nicht nur bey grellen Tönen, wie
der Beobachter undenkbar. bevm Knall einer Peitsche, sondern auch bevm feinern
Schlage einer Repetiruhr drückte sich die heftige Afficirung
Sr war seit dem 27sten Mai in Nürnberg, war in seiner Gehörnerven durch das Zucken der Gesichtsmuskeln
den uns Wochen bis zum ersten Julius mit vielerlei) Per- aus. Deßgleichen machten Blumendüfte und der Geruch
sonen stets in Berkehr gewesen, und hatte bereits nach einer Pomeranze einen widrigen Eindruck auf ihn ; er deu
seiner Weise sehr viel gelernt. Doch sonderte sich das Ge tete auf die Stirne über der Nase und sagte, daß eS
lernte, die neue» Wirter ausgenommen, von seinem frü ihm hier weh thue. Ebenso finden seine Wirker, daß sein
Geschmackstnn außer Wasser und schwarzem Brod «Ses z«> trete, ei» religiöser Sindruck seyn. Dieser sucht alle Ein
rückstößt und als unangenehm verwirft. Nur das Auge zelheiten, welche ihm aufstoßen, kennen zu lernen; er
schein^ schon früher, oh«e Zweifel durch sein Spielzeug, denkt an keinen Zusammenhang, keinen ÜrspVWg , keine
sich zum sinnlichen Wohlgefallen entwickelt, zn haben, wel- Einheit des Tanzen. Er hat für jezt das Deb^rfniß, Vor«
ches seit seinem hiesigen Aufenthalte durch die Menge der stellungen in sich zu sammeln ; man sieht «i ihm deutlich,
neuen Gegenstände, die er kennen gelernt hat, sich täg daß der Mensch im Naturzustande erst eine Menge von
lich mehrt. Geruch- und Geschmacksinn kennen bev ihm Sachen sich zu eigen machen muß, bevor er uur einiger-
nicht das Angenehme und das Unangenehme in seinen »er- maßen zur Vorstellung unsichtbarer Kräfte aufsteigen kann.
schiebenen Abwechslungen, sondern nur das Unangenehme Bey ihm ist noch Alles Glauben und Wissen durch de«
und dessen Abwesenheit oder Entfernung; denn er ißt Glauben ; sein einförmiges Leben in einem engen Gemache
auch nach seines hiesigen Begleiters Aussage nur nach dem von nur etwa sechs Schuh Höhe , gleicher Länge und ver«
Bedürfnisse des Hungers, und nicht zu bestimmten Zei hältnißmäßiger Breite, wo ihm Holzstöße den Blick aus
ten, und zwar nur schwarzes Brod, wie er auch blos Was dem einzigen engen Fensterloche versperrten, wo er nichts
ser trinkt. Sein Gehörsinn hat das Angenehme erst hier sah und hörte als die Person und Stimme seines Wärters,
kennen gelernt und mit Begierde ergriffen. Er ist fleis- der ihm gewöhnlich erst mit einbrechender Finsterniß sei»
sig am Klavier, verwirst aber den Gesang, indem er sagt, Wasser und sein Brod brachte, hat keinen Begriff vo«
man solle nicht so laut schrcycn. Am meisten ausgebildet vergangener Zeit und Zukunft in ihm erwachen lassen, weß»
oder am reizbarsten scheint sein Tastsinn , da er, ohncdieß wegen ihn Jedermann vergebens fragt, wie lange er ein«
zur größten Reinlichkeit gewöhnt, den Staub wegen sei gesperrt gewesen. Er kann deßwegen auch nicht vom er
ner Aleider ängstlich vermeidet, und mit dem Betasten sten oder zweyteu Tag seiner Reise, sondern nur vom
durch die Hände dem noK ungeübten Ange zu Hülfe Hellwerden und Finsterwerden sprechen, und hat überhaupt
kommt, bevor er sich z. B. auf einen Sessel niedersezt. noch keine Vorstellung von Aufeinanderfolge der Begeben
Sein Sxrachreichthum, welcher bey seiner Hieherkunft in heiten , so daß alles noch in seinem Kopfe als gleichzeitig
ganz wenigen Wörtern bestand, ist bereits sehr angewach in der Gegenwart erscheint. Er hat keinen Begriff von
sen. Jedoch braucht er den Jnfinitivus im Präsens statt Recht und Unrecht. Daß er geschlagen wurde, wenn er in
aller übrigen Formen und Zeiten des Berdums , und ar seinem Kerker sich auf die Füße stellte oder mit seinen
beitet mit beyden Händen, um seine mangelhafte Rede zu zwey hölzernen Pferdchen ein Geräusch machte, erzählt er
ergänzen und ihr fortzuhelfen. Unter seinen Geisteskräften mit schmerzlicher Geberde, aber nur als ein Mißgeschick,
herrscht das Gedächtniß jezt vor, vereinigt mit einer un nicht «IS ein Unrecht auf seiner oder des Schlagende»
gemeinen Aufmerksamkeit in Beobachtung äußerer Dinge, Seite. Durch das Mitgefühl, welches doch nur durch die
welche sich hinwiederum bey dem , was er selbst thut oder Vorstellung eigener Empfindungen erwacht, ist in ihm
treibt, z. B. beym Stricken oder Klavierspielen, als eine eine tiefe Abneigung gegen alles Zerbrechen und Zerstöre»
alles Andere ausschließende und vergessende Richtung auf entstanden. Als er auf eine Rose wies, welche schon ganz
den einzigen Gegenstand zu erkennen gibt. Er behält in verwelkt war, und man diese abblätterte, mißbilligte er
der Regel alle Titel und Namen von Personen, von Tbie- es stark, und hieß sie n i ch t b r e ch e n. Als man ihm ein
ren und von Sachen, wie man sie ihm angegeben hat, Gebäude zeigte, welches man abzutragen begonnen hatte,
und ohne dieselben zu verwechseln, wiederholt auch Regeln tadelte er auch das Einreißen des Hauses. Aber da ma»
der Höflichkeit und andere abstraktere Dinge, wie er sie ihn fragte, ob er denn nicht auch seine alten Kleider gerne
von Andern empfangen hat, und zwar nie ohne Angabe abgelegt und die neuen, von dem Herrn Bürgermeister
seiner Autorität. Man kann an ihm wahrnehmen, wie geschenkt, angezogen habe, und da man ihm auf feine Bej<»
die menschliche Erkenntniß mit dem Glauben und nicht hung sagte, daß es mit dem Hause eben so gemacht werde,
mit der Kritik anfängt. Er verlangt Alles von Andern so billigte und lobte er es, daß man es neu uud sckbu
zu lernen, und glaubt unbedingt demjenigen, welcher ihm mache. Merkmale aufzusuchen, woran er die Ähnlichkeit
zuerst von dem vorhandenen Gegenstände etwas sagt. Ver- oder die Unähnlichkcit der Gegenstände wahrnehmen möchte,
gleichung und Zweifel steigen ihm erst durch widerspre ist er ganz begierig. Noch ist in Hinsicht auf feine Sin»
chende MittKeilungcn über denselben Gegenstand auf, und Neuentwicklung zu bemerken, daß er die verschiedenen Ein
er verwirft solche Mittheilungcn anfangs geradezu , in drücke des Widrigen der Art »ach nicht unterscheidet,
dem er sich auf die erste Autorität beruft. Aber auch die sondern vom Brennen eben so wie vom allzustarken Ge-
jenigen werden durch ihn widerlegt, welche mit alten und ruche sagt: es thue weh. Als man ihm in der Küche
neuen Philosophen behaupten , es müsse der Eindruck ei daS brennende Feuer zeigte, erzählte er mit schmerzli«
ne« Menschen, welcher aus steter Einkerkerung von der chem Ausdruck des Gesichts , daß er es beym Vater (s»
Geburt an plötzlich in di« reichgeschmückte Welt heraus nennt er den Mann, bey welchem er hier wohnt) ange
faßt, daß es ihm »eh qethon , und daß der Bat« ihm ge dienstes dem Stifter !for «IS Individuum am besten zusagte ;
sagt habe, man dürfe es nicht anfassen. er konnte am lebendigsten in ibr leben, und er und seine
R. nächsten Umgebungen waren begeistert; da ging die Sache,
hätte er aber Goethe« lesen können, so hätte er gelernt, daß
Begeisterung keine Häringswaare ist, die sich einpökeln
Bilder au« Nordamerika. läßt. War der MorgengotteSdienst spanischer Pfeffer
in Branntwein gekocht, fo war der Nachmittagsgottes-
(FortsrVung.) dienst drevmal verdünnte Wassersuppe.
Viele Oniker scheinen die himmlischen Erscheinungen (Der Beschluß folgt.)
wie Jakob zu erwarten, nämlich im Schlafe, den» ich
habe in jederQuäckerversamniluiig Schlafende gefunden ; in-
Heß Lichtenberg bot ja auch in Deutschland zwepschläfrige Korrespondenz-Nachrichten.
Kirchenstühle ans. Andere sitzen mit einem Gesicht da,
«ruf welchem die Langeweile ihren bleiernen Thron ficht» Petersburg, Ans»»«« Juni.
barlich aufgeschlagen. Einige ivnge Quäcker, die, so viel Uns,« Kaiserstadt, dir jüngst nrc» da« Vild de« gewübl»
es sich nur irgend thun lassen will, dem Quäckerthum vollsten Leben« darbot, ist seit einigen 'lVoKien durch de» Kb»
tn her Tracht entwischen, und den altfränkischen Kock mit gang der kaiserl. Familie, der ersten Hof» und Staatsbeamte»
und sämmtlicher Garderegimenter sichtlich verödet worden , und
der Mode zu verbinden suchen , sehen sich wohl um, ob sie wird es nun durch die eingetretene lierrlichuiildt Frübling«,
nicht unter den gegenübersitzenden Mädchen ein Gesicht er Witterung . welche die übrige Bevölkerung der Residenz auf
lauschen sinnen ; denn wenn diese still sitzen, so kann nur die nahe» Land,1« lockt, täglich noa, inekr. Bon, Kaiser»
der gerade vor ihnen Stehende den Boden ibrer mit Scheu- Kaufe verließ uns zuerst die Großfürstin Helen«. Am elften
Mai begann sie il're Reise in« Ausland, einzig zur WiederKer»
klappen versehenen tütenförmigen Hüte entdecken , ich stellung ikrcr zerrüttete» GesundKeit, begleitet ron il'rer älte«
mevne ihr Gesicht, es se» denn, daß eine schöne Qnäcke- flen Tochter und einem ansclinlicden Hofstaate ; sie reist über
rin, und es gibt viele hübsche Mädchen unter ihnen , auch Warschau und Dre«den in« südliche Deutschland, Frankreich
ihren Hut modernisirt und seine Oessnung so weit ausge und Italien , und diese Reise dürste sie länger denn andertkalb
Jabrc von un« entfernt Kalten. Sine Woche später verließen
dehnt hat, daß man eben noch sehen kann, es solle ein un« innerl'olb wenigen Tagen der Kaiser , der Großfürst
Quäckerhut se»n. Unglücklicherweise wurde heute kein Michael und die Kaiserin Alerandra ; die Kaiserin Mut
«Freund vom Geiste bewegt/' wie sie es nennen. Es blieb ter, welche von den altern Gliedern der Familie all, in Kier
Alles still ; dann und wann ein Räuspern , ein kleines zurückgeblieben ist . residirt schon seit einigen Wocve» mit ii«
re» Enkel» aus dem reizenden Sominerslye Pawlowsk. Die
Schnarchen, ein nnruhigeö Kind, das war alles, was ich Garden . der Inbegriff unserer gebildeten IiöKern jungen Welt,
Profaner heute in diesen kablen, kalten vier Mauern zu die gewiß viel zu dem Reize der gesellseoaftlicven Unkeii'altnng
hören bekam. Erst plnlofoxhirte ich , dann ärgerte ich bcvtragen, verließen un« schon in der lezten Hälfte de« April,
mich, dann schlief ich ein, dann ging ich nach Haus. Wer und somit ist in allen öffentlichen und Privatzirkel» unserS Le:
den« eine füklbare Stille eingetreten. Eine Menge Jndivi:
in Lagen gewesen ist, wo er ohne Bücher, Umgang und due» begeben sich je,t Überbein in« Au«lanb. dicst gclchielt zwar
Augemrciz, wie im Gefängnisse, ganz auf fein Nachdenken oder jede« Frül'jaKr bei, Eröffnung der ScviffaKrt, dorn diese« JaKr
die Spiele der Phantasie beschränkt war, wird wissen, bemerkt man eine weit größere Zahl von Abreisenden denn sonst,
»te schwer es einem selbst an Nachdenken gewohnten Geiste woran wol'l vorzüglich die >ezt zwischen Peter«burg, Lübeck
und London eingerichtete FaKrt de« englischen Dampsdoot«:
wird, sich nur eine Stunde lang in konsequentem Denken König Georg der Vierte . Schuld ist. Schon Kaben sic» . da
fortzubewegen. Es ist sehr schwer und sezt einen durch man da« Boot täglich erwartet , und e« bann bi« zum Spät»
aus gebildeten Geist voraus. Ist aber von Anschauun Kerbst jeden Mcuat einmal abgeben wird . zu der ersten FaKrt
gen und religiösen Betrachtungen die Rede, in wichen bev dem Kiesigen Kommifnonär dc« Dampfboot«. dem Varon
Sricqliz, gegen Kundert Passagiere gemeldet. Deniwcn findet
sich Nachdenken und Gefühle mischen , so ist ein nur man Kier allgemein die von dem Snrreprencur für die lieber:
etwas geregelter Gang des Geistes längere Aeit hindurch fahrt der Passagiere festgesezte» Preise übermäßig tkcner. So
noch schwerer, ja nicht im mindesten im Bereiche unseres zaklen die. welGe fich auf demselben bi« Lübeck einschreiben, für
Willens. Wer zügelt das wilde Roß der Phantasie ? wer den ersten Plag I Pfund Sterling. <Z?5 Rubel in Papier),
für den zwevte» Pla» Iii Pfd. Sterling l?'>1 Rubel Vaneo);
kann sagen, zu welchen verkehrten Bildern, ja zu wel darin ist frrmich ante Vcköftiqnna ans dein Wege, und die Wc, -
cher Tollkeit unser Geist gelangt, sobald wir ihn von der xfliilitung cinvegrissc». den Ncisend« in vier b!« fünf Tagen
Außenwelt abfchneiben ? Wer hat je die Bilder des Ge an Ort und Stclle zu schisse»; doch kann man denselben Zweck
dächtnisses in seiner Gewalt gehabt, daK ?S ihm nicht plötz »ngleichwoiilfeiler ^reiche», wen» man daliin mir ei«"» gewölm:
liche» Lübecker Sclnffcr abgekt . der nur zekn Dukateu für ei
lich nach dem heiligsten Namen einen Narrennamen in» Ohr nen Play i» der Kajüte fordert. Diese n»gewk>K»lia» l'obe»
raunt? Ich zweifle nicht, daß die Form des Quäkergottess Preise werde» dazu bcytragcn, daß diese« löbliche Uurrrnebineu
664
Mieder in Stocken geräth. U« tief« brückende brINische Mo, habn, iaS m Deutschland überall besser. Im Ganze» ist es ab»
nvpol abzuschaffen, und d«n,och eine stetige, bequeme Kom doch zn verwundern, daß Leuten, die so sehr au Ungebundenbeit
munikation mit Dcmschland und dem übrige« Europa zu erhak und Unabhängigkeit gewöhnt sind wie die Senfer Bürger, vierzehn
ten , wäre zu wünschen, daß sich bey miS selbst für diesen Be Tage genügen um dasExerzicrhandwcrk so gut zu erlernen, alö
huf eine Aktienkompagnic gleich der der Diligenccn, die eine» eS sich bey dieser Revue zeigt. ES waren auf dem großen Play
über alle Erwartungen glücklichen und selbst gewinnreichen Er gegen dreitausend Mann versammelt, dabey auch einig« Bat«
folg hat, bildete. ^ teric» Artillerie. Gar schnurrig waren die sechSzig Mann K«
Seitdem die Pariser Akademie der Wissenschaften im Jahr vallerie anzusehen , die «inige Chargen in gestrecktem Galopp
17Z6 die großen Erdmessungcn unter dem Acquator und in und mit gezogenen» Säbel toll genug ausführten, und hernach
Lappland anordnete, sind diese astronomisch-geographische» einzeln mir Pistolcnfeucrn sich vernehmen ließen. Dießmal wurde
Operationen der Gegenstand deS Wetteifer« der Astronoine« doch keiner abgesattelt. Nur einigt zu freysinnige Pferde gingen
und der liberalsten Unterstützung der Regierungen geworden. mit ihre» Reitern durch, bockten und schlugen hinten auS. DaO
Auch die unsrigc unterstüzte qroßmüthigst eine im Jahr 1821 Beste und Schönste von dem allem ist »nb bleibt doch der Play,
von der Universität zu Dorpat ausgehende Idee der Art. In eine große weite Wiese, die auf drey Seiten eine dreyfach«
jenem Jadre begann die erste russische Gradmessmig, nnd Reihe von mächtigen Kastanien einschließt, in deren ernsten, großen
wurde im vergangenen glücklich vollendet. An der Spitze der Blättern das luftige, zarte Laub der Akazien zittert. Unter ih,
damit beauftragten Expedition stellte sich der Astronom der nen ist unwandelbarer Schatte» und Kühlung , während dl«
Dorpatschcn Universität , Professor Struve , durch seine , Sommcrsonue das Gras auf der Wiese gelb und braun
mit seltenem Scharfsinne in dieser erhabenen Wissenschaft sengt. Unter diesen Bäumen gehen und stehen die vielen hun»
angestellten Beobachtungen dem Ausland« rühmlich be bert Menschen , die der Revue zusehen wollen. Da flehen auch
kannt. Der Sommer von 1821, der erste der Gradmes improvisirre Bänke und Tische, Eg- und Trinkbuden , Kuchen«
sung, wurde zu Errichtung der Signale in den Haupt und! Obflhdkerey . Spiele, Schaukeln und Karroussels für die
punkten dcö DrcvcckuetzeS angewendet; das entworfene Ney Kinder. Jenseits der Wiese erblickt man da« hübsche ) nn»
enthalt zwcy-und-drcvßig > von Süd nach Nord auf einander aufgefrischte Neurhor und Genf, da« sich hier auf der Höhe mit
folgende DreheckSpunktc ; bey den meisten derselben ward die seinen gemauerten Terrassen sehr originell und malerisch . ja
Höhe über der Meeresfläche in PariscrfuH angegeben. In den sogar in guten architektonischen Formen darstellt. Durch die
Sommern von I82Z — 21 wurde» vicr-unbizwanzig Drey- Baumkuppcln am Tkor glänzen die korinthischen Säulen und
eckspunkte durch Winkclmcssungcn mit dem Univcrsallnstrmneut der Fronton de« Museums Rath. Nördlich zieht sich die
trigouoinctrisch verbunden. Im Sommer 1826 geschahen die lange, crnste Jnralinie bin, der ein hügellichcs Vorland »o?
wichtigen astronomisclicn Beobachtungen der Polhohen und schöner Landhäuser und üppiger Bäume zum Vorgvnnd dient.
Azimuthe an den bcydcn Endpunkten der Grabmcssung, na- Gegenüber in Osten und Süden liegen die Savoyischen , Herr«
menlli« zu Jakobstadt (in Kurland) und auf der Insel Hochland. lich bewachsenen und grünenden Alpen, vorn wie eine Vcdette
Im Sommer 1827 endlich wurden die noch übrigen Opera der spitzige Mole , und hinter ihm die weiße Gletscherwand,
tionen vollendet, was de» Theil»cl,mcrn wegen mancherley die sich wie ein HimmelSbühncnvvrKang vorzieht, hinter den,
nachtkciliger Umstände nnr durch Entwicklung der beharrlich Engel in unsterblicher Jugend spielen.
sten Tbätigkeit und Ausdauer bey sicbenmonatlicher , ununter Lange hatten die vielen wackern Männer , denen eS hie«
brochener Arbeit, die bis in die rauhe JoKrszeit hineinbauertc, um Fortschritte und Vervollkommnung zu thun ist, besonder?
gelang. Für sich betrachtet, wird diese Gradmessung die unser Professor De Candolle , auf die Eröffnung einer In«
Krümmung dcö Erdmeridians in der Gegend der Dorpater dustvieauSstellung gedacht. DIefe ist nun zwar zu Stand gekon»
Sternwarte angeben, welche auf der Mitte derselben gelegen men , aber nur als erster Versuch zu betrachlen , da die Sache
ist, ein Elcmcnt, das bis jczt durch direkte Messung nur für mir der Zeit wohl bedeutender werden wird. Man hatte den
zwcy Sternwarten . die Pariser und Grcenwichrr bekannt ist. »ordern und den mittler« Saal des Museums Rath zur Auf
Sic wird über die Regelmäßigkeit der Krümmung in gedach stellung der zahlreich eingegangenen Gegenstände bestimmt. Die
ter Gegend Auskunft geben , wiewohl erst nach gänzlicher Gipsabgüsse antiker Statuen waren stehen geblieben, und vor
Vollendung der Berechnung , wenn ihre Kombination mit den ihnen standen die Jnduflriesachen. Dadurch entstand manche
andern tbeilS vollendeten , theils noch in Arbeit stehenden Grad- wunderliche Nachbarschaft. Vor dem bclvcderischcn Apoll« hatte
mcssungc» zu Bestimmung der Abplattung der Erde ausgeführt ein Pcrruqucnmachcr seine künstlichen Toupet« auSgekramt. Die
sehn wird. Wichtig wird diese Kombination wegen der nördlichen mcdicäische VenuS hatte ein durchlöchertes Blech vor sich, wo,
Lage und der bedeutende» Ausdehnung unserer Gradmessung, durch Kartoffeln zu Nudel» getrieben werden. Am Fuß der
um so mehr , da die unter sich widersprechenden Ergebnisse der schönen NiobeSrochter stellte Fra» Charlotte Wanzenrieb
bevdc» früher unternommenen Lappländischen Gradmcssungen flanellene Strümpfe , und Herr Robert einen Apparat für
diese vom Gebrauch ausschlicßcn. Der Werth der russi chcn Milchvcrsctzungcn aus, und der verzweifelnde Laokoo» hätte
Gradmessung würde abcr noch sehr gesteigert werben , wenn vielleicht laut auflachen müssen, wenn ihm die Kuhmelkmaschine
mit der Zeit eine Fortsetzung derselben nach Norden, so weit in die Äugen gefalle» wäre, die hier vor ihm stand. So gebt
alö möglich nach Finnland hinein, unternommen würde. Die es an kleinen Orten, wo man keinen Sinn für die höber« Weib«
.Möglichkeit einer solchen Fortsetzung unterliegt keinem Zweifel, und Würde der Kunst bat, und wo dcßhalb die sogenannt«
denn alle dazu erforderlichen wissenschaftlichen Hülfsinittel sind Nützlichkeit über dem Schönen fleht, Uebrigens wäre «S nicht
vorhanden. schwer gewefen ein anderes, passenderes, näher liegendes L?«
(Die Fortsetzung folgt.) kal für diese Industrieausstellung zu wählen.
Senf, Juni. (Die Fortsetzung folgt.)
(Fortsetzung.)
Darüber vergessen wir die Hauptsache , nämlich die Re,
vue. Davon ist auch im Ganzen nicht viel zu sagen, und Sie Be plage: Literaturblatt Nr. is.
Verlag der I. G. Cotta 'scheu Buchhandlung.
167.

Morgend l a i t

s s r

gebildete Stände. ,

Sonnabend, 12. Juli 132 8.

Warm schläft' da« Blut ja überall, tie Eon,,«


Färbt nur die Haut, die Stelen färbt sie nicht.
Körner.

Bilder an« Nordamerika. kommende Farbe sind, als auf glattere, mehr den uusri-
gen ähnliche Haare. Mit der größten Mühe suchen die
(Beschluß.) Mädchen das wollige Haar etwas glatt zu bekommen und
Der Negerball. in moderne Locken zu dringen, wobcv sie die gegenwärtige
Der schwarze Bediente des Hauses, wv ich in Philadel Mode mit den taxirten Locken sehr begünstigt. Je glatter
phia wohnte, erzählte: wir werden einen sehr schönen Sub- die Haare einer Farbigen sind, je mehr sucht sie dieß zu
skribtionoball, für zwev Dollar, d.i. fünf Gulden die Person, zeiqen, und mir haben zuweilen Mulattinnen gesagt, wenn
geben, was sagst du dazu? du kannst dir denken, daß ich ich fragte , ob dieses oder jenes Mädchen eine Weiße sev :
mir schneller ein Billet verschaffte, als ich gethan I'ätte, „nein, aber ihr Haar ist sehr glatt." Diese Eitelkeit rübr«
wäre von einem weiften Ball die Rede gewesen. Sine um wahrscheinlich daher, daß sich das Braun der Mulatte» so
ferer schwarzen Köchinnen ging auch hin ; eine Kutsche mit mannigfaltig abstuft und das eigene Gesicht, das sie täglich
weißem Kutscher und Bedienten wartete gewiß eine halbe im Spiegel sehen , ihnen nach und nach nicht mehr so gar
Stunde vor der Thür, bis Donna Nera in Seide und braun erscheinen mag, so daß sie sich den Spaniern Süd
gewaltigem Blnmenxulz erschien und davon rollte. Der amerikas oft an Farbe gleich wähnen, was auch der Fall
Ball bestand nur aus den Honoratioren der Farbigen, d. h. ist, die Haare aber noch lange das Zeichen afrikanischer Ab
aus Kellnern, Bedienten, Kleiderhändlern ic. , und du kunft bleiben. Einen Beau bemerkte ich auf dem Balle, der
Haft keinen Begriff, wie gut sich diese Leute denahmen; mir besonders Bergnitgen machte. Er war indeß der einzig«
ich nehme keinen Anstand zu behaupten , weit besser als Lasse in der dunkeln Gesellschaft. Dieser schwarze Stuz-
Weiße von derselben Klasse und Erziehung in irgend einem ,er hatte falsche und zwar glatte Locken auf seinen, Woll-
Lande. Alles ging ganz nach feinem Ton ; die Herrn banxte , eine hellblau seidene Unterweste zu einer rvthen,
xräscntirten de» Damen Erfrischungen und thaten es natür Oberweste, einen grünen Rock „ach der neueste« Mode,
lich sehr geschickt. Die Mädchen waren sehr gut gekleidet fleischfarbene, wohl zu merken, weiß-fleischfarbene Hand
«nd hatten selbst nicht viel von dem übertriebenen Putze schuhe, und durchbrochene fchwarzscidene Strümpfe über
«n sich, den sonst die Neger sehr liebe», und von dem, weißdaumwvllenen, denn sein schwarzes Leder Hütte ja sonst
z. V. bald abgetragenen Opernputz, so manche Histe voll »ach nickt durchgeschimmert. Wenn diesc r afrikanische Adonis so
St. Domingo geschickt wird. Eine besondere Koketterie dastand vor einem Lontretaiize, in einer gewissen Seelen
treiben sie mit dem Haarschmuck. Du mußt wissen, daß die ruhe und Freundlichkeit, wie sie nur aus dem Bewnßtsevn
Zörbig?» weniger eitel auf etwas weißere und unS näher hxr Vollkommenheit entspringen, so bedauerte ich nichts.
666
als daß ich weder Devrient noch Potier war. — Die Zähne ein Rezept aus der Apotheke zuzuschicken. Doch ich
der Mädchen waren so, daß sich jede Dame auf einem Pa schmeichle mir, nicht in diesem Fall zu seyn, wenn ich
riser Fest hätte ihr ganzes Gebiß ausnehmen lassen, um mir vorstelle, baß eine Art von natürlicher Sympathie
es mit dem der Töchter Aethiopiens zu vertauschen. Wein, zwischen Ihnen und mir sey, die bey einem persönlichen
Eis, Konfekt war vortrefflich und die weiße Musikbande Umgang zu einer so vollkommnen Freundschaft erwachsen
spielte den von einem Schwarzen, Francis Johnson, wäre , als nur immer zwischen zween Sterblichen möglich
komponirten Tanz. Ich darf hier einen Gegenstand ist. So vortheilhaft ich in Absicht der äußerlichen Um,
nicht unberührt lassen, der, wie unangenehm er dir und stände seit der Mitte von 1760 in meiner Vaterstadt pla-
mir auch seyn mag, gar nicht unwichtig ist. Man wirst cirt bin , so hat mich doch schon oft gereut, daß ich vor et
nämlich den Farbigen vor, daß sie, kurz'gesagr, stinken. lichen Jahren den Antrag des Herrn Abt Jerusalem nicht
Es ist wahr, daß sie von Natur stark transpiriren und zu realisiren gesucht habe, weil mich dieser nach Braun«
stärker als die weiße Ra?e, aber der Vorwurf, daß sie schweig zu Ihnen gebracht und mir vielleicht die Glückst«
überhaupt übel röchen, und fchon darum nicht zum Um ligkeit verschafft hätte , mein Leben mit Ihnen zuzubrin«
gange mit Weißen taugten, ist albern. Gewöhnlich be gen. Mein vieljähriger Aufenthalt in der Schweiz hat
finden sich die Farbigen in Verhältnissen, wo sie sich nicht mich an die Vortheile und Vergnügen des vertrauten Um
so reinlich halten können als die Weißen, und nament gangs mit auserlestnern Freunden so sehr gewöhnt, daß
lich wenn von einem Sklaven die Rede ist, wird wohl ich mein Erilium in dieser meiner Vaterstadt nicht viel
Niemand erwarten, daß er rieche, als hätte ibn eine grie besser ertrage, als Ovidius seine Verbannung nach Tvmos.
chische Magd nach dem Bade gesalbt. Ich habe in der Ich bin hier ganz allein ; ein bischen unverdaute Juriste-
vollen Methodistenkirche und auf .'diesem Balle nicht das rey, gerade soviel, als ein Rabulist nithig hat, um eine
mindeste gerochen , und rühme mich doch einer sehr guten gerade Sache krumm zu machen , das ist die einzige Art
Nase. Lache nicht, daß ich hierüber so viel gesprochen ; von Gelahrtheit, die man hier kennt. Die Wissenschaften,
jeder Gegenstand, der diesen unglücklichen Menschenstamm die den Menschen aufklären , bilden , erheben und vcrschö«
und seine Vertheidigu«g betrifft, ist mir ein heiliger, nern, diellicbenswürdigen Künste der Musen, die Gesel
ernster Gegenstand. ligkeit, das Anständige in den SitKn und eine angenehme
Lebensart sind hier so unbekannt als in der krimmischen
Tartare». Urtheilen Sie nun, wie unzählig die Des-
Wieland an Archenholz. agremens seyn müssen, die ich erfahre lind die ich weder
Biber ach den 8. Okt. 4761. vermeiden noch angewöhnen kann. Wie reizend stellt sich
hingegen meine Phantasie eine Lebensart vor, wo die Wis
Hochedelgeborner, hochgeschätzter Herr und Freund ! senschaften und die Beschäftigung der edelsten Kräfte un
Ich kann dem Verlangen nicht länger widerstehen, serer Seele zugleich unsere angenehmste Belustigung und
Ihnen von den Empfindungen zu sprechen, die ich schon unser Beruf sind, einen Aufenthalt, wo Sie, mein theuer-
viele Jahre für Sie hege. So gleichgültig Ihnen die lange ster Freund, wo Gärtner, wo Eberr nnd vielleicht viele
Gewohnheit Bcvfall und Lob gemacht haben muß, so we Andere durch andere Talente, oder doch durch die Schön
nig kann es Ihnen gleichgültig seyn geliebt zu werden. Ich heit ihres Geistes und Charakters schätzbare Personen
erinnere mich, daß ich ehedem das Unglück gehabt, von ei meine Freunde, meine beständige Gesellschaft wären; doch
ner Menge von Dichterlingen und mankirten be«ux «pnt» wozu dienen diese Vorstellungen, als die Bitterkeit meines
auf verschiedenen deutschen Universitäten mit Briefen heim InstandeS empfindlicher zn machen? Da mir nichts übrig
gesucht zu werden, mir Briefen von so ungeheurer Zärt bleibt als der unvollkommne schriftliche Umgang, so will
lichkeit, so enthusiastisch, so entzückt, daß Sie sichs kaum ich wenigstens davon so viel Vortheil ziehen, als mir mög
vorstellen können ; diese guten Herrn prätendirten, daß ich lich ist.
ihnen meine Freundschaft schuldig sey, weil sie eine so ab Erlauben Sie, daß ich gleich den Anfang mache, Ihne«
scheuliche Menge Liebe für mich hätten ; sie erzählten mir von denen unzählichenFragen, die ich gern an Sie thun möchte,
gleich von ihren Mädchen , und das in einer so miltonisch-, etliche vorzulegen. Kennen Sie die Herrn Nicolai nnd
dodmerisch-, klopstockisch-, arabisch-, hnpcrboreischen Schreib Lessing, welche die Verfasser der Bibliothek der schönen Kün
art, daß ich ohne die Unterschrift Halle oder Jena geglaubt ste und Wissenschaften und der Berliner Briest seyn sollen?
hätte, diese Briefe kämen aus dem Mond. Und doch glaub Ich bin durch etliche gut intentivnirte Lebhaftigkeiten mei«
ten diese Leutchen ein jn, quesiw «n mein Herz zu ha ncr jünqern Jahre mit diesen Herrn brouillirt worden und
ben , weil sie ihrem Vorgeben nach durch meine Schriften möchte gern meinen Frieden mit ihnen machen. Ick hasse
in diese Art von Verrückung gesezt worden sevcn, durch alle Zänkereyen und wäre zufrieden, wenn diefe deutschen
welche ich oft in Versuchung kam, ihnen statt der Antwort Frrrons weder Gutes noch Böses von mir sagten.
Ich amuflre mich hier in Nebenstunden mit einer Ar» bev Menschen und Thieren in Folge einer übermäßig er
btir, wozu ich Sie und Herrn Eberl nöthig hätte; ich hizten Luft eintreten, weit weniger dalier rühren, daß die
iibersetze den Sbakespear. Ader wie unvollkommen wird heiße Lnft in die Lungen dringt und daS «thmen stört,
eine Arbeit werden, wo ich ganz allein, durch tausend un als daher, daß sie mit der Haut in unmittelbare Berüh
angenehme Geschäfte und Zerstreuungen immer unterbro rung kommt. Daher hielten Thiere, deren Haut man
chen, und bevnahe ohne alle Aufmunterung bin ! bedeckte, die Hitze weit besser aus als solche, die man nackt
Leben Sie wohl, mein Herr und werrhester Freund, ließ , und deßhalb that auch der Spanier in Tivoli sehr
und entschuldigen die Familiarität dieses ersten Schrei- wohl daran, sich in weite Beinkleider und einen Mantel
benS , welche zwar'nicht den Regeln der Stilette, aber der von rothem Wollenzcug zu hüllen , und de» Kopf in eine
Empfindung der Freundschaft gemäß ist, womit ich bin große Filzkaxpe zu stecken. Dirfelde Eigenschaft, welche
Ihr geherfamsterund ergebenster die Wolle zu einem Schutz gegen die Halte macht, macht
Wtelanb, sie hier zu einem VerwahrungSmittcl gegen die Hitze,
O«r<?ci«ur 6« I« l!K»ve«II,r»» ck» Lidericli. nämlich die Eigenschaft, die Wärme schlecht zu leiten.
Der Umstand, daß die Hitze besonders durch ihn
Wirkung auf die Haut und die Störunqen deS Gefühlver-
mögens in Folge derselben schädlich wltb, erklärt auch
Von der Eigenschaft gewisser Mensche», sich ohne
einigermaßen, wie die sogenannten Konvulsionärs auf
Nachthcil sehr großer Hitze auszusetzen. dem Grabe deS heiligen Medardus manche der Proben
Man hat vor Kurzem in den Zeitungen gelesen, daß bestehen konnten, die man von ihnen erzählt. Da sie
im Garten Tivoli zu Paris ein Spanier, Namens Fran- sich meistens während der Srtase in einem Zustande völ
eiSko Martine; , in einem zu diesem Zweck geheizten Oscn liger Gefühllosigkeit befanden, so hatten sie vom Feuer,
sich mebrere Minuten lang einer Temperatur von t t »Graden dem sie sich auSsezten. gerade blos die materielle Verbren
R. ausgesezt und sich darauf in kaltes Wasser gestürzt habe. nung zu fürchten, die am lebendigen Fleisch weit langsa
Es ist allerdings sehr interessant, daß sich der Mensch mer geht als am tobten. Manche dieser Menschen verrich
ohne Nachtheil einer Hitze aussetzen kann, welche die dcö teten daher auch Dinge der Art, die für übernatürlich gal
siedenden Wassers um ;«» übersteigt, und in der das ten, uud es gibt ein merkwürdiges Certificat, daS meh
Fleisch todter Thiere in ganz kurzer Zeit bratet ; eS war rere Augenzeugen unterzeichnet hatten , unter andern Ar
dieß indessen schon vor jenem neuesten Versuch bekannt und mand, Arouet, Voltaires Bruder, und Lord Rumond von
wissenschaftlich erklärt. Man darf aber daraus nicht zu Perth, ein Protestant, der sich durch die Wunder des
rasch einen «llgemeinen Schluß ziehen und mevnen, je heil. MedarduS bekehren ließ ; sie bezeugen, daß ein Weib
der Mensch könne solche Grade von Hitze ertragen ; sehr Namens La Sonet, mit dem Zunamen der Salamander,
viele könnten in weit geringerer Hitze, als der Spanier in zwey Stunden viermal neun Minuten lang, im Gan
ertrug, sehr schwere Zufälle bekommen. Boeehave erzählt, zen sechs-und-drevßig Minuten auf einem Feuer gelegen
er habe in der 'Werkstätte eines Zuckerrafsinirers, in der habe, daS in dieser Zeit fünfzehn Scheite verzehrte.
die Hitze «z« betrug, keine Minute aushalten können. Selbst die Gegner dieses Unwesens gaben die Richtigkeit
Der Mpsiker Blagden aber hielt eS in einem auf ino-R. des Faktums zu ; die Flammen sollen zuweilen über den
erhizten Zlmmer acht Minnken auS ; selbst mit Oel bedeck Körper der Wahnsinnigen geschlagen haben, die dabev zu
tes Wasser kochte neben ihm und Wachs schmolz ; er ließ im schlafen schien.
Simmer ein Stück Ochsenfleisch braten, wobev er indessen
die glühende Luft mir einem Blasebalg darüber verdichten Korrespondenz-Nachrichten.
mußte. Zwei) französische Akademiker, Duhamel und Dut-
tilet, die nach Angoumois gesandt waren, um eine Getrei- Peteriburg, Anfang« Juni.
dekrankheir zu untersuchen, sahen Bauernmädchen , die (Fortsegunq.)
durch Gewohnheit die Hitze in einem Ofen, worin Obst Vor einigen Wochen erciguetc sich hier in einem aclit-
gebacken und Fleisch gebraten wurde, zehn Minuten lang baren Familienkreise ein sehr tragischer Vorfall , der e«
aushalten konnten. Die Temperatur war 112° R., also wobt verdient hätte »on unser» Tagesblättcrn zur dffentlicken
Kunde gebracht zu werden. Die erwachsene Tochter deS
5S° höher als der Siedepunkt deS Wassers und 2" höher Hauses verzehrte eines Tage« mir mehreren drangen eine
als im Ose» des Spaniers. Nur sehr wenige Thiere kön übergroße Zahl (da« Gerächt nennt gegen »ierjigZ zuvor auf
nen ohne zu sterben eine Hitze ertragen , der sich gewisse gebissener Kerne derselben, welche bekanntlich, wie die Pflau-
Menschen ungestraft aussetzen ; doch Kielt eine Hündin bev mensteine. wegen der darin entkalikiic» Blausäure schädlich,
in Menge aber genvßen, selbst tddtlich werben. Na« Verlauf
Blagden in dem auf inn" erhizten Zimmer a»S. einer Stunde schon spürt sie ein heftiges Unwonlse»» und
CS ist durch Versuche erwiesen, daß die Zufälle, welche verscheidet unter Konvulsionen nach vierzehn Stunden. Dieses
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traurige Sreigistß war einige Tage hindurch der Hauxrgegens SchweZzcvkantoiit» hirher gesendet worden, z. B. von Aarau,
fland der gesellschaftliche» Uiitcrhaltung. Schc>fl?a»skn, Neufchatel. Indessen war doch hier und da
Seit einigen Woche« beginnt die Heilmethode der Stam Gutes zu sehen. In Genf« ehemaliger Hauxtintustrie , der
melnde» de>) uns die glücklich,,,,, gvrtschrittc zu machen. Eine Uhrmacherkimst, haben manche für den inner« Mechanismus
Madam Häntschel, von ihre», Bruder, dem Professor Hauche- Interessantes und Neues , audere treffliche UKren verschiede»
crrnc in Berlin , mit diesem Geheimniß , der dasselbe von der nen Maßstab« ausgestellt. Unsere vorzüglichsten Uhrmacher
philanthropischen Gesellschaft in Aachen erkaufte , bekannt ge aber l«tten nicht« l>ergegeben , ebenso fämmtliche Bijoutiers,
macht, bot es bereit« an mehrere» Personen jedes Alter«, mit wiewohl dieses Gewerb jezt hier mit Pari« wetteifert , und iu
den, glücklichsten Erfolge aber an der Jugend versucht; die mancher Beziehung den Vorzug verdient. An schönen MK«
erwünschtcstcn und nnerwcirtctstri, Resultate haben sich ergeben. bcln , Flügeln und FlugclKarfcn war kein Mangel. AufmcrK
Nicht nur Stotternden i» Folge vcrnachläßigter Erziehung, samkcit verdiente ein neue« Schloß , bc» dem weder Dietriche
sondern auch selbst solchen, die seit ihrer Geburt an fehlerhaft noch Nachschlüssel angewendet werden kdmir» , und das durch
tcr Organisation litten , ist durch sie der freye Gebrauch der einen sinnreichen Mechanismus die Zahl der Versuche angibt,
Sprache wiedergegeben worden, die sie seitdem ununterbro- e« in Abwesenheit des Besitzers zu offnen. Das hiesige Straft
«e» zu ihre», eigenen u»d der Ihrigen Erstaunen ohne den Arbeitshaus (1V1»is«i> p<!»i>onti»iee) hatte gute und schone
mindeste» Anstoß . mir der größten Reinheit handhaben. Teppiche. Wolkendecken und Schnlnnacherarbciten geliefert.
Sie wird nächstens diese Heilmethode , die auch bey ihr, wie Schöne typographische Leistungen von den Pressen BonnantS»
bey ihrer ersten Stifter!» in Network, größtentheilS auf desgleichen DclarncS und Barvczat« , die den besten Pariser
rationelle», durch lange Erfahrung bewahrten Grundsätzen Dr»cscre«kn nichts nachgeben. Besonders zogen auch an die
beruhen soll, einem Verein sachkundiger Männer vorlegen und Reliefs de« Herrn Gandin von mehreren Thcilen der Schweiz,
na» deren Approbation ohne Zweifel ei» Privilegium z» ihrer z. B. des Chamounitl als und der jenfcits des Montblanc lie»
SluSüvmiq erhalten. gcndcn Allee Blanche, von der Jungfrau und dem Berncr
Wegen der künftigen Stellung der protestantischen Kirche in Oberland, von der Simplonstraße und der westliche« Schweiz
Rußland soll die höchste Ordre erlassen scu», ehestens hicx eine u. s. W. Nicht« ist interessanter als diese Art von Spinne«
Eunode zu Kalten, und zu derselben geistliche und weltliche Des rnng und Ucbersicht, wo man jeden kleinen Punkt wieder sin«
putirle nicht nur aus den Ostseeprrviiizcn, sondern selbst aus allen dvt . der einem ans irgend eine Art merkwürdig geworden ist.
Gouvernements des Reich?, in denen nur Protestanten ansäs Hat man diese Reliess lange und mit Aufmerksamkeit durch»
sig und, zu berufen. Bcv dieser Svnodc wird auf die Auffor gangen, so lassen sie ein sehr treue« Bild des Landes im
derung u»serS Monarchen einer der ausgezeichnetste» Präla Gemüth zurück. Von Guinant und Daguct in Neufchatel
ten der preususchc» Monarchie, den noch die Wahl des Kö Ware» artige Prismen von Flint - und CrownnlaS eingegan«
nigs von Prcusien bestimmen soll, den Vorst» führen. Da- gen. die ober denen sehr ärmlich vorkommen, die gesehen haben,
den soll eine schon früher so viel besprochene Idee wiederum in was tn dieser Beziehung zu Benediktbeuern beu München gelei»
Anregung komme» , ein Gcneralrcickskonsistorium hier in Pe- stet wurde. Unter den eigentlichen Kui'.ltsachcn waren vorrreff«
^t'rsburg zu organisire». daS die kirchlichen Angelegenheiten lichc Miiiiarmgemälbe, und Medaillen nach Bvvys trefflich g«
aller in der Gcsammtmonarchie des russischen KaiserstaatS be sclmittcncn Srcmpcln. Sehr wesentlich für den Zweck dieser
findlichen Protestanten leite» wird. I» wiefern nun die Idee, Ausstellung wäre die Anführung de« Preise« der Gegen
welche viele Verfechter, aber auch (vorzüglich in den Ostscc- stände gewesen, da er zum Tbeil allein entscheidet, obste e,n-
provinzeiN eine überwiegende Zabl von Gegnern hat, durch pfeklenswerth sind oder nicht.
jene Spnode ins Leben trete» werde, muß die Zukunft lehren. — (Die Fortsetzung folgt.)
Fortdauernd erhält sich in de» bevden Provinzen Liev- und Ehst
land die Klage , daß die Sekte der Herrnbuter dort immer
mcl r überhand nehme, sich namentlich überall unter dem Lanb- Auflösung des R ä t h sc l s in Nro. 46t:
volke ausbreite, und bcv diesem Vorschrcitcn die dort herr Ba ll.
schende lutherische Kirche selbst mit einem förmlichen SchiSma
bedrohe. — So eben wird hier das am Iren Mai sanktionirte M Z t h s e l.
neue Ccnstn-regkemcnr xublicirr. wodurch das frühere von 1826 Schwarz bin ich aus schwarzem und 'weißein Stoff
völlig aufgehoben ist. Es arhmct in allen Theilcn den Grift Und gelbem, und ende mit Roth;
tiefciirchdachtcr wcifcr, väterlicher Milde und Liberalität. Zu Wer nah mir ins sterbende Angesicht schaut.
folge desselben wird ,,„» die Ecn'ur der inn - und ausländischen Den straf' ich mit mancherlei) Norh,
Literatur, die früher von verschiedene» Ministerien gcleil>t
ward, untcr einem, dem des öffentlichen Unterrichts vereint. Ich verscheide mit gellendem, wildem Geschrev.
In Betreff der darin den Autoren und Ueberleyern gehaltvol Dann lieben mich Viele so sehr!
ler Werke zugestandenen großen Vorrechte, wonach selbst ihren Doch, wenn ich versctiwänd auS ihrer Welt.
Erben auf füns-und-zwanzig Jahre nach ihrem Tode ei» unbe Wohl gäb cS der Lebende» mehr.
streitbares EigcnthumSrecht auf ihre Geistcserzeugnisse zuge Zwar sieht man mich meisten? sterben so gern.
standen wird, kann es gleichen Instituten des Auslandes als Doch riechen kann mancher mich nicht;
Muster der Nachahmung dienen. Und öfters die» ich durch meinen Tod
(Der Beschluß folgt.? Dem furchtbarsten ToöcSgericht.
Genf, Juni.
(Fortsetzung.) Daß ich von drwcrlcn Stoff bin> erzeugt.
Die Ausstellung kann keineswegs als Maaßstab für Erfuhrst vielleicht du noch nie;
die Höhe dienen, welche der Gewerbflciß hier erreicht hat, Und doch . wenn du mich nicht erfunden hast.
den» gar uiinitic ausgezeichnete Genfer Werkstätten , ja der Verzweifle ich an deinem Genie.
bedentcndstc Zweig unserer hiesigen Industrie , die Bijouterie, . I. G. M.
hatte nichts hergegeben. Manche« aber war auS den andern Berlage: Intelligenz»«« Nr. «.
Verlag der I. G. Cot tischen Buchhandlung.
168-

M o r g e n b l a t

gebildete Stände.

Montag, ii. Juli i 8 2 8.

Gestern liebt' ich.


Heute leid' ich.
Morgen sterb' ich.
Dennoch denk' ich
Hkitt' und morgen
Gern a» gestern.
«tssing.

Der Tod Ampota Sapa'S. Tochter als das zwente Weib.


Nongto war in großem Anfchn^
Nach einer Bolttsage »om MiMpvi. Und des Königs alter Feind.
Hörst, du aus dem wilden Rauschen, Der gibt gleich die junge Tochter;
Wo der Missisippi stürzt, Aber da gedenket Nabo
Dreymal siebenmal vom Zellen, *) Der Ampota Sapa wieder.
Sin Gcstöbn wie Todesangst? Wie sie trauern wird und klagen,
D«S gehöret nicht zum Spiele, Soll sie nun das Lager theilen
Wo der junge Riesenfluß, Mit des Nongka's junger Tochter Z
Sich im Brausen wohlgefällt. Denn er hatte sie noch lieb.
Jäger, höre, was da stöhnt! Darum spricht er einst zu Caps:
„Deine Arbeit ist zu schwer,
Nabo, vom Decotastamme, ^ ,.Du hast Kinder, und die Käste,
Halt' ein treues, schönes Weib, „Die sich um mein Feuer fetzen,
Die Ampota Sapa hieß, „Mühen dich, wie eine Magd;
„Trüber Tag," ist die Bedeutung. „Aber Sapa mnß nicht dienen,
Sie gebar ihm viele Kinder, ..Denn sie ist ja Naho's Weib.
Und er war ein guter Vater, „Drum gedenk' ich eine Andr«
In der Hütte wie im Walde. „In die Hütte mir zu führen;
Ott am Abend spielt er freundlich „Doch sie foll dir immer dienen;
Mit Ampota's guten Kindern, „Du bleibst immer mir die erste,
Oder lehrt sie Bogenschießen. „Und die Andre bleibt die zwevte."
Aber da erwacht in Naho's
Herzen Neid auf feinen Häuptling. Sapa weinte bittre Tbränen :
Seine Augen wurden finster. „Bin ich keine gute Mutter?
Sah er, wie ihm viele folgten. „Bin ich nicht dein treues Wcii s
Denen all' fein Wort gebot. „Hab' ich wo gefehlt, vergib es !
Immer sinnt er, wie er könnte „Aber, NaKv, laß in deinem
Der Decoter König werden ; „Herzen keine Andre wohnen,
Sr erwirbt sich viele Freunde „Sapa kann's mit keiner tkcilen.
Und zulezt noch will er Nongka'S „Laß mich in der Hütte mühen
„Für den schnelle» Jäger; Sapa
Bev iit. 4nt«nv «n tk, »littilixpi, ein Fall dieses gros» „Mühet sich für Naho gern."
seit Flusse«.
Die Decota-Jndianer leben am MiMpvi in der Gegend Da verjagt ans Nalw's Herzen
«on St. Anrony. Sapa'S Schmerz den finstern Neid;
Und er tröstet sie in Güte. An das Ufer kamen plötzlich
Doch den nächsten Tag schon wieder Viele Männer, die sie Kören;
Stehet <r den König, prangend Immer näher treibt das Boot —
Mit dem glänzenden Gefolge; Keiner kann ihr nun mehr helfen —
Nah« mußte stehen bleiben Fest umklammern sie die Kinder;
Und in Ehrfurcht ihn begrüßen. „Naho, Naho!" ruft sie wieder.
Wie er also ilm begrüßte. Schneidend schreven schon die Kinder,
Reifte seines Neides Frucht ; Die am Ufer rufen Jammer ;
Bat noch dreymal Sapa wieder, „Naho," fingt sie noch zum Lezten,
Nongka's Tochter aufzunehmen. Und im Schaum sind sie begraben.
Aber Sapa will eS nicht.
Nun erzürnt in wildem Feuer Oft noch, wenn Hieher die Jäger
Naho , holet gleich die Tochter Auf des ThiereS Fährte komme»,
Nongka's und beftchlet Sapa, Hören sie durch all daS Tob«i,
Sie mit Freundlichkeit zu grüßen. Durch de» Lärm des weißen WasserS
Sapa folget ihrem Herrn Sava's Stöhnen, das wie Naho
Und begrüßt das neue Weib Klingt, und ihrer Kinder Schrev'n.
Ihres Gatten , aber schweigend 5.
Sezt sie sich zum trüben Feuer.
Als die Nacht sich ausgegossen
Zwischen all die dickten Baume, Türken und Türkey.
Schleichet sie mit allen Kindern
Aus der Hütte und entfliehet Mahomed wollte, als er seine Religion stiftete, alle
Dreist zu ihrem Vater, dem sie
Ihre schwere Trübsal klagt. Religionen schonen, um darin Anhänger zu finden; dcß»
Es war Herbst ; den ganzen Winter halb zeigte er sich bald als Jude, bald als Bilderdicner,
Läßt sie Naho'n innig flehen, bald als Christ. Iwev geschriebene oder überlieferte Gesetz»
Sie doch wieder heimzuführen bücher erkannte er an; das von Moses, sagteer, sevjezt zu
Als sein Weib, alleinig Weib.
Naho's Neid war groß und brauchte streng, das von Jesus scy noch schwieriger, deßhalb se» ihm von
All sein Herz zur Wohnung; darum Gott ein neues für die Bedürfnisse der schwachen Mensch«
Hört' er nicht auf Sapa's Schmerz. heit eingegeben worden.
Als der Lenz nun wieder wehet Der Alkoran ist ein konfuses Gemisch von Verstand
Auf des Missisippi'S Eis,
Und das Wasser wieder rauschet. und Unsinn ; aber er war ganz für die Menschen geeig«
Und die Vögel wieder singen. net, die nach ihm regiert werden sollten. Die Allegorien
Und die Bäume wieder grünen. des Heiden thums, die Abstraktionen des Christcntbrims
Und die Männer wiederkehren und der Materialismus der Juden schien ihm nicht mehr
In VanotS, mit reichen Fellen,
Die im Winter sie erjagten. passend. Daher hatte er den Gedanken, etwas Reel»
Und von ihren Weibern sprechen. les , Handgreifliches an die Stelle zu setzen. Cr wußte,
Wie sie sich zur Heimkehr freuten : daß sinnliche Genüsse und wollüstige Seligkeit, für das
Da steigt Sapa eines Morgenö künftige Leben versprochen, viel lebhafter und mächtiger
Mit den Kindern in ein Boot,
Stößt »om Lande, ohne Ruder, zu seinen Asiaten sprechen würden, als daS NichtS, oder
Grüßt den Missislppi drevmal. die Contcmxlation , oder Harmonien ohne Ende. Darum
Der sie abwärts, abwärts treibt. schuf er zur Belohnung der Gläubigen in einer ander»
Als die Sonne sich erbebt. Welt ein Paradies voll sinnlicher Genüsse und Freuden.
Als sie näher kommt dem Falle,
Wo mit lautem Tosen, Schäumen Die Mahomedancr haben so große Verehrung vor de»
Sick der hast'ge Missisivpi Koran , daß sie ihn nie öffnen , ohne ihn vorher auf de»
Wild von Fels zu Felsen stürzt. Kopf gelegt zu haben. Demungeachtet sind nach Mahomeds
Singet die betrübte Sapa
Ihren lezten Tranersang: Tode selbst in Beziehung auf das Dogma mehrere Verän»
„Nabo, Nabo, warum liebtest derungcn damit vorgenommen worden. Daher entstand»
„Du nicht Sora, die dick liebt? auS der ketzerischen Uneinigkeit der vier ersten Kaliphen
„Ich bin deiner Kinder Mutter, vier Hanptsekten. Die Perser, die Ali'S Sekte anhänge»,
„Ich bin deine treue Gattin?
„Du bist meiner Kinder Pater, sind am abergläubischsten, die Araber dagegen, als Anhän»
„Du bist meines Gerzens Signer; ger von Abe-Bckr's Vorhersagungen, scheinen am vernün^
„Du bist meiner Seele Jäger, tigsten. Am einfachsten sind die Tataren , OthmanS Leh»
„Der sich jeglichen Gedanken rcn folgend, der indessen nur Mahomeds Kvmpilator ist.
„Schnell und sich allein erhascht.
„N>Ko, du zerreißest grausam Die Türken hängen Omar an und halten alle andern Tel»
„Saxa'S Herz mit biNcrm Gram/- ten für ketzerisch.
6?l
Alle MoSlem aber glauben an den einigen Gott,' dessen und die andern Völker der Erde. Wenn auch Mahonicd
Prophet Mahomed ist. DaS Gesetz hat nur fünf Hauptge Größe nicht abzusprechen ist, so sah er doch nicht in die
bote : täglicb fünfmal beten , am Rhamazan fasten, Almo- Ferne, er bemerkte nicht, daß er neben den Grundstein
sen geben, einmal im leben nack Mekka pilgern und den seines Reichs die langsamen, aber sicher wirkenden Urs««
Körper äußerlich rein erhalten. Tiefen Yauxtgebotcn wer eben seiner Zerstörung legte. Die Türken löschten daS licht
den noch einige andere religiöse Gebräuche dcvgefügt, die auS, das von den Arabern ausgegangen war, und ihre Un«
für daS ewige Heil zwar nützlich aber nicht durchaus noth- wissenheit ist so groß , daß sie nicht einmal den Umfang ib.
wendig sind, nämlich die strenge Beobachtung des Frry- res Landes ke»nen , wie viel weniger das politische In»
tags, die Beschneidung und die Enthaltung von Wein teresse der europäischen Mächte, ihre Kräfte und HülfS-
und allen qegehrnen geistigen Getränken, fo auch vomFIeisch quellen, dicZage und Ausdehnung ihrer Länder. Sofragte
der Schweine und aller durch Erstickung gerotteten Thiere. einmal der Kaxutan Pasch« RagKep den venezianischen G«»
Durch den Gebrauch aber sind diese religiösen Observan sandten, ob die Russen Nachbarn dieser Republik wären?
zen so stark geworden als die Gebore des Koran , ausge- Der Gesandte antwortete ja: nur euer Land liegt dazwi«
uommcn der Genuß des Weins, den die Türken heimlich schen. Diese Unwissenheit ist Folge der Religion, und
sehr oft trinken. Der Zrevtag ist bcy ihnen heilig , weil wird sorgsam von ihr unterhalte».
sie glauben, Mabomed habe sich auf seiner Verfolgung an (Die Fortsetzung folgt.)
diesem Tag von Mekka nach Mcdina gerettet. Daher
kömmt auch der Name der mahomedanischen Zeitrechnung,
Hegira oder Flucht, welche am Z2sten Julius 62Z nach
Christus beginnt. Korrespondenz-Nachrichten.
Die Schöpfung der Welt in sechs Tagen ist eine von
den Mahvmedanern angenommene Tradition. Nur glau Senf, Juni.
ben sie , daß fchon vor Kiefer Schöpfung Einiges vorban (Fortsetzung.)
den gewesen sey; der Tisch, worauf Gottes Gebote lie Ei ist wohl hier von nickt! mel,r vorher geredet worden»
gen, die Feder, womit sie geschrieben worden, und GotteS ol< von dem helvetischen Frevschießen, das Senf feinen K?„sc»
Thron, der auf den Wolken schwebt. derirten zu geben hatte, und wozu Einladungen an dieScküz»
»enacsellschafren aller Kantone gesendet worden waren. Run
Die Mahomcdanischc CoSmoqenie nimmt mit einigen ist da« vielbesprochene Fest zu Ende, man hätte aber srkr u»«
Modifikationen auch AdamS Geschichte an, eben so die recht, wenn man dabev an da« helvetische Konzert vor zwcy Iah«
Empörung der später verdorbenen Menschen, gerade so, ren und an dessen reizende Feste denken wollte. Von aUc dem
wie cS in der Bibel steht. So findet sich auch das irdi war >ezt wenig oder nicht! zu sehen. Indessen haben doch
dergleichen Feste ihr Gute« , besonder« für die Schweiz < du?
sche Paradies und der Baum der Erkenntniß im Koran. aus so unglcichartiacn Tl'cilen besteht , und nicht nur auf der
Aber auch dieses ReligionSbuck erklärt sich nicht näber Landkarte, sondern auch in ihrem Sinn und Handeln gar zer
ober die Natur des Wundcrbaums. So findet sich darin stückelt und bunt aussteht. Solche Feste bringen die Kern»
einander näher, gleichen das Auffallende und Abstoßende ver
auch der Fall des ersten Menschen und seine Vertreibung schiedener Sprache und Gesittung aus , und verbrüdern die
auS dem Paradies. Adam flüchtete sich nach dem Koran auf Menschen, so so« eS wenigste»« seyn, für da« Ernste, Hobe
den Berg Arafat bev Mekka, und hier fand er nach zwev- und Heilige de« Vaterland«.
hundertjähriger Trennung seine Frau wieder. Hierauf Be« jenem mürrischen !?cst waren hier lauter durch Ton»
zog er sich mit Eva auf die Insel Ceylon zurück und be kunst oder Tonsmn gebildete Gäste vereinigt, und die ganze
Haltung de« Festes ward dadurch wohlklingend uub melodisch.
völkerte von da aus die Erde. In dein Bückscnkrachcn liegt aber eben nickt viel 5?av»
Mahomed benuzte die Religion auch als Mittel sei monte. Dies soll jedoch kein Vorwurf, sondern nur eine Be
nen Anhängern Mnth einzuflößen. Wer für den Halbmond merkung seyn. Ich weiß nur soviel, daK ick in Tnrol mir gros»
fem Vergnügen Scheibenschießen bcvaewohnt I»be. wo nur
gegen die Ungläubigen kämpft und stirbt erlangt die Unsterb Bauer» . Gcmse„!>5,ier und Gebirqöschüvcn versammelt w«
lichkeit. Aber unglücklicherweise hält der Koran Fürsten und ren» die auch nichts weiter scnn wollten ; ein bestimmtes, scharf,
Volk, Hohe und Niedrige in tiefer Unwissenheit und Aohheit, gezeichnete«, farbenvolle« Wesen . dem foqar das Rauhe qut
und so ist es denn augenscheinlich, daß dieselbe Religion, stand. Viel trug wohl dazu beu , daß i>cn den Tnrolern alle«
Bild, Klonq und Poesie ist. Ander» stelle» sick dort die sckbne»
welche vor zwölf Jahrhunderten die ottomanischc Macht und Männer in i»re« nialeviscken S»nde«trackr dar . deren Keckheit
Größe gründete, jezt als die Hauxtursache ihres Sinkens dem Sck,1»en vor allem gut ansteht , wäre c4 auch nur der
augeschen werden kann. grüne, sckicsacsezte Hm mit Bänder» und Hahnsedern, und
der breite . gestickte Gürtel . «ns dem die kräftigen Schenkel wie
Mabomed wolll e seinem Kultus dadurch ewige Dauer doriiche Säulen lieranZtretc». Da;» ihre oviaiuelle , überall
sichern, daß er alles in fremden Sprachen Geschriebene vcr- im Lande wechselnde Weise , Wiy , Laune »nd Waidlickkcit i»
>«. Er stellte den Fanatismus zwischen seine Anhänger l allem, wa« ste sagen, m ihren Lieder» und Melodie« ; u»5 ihre
72
Mädchen , bie bey keine,» Schießen fehlen ! Gibt e« wo« Rei Es kamen mit dein Leman weit über achthundert Gäste aus
zenderes als diese AlpcnaloeS in ihrer Tracht, die in jedem den Nachbarkantoncn , und bis diese nebst ihrer Musik ausge,
Thal ander« , aber immer schön ist , alles im Hauch ewig jun schifft waren , dauerte es wohl eine Stunde. An diesem Tage
ger Poesie. Von aUedem hatte unser Genfer Schieße« Vichts. speisten über 120V Menschen an den in offenen, grünen Sä,
Bcy weitem die mehrsten trugen dunkelgrüne, uniformar len stehende» Tischen. Am mittelsten saß der Syndik nebst
tig geschnittene Jacken und Kapvcn ; kein Land, keinen Kan dem Ausschuß, und vor ist», standen die großen, mit Geld ver
ton konnte man unterscheiden , und selbst die aus den vier zierten Silberpokale. Nicht genug kann die Freundlichkeit,
Walbflädten sahen unbedeutend und eher philisterhaft aus. An Rübe und Ordnung gerühmt werden, die von Anfang bis zum
Landestrachten war gar nicht zu denken. Die Frauen waren Ende des Festes herrschten, und von keinem Mißron uurerbro«
nur von hier oder auS der Nähe; sie erschienen nur wohl che» wurde».
geschnürt und geschniegelt 'in abgemessenen Schritten , oder es (Der Beschluß folgt.)
waren Mägde, Köchinnen und Bonnen, kein freyeS Berg-
madchcn; alle Poesie hat die Natur in der Schweiz für sich Petersburg, Anfangs Juni.
behalten. (Beschluß.)
Unserer Genfer Regierung und unserem Schüycnverein
muß man lassen, das, sie alles gcthan habe», um dicg Freyschieft Seit dem Beginn dieses Jahrs habe» wir noch eine neue,
sen würdig , glänzend und dem Thcilnchmer durch Sin», Wort eine italienische Truppe hicstcr bekommen . mitstin beste»'» nun
und Tbat angenehm zu machen. Der allgemein gcschäzke Syn- vier verschiedene Truppen i» unserer nordischen Kaiserstadr,
bik Masbon , der mcstr denn tausend Franken zn den Preisen aber immer nur zwcu Häuser. Den Rang vor allen bchaup«
hergegeben harte . stand dem Fest als Präsident trefflich vor, tct fortdauernd die französische, sie erfreut sich der zahlreichste»
und ihm zur Seite der geachtete Oberst Dufour , den die ganze Frequenz, und zwar ausschließlich von Seiten unscrs gebildete?
Schweiz achtungs - und vertrauensvoll nennt. Einige zwan ste» Publikums. Nächst ihr statte, wcstl vorzüglich der Neu
zig Genfer aus den besten Familien sorgten olS Kavaliere für heit wegen, bis jezt den zahlreichste» Zuspruch die jüngst orga»
Ordnung , Unterhaltung , Bedienung der Gäste. Alle gingen nisirte italienische. Doch fragt es sich, wie es werden wird,
mir Herzlichkeit Arm in Arm mit dem geringsten Bauer. DaS wenn der Reiz der Ncustcit und rcS Sct'.iucnS vorüber ist.
Fest begann Sonntag Abends den IZtcn Juni mit Kanonen- Am mindesten besucht werben die vaterländische und die deutsch«?
schüsscn. Am folgenden Morgen zogen die hiesigen und ander» Büstne, obgleich erflerc im leztcn Winter serrwästrcnd inei«
Schweizerschützc» mit istren Stützen nach dem Stadthaus, und stcrhafte Ballette gegeben , und vorrrcsflichc Stücke im Origi»
bie Basier Deputaten überlieferten da die große Dircktorial- nal - Lust - und Schauspiel aufzuweisen hat. Unsere deutsche
fahne des Schweizer Schürzenvercins. Nach gcwostntcr Weise Bühne kann dem Publikum durchaus keine Liebe abgewinnen,
wurde darauf viel Verbindliches geredet und erwiedert. Das indem man (einige Bcncsizvorstellungen ausgenommen), n»r
Schüyencomit« wurde ernannt, und der Zug ging unter Ka selten ctwaS Gediegenes aufführen sieht. Tritt dann euch
nonenschüssen wieder «ach dem großen und schonen Schies- zuweilen ein ausländischer Künstler von Ruf auf, so wird daS
play dicht hinter Plain -Palais. Er beißt Couleuvriniore. Publikum sogleich rücksichtlim der Preise in doppelten Anspruch
Die wackern Basler waren am frühsten , zahlreich und mit gar genommen. Für das Trauerspiel, selbst für das edlere Lustspiel,
freundlichem Sin» für Genf gekommen , und , wie später die besizt sie in diesem Augenblick, den einzigen Barlow auSgcnoni«
andern Schütze», bell Bürgern gastlich cinguartirt worden. Diese me». kein ausgezeichnetes Subjekt. Sestr bedauert man eS jezr
wohlwollende Stimmung für Genf sprach sich auch in all' ihren hier, dag die Birch-Pfeiffer, die uns im vorigen Frühjahr in
Worten und Liedern ans. Desgleichen bie braven Unterwalds mcstrinonatlichcn Gastrolle» durch ihr großes Talent im Hoch«
nn , die am ersten Tag nach Tisch eine gedrängte und kräf tragischen entzückte, von der Direktion nicht bleibend für die
tige Rebe an den Syndik l'icltcn, die leider nur von Wenigen Büstne gewonnen ward, wiewohl sie dicß selbst zu wünschen
»erstanden wurde. Am Donnerstag kamen unfcre wertsten schien.
Nachbarn , die Woobtländer, über den See mit dem Dampf Am 17. (2g.) Januar dieses Jahrs eröffnete die neuan»
boot an. Kaum zeigte sich der Leman auf der Genftr Hohe; geworbene italienische Truppe istre Vorstellungen im gross
fo zog ihm eine Barke mit Musik und Böllern entgegen. Im sc» Nationallhcatcr mit dem „Barbier von Sevilla." Seit«
schönsten Sonnenschein kam er endlich heran, und von seine« dem fährt sie unansqcfczt fort (die großen griechischen Faste»
Borden und am Spiegel wehten die unzähligen bunten Fahnen ausgenommen , während welcher bekanntlich siebe» Woche» bin«
von den Schüt>engcscUsch.,frcn , der Waadländische» Städte und durch keine Büstne der Hauptstadt spielen darf), wöchentlich
das große Kantonsbanncv. Dabei, waren auch die Aarqauer, zwcy Vorstellungen zu geben, von denen die meisten frcylich
Frcibiivgcr. Ncufcharclcr und Berner mir ihren wehenden Schüz- oftmalige Wiederholungen der früher schon gegebenen sind.
zenfahnen. Leztere brachten als Geschenk dre>> uralte Genfer- Ungeachtet der enorm stostcn Preise, wurden dennoch die mei
banner, bie sie in der Scvlacht von Lanpcn erobert, und bis sten ^'ogen und Lestnsiüstlc gleich im Anfange von den vermö
jezt i» ihrem Zeughaus verwahrt hatte». Auch andere Fal'iien gende» Klassen in Beschlag genommen; aber wastrlich. ina»
aus der Muriner Schlacht kamen mit. Gleich einem «eiischisf. »Hiß jezt über eine reich gespickte Börse zu gebieten staben, wenn,
von bunter Seide gewoben, zog das Boot Hera», imd es schall man mit andern in der Estre wetteifern will, einen feste»
ten lustig die Waadttändischen Hörner über die Wellen. Ka Play vor den bicsigen Bühne« zu besitzen; z. B. das jährliche
nonen sprachen herüber und hinüber . und es war schön anzu Abonnement in der italienischen Oper, zu siebzig Vorstellungen
sehen, wie der Rauch in immer größer werdenden Ringel» zwi: berechnet , beträgt für die erst/» Rangloge» 2NNN , für die
schen die bunten Fastnen und Banner hinaufzog , als ob er ih vom vierten und fünften Rang «NN Andel in Papier; für die
nen sagen wollte: Fürchtet nichts, alles ist nur Lust und Scherz. ersten vier Reisten der Lcstnstüstlc 6NN Rubel. Sine einzelne
Vorstellung kostet in der ersten Rangloge vierzig Rubel. Ei«
*) Dieser Ausdruck kömmt von dem cvrrumvirten lateinischen : neu Lcstnstustl in den vier ersten Reihe» bezahlt ma» für einen
Iuü«i>ies 6e Olvvin« , Spieler mit Büchsen in Schlangen- Abend mit zehn Rubel.
form cvouleuvr»). Schützen. Sie kommen schon jI7ö i» den
alre» Stadtrcgisiern vor. Be »läge: Kunstblatt Nr. 56.
Verlag der I. G. Cor la'schcn Buchhandlung.
169.

M v r g e n b l a t t

f ü r

gebildete Stände.

Dienstag, 13. Juli 1 8 2 8.

Feige« Volk.
Wa« ist dein Sott, bn dich in Kett«» schmiedet.
Voltaire.

Türken und Türke». Houxrmoskeen. Die sogenannten kaiserlichen liegen in


den großen Städten und damit sind Srziehungs - und
(Fortsetzung.)
WohlthätigkeitSanstalten verbunden. Dariu wird eine
Ein pvlitischer Grundsatz des Islamismus ist, ihre Reli gewisse Anzahl Studenten uncntqeldlich unterrichtet und
gion durch Neberredung, oder wo diese nichts hilft, durch die verpflegt. Solcher Moekeen sind vierzehn in Konstantin«»
Wisse» auszubreiten. Dem Propheten war es durchaus nö- xel, und in ihinn leben eine große Menge Studenten.
thig, die Zahl seiucr Unterthanen zuvermchrei, mochte» auch Wer nn geistliches »der richterliches Amt haben will, muß
die Mittel sepn , welche sie wollten. Seine Nachfolger die ersten Grade in diesen Schulen erlangen.
und Anhänger haben alle bisher diesen Grundsatz streng de: Das Permögen der Moskecn besteht in den Moma-
folgt, wiewohl sich die Türken das Ansehen geben, alle ttas und Vakuss. Srstcre sind die ihnen gehörenden Gü
Religionen zu dulden. Sie geben sich in der That alle ter. Was die ersten Kaiser an Ländereven eroberten,
Mühe, Fremde zum Nebergang zum Jslamismus zu be wurde in drev gleiche Theile geschieden: einer für den
wegen. Geschieht dieß nun aus Interesse bey Diesem oder Fürsten, einer für die Kirche und einer für das Militär.
Jenem, so müssen alle seine bisherigen Kinder auch Mos: Die VakufS sind nicht so alt in ihrer Entstehung. ES
lein werden, wenn sie unter vierzehn Jahren alt sind. Ei« ist eine Art von Substitutionen, die auf liegende Gründe
Ehrist, der mit einer Moslemfra» genaue» Umgang hatte, oder sonstige Immobilien gelegt werden, und wogegen die
wird aufikre blose Aussage zum Tode verurtheilt, wenn Moskee ein Geringes zahlt. Dergleichen Güter entrich:
er nicht sogleich seine Religion abschwört und MoSlem ten ihr dagegen eine verhältnißmäßigc jährliche Abgabe.
wird. Wer in einem Anfall von Zorn gegen einen MoS Stirbt nun der Cigenthümer deS Vakuf ohne direkte Er
lem äußerte, er wolle Türke werden, oder wer aus Verse ben, so tritt die Moskee als Erbe ein. Brüder theilen
hen oder in der Trunkenheit irgend eine religiöse Sentenz miteinander daö väterliche Erde, sie können sich aber nicht
des JslamiSmus ausspricht, der ist gezwungen Moslem beerben. Stirbt also Einer, so tritt die Moskee an seine
zu werden, oder es ist um sein Leben geschehen. Ein Ver Stelle, nnd so fort bis zun, lezten Bruder, bcv dessen
brecher von irgend einem andern Glauben erhält noch ans Tod dann das Gut ganz dem Vakuf anheimfällt. Der Ei-
dem Wege zum Richtplatz sogleich seine Freyheit, wenn genthünicr kann das Grundstück an die Moskee vcrmie-
er sich zum Jslamismus bekennen will ; davon sind nur then oder verkaufen. Oft schenkt es auch ein frommer
Staatsverrärher ausgenommen. Moslem unter der Bedingung, daß es nie veräußert
Die Pracht der Moslem zeigt sich besonders in ihren werde. Solch ein Grundstück kann nie mit Schulden de
- . ' 674
lastet werden ; wenn daher Jemand auch ganz verschuldet voll Launen und Kapricen, die großentheils von der hohen
,ist, so braucht er sein Gut nur einer Moskcc zuschreiben Einbildung und dem Dünkel der Türken herkommen, denn
zu lassen, und es ist auf der Stelle frcy von allem gericht sie nieynen über alle andere Menschen erhaben zu sevn.
lichen Beschlag. Hierdurch sind die Moskecn zu großen Schauspiele, Bälle und Konzerte, diese großen Gesell-
Reichthümern gelangt, und ihre Einkünfte steigen mit je schaftsbande deö gebildeten Euroxa'ö, und die seit undenk
dem Jahr. lichen Zeiten sogar in China gebräuchlich sind, finden sich
Die Suleimanie und die Moskee des Sultans Baja- bey den Türken nicht, sie betrachten dieselben sogar als
zet haben besondere Schenkungen. Alles unbebaute Land sündlich, da sie der Koran nicht vorschreibt. Davon sind
des Reichs gehört ihnen als Momateas. Aber die der die Nächte des Ramazan ausgenommen, die man wie eine
Kirche so günstige« Verordnungen machen den Staat arm, Art von Fasten und Fasching zugleich ansehen kann, da der
denn das Vermögen der Unterthanen kömmt nach nnd nach Tag für die Enthaltsamkeit, die Nacht für's Vergnü
ganz an die Kirche, wiewohl ihr die Religion befiehlt, de» gen ist.
Reichthum gering zu achten. (Die Fortsetzung folgt.)
SS ist, als seyen der Despotismus und die Pest Be
dürfnisse bey den Türken, denn nie haben sie auf Mittel
dagegen gedacht. Sie legen auch keinen Werth auf langes Kann eine Romandichtcrin Männer schildern, und
Leben und glauben fest an die Vorausbestimmung. Sehr
ist ein Mann zum Romancnhclden zu brauchen?
gerühmt wird oft die Ruhe und Resignation, womit der
Türke dem Tod entgegen geht und alles Ungemach trägt. Die Bemerkung, daß Weiber in ihren romantischen
Vielleicht ist dieß aber nicht so auffallend, wenn man sei Dichtungen keinen männlichen Charakter darzustellen ver
nen Glauben an die Verherbestimmnng und sein ganzes mögen, ist schon oft gemacht worden. Ich bin auch eine
Leben bedenkt. Sehen wir ihn zuerst in der Kindheit: Romanenschreiberin und stimme dieser Bemerkung völlig
da kennt er die Kindesliebe und Zärtlichkeit fast nicht, denn bey. Da ich mir aber bewußt bin, unter meinen Roma,
des Vaters Liebe ist zu sehr getheilt, um recht lebhaft zu nenhelden manchen nach dem Leben geschildert zu habe»,
senn , und Mutterliebe zeigt sich nur sehr wenig. Das und dennoch keinen Mann in dem Sinn , wie ihn dieses
Kind der Gewalt und Uebcrmacht wird selten geliebt. einzige Wort bezeichnet, sann ich schon frühe darüber nack,
Kaum ist der Mann zur Reife gelangt, fo gibt man ihm was untcr einem Mann in obigem Sinne zu verstehen sey,
Frauen, und das rechte Gefühl ist schon erschöpft, eh^ es und warum ich keinen solchen in meinen Roma»en auf
noch recht reif geworden ist. stellen könne ? mi ,
Viel von der «'Mischen Ruhe und Gleichgültigkeit der Was verlangt man eigentlich von der Schilderung ei
Türken kömmt vom unmäßigen Gebrauch des Opiums. nes Mannes? und ist es denn Männern gelungen, eine
Auch ihr häusliches Leben hat wenig Reiz und Abwechs solche Schilderung zn entwerfen? Die Eigenschaften, mit
lung. Im Essen sind sie sehr mäßig und kennen den Reiz denen ich den Mann bezeichnen würde, sind Milde und
des Gaumens fast nicht; die religiösen Pflichten werden Kraft, Geist und Selbstbeherrschung. Kann mit diesen,
mit Pünktlichkeit erfüllt und eben so die Sorge für äußere Eigenschaften ein Mann in Romanenverhältnissen vor-
Reinlichkeit. Dabev will der Türke in seiner Familie als theilhaft auftreten? Nein! Das Romanenintercsse for
unbeschränkter Herr leben und für sich allein. Er spricht dert Leidenschaft, und die Leidenschaft der Liebe; aber so
fast nur um zu befehlen und seine Bedürfnisse auszudrük- ein Mann wird die Liebe so bald als möglich beseitigen,
ken. Stundenlang liegt er auf sein Sopha gekauert ; da- weil er als Bürger, sey er Ehemann und Hausvater,
bey beschäftigt ihn nichts Geistiges, keine Idee. Nur oder ehclvs und einzeln, sich dem Ganzen zu widmen be
Pfeife, Kaffee, Sorbet und Opium wechseln bey ihm. strebt ist. Wagr ein Dichter so einen Mann in seinen
Bios wenn Geschäfte es erheischen, geht er aus, denn ein Romanen zu schildern, so wird er langweilig. Den Be
Türke begreift nicht, daß man gehen könne aus Lust zu weis, der vielleicht öfter, als ich es weiß, sich wiederholt
gehen. Natürlich findet sich auch wenig Gesellschaft bey hat, nehme ich aus ältern Romanen, die gebildeten Le
Leuten, die nicht lefen, nicht reifen, keine Kenntnisse ha sern bekannt seyn sollten.
ben, und aus Furcht unV Eifersucht weder von der Re Grandison wird von dem jüngern Geschlecht und sei
gierung noch von Frauen reden. Aber eine Tugend ha nen lieben Eltern, mit wenigen Ausnahmen, als ein Tu-
ben die Türken vor den gebildeten Völkern voraus, die gendpopanz belächelt. Ich habe ihn nie für einen solchen
Dankbarkeit für empfangene Wohlthaten, die sie nie ver gehalten. Betrachten wir ihn in jeder einzelnen Lage sei
gessen. Auch ihre Gastfreundschaft muß gerühmt werden ; nes Lebens, so handelt er immer mit Milde und Kraft,
sie gründet sich jedoch mehr auf religiöse Befehle , denn mit Geist und Selbstbeherrschung. Das ist doch ein Mann
ans Wohlwollen gegen den Fremden. Uebrigens sind sie zu thun fähig? oder ist ex das nicht, meine Herr»? —
6?5
Daß Grandisvn dieses kann, macht ihn also hoffentlich nicht Romanenheld in obigem Sinne ein Mann sevn? Nein!
unwabr, sondern daS, daß dessen Verfasser eine Unzahl günsti zu Kraft und Selbstbeherrschung ist er noch nickt gelangr,
ger Gelegenheiten anhäuft, wo er diei'cö sevn konnte, zieht oder sie sind ihm vvn der Leidenschaft schon entrisse»; in
seiner Schilderung den Vorwurf der Uebcrtreibunq zu. Heyden Fällen ist er ein anziehender Romanenheld, aber
Wir lehren unsere Bübchen so ein Paar alte Geschichten kein Mann.
von ein Paar wackern Männern, die dem Besitz schöner Aus diesen Betrachtungen scheint mir klar zu werden,
Weider entsagten, weil es ein gemeiner Siegerstreich ge daß der Mann überhaupt zu keiner Rvmanschilderung
wesen wäre, ihren Bortheil zu benuken; wir erzählen ih- paßt, daß kein Romanenheld ein Mann ist, sonder» des
nen von Alerander, wie er seinem Arzt, der ihm den ver- sen Schilderung dem Leser nur die Hoffnung geben kann,
dächligen Trank reichte, fest inö Auge blickte; von Titus, er werde jenseits des Romans noch ei» Mann werden.
der zu verzeihen wußte u. s. f. Wehe dem Lehrer , wehe Und diese mindere oder größere Wahrscheinlichkeit wäre
dem Schüler, der diese Handlungen für Uebertreibungen wohl der Maßstab, den wir im Roman und im Leben un
hält! Läßt man sie aber nur dcßhalb als wahr gelten, weil ser» Helden anlegen solle».
sie so einzeln in dem Leben der Helden ermähnt werden?
wird ein Mann fabelhaft, weil er oft tugendhaft ist ? und Daß die Schilderung der Leidenschaft des Manne«
finden wir nicht Grandisons edleS Benehmen in einzelnen dem Weibe nicht ganz gelingen kann , liegt aber wohl lief
Fällen von vielen unserer Mitlebcnden nachgeahmt? haben indem Geheimniß, welches schon Plato durch eine sinm
wir keine frommen Sohne, großmüthige Brüder, versöh- reiche Fabel zu erklären versuchte, die aber zugleich be»
nendc Freunde, aufopfernde Bürger unter uus? Wehe weist, wie Plato der Mevnung war, daß der Mann daS
uns, wenn deren Mangel so groß ist, daß deßhalb Gran- Weib eben so wenig zu durchschaue,, vermöge. Der Mann
dison zur Fabel wird ! ist wohl von zu roher Natur, um die ScI .anke, welche
Allein als Romanenheld genügt Grandtson nicht, eben dieses Geheimniß schüzt , wahrzunehmen ; er mernt ver
so wenig sein deutsches Nachbild, HerrLcss" in Sophicnö gnüglich , was er wahrnehme, sev Alles. Das Weib hin,
Reisen , der , so weit es möglich ist seinen Umrissen in gegen fühlt im Moment des innigsten, geistigsten Einklangs
dem geheininißvollen Dunkel und der verworrenen Vor- mit dem Mann, daß etwas llmiennbarcs zwischen ibncn
nebmigkcit, in welche der Verfasser ihn gehüllt hat, zu steht, und diese, das höchste Da sevn beengende Schranke
folgen, imrkllch ein Grandison war; als Romanenheld bringt in ihr die Wehmuth hervor, die im weiblichen
macht e^'Mch Langeweile. Die schottische Pastorenfrau hat Herzen die Liebe begleitet, nicht die Leidenschaft, sondern
in dem von Therese Huber bearbeiteten Roman: Ellen alle Liebe, die i« jeder Gestaltung des Weibes Berns
Percy, nach meinem Bedünken, den Mann am würdig ist, die ihm immer hinauswinkr über das Leben, wo sich
ste» als Liebhaber auftreten lassen, und obgleich ihn eine dieses Geheimniß enthüllen, wo diese Schranke fallen soll.
Frau schilderte, wäre es wohl sehr zu wünschen, der Hun Und daß der Mann diese Wehmuth nicht theilt, beweist
dertste unserer Zeitgenossen , nicht unsrcr Romanheldcn, daS Dasevn dieser Schranke. Doch von jedem weiblichen
wäre ein solcher Mann. Den gefühlvollen Seelen hat er Geschöpf wird sie nicht erkannt; sie wahrzunehmen ist die
aber doch mißfallen, und wenn er sieben Bände durch wie höchste Stufe der Empfindung, die der Roman nicht auf
Grandison und Herr Less** figurirte, würde er langwei nehmen kann; allein diesseits sind noch viele Stufen der
len wie sie. Erkenntniß ihrer selbst, und diese schildert das Weib bes
C S scheint also, daß ein Romanenheld immer langweilig ser als der Mann.
sev, wenn er seinen Berus als Mann und Bürger seinen Zugegeben, daß derMann manche Lücke in seiner Schil»
eigenen Schicksalen vorzieht, denn dieses soll der Mann dernng von weiblicher Feder findet , können diese Schil
von sich fordern, dazu setzen ihn Milde und Kraft, Geist derungen doch auS der Wirklichkeit aufgefaßt sevn. Was
und Selvstbeherrschnug in Stand. Um aber als Roma- können in den kleinlichen, erschlafften,- verzwickten, ver
nenheld zu gefallen, muß die Leidenschaft ihn hinreißen, krüppelten Verhältnissen , wie nnscre Romane sie schildern
ihm mehr gelten als Pflicht, er muß in ihr untergehen, und unsere Wirklichkeit sie bildet, für Männer sich ent
oder sie mit feiner Pflicht in Einklang bringen, worauf wickeln? Wenn eine nahrhaft männliche Leidenschaft in so
der Roman nothwendig schließt; also Leidenschaft, und eine Romanenanstalt gcriethe, wäre eö ja gleich aus ; denn
nicht eine solche, die den Helden auf das Welttheater führt, er bräche mit dem ersten Schritt durch alle die künsilicheu
mit der er Völker und Reiche umfaßt, sondern die selbst Miftren, beherrschte sich oder die Umstände, und der Ro
süchtigste, abgränzendste, die im Sieg nothwendig ihren man hätte ein Ende.
Untergang findet, die Liebe. Herrschsucht, Ehrgeiz, Mär- Wir könne» gar nichts Glücklicheres wünschen, als
tvrerkronen, Milsionösncht müssen, um im Roman zu daß keiner unserer Männer in einen Roman passe, und
l , vor der Liebe unterliegen. Kann also ein solcher deßhalb sollten wir alle unsere Bemühung bev der Bildung
6?6
unserer Jünglinge und Jungfrauen darauf richten, ihnen dergleichen Lieder. Von den vielen, langen und kurzen, gu«
alle Nomanenheldeu zum Sckcl zu machen. ten, mittelmäßigen und schlechten, die bey dieser Gelegenheit
auftauchten, war der kurze Sin» folgender: Wenn die Schweiz
je von äußern Feinde«, an innere scheint man gar nicht zu
denken, bedroht würde, so wollen die Kantone zu Ernst und
K orrespon de nz- Nochrichten. Kampf mit denselben Waffen zusammenstehen, die sie jczt zum
Vergnügen führen. Dieß ist gewiß recht gut, und wer
Pari s, Anfangs Juni. wünscht nicht, daß die Schweizer in voller Einheit und Unab:
hängigkcit bleiben , und von keinem Nachbar beeinträchtigt wer«
Schiller ist von allen deutschen Dichtern derjenige/ dessen den, im vorkommenden Falle aber Wort halten, und es nicht
Genie die Franzosen in ihrer jcyigen Stimmung am meisten wie 1315 bey schönen Worten bewenden lassen mögen? Es
anspricht , und de» sie au« am häufigsten nachahmen. Seine wäre aber vielleicht besser gewesen , wenn die Lieder weniger
kühnentworfencn tragiscyc» Stücke, seine dichterische Sprache, von den stereotypen Redensarten gestrebt hätten , die ma» in
seine philosophischen Gedanken, welche alle wichtigen Wcltver- der Schweiz bey jeder Veranlassung hören muß, und roorun»
hältnissc freymütbig berühren, und die so oft verkannte» Rechte ter sich dicgmal bcsonders le Tvran und der Despot gar grim-
der Mcnschlieir hochherzig verkünden , gefallen den Franzosen, mig ausnahmen. Oft klang es wie Herausforderung, die doch
weil sie auf dem Theater gern Schauspiele scl'en , welche auf bei) uns recht kindisch und lächerlich wäre.
daö wirkliche Leben anspiele» , und edle Gefühle zur Sprache In dem Saal de« SchiegKauscs stand eine Büste Wilhelm
bringen. Die „Jnnqfrau von Orleans" ist auf den bcydcn Teils, und um sie Kerum waren die Preise in geschmackvollen
Haupttheatern , 1'Ko'»tre i>,vc,«is und Odeon, nachgeahmt Beuteln und die silbernen Schalen und Becher geordnet , bil
worden ; „Kabale und Liebe" auf vier oder fünf Theatern, den Gewinnenden zu Tbeil werden sollten. Der »och so proble-
,.Maria Stuart" auf dem Hauplthcatcr von Lcbrmi, der matische Wilhelm Tell spielte überhaupt bey dem Fest «lS
neulich in die ^c«äe'mie l>»ni)«i,e aufgenommen worden ist. schweizerischer Schutzpatron eine gewaltige Rolle. Seine
Der Dichter Scumcr, ein Akademiker, hat so eben eine Nach Statue stand auch, gleichsam als Gottheit des Tags , in einer
ahmung des ..Do» Karlos" auf die Bühne des 1°Kea>ce i>«n- Nische über de» Zielscheiben. Im Theater wurde „GuiUanme
s»>« gebracht, und man wird bald scheu, mit welchem Eifer Tell" gespielt; der Premier ecuvoe 6« I» k>«nc« ritt Guil»
jczt „Wilhelm Tell" nachgeahmt wird. Soumct hat seine laume Tell, den Heros aßen die Kinder auch in Zuckerkuchen
Nachbildung des „Den Carlos" „klisulielk cie ?r»nco" be- und Papon . bcr Kaffcticr am neuen TKor , vertrieb EiS und
titelt . vermuthlich weil ihm daran gelegen war , die Aufmerk Serbet L»iII»ume ; auf ihm e«men auch viel Scdüz,
samkeit der Zuschauer vorzüglieli auf die Prinzessin, die bekannt zcn über den See gefahren. Es hatten sich 81 9 Schützen ein«
lich eine französische war , hinzuziehen. Mehrere Tagesblät- schreiben lassen , die in den sechs Tagen 56,SS<i Schüsse tba«
tcr haben das Original und die Nachahmung umständlich mit ten. Aus allen Kantone« der Schweiz waren sie hcrgekom«
einander verglichen ; ich kann alfo voraussetzen , dag man aus inen, nur Schafhauscn und Tessi» fehlten.
den Pariser Journalen schon weift, in wie weit der französische Tells Nachbarlcute von ttntcrwalden, Uri. Schroik) nnb
Dichter dem deutschen nachgestrebt hat. Bekanntlich ist der gc- Lnzcrn waren auch hergekommen. Die alte Schützcnkmtfl
" bässigc Mönch Domingo weggefallen, weil Soumct wohl vor scheint aber von ihnen gewichen < denn wiewohl die lln:
hergesehen hatte, das, man es jezt in Frankreich nicht dulde» terwaldner im Anfang sehr gut schössen . ging <s doch her»
würde, wenn ein Mbnch mit einem gehässigen Cliaraktcr auf die nach mittelmäßig und sogar schlecht mit ihnen , so da« die
Bühne gebracht würde. Statt dessen hatSoumct einen frommen Waadländer sie weit übertrafen , und auch die ersten Preise
Eremiten aufgestellt, dem Elisabeth ihre Liebe zu Don Karlrs an bekamen. Die armen Leute, die in der großen Higc mir einem
vertraut, und der standhaft sich weigert, auf der Folter ihre oder zwcu Stutzen und Zubehör auf dem Rücken mehr denn sechs-
Beichte bekannt zu »lachen. Dieser standhafte Einsiedler ist zig und achtzig Stunden weit zu Fuß herkamen, und dazu gegen
beinahe die anzüglichste Person des ganzen Stücks geworden. drcyLouiSd'or für das Schießen verthalcn. um einen der ersten
Der Grosiinquisilor ist in einen Just izia verwandelt, obschon Preise mit ZM> Franke» zu gewinne» , werde» nicht mir dem
Castilien keinen Juflizia hatte; diese Würde war nur den Arra- Fest zufrieden seun. Es waren sogar Schützen von Graubünd-
gcnischen Staaten eigen. Dieser Fehler wäre jedoch nur eine ten, St. Gallen und Appenzell hiev, aber nur einer aus Zü
Kleiniakcit , wenn er nicht auch zugleich den Sinn störte. Ein rich, dessen Schützengcscllschaft keine Deputation geschickt hat,
Grostinguisitor kann sich Drohungen und trotzige Worte gegen te , wie alle übrige» Kantone. Wie ganz anders benahmen
einen spanischen König erlauben, denn die Inquisition ist eine sich die wackern Berncr gegen unS, denen wir frcylich schon
Macht im Staate, und der König hat mehr von ihr zu befürch 15Z6 unsere Befrcyung von, savouischen Joch, und die Grün
ten, als sie vom Könige; ein Justizia, oder ein sonstiger welt dung nnscrcr jetzigen Frcuheit verdankten.
licher Würdenträger befindet sich aber nicht in diesem Falle, Zum Schluß des Festes, Sonnabends den SI. Juni, war
seine Drohungen und sei» Trotz scheinen daher widersinnig und ein großes AbschicdSmahl im botanische» Garten und unter
unbegreiflich. Vielleicht hat der Dichter gehofft, die Zuschauer den benachbarten herrlichen Banmqrnppeu , wo die glühenden
würden unter der Hülle deS Justizia den Groginauisstor nicht Sonnenstrahlen nicht hindringen konnten. Durch die lange
verkennen; warum aber hat er nicht den Much gehabt, den Allee sab der Montblanc, vom Abend vergoldet, auf das brü
glcißnerischenGroßinauisitor selbst aufzuführen? derliche Treiben, und er, der schon manches in dcr Schweiz
(Die Fortsetzung folgt.) gesehen, schien es mit Wohlgefallen z» betrachten. Möge er
dieß Land und seine Einwvlmcr , über die ' sein ewig weiße«
Genf, Juni. Gipfel herrscht, nie anders «lS ihrer würdig, einig, stark
(Beschluß.) und glücklich sehen.
.Mr.
Täglich waren bey dem herrlichen Wetter Diner? von .—
mehreren hundert Personen unter den grünen Hütten, und ge .
gen daS Ende jeden MahiS folgten sich patriotische Toaste und Ben läge: Ltteraturblatt Nr. S7.
Verlag der I. G. Cotta'sche» Buchhandlung.
170.

M o r g e n b l a t t

für

gebildete Stände.

M i t t w o ch, 16. I u l i i 8 2 3.

Sey dt« Wertde« solcher Sendung


Tiefen Smne« heitre Wendung.
Goethe.

A l t s ch o t t i s ch. Den Meißen Pudding Leisten sie,


Den schwarzen ganz vertraut.
Vrn So et he»). Und Gutweib sagte sich selber viel.
Doch keine Svlbe laut.
- Und morgen fällt St. Martins Fest,
Gutwclb liebt ihren Mann; Zum Andern sprach der Sine dann:
Da knetet sie ihm Puddings ein „Wie trocken ist mir der Hais,
Und dickt sie in der Pfann. Der Schrank der liafft, und geistig riecht's.
Da findet sich's allenfalls."
Im Bette liegen beyde nun.
Da sanst ein milder West; „Sin KlZschchen Schnaps ergreif' ich da.
Und Gutmann spricht zur guten Frau: Das trifft sich doch geschickt-.
„Du riegle die Thüre fest." — Ich bring' es dir, du bringst es mir.
Und bald sind wir erquickt."
„Bin kaum erholt und halb erwärmt.
Wie kam' ich da zu Ruh? Doch Gutmann sprang so heftig auf
Und klapperte sie einhundert Jahr, Und fubr sie drohend an:
Ich riegelte sie nicht zu." „Bezahlen soll mit theurcm Geld,
Wer mir den Schnaps verthan."
Drauf eine Wette schloffen sie
Ganz leise sich in'S Ohr, Und Gutweib sprang euch froh heran,
So, wer das erste Wvrtlcin sprich'. Drey Sprünge, als war' sie reich:
Der schöbe den Riegel vor. „Du Gutmanu sprachst das erste Wort,
Nun riegle die Thüre gleich."
Zwei, Wanderer kommen um Mitternacht
Und wissen nicht wo sie steh«.
Die Lampe losch, der Heerd verglomm,
Zu hören ist nichts, zu sehn. DasCroppydorf.
„Was ist daS für ein Herenort, Sine Scene aus dem Jabr t 798.
Da bricht uns die Geduld!"
Doch hörten sie kein Sterbenswort, In dem Augenblick, wo in dem großen Trauerspiele
Deß war die Thüre schuld. des unglücklichen Irlands ein neuer Akt beginnen könnte —
tm'r kann wissen , ob es der lezte seyn wird — theilen wir
«) Ans dem eben erscheinenden 2ten Heft de« öten Bande« einen frühern Auftritt aus demselben mit, und überlassen es
»o» Goethe« Kunst und Alterthum. dem Leser, ob er nach dem Geiste unserer Zeit und der
Stellung der Partheyen eine Wiederholung von Auftritten mir auf den Fersen. Sie setzen die Sporen z» und fallen
für möglich hält, welche, vor kaum dreyßig Jahren vor über euch her, indeß ich noch rede!" — „Dann haben wir
gefallen, uns in das Mittelalter oder wenigstens zu des keine Zeit zum Schwatzen , Tom. Bridget (er ergriff sie
großen Ludwigs Bekehrnngsversuchen zunick versetzen. Der beym Arm) leere den Kasten so gut du kannst ; Peter Rvo-
Nvnian, dem wir diese Scene entlehnen, l'KeOopp?, » ney, eilt fort und warnt die Nachbarn, fort! fort!" Pe
«f 179«, tke 0'»,r» romi!^, I«,g, gehört mehr ter gehorchte. „CvnorS und Ihr, Kavanah, lselft de»
der alten als der neuen Schule an ; wenn die Charakte Leuten fort! Wenn sie einen bekommen, so wird er zu
ristik der Personen und der dramatische Dialog weniger Tod geprügelt! Eilt, eilt!" Damit verschwanden sie aus
gelungen sind, und die Personen gleich Nevclgestalten an dem Haus.
uns vorübergleiten, so ist dagegen der Charakter der Zeit . .. „Vater, Ihr habt Piken gemacht, wie ich höre,«
desto besser getroffen und die englischen Kritiker gestchen, sprach der Sohn be» Seite zu dem Schmied.
daß die Begebenheiten nur allzutreu geschildert sind. „Die sind versteckt. Junge, dort unter dem Amboß
* * stock, und nur ich weiß, wie sie zu finden sind. Fort,
. fort! eile vor's Dorf hinaus, und horch, ob die Mörder
„Was soll das?" rief plötzlich mit gedämpfter Stim schon nahe sind." Der Junge entfernte sich. Man ver
me der Herr vom Hause, als man ein heftiges Pochen an nahm ein verwirrtes Treiben in dem Dorf. Von Thür zu
der Thüre vernahm. „Wenn Man vom Teufel spricht, so Thür ward schnell aber nicht zu laut gepocht, und in
erscheint er!" fuhr er dann fort und sczte schnell das Licht kurzen Worten erfuhren die Bewohner die drohende
unter den Tisch. Gefahr. Die Einen, nur auf persönliche Sicherheit be
„Die Ycomen, Bater, g<mz gewiß, die Peomen!" dacht, flohen halb nackt davon ; Andere suchten unter Flü
n'ef Kitty, erschrocken ins Zimmer stürzend, während ihre chen und Bitten ihre Familie ins Weite zu treiben , An
Mutter, da das Pochen immer lauter und lauter wurde, dere rafften die bessere Habe im Hause zusammen , und
sich bestürzt in der Küche umschaute. wieder Andere verkrochen sich, der Flucht nicht vertrauend,
„Bringet," sagte Jack leise, aber bedeutungsvoll für in Schlupfwinkel. So war, außer einigen alterschwacheu
die Hansfrau, die sogleich an seiner Seite war, „sey Weibern , siechen Greisen , oder im Schrecken deö Augen
still, bis wir nachsehn, was es gibt. Und du, Kittp, geh blicks und in der Dunkelheit der Nacht zurückgelassenen
hier an die Hand." Kindern, die ganze Bevölkerung in größter Eile und Stille
„'s sind keine Reiter, Jack," fiel Peter Rooney kalt aus dem Dorfe geflüchtet. Auf dem halben Wege zu ihrem
blütig ein; „wäre es nicht besser, wir untersuchten vor Zufluchtsorte drang der Huffchlag der herangaloppirendeu
her?« — „Frag' einmal, Bridget," sagte Shawn, der Pferde in das Ohr der Flüchtlinge. Das von der fliehen
Schmied. den, halbnackten Mutter beynahe erstickte Geschrei) des wim
„Was begehrt Ihr noch zu so später Stunde?« fragte mernden Säuglings , das leise Fragen nach vermißten
die arme Frau mit bebender Stimme. „Mutter! Mut Freunden und der gedämpfte Warnungsruf: „Flieht,
ter! öffnet geschwind, geschwind!" rief man von außen. flieht!" waren die einzigen Laute, die man jezt vernahm.
„Wie, Tom, bist du's ?" fragte Jack. „Ja, Water, öff (Die Fortsetzung folgt.)
net, öffnet!" — „Halt noch einen Augenblick!" fiel Peter
Rooney ein , als der Schmied im Begriff war aufznschlies-
sen, „laßt vorher Einen, der ein scharfes Ohr hat, mit Türken Und Türke y.
der Person draußen sprechen." — „Pah, laßt das gut seyn,
Peter, soll ein Vater die Stimme seines Jungen nicht (Fortsclzlmg.l - . ,
kennen?" Die Thür ging auf und Jacks Sohn, ein Jüng Unter den erlaubten Volksvergnügen müssen die Künste
ling von achtzehn Jahren, anständig, wie in Kleidung, fo der sehr geschickten Seiltänzer angeführt werden, dcßgleichen
in Rede und Benehmen, stürzte todtenblaß und athemlos chinesische Schattenspiele mit lasciven Darstellungen, uud
ins Zimmer. eine Art von Maskeraden im Feld, wo grob und roh, aber
„Was soll das , Tom ?" fragte der Vater halb zärt nicht ohne Naivetät Scenen aus dem untern Volksleben
lich, halb verweisend, indem er den geliebten Sohn bey dargestellt werden. Außerdem gibt es auch noch öffentliche
der Hand nahm. Der derbe Druck derselben mochte dem Tänzer, wobcy sich junge Männer als Frauen verkleiden,
Jünglinge sagen, daß, trotz dem strafenden Ton feiner da es dem weiblichen Geschlecht nicht verstattet ist, an
Worte, der rauhe Schmied hoch erfreut war, ihn wie solchen Darstellungen Theil zn nehmen.
der zu sehen. „Sin ander Mal, Vater, erfahrt Ihr, wie Glücksspiele sind streng verboten ; darum kommen m
ich dahinter gekommen," sagte der Bursche in ängstlicher Konstantinopcl unter den Türken keine Selbstmorde vor.
Hast ; „aber flieht, flieht ! Walep und seine Reiter sind Unsere europäischen Regierungen könnten in dieser Bezie-
5??
hnng die Anhänger des Koran zum Muster nehmen. Der dem Zeitwort, das immer ans Ende gestellt wird. Je län
Prophet hat den Moslem den Genuß deS WeinS versagt. ger nnd znsammengcsezter und verwickelter eine Periode
Sie wissen sich aber durch narkotische Getränke und son im Styl der Pforte und der Historiker ist, best» ausge
stige Mittel dafür zu entschädigen. Die Türke» glauben zeichneter und eleganter scheint sie den Türken ; so sind
fest an Astrologie, n Negromantik, anTalismaneund kab- denn auch alle Geschichtschreiber in ibren , nach orientali
balisiische Sentenzen. Die weißen und blauen Tage stehen scher Weise übertriebenen Erzählungen, worin die LebcnS-
bev ihnen in hohem Ansehen und der Dienstag ist ein un begebenheite» der Sultane im Hofzeitungsstxl erzählt
glücklicher Tag. werden.
Trotz dem gänzlichen Mangelan Wissenschast und Auf Satd-Effendi , der Sohn von Mahomed Effendi , im
klärung fehlt eö den Türken doch keineswegs an Urtheil Jahr i?«2 türkischer Gesandter in Paris, gründete in
und Einsicht. So ist es z. B. nicht schwer, ihnen die Konstantinopel eine Buchdruckerev. Hätte sie sich erhalten,
Mangel ihrer Regierung darzuthim. Deniungeachtet wol so hätte dadurch der religiöse Fanatismus gemindert wer
len sie von keiner Reform hören und sagen ganz kalt: „ich den können. Als aber Said-Effendt starb, zettelten die
glaube, daß dieß besser fepn könnte, aber was ist, ist Geschick Rechtsleute eine Empörung an. Die Druckercy wurde ge
von Gott, mit dem wir zufrieden sevn sollen, denn so hat es schlossen , und dadurch daS Volk vor den Fortschritten
der Herr befohlen; dieß zeigt sich auch dadurch, daß noch des Lickro und der Aufklärung bewahrt. Vierzigtauseud
immer besteht, waS dn ein Uebel nennst." Schreiber, die ihr tägliches Brod durch Bücherabschrei-
Die türkische Sprache ist eine Mischung des ursprüng bcn gewinnen, und dic AlleS schreiben, was in dieser Stadt
lichen Turkomanischen und arabischen Idioms. Bep ihrer zu wissen erlaubt ist, dieses Heer von Schreibern war
Entstehung war sie sehr arm, wie alle Sprachen der No- nicht geneigt eine Erfindung aufkommen zu lassen, die sie
mabenvölker, die nur beschränkte Bedürfnisse haben und an den Bettelstab gebracht hätte.
die Wissenschaften nicht kennen. Als aberdie Türken zum Die Türken haben eine Art von Musik, die nicht durch
Jslamismus übergegangen waren, und Eroberungen von den Noten ausgedrückt wird, und deren Takt nicht wie in der
Persern und Araber» gemacht hatten, eigneten sie sich auch europäischen Tonkunst ist. Die Melodie erlaubt einen weit
nach und nach ihre literarischen Schätze zu und bildeten so größern Umfang von Tönen als unsere Musik, daher ist
eine Sprache, die unendlich reich, schön und wokl- sie auch viel mannigfaltiger im Ausdruck. Im Zärt
ttinqend ist. Diese Sprache hat zwev Idiome: das alte lichen und Melancholischen bringt sie oft große Wirkung
Türkisch, das iezt nur noch vom Volk gesprochen wird, und hervor.
die höhere Mundart, die am Hof und in der gebildeten (Der Beschluß folgt.)
Welt im Gebrauch ist. Die Großen, die Staatsdiener
»nd Rechtsgelehrten geben in ihren Schriften den arabi
schen und persischen Worten immer den Vorzug , und sie Korrespondenz ^Nachrichten.
mischen arabische Stellen aus dem Heran und ans per »erlin, Juni.
sischen Dichtern ein. Sic treiben diese Mischung so weit,
daß kaum der achte Theil ihrer Schrift auS rein türkischen Als Zeiche» dankrarer Anerkennung hat der grdßere Tl'eit
Worten und Sprachformcn besteht. Dem arabischen Al- der Zuhörer Alerandcrs von Humboldt , mel,rere Prinzen des
königliche» Hauses an der Spiyc. dein verehrten Lehrer nach
xhaber haben die Türken den Nasenton eines N bevgefügt, beendigte» Vorlesungen eine große goldtue Medaille mit sei»
der ihzien eigen ist. Außerdem gebrauchen sie einige Kon nein Bildnisse überreichen lassen. Der Ueberschuß der Bevträge
sonanten des persische» Alphabets, die nicht im Arabischen sollte als Fond für ein neues Hnmbvldtsches Umversitätssiiven«
vorkommen. Dadurch haben sie drev-und-drcpßig Konso di»m niedergelegt werden , doch soll diese Stiftung auf den
nanten und überdieß drcv Aeichen für die Vokale. Wunsch des Herrn von Humboldt, wie ei heißt, nicht zu
Stande gebracht worden scyn. Die Medaille aber wird in
Es ist auffallend, daß die Türken keine Grammatik Bronze auch für das größere Publikum wohl mit Recht ver
für ihre Sprache haben, nnd sie durch den Gebrauch käuflich werden , denn seit lange sind keine Vorlesungen von so
lernen, da sie doch arabisch und persisch ganz nach Re allgemeiner Theilnahme aller Stände bis ans Ende mit glek
chem Eifer gelidrt worden. Da diese Vorträge auch im Druck
geln lernen. Dadurch hat die Orthographie viel erscheinen können die vielen, für welche sich kein Plag mehr
Schwankendes, und mehrere Worte werden auf drev oder finden wollte, sich wenigstens einigermas,,» trbstc». Es könnte
vier verschiedene Arten geschrieben. Dieß abgerechnet, ist nicht schaden, wenn dergleichen auch für ein größeres Publikum
die Sprache sehr einfach und regelmäßig , und hat nur interessante Gegenstände i» äknlicher Weise häufiger »vrgetra«
gcn würden. Denn durch etwas außer dem wöchentliche»
wenige Ausnahmen von den allgemeinen Regeln. Sie hat oder jährlichen Kirchgange muß doch iu große» Städten der
weder Geschlecht noch Artikel, nur eine Deklination und
fünf Veugfälle; in der Konstruktion gleicht die Sprache ') Ss wird dieß in kurzer Zeit im Verlag der I. G. Cotta»
sehr dem Lateinischen, besonders in den Inversionen und scheu Buchh-mdluug geschehen.
68o
Gebildete au« seinen bürgerlichen «nd Familienverhältnissen hender Inquisitor würde geschrieen haben , der Dichter habe ihn
herausgezogen werde». .Politische Interessen haben wir nicht, abkonterfcyet , und, wie zur Zeit der ersten Aufführung de«
ausschließliche Tbeatersucht läßt auf die Länge, wenn keine „Tartüffe," ein Verbot bewirkt haben, ihn aufzuführen. Die
weitere Liebe zur Kunst im Hintergründe wirkt und treibt, Zeitungen haben nicht ermangelt über diese Verkappung de«
höchst leer, und so mochte» solche wissenschaftliche Anregungen Großinquisitors zu spaßen, und eben weil er nicht da war,
für unsere Berliner Smuesweise gerade das Angemessenste scvn. dachte Jedermann an ihn und an die verwünschte Inquisition.
Nur müßten wir dadurch nicht in das Zeitalter gelehrter Frauen Soumct hat noch mehrere andere Abweichungen von dem Ori
zurückfallen, welches doch, wie das der weiblichen Genialität, ginale begangen, die ihm zum Weile ndtliig schienen, um da«
glücklich hinter unS liegt, und nur noch in einigen, weniger Stück dem französischen Geschmacke anzupassen, das sich in sei»
als sonst bewunderten Antiken auf die jegige Generation ge ncr wahren Gestalt , aller seiner genialen Schönheit unerach-
kommen ist. Diefe weibliche Genialität hatte besonders in der tct, schwerlich beliebt machen würbe. Soumct ist ein wahrer
Seelcnflärke bestanden, sich über allcö hiiiwegznscvezi, was sonst Dichter, und seine Sprache ist nicht so geschraubt, sondern ed«
dem Weibe alS ehrenwerth und sittlich verpflichtend galt. Wie ler «nd einfacher, als cö bey den meisten tragischen Dichtern
wenig wir aber noch einen tüchtigen Inhalt für die Unterhal Frankreichs der Fall ist. Dennoch hat dieß Trauerspiel nur
tung außer dem Familien - , Beamten - und Gcwerbckreise ha mittelmäßigen Beyfall gefunden. Einige Journale haben den»
ben, davon gibt ein Journalistenlrieg Zcugniß . der Wochen Dichter vorgeworfen, er habe sich allzusehr an daS Original
hindurch die Gcmüther mehr als der beginnende Türkentrieg gehalten ; Schiller lege seinen Geliebten eine Sprache nnd Äs
in Bewegung gcsezt hat , so daß sich selbst ein würdiger , all danken in den Mund , alS ob sie auf einer deutschen Univcrsi,
gemein auch in wissenschaftlicher Rücksicht geachteter Militär tät fludirt hätten; andere dagegen werfen ibm vor, er habe
ausdrücklich in der Zeitung öffentlich zu erklären genothigt sali, sich bey der Bearbeitung eines so genialen Stückes allzugroße
baß gewisse Taschenspielerlobbudelcycn , die mit jenem Feder Frcvbeiten herausgenommen. Zum Unglücke fehlt es auch dem
kriege Zusammenhang hatte» , nicht aus seiner Feder, obgleich 1'Keilr« »»csais an einer junge» , ernsten Schauspielerin
mir seiner gewöhnlichen Chiffcr unterzeichnet, geflossen seyen. im tragischen Fache. Die Dem. DuchesnviS , welche die Eli«
Wir würben diesen Krieg, der unserer Stadt nicht eben große sabeth spielt, ist beynahe fünfzig Jahre alt, und daberi ziemlich
Ehre bringt, gern unberücksichtigt lassen, wen» er nicht auf Käßlich , so daß ihre Liebe zu Don KarloS das Ansehen hat. al«
den kritischen Zustand unserer Tagesliteratur ein Helles Licht ob Phacbra in den Hippolyt? verliebt seyc. Natürlich bat dies«
würfe. Der Held des Streites war Herr M. G. Sapphir, Ungereimtheit nicht zur guten Aufnahme des Stücks beygclra-
Redakteur der Berliner Schncllpost und des Krurriers ; ihm, dem gen > sieht man jedoch die DuchesnviS spielen , so vergißt man,
einzigen gegenüber standen alle Tageslircratoren. Herr Sapc daß sie eher die Mutter als die Geliebte des Don Karlos sey»
phir, obgleich, wie es heißt, ein geborener Ungar, bat den könnte, und fühlt sich manchmal von ihrem pathetischen Spiele
noch gleich in den ersten Wochen seines hiesigen Aufenthaltes mir hingerissen. Die Pariser Theaterkritik« meyncn jedoch, c«
die Geschicklichkeit gehabt, sogleich de» rechten Berliner To» fehle dem Soumctschen Trauerspiel an wahrem Interesse ; den»
zu treffen, »nd nach zweijährigem Aufenrhalte wußte er es die bcvden Liebenden hätten sich im Grunde nichts anders zu
baliin zu dringen, nicht nur von alle» Ständen, den l'ochsten, sagen als : ..wir lieben unS," und ,.eS tbut u»S herzlich leid,
mittleren und nieder« bis zu den Straßcnbuben herab gekannt baß wir unS so liebe» — Jezt kömmt die Reibe an Schiller«
und gelesen zu werden , sondern von manchen Seiten her der „Wilhelm -Teil." Das GaistetKeater hat den Anfang ge
vecvt cigenthümliche Repräsentant der Berliner Sinnesart zu macht, und das deutsche Trauerspiel als Melodram fürs Volk
scyn. Ein immer schlagfertiger Wty, der überall die schwa bearbeiten lassen , mir hübschen Schweizergcgendcn. alren glän«
chen Seiten aufzufassen weiß, verständliche Wortspiele in Ge zendcn Kostüme» ». f. w. Diese« Volksstück wirb nnn schon
bieten . die jedem , auch dem Ungebildeten , zugänglich sind, die seit einem Monat fast alle Abende gegeben , und wahrschein«
Resignation, nie mehr seyn zu wollen, die Naivetät, sich ganz lich wird cS noch lange das Volk erfreuen. Dann hat die
für das zn gebe», was er war , die Keckheit , was andere ver komische Oper einen alten Wilhelm Tel! , den im Anfange
schwiegen, gerade herauszusagen, die Geschmeidigkeit, heute zn der Revolution Sebaine geschrieben und wozu Gretry die
loben, morgen zu tadeln, wie es die Verhältnisse^ eben erfor Musik gcsezt hatte, hervorgezogen; allein dieser Tel! kenn,
derten , dicß waren die einfachen Mittel, welche ihm weit ver te , so wie er war , dem Pariser Publikum nicht mebr vor»
breitete Wirksamkeit verschafften ; sie brachten baö hervor, was gesezt werden. Denn erstlich würden die Kerben AnSfäll«
das Berliner Publikum forderte. ES hatte seinen Man» , der auf die Tyrannen, welche damals im Geschmacke der Zeit
Mann sein Publikum gesunde». waren, jezt aber ohne Zweck sind, den Zuhörern mißfallen,
(Die Fortsetzung folgt.) und zwcytcns war die Musik dieser Oper eine der schwächste»
Kompositionen deS liebenswürdigen Gretry. Was war also
zu thun? wollre man einen W. Tell haben» so mußte man
Paris. Anfangs Juni. Ten und Musik auöflittcn und übertünchen ; hierin hat man
sich denn auch nicht gcmrt; der Tert ist beschnitten , «nd zum
(Fortscyung.) TKcilc ganz nmgearbciret worden . und der Tonkünstlcr
Bcriou, der bekanntlich selbst sehr hübsche Operetten kvmpo«
Hierauf würbe Sonmet vielleicht antworten : zur Zeit, als nirt 1,at . ist mit der Verjüngung der Gretryschcn Musik be
er sein Stück gedichtet habe, sey die Inquisition im Anzüge gegen auftragt worden. Die schwächsten Stücke der alten Operette
Frankreich begriffen gewesen ; der ganz zum Großincmisitor ge hat er wegaeschnitten. »nd dagegen, nach italienischer Manier»
schaffene, mit vortrefflichen Jnquisitionsanlaqen ausgestattete mehrere schöne Singstücte aus bereits vergessenen O»?rn Gre«
Hr. de Bonald habe schon an der Spitze der wcilanb Censiir ge trys eingeschaltet. Ferner hat er eine Verbessern«,, oder Ver«
standen . und es habe allen Anschein gehabt, alS ob die Censnr ändcrunq vorgenommen, die von dem großen Einflüsse de«
sich in eine Inquisition umgestalten würde; nnter solchen Um Rossinischcn SinlS und von dein jcyigen Geschmacke des Publi
ständen würde es ja gefährlich gewesen styn, einen Groginquisitor kums in Betreff der Dpernmusik zenqt.
aufzuführen ; der Hr. de Bonald, oder irgend ein anderer ange (Der Beschluß folgt.)

Verlag der I. G. Cok to 'sehen Buchhandlung.


171.

M o r g e n b l a t t

f ü r

gebildete Stände.

Donnerstag, 17. Juli 1 8 2 8.

Fort, fdrt, damit wir den Mrrbhlmdk« entgehe« !


Goethe.

Das Croppydorf. ter vergeblich suchte. Allein das immer mehr nahende Ge-
tose der heransprengenden Reiter , das sich nun durch die
(Fortsegling.) Stille der milden, schlummernden Natur ganz deutlich ver
Der Berg hinter dem Dorf lief in einiger Entfernung nehmen ließ, vcrsezte bald Alles in athemloses Schweigen,
von demselben hin. Sein Gipfel und der größere Theil und in grauenhafter Ahnung dessen, waö da kommen sollte,
des »ordern Abhangs mar felsig, unfruchtbar, und nur hin war Jeder mit sich selbst beschäftigt.
und wieder mit Stachelgewächsen und Schmalholz bekleidet, Der Schmied hatte seinen Sohn bevm Arme genom
seine Kehrseite aber mit Eichen und Eschen bewachsen, die men „nd den ?„g der Flüchtlinge angeführt. An dem ra
in den Felsenritzen wurzelten uuh aus dem magern Boden sige« Ufer des Men, bevnahe unsichtbaren Flüßchens an
ihre spärliche Nahrung sogen. Sin kleines, von grünen gekommen, hieß er ihn medersitzeu »nd sich nicht rühren,
Wasen bekränztes Flüßchcn wand sich am Fuße des Abhan bis er zurückkäme. Von dem unerschrockenen kleinen Pe
ges hin, und ein Hügel, neuer »nd dichter bebaut, erhob ter Rvoncn begleitet, erstieg er nun den bewaldeten Hü
sich am Rand desselben, so daß sich hier ein kleines, ge gel , nnd als er den Gipfel, welcher eine Aussicht auf
gen alle Beobachtung gcschüztes Thalchen bildete. Dahin das Dorf gewährte, erreicht hatte, ging er wieder eine
flohen die Dorfbewohner, um sich unter dem bergenden Strecke hinab. Hier legten sie sich in ein Gestrüpp Stech
Laubwerk in der athemlose« Stille der höchsten Furcht so ginster nieder und beobachteten, was die Ieomcn im Dorfe
lange zu verkriechen , bis ihre gefürchtet«« Feinde wieder vornahmen.
abgezogen seyn würden. Kein Mond stand am Himmel; doch herrschte, ob
Der gescheuchte Hase hält, wenn er seinem Verfol gleich es schon Mitternacht war, nicht gänzliche Finster-
ger einen Vorsprung abgewonnen , sezt sich und spizt die niß. Sie sahen , wie Gestalten im Dorfe auf und nieder
Ohren nach der Richtung hin, woher er die Gefahr be gingen, nnd mit der Oertlichkeit und den Eigentümlich:
fürchtet. So begann auch, nach der ersten Bestürzung, leiten der Personen vertraut, konnten sie leicht den Ein
das dicht zusammengedrängte Landvolk sich zu fragen, und zelnen erkennen.
Mennungen nnd Vermuthungen vernehmlicher auszu Die Wächter auf dem Hügel vernahmen nun, wie sich
sprechen. Nachfragen liefen durch die Menge nach den der Hufschlag einer AnzahsPferdc nach dem Wege zur Rech
zerstreuten Familiengliedcrn. Man vernahm in der klei ten wandte. Nun hörten sie, wie sie in eine Gasse spreng
nen schattigen Einöde halbuntcrdrückteS Webklagen , wenn ten, wo die Hütten der ärmeren Dorfbewohner mehr
die Mutter ihr Kind, die Tochter Vater oder Mus vereinzelt standen. Die eisernen Scheiden schlugen an die
68s
Bügel , die Reiter drängten sich mehr zusammen und bil auf den Boden nieder. Wollt Ihr auch auf Eure Sicher
deten eine schwärzere Schattenmasse. Nun kamen sie zu heit nicht bedacht seyn, so bedenkt, daß unser Aller Ret
ansehnlicher« Häusern. Shawn a Gow hob fluchend seinen tung davon abhängt. Sicht man Euch hier umhergehen,
Kopf aus dem Stechginster und sah, wie sie auf das Kom so wissen sie, wo wir andern zu finden sind. Vielleicht
mando „Halt!" sein eigenes Hans umstellten. Mehrere ist's Bridget auch nicht , und wenn auch, so machen sie sich
Stimmen riefen: „Aufgemacht!" und bald hörte er, daß nichts mit einem Weibe zu thun. So 'ne alte Mutter
sie dieThüre erbrachen. Einige traten ein, während die nimmt keinen Schaden bcp ihnen, so arge Teufel sie auch
Ucbrigen sich nach andern Häusern im Dorfe begaben. sind. Seyd nur ruhig, Shawn; sie schreyt nnr, weil sie
Bald krachte es auf verschiedenen Seiten, und Flüche und sich fürchtet." — „Arme Kreatur," murmelte Shawn vor
Rachedrohungen erfolgten, da die Besucher fanden, daß die sich hin , als er Peters Befehl gcborchte und sich nieder«
Inwohner ausgeflogen waren. Bald mischte sich mit bar- legte. „Sic jammert nur, daß sie in ihren alten Tage»
schen, ärgerlichen Tönen das Jammergeschrey der Weni noch betteln muß. Still!" Er erhob sich zum zwevten
gen , welche sich ans Furcht oder Anfall den Flüchtlingen Mal auf sein Knie. „WaS spricht Waley?" - „Ach,
nicht angeschlossen hatten, und nun aus ihren Verstecken Shawn! Zündets an, zündets an, Bursche! ruft er,"
vorgezogen und nach dem obern Ende der Straße geschleppt antwortete Peter. — „Heiliger Himmel!" sprach Shawn
wurden, wo der Befehlshaber stand und die Bewegungen und sprang ans die Füße , „mein Hans steht in Flammen,
leitete. um den Höllcnhunben zu Icuchten!" „Gott stch' uns
Am meisten aber machten sie sich in dem Hause des bey! ja ja, es brennt lichterloh," sprach Peter. Der
Schmieds zu schaffen. Lichter schössen nach hinten und Schmied brütete in düsteres Stillschweigen versunken hin ;
vorn und beleuchteten vorübergehend die Umrisse der Ge sein wilder, stierer Blick war auf das Element geheftet,
stalten derer, welche sie trugen, sein Hans durchsuchten das seine Behausung verzehrte. Auf verschiedenen Punk
und plünderten. Shawn erhob sich etwas mehr aus seinem ten des Hauses von außen und innen war Feuer ange
Versteck, weil er unter dem lärmenden Geschrey der Yco- legt; und obgleich es anfangs nur langsam das Strohdach
men das klägliche Jammern einer Weiberstimme zu hören beleckte, ein Paar Dunstwolkcn emportrieb, oder aus der
mennte. Doch er wurde nicht klug daraus ; entweder er Thüre hervorschlug, so vergingen doch wenige Minuten
starben die Töne, oder wurden sie von dem allgemeinen und das ganze Dach war eine Fcucrmasse , die tn einer
Lärm übertäubt. glänzenden Flammcnpyramide, Funken sprühend, in den rei
„Nun sind sie am Werk," sprach der Schmied zu Pe nen, nächtlichen Himmel emporschoß, und dann in einem
ter Rvoney in einem Ton gleich dem Gebrülle des Stiers, schwarzgrauen Rauch im Hintergrunde erstarb.
in dem sich halb Angst, halb Rachedurst ausdrückt, wenn (Die Fortsetzung folgt.)
die blutgierigen Hunde ihn so gefaßt haben, daß es ihm
an's Leben geht. — „Dieß ist eine Nacht, wo noch vieles
Blut fließen wird," erwiederte Peter. — „Horch! Waley's Türken und Türke y.
Stimme übertönt die übrigen ; sie haben einen der Nach
barn aufgegriffen." — „Hört Ihr, wie Wale» sie an (Beschluß.)
herrscht: bindet ihn!" sprach Peter zu Shawn. „Sie Die Türken kennen keine Noten und spielen und sin
schleppen den armen Tropf durch die Gassen hin. Der alte gen ihre Lieder und andere Musikstücke blos nach dem Ge»
Kürassier Sanndhers Smriv ruft: du Hund von Crvpxy!" dächtniß. So lehrt immer Einer den Andern. Dieß ist
Shawn richtete sich nochmals auf und fragte: „Ist die ganze Kunst der türkischen Musiker und Musikmeister.
das nicht Bridget, welche jezt ruft? und doch sah ich sie, Einige haben für sich selbst eine Methode zum Bezeichnen und
wie sie mit den andern Weibern flüchtete. Hölle und Teu Niederschreiben der Töne erfunden , die aber nur ihnen
fel! nein, jezt fällt mir bey, sie ging zurück, um die an allein dient und auf keinen allgemeinen, auch andern ver
dern Papiere vollends zu holen !" — „Sie werden ihr nichts ständlichen Grundsätzen beruht. Die Musiker des Groß
zu leide thun," versezte Peter Rvoney. „Ich will zu ihr herrn, unter allen die vorzüglichsten, spielen wie alle an
zurück," fiel der Schmied ein. — „Nicht doch, Jack; Ihr dern auswendig. Fast alle spielen dieselbe Parthie , und
würdet Euch in ihn Hände geben und uns des stärksten dabey ist keine andere Harmonie als die, welche in der
Arms und des wackersten Herzens unter den Warforder Verschiedenheit der Instrumente liegt.
Unionstruppen berauben! Legt Euch nieder, Freund! legt In der Malere» sind den Türken nur Blumen und
Euch nieder, ich befchl' es Euch!" fuhr Peter fort mit Landschafren erlaubt, denn alles Andere verbietet ihnen
seiner ganzen Kraft, die nicht selten auf seine kolossalsten das Vorurtheil. Portrait? und historische Gemälde wür
Freunde die beste Wirkung that, als Jack sich wieder zur , den als eine Annäherung zum Bilderdienst betrachtet. Die
Hälfte erhob. „Nieder mit Eurem Kopf, legt Euch flach I türkischen Maler beschränken sich also darauf, einen schö
68Z
nen Blumenstrauß oder Arabesken mit Sorgfalt zu malen Rache cincS Ehemannes oder aufgebrachten Verwandten
oder die Zedern der Vögel nachzuahmen ; darin «der ha- flüchten will, wenn sie ihre Unsittlichkeit nicht billigen.
b^n sie es weit gebracht. Die Bildhauerkunst ist noch be Daher finden sich hier Franc» aus allen Klassen, und auö
schränkter, denn sie wird nur an den Häusern und Grä allen Thcilen des ottomanischen Reichs zusammen. Die
ber» angewendet, und die Metall - und Steinschneidckunst Der-'-BeyS wählten einst aus diesen Frauen ibreGuvendees
findet dlos beym Schneiden der Petschafte mit Inschriften (eine Art von Tänzerinnen). Von Kopf bis zum Fuß
aus dem Koran, bcv der Verzierung der Waffen oder son waren sie auf ibre Art gerüstet und gewaffnet, und ritten
stigen Metallgeräthschaften Anwendung. auf muthigen Rossen. Im Krieg mußten sie alö leichte
DerAckerbau wird imAllgemeinen wenig geachtet und ge Truppen gegen den Feind ziehen und sich in allerlev Waffen
übt, und man darfihn nichtnach einigen gut bebauten Ebenen gegen ihn versuchen , besonders mußten sie ihn durch ihre
in Momclicn benrtkeilen ; er entspricht auch dem National Reize zu gewinnen krackten. Dieser Gebrauch ist aber
geschmack nicht, der alle Beschäftigungen zu Fuß gering- mit den Deri-Bevs verschwunden, denn sie kommen nur
schäzt und das Hernmtumnicln zu Pferde auf fandiger, noch in der türkischen Geschichte vor.
unbebauter Heide vorzieht. Diese galante uud kriegerische Fraucnkolonie scheint
Auch dem Handel sind die Türken nicht ergeben. Daran schon im fernsten Altcrthum bestanden zu haben. Alte
ist ihre ausnehmende Trägheit und ihr Stolz schuld. Da oder häßliche Frauen sind davon ausgeschlossen. Wäre
her findet sich der Handel fast ganz in den Händen der vielleicht hier der Ursprung der Sage von de» Amazonen
Griechen und der europäischen Christen überhaupt. zu suchen?
Die Schönheit kann ihre eigentliche und wahre Herr
schaft nicht über xin Volk üben, das ihr keine Rechte läßt.
ZZwar singen und dichten die Türken über die Liebe; aber
Im Frühling.
Sck!oß, Riegel, Gitter und schwarze Eunuchen üben b??
ihnen tyrannische Herrschaft über Frauen und Mädchen, Hier lieg ich auf dem FrühlingShügcl,
die Liebe einflößen sollen. Die Wolke wird mein Flügel,
Seine fämmtlichen Frauen bekommt der Sultan eben Ein Vogel fliegt mir voraus !
Ach, sag' mir allcinzige Liebe,
daher, woher er seine Pagen bekommt. Aus den christli Wo du bleibst, daß ich bev dir bliebe!
chen Gegenden werden so viel kleine Mädchen als Knaben Doch du und die Lüfte haben kein Haus.
weggenommen und damit der Harem und die Pogenzim-
mcr versorgt. Die schönsten , oder die es zu werden ver Der Sonnenblume gleich steht mein Gemüthe offen,
sprechen , werden nach dem Serail gebracht. Hier kom Sehnend
men sie in Säie, wo sie sich mit Nähen, Sticken und an Sich dehnend
In Lieben und in Hoffen.
dern Handarbeiten beschäftigen, Zu ihrer höheren Erzie Frühling, waS bist bn gewillt?
hung gehört Gesang , Tanz und baS Spiel verschiedener Wann werd' ich gestillt?
Instrumente. Diese große Menge von Frauen haben in
dessen Niemanden zur Bedienung, sondern bedienen sich Die Wolke seh ich wandeln und den Fluß,
untereinander nach folgender Ordnung: das Mädchen, CS dringt der Sonne goldner Kuß
welches zulczt ankömmt, bedient sich und die Vorlezte, Mir tief bis in'S Geblüt hinein.
Die Augen, wunderbar berauschet,
diese ihre Vorgängerin und so bis zu der, welche am läng Thun , als schliefen sie ein ;
sten im Harem ist; diese wird bedient, ohne Jemanden Rur noch das Ohr dem Ton der Biene lauschet.
zu bedienen.
Die Tyranney der Türken gegen ihre Franen hat Mein Herze denkt nun dieß «nd denket das,
erinnert sich, und weiß nicht recht a» was.
diese dazu gebracht, eine Art von Asvl zu errichten, wo sie Halb ist eö Lust , halb ist es Klage ;
sich hinflüchtcn. Eine Meile von Schumi« in der Bul Mein Herz, o sage.
gare» liegt die kleine Stadt Madara, wo nur Weiber Was webst du für Erinnerung
wohnen, deren Verdorbenheit und Sittenlosigkeit zum In goldengrüner Zweige Dämmerung?
Sprichwort geworden ist. Es sind ihrer gegen zwevtau- Alte unnennbare Tage!
send, sie leben in Gemeinschaft, sind srey von allen Ab
gaben, und tragen keinen Schleyer, wiewohl sie dem Js-
lamismns treu geblieben sind. Madara ist der Zufluchts
ort für jede unglückliche Abenteurerin, die sich vor der
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Korrespondenz-Nachrichten. hoben, sich nie an Dinge gewagt hat, die nicht von seinem
Paris, Anfang« Mal. Reich waren. Nur was in seinem Kreise lag , damit bat er
bald mit mehr, bald mit weniger Malice, bald mit gutem,
(Beschluß.) bald mit schlechterem Witz, wie es dein Witz von Metier immer
Gretry sezte die Begleitung im Orchester ziemlich schwach; gehcir wird, seinen Spaß getrieben. Andere aber begannen
jezt aber will man eine Musik Kaden , die so wie in Rossinis schon seit lange, als sie merkte», daß er das Publikum incl«
Oper» vom ?«rli55imo zum ?i«ni,simo auf und abwallt, »nd und mehr auf feiner Seite hatte, sich gegen ihn zu wenden.
worin alle Blasinstrumente mit den Saiteiiinflrnmenten wett Hätten sie auf die rechte Weise verfahren wollen , so wäre ih
eifern , besonders müssen in Stücken, worin eine fcyerliche res Amts gewesen, durch tüchtigere Kritik, gehaltvollere Ar
> Handlung vorkömmt, Trompeten, Pauken und Klarinetten zu beiten, gcsczteres Wesen , inhaltsvolleren Witz diejenigen zu
tbun Kaden , eben fo Cumbeln und auch Trommeln und Trinn- befriedigen, welche mehr verlange» ; sie hätten Herrn Saxplnr
gel. Davon halte sich Gretry, der doch über Musik viel nach: dann ruhig die Lefer lassen können, für' welche er schreibt, und
gedacht, und auch manches geschrieben hat, wenig träume» einzig nnd allein schreiben will. In einer großen Stadt gibt
lassen. Für den Wilhelm Tcll, der sich zu einer Rossini- es viele Stufen der Bildung, und jede will ihre Unterhaltung,
scheu Musik vortrefflich eignete, hatte er eine simple Musik ge- aber dicß Amt zu verwalten, war jener Herrn Sache nicht, sie
sezt, wie er zu thun pflegte. Berts» hat sich dieser Simpli haben sichs bequem machen wollen . und als augenblicklich Saps
zität erbarmt , und sie mit Trompetenschall und Paukenwir- phirs Wirkung schwächer z» werden begann, sind sie nun in
bel verstärkt , auch überhaupt mehr Leben und Bewegung in einer diplomatischen Note gegen ihn losgebrochen, haben Ney
die Orchesterbcgleitung gebracht, so daß sie nun mit Ehren ein vornehmes Kleid anqetban, und sind mit Tugend, Sitt
neben den neuen Rossinischen, und auch neben den Boycldicu- lichkeit, als wenn es für König und Vaterland gälte, mit Pas
scheu Kompositionen austreten kann. Der verjüngte . ausge thos auf ihn eingestürmt. Ihre ernsthaft gemeinte Schrift :
besserte und verschönerte Wilhelm Tcll der komischen Oper wird „Sapphir und Berlin." ist das Spaßhafteste, was feit lange
sich also ziemlich lang auf der Bühne erhalten und neben dem in folchcn Angelegenheiten zu lest» gewesen ist. Sie behandelt
Masaniello fortbestehen können. Dem Gerüchte, daß Nossiui einen die Sache, als hinge davon da« Heil der ganzen sittlichen Bil
Wilbelm Tcll für die große Oper kcmponire, war zwar wi dung Berlins ab, als könne kein Mensch bcy uns sich für ir
dersprochen worden, mit demBcpsatze, nicht einen Wilhelm gend andere? intcrcssiren als für diesen Journalistcnkrieg ; ile
Tell, sondern eine» Comte Orv komponire er. Jezt aber tbun. als scpcn sie die Männer der geistigen Berliner Bildung»
heißt es doch wieder anders; denn zu dem Comte Orv, von die Helden der Literatur, die es hier mit dem ärgsten, gewich
Seribc, soll er blos Singstücke aus seinen altern Opern aus tigsten iZcindc zu thun hätten; und dennoch blickt überall hin»
wählen ; allein zu dein Terte des Wilhelm Tcll , welken Jon» durch, es scp ihnen nur um ihre eigenen Armseligkeiten, um
und Bis geschrieben haben, soll er wirklich eine ganz neue Mu ihr Ansehen, das früher gegolten hatte, zu thun, man merkt
sik setzen. Die Nachricht war in der Tl'at allzu unwahrschein ihnen den Acrgcr an. überflügelt zu fenn, sich zu schwach
lich , als das, man ihr hätte vielen Glauben bevmcsseu können. zu füble» durch eigene Tbätigkeit sich heraufzuarbeiten . und so
Rossini hat ja wirklich blos einmal eine »encOpcr gesezt, näm rufen sie die Polizev, die öffentliche Behörde zu Hülfe, um
lich sein ,,Vi«Aß!« cli Keim»," seitdem er in Paris angestellt sich von ihrem Gegner zu befrcpcn. Leiber sind unschuldiger
ist, und man glaubte nicht, daß er es dahin bringen würde noch Weise einige Namen mit in diese Streitigkeiten Kineingerathen,
eine große Oper zu setzen. Er muß sich doch endlich ermannt die wir gern hätte» gerettet gesehen. Wir hätten gewünscht
haben , sc» es , weil ihn der Tcrt angesprochen hat , seu es, den Name» L. Roberts, F. Försters und des friedliebenden
weil die Ruhmbegierde in ihm wieder erwacht ist. Die Musik- FouqneS hier nicht zu lesen. Das Ende vom Licdc ist nnn, daß
liebbaber verspreche» sich schon hol'cn Genuß von diesem künfti Herr Savplir in witzigen Broschüren die Cchnoäche» der Herrn
gen Meisterwerke. Die Koietl« ä« pc»nee aber, cbschon man treffend aufgedeckt, daß er die Lacher auf seiner Seite stehe«
geglaubt hatte sie scpe nntcrqcaanqen , seufzt recht andächtig bat. daß die Herrn blamirt sind, ihren Feind, statt ihn ans
über die Verkehrtheit des jetzigen Menschengeschlechts, das, cS dem Sattel zu heben, sich erst recht habe» festsetzen lassen, und
an einem solchen rücksichtlvscn Burschen, als der Wilbelm daß sie damit enden müsse», womit sie hätten anfangcn sollen,
Tell sc«, seine Freude habe, und sich die demagogischen Um Herrn Sapphir auf feinem Gebiete ruhig gehen zu lassen , und
triebe desselben wider die Legitimität so wohl gefallen lasse. Die auf dem ihrigen , wenn sie können, das zu thun, was ihre
Pariser sind so verstockt, daß sie sich über die frommen Seuf Schuldigkeit wäre. Die Moral aber, die aus der ganzen Ge
zer der alten . chrwürdiaen O««e>to äe IV«nce craöycn , und schichte zu ziehen ist, bleibt die, baß es keine Ehre mehr ist in
manches kleinere Tagesblatt schießt seine epigrammatischen diesen Reiben mitzusechteu. Denn hier gilt es keinen ehrlichen
Pfeile a>ef die alte Zeitung los. Kampf für das Herrlichste, Vaterland. Kunst »nd Wissenschaft,
Dg. sondern es ist eine Schlägcrcp gesinnungsloser , grundsayloser.
beliebiger Mcnnunge», auf dem grundlofen Boden vergängli
Berlin, Juni. cher Tagesblätter , von denen man fast zu wünschen »ersticht
scn» könnte, daß sie de» Tag nicht erblickten. WaS würde der
> (Fortsetzung.) von diesen Herrn, wie es scheint, vergessene Lesung sage», wenn
Sapphir. der Fremde, war nicht anzuklagen, daß er pfiff, er, dessen Dramaturgie auch die Tageskritik für alle Zeiten zu
wie es die Tanzenden wünschten. Anfangt! waren die meisten, Ehren brachte, wiederaufstände und dieses Treibe» sähe? Und
welche sich jezt gegen ihn wenden, mit ihm verbündet, und wie sollte jeder dieser ^err» n«, swämen, wenn er ein franzö
auch mancher andere, der Ernsteres bezweckte, bcnuzte seine sisches Blatt, wie z. B. den Ulnbe in die Hand »innnt. eiu
Blätter , w«l sie ein polemisches Organ waren. Ein Theil Blatt . das aus einer Nation hervorgeht . welche in Kunst
dieser Herrn trennte sich nach nnd nach von dem Blatte, wie und Wissenschaft von diesen Herrn vielfach verunglimpft wird.
es scheint ans Privatrücksichten . ohne sich je gegen Herrn Sav- (Die Fortsetzung folgt.)
phir zu kehren . den sie in seiner SvKäre gern gelten ließen ;
denn es ist nicht zu verkennen, daß Herr Sapphir sich nie über- > Bc»Iage: Kunstblatt. Nr S7.

Verlag dcr I. G. Cotta 'sehen Buchhandlung.


172.

M v r g e n b l a t t

f ü r
l

gebildete Stände.

F r e y t a g, 18. Juli i 8 2 8.

Wann einst diese dunkle Hill«


Mir »cm blöde» Sl»ge <mkt,
2?>>»:i tcS Uchtes ttckersülle
D.inn mrin Geist am Urciuc» trinkt.
Welch SefKl'l N'ird mich durchbcben!
Bürde.

Ueber die Scheidung deS LichtS von der.Finsterniß. sen; doch gewiß gibt Jedermann zn, daß die Vernunft
so eigentlich nickt das Entschiedenste an demselben sev ; so
Von P^ftsscr I. W. Pfaff. sollten wir also auck nicht von Licht, durch Finsterniß getrübt,
Die solzende Reche von maekirten Wahrheiten soll reden, sondern von Finsternis, beschienen durch Licht, von
sich in einem ganz losen und frevwilligcn Auge an dem Le etwa? veredelter, durch Licht erhöhter Nackt. Denn in der
ser vorbeydewegen ; und er wird freundlichst eingeladen, Tbat würde dieß für die Bewohner eines dunkeln Plane
«enn idm eine dieser Masken gefällt, sich ihrer anzlinch- ten passender sevn ; unser Elcmciit ist kaum die Dämme
wen und mit ihr weiter zu verkehren. rung, und die Welt hat gewiß die Nachtseite gegen uns
Das erste aber, was ick zum Pesten der Unterbal- gekehrt.
tnug, und damit der Leser einen Gefallen daran finden Sollte eö erlaubt scyn, einige sehr oft gesehene Er
könne, erbitten möchte, ist dicß: alle alten Ansichten und scheinungen in Erinnerung zu bringen, die uns sehr ernst
angewöhnten Wahrheiten von Licht nnd Finsterniß gänzlich lich anmahnen , daß wir weit näher gegen die Seite der
fahren zu lassen, um das Neue ganz'mit vollen Zügen Nacht, als gegen die Seite deS Lichts gerückt oder ur
einathmen zu können , und die Bekanntschaft damit gleich- sprünglich gestellt sind? Das Licht der Sonne ist aller
sam von vorne anzufangen, da in der Tbat von etwas dings herrlich, wohlthucnd und kräftig; doch erzählen uns
ganz und gar Neuem die Rede sevn wird. die Naturforscher, daß man den Blitz beo Hellem, vom
Zn der Thot thcils Unbescheidenheit, vielleicht auch Sonnenlickt beschienenen Tage aus einer nicht weit ent
Jrrthum scheint zum Grunde zu liegen , daß wir selbstge fernten Gewitterwolke herabfakren sehe auf die nock er
fällig immer vom Licht reden, wenn wir z. B. das leuchtete Erde; welche Kraft deS Strahls in so plötzlicher
bleyerne Licht des Saturns , das milde Licht der Milch körperloser Bewegung, der den Glanz des unermeßlichen
straße uns vorstellen , als wäre in diesen Erscheinungen Sonnenkörpers erreicht! Gewiß haben viele der Leser den
das unbekannte, ewig unsichtbare, und nie ergrcifbare, was unerschwcnglick hellen Glanz gesehen, den ein Stückchen
wir Ficht nennen, die Hauptsache, daö Wesentliche, wäh Phosphor, das in der Feucrluft verbrennt, von sich gidt;
rend vielmehr die Fi n st ern i ß, der Nährstoff, wenn das Auge erträgt ihn kaum, und eben darum ist die Luft,
man so reden dürfte, die entschiedenere Molle habe» spielt. die ihm zum Brenne» Hilst , die Feucrluft genannt wor
Wir haben uns diese Art vornehmer SelbstgeKilligkelt frev- den, denn nach der iczr herrschenden philosophischen Spra
lich von Jugend ans angewöhnt, seit wir in der Schule che ist Feuer so viel als , Licht, identisch mit Wärme; ja,
gelernt haben, der Mensch sev ein vernünftiges We mich »ur ein gemeines Metall, d«S so verbrannt wird.
686
übertrifft den Lichtglanz der Sonne weit. Wie viele Stu Wir sind alle vertraut mir dem Gedanken , den der
fen mag es noch über diese hinaus geben, wogegen die Verfasser der Farbenlehre ausgesprochen hat : die
Sonne sii^er wird? Farben sind Schatten, sie sind das trübe Licht; sie
Was also auch der SternseKer, der getrost sein Fern sind Kinder des Lichts und der Finsterniß; zwcyerlcy Ur
rohr auf einen aus der Nacht hervordämmerndcn Stern sprung tragen sie in sich ; sie gehören zwcy Welten an, der
richtet, anfangen mag, immer dringt die Nacht mit gleichsam geistigen des Unveränderlichen, Beständigen, «nd
herein. Je mehr er seine Brille vergrößert, desto mehr der irdischen, trüben, wechselnden, veränderlichen. Der
Finsterniß hat er auch mit bekommen ; denn jener Stern Gedanke des große» Dichters findet aber auf alles leuch
ist selbst nur etwas erleuchtete Finsterniß; er sättigt sich tende, auf der Erde und am Firmament, Anwendung.
unterwegs damit, und die Brille selbst ist gar zu deutlich Himmel mid Erde zeigen uns meist n»r farbiges Licht.
ein Kind der sinstern Stoffe. Auf diesem Wege kommen Hat nicht Herrsche! am Himmel rothe, grüne, blaue, gra-
wir nicht weiter in der Erforschung des Himmels und der »atfarbige, gelbe Sterne gesehen? Wer hat den Maß
sichtbaren Dinge. Wir sind aber auf diesem Wege bereits stab für das ächte weiße, wahre Licht? Aber wie die Na
fast bis an's Ende und Ziel gekommen, wo er sich ins Un tur uns nur selten das weiße Licht, gleichsam frey von
durchdringliche oder inS Oede verliert. Was die Alten dem irdischen Körperlichen zeigt, so zeigt sie uns auch nur
von dem großen Sonnenkreis deS iXvmandias in Egypten selten ihre Kunst, wirklich aus der F i n st e r n i ß das r c i n-
und von den uuqeheuern Werkzeugen der alcrandrinischen sie Licht auszuscheiden. Dieß gönnt sie uns an dem
Steinsetzer »nd ihrer Verehrer, der arabischen Kalifen, Demant, dem ersten und reinsten aller Edelsteine. Die
erzählen, daS haben wir in neuerer Zeit, feit Hevel in so weit verbreitete Liebe und Bewunderung der Menschen
Zwanzig feine überlangen Fernröhre gen Himmel richtete, für diesen herrlichen Edelstein hat ohne Zweifel ihren Grund
und Ludwig xiv. seine prächtige Sternwarte in Paris tiefer in dem Sonderbaren und Seltsamen dieses Natur-
bauen ließ, viel größer, ungeheurer und noch in innige gebildcs. Die Chemiker haben gefunden, daß er seinem
rer Vereinigung der Masse mit der Intelligenz gesehen. irdischen und leiblichen Wesen und Gebalt nach blos als
Aber gleichwie nach dem Spruche deS Dichters das Erha Kohle, als gemeiner, überall in den Reichender Natur
bene nicht im Räume wolmt, so erobern wir auch nicht gefundener, nach Zerstörung durchs Feuer übrig gebliebe
durch daS Verirren ins Ungeheure der Massen das feinste ner Stoff betrachtet werden müsse; die großen Brennspic-
und zarteste aller Wesen, daS Licht. Wir müssen lernen gel haben ihn wirklich verbrannt und in Dunst und Rauch
das Licht von d er Finsterniß zn scheiden; daS aufgelöst. Aus dieser dunkeln , lichtlosen, ganz dem irdi
ist der neue Weg, den wir suchen müssen, um dem Lichte schen zugewandten Kohle hat durch uns unerklärte Kunst
näher und inniger verwandt zn werden. Wie wird uns die Natur den hellleuchtenden glänzenden Stein oder viel
dann der Orionsncbel leuchten, und der Ring in der mehr Krvstall geschaffen, welchen wir den Demant nen
Leyer, und die nebligen Perlen in den Locken der Bcrenice, nen. Sic bat an ihm oder in ihm das Licht wahrhaft
wenn wir vor unser Auge und seine Krpstalllinse noch von der Finsterniß geschieden, das Undurchsich
einen Krnstall stellen, aus dem die Finsterniß geschieden tige, Träge, Unempfindliche in das Wasserklarc, Bewegliche,
ist, ja der, dem Lichte sehnfuchtsvoll verwandt, aus sich Farbenspielende verwandelt. Die Seltenheit dieses Steins
selbst es verstärkt, und Heller, größer den Licktfunken aus zeigt auch die Anstrengung der Natur.
gießt, der aus dem fernen Sterne in ihn gefallen ist. (Die Fortsetzung folgt.)
Wie ist solch seltsames Ding möglich? Wo ist eine
Spur, daß die Natur einem irdischen Körper solche Kraft
verliehen? Wo ist der Körper ? auf welchem Gebirge? wo Das C r o p p y d o r f.
ist die Drufe, in der er eingefchlossen ist, in welcher Tiefe
ist die Perle, auf welcher Blume finden wir die leuchten (Fortsetzung.)
den und verklärenden Tropfen , die uns die Kraft verlei Himmel und Erde schienen in einen Brand aufge
hen, zn scheiden das Finstere von dem Hellen? Wo löst; die Häuser umher glühten vor Hitze; selbst die Steine
finden wir die Spur zu diesem Wunder der unerschöpflich und Felsen schienen den Brand zu thcilcn. Shamn a
reichen Erde? Woher gewinnen wir den Krpstall aller Gows kahles Haupt und Herkniische Schultern wurden mit
Krystalle, den Hellesten unter den hellen? der Asche seines eigenen Hauses bedeckt. Sein Auge stierte
Wollen wir ruhig überlegen, zusammenstellen, was wir auf die Gestalten der bey der Scene thätigen Personen,
schon wisse», und zusammensuchen, was hiczu nahe oder die sich nun deutlich genug unterscheiden ließen. Ihre Sä
ferner förderlich scvn kann, so werden sich schöne und höchst bel, Knöpfe und glatten schwarzen Helme funkelten in dem
gebeimnißreiche Entdeckungen der neuesten Zeit Widerschein deS Feuers, als sie, auf das Kommando ih
anbieten, und an den aufgestellten Gesichtspunkt anreihe». res Kapitäns, nach Zerstörung des Crvppxhauses nach dem
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Berge hin drev Schüsse thaten. Obgleich aber seine Brust an den Ort kam, wo er am Rande des Flüsichens seinen
schwoll und der Schaum der Wut» ihm auf dem Munde Svbn gelassen, warf er einen forschende» Blick aus den
stand, blieb Sbawn stumm, und der kleine Peter wagte Rasen, und seztc sich neben eine zurückgelehnte menschli
nicht ihn anzureden. Andere Gegenstände nahmen jezt che Gestalt, in welcher er den Gegenstand seines Euchens
all seine Aufmerksamkeit in Anspruch. Laut unddurchdrin- zu finden glaubte. Der Schmied sprach kein Wort. Sein
gend, den Lärm der yevmen übertönten», drang nun .5«upt sank auf feine Brust, und er blieb in düstern Kum
das Angstgeschrcv eines ManneS in das Ohr der Lauscher mer versunken. Bevnah im selben Augenblick, wo er
auf dem Hügel, und als sie genau uach einem vollkom- über den Hügel zurückkehrte, langte Sir Thomas Hartlcv
men beleuchteten Platze schauten , sahen sie Saunders auf dem Schauplay des Schreckens an. Von den Fenstern
Srnnlv, wie er eben rüstig in Ausübung seines Amts als seines Schlafgemachs hatte der Baronet die Helle vom
Profos be» der Ballvbrechooncr Neitercv begriffen war. Brande bemerkt und daö Gefchrey der V^rnen vernom
Mit vieler Ostentation schwang er sein Marterinstrument men. Er rief nach seinem Pferd, und im Augenblick hatte
uni den Kopf, und obgleich bev jedem Streiche der Ge: er daö Dorf erreicht.
peinigte ein lautes Geschrey ausstieß , waren die Streiche Als er sich den Trümmern des niedergebrannten Hau
selbst darum kaum weniger vernehmlich. ses nabte , fand er die Ziemen noch immer so beschäftigt,
Sine zwevte Gruppe zog ihre Blicke auf sich. Shawn wie sie Sbawn eben gesehen hatte. Sin Thcil derselbe»
a Gows Wohnung stand allein in dem Dorfe, und in ge umgab einen von der Flamme versengten Dornbusch, an
ringer Entfernung von seiner Tl'üre eine Linde, deren dessen knotigem Stamme Saunders Emvlvs Sedlachtopfer
Stamm ringö mit Bänken umgeben war, auf denen die angebunden war. Das fürchterliche Gefchrep des armen
geselligen Dorfbewohner sich veg sommerlichem Wetter zu Mannes war zu heiser», schwachen Jammcrrönen erstor
setzen pflegten ; dieser Baum stand zwischen unfern Zu ben. Seine Kräfte waren erschöpft von der fvrtgesezten
schauern und der Flamme, und stach finster gegen das Züchtigung; und als er Ibcp jedem neuen streiche daS
brennende Gebäude ab. Drev oder vier Peomen, mit Gesicht über die Schulter kehrte, um dem seines Peini
dem Nucken gegen die Hügel und den Gesichtern gegen die gers zu begegnen, war sein Ausdruck so ian,mervoll.
Flamme gekebrr, so daß ihre Gestalten schwarz erschienen, daß der Rvheste darüber Kälte weinen mögen. Das Herz
waren eifrig damit beschäftigt, mit über die Kopfe erho beö Barvnets war aufs Tiefste verwundet . sein sanfteS
benen Händen etwas in die Höhe zu ziehen. Bey einem GemütK empörte sich bev dem Anblick. Sr schwang sich
zwevten forschenden Blicke entdeckte Shawn, daß eine vom Pferd , griff Smvlp Key der KcKle und rief : ,.Iaßt
menschliche Gestalt in Ungewissen Umrissen, wie die Uni- ab, Schurke! der Mann erträgts nicht länger!" „Ballvtree-
stehenden, nach und nach von dem Boden unter dem Baum bvoner Reiter, die Säbel gezogen!" rief Saunders, er-
sich erhob, bis ihr Kopf bevnake den vorstehenden Ast schreckt durch das Ungestüm und die Heftigkeit des Angrif
berührte, worauf sie in dieser Stellung unbeweglich hän fes, denn er war, die Wahrheit zu sagen, kein großer
gen blieb. Sbawnö Wutb ging in Wahnsinn über, ob Held. Sein Befehl ward befolgt, und Sir Tbomas un
gleich er sich nicht persönlich bev diesem Schauspiel bc- sanft weggeschoben. „Wo ist Suer Kapitän?" fragte dieser,
theiligt fand. Nun crfokne aber ein Vorfall , der seine als daö Schlachtopfer mit einem ängstlichen , flehenden
aufgeregten Gefühle aufs höchste steigerte. Ein donnern Blick auf den Baronet augenblicklich rief : >,Sir Thomas,
der Knall kam von seinem Hause her ; eine Fencrsäule, rettet mich! rettet mich! und laßt mir einen Tropfen Was
schmaler und dichter als die früheren, schoß plötzlich zum ser reichen, ich ersticke!'"
Himmel empor; der Hügel fiel wieder in die frühere (Der Beschluß folgt.)
Finsterniß zurück, und düstere Glut lag auf der Niede
rung. Sine dicke Rauchwolke , mit lichten Funken unter
mengt, stieg aus seiner Wohnung auf. Nachdem aller
brennbare Stoff im Innern verzehrt war, siel endlich das Korrespondenz-Nachrichten.
Dach seiner alten Behausung zusammen. Leipzig, Juli.
„Bev der Asche des heute Nacht vor meinen Augen
niedergebrannten väterlichen Hauses, wvbey ich, ein hei Seit meiner lezten Mitteilung ist l,icr wenig vorgefal
len , was daS größere Publikum intercssiren könnte. Am eilft
matloser Petrler, von dem Hügel zusehen muß, solang ten Mai Körte die zehnjährige T>>eateruntcr»el'munq de« Hofs
uoch eines Oramers Haus Feuer fangen und mein Hauch ratl, Küstner auf. .,CaldcronS Leben ei» Traum" war die
eS anfachen kann , will ich zehen für das eine nieder lczle Vorstellung , auf welche ein, von Mendt gedichteter
brennen !" und von Frau Genast gesprochener Epilog folgte. Die künst
liche Bcmüliung de« Hrn. Devricnt als Sigismund trat
Mit diesem Schwüre stieg er mit Peter Roonev über in dieser Darstellung besonders Iicrvor. Leider war am Tage
dre Spitze des Hügels in daö kleine Thal hinab. Als er dieser Darstellung derjenige, welcher diesen Ei>arokter seit Er
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öffnung der Bühne gab, und besonders den d ckl«m« to Art ein großes Bedürfnis, für jung und alt ist, und durch kein«
xisch cn Theil der Rolle trefflich ausführte, der talentvolle audere von gleicher Allgemeinheit ersczt werden kann.
Künstler Stein, nach mehrwöchentlichemKörperleiden schon cnts (Der Beschluß folgt.)
schluminert, »»d am folgenocu Tage begleiteten ilni seine Freunde
und Kollege» zu seiner Ruhestätte, wo der bisherige Regisseur Berlin, Juni.
der Gesellschaft, Herr von Ziere» einige gefühlvolle poetische (Fortsetzung.)
Worte von W. Gerhard sprach. So wie diese Krankheit Die Direktion des Kdnigsstädter Theaters hat die Klug,
das rezitirte Schauspiel, so störte gegen den Schluß der Vor: hcit gehabt, um die Menge mehr und mehr auf längere Zeit
stcUttngen die Unpäßlichkeit des Tenoristen Höflcr die Oper. von der königl. Bühne zu sich herüberzuziehen, Herr» Haitzin-
Für diese» hatte Hr. Binder aus Prag die Gefälligkeit, meh ger und seine Gemahlin zu scchSwöchentlichen Gastspielen z«
rere Parricen zu übernehme» und zum Tlieil neu einzustudi- engagiren. Zu größerer Sicherheit der Einnahme, und wie
ren; eine Gefälligkeit, welcher wir es allein verdankten, daß es hieß, zur Bequemlichkeit für die fleißigen Theatcrgänger
einige gern gehörte Werke nochmals gegeben werden konnte», wurden Abonnements für diese Gastspiele angeboten. Doch
z. B. „Oberon" und „Bampur." Herr Binder durfte daher wie sind die gutmüthizcn Abonnenten in ihren Erwartungen
in diesen Parlhiec» auf Nachsicht gerechten Anspruch machen, getäuscht Worten ! Viermal wöchentlich traten die Gastspieler
besonders da seine eigentliche Sphäre vermöge seiner Stimme auf, und be« dem kleinen Repertoire des Theaters sind in
und der ihr gegebenen Ausbildung , die des kunstferrigen Zeit von vier Wochen die beliebteren Stücke vier-, fünf: auch
italienischen und leichten französische« Gesanges ist. Diese sechs - und sieben Mal wiederholt worden, und zwar besonders
unsere Ansicht rechtfertigt auch seine Leistung als Georg in Opern, nicht etwa neue, sondern die allbekannten, schon
„der weiße» Dame." Im Ganzen halten wir in den lczten während der Anwesenheit der Sontag zum Ucbcrdruß gehör
Wochen den wehmüthigen Anblick, dieses Theater, mbcht' ich ten Rossinaden , die ^Italienerin in Algier," „Corradinv," so
sagen, hinschwinden zu sehen; denn trotz des Bestrebens wie die franzosischen Opern: „der Schnee," die ,.weiße De»ne '
der besser» Mitglieder, die Darstelluuge» zusammenzuhalten, u. s. f. Die Geduld des Publikums ist bewunderungswürdig.
entstand durch den Drang des täglichen Spiclens in der Messe Herr Haltzingcr ist ei» Sänger eigener Art ; wenn es jetziger
und bcy den Lücken im Personal, so manches Unvorbereitete Zeit Mode geworben ist auf Saiteninstrumenten die mensch?
und Ucbcreille. dag man das Auseinandergehen des Ganzen liche Stimme nachzuahmen , so will er , wie eS scheint . mit
wohl an den Vorstellungen wahrnehmen konnte, was bcy dem Blascinstrumcnten, wie Hoboe und Klarinette, wetteifern. Be
besten Willen der Direktion nicht zu vermeiden war. Nach sonders in den hohen Falsettöuen glaubt man scharfe , mit An
dem Schlüsse der Unternehmung waren noch einigen Mitglie» strengung hervorgestoßene Hoboctbne zu vernclnnc». Verbin-
dern von Seiten des Magistrats Bcnesi^orstcllnngcn gestattet, bungsloS zn springen, einzelne Tdne grell herauszuheben, sie hart
welche durch das ^Wohlwollen des Publikums niiterstüzt wur mit ganzer Stimme anzusingen , und eine große Geschicklich
den , obgleich man wegen des frühere» Abgangs einiger Mit keit und Präzision in dieser Manier ist , wie es uns scheint,
glieder sich mit der. Besetzung der Rotten eben helfen mußte, das Charakteristische iu Herrn Haitzingcrs Gesang. Auch auf
wie man konnte. Unter diesen Vorstellungen war die erste Rouladen hat sich Herr Haivingcr mehr «IS sonst gelegt , und
zum Vorti'eile der bey diesem Theater erkrankten Fran Steinau. ist in den Rossinischcn Musiken so ziemlich zu Hause. Nur
Herr Capus führte, mit Dem. Wagner MüllncrS Lust will uns bedünken , diese ganze Monier »erhalte^sich zum äch
spiel . ..der Blitz," aus , welches dadurch z,„n ersten Mal auf ten brainatischen Gesänge , wie die «ours cl> iure» ge
die Bühne kam. Humor und Leichtigkeit des Spiels fehlt dem schickter Kunstreiter zu vollendeten Pantomimen. Die In
Liebhaber iu dem Grade, alS diese Eigenschaften der genann nigkeit , der Ausdruck des Gefühl« geht bev diesen scharfen
te» Liebhaberin eigen waren, ich sage waren, denn Dem. Tönen, deren Klang mehr erschreckt, in Erstaunen statt in
Wagner hat in diesem Augenblicke schon die Bühne ganz Entzücken sezt, wohl Bewunderung der Keckheit, Kraft und
verlassen, und ist als Gattin des altern der Brüder BröckhauS Anstrengung, aber kein Gefühl in uns rege macht, ganz Verlo
mit diesem in die Schweiz gereist. Von den übrigen Darstel ren. Noch immer klingt uns in den Ohre», mit welch inni
lungen, welche mehr das Mitgefühl als das Gefühl gem Gefühl Herr Haiyingcr im Othello vor zwcu Jahren die
ansprachen, will ich weiter nichts sagen, als baß Frau Streit Worte : ..Othello kannst du lieben," sang; dergleichen Tdne
in der Parthie der Nczia im Obcron (es war dieses die zwey- scheinen dieser Stimme jczt fremder geworben zu sehn. Hr».
un d-vi e rz igst e Vorstellung dieses Werks), noch den ver Haitzingcrs dießmaiiger Gesang kommt uns wie ein Billard
dienten Benfall ihrer Kunstaiisircngimq in hohem Maße er spiel vor ; der geschickte Spieler dreht sich vielfach . wondet
hielt, Einige der vorzüglichsten Mitglieder unserer bisherigen sich hier und dorthin, läßt den Queue oft durch die Hand hin-
Bühne sind nun bcn dem neu vrganisirte» Stadtlheatcr in und hergleitcn; nun kommt endlich ein derber, lauter Mei-
Magdeburg angestellt worden, nnd werde), uns mit diesem sterstoß . mit Erwartung »erfolgt man die rollende Kugel, jezt
Theater als Gäste in nächster Michaelisniesse besuchen ; bis da stößt sie an eine zweure , rollt weiter, stößt an die, dritte .
hin rul't vctt unS die Schauspielkunst, wenn ihr anders die vie endlich laugt sie an. wohin sie sollte. Wir möchten Herrn Hätz:
len Privattdcater, welcke es hier geben soll, diese Ruhe gönnen. ziilger jezt einmal die fließende Melodie einer Mozarts«,?» oder
Im Sommer war hier das H«iS oft den de» Gastdarstclluiigen der Glnckschcn Tenoraric singen hören, wo dergleichen Stöße Ver
besten fremden Künstler leer, da ein großer Theil der wohlhaben stöße sind. Auch ein gewisse« Zittern in der Stimme , wenn
de» Einwohner auf dem Lande lebt oder in Bäder reist, ein nicht ihre ganze Gewalt he> ausbricht, ist uus aufgefallen.
anderer sich der kleinen Gartentheilchen erfreut, i» welche Ganz sonderbar aber nehme» sich die plötzlichen, gleichfalls
große Gärten zerstückelt worden sind, und seine Häuslichkeit floßende» Bewegungen der Arme aus , mit denen der Sänger
gern ins ftreue trägt, ein dritter großer Theil durch die soge seine Hanpttönc sich gleichsam schnell vom Halse schafft, und
nannten Gartenconzerte und andere Lustbarkeiten an die öf sie dem Publikum zustößt. Es müßte piquant sehn , iln, mir
fentlich.',, !7rre n, der Vorstadt und auf dem Lande nelockr Dem. Sontag zusammen zu hören.
wird. Den Sommer über wird also der Mangel dcs2ch'u- (Die Fortsetzung folgt.)
srielS leicht ertragen: im Winter aber müßte er hier sehr
fühlbar seyn, da eine den Seist bildende Unterhaltung dieser
Verlag der I. G. Cor ta'sck'ci! Buchhandlung.
17Z.

M o r g e n b l a t t

gebildete Stände.

o n n a b e n d, 19. Juli 1 8 2 8.

— O Duldung , Vetteittub! sieh, wie mit ThrZn»


Die Menschheit dich u,n Hülfe fleht.
Und >>i?r' d.iö MordHkschrev, da« Rdchel» und das Ctdhnen,
Da« dir die Luft mit Asch' entgegenweht !
Aaupfer.

Da< Croppydvrf« kennt die Folgen davon. Die Mutter, für welche ex so
unbedenklich sein Leben gewagt hatte, saß nun auf dem
(Beschluß.) Boden in seiner Nähe , als er bey Sir Thomas Ankunft
Sir Thomas Frage ward unhöflich beantwortet ; die zum zweyten Mal herabgelassen wurde , um Kapitän Wa-
Männer deuteten jedoch auf die Gruppe unter dem Linden- leyS Fragen zu beantworten. Shawn a Gvw hatte ein Ge
bäum, und dahin eilteer, Kapitän Walev aufzusuchen. schrei) vernommen, als der Liebling der Mutter zum ersten
Hier aber erwartete ihn eine Sttue des höchsten Entsetzens. Mal an dem Baum cmporgezogen wurde; nun aber war
Als er auf den Baum zutrat, wurde die Gestalt, welche die Mutter gänzlich verstummt. Sie saß mit gegen den
Sbaivn a Goiv langsam emporziehcn sah, zum zwepten Mund aufgezogenen Knieen und um sie geschlagenen Ar
Mal halbtodt niedergelassen , damit Kapitän Wale» den men und Händen, mit unstetem, erlvschnem Auge still
krampfhaft verzogenen Lippen des halbentfeelten Schlacht- schweigend da. Es war kein Wunder, daß die Besinnung
ovfers Bekenntnisse über eine Verschwörung und über den bey solchem Anblick sie gänzlich verließ. Kapitän Walcy
Ort abdringen könne, wohin sein Vater so eben entflohen war gerade in einer kritischen Untersuchung der verzerr
war. Denn es war nicht sein Sohn, an dessen Seite sich ten Gesichtszüge des jungen Menschen begriffen , um sich
der Schmied bey seiner Rückkehr, wie er mevnte, nieder- zu überzeugen, ob so viel Lebenskraft zurückgekehrt sev,
gesezt hatte. . daß er sich von Neuem mit Fragen an den Unglücklichen
Als sich der Junge am Flüßchen in dem Tbale allein wenden könne. „Er ist nun, glaub' ich, im Ernste hin,
sah , hatte er sich umgesehen, um seine Mutter zu begrüs« Herr Kapitän," sagte einer der Männer, wöbe» ein
sen, sie aber nirgends gefunden. Sr trat nun unter die Anflug von Unruhe sich in das grimmige Lächeln mischte,
Gruppen der zitternden Dorfleute und erkundigte sich nach womit er diese Worte begleitete. „Pah !" war die Ant
ihr. Sie sagten ihm, seine Mutter sc» nach dem Hause wort des Kapitäns, „die Croxxy's haben ein Katzenle-
zurückgekehrt, um einige wichtige Papiere in Sicherheit den ; man kann sie nicht so leichten Kaufs ans der Welt
zu bringen. Des Vaters Befehl, seine Rückkehr zu er schaffen."
warten, nicht gehorchend, oder sich desselben nicht mehr Sr hatte richtig geurtheilt. Der Busen des jungen
erinnernd, rannte der zärtliche, geängstigte Sohn den Weg Menschen begann sich konvulsivisch zu heben ; seine Glie
zurück, den sie alle gekommen waren, um seine Mutter zu der zitterten, als das Leben zurückkehrte, ein langer Seuf
suchen. Bevm ersten Schritt aber, den er in daS Dorf zer erfolgte , und als er an den Baum gelehnt wurde, öff
sezte, fiel er den Reitern in die Hände, und der Leser neten sich langsam und mit dem Ausdrucke des Schmerzes
6yo
seine Augen und stierten wild und verstört umher, als ob schien, sie von einander zu trennen, und Beyde sielen
ihnen bey jedem Blicke furchtbare Gesichter erschienen. In zur Erde.
diesem Augenblicke trat Sir Thomas unter die Gruppe. „Sehen Sieher, Kapitän Waley, und haben Sie
„Guter Gott, Kapitän Waley!" rief er zurückbebend; Erbarmen!" sprach Sir Thomas, indem ihm Thränen
„durch solche Mittel wollen Sic das unglückliche Volk zu über die Wangen rollten. „Ich geh' nicht vom Platze, bis
seiner Pflicht zurückführen?" — „Ich habe Ihren Rath dem Hund von Croppv sein Recht widerfahren ist !" ent
nicht verlangt, Sir Thomas," entgegnete unwillig der gegnete Waley ; „reißt sie von einander!" — „Werste an
Kapitän ; „kehren Sie vor Ihrer Thüre ; ich sagte Ihnen rührt, muß über mich wcgfchreiten!" sprach Sir Thomas,
schon früher, daß Sie genug zu thun haben werden." — indem er vor die auf der Erde liegende Mutter mit ihrem
„Allerdings geht mich die Sache an, geht Jeden an, der Sohn trat.
Ansprüche an Menschlichkeit, macht, oder das Landvolk sei Die Hände der Kannibalen hatten ihn jedoch bald weg
ner Heimath den Gesetzen unterthan und seinem Könige gerissen, und andere die unglückliche Mutter ergriffen.
getreu zu sehen wünscht; aber Sie, Kapitän Wale», Sie Sie kämpfte verzweiflungsvoll und schrie noch weit furcht
zwingen es zu grausamer Wiedervergcltung." — „Zum barer als früher. Plötzlich wurde mit wüthcmdem Gebrüll
Teufel, Sir, wollen Sie uns drohen?" — „Nein, ich vom Hügel geantwortet.
bemerke Ihnen blos, was die natürlichen Folgen solcher „Hören Sie's, Herr Kapitän?" fragte Saunders;
Auftritte und Maßregeln seyn werden, und erkläre, daß „da kommen sie unö schon übern HalH!" —^ „So sizr
solche Scenen und Maßregeln , wie ich sie hier sehe, hin denn auf!" sprach der Kapitän, sich in den Sattel schwin
reichend sind, unsere ganze Grafschaft zum Aufstände zu gend, und die Baltybreenhooner Reiterep war im Augen«
treiben." — „Oho! Sie wollen die ganze Grafschaft blick aus dem Dorfe verschwunden.
gegen uns aufbieten, wollen Sie, Sir Thomas? Merkt
euch das, ihr Leute, er verspricht einen Aufstand in der
ganzen Werforder Grafschaft." Ucbcr die Scheidung des Lichts von der Finsicrniß.
Als Sir Thomas sich unwillig auf der Ferse umkehrte,
rannte Saunders Smylp, die Peitsche in der Hand, auf ' .. '/ ^ - (Fortsetzung.)
Kapitän Waley zn. Somit habe ick in der Natur ein Beyspiel gezeigt,
„Gut, Saunders, gesteht der Hund von Croppv end wie aus sich selbst das Dunkle durch ihre Kunst ein Helles
lich?" — „Ja, wenn Sw. Gnaden erlauben," antwortete wird. Ich will nun als zwevtes Beyspiel die Beobachtung
derProfos, indem er, zum Zeichen der Ehrfurcht, mit eines uns unvergeßlichen Naturforschers, des edcln Fraun
seinem Marterwerkzeug die Spitze seines Helms berührte, hofers anführen, womit er uns wirklich in den Farben
„ich will's aber Sw. Gnaden in's Lhr sagen." — „Der des Sonnenbildes die hellen Bilder von de»
Teufel, das wäre! Aha! wüßt' ich doch, daß hier was im dunkeln geschieden hat. Seit der Regenbogen am
Werke war! Tausend Mann stark, sagst du, werden sie Himmel erschienen ist, hat des Menschen Lehre vom Licht
gegen uns ziehen? Hol mich der — , ich will sie wie keinen größer« Triumph gefeyert als in dieser Enrdek«
Schafe auseinander jagen!" — „Aber min in die Garni kung Fraunhofers ; es gibt auch nach dem Zeugnisse aller,
son, Ew. Gnaden, bis der Tag anbricht." — „Ja, Saun denen der edle Mann diese Erscheinungen wieö, nichts
ders ; Ballybreehooner Reiter , haltet euch zum Aufbruch Zarteres und Uebcrraschendcres. Um sö mehr wird ein«
bereit!" Alle eilten, zu ihren Pferden. „.Knüpft jedoch beschreibende Andeutung derselben , welche ich hier mir«
den jungen Nebellen wieder auf, ich will ihn lehnen, wie theile, in ihrer Unvollkommenheit nur als ein ganz schwa«
man Geheimnisse verschweigt." — „Bey dem allmächti cheS Nachbild betrachtet werden. Die sieben Farben des
gen Gott," rief der junge Mensch, «IS sie sich anschickten, Regenboaens vom Blauen bis zum hellen Gelb und dem
den Befehl des Kapitäns zn vollstrecken, „bethcnrc ich, brennenden Roth, das mildernde und versöhnende Grün
daß ich nichts von den Croppvgefchichtcn wußte. Ihr soll in der Mitte, hat unser Physiker einzeln in ihrem Innern
tet Euch erinnern, Herr Kapitän, daß ich nichts wissen betrachtet; mit einem vergrößernden Fernrohr hat er sie
konnte ; ich war in der Schule mit Eurem Sohn." Der unmittelbar, wie sie aus der Sonne dnrchetnen Glastropsen
Ton seiner Stimme wirkte wie ein elektrischer Schlag auf oder einen Thcil solch eines vergrößerten Tropfens in das
das Gemüth seiner Mutter. Mit einem langen, durch selbe und von da in sein Ange sielen, untersucht. Tau
bringenden Schrev sprang sie auf, stürzte auf ihren Sohn sende und wieder Taufende vor ihm habe» von ihrer ersten
zu , hielt sein Haupt mit ihren Händen , und blickte ihm Kindheit «IS Spiel, nnd als Erperiment in reifcrn Job»
voll Sehnsucht ins Angesicht. Dann schrie sie noch ein ren, in der dunkeln Kammer dieß farbige, ansstra»
mal so furchtbar auf, daß der Hügel widerklang, und lende, jczt nicht mehr rnnde, sondern lang sich ansgies«
schloß den Sohn so fest in ihre Arme, daß es unmöglich sende Sonncnbitd betrachtet, ehe unser Fraunhofer «if
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den Gedanken kam, dasselbe durch ein Fernrohr in sein selbst zu verdunkeln ; ein Licht unsichtbar zu machen, gleich
Auge zu führen, sein Inneres gleichsam durch Vergröße sam zu verfinstern, dem man gerade srev inS Äuge
rung aufzuschließen. Hier sähe er nun d s, wovon wir sieht; eine blühende und anniutbia erleuchtete Landschaft
eben reden, daß in diesen Farben das Licht und das mit einem Küstern Flor zu überziehen, während man
Dunkle auf eine Erstaunen erregende Weise sich gcschie- in ihre Betrachtung sich verliert. Das klingt nicht blos
den haben. Vollkommen dunkle, schwarze Bilder und Li wie ein Räthsel, eS klingt wie Zaubere?, wie wenn
nien (wenn man nur eine Linie der Sonnenscheibe betrach man von den griechischen Heren erzäblt , daß sie den
tet) sind in diesem farbigen Bild in seiner ganzen Lange Mondschein vom Himmel berlintergestohlen haben. Ein
gezogen und liegen neben dem hellsten Licht. Diese schwar Franzose, ei» Mitglied des ehemaligen cgvxtischcn Jnsti-
zen Linien sind mehr oder weniger gedrängt, breit, dun tuts zu (?airo, Malus mit Namen, der nach der Rück
kel, von dem feinsten Faden bis zu der breiter» Linie, da kehr aus Egvxten zu früh deö LichtS beraubt und in das
her daö dunkle Violett feinen Rcichthum an Finsterniß Reich der Schatten abgerufen wurde, hat dieses Rärhsel
erhalten hat. Es herrscht aber eine gewisse Regelmäßig gelöst, diese Saubere? uns gelehrt, und olme großen Äp»
keit unter diesen schwarzen Linien, und Fraunhofer konnte parat und Aufwand von Mitteln diese künstliche Nacht
nach Gesehen ihre Distanzen messen. Nun wird mit mir hervorgebracht.
Jeder übereinstimmen , wenn ich den Schluß mache oder (Der Beschluß folgt.)
die Frage anfwerfe : Wie hier, vermischt und neben das
Licht gereiht, dieFinstcrnißfich ausgeschieden
hat, warum sollte es nicht auch gelingen, warum sollte Ko rrespond enz-N ach richten.
es nicht auch möglich sevn, diese Scheidung noch vollstän
Leipzig. Juli.
diger zu machen, zu bewirken, daß mit unsrer Hülfe das (Beschluß.)
Licht in der Mitte etwa seine Kraft sammelte und das Von den musikalischen Virtuosen, die sich seit
Dunkle wie ein Saum es umgäbe ? mit der Nacht neben jener Zeit bev uns Kaden boren lasse», sind noch zu nenne», der
siel' wurde es nach Uebcrwindung der Finsterniß um so Hel Violinist auf dem Conirebaß, Handle von Wie», der Pi.u
ler leuchten. nofortespicler Pro m berger, der nochmals mit dem von sei-
Sine noch auffallendere Erscheinung hat uns Scebeck nein Vater erfundenen Slavierinflruuicntc Sirmion auftrat.
Lezteres hat durch seine bequeme Form vielen Bcpfall gesun
in Berlin, der große Srverimentator, kennen gelernt, eine den, obgleich diese sich schwerlich mit einer vollkommene« Gleich
Erscheinung, bev welcher in der Thal Licht aus der heit der Töne vertrage» möchte, doch ist daö Mögliche gclci«
Finsterniß hervorgerufen wird. Freude und ein Gefühl stet worden. Nach Psingstc» trat der an mcl'rcrcn Orlen
von aufgeschlossener Begriffswelt bewegen wechselnd das bewunderte Knabe W drliger, in einem am Zgsten Mai gc,
«ebenen Konzerte auf. Seine Bravour erregt Erstaunen ; sein
Gemüth dessen, welcher diesem Räthscl das Auge zugewen- Eifer für Musik ist groß, und so ist hoffentlich „ia,r zu befürch
det hat. Es ist aber eine Reihe von Künstlichkei te», ten, daß seine Vravour den Geis, ersticke» werde, wie eS zu
die nur durch außerordentliche Bcobachtungskunst allmäh- weilen gcschiel't. An der Vechta kadcmie. welche Mad. B>, jo-
ljg in die Gewalt des Menschen kamen. Es geht hiebe«, lini gab, scheint der ?I„thcil nicht groß gewesen zu jevn;
mebr fand sein Publikum der bekannte Deklamator vonSvdow,
was man wohl nie vergessen sollte, wie bev allem, was uns Mit sogenannten pivsikalischen Darstellungen ist Leipzig seit
oft höchst einfach und ganz verständlich erscheint; eS ist einiger Zeit fast überschwemmt worden. Gcwöl'iilich lassen
doch mur das Ergebniß großer, zusammcngesezter, fortgesez- sich die Herrn, welche solche Wunberkünste treiven , durch ii're
ter Bestrebungen, und höchst vervielfältigten Nachdenkens. gulen Freunde in den Tageblättern recht dringend bitte» , ih«
nen den einzigen Kunstgenuß bald zu verschaffen . oder
Der wahre Versuch deö Physikers, der den Nagel, wie so oft wie möglich zu wiederholen; darunicr wird A bis V
man sagt, auf den Kopf trifft, kommt erst spät und «nd Z. unterzeisinct. Da« Publikum liest das mii »ngcmci,
viele irrige und verwirrende sind vorangegangen; che nein Respekt, mid läßt sein Geld in blauem Dunst aufgehen.
Kepxler das wahre Geheimniß der Planeten aussprach, Von lilerorischeu Novitäten mochte Friedrich Ä n c i 1 1 0 n S
Werl: „zur Vcrnuitluug der Srtreme' (l Tl?l. Geschichte
gingen viele wunderliche Träume über die Erde als den und Poliiik). bev Dunkcr i» Berlin erschiene», und dcS un-
Mittelpunkt der Welt, über die Vollkommenheit der vergeßlichen T , sch i r u e rs B r i c fe an die Herrn Chateau
Kreislinie, über die ewige Unruhe deö Himmels voraus. briand, de lo Me»naiS „nd Montlosscr über Gegenstände der
So war eS auch hier; zuerst mußte eine künstliche Religion und Politik, ein Nachlaß, von Krug heraus?
gegeben, vorzüglich zu cmpsehlc» sc«». Der erfahrene und
Nacht hervorgebracht werden. Ah, höre ich sagen, das denkende Ver,f>'sscr dcS ersten Werks würdigt die sich entgegen-
ist gar keine Kunst , daö sehen wir alle Tage im Schau stehenden Ansichten über die wichtigsten Gegenstände ccr Poli
spielhaus?, unb Jeder kann es zu Haus in seinem Käm tik und Geschichte, die jezt vorherrschend zur Sprache kein«
merlein haben, wenn er die Laden zuschließt. Wohl! mc». Der Verfasser de« jwe«en kämpft fte« und würdig ge
gen illiberale Versuche. Uuter den UntcrhaUungSsciniflcn
aber hier ist von einer ganz andern künstlichen Nackt die wird der Jude von Spinolcr . eine Schilderung voll kräftiger
Rede; hier ist die Aufgabe, den Tag am hellen Tage Frische und Anschaulichkeit, sehr gelesen ; ferner verdiene» Fr.
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Mosengeilt drey Freunde auf Reisen , Srzäk'lnngen und sterbende Mutt« . Nuge Kinder , die Not« und das Nothrecht
kleine heitere Mußestunden enthaltend, so wie dessen Reisege der Armuth gegen die Unbilligkeit und die Harte des Gesetzes
fährten , wovon kürzlich der dritte Theil erschiene» ist, Auf auf die Bühne zu bringen , und so natürlich darstellen zu las,
merksamkeit, von Gedichten Gerhard« Wila. Die bey scn, als ständen wir außer dem Theater vor solcher Roth,
Glcdirsch erscheinende große Eucyklvpädie wird von vor so liebenden, klugen Kinder» , klagenden Bräuten und ster
Grober und dessen Gehülst» fleißig fvrtgesezt. An dem bende« oder gestorbene» Müttern. Vo» dieser Art ist auch der
vollständigen Handbuche der neue» musikalischen Literatur wird Stoff im Waldfrevel. Ei» armer ^Baucr, durch die lange
fleißig gedruckt. Krankheit und den Tod seiner Frau verschuldet , hat Forderun
Der durch seinen Vampyr Aufsehen erregende Musikdirek gen an das Forstamt ; sie sind gültig, doch wegen der Saumse
tor Marschner, von welchem wir hier kürzlich in der Kirche ligkeit oder deö bösen Willens der Beamten kann er sie nicht ein
eine geistvolle Messe hörten , hat neulich zwey Sonaten (bev treiben. Früher ei» tapfer« Soldat , überhaupt wilden Ge-
Hofmeister und bey Wliistling) herausgegeben , die sein man« müths, beschließt er, aufs Aeußerste gebracht, sich selbst Recyt
nigfaltigcs Talent beurkunden. Der Klavierauszug vom Vam- zu verschaffen. Er geht in den Forst, und fängt an sich eine
pyr ist nun vollständig, von ihm selbst gearbeitet, bey Hofmei Eiche zu fällen, als ein Wilddieb naht, der dem Oberförster
ster erschiene». auf den Dienst lauert. Der Bauer versteckt sich , der Oberför
L. Tieck, welcher kürzlich durch Leipzig nach Baden-Baden ster kommt, der Wilddieb legt an , will losbrenncn , der Bauer
reiste, und dem Dichtergreise GoetKe in Weimar Jery unbBätely aber rettet dem Oberförster , der ohne ihn vom Schuß deS Die
vorgelesen hat , läßt eine kleine Novelle, „das Fest zu Kenil- bes sogleich tvdt wäre niedergestreckt worden, das Leben. Wie
Worth," als Einleitung zu seinem Dichterleben drucken, worin bankbar bezeigt sich der Gerettete! doch nun erblickt er die halb
Shakespeare als Knabe die Hauptrolle spielt. schon gefällte Eiche, und die Axt in der Hand feines Retter«,
er fragt , er forscht , der Bauer gesteht keck feine Schuld und
wirb verhaftet , denn der Oberförster bat. fein Amt erlialten,
Berlin, Juni. un> niit höchster Strenge gegen alle Holzdiebcrey nnd jegliche«
Waldfrevel zu verfahren, weil die köuigl. Forsten unker feinem
(Fortsetzung.) Vorgänger fast gänzlich waren zu Grunde gerichtet worden.
Madame Neumann-Haiginger ist im Ganzen auf dem (Die Fortsetzung folgt.)
Punkte stehen geblieben, auf welchem sie früher stand , und da
andere Berliner Berichte wcitläuftiger ihre Gastspiele bespre-
che« werden, können wir darüber schweigen, und statt dessen
von einigen Stücke» , in deuen die Gastspieleriu auftrat , res Auflösung desRäthsel« w Nro. 167:
den. Referent>sah Mad. Neumann zuerst im „Waldfrevel," Pulver.
einem dreyaktigen Schauspiele von L. Robert. Man kann
sich das Erscheinen dieses DramaS auf der Königstädter Bühne
nur aus psychologischen Gründen erkläre». Es gibt Schrift
steller, welche au ihrer Zeit Seiten auffassen, deren Darstellung Homvnymen-Spiel.
bey dein größeren deutschen Publikum kein Interesse erregen kann, WaS Kraft und Saft hat, Leben, Fleisch und Bei«,
weil es Seiten sind , zu bereu Auffassung eine Bildung gehört, Durchdring' ich innerlich mit Kraft und Leben;
wie sie unserem jetzigen Publikum im Allgemeine« abgeht. Zwar selbst ein nichtig Ding und eitel Schein,
Feine Situationen, epigrammatische Spitzen , Stiche und Hiebe Gebraucht zum Spiel und Tändele»'«,
gegen einzelne Erscheinungen der Zeit » die nicht Zeder kennt, Enthalt ich Silber doch und Gold daneben.
woran wenige Tlieil nehmen , lassen die Menge kalt ; und den
noch scheint dieß die Sphäre zu seyn , in welcher Herr Robert Oer Sara gleich ich schier.
sich am freysten als Meister bewegt. Er faßt nicht , wie etwa Wenn diese dich crgözt;
Schiller cS that, die Grundinteresscn , die seine Zeit, oder Wer auf mir sizt, ist auf den Sand gesezt.
solche auf, welche alle Zeiten beweg«,. Rur in der Macht der Eins ab: o, welchen Namen nenn' ich dir!
Werkältnisse hat er durchgreifendere Verhältnisse dargestellt, Seht hoch zu Roß mich sitzen.
und dicß Trauerspiel hat nun auch durch lange Jahre durchge Das Racheschwert, das Schwert der Cherubim
griffen. Der Widerspruch in der Stellung solches Schriftstel Durch Nacht und Tob in meiner Hand erblitzen!
lers ist, daß er der Natur seiner Werke nach nur auf den Wie saust im Heilgen Sturme das Panier!
Benfall eines kleineren Kreises verwandter Geister Anspruch Und über ilnn
machen kann , und dennoch das innere Bcdürftiiß hat, sich am Schweben die lichten Engel.
allgemeinen Bcyfall deS Publikums zu erwärmen , zu «kräfti Wie Schmetterlinge um den Lilicnstengel.
gen , um mit gutem Mutl, die schwere Balm befriedigt weiter
durchlaufen zu können. Heinrich von Kleist hat sich in ähnli Gelöst ist dieses Siegel;
chem Falle befunden , obschon in anderen Richtungen als L. Nun sezt daS Abgeschnittne wieder bey ^
Robert befangen. Wie eS scheint, kcnnt der Verfasser des Und dreht mich um, was zeigt der Zaubirsviegel?
Waldfrevels seine Lage sehr genau, und hat uu» auch einmal Ich biet' euch dar, zu Nutz. Liebhabe«»,
dem Königstäbrer Publikum und sich fast wider Willen und Kurzweil und Putz, ei» buntes Allerlei).
bessere Einsicht einen Gefallen gethan; dem Publikum den
Gefalle», zu liefern, waS allgemein gefällt, sich de» Gefallen, be Doch, wißt ibr, wo mir blüht der rechte Mai?
klatscht zu werden und allgemein zu gefallen. Dieser Zweck, Dreht den Guckkasten um, «ins hinten bev:
kann man sagen, ist erfüllt. Das einfache Mittel kennen viele, Wo tausend Köpf' sich drebn in enger Presse,
doch seit Kvycbuc ist cS in. Ganzen etwas verbraucht. Es be Siagt stolz und reich mein Altar in der Messe.
steht darin, alles was uns zu Hause rührt und bewegt, eine

Verlag der I. G. Cotta'schen Buchhandlung.


174.

M o r g e n b l a t t

f ü r

gebildete Stände.

Montag, 21. Juli i 8 2 8.

Die Waffen weg, daß sie kein Leib sich chun!


W. Scott.

Eine Unterhandlung mit Indianern in Südamerika. hatten. Die Kriegsübungen wmchen auf diese Weise bis
gegen Mittag fortgesezt.
Um ackt UKr Morgens im September igt« näherten Nachdem dieses Vorspiel vorüber war, schritt ma»
ftch die Kaziken der Ebene vor dem Fort San CarloS am zur Uuterredun^auf dem Erercierxlay , wohin der So»
Flusse Diamante, im vollen Gepränge wilder Völker, ein verneur des Forts einen mir dem Sltartuche der Kapelle
jeder an der Spitze seiner Krieger, die Weiber und Kin bedeckten Tisch hatte stellen lassen, so wie Bänke für die
der im Nachtrab. Die Männer trugen ihr langes Haar Kaziken nnd Kriegshauptlcute, welche allein zur Konferenz
ganz frey, ihre vom Gürtel nach oben zu nackten Körper nilt dem General zugelassen wurden. Die Indianer hiel
w,iren mit mancherlei) Farben bemalt. Auch ihre Pferde ten außerhalb deö Fortö zu Pferde und warteten, bis
waren gleich den Männern wie für einen Krieqszug ge daS Resultat bekannt würde. Die Häuptlinge sezten sich
schmückt. Vor jedem Kaziken ritt ein HauK Reiter von den nach dein Alter. Der General, der Gouverneur und der
Patrioten, welche General San Martin ihnen entgegen Dolmetscher ließen sich auf die Bank oben an dem Tische
geschickt hatte, nnd die ein unregelmäßiges blindes nieder. Der General ließ ihnen aus Höflichkeit eine»
Feuer mit ihren Pistolen unterhalten mußten, eine Ehren- Trunk anbieten ; dieß lehnten sie aber alle ab, weil, wenn
bezengung, welche die Indianer den Christen, zu denen sie einmal getrunken , ihre Köpfe nicht mehr für Geschäfte
sie sich begeben , niemals erlassen. Als die Stamme auf taugen würden. Der Dolmetscher, Pater Julian, ein
der Ebene angelangt waren, stellten sich die Weiber und Franziskaner , hielt nun eine Rede. Er erinnerte sie an
Kinder, immer noch zu Pferde, auf einer Leite auf, und das gute Vernehmen , welches zwischen den Pchuenche-Jn-
die Krieger eineS Stammes singen ein Scheingefecht an, dianern und dem Obergeneral bestanden habe ; dieser rechne
wobep sie die erstaunlichsten Bewegungen mit ihren Pfer vertrauensvoll auf die Fortdauer desselben und lade sie zu
den ausführten«. Wädrend dieses Schauspiels wurde alle einem feverlichcn Palaver ein, um ihnen seine Achtung
sechs Minuten im Fort eine Kanone abgefeuert, und jedes durch Getränke und andere Geschenke zu bezeigen und sie
Mal von deu Indianern mit einem fürchterlichen Lärm, zu bitten, die Armee der Patrioten durch ihr Gebiet zie
wobep sie sich auss Maul schlugen, beantwortet. Nach hen zu lassen, damit sie die Spanier angreifen könnten,
dem diese Art von Turnier ungefähr eine Viertelstunde welche .>remdli»qc im i.'ande sencn, und deren Absicht es
gedatiert, stellte sich der Stamm bev den Weibern nnd sev, ihnen ihre Weiden zu nehme« ^ ihr Vieh zu rauben
Kinder» auf und blieb als Zuschauer zu Pferde sitzen, bis und ihre Weiber und Kinder davon zu führen. Eine Tod-
alle übrigen Stämme gleichfalls ihre Geschicklichkeit gezeigt tenstille erfolgte; es war ein auffallender Anblick, diese
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bemalten Wilden eine Viertelstunde lang in tiefes Nach Körper, der auch zu der Verwandtschaft der Spiegel ge
denken versunken dasitzen zu sehen. Sndlich brach der öl- hört, war der Vermittler; das Fr au eng las, zwischen
teste Kazike, Namens Nimonvamu, das Stillschweigen. die bevden Spiegel gehalten, zerstört den Zauber und die
Cr war beynahe achtzig Jahre alt, sein Haar war schnee Nacht, und man erblickt wieder im zwevrcn Spiegel hell
weiß und sein Ansehen äußerst ehrwürdig. Cr wandte sich den Gegenstand, wie er sich im erste» Spiegel abmalt;
an die übrigen Häupter und fragte sie, ob der von den Farben kommen hier hervor, liebliche Spiele von Figuren,
Christen gemachte Vorschlag anzunehmen sey. Sin Jeder deren Beschreibung zu unvollkommen wäre, als daß ich
sagte jezt seine Mevnung mit der größten Ruhe und ohne damit die Lust der Leser , dieses Schauspiels selbst einmal
die geringste Unterbrechung oder irgend ein Zeichen der zu genießen, stören möchte.
Ungeduld von Seiten der Uebrigen. Nachdem sie über die Was lernen wir daraus, wohin führts? Kehren wir
zu gebende Antwort übereingekommen, wandte sich Ni zurück auf unfern Ausgangspunkt. Wir wollen das Licht
monvamu wieder an den General und machte ihm bekannt, scheiden von der Finsterniß ; wir suchen für unsere Stern-
daß die Kaziken, mit Ausnahme von drcyen, bereit seyen, scher Brillen, die das L i ch t h ell er zeigen, die Nacht
sein Gesuch zu bewilligen. Hierauf erhoben sich alle, aus aufklären; wir suchen aus der Dämmerung, in der
ser den genannten dreycn, von ihren Sitzen und umarm wir uns befinden, herauszukommen. Wenn ein überir
ten den General zum Zeichen ihrer Aufrichtigkeit. Auch discher Naturforscher als reisender Gelehrter die verschie
begab sich einer der Kaziken sogleich hinaus und meldete denen Himmelsräume durchwanderte, und die verschiede
de» Kriegern , daß die gemachten Vorschläge annehmbar nen Bewohner derselben nach menschlicher Weise unserer
und angenommen sepen. Sogleich sattelten sie ab und Zoologen und Botaniker ordnen und eintheilcn sollte , «
ließen ihre Pferde auf die Weide laufen. Dann gaben sie würbe sie nach ihrer Verwandtschaft zum Licht eintheilcn.
ihre Waffen, Lanzen, Beile und Messer ab, damit sie Ich fand sie, würde er sagen, einige lebend in der Nacht,
bis nach dem Gelage, welches immer einer indischen Un einfache, gemäßigte, ruhige Geschöpfe; der Himmel er
terhaltung folgt, aufbewahrt würden. Die freywillige Ue- scheint ihnen nur als ein freundlich dunkler Baldachin, mit
berlieferung ihrer Waffen in die Hände ihrer Feinde ist hellen Punkten gleichsam geziert. Im Licht wohnen an
ein eigener Zug in dem Charakter der Indianer; der Zweck dere, es ist ihre Nahrung und ihr innigstes Bedürfnis) ;
babey ist, das Blutvergießen untereinander zu verhindern, sie sind in höchst verschiedenen Wohnplätzen vcrtheilt, aber
das in der schrecklichen Trunkenheit erfolgen könnte, wel glückliche und reine Wesen. Andere , von der Natur der
che immer ein Palaver begleitet. Die Korgfalt der Wei Menschen, wohnen in der Dämmerung, mühebeladene
ber, bey solchen Gelegenheiten die Waffen zu entfernen, ist Wesen, Amphibien des Tags und der Nacht; in ewigem
höchst lobenswürdig. Bestreben und Drängen nach Licht matten sie sich ab und
(Der Beschluß folgt.) quälen sich, und sind dieser nie erlöschenden Unruhe über
liefert. T>aS wollen wir nicht glauben ; und eben weil wir
im Vorhergehenden so merkwürdige Erscheinungen und
räthselhofte Dinge gesehen, ist unsere Hoffnung zur Lö
Ucbcr die Scheidung des LichtS von der Finsterniß. sung noch größerer Räthsel größer geworden. Sind denn
wirklich alle Körper Kinder der Finsterniß , Feinde des
(Beschluß.) Lichts? Sollten wir nicht auch unter dem Ueberflnß der
Malus bringt blos zwey Spiegel in der gehörigen Natur welche finden , die dem Reiche des Lichts zugehör-.
Lage gegeneinander ; ein Bild oder ein Licht fällt zuerst ten, aus denen ivir, eben so wie wir aus der Luft das
auf den ersten Spiegel und dann auf den zwcyten und von Feuer locken, das Licht hervorrufen könnten; Körper, die
diesem ins Auge ; dieses sieht also im zweyten Spiegel ein reichlich ihnen inwolmendes Licht vermählen mit dem
den ersten sammt dem sich darin abspiegelnden Gegenstand. spärlichen ihnen sich nähernden, die uns das Heller machen,
In gewissen Stellungen verschwindet nun aber alles Licht; was die gemeinen Körper trüben, die nach Art der
allmZhlig,bis die wahre Stellung durch Drehung der Spiegel Kohle, welche durch Wärme glühend wird, durch Licht leuch
erreicht ist, wird es immer düsterer und dunkler ; das Licht tend und durchsichtig werden ? Diese mi'issen wir suchen,
einer Kerze, eines Sterns, ja ich glaube wohl auch das dieser bedürfen wir; solche müssen wir veredeln, um un
Sonnenlicht, in solch künstlichem Doppelspiegel betrachtet, sere Augen zu stärken, und den unendlichen Schauplatz,
verschwindet. Betrachtet man eine Landschaft auf auf den wir gestellt sind, zu erschauen. Gewiß, daS Licht
diese Art in der gehörigen Stellung, so erscheint sie ist ein uns freundliches Wefen , es wohnt gerne bey uns,
immer trüber und dunkler. Das ist die künstliche aus tausend Quellen rieselt es für uns, wie die Natur
Nacht. Aus dieser künstlichen Nacht nun bat Seebeck forscher lehren. Im Auge trägts das gemeine HauSthier,
Licht hervorgerufen ; nicht er, sondern einer der feinsten die Katze, und Funken erfreuen den Menschen aus de»
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Haaren dieses kleinen Tiegers. Aus den Sümpfen höhlt Ader das richtend, Maaß, der beseelende Spiegel von
sich's der Irrwisch, um bey feinen nächtlichen Tänzen Fak- Allem,
kelschein zu haben, und die Blumen senden des Nachts Bleibe dir, Mensch, in dem All ewig am nächsten, der
Mensch!
einander gleichsam leuchtende Küsse zu, im Angesichte der
G. Zimmermann.
funkelnden Sterne , die sich selbst in der Spiegelfläche des
Meeres beschauen, und von da ihre Scheinbilder weiter
senden.
Korrespondenz-Nachrichten.
Welch ein drückendes Gefühl von Beschränktheit, welch
trüber Unmuth über getäuschte Hoffnung müßte den Men London, Juli.
sche» foltern , wenn er zur Gewißheit käme , n i ch t d i t Vor einigen Tagen senerten der Herzog und die-Herzogin
Nacht scy feinFeind, fondern daS Licht selbst, von St. Alban« den ersten JaKre«tag ihrer Vermählung durch
das Weltall sey für ihn verschlossen, weil das von allen ei» glänzende« Fest , wobey zwep kdniql. Prinzen und die Er»
slen vom Adel zugegen waren. Der Herzog machte seiner
Seiten regellos umherdämmernde Licht ihm die rei dicken alten Frau ein Geschenk mir einem silbernen Qbsttbrb-
nen Bilder aus der Tiefe des Himmels verfinstere und chen von kbslliitier Arbeit, woraus eine Speckstire abgebildet
gleichsam in Nebel hülle ; das Licht habe ihn täuschend ge «ar, mit der Inschrift:
lockt in die fernen Räume der Sterne, und dort ihm ln I«?» conoubi»! loemeck to liv« «nck I»»t,
noch wunderbarere Gestalten zu zeigen versprochen und vor Vtii» ^!st e»eor6» » Klints»! l««Iv« »ovtk p««t
>V« cl«in» Iben, boickizs el«in>, ike LiicK, vuu»»«,
gespiegelt , und nun stehe er vor einem aus duftigem Licht ?>e»l «s luv bl«5t, «I>o Keev tk» »«ekiiH« vo».
gewebten Vorhang, hinter welchem er nichts mehr sehe,
als verworrene und verwehte Gestalten? So ist es wirk (Diese Gabe, zum Prei« ehelicher Liebe »nb is'rer Dauer, beur
kundet ein selig hingebrachte« Iabr. Wir fordern also kül'ii»
lich; mit dieser Ucberzeugung schied vom Schauplatz die Dunmvw, deine Speckseite . die ersten Glücklichen, so da« EKe-
ser sichtbaren Welt der größeste, von den günstigsten Ster gelübde erfüllt,. Bekanntlich besteht »änilich zu Dunmow
nen beglückte Seher des unendlichen Raums, Wilhelm eine alte Stiftung , roornach solche glückliche Leutchen auf eine
Hcrschcl; er sprach eS aus, doch nicht entmuthigt, weil Speckseite Anspruch machen, könne», die indessen da« herzogliche
Paar, z» bescheiden, sie wirklic» zu fordern, in Silber vorstcllcn
er fühlte, daß er, ungeachlct jener Gewißheit, doch im ließ. Der Herzog la« diese Verse der Gesellschaft vor, und hielt
mer noch etwas vor sich sah, was er verbessern, waS er ver eine Rede über da« Glück seiner Ehe; die Herzogin beantwortete
vollkommnen , was er erweitern konnte in der Kunst der sie mit einer andern , und machte ihrem Gemahl ein Geschenk
mir einem Boote, da« von sech« Boot«le»ten her«nqebracht
Himmelsbetrachtung ; er hat das Niederschlagende jenes wurde, und dem sie, al« Anspielung auf ihre« Gatten Erbamt
Gedankens nicht empfunden , weil er nur immer an die eine« Grcsisalkonirr« von England, den Name» der ?alke
Fortschritte in immer weitere Fernen dachte, und «eil er vcugelegt hatte. Alle« diese« erschien, mit grofier Breite rrz,ll>lt.
immer gleichsam neue Erfindungen cchncte. Aber er bleibt am folgenden Tag in einigen Zeitungen. Die Time« druck
ten e« von diesen ab , mit folgendem Eingang . welcher. a>«
niederschlagend dieser Gedanke, daß das Licht selbst uns für die englische PreßfrenKeit bezeichnend, übertragen z» wer
die Tiefe des HimmelS unsichtbar mache ; daß die Astro den verdient. „Mir müssen wohl die Erzählung einrücke», die
nomen einst aufhöre» müssen , in die Tiefe zu fchaucn, man nach diesen Bemerkungen finden wird, wir qestcl'cn in
weil sie Alles gesehen und jenseits der Gränze, die sie er dessen, daß wir un« dafür schämen. Warum kann sich da« arm
selige paar, worauf sie sich bezieht, nicht ruhig halten? Wir
reich?, die Welt nur Sin Nebelstern ist, eine Zeit, würden sie niclit au« der Dunkelheit hervorziehen , die sie su
die ohne mein neues Fernrohr, das die Finsterniß chen sollte» ; aber wir wollen e« nicht länger zugeben, daß der
«om Lichte fcheidct, gewiß kommt, wo es dann, den Un öffentliche Geist durch da« prahlerische Au«kramen eine« , wir
muth zu vergessen, besser feyn wird, sich wie die Lazaroni «ollen nicht sagen wie erlangten, Range« auf einer Seite,
und eine« dura, die Entwürdigung erblicher Ehrenslellc» er
in die Kühlung zu legen, und den Himmel nur mit dlo- kauften Reictithum« auf der andern verdorben werde, ohne
sem Auge zu bedachten. daß wir eine Bemerkung darüber machte». Aufwclchem Wege
erlangte da« Weib den Reichth,»», welcher ihr zur herzogliche»
Würde verholf? Jedermann kennt zwar den Ursprung diese«
Herzog« (er flammt nämlich von Neil Swnn . der Schauspiele
rin und Moitrcssc Carl« II. ab), do«, die Zeit verbreitet ein
Der Mensch. mal einen Glanz über seine Würbe . und so nennt man diese
schmutzige Herkunft nicht ander« al« eine geschichtliche Tat
Zwar ein erhabenes Werk, der Schöpfung Wunder be sache. Soll man aber die Tbchter der ArmutI' durch e i n Bev-
trachten. spiel von trauriger Berühmti'kir lehren, daß e« „och andere
Und die gestaltende Kraft prüfen der Mutter Natur ; Pfade gibt, als die de« Fleiße« und der guten Rufführimg, um
Messen den Srernenolpmp, die Sterne verknüpfend be in diesem Lande zu hohem Range und vornehmen Heirathen
seelen. zo gelangen? Soll der weniger bemicrelte Adel, unter dem e«
Und in dem Wurme des StaubS ahnen die Seele der mancnen gibt, dessen ganze« Vermögen in seinemTitel und sei
Welt; ne» AHuen besteht, fo zu sagen durch öffentlichen Ans,«lag be»
6^6
nachrichtigt werben , daß er seinen Stand durch keine Berbins Berlin, Juni.
düng beschimpfe» kdnne, wenn sie nur Geld in die Familie (Fortsetzung.)
bringt? Solle» dieß die Mittel zur Befestigung der Tugend
und zur Bewahrung des privilcgirtcn Standes vor Befleckung Mit schwerem Herzen thnt der Beamte, ein edler Mann,
sepn, so sind es andere Mittel, als welche bie Religio» vors was seines Amtes. Der Bauer soll zwanzig Gulden zahle»
schreibt und die menschliche Politik billigt; und wir sage», es oder drey Tage im Tburmc sitze». Er kann nicht zahlen, der
ist eine Schande, eine tiefe Sch.nioe für den Adel iiiögesannnt die Förster ihm die Schuld nicht erlasse», die zwanzig Gnlden nicht
öffentlichen Häuser solcher Leute zu bcsucven (der Ort, wo neulich statt seiner geben, dieß alles würde seiner Pflicht widerstrei
das Fest gegeben wurde, ist nämlich daSHaus, das der Dame ihr ten. Er wird vcNaimt. gescholten, doch er bleibt seiner Pflicht
erster Mann noch zu Lebzeiten seiner Iran eingeräumt hatte). getreu. Dieß füllt die bcvdcn ersten Akte. Nebenbei) gebe»
Wenn da« junge Paar glücklich ist, so lebe es in der Stille, noch Licbcöintrigucn ; der Bauer nämlich hat seine Schwäger
und in der Ausübung der Werke der Barmherzigkeit, wie sie rin , eine junge Dirne bey si«, die seine Kinder treu pflegt;
ihr wegen ihres frühere» Standes und ihm wegen seiner mit sie trauert über einen Geliebten, der in Rußland, wie sie
ihr eingegangenen Verbindung wol,l anstehen. Leidet «stere glaubt , geblieben ist. Doch unerkannt , verkleidet , ist der Ge»
an schmerzhaften Erinnerungen, und ist er müde, so sollten liebte heimgekehrt, hat sich in« Haus geschlichen, wähnt aber,
sie die Stütze der Religio» und de» Trost der Freundschaft su- weil er die Kinder sieht, seine frühere G. liebte rerheiratbet.
chen ; sie müssen aber nicht dadurch , daß sie dem Gefühle des Im dritten Akte löst sich alles glücklich; die Bau.,« wollen il»
Publikums Hohn sprechen, ihr Gemüth zu zerstreuen und rcn Gefährten, einen verdienten, beliebten Helfer in jede»
Wechsel in die Einförmigkeit ihres Lebens z« bringen suchen. Roth, mit Gewalt befrcye» ; der Förster aber läßt sich nicht er
Wir hoffen, wir werden von beyden nicht« mehr hören." S« schüttern; die Schwägerin bringt die zwanzig Gulden, ih»
spricht ein Zeitungsschreiber mir wahrem oder angenommenem, mühsam Erspartes, das Erbtbeil ihrer Mutter; eine» Thcil
auf jeden Fall aber gerechtem Unwillen , und sezt sich der Ge- hat sie noch dazu erborgt. Doch der Förster bat an die Re»
fal,r aus, wegen des Libells zu einer Geldbuße oder zu Gesangs gierung geschrieben, für den Waldfrevler wegen anderer Ver,
niöstrafe «erurthcilt zu werden, und wie man bort, ist bereits dienste Verzeihung «nd Belohnung erhalte», der todtgeglaubte
ei» Prozeß gegen ihn eingeleitet. Aber das gehört nun einmal Geliebte findet sich wieder, und eine rührende ErkcnnungZsccne
mit zum Handwerk! — Es haben sich seit Kurzem wieder meh uiü „Heil dir im Sicgerkranz" aus patriotischer Brust ge
rere Unglücksfälle «eignet; in einem Dorfe in Schottland sungen, beschließen das Ganze. Mau sieht, alle RübrunnS-
nämlich wurden in einer Kirche , wo der bekannte Irving pre ingredienzcn sind hier vorbanden , und da außerdem noch hüb
digte , Z7 Menschen durch das Einfallen einer Galleric er« sche Lieber mit alten , einfachen Melodien Kincinacflochrcn sind»
schlagen ; an der Westküste von Schottland ertranken 2 l Per war ber Bcufall bev guter Darstellung nicht zn bezweifeln.
sonen durch das Umschlagen einer Schaluppe, und in London Auch bat das Stück /annigfache Verdienste. Erstlich stellt e«
»erbrannten i» einem Hause zwe», und in einem andern sie einen Zustand dar , welcher ber unsrige ist , eine wohlgesinnte»
ben Personen. Lezterer Vorfall wird um f« gräßlicher, da sie rechtliche Administration, hin und wieder mit saumseligen Un«
hatte» können gerettet werde», die HauSfran aber, bev der sie terbeamtcn und dergleichen unvermeidliche» Zuständen ; es ist
wohnten, versicherte, sie sehen nicht im Haus?; auch hegt man nicht der alte Jammer über Schändlichkeit »nd Schmählichkeit
starken Werdacht , daß dieses Weib selbst das Feuer angelegt, der Großen , über den schlechten Lauf ber Welt , eS ist kein
und die Unglücklichen mit Fleiß bat verbrenne» lassen. Der Grund zu Menschenhaß und Rene da. Vor allem aber ist die
Unfall in der Kirche hat zu einigen gute» Zeitungsartikeln ge strenge Charakteristik, die feste Zeichnung aller Gestalten, welche
gen jene elenden frömmelnden Prediger Anlaß gegeben, welche jezt so ganz aus der Mode kommt, die Geschicklichkeit eine?
die Vermessenbeit gehabt hoben . das Unglück bevm Einsturz guten prosaischen Dialogs, genug es sind alle die Vorzüge hervor
deS BrunswicktheaterS als die Wirkung der Rache Gottes dar zuheben, welche den Verfasser der M a ch t d e r V e r h ä l t n i s s e
zustellen. Das IU«rnin«z LKronicls bemerkt sehr richtig: immer auszeichnen werben. Nur die Licbesintrigue mit dein
.,Wenn Theater und Kapellen schlecht gebaut sind, so läßt Gott zurückkehrenden Soldaten ist zu matt , verbraucht und unin
beyde einfallen." teressant. Da der edle Oberförster um das Mädchen . von ih
Unterhaltungen jeder Art lösen einander so schnell ab, baß rer Redlichkeit gerührt , im lezten Akte wirbt , bedürste sie ei
man ihnen kaum folgen kann. Dem. Sontag hat auch ein ne« Liebhaber« , der unS größere Tveilnohme einflößte; wir
dramatisches Konzert gegeben , worin sie mit Mab. Schüy die gönnen ihm baS Mädchen nicht, mit der« Oberförster, wisse»
selbe Scene aus dem Frcvschü» gab , wie in Piris Konzert, wir, würde sie glücklich senn. Sähe der Verfasser bicß Dr«,na
und mir demselben Beyfall. Eben so gut wurde eine Vorstel auS einem andern Gesichtspunkte als dem obenerwähnten an,
lung der Schwcizcrfamilie gegeben . worin Schüft de« Vater, glaubte er eine neue Gattung damit erschaffen zu l«bcn . um
Sontag Emeline, und Mab. Schüy den Jakob vorstellte». welche eS NotK tbut, so möchten wir viel dagegen einwenden;
Schüy hatte »äinlich das Stück auf diese dreh Person«» be doch wir glauben den rechten Gesichtspunkt , auS dem eS beur-
schränkt. DaS Theater war indessen nicht sehr voll. An, thcilt werden muß, getroffen zu haben, »nd von diesem an<
Listen Juni spielte die französische Truppe, welche Laporte, Dein. gesehen , wäre Widerspruch gegen AnspruchloscS ain scdlcohte»
Mars an der Spitze, hat hiehcr kommen lassen, in der italieni Ort. Nur wäre zn wünschen gewesen . ber Verfasser hätte
sche» Oper zum ersten Mal. Das Hans war sehr voll, besonder« nicht den Himmel und die Appellation «n Gott fortwährend
von Franzosen . die auS Patriotismus sowohl als ans^ Bewun eingemischt; das wirkt nicht mcbr. Doch er wollte zeigen, daß
derung der Schönheit und des wirklich große» Verdienstes ih er iticht nur Satiren schreiben . sondern auch die vorübergegan
rer Landsmännin einen fürchterlichen Lärm »lachten, in de» gene Periode der Sentimentalität wieder anszufrischen die «Je»
sich auch viele Engländer hineiureißen ließe», die bev dieser schicklichkeit habe , und dazu ist Gott und ein zum Himmel auf
Gelegenheit ihre Steifheit vergaßen und wirklich am Schlüsse gehobenes Auge nörhig.
auf die Bänke spraugc» »nd mit Stentorstimmen Mars ! Mars ! (Die Fortsetzung folgt.)
riefen. Man spielte ..i'öcole cke« VieiII>'j, > und ,.V»I«ie>'
In England haben wir keine Schauspielerin, die ihr auch
nur entfernt nahe käme. Vehlage: Kunstblatt. Nr s«.
Verlag der I. G. Cocra 'sehen Buchhandlung.
17S-

M v r g e n b l a t t

f ü »

gebildete Stände.

Dienstag, 22. Juli 1 8 2 8.

— Begreifst du.
Wie viel andächtig schwärmen leichter, all
Gutl'andel» ist? wie gern dcr schlaffste Mensch
Andächria schwärmt
Um uur guihandeln nicht zu dürfenl
Lessing.

Jean Paul Friedrich Richter an Emanucl. der Talmudist wenig gerettet. Zwar wird man tugend
haft auf einmal, d. h. durch einen plötzlichen Ent
Hof, den is. April 1795. schluß, durch die sogenannte Bekehrung, die aber „och
Mein guter Guter! keine Tugendfertigkeit ist, und lasterhaft wird man all-
Gerade in der Stunde , wo ich Ihren Brief weglege, ui ä h l i g, jeden Tag setzet eine trübe Welle neuen Schlamm
fang ich meinen an. Ihrer ist für mich ein Katheder oder ab, und ich sage in meinen .hundsposttagen: „die Tugend
vielmehr ein Hohlspiegel, der mir im Rauche dcr Worte zieht nur durch Portale in uns ein , aber dcr Teufel
deu abgeschiedenen Geist deS Judentbums schwebend dar: durchs Fenster und durch Sphinkter und alle Poren."
stellt. Mein Brief soll ein Sekundawcchfel des Ihrigen Allein ich behaupte, der Talmud entkräftet durch Aercmo^
sepn, oder vielmehr eine zwevre Auflage desselben. Erst nien *) die Tugend. Man kann nach dem Münzfuß aller
lich über mein „Leider Hab' ich mehr über als von den Aercmrnicn leben, ohne eine einzige Neigung — was ge
Juden gelesen." Das kann nichts heißen , als ich beklag' rade schwer ist — unter den Prägstock dcr Moral zn brin-
es, daß ich die Unterdrückten fast dlos aus dem Munde gcn. Es ist dem eiteln Menschen leichter, die Lumpen
der Unterdrücker kenne — daß Christen die Portraitmaler der Mönche anzulegen als ein simples Kleid. Man sollte
der Juden sind, denen nicht mehr zn glauben ist, als wenn denken, wenn man liefet, daß so viele Braminen fünfzig
Juden die Portraitmaler der Christen sind. Denn der Jahre lang aus Religion in die Sonne oder auf die Nase
feine Geist jedes Volkes — eines so unähnlichen zumal — sehen, auf einem Beine stehen. Schlaf entrathen und die
verdampft, wie jeder Spiritus, in allen Schilderungen; höchsten Martern an sich fortsetzen, oder daß so viele un
«nd nur aus der Geschichte, dem Leben und den Schrif serer Mönche und Heiligen sich tobt geißeln , tobt beten,
ten des Volkes selber ist sein »xirit», rector, sein Lebens- tvdt hungern — man sollte denken, sag' ich, solche Aufopfe
geist rein abzndunsten uud zu kobiviren. rungen müßten die kleinern, die die Tugend fordert, vor-
den ZZ. April. °) Unter Zeremonien mc»»' ich daS ganze Betragen gegm
Allerdings haben Sie Recht, daß der Talmudist sich Gott und andere, das mir Glicht mein Gewissen, sondern eine
in den äußersten Kränzen seiner Bestimmungen gefalle; Offenbarung diktirt uud das dal'cr alle Verschiedenheiten der
auch darin haben Sie Recht, womit Sie ihn rechtfertigen, Offenbarungen theilt. Unter Tuacnd aber mc»n' ich den Ge
horsam qeaen das erhabene Gescy, r»i von einer Zone zur an
daß einer nämlich, der über ein kleines Gesetz wegschrei: dern in jedem Busen , im braunrothen und im ncgcrschwarzen
tel, endlich auch das große überspringe. Aber damit ist mir gestirnten Zügen brennt.
aussetzen, und es müßte eben so viele Tugendhafte als Hei- > umfasset, um zu erwürgen? — Konnte das Schütteln des
lige und Märtyrer geben. . . . Und^'s ist doch nicht so; die Kopfes, das bcy allen Völkern Nein bedeutet, nicht eben
Ursache ist: alle jene Büsnrugen, jene Zeremonien^ertragen so g«t ein I a anzeigen^ Also, da>«nfere bekommene Seele
sich leicht mitjder größten Wildniß des Herzens, und es ist, keine Zunge und keine Farbe für ihre Bilder hat, so ver
viel leichter, die ganze Thor« des Talmuds als ein einzi schmähe Niemand die Farbe, die sie im Drange der Em
ges Reglement aus der Thor« des Gewissens zu befolgen. pfindung ergreift. O der arme Mcnfch kann, wenn er
Dazu macht der talmudische Sachsenspiegel den Menschen anch den ganzen Tag darüber philofvphirt hat, dieser kann,
kleinlich und eng; die edle Seele steigt über religiöse wenn er draußen vor der untersinkenden Sonne steht, die
Zeremonien so gut auf als über bürgerliche nnl>dringt milde und groß zur andern Halbkugel hinunter zieht und
in den reinen großen Himmel. Noch in der andern Welt die der unsrigen an den Blüthen und Bergen die Gesund-
werben wir auf unsere Tugenden, Aufopferungen und heitsröthe eines sanft erwärmten Tages nachlässet, und
Thränen in dieser ohne Verachtung niederbücken; aber wen» er olS ein Wunder unter Wundern steht, als ein
vergängliche Dinge, solche wie Enthaltung von Todtenbe- Glücklicher unter Glücklichen, als ein ewiger Geist unter
rühren, wo ebensogut das Gcgentheil geboten seyn könnte, den ewigen Körpern um ihn her, dieser Mensch kann
müssen uns dort winzig erscheinen, wie die warme Er Abends, wenn er endlich In den Himmel, aus dem die
denkruste des Körpers , an den sie gebunden sind. Über Sonne gesunken ist, ausblickt zum großen glimmenden
haupt hängt Ihrer sonst scharffinnigen Nation — deren Phy Blau, in dem entflogene Funken des Thrones eines Ewi
siognomie durchgängig die scharfe, mit vordringenden, festen gen schillern, dieser muß, von der Allgewalt der Schöpfung
Gesichttheilen schneidende des Scharfsinns ist (ich habe niedergedrückt, auf die schwachen Menschcnknie stürze»
noch an keinem Juden die wie eine Wanze zerdrückte Kal- und beten: „Du Unendlicher, dein Geschöpf sinket zusam
mukennase bemerkt) — etwas Mikrologifches an, was ich men, wenn du erscheinest, ach ich werfe gerne dieses An
gern zum Sohne des Talmuds und der Mafora *) ma gesicht aus Erde, dieses Herz aus Erde auf deine Erde
chen möchte, wenn es nicht der Vater beyder wäre. — nieder, denn ich will dir nickt danken, fondern nur zer
In der Kabbala ist mehr Pbilofophie (in Dichtkunst ver- trümmert und brennend und verstummend reden." — O!
erzt), als in jenen bepden. jedes Zeichen der Andacht ist ehrwürdig , unter jedem
Alles, was wir körperlich oder äußerlich vor dem Un Volk — wir haben Alle dasselbe He<z und denselben Gott,
endlichen thun, kurz, was nicht Gedanke ist, also alles und unsere kleinen Verschiedenheiten sind gewißlich diesem
lante Beten, Knien, Händefatten, ist Zeremonie, nicht ewigen Geiste nur— Aehnlichkeiten.
Tugend (obwohl Aenßernng der Tugend), und alles das Ich habe mich in Flammen geschrieben über Dinge,
könnte eben so gut im Gegentheil bestehen : es wäre eben wo ich statt Zeilen Bogen brauchte, wie über mehrere
so fromm, wenn ich beym Beten aufstände als nie Dinge JhreS lieblichen Briefes. Leben Sie wohl , liebe
derfiele, den Kopf bedeckte (wie die Römer) als Seele !
entblößte. Also folgt daraus gegen alleZercmo^ ien — Richter.
nicht das Geringste. Wir armen, vom Fleischpanzcr um
klammerten Menfchen, wir öden, in die scharfen Ketten Eine Unterhandlung mit Indianern in Südamerika.
des Körpers geworfnen Seelen, wir ^missen, wenn unser
edles Ich feine Flügel aufschlägt, diese innere Bewegung (Beschluß.)
durch eine äußere unseres Gehäuses offenbaren. Wie? Nach Ablesung ihrer Waffen begaben sich die Jndier
ist denn z. B. die geringste AebnlicKkeit, das geringste Ner- in dcn Corral oder Vichpferch, wo man einige Mühren
hältniß zwischen dem Druck der Hand oder der Lippe und zum Schlachten eingesperrt hatte. Sie werfen das Thier
zwischen dem liebenden, heißen Gefühle, daS mit jenem durch das Lasso nieder, binden ihm die Füße zusammen
Druck schmerzhaft-süß aus seinem Kerker an den andern und öffnen eine Ader am Halse, woraus sie oft das Blut
Leibeskerker der geliebten Seele klopft? Wenn ich voll saugen, ein Geschäft, wobcy die Weiber und Kinder den
Liebe meine Arme um die geliebte Gestalt herumlege, ist Vorrang zu haben pflegen. Das Thier wird alsdann schnell
denn da zwischen diesem Zeichen und der bezeichneten Sa zerschnitten und gebraten. Die Häute werden sorgfältig
che die mindeste Achnlichkeit, da oft der Groll eben fo gut aufbewahrt und auf folgende Weife zu Wcingcfaßen umge
staltet. Man macht ein Loch von zwcv Fuß Tiefe und
") Dürftig ists doch , wenn der Masoreth aufsummiN , w,e vier bis fünf Fuß im Umfange in den Boden; in diese
oft Z. B. 5< vorkommt , nämlich 42,Z77 Mal, oder das, ^ Ocffnung hängt man die Haut mit den Haaren abwärts,
im Z B. Mos. XI. ^2. im Wort der mittelste Buch und befestigt sie an dem Rand mittelst hölzerner Pflöcke.
stabe im Pentateuch ist , oder daß blos im Jerem. XXI. 7. Diese Behälter werden nun durcheinander mit Wein und
42 Wörter vorkomme». Branntwein gefüllt, und fechszehn bis achtzehn Männer
699
Kqern sich »mber und fangen an zu trinken Z die Meng? Der Glaube.
der Gefäße richtet sich nach der Anzahl der Zechenden. Die
Weiber fingen ihr Gelage erst nach Sonnenuntergang an, Den möcht' ich loben.
wo sie sich dann besonders um äbnüche, mir gleichartigem Der die Welt
Zusammenhält,
Getränke angefüllte Gefäße hersezten. Ans höchst lobens- Ohne Angelwerk, ohne Globen,
würdigcr Vorsicht enthielten sich vier «der fünf Weiber
von einem jeden Stamme gqnzlich des Trinkens, damit Der ergossen
Durch die Natur,
sie auf die übrigen Acht haben könnten, wenn sie ihrer Jegliche Flur
Sinne beraubt seyn würden. Quellen machet und sprossen.
Die Scene, welche sich jezt eröffnete, war üderr«:
schend. Zwevtausend Personen saßen auf der Ebene in Wenn er nach oben
Kreisen. Der Hauptgegenstand der Unterredung waren Hoch empor.
In Wällvrn empor.
ihre eigenen Thaten und die Verdienste ihrer Vorfahren ; In Gebirgen empor sich gehoben:
einige waren devm erzählen bis zu Thränen gerührt. Bald
äußerte nun das Getränke seine Wirkung ; alle sprachen Bäumt er sich über.
Schlingt um die Welt
auf einmal, schrieen und brüllten auf eine furchtbare Weife. Wie ein Irlt
Jezt kam eS zu Zank und Schlägereven ; da es an Waf Sein ewiges Blan hoch über.
fen fehlte, bissen und traten sie sich und rissen einander
die Haare aus; der Lärm war unbeschreiblich, und die Und gebirt mit Wonne
Immer neu
hierzu beorderte Mililz hatte genug zu thun, die Käm- Und immer getreu
xfenden auseinander zu bringen. Gegen Mitternacht ver- Die Sterne all' und die Sonne!
sank Alles in Todtenstille; .die meisten lagen in unbeweg A. Schöll.
licher Skarrsuchr und nur einige Wenige hatten noch die
Kraft, sich herumzuwälzen. Auf diese Weise wurden drcy
Tage hingebracht, d. h. die Wilden fuhren fort zu trin
ken, so lange es etwas zu trinken gab. Der Vorsorge des Korrespondenz-Nachrichten.
Generals San Martin gelang eS indessen , größeres Un Ulm, Juli.
heil dabcy zu verhindern , und es wurden nur zwey
Männer und ein Weib bev dem Feste erschlagen, was Der erste Juliu« war erschienen, ein längst erwarteter
nicht viel ist, wenn man bedenkt, daß be» Kiefen Ge Tag, zu einem Volksfest bestimmt vom innigsten Danke gegen
die erliabenen Monarchen , deren Kroßberzigkeit dein frencr»
legenheiten alle längstverhalrenen Feindschaften loszubre Verkehr in Deutschland zuerst die Balm gebrochen hat, und von
chen pflegen. Auch ist es unmöglich bcy Unterhandlun der erfreulichen Hoffnung, baß die neu beginnende HandelSvcrs
gen mit den Indianern nicht zu diesen Schwelgereven bindung zwi>chen Bauern und Würtcmberg für beyde Volker
die ersprießlichsten Folgen haben werde. Der allgemeine
mit beyzutragen , da sie es als einen unverzeihlichen Wunsch , diese» Tag festlich zu begehen , trat durch freundliches
Schimpf betrachten, wenn man ihnen nicht übermäßig Zusammenwirken der Behörden in Wirklichkeit. Nie ist eine
zu trinken gibt. Am vierten Tage wurden die Geschenke Einladung mit mehr Bereitwilligkeit, Uebereinstimmung und
verweilt, und dicß war wegen der Habsucht der Indianer Gemtttl'lichkeit a„,z,'»ommcn worden. Mittag« zwe« UI,r
wogte eine zakllose Menge dem LuginSland eingebe«, ein un»
das schwerste Geschäft. Der General erhielt von einem abselilicher Zug von Mcniclicn, nicht nur aus der Stadt, so».
jeden Caziken ein Poncho (Sberkleid), welche ihre Weiber Kern aus der zen Umgegend Würtembcrgs und Beierns.
gemacht hatten, und die zum Theil wegen der rebliaftig» Ein bunte? Kkwniimcl wälzte sich dort an der Anhöhe hin und
keit und Dauerhaftigkeit der Farben schätzbar waren. Am ber. hinab und l'inauf. und unten lagen auf der breite» und
gerade vollsirbnikiiden Donau die Schiffe bereit, welche das
meisten Freude machten den Indianern die Hüte und ge Fest eröffnen sollten. I« der kurzen Zeit von einer halbe» Stunde
stickten Kleider, die man ihnen gab, auch legten sie die waren vier-und-zwanzig größere und kleinere Schifft unter
selben sogleich an. Doch vertauschten sie spater fast alle dem l'armonischen Klang der Milit.lrmusik angefüllt, und die
erhaltenen Geschenke für Branntwein, den einige Handels Wimpal mit den Falben Würtcmberg« und Baierns flatterten
im säuselnden Winde auf den Vorderteile» der Schiffe. Aber
leute von Mendozo gebracht hatten. Auch verließen sie nicht nm- Geladene . ssndern viele , welche der Ruf de« Tage«
San CarloS erst nach vierzehn Tagen, wöbe» sie versicherten, a»S ber Ferne I'erbcvgczogen hatte, mietlicten sich eigene Fahr:
es habe feit Menschengedenken keine so Herrliche Unter zeuge, nm dein frbl'lichen Zug sich anzuschließen. <?in Ka
handlung gegeben. nonenschuß gab um halb vre» Uhr da« Zeichen zur Abfahrt.
Jezt fließen die Schiffe vom Lande und bildeten einen langen
Zug . in welchem Musikchore verweilt waren, die mit einander
abwechselten. Tausende standen al« Zuschauer am Gestade,
zum Theil terrasscuweise über einander, vom Lu>,i»«lanb
an , die Man« am Strom hinab, nud »och vnterhalb der ist ein Beweis . welche Gattung Lessing für die Komödie am
Stadt in de» Gärten, ein langer Kranz von Menschen , ge meisten schäzte. ,Zch getraue mir zu behaupten," sagte er
drängt und bunt an einander, mit, auch von ?eu c, »'ernten einmal, ..daß nur allein die wahre Äombbicn sind, welche sowohl
Häusern l?er , soweit man scheu konnte , waren Kopse über Tugenden olS Laster > sowohl Anständigkeit als Ungereimtheit
Köpfen in Bewegung. Auch erscholl von Tausenden ein frbhs schildern , weil sie eben dadurch il'rci» Originale, dem Mensch
lichcr Nachruf an die Vorübcrgleiteudc» ; Thal und Hügel er liche» Leben, am nächsten kommen." Das antike Lustspiel
klangen abwechselnd vom Donner der Kanonen, vom hellen hat dieses Nebeneinander d>s Possenhaften und Enistcrcn. bcy-
Klange der Horner, und vom lauten Jubel der Menschen. des durch handelnde Personen repräscntirt , weniger. Aristo-
Jezt navte der Zug der Brücke, dein sonst unfreundlichen Band phancS spricht wohl hin und wieder aus, was wohl eigentlich
ungastlicher Ufer, nunmehr dem freyc» und unverküminertcn die rechte Natur dessen fth. was seine lächerlichen Gestalten in
Handclspfade benachbarter Völker. Sie war mit einer so verkehrter Weise auszuführen gedenken , aber er stellt bieg
Menge von Menschen angefüllt , die hinauf und hinunter Rechte nicht eigentlich in mithandelnden Personen de» kcmi«
iu beträchtlicher Ferne den Strom überschauten , und mit der scheu gegenüber; mehr thut dieß schon Plaurus. im modernen
Hand und wehenden Tüchern den uuteu durchfahrende» Be Lustspiel aber ist dieß Nebeneinander des Ernsteren und Post
kannten zuwinkten. So schwamm der Zug munter und freudig scnhaftc» die eigentliche Gattung , Possen und rührende Dr«
zwischen den befreundeten Ufern fort, und bald ertönte auch mcn nur Nebenarten. In Calderons Lustspielen z. B. wird
von der baycrnsche» Seite der Donner des Gcschi'tzes, mit die Liebe ganz 'rnstbaft behandelt, die Chreiirilrcr ziehen
feyerlichcm und lautem Gruße den Nahenden entgegen, die oft ihre Degen, um auf Leben und Tod zu kämpfen ; nebenbcy
Freude des Tags vermehrend, und durch festliche Thcilnahme stellen die Bedienten und Duennen denselben Inhalt in lächer
sie ehrend. In demsclbigen Augenblicke entwölkte sich zum licher Weise bar, ihre Liebe geht aus eigennützigen Absichten.
glücklichen Zeichen der Horizont ganz, den» schwere Wolken auS HeiratKslust und dergleichen hervor; mit der Tapferkeit
hatten mit Gewittern gedroht; ci» frischer Ostwind strich der Diener ist es immer schlecht bestellt. Auch bey Shakespeare
durch die flatternden Wimpel, die Gcwdlke »erzogen sich am sehen wir meistcnthcils solche Verknüpfung . nur hat er tiefere,
Himmel , und die ganze Gesellschaft durfte sich den heitersten mannichfalrigere Komik. Molare gibt gleichfalls oft solch«
Abend versprechen. Verbindung, und wer kennt nicht die späteren flcreotppcn Kam«
Man landete endlich am bahernsche» Ufer kängS dem schö mermädche» und Bediente» ? Auch Lessinq hat diese französisch«
nen Wäldchen, das Stcinliäule genannt. CS war ein herr Bcdicntcncomik noch in alle» seinen früheren Lustspielen in
licher Anblick, die Schiffe mit fo vielen freudigen Menschen französischer Weise , doch in Minna von Barnhclm hat er sich
anfahren zu sehen. Der Weg führte über einen Steg , der von allen französischen Gestalten gänzlich befreit. Dieß Lust»
mit Blumen bestreut war, zu einer errichtete» Ehrenpforte, spiel ist ächt deutsch, national, preußisch, und deshalb schon
mit der Ucberschrist: Willkommen. Darüber erschienen sollte man nicht aufhören, es jährlich mehrmals zu geben.
zwc» in einander greifende Hände. Das war ein nachbarli Selbst bey der mittelmäßigen Darstellung auf der Königstädter
cher Empfang, der dem Gemütlie wohl that , der die Herzen Bühne konnte man sehe», wie eine ältere Generatio», in einer
zu neuen Freudegefühlcn stimmte, und manchem Auge un früheren Periode großgewordcn. sich an dem vortrefflichen Dia«
willkürliche Thränen entlockte. Man lagerte sich nun unter löge, der kernhaften, festen Charakteristik, der dramatischen
den schattige» Eichen und in den Hütte», wo man Play fand, Geschicklichkeit , so wie an dem lebendige» Hauche erfreut , der
unter einander, wie der Zufall es fügte. Ueberau sah ma» aus der Zeit des alten Friedrichs, des großen Königs, des
Bilder der reinsten Freude; heiter, wie die Lust, waren die Helden des siebenjährigen Krieges herüberweht. Man hat
Herzen aller Anwesenden. diesem Stücke schon häusig vorgeworfen, das leidige Geld sey
Der Abend nahte heran. Die Gesellschaft verließ all- auch hier «ieder fast der einzige Hebel. Daß dieß auch in al«
mäl'lig das Wäldchen und begab sich am rechten Ufer strom Ic» andern Lessingschen Lustspielen der Fall sey, ja daß selbst
aufwärts, wo man der Friedrichs«, gegenüber thcils in Käh im „Nathan" das Geld doch eine nicht uiibedcutkiibe Roll«
nen . die nun ungestraft hin und Herfakren konnten , thcils auf spielt , ist frculich charakteristisch. Doch cS lägt sich erklären,
einer fliegenden Brücke, die der eben anwesende verdienstvolle wenn man darauf sieht, baß cS Lefsingcn hauptsächlich auf
Major von Berger durch seine Pontonniers hatte schlagen Moral ankoimnc. Die moralischen Darstellungen aber beküm
lassen. a»S jenseitige Gestade gelangte. Dem Stcinhäulc ge mern sich nicht so sehr um den Inhalt dessen, was vorgeführt
genüber war an einer Ehrenpforte die Inschrift , mit Laub wirb, fondern mehr nur um die gute» und schlechten Gesin
umkränzt: nungen. Ob die Personen in ihren Verhältnissen ihrer Sinn
lichkeit, ihren Triebe» und Neigungen folgen, ober ob sie dies«
,.Dieß - und jenseits Eines Bundes Glieder, natürlichen Triebe, wie der Mensch eS soll, überwinden, dieß
Bisher Nachbarn, jezt und künftig Brüder." allein soll uns intercssiren. Wird dieses moralische oder uns
und am Eingangsthore in die Friedrichs«» gegen die Dona» moralische Verhalten die Hauptsache, dann darf die inner«
hin war zu lesen: Natur der dargestellten Verhältnisse nicht aufunsrre Tbeilnabme
Anspruch machen ; sie muß zurücktreten , denn sie würde von
„Heil dir, DanubinS, wir segnen deinen Strand, den moralische» Beziehungen abziehen. Da ist es denn das
Zwar Grenze bist du unS, doch nicht mehr Scheidewand." Beste, das Geld und das Verhalten zum Gclde als Inhalt de«
(Der Beschluß folgt.) unmoralischen Handelns zu nehmen. Daran läßt sich am be«
sie» und leichtesten sehen, wer ei» Lump oder wer moralisch
B er lr», Juni. ein nobler Mensch sey.
(Der Beschluß folgt.)
(Fortsetzung.)
Ein zwevte« , größeres Stück . in welchem Mab. Haitzin-
«n auftrat , war „Minna von Barnhclm." Dieß Lustspiel , Ben läge: Literaturl'latt Nr. 59.

Verlag der I. G. Cotta'fchen Buchhandlung.


n°. 176.

M v r g e n b l a t t
s i ,

gebildete Stände.

Mittwoch, 23. Juli 1 8 2 8.

Seit SZsarn Rein gebar mit elnen Httren Neb


Den Helbensbi'nen , l>at Natur nach solchem Zeiche«
Srinütet lang qeriibr, ,u schaffen einen gleichen: ^
Stuft Neue sei'« je,t verdammt zur Rlche sie.
Del« «ig «x.

De< Nabobs Heimkehr. Wo noch , so weit sein Himmel reicht,


Rauch auö Barbarenbütteg streicht;
Sin Sckifflein durch dir Wellen streicht. Sie sahen stumm, wie ungerührt
Zwar fein von Kiel, von Rumpfe leicht. Die Politik den Knoten schnürt.
Doch mächtig schwer von Zndiaö Schätze«; Und legten schüchtern in die Wage
Am Themsestrand sie umzusetzen Sin biscken Gold, der Liebe Klage;
Gedenkt der Nabob, der gelehnt Ach Liebe! bättst du BrennuS Stahl
Am Mast, der Sonn' enrqeqenqibnt. Uich Alexanders allzumal!
Er sieht, schon liegt das Kap im Rücken, Da hebt sich Einer allgemach.
Noch eben aus den Wellen blicke» Spricht, und Europa rnft eö nach:
Den Tafelberg, denkt uichrs dabev; 7,Hab' meinen kaiserlichen Aar
Doch kaum berührt sei» OKr der Sckrev: Im .Hof gehegt gar manches Jahr;
„Ein Segel, West, in unserm Strich, Treib' ich eö fürder so mit dir,
Und Englands Flagge!" rührt er sich. Perlernst mir's Fliegen, edles Thier;
Bald ist der flinke Segler da Frisch auf zur Beiz'! wenn Gott eS will.
Und legt sich ruhig Raa an Raa. Siegst du, mein starkes Federspiel!«
Er wirft ihn in die Lüfte hoch.
„Willkommen Sir!" — „Schnell, Kapitän, Es jauchzt die Welt und schaudert doch;
Sprecht, wie zu Haus' die Sachen steh» ! D« schwebt er , zieht nach seiner Welse
Der Donnerschlag von Navarin Die majestätisch weiten Kreise,
Ertönte bis zum Ganges hin; Und enger , enger wird die Bahn,
Nvn geht's wohl rüstig drauf und dran. Bis er hernledcrstoßen rann.
Und Englands Flagg' ist vorne an ; Ein Kopf des Aars sich, ungeblcnber
Bald theilt man wohl, flugs nimmt sich da Vom Kuppclgvld, nach Süden wendet.
Ein hübsches Theil Britannia." Wo SlambulS Bild im Bosxor spielt;
Worauf der Andre lachend spricht: Wißt Ihr, wohin der andre schielt?
„Ach nein, Sir John, so ist es nicht!« Besinnt Euch, und Ihr rathec's schon:
Erzählt ihm nun seit jenem Sieg Woher Ihr kommt. - Lebt wohl, Sir John!«
Den lieben langen Federkrieg,
Der Böller Harren und die Qual Schwer trifft den Mann das dtse Wort,
Der Kannegießer allzumal. Und längst ist der Erzähler fort.
Und spricht : „Selbst auf Lvnds Kaffe'baus Sein Schifflein segelt Tag und Nacht,
Fand man die Sacke schier zu kraus. Er hat's nickt aus dem Sinn gebracht.
Noch immer hing an Hellas Strande Jczt denkt er ruhig, jezt dreht sich dumm
Der Völker Blick, am armen Lande, Ihm Zeit und Raum im Ring herum;
Z02
Sieht Asias weiten Länderstrich Gemälde des römischen VolkscharakterS.
Wie ein Basrelief vor sich.
Mißt bang die Meilen ab vom Prnth Das Kaffeehaus Ruspoli..
Bis an des Ganges heil'ge Fluch;
Was eben unermeßlich war. Mit dem Pallaste Rufpoli hört gleichsam die City des
Sieht er geschrumpft gar wunderbar. Korfo auf und beginnt daselcganteste Viertel der Stadt, daS
Hebt Berge ab, macht Ströme fchmal. Westminstcr Roms. Hier ist noch Nacht, wenn in der an
Sieht Steppen weit zu feiner Qual; stoßenden City schon zu Mittage gegessen wird. In den
Er sieht des Macedoncrs Heer
Nach Morgen ziehen Speer an Speer, Srdgcfchossen .befinden sich die ersten Seiden-, Bijouterie-
Sieht wie in dichtgedrängten Hausen und Quincaillcrichandlungen. Die Ladendiencr würden
Die Rosse im Hydaspes sausen, den ehemaligen Pariser Calikots gleichen, fehlten ihnen
Der Zinken Schmettern Höbnet ihn ; nicht die ellenlangen Sporen, denn sie tragen Schnurr
Da schwingt im schnell entrückten Sinn
Auf einmal sich in Gimmels Blan barte, stecken die Hände in die Taschen der Pluderhosen
Der Pyramiden Riesenbau. und sind anmaßend wie jene. In den oberen Stockwerken
Was gährt die Wüste? Rauch! Alarm! wohnt die Elite Roms von der zwcyten Klasse , d. h. der
Hier braust ein Mamclukenschwarm, niedere Adel, welcher nicht zu den sechsmnd-dreyßig rö-
Dort dehnt sich ruhig in weitem Kranze
Ein stattlich Feer im Waffenglanze. mifch-fürstlichcn Familien (I>'i>ile«!<»i5sime genannt) ge
,,Bc» Sr. Georg und Abukir! hört und nur positiv privilegirt ist, aber welcher keine ei
Ohn' unfern Sieg, was wären wir!" genen Palläste besizt. Unter den hier liegenden Gebäuden
So fällt'S ihm von der Lippen Rand, zeichnet sich der genannte Pallast Rufpoli vorzüglich aus.
Da hört und siebt er xlöylich Land,
Sieht in der Sonne lezten Strahlen Dieser Pallast besizt eine gcfellfchafclichc Wichtigkeit, wel
Sich schroff ein Fclseneiland malen. che er mit keinem Lande der bewohnten Erde thcilt. Es
Da wird dem Nabob wunderlich. ist? dicß ein Kaffeehans , das durch d s ganze prächtige
Der Stirne Falten glätten sich ; Erdgeschoß , neun Säle uud zwey Vorzimmer, läuft, hin«
Seht, wie's ihn auf und nieder treibt,
Wie er sich froh die Hände reibt. tcr welchem sich ein zwar nicht großer, aber reizender
Der Ost im bunten Schlafrock wühlet. Orangcrirgarten befindet. Sämmtliche Zimmer sind ge
Sanft mit dem Shawl am Hälfe spielet; wölbt, im erhabensten Style erbaut und mit vortrefflichen
„Willkommen! ruft er innerlich. alten Freskogcmälden geschmückt, von denen frevlich die
Ich und Altcngland grüßen dich!"
Noch ist Europa zweifelvoll. meisten schon sehr gelitten haben. Uederall stehen Antiken,
Ob's fluche» oder segnen soll, unter welchen sich im Garten eine weibliche Büste aus
Wcnn's träumend, Eiland, deiner denkt zeichnet mit dem schönsten Kopfe, welcher irgend gefunden
Und wen wir dort in's Grab gesenkt. werden kann. Was der Zahn der Zeit und besonders die
Flucht oder segnet wohlgcmutk!
Weiß doch Airengland was es thut! Feuchtigkeit an den Freskogcmälden unversehrt gelassen
Und du, gespenstisch Ricsenmaal haben, zerstoßen die Billardstöcke. Läßt sich an einem
Ans Helenas Piedestal ! öffentlichen Orte der Volkscharakter studircn, so ist es auf
Blick nicht so düster sinnend drein,
Todt oder hier du mußtest scpn. diesem Kaffeebanse, welches das neue genannt wird; Ver
Damit Europa werde srev. schwendung und Anmaßung des Pöbels, Knickere» nnd
Und blüh' die ind'sche Kompancv. Sucht zu glänzen bcym Mittelstand und Herablassung beym
Keck suchtest du im Siegeslauf Adel , überall aber das Gepräge des Rcpublikanismus un
DcS Macedoncrs Stapfen auf.
Ein zweyter Alerander ; dorr ter den mannigf,'lti,,sten Formen der Aristokratie, Demo
Schläfst du nun aus am stillen Ort. kratie nnd des Civismns. Treten wir in daS erste beste
Die Zeit, die deine Mutter war. Billardzimmer. Hier steht im dicksten Haufen ein Graf
Schwer unter Schmerzen dich gebar; neben einem Vetturino, neben dicfcm ein Abbate (Welt-
Nun ist ihr todesschnack zu Much,
Wie wohl ihr auch die Ruhe thut! geistlicher), neben diefem ein Calikot und neben diefcm
Sie ruhe sanft ; lang wird es währen. ein Birbaccione. Alle fünf sind in Unterredung über das
Bis sie den dritten mag gebährcn; Spiel begriffen. Machte hier nicht das Kleid den Mann,
Und bringt dich einst der Zeiten Lauf, Niemand würde Einen vom Andern zu unterscheiden ver
Du später Wunderhcld, wohlauf!
Au Roß mir deinen Mannen allen. mögen. Der Graf nimmt eine Prise Tabak; sogleich
Mir Fürsten, Königen, Vasallen, macht der Birbaccione einen langen Arm und fährt mit
Und luch den Weg nach Jndia, den Worten: „iiiznorLonte, mi l»,«r!sc» UN» pro»«» (der
Jnmittelst — ru» Herr Graf erlauben mir eine Prise) in dle Dose. Die«
ser läßt es mit eben so viel natürlicher Bereitwilligkeit ge
schehen, als hätte ihn einer seines Gleichen darum gebe
70Z
Pen. Der Birbaceione dankt zwar mit den Motten : Tische versammelt sich ein Haufen älterer Herrn von
s!ißn«r c«n>« ;" die Art und Weise aber, wie wichtigem Ansehen ; es ist eine sogenannte Kaffeehausgesell-
er das Siznor Oonie betont, zeigt, daß der Schalk zur fchaft, wie es deren auf jedem hiesigen Kaffechausc gibt.
Dankbarkeit den Grafen noch obenein pcrsifftire» will. Im Ju der Regel verzehren sie nichts; ja der Wirth läßt jedem,
römischen Staate gibt eS eine Menge armer MaioratS- um nur ein volles Zimmer zu haben, ein GlaS Wasser gra
familicn , deren jüngeren Söhnen kaum so viel ausgesezt tis reichen. Das weiß der Aufwärter recht gut ; aber vom
ist, daß sie die nokhwendigsten Lebensbedürfnisse bestreiten Pasguino gekitzelt, wirft er einem nach dem andern sein:
können. Sie lassen sich aber, selbst wenn sie nur aus einer Pa- Lo», «««»na» >«i(befehlen Sie etwas?) zu. Dann heißt es ent
triziersamilie stammen, durchgängig Grafnennen. So hört weder: Du weißt, ich trinke keinen Kaffee, erläßt mich nicht
man hier einer Menge Menschen diesen Titel ertheilcn, schlafen, oder: mein Sohn, ich habe Key einem Freunde
deren Aenßcres demselben keineswegs entspricht. Der getrunken ; der dritte wundert sich sogar , wie ihm heut
Hohn, welcher daher dem Worte c»oi» anklebt, spricht schou wieder Kaffee angetoten werden könne, da er erst
sich besondere! im Karneval aus ; wo sich ein gesticktes Kleid vorgestern eine Tasse getrunken habe. Die Hauptbeschäf
und eine Alongeperrücke sehen läßt, da stürzt der Pöbel tigung dieser Gesellschaft besteht darin, die Cbaraden in
hintennach und schrevt: „IIIu»iri««imo Lign», O«nt»! v«,. der Genucser Zeitung zu errarhcn. Um sich daS Prioritäts
tr« Lceellen»« »i ckegni cki «eeorck«rci I« su« proierione !" recht zu sichern, theilen die Mitglieder, sobald einer oder
Kommen wir auf das Kaffeehaus zurück. Noch schnupft der andere die Auflösung gefunden zuhaben glaubt, diese
der Birdaccione an seiner Prise, als dem Vctturino eine dem in ganz Rom bekannten B a j o c c « mit , welcher aber
Billardkugel nach dem Kopfe fliegt, welche der Ladendie- nicht selten zum unkrcucn Depositär wird, und nachGuust
uer , in welchem andern Lande der Welt wäre er fo herab: den Svr Pietro statt deS Sor Paolo, ja sogar nicht selten in
lassend? auffangt, und sich, stolz auf diese That, den einem entfernteren Zimmer sich selbst für den erste», der cS er
Schnurrbart streicht, und endlich faßt der Wcltxrirster den rathen, ausgibt. Immer aber spricht er: l>'«i l'»bl,i»m« z!»
Birbaccivne, dem die Billardprisen nicht so leicht in den inck«,iv»,o (wir haben cö fchon errathen). Einen eigenen Au»
Kopf wollen als die Tabaksprisen, vertraulich bcym Arme, blick gewährt dasjenige Billardzimmer, wo die Kugel»
um ibm eine der erstcrn zu erkläre». Im großen Kaffee: nicht mit Stöcke» gestoßen, sondern mit der Hand ge
saale sitzen die Verzehre? und Nichtverzchrer herum. Sine worfen werden. Da hier sictS von der sogenannten Kam
Winzerfamilie tritt ein. An der Art und Weise, wie der mer auS gespielt wird, so sind die andern drev Seiten des
Mann lioiiez« (Kellner) ruft, vernimmt man, daß er weiß, Billards mit Stühlen bcsezt, welche gewisse, vom Marqucur
was er auszugeben im Begriffe steht. <?r bestellt für sich begünstigte Personen einnehmen ; lezterc sehen dem Spiele
UN c»Iäo (ein Glas Punsch), für die Sxosa UN x«>»>« cki mir einer solch andächtigen Aufmerksamkeit z», daß man
limone (Citronengesrornec) und für jede der drcy Töchter glauben sollte, es hänge das Schicksal ihres Lebens davon
UN c»s« run,»>kßz!»ni« (Kasse mir Rum versezt). Der Auf: ab. Unter ihnen befinden sich besonders Weltgeistliche.
Wärter, befürchtend nicht recht gehört zu haben, fragt: ..vn Komisch ist eS anzusehen, mit welcher Hast sie lange vor
e»Ick« o UN liniove, «UN m««»?" Beleidigt antwortet der Anfang des Spiels, und wann daS ^minier noch dunkel
Winzer! xr«nckv ,en>z>r« UN«, m»i u» mei»«" (ich ist, hcrbeveilcn, um einen Sitz zu bekommen, wie sie sich
nehme immer ein ganzes, nie ein halbes). Ss ist nämlich drängen und stoßen. In der Regel steht nicht eker Jemand
derOekcnomie wegen gebräuchlich,«,,? ein halbes GlasPunsch wieder auf, als bis die Spieler bis auf den lezten Mann
und ein halbes Glas Sis zu nehmen. Am Tische daneben nach Haufe gegangen sind. Wer reden will, thut es flü
fizt ein Herr und eine Dame, gleichfalls mit drep Kindern ; sternd; wenn ein lautes Wort sich hören läßt, erschallen
er träat einen feinen blauen Mantel mit goldenem Schloß gleich hundert st'! damit keiner im Sehen gestört werde.
und rorbsammtner Besetzung, welche Mäntel hier, um sie Dieß der Charakter des Kaffeehauses von Znnen. Draußen
lächerlich zu machen, ?«rr»ju«li »I xomickor« genannt wer auf der cki 8. Igoren,« in l.ucin« entwickelt sich ein
den, sie einen rothcn Atlaöhut mit grünem Schleyer. anderer Charakter ; Nachmittags um zwe^und-zwanzig
Cr bestellt für seine Frau eine Tasse Kaffee, für die Uhr stellen sich hier sämmtlichc Petits-Mairrcs in Reih
Kinder eine ci.mbell« (Butterdretzel) , und für sich, auf und Glied auf, um die Damen auf- und abfahren zu se
die Frage des ärrers, „tti«»,«." Der Kaffee kömmt; hen. Wer die Chroniguc skandaleuse von Rom kennen ler
ie Obertasse seiner Frau, und behält nen will, braucht uur ein Paar Nachmittage die Läste
die Untertasse, welche gleichfalls voll ist, für sich. Die rungen anzul'öre», welche bier zum besten gegeben werden.
drcy Töchter theilen sich in die Li«n,bkII, und trinken Korrespondenz-Nachrichten.
ein Glas Wasser dazu. Wenn es ans Bczablcn geht, hat der Berlin. Juni.
Winzer zwev-und-zwanzig , und der Herr mit dem Liebes (BcseHluß.)
?c>ß Lestlnq auf tik moralischen Bezüge sein Hauptaugens
«v'elmontel vre» Bajocchi verzehrt. Au einem dritten Hab«, bezeuge» s«ix besten Glücke. Den» be»
7« 4
ruht nicht bie ganze Kollision in Miß Sara Sainpso» bar- tersaas gelehnt, dessen Wände mit frischem Laub üveMcibtt
auf, daß sie von ihrer Sinnlichkeit sich bat hinreißen, daß sie waren. In kurz« Zeit waren alle Plätze beftzl , und wer in
w schwachen Augenblicke» satt ihren Bebicrdcn zu wider dcr^Laubbütte nicht mehr Raum fand, mußte unter freycm
stehen , sich hat Verführe» lasse»? und wird nichr Emilia Gas Himmel oder in Gezeiten sein Unterkommen suchen. Unter
lotti, diese Tugendrosc, darum gebrochen, ebe der Sturm sie Gläscrklang und rauschende» Si»Kpl>o«ien wurde die Freude
entblätterte, weil sie sich zu schwach, zu sinnlich fülilt, uni i» immer lauter und gesteigcrlcr , während es i» der Stadt so
dem verführerischen Hause der Krimaldi dc>, Lockungen des La: still und leer war als wäre sie ausgestorben; denn alS die
sters widerstehen zn können? Die Tragik weiblicher Schwach Sonne tiefer sank, und ihr scheidender Strahl mit bnnkelm Purpur
heit , allzuheißcn Blutes, und der weibliche TugendrigoriSmus in den Acsten zu spielen ansing, da wogte schon in allen Gän
sind in diesen Stücken der hauptsächliche Inhalt. Die strenge, gen des Parks eine Ebbe und Flnth von vielen Tausenden,
rauhe Tugend zeigt sich m Emilia Galotti als das, wohin je welche den Anbruch der Nacht erwarteten. Sie brach cn!»i
der zu streben habe. In Minna vo» BarnKelm mildert sich lich an. Aufsteigende Raketen verkündeten den Anfang dcS
diese Strenge; wo kein eigentlicher Grund zu solcher harten, Feuerwerks. Eine zahllose Menge strömte jauchzend dem
rauhen Tugend vorhanden ist, soll sie nicht geübt werden. Dicß Play entgegen. Unter allgemeinem Jubel brannte eS ab;
hat Lesssng in seinem „Major Tellbcim" zu bezeichnen gesucht. die lezte» brennende» Strahlen zeigten noch die Namen:
Reich, blühend, geehrt, edel, menschenfreundlich und liebens Ludwig und Wilhelm, «nd fast in demselben Mo«
würdig, hat der tapfere Soldat in Sachsen sich mit der jun mcnte loderten an beydc» Seiten der Donau, so weit da«
ge», reichen, blübcnden Minna verlobt; nach geendetem Kriege Auge sehen konnte, Frcudenfcucr in hellen Flammen auf,
verwundet, verarmt, an seiner Ehre gekränkt, scheint es dem daß bie ganze Gegend erleuchtet schien. Gleiche Gefühle der
Anzustrengen nun Pflicht, einer so lieben Neigung zu entsa, Freude und der Hoffnung Kasten diese weitglänzenden Zeiche»
gen; seine rauhe Tugend gebietet ihm, die Geliebte zu fliehen. der Huldigung als ein treues Opfer dargebracht.
Diese Strenge als unrecht zu zeigen, sezt Minna ihm sich Jnbeß strahlte die Illumination in der Au auf allen Sei«
gleich ; auch sie erheuchelt Armuth , sie gibt vor verstoßen , an ten und in allen Gängen ; besonders aber zog die Blicke der
ihrer Ehre gekränkt zu scyn. Unter diesen Umständen will Vorübergehenden ein Altar an, worauf ein Dankopfcr flammte
nun Tellheim sogleich der ihrige werden ; er will für sie das und über demselben in brennender Schrift die Namen der
tbun, was er früher im umgekehrten Fall für unrecht gehal Könige. Unter Ludwigs Namen, gegen Bayern gekebrt,
ten hatte. Nun weigert sich Minna, bis ein glückliches Ende glänzten bie Worte der Ehrfurcht : „DemNachbarkbnige
die auf solchen. Streit beruhende Jutrigue beschließt. Das kos und dem Nachbarstaat e."
mi^c Gegcnbild dieser bcybc» Liebenden wird uns im Wachts Unter Wilhelm« Namen, gegen WKrtemberg ge»
meistcr Werner und in der Franziska hingestellt Der Wacht
meister bat alle Tugenden des Majors, aber im Uebermaß. kehrt , schimmerten die Worte des Dankes : „Den Zoll n n«
»nd dicß Uebermaß macht ihn lächerlich. Seine KriegSlust screr Dankbarkeit kann keine Macht Und keine
treibt ihn, mit dem Prinzen Heraelius gegen die Türken zu ziehen, Zeit ausheben." » '
sein Gelb kann er nicht schnell genug los werden; auch seine Anfs Neue füllte sich der nun mit vielen hundert Ser»
Hitze, seine militärische Paradcstrenge bcym Rapport an die zen erleuchtete Speisesaal, in dessen Hintergründe die Büste
Damen machen ilm zur komischen Figur. Franziska aber ist des Königs Wilhelm ans einem Altar angebracht und vo»
dadurch die Minna als komische Gestalt , weil sie das Entge einer Sonne umglänzt war. Auch alle Tische am Vorbau«
genkommen, das Sichantragen, waS bey Minna nur schwach und alle Gczclte umber füllten sich mit fröhlichen Menschen,
mid ohne ihrer Reinheit, ihrer Liebenswürdigkeit Abbruch zu der Neige des Festes das lezte Opfer zu dringen. Die Spiele
thun, hindurchschimmert, im Uebermaß hervortreten läßt. dcS Lichts warfen einen magischen , allmäblich sich i» Dämme»
Sie hat sich schon früher, wie wir durch ihre Scene mit Just rung verlierenden Schein zwischen die Schatten der Bäume,
erfahren, nicht eben als bie Zurückhaltendste bewiesen; jczt ein Zauber der Fcenwclt schien über den ganze» Raum ouSge«
aber plazt es ihr wider Willen komisch heraus, daß sie Frau gössen. Höher schlugen bie Herzen/ die Empfindungen stci«'
Wachtmeisterin werden wolle. Just min endlich ist die Rauhs gcrten sich von Moment zu Moment, und mit lautem Jnbcl
beit der Tugend in komischer Weise ; er ist ein tugendhafter, wurde von den anwesenden Bayern und Würtembergcr» auf
gefühlvoller Bär, aber ein Bär. Der Wirth dagegen und das Leben und das Wohl bevder Könige, so wie auch auf die
der Lieutenant Riccaut de la Marliniere sind komische Perso Dauer des Verein« unter Trompeten und Hörnerklang ge»
nen für die Darstellung des Jgnoblcn in Geldverbältnissen trunken.
und Ehrensachen. Riccaut ist das rechte komische Ertrcin ge Die Nacht rückte indessen heran, und allmählich verlief
gen den Major, und nur dadurch findet er seine Rechtferti sich die drängende Menge, die. nach dem Zeugnig der ältesten
gung in diesem Gemälde; für die Jntrigue selbst wäre er Leute, bey keiner Gelegenheit noch in Ulm so groß gesehen
unnütz. Doch wir wollen dicß Gemälde nicht weiter ausfüh worden war. Jczt erst konnte der Ball beginne», dafür aber
ren, um nicht denen gänzlich zu mißfallen, die cS schon in der dauerte er auch fort, bis die wicderkcbrcnben Strahlen de«
Lessingschen Darstellung zu ausgeführt und langweilig finde». Morgen« den Schauplatz des Festes wieder beschienen.
Lange wird dieser Tag im Andenken der ganzen Gegend
Ulm, Juni. bleiben; aber doppelt unvcrgeglich wird er allen denjenigen
(Beschluß.) seyn, die daran Antbcil genommen, baden, Härten doch die
großsinnigen Monarchen, deren Liebe zu il>ren Völkern bieg
In der FridrichSa» waren , besonder« durch die Anord Fest berbcyfübrte , hätten sie gesel«», wie vergnüyt »nd fre«
nungen «nd unermüdlichen Bemühungen dcS Apothekers Reis dig alle Anwesenden waren durch sie , und welche Empfind,«»
chard schon seit acht Tagen Vorkehrungen zur Feier des TagS gen der Ehrfurcht und des Danks aus a«en Auge» glänzte»,
getroffen worden. Alle Gänge dieses Park« waren zu einer auch ihnen würde ibr edles Herz hbbcr geschlagen babcn , und
Illumination mit den transparenten Farben Bayerns »nd auch sie bättcn gewiß in unscrc Losung mit eingestimmt : diese»
Würtembergs zugerichtet. An das Gesellschaftsbaus, das Tag war einer der schönsten unser« Leben«.
den Mitgliedern des Museums gehört,, war , ein langer Brets . ,.. . ^ '> , - i. . EM»
Verlag der I. G. Cotta 'scheu Buchhandlung.
177-

M o r g e n b l a t t

für

gebildete Stände.

Donnerstag, 24. Juli 1 8 2 3.

— Sein Lied, man Ußt e« immer wallen.


Da es doch ccm Erran iriderspricht.
Lcd«r nun ihr de« Gescye« Zkcnnir»
Wrisl'titfrkmmt , Iiocftqelalrrte M<mner '
Treuer MoSleminen feste Pflicht.
Goethe.

Dik Abenteuer Hajji Vaba'«. die Sonne nicht ein einziges Mos seit unser« Ankunft ge
sehen, und er ßng an. ernstlich zu fürchten, daß die in
<Fortse?un» «vn Nr». !«5.) Persien im allgemeinen über Frangistan verbreitete, Mcp,
Unsere hiusigen Besuche hatten uns so sehr beschäftigt, nuiig wahr sey und die Sonne in der That niemals m
daß uns kaum Seit übrig blieb zu bedenken, daß wir Mu England scheine. <?r begann demnach alle Hoffnung auf
selmänner seven und unter Ungläubigen lebten. Die Zer zugeben, sein Kebleh auSzufinden, bis er endlich eines
streuung, in welcher wir unsere Tage verbrachten, war Morgens, Freude auf allen seinen Zügen, von mehreren
so groß, daß die Pflicht des Waschcns und Bctcnö zu der Diener begleitet, zu dem Gesandten hereinstürzte und
bestimmten Zeiten mit jedem Tag nachlässiger beobachtet jubelnd ausrief: „Mujdeh, gute Nachricht! die Sonne
ward, zum großen Aerger Mohamed Bcgs, der ein stren ist erschienen, die Sonne ist hier!"- und in der That, «IS
ger Anhänger unsers Glaubens war, uns unaufhörlich wir in die gelbe , aus Rauch und Dampf zusammengesezt«
unsere Nachlässigkeit vorwarf und die Nothwendigkeit vor» AtmosM« hiublickten, sahen wir wirklich die Sonne.
stellre, uns rei» von der Ansteckung des Beyspicls dieser Doch waren mehrere von uns geneigt zu zweifeln, ob biet)
Menschen um uns herzu erhalten, welche in der That das herrlich leuchtende Gestirn sevn könne, welches wir
ohne alle Religion zu leben schienen. Er hatte es sich sehr tn Persien habe«, denn dort sind keine Menschenauaeil.
angelegen seyu lassen, die wahre Richtung de« Kebleh*) stark genug, dessen Glanz zu ertragen, wogegen wir hier
zu bestimmen; dicß war ihm aber i» England »och nie eben so leicht hineinblicken konnten, als ob es der Mond
nach Wunsch gelungen. Sein Kebleh Nemah oder gewesen wäre. Da wir uus indessen endlich überzeugten,
Kompaß war unglücklicherweise zerbrochen worden, und er daß es in der That die Sonne sev, waren wir sehr ver
zweifelte, ob irgend ein Kompaß, den wir uns von den gnügt und riefen dein, Gesandte» ,,M» bare k! Glück
Verspöttern unsers Glanbens verschaffen möchten, uns den auf!" zu/während' Mohamed Beg sich überzeugte, daß er
rechte» Weg zeigen könnte, ja ob er uns uicht vielleicht nun die wahre Lage des La»deS unsers Glaubens gesun
sogar vorsWichcrweise irre führen, einen, unreinen Ort den habe. „ . . . .. ,. . . / .
anstatt des geheiligten Altars unseres Propheten anzeigen Diese Freude, welche wir beym Anblick der Sonne,
würde. Sodann hatte er zu seinem höchsten Verkruste bezeigten, war ein Umstand, der manche Engländer in ih
! !. !-...,... ren Vornrtheilen ivon unserer Religion, bei^ärkte. Man
D« Ort . wel,in ssch tic bey wrem (Sc- hielt uns für Feneranbeler und glaubte, wir verehren die
Sonne. Einer ihrer Khans, der im Rath des Königs
saß und seine Meynung über schickliche und unschickliche eine solche Sitte hervorbringen würde ; da sie aber Moha
Dinge aussprach, kam niemals mit. dem Gesandten zusam med Beg das Vismilla'h mir lauter Stimme schrcyen
men, ohne zu sagen: „Nun Her», noch keine Sonne!" und unser Gesetz erklären hörten, welches den Menschen
Einmal, als es sehr kalt war, fand er den Gesandten, wie verbietet, das zu essen, woraus das Blut nicht geflossen,
er beym Feuer saß und sich wärmte. „O Herr!" sagte er, so öffneten sie die Augen des Erstaunens und neigten daS
„ich sehe, Ihr sepd ein Verehrer des Feuers;" wor Haupt der Billigung. Der Gesandte befahl auch , daß in
auf Mirza Firouz sich in großem Zorne an mich wand Zukunft allem Geflügel der Hals abgeschnitten und dasselbe
te, der ich eben vor ihm stand, und ausrief? «Was nach persischer Gewohnheit auf den Boden geworfen wer
für Reden sind dieß? Weiß er nicht, haß wenn wir den solle, damit es sich zu Tode blute, und so konnten
Feueranbeter wären, wir wenigstens nicht die garstigen wir denn luit Allahs Segen unsere Nahrung zu uns neh
räucherigen Feuer seines Landes verehren würden *). So men , ohne unser Gewissen zu beladen.
gar die Guebers, die wir kaum für gut genug halten un Als dieß im Reinen war, singen wir an, mit leich-
sere Becker zu bauen , beobachten die größte Vorsicht, um tcrm Herzen zir beten und zu essen, obgleich mir über
ihre Feuer rein zu halten, und waS sollten wir denn zeugt waren, daß in einem unreinen Lande unsre Gebete
thun, wir, die wir sie als die Unreinsten unter den Ungläu nicht dieselbe Kraft, ja nicht einmal halb so viel haben
bigen betrachten?" Dann sagte er zu dem Mehmandar: konnten, als wenn wir sie auf unserm eigenen Boden ver
„Um Allahs willen! erklärt dem Khan, daß wir niemals richtet hätten. Mohamed Beg drohte uns mit verdoppel
in unserm Lande dem Feuer Verehrung beweisen, als ten Gebeten, welche uns unfehlbar sogleich nach unsrer
wenn es kalt ist ," worauf Mohamed Beg , der auch im Rückkehr nach Persien von den Wollahs auferlegt werde»
Jimmer war, noch hinzusezte: „und sagt ihm, daß unser würden, denn er sagte, es gebe kein Be he seht, kein
heiliger Prophet, gesegnet sev sein Name! in dem eisten Paradies für solche, deren Flehen zu Allahs Throne auS
Surai des Buchs also geboten hat: „Bete weder einem Lande käme, „das mit Schweinen bedeckt und mit
Sonne noch Mond an, sondern bete Gott an, der sie ge Wein überschwemmt sev ;" diese Gebete würden aufgefan
schaffen hat." Dieß befriedigte aber den Khan nicht, sondern gen, ehe sie die Thore des höchsten Himmels erreichten.
er ließ uns durch den Mehmandar eine lange Geschichte Dieß machte einen angenehmen Sindruck auf unsere Ge
von einem alten Ungläubigen vorsagen, welcher über un müther und bcwog die meisten von uns, ihre Gebete aus
ser Land mehr zu wissen schien , als alle unsre Geschicht- zusetzen; denn, sagten wir, wenn wir nach unsrer Rück
schrciver zusammen, und der ihm und ganz England glauben kehr nach Persien doppelte Gebete zu verrichten haben sol
gemacht hatte, wir seyen Feueranbeterund schnitten noch len, wozu sollen wir denn überhaupt beten, so lange wir
überdieß unsern Pferde» der Sonne zu Ehren die Hälse ab. in England sind? Dieser Gedanke machte uns ganz ver
„Ha ha !" rief der Gesandte, der immer einen Spaß gnügt , trotz Mohamed Vegs feverlichen Blicken , der den
bey der Hand hatte, „da ich sehe, daß Ihr in Eurem Kopf schüttelte und uns ermahnte, die wahre Würde eines
Lande keine Sonne habt, zu wessen Ehre, wenn ich fragen Muselmannes und die uns von unserm Glauben auferleg
darf, schneidet Ihr denn Evern Pferden die Schweife ab?" ten Pflichten nicht aus den Augen zu verlieren.
Nun ging der Khan seines Weges, indem er sich die (Die Fortsetzung folgt.)
Hände rieb und versicherte , das Feuer sev eine sehr gute
Sacke.
Wir bedauerten die Unwissenheit des Volkes, mit dem Gemälde des römischen VolkscharaktcrS.
Wir zu leben verurthcilt waren, und beschlossen, nicht län
ger die Pflichten unsrer Religion zu verabsäumen, sondern Die Fahrt auf dem Korso.
den von unserm heiligen Propheten gegebenen Vorschriften Die bekannte Spazierfahrt auf dem Korso hat jeden
nachzukommen und uns als Vertheidiger des wahren Glau Nachmittag bey gutem oder auch nur erträglichem Wetter
bens zu erweisen ; demnach entschlossen wir uns auch, un von zwey-und-zwanzig bis vier-und-zwanzig Uhr oder zwey
sre Hämmcl selbst zu schlachten. Als die englischen Be Stunden vor Untergang der Sonne bis dahin statt. Ich
dienten Hassan (den Koch) im Begriff sahen, in einem habe nie Gelegenheit gehabt, einen römischen Ehekontrakt
der Gemächer des Hauses einem Schafe den Hals abzu aus den höhern Ständen einzusehen ; es ist mir also auch
schneiden, erhoben sie ein Geschrcy über den Schmutz, den nicht bekannt, ob, wie man behauptet, noch jezt diese Spa
zierfahrt von Seiten der Frau als eine Hauptbedingung
*) Di« Guebers unterhalten ihr geheiligtes Feuer mit Holz, darin festgcsezt wird. Daß aber vor vierzig oder fünfzig
welches weder Rauch noch Geruch hervorbringt. Sic sehen Jahren ,,i> cor««," so heißt die Spazierfahrt kurzweg, ein
sorgfältig zu, daß weder Knochen noch Uurath irgend einer
Art sich damit mische, und blase» es sogar nicht mit dem wichtiger Gegenstand bey Shcverlöbnisscn gewesen ist, lei
Munde an, aus Furcht ihm einen Übeln Geruch mitzutheile». det keinen Zweifel. Ich könnte eine hiesige angesehene
Dame anführen , welche blos deßhalb schon seit sechs Mo ab, wo er es verlangt und begnügen sich mit dem,
naten nicht mebr mit ihrem Kemahle lebt, weil er ihr er ihnen gutwillig gibt.
keine neue Equipage geben will, und sie mit der alten, (Der Beschluß folgt.)
wie sie sagt, ohne sich lächerlich zu machen, nicht mebr
auf dem Korso erscheinen kann. Am glänzendsten zeigt sich
die Spazierfahrt in den Monaten Juli und -August, wann Die Aussicht.
die ganze römische schöne Welt in Rom anwesend ist, denn Mit den Freunden sitz' ich
xs ist eine der vielen Eigenthümlichkeiten der hiesigen Ein In dem Koben Garten,
Da man hinunter schaut.
wohner, daß sie sich während der heißesten Jahrszeit in Wie von Thnrmen und Warten.
den siedenden Krater der Stadt einschließen und nur im Blicken alle thalwärts,
Mai und Oktober aufs Land gehen. Mit dem Schlage Rühmen die Redenbügcl, ,
zwep-und-zwanzig (sechs Uhr in dieser Jahrözeit) offnen Wiesen und Weidcngebüsch,
sich auf dem Hvrso, gleichsam wie auf den Schlag einer Rühmen des Stromes Spiegel.
Zanberruthe, sämmtliche bis dahin den ganzen Tag herme Und derweil sie jauchzend
tisch, von innen durch Scuei (Laden) und von außen durch Schweifen umber mit Blicken,
Sitz' ich ruhig und still,
r«r»i»n, (Jalousien) verschlossene Fenster der oberen Eta Alle die Pracht im Rücken ;
gen. Die Kammerzofen fehcn gähnend heraus; ihnen fol Seh' in den leeren Himmel,
gen, dasselbe thucnd, ihre Gebieterinnen. Seziere kom Kannö mit Schweigen hören.
men eben aus dem Bette, das sieht man an dem verwirrten Wie sie die Schau entzückt.
Kopfputze. Sine Pariserin hätte vorher wenigstens eine halbe Ohne mich umzukehren.
Stunde lang vor dem Spiegel zugebracht ; der Römerin fällt Mögt euch, leichte Seelen,
so etwas nicht im Traume ein. So fpielt frevlich eine Voll aus Blicken saugen.
PeNt-Maitresse von der Ebauss«'e d'Anrin, wenn sie sich Mir ist die Seele so voll
Bev geschlossenen Augen.
Abends ins Zensier legt, um frische Luft zu schöpfen, eine A. Schill.
andere Rolle als eine Römerin auf dem Korso, welche der
Spazierfahrt zusehen will ; aber auf welche Seite sich die Korrespondenz-Nachrichten.
Wage des natürlichen Reizes neigt , mag der beurthcilen, Lausanne, im Juni.
welchem der Unterschied zwischen Heyden aus eigener Er Gin Fragment der Dijoner und Genfer Sch«»spiclerge,
fahrung bekannt geworden ist. Hat endlich das ganze sellschafr I«lt sich in unser ärmliches Theater gewagt, und ver,
»eibliche Publikum an den Fenstern Play genommen, so sucht da sein Heil, was die Leute so schwer finden werde», wie
alle ihre Vorgänger, zumal sezt, wo der Sommer Land und
hebt das Schauspiel an. Wie sich in der Regel allen See mit tausendfachem Reiz überzogen bat. Wer immer mir
großen Aufzügen leere Equipagen anschließen, um die kann , verläßt die städtischen Mauern »nb zieht aus? Land ,
Hauptpersonen auf den Fall eines unvorhergesehenen wenn ihn da auch nur ein kleines Häu«chen, ohne -Heauem»
Ereignisses aufzunehmen, fo erscheint eine Anzahl leerer lichkeit und Slcganj aufnimmt; er l>at doch «cht einen kleinen
Obstgarten oder Weinberg , und unter dem Laubdach wohnt
Wagen auf dem Korso , eröffnet aber sonderbarer Weise sichs anmutkiger als unter Schiefern und Ziegeln. Das herr
den Aug. Sie gehören den unternehmendsten Köpfen un liche Frnblingswetter seit März und April, zu dem der Juni
ter den Miethkutschern vom nahgelegenen Montccitorio- anfelmliche Hiye fügt, bringt unsere Weinl'äiidlcr in Verzweif»
lunq. Nach ein.c Reil« von trefflichen JoI«en glaubten sie
platze, dem allgemeinen und einzigen Standpunkte aller mit Recht und Billigkeit auf ein schlechte« Jai'r rechne» zu
römischen Lohnwagen, an. Diese Bursche fahren auf Spe dürfen. Damit scheint es nun wieder nicht« zu werden, denn
kulation ; wo sich irgend ein müder Fremder oder ein hek der diesjährige Wein verspricht an Menge und Qualität «der
tischer Eingeborncr, welche sich gern vor Untergang der mal« «»«gezeichnet zu werden. Nun steht il>r einzige« Hoffen
und Harren auf einige gute Nachtfröste oder einen erkleckli
Sonne in die freye Luft begeben, sehen läßt, so schreven chen Hagel. Auch mit einer guten Wasserhose, wie voriges
sie ihm, so weit sie seiner ansichtig werden, die bekannte Jahr in La Vaud, wären sie zufrieden. Aber in allem Ernst,
Phrase entgegen : k/n« eseecltel, , Siznor« ? Lnon lezoo es ist de« Segen« s,,st zu viel. Glücklicherweise sind bev uns
(Wagen), eeeelienti e»v«lii." Haben sie es mit einem Frem die Abgaben de« Bauer« fo gering, »nd werden mit so viel Scho
den zu thun und sieht dieser sanft oder gutmüthig aus, nung bcvgetricben , daß er Gottc« Gnade wohl ertragen kann.
Unsere D«»,pfschiffahrt hat nun endlich ihr vornehmes',
die Bursche nennen das ,,»,«r „» «ri» gener«,»," so springen abgeschlossene« Wesen abgelegt, »nd sich, wie r« in der Schweiz
sie vom Bocke herab, heben ihn fast mit Gewalt in den fcyn m»ß, brüderlich und nachbarlich mit Genf verstanden, des
Wagen und jagen davon. Der Fremde protestirt, fluchtam sen Dampfboote unser Leina» vorige« Jahr pekuniär in den
Ende sogar, allein vergebens. Der Kutscher lacht dazu, Ke Grnnd bohren wollte, babrv aber selbst einen so großen Leck
erhielt, daß er kaum mit Keiler Haut davon kam. Jczt ha
Umstehenden lachen, die Gensd'armen lachen , am Ende ben wir uns mit den Genfcrn verstanden, und unser' Schiff
lacht sogar der Fremde. Ist der Korso aus , so setzen sie macht nun abwechselnd mit dem Winkelried seine Fahrten
?o8
um be» größte» Theil des Sek«. Ehemals beschränkten sich lirtcn Nicht». Die drey Kutscher geratbc« in eine geltbrte
die Genfer Dampfboote auf Vcvcy , Ouchv, Lausanne/ Mors Erörterung über de» Name» Omnibus ; dcr eine behauptet, es
gcs, Rolle, Nyon und Genf, und unser Lcman ging gar sey ein englisches Wort, und bedeute einen öffentlichen Wagens
nicht nach Vevey , worüber die dortigen Leute gewaltig bös ein anderer , der schon gelehrter ist , weiß, dag das Wort la
waren ; jczt ist das ganz anders. Die Schiffahrt begreift jezt teinisch ist; eS soll bedeuten eine» Wag«, für die Menschen. Un«
nicht nur die obengenannte» Orte, 6c crstrecst sich sogar Uber ter diesem Streiten , Klagen und gelehrten Grübeln erschein!
Montrc»r> Clareiiee, Cl'iuvn , Billcnenve und die Bou: der berüchtigte wandernde Jude, der seit zwcy Jahrhunderten
cheS du Rhone hinaus bis nach Boveret , dem Waadtländischen Frankreich nicht besucht hat, uud natürlich große Veränderung
Gränzort . wo daö Land »lit Wallis znsammcnsiößt. Sie has darin sindet. Er bezeigt sich zufrieden mit mancher Verbcsse«
bcn also täglich gegen achtzcl,» Licus ,u machen, was gewiß rung und »lit »>a»cher neuen Anstalt, unter andern mit der
aller Einen Werth ist. Da jczt die Fahrten »» der savoyischen Verfassungsurkundc, wovon man sich freylich vor zwey Jahr«
Küste weggebe» , so sind sie jenen Fahrten um den See zu Hunderten nichts hätte träumen lassen, wiewohl auch damals
vergleichen, die vor einigen Jahren zahlreich waren , hernach die Stände zusammen berufen wurden, wenn der König Gelb
aber in Abnahme gekommen sind. Wann aber wird wohl Sa- ndihig hatte; waren aber einmal die Stenern bewilligt, Po
voyen in unser» Dampfvcrband treten ? Zwischen ihm und uns sandte man die Stände wieder fort, und die Klagen über «l»
flutbct »»rein See, hier aber ein Weltmeer. lerle« Misbräuche der Gewalt begannen von Neuem, wiewohl
Wiewohl bey uns gar mancherley getadelt werben muß. de» meistens vergebens, bis einmal die Regierung sich wieder in
sonders im Schul- und Akademiewesen. so geschieht doch auch Nutz: großen Geldnöthcn befand und dadurch zum Nachgeben b»
lichcs und Erfreuliches. Dahin rechne ich die akademischen Preis, reitwillig gemacht wurde. Die Erwähnung der Verfassungs«
konkurse, die unter andern für 1828 — 1829 mancherley Inte: Urkunde Ludwigs XVIII. in einem Theaterstücke erregt in»
ressantes und Wichtiges betreffen , z. B. die Reformationsge- mer großen Äcyfall von Seiten der Zuschauer; man weiß wie
schickte im ehemaligen Kanton Bern, und besonders in Waab gern die Ultrapartl cy diese wichtige Urkunde vernichten möchte,
im sechszehnten Jahrhundert ; die Geschichte Griechenlands von deßlialv bezeigt man in de» unabhängige» Blättern und bev
den Pcrscrkricgen an bis zum Ende des Pcloponnesischc» öffentlichen Versammlungen eine gewaltige Anhänglichkeit a»
Kriegs uud den Zustand des Landes in dieser Zeit, die Ge diese Charte der Nationalrechte. Die Miethkutscher und di«
schichte der zwcy ersten Kreuzzüge, und Europas Zustand in Kabriolets sind für dcn wandernden Jude» auch etwas ganz
dieser Periode , und endlich für die Poesie , ein Gedicht über Neues, woran man vor 2UU Jahre» in Paris noch nicht
die ^uli« ^Izzinul«. , , dachte. Des ewigen Gehens müde, will er die ihm angebotene»
(Die Fortsetzung folgt.) Dienste der drey Kutscher annehmen ,, die ihm jedoch etwas
tkeuer scheinen ; allein gerade erschallt das Horn dcr vorüber»
Pari S, Juni. ziel'cndcn OuinibuS ; als der wandernde Jude erfährt, daß man
Natürlich mußten die Pariser , die über alles spaßen, auch für fünf Sous darin reifen kann, und jeder ehrliche Mann
mit be» Omnibus oder den neuen Stadtoiliqencen ir>ren Scherz doch wohl fünf Sous i» der Tasche hat, so entschließt er sich,
treiben. Es sind die Omnibus auf den Gassen besungen wor dieser ökonomische» FnKre den Vorzug zu geben, »Nd zieht
den , ein komisches, oder doch komisch senn sollendes Gedicht ist sich aus den Händen der drey Kutscher. Hier hätte das Stück
über sie erschienen , worin sich die Miethkutscher bitter über den endigen, odcr doch geradewegs zum vierten Gemälde oder Auf«
Zeitgeist beklagen: - ' , < zuge übergehen können , denn in den bcyden Mittclaemäldc»
L'esr « «s slicle kou, me» »m!», <zu» »c>nt clu» ist von der neue» Fuhre keine Rede ; im zweytcn geht die Hand«
l!e« pont» en silz ö« ler <I»ns le« »ir» «uipeixlu», lung vor dem Akademiegcbäude vor , wo der wandernde Jude
Oes pvnt» »ou» I« l/imise «ccvncliz en iuvnel, Erkundigungen einzieht, und bieg gibt Aulaß zu allerlei, Witz««
Oü I's»u ckej» ciem tois lit repentir öi-unel; lcye» über die Akademiker; so z. B. als der ewige Wanderer
die einzige Akademie sehen will, zeigt ihm der Pförtner in de»
Akadcmicsaale die leeren Siize; auch hat man die englisch»
Le» I>»te«ux »ousro»rins , et les ckemin» öc Kr, Schauspieler mit cingeflochten, welche eine Probe ihrer drama
?.l ces louräs O m n i b u » <zu'i,«»gin« I'enser, tischen Manier zum besten geben. Die Handlung des dritte»
Aufzuges gebt iin Justizpallaste vor ; hier wird eben der Pro«
und nun werden dieselben Omnibus auch in ein Drama verfloch zeß der kleiner» Theater gegen die Anmaßungen der grojien
ten und ans der Vaudevillcbühne aufgeführt. Das Stück ist in Oper verhandelt, welche ihnen die Steuer der Vizessino oder
vier Abheilungen, oder, wie es auf dem Anschlagzettel heißt, des Zwanzigstels auflegen will. Ich habe von diesem Prozesse,
in vier Gemälden verfaßt. In dem ersten erscheinen drcu Kutscher, der wirklich stattgehabt Iiat, mehrmals gesprochen ; die kleiner»
ein Fiakre-, ein Kabrioletkutscher , und dann ein sogenannter Theater haben leider den Kürzern gezogen. Obschon ihre Ad
Coukoukutschcr » das heißt ein solcher, welcher eine» der kleinen vokaten sich auf die Vcrfassungsurkunde beriefen , welche leint
Landwagen führt, deren eS über Hundert in Paris «ibt, und andern Steuer» anerkennt als solche, die von der Regierung,
welche das Volk scherzweise CoukouS nennt. Diese drey Kut das l'cisit von den denken gesetzgebenden Kammern bewilligt
scher nuu treffen zusammen, und beklagen sich über das Erschei und durch ein köniql. Gesetz auferlegt worden sind, so bat doch
nen de« neuen Fuhrwerkes der'OmnibuS. Wären noch Gil das Gericht diese Einwendung nicht augcnommeu , sondern dem
den » Zünfte und dcrgleich.n Zwang des Gewcrvfleißcs im Anwaldc dcr Regierung Recht gegeben, welcher behauptete, det
Gange, vielleicht würden sie die Unternehmer der Omnibus von der Over verlangte zwanziaste Theil der Einnahme sey
vor Gericht verklagen , «ls gefährliche Neuerer , welche die al keine Steuer, sonder» nur cincEntschädinunq dafür, daß^uch
ten Handwerke stürzen und ums liebe Brod bringen wollen. jene kleinen Theater Ballette anfführen dürfen , »«durch de»
Glücklicherweise kennt aber Frankreich keinen Zwang im Erfin kostspieligen Oper großer Abbruch geschehe.
den »nd Fabrizircn mehr ; das Publikum ist der einzige Rich (Der Beschluß folgt.) , /,
ter, welcher über den Werth einer neuen Erfindung oder ei
nes neuen Fabrikats entscheidet, nnd hierauf verstellt sich das
Publikum besser als alle von der Regierung bestellten und titu- B e » I a g e : Kunstblatt. Sir ö». .5
Vcrlag dcr I. G. Co t t a 'scht'n Bll^yai.dlmig.
178.

M o r g e n b l a t t

f ü r

gebildete Stände.

F r e y t a g, 25. Juli 1 8 2 8.

Wic vkrfäk>rt die Natur, nm Hobe« n«t> Nikdrei im Mensche»


Zu vkrl'iubci, ? sie stellt Eitelkeit mitten hinein. '
' Goethe.

Gemälde des römischen Volkscharakterö. um sich Sonntags ein Stündchen in einem Wagen schaukeln
zu können. Auf die Birbaccioni folgen unmittelbar die
(Beschluß.) Honoratioren, ein Kontrast, der um so mehr auffällt, als
Nach diesen Flibustiern unter den Miethkutschern die mittlere Klasse, bessere Handwerker, Künstler und
kommt die allcrseltsamste Erscheinung, welche auf einer ök. Kauflcute, durchaus nicht auf dem Korso erscheint, außer
fentlichen Spazierfahrt der kultivirten Erde gesehen wer Sonntags, und auch dann zu Zuß. Mit den Honoratio
den dürfte: eine Gefellschaft Birbaccioni, Menschen gleich ren beginnt daö eigentliche gesellschaftliche Leben auf dem
Vogelscheuchen , haben je sechs und sechs einen Miethwa- Korso, die oft beschriebene stumme Sprache und das In-
gen genommen, in welchem sie sich gleich den ersten der triguenspiel mit Augen und Geberde, von Wagen zu Wa
hiesigen Fürsten und Herzoge auf dem Korso herumführen gen, von unten nach oben, von oben nach unten, der Ans-
lassen. Bedenkt man, daß diese Menschen in der Regel tausch von Kußhänden und Liebesbriefen. Auf den drcv
kein Hemd auf dem Leibe und, um ihre Bloße zu decken, Plätzen, vor welchen die Spazierfahrt vorüber geht, dem
nichts als einen ans hundert Stücken zusammengesezten Volksxlatze, dem Platze di S. Lorenz« in Lucma, und dem
Mantel baden, daß ihnen der Hunger aus den Äugen sieht, Säulenplatze haben sich die Licbcsrittcr und die Petits-
daß sie nichts thun, um leben zu können, nicht einmal MaitreS aufgestellt. An bevden hat Rom eben so wenig
stehlen, was überhaupt keine Lieblingsleidenschaft deck hie Mangel, wie jede andere große Hauptstadt Europas. Nur
sigen Pöbels ist, so kann man sich die Bereitwilligkeit, sind sie von einem andern Schlage: crstern ist die Schwär
mit welcher sie mehrere Groschen wegwerfen , um sich daS merei, und leztern die Hasenfüßigkcit fremd; Niemand
eitelste aller Vergnügen zu erkaufen, nicht anders alö klagt dem Mvndenscheine seine Leiden und Niemand trägt
aus ihrer Nationalität erklären. Es ist dieß, man lache einen Spiegel in der Tasche. Willst du mich, so will ich
so viel man will , daS Gespenst der ehemaligen Größe und dich, ist ihr Wahlspruch. Hat sich eine Dame ihren Zorn
des RepudlikaniSmus ihrer Vorfahren, welches noch beut zugezogen, so stellen sich zwcv und zwey, gleichsam wie
zu Tage in ihnen spukt und von welchem s,> angetrieben Paöquino und Marforio in lebendiger Person, auf einen
werden, es den Vornehmer» gleich zu tbnn, oder viel der Plätze, und Heden im Augenblicke, wo die Schöne
mehr diese durch den Kontrast zu pcrsiffliren. Wie dem vvrüberfäbrt, unter sich ein Zwiegespräch an. Gnade Gott
auch se», so ist der Geschmack am Fahren so allgeninn der Spröden, wenn sie kein weiblicher Bapard, d.h. wenn
unter dem hiesigen Pöbel verbreitet , daß der armseligste sie nicht »»»» xeur et >»n, r«xr«cl>° ist. Leztcrcs allein
Handlanger sich in der Woche so viel am Munde abdarbt. genügt nicht, denn das junge Volk bcstzt so viel unver
7io
schämten Witz, daß es um ihren Ruf, nämlich um den die Schönheit der Frauen, desto bemerkbarer. Auf der
eines geistvollen Frauenzimmers, geschehen ist, wenn sie ganzen Erde gibt es vielleicht kaum so viele wahre, regel-
sich einschüchtern läßt und nicht Gleiches mit Gleichem ver mäßige und natürliche weibliche Reize, als man an einem
gilt. Man bleibt dabey freplich in den Schranken, aber einzigen heißen Juliusabende auf dem Korso zu Rom er
in den römischen, welche etwas weiter gesteckt sind als die blickt. Dazu die Unbefangenheit gerechnet, welche der Rö«
französischen und deutschen ; was in Paris Mord und Tod merin angeboren und nicht erst von der Gouvernante ein
schlag nach sich zöge, wird hier als Scherz belacht. Die gelernt wird, und es begreift sich, daß diese Spazierfahrt
Ursache davon liegt nickt im Mangel an Herzhastigkelt, besonders dem Fremden Annehmlichkeiten gewähren müsse,
sondern in der geringeren gesellschaftlichen Kollision. welche keine andere Stadt Europas darbietet. Um so mehr
Am besten wird sich der Charakter dieser National steht zu bedauern, daß der Korso nicht allein in den lej»
sitte kurz und treffend andeuten lassen, wenn wir einige ten zwanzig Jahren bedeutend abgenommen hat, sondern
stereotype Charaktere des Korso vorüberführen. Schlag daß ihm überhaupt der gänzliche Untergang zu drohen scheint.
zwey-und-zwanzig Uhr sieht man aus dem Vicolo de Fiano DieHauptursachc davon liegt in der allmählichen Umwand
die Marchefe L*** auf den Korso biegen. Obgleich weder lung der Sitten. Eine Menge Personen, welche in Folge
in der Blürhe der Jngend, noch des körperlichen Reizes, der veränderten Sitten diese Promenade nicht mehr als
weiß diese kleine liebenswürdige Frau die Aufmerksamkeit eine geistige Unterhaltung, sondern als körperliche Erho
aller derer auf sich zu ziehen, welche weiter sehen, als auf lung ansehen, fangen schon an, die Gasse di Port« Pia,
das Geschirr der Pferde, die Vergoldung des Wagens und die schönste, längste, geradeste und breiteste Roms zu wäh
die Diamanten der Dame, welche darin sizt. Sie führt len, die also an sich bey weitem zweckmäßiger zu einer Spa»
den Beynamen I« 5«I!,«ri» g«l weil sie stets allein zierfahrt als der Korso ist. Wer sollte aber glauben, daß in
fährt und weder ihren Gemahl noch einen Cavaliere Ser- den heißen Sommermonaten, wo man in Rom bis zum
vente zur Seite hat. Ihr angenehmes, etwas röthliches Untergang der Sonne kaum athmen kann, nicht vielmehr
Gesicht auf den rechten Arm gestüzt, sieht sie von der lin? die Abende gewählt werden sollten, um frische Lust zu
ken Seite mit einem so musternden Blick auf die Menge schöpfen? Aber so groß ist die Furcht vor dem Popanze,
herab, daß man, wäre sie nicht vermählt, glauben sollte, »ri» c»ttiv, genannt, daß mit dem lczten Sonnenstrahle
sie suche, ein weiblicher Diogenes, nicht eben Men auch der lezte Wagen vom Korso verschwindet, ja daß der
schen, aber einen Mann. Hinter ihr fährt gewöhnlich Pincio, welcher wegen seiner Nähe am Volksthore beson
der Graf *** mit seiner Gemahlin. Beyde sehen bestän ders verrufen ist, schon eine halbe Stunde früher völlig
dig nach verschiedenen Seiten auf den Korso. Das macht, leer von Wagen wird?
sie haben eine Hcirath aus Konvenienz geschlossen, wie
man sie hier so häusig findet und zwar unter ähnlichen
Umständen wie der Herzog und die Herzogin von St. Al Die Abenteuer Hajjr Baba's.
bans. Dort fährt die Marchese ***, eine starkgeschminkte
Frau, schon bey Jahren. Die Gutmnthigkeit steht ihr auf (Fortsetzung.)
dem Gesichte geschrieben , und der junge achtzehnjährige Wir wagten es nun durch die Straßen zu wandern,
Graf welchen man stets an ihrer rechten Seite sitzen obgleich unsere Kleidung und unser Aussehen Aller Augen
sieht, ist nicht, wie die Verläumdnng behauptet, ihr Ca auf uns zog ; als wir zuerst durch dieß große Labyrinth
valiere Servente, sondern ihr Adoptivsohn. von einer Stadt schritten, fürchteten wir, wir möchten
Mir scheint der Korso unter den vier Hauxtpromenaden nimmermehr unfern Weg zurück finden. Wir hatten nichts,
Europas die natürlichste zu seyn , wie überhaupt die Rö was nnsre Schritte leiten konnte, denn jedes Haus schien
mer unter allen civilisirten Großstädtern noch die meiste uns dem andern gleich zu seyn. Alle Thüren sahen eine
Natürlichkeit besitzen möchten. Man fährt auf dem Korfo, wie die andere aus. und alle Fenster hatten dieselbe Form.
um zu genießen, und nicht, um zum bloßen Schaugcrichte Es gab kein Bad , kein Karavanserey, keine Barbierbude,
zu dienen, oder sich an einem solchen zu ergötzen. Daher ja nicht einmal einen Misthaufen konnten wir entdecken,
der Mangel an allem Lurns; die geschmückteste römische der uns einen neuen Richtpunkt gewährt hätte, sondern
Dame auf dem Korso ist kunstloser gekleidet, als wenn die wenn wir einmal in eine Straße hincingericthcn, so war
Pariserin in der Tischtoilette zu ihrer Putzmacherin fährt. sie ohne Ende, und man konnte in einer gerader« Linie
Eben so Diener und Equipagen. Lcztere haben , einige fortgehen als in dem Chahar Bagh von Jspahan. Wir
Ausnahmen abgerechnet, mit den Nathskutschcn Aehnlich- verirrten uns so häufig, selbst in geringen Entfernungen
keit, wie sie vor vierzig bis fünfzig Jahren in den deut von nnserm Hause, daß ich beschloß, mich des Mittels j«
schen frcven Reichsstädten Mode waren. Ist aber der bedienen , das ich mit gutem Erfolg in den Wäldern von
künstliche Lurus fern, so macht sich dagegen der natürliche. Mazanderan angewandt hatte, «IS ich Gefangener der
Turkomanen war. Ich schnitt damals Anden ln die Bäu fuhr, und daS Stück heiliger Erde, worauf die Namen
me, wo ich ging, und fand mich auf diese Weise zurecht, unfers gcbenedetten Propheten und der zwölf Jmams ge
Iren» ich meinen Weg verlor. Hier versah ich mich nun schrieben stehen , mit seiner Stirne derührte, solch«»,»
mir einem Stückchen Kreide, bezeichnete damit jede Ecke, sie sich ganz in ihren Erwartungen betrogen zu finden, und
und so konnte ich große Strecken durchwandern und mei- einer war unverschämt genug, es aufzunehmen und fei»
ucn Rückweg ohne fremde Hülse finden. Allein diese nen Kameraden herum zu zeigen. Dieß erweckte meine»
Srreifereven waren gefährlich , da wir unS in Mitten ei Stolz alS Perser. Wie verworfen ich such sevn mochte,
nes fremden Volkes befanden, und selten verging ein Tag ich konnte uns nicht so beschimpft und ein Stück unserS
ohne ein Abenteuer. Eines Tages war ich ziemlich weit heiligen Mecca so entweiht sehen. Ich stürzte vor , um
mit MoKamed Beg herumgeschweift und unfer Stern die Reliquie den Ungläubigen zu entreißen ; meine Hand»
führte uns auf ein grünes Feld. Viele Leute gingen ab lung ward mit lautem Holmgeschrcp aufgenommen. I»
und zu; wahrscheinlich war es irgend ein Festtag der Chri Wuth gesezt, sprang Mohamed Beg auf , und ohne an
sten ; es war ein schöner Tag und die Sonne schien fast so etwas anders alS an den seiner Religion zugefügten Schimpf
hell als bcp uns. Wir kamen zu einem reizenden Fleck zu denken, zog er fein Messer und würde eS einem der
mit GraS, so sanft wie ein Teppich, und MohamcdBeg Ungläubigen in den Leid gestoßen haben, wenn er in dcmfel»
rief aus: „Allah, Allah! welch ein herrlicher Platz, um den Augenblick nicht einen Schlag erhalten hätte, der von
unser («ebet zu verrichten." In diesem Augenblick schlug irgend einer unsichtbaren Macht, einer Dive oder einem
die Uhr einer der Moscheen die englische Mittagsstunde, englischen Gin herrühren mußre, und ihn so genau mit
da vermochte er nicht länger zu widerstehen. „Da ist der ten vor den Magen traf, daß fein Zorn sich sogleich in
Zohar, die Mittagsstunde," rief er aus, „und wenn Erbrechen verwandelte; fein Bart dehnte sich aus, fein
wir auch keinen Muezzin haben , uns zum Gebete zu ru Antlitz ward bleich und die Augen gingen ihm über.
fen, so laßt uns doch die Aufforderung nicht mißachten. Noch nie hatte ein Gebet einen so schlimmen Ausgang ge
Hier ist Wasser bev der Hand, wir wollen unS waschen habt. Anstatt Segnungen auszuströmen , floß sein Mund
und dann unsre Andacht verrichten." Die Wahrheit zn von Flüchen über, und wenn er einen Augenblick zu Arhrm
sagen, so war ich niemals ein großer Veter gewesen, ich kam, so war es erbaulich zn hören, wie er die ganze eng»
wollte aber doch meinem Gefährten keinen Anstoß geben, lische Nation der Verdammniß übergab, und ihnen an»
und so leistete ich seiner Einladung zwar keine Folge, ver kündigte, wie ihre Väter nun in den Feuern von Jeba-
sicherte ihn aber, ich wolle auf ihn warten, bis er seine n u m brieten.
Andacht verrichtet habe. Unsere Lage war in der That nicht beneidenswerth,
Er wusch sich erst in einem nahen Bache die Hönde, besonders da wir einige Neigung an dem unS umgebenden
Arme , Füße und hinter den Ohren , und bann sezte er Pöbel bemerkten, zu noch größeren GewalttKätigkeiren zu
sich , nachdem er die Lage von Mecca ausgefunden , nie schreiten, als Mohamed Beg Schläge auf den Magen zu
der und kämmte feinen Bart. Nun legte er seine Sie versetzen; einer von ihnen besonders schien heftiger auf»
gelringe, Spiegel und Meö, was er von Werth an sich geregt als die Uebriaen . und machte Geberden, deren
trug, ab, zog das Stück geheiligter Erde *) ncbst den Absicht wir nicht einzusehen vermochten; er ballte die
Äugeln aus seinem Busen , legte sie vor sich hin , und Faust, hielt sie mir unter die Nase und zog dann den
nahm nun die erste Stellung zum Beten an. Während Rock auS. Dieß schien mir eine Feindseligkeit anzuzei»
dessen hatten die Ungläubigen angefangen, sich um uns her- gen, obgleich ich wußte, daß den Hut abziehen das G<-
-um zu versammeln. Wofür sie uns hielten, ist schwer genthcil bedeutet. Zu meinem Erstaunen sah ich einen
zu sagen, wahrscheinlich für Taschenspieler, da sie alle mit andern Man» aus dem Gedränge hervortreten und eben
der größten Neugierde die verschiedenen Kostbarkeiten be-. falls feinen Rock ausziehen; sonderbare Komplimente!
trachteten, welche Mohamed Beg auf das GraS gelegt. dachte ich, allein ich ward bald ans meinem Jrrthume
Als er mit festgefchlossenen Füßen aufstand und mit lauter gerissen. In dem Manne erkanttte ich einen der engli
Stimme das Fatheh **) hersagte, so glaube ich in der schen, bcy dem Gesandten angestellten Bedienten, und
That, sie erwarteten, ihn in die Luft springen oder ei hatte kaum Zeit, mich ihm zu erkennen zu geben, «IS
nen 8,I>0 mvrt.le machen zu sehen, wie lhre Marktschrever Mohamed Beg und ich mit sich Entsetzen ein Gefecht
thun ; als er aber ruhig in seinen Niederwerfungen fort- zwischen diesen Heyden Menschen entspinnen sahen. Sie
fochten mit großer Kraft und Entschlossenheit, und in
kurzer Zeit war unser Bedienter Sieger. Seine Schläge
1 Die Perscr legen , wenn sie beten , ein Stückchen TKon fielen dichter auf daS Antlitz seines Gegners als auf die
»m sich hin , d»S von dem Boden von Mecca scyn soll , und
worauf heilige Sprüche geprägt sind. Füße eines, der in Pcrsien die Bastonade erhält, und dieß
Da« erste Gebet des Korans. fo lange , bls alle seine Züge entstellt waren , und er um
? 12
Gnade bat. MS er so Nichtig zerschlagen war, schüt Menge. So bildete sich neuerdings ein Verein in Bordeaux, der
telten sich Bepde die Hund und gingen dem 'Anscheine nach älteste aber ist wohl die Schweizergescllschaft in St. Petersburg,
alö gute Freunde auseinander, Wir aber kennten uns nicht grbßtcnthcilS aus Genfer« , Waadländer« und Neufchateler»
»on unserm Erstaunen erholen, konnten nicht begreifen, bestehend. Sie hat zum Zweck, den Schweizern, die in die»
warum unser Bedienter sich in die Sache gemischt habe, ser großen Statt ankommen , mir Rath und That au di«
obgleich er unö versicherte, er habe sich nur unö zu Ehren Hand zu geben, ihnen Mittel und Wege zu zeigen, sie zu
geschlagen. Wir hatten oft von der Gastfrepheit der Ar«: empfehlen . wenn sic'S verdienen , und ihnen Stellen oder sonst
der gegen Fremde gehört, daß sie ihr leztes Schaf für deren Unterkunft zu verschaffen, denen, die in ihr Vaterland zurück,
Bewirthnng tobten, lieber selbst Mangel an Allem leiden, kehren wollcn, die nbthigen Reisegelder zu geben. Kranke,
ehe sie es ihrem Gaste an etwas fehlen lasse» , allein daß Schwächliche, Greise und Arme zu besuchen und ihnen z»
man aufsteht, kämpft und Gefahr läuft, die Augen zu ver helfen, ihnen Aufnahme in die wohltkätigen Anstalten deS
lieren oder sich die Nase zerschlagen zu lassen, um ciues Landes ober Arbeit zu verschaffen, den jungen Leuten mit
Fremden willen, dieß war uns noch nicht vorgekommen. Rath bepzustehcn und sich aller anzunehmen, die Hülfe be--
Mohamed Beg zerbrach sich lange den Kopf, einen befriedi bürfen , über die Erziehung armer und verlassener Kinder z«
genden Grund für dieses Phänomen zu finden, aber er wachen. So reichen sich Patriotismus und christliche Mild«
brachte nichlö weiter heraus, alck daß die wai«fcheinlrcher- die Hand, Diese Schweizergesellscbast macht jährlich Kollekte».
weise für ihn bestimmten Streiche durch die Vermitt Für ihre laufenden Ausgabe» verwendet sie nur Z iKreS Er«
lung des Schicksais auf einen Andern gefallen seven. Wir trags , j wirb iu die Bank gelegt, und dadurch das Kapital
kehrten unter manchen Ausrufungen heim und sezten den vermehrt, an das nicht gerührt werden darf. Inden eilf Jahren,
Gesandten durch die Dinge, deren Zeugen wir gewesen wa seit die Gesellschaft besteht, bat sie S0,t7l> Franken gesammelt.
ren, in die gröptc Verwunderung. Sie bcsizt ein Kapital von l5,W0 Franken, und ihre jährlich«
(Die Fortsetzung folgt.) Ausgabe belauft sich auf Z0M> Franken. Im Jabr i8tö tru«
gen S5 Individuen bcy, voriges Jahr ls>6. Unter den Bcye
Korrespondenz- Nachrichten. tragenden warr» allein Zg schweizerische Gouvernanten iu St.
Lausanne, im Juni. Petersburg. Im Jahr !8Z7 trugen S7 Hofmeister. ^Han
(Fortsetzung.) delsleute und ZI Haudwerkslente bey. Diese Angaben find auch
Nicht nur im Wissen mache» wir Fortschritte, sondern dadurch interessant, weil sie einen Begriff von der großen Zahl
auch im nützlichen Handeln. Dazu wirkt besonders die schon früher von französischen Schweizern und Sctiweizerinnen geben , die
besprochene Hocioie V»»ä«iz» a"ulil!>o publique, deren Nütz von Genf, Waad und Neufchatel als Erzieher und Erzieherin«
lichkeit täglich zunimmt. In der lczten Sitzung zu Lausanne nen nach Rußland gehen. Seziere ziehen jedoch eine geringe
beschäftigte man sich zuerst mit den Heim all, losen in un-> Stelle in Deutschland den glänzendsten Versprechungen in Ruß«
serem Kanton, und beschloß sich in dieser Beziehung den Ver land vor. (Der Beschluß folgt.)
fügungen der großen Schweizer Nützlichkeitsgcscllschafr anzu Pari«, 8. Jurn.
schließen und in Einklang mit ihr zu handeln. Em anderer sBeschl««.)
/ wichtiger Gegenstand war die Gründung von VorsichtS : und In dem Vandeville werden die kleiner» Theater, ein«
Hülfskasscn für Handwerker, worin die kleine Stadt Vevcy nach dem andern, ein wenig bespöttelt, und auch die Ope«
mit löblichem Beispiel voran geht. Nicht weniger bedeutend gebt nickt leer ouS, denn man hat sie auf Stelzen gehend
ist die besprochene Anschaffung von VolkSbibliotbeken zur nütz dargestellt. " Im vierten Aufzuge kommen endlich die OinnibuS
lichen Unterhaltung und zum Unterricht der Laudleutc. I» wieder aufS Tapet. Die brep Kutscher des ersten Aufzuges
der trefflichen Abhandlung eines abwesenden Mitglieds warb finden sich vor dem Eingänge des IustizpaUastcs ein. E«
der große Einfluß des Nolksnnterrichts und der Volkscrziebung fängt plötzlich heftig^ zu regnen an, die ProzeßfüKrendcn brän«
nicht nur auf Sitten und Religio», sondern auch auf Nario» gen sich auS dem Pallaste, und sehen sich nach Fuhrwerken
nalreichthum dargcthan und weitläuftig cutwickelt. Damit um; die drcu Kutscbcv bieten wicder ihren Dienst an . sie
verwandt war ei» andcrer 'Gegenstand, für den sich besonders setze» ihre Preise herunter, allein Niemand will in ihre W«
der verstorbene Baron Staöl intercssirte , die Anfertigung ei gen steigen , sonder» alle stürzen aus die neuen Omnibus zu,
nes tauglichen Volkskalenders an der Stelle der bisherigen die alten Kutscher werben darüber so erbost, daß sie die Leu«
unzwcclmäßigcn Schriften dieser Art. Eine Kommission ist te, die in ihre Wagen steigen wollen, obendrein bezahlen
mit der Abfassung eines nützlichen VolkSkalendcrs beauftragt. wollen, wie jener Unternehmer einer englischen Kutsche, wel
Eine Ausstellung WaadlZndischer Jndnstrieerzeugnisse ward be cher die Reisenden unentgcldlich aufnahm > und sie noch daz»
schlossen ; desgleichen der Druck und die in periodischen Liefe mit einer Flasche Wein bewirthete . um dadurch seineu Zr?n«
rungen folgende Herausgabe guter Elementardücher für die kurrcnten ihre Kunde» zu entziehen. Auch dieß Mittel wi»
Schnllehrer, von denen vorzüglich alles nützliche Wirken auf nicht helfe», der Reiz der Neuheit verschafft offenbar den
das Volk ausgehen ,muS> Die Kasse der Gesellschaft schießt Omnibus den Vorzug. Dadurch melden die Kutscher noch
dazu die nöthiacn Kosten her. Es ist zu hoffen, daß diese mehr aufgebracht, und wollcn mit den Kutschern der Omni
Maßregel günstig auf die so nötbige Verbesserung der Schul- bus handgcMein werden, oder my vielmehr an diesen mit de.
lebrer wirken, und durch sie die in hohem Grad verdorbenen Peitsche rächen. Der ewige Jude wirst sich aber inS Mittel,
Sitten des Landvolks verbessern wird. Auch die Errichtung und sucht den Strcitcnden begreiflich zu machen , daß Pari«
einer Schule für kleine Kinder, nach dem Muster der Gen für alle groß genug ist und hinreichende Erwerbsmittel da»
fer, wurde besprochen, und den Beschluß machte eine Abhaud- bietet. So ist cS dcnn auch wirklich, die OmnibnS werden
lnng über die Zuflucht armer Kinder auf dem Lande. frehlich eine Verminderung in der Zahl der Fiakrcs od»
Wenn wir die woblthätigcn Anstalten in andern Län MictKkntscher bewirken ; allein ganz aufgehoben werden diese
dern betrachten, so ist eS erfreulich dabey Waadländer vorzüg nicht werden , denn auch sie sind und bleiben eine nützlich«
lich wirksam zu sehen. Fast in allen großen Städte» Euro Anstalt. Die Pariser können also ganz unparthcyisch ausrufe«:
pas bestehen Sam'eizervercine , de»» bei, Allem , wo cö ciwaS ES lcbcn Fiakres und Omnibus! Dg.
zu gewinnen, zu spekuliren gibt, finden sich Schweizer in B e v l a g e s^tera^blätt^Nr. ««. ^
Verlag der I. G. Cor ta 'scheu Buchhandlung.
N°. 179

M o r g c n b l a t t

fü r

gebildete Stände.

Sonnabend, 26. Juli i 8 2 8.

Wnin auf de« Denken« frevakaebnen Bslmm


D« Forscher jezt mit kstl'ncm «lücse schweift.
Und trunken von siegrufenden Pjanen,
Mit r,nwcr H>'»d schon nach der Krone greift.
Verzecht iym!
Schiller.

Francesko Lana, Es bedarf kaum eines Beweises, daß im Altcrrbum


Erfinder der Luftballone und Luftschiffe. schon Vorkenntnisse genug vorhanden waren , die Buch-
druckerev zu erfinden, nnd aus dem folgenden wird
Um die Ehre, die höhere Analpsis erfunden zn haben, wahrscheinlich werden, daß man lange vor Montgvlfier die
stritten sich Newton nnd Seidnitz, und »och mehr ihre Key- Luftballone hätte erfinden sinnen. Fast möchte ich gera
derscitigen Anhänger; selbst der Erfinder der Buchdrücke: dezu sagen: sie find früher erfunden, und überlasse die
rex ist nicht ohne Nebenbuhler und Prätendenten geblie sen Ausspruch den Lesern. Wenn ein Mensch bevläusig,
ben; ja die in unserer Seit entdeckte Steindrucke«? ist eine ohne Beweis und fast im Scherz einen Gedanken äußert,
Zeit lang dem verdienstreichcn Sennes cldcr mit Unrecht der später von einem Andern ausgeführt wird, dürfe»
abgelangnet worden. Aber Mvntg visier hieß von je: wir frevlich nur den Lcztern Erfinder nennen ; wenn
her Erfinder der Acrostate, und so sehr auch der Physi aber ein Mann auf wissenschaftlichem Wege eine Erfindung
ker Charles dieselben vervollkommnete, und so vieles auseinandcrgesezt, eine Maschine, einen Ballon, oder waS
für die Ausführbarkeit und die Minderung der Ge es nur immer ist, gezeichnet, die Ausführbarkeit mathe
fahr beym Aufsteigen that, fo wollten doch weder er noch matisch berechnet und bekannt gemacht hat, wenn sein Buch
andre sich die Erfindung zuschreiben. Man hat sogar in auf uns gekommen ist, sich in unfern Bibliotheken befin-
Deutschland behauptet, diese hätte überhaupt nicht lange det und der Verfasser selbst bemerkt, daß er nur auS den
vor dem Jahre t782 zu Stande gebracht werden können, wichtigsten Gründen die Benutzung nicht angerathen habe,
weil erst kurz zuvor ein Engländer seine darauf hinführen sollen wir ihm alsdann nicht einen An theil wenigstens
den Untersuchungen über die obere Luft u. a. m. bekannt an der Erfindung gönnen ? sollten wir nicht seine Manier
gemacht habe. Man behauptet ferner, und mitRecht, zu einer mit den spätem vergleichen , und, zumal wenn sie bisher
Erfindung seven Vorkenntnisse nothwendig, bedenkt unberücksichtigt blieb, zusehen, ob wir nicht nach ih
aber nicht genug , daß der Erfinder selbst zuweilen erst ei rer Anleitung noch weiter gelange» können, als mit Be
nen Theil dieser Vorkenntnisse entdeckt, ja daß eine Erfin nutzung des bisher ollqeinei» bekannten?
dung, und besonders eine Entdeckung häufig nicht sowohl auf So verhält es sich mit dem Buche und dem Gedanken
Berechnungen beruht, als von einer glücklichen Idee oder des gelehrten Francesco Lana. Ein Engländer, G.
vom Aufall abhängt, und daß die Hauptsache für den, wel Cnmberland, erwähnt seines Buchs v. I. t670 und be
cher eine neue Idee hat, ist, zu wissen, an welche Vor merkt, daß Lana über Teleskope und Mikroskope einige
kenntnisse er ihre Ausführung anknüpfen soll. Jahre v o r N c iv t o n eben so richtig gesprochen habe «IS
714
Newton selbst in seinen ersten Aufsitzen über denselbenGegen- ten wagte, möglich ist, ein Schiff von jeglichem
stand, welche er der königlichen Gesellschaft überschickte. Dieß Stoffe, sogar von Metall, durch die Luft fahren zu
allein möchte schon hinreichend sevn, auf die Schriften La- lassen. Angenommen, das Gewicht der Lust verhalte sich
na's aufnierkfam zu machen. Da jenes italienische Werk *) zu dem des WasserS wie j zu 96«, so wiegt, wenn ein
weder bey Fontanini, noch bey Apostolo Zeno, römischer Knbikfuß Waffer 9«g Unzen, d. i. 8« Pfund
noch im Florial- Katalog angeführt ist, so hielt es wiegt, ein römischer Kubikfuß Luft ä Unze. Es ist ferner
Cumberland für sehr selten ; ich habe es aber in der könig gewiß, daß eine gläserne oder metallene Kugel luftleer
lichen Bibliothek zu Paris gefunden. gemacht werden kann. Ferner steigt jeder Körper, der
Lana spricht zuerst von den mechanischen Künsten, ver spezifisch leichter ist als ein flüssiger Körper, in diesem
mittelst welcher man Vögel durch die Luft fliegen lassen flüssigen Körper auf und schwimmt darauf.
kann, namentlich von des Architas Taube, Baptist« Por- (Die Fortsetzung ^ folgt.)
ta's fliegendem Drachen , vom berühmten Adler des
Ncgiomontanus, welcher Karl dem v. bey seinem Ein
züge in Nürnberg entgegenflog u. s. w. , und geht Die Abenteuer Hajji Baba'S.
darauf zum sechsten Kapitel über, welches den Titel führt :
„Wie man Schiffe bauen kann, die von der Luft ge (Fortsegxng.)
tragen werden, geleitet von Rudern und Segeln, de- Auf einmal schien unter den Engländern eine große
„ren Ausführbarkeit sich beweisen läßt." Der menschliche und allgemeine Bewegung zu herrschen. Man sagte uns,
Geist, sagt er, begnügt sich nicht mit obigen Erfin der große Staatsrath scy im Begriff, seine Sitzungen zu
dungen, sondern geht weiter zu einer Methode, wodurch halten, und obgleich das Land schon mehr als Tausend und
Menschen wie Vögel durch die Luft fliegen können; Einen BaiU) Gesetze besitze , so seycn doch noch mehrere
und wahrscheinlich mag die Erzählung von Dädalus erforderlich. Einige sagten, die Regierung verschwende zu
nicht fabelhaft fevn, da wir als gewiß erfahren, daß eine viel Geld, und man müsse in Zukunft weniger ausgeben.
Perfon, deren Namen mir nicht einfällt, zu unsrer Zeit Andere versicherten uns, der Staatsrath versammle sich,
auf ähnliche Weise über den See von Perugia flog, und um über eine alte Frage zu berathschlagen, über die man
darauf, als er sich herunterlassen wollte, mit solcher Hef sich schon hundert Jahre her streite, jezt aber nicht weiter
tigkeit auf die Erde kam, daß es ihn sein Leben kostete. als zu Anfang des Streits scy , und diese Frage war, ob
Immerhin hat es bisher Niemand für möglich gehalten, sieben Millionen der Bevölkerung fortfahren sollten, unzu«
ein Schiff zu bauen , um damit durch die Luft zu fah frieden und aufrührerisch, oder daö Gcgentbeil zu seyn?
ren, gleichwie ein Schiff vom Wasser getragen wird, da Wir konnten von Alle dem nichts glauben, denn wie war
man es für unmöglich hielt, eine Maschine zu bauen, es begreiflich, daß eine so mächtige, fo blühende, und mit
welche leichter se» als die Luft selbst ; diese würde näm einem solchen Ucberflnsse von Reichthum gesegnete Nation
lich nothwendigerweife den gewünschten Erfolg haben. Ich zu so unerhörten Beschuldigungen Anlaß geben sollte?
aber denke, daß ich es erreicht Habe, eine Maschine zu „Wie !" sagte der Gesandte , „wir haben nur ein Buch,
bauen, welche leichter ist als die Luft, ein Schiff, wel nämlich den Koran , das alle unsre Gesetze enthält, und
ches, wenn es nicht verdient, wie das von Argns un hier finden wir, daß Kamcclladungcn von Büchern nicht gc«
ter die Sterne verfezt zu werden, doch von selbst im nug sind! Jeder Cazi und Schcikh el Islam*) in
Stande sevn wird, gegen die Sterne hinzusegeln, und England, Her vielleicht ausgcsandt wird, um Gerechtig
ich will seine Ausführbarkeit beweisen. keit im Lande zu handhaben, muß, wenn er herumreist,
Wiewohl allerdings ein Schiff, welches durch seine wenigstens fünfzig Kamccle haben. Und in Allah's Na«
ttgene Leichtigkeit über der Luft schwimmt, und mit Se men, was bedarf es eines Königs, wenn er nicht unbe
geln oder Rudern getrieben, Menschen oder andere schwe schränkte Macht über seine Schatzkammer hat? Unser Kö
rere Körper durch die Luft tragen foll, nicht leicht prak nig der Könige würde Jedem die Ohren abschneiden, der
tisch ausgeführt werden kann, stüzt sich der Plan doch auf es wagte, das Recht eines Monarchen nicht blos über sei«
ganz feste Grundsäße, aus welchen wir augenscheinlich be eigenes Vermögen , sondern über das Eigcnthum, ja i'Hcr
weisen, daß es, wiewohl Niemand früher es zu behaup- das Leben aller seiner Untcrthanen zu verfügen, in Zwei
fel zu ziehen." Die lezte Frage überstieg völlig unsere Be
") Der Titel bei Werkes lautet: ?roZeomo «ver« griffe, sie bezog sich gewissermaßen auf die Religion, und
es wurde uns klar, daß Mvhamcdaner sich in einer trau
«f« «per« eke pre>»r« U. ?. k>»nce,c« l.,n», IZresei«»«,
Soll, comps^n. cki «ie»u »tc. vcäie. »ll, L. Kl. 6. l<e«-
") Titel persischer Rechtsgelcyrtcn.
riqen Lage in England befinden würden, denn wenn es Mogan*) zusammengenommen, so würbend ff« s„n
den eigenen Unlerrhaiien nichl erlaubt ist, auf ihre Weise möchten, halten unser» Lärm nicht überleiit. Wir wur
zu belen, de» des SchachS Barr, was würde iinser warrcn? den bald ein allgemeiner Gegenstand der Aufmerksamkeit.
Wcnn sie als Hunde betrachtet werden, so möchte mau uuS Allein wie groß war unser Erstaunen, und ich mag wohl
».'hl «IS Obeime der Hunde behandeln. hinzusetzen, unsre Bestürzung, «IS wir, stall, wie wir er«
Trotz dieses sonderbaren Betragens der Engländer ge »arleten , Aufmunlernng und Bevfall zu erhallen , unS
gen ihren König, scheint er doch jedes Jahr gutwillig in von einem Trupp Männer, mil kurzen bemalren Stöcken
vollem Staate und mit aller Maiestat und Pracht eineS in den Händen, umringt sahen, die unS oline viele Um»
gekrönten HanpteS die Verhandlungen des Staatöraths zu stände einluden, ihnen nach wer weiß welchem unbekannt
eröffnen und denselben sogar aufzufordern, zu bestimmen, wie ten Orte zu folgen. ..Mas wollen diese Mensche» ?- rief
viel er auszugeben , wie viele Minister, welche Anzahl MoKamed Bcg a»S, „waö snr Kolh fressen sie?,^ «Soll
»on Generalen, wie viele Truppen, wie viele Schiffe, waS ich ihnen mein Messer zu kosten geben?" fragte Aga Beg,
für Gesandte er zu halten habe, kurz wie groß die Ausga der Stallmeister. „Braucht keine Gewalt, bcv der Seele
ben aller Art sevn sollen. Sie haben sogar die Vermessen? SureS KindeS!- rief ich auö , „oder sie werden uns auf
heil, versicherte man uns, zn bestimmen, auf welche Weise de« Mageu schlagen, wie MoKamed Beg/'
er seine eigene Zrau zu unterhalten habe. (Die Fortsetzung folgt.)
Der Mchrnandar sagte dem Mir,« Firouz, die Ml
der Personen, die bev dieser Gelegenheit ?ulaß zum Schach "> Sin Sirich Land,« am Flug Ar«c«, wegen sein« ,«bl»
erhielten, beschränke sich auf wenige, und eS ward dober reichen Schlange» berüchtigt.
«uSgemaibk, daß weder ich noch irgend Jemand vom xersi-
f,l>c» Gefolge den Gesandten begleiten sollte. Wir sakcn
ih , also mit dem Mehmandar abfahren und beschlossen unS Korrespondenz-Nachrichten.
nach dem Schauplätze zu verfügen, um den königlichen Lausanne, im Juni.
vordevlommen zu sehen. Die ganze Stadt war in (Beschluß.)
^ Bewegung. Nie hatten wir eine solche Menge Ungläudi-
ger gesel'en. Wir, eine Handvoll wahrer Gläubiger, spiel: In unserem Santo» werden täglich mcbr antiouarische
Entdeckungen gemacht , und e« entwickelt sich dcr Sinn dafür
ten in der Thal eine ziemlich unbedeutende Rolle in der auch immer mei,r beym Volke, da« davr« da« erste >»,d vor,
groZen Masse, allein wir waren stolz darauf und Hilten nebmste Wort zu sprechen dar. weil da« Finden und A„«grc»
kein Haar unserS Partes für die Millionen schwarzer Hüte den gewöhnlich in seinen Händen liegt. Zu Avenchc« . dein oK
gegeben, die sich vor unS hin und her bewegten. Wir stell ten römischen t,,»iieu» . sind im Ansing diese« Iadr« einige
interessante Sieben «««gegraben werben. Zwar ist man dort
ten uns unter einen Banm in einem Garten, der zum nr« n,cht s« weit gekommen, baß «bsichtliaie Naeygrabunge»
BerKminIungShimse führte. Mehrere Alleen faßte« be» gemacht »erden . man I«t auch d,e Mittel nicut dazu ; der Zu«
Weg ein, den der König kommen sollte, und um ibn of fall all.',» sSdr, v,z F„ß »«, ,„ f«,öncn
Altert ümern. Sind ei lZegeniiaube, die «Ii Vaumatcrialie«
fen zu hallen, war er von Meiterev mit sehr schönen dienen können, so werden sie sogleich dazu verwendet. Kindel
Pferden ans Heyden Seilen besezt. AlS die Prozession man aber, wa« däusig geschiebt . Mosaikfußböden, so schüttet
sich uns ungefähr auf etnenM ai da n genähert hatte, hör man sie gewödnlich wieder mir Srde zu. Sie werden dadurch
ten wir sonderbare und unerklärliche Töne, welche wir ein Vermächtnis!, da« wir der Nachwelt mit dem Wunsch über«
lasse», daß unsere Sukel und Urenkel wodllabcndcr sevn lind
für den englischen Ausdruck der Ehrfurcht gegen den Mo die schöne» Sachen nicht nur siude». sondern auch würdig auf»
narchen hielten. Töne, welche einigermaßen den Be stelle» mögen, binden sich aber Münzen , die »och nicht «er«
grüßungen der arabischen Weiber bevm Nahen einer vor wittert sind, Werkzeuge. Vcfässe »der einzelne Stulprurarbei»
nehmen Person glichen. Es war ei» Gemisch von Ge ten, so sammelt sie der Sundik von Avenchet sorgfältig, und
bewakrt sie für da« Publikum auf. Wäre bieg dort frülier g«»
schrei), Vcchzen und Zischen. Als sich die große Kut- scheken , so besäße Aveuchc« schon ein interessante« Museuin.
fche, worin der König saß, näherle, ward das Gedrän So ist t« aber leider nicht. Sine Menge schätzbarer Dinge
ge ungeheuer, und plötzlich erhoben die Tausende, die wurden zerstört und zertrümmert. Indessen ist dort die Srd«
nns umgaben, ein solches Gezische, daß wir überzeugt so reich an Alter idümer» , daß mit Zeit und Bcdorrlichkcir
aus vielfache «»«beute zu rechnen ist. Seit drev oder vier ?«>«
waren, kein König könne me<r von seinen Unlerthanen ven wurden dort mehrere große Mosaikfußböden entdeckt. Der
gcliebl sevn, als dieser. Sine so große Anhänglichkeit Srmdik Tllmre« bnvadrt kcstbare Fragmente davoi^. Am
mußte nvthwendig großen Eindruck auf uns machen, und l Zlen März fand er «vermal« einen solchen Fußboden. I' K"
dieser war so ansteckend als Furchl, denn fast unwillkührlich unter dem Rase»; schade daß er so beschädigt ist. Srmiö, 59 j
Waadländer Fuß in der Länge und 2 V in der Breite; die klei»
mischten wir unser Gezisch mit dem der Menge umher, »en kubischen, schwarze» und weißen Steine messen nur vier
und das mit solcher Anstrengung, daß wir fast schwarz bi« fünf Linien in« Gevierte. Sie bilden regelmäßige und s»,n-
braun im Gesicht wurden. All« Schlange» der Eben« von metrische Felder. Darum schliugl sich ei« breite« Laubgrviud«
?i6
auch au« weißen und schwarzen Steinen. Einige Tage vorder der Wahnsinnige schien bereit zu sehn, ihm seine Gefangenen z«
war eine andere Nachgrabung . wo man ungefähr 5' tiefer überliefern , wenn man ihn angerufen hätte. Ali es sich aber
u»tcr der Erde eine Amphora fand, die Z' Höhe. 9" im Durch? zum lczten Male entfernt hatte, sagte er, der Himmel wolle de»
messcr »at, und trefflich crl»likn ist. Der milde und fast Tod der Gefangenen, und erschlug alle mit einer eisernen Stange,
schncelose Winter hat rieic Leute >u mehr oder weniger wichti seztesich dann ruhig nieder, aß, trank und rauchte, als wenn nichts
gen Nachgrabungen bewogen, nicht um Alterthümer zu cnt- vorgefallen wäre. Inzwischen war das Schiff mir nufgeroll»
decken , sondern um das Erdreich zu verbessern ober Steine zum tcu Segeln und angebundenem Steuerruder von selbst fortgc«
Bauen zu finden. Dadurcli siebt unser Land gar sonderbar aus, trieben. Am folgenden Morgen band er zwcy von den Kna
überall findet man Trümmer. Diese Art von Nachgrabung ben, als der dritte ihm ein Segel meldete. Jczt machte er
wird seit undenklichen Zeiten alle Jahre gemacht. Bekanntlich ein NvtKzcichcn, und die Unglücklichen, welche wahrscheinlich
fand man im zehnten Jahrhundert von den Trümmern von auch ein Opfer feiner WutK geworden seyn würden, wurden
Avcnchcs so viel Bausteine, daß Paycriie damit vergrößert nnd erlöst. Er ist in ein TollhauS eingesperrt worden, wahrscheiu«
befestigt, auch alle Kirchen und Klöster der Umgegend daraus lich auf Lebenszeit.
erbaut werden konnten. Da diese Nachgrabungen aber immer Man gibt jczt die „Schwcizcrfamilic" in dem Snrrcp«
nur in unvcrändcter Richtung auf starkem, uiicrschöpflichcm thearer ; die Schauspieler sind alle Kinder , welche schon seit ei«
Mauerwerk stattfinden, fo wird innerhalb desselben und ihm Niger Zeit i» der Vorstadt, wo dieses Theater sich befindet,
zur Seite nie nachgegraben. Hier fände man aber gewiß viele Aufsehen erregt haben. Zmey andere Sommcrthcater werden
Alrerthümer, den» keine Steve in der Schweiz kann so viele so schlecht besucht, daß mau in die Logen, wo der Eintritts,
Ausbeute liefern als Avenchcs. Es fehlt den guten Leuten preis fünf Schillinge zu seyn pflegte , Leute für einen Schil«
nur an Geld. liug zuläßt.
Wiewohl die eigentliche Schweizer Reisezeit erst künftigen Die Ausstellung in SomersetKsuse hat dieses Mal fast
Monat beginnt . so sehen wir doch schon eine Menge Fremde nichts BemcrkcnSwcrthes enthalten alö Dante's Eröffnung des
aus allen Wcltgegcndcn , die das herrliche Wetter herbenzicht. sechsten Siegels; es vcrräth eine» hohen poetischen Geist, wenn
Fast alle Landbänser sind vcrmictbet . manche um unsinnig Ko auch die Ausführung hinter der Erfindung zurückgeblieben fern
ben Preis, die Gasthöfe gleichen Bienenkörben, rie Dampfbovte sollte; er bat es nm de» geringen Preis von 5liu Pfund »er»
ziehen woblbcsezt hin und her , und es hat da« rechte Leben für kauft. Martin und I. B. Lane haben jeder ein großes Ge»
uns Waadländer begonnen, wo wir in vier Monaten gewin mälde vollendet, aber statt die allgemeine Ausstellung damit
nen, was in den übrigen «cht verzehrt wird. Das ferne Dro zu schmücken, hat jeder eine Ausstellung für sich zu seinem
hen eines europäischen Kriegs , der weniastcns die Engländer, Besten veranstaltet , und daS Unreruchme» scheint sehr lohnend
«nscre Goldsische, zu Haus gehalten bätte. machte unS im zu seyn.
März und April nicht wenig bang. Dießmal sind wir nun
mit der Angst davon gekommen , und es ist uns schon recht,
in de» Zeitungen zu lesen Auflösung des Homo n« m cn-S vi e lS in Nr. !7Z:
Von Krieg und Kricgsgcschrcy, Mark — Spiel-Mark - Mark Golde« - sandige Mark Art
Wenn lünten weit in der Türkey (Johanna) — Mark, umgekehrt Kram; Markt.
Die Volker auf einander schlagen.
London, Juli.
Vor Kurzem wurde zu Cork in Irland ein Schiff von C h a r a d e.
einem a»drr>> z,„^r rinacbracht. «?rkl0c? das leztere mit Erste Sylbe.
sieben ermordeten und zwe« verwundeten Personen auf dem Krieg bedeutet e« oft, seht ikrmich wogen und wirbeln
Meere gefunden hatte. Der Patron war auf offener See Auf sonst ruhigem Plan; Schlachten entscheid ich sogar.
wahnsinnig geworden; nachdem er Kompaß, Seekarten und Doch im Friede» auch schütze» vor mir nicht Schlösser und Riegel;
andere unentbehrliche Dinge ins Wasser geworfen , bcfchuldigtc Nur mit feinerem Leib fall ich Verborgenes an.
er seine Matrosen und einen andern Patron , der sich als Pas
sagier an Bord befand , daß sie sich gegen ihn verschworen Z w ey t e S v l b c.
hatten und ihn umbringen wollten. Mittelst der strengen Sub Melodien behauptet ein glücklicher Träumer zu hören.
ordination . welche Gesetze und Gewohnheit auf Schiffen jeder Wenn ich mich über mich selbst wälze mit lustigem Spiel»
Art eingeführt haben, brachte er es dahin, daß sich der Passa Aber dem Namensbruder von mir, dein Menschen und Künstle«
gier , der Gchülfe und fünf Matrose» in der Kajüte a» den Dankte die horchende Welt manchcn entzückende» Tou.
Boden binden ließe». Anfangs waren die Bande nicht sehr Da« Ganze.
fest, und die Leute schienen die Sache nicht sonderlich ernsthaft Wenn ich von schwindelnder Höhe mich stürze, so laß dir nicht
zu nehmen; «UmäKlig aber zog er sie enger zuscimnen, bis sie bang seyn.
am dritten Tag alle nnbcwcglich auf dem Rücken lagen , tmd Denn »nein Zwcvtes im Nu löst in da« Erste sich auf;
die Glieder vis zum bersten schwollen. Dicß hatte er größten: Ewig wechselnd, ätherisch, und blendend weiß, wie mich ein«
theils durch den Bevstand drcyer Schiffsjungen bewirkt, welche Meiner Verehrer genannt, schweb i« den Lüften ich »u».
nebst einem Matrose» die cinzigeii noch freuen Personen auf Wenn ich mich sonne . so strahlt mein schöner doppelter Gürtel
dein Schiffe waren. Dieser lcztc wollte sich durchaus nicht bin Herrlicher als da« Gestein, welches Golconba gezeugt.
de» lasse» . nnd obgleich durch zwev Pistolenschüsse verwundet,
würde es ihm gelungen seyn, den Rasenden fest zu nehmen, wenn Aber bleibe von mir in ehverbiet'gcr Entfernung!
ihn nicht einer der Jungen mir einem Beil getroffen hätte. Steine schleudr' ich »ach dir. trittst du mir. Frecher, zu nah.
Indessen gelang es ihm doch, sich unter den Balle» und Kisten I. S. M.
zn verbergen. Am dritten Tage hatte sich ein Schiff gezeigt;
zwcy Mal hatte es sich bis auf Stimmweite genähert, nnd Berlage: Jurelligenzblatt Nr. zz.
Verlag der I. G. Cotta 'scheu Buchhandlung.
180.

M o r g e n b l a t t

für

gebildete Stände.

Montag, 28. Juli i 8 2 8.

Umklivrrfung und Sebovsam sind b>k>ni>gkn Tugnitni, auf welch«


die Englävd.r am aUerwenigslm ?lnspruch machen. Sie süyrcn dar«
üb« gar wunderliche Reden.
Mon tesquieu.
per», >(,!.

Die Abenteuer Hajji Baba'S. wissend und wird von rinkevollen Demagogen geleitet. Das
Prob ist thcuer, sie zischen den König aus, der Handel
(Zorrseyung.) liegt darnieder, sie zischen den König auS, sie hassen den
D« der Austritt sehr wild zu »erden begann , so sin- Frieden und sie zischen den König aus, die Aufführung
gen wir an, uns in einer höchst unangenehmen Lage zu der Königin ist schlecht, der König wird ausgezischt.
fühlen, «IS auf einmal ein wohlgeklcidcter Franke sich nä- Das nächste Jahr ist vielleicht das Brod wohlfeil und
herte , und da er sah. wer wir waren, sich sogleich in die der Handel blühend, sie lassen den König hoch leben;
Sache mischte und den Leuten mit den bemalten Stöcken seine Schiffe oder seine Heere erfechten einen Sieg , und
erklärte, daß. waö wir auch gethan haben möchten, es sie erdrücken ilm mit BevfaUöbczcugungen ; seine Mini-
ans Unwissenheit geschehen sevn müsse. Er befrevte uns stcr halte» schöne Reden und versprechen die Auflagen zu
aus ihren Händen und begleitete uns sehr gefällig nach vermindern, und sie würden ihr Leben für ihn hingeben.
Hause, und hier erhielten wir, zu uuserm großen Erstau Volksgunst und Volkshaß wechseln wie das Wehen des
nen, Aufklärung über Alles und erfuhren zu unserer hoch-, Windes." — „Ich will Euch etwas sagen, Herr!" ant
sten Verwirrung, daß wir, anstatt dem Schach von Eng: wortete ich, indem ich das Ende meines Bartes anfaßte
land unsre Ehrfurcht zu bezeugen, ihn in der That ärger und ihm vorhielt; „seht Ihr dieß?" — „Ja," vcrsezte
als einen Hund behandelt hatten. „La Jllaha-Jllal- er, „ich sehe eS." — „Wohl denn, hierbey schwöre ich,
loh! eS ist nur ein Gott!" rief Mohamed Beg auS. und ich kann Key nichts Heiligerm schwören , wenn das
„Welch ein Land! wer hat jemals daran gedacht, seinen Volk von Tchran in der Gegenwart des Schachs auch nur
König inS Angesicht zu schimpfen! Laßt uns dieß Boll auszuspucken wagte, oder irgend durch Blicke oder Worte
verlassen; es ist zu schlecht! Man sieht sie niemals beten, einen Mangel an Ehrfurcht »erricthe, er würde einen K a t l-
ihre Weiber kennen keine Scham und sie häufen Schimpf i-a um, ein allgemeines Gemetzel, anbefehlen und nicht
und Sckande auf das Haupt ihres eigenen Königs!" — Einen Schurken übrig lassen, der den nächsten Morgen in
„Aber, Herr," sagte ich ,u tum Franken, dermis nach Hause die Sonne sehen könnte. Bey alle» Jmams, dieß ist so
begleitet, „ich bitte, erklärt mir, wie geht eö zu, daß die wahr, alö ich vor Euch stehe!"
Engländer ihren König auf diese Weise empfangen?" — Der Franke machte bev diesen Worten große Auqen
„Die Anhänglichkeit des Volks an unfern König," »er- vor Erstaunen, und da er bemerken mochte, wie wenig
sezte er, „hängt von Umständen ab, die keine menschliche Werth wir auf andrer Leute Köpfe sezten, so machte er
Macht vorherzubestimmen vermag. Das Volk ist un uns eine tiefe Verbeugung und entfernte sich.
718
Unterdessen war der Gesandte zurückgekehrt, und als Francesko Lana,
wir ihm und dem Mehmandar unser Abenteuer von die Erfinder der Luftballone und Luftschiffe.
sem Morgen erzählten, tröstete uns dieser, indem er uns
in den Bart lachte und sagte, wenn wir erwarten bcy dem (Fortsetzung.) ,
englischen Pöbel denselben Sklavensinn zu finden, der in Gelingt es, eine Kugel aus Glas oder einem andern
Persien herrsche, so irrten wir uns gewaltig. „Sie find so Stoffe zu verfertigen, deren Gewicht dem darin cingeschlos»
verschieden von einander," sagte er, „als der schmutzige ftnen Luftgewichte gleichkömmt, und schafft man die Luft
Pfuhl, in welchem ein Kameel seinen Durst löscht, von heraus, so ist offenbar die Kugel leichter als eine gleiche
dem offenen Meere ist, das jezt von einem Sturme heftig Masse Luft, steigt also in die Luft. g. B. wenn das Ge
bewegt und dann wieder in die tiefste Stille gewiegt fäß »a Pfund Wasser faßt, und aus einem Stoffe besteht,
wird." welcher keine Uuze schwer ist, nnd man die Luft herausläßt,
Mohamed Beg entgegnete, er für seinen Theil wolle welche eine Unze wiegt, so ist das Gefäß leichter als die
sich lieber auf die Seite des Pfuhls schlagen, wenn das, gleiche Masse Luft und steigt auf. Jemehr aber das Ge
was er heute und gestern , wo er so durchgeprügelt wor fäß faßt, desto ausführbarer ist das Erperiment; denn das
den, gesehen habe, Bcyspiele von der Handlungsweise des Gewicht der Luft im Gefäße vermehrt sich in weit größe
englischen Volks seyen. rem Verhältnis!, als der Stoff und das Gewicht des Ge
Der Gesandte erzählte dann sein Abenteuer; nie hatte fäßes selbst. Man nchme z. B. ein Gefäß, das zwep
ein Mensch so viel in so kurzer Zeit gesehen. Einen Kö Pfund, d. i. 24 Unzen wiegt und einen Fuff im Durch»
nig auf einein Throne , Kleidungen aller Art, Gold, Sil meffer hat, also eine Unze Luft faßt, so kann es, wen»
ber, Sammt, Stöcke, Schwerter und goldene Scepter; man diese Unze herausnimmt, nicht aufsteigen. Nun ma
Männer mit sonderbaren Pcrrücken mit Staub bestreut, che man aber ans einem eisernen oder ehernen Blatte cm
eine Menge Omrahs in Scharlach - und Hermrlinmän- sphärisches Gefäß, welches 25 Fuß im Durchmesser, also
teln, »nd, um das Ganze zu krönen, Weiberl ,,o was eine Oberfläche von 62« Qnadrarfnß hat, so wird das Me
für Weiber!" sagte er,, „ich war in alle verliebt; alle tall ohne die Luft darin 125« Pfund wiegen. Hat die Luft
waren unverschleyert; ich sah Fleisch weißer als Schnee, in der vorigen Sphäre eine Unze gewogen, so wiegt die in
Augen die durchbohrten , und Zähne , die bevm Lächeln in der größeren ts,«25, d.i. izgz Pfund, i Unze; also ist
Entzücken setzen!" Wir hatten unscrn Gesandten noch nie das Metall um 52 Pfund leichter als die Luft darin.
in einer solchen Bewegung gesehen. Vor allen hatten ihn Kömmt diese Lnft heraus , so ist das Gefäß leichter als
die Reize einer Schönen hingerissen; nie hatte er gedacht, eine gleiche Masse Luft und kann ein Gewicht von 52 Pfund
daß ein menschliches Geschöpf so schön seyn könne ; sein mit sich in die Lnft ziehen. Eine größere Sphäre aber
Herz stand in Flammen. Es war klar, dieser Umstand hebt bedeutendere Gewichte in sehr gesteigertem Verhält
aNein söhnte ihn mit seinem Aufenthalte unter den Ungläu nis. Hieraus geht hervor , daß man eine Maschine «la
bigen aus, und wir lernten nun die Wahrheit jenes Aus chen kann, wenn nicht praktisch, doch spekulativ, in Gestalt
spruchs unserS unsterblichen Scheikhs erkennen: „Mögct eines Schiffes oder eines V oge l s, welcher in der Luft
Ihr in dem einsamsten Schatten im Thale des Todesen- fliegt , sogar Menschen durch den weiten Luftozcan trägt.
gcls sitzen, laßt Liebe Eure Gefährtin seyn, und die Wüste Man binde an eine dergleichen fehr große Kugel ein
wird als ein Paradies und Euer Elend als Seligkeit er hölzernes Schiff mit Rudern, Mast und Se
scheinen." Er nannte sie eine Ja li bel ge loob geln, welches so leicht als möglich sep; die nvthwendige
schwur, daß das Blatt ihrer Singen ') zarter als die Rose, Größe der Sphäre kann man leicht berechnen. Die ganze
daß sie glänzender als ein vierzchntäMer Mond '), und Schwierigkeit liegt darin , daß man gar zu große Sphä
in dem wahren Augapfel ihres Alters sey ; kurz er machte ren braucht; da nämlich der Stoff, woraus sie bestehen,
uns glauben, sie sep ein wahrer Phönir, „die einzig fest seyn muff, damit sie nicht platzen oder von der Luft
Eine." von außen zusammengedrückt werden, und nicht leicht ein
(Die Fortsetzung folgt.) von Natur leichter Stoff gefunden werden kann, wel
cher fest und stark genug ist, dem Drucke der Luft oder
t) Herzensräuberkl. der elastischen Kraft zn widerstehen, so scheint mir notb-
21 Da« Augenlicb. wendiger Weise dieser Mangc! durch die Größe der Sphäre
5) Ein movgcnländischer Ausdruck für eine Geliebte. ersezt werden zn müssen. Eine Sphäre aus Blech von der
4) Der Gipfel. Dicke eines Dukaten, 15« Fuß im Durchmesser, wiegt
2,l6Z,20O Unzen, die Luft darin 2,iS7,««g. Es wäre
daher gut, man fände leichtere feste Körper dazu. Die
Lnft kau» die Kugein nicht durchbrechen, wen»
7^9
sie genau sphärisch sind, wie denn fogar nicht ganz auszugeben, und lernte ,n diesnn Behuf selbst litbograpkt-
sphärisch, Gläser, wenn sie nur nicht ganz flach sind, bevm re», bannt seine Zeichnungen nichts von ihrer i7riginal»ät
herauslassen der Lusr nicht durchkrochen werden. Vielleicht ^ kiiibi'rße» mrchk,-n. Und diese Zeichnungen sind es, wodurch er
könnte man füglich den Glo'.us aus sehr leichtem Holt ma- sich seiu Hauprrerdienst erworben hat. Der Charakter
chen , »on den ANe» z. B., woraus man musikaliichc In? ! derselben ist ergreifende Wahrheit, sprechende Natur »i,b
ftrumente verfertigt. Hat ein Globus aus solchem Holze Originalität. Die geringen Abbildungen, welche den Ret»
Fuß im Durchmesser, so ist er «z« Unzen schwer, die sebeschreidungen deS siebj.öntei, 7,al,rbundkrkS bergegeben
Luft dann aber mehr »ls «97 Unzen ; ein Ball von l« ?uß sind, stellen den Wilden iu seiner vollen, natürliche»
im Durchmesser kann also schon im Gewicht von «SUnze» Häßlichkeit dar, wogegen in de» Werken Cooks, Po»»
hinaufziebeo. Fürchtest d», die Lust könne durch dünne gainvilles »nd anderer Reis,-»d,r des achti.ebnten Jahr
Poren des Holzes hineingeratben, so kannst hunderts jede? Otabiiter ein Apollo od,r Herkules, jede
du dasselbe »ou außen mit einem Firniß Otaheiterln eine Venus ist. Der Geist der Zeit, dieser
Aberziehen. falsche Führer unb tvran»>fche Gebieter, wollte es so; ber
kana zeichnet sogar ein kostschiff mit hoben, Mast Zeichner mußte in seinen Biü'crn diesen liebenswür
und Segel und mit v i e r Ballons; d«S Segel ist «m digen Naturkindern schmeicheln. Diese Sucht bat
einer, Ende deS Schiffes angebunden und ragt doch über ma» j^t aufgegeben, man fübrt uns die Natnrkinder
die Ballons hervor, An diesen sind Klappen, wodurch vor mir ibr r schmutzigen Haut, ibrem wilden Blick; «rrer
»an Luft hineinlassen kann , nn, sich berunterzulasscu. wenige Reisende faßten die charakteristische Gesichrsbilbung
(Die ZortselZung folgt.) der Südsninsiilancr so ganz auf wie Choris. Aus Kör
pern, die oft vollendet schön, oder deren Formen wenig«
stens großartig sind, sizt ein Kopf, dem aller Adel fehlt,
mit einem flüstern, grassen Buge, aus dem nor Mißtrauen
Der Maler Cbori«. und Verdruß spricht, einer abgestumpften, dür,kigcn Nase,
Der Maler Cd oris, der Reisegefährte Ottos nn gleichsam dem Sinudild des Mangels an Kraft, eiuem
Krhebue, hatte sich im Jahr l«27 von Frankreich aus über ungedeurcn Muud, dem Zeichen grober sinnlicher Trnbe,
Cula und NenOrleans nach Vera Cruz begeben, in der einem stumpfen Gesichtswinkel, womit anö den Zügen der
Absicht, von hier aus einen großen Theil von Amerika Ausdruck des Verstandes villig verschwindet ; so sind diese
zu bereisen. Das Schicksal scheint gegenwärtig kühnen Naturkinder, wenn der Maler richtig gezeichnet hat. Selbst
Abenteurern desonders ungünstig z« sevn; kaum batteCho» den Weibergesichrern fehlt der Ausdruck deS sanfte«
ris im März l«?» Vera Cruz verlassen, so siel er als ein Wohlwollens oder es begleitet ihn ein Zug von Scham»
Opfer des zerrütteten Auslandes jener Länder. Auf dem losigkeit, von Eklavensinn, der empört. Ist co doch,
Wege nach Jalapa wurde er und sein Meiseaxfäbrte, der als ob die Völker schöner oder bäßlicher würden, je nach»
Engländer Hinderson, zwischen Puente-National und Plan dem ihre gewöhnliche Beschäftigung edel oder unedel ist,
del Rio von vier Räubern angegriffen , Choris erschossen jenachdem sich ihre Seclenkräfte frep entwickeln , od, r nn»
und der Engländer schwer verwundet. ter einem schmählichen Joche gefesselt bleiben. So zeich»
Choris, der sich vorzüglich durch seine malerische net sich das Portrait deS Königs Tameama vor allen an«
Reise um die Welt, wozu Cuvier, Chamisso und der» Bildern »on Südseeinsulancrn allein durch einen Ans»
Eall die Beschreibungen geliefert haben, bekannt gemacht druck von Verstands nst n»o Ruhe aus, der desto mehr
hat, ist t7S5 zu VeraterinoSkaff in klein Rußland von deut überrascht, als er in seiner Jugend unzwcvdcutige Beweis«
schen Eltern geboren. Er besuchte das Gvmnasmm zu von seinem Hang zu Zorn und Wildheit gegeben hatte.
Kharkoff, verrierh früh die glücklichsten Anlagen zum Zeich- Wenn man diesen Kopf, den man leicht für den eines
»en und Malen, namentlich zum Porträtmalen, und die- spanischen Priesters ausgeben könnte, aufmerksam betrach
fem Talent verdankte er es, daß erschon l»,z den berühmten tet, s» fühlt man deutlich, daß dieser außerordentliche
Botaniker Marschall von Biberstein auf seiner Meise in den Mann gclenit hat sich selbst zu beherrsche», ehe er über
Kaukasus begleiten durfte ; er zeichnete die Pflanzen zu der sei» Volk herrschte.
?,»«»!»«» kam er nach Petersburg in die
Akademie der schönen Künste, und noch im selben Jahr
»nrde er ause riehen , Koöebue auf seiner Reise um die Korrespoudeuz-Nachrichten.
Welt zu begleiten. Auf dieser Reise, die von ,8,5 bis Paris, Juli.
t«l» dauerte, zeichnete er die Wilden Amerikas uud der Keim bat nun schon niedrere Dorstc»un<ik» «nf dem eng
Südsee und alle ihre Geräthschaften. Im Jobr >»ig kam lischen Tlic.'ter in Pari« gcgel«n; jcdoa, will man i» il>m
n »ach Paris , um l>in »bcnermahulcS großes Werk her- nicht den verühmteu, titfaussasscudeu Schauspieler evi.unen.
O
den die Engländer rühmen. Bei, den erst«, Vorstellungen neuern; allein der Onkel tarin, Sir <Z!Ie, »«reicK , ist eine
wurde die allgemeine Erwartung fast gänzlich getäuscht , und recht lustige Figur, die das Ganze belebt, und macht, daß die
man konnte nicht begreifen, wie Kcan einen so großen Ruf Zuschauer über die Albernheiten deS Lustspiels wegsehen. Uebri«
i» seinem Vatcrlandc Kaden könne; Maeready, den sie zuvor gc»S besteht das neue Mittel, alte Schulden zu bezahle»,
gesckcn hatten, schien ihnen wenigstens eben so vorzüglich darin , daß der verschuldete Neffe eine reiche Frau dazu be-
zu seyn als Kcan. Es fehlte ihm an dem cdcln Anstände, wegt sich in ihn verliebt zu stellen , so daß die Gläubiger nun,
den die Franzosen in den hohen Rollen nicht gerne vermissen. in der Hoffnung der baldigen Hcirath ihrcS Schuldners, dem»
Zn seiner dritte» Vorstellung hatte Kean die Nolle Shhlocks selben außerordentlich gewogen werden; der Onkel aber, als
gewählt ; hier war er ganz an seiner Stelle ; es ist kaum mög er am Ende siebt, daß man ihn bintcrö Licht geführt Kat, will
lich, den verschmiztcn und rachsüchtigen Juden besser zu ge vor Aerger ersticken. So hat Paris denn nun die besten eng
ben wie er; a» einem folgenden Abende spielte er den Brutus lischen Schauspieler , besonders im tragischen Fache, gesehen,
in Howard PayncS eben nicht vortrefflichem Trauerspiele die: nämlich Kcan, Kemble, Maeready, Tcrrv, und von den
scs Namens. Auch den König Lear nahm er zu einer Gast Schauspielerinnen Miß Foote und Miß Smithson. Im zwcy-
rolle ; dieses Trauerspiel will aber den Parisern nun einmal ten Range haben sich ebenfalls einige ausgezeichnet, besonders
nickt gefalle». Die Engländer gestehen selbst, daß Shakespeares Nbbot , der Anfangs daS englische Theater leitete , und etwas
Trauerspiel von den Bearbeitern übel behandelt worden ist. sehr Elcgantcö i» seinem Acußern hat. AndcrnseitS hat das
I» den Theaterkritiken des 6I«Ke ist den Engländern mehr französische Theater in London auch eine größere Ausdehnung
mals ziemlich hart vorgeworfen worden , daß sie Shakespeare^ bekommen, die ausgezeichnetsten französische» Schauspieler
ihren Liebling, so erbärmlich verhunzt haben; hätten sie sich reise» hin nnd lassen sich voin englischen Publikum bewun
mit dem Ausmerzen oder Abändern solcher Rolle» begnügt, dern und bezahle». Beybe Nationen setzen einen gewissen
welche von dem schlechten Geschmacke des sechSzchntc» Jahr Stolz darein , dag ihre besten Schauspieler gegenseitig bewun
hunderts zeuge» , nnd dem jetzigen Zeitalter nicht anders als dert werden; sie bekommen richtigere Begriffe vo» ihren rcsock-
abgeschmackt nnd widerlich vorkommen müssen, so hätte man tivc» Theater» und Schauspiclartcn , und nehme» auch wohl
ihre Weisheit loben können; allein die Ausbesscrer haben Scc- eins und das andere an , das ihnen gut scheint. I» Paris ist
nen umgeändert , Personen nach ihrem Gutdünken rede» las die Wirk»»« des englischen Theaters schon sichtbar. DicSka-
sen , den Gang der Handlung anders gewendet , knrz allc mög kespearcschc» Stücke werden häufig nachgebildet, und auch die
liche Verstümmelung und Zerstörung angerichtet. Dicß ist Schauspieler haben den englischen manches abgelernt. Man gab
es. was ilncn der Olobe bitter vorwirft. Es ist sonderbar, s in diesen Tagen auf der Obevnbühne eine neue Nachbildung
daß einige englische Tagcsblätter gegen den (ilobe geschrieben von „Romeo und Juliettn," den Versuch eines bisher noch un
und sich jener Vcrstümmlcr mir Wärme angenommen haben, bekannten Dichters, Namens Soulie. In diesem Stücke nun
so dag der reine Shakespeare also in Paris höher gcscbäzt zu spielten die französischen Schauspieler ganz de» englischen nach;
werden schcint als in seinem eigenen Vatcrlandc. Frcvlich hat in den leztcn Srcrbcsccnni röchelten und winselte» sie , dag
sich in Paris auch nur die Redaktion des 0!oK« und sonst fast sich ei» Stein hätte darüber erbarmen möge». Dicß ist so
Niemand »,» die Verdrehungen des SKakespearcsche» Tcrtcs Sitte in England ; denn dg im Juselland der sogenannte
so emsig bekümmert. Jedoch auch das in Paris erscheinende Pöbel einen guten Tlicil der Theater füllt . so muff auf die
englische Tagcsblatr. 0»>izn»nis i>le»,cn°;er, entrüstet sich dar sen vorzüglich gewirkt werden ; nu» bedarf und liebt der Pö
über, baß man dem Publikum solches Zeug («ucK »lun"> als bel aber eine recht «atürliche Darstellung der pathetische»
ein Produkt des Shakcspeareschcn Genius aufzutischen wage. Handlungen, besonders des Sterbens. Wördens, VerratKens
Miß Smithson als Cordelia war, wie immer, allerliebst; und dergl. Es scheint, baß auch in Paris der Pöbel zahlrei
diese Schauspielerin ist nun einmal ein Liebling des Pari cher sich bey den Schauspielen einfindet, als man glaubte, denn
ser Publikums geworden, und die kdnigl. Intendantur hat ihr, das Röcheln und Winseln des Romeo und der Julietta auf der
wie vor einiger Zeit der Signora Pasta, schöne Porzcllangc- Odconbühne hat dem Publikum Wohl bebagt. Man hatte es
fässc aus der köuigl. Fabrik zu Sevrcö zum Geschenk gemacht. schon längst an der Miß Smithson bewundert , daß sie so vor
Die Engländer schätz?» sie bey weitem nicht so Koch alS die trefflich auf der Bühne zn sterben verstehe , und man gestand,
Franzosen; jede Nation zieht gewisse Eigenschaften an den daß keine Pariser Schauspielerin so zierlich die leztcn Züge
Schauspielern vor» die mit ihren eigenen übereinstimmen, oder aushauche. Bald aber wird es auch den Pariser Schauspie
welche nur in ihrer Meunung einen vorzüglichen Werth ha lerinnen gelingen, den» sie scheinen den Engländerinnen ihre
ben. Die Smithson ist ein gefühlvolles, bescheidenes und Kunst ziemlich gut abgemerkt zu haben. Die Shakespeares«,«
boldcS Mädchen, dessen Betrage» im Privatleben auch gerühmt Stücke müssen dem Publik»,» znlczt doch auch wohl geläufig
wird , ein Vorzug . de» nicht alle Sck,anspielcrinncn mit ihr werde»; denn man trägt sie ihm auf allcrlen Art vor. An ei
thcilcn. Kean wollte sich auch im Lustspiele zeigen , und trat nem Abende wird Othello mit Rossinischer Musik gegeben ; an
daher als 5ir Lilv, lZvereien in Massingcrs Lustsviel einem ander» im O«gi»altertc. oder »nqefäl« so , und an ei
W«^ ,o v»x «16 <iei>>," (neues Mittel um alte Schulden zu ne,» dritte» Abende bringt irgend eine französische BKKnc eine
bezahlen) auf. Im Lustspiele könne» . sich die Engländer mit Nachahmung vor. Eben so gel« eS mit Schillers dramatischen
den Franzosen gar nicht messen. Entweder sind ihre Stücke Meisterwerken, zwar wt man Kiez» noch keine Rvsssnische Mu
mit Zote» und Posscnrcisscrcycn angefüllt, ober sie sind er sik, und auch in der deutschen Sprache werden sie noch nicht auf-
bärmlich angelegt, und haben kein anderes Verdienst als eine gefKKrt, waS vielleicht doch auch einmal geschehen wird, da
gewisse Derbheit und einen guten TKeil Humors, der dann man ja neulich auf einem Prwattbeatcr in Paris sogar in
frcvlich sich manchmal auf eine originelle Weife äußert. Na portugiesischer Sprache gespielt hat. Dagegen erscheinen der.
türlich gibt es einige Ausnahmen, auch ahmen die Engländer Nachahmungen und Nachbildungen desto mehr.
schon lange die französische» Lustspiele', nach, und unter den (Der Beschluß folgt.)
neuer» Stücken ihrer komischen Bühne gibt es manche, die
nicht bloS für den Pöbel berechnet sind . wie die meiste» ihrer
ältern Stücke. Massinger« Lustspiel gehört eben nicht zu den Be plage: Kunstblatt. Nr eo.
» Verlag der I. G. Cotta 'scher, Buchhandlung.
181.

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gebildete Stände.

Dienstag, 29. Juli 1323.

Wenn dich die Skl vsucht förder treibet,


Sr dlcibk die Sieb« hinter dir!
Vlaten.

W a n d e r l i « d e r. B e « der Annäherung.
Von Zkarl Felder. Mit Tbürmen in Menge,
Umranscht von Gedränge,
« » f r « f. Umflogen,
Umzogen
Wandrer! bev so mancher Blüthe Vo» Schwalben und Tauben,
SteKst du still mit reger Liebe. Bus Gärten und Lauben,
Ist denn nichts, daS zum Gemüth« Mit gastlichem Winke,
DeS Begegnenden dich triebe? Und sonnigl'm Blinken
Lacht die Stadt mich dort «
So viel Schönes muß dir taugen, Auf dem grünenden Plan.
Deine Freuden zu erhöben;
Nur in Gerzen, nur in Äugen Noch scheiden mich Wellen
Säumt dein Kalls»»! einzugehen? Von Thoren und Schwellen.
Doch locken
Schlafen deine bessern Sinnen? Die Glocken,
Nur auf Äußendinge schauend. Unzählige Bilder,
Siebst du nicht das Glück, sich Bald Heller, bald milder
In dem Nachbar dir erbauend. Mich über die Brücke —
3» freundlicheni Glücke,
Wußtest du, vorübergehend. Wenn Fortuna nicht bricht.
Ob dein Schritt nicht eine Seele, Was sie lächelnd verspricht.
Schwesterlich und mitverstekend.
Schnöd und ungekckiinr verfehle? Nächtlicher Ansgang.
Laß denn nieder dich am Quelle O du weite, weite Stadt,
Uervig reiner Menschengüte ; Die mir keine Hcimakb hat!
Nimm, 0 nimm dir deine Stelle Deiner Tbürm' und Kirchen Schwärz«
Im gefundenen Gemüthe! Blickt mir fremd und kalt in's Herze.
Ach kein Thal in milden Reizen Nächtlich schweif' ich hin und her.
Gleicht so trauten Herzenöftätten. So allein mein Herz und schwer.
Mußtest du mit Schritten geizen. Nach den Stüdchen ebner Erde
Die dort eingeführt dich hätten? Blick' ich, suche Heimathöheerde,
?22
Und da glänzt iey Kerzenlicht ten besezten Dolch um. Er hatte es bequemer gefunden,
Alter, Junger lieb Gesicht, sich der fränkischen Schuhe zu bedienen (ausgenommen Key
Alles traulich; doch verlassen sehr fcvcrlichen Gelegenheiten, wo er seine eignen Pan-
Wandt' ich selber durch die Gassen.
toffcln mit hohen Hacken beybehielt), da er es unmöglich
In den Mantel eingehüllt. fand, sich allenthalben von seinem Schuhträger begleiten
Still für mich , mein Aug' gefüllt zu lassen.
Und erhoben nach den Sternen,
Denk' ich nur geliebter Fernen. Niemand kam, uns anzuzeigen, daß die Mahlzeit be
reit sey; Niemand sagte das Bismillah, sondern wir
gingen gerade nach dem Hause des Vezirs. Bediente er
schienen und luden uns ein, einzutreten. Der Name deS
Die Abenteuer Hajji Baba'S. Gesandten ward dann in bestimmten Zwischenräumen aus
(Fortsetzung.) gerufen, bis man uns in das Persammlungszimmer führte.
Hier wurden wir auf der Schwelle von dem Vczir em
Eine neue, allgemeine Bewegung schien nun in der pfangen, der, so wie die meisten seiner Gäste umherging,
Stadt auf für uns ganz neue Gegenstände gerichtet zu da eine vollkommene Frcybeit in dieser Rücksicht zu herr
seyn. Die Männer besuchten die Francn und wurden von schen schien. Wir näherten uns dann bei Frau des Ve
ihnen empfangen. Sie kamen des Morgens gelegentlich zirs, die eben so ungezwungen als ihr Gemahl aussah,
zusammen, um sich über Dinge von geringer Wichtigkeit und ihr Bestes that, um uns mit angenehmem Lächeln zu
zu unterhalten, versammelten sich dann truppweise zu vcwillkommeu. Es waren noch mehrere andere, sehr schöne
Pferde und Wagen, vertheilten sich in verschiedene Gc- und höfliche Khanums da. Wäre irgend ein Schleyer über
sellschaften um zu essen, und obgleich es uns Schlafens- sie geworfen gewesen, um gewisse Thcile ihrer schneeweis:
zeit fchien, wenn sie damit fertig waren, fo vereinigten scn Person zu verhüllen, so würden sie mich in ein Liebes-
sie sich doch zu »och größern und zahlreicher« Versammlun fiebcr versczt haben ; allein so konnte ich sie mir kann, als
gen, um zu tanzen oder nebeneinander zu sitzen oder sich Weiber denken. Die Unterredung begann damit, daß je
auf eine unerklärbare Weife in Massen zusammen zu drän dermann begierig schien zn wissen, ob wir die Sonne an
gen. Dieß thatcn sie, wie man uns sagte, zu ihrem Ver diesem Tage gesehen haben oder nicht; es ward ausge
gnügen ; auch waren diese großen Versammlungen durch macht, daß sie gesehen worden sey, allein wie lange, ob
aus nicht zu Ehren des Königs, wie die unsrigen gewöhn eine Stunde oder nur eine halbe Stunde, blieb dem An
lich sind, sondern allein zu ihrer Unterhaltung. scheine nach zweifelhaft. Der Gesandte, den diese bestän
Der Mehmandar kam den Tag, nachdem er das Par dige Anspielung auf unsere vermeinte Anbetung der Sonne
lament besuchte, in das pimmcr des Gesandten und sagte: sichtbar verdroß, zog die Aufmerksamkeit davon ab, indem
„Hier sind fünf Einladungen zum Mittagessen." — „Al er sich mit einem Komplimente an die Frau des Vezirs
lah! Allah!" rief der Gesandte aus, „fünf Einladungen! wandte, „Ihr bedürft keiner Sonne in Eurem Lande,«
wer kann fünfmal an einem Tage zu Mittag essen?" — sagte er, „wenn Ihr solche Sonnen wie die Augen der
„Es ist nicht nöthig , alle fünfmal zu essen ," antwortete Khanum bcsizt, um Licht und Freude in der Welt zu ver
der Mehmandar," es ist genug, daß Ihr eine der Ein breiten." Kaum war dieß übcrsezt , so erfolgte ein allge
ladungen annehmt. Ihr cßt einmal zu Mittag, allein meiner Ruf des Beyfalls ; der Vezir nahm es mit der
Ihr mögt hernach in fo viele Abendgesellschaften gehen, als besten Laune von der Weitaus und sagte: „Wenn Sr.
Ihr Lust habt. Hier ist eine ganze Hand voll Einladun Ercellenz ein Apostat zn werden und diese Sonnen (auf
gen." Wir standen erstaunt. „Wer kann eine solche An die Augen der Dame zeigend) anstatt der scinigcn zu ver
strengung aushalten und das Leben behalten?" sagten wir. ehren gedenkt, so müssen wir auf unserer Hut seyn und
„Wir sind Perser, wir geben zu Bette, wenn die lczten anfangen, Harems zu bauen und Schleper zu verfertigen."
Gebete verrichtet sind, und erwachen mit der Morgen Nun wurde mancher angenehme Scherz vorgebracht,
dämmerung. Wie kann dieß angehen ?" — „Ihr werdet der die ganze Gesellschaft belebte und uns den englischen
Euch bald an unsere Sitten gewöhnen ," sagte der Meh Charakter in einem ganz neuen Lichte kennen lehrte. Wir
mandar, „wir machen nicht viel Unterschied zwischen Tag Perser, welche den Witz so sehr lieben, waren entzückt,
und Nacht in dieser Jahreszeit." daß solche Heiterkeit unter Leuten herrschen könne, die
Ohne weitere Schwierigkeiten ging der Gesandte von gewöhnlich in einem dicken Nebel leben, und der Ge
dem Mehmandar und mir begleitet zu dem obenerwähnten sandte, welcher geglaubt hatte, es sey vielleicht eine Art
Mittagessen, welches einer der Vezire gab. Er zog seine von Etikette unter ihnen gebräuchlich, nach welcher der
besten Kleider an, sezte die Ceremonienmütze, mit dem erste Spaß ausgebracht werde, weil er sie im Allgemei
Shawl umwunden, auf, und gürtete seinen mit Diaman nen so verschlossen sah, wagte es nun immer, den Zauber
?2Z
t» brechen, und verlor von nun an niemals eine Gelegen niß des Gases, welches Charles benuzte, doch ans der
heit, sein Wort anzudringen, wo er cS nur irgend auf Verdünnung der Luft, wodurch Montgolfier zu feinem
eine anständige Weise tbun konnte. Zwecke gelangte. Montgolfier verdünnte bekanntlich
(Die Fortsetzung folgt.) in feinem Ballon die Luft durch darunter angebrachtes
Feuer , Lana pumpte die Luft ganz aus. Von geringerer
Wichtigkeit ist das Materiale, in welcher Hinsicht immer
FranceSko Sana, vielleicht noch einer auf das Holz Lanas zurückkommen
Erfinder der Luftballone und Luftschiffe. könnte, und der Firniß, welchen er »vrfchlägt, wire Mont
golfier, der dergleichen .s'ülsSniiktel noch nicht kannte, zu
(Zortseyung.) starten gekommen. Der erste Ballon, den Montgolfier
Nun macht sich Sana die Einwendung, das Schiff könne aufsteigen ließ, fiel bald wieder zur Erde, weil manches
nicht nach einer beliebigen Richtung fahren, wie die auf nicht vorausgesehen war, und ich glaube allem Obige»
dem Wasser, welches einen Widerstand leistet, antwortet nach , daß Lanas erster Versuch glücklicher gewesen wäre ;
sich ader selbst: „Lust leistet zwar keinen so großen Wi besonders sinnreich ist sein Drcbmast , den man wohl auch
derstand wie Wasser, aber doch einigen, und man hat bcv Segelschiffe» benutzen könnte; er ist offenbar zum La»
dagegen bevm Sögeln keinen so großen Widerstand zu »iren sehr geeignet. Wenn sich nun bis jezt ranaS Idee
besiegen. Da immer etwas Wind weht, wenn auch noch in ihrem ganzen Umfang durchaus noch nicht verwirklicht
so schwach, so wird er hinreichen, das Schiff zu treiben, hat, so ist andernseils auch daS Unglück, daö er als Folge
ist aber der Wind konträr, so hilft man sich dadurch, daß davan voraussieht, ferne von u»S geblieben, b>',i» nicht
der Mast sammt dem Segel sich nach allen die Leute auf der Erde, sondern die Luftschiffer selbst haben
Richtungen herumdrehen lasse» kann." bisher dadurch gelitten.
„Und nun — sagt Lana an einer andern Stelle — Nun fragt eö sich aber, wenn wirklich die Luftschiff-
kann ich fast nicht umbin , mir Bcvfall zuzulächeln , wenn fahrt l» ihrer Ausbildung einige schlimme Folgen für die
ich denke, daß AllcS eine Zabel zu sevn scheint, nicht min Menschheit haben kann , werden diese von den guten Fol
der unglaublich als die wlllkükrlichen und wilden Pbant«! gen aufgehoben? Dem Menschen ist nicht gegeben zu wis
ffen, welche Lucians Kcpf gebar, indessen ich doch weift, sen, wgö morgen geschieht ; aber wenn er in irgend etwas
daß ich mich in keinem meiner Beweise geirrt, indem ich sogar daS, waS übermorgen sevn wird, ahucn, errathen
mich über den Gegenstand mit vielen wohlunterrichteren kann, so ist cS bev den Luftschiffen.
Männern besprochen habe, welche in meinen Berechnun- In 2t Stunden wird man, versichert ein Deutscher,
gen keinen Fehler entdecken konnten, und welche nur das der sich mit !.'lisrschiffal'rt beschäftigt, von Genua nach
Erperiment zu schauen und daS Schiff aufsteigen zu Petersburg fahren können, und da diese Entfernung
seben wünschten ; worin ich ihnen gern vor Bekanntmachung wobl ttz« Meilen (15 auf !°) beträgt, fo fährt man 27
meiner Erfindung willsabrt haben würde, wenn meine Meilen in gerader Richtung in einer Stunde, fast eine
Armuth mir erlaubt hätte, ein Hundert Dukaten auszu- halbe Meile in einer Minute, und in acht Tagen rund
geben, welche mehr als hinreichend sevn würden, eine so um die Erde auf einem Meridian oder auf dem längsten
löbliche Neugierde zu befriedigen." Breitengrad.
„Ich kann bevder Sache durchaus keine andere Schwie (Die Fortsetzung folgt.)
rigkeit sehen, als eine, welche größer ist als alle
andere; und diese ist, daß Gott nimmer eine solche Ma
schine in Gang kommen lassen möchte, da sie die bürger Korrespondenz -Nachrichten.
liche und politische Verfassung der Welt in Verwirrung
setzen würde. Denn wer sieht nicht ein , daß z. B. keine Turin, im Juni.
Stadt vor einem Ueberfall sicher wäre. Man kann S chjfss- Wenn es b« unk in Piemont mit nützlichen Anstalten
taue abschneiden, Wurfspieße herabwerscn , Flotten langsam und mäßig vergebt, so geschickt doch zu Zeiten et
verbrennen. Lana scheint fast betrübt überfeine eigene Er was. So ist nun «um eine dreviäbrige Industrieausstellung
von der Regierung beschlossen, besuders für die Seiden- und
findung, dieß hinderte ihn aber nicht, dieselbe in einem la> Wollenfabriken., Es komme» da dre» goldene, zelm silberne»
teinischen Werke zum zwevtcn Male dem Publikum vorzu und eine Menge kupferner Medaillen vor. Im Frülijakr t»29
legen. wird damit der Ansang aemeicht.
Längs Erfindung beruht, wie die spätere, auf einer Seit dre« Jahren i'at die Regierung auf Verbesserung
der «efanqnissk im Lande gedacht, die dessen sedr bendtliiqt
genaueren Kenntniß der Luft, als man sie im Altertbum, waren. Manche sind gelüftet, erweitert, verbessert oder ganz
»» man wobl die Grille, aber keinen rechten Begriff von neu gebaut worden, z. N. zu Pignerol, Cvni. Domo-d'Ossola,
Ballonen haben konnte, besaß, und wenn auch nicht auf Kennt- Saluces und Genua. Neue wurden zu St. Jean-de-Mauricnne
724
und zu Racconis angelegt, wo das Strafarbeitsban« wesent von 1244 ii« 1417, ihre Stelle; beym zweuten Band die
lich zur Verminderung öcr Bcttelcy beyträgt , die bekanntlich Linie Savoyen-Ncmours, und beym dritten die Linie Savoyen«
in unserem Lande arg ist. Bey unsercn Gefängnissen darf Carignan. Um das Werk und sein Streben bittlänglich zu
man srn?lich nicht an daS denken, waS in den Nachbarländern bezeichnen, braucht es nur folgende Stelle, wo der Berfas«
zu Genf und zu Lausanne gesunden wird. Vielleicht kommen scr von dem Faktivusgeifl spricht , der beut zu Tage aus ab«
wir in einigen dreißig Jahren auf den Gedanken , die Ucbel- scheulichen Absichten die Geschichte auf feine Weife entstellt.
tbätcr in den Gefängnissen, Straf- und Arbeitshäusern zu „Von, der Unwissenheit begünstigt, malt man mir den Farben
bessern und geistig gesund der Gesellschaft zurückzugeben. Jczt der ringercchtigkeit, was die weisesten Fürsten lobenswcrthe«
kennen wir noch nichts als Rache und Abschreckung. — Turin gethan haben. In unserem Jahrhundert brüstet man sich mit
entbehrte Kisker gesunde uns raffend gelegene Kirchhofe, und philosophischer Erziehung . die unsere Voreltern nicht kannten ;
stand darin manche» Städte» Italiens »ach. Es fehlte immer in unserer Zeit aber ist es besonders ndtbig, den jungen Leu«
an Fonds zu de» bedeutenden Kosten. Nun Kar der Graf Tatt ten soliden Unterricht zu geben, und in ihren Herzen die Bande
eret, von Baroc dreymal hunderttausend Livre« zur Anlegung zu befestigen , welche die Völker an die Religio» und die Un»
eines neuen Kirchhofs hergegeben, und es wird nun rafch daran tevtkanen an ihre Könige knüpfen. Ben uns find die Barante,
gegangen. Unsere schöne Stadt wird dadurch wesentlich gewinnen. Guizot , Thier« . Mignet und andere nur geringe Stümper,
Schade nur, dag an die Todten so viel verwendet wird, und so da sie die Philosophie in die Geschichte bringen wollen/-
wenig a» die Lebenden! Die Stadt Novara hatte von den Er
ben Jeromo Birolis von Novara, Professor« der Botanik, daS Pari s, Juli.
schone Herbarium dieses ausgezeichneten Gelehrten zum Ge (Beschluß.)
schenk bekommen. Sie aber schenkte es der Kiesigen Akademie
der Wissenschafte», und diese gab der Stadt dagegen die ganze Der Franzose ist kein sklavischer Nachahmer; indem er
Sammlung ihrer akademischen Schriften mit einer goldenen ei» fremdes Stück feiner Bübne anpaßt, weiß er es auf feine
Stifrungsmcdaillc. Die lezten Sitsunge» dieser fast lautlosen Art zuznrichte» u»d dem Geschmacks seiner Nation anzube-
Akademie boten einiges Interessante dar. Der Graf Napion ouemcn ; hierüber geht freilich die ursprüngliche Gestalt eine«
laS eine gute Abhandlung in Briefen über Sismondis Geschichte Meisterwerkes zum Theile verloren, darum bekümmert sich
der italienischen Republiken des Mittelalters. Das Memoire aber das Publiku«, wenig. Einige Taqeöblatter tadeln es,
des Chevaliers de Salufcs über das nun königliche savouische daß man so viele Nachbildungen eines und desselben Stoffes er
Haus war dagegen eins von den gewöhnlichen akademischen scheinen läßt, und denselben Gegenstand , obwohl unter ve«
Tromxeterstückchen, an denen wir hier zu Land besonders reich schiedenen Gestalten, dem Publikum so häufig vor Augen führt.
sind. Der Ritter Eis« de Grezy gab eine Abhandlung über Allein mich dünkt, diefer Tadel ist nicht sehr begründet. E«
die Perturbatio» der Planeten, und der Professor Carena be ist schon sehr interessant zu seben, auf wie manttigfache Weise
sprach, avcr lang nicht frehmütkig und grundlich genug , die ein merkwürdiger Gegenstand von mebrern Dichtern behandelt
vom Konig ertheilten Judustrieprivileqicn. worden ist, und die Verglcichnng derselben hat einen eigenen
Uin einen Begriff von dem Geist der neuen Literatur in Reiz. Zur Bildung des Geschmack« eines Volks und zur
unserem Land zu haben, genügt ein Blick in die Geschichte Belehrung der Schriftsteller trägt diefe Vergleichung offenbar
des Hauses Savovcn, von Johann Frezet, Priester der Er- manches be«. In diesem Augenblick ist „Wilhelm Tell" an
kongregation von St. Joseph zu Lyon , und Professor an der der Tagesordnung iu Paris, zum großen Aergerniß der Ultra«
kdnigl. Militärakademie zu Turin. Das Buch ist dem kleinen blättcr . welche schon die Revolution mir großen Schritten wie
Prinzen von Savvyen- Carignan gewidmet. Schon der Ti ein Gespenst hcrbcyschrcitcn sehen. Nachdem die komische Oper,
tel des Autors und die Debikatiou des Werks können Verdacht daS Gaito'theatcr und das Vaudeville , jedwedes seinen eigenen
erregen. Diefer aber wird ,ur Gewißheit durch eiu Vcrbrcs Tell hervorgebracht hat, erwartet man noct, zwcy Teils, einen an
che», das Frezet an der historischen Würde und Weibe began der großen Oper und einen andern am 1°t>»»!re sr»vz»i, ; viel
gen hat. Nichts dankenswertber, als nach den interessanten, leicht arbeite» auch noch andere Theater an einem Schweizer-
fast ungekannten Chroniken Savoycns Geschichte zu schreiben, Helden. Am Vaudcvillethcater bat man anS dem Tyrannen
die bisher nicht ein einziges Mal in gute Hände gekommen ist. Gcßler eine» lustigen Kumpan gemacht, der in die Frau Tell
Das Buch besteht aus brcy dicken Bänden. Was ist der langen verliebt ist, fich die Schweizerinnen und den Schweizerwein
Rede kurzer Sinn ? Unverschämte« Lob alles dessen, was die wobl bebagen lägt , und »ebenben Respekt vor seinem Hut for»
Dunastic angebt, Verbrehe» des viele», was nachlhcilig er bcrt. Er fingt ein munteres Trinklied, da« wabrfchcinlich
scheinen könnte, Lärmschlage« über ganz geringe Dinge , wenn bald populär werden wird. Am meisten hat sich daS Melodram,
sie von Oben ausgeben , gänzliches Vergessen und Ucbergebcn welches auf der Volksbühne l'tie'iir« cle I» L»ite gegeben wird,
alle« dessen, was die Nation, ihr politisches und intellektuelle« daS Original gehalten; hier ist Schiller zum Tbeil nur
Steigen und Fallen, was Unterricht, Kunst und Literatur be überfezt worden. Man wird seben, wie !die große Oper den
trifft. Dem Mann scheint in der Geschichte nicvts bemerken«- Teil bebandcln wirb. Schon find einige TagcSblätter aller
wertb, als was vom Hof und von einem Dnycnb vornehmer der Teils satt, und bitten mit Geßlcrschem Unwillen, ma«
Familien ausgebt. Daraus solle» nun die Savoyer ibre Lan möge das Publikum künftig damit verschonen. Welcher
des- unj VolkSgcschichrc lernen, denn das Buch ist nicht etwa Kerrlichere Stoff ließe fich aber wobl für eine große Oper auf»
für fürstliche Bibliotheken , sondern für die Schulen des Lan finden, als eine fo bramatifche Weltbegcbenhcit, welche die
des bestimmt. Im ersten Band finden die achtzehn Grafen Begründung der Unabhängigkeit »nb Frcybcit eines ganzen
von Savoyen ihre Stelle ; der zweyte iebandelt die vierzehn Volkes zur Folge hatte? Sollte dieser Stoff nicht Rossinis Ge»
Herzoge, der dritte aber, dessentwegen da« ganze Buch ge nius neu belebe», und zu einem neuen Meisterstücke Anlag
schrieben zu seyn scheint , spricht von den sech« Königen , Vik geben? , .
tor Emanuel eingeschlossen. Am Ende jeden Bande« stestt eine Dg.
Notiz über die Zweige de« Hause« Savonen > die mit der
Ha«ptlinic in genauer Verbindung stcbe». So finden am Ende
de« ersten Bande« die Gräfe» von Piemont, genannt vo» Achaj-a, B er, läge: Literaturblatt Nr. «l.
Verlag der I. G. Co t t a 'schen Buchhandlung.
182.

M o r g e n b l a t t

f ü r

gebildete Stände.

Mittwoch, zo. Juli 1 8 2 8.

- Sr licbt ; tkin Zweifel mehr.


Doch »» ist diese SlKkkl><»k?
Schiller.

Das inner« Gesicht. ner jungen Gemahlin dahin gefolgt. Er selbst stand noch
auf der zarten Altersstufe, die den Knaben vom Jünglinge
N««tUc ron Keorg Döring. scheidet. Er zählte erst fünfzehn Jahre, «der sein Seist
In dem Flecken Aleala, der in einer anmnthigen war der eines Mannes, seine Kraft mar frühe gereift
Ebene am Flusse Henares gelegen ist, hielten in jenen worden durch das Schicksal, das ihn, nur drevzehn Jabre
Tagen, als die kastilianischen Könige noch est mit den alt, auf den Tbron Kastiliens erbeben hatte, das ihn
maurischen Beherrschern von Granad« in blutige Kriege damals schon nithigte, die Zügel der Regierung mit eige«
verflochten waren, die erstern zu verschiedenen Jahreszei nen Händen zu ergreifen, um dem traurigen Zwiespalt?,
ten ihren glänzenden Hof. Die Umgebungen des Ortes der sich unter den unzufriedeuen Große» seines Reiches
find auch in der Tbat so freundlich, daß sie schon den ein offenbarte, ein ?iel zu setze».
fachen Bewunderer der Natur, den die Pracht der Hofe Ss war gerade eine Zeit des Friedens mit den Mauren
gleichgültig laßt, zu einem Aufenthalte einladen. Fast bis «on Granad« eingetreten. In diesen Unterbrechung«
an die Ufer des Flusses steigen in wellenförmigen Genkun- eines »ieliährigen Krieges, der in der Verschiedenheit der
gen die Hügel herab, an deren Abhängen Zeigen und St- Religio» , in Ehrgeiz und Bergrißerungssucht seine un
tronenwäldchen mit schönen Rebenpflanzungen wechseln. versiegbare» Quellen hatte, stand der kastilianische Hof
Im Hintergrunde zeigen sich nach einer Seite hin die an Glanz und Freuden keinem andern nach, als dem mau
schwarzen Felscngipsel in der Nahe von Toledo, nach rische» zu Gran «da. Dieser war dem üppigern Luruö
den andern Gegenden wird die Ausficht durch liebliches des Orients treu geblieben, während jener schon mehr sich
Waldesgrun begrünzt. Das Thal von Alcala selbst ist den kriegerischen Spielen, dere» eigentllche Heimath der
ein reizender Blumengarten. Wo der Schritt deS Wan Norden war, näherte.
derers weilt, bietet sich ihm eine herrliche Aussicht auf den An einem heitern Tage fand sich der Hof des jungen
sanft vvri'iberfließenden Strom, auf die Blumenwiefeu, Königs ans den amrkitbeatralischen Sitzen eines Sircus
«uf den zierlichen Klecken selbst, in die duftige, mit süs versammelt, dessen Arena für diese Spiele bestimmt war.
sen aber unbestimmten Gefüblen erfüllende Ferne. Enriques jugendliche Schönheit, die An muth seiner
In jener alten Zeit, von der wir vbeu svrachen, hatte nicht, älrern Gemahlin, erfreuten hie Herzen des zahllose»
einst Enrique III. von Kastilien sein Hoflager in Al Volkes, das aus der Nahe und Ferne hcrbcvströntte, um
cala aufgeschlagen. Was die Hauptstadt an reizende« das geliebte Herrscherxaar zu sehen und zu bewundern. Sin
Frauen , an tapfere» Kavalieren besaß , war ihm und sei glänzendes Schauspiel bot sich rings umher den Blicken
726
der staunenden Landbewohner. Die Damen des Hofes daß in seines Freundes Herzen eine Leidenschaft im Ent
strahlten in der Pracht kostbarer Geschmeide, die' Kava stehen begriffen fey, die ihm, so viel Tcnvri wußte,
liere in zierlichen Hofkleidcrn oder j,n glänzenden Waffen- bis jezt noch fremd geblieben war. Dort nämlich, wohin
rüstnngen. WaS aber de« schlichten Leuten <mS der Um sei« Blicke immer zurückkehrten, - saß ein>< zarte Frauen,
gegend nicht recht, zu Sinne wollte, war, daß die meisten gestalt in einem enganschließenden SeidcHewaude, das
anwesenden Frauen und Jungfrauen, nach einer aus den Reiz ihrer Formen klar und lebendig hervortreten
Frankreich herübergekommenen Sitte, den obern Th«l ließ. Ihr Haupt war mit einem turbanartigen Aufsatze
des Antlitzes mit schwarzen Larven bedeckt hatten. Noch bedeckt, aus dem ein Diamant von so seltener Reinheit
mehr aber schien es ihnen seltsam, daß sogar mehrere junge und Größe strahlte, daß er selbst die Aufmerksamkeit der
Herrn dieser Mode fröhntcn , die, aber^ auch zugleich in Königin erregte und diese sich gestehen mußte, kein ähn
ihrem ganzen Wesen eine lächerliche Geziertheit an den liches Kleinod zu besitzen. Von dem Turban wallte ein
Tag legten. Es waren Söhne aus den vornehmsten Häu zarter Schleyer herab, in dessen Gewebe kleinere Edel
sern. Sie hatten den Hof des Königs von Frankreich be steine eingeflochtcn waren. Er verhüllte nur das Antlitz,
sucht und von dort ein Streben noch dem Ungewöhnlichen,, ohne dem Auge irgend einen andern Reiz der Unbekann
das sich in Kleinigkeiten äußert, mit zurückgebracht. ten zu entziehen.
Aber wenn auch in der Anordnung des Ganzen ein (Die Fortsetzung folgt.)
ritterlicher Sinn vorherrschte, so war dennoch an äußerem
Schmucke des Schauplatzes nichts versäumt worden , waS
dem Auge wohlgefällig seyn konnte. Die vergoldeten Säul Frauccöko La na,
chen, welche die Logen voneinander schieden, waren durch Erfinder der Luftballone und Luftschiffe.
blühende Rosenguirlandcn wiederum vereinigt, Blumcn-
kränze, von schwebenden Engrln getragen, zeigten sich (Fortscyung.)
über den Köpfen der Damen, während die Brüstungen Wird es, wenn die Bewegung noch so ruhig ist, dem
der Logen mit 'glänzenden Trophäen geschmückt waren. In bisher immer noch fest an die Scholle gcbimdenen Menschen
der Mitte des großen Raumes stand ein künstlicher Palm- in feinem neuen Fluge fchwindeln, oder wird er am Ende
bäum von Bronze, auf dessen Silberzweigen ein Reiher eben fo wenig davon spüren, als von der Bewegung der
mit weit vorgcbogcnem Halse sich wiegte und in seinem Erde um sich selbst und um die Sonne ? Wird eö Luft
Schnabel die Preise des später bevorstehenden Ringclren- krankheiten, 'Luftärzte geben, und werden sie Mittel ge
nens trug. gen den Lnftfkorbut finden? Fährt man in 24 Stunden
Unter den jungen Männer», die sich in der Umgebung von Genua bis Petersburg, fo braucht man nur etwa 6»
des schönen königlichen Paares befanden, zeichneten sich von London bis Kalkutta; man kann also in England
besonders zwcy durch ihren schlanken Körperbau, durch rit schneller Nachrichten über die Unruhen der Birmanen er
terlichen Anstand und edle Gcsichtsbildung ans. Beyde halten, als jezt von der Universität Göttingen. Der Lon
trugen einen Ausdruck von kühnem Muthe in ihren Zü doner und Pariser Kurs kommen ist sechs Stunden nach
gen, wie in ihrem Benehmen, der'gcwiß auf dem Schlacht- ^ Frankfurt, der Kolumbische Kurö in etwas mehr als zwcy
feldc fchon manchem Gegner drohend erschienen war; der Tagen nach Wien. Dicß ist Alles sehr angenehm , und
eine aber paarte diesen mit einem sinnigen Ernste, wäh wohl dem, welcher gleich Anfangs eine Aktie an einem
rend der andere mit großer Heiterkeit in die Welt sah Luftschiffe hat; ein einziger Gewinn reicht hin, ein nenes
und ihm fast immer ein spöttisches Lächeln auf den Lippen zn bauen. Ich sehe schon im Geiste die Kurszettel an ei
schwebte. Jener nannte sich Don Jayme Pcrdone, nem langen Senkbley hcrabkommen ; unten steht der Ksm-
diefcx Don Rani i r o T e n o ri. Gegen Beyde bezeigten mis eines Bankiers , knüpft dafür die eigenen Kurszettel
sich der junge König ukd seine Gemahlin sehr freundlich. an nnd fährt schnell auf einem kleinen Dampswagen ins
Oester aber richtete sener doch feine Fragen an den ern Kvmxtotr. Run wird die Konkurrenz allgemein, die
sten Jayme,. als an den frohsinnigen Ramiro. Kaufmannschaft bezahlt zusammen ein Schiff, und ich höre
Jayme schien heute zerstreuter, als cs'srlnst der Fall schon einen Luftfnhrcr durch ein Schallrohr herabrufcn : Paris
war.. Er vermied es, sich in ein anhaltendes Gespräch 41 p»r> ! Capo d'Jstrias . . . Metallignes u. s. w. Ich sehe
mit' seinem Freunde Teno ri einzulassen. Seine Blicke schon über dem Pariser Tempel des Merkurs eben so viele
Mwe^fr^N 'unruhig im 'weiten Cirftis umher, bis sie' end Luftschiffe schweben, als jezt Namen von Städten darin
lich eine' Stelle fanden," <in her sie eine Zeit lang' ver- angeschrieben sind. Das midiere <lu eommere, bekömmt
weilteii. Und dann oft wieder zn ihr znnlckkebrtcn. Sein mehr zu tbun ; statt deS zahlreichen Jnzcnieurkvrps wird
Auge wurde fenrigcr, wenn es dortln'n sah, seine Wange ein lnspecteur 6« erwählt, welcher selbst we
rörhcre sich und der scharf beobachtende Ramrro erkannte, nigstens eine Luftreift geimcht haben muß, damit er
7-7
seinen Antbeil am Budjet vertdeidigen könne. Die Pri- «us allen den Tausenden von Beamten für diefe Ellinch-
vergesellschaften bauen Lufkschiffc für Reisende, bezahlen luugr»?
Anfangs die Leute, welche hinciiisteigen, »elmien aber Die Schildwachen stehen auf den Dächer« die Kano
vorzugsweise leichte Mensche», und verlange» viel für nen auf den Tbürmen, die LusteSkadren vi»,. .! die Passe,
Uebcrgewicht; kann das Schiff eines Zufalls wegen nicht schirmen an beißen Tagen die Städte vor der Zonnenhitze,
weiter fahren, so werden die Passagiere auf de» gewöhn begießen die Mark Brandeuburg, treiben die Gewurex
lichen langfameu Dampfwage» weiter gefchaffl. Man sezt weg oder jagen die Wolken zusammen; bringen frisches
sich auf dem Luftschiffe zu Tische, nimmt fein erstes Früh Wasser nach Paris, spanische Trauben nach Archangel, Eis
stück in Italien, das zwevte in Hamburg und speist in nach dem Aegualor. Die Luftsadrcr sehen durch Herrschelsche
Paris oder London j» Mittag. Ferngläser in den feuerspevende Vesuv. Wir zeigen die Hing-
Nim fän,;t sogar die Paris« 'Akademie der Wissen- schrlsre» an , welche vor fünf Tagen bev unsern Antipoden
schafte» an, die Luftschiffe für möglich zu Kalten, und erschienen. Eine neue Epoche 1>Iübt für die Kunst ; die '
wabrcnd die Ebbe und Auw >m Handel häufiger und ihre Perspektive und Farbenlehre wird vervollkommnet; die Di«
Gründe bekannter werde» , berechnet sie die Gründe von cherbauart wird verschönert, denn die Fladen sind eben
Ebbe und Aluth des Meeres, woran aber alsdann wenig fo gut oben als vorne; vornehme Leute, welch eine ei
mehr gelegen ist. Ein Ausschuß der geographischen Gclell- gene Luftvacht besitzen, fahren bev schönem Wetter zum
fchast schisst sich ohne Empfehlungsbriefe ein uud besucht die Dache hinaus, und die Mtethe der obern Stockwerke steigt
ihr unbekannte Länder. Nun, da nichts mehr daran liegt, »n Preis ; Vormunde und Sultan« verschließen ibre Dä»
siebt man, woher der Nil kömmt und ob der Niger das eher hermetisch.
Privilegium hat, aufwärts zu fließen.
Die Geographie fängt an, einigermaßen «hjekti»
Die drcv asiatischen Gesellschaften haben Geld g/nug, zu werden, und die Franzosen entdecken, daß das Selker«
zusammen ein Lnsrs.l'iff zu bauen, und lassen den Kaiser scrwasser nicht auö dem Departement du Baö-Nhi» kömmt,
von Lbina aus dcr Llnr herab fragen , wie viel Einwoh wie ibre geographischen Handbücher bcbanplcn. Die
ner sei» Reich habe, und wenn er sagt: Seht seleer zu! Weltgeschichte wird endlich Geschichte aller Völker der
fo zählen sie die Bevölkern»« an den Häusern, wo die An- Erde. Die unbeschäftigten Mediziner fpürcn leichter
zahl angeschrieben steht, und stellen die Berechnung «» «r», Kranke aus, und wenn die Aerzte blS dabin bewiesen ha
an, wie einst Xcrrcs und wir selbst, wenn wir die Bände ben, daß Pest und gelbes Fieber wirklich nicht ansteckend
dcr großen Bibliotheken zählen. Sie bitten höflich um chi- sind, so brauchen die europäifchen Ouarantainen nicht
nesische Jnedita und bringen sie in vier Tagen zu Herrn fortzubestehen, welche der Luftfchiffahrt unrerhältnißmäßige
Morrison oder seinen Nachfolgern, welche alsdann nicht Hindernisse in de« Weg lege» würden.
m.'dr nach Carito» zu reisen brauchen, um nicht i» die
Stadklhore eingelassen zu werden. TachvgraxKen schreiben Die Kriegskundigen befestigen die Luftschiffe. Com»
alle chinesischen Sylbcn auf, welche sie hören können, mö greveschen Raketen drohen von oben ; die Heere werden
ge» sie aber ja nicht in Leipzig erklären lassen. Die Ge dnrch dit-Luft geführt. ES gibt Lnftbombardiere, Luftad»
lehrten messen «» p»»,»ni hie Länge der chinesischen Mauer; Mirale ; wer eine höhere Stelle bekömmt, erhält ein
bringen dem Hause Ternaur Auchtwidder aus TKibet ; se Schiff, daö sich höher als die andern erhebt ; die Linien»
hen z» , od in Mittelasien Platz für Herrn Gambas Ko schiffe beißen Montgolnerö, Charles, Robert, Lana, Da»
lonien und für Herrn Boro de Saint Vincent eine neue dalus. Der Staat, welcher am meisten und die am de»
MenschcnspezieS zu finden sev, streuen Manna auf Hel- ste» gebauten Luftschiffe hat, ist der stärkste, und die Sta»
las, und werben von Pccking bis Marocco Abonnenten ttstik erfreut sich ctncS neuen Feldes. Thörichte Englän
für die arabische Zeitschrift des Herrn Karcin de Tassv. der mit euren Preisfragen! Eure Seeschiffe, eure Häfen
Möge eine neue amerikanische Luftgesellschaft Herrn Bon- haben ihren Werth verloren ; eure Feinde können euch
xland, aus dem Gefängnisse des unmenschlichen vr, Fron- Klapperschlangen aus Amerika, Sand auö der Sahara,
cia erretten! Diefe Gesellschaft erhält auch in London den tolle Hunde, Bären, .''-mänen über den Kopf werfen, sie
Preis für das Auffinden der Nordwestxassage , welche sie werden Oel in eure Flammen gieße», wenn ihr nicht
gar nicht zu suchen braucht. euer Schiffswescn hoch über die Wolken erhebt.
Was wird aus den Duanen , waö wird aus den Fe (Der Beschluß folgt.)
stungsgräben , Verschanznngen und dem Kriegswesen über
haupt, waö anS de» Naiurgränzcn , Schornsteinen, Di-
ligencen , Eilxosteu, Fiakres, Omnibus, Seeschiffen,
Chausseen und dem Wege unter der Themse ? was wird
728
Korrespondenz-Nachrichten. geflüchtet hatte, ward auf gräßliche Weise ermordet. Diese
London, Jnli. neue Mordlhat erregte wo möglich noch größeren Schrecken
Irland, dieses, bey allen Mittel» glücklich zu seyn , so uns im Lande als die erste; die Regierung bot eine Belohnung
glückliche La^d zieht indiestt» Augenblick inclir als je die Blicke von 20»N Pfund Sterling für die Entdeckung der Mörder;
der We> «^!^v. In den neulichen Debatten über die Eman- hunderte elender Menschen, von den?« manche kaum so viel
cipation drückte der Herzog von Wellington den Wunsch aus, besagen . um ihre Blöße zu bedecke» oder ihren Hunger mit
die Katholiken möchten in Ruhe „,,d Unterwürfigkeit abwarten, Kartoffeln z« sättigen, wußten darum, aber diese große Sum
ob etwas für sie geschehen könnte. Die Karkoliken aber schci- me vermochte keinen zum Verräther zu machen. Auch »ergin«
nen anderer Mevnung zu seyn, und halten es für ihren Vvrtheil, gen mehrere Monate , ohne daß etwas an den Tag kam ; e»d»
recht viel Lärm zu machen, und ihre Sache nicht einen Augenblick lich aber bewirkte die Furcht, was die Habsucht nicht verinocht
ruhen zu lassen. Die Auftritte in der Grafschaft Cläre und die Wahl hatte. Zwey Männer, welche des Straßenraubes wegen ein
O'Conncls zum Parlamenrsglicb sind aus den politischen Blät gezogen worden waren, bekannten sich als Tbcilnebnicr des
tern bekannt. I» Enis drängten sich be» dieser Wahl von Mordes, und erboten sich, »in das eigene Leben zu retten,
Tag zu Tage 4l> bis 6l),MI0 Menschen zusammen, und man gegen ihre Mitschuldigen zu zeugen. Alle wurde» für schul
horte nicht eine einzige zornige Stimme, ja man sah nicht dig erkannt und hingerichtet. Aber nicht nur diese, sonder»
einen einzigen betrunkenen Menschen auf der Straße. Das eine Menge anderer erlitten bey den leztcn Asüsscn zu Clon:
Volk horte sowohl O'Cvnnel und seine Freunde, als seinen Ne: mcl die Strafe der gräßlichen Verbrechen . welche Irland schon
benbuhler Fiygerald mit Gelassenheit ja mit Bcnfall an, so lange schänden , und deren alte Quelle nicht Habsucht ist,
und obgleich die katholischen Redner Anfangs ziemlich hart mit sondern Haß und Rache wegen uralter Bedrückung. Viele
Fiygerald verfuhren , so schloß sich doch das Ganze auf sehr wurden gehenkt und noch mehrere verbannt, und ohne Zwei
freundliche Weise , und das Volk gab sowohl dem glücklichen fel hat das schwere Gericht für den Augenblick Schrecken ver«
nls dem unglücklichen Kandidaten, drey HurraKS. DaS Wim: breitet und der Provinz etwas Rübe »erschafft; aber schon
derbarste bey diesen Auftritten ist und bleibt die Enthaltsam soll die Hyber Rache aufs Neue das Hauot erheben , und mau
keit des Volks von geistigen Getränken und Schläge«», ein fürchtet mit Recht, das, das verwilderte Geschlecht bald wieder
Gehorsam , wovon die irlandische Geschichte vielleicht kein zwey- zu Gerichte sitzen , uud nicht nur feinem uralte» Groll Luft
tcs Beyspiel aufzuweisen bat, da in diesem Lande fast kein machen, sondern eben für diese strenge Rechtspflege Rechen«
Markttag ohne blutige Schlägerei) verläuft, und zwar nicht schafr fordern werde. Denn dergleichen große Strafgerichte
so oft zwischen den religiösen und politischen Partheicn , als haben schon so oft in einer oder der andern Grafschaft , uud
zwischen Menschen eines Glaubens ; es ist einnial ihr Element. besonders in dieser stattgefunden, ohne daß die furchtbare«
Zu den vielen bekannten Zügen von der GcsiinkenKcit und der Bauernvcreine und ihr Rachesyflcm dadurch vernichtet worden
Verwilderung deS irischen Landvolks füge ich einen , welcher wären, so dag von der Strenge der Gesetze die Ausrottung de<
den Zustand des Landes im gräßlichsten Lichte darstellt. In UebclS nicht mehr zu erwarten ist. Diesem Zustand kann
der Grafschaft Tipcrarv hatte sich ein Sachwalter, Namens man nur dadurch ei» Ende machen, daß man die Bauern die
Chadwick, bey den Bauern durch seinen Trog fo verhaßt ge Geseiie ächten lehrt; bieg kann aber nur gelingen, wenn man
macht , daß der Bauernverein , welcher das Leben dort so un sie überzeugt, baß die Gesetze nicht blos «in Werkzeug in den
sicher macht, ilm im nächtlichen Rath znm Tode »erurtheilte. Händen der Protestanten sind, »m die Katholiken zu unter»
Ein junger Bursche, der sich schon öfter bey den Gewaltthaten drücken, und ein großer Schritt dazu wird gcthan seyn, wen«
der Bauern hervorgethan , und der sich für berufen hielt, im sie einmal wissen, daß Katholiken mir im Parlamente sitzen und
mer zur Rache des an den Bauern begangenen Unrechtes bereit diese Gesetze machen helfe» , wenn sie bann und wann eine»
zu seyn , erbot sich zu dein blutigen Geschäfte. Chadwick war Katholiken als königlichen Auwald, ober wohl gar als Rich
eben beschäftigt, bey Kanonn eine sogenannte Polizcykaserne, ter, mir dem Hermelin bekleidet, erblicken. Vor allem aber
einen Zwinqhof für die Bauern, bauen zu lassen ; dorthin be muß sich die Regierung die katholische Geistlichkeit gewogen
gab sich P.ttrik Gran , und erschoß das bezeichnete Opfer a,n machen; den« wenn man sieht, was dieselbe so eben be« der
hellen Tage, auf offener Landstraße. Ein Man», Namens Wabl O'Connels, durch Versprechungen und Drohungen, ver«
Philipp Mar» , sah die Thal und gab sie, voll Enrsctze» , so mochte, so darf man nicht zweifeln , baß sie in Irland alles
gleich bey einem Beamten an; der Mörder ward ergriffen, ge vermag , um was eS ihr ernstlich zu thun ist. Ich erwäime
richtet, und auf das Zeugniß diese« Mannes aufgeknüpft. hier noch eineS Auftrittes zu Snis , welcher beweist, welche Ge
Ueber l5,i>N0 Menschen waren bey der Hinrichtung zugegen; walt die Geistlichen haben , wie weit sie sich derselben bedienen,
aber statt durch die gerechte Strafe obgefchreckt zu werden . sa und wie der Laye O'Tonnell dieser Gewalt sich für seinen Ehrgeiz
hen sie den jungen Verbrecher für einen Märtyrer der guten als Leiter zu bedienen hofft. Vorschub leistet. Ei» Mann stimmte
Sache an. und Taufende schworen in ihrem Herzen, ihn an dem für Fitzgcrald. Auf de» Rückweg vom Amrsorte begegnete ihn»
Zeugen, den sie einen Verrärher nannten, zu rächen. Die Re sei» Priester und sagte ihm, er habe Gottes Zorn auf sich ge
gierung, welcher der böse Geist des Volkes nur zu gut bekannt laden. Ob sich der Mann dieß zu Herzen nahm , ober ob e<
ist , "schickte diesen Mann zwar sogleich nach einer andern Ge Zufall war, er wurde noch an demselben Abend krank und starb
gend ; aber dieß brachte die Wilden nicht von ihrem Nacheplan nach wenigen Stunden. Wer sollte nun glauben, baß O'Conncl
ab ; der Verbrecher war ihnen entgangen . dafür sollten die am folgenden Tag öffentlich in einer Rede erklärte, er glaube,
Scinigen sterben. Die ganze Gegend, Männer, Weiber und baß Gott diesen Man» zur Strafe , weil er für seinen Neben
Kinder des verschwor»?« Bauernstandes wußten um diesen buhler gestimmt, qcrddtet habe, und das Volk aussorbete mit
Plan wochenlang , aber kein einziger hatte die Menschlichkeit ihm zu beten, baß ihm Sott «ergebe? Das soll er wirklich
«der den Muth, die Vcrurrbeilten zu warnen. Eines Abends, getl«» haben , und damit etwas, was im ganzen Königreich
als Marns drey Brüder, welche als Maurer an der Kaserne und untcr allen Religionspartbeyen Eckel erregen muß. Fast
arbeiteten, mit einem LehrZungen von der Arbeit gingen, in ganz Irland sollen öffentliche Beleuchtungen und andere
feuerten auf einmal acht Männer ihre Flinten auf sie ab. Freudenbezeugunge» wegen seiner Erwählung stattgefunden
Kein Schuß traf, und zwcy von den Marns, nebst dem Lehr haben , und zwar überall ?hne Unordnung.
ling , liefen davon ; der eine aber, der sich in eine nahe Hütte , . , (Die Fvrtseyung folgt.)
Verlag der I. G. Cotta 'sehen Buchhandlung.
«°. 183.

M o r g e n b l a t t

gebildete Stände.

Donnerstag, Zi. Juli i 8 2 8.

Träumt« da von «oll» gvldnen cZinndkn


Unqkmiscdtkr Lust,
Fzattk ftbcn da« ttctc Sind rmpfuiidkn
Tief i„ mtiver Brust.
G«« the.

Das innere Gesicht. sicktchen beschenkt, s» zeigt sie es gern vor aller Welt, des
Sprüchlein« eingedenk :
Don Georg Döring. ..Sck>b„k Augen müssni lniwtkn,
(Frttsrvung.) T,,qk«sonnkn, Nachtgkflirn ;
Rvsknwangn» gkdrn Znignig,
Don Ramiro lächelte über seinen Freund. Sr DaS ich nicdt zu grausam bin."
konnte nickt begreifen, wie der Anblick einer frevlich reckt „Dein Witz ist hier schlecht angewandt!" versezte mit
anmutbiaen Gestalt, die aber dock das verbarg, was allein
großem Srnste, aber zugleich sehr »eich Pe r d o n t. „Ich
die Seele zu bezaubern vermag , Gesicht und Auge, seinen habe daS Antlitz jener Dame erschaut. Der Blick ihres
Javme in ein entzücken zu versehen im Stande war, AugeS hat mich getroffen. Sie ist daS reizendste Wesen,
daS sich in seinem ganzen Benehmen lebendig aussprach. daS noch je auf erden gewandelt. Die Wunder, die du
^Javme," redete er mit einem leisen Anfluge von prophezeit, sind an mir nicht in Srfüllung gegangen, aber
Crvtt im Tone seiner Trimme den Freund an , „wer mag sv viel weiß ick, daß ich mein Leben für ein febr geringes
die schlanke Frauengestalt im himmelblauen Kleide scyn? Sie Gut achten würde, wenn ich es nicht ihrem Dunste wid
ist so zart gebaut, wie kein anderes weibliches Wesen an un- men dürfte ganz und gar."
serm Hofe, und wenn der Glan; ihrer Augen dem ibrer ^ein neues Wunder !" flüsterte Don Ramiro, der
Edelsteine gleicht, dann wehe demjenigen, der den Blick den Inhalt ihrer Unterredung den Umstehenden nicht xrciöe
zu ihr erhebt! entspricht aber gar ihr Antlitz der Schön geben wollte. ,.Dein Herz, das bis jezt hart gewesen wie
heit ihrer Gestalt, dann sollte man sie verbergen hin der Fels von Gibraltar, schmilzt vor der Glut eines
ter Schloß und Riegel vor aller Welt, denn sie würde, wie AugenpaarS, wie weiches Wachs. Deine Seele, die nur
jene Prinzessin im Märchen, Alle, die ihr naheten, in ein nach Waffenruhm und ÄriegSthaten lüstete, ist sckmacktend
entzücken versehen, dessen Uebermaas den Verwegenen geworden und sehnsüchtig nach häuslichem Glück und ehe-
den Tod bringen könnte. Aber zum Glück ist das schwer stand. Armer Javme! Gesteh', wo hat sich das Wunder
lich der Fall ! Wie möchte sie sonst, was ihr Ruhm brächte begeben , welches glückliche oder unglückliche Gestirn hat
und Bewunderung, mit dem , wenn gleich höchst kostbaren dich der Besitzerin des köstlichsten Diamanten so nahe ge
Schleyer bedecken? Sieh unsere Damen an in der Runde ! bracht, daß du Reize sckauen durftest, die bier unter ih
BloS die alten und häßlichen tragen Larve oder Sckleyer. rer Verhüllung nickt höher im Werthe stehen , als die
Hat der Himmel nur eine mit einem erträglichen Ge- Runzelu einer sechSzigiährigcn?"
720
„Komm mit mir dort in jenen einsamen Winkel und me, „nenne es lieber eine Offenbarung. Dein Bild vex-
ich will dir Alles erzählen," antwortete Javm e, indem schwand , und auS dem goldenen Hintergrunde meines
er bemüht war, seinen Freund bey Seite zu ziehen. wunderbaren Traumes hoben sich drey Gestalten hervor,
„Noch eins!" fiel R am iro ein. „Neben der schö die ich früher noch nie gesehen hatte. Sie standen nicht
nen sizt ein junges zartes Mäniilein von beynahe weibi vor mir, sie lebten auf in meinem Innern. Es war die
scher Gestalt und Sitte. Es trägt eine Larve wie unsere Jungfrau im blauen Seidcngewande, es war der junge
jungen Stutzer, feine Kleidung strahlt von Gold und Per- Mann, der ihr dort Zur Seite sizt, es war der bärtige
len, es ist so beweglich, daß es keiner genauen Beobach Alte, der im Traume schon denselben widrigen Eindruck
tung Stich hält, und benimmt sich in der That höchst ver auf mich machte, den seine Erscheinung in der Wirklich
traulich mit dem Gegenstände deiner »euerwachrcn Zärt keit auf dich hervorgebracht. Sie trugen alle drcv dieselbe
lichkeit. Fürchtest du diesen Nebenbuhler nicht ?" Kleidung, in der du sie jezt siehst. Ich fühlte die Nähe
„Es ist ihr Bruder," vcrsezte ruhig Perdone. des weiblichen Wesens mit unbcfchrciblichen Wonnefchauern,
„Bev den Gebeinen des heiligen Jakob," entgegnete die mein Inneres durchbcbten. Sie blieb lange unbeweg
der Freund, „du hast schon nahe Bekanntschaft mit der lich und schien hinter dem Schleyer mit besonderer Thcil-
Dame gemacht! Aber jener häßliche Alte hinter ihr, mit nahme mich anzublicken. Dann schlug sie diesen plötzlich
dem langen Barte? Ist der etwa auch ein Stück aus der zurück und ich ward nun gewürdigt, das wnn verherrliche
Wcrwandschast? dann fürchte ich sehr, deine Liebe hat sich Antlitz zu schauen. Und es sah herauf zu mir aus mei
zu einer Tochter Mesopotamiens verirrt und die verbotene nem .herzen und ist nun ewig dort angesiedelt! Die Au
Frucht darfst dn nicht pflücken." gen des holden Bildes strahlten Heller als das Lichtmeer,
„Laß den unzeitigen Scherz und höre mich vernünftig das in mir auf und nieder wogte. Ein wunderbares Feuer
an !" sprach Javme. Tcnori folgte ihm in den Hin brach aus ihnen hervor und ich erkannte, wie dicfcs Feuer
tergrund der Loge und jener fuhr fort. „Es war in der mit meinem eigentlichen heiligsten Selbst in Eins ver
Frühe des heutigen Morgens, als ich am Ufer des H e- schmolz. Ihr Ich war mm für immerdar mit dem mei
nares hinwandelte und meine Blicke an dem goldenen nigen vereinigt und es war min klar, daß dieses immer
Glänze des Flusses, an der Blumcnxracht weidete, die so gewesen se» und nun durch diesen zauberischen Traum
mich umgab. Mancherlei, Gedanken kamen mir in den sich zum Bewußtsein, in mir gestaltet habe. Sie lächelte
Sinn. Erinnerungen auS früher Kindheit belebten sich mich an und meine ganze Seele wurde in ein freudiges
und zogen wie Traumbilder an meinem Geiste vorüber. Leben entrückt, für das ich keine Worte habe; dann trübte
Ich sah wie in einem Spiegel uns bcydc als fünfzehnjährige sich ihr Blick, sie sah ernst und traurig auf den nebenste
Knaben wieder, die damals schon jede flüchtige Freude, henden jungen Mann, und eine tiefe Wehmuth, die ich
jedes flüchtige Leid miteinander getheilt. Ich sah meine eben fo wenig mit Worten zu schildern vermag, ergriff
verstorbenen Eltern, die sanfte Mutter, den hcldenmüthi- mein ganzes Innere. Sic sprach mit dem jungen Manne.
ge» Vater. Viele Gestalten der Vergangenheit drängten Ihre Stimme klang so wohlkhuend, daß ich glaubte Töne
sich langsam aber erkennbar in meine Seele. Ich weiß zu vernehmen, die nur der Sprache der Engel eigen scvu
nicht wie es kam , ich wurde schläfrig über diesen Gedan können. Von dem, was sie sagte, verstand ich nur das
ken, mußte mich niedersetzen und schlummerte wirklich ein. Wort „Bruder," mit dem sie den Unbekannten mehrere
In diesem Schlafe wurde es mir wunderbar zu Mnthe. Male anredete. Auch er hatte die Larve abgenommen und
Es dünkte mir, ich fähe in mich selbst hinein und glän trug das Antlitz frcv. Seine Züge gefielen mir nicht.
zende Blitze schlängelten sich durch mich hin und ihre Sie waren zwar fein gebildet und etwas Stolzes, sogar
Strahlen blieben stehen, und es wurden ihrer immer mehr, Erhabenes sprach sich in ihnen ans ; aber in den kleinen
bis sie sich endlich zu einem einzigen Glanzgewcbe gestal blitzenden Augen schien List und Verstellung zu wohnen,
tet hatten. Auf diesem goldenen Grunde erschienen nun die Muskeln des Antlitzes trieben ein ewig reges Spiel,
viele befreundete Bilder, auch das deinige befand sich un das den inner» Unfrieden an den Tag legen mochte. Son
ter ihnen. Aber es strahlte in einer wunderbaren Ver derbarer Weise verrieth feine Gesichtsfarbe die maurische
klärung und jener spöttische Aug um den Mund, den dein Abkunft, während die Wangen der Schwester mit der Li
treues Herz Lügen straft, war nicht vorhanden. Du warst lie an Weiße, mit der Rose an sanfter Rothe wetteifer
schiner dcßhalb, reiner und edler!" ten. Der häßliche Alte hinter ihnen lächelte mich widrig
„Tolle Schwärmerei,!" fiel Tenori unmnthig ein. und tückisch an."
„Diesen Satyr auf meinen Lippen halte ich für eine mei (Die Fortsetzung folgt.)
ner liebenswürdigsten Eigenschaften."
„Nenne es nicht Sehwärmerev," sagte mit einem
Ernste, der feinem Freunde höchst feltfam dünkte, Jav
7Zi
FranceSko Zana, sezt, daß es auf den andern Sternen Wesen gibt, wie wir
Erfinder der Luftballone und Luftschiffe. sind. Erst in dieser neuen Geschichte bekömmt der Mensch
(Vcschluti.) einen klare» Begriff von Unendlichkeit des Universums
Hat nicht fast jede Erfindung einiges Aergcrniß er- u. s. w., welchen frcvlich iezr Manche fchon haben »ollen;
regt? Hat mar» nicht lue ersten Buchdrucker für Abgesandte diese Leute sind aber zu frühe geboren und thäten desser,
des Teufe« gehalten? Welche Gefahr drohte, alö mendaS zuerst die Lufkfchiffsahrt einzurichten. Diese Luftschiffe
Pulver erfand, als man durch Erfindung der Uhren iris: werden frevlich anfangs vieler !7rten einen Stein des An
sen kennte: ,.welche ?eit es ist u. f. »? Die guten Fol, stoßes finden, aber schnell werden sie sich über das biohe»
ge» waren aber dauernder alö die schlimmen. Beirachren rige Thun und Treiben und über die andern Erfindun
wir die Gegenwart, so beachten wir nur das Einzelne, gen der Menschen erbeben. Dann kann Aufsicht im
und wer daS Neue durchsetzen will, muß allerdings die eigentlichen Sinne des Wortes stattfinden, wo jezt oft
Klagen der Einzelnen berücksichtigen. Leiden die Douancn, Nachsicht und ju wenig Unisicht ist. Die Monsoons
so müsse« die Luftschiffbauer den Schaden ersehen, bis all- werden dann so viel wcrth sevn als jezt die Sisengru»
gemeine Handelsfrcvheit den Staaten andere HüIfSmiktel ben, Gebirgsgegenden , wo über einander entgraen-
darbietet; die Macht der seefahrenden Völker kann leiden, gesczte Luftzüge herrschen, werde» mehr Werth ,'evn
aber sie nehmen am leichtesten das Neue an und können als Goldgrube» , und diese Eigenschasten werden auch
die neue Erfindung am ersten anerkennen; die ,etzige immer denselben Ländern angehören, so lange der Ae-
Befestignnqsart geht unter, aber die dazu erforderlichen quator nicht mit der Are tauscht. Wer zuerst mit dem
Summen können zu neuen SicherheitSiuitleln brnnzt werden, lenkbaren Luftschiffe nach London fahrt, sich den Preis
und je mehr Mittel zu schaden Allen zu Gebote stehen, desto zu holen, der wird sich, um mit Lava zu reden, zu
seltener werden die Angriffe sevn , wle eS schon bisher die den Sternen erbeben, der Dank seiner Nebenmenschen
Geschickte zeigt. Die Sicherheit jedes Staates erheischt zu ihm aufsteigen , und wenn er sich nicht unlerwindet,
eö auch dann , den Schwächern zu schützen, und die Luft- den Erdbewohnern ein Leid zuzufügen, soll die grcßte
intervention wird »och imposanter sevn als die zu Land Strafe über die verhängt werde» , welche sich u,ilerfte!?cn
»der zu Waffer. Die Luftschiffe der Privatgesellschaften dem ?ädaluö, waö schwer ist, irgend eiu Hliideruiß in
werden in der Gefahr den Staaten nützlicher sevn «IS die den Weg zu legen.
jetzigen Handelsschiffe den Seemächten, u»d der größte
Luftverkehr wird die größte Macht nach sich ziehen. Kein Korrespondenz-Nachrichten.
menschliches Auge kann den ganzen Umfang der Wirkun Pari«. Juli.
gen erspähen, welche die Ai'?füKning der lenkbaren Lust- Noch immer ist dcr in der kdnigl. mediziiiisctitn Sttatvmie
e»ist.>nde»e Streit über d,i« Ansl, k,„dk und NiHiransteckend«
schiffe auf die Zukunft Kaden wird, und sollte sich auch de« gkiden Kiebcr« nicht zu Ende. Itr Ll'crvi» , iveicker. wie
der Gesichtskreis des Menschen nicht um viel mehr erwei icr, bereit« früber erwäl nt bade, weit I crum gereist ist. uudmit dcr
tern als früher durch die Entdeckung dcS Kompasses und grdvren Mü»e und viki>„ Unkosten Beweise >u seiner Bclauv»
der neuen Welt, so würden doch die Historiker mit dem lung , daß daS gelbe ,'icbcr nlclit ainlcctcnd sev, gesammelt
bat , scheint in der Meinung Vieler Nccüt zu l'aben . woge
ersten gegen den Wind segelnden Luftschiffe eine neue Eri gen der Sekretär der Akademie, De Pariser. Himmel und
che beginnen können ; die Geschichte thcilte sich dann ein Erde bewegt bat , um seiner Mcnnung von der Änstectunq«,
in alte Geschichte oder kontinentale (von «n°o I. bis zur fäkiqkeit dcr Krantiieit den S,eq ,u »erschaffen. Auf Pa
Eittdecruiiq des Kompasse), in mittlere oder maritime bis riser« Mcvnuiiq gefläzt , I'aiie da« rvrige Ministerium
eine bcträchllictie Kcldsiimmc rrn den beude» gesk?ael'e»d>n
zur ersten Luftfahrt, die nicht vom Winde abhängt, — wir Kai»mern verlauai. »»ter dem Vorwande, Sanil>iisl>ä»scr
leben also leider noch im Mittelalter — drittens in neue Ge auf den Küsten zu bauen und zu «nrerkalien. Unter dein
schichte, von der Herrschaft über die Luft biS auf weiteres. jesigcu Minister»»» sind jedoa, andere Anüchten auf.zekom«
Ja, diese drey Epochen zusammen sind vielleicht wiederum men; schon ist in dcr Dkrutirreiikammer vorgcswlaae» wor»
dcn , von dcm Vorsage. SaniiäiSanstaltcn an der Küste de«
die alte Geschichte, die der Erdoberfläche ; dann kömmt atlantischen Mccrc« anzulcqen, ganz abzugeben, und nu> am
wohl die mittlere, d. i. die des Mittelpunkts der Erde, mitteUandiskticn Meere dergleichen Aiistalten be«zubel»ltcn.
und man sieht, ob Herr Eordier Recht hat, daß eS dort Auch ist d,c kbuiql. Al,'dcinic dcr Wissenschaften nicht glcich»
höllenheiß ist ; in diesem Falle müßte der Mensch lernen, gültig gcblicbe» dcn de» rastlose» Bemüliunaen de« Nc. El'er»
rin, uin die Welriicit zu crforsg'cn und gültiqc Beweise zu
eine noch größere Hitze zu ertragen, «IS der Man» in Pa sammeln. Sie >>ak il m dal'cr i» ikrer leiten öffentlichen Siz»
ris, welcher jezt in einen auf lliu» erhizten Backofen steigt, zung den dieöjäl,ri.,cn Prei« wegen wichtiger Entdeckungc»
worin es ihm gewiß manche deutsche Väckcrjungen noch zu- au« dcr Mviitvonschci, Stiftuug zuerkannt; dieser Prci« bt»
»orkhiln; endlich die neue Geschichte, wo man erfahrk, waS läuft sich auf zcl'Ntaiiscud Franken ; so beträchilicl, die Summe
ist . so kann sic dcm inätigen Arzr doch nur eine scbr geringe
in der Milchstraße vorgeht und wo die Sternwarten mit Enlsc!?adi,i»„q für die nrogcn Unkosten seiner Reisen scun.
dem ganze» Weltall in Korrespondenz stehen, vorauöge- j Dennoch hat "et nicht au Tadlern gefciilt" welche die Sn,s»cK
7ZS
bung der königl. Akademie mißbilligt haben. Der sonst so London, Juli.
freisinnige i)I«K» mcyut. es seh unrecht, daß man die dem Vers (Fortsetzung.)
dienste der Entdeckung zugebachte Belohnung einem Manne Dr. CKannings i«»I^,is «5 lko l2K,r»e>er «f iVipoieo»
ertheilt habe, der gar keine Entdeckung gemacht, und auch hat einen sehr günstigen Eindruck hier gemacht; der Berfas,
keine BewahrungSmittcl gegen das gelbe Fieber aufgefunden ser ist ein Amerikaner , ein Mann , welcher frn> von den meis
habe. Freylich hat t)r Cl'ervin noch keine eigentliche Ents flcn Vorurrhcilen der alten Welt, und weit cntfernr von dem
decknng gemacht , und die Frage über das Anstecke» und Nichts Schauplätze, auf dem jener außerordentliche Mann gewirkt hat,
anstecken des gelben Fiebers bleibt iiiimer noch unbeantwortet; über seinen Charakter so urthcilt, wie ihn wahrscheinlich die
wenigstens kann man wo,,l nicht behaupten, daß sie schon zur onfgcklärte Nachwelt beurrbeilen wird. Der Hanptgrundsag
Genüge bcanlwortet worden ist. Allein wenn nun gerade de« Verfassers ist ein tiefer Abjcheu vor dem Kriege.
keine wichtige Entdeckung in der Heilkunde zu delohnen war, Ein eben erschienenes Werk : rVecollectio» ok » Servio«
so l,at die kdnigl. Akademie der Wissenschaften sicher den von «s tnreo ^««r» aurinß ine v»»e os L«>eemin»li«n in tk« r«
Montuon gestifteten Preis sehr woll angewandt, da sie den: public» os Venriuol« »nct ^»loinbi» (Erinnerungen an einen
selben einem Arzte zuerkannte, welcher keine Aufopferung ges drenjährigcn Dienst im VertilgungSkricg in den Republiken V«
scheut hat, um die Wahrheit z» erforschen und einen streitigen nezucla und Kolmnbia), enthält sehr viel Lesenswcrthes über
und wichtigen Punkt in der Heilkunde aufzuklären. Derglcis jene blutigen Kämpfe, die zwischen blutdürstigen Tvranncn »nd
chen Bcmühungcn und Forschungen , wenn sie auch nicht s?> verzweifelten Sklaven gekämpft wurden , und welche am Ende
gleich ein Endresultat herbeyfübren , verdienen immerhin eine aller Wahrscheinlichkeit nach wieder zum Vortheil der Tyrans
belohnende Aufmunterung. Dagegen wäre ein anderer Arzt ney ausschlagen werden, wenn auch einer minder blutige»
in Paris, De, Ferrus, Oberarzt im Hospital la Salpstriere, und gcistcrtddtcnden als die spanische war. Folgende Anekdote
neulich bcynabe vors Polizeygericht geratben und zur Strafe ist charakteristisch: Während des lezten Aufenthalte« Morillos
gezogen worden, wegen eines traurigen Vorfalls, welcher des u,,b seiner Armee auf Margarita , wurde die Gemahlin des
weist , welch wichtige Folgen die Unwissenheit und die Nach» amerikanischen Generals Arismcndez, eine sehr schöne, reizend«
lässigkcit der Aerzte nach sich ziehen können. In jenem Ho Fran, und gerade hochschwanger, eines Abends von einer Abs
spital werden epileptische Kranke behandelt. Ferrus wollte an thcilung spanischer Trnpvcn bcym Baden in dem dnrch lc>
diesen den schon mehrmals von praktischen Acrztcn gerühmten Ciudad laufenden Flusse überrascht und nach dem Hauprauars
bpdrowanischen Sprup versuchen , und schrieb vor , man solle tier abgeführt. Sobald Arismendez dieß erfuhr, schwur «
jedem vier Gros oder Quentchen desselben in sj Unzen Saftes zclmfältige Rache, griff die Feinde an, erschlug viele, und
aufgelöst reichen. Nun geschieht aber nach der französischen nahm einen Obristcn nebst jS7 Mann gefangen. Dieser
Pharmakopoe die Zubereitung des hpdrocuan. Svrnps so, Obrist, welcher für den besten Offizier in MorilloS Heer galt
baß eine starke Dosis des heftig wirkenden Arzneimittels eher und dessen Liebling war , hatte sich als der grausamste Mdrs
ein Gift als ein Heilmittel ist. auch hat bereits Magcndie in sei der der Insulaner ausgezeichnet ; weswegen auch Arismendez
nem Formulare die Bemerkung gemacht , daß die Blausäure lange seiner habknflig zu werde» gesucht hatte, und ihn jczt
nicht ohne Gefahr in so starker Menge de», Sttrnp einverleibt dem unvermeidlichen Tode weihte. AlS Morillo diese Nach»
werden könne. Allein die Pharmakopoe ist nun einmal richt erhielt , schickte er einen Negerknaben , einen seiner Ge-
da , die Apotheker müssen sich nach derselben fügen , und die fangcncn, niit einem Schreiben an Arismendez ab , worin e«
Mischungen in den vorgeschriebenen Verhältnissen vornehmen. ikm seine Gemahlin für den gefangenen Offizier anbot, babetz
So wurde denn auch im Salpstridrebospital , als De. Ferrus aber ihr den Tod drokcre, wenn diesem etwas zu Leide geschehe.
dcnSyrnv für die epileptischen Kranken vorgeschrieben hatte, der AlS dieses Bittet ankam . waren die Soldaten schon erschlagen,
Saft nach de» verordnete» Proportionen gemischt. Dem Apvs und Arismendez antwortete: .,General Arismendez führt ken
thekcr schien allerdings die Vorschrift bedenklich, allein n nen Krieg mir Weibern, sondern mit den Spaniern, den Fein«
rnusttc gehorchen , und ihn ging die Sache weiter nicht an. den seines Vaterlandes; und dem Auswurfe der Menschheit.
Der furchtbare Trank wirb nun in den Saal gebracht , worin Morillo mag mit Arismendez Gemahlin thu», waS ihm gut»
sich alle Fallsüchtige beistimmen befinden; man fängt an, ihnen dünkt, so lieb sie ihm ist , so ist ihm doch das Heil seines Vas
der Reibe nach den Trank zu geben. Die sieben ersten trins tcrlandcs noch thcurer . und ehe noch der Ucberbringer diese«
ken das Gefäß rein oü« , allein kaum hat der erste das Gift im Briefs den Ort verläßt, ist da« Ungeheuer, welches so oft
Leibe . so spürt er nnleidliche Schmerzen . bekömmt Krämpfe, seine Hände in das Blut der unschuldige» Einwohner getaucht
Todeszuckungen , und verscheidet auf der Stelle. Der zwepte bat , eine Leiche." Hierauf losten die bchdcn Söhne des Ges
war unterdessen auch schon angegriffen worden , auch er vcrs ncrals, wer von ihnen den Gefangenen hinrichten sollte. Das
schied sogleich unter fürchterlicher Todesangst ; eben so der dritte, Loos fiel dcm jüngsten zu , und dieser schlug ihm in Geqe«
der vierte, der fünfte, der sechste und der siebente. Man war wart des Boten mit einem Machetti den Kopf ab. AlZ Mos
nun mit dem furchtbaren Getränke bis zum achten gekoin- rillo bieg erfuhr, wollte er wirklich seine Gefangene umbrin:
men. Allein bc» dem Anblicke der sieben sich i« Todesqualen gen, und nur die Bitten einiger Offiziere vermochten il,n, das
herumwälzenden ober bereits verschiedenen Kranken überfiel von abzustehen und sie statt dessen gefangen nach Sadir zu
ein unnennbares Grausen die übrigen Kranken. Sie kreischte», schicken. Hier wußte sie indessen schon nach wenigen Tagen
baß das ganze Hospital davon erzitterte , rafften sich in der verkleidet zn entkommen, und mit einem KaufniannSschissc ab
Angst von Betten und Stühlen auf, flohen durch Thören und zusegeln. Dieses fiel einem Venezuelcr Kaper in die Hände.
Fenster davon , und schriee» im ganzen Hause umher , man AIS sie ans Margarita landete . kamen ihr alle Franc» der In
wolle sie ermorden, Andere Kranke wurden von panischem sel entgegen, und bestreuten ihren Weg bis zu des Generals
Schrecken mit ergriffen , eine allgemeine Verwirrung herrschte Hause, eine Strecke von einer deutschen Meile, mit Blumen.
imHosrital; man mußte alle Krankenwärter herbcnrufcn. und Die Spanier konnten von ihrem Lager aus den Triumphwagen
sogar Gensdarnien l>erci„lassen, um die Kranken zu zwingen, sehe» . auf dem sie sag.
sich wieder in ihre Säle z» begeben. Natürlich wurde mit dem cDer Beschluß folgt.)
fatalen Arzncymittcl sogleich eingehalten.
(Die Fortsetzung folgt.) Benlagen: KmiMaN Nr. 6t. u. Monaksregister Juli.
Verlag der I. G. So t t a 'scheu. Buchhandlung.
Morgenblatt

s ü ,

gebildete Stände.

Zwei und zwanzigster Jahrgang.

1 8 2 8.

A U g U st.

Wenn Geist mit Murh ihr einet, und wenn in euch


Des Schweren Reiz nie schlummernde Funken nährt.
Dann werden selbst der Apollonia
Eifrigste Priester euch nicht verkennen.
K l o p ft o ck.

Stuttgart und Tübingen,


im Verlag der I. G. Eotta'schen Buchbaudluug.

1 S 2 «.
"-^as „Morgenblatt für gebildete Stände« enthält folgende Artikel:
I. Schöne Literatur. Uebersicht des Zustandes derselben in Deutschland, Frankreich, Großbritannien, :c. —
Kleine Aufsätze über schöne Wissenschaften überhaupt. — Kurze beurtheilende Anzeigen der neuesten belletristischen
Schriften: der Romane, Schauspiele, Mmanache, Gedichte. — Gedrängte Auszüge aus seltenen interessanten Werken.
— Revision einzelner Recensionen aus den besten kritischen Blättern. — Nachricht vom Zustande der ausländischen
schönen Literatur, besonders der Französischen, Englischen, Italienischen, Holländischen, :c. — Uebersetzungen als Proben.
II. Kunst. Kurze Abhandlungen über Gegenstände der Kunst. — Beurtheilung neuer Schriften: Malerey, Bild-
bauerev, Baukunst, Gartenkunst ic., Auszüge. — Kunstnachrichten: Theater. Periodische Uebersicht des Austandes der
vorzüglichsten Schaubühnen in Deutschland, Frankreich u. s. w. Scencn aus ungedruckten Schauspielen. Musik.
Nachricht von neuen musikalischen Produkten. — Kurze Kritiken neuer Werke. .
III. Beitröge zur Sitten- und Kultur-Geschichte einzelner Städte und Völker. Geselliges
Leben; Vergnügungen; Mode; Lums; Sittengemalde der Universitäten, Messen, Bäder, Carnevals; zuweilen interes
sante topographische Schilderungen.
IV. Biographische Skizzen. Einzelne Züge ans dem Leben interessanter Menschen. — Beiträge zur Bildungs-
Geschichte vorzüglicher Schriftsteller, Künstler. — Ungedruckte Briefe nach der Original-Handschrift. — Anzeigen von
den gegenwärtigen Beschäftigungen der Gelehrten, ihren Reisen zc.
V. Kleine Neisebefchreibungen. Auszüge aus interessanten größern Werken dieser Art; kleinere Original-
Aufsätze.
>I. Gedichte. Oden, Lieder, Idyllen, klein« Balladen, Romanzen, Fabeln, Epigramme. — Proben aus gröf-
ern ausländischen und deutschen Gedichten. . , .
VII. Miszellen. Anekdoten. Satyrische Aufsätze. Kleine leichte Srzählnngen in Prosa und Versen; Räthsel,
Charaden und dergleichen.
VIII. Besondere Beilagen enthalten die Uebersicht der Literatur.
Alle Tage, mit Ausnahme des Sonntags, erscheint ein Blatt. In besondern Intelligenz-Blättern werden gelehrte
so wie andre Anzeigen bekannt gemacht.
Jeder Monat erhält ein Titelblatt, mit allgemeiner Inhalts -Anzeige.

In wie weit obiger Plan eine Ausdehnung erhalten hat, zeigt folgende Anzeige:
Seit einer Reihe von Jahren sind im „Morgenblatt" Aufsätze und Nachrichten über Gegenstände der bildenden
Künste geliefert worden. Zur besseren Uebersicht für Knnstfreunde wurde später eine eigene Bcvlage unter dem Na-
uien des „K unstblatts" für diesen Zweck bestimmt,, die jedoch in ungleichen Fristen erschien, je nachdem Stoff
und Auswahl zu Gebote stand.
Die Liebe zur Kunst hat sich in den letzten Decennien, trotz Kriegen und politischen Umwälzungen, mehr und
niclir ausgebreitet und gesteigert; jetzt, nach eingetretenem Frieden, zeigen sich davon bedeutende Wirkungen, und las
sen den erfreulichsten Fortgang hoffen.
Dalier wird eine Zeitschrift, welche Nachrichten und Beurteilungen von allen merkwürdigen Erscheinungen im Ge
biete der bildenden Kunst gäbe, zum fühlbaren Bedürfniß, und die unterzeichnete Verlagohandlnng wird auf Benfall
rechnen dürfen, wenn sie unternimmt, das „Kunstblatt" in solcher Ausdehnung und Regelmäßigkeit erscheinen zu
lassen, daß es, diesem Bedürfnis entsprechend, den Lesern des „Morgend latts" eine bedeutende und interessante Zu
gabe sev , für Kunstler und Kunstfreunde aber auch abgesondert eine selbstständige Zeitschrift bilde.
Man wird zu dem Ende sich bestreben , zunächst in zwey , wöchentlich erscheinenden Blättern so viel möglich voll
ständige Nachrichten über das Merkwürdigste zu ertbeilen, was in Deutschland und den übrigen Ländern in allen Thei-
len der Kunst, in der Malere» und den ihr verwandten Zweigen, dann i» der Bildnetey und Architektur sich ereignet,
Beurtheilungen von Kunstwerken und Abhandlungen über allgemeine Kunstgcgenstände zu liefern, und Benträge zur
Geschichte der ältcrn und neucrn Kunst zu sammeln. Hiermit solle» Auszüge aus ältcrn und ncuern die Kunst betref
fenden Werken, so wie eine Uebersicht der neuesten artistischen Literatur und Beurtheilungen der bedeutendsten
Schriften dieses Fachs verbunden werden. Auch wird man darauf bedacht feyn, das Blatt mit Umrissen in Kupferstich
oder Steindruck befriedigend auszustatten.
Die Redaktion hat Hr. Or. Schorn, Verfasser der Schrift über die Studien der griechischen Künstler, übernommen.
Wir stellen nun an alle Freunde und Kenner der Kunst die Bitte, unser Unternehmen durch Benträge an Origi
nal- Aufsätzen nnd Nachrichten kräftigst zu unterstützen. Besonders ersuchen wir auch Künstler, uns von ihren eige
nen, oder den in ihrer Nähe entstehenden Kunstwerken Notizen einzusenden, damit die Uebersicht möglichst vollständig
werde. In allen Beziehungen wird man stets den Grundsatz strenger Unparthcnlichkeit befolge», und wir glaube»
dcßhalb die bereits in den bedeutendsten kritischen Zeitschriften angenommene Regel, alle Beurtheilungen mit
Namensuntcrschrift oder anerkannter Chiffre zu versehen, auch für unser Blatt feststellen
zu müssen. Dicß wird die Redaktion vor jedem Verdacht ungegründeten oder uuqeniessencn Lobes oder Tadels
schützen, und dazu bevtragen, unsrer Zeitschrift den edlen und anständigen Ton zn erhalten, welcher überall vor dem
Publikum, und besonders, wo von den höchsten Fähigkeiten und Gütern 5es menschlichen Geistes die Rede ist, beobachtet
werden sollte.
So wie nach obiger Anzeige der bisher für das „Kunst-Blatt" bestimmte Raum nicht zureicht, wenn für dieses so
interessante Fach dasjenige geleistet werden soll, was daS gebildete Publikum davon erwarten kann, eben so ist es
der Fall mit dem „Literatur-Blatt." — Der bisher ihm gewidmete Raum ist zu beengt. — Wir sehen uns daher
genöthigt, auch dlesnn Zbeildes ..Morqendlatts" ei« «rc^ßtte Ausdehnung ,„ geben, »m unser, kei'er mir den neue,
ften erscheinungen der Literatur , die, ohne zu d«„ i^rengwissenschafrlichen zu geboren, von allgemeinem Interesse siud,
bekannt mache» zu können.
Diese gedoppelte Äusdebnunq , zu der wir genöthigt sind, wenn wir wirklich den für Gründung des ..Morgen-
blatts - beabsichtigten Zweck vollkommen erreichen wollen, erbeischt natürli^ auch größere, bedenkende Auslagen, und
wenn wir gleich durch das !?pfer, das wir bisher durch die, diesem Zweig bestimmten Beilagen brachten, hinlänglich
zeigten, baß wir zn jedem neuen möglichst bereit sind, so können wir dieses beo der Vermehrung von z 5 wö.l'eut
stchen Verlagen damit nur beweisen, daß wir blos aus die Hälfte dessen, was wir nach dem blsberigen Preis des ..M or-
gendlatts - dafür fordern konnten, Äniprnch machen, und für diese Ausdehnung mir dem kleine» Auf,chlag ,o»
, fl. oder t Rtblr. » Gr. für'S Halbjahr uns begnügen.
Sollten Künstler und Kunstfreunde das . Kunst Blatt" einzeln Kalten wollen, fo wird diesen der halbe Jahr:
gang für 5 fl. erlassen. Das Gleiche gilt für n»zelne Bestellungen des „Literatur Blatts.-
Zür diejenigen Liebhaber aber, welche beyde, daS „Kunst:" und „Literatur. Blatt-, miteinander zu haben Wim
schen, kostet der Halde Jahrgang nur 5 fl.

Der halbe Jahrgang des „Morqenblatts-, mit lZinschluß des ..Literatur - und ..Kunst Blatts-, würbe
also kosten 1» ft.
Der Kalbe Jahrgang dcS ..Literatur - und ..Kunst Platts" ohne das „Morgenblatt- ... 5 fl.
Der halbe Jahrgang von jedem dieser Blätter einzeln, nämlich das .. L > t c r a t u r - B l a t r - z fl.
das ..Kunst Blatt - z ft,
Für diesen Preis kann, nach Uebereinkunsr mit dem Löbl. Haupt Postamt in Stuttgart, das „Morgenblatt-
in Würrcmberg, Bayern, Zranken, am Rhein, Sachsen und in der Schweiz durch alle Postämter bezöge,, werden.
I. G. Cotta'sche Buchhandlung.

Inhalt.

(Die Zahl zeigt die N mmer des Blattes an.)


Gedicht«. Mannaregen in Persic». 2«Z.
Der Siran» und der ViScacho in den P. mp'Z. 2 ,1.
Vtsiich in Ur>>«,. von Moerike. 187.
Der Wundrrtl'Lter, von A. Schill, lg«. Aufsätze ge mischte II Inhalts.
Sommerlieder, von lt. Felder. l92. Vouill« bei? Friedrich dem «rosten »,,d Jostzib U^«i. i«5.
D,t GlückscligkeitSinsel, v. «tterboom. 198- «99. 20«. Z«Z.
Jean Paul Friedrich Richter au <?,n,»,„cl. 181. 191. 2»».
2«5. 2»I. 2«4.
Der Abendstern, von Alfrib. 198. Der erste Brief Mirabcan« an Ludwig XVI. 1x9.
Auf der Reise, von S. Moerike. 2«I. Der Krieche a„j Albanien, 195.
Lieder von Ti'vma« Moore. 2««. 2ii8. Dal große Ballsest in Neu:?1vrk zu Sliren Losamtte«. 199- 2')».
Romanzen , von Georg Rapp. 2«7. Kurze Geschichte der zn Aufsindung La P«>ouse« geinachren
Rätbsel. Flug. t8Z. - Die Zunge und der Verstand. 191.Versuche. 2«2.
D>'< Heer. 2»Z. D« Koran und die Bibel. 205. 2««. 2l,7. 2»8. 2«9.
Logogrypl'. Raum. Traum. 197. Die Kunst zu stei'len. 2«K.
E ha rode. Großmutter. 2«9. Aoxrespondenz.
Erzählungen und Romane. London. 181. 185. «87. 188. 189. 2«z. 201. 2«'. 2««.
207. 208. - P«>«. 181. 185 199. ?««. 2«I. Z«2. 205.
Das innere Gesicht, von ». Ddring. 184. I8Z. I8S. 187.201. 2«5. 208. 2«9. - A»S dem Walli«. 18«. 187. 1«».
188. 189. 19'i. 191. 192. 195. 191. 195. 19«. 197. 189. - Genf. 19«. 191. 192. 195. 191. 195. - Rom.
Die Abenteuer Hajji Baba'«. 2UI. 2«2. 205. 2«j. 2«Z. 59«. 192. 2«I. 2N2. - Wien. 195. 191. 195. 19«. 197.
2«7. 2U8. 199. 2««. - Nen-London. I9S. 197. 198. - Fransnrr.
Lander« und Völkerkunde. 2««. 2U7.
Reisebilder au« Rumelien und dem Balkangebirge. Igg. 187.
18». 189. 19«. K u n st . B l a t t.
Die peruanische Wüste. 19l. Nro. S2.
Skizzen au« Brasilien. 195. 191. 195. 196. 197. Ueber Malere». il,re Bedeutung . IKren Ziveck. ii re Mittel,
Marocco. 198. von Kavl Bii«,»er. <!xorts) ^ Alre ?>>,kmalc in Benedi«
Der Engländer. 2l>9. und seiner Umgegend, von W. F. Rink. <«>y>us,,)-A„zkige.
Naturwissenschaftliches. Nro. gz.
Merkwürdige galvanische Wirkung bei SiscnS auf d>iS Ku Ucber Malnw, il'reVedmtima ic. von K. B»ch„er. <Fovts> —
pfer. 192. Nene Kupferstiche, l.» Vierde 6c I» n>»i,«n <1 »IK«, psinie
Merkwürdige GesichtSfchler. 197. x,r ki.»r>t»el. ThctiS mit den Wasscn de« AchillcZ.
Nro. 61. ten. — Biographie. Leben des Erasmus von Rotter
dam. — Reli gi dfe Literatur. Briefe eines Deutsche»
Ueber Malcrcy, ihre Bedeutung :c. von K. Buchner. (Forts.) — über Gegenstände der Religion und Politik.
Statuten des Schleichen Kunflvcrcins. — Kunstausstellung
in Breslau für l»2g. ^ Nro. 64.
Nro. 6Z. Schriften über Griechenland, i, Mslolr« moöern« ck,
I» K-ec« ete, — R c li g i o » s sch r i ft e ». Neue Jahrbücher
Kaiser Karl d. Gr. zieht zur Werthcidigung der Thovc von Pa für Religion u. Sitte» :c. von I. N. Stcininüllcr in Rcineck.
ris (mir einem Stcinabdruck). — Ueber Malcrey, ihre Bedeu
tung :c. von K. Büchner. (Forts.) — Zinkographie. Nro. US.
1. Stuart und Rcvctt, Alterthümer von Athen. 2. Alter- Schriften über G r i c «cn lau d. (Schluß.) 2 v«i>,p»rt»
tküincr von Attila. Z. Altcrthümer von Jonicn. 4. Mu e> Ick Lrec«, Z. Ij!sloire öu siege öe I^IissoloagKi <. ^«ux»
seum Worsleyanuin :c. — Lithographie. — Bild»iK Ih ««I l»it en Orece, ö. l)»mp«gne ^'ui> jeune k'riix:»!,,
rer K. H. der Iran Grvßhcrzogiu von Sachse»-Weimar-Ei- 6. 1/,ble»u Ze Lrece. 7. Tagcbuch einer Reift durch Grie
senach. chenland und Albanien. — Dichtkunst. Phantasten und
Nro. 66. Skizzen von W. Hauff. — Biographie. l>otice 5ur Kl»»
Altdeutsche Baukunst. Vu«s nisioriquos i» c»tK6- üame äe Kruilever z>»r !V1»6. ^^ele clu ?Ko».
ckr»Ie 8lr»5bou'ß etc, , oder 0»lKe<Ir»Ie5 ?r»n^»is<!S Nro. 66.
^es5iuoc» ei Iit>>«»r»pt,!ecs, — Ueber Malcrey, ihre Be Vermischte Schriften. 4nn»Ie» cku 2««pi>il!5ive et«. —
deutung :c. von K. Büchner. (Schluß.) Ein Beyrrag zur Bitte: Helft doch den Hcimalblosen. — Hi
Nro. «7. storische Literatur, v. Martin Luthers Briefe, Send
Altdeutsche Baukunst. Vu« K!«Ior,'<zu«s öo I» estke- schreiben und Bedenken :c. von Or. W. M. L. de Wette. -
Nordamerikanische Literatur.
(Schlust.) — Kunstlikera,tur. Police »ur le, xrinei» Nro. 67.
p»ui l«KI««Ul 6u IVl^se« Imperi»! >'Lren>it»ze » 8»i»t- Dichtkunst. 1. Das Rbeinthal, von G. C. Braun. 2. Neu»
pete-sdourgelo, — Neue Kupferstiche. »I«>er l,»v>b- Gcdichtc v. I. G. Dlstling. Z. Die Volkssagen des Rheinlan»
<i«n «>c, Oi6«n etc. — Ankündigung eines gegenwärtig des, von K. Geib. — Rciscli teratur.' Spaziergang
im Stich begriffenen Blattes nach der Pict» von Fra Barto durch Kalabrien und Apulicn , von Inst. Tommastni.
lome» de St. Marco im großhcrzogliche» Pallastc zu Florenz. Nro. 68.
Nro. 68. Reifcliteratur. Reife nach dem Südpol :c. , von I. Wed
Ueber bildliche Darstellung der Gottheit. — Rom den 12. Juli del. — UeberseyungSliteratur. 1. De« Publius Svir
1828. dius Naso Lieder der Liebe. 2. Q. Horatins Fl. Episteln, von
Nro. 69. pr. Jos. Nürnberger. —Topographie. Zeichnungen und
Ueber bildliche Darstellung der Gottheit. (Bcschlusi.) — Archi Notizen von den Arbeiten nn dem Gange unter der Themse
tektur. Entwürfe ausgeführter und zur Ausführung be von Rothcrhithc nach Wapping. — Erzieh un gs schr i fs
stimmter Gebäude , von Dr. G. Mover und Fr. Heger. — tcn. Pcstalozzische Blätter für Menschen- und WblkcrbiK
Anzeige, von Brockhaus. bung, vvnvr. Joh. Niederer.
Nro. 6S.
Pädagogik. Blicke auf die Taubstummenbildung .c. , von
Literatur-Blatt. I«. K. G. Reich. — Länderkunde. Gcographifch - stati
stisch-topographisches Handwörterbuch von Großbritannien und
Nro. 62. Irland, von Rud. v. Jenny.
Humoristen. -I. Tie«. 2. Heine. (Schluß.) - D ich tk » »st. Nro. 7».
ZVle'Ivclie» Uelvetiqueg z>. OK, viciier. Der Mensch oder die fünfzehn Paradiese de« Herrn Bory St.
Nro. 63. Vincent. — Philosophie. Ucbtt den Begriff der Vernunft :c.
Vermischte Schriften. Ulrich Hegne« gesommelte Schrif Von Michael Aschenbrcnner.

A n z e igen.
r!26^I Tübingen. Bey L. F. Oslander ist so eben erschie ttob. ?ollok, ^. l'Ks 5itlK L6!t.«n.
nen : gcbd. Rthlr. Hamburg. Herold.
Napoleons politisches und militärisches Lcbcn .c. Wer dieses neue Werk nicht kennt, der halte es der An
Aus dem Französischen des General Jomini. sicht wcrth.
„l'Ke Iüvur»e «s tirae" i» tiie <!ne,t poera «Kick K»,
II. Band. 1328. 440 S. geh. 1 Rthlr. 12 Gr. «ppe«re6 iu «n^ I»ngu»ge sine« ?sr»äi»e !.«»>. — sogt der
Der in. so wie der lv. und lezte Bond erscheinen nvch Lcleclie ttevie«. (DaS schöllst?, was seit «il ton
in diesem Jahr. l.ost in irgend einer Sprache geschrieben worden.)— Aens-
, , serst korrekt und wohlfeil ist die hier genannte Ausgabe.
s/>M Englische Literatur. Vier Auslagen in 4 Monat! -
l'Ke Lours» «5 tims: a l,oem, 5a t«n KooKs. Jede deutsche Buchhandlung nimmt Bestellung an.
X". 184.

M v r g e n b l a t t

für

gebildete Stände.

Freytag, i. August i 8 2 8.

k?ut ftvn. gut styn, ist «kl gethon,


Erobrr,, ist nur wenig;
Dcr .<t!>,„g sc« dcr beisre Mciun,
Srnst s,-v dcr Bcsirt «bn,g.
Claudius.

Bouille bey Friedrich dem Großen und Joseph II. ser lassen sich wohl nicht ungern ein wenig in die lezteu
Tage der guten alten Zeit versetzen.
Senerallicutenant Bouill« war im amerikanischen Be-
frepungSkriege einer der ausgezeichnetsten französischen Of- Der König begab sich von Ncisse nach Breslau ; wir
siziere; er rvvUte sich nach dem Frieden von Versailles die folgten ihm. Sr reiste immer sehr, schnell in einer Bc>-
siebenmalhunderttauscnd Franken, die er im Staatsdienst linc mit Paucrxserdcn; sein ganzes Gefolge bestand M
aufgewendet hatte , von Ludwig X>1. nicht ersetzen lassen, einem Wagen und einem Packwagen mit einigen Bedien
sondern hielt sich durch das Geschenk von zwcy auf St. ten, seinen Köchen und Hundeu; er hatte weder Mi
Christoph eroberten englischen Kanonen hinlänglich belohnt. nister, noch Sekretäre, »och hohe Offiziere bev sich. Go-
Auf seinen Reisen, die er nach beendigtem Kriege in eh wöhnlich saß ein General dcy ihm im Wagen, zwev Husaren
renvoller Muße durch mehrere Länder SuroxaS machte, standen hinten auf, zwev Pagen folgten auf Pauerxserden.
kam er auch t7«i in die friedlichen Feldlagcr^riedrichs deS Bev Breslau waren die Manocuver auf dem berühme
Großen. Sr hatte im siebenjährigen Kriege seine militä tem Schlachtfeld von Lissa. Ich speiste hier wie in Ncisse
rische Laufbahn begonnen und war nun begierig, jene berühm Kevin Könige.' Bcr> diesen Mahlzeiten herrschte die größte
ten Manocuver zu sehen, die für die Kriegsschule Euro Ungezwungenheit, und dcr König sagtc mchr alS cinmal ,u
pas galten und der, denen Große und Herrn aus allen mir: «Hier ist volle Frepheit, wie wenn wir im WirthS-
Ländern zusammenströmten. Sr sah bev diesem Kriegs Haus wären." Das Ssscn war sehr gut, etwa wie in Pa
spiel deS alten Friedrichs Blicke leuchte», wie am Tage ris vor zwanzig Jahren ; man trank nichts «IS Champag
der Schlacht, sah die Reihen jenes berühmten Fußvolks, ner. Am zwexten Tage in Breslau sagte der König vor
todtenstill, regungslos, sah, wie auf das Signal diese Masse Tisch zu mir: „Sie rathen nicht, was ich diesen Morgen
sich langsam, majestätisch in Bewegung sczte. Sin Schritt, gethan habe. Ich habe die Finanzen meiner Jesuiten in
Sin Tritt, gleichsam Sin Körper, dcr von gcit zu Aeit Ordnung gebracht; mit allem ihrem Verstände verstehen
Feuerstrime von sich stieß ; er nannte dieß eines der erha sie davon nichts. Ich habe sie in der Hand," fuhr er fort,
bensten Schauspiele der Welt und ahncte wohl so wenig „und sie sind mir fchr nützlich; sie sind von mir besonders
als jeder Andere, daß sie am Vorabend des Untergangs dazu angestellt, junge Leute für meine katholiche Geistlich
eines ÄriegssystemS waren, das keinen Sieg mehr erfech keit zu erziehen und zu bilden; weil ich diese einmal un
ten sollte. Seine Unterredungen mit Friedrich und Jo terhalten muß, so will ich, sie soll aufgeklärt seyn. Ich
seph N. enthalten manche charakteristische Sügc, und die Le habe dieß mit dem Papst ausgemacht, mit dem ich sehr
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wohl zufrieden bin; er ist'ein'Freund von mir." Er zeigte Pallastcs nach Madrid versezt. Obgleich Alles im hell
mir vom Fenster aus ein Kapuzinerkloster und sagte : „die sten Glänze strahlte in mir und um mich , so wußte ich
dorr machen mir ein wenig Unlust mit ihren Glocken ; sie doch, daß ich dort zu einer nächtlichen Stunde wandelte.
ließen mir sagen, sie seven erbötig sie Hey Nacht ruhen zu Es war mir, als schleiche Jemand hinter mir, dem ich die
lassen ; das mochte ich nicht ; man muß Jeden sein Hand verborgene Pforte und jene geheimen Gänge zeigen müßte,
werk treiben lassen." die du kennst und die ans dem Garten in das Schlafzim-
Ich befand,mich bey den großen Herbstmanocnvern in mcr des Königs führen. Der Orangenduft, den die Ar»
Potsdam. Eine Mahlzeit wird mir ewig unvergeßlich Pflanzung unter den Fenstern jener Gemächer ausströmt,
bleiben. Zwev Salons in der alten Orangerie waren herr umwehte mich, von Oben strahlte das einsame Licht her
lich dekorirt, einer himmelblau, der andere rvsenroth. nieder, das gewöhnlich Nachts in Enrique's Schlafge»
Nun denke man sich vierzig bejahrte Krieger mit weißen mach brennt. Ich wußte, daß jenes unbekannte Wesen
Haaren, gestiefelt und gespornt, mit langen Degen oder hinter mir einen bedrohlichen Anschlag auf das Leben beS
mächtigen Säbeln an der Seite , mitten unter ihnen den Königs im Sinne- trage, und dennoch zwang mich 'eine
alten Friedrich, umschwärmt von einem Dutzend Pagen, geistige Gewalt, gegen die jeder Widerstand fruchtlos
schön wie Liebesgötter, die eine Hälfte in rosenfarbigen, blieb, es auf dem geheimen Pfade zu leiten. Eine furcht
die andere in himmelblauen , silbergestickten Sanum ge bare Angst befiel mich. Ich wollte mich umsehen nach dem
kleidet; ebcnfoviele Jokevs mit rvsenfarbigen Jacke» und schrecklichen Wesen , aber jene geistige Gewalt verhinderte
Federmützen, glänzend gekleidete Husaren, die Kammerdie mich daran und trieb mich unaufhaltsam vorwärts. Schon
nerdienste versahen , und Lakayen mit prächtigen Tressen ; lag das Jasmingesträuch vor mir, hinter dem die heim
die herrlichen Möbel, die Pagen, der wollustathmende, sy- liche Pforte verborgen ist ; da durchzuckte mit einem Male
baritische Lurus bildeten mit den strengen Augen, der ein» ein stechender Schmerz mein ganzes Innere, der glänzende
fachen Kleidung, dem barschen Ton und dem kriegerischen Grund, der Garten, der Pallast versanken in Nacht und
Ansehen der Gäste einen für mich fehr auffallenden Kon — ich erwachte. Als ich aufblickte, stand in der Wirklich
trast. — Der König ließ sich über das Jahrhundert Lud keit jener seltsame Alte vor mir, seine Hände schienen
wigs XIV. aus, das er das schöne Jahrhundert un nach meinem Haupte zu greifen, die Blicke seiner tobten
serer Nation nannte. Er vertheidigre Ludwig sehr scharf grauen Augr>. waren wie bannend auf mich geheftet. Er
sinnig, entschuldigte seine Fehler und Schwächen, hob seine veränderte aber sogleich seine ganze Haltung und seine
guten Eigenschaften heraus, tadelte aber die Revokation Gcberden, nahm eine demüthige Stellung an, schlug
des Edikts von Nantes, fo viel auch Preußen wegen der die Augen zu Boden und fragte mich nach dem nächsten
Manufakturen, welche die Flüchtlinge hiehcr verpflanzt, Wege, der an das Hoflager führe. Ich schwebte noch zwi
dabev gewonnen hatte. „In diesen Unglücklichen," sagte schen Traum und Wachen, zwischen den Wundern des
er , „lebte eine so große Anhänglichkeit 'an ihr Vaterland, Wahns und der Wirklichkeit, und gab ihm, so viel ich
ein so tiefes Gefühl der Achtung vor dem König von Frank mich erinnere, eine sehr unznsamnienhängende Antwort.
reich, daß die Unfälle, welche ihre Nation erlitt, sie mit Er aber schien befriedigt und entfernte sich mit sehr eili
Betrübnlß erfüllten. Können Sie es glauben ? noch un gen Schritten. Wenige Augenblicke darauf hörte ich in
ter Ludwig xiv. versammelten sie sich am Ludwigstage, um meiner Nähe das Geräusch wegtrabender Rosse. Ich er«
den Geburtstag des Königs zu feyern, der sie verfolgte." munterte mich mit Gewalt, um dem rätselhaften Greise
(Der Beschluß folgt.) nachzublicken , doch war er, als ich dieses vermochte, schon
verschwunden. Endlich kehrte ich zu mir selbst zurück oder
vielmehr ans mir selbst in die alltägliche Wirklichkeit. Ich
Das innere Gesicht. saß noch in derselben Stellung, in der mich der Schlaf
Won Georg Döring. überrascht hatte. Nur war meine rechte Hand aus das
eiserne Gefäß meines Schwertes herabgesunken, und an der
(Fortscvung.)
Stelle, wo,sie dieses berührte, empfand ich noch jenen
„Plötzlich verschwanden die zwey jugendlichen Gestal stechenden Schmerz, der in dem wunderbaren Traume
ten von dem Goldgrunde," fuhr Javme fort; „der Alte mein ganzes Wesen durchbebt hatte. Ich habe dir nun
blieb allein zurück und trat mit drohender Stellung, mit Alles erzählt. Ich weiß, daß ich mich einem treuen Freu»-
seltsam erhobenen Händen auf mich zu. Da war es, als desherzcn anvertraute, aber spotte nun auch nicht, taste
werde meine Seele von einer fremden Seele verdrängt, mir nicht die heilige Wahrheit an , die sich mir offenbart
die sich der Hülle, die jener bisher gedient, mit einem hat! Du wirst sehen, daß Alles ist, wie ich es geträumt
Male bemächtigte. Das Bild des Alten verschwand auch, habe, denn ein solches Himmclslicht, entzündet in den
und ich sah mich nun mit einem Male in den Garten des Tiefen der Seele, kann nicht täuschen."
7Z5
^Jch will es erwarten!« verfezre Don Ramixo in dünkte es ihm doch, als höre er wiederum den himmlischen
einem Zone, der genugsam an den Tag legte, wie wrnig Wohllaut der Stimme, wie sie zärtlich und beseligend sei
ihn die Eröffnung seines Zreundes befriedigt hatte. „Mein nen Namen nenne ! Daß die Blicke des widrigen 'Alken
Tage habe ich nicht »ikl auf Träume gebalten , ab« dir durchbohrend auf ibm rubelen, daß dieser den jungen
zu Gefallen will ich es einmal mir diesem Traume ver- Mann neben der Unbekannten auf ihn aufmerksam mach
suchen und ihm eine besondere Rücksicht angedeihen lassen. te, und hierauf dieser mit einer trotzigen Bewegung sich
Doch sieb, derKönig winkt uns heran! Das Spiel beginnt, nach ihm umwandte und ihn lange ansah, blieb ihm ver
die Trommeken schmettern und die F arfanes *) ziehen borgen. Er wußte sich auch selbst nicht Rechenschaft zu ge
auf ihren trefflichen Arabcrrcssen in die Bahn." ben , ob er das reizende Wesen wirtlich vor sich sehe, oder
Es gewährte in der That einen schönen Anblick, diese nur ihr in ibm lebendig neu zu Tage getretenes Bild.
gewandte Reiterschaar, lauter zierlich gebaute Jimglinge, Denn so wie sein Entzücken stieg, nurde er ganz der
in buntfarbiger, arabischer Tracht, die geschmeidigen afri Gegenwart entrückt, und eS dünkte ihm, als wandle er
kanischen Pferdchen mit einer Leichtigkeit und Sicherheit an der Seite der nun entschlevertrn Schönen aus dem
im weiten Räume des (Zirkus herumtummeln zu selxn, Blumenufer des He narr« hin, als hielte sie seine Hand
die an das Wunderbare grenzte. Sie erschien im gestreck liebevoll umsaßt und spräche mit dem unendliche» Zauber
ten Laufe, in anscheinender Verwirrung. Diese Verwir ihrer Stimme zu ibm: „Du bist ja nun mein, du Lieber,
rung löste sich nach einigen Augenblicken in gefällige Grup nnd ich dein auf ewig , denn wir bevdc haben fortan nur
pen auf, und nach Tänzerarc mußten nun die verständigen ein Leben und sollen noch inniger vereinigt werden »n
Rosse ihre Schritte abmesse», und allerlev dem Äuge an Lichte und iu der Wahrheit."
genehme Bilder m der Ären« ausführen. Die Reitet (D« Fortsetzung folgt.)
selbst stellten unter sich wiederum eine bedeutungsvolle Pan
tomime dar, in der sie, bald sitzend, bald stehend, mit Jcan Paul Friedrich Richter an emamiel.
siegreicher Kühnheit und unnachahmlicher Anrnukh eine Hof, de» z. Mai l7!>5.
sinnvolle Deutung lebendiger Gcmürhsaffekte und sanfter Mein lbeurer Emanuel!
Empfindungen auszudrücken wußten. Dazu tönte eine Hier sitz' tri' an meinem Höfer Tische, aber die Bil
fremdartige Musik, der die klagende arabische Rohrflöte der oder die Bildcrgallerien der Bavreutbischen Mefilde
einen eigenthümllchcn bizarren Reiz lieh. Die ganze Vor und Gärten und Menschen umziehen tanzend meine Au
stellung der Zarfanes endigte mit einem kriegerischen gen. Und Ihnen bab' ich nicht blos Freude», sondern
Spiel. Hier zeigte sich die Verwegenheit der Jünglinge auch Menschen z» danken. Mög' auch Ihnen der Him
in ihrem ganzen Umfange. Sie sprangen, während die mel immer bevdes geben, da Sie mit einer Wärme lie
Pferde im angestrengtesten Laufe blieben , mit de» wilde- ben, die zu gut ist, für die aus Eisberge« gehauenen Men-
sten Bewegungen durch die gezückten Sichelschwerdter, scheustatuen um u»S her.
Jeden Augenblick glaubte man einen der Kämpfer tödtlick Mein Brief ist nur eilig und kurz und historisch, we
verwundet zu Boden stürzen zu fehcn ; der Gedanke, daß gen meines WalleS von Arbeiten.
alles nur ein Spiel sev, wurde durch die Sache selbst ent Hier sind die Hundsposttage, so weit ich sie habe.
kräftet, und ein wildes, verwirrtes Morden schien nahe, Die erträglicher« Stellen darin, unter deren Erschaffung
als auch aus diesen, unbändigen Treibe» überraschend eine ich fast an Entzückungen starb, Hab' ich, weil solche Ka
harnionische Ordnung hervorging, in der sich die Farfa- pitel so weiiig wie Gemälde nur halb aufqerrller, sondern
»es, unter lautem Bevfallrufen der Zuschauer < entfernten. auf einmal in einer Sitzung gelesen werden müssen , am
Don Ramiro Tenorl harre seine ganze Aufmerk Rande mit einer rothen Wellenlinie bezeichnet.
samkeit diesem ritterlichen Spiele gewidmet, das die kriegs Eben kam eine vortreffliche Rezension meiner Mu
lustige Jugend des kastilianifchen HofeS mir Begeisterung mien in der Literaturzcitung.
erfüllen mußte. Sein Auge folgte jeder Bewegung der Schäfer hat über Heins Wanderungen Recht, ich
Reiter , sein Bevfallruf war der lauteste gewesen. In hatte nur gerade nach den besten geurthcilt.
stummes Entzücken verloren , stand indessen sein Freund Ich danke Ihnen für meine drev Tage im Paradies.
I a p m e und hatte nur Augen für die Verschlevcrte. War Ihr guter Genius erquicke Sie und führe Sie hinaus in
doch der Scblever für ihn nicht vorhanden, sah er doch das mit BlütKeu, Düften, Vögeln und Zweigen gefüllte
ans seinem Herzen hervcrstrahlcn das liebliche Antlitz, Thal, in das die trunkne Seele einsinket, wie eine Biene
Dieses Ware» kastilianiscke Unterlhancn , die sich au« Un: in ihren kleiner« Blumenkelch.
Zufriedenheit mit der Regierung in Afrika niedergelassen hat Ich bleibe
te». Später söhnten sie sich wieder ans mit ihrem Vaterlande Ihr ewiger Freund
»nd kehrten in diese« zurück. Sie waren wegen ihrer Reitkunst Richter.
berühmt.
73«
Ko rrespondenz-N ach richten. Landgut in seinem Namen verwartet fand , wo man burchaut
London, Juli. kein Geld für die Gemüse und anbere Lebensmittel annahm,
(Beschluß.) welche man feinen Offizieren und Soldaten zukonnncn lieft.
Man bat so viel gegen den Charakter dcr Creolcn im
ehemaligen spanischen Amerika, gescinceben , daß es eigentlich Paris, Juli.
Pflicht ist, die edleren Züge derselben bekannt zu machen. „Die (Fortsetzung.)
Chilicr von jeder Klasse, sagt General Miller in seinem Der Vorfall wurde ruchbar in Paris; die Polizcnbehbrie
Werke über! Südamerika, da« nächstens erscheinen wird und eilte herbe»; die Justiz beschloß eine Untersuchung anzustellen,
sehr interessant zu scyn scheint . pflegen mit „»ermüdeter und den unbedachtsamen Arzt, welcher Schuld an dem Tode
Sorgfalt den Fremdling, welchen Krankheit vo, ihrer Thüre sieben Unglücklicher gewesen, vor Gericht zu ziehen. Dazu
befällt. Ol>ne Unterschied des Standes oder der Parwey steht aber war es nöthig das Gutachten anderer Acrzte einzuholen.
dem Kranken Pallast oder Hütte gleich offen , und jede« Mit Dieß geschah; die zu Rathe gezogenen Aerzte entschuldigten
glied der Familie bezeugt ihm die lebhafteste Teilnahme. Zu ihren Mitbrnber, und schoben znm Theile die Schuld auf die Phax,
Santjagv wohnte Major Miller während einer schweren Krank: macopoe , welche eine allzu starke und gefährliche Mischung
Veit in dem Hause des Lord Cochrane ; da die ganze Familie vorschreibe. So entrüstet sich auch Anfangs der kömgl. A»>
sich zu Valparaiso befand, so besuchte ihn ein vornehmer Chi: walt gezeigt hatte, so entschlossen er auch gewesen war, de»
lischer Offizier mit feiner liebenswürdigen mid gebildeten Gc- Arzt gerichtlich zu verfolgen , so scheint doch seitdem die Sache
mahlin täglich; sie vermochten ihn endlich in iir Haus zu der Vergessenheit übergeben worden z» seyn ; die sieben , durch
ziehen, wo 'sie ibm Tag und Nacht die aufmerksamste Pflege die Arzncn Gctödieten gehörten wahrscheinlich zur ärmer»
zukommen ließen, bis er wieder im Stande war aufs Neue Klasse ; Niemand fordert Gerechtigkeit wegen ihres gewaltsa«
ins Feld zu rücken. Nach der Schlacht bey Mavxo besuchten mcn Todes; der Arzt behält seine Stelle, und kein Hahn kräht
Damen vom höchsten Range die Spitäler, als wenn sich dieß weiter darnach. Wer weiß, wie manches äbnlicheUnbeil inKranken,
»on selbst verstände , und eine jede unternahm die Pflege von Känscrn ungestraft begangen wird! Zu den Verheerungen,
so vielen Verwundeten, als ihre Mittel erlaubten. Sic reich» welche Krankheiten und Seuchen anrichten , gesellt sich noch die
ten ihnen Heilmittel, und brachte» . ihnen ans ihren eigenen Ungeschicklichkeit , die Unwissenheit und die Unvorsichtigkeit
Häusern Speise und Getränke mir. der Acrzte. Wäre daSVillelesche Ministerium noch länger am
Nach der Einnahme von Lima fehlte cS an LasttKicren, StaatSruder geblieben, so würde der Unfug noch weit ärger
«m die Spanier verfolge» zu können, welche sich durch die geworden seyn ; denn unter seiner Regierung machte man zu
Wüste hin nach Jca 'gezogen hatten. Bereits hatte man drey Hospitalärzten und Lehrern der Heilkunde nicht die tüchtig,
Tage verloren. Da erschien zu Cinche ei» Transport von sten Aerzte, sondern nur diejenige», die sich olS die frömmelnd,
fünfzig Mauleseln, welche Obristlicutenant Miller sogleich ste» bewiesen hatten. Die unabhängigen Tagesblättcr sprachen
zum Dienst preßte. Sie gehörte» einer Jungfer von mehr alle ihren Unwillen aus, alS vor zwey Jahren zum Professor
als fünfzig Jahren, welche auf eigene Rechnung Handclsge- am (.'«IIrz« 6» ?r,nce nicht Maqendie, den die kdnigl. Aka,
schäfte trieb , und zu Lima für wohlhabend galt. Sie ritt dcmie der Wissenschaften in Vorschlag gebracht hatte, sonder«
wie ein Mann mit langen , silbernen Sporen« bändigte die der vr. Recamier gewählt wurde, welcher den Kranken intt
wildesten Pferde, warf das Lasso troy dem besten Maulesels kleine» Andachtsbüchcru aufwartet, die er onS der Tasche
trciber und hatte die Stimme eines Stentor. Sie kam in nimmt. Der Unwille darüber war so groß, daß sogar die
Wutb zu dem Kommandeur, zeigte einen Paß von dem Gene: Studenten den Professor nicht anhören wollten , und ihn ver,
ral, und bestand unter Flüchen und Verwünschungen darauf, binderten seine Vorlesungen zu beginnen, weßhalb auch die
daß man sie nicht anhalten dürfe. Aber die Nothwendigkeit Gensdarmen gegen sie anrücke» und sie zerstreuen mußten, wo
gebot, die Soldaten nahmen von den Thicren Besitz und tra, durch dann wieder ein blutiger Auftritt entstand , wie sie un
ten den beschwerlichen Marsch an. Was das Weib besonders ter jenem Ministerium in Paris leider nicht selten waren.
erbost«, war, daß dieser Streich ihr eine Spekulation hinter, Dagegen wurden verdienstvolle Aerzte vom Unterrichte anSge,
trieb, von der sie sich großen VortKcil versprochen hatte; denn schlössen, obscho» sie seit lange im Besitze der wichtigsten Lehr
da es z» Lima an Branntwein fehlte, so war sie cmf dem stühle der Heilkunde waren. So war es mit dem Professor
Wege nach Piscv. um von dorther eine Ladung zu holen; da Chaussicr gegangen, welcher vor Kurzem gestorben ist; er war
sie ikre Tlncre nicht ans dem Gesichte verlieren wollte, schloß einer dcr Professoren der mcdicinischen Fakultät gewesen, welche
sie siel, an die Truppen an , und begleitete sie auf einem langen dcr Minister Corbi^re in Unordnung gebracht? und ibres vo
und beschwerlichen Marsche . auf dem man sich des Thaues we» rigen Glanzes verlustig gemacht hatte. Chaussier war ein
gen NachtS bis an den Kopf in den Sand eingraben muß.te, Feind aller Heuchelet?, ein Mann, der immer seine Gesinnung
Anfangs in sehr unfreundlicher Stimmung ; nach und nach rein heraussagte, und eine sehr faßliche Art sich im Gespräche
aber sing sie an einen Gefallen an diesem abenteuerlichen Le auszudrücken besaß. Daher waren auch wenige Heilkundige
ben zu finde» ; es fiel ihr ein. daß es gegen die Feinde ihres so popnlär in Paris alS cr. Als er noch seine Vorlesungen
Vaterlandes gebe , und so ward sie heiter und gesprächig, und hielt . drängten sieb beständig Zuhörer um ihn , für das Ma
hielt sich beständig an der Seite des Kommandeurs. Endlich nuskript seines Handbuches der Phpsiologie wurden ihm Kun-
holte dieser die Spanier ein, zersprengte sie und machte Beute; dcrttauscnd Franke» geboten; er aber, der ziemlich am Gelde
er gab der Frau ihre Maulesel zurück, und diese schlug nicht hing , wie dicß den alte» Professoren nichts seltenes ist. wollte,
nur eine angebotene Belohnung an Gelte auS, sonder» wollte wie man sagt, da? Doppelte babc», dicß zcrfchlug den Handel;
nicht einmal ein Geschenk von zwanzig dem Feinde abgenomme hernach fczte Corbivrc den Professor ab, das Handbuch verlor
nen Maulesel» annehmen. Miller gab ihr also ein sehr em in den Augen des Verlegers seinen Werth, weil es »icvr mel,r
pfehlendes Zeugnis, an General San Martin mit; nnd d» zum Leitfaden be» de» Vorlesungen beö Verfassers dienen ko»,«
diese« ihr sehr vorthcilhaft warb und ihre Spekulation am Ende te, und so blieb cS liegen. Darum erhielt auch daS Riche«
doch gelang, so war sie so vergnügt über den Erfolg ihrer randsche Handbuch nenn Auflagen.
Reise, daß sie Miller» z» ihrem Erben cinsczte, was dieser (Dcr Beschluß folgt.)
erst zufällig »fuhr . als er in der Nähe von Lima ein schönes Ben l o g e : "Llter«turblätt"ZZr. SZ.
Verlag dcr I. G. Corta'schen Buchhandlung.
N°. 183.

M v r g c n b l a t t

für

gebildete Stände.

Sonnabend, 2. August 182 8.

Zur ltll>-n Fl.imme wirb o« »,»e Funkn,,


Und Sin« nur listet s.iner Seele Nacht z
g?eM Strebe» ist in ihn« Bli« versunken.
Körner.

Da« n n c r e G e ficht. nen, den nicht König Snrique mit einem köstlichen
Ben Georg Ddrins» Edelstein, geziert hätte. Willst du nicht der verschöner
ten Dame zu Shren dein Bestes thun im fröhlichen
(Fortsc,u„,,.> Spiele 7"
Als Tenor i, nachdem dsS Spiel geendigt war, Da ergriff Iavme hastig des Freundes Arm »nd
seine Blicke auf Iayme wendete und auch dessen Acuße- stiirmte mit ihm hinab in den äußern Hof , wo die Die
rungen lebendiger Theilnahme an den Darstellungen er- ner mit den reichgrschmückten Rossen hielten. Sein feu
»artete, war er über die Umwandlung, die in wenigen riger Andalusier richtete sich stolzer auf, als er die ge
Augenblicken sich mir seinem Freunde begeben hatte, sehr wohnte Last des Herrn ans seinem Rücken fühlte. Srst
betroffen. Iavme stand unbeweglich, mit hochglühenden «IS I a p m e sich in die Reihe der Kavaliere begeben hatte,
Wangen, geschlossenen Augen, und ein heiteres Lächeln der und den Nebenmann , zu dem ihn der Zufall gesellte,
Verzückung auf dem edeln Antlitze. mit einer leichten Neigung der Lanzenspltze begrüßte, be
„Träumer!" rief ihm Ramiro in's Ohr, der be merkte er, daß dieser kein anderer war, «IS der junge
fürchtete, dieser seltsame Zustand Japmes möchte auch Begleiter der Verschleverten. Sein Gruß wurde mit ei
von andern bemerkt werden. Iavme fuhr erschrocken nem flüchtigen Nicken des Hauptes stolz erwiedert. Der
zusammen , ein Sug plötzlichen Schmerzes ging über sein Unbekannte trug noch immer die Larve , welche die obere
Antlitz, senie Augen öffneten sich, und ihr Stern schien Hälfte seines Angesichtes vedcckte. Der untere sichtbare
sich erst mühsam wieder von oben in die Mitte des Auges Thril desselben paßte vollkommen zu dem Bilde, das sich
heradzusenken. dem Kastilianer in jenem wunderlichen Traume gezeigt.
«Was willst du?" fragte er verwirrt; ,,««rum weckst Der Nationalcharakter der Araber trat schon hierin erkenn
du mich?^ bar hervor, und die außerordentliche Leichtigkeit, mit wel
, Ist es jezt Zelt zu schlafen?" versezte mit unge- cher sein Nachbar das lebhafte Pferdchen regiert,, daS ganz
wökmlichem ernste Te'nori, denn eS erwachte die Be dem zierlichen Baue des Reiters angemessen war, schien
sorgnis in ihm, daß eine schwere Krankheit de» seinem die Vcrmuthung, der Fremde sev irgend ein vornehmer
Freunde im Anzüge sevu möchte. „Du bedarfst der ?er- Maure, zu bestätigen. SS war nicht« Ungewöhnliches,
streuung. Das Ringelrcnnen fängt an, da muß kein daß in der Zeit eines Waffenstillstandes zwischen den Chri-
Glied fehlen aus der Kette von Kastiliens ritterlicher Ju sten und Mahomedanern angesehene Ritter vom Hofe zu
gend. Komm, Iavme! Kein Ring wird heute gewon Gran ad« die Residenzen der christlichen Könige Spa
738
Niens besuchten, um hier Ruhm und Vergnügen zu fin Thaten sollen sie ehren! dachte er bey jedem neuen Ren-
den, während zu gleicher Zeit kastilianische Kavaliere in nen nach der Ringclscheibe, und seine Lanze glänzte bald in
gleicher Absicht sich in die Hauptstädte der Araber beza- der Pracht der gewonnenen Preise. Aber wie er auch am
den. Man übte bey diesen Gelegenheiten das Gastrccht heutigen Tage die Kunst seiner kastilianischen Mitbewer
mit alleß Courtoisie, und diejenigen, die sich morgen viel ber weit hinter sich ließ, so wurde er doch wiederum von
leicht schon als erbitterte Feinde auf dem Schlachtfelde be dem verlarvten Fremden in den Schatten gestellt. Diesen
gegnen konnten, standen sich heute wohlwollend und trau nannten am Ende des Spiels die Kampfrichter als ersten,
lich zur Seite. ihn als zwcyten Sieger.
Die schmetternden Klänge der Trommete riefen in „Ich gönne es ihm, denn er ist ja ihr Bruder!"
die Arena. Hatte früher der Aufzug der Farfanes sagte Jayme für sich. „Keinem andern hätte ich um aller
durch ihre Reiterkünste und ihr fremdartiges Aeußere das Welt Schätze willen heute den Vorzug einräumen mögen !«
Wohlgefallen der Anwesenden erregt, so blendete jezt der Der Araber — denn daß er ein solcher war, unterlag
Glanz, in dem die edle Jugend Kastiliens erschien. Al in Perdo'ncs Seele keinem Zweifel mehr — erhob sich
ker Blicke. Nur der Fremde ans dem zierlichen Araber stolzer im Sattel und feine zierliche Gestalt zeigte sich in
zeichnete sich durch Einfachheit und durch eine Ungezwun einer Würde, die allgemeine Bewunderung erregte. Sein
genheit aus, die eine» scharfen Gegenfatz zu der ernsten Roß schien diese Empfindung mit ihm zu theilen. Indem
Haltung der spanischen Ritter bildete. Er schien die ganze er es langsam dem königlichen Sitz zubewegte, warf es
Sache mehr als ein leichtes Spiel zu betrachten , während den Kopf mit den ungemein klugen Augen nach oben und
jene den Ruhin, der hier zu erwerben war, eben so hoch regelte seinen Gang in ernsten, weit ausgreifenden Schrit
hielten, als den Sieg im ernsten Kampfe oder in der ten. Vor der Königin hielt der Frernde. Wiederum
Schlacht. Als nun aber die Kavaliere einzeln die Bahn beugte sein Pserd langsam die Kniee, und indem er sich
umritten und dem königlichen Paare mit gesenkter Lanze in den Bügeln aufrichtete, bot er mit einer anmuthigen
ihre Huldigung darbrachten und die Reihe den unbekann Neigung des HauptcS die gewonnenen Prcife der kö
ten verlarvten Ritter traf, da entfaltete diefer in der niglichen Frau dar. Ein allgemeines Murmeln des Un
Führung feines Resses eine Kühnheit und Sicherheit, die willens über eine, Kühnheit, die von. Seiten eines Unbe
Alles, was die Farfanes geleistet hatten, bey weitem kannten unerhört'war, erhob sich in dem weiten Kreise.
übertraf. Wie ein Pfeil schoß das edle Pferd in gestreck Aber als der König wohlgefällig lächelte , und seine Ge
tem Laufe um die Arena, während der Reiter nachlässig mahlin die dargebrachte Huldigung mit freundlicher, dank
und rubig im Sattel saß. Vor dem königlichen Paare barer Miene annahm, da verstummte jene Aeußcrung des
stand es auf einmal still und regungslos, beugte langsam Tadels plötzlich und machte dem Erstaunen und den selt
und zierlich die Kniee und erhob sich aus dieser Stellung samsten Muthmaßungeii Platz.
nicht eher, als nachdem sein Herr, statt der gebräuchli (Die Fortsetzung folgt.)
chen Senkung der Lanze, diese in ein« künstlichen Kreis
bewegung und in wunderbarer Schnelligkeit mehrere Male Bouill« bey Friedrich dem Großen und Joseph II.
um sein Haupt geschwungen hatte ; dann trug es diesen
jn zierlichen Tänzerschritten in die Reihe der andern Ka (Beschluß.)
valiere zurück. König Enriques Blick folgte dem Frem Von Ludwig XV. fxrach zwar Friedrich nicht' mit gros
den scharf und, nachsinnend. Eine seltsame Ahnung schien sem Lob, doch entschuldigte er seine Güte gegen seine
ihn zu ergreifen. Er flüsterte setner Gemahlin einige Worte Günstlinge und seinen Hang, Schätze zu verschleudern, um
zu , die nun auch mit vermehrter Aufmerksamkeit dem ihrer Habsucht Nahrung zu geben. „Denn," sagte er,
kunstfertigen Reiter nachblickte. „ein Fürst, der gut und wohlthätig ist, wie er es war,
Don Javme hielt indessen dem Sitze der Verschleyer- »nag die Personen, die ihn umgeben und die er beständig
ten gegenüber. Ihr gelobte er alle Preise des heutigen vor Auge,; hat, gern glücklich und zufrieden fehen ; sie sol
Tages zu widmen. Sie wollte er vor dem «ersammelten len mit lachender, zufriedener Miene vor ihn treten.
Hofe als die Dame seines Herzens anerkennen. Was Schlägt er ihnen ab, um was sie bitten, fo sind sie nieder
waren alle Reize der versammelten kastilianischen Schönen geschlagen, ernst; ihre Niedergeschlagenheit, ihre Laune
gi gen daSEngelsantlitz, das ihm der Schleyer nicht verbarg? thcilt sich dem Herrn mit; er fühlt sich unglücklich, weil
Wie konnte sich Sine von ihnen, selbst die anmuthige Kö sie mlzufricden sind ; um selbst zufrieden und glücklich zn
nigin, die, als sie aus ihrem Vatcrlande Britannien ge sevn, bewilligt er ihnen, waö ihn ja fo wenig kostet, eine
kommen , in Romanzen und Liedern als ein Wunder der Unterschrift, einen Befehl. So sind die meisten Fürsten ;
Schönheit gepriesen worden, mit der Herrlichen verglei sie sind fehr zu beklagen, und doch beurtheilt man sie fo
chen? Ritterliche Begeisterung erfüllte seine Brust. Meine strenge."
7Z9
i Friedrich sprich »vn Rußland, namentlich von den ibr das AnseKen einer Tadle d'H4ke : die fremden Bedien
Russen, die er t7«Z im siebenjährigen Kriege unter sich ten warteten ihre» Herrn aus, und an nichts lonnre man
gehabt hatte ; cr lobte diese Truppen, ihre Ausdauer, ihre merken, baß man an der Tafel des Reichsoberhanptes saß,
Mäßigkeit und Festigkeit. Von der Kaiserin sprach cr nur denn icder sprach laut und frev, voll komme» zwanglos,
»enig und mit Schonung. „Als ich," erzählte er, «die und dieß stach fedr gegen das achtungsvolle Schweigen an
Kosaken des russischen Heereö Revue xassiren ließ, legten Friedrichs Tafel ab. Der Kaiser sprach viel mit mir, doch
sie, wie sie an mir vorüderritten, die Haudan ihre lan wenig von den Preußen, aber cr lobte und beneidete sie,
ge» Parte'. Ich me,»te Anfangs, es solle die» einen sagte immer der König, wenn von Friedrich die Red«
«ruß nach ihrer Art bedeuten, und erwiederte ihnen den- »ar, und sprach mit Achtung nnb Ehrfurcht von ihm, Ge»
selben ; aber nichts weniger als bieß. Peter I». barte den sudle, die lezterer nicht in dem Maße für Joseph hegte.
Befehl gegeben, sie müßten sich die Parte abnehmen las Der Kaifer wollte sehr »ielr>ou mir wissen, fragte und gab
sen , und ihre Geberden sollten mich bloö auf ihre Barte gleich selbst die Antwort dazu, sein Ton war ziemlich barsch
aufmerksam machen und die Bitte auskrucke», sie behalten n»0 aoixrccvrno, was VKarakterzuq bev lbm zu sev» schien.
zu dürfen. Dieß gewährte ich nun gerne , und sie über <?r ließ sich scherzhaft über unfern Hof aus, über Frau von
häuften mich mit Segenswünschen. — Peter der Große hatte Polignac, und fragte, wer wobl Gouvcrncur tes Dauphin
Tiühe, eine Reform der Art Hey seinen Volare» durchzuscz- »erde. Ich sagte, ich wisse es nicht ; lebhaft ßrl « ei«:
ze» ; er mußte mit einer strenge versakren, die indessen ..Hoffentlich wird eö yerr v. Polignac nicht; werde es aber
uur zu sehr in seinem Charakter lag. Seine großen Si- wer es woiic , iv präge man oem ?aupbin rin, daß er
genschasten, ja seine Tugenden wurde» manchmal durch auö keinem andern Stoffe gemacht ist «IS die übrige»
Ausbrüche von Grausamkeit getrübt. Als er in Berlin Menfchen, daß er sich blos dadurch von ihnen unterschei
war, ging er von demHaulV, das für ihn eingerichtet war, det, daß er größere Pflichten zu erfüllen bat. - Vir blik'
oft zu 5uß aus und befugte den König. Das Volk strömt, den eine Stunde bev Tische, und kaum war man aufge-
neugierig in Schaaken zusammen, wo er ging. „Bruder," standen, f» begab er sich foglcich in sein Kabinct um z»
sagte er einmal zum König, „Lurc Uiiicrthaucn machen arbeiten. Kein Souverain in Europa arbeitete mcbr als
mir Unlust; he lassen es 'an Achtung gegen mich fehlen; er; od es aber so methodisch geichad, wie es gescheken muß,
laßt ein Paar hängen , damit die übrigen wegbleiben." wenn das Arbeiten dem Gang der Geschäfte nicht eher hin
Diesen Rath befolgte man nun nicht, man errichtete aber derlich als förderlich sevn soll , weiß ich nicht.
Schranken in den Straßen, um die Neugierigen fern zu
halten. — In Charlottenburq stellte sich der Ezar einmal ," - - ,^
Korrespondenz- Nachrichten.
nach der Tafel ans einen Balkon gegen den Gatten z» ;
Pari«. Juli.
in diesem befand sich eine große Menschenmenge. Plötzlich <Vrschlug.)
knirschte er mit den Zähnen und sing an Zeichen der Vutb ?b«nsn>r« Bortraa oencl d?n Sa-ülern »namicin, »cit
von sich zu geben. Kalkarm«, die bev ihm wir, bemerkre er lim mit Ironie und K>ig zu würzen vrrsianc . ,,n!> innicke
Anekdoten mit einftieben ließ, aur» bevm Promovire» d,r ?an<
es und rief plötzlich: ..Man fchaffe doch den Menschen mir didaien nar er manchmal recht witzig , und wußte solche lauge
der blonden Pcrrücke fort, der da unten nnter der Menge welligen Sitzungen durch seine gc,,,rkii«kn Bemerkungen zu
sieht, sonst fürchte ich ein Unglück." Man entfernte den erbeitern ; einem bejahrten und qelclirten Manne wie Win
Mann mit der Perrücke und Peters Blut kühlte sich wie stand so elwo« wol'l o» , wa« man den einem jünger» „nt> „„»
angksriienern geiadelt baden würde, „nd zwar mit «ieedi.
der ad. Katharina sagte, „er bekomme leicht solche Anfälle iieberbauxt war er ganz für da«i!ei>ramt gebcre». nnd soleoei«
von Wuth; wenn sie sehe, daß einer im Anzug sc?, kraue »en Mann gewaltsem in den Rubestind z» versetzen, wir Cor,
sie ihm auf dem Kopf und dieß besänftige ihn." Räch diesen birre getban batie. iiiej nicht allein dir Pariser Akademie
seltsamen Geschichten vom (Har wandte sich der König an einen großen Schaden zufügen, sonder» auch de» Lebrer
stlbsi beleidigen und schlecht delolmen. Allein darin» küm
mich und sagte: „Sehen Sie, mein Herr, so sind die merle man sich damal« wenig. Cliausster blieb den Studenten
große» Männer." »nd de» jungen Aerzten wkrtb, und al« er starb, gkleikeie» sie
lim in so großer Menge z» Krabe, daß sein Lci<r,cnb,g.l»q„isi
Ich wohnte im selben Jahre den Manövers bev, wel ehe« dasjenige eines Minister« oder ffürfleu. al« eine« abge»
che Joseph II. auf den, Schlachtfeld von Prag hielt. Der sezlen Lebrer« zij sevn schien. Sie boren ,?ch an , seine Leiaie
zu Krabe zu tragen, »nd obschon bev Larvchefoueauld« Leichen
Kaiser wohnte in einem kleinen .Hause hinter dem Lager begängnisse die cdein Jünglinge, welche dem Menschenfienndr
seiner Truppen. Hier speisten wir anch zu etwa vierzig die lezte Edre batte» erweisen wollen , mit Kewrirrkolbe» zn,
Personen; daS <?ssen war einfach, ungefähr wie in einem rüctgefloßen worden waren . so schreckte s!« diese« Kensviel
gnten Gasthofe. <?s waren Leute aus sehr verschiedenen Län > ma»doch nicht ab, ein äkilliche« zu versuchen, ffrevlict, riatie
dießmal »icht mcbr mit einem Poliznivräsekten al« de
dern, Offiziere von alle» Graden bey Tafel, denn selbst die '> ?avau z» II'un; zwar wurde einige Bedcnklichkcit erboven.
Sudalreriiofftjie« speisten niit dem Kaiser, und dieß gab . eke >na» de» Iünglmgcn iyren Wuusch gewayrte; indess,»gai.
740
man bvch n'ch , und so trugen sie denn den geliebten Lehrer dieses Jahre« merklich gebessert; ein freyner nnb edlerer Sin»
zu Grabe, beunahe eine halbe Meile weit, und ehe der Savg belebt die Regierung , ein Theil des vo« den vorigen Staats:
emgesenkt wurde, drückten zehn bis zwdls Lehrer. Studenten u. a. beamtcn verübten UnfugS wird wieder gut gemacht, verdienst,
in kurzen Reden ihre schmerzliche» Gefüllte über seine» Ver- volle Männer, welche zurückgesezt worden waren, aus der
lust aus. Sine Hebamme, die eine Schülerin Chaussicrs ge unverdienten Verborgenheit hervorgezogen ; die Frepmüthig«
wesen war, wagte es nicht öffentlich zu rede»; allein sie legte kcit wird nicht mehr auS den Theaterstücken verbannt, wie da«
ihre schriftlich abgefaßten Gefühle auf den Sarg nieder; ein lezte Scribe (und Bayard-zsche Stück: „I» n>»nie <Ie, pl,c««"
Student ergriff die Schrift und las sie laut vor. I» Frank es deutlich beweist ; denn in diesem Vaubeville kommen so viele
reich ist es Gebranch, baß die Leiche , ehe sie zuni Gottesacker witzige Anspielungen auf ministeriellen Unfug vor, .daß gewiß
gebracht wird , zur Kirche geführt ober getragen wird , wo Villsle und Corbiere dieses Stück nicht würden ohne manche
man alsdann ein Leichenamt über sie hält. Die Prieflerschaft Acrstüinniclung haben spielen lassen. Das Stück war eigent
hat diese» Gebrauch oft dazu bcnuzt, um eine», Machtstrcich lich „die Excetlcnz" betitelt, und es scheint, der Titel ist da«
zu führen , indem sie den Leichen derjenigen Personen , die m einzige, was Scribe bat abändern müsse» oder gutwillig abge»
ihrem Leben ihr mißfallen hatten, den Eintritt in die Kirche ändert hat. Die Idee des Stückes ist originell; Scribe bat
und das Lcichcnamt verweigerte. Bekanntlich hat diese Weige einen gutmüthige» Narre» aufgestellt, der sich einbildet, man
rung manchmal zu ärgerlichen Auftritten Anlaß gegeben, wovon mache il»i zum Minister, und a» den sich sogleich eine, Menge
die Zeitungen nicht ermangelt haben das »Publikum zu benach- Leute anhängen . die alle »ach Stellen hasche» und von der
richtigen. Da nun Chaussier der Prieflerschaft nicht hold war, Regierung gefüttert werden wollen. DaS Ministevlcben ist
so hatte er auch nach seinem Tode von ihrem Eigenwillen nicht höchst ironisch dargestellt. Scribe hat die Fülle seines Witze«
abhangen wollen, daher verordnet, sein Leichnam solle nicht darüber geschüttet, das Stück ist heiter und gefällig , vbschon
zur Kirche gefahren , sondern gcradeswegs zum Leichcichvfe ge die Handlung darin unbedeutend ist, und fast jeden Abend
bracht werden. Dieß ist den» auch geschehen. Diese Fever- wird nun diese Stcllensucht aufgeführt zur großen Er-
lichkcit, hieß es nun in gewissen Blatter», scn daß Fest des göyn»g der Ministeriellen und Nichtminiflericlle». Schwerlich
Unglaubens, des Atheismus gewesen, die Revolution habe da- wird Scribcs Stück das Haschen nach Stelle» vermindern,'
bey eiuherstolzirt, Ehaussier sei) ein Gottesläugner, ein schlech allein zu gleicher Zeit sucht die Deputirtenkammcr die über«
ter Mensch gewesen , er habe der Jugend ein böses Bevspiel große Anzahl der Stellen selbst zu vermindern, und die nnge«
gegeben u. s. w. Ucberbaupt mache» die Ultrablöttcr jezt eis Heuren Gehalte einzuschränken , und gelingt ibr dieß Ausfegen
nen gewaltigen Aufwand mit Schimpfrcden und Ausrufungss des Augiasstalles, so muß natürlich auch die Zahl der Haschen»
zeichen. Fast täglich fällt etwas vor , das diese Obskuranten- den abnehmen. Die erworbene Tbeatcrfrevheit scheint also
Zeitungen in Harnisch Zagt. Als neulich eine längst erwünschte dem unerschöpflichen Scribe eine neue Laufbahn eröffnet zn ha«
kdnigl. Verordnung erschien, welche de» Jesuiren ei» wenig den, nämlich die des politischen VaudcvillcS; dcnm so eben
die Flügel beschneidet und ihren Umtrieben ein Ziel, fleckt, ist er wieder <von einem Mitarbeiter »nterstüzt, wie gewöhnlich)
waren die Ultrazeitmigsschrciver wie rasend , und belustigte» mit einem neuen Vaudevillc hervorgetreten, NamcnS „Vor,
die Pariser durch ihre ausschweifende Wuth. Da war kein während und nach der Revolution," einem dreyfachc» Gemälde
Unglück, daS diese Menschen nicht über Frankreich hätten Hers der Pariser Sitte» und Gesellschaft zu drcy ganz verschiedenen,
bevziehen mögen. Die Revolution, hieß eS bcy ihnen, seh obgleich wenig von einander entfernten Zeitpunkten. Die jetzige
im vollen Anmarsch, ganz Frankreich seu über die Verfolgung Zeit ist mit kühner Hand geschildert , und die Vorurthcile de«
der frommen Väter bestürzt, die man verkindeni. wolle, die Obskurautcnparthc» mit dem beißendsten Witze gegeißelt. Mit
Jugend zu erziehe»; die Jakobiner bekämen die Oberhand; dein lebhaftesten Beufalte ist dieser neue Versuch aufgenommen
dann drohten sie mit einem allgemeinen Aufstände der Priester- worden ; vermuthlich wird dieß politische Treiben der Parthericrr
schast und ihrer Anhänger. Wirklich wollten die Bischöfe , die in und außer Frankreich »u» für den geistreiche» Theaterdichter
sich in Paris versammelt hatten, einigen Widerstand leisten, eine Fundgrube werde» , woraus er reichlich schöpfen kann.
und sie ermangelten nicht, bey Hofe alles zu verfuchen. um den Dg.
Streich von de» Jesuiten abzuwenden, allein cS half nichts. Auflösung der Charabe iu Nr. 179:
Frankreich wäre endlich auf diesem Wege zu einem zwcurcn Staubbach.
Spanien oder einem zwcyte» Portugal herabgesunken. Glück
licherweise herrscht seit der Revolution ein unverwüstlicher R ä t l> s e l.
Sin» für Aufklärung und Menschenwürde in der französischen Ohne Glieder, ohne Räber,
Nation. Dieser Sinn bat die Prcßfreybcit vor den Stürmen Ohne Seil und ohne Walzen,
bewahrt > welche ihr de» Untergang drohte» . und die Preß« Ohne Segel, ohne Nuder
frcphcit hat die übrig«, Frcyheiten gerettet. Vor kurzem ist Trag ich schwere Lasten fort.
nun auch von der Deputirtenkammer ein Gesetz angenommen Führe Balken von Ort zn Ort.
worden , welches den Minister» das Vermöge» raubt ,. die Oft auch Quartier
Ccnsur nach Eigenwille» anordnen zu können , und jedwedem Such ich be» dir;
erlonbt Zeitungen und Zeitschriften herauszugeben, treulich un Aber ich plage dich , gönnst dn eS mir.
ter schweren Bedingungen , deren Erfüllung jedoch auch nicht
unmöglich ist. Die Zeit wirb boffeittlicl, noch kommen, da jed Ebelgestcin
weder ohne die geringste Schwierigkeit so gut ein Journal wird Bin ich zum Schein;
beginnen können, als man irgend ein andere« erlaubte« Geschäft Leicht wirb betrogen mein Käufer scyn.
unternehmen kann. Vor der Hand ist eS schon viel, daß nun Wenn ich mich kräftiger Rebe bemcistre
die allgemein verhaßte, und von allen Parthcue» verworfene Rühm' ich mich, daß ich die Hörer begeiflre.
Censur den Händen der Minister als ein gefährliche« Werk Hörte nicht Griechenland so mich und Rom
zeug entrissen werde« , und das Herausgeben eines politischen Nausche» dahin als den herrlichsten Strom?
Tages - ober Zcitblattes kein von der Regierung abhängige» I. S. M,
Privilegium mehr ist. Ueberhaupt hat sich vieles seit Beginn' Berlage: JittcUigenzblstt Nr. üi.
Verlag der I. G. Cotta 'scher, Buchu,a.,dlu,ig.
186.

M o r g e n b l a t t

f ü r

gebildete Stände.

Montag, 4. August 182 8.

Schöpfe dir Wasser, denn du wirst belagert


Westen. g>I>e in den Tl>rn und tritt den k
Ziegel. Aber d«s ^cuer wird dia, fressen
et wird dich abfresse» wie die Käfer.
Prophet Nah »m.

Reis.bildcr aus Rumclien uud dem Balkangtbirgt. früher so vortrefflichen Festungswerke sind so zerfallen, daß
die Türken sie unmöglich herstellen können, wenn nicht der
Aufklärungen jeder Art über das Land , das gegen- Marsch der Russe» durch ein unvorhergesehenes Hinder-
»ärtig dcr Schauplatz cincS s» wichtiqcn Krieges ist, sind niß verzögert wird."
von allgemeinem Interesse, um so mehr, wenn dcr er <?in höchst merkwürdige/ Umstand, den auch Walsh
zählt? so klar und populär ist, wir der englische Doktor bestätigt , ist die Ueberz, ugung der Türken , daß die Ruf,
Walsh, auS dessen Beschreibung seiner Landreise von sen sich am önde KonstantinvpelS bemeistern »erden. öS
Konstantinopel nach Sngland wir hier einiges mittbeilen. ist bekannt, daß sie eS vorziehen sich auf asiatischem Boden,
Er hielt sich mehrere JaKre als Gesandtschaft<<kaplan de? »ober sie stammen und wohin sie, wie sie glauben, bald
Lord Stranqsord auf, und wenn auch die Weisungen die wieder werden wandern müssen, begraben z» lassen. I«
ses ängstlichen Divlomaten ihm in politischer Rücksicht et diesem Vorgefühl bestärken sie alte, unter ihnen als Sagen
was die Junge gebunden haben mögen , trägt doch alleS, umlaufende Prophezelhungen und andere Mährchen , d>«
waS er sagt, unverkennbar das Gepräge der Wahrheit und aber auf die schwachen, abergläubischen Köpfe der Türken
Aufrichtigkeit. sehr stark wirken. Unter andern treffen mehrere ?!amcn
„Konstantinopel ist nichts weniger als unbezwingbar. »irklich ganz sonderbar zusammen : Konstantinopel wurde
<?S wird von den benachbarten Bergen her mittelst Wasser- nämlich zu verschiedenen Zeiten vo» Personen desselben
leitungen, die leicht zu zerstören sind, mit Wasser ver Namens erobert und verloren. Unter einem Balduin nah
sorgt. Zwar gibt es in verschiedenen Stadttheilen unge men die Lateiner Besitz davon, unter einem Balduin wur
heure, noch von den griechischen Kaisern gegrabene Wasser den sie später daraus »erjagt. Von Konstantin, dem Sohne
behälter, die dazu bestimmt sind, eine für das Bedürfniß dcr Helena, unter dem Patriarchat eineS Gregors, »urde
der Bevölkerung hinreichende Wassermenge aufzunehmen, die Stadt »ieder aufgebaut und zur Hauptstadt des grie
wenn der Zufluß von außen abgeschnitten werden sollte. chischen Reichs erHoden; unter einem Konstantin, dem
Aber diese Cisternen liegen mit Ausnahme einer einzigen, Sohn einer Helena, unter dem Patriarchat eineS Gre
P h i l v r e n o s genannt , alle in Trümmern *). Auch die gors wurde sie erobert und daS griechische Reich veruich-
ttt. Unter einem Mahmud (Mahomet) nahmen die Tür
Die interessante Beschreibung dieser Wasserbehälter befin ken Besch davon, und sie sind fest überzeugt, daß sic cS
det Hch bereit« in unserer Londoner Korrespondenz Nr». 157^ untcr cincn, Mahmud verlieren werden, und daß dieser
t4L. d. I., ans die wir verweilen. Mahmud der jetzige Sultan ist. Um diese Nam<nreihe »cch
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zu vergrößern, war, als der griechische Aufruhr ausbrach, den Schutz, den er den Gliedern anderer Nationen gewährte,
ein Konstantin präsumtiver Erbe des russischen Thrones, ließ er nie verletzen, und schaffte die barbarische Gewohnheit
und ein Gregor Patriarch von Konstantinopel. Eine die ab, die Gesandten »ach den sieben Thürmen j« schicken. AlS
ser Personen von schlimmer Vorbedeutung hingen sie auf, im Anfang des griechischen Aufruhrs der Pöbel auf's hef
die andere entsagte der Krone ; trotz dem bleiben sie fest tigste gereizt war, und alle Griechen, wo man sie traf,
überzeugt, daß Alles nach dem voraus bestimmten Gange ohne Gnade niedergemetzelt wurden, liefen die Franken
der Dinge eintreffen, und die unglückliche Verbindung der nicht die geringste Gefahr und durften unbeforgt iu der
Namen Mahomet, Konstantin und Gregor ihrer Herrschaft Stadt ihren Geschäften nachgehen.
in Europa ein Ende machen wird. (Die Fortsetzung folgt.)
Daß ein so leichtgläubiges und unwissendes Volk sich
mit solchen Gedanken trägt, kann ernsthafte Folgen haben.
Doch dieß ist nur eines 'der unbedeutendsten Vorzeichen
des dem Reiche drohenden Sturzes. Die Vernichtung der Das innere Gesicht.
Janitfcharen war für die innere Ruhe eine weise Maaß-
Von Seorg Döring.
regcl, aber dem russischen Einfall wird dieser Umstand
sicher Vorschub leisten. Der Sultan hatte biö jezt noch (Fortseizung.)
nicht Zeit, sie mit gleich gut geübten, für den Ruhm des
Don Javme Perdone erwartete indessen mit Un
Halbmonds gleich begeisterten Truppen zu «ersetzen. geduld das Ende dieses ritterlichen Ehrendienstes. Kaum
Mahmud steht zwar nicht mehr in der Blüthe des Al
ters, besizt aber noch volle Jugcndkrnft. Er regiert seit hatte der Unbekannte sich wenige Schritte von dem kö
niglichen Sitze entfernt, um sich in die glänzende Reihe
zwanzig Jahren, und ist von fünfzehn Knaben und fünft
zehn Mädchen das einzige noch lebende Kind feines Va der haltenden Kavaliere zurück zu begeben, so näherte sich
ters, und diesem Umstand soll er anch seine Unverletzlich jener mit größerer Eile, als ein strenger Anstand er
laubte, dem Orte, wo der Gegenstand seiner Wünsche und
keit zu danken haben. Wäre ein anderer vom heiligen
Stamme vorhanden gewesen, der dem Alter nach den Hoffnungen weilte. Die Verschlcvcrte schien in hohem
Thron hätte besteigen können, die Janitscharen hätten Grade überrascht, als sie die Absicht des Kastilianers er
ihn längst abgesezt. Er hatte zwev Söhne ; die Meuter kannte, und offenbarte dieses Gefühl durch eine unwill-
hatten auf seinen ältesten, zehnjährigen ihr Auge gewor kührliche Bewcgmig. Ihre Hand zitterte, als sie die dar
fen, um ihn, sobald er das gehörige Alter erreicht haben gebotenen Juwclcnringe von der Lanzenspitze löste, ihr
würde, zu seinem Nachfolger zu machen, und Mahmud Haupt blieb noch lange, nachdem dieses geschehen, dem
wußte aus Erfahrung, daß dieß fo leicht gethan als gesagt Ritter zugeneigt. Da kam es über diesen wie eine wun
war, denn seine Heyden Vorgänger, worunter sein eigener derbar süße Betäubung , er mußte die Augen schließen,
Bruder, waren erdrosselt worden. Der Sohn starb und man der goldene Grund erschien wieder vor seinem inncrn Blick
verbreitete das Gerücht, der Vater habe ihn auf die Seite und aus ihm tauchte schleycrlos das Hinimclsantlitz auf,
geschafft; es ist aber bekannt, daß er an den Blattern und er hörte den unvergleichlichen Wohllaut der Rede und
starb, und der Sultan gab dadurch, daß er seinen übri vernahm die beseligenden Worte: „Scv mir gegrüßt,
gen Kinde'rn die Knhpocken einimpfen ließ, seinen Untcr- mein Geliebter! dich habe ich mir erwählt zur bessern
thanen ein außerordentliches Bevspiel. Er bewies damit Hälfte meines Selbst, als ich dich schlummernd fand am
feine Geneigtheit, die europäische Kultur nicht nur in Ufer dcö Henares; du bist das Urbild meiner Liebe, nach
Beziehung auf Kriegskunst sich zu eigen zu machen. Er dem ich mich lanae gesehnt. Ich, lebe in dir und du in
ist übrigens in der orientalischen Literatur ziemlich bewan mir. Nichts kann uns trennen."
dert, versteht und schreibt das Arabische gut, und seine Javme wußte recht wohl, daß diese Rebe nur von
Hattischerifs, die er immer selbst diktirt, oft eigen dem Bilde in seinem Innern ausging; aber daß dieses
händig schreibt, werden uach Styl und Inhalt bewundert. die Gedanken der Verschlcverten selbst ausspreche, davon
In seinem Privatleben »erräth er nichts weniger als ei war er auch überzeugt, und das war es, was ihn mit na
nen Mann von grausamer^ finsterer Gemüthsart; er hat menlosem Entzücken erfüllte. ,
mehrere Töchter von verschiedenen Müttern, die er zärtlich Aus, diesem riß ihn plötzlich wildes Geschrei, und lau
liebt. Man weiß dagegen, welch« wilde Grausamkeit und tes Waffengeränsch empor. Jener stechende Schmerz im
unbeugsame Strenge er nicht nur' gegen bie Najas, son Herzen , den er schon kannte^führte ihn in die Wirklich
dern gegen die Türken selbst' gezeigt hat, und wie wenig keit zurück. Alles eilte deniEingange der Arena zn ; von
ihm im Allgemeinen am Menschenleben liegt. Wie er dorther klangen die wüsten Stimmen und das drohende
aber auch mit seine» Untertbanen verfahren haben mag, . Getöfe. Die Kavaliere wurden zurückgedrängt. Mit dem
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wilden Rufe: .ES lebe dkl König, Tod den Ungläubi Mit diesem AuSrufe, der einst auf den Mauern Je?
gen!" strömte eine große Menge Bewaffneter in den r u s a I e m s erklang , «IS Gottfried von Bouillon
EircuS. die heilige Stadt eroberte, fank Panez auf die Kniee;
Die Anwesenden , die sich ans einen Wink des Mo „Gott will es baden!- wiederholten feine Anbanger
narchen still an die Wände dcS innern Raumes zurück mir stürmlichem Geschrev, indem sie auch nieder knieeten
zogen, waren erstaunt, an der Spitze dieses lärmenden und bittend die Hände nach dem Könige erhoben. Alle
HaufcuS, uuter dem sich viel schlechtgekleideteS Gesindel trugen das rotbe Kreuz auf der Brust, und ein wilder
befand, eine» wegen seiner Tapferkeit sehr hoch geachte- GlaubenSeiser, dessen Dämpfung im Augenblicke unmöglich
ten Ritter, Don Martin Yanez de la Barbuda, schien , sprach auS ihren Kebehrdrn.
Großmeister von Alkantara, zn erblicken. Er hatte „Gott will eö haben."' ertönte mit einem Male,
sich durch viele Waffentbaten berühmt gemacht, er war da schon alle schmiegen, eine donnernde Stimme, undanS
durch Geburt und Rang berechtigt, an der Seite deS Kö dem Haufen trat ein Mann mit gefchornem Hanxte, ve»
nigs ju erscheinen, aber er zog es vor in der Einsamkeit wtrrtcm Antlitze und barfüßig hervor. Eine härene Kutte
seines Landhauses sich religiösen Betrachtungen hinzöge- bekleidete ihn , eine Geisel hing neben dem Rosenkränze
den, die bev seinem leidenschaftlichen Gemüthe bald in sa- von seinem Gürtel herab. .,l>Ic>ir will es ll'abe» > fuhr
ualischen Eifer ausarten mußten. er fort , und fein Auge flammte wild im Kreise uriher.
Die Art s«ner Erscheinung überraschte noch mehr «IS „Wehe dem, der sich dem Gebote GotteS widersczt! Er
diese selbst. Cr war in ein langes schwarzes Gewand ge- spricht durch mich, er offenbart sich durch meinen Mund!
büllr, daS bis zur Erbe reichte. Ein rothcS Krouz ging G ranada wird fallen, und man wird fragen, wo eö einst
über die ganze ränge deS Gewändes herab und breitete stand. Kommt herbe», ihr christlichen Söhne Kastiliens,
seine Arme über der Brust auS. Sem Bart war lang Edle und Niedere, und zeichnet Euch mit dem Kreuze?
gewachsen, sein Antlitz, seitdem man ihn nicht am Hofe Wer wagt eö und widerspricht dem Willen deS Höchsten 7
gesehen, hager und bleich geworden, daS greise Haupt- Sein Blitz wird niederstürzen auf daS Haupt deS Wider»
haar hing wüst herab, und die dunkelglühendev Augen roll- sxenstigen , die Pforte seines Reiches wird ibm verschlos
ten mit dem Ausdrucke deS Wahnsinns drohend in ihren sen bleiben, erwirb nimmer schauen seine Herrlichkeit und
Höhlungen. Seine Rechte trug ein Schwert von unge bcimfallcn dem Fürsten deS Abgrundes !"
wöhnlicher Größe. ,.Ki»ig der Gläubigen! ' sagte er mit Da sanken viele der anwesenden Ritter und Großen
starker und fester Stimme, a!S er vor Enrique stai.d, in de» Staub und riefen: ..Gott will es haben! zeichne u»S
„der Herr der Heerschaaren bat zu mir gesprochen durch mir dem Kreuze, heiliger Manu !"
den Mund eines heiligen ManneS: du sollst «»Szich'n ge- Sic hatten den Einfirdler JuanSago erkannt, der
gen die Heiden und Ketzer und sie vertilgen von der Erde, «IS ein wunderbarer Heiliger von allem Volke verehrt
daß mein Name geheiligt werbe aller Orten. Ziehe Kin wurde , und von dem man allgemein glaubte, daß er gött
gen Granada, gegen diesen verruchten Sitz der ungläu licher Eingebungen gewürdigt werde. Don Javme und
bigen Zauderer , wirf die Palläste deö heidnischen Königs sein Freund Ramiro waren nicht unter den Kuiecn»
nieder , stürze die Tempel der BaalSdiener in Trüm den. Ein leiser Anflug deö Uumuthes , der sich auf dem
mer, zerstöre die Wohnungen deS Volkes, daS meinen Antlitze deS Königs gezeigt hatte, war hinlänglich sie zu be
Namen lästert, und laß keine Spur seines Dasevns auf lehren , daß ihm die ganze Sache nicht gelegen kam. Aber
dem geweihten Boden Spaniens zurück! Ziehe hin, Don rerlniidern konnte er sie nicht. Das Volk war seine beste
Martin Vanez in meinem Geleite, und deine Sün Stütze gegen die oft unruhigen Großen, und man würde
den sollen von dir genommen sevn! Ziehe hin und pflanze cS ibm für «ne Fahrlässigkeit in einem heiligen Glaubens-
die Zahne mit dem Bilde der heiligen Jungfrau bort auf, werke anögclegt haben , Harke er sich wiberscyen vollen.
wo sie bisher verhöhnt worden ! König der Gläubigen , ..Ziehe bin, Don Danez, und kehre sieggekröut
ich bade gelobt, dem Befehle deS Herrn nachzuleben. zurück!" sagte er mit ernster Stimme, indem sein Auge
Aber auch dein G^o7 verehre ich, «IS ein dcmüthiger besorgt und unruhig nach dem Sitze des fremd?» Siegers
Knecht in deinem Dienste. Du wirst mich nicht hindern im Riiigclrennen schweifte, der so eben im Begriff war,
wolle» in dem Gott gelobten Werke. Siehe die Tau mit der verschleierte» Donna und seinem bejahrte» Be
fende, die dort darren, mit denen, die draußen weilen! gleiter den ClrknS zu verlassen. ..?iel,e bin, Do» Z)a-
Such sie sind mit dem heiligen Kreuze gezeichnet. Eine n ez, weil es Gcttcs Wille ist! Viele S'.egcskränzc pran
heilige Flamme durchglüht sie, keine irdische Waffe kann gen auf deinem greisen Haupte , und deines RudmeS we
ihnen schaden , sie müssen siegen , denn Gott will r S gen Häktest b» deS neuen nicht bedurft. Aber Gott will cS
haben!« haben, sagt dieser heilige Mann, und ich würde selbst dem
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Gebote folgen, wenn mich nickt ein früheres Gelübde zu mer vermehrten Einfluß allmällg alle diejenigen Verbesserun»
rückhielte. Ziehet hin, ihr alle!" sprach er mm lauter, als gen der Trink- und Badanstalten in Leuck ins Werk gesezt
er de» Fremden nicht mehr innerhalb des Cirkus wahr werden dürften, welche diesem Kurorte, auch de« billig »er»
mehrten Ansprüchen der Acrzte und der Kranken, seinen ak
nahm, „pflanzt die Fahne des Glaubens auf die Moscheen ten Kredit zu befestigen , «nd somit seine Konkurvenz mit an«
der Ungläubigen! Gott will es haben ! Das sev Sner Lo der« ähnlichen Bäder» der Schweiz und des Auslandes z»
sungswort, wenn ihr die Mauern von G ra n « da stürmt." sichern geeignet seyn können.
Der König und die Königin erhoben sich von ihren für das Die fünf einzelnen Gasthöfe gewähren in Leuck eine
verschiedene Bedürfnis», so wie für die ökonomische»
Sitze», ein Zeichen für Alle, daß die tumultuarische Unter Verhältnisse der darin gleichzeitig Raum findenden 2ZU biS
brechung auch den Schluß der Festlichkeit herbcvgeführt ZW Kurgäste eine befriedigende Auswahl, indem die Penn«
habe. uen in denselben von vier Schweizerfranken täglich für Lo,
gi«. Mittag- und Nachtessen (ohne Wein)biS unter die Hälft«
„Gott will es haben!" rief noch einmal die begei dieses Preises hinabgehen.
sterte Menge und drängte dem Ausgange zu. Dem schwär In dem ersten Gasthofe, dein weißen Haus , wird immer
merischen Einsiedlerund dem Großmeister von Alcan- die bey weitem größte Zahl der Kurgäste , besonders aus de»
ta ra gaben alle ehrerbietig Raum. Wo sie gingen, bil I'dhern Ständen, angetroffen , und der Gasthof verdient diesen
dete sich eine Gasse. Der erste theilte rechts und links wohl Vorzug. Was Wohnung und Essen betrifft, so dürfte nicht
etwas zu tadeln seyn» außer dem alten Gebrauch, dag
seinen Segen aus, Don V>>>'ez wurde mit Glück- und täglich zwey Mal gekochte« und gebratenes Schaffleisch an einem
Segenswünschen von den Umstehenden überhäuft. Kurorte aufgetischt wird, wo bey weitem die meisten Gäste
(Die Fortsetzung folgt.) an Hautkrankheiten leiden. Wer an guten alten Wein gec
wdhut ist, thur wohl, solchen selbst mitzubringen, d» der
im Lcuckerbab, meistens zu jung, und dennoch so theuer ist,
daß man sich durch die Transportkosten von dem Mitbrin
gen des eigenen nicht abschrecken lassen darf. Noch immer wird
Korrespondenz-Nachrichten. die alte übliche Speisezelt beobachtet , und um eilf Uhr das
Mittagsmahl, um sechs Uhr das Nachtessen eingenommen.
Aus dem Wallis. Wenn die erste« dieser Stunden wegen des nachmittägige»
Bade« allerdings nicht unzweckmäßig, so frühe gewählt wurde,
Die Mineralquelle »on L e u ck ist eine der berühmtesten so ist dieß hingegen mit der Abendstunde durchaus nicht der
und wirksamsten Thermen des AlpengeoirgS. und wenn auch ihr Fall, weil das Nachtessen gerade eine der geeignetsten Stun«
Ruf in der neuern Zeit sich durch die Vervielfältigung der den für die zur Beförderung einer guten Kur sehr zweckmässige
Bäder etwas vermindert Kar , so Mrk doch noch jezt Bedürf Bewegung im Freyen einnimmt; denn bald nach sieben Uhr
nis, und Reiselust so viele Fremde , und auch Deutsche dabin, wird hier die Abendlnft bey der Nähe des AltclSgletschers für
daß eine kurze Skizze dieses alten BadeortS nicht uninteressant die Badegäste meistens schon zu kühl.
seyn wird. Die malerische Lage des Kurortes bietet wirklich bey guter
Die BZber »on Leu« liegen bekanntlich überaus roman Witterung, in der Nähe und in einiger Entfernung, manche
tisch in einem Seitenthale des OberwalliS , am Fuß der wil sehr angenehme , natürliche Spaziergänge dar < die Kunst aber
den Gemini, völlig abgeschlossen von jeder fahrbaren Verbin hat ihrerseits bisher noch soviel als nichts gethan , um diesel»
dung mir den benachbarten Gegenden, wodurch nicht nur die den zu verschönern, oder auch nur zu reinigen und zu ebnen.
Reise dabin , besonders scher die Temmi, beschwerlich , sondern Sehr interessant ist besonders der Spaziergang nach dein Lei-
auch be» dem besten Willen der BadwirtKe die Befriedigung tcrnpaß und derjenige nach dem Wasserfalle, den die Dal»
mancher Anforderung ungenügsamer Kurgäste erschwert ober oberhalb de« Dorfes Leuck bildet, und welcher «0» der Sonne
unmöglich gemacht werden muß. Wer aber erst jene Schwie beleuchtet ein höchst anziehendes Schauspiel gewährt. Auch a»
rigkeiten der Reise glücklich überstanden hinter sich sieht, wird geselligen Vergnügungen fehlt es nicht, namentlich werden Käu«
in der Regel den neuen Aufenthaltsort desto schneller lieb ge fig zwey Bälle in der Woche gegeben. ES ist aber die Beschrän
winnen, sich auch um so eher daselbst angewöhnen und zufrieden kung derselben wirklich zu wünschen, da dieses selbst von Aerz«
fühlen, wenn er bescheidene Erwartungen i„ mancher Hinsicht ten zuweilen genehmigte Hülfsmittel zur Beförderung der
übertrvsscn findet. Kur, vorzüglich aber des Badaus chlages . dem unbefangencir
Die Wirtschaftsgebäude »nd il,re Vorsteher find hier von Beobachter schon an und für sich immer sehr zweydeutig er«
de» Verhältnissen der Badcanstalren. und was dahin einschlägt scheinen inuß.
völlig unabhängig , da diese leztcrn sich im Besiye einer bedeu Überhaupt ist es an diesem Kurort äußerst wichtig , sich
tenden Anzahl anderer Eigenrhümer befinden. Die Menge auf alle Weise vor Erkältungen wohl in Acht z„ nehmen, weil
der AntheilKabcr an der in drey gleiche Tl,eile geschiedenen nicht nur das lange Baden die Empfännlichkeit für Srkältun-
Hanptquelle, wovon bis jezt die KantonZrcgiernng durch Ankauf gen auffallend steigert, sondern auch der hinfig sehr bedeutende
eines NntKeils am Werrabad nur erst benlänfig ein Vicrzchntheil und öfters schnelle Wechsel einer südlich heißen mit einer ndrd:
an sich bringen konnte, erschwerte begreiflich von Zeher jede als lich kalte» Luft dazu Gelegenheit genug gibt.
zweckdienlich «orgcschlagne Abänderung , weil es nicht leicht (Die Fortsetzung folgt.)
möglich ist. die Vorteile der Verbesserung eines , zumal so
sebr zersplitterten Fideikommiß - Gutes voraus arithmetisch 5,1
beweisen. Dennoch steht zu hoffen, daß bey andauernder Vor
sorge der Landesregierung und ihrem nun als Miteigenthü- Bevlage: Kunstblatt. Nr e?.

Verlag der I. G. Cotta 'scheu Buchhandlung.


187.

M o r g e n b l a t t

f ü r

gebildete Stände.

Dienstag, 5. August i 8 2 8.

AnmxtKig Tbal! du immevgrüner Hain!


Vitt» Her, veqrüßt euch »ieter auf das Beste s
iknttaltet mir die s<y«rr«I>a»sntn «este,
Ncl'inl sreundiich mich t» cur, Schatte» ei»!
S«tthk.

Besuch in Urach. Vis sie im breiten Schwung an Felsenwinden


Herabstürzt, euch im Thole zu versenden.
Nur fast se> wir im Traum ist'S mir geschehen,
Daß ick in dieses wcrtht Thal verirrt; O hier ist'S, wo Natur den Echlever reißt!
Kein Wunder ist, waS meine Angen sehen. Sie bricht einmal ihr übermenschlich Schweigen,
Doch schwankt der Boden, Luft und Staude schwirrt, Laut mit sich selber redend will ihr Geist,
Buö tausend grünen Spiegeln scheint zu gehen Sich selbst vernehmend, sich ihm selber zeigen.
Vergang'ne Deik, die lächelnd mich »erwirrt. Doch ach, sie bleibt, mehr «IS der Mensch, verwaist.
Die Wahrheit selber wird hier zum Gedichte, Darf nicht aus ihrem eignen Räthfel steigen!
Mtin eigen Bild ein fremd und hold Gesichte! — Dir biet' ich denn, begier'qe Wassersäule,
Die nackte Brust, ach! od sie dir sich theile!
Da sevd ikr alle wieder aufgerichtet. Vergebens! und dein kühles Element
Besonnte Felsen , alte Wolkenstühle ! Tropft an mir ab , im Gräfe zu versink«.
Auf Wäldern schwer, wo kaum der Mittag lichtet WaS ist'S, das deine Seele von mir trennt?
Und Schatten mischt mit balsanireicdcr Schwüle; Sie flieht, und micht' ich auch io dir ertrinken!
Kennt ihr mich noch , der sonst hieber geflüchtet. Dich krinktS nicht, wie mein Herz um dich entbrennt,
Im Moose, den süß-schläferndem Gefühle, Küssest im Sturz nur diese schroffen Sinken;
Der Mücke Sumsen hier ein Ohr geliehen, Du bleibest waS du warst seit Tag und Jahren,
Ach, kennt ihr mich, und wollt nicht vor mir fliehen? Ohn' ein'gen Schmerz der Zeiten zu erfahren!
Hier wirb ein Strauch, ein jeder Halm zur Schlinge, Hinweg aus diesem üxx'gen Schattengrnnd
Die mich in liebliche Betrachtung sängt; Voll großer Pracht, die drückend mich erschüttert!
Kein Miucrchen , kein Holz ist so geringe. Bald grüßt beruhigt mein verstummter Mund
Daß nicht mein Blick voll WebmutK an ihm hingt; Den schlichten Winkel, wo sonst halb verwittert
Sm jedeS spricht mir balbvergess'ne Dinge, Die kleine Bank und wo daö Hüttchen stund;
Und weiß nicht, wie von Schmerz und Lust gedringt Srinnrung reicht mit Licheln die verbittert-
Die TKräne stockt, indeß ich ohne Weile, Bis zur Betäubung -süßen Aauberscdaalen ;
Unschlüssig, satt und durstig, weiter eile. So trink ich gierig die entzückten Qualen.
Hinweg ! und leite mich , du Schaar von Quellen, Hier schlang sich tausendmal ein junger Arm
Die ihr durchspielt der Matten grünes Gold! Um meinen HalS mit inn'gem Wohlgefallen.
geigt mir die ur bemoosten Wasserzcllcn, O säh' ich mich, als Knaben sonder Harm,
Bus denen euer ewig'S Leben rollt. Wie einst, mit Necken durch die Haine walle»!
Im kühnsten Walde die verwachsnen Schwellen, Ihr Hügel, von der alten Sonne warm.
Wo eurer Mutter Kraft im Berge grollt. Begegnet mir auf keinem von euch allen
746, '. '1
Mein Ebenbild, ein jugendlicher Statten, gcräth, wird zu ihm gerissen mit einer Kraft, die jeder
Wie sonst umarmt auf den beblümten Matten? Kunst des Steuermanns spottet. Will er ihr trotzen durch
O tritt aus den5 Gebüsch^ dann sollst du mir aus, so fliegen die Nägel aus dem Schiffe Kim Berge hin
Mit Freundlichkeit in'S riefe Auge schauen ! und es geht in Trümmer. Siehe, so ist es auch mit dem
Noch immer, guter Knabe, gleich' ich dir, Schifflein meines Lebens! Ich habe das Steuer rcrloren,
Uns bcyden wird nicht vor einander grauen! die zauberische Macht zieht mich fort, ich muß ihr sclgen,
So komm' und laß' mich unaufhaltsam hier
Mich deinem reinen Busen anvertrauen ! wohin es auch sep ! Komm Freund ! Unser Weg führt unS
— Umsonst, daß ich die Arme nach dir strecke. nach Granada!"
Den Boden, wo du gingst, mit Küssen decke! „Bist du rasend?" fragte mit allen Zeichen des höch
Hier will ich denn laut-schlnchzend liegen bleiben, sten Erstaunens Tenori; „hast du nicht die Miene der
Fühllos, und Alles habe seinen Lauf! Mißbilligung gelesen, die das tolle Unternehmen auf En
Mein Finger, matt, in's Gras beginnt zu schreiben: riques Autlitz hervorrief? Siehe mit, und du wirst seine
Hin ist die Lust! Hab' Alles seinen Lauf! — Gnade für immer verscherzen."
Da, plötzlich, hör' ich's durch die Lüfte treiben.
Und ein entfernter Donner schreckt mich auf; „Mir gebeut eine höhere Macht, als die ist, welche
Elastisch angespannt mein ganzes Wesen die Könige der Erde üben versezte in einem Tone, der
Ist von Gewitterlust wie neu genesen. das Unabänderliche seines Entschlusses verkündigte, Jav-
Sieh! wie die Wolken finstre Ballen schließen m e. „Willst du mit, Ramiro, oder willst du zum er
Um den ehrwürd'gen Trotz der Burgruine! sten Male deinen Freund verlassen ?"
Von Weitem schon hört man den alten Riesen, „Nimmermehr!" rief der treue Gefährte, der hieran
Stumm harrt das Thal mit ungewisser Miene,
Der Kukuk nur ruft sein einförmig Grüßen noch nicht gedacht hatte. „Ich folge dir an's Ende der
Wersteckt aus unerforschter Wildniß Grüne, — Welt, wenn du es verlangst."
Jezt kracht die Wölbung und verhallet lange. Sie nahmen sich nicht die Zeit, noch einmal nach ih
Das wundervolle Schauspiel ist im Gange. ren Wohnungen zurückzukehren. In den reich verzierte»
Ja nun, indeß mit hoher Feuerhelle Rüstungen, die eigentlich nur bestimmt waren, bey Hof-
Der Blitz die Stirn und Wange mir verklärt. feyerlichkeikcn zu glänzen, sprengten sie hinaus in die
Ruf' ich den lauten Segen in die grelle Abenddämmerung auf den Weg nach Gr an «da.
Musik des DonnerS, die mein Wort bewährt:
O Thal! du meines Lebens andre Schwelle! Es war einer der schönen Abende, die mit ihren lauen
Du meiner tiefsten Kräfte stiller Heerd! Lüften, mit ihren süßen Wohlgerüchen nur zu den südlichen
Du meiner Liebe Wundcrnest ! ich scheide. Ländern Eu.ovas herabsteigen. Der Himmel färbte sich mit
Leb' wohl! und sieh mich wieder, wenn ich leide? einem liefern Blan, die Sterne fingen an ihre blassen Licht
S. Mverike. strahlen niederzusenden, der Halbmond stieg in jener Him
melsgegend auf, unter der Granada gelegen war: ei»
Das innere Gesicht. bedeutungsvolles Zeichen für Jayme! In dem Maaße,
als die zwcy Freundesich von Alcala entfernten, tralcn
Von Georg Döring.
die Umgebungen ihres WegeS schärfer und bestimmter her
(Fortsetzung.) vor. Die gewölbten Anhöhen wurden bedeutender, die
„Wohin?" riefDon Ramiro Tenori einigen sei- Citrvncn - und Orangcnwälder gewannen an Umfang und
ner Freunde zu, die eilig an ihm vorüberflogen. die würzig duftenden Zimmetpflanzungen zeugten von
„Nach Gr an« da!" lautete die Antwort. einer fleißiger« Benutzung des ergiebigen Bodens.
„Die Thoren!" spottete Ramiro in sich hinein. Lange ritten sie schweigend ihres Weges hin ; Javme
„Sie folgen dem Winke eines Wahnsinnigen, der sie zur in träumerisches Sinnen verloren, Ramiro mit einiger
Schlachtbank führt. Sie kennen den Krieg mit diesen li Unzufriedenheit der Begebenheiten des vergangenen TageS
stigen und stets kampffertigen Arabern nicht , sie mcynen, gedenkend. Endlich suchte er sich aus diesem Zustande, der
das sev ein lustig Spiel, wie etwa ein Ringelrennen im dem lebensfrohen Jünglinge höchst drückend erschien, mit
friedlichen Circus zu Alcala!" Gewalt emxorzureißen. Er begann eine der alten Roman
„Nach Gr« na da?" fragte, wie aus einem Traume zen zu singen, an denen die spanische Volkspoesie reich
erwachend, Jaym c, der seinem Frennde zur Seite ge ist und deren sein gutes Gcdächtniß eine bedeutende An
blieben war. „Wir müssen auch hin, Ramiro! Dort zahl bewahrte :- ,
strahlt neben dem Halbmonde der Stern meiner Liebe. Wohin eilst du, Don Fernando,
Dorthin ist sie gegangen und es zieht mich nach mit un Wohin strebt dein edles Roß ?
widerstehlicher Gewalt. Kennst du die Sage vom Mag Willst b» fliegen wie die Schwalben,
netberge ? Das Schiff, das in den Umfang seiner Macht Treffen wie ein Pfcilgescyoß i
Treffen mit der scharfen L«z« vor zwanzig Jahn» eine beträchtliche Bevölkerung und
Deine« Datcrlande« Feind. defand sich in blühendem Zustande ; sie wurde in der Re»
Treffen Jeden . der im Kampf« vollikion von i«„7 — 8 verheert, und hat sich seitdem nicht
Nicht« zu wagen mit dir meynt? wieder aus ibren Trümmern erhoben. Von Konstantia
nopel bis Kirklisse , d. i. hundert englische Meilen weit,
Don Fernand«, Don Fernando, siebt man keinen ?<aum, und die Russen treffen also, wenn
Magst nach deinem Herzen schau»: sie sich der Hauptstadt nähern, ein herrliches Feld für ihre
Vor den Feinden dich nicht wahre. Operationen. Die besten Städte und Dörfer zwischen
Doch »or tpren schönen Frau'n ! Ktrklissc und der Kette deS Balkan sind von Bulgaren be
WrKin zielet keine Lanze, wohnt, einem kräftigen Geschlechle von Ackerbauern, die
Wo der Pfeil auch prallt zurück. man aus ihrem HeimatKlande bieder gezogen hat, damit
Da läßt Vitt« Wundcinnalc sie die öden Ebenen Thraziens wieber bevölkern möchten.
Oft ein cinz'ger Francnblick. Diesen Zweck haben sie bloS theilweise erfüllt, und die
mannigfachen Plakereven , die sie zu dulden hatten, waren
Indessen hatten sie eine Ablbeilung deS kriegslustigen nicht geeignet, ihnen Anhänglichkeit an die Herrschast deS
HaufenS erreicht , den der Einsiedler Juan Sago und Sultans einzuflößen ; sie sind übrigens griechische Christen
Don Martin Dane; gegen die Ungläubigen führten. und daher leicht geneigt, mit den Russen gemeinschaftliche
Ungeachtet deS wilden Getoses dcr armen verirrten Keule Sache zu machen.
vernahmen sie doch die donnernde Stimme deS fanatischen Den Fuß des Balkans gegen Süden bildet eine ziem
Einsiedlers und konnten jedes Wort verstehen, das er lich niedrige Bergkette; ihr Plateau, eine unermeßliche
sprach. Seine Rede ging darauf aus, diejenigen, die ihm Ebene, dehnt sich, bis zur höhern Kette aus; schöne bul
folgten, immer mehr zu Haß und Wuth zu entflammen. garische Dörfer liegen auf ihr zerstreut. DaS Dorf Bvn i,
Er verhieß ihnen zum Kohne deS gelungenen Wertes alle wo Walch mit seinem Führer Mustapha übernachtete , ge
Freuden dcr Erde und deS HimmelS , er malte diese mir fiel ibni außerordentlich. „Die guten Leute hatten bloS
allcn den grellen Farben aus, welche den rohen und ge ein Zimmer ; die Familie bestand auö dem Tch»rbabg>, dem
meinen Mann verblenden können. Hausherrn, der Boba, der Frau, aus drev Kinder» und
Der Genuß der irdischen Freuden schien übrigens von zwev Schafern. Das Haus war gleich allen andern aus
den meisten seiner Anhänger ,chon im Voraus beliebt ivor- Flechtwerk gebaut, und so niedrig, daß ich in der Mitte
den zu sevn. Ihr schwankender Sang, ihre lallenden Stim- eben aufrecht stehen konnte ; die Hütte war aber reinlich,
men verriethcn, daß für sie nicht umsonst die Rebe auf neu, und eS roch nach nichts; man fegte den Boden, brei
Spaniens Boden ein köstliches Gcrränk erzeuge. tete Teppiche darauf, im Kamin loderte ein gutes Feuer,
(Die Fortsetzung folgt.) und wenn ich so die Helle über die guten, ehrlichen Gesich
ter streifen sab, fühlte ich mich so behaglich, als scv ich da
heim. Wir hatten von Rusutestri Ecvaasfleisch mitge
Rcisebilder aus Rumclicn und dem Balkangcbirge. bracht; die Boba briet es unö, an die andere Seite deS
(Fortsetzung.) Feuers sczte sie eine runde, eiserne Schüssel, thal Was
Sehr anziehend ist die Beschreibung des Wegs zwi ser, Mehl, Sper hinein , und machte eine Art dünner
schen Konstantinopel und der Donau; der Reisende machte Kuchen daraus. Sie legte sie , wie sie gebacken wurden,
den Weg, den wahrscheinlich das russische Heer einschla aufeinander, that je zwischen zwey Butter und Käse, und
gen wird. Er reiste von Konstantinopel über K i r k l i s se thürmke so eine ziemliche Säule auf. Dazu kam noch ein
in Rumelien, überstieg, immer derselben Bergkette ent Napf mit Kohl, ein Krug Wein und ein Fläschchen Brannt
lang reisend, den Balkan und kam nach Schumi« und wein (Raki), und nun trug sie das Abendessen auf einem
Rutschuk in Bulgarien hinab. Schemel mir einer Gewandtheit, einer Ordnung auf, die
Die Umgegend von Konstantinopel ist ein trauriges, einer englischen Köchin Ehre gemacht hätten. Bey die
verödetes Land »nd besteht ans Dünen wie in der Graf sem ganzen Geschäft hatte sie einen Nocken in einem
schaft Süsser; es ist aber sehr fruchtbar, und würbe sich ledernen Gurte stecken; dieses einfache Werkzeug war
vortrefflich zum Anbau eignen. Die einzige Straße, die unaufhörlich im Gang und versorgte die ganze Fa
dadurch hiiiführt, ist ein breiter Pfad, den der erste Win- milie mit Kleidern. Bald legten wir u»s alle friedlich
terregen unw^am macht. Ein auffallender Beweis vom neben einander nieder, hüllten uns, die Füße gegen das
Verfall des vttomanifchcn Reichs ist, daß die erste Stad^ Feuer gekehrt, in den Texpich und schliefen in Frieden
in welche Walsh von Konstantinopel aus kam , Klinlikli, und Eintracht ein. Ich wachte frühe aus ; da sah ich die
vloS noch aus drev elenden Häusern besteht ; sie hatte noch fleißige Hauömuttcr bcpm Scheine deS FeucrS mit einem
74S
ihrer Kinder Baumwolle spinnen. Bende sahen mich an das Wasser »»bequem genxg schöpfen muß. Etwas höher »eh«
und sangen leise mid langsam ein einfaches Lied. Ich ge inen drey , zwischen die EigentKümer der verschiedenen Bade
dachte meiner fernen Heimalh, der Gute der, brave» häuser »erlheilte Leitungen in die Bäder ihren Anfang.
Leute gegen den Fremdling , dachte an Mungo Park, an ,, , (Die Fortsetzung folgt.>
seine rührende Beschreibung einer ähnlichen Scene, und
wurde gleich ihm zu Thränen gerührt." London, Juli.
(Der Beschluß folgt.) Der Buchhändler Ebers, welcher durch seine siebenjährige
Verwaltung des kdnigl. Theaters (der italienischen Oper) zu
, Korrespondenz-Nachrichten. Grunde gerichtet woroen ist. hat sich a» der vor»ckmen Welt,
AuS dem Wallis. die ihn nicht genugsam unterstüzte , durch die Herausgabe ei«
(Fortsetzung.) ncs dicken Oktavbanbcs gerächt , worin er die Geschichte dieses
Unter allen schweizerische» Therme» sind die von Leuck Theaters während seiner sieben Leidensjahre erzählt, und
bey weitem die wärmsten. Ihre Temperatur ist aber nach den das jeder, der auf Mode Anspruch macht, lesen muß. Es enthält
verschiedenen Orten , wo die Quellen zu Tage kommen, ver ein Dutzend Anekdoten, die, wenn auch nicht alle neu, doch
schieden, beyläuflg von Z7 bis 41 Reaum. interessant sind. Unter andern erzählt er , er habe im Jahr
Das selbst im Winter in ungefähr stets gleicher Menge 1826 durchaus Dem. Sontag cngagircn wollen; er bot ihr
quellende Wasser ist mit seltenen Ausnahmen ganz rein , und für einen Monat (glaube ich) 1000 Pfund, nebst der Entschä,
bleibt, auch der attnosphärischen Luft auSgesezt völlig klar; digung für die Buße, die sie wegen Vernachlässigung ihrer
eben so ist es meistens ganz geruchlos, allzeit fast ohne Ge Verpflichtung zu Berlin etwa zu bezahlen haben würde. Ihre
schmack , und von ungewöhnlich leichtem spezifischen Gewichte. ftanzösische Antwort enthielt unter andern folgende» Sag:
Der Geschmack ist kaum merkbar salinisch , und übrigens ,,O»n» lo» eoillrals »IIem»ncis il liueNion cl»
so indifferent , daß dasselbe beynahc von Jedermann gerne und 6vlils, e«i»i»e cel» est un U5»ze »bsolument inconnu cke»
leicht getrunken wird. Seine Wärme ist keineswegs eckelers »«US "
regend, wie die des geinkinen Wassers, noch im Munde Die Beschreibung einer Probe ist unterhaltend : „Wenn
brennend , obschon sie bcyin Schöpfen mit einem Glas auf die die Vorstellungen auf der Bühne ein Bild der menschlichen
Finger ziemlich empfindlich wirkt : sie scheint sich etwas lang Natur scyn sollen, so M eine Probe die Sache selbst, der Orte,
samer zu verlieren, als bey gleicher Temperatur bey gewöhnli wo der Schleyer cntzwcy gerissen, und all die Verwirrungen,
chem Wasser geschieht , und eS soll auch das Leuckerwasser spä welche unverstellte Eitelkeit, Eigenliebe, Neid und Eifer
ter gefrieren als dieses (?). Die chemische Analyse bat bisl«r sucht erzeugen können , dem Auge dargestellt werden. Unter
in dem Wasser »on Leuck an firen Bestandthcilcn nachgewie de» ersten Sängern findet man vielleicht nicht so viel von diesen
sen: kohlensaure-, schwefelsaure - und salzsaure Kalkerbe, Lastern, da man ihr Recht auf die Hauptrollen nicht bestrei
zusammen ungefähr einen Gran auf eine Unze Wasser, und da ten kann. Aber furchtbar ist der Kampf unter allen, die
neben eine» sehr geringen Gehalt an Eisen ; an flüchtigen unter ihnen flehen. Jede nur etwas höhere Rolle ist der Zank
Theilen aber eine sehr bedeutende Menge Stickgas mit einem apfel, welcher für dcu Unternehmer, Direktor und Ordner
kleinen Antheil von Sauerstoff. ' (IN»n»g«r, lZir«ctor, Louäactor) eine bittere Frucht wird»
Die Zahl der Thermalquellen in Leuck ist nicht leicht zu da jeder und jede nicht diejenige Rolle haben will, die der
bestimmen, da oftmals mehrere kleine , ganz nahe bey einander Wirkung des Ganzen förderlich wäre , sondern die ihrer Eitel
liegende . unzweifelhaft schon in geringer Tiefe mit einander keit am meisten zusagt, da es davey Regel ist nicht nachzu
in Verbindung stehen; ja man wirb bey genauer Betrachtung geben, so findet sich die Oper in der angeuchmen Lage, weder
der verschiedenen Stellen, auf welchen im Umfange einer Vier- vor - noch rückwärts zu kommen. Die Prima Donna , deren
telflunde alle Quellen zu Tage kommen , leicht zu der Verinu- Rolle fcflgesezt ist, kömmt zur Probe, die Seconba , die mit
thung geführt, daß sie sämmtlich bloS verschiedene Ausführimgs- der ihrigen nicht zufrieden ist, will nicht daran; die erste, auf
gänge einer und derselben , tief im Inner» des merkwürdige», gebracht über den Aufenthalt , geht weg , und das Geschäft ist
von der felsigen Gemini, dem mit ewigem Schnee bedeckten für den Tag zu Ende. Ist der Unternehmer beharrlich, so
Allels nnd dem Albincngebirg (worüber der merkwürdige Lei- wird die Dame krank. Die Erklärung , man werde nicht sin
ternpaß führt) umschlossenen Gebirgskessel« befindlichen Haupt- gen, ist indessen das kräftigste Mittel, da es alle Uebrigcu
quelle scyn möchten. Für diese Annahme spricht schon die übler Laune macht, die ihre Zeit davey verlieren^. Alle klagen,
Menge der sich oft ganz nahe liegenden Ausflüsse. und es erhebt sich ein Geschrei), worin Alle zugleich reden, und
Von den vierzehn bis sechszekn sichtbaren Lcuckcrqncllcn dicß zum Wenigsten in dre« verschiedenen Sprachen. Die Signori
werben eigentlich nur drey allgemeiner gebraucht. Von diesen beschweren sich , die Signvrc kreischen, die Chöre jammern im
Mineralquellen ist aber diejenige kalte Quelle ganz verschieben, schönsten Einklang, der Direktor befiehlt, bittet, stampft,
welche der periodische Liebefrauenbrunncn genannt, und die flucht , alles umsonst , und mitten in diesem Babel spielt das
auch noch in der neuesten Ucbcrsicht schweizerischer Mineral- Orchester , welches alle Sänger zum Henker wünscht , ohne
wasscr von Dr. Gabr. Müsch irriger Weise unter die Heilquel die Vokalmusik fort. Endlich, da der Kapellmeister kein Ende
len von Leuck aufgenommen wurde , da das Wasser derselben sieht, sezt er den Hut auf »nd geht, Violine, Baßgeige, Troin»
doch unzweifelhaft bloS Schneewasser von den hbheren Gebir petcn «nd Pauken hinter ihm her , und die Vorsteher bleiben
gen ist . nnd darum eben auch nur periodisch , nämlich zu der zulczt allein zurück, um zu berechne», wie weit sie gekommen
jenigen Zeit, wo der Schnee schmilzt, ungefähr vom Mai bis sind. Auch ist der Wunsch Aller, ihre Rollen durch fremdartige
September fließt. Diese Quelle wird auch gegenwärtig nicht Anhängsel ohne Rücksicht auf die Wirkung de» Ganzen aufzu«
mehr gebraucht, und scheint ihren früheren Ruf den glücklichen putzen, eine Quelle ewigen Streites zwischen Unternehmer und
Kuren solcher Krankheiten verdankt zu haben, in welchen kalte Sänger. Die Kunst, alle diese widerstreitenden Elemente in
Bäder überhaupt nützlich sind. Einklang zu bringen , erfordert die Erfahrung eines Lebens.
Die Hauptquelle , die St. L « r e n z g u e l l e , liefert eine Zu fest seyn ist gefährlich , zu geschmeidig noch schlimmer.
ungeheure Menge Wasser ; sie kommt, von einer Art niederer (Die Fortsetzung folgt.)
Kapelle eingeschlossen, so zu Tage, baß man sich bücken und ^ey lag e^LireraruÄlaN Nr. «.
Verlag der I. G. Eotta'schen Buchhandlung.
N«. 188

Morgcnblatt

für

gebildete Stände.

ittwoch, 6. August 1828.

— Was ist örbeniwissen und du.


Der Götter Geschenk. Vr
DorsingcnSe Zauberflimme
Herder.

Das innere Gesicht. einem Tone an , der nicht ganz den Unmuth in feinem
Innern verlaugnete, «bsckvn er sich bemübte, feiner Herr
Don Georg Döring. zu werden. ..Seir wann sind wir so fremd einander ge
(Fortse«un.z.) worden, daß wir stundenlang neben einander herzichn,
I a v m e und R a m l r o hatten Müde sich durchzudrän, ohne ein Wort zu wechseln? Ich muß einmal frev und ge
gen. Die Wüthendstcn aus der Schaar wollten ihnen den rade heraus zu dir brechen, wie eS mir um das Herz ist.
Weg streitig machen und sie nöthigcn, dev ihnen zu blei Deine seltsamen Traumgesichte, deine Erscheinungen oder
ben. Der Einsiedler erkannte sie und rief sie dev Namen. Offenbarungen, wie du sie nun nennen magst, können
Die jungen Männer aber trieben ibrc Mosse eiliger vor- nur nicht gefallen. Ich gestehe es dir offenherzig, ich
wärts und hörten nicht auf seine Stimme. Bald befan fürchte für deiuen Verstand, und hieß ist doch eine Sache,
den sie sich m weiter Entfernung rc>n ihm und seinen Ge die man wokl de» Hofe , aber im gewöhnlichen ^ebe» nicht
fährten, und die Stille deck Abends wurde nun nickt mehr gänzlich entbehren kann!"
durch das wilde Getöse der Waffen, durch verwirrtes ..?aß das nur, mein Freund!" sagte mit sanftem öä>
cheln Perdone. „Diefe Dinge sind mir nicht ganz neu
Echrepen und Carmen gestört.
und nur in der langen Zeit, während der sie mich gemieden
Don Fernando , Don Fernando, hatten, sind sie von mir vergessen worden. Iezt drecken wie
Magst „ach deinem Herzen schau'» : der selige Tage für mick an, wie in meiner Kindheit, je,zt
Vor den Feinden dich nicht wahre. kehren ihre Träume und ihre Freuden zurück. Ich habe
Doch vor ihren schönen Frau'n ! Stunde», in denen ich von lieben Verstorbenen umgeben
Diese Stelle aus jener von Ramirv gesungenen Romanze bin, mit ihnen lebe und rede. Und dann, womit kan» ich
wiederholte Javme leise und mit einem, wie eS seinem die Wonne vergleichen, mit denen mein ganzes Wcfen
Freunde schien, schmerzlichen Ausdrucke. <?s waren die dirrch die Erscheinung jener wunderbaren Jungfrau erfüllt
ersten Worte, die er sprach, seitdem sie Alcala verlassen worden ist, die in mir lebt und aus dem gvldncn Grunde
hatten. Sie kamen aus der Tiefe seiner Brnst hervor, sie meines tief Innersten, rin Engel meines Däferns, her-
erweckten neue Besorgnisse um den Freund und Waffen vorstrakit? Du kennst die Seligkeit dcS Entzückens nicht,
bruder in Ramiros Seele. das du einen Traum nennst! Mich hat sie schon, als ich
„Ich ertrage es nicht laiiger, dieses ängstliche und zu noch ein Knabe war, oft heimgesucht, ob ich gleich da
rückhaltende Wesen unter uns!" hvd endlich Ramiro in mals nur das unbestimmte Gefühl eines, himmlisch«
7 5°
Wohllebens in einem Meere von Glanz und Strahlen herrlichsten erscheinen , die ich je gesehen. Oft wenn die
reo der Rückkehr in die irdische Welt zurückbrachte !" Snmd'e'^nahte, wo ich zu frohen Knabenspielcn, zu den
„Wie," versezte Tenvri befremdet und erwartungs Knechten oder den Nossen hinabdurfte, und ich nun mit al
voll, „befandest du dich schon öfter in einem solchen Zu- ler Freude eines kindischen Gemüthes dicfer Ergötzung
stände der Verzückung, schon als ein Kind im Hause deiner entgegensah, wenn meine freudige Erwartung auf das
Eltern? und davon hast du mir nie gesprochen?" Höchste gespannt war, dann wurde ich plötzlich ganz still,
«Ich scheute deinen Spott," erwiederte Ja »nie, in und wenn meine Mutter nach mir sah, war ich eingeschla
dem er durch ein freundliches Lächeln den Vorwurf, der fen und jenes verklärte Lächeln schwebte wieder auf mei
in Kiefen Worten lag, zu mildern suchte: „Iwd dann hat nen Zügen. Mein Schlaf dauerte dann oft ununterbro
ten auch seit meinem zwölften Jahre sich diese Erscheinun chen mehrere Stunden lang. Als meine Mutter einst un
gen nicht wieder gezeigt bis heute Morgen am Ufer des ruhig über Kiefen langen Schlaf wurde und mich erweckte,
He ii «res. Nun aber geht die alte Prophezeiung in fuhr ich mit einem stechenden Schmerze im Herzen empor.
Erfüllung, am Horizont meines Lebens steigt der Stern Ich klagte es ihr, und seitdem versuchte sie es nicht mehr,
des Glückes empor, der meine ganze Zukunft überstrahlen mich in diesem Zustande, nach dem ich mich immer sehr
wird, und die Ghitanna behält Recht, ob ich ihrer froh und glücklich fühlte, zu stören. Ich erinnerte mich
gleich oft übereilt und leichtfinnig gespottet." nie etwas geträumt zu haben, es war mir nur immer,
Jap nie schwieg und hörte auf den klagenden Gesang als scv ich eine Zeitlang von einem Strahlcnmeer umge
einer Nachtigall, der aus einem venachbartcn Mandel- ben gewesen. Wann ich erwachte, sah ich das Antlitz mei
Wäldchen tönte. Es war ihm, als rufe sehnsüchtig die En ner Mutter mir mit dem Ausdrucke der Besorgniß zuge
gelsstimme des geliebten Wesens ihn heran, als verlange wendet. Ich war aber dann noch selig in meinem Innern,
sie seinen Bevstand in irgend einer Gefahr. Er wollte und der Glanz, den ich im Schlafe gefchcn, schimmerte
sein Pferd zu rascherem Trabe anspornen, als Don Ra- noch leise nach auf den Umgebungen, bis er und mit ihm
miro seinen Gedanken und Gefühlen eine andere Rich die selige Empfindung , die mein ganzes Wesen durchzit
tung gab. tert hatte, verschwand. So ging es über ein Jahr fort.
„Du häufst Näthfcl auf Räthsel /> sagte dieser, „ohne Da wurde meine Mutter trauriger und entdeckte mir, ich
eins zu lösen. Sprich deutlicher und erzähle mir erst von fange jezt auch an , in diesem seltsamen Schlafe zu spre
deiner Kindheit, dann von der wunderlichen Wahrsagerin, chen, beschäftige mich, wie meine Acusierungcn zeigten,
und stille überhaupt die Neugierde, die du in mir erregt im Traume mit Dingen, die weit über meinem Alter lä
hast, in ihrem ganzen Umfange, denn ich habe dir's ja gen, beantworte die Fragen, welche man an mich richte,
schon oft gestanden, neugierig bin h wie jene Frau des und verkündige selbst zukünftige Dinge, so wie ich denn
Oelhändlers im alten Lied, welche der schlafende» Katze ihren und des Vaters Tod auf bcsimimte Tage vorausge
ihr Ohr auf's Herz legte, um deren Gedanken zu be sagt hätte. Sie bezweifelte nicht, daß es so eintreffen
lauschen." würde, wie ich gesagt, indem ich öfters auch schon ent
„Ja, Ramiro!" sprach Perdone, indem er, dem fernte, mir ganz unbekannte Gegenstände so genau und
Wunsche des Freundes nachgebend, sein Pferd in einen richtig beschrieben, als hätte ich sie immer vor Augen ge
langsamen Gang fezte , um ruhiger seine Gedanken zu der habt. Sie weinte sehr, indem sie mir diese Entdeckung
bevorstehenden Mittheilung sammeln zn können ; er mußte machte.
sich hierin einigen Zwang anthun, denn die Stimme der (Die Fortsetzung folgt.) 5
Nachtigall sprach dringend und rufend zu ihm. „Ja, Ra
miro, ich will dir Alles entdecken und vor deinem treuen
Frenndesherzen kein Geheimniß mehr haben. Es ist mir oft Rciscbildcr aus Rumclicn und dcm Balkangcbirge.
erzählt worden, daß ich schon als ein ganz kleines Kind
mehr im Schlafe lächelte, als gewöhnlich die Kinder thun. (Fortsetzung.)
Dann soll eine selige Verklärung auf meinem Angesichte Das Balkangebirge wird von großen Ebenen durchzo
gelegen haben, die meine verstorbene Mutter nicht müde gen, die einen Ueberfluß an Dörfern, Wich, Fruchtfel-
geworden zu betrachten. Ich bewegte mich nicht, ich lag dcrn und Weinpflanzungen enthalten. Die Sitten der
ruhig und still da. Ais ich größer geworden , zeigte sich Einwohner stehen in Einklang mir dcm romantischen Lande.
diese seltsame Erscheinung in einer andern Weise. Ich Der Reisende erzählt, wie freundlich er iu Lopcnitza auf
spielte eben so gern wie andere Knaben, ich rricb mich genommen wurde : , . ,
eben so gern im Hofe unter den Waffenknechten umher, ich „Man kommt in diefes Dorf, wenn man den Balkan
hatte keinen liebern Aufenthalt, als bey den Rossen mei ganz herunter ist und freut sich hier, daß man endlich das
nes Vaters, die »och jezt in meiner Erinnerung als die Gebirge im Rücken hat. Wir hatten noch mehr Ursache
76i
uns zu freuen; wir waren durchnäßt, erfroren, müde, mit Europäern und ihren Gebräuche» , drang mehr als
hungrig. Wir traten in den Hof einer Pachtung, dir mit einmal selbst bis Wien vor in das Herz der Christenheit.
einer Mauer aus Flechtwerk umgeben war. Sin einzeln Wahrend alles ringsumher auf diese oder jene Weise fort-
stehendes Gebäude sah bicr ganz einladend auS; eS war schritt, blieben sie Kartnäckig stille stehen. Mit sehr we
neu, reinlich und frisch hellgrau angestrichen. ES war nigen Ausnahmen ist hie Masse des Volks noch ganz die
indessen bereits voll Menfchen , auf rinmal aber kam Sil- unwissende, eigensinnige, unbeugsame Horte, die von den
les in Bewegung, der Boden wurde gefegt, dicke Teppiche Gebirgen Asiens berabkam. Im Großen wie im Kleinsten,
ausgebreitet, im Kamin ward großes Feuer angezündet, im Strich eines BartmesserS und einer Säge, so gut wie
und alö ich die kleine Vorhalle betrat, war es mir, als in Literatur und Kunst haben sie beute noch ibre alten cha
bobe ich in ganz England nie eine fo reinliche, f« male: rakteristischen Eigenheiten. Der türkische Barbier streicht
rifche, f? comfortable Hütte gesehen. Ich legte meine mit dem Messer abwärts von sich, der unsrige zieht es ge
nassen Kleider ab , streckte mich vor dem Heerde auf den gen sich; herZimmcrmann dagegen zieht diesige gegen sich,
Boden und überließ mich ganz dem neuen behaglichen Ge denn die Zähne sind innen , der unsrige stößt sie nach un
fühl. Nun sah ich unter der Halle mehrere junge Mäh- ten , weil die Sähne außen sind ; der Maurer sizt bey sei
chen erscheinen und nach einigen ?urüstungen in's Zimmer ner Arbeit, der unsrige steht ; her Schreiber schreibt aus
treten. Die größte und schönste ging mit einem weißen seiner Hand und von rechts nach links, der unsrige an
Schnupftuch in der Hand voraus, die andcrn folgten. Sie einem Tisch und von links nach rechts. Diese Dinge
begannen einen Zanz aufzuführen, den sie u»t einem lang- möchten höchst unbedeutend erscheinen ; es sind aber wirk
samcn, harmonischen Gesänge begleiteten. Der Tanz de« lich eben so viele bezeichnende Eharaklerzüge.
stand in einer langsamen Bewegung, und siezvgcn mit An- Die Stadt Schumi« liegt im Winkel eines Thals
stand und Ordnung hinter einander her ; im Gesänge dies: am nördlichen Abbang deö Balkan. Balkan bedeutet einen
scn sie den Fremdling willkommen, priesen seine Vorzüge schwierigen Paß. Diese Bergkette beginnt mit einem Aug
und seine Schönheit. Sie trugen Jacken vv» blauem !uch, niedriger Hügel, die sich nach und nach zu Bergen von
Micke vom nämlichen Stoffund große über der Brust und den bedeutender Höhe erheben. Von der Donauseite aus er»
Armen gefaltete Hemden. An de» Enden iorer Haarflech- scheinen sie fast unüberstciglich ; sie streichen am Horizont
teil hingen Gold- und Sllbermünzen ; sie trugen lange gleich einer mächtigen Mauer hin, die sich stufenweise bis
Ohrgehänge und um die Arme eine oder zwep breite sil- in die Wolken erhebt. Die Kette erstreckt sich vom Golf
Herne Armspangen. Als Gesang und Tanz zu Ende wo- von Venedig bis an's schwarze Meer ctira 5»» (englische)
ren, warf mir die Schönste ibr weißes Tuch auf dieKniee Meilen weit; ihre Breite mit dem hügclichten Land auf
und alle entfernten sich. Ich verstand nicht, waS dieß be bevden Seiten mag hundert Meilen dctraqen, die obere
deuten sollte, und war daher in Verlegenheit ', Mustapba Kette ist nicht über sünf-und-zwanzig bis dreyßig Meilen
aber sagte mir , es beiße dieß so viel , als sich ein Paar breit. I» der Gegend von Schumla bilden die Berge
ParaS ausbitten. Sogleich steckte ich welche in das Tuch ein Amphitheater, von dessen Fuße an sich eine ungeheure
und ging zu den Tänzerinnen unter der Halle, wobev ich Ebene nordwärts gegen die Donau, östlich gegen das
mit dem Velde klingelte; sie thcilten eö unter sich und schwarze Meer ausbreitet. Der Balkan unterbricht also al
gingen ganz zufrieden davon. Ihre Haltung war anstän lein die Ebene zwischen Konstantinoxel und der Donau,
dig, ihre Blicke züchtig. und hätten die Russen erst das Gebirge im Rücken, so
Die Bob« schlachtete uns zwcv Stücke Geflügel, trug vermöchte sie in ihrem Marsche nichts aufzuhalten alö die
überdicß Kuchen, Wein und Raki auf, und wir speisten Streitkräfte des Feindes. Schumi«, wo die besten Kuxfer-
vortrefflich zu Nacht. Diese guten Leute halten eS für und Blechschmiede dcS Reichs wohnen , zählt etwa ,;„,<i(,u
Pflicht, dem Gaste zu Ehren ein ungeheures Feuer anzu Seelen ; in der odcrn Stadt wohnen die Türken, in der
zünden ; die Flammen lodern dev sechs Fuß hoch. Sine untern Juden, Armenier, Griechen."
so glühende Hitze scheint ihnen, wie den Russen, sehr zu (Die Fortsetzung folgt.)
behagen; ich konnte sie unmöglich aushalten, und bat sie
daher daö Feuer zu mästen, sie thaten eö, äußerten aber
ihre Verwunderung darüber. Korrespondenz- Nachrichten.
Höchst auffallend ist das vollkommene Stehenbleiben London, Juli.
der Türke» bcy ihren alten Sitten und Gewohnheiten. (Fortsetzung.)
Vor mehr als vierhundert Jahren kam dieses Volk über Die Subskriptionen zur Stiftung einer orthodoren Low
den Hellespont, war seitdem in beständiger Berührung von« Universität belaufen sich bereit« auf mehr alt »v,»t)0
752
Pfund Sterling , so daß man erwarten darf, daf, die Igg.ggg Aus dem Wo lli«.
Pfund , womit man den Ban zu beginnen beschlossen, bald
bcysannnen fe«n werden. Doch ist noch nicht bekannt, wo der . . (Fortsetzung.)
Bau aufgeführt werden soll. Indessen gebt daS Gerücht, daß
die alten Unternehmer der Londoner Universität sich mit den Die erste Kiefer Leitungen geht nach dem etwa sechszig
Unternehmer» des königl. Kollegs vereinigen werben, was ganz Fuß entlegenen, von der vorzüglich großen Zahl der Kurgäste auS
und gar nicht denkbar scheint, oder, was wahrscheinlicher, baß dem Kanton Zürich, öic sich clima lS desselben fast ausschlicß«
die erflcrc» den lezteren ihren Bau abtreten , und die höhere lich bedienten , sogenannte» Zürch e rba de, mit. zwcy vier-
Erziehung der Londoner Jugend der Kirche überlassen werde». eckigten Badcräumen für vierzig bis fünfzig Badende. Die
Dieß würde uun freylich ein saurer Zipfel für die Herren sevn, zweyte bringt ihr Wasser zu dem nur wenige Schritte entfern«
wozu sie sich aber werden entschließen müssen, wenn sich nicht eine ten, ziemlich alten und sehr luftig gebauten Badehaus, dem
bedeutende Anzahl Studenten einfindet , da ihr Kapital , wel sogenannten Herren -, oder passcnecr Wal liserbad, i»
ches mit wenigen Ausnahme» von Spekulanten vorgeschossen welchem sich vier Badcräume mit hinlänglichem Platz für acht«
worden ist, kaum zu mehr als der Aufführung der Gebäude zig bis Kundert Badende befinden. Eben dahin gehet auch
hinreicht. Auch hat einer der Geistlichen der englischen Kirche, das sogenannte Goldbrünnlcin, welches aber darum diesen Na»
welcher eine Professur bcy ihnen angenommcn hatte, sie beieits men nicht ausschließlich verdient, weil auch die übrigen Queb
verlasse», uud zwar ohne einen andern scheinbaren Grund als len dem einige Zeit in sie gelegten blanken Silbcrgelde ein«
dag er, wie die Matrofen von den Rayen auf einem Schiffe ziemlich täuschende Goldfarbe erthcilcn. Die dritte Leitung
sagen, daß sie den Untergang desselben im Voraus wittern, endlich nimmt ihren Sauf von etwa achtzig Fuß in das neuste,
den Untergang des Unternehmens fürchtet. Dieß wäre wirk größte und in Zeder Hinsicht schönste, nach den Edlen von
lich ein großer Schaden für die Wissenschaften; denn wenn Werra genannte Wcrrabad, früher auch Junkernbad, wcl«
die Geistlichkeit , welche nichts anders weiß und achtet als la- ches, feit seinem vor zwey Jahren «ollendeten Bau in vier groß«
teinifch und griechisch, keine wetteifernde Anstalt neben sich, Quarrr's und eben so viele kleine Privatbäder abgethcilt, für
kein Vorbild vor sich hat, so darf man nicht erwarten, dag 140 Badende hinlänglichen Play darbietet, und in mancher
sie , wäre eS auch nur um Oxford nicht in seiner mönchischen Hinsicht den Vorzug vor den ander» verdient.
RuKe zu stören, sich weit über de» alten Schlendrian erbe DaS Zürcher Bad diente seit einiger Zeit alS Armenbab,
ben, und wissenschaftliche Männer statr Gelehrten bilden werde. bis endlich nach vielen Jahren ein eigenes BadhauS für diese
Es ist sehr merkwürdig , dag bis jezt der Senat der Lvndner Bestimmung zu Stande kam. Diefem längst gefühlten Bedürfnis
Universitär noch keinen Man» für die Professur der Moralphi- ist nun auf löbliche Weise entsprochen, und der aufmerksame
lofopbie hat finden können. Menschenfreund darf jezt hoffen, vag in Zukunft auch für Woh
Man arbeitet wieder an dem Gange unter der Themse, nung, Unterhalt und ärztliche Pflege der Kranken besser ge»
aber sehr langsam ; trvy dem Patronat des Herzogs von Wel forgt werden wird , alS es bisher geschah. Ungeachtet b«
lington , dem die Schmeichele? vor Kurzem den Beynamen noch mangelhaften Einrichtungen für die Armen, verdient
„des Glücklichen" beigelegt hat, sind von der zur Vollendung übrigens die polizeuliche Aufmerksamkeit alle Achrung , welche
erforderlichen Summe von 2»«,«W Pfund nur erst 10,000 den in manchem Kurort so lästigen Bettel bcynahe gänzlich
stibfcribirt. zu verhüten weiß. . ^
Die neue Londoner Brücke ist ihrer Vollendung nahe und
verspricht ein prächtiges Werk zu werden, das mit den neuen Die Trinkkuren in Leuck sind unstreitig nicht minder
Straßen . die man mitten durch einen Haufen enger Gäßchen wichtig alS die Badekuren ; die ärztliche Würdigung der eine»
der Altstadt dahin zu brechen gedenkt, der Stadt zur großen und andern gehört jedoch nicht bicher. Leider ist bis jezt
Zierde gereichen wird. London hat jezt sechs Brücken über die die ganze Trin'anstalt in dem nämlichen , bdchst dürftige» Zu»
Themse, man gedenkt aber noch eine siebente zu bauen, be» stand , welcher oft gcnng schon gerechten Tadel veranlaßt hatte.
dem erzbischöflichen Palast von Lambeth, welche (wie die fchr Noch immer ist derjenige Play, wo das Wasser geschöpft und
schöne Brücke zu Hammersmith) eine hängende Kettenbrücke getrunken werden soll, weder mit Brettern noch sogar mit
werden soll. Steinplatten belegt, auf welchen man bep «asscm Werter trot
Der neue königl. Palast nähert sich n»r sehr langsam sei ten stehen könnte, eben so wenig ist er mit einem vor Wind
ner Vollendung, da man einen Theil desselben hat wieder ein und Regen schützenden Dache bedeckt. Wie früher ft> schöpft
reisen müssen, ein Verfahren, welches bcu allen Rcgicrungsgcbau- jezt noch Jedermann aus dem ganzen Dorfe, init nicht fetten
den in England Mode zu scv» scheint. Die andern Verschönerun unreinen Händen und den verschiedensten Gefäßen, das Wasser
gen im westlichen Theil der Stadt stocken ans Mangel an Gelb. aus der nach vorne weit geöffneten Quelle, und immer noch
Man hat angefangen, die Bibliothek Georgs III. nach de», brit dient der Ausflußbach auf dem offenen Platze zwischen der Heil,
ischen Museum zu bringen, und in ungefäbr dreu Monaten foll quelle und dem nahen kalten Brunnen zu allen Tagseiten
sie zum Gebrauch des Publikums (d. h. desjenigen Tlieils, wel zum Scheucrplay deS Tisch - und KüchcnqcschirrcS aller umlie:
cher Erlaubnis erhalten kam, im Museum zu lesen) offen scnn. genden WirtKs- und Privathäuser; das Gesagte reicht hin. qm
Dreu Personen, durch deren Mißhandlung Lord Mountfand- auch den Fremden , der nie hie war, zu überzeugen, daß eS
ford zu Windsor so unschuldig das Leben eingebüßt hat, sind eines ziemlichen Masics von Sclbstvcrlänqimng bedürfe, uin
des Tooichlagcs (IU»n»I«uizKter) schuldig befunden worden. sich weder durch die Vernachlässigung der Quelle selbst , no«
Für dieses Verbrechen bleibt es bekanntlich dem Richter über durch daS Eckelhafte der allernächsten Umgebung abschrecken zu
lassen , die Strafe von einem Schilling Buße bis zur lebens lassen.
länglichen Verbannung zu erkennen; er verurtheilte dcmnachHuut,' (Der Beschluß folgt.)
welcher de» Verstorbenen auf dem Boden mit Füßen getreten,
zu dieser lezteren, und die zwcy andern zu zwepjähriger Ein
sperrung.
(Der Beschluß folgt.) Beylagc: Intelligenz«»« Nr. zz.

Verlag der I. G. Cotta 'scheu Buchhandlung.


189.

Morgenblatt

f ö r

gebildete Stände.

Donnerstag, 7. A u g u st 1 8 2 8.

Dtin Tro? und tri«« Hcrzni« HochnmtK hat dich dttrogni, wtll
du ,n Zclstnttüftni wol'iicst und > , eHebirge imikn bast. !i>cnn
du dcnn glkict, dkin '?>,s> so bo« machtest «l« der Adlcr, dennoch
will ich dich von dannkn pkrunierstcirzcn.

Reisebilder aus Rumclien und dem Balkangebirge. dirgsreitere» vielleicht in der Welt, und doch scheint ihr«
ganze Auerüstung auf nichts weniger «IS auf Zrevheit und
(Jortseyung.)
Haltung in der Bewegung und auf rasche Evolutionen berech
Als militärischer Punkt ist Schumis von großer Wich- net. Zbre Sättel sind plumpe Holzklötze, vorne und Hin
tigkrik, dcnn hier laufen alle Straßen von den Donaufe- te» i» Spitzen auslaufend, die groben Packsatteln ähneln
ftungen zusammen. Von europäischen Truppen besezt, wä und durch die Art, wie sie darauf sitzen, noch »»beguemer
ren die Werke von keiner Bedeutung, aber von Türken werben. Die Bügel sind sehr kurz, der Fuß ruht «uf ei
vertheidigt können sie sich halten. Die Erdwälle mit back- ner schauselförmigen Sisenplatte, deren Spitze sie sich als
steinernen Mauern und starben W«ch»tl,ürmen auf den eines Sporns bedienen. DaS schwere Aeug ist mebt n„t
Flinken erstrecken sich aus eineuH unebenen Terrain drey Gurten befestigt, sondern wird bloS von ledernen Riemen
Meile» in die Länge, emc Meile in die Breite. Hier gehalten , die jeden Augenblick zerreißen und beständig in
schlugen die Türken von jeher ikr verschanztes Lager ^uf, Unordnung sind. Auf diesem unbequemen, schlecht defe
zwevmal kamen die Russen nach Schumis, Romanzvf im stigten Sattel sizt der Türke mit gegen daS Hin» heraus'
Jahr t7?4, Kaminökv im Jahr l»>„, und wurden bepde gezogenen Knice» , und doch sah ich me gewandtere, ver
Mal zurückgeschlagen. — Gelingt es den Russen dießmal, wegenere Reiter an Abgründen und auf gefährlichen Pfa
diese künstkiche Schuywehr, die in ihren Augen so ver den. Wenn sie in Hausen bevsanimc» sind, halte» sie
ächtlich ist, «IS sie in ihren Händen schwach wäre, zu schlechte KriegSzuchr; geht eö aber zum Kampfe, fo fech
durchbrechen, so kommen sie an eine zwevtc, ungleich ten sie so regelmäßig, wirken so gut zusammen, da» man
furchtbarere, daS Gebirge. Ueber diesen ungeheuren Wall sich wundern muß. Die besten Dienste leisten sie auf durch
führen blos fünf gangbare Wege, einer von Sophia mich schnittenem Terraiir, in den Pässen und Schluchten des
Bazargik, zwev von ^rnopa über Keisanlik und Selvm- Gebirgs, überall, wohin sich europäische Reitcrcv nicht
nia, und zwev von Schumi« über Earnabat undHaidhos; wagt. Sic rennen im Galopp durch die Schluchten, durch
die drey erste» führen nach Adrianopel, die zwev andern die Bette der Gießbäche, reiten die steilsten Abhänge hin
gerade nach Konstantinopel. So schwierig diese Pässe sind, auf, hinab, und erscheinen plötzlich », der Flanke oder
für die türkischen Spahls ist keiner unwegsam. Diese dem Rücken des feindlichen Heers, wohin sie auf Pfaden
Lehenstriirpen *) bilden sechszehn Legionen der besten Ge- gekomme,, sind, die, wie man glauben sollte, für Mann
') S. Mvrgcnd«. Nro. lZZ. d.J. d. Art. Türkische StaKt«- und Roß völlig unzugänglich sind. Durch ihre Gleichgül
tigkeit für die Gefahr , ihre stürmische Hitze haben einige
754
dieser Schwabronen sich benBevnamen Delhis, dieNär- Europa ausgeführt, und diesen friedlichen Bauern verdan
rischen, erworben, und>sie rechtfertigen ihn durch ihre ver ken wkr die köstliche Rofenessenz «on Konstantinoxel.
wegenen Unternehmungen. Eine solche Nciterev kann in (Der Beschluß folgt.)
den Pässen des Balkan den beste» , disciplinirtesten Trup
pen mächtigen Widerstand leisten.
Auch die Jahrszeit wird den Russen ungünstig wer- Der erste Brief Mirabeaus an Ludwig XVI.
den. Per einzige für kriegerische Unternehmungen gün
stige Zeitpunkt ist hier der Frühling ; das Land ist in die Ueber Mirabeau fällten seine Zeitgenosse« und fäl
ser Zeit ausnehmend schön und gesund ; Quellen und Flüsse len noch wir die widersprechendsten Urtheile; man spricht
liefern gutes Trinkwasser, an Gras und Futter ist Ueber- über seinen Charakter als Staatsmann und die Motive
fluß, die Luft ist leicht und gesund; aber mit vorrücken seiner Handlungsweise ab, wie die Reisenden Stellung
dem Sommer vertrocknen die Bäche, verschwinden die Ge und Höhe eines Kolosses beschreiben, der zu drey Vier
wächse; es bleibt nichts als ein dürres, glühendes Erdreich, theilen in Egyptens Sande vergraben ist. Da Alles, was
das bey Tag die Sonnengluth dörrt, und das Nachts der Licht auf den Charakter diefes außerordentlichen Mannes
kalte, reichliche Thau ungesund macht. Noch jedes Heer, wirft, willkommen sevn muß, so theilen wir den kürzlich
das in der alten oder neuern Zeit z» dieser Jahrszeit in in Paris bekanntgemachten Brief mit, der seinen vielbe
Bulgarien Krieg führte, hat de» verderblichen Einfluß des sprochenen, aber bis jezt nicht bekannten Briefwechsel mit
Klimas empfunden. Die zahlreichen Pässe, die eine Hand Ludwig X>1. eröffnete. So wenig sich die Aechthcit des
voll Menschen gegen ein Heer halten kann, und die eben Briefs verbürgen laßt, so ist doch der Name des Heraus
soviel« Festen bilden, hinter denen die Türken so hartnäk- gebers, Barbiere, der als Herausgeber der interessanten
kig und muthig kämpfen , die zerstreuten Dörfer, die we Memoiren des Grafen von Brtenne bekannt ist, im Stan
der Schutz noch Hülfsmittel gewähren , dieß alles sind de Vertrauen einzuflößen.
Hindernisse, welche die Russen sehr gnt kennen. Im lei . *
ten Kriege, wo t»»,g«n Russen die ganze Ebene besezt .
hielten , dachte Niemand daran , das Gebirge zu überstei So tief mich auch die Noth des Königs rührt, der
gen, als ein Paar streifende Kosaken, die fo schnell wie das Unglück, das ihn jelbst trifft, am allerwenigsten ver
der herüber als hinüberkamen. Auch scheinen die Türken schuldet hat, so überzeugt ich bin, daß, wenn cö in seiner
von dieser Seite für ihre Hauptstadt nichts zn fürchten. Lage einen Fürsten gibt, auf dessen Wort man bauen kann,
Im Vertrauen auf die natürliche Feste des Gcbirgs haben dieser Fürst Ludwig xvi. ist, so haben doch die Menschen
sie keinen Paß verschanzt, und ich erinnere mich nicht von und der Lauf der Welt mein Gefühl für das wechselnde
Konstantinopel bis Schumla eine einzige Festung gesehen Loos der Menschheit so abgestumpft, daß meinen Wider
zu haben. Am meisten bange macht ihnen ein möglicher willen, in diesem Zeitpunkte der Parthevuugen und der
Einfall zur See. Wenn die Verschanzungen am Bospho- Verwirrung eine Rolle zu fielen, nichts zu überwinden
rus von der Landseike angegriffen würden, wären sie nicht vermöchte, wäre ich nicht überzeugt, daß die Wiederher
haltbar ; die Höhen am Ufer beherrschen sie überall. stellung der legitimen Gewalt des Königs Frankreichs drin
An eine Volksbewaffnung, an Bildung von Guerillas gendstes Bedürfniß ist und das einzige Mittel, es zu reK
darf übrigens der Sultan in Bulgarien nie denken, da tcn. Ich sehe aber so klar, daß wir in Anarchie leben,
die Bevölkerung fast ganz aus Bulgaren besteht, die sich daß wir Tag für Tag tiefer hlnetngerathen, der Gedanke,
seit zwanzig Jahren über die künstlichen Gränzen ihres ich habe zu nichts als zu einer großen Verwüstung die
Landes hinaus , ja jenseits des Balkan bis tief nach Ru- Hände geliehen , beugt mich so tief; die Aussicht, einen
melien hinein verbreitet haben. Sie sind ein friedferti andern als den König am Staatsrubcr fehen zu müssen,
ger, fleißiger Menschenschlag, und ihre Religion , die ja ist mir so unerträglich, daß mein Gefühl mich gebieterisch
auf den Haß und die Liebe der Menschen fo großen Ein treibt, wieder zu wirken in einem Augenblick, wo gleichsam
fluß übt, wird sie eher mit den Russen als mit den Tür Verachtung meine Zunge fesselte und ich mevnte, was ich
ken gemeinschaftliche Sache machen lassen, wenn sie nicht zu thun habe, sep allein, mich zurückzuziehen..
anders ihr Hirtenlebcn dem Kriege völlig entfremdet hat. Unter diesen Umständen läßt sich leicht denken, daß
Sie leben in kleinen nnregelmäßigenWeilern, und der Haupt- die gegenwärtige Stimmung eines guten und unglücklichen
gegenständ ihres Gewerbfleißes ist die Bereitung des Ro^ Königs, der durch seine Rathgebcr, ja sein Unglück bestän
senöls. Ein weiter Strich in der Gegend von Selnmnia dig daran erinnert wird, daß er sich über mich zu beklagen
bestellt aus lauter Gärten für diesen Zweck, und die Menge hat, und doch den edlen, den muthigcn Gedanken faßt,
»on Rolensträuchen ist ein charakteristischer Aug dieser schö sich mir anzuvertrauen, für mich eine Lockung ist, der ich
nen sandschafr. Ein großer Theil des Produkts wird nach nicht widerstrebe» mag. Hier ist also das Glaubcnsbekeunt
755
«iß, das der König von mir verlangt bat; er wird dir ein ganz eigener Mensch sevn, den der Rubm,
Gnade haben, srldst zu brstimmrn, be» wem es niederge de» Einen wie den Andern zu retten , gleichgültig ließe,
legt »erde» soll sdenu Vorsicht »erbietet ihm, es zu behal »der der im Verfolgen desselben erkaltete, uod der bin
ten) , und dieses Schreiben wird auf ewig mein Richter ich nicht.
«d« mrin Zeuge bleiben. t«. Mai l790.
Ich verpflichte mich, mit meinem ganzen Einfluß daS Graf ». Mirabean.
wahre Beste des Königs zn fördern, und damit dieser
»ein Ausspruch nicht zu unbestimmt erscheine, so erkläre
ich, daß ich eine Eontrereoolution für so gefährlich und
Ko rr es»»» deuz -Nach richte».
strafbar halte, als es mir eine Shimire scheint, in
Krankreich überhaupt an eine Regierung zn denken oder A „S dem Wall,«.
den Plan dazu zn entwerfen, an deren Spitze nicht ein
Oberhaupt steht, das mit der gehörigen Macht bekleidet ist, (Beschluß.)
um mit der vollen öffentlichen Sewalt das Gesetz zu »oll Vey der eigentlichen Badekur In lieuek wird durch»
ziehen. Nach diesen Grundsätzen will ich schriftlich meine gebend« der Vadeaugschlag für die Hauptsache gehalten. Man
Mevnung über den Gang der Ereignisse aussprechen, über singt mit einer Stunde an , steigt dann mit der Badezeit
täglich um eine Stunde, s« daß man mir dem sechsten Tag
die Mittel sie zu leiten, ihnen vorzubeugen, wenn sie dro auf eben so viele Stunden kömmt, die >u zwev Drittel ans den
hend erscheinen , gut zu mache» , was sie gebracht haben ; Morgen und einem Drittel auf den Nachmittag vertbeilt wer»
meine Hauptaufgabe aber wird seyn, der vollziehende» de«. Späterbin wird die Zahl der Babstunden , zu dem fege«
Gewalt, die im Vollmaaß, unbeschränkt und ungetheilt in zuvor nannten «bbaden , wieder im nämlichen Derbältniß, wie ,„>>n
gestiegen war, veriniiidert. Von dieser Vadeweise werde»
der Hand des Königs seyn muß, ihre wahre Stelle in der nur selten Au«»al,men gemacht, vielmehr werden I'ier weit mei'r
Verfassung anzuweisen. als ander«»» die Baderegel» mit strenger Pünktlichkeit de»
folgt. Der so üderaut lange Aufenthalt im Bade wird durch
Ich brauche zwei, Monate , um meine Hülfsmittel zu da« hier übliche gemeinschaftliche Baden in großer Gesellschaft
sammeln, oder sie, wenn ich so sagen barf, erst zn schaf gor sehr verkürzt , und e« möchten wobl wenige Badende, die
fe», um die Gemüther zu bearbeiten, und verständige einmal an diese gesellschaftliche» Bäder gewöhnt sind, sie mit
einzelnen zu vertauschen geneigt seyn.
Bürger, wie sie der Dienst des Königs fordert, für die
Sache der Vernunft zu gewinnen. In jedem Departement Au«qänge Die ganze Einrichtung der Bäder und ihrer Sin» und
ist. besonder« in dem Werrabadhau«, auf eine solch«
unterhalte ich einen Briefwechsel zu diesem Zweck und Weise getroffen , dag bade» mannigfach für die Gesundheit
theilc die Resuttake mit. Mein Gang wird unmerklich sowohl al« für den Anstand gesorgt ist. Ueberdieß sind auch
sevn, aber jeden Tag thue ich einen Schritt. Der Emxi- noch die durch ein Dekret de« StaatgratK« der Republik
Walli« (vom Deeember jK25> in eiiüundibrevtiig Artiteln
riker verspricht plötzliche Heilung und tobtet; der wabre erlassenen Badeverordnunqen vollkommen geeignet , die Äiube
Arzt beobachtet, wirkt vorzüglich durch Diät, durch rich und Bequemlichkeit der Badenden möglichst sicher zu stellen.
tiges Maaß, richtige Gabe, und heilt manchmal. Die Bader müssen von Morgen vier bi« eilf Ubr , und Nach»
mittaa« von zwcy bi« fünf UKr zum Gebrauche dereit stehe».
Von dem Gedanken an eine Eontrereoolution, wie Die Anzahl der in jede« Quarre zu weisenden Badenden ist
von den Ausschweifungen, wozu die Revolution in den »ach Verschiedenheit seiner Grdfte auf ZZ — Z5 . bey starkem
Händen 'ungeschickter, verkehrter Menschen die Völker Zudrange aber höchsten« 4» bi« 15 Personen beschränkt. Vor»
züglich für alle Uebertrelungen de« Anstände« und der Sitt
hingerissen hat, bin ich durchaus gleich weit entfernt. lichkeit sind Geldbußen anaesezt; ferner sind alle Erörterungen,
Nie darf man meine Handlungsweise nach Einzelnem, nie welche die Religio» betreffen, bev zehn Franke» Strafe vcrbo»
nach einer Handlung, nie nach einer Rede deurtheile»; ten , die ein Jeder, der daran Tl'eil genominen . bezahlen soll.
Alle unanständigen Handlungen, ärgerlichen Reden und über«
man darf allein nach dem Ganzen urtheilen, wie man Kanvt alle«, wa« den guten Sitten und der Surlarkeit zu
nur durch daS Ganze wirken muß. Die Rettung dcö wider läuft , wird mit einer Geldstrafe von vier bi« zwanzig
Staats Tag für Tag ist eine Unmöglichkeit. Franken geahndet. Alle Geldbußen fallen in die Armenkasse.
Ungeachtet dieser, zu Verhütung jeder offriibaren Unan»
Ich verspreche dem König Treue, Eifer, Thätigkeit, ständiqkeit wohl berechnete», und unter täglich zweumaliger
Kraft und einen Mnth, von dcm man sich vielleicht kei Inspektion de« Badeaiifscl'erS im Ganzen und wesentlich auch
nen Begriff macht, kurz, ich stehe ihm für AUeS, nur nicht befolgten Bauordnungen, ist deii.iech »i»t eiuzusri'e». wie der
für den Erfolg, denn dieser hängt nie vom einzelnen Menschen hier selir alte Gebrauch bei gemeinsame» Bad,»« bttzder Ge»
ab , und mir ein verwegener , strafbarer Dünkel könnte schlechter in den nämlichen Laderäumen sich so lange erhalten
konnte, da l>och weder eine von der Lokalität gebotene Noll,-
in der schrecklichen Krankheit, die den Staat untergräbt wendigkeit, »o« auch da« Gefühl für SchicNichkeit dafür sr>re«
und sein Oberhaupt bedroht, dafür haften wollen. DaS che» , vielmehr gerade iu der kürzlich flattgcfundenen Bermel)
756
rung der Baberäinn? alle Gelegenheit sich darbieten würbe, der Verstand , ihre Frage bey jeder Sache ist immer : ,,z«
dieselbe» verhält»ißmäßig bevden Geschlechtern besonders «n- was nüzteS?" und zufolge der Antwort, die sie sich auf dies?,
zuweisen, wie dieß von jeher i» Pfeffers und auch in al allgemeine Frage haben geben müssen , findet man bey ihnen
len andern bedeutende» Bädern der Schweiz der F.III ist. alles Ceremoniel , das die Bequemlichkeit befördert, während
Wirklich bat sich im vorigen Sommer eine bedeutende Anzahl man immer mehr bemübt ist , alle hindernden Kleinlichkeiten
Franeiiziinmer aus hbhcrn Ständen (brittische und fraiizdsische zu verbannen; so kommen z. B. Livreen der Bedienten, ini»
vorzüglich) eincS eigenen O.uarreS bediente und damit nicht litärischc Titel, „achtbar " „Ercellcnz" und alle ander» äus
nur die Anständigkeit, sonder» a»ch die Leichtigkeit einer sol- sern Auszeichnungen aus der Mode. Die Richter tragen
chen Trennung auf eine, auch für Deutsche und Schweizer zwar noch seidene Mäntel, aber die Advokaten keine Perrücken
»achahmungöwürdigc Weise erwiesen. mehr. Vor «»Paar Jahren wollte das Militär einen Cineins
Noch erwünschter müßte es indessen beyben Geschlechtern natusorden unter sich aufbringen; aber das Volk lachte, und
seyn, wenn sie Nachmittags nicht wieder in 5>os nämliche fein gesunder Verstand machte den Plan durch Spott zu Schau«
Badwasser sich begeben müßten, worin bereits von frül, vier den. So ergibt sich die merkwürdige Erscheinung, daß in dem
bis zehn Uhr zwanzig bis dreyßig Menschen gebadet habe», und auch selben Maße, in dem Kunst- und Gewerbfleiß Schätze »„Käust,
und der Rcichthum seinen aristokratischen Einfluß in der That
hier stcben keine unbesiegbaren Hindernisse einer zweckmäßigen steigert, das Land, dem Ansehen nach, immer demokratische«
Abänderung entgegen. Zwar macht es allerdings die hohe wird. Die
Temperatur deö Wassers unmöglich , vor Abfluß von zebn den Frauen Kälte , die man seinen Landslcuten, und besonders
Stunde» eine« frisch gefüllten Bades sich bedienen zu können ; Weiber, sagtvorwirft , läugner Cooper ganz und gar. Die
allein wenn für Anlegung großer Reservoirs oder einer grös- französischen, er, sind einfach und natürlich; sie verstehenden
selbst den englischen Komplimeutirstvl durchaus
fern Anzahl von Bädern gesorgt würde . so dürfte diesem all
gemein geäußerten billigen Wunsche recht wohl überall cnt- nicht, und wenn man sie in dieser Sprache anredet, so wer
den sie zurücklialtcnd, selbst scheu. An sich aber sind sie eben
' sprochen werden können. so lebhaft, obgleich nicht so leichtfertig, als die vornehmen Eu
ropäerinnen. Hinsichtlich der Literatur »ersichert er, daß eS
London, Juli. ! blos an Materialien für den Schriftsteller fehle. Der Geschicht:
(Beschluß.) schreiber findet keine Annalcn, der Satiriker keine Tborbcitcn,
außer den allergemeinstc» und gcwdbnlichsten , der Dramatik
Coopers Werk über Amerika, unter dem seltsamen ker keine Sitteneiqcnheiten , der Romanschreiber keine »»bestimm«
Titel: Lotion, «s ike ^,uerie,n«, enthält sehr gesunde und ten Fiktionen (Cooper hat uns jedoch in seinen Romanen g«
frcymüthige Ansichten über ein Volk, oder vielmehr einen Vers zeigt, daß cS Mittel dazu gibt), der Sittenprediger keine rohen
ein von Völkerschaften, den seine Institutionen einzig in der VergeKnngen gegen den Anstand. Die Institutionen sind z»
Weltgeschichte machen, und der daher von jeder Seite gekannt einförmig und die Lebensweise zu sehr dem gesunden Verstand
zu werden verdient. Die Bemerkungen des Verfassers be gemäß, um große Mannigfaltigkeit hervorzubringen.
schränken sich indessen vorzüglich auf die nördlichen und ösili: Auch im kirchlichen Wesen, so weit wenigsten« als die
chen Sta.'ten, in welchen, obgleich das Volk in den südlichen Gesetzgebung sich damit befaßt, zeigt sich dieser gerade Sinn
oder Sklaven haltenden Staaten geschmackvoller und zierlicher immer mehr. Es gibt bekanntlich keine Staatskirche , und nu»
sevn mag , allein die Eigenheit dcS amerikanischen Charakters in zwey Staaten ist es der Legislatur entweder erlaubt
ganz zn finden ist. Verstand, Religion, Ordnung, Mäßig» oder anbefohlen, eine Auflage zum Untcrbalt der Geistlich
keit und Fveyheit haben dort am tiefsten Wurzel gefaßt. Ver keit (hier der protestantische»), zu erbeben, und man erhebt do«
dienst, Kenntnisse, Reichthum bilde» in Amerika wie ander wirklich eine Kleinigkeit zu diesem Zwecke. In allen übrige»
wärts eine Menge Abstufungen in den bürgerlichen Verhält hat dieser Gebrauch entweder nie bestände«, oder er ist abgo»
nissen, die Klassen scheinen eben so streng gesondert, und die schafft worden , so daß es einem jeden überlassen bleibt hierin
Abstände eben so genau beobachtet zu werben, als in unscrin zu thun, was ihm gut dünkt. I» den meisten Staaten sind
aristokratischen Europa. Der Hauptunterschied liegt in den die-Gcistlichcn mehr oder weniger von bürgerlichen Aeinteru aus
politischen Einrichtungen, aber auch hier meisten« nur in der geschlossen, aber »ur dann, wen» sie wirklich ihr geistliche«
Theorie; jeder Bürger, der sich »ur einigermaßen über den Amt verwalten. Der Kaplan des Kongresses wirb aus allen
Stand des eigentliche» Armen erbebt, ist zu den höchsten Sekten ohne Unterschieb genommen . und eS soll blos Zufall
StaatSäimern, s« wie zum Volksvertreter im Kongresse wähl seun, baß cS bis jczt noch kein Katholik gewesen ist. Doch «ra»
bar , doch fällt die WaM fast imwcr auf Personen auS den hö Cooper selbst zugegen, als ein katholischer Priester vor de», Kon«
bern Ständen. Geschiebt es aber einmal, daß ein gemeiner gresse predigte, obgleich sich vielleicht nicht sechs katholische
Handwerker gewählt wirb , so stcbt er freplich mit dem vor Mitglieder darunter befanden. Da durch Heftigkeit nichts z«
nehmen Kollege» vey alle» öffentliche» Gelegenheiten , sey es gewinnen ist, so lebe« die Geistlichen in der größten Eintracht
im Senat od« auf einem Ball be»m Präsidenten , anf ganz untereinander. Der Verfolgungsgeist, welchen die Amerika»
gleichem Fuße, b. h. der Reiche, der wohl weiß, dag er nur ncr von ihren englischen Vorfahren geerbt hatten , »crschwin«
dann Ebre empfängt, wenn er sie selbst gewährt, läßt den bet sehr schnell , die beschränkenden Gesetze in den ältcrn Staa
Acrmercn sein Ucbergcwicht nicht empfinden ; aber diese öf ten sind schon längst ein todter Buchstabe und werden nactz-
fentliche Gleichheit gibt dein Armen reinen Anspruch auf den cinander, abgeschafft. Selbst in Maryland, einer katholische»
Zutritt in das Haus dcsRcichen, und er denkt nicht daran, ihn Kolonie, hat man vor Kurzem den Juden das Bürgerrecht
nachzusuchen. Im Allgemeinen aber scheint jeder des Grund eingeräumt. — In staatsrechtlicher und statistischer Hinsicht ist
satzes eingedenk zu sevn, dag einer so viel Recht habe als der TooperS Werk »„schätzbar.
andere, und hieraus entspringt ein gegenseitiges Aufmerken
und Nachgeben , was eigentlich die wahre Höflichkeit ist, ob
man gleich oft nicht die Formen derselbe» beobachten mag.
Die Quelle aller Sitten der Amerikaner ist ein gerader, gesun Vehlage: Kunstblatt Nr. os.

Verlag der I. G. Cotta 'scheu Buchhandlung.


190.

M v r g e n b l a t t

f ü r

gebildete Stände.

F r e y t a g, 8. August i 8 2 8.

Durch Zigeunermund unt Tranm


Droht die H^lle mir Stfabre».
Wo sie wriß, baß mau ihr glaubt.
Müllner.

Da« i nnere Gesi ch t. dieses Mannes etwas sehr Drückendes und Unangenehmes
Von Georg Döring. Zch war es, den seine Blicke immer verfolgten und mit
einem Ausdrucke zu betrachten schienen, in dem ArgwoKn,
(Forksksimg.) Mißtraue» und Strenge lagen. Ich kann ihn dir nicht
«?n mein Gemürh senkte sich damals jener Ernst ,^ besser beschreiben, als wenn ich dir sage, daß er Vieles
fnbr Javme fort, ..den ich nachher, selbst wo Freude mir dem Einsiedler Juan Sago gemein batte. Ich hatte
und Heiterkeit in vollkm Maaße herrschten, nie verban mich in der Ahnung, daß ich die besondere Ursache feiner
nen konnte. Die Thränen meiner Mutter rührten mich Anwesenheit fey, nicht geirrt. Als ich wiederum in jener,
ungemein, und ich kam mir «IS ein Kind vor, das auf der Austand verfallen war, der die Besorgnisse meiner Mut
Welt sev, um seinen Eltern Unglück zu dringen. Tie Mut- ter erregte, und im l?lanzmeere unbestimmter Wonnen
ter «der demükte sich mich zu trösten. Ich hatte in mei schwamm, ward ich plötzlich durch eine» furchtbaren Schmerz
nem wunderbaren «chlafe, berichtete sie, daei. künftige Le erweckt. Dieser Schmerz durchschnitt peinigend mein gan
ven so herrlich und reizend geschildert, daß cö sie gar nicht zes Wesen, so daß ich mit einem lauten Wchgcfchrev er
bekümmere, ihren Tod nahe zu wissen. Aber daö mache wachte. Da sah ich den furchtbaren Mönch dicht vor mir
sie traurig, daß sie mich noch als ein Kind zurücklassen stehen, er hatte mich mit den nervigen Armen ergriffen
müsse, mit diesen seltsamen Zufällen, die sicherlich nur und rüttelte mich gewalttbätig hin und her. Dabev sprach
die Folge einer böswilligen Verzauberung sev» könnten. fein Mund mit donnernder Stimme schauerliche Beschwö
Sie hatte deßhalb einen besondern Verdacht auf eine ehe rungen qczen den Höllengcist, der in mir seine Wohnung
malige alte Dienerin des HauscS geworfen, die einer Ver aufgeschlagen habe, er hielt mir ein Kruzifirvor, er be
untreuung wegen bestraft worden und dann entlaufen war. sprengte mich mit Weihwasser. Dieses gewaltsame Her
Einige Tage nach dieser Unterredung erschien ein Mönch ausreißen a»S meinem glücklichen Zustande brachte den
tn unserm Schlosse, den ich früher noch nie bc» uns gese oachthciligsten Sindruck auf mich hervor. Mein Wehege-
hen hatte. CS mar ein langer hagerer Mann mit einer fchrev verstummte, aber ich hatte auch zugleich die Spra
weit vorragenden Adlernase und schwarzen blitzenden Au che verloren. Meine Eltern befiel eine große Angst, und
gen unter der starkknochigen Stirn. Meine Eltern begeg sie fürchteten, ein unrechtes, schädliches Mittel in demBev»
neten lbm mit der größten Ehrerbietung ; die Dienerschaft stände des MönchS zu Hülfe gezogen zu haben. Er wurdt
o«S Hauses betrachtete ihn mit scheuen Blicken und nannte ungeachtet seiner Einwendung, daß er die Beschwörung
ihn deu Teufelsbanner. Für mich hatte die Gegenwart mehrere Male wiederholen müsse, aus der Burg geschafft.
758
Erst einige Tage später, als ich aus einem solchen langen litze hatten die Jahre und die Beschwerden eines kümmer
Schlafe ruhig und gestärkt von selbst erwachte, gewann ich lich gefristeten Lebens tiefe Furchen gezogen. Aber die
das Vermögen der Rede wieder. Meine Mutter war so Augen, die aus diesem verschrumpsten Angesichte blickten,
erfreut darüber, daß sie mich von nu» an ruhig gewähren hatten etwas ungemein Kluges und Verständiges.
ließ. Sie gewöhnte sich an meine Zufälle, sie war von ei Als sie meine Mutter begrüßt hatte, schien ich so
nem verständigen Doktor aus Salamanka versichert wor gleich ihre Aufmerksamkeit zu errege». Vielleicht hatten
den, daß es eine besondere Art der Krankheit der Mond die Diener ihr schon von den wunderlichen Zufällen ge
süchtigen sei) , die sich bev reiferm Alter von selbst verlie sprochen, denen ich unterworfen war. Sie rief mich zu
ren werde. So gingen einige Jahre hin, ohne daß sich sich cm'ö Licht, und ich empfand keinen Widerwillen mich
eine Veränderung ereignet hätte. Nun mit einem Male ihr zu nähern. „Du bist mit gar sonderlichen Gaben auf"
wurde ich durch eine Begebenheit von dieser seltsamen Schlaf die Welt gekommen !" sprach sie, nachdem sie mir lange in
sucht befreyt, die in der That von einigen wunderlichen die Augen gesehen und meine innere Handfläche betrachtet
Umständen begleitet war." hatte. „Dir kann Heil und Unheil daraus erwachsen, je
I a v m e hielt einige Augenblicke inne, um neuen Odem nachdem dir der Gute oder der Böse auf deinen Lcbcnsxfa-
zur Fortsetzung feiner Erzählung zu schöpfen. Noch immer dcn begegnet; dir liegt die unbekannte Vergangenheit und
sang die Nachtigall in dem Wäldchen, das zur Seite deS Gegenwart offen, du vermagst in die Zukunft zu schauen
Weges fortlief. Es war, als ziehe sie mit den Reisenden und sie zu offenbaren, wenn dein wunderbares Stündlein
und klage ihnen in ihrem Liebe irgend ein Leid, das sie kommt. Denn wisse, du bist ausgerüstet mit der Gabe
empfinde. des innern Gesichts. Eine seltene und gefährliche
„Sprich weiter, Jayme!" sagte auffordernd sein Gabe! Wer kann absehen, wohin sie führt, wer kann aus
Freund. „Du weißt, welchen Antheil ich an Allem neh dem Saatkorn berechnen, wie die Pflanze gedeihen wird!"
me, was dich betrifft, und jezt bin ich noch Überbein in Sie machte eine Pause und meine Mutter benuzte diese,
eine Spannung versezt, der jede Zögcrung, wie die Vor um ihr Alles zu erzählen. Sie sah mich mitleidig an ,>nd
enthaltung eines versprochenen, sehr ersehnten Gutes, sprach dann weiter: „Du wirst wenig Freude und wenige
zur Last fällt. Ich wollte, du wärest so redselig wie ein Fremde gewinnen mit dieser wunderbaren Kraft. Den
Marktweib hinter dem Vutterschlauche, das einer ehrli Menschen erfreut das Glück mehr , wenn es ihm unver
chen Bürgersfrau die verdorbene Waare aufhängen will." hofft kommt, und das Unglück, das er nicht voraus ge
„Wir haben gar einen lieblichen Reifegefellschafter an wußt, dünkt ihm minder herb. Von deiner Kindheit
jener Nachtigall," sprach Jayme, der mehr auf diese, und von einem Thcilc deiner Jugend vermag ich das un
als auf die Worte des Freundes gehört hatte. „Es ist heimliche Geschenk zu nehmen; aber wenn die Zeit kommt,
eine wunberherrliche Nacht. Der flammende Glanz der wo das Herz von der mächtigsten Leidenschaft ergriffen
Sterne gemahnt mich wjc meine goldnen Träume, und wird , dann möchte mein Talisman dir nicht mehr nüz,
die Silbcrpracht des Mondes spricht mich so traulich an zcn, bann muß es deinem Stern überlassen bleiben, ob
wie noch nie. Aber ich will mein Versprechen lösen und das innere Gesicht dir miederkehrt, ob es Glück oder
dir weiter erzählen. Es war an einem stürmischen und Unglück dir bereiten wird." Sie gab mir einen einfa
regnerischen Abende, als eine alte Bettlerin an der Pforte chen Ring von einem unbekannten Metall und ermahnte
unseres Schlosses um ein Obdach bat. Sie wurde, wie mich, diesen immer zu tragen. Dann verließ sie, von
das in solchen Fällen bey uns Sitte war, willfährig auf meiner Mutter reich beschenkt, das Zimmer und in der
genommen und sogleich gespeist und verpflegt. Bald kam Frühe des nächsten Morgens auch das Schloß.
die Leibdienerin meiner Mutter mit gcheimnißvoller Miene (Die Fortsetzung folgt.) ,
in das Herrengemach und berichtete auf näheres Befragen,
daß die Neuangekommene eine Ghitanna scy, die schon
dem Dienstgesinde auf die wunderbarste Weise aus den Reiscbildcr aus Rumclicn und dem Balkangcbirge.
Zügen der Hand und des Gesichtes geweissagr, Dinge an
den Tag gebracht habe, welche außer den Einzelnen, die (Beschluß.)
sie betrafen. Niemand wissen könne. Sie schien auch ge Bevor der Reisende das türkische Gebiet verläßt und
heime Kenntnisse von wunderbaren Arzneykräften zu besiz- Mir ihn verlassen, hören wir seine Betrachtungen über den
zen, sie habe der harthörigen Beschließerin ein Amulet an gegenwärtigen Zustand des ottomanischcn Reichs.
gehängt, worauf diese sogleich Erleichterung ihres Uebcls „Ich hatte^nunmehr von Kvnftantinvpcl ausüber drey-
empfunden. Meine Mutter ließ die Frau zu sich kom hundert Meilen ans türkischem Gebiet zurückgelegt. Be
men. Sie schien schon sehr alt zu seyn. Sie schlich ge trachtete ich die Größe des Landes, die Fruchtbarkeit des
bückt an einem Stabe daher und auf ihrem gelblichen Ant Bodens, den Ucberfluß an Vieh, Getreide, die Leichtig-
75?
Kit. diese Hülssguellen auf's Doppelte zu bringen ; sab ich Feuer, Pest und Bürgerkrieg verloren b>'t, durch Unge
die großen Städte Adrianopel, Schumi«, Rustschnck, die mach , das bev andern Städten fast gar nicht in Anschlag
Menge Dörfer im Land? umher; erwog ich, daß eine des kommt. Die Türken sind zwar von Natur gesund und
potische Regierung unumschränkt über alle diese HülsSquel- kräftig , aber ihre Sitten sind der Bevölkerung durchaus
le» gebietet, sie noch Gefallen leiten, nach Belieben ver nicht günstig; ihre sitzende Lebensart, die Polygamie, der
vielfältigen kann , und daß dieß nur ein kleiner TKeil ei« unmäßige Genuß des Opiumö, deS Kaffees, des TabakS
«eS ungeheuer» Reich« ist, das sich über dre? Welttbeile und andere Ausschweifungen, dieß alles bemmt daS WachS-
verbreitet, so dünkte mir, die türkische Macht sex ein schla thuin der Familien, und zwar in solchem Grade, daß die
fender Löwe, der nur aufzuwachen brauche, um seine Geburten gerade bloö den gewöhnlichen Auefall an Tob
Feinde zu vernichten. Sah ich aber anderseits, in wel ten ergänzen, unvorkergesehene Verluste aber nicht z«
chem Zustand dieses schone Land ist, die HülfSquellen decken vermögen. Also wird beständig das Land umher in
vernachlässigt, die Felder brachliegend, verödet, die Städte Anspruch genommen, um die Lücken in der Hauptstadt zu
in Trümmern, die Bevölkerung in Abnahme ; nicht allein füllen, aber dessen ungeachtet gibt eS fast ganz menschen
die Spuren menschlichen Gewerbfleißes , das Leben selbst leere Quartiere. Sezt man voraus, daß diese Ursachen
täglich im Hinschwinden ; sah ich endlich , wie alle Völker im ganzen Reich mehr oder weniger wirken, so wird man
umher in den Künsten der Kultur vorschreiten und allein ohne UebertreibunH behaupten keimen, der Auswand a»
die Türken stehen bleiben und sich von ihren asiatischen Menschenleben sey hier größer, sund babe ei» schlechteres
Stammvätern durch nichts unterscheiden, als durch den Gegengewich:, «IS irgend anderswo. So gehen die Gaben
Mangel an der wilden Kraft, die jene vorwärts trieb: der gütigen Mutter Natur für dieses Volk verloren ; um
da schloß ich, der Löwe schlafe nicht, er ringe mit dem sonst gab sie ihnen ein schönes Land, einen fruchtbaren
Tode , ein Paar gräßliche Zuckungen, und er werde nicht Boden, ein mildeS Klima ; im schönsten Tbeile Europas
wieder aufstehe«." schwindet daS Leben mit jedem Tag dabin, und demMen-
„Was dem Reisenden in der Türke? am meisten auf- schengeschlechte droht Vernichtung unter einem Himmel
fällt, ist die Entvölkerung. Bcp jedem Schritt sieht man und auf einem Boden, wo die allergrößte Bevölkerung
Trümmer stakt Dörfer , Brachen statt bebauten Landes. leben könnte. '
In den großen Städten ist dieser Verfall weniger in die
Sugen springend , wenn gleich die Ursachen desselben hier
noch stärker wirken. Seit zwanzig Jahren hat Konstan- Der Wunderthatcr.
tinoxel über die Hälfte seiner Bevölkerung verloren. In
drey blutigen Aufständen in anderthalb Iahren kamen zwev i?S war ein Mann voll Heiligkeit,
Bon also sel'gem Wesen:
Sultane und gegen Zli.mo Menschen um. Die Pest raffte Wer ihm de» Saum berührt am Kleid.
im Jahr t8!>nach einigen 2»«>,»m>v nach andern z»»,»on Bon Schmerzen mußt' genesen.
Menschen weg ; Thatsache ist eS, daß man zu dieser Zeit Längst ist d,S Mannes LebcnSblut
täglich tausend Leichen zum Thorr Kaxonfi hinausführte. Am Kreuz dahingeflossen;
Der Gärtner der englischen Gesandtschaft erzählte mir, er Durch Erb' und Himmel hat er nun
se» der einzig« noch Lebende von einer Familie von drey- Sich mächtig ausgegossen.
zehn Personen ; er verfiel in Haserev und Bewußtlosigkeit, Durch Himmel und <?rd' im weiten Raum
und» als er wieder zn sich kam, sah er sich allein im Hause Wallt noch sein selig Wesen ;
mir zwölf Leichen. Im Jahr tN2l brach der griechische Wer anrührt seines Kleides Saum,
Aufstand aus; die Bevölkerung des Phanars und einiger Wird noch von Schmerzen genesen.
andern Quartiere belief sich auf 4n,na« Seelen ; Tod und A. Schill.
Flucht haben sie ans die Hälfte herabqedracht. Bev derBcrnich-
tung der Janitscharen im Jahr l»27 fielen, nach einer Schäz- Korr espo » denz-N achrichten.
zunq, bevderseitigzn,»m> Menschen. Rechnet man zu diesen
Zufällen noch die Feuersdrünste, deren während meiner An Senf, Juli.
wesenheit zwev statthatten, die fünfzehntausend Hänser ver Bilden Sie sich >a nicht ein, Sie leiten in Deutschland
zehrten , die Kriege gegen Russen und Griechen, die bestän allein Leute, die da« <Sra« wachsen Oben. Auch wir seken der
dige Aushebungen unter den Janitscharen der Hauptstadt gleichen bev u„S bcrumaevcn mit und oline Haorbtutel. Kaum
nötbig machten, den leisen Gang der Pest, die nie ganz auf hatte der Bare»tl>er Anfang« Juni die große Russin: und ZKr-
renschlacht bey Siliflria verkündct , so trat ein Professor liier
hört, wenn ihr Charakter auch nicht immer so beunruhi« aus. der ein grunbgeleln ler Man» scv» soll, und stieß, ca man
gend ist: so läßt sich behaupten, daß eine europäische nicht« von der Nachricht glauben wellte, frlgenderinoßc» int
Stadt in zwanzig Jahren 2vu,biS Z»u,«a» Menschen durch Horu : Ich kann bezeugr», dag e« mit der Schlecht sei»? Nichs
76a
tigkeit hat, denn seit einigen Tagen kommen eine Menge Vö (V!g!l!,) , mit der ersten Vesper , welcher der Pabst, von sei«
gel hier an, die nur a„ den Ufcrn der Denan zu Hause sind. nein säinmtlichen geistlichen Hofstaate umgeben , in der Peters»
Dergleichen kamen nie zu uns an den Gcnfersee . es ist also kirche beywohnt , und wo daher auch nicht die Sänger dieser
klar, daß sie durch ungeheuren Kanonendonner von den Donau- Kirche, sondern die päbstlichcn Kapcllsänger singe». Die erste
gestaden weggescheucht worden sind. Ich gestehe Ihnen aufrich Vesper wird (bey diese»' Feste sowohl wie be» allen übrigen)
tig, ich danke Gott , daß dergleichen hier gesagt worden ist, so genannt, weil am folgenden oder dem eigentlichen Festtag«
denn wäre die Vvgclentdcckuttg in Deutschland gemacht worden, »och eine zweyte stattfindet. Im Augenblicke, wo der Pabst, um
so hätte ich von Jung und Alt viel auszustehen gehabt, es war die erste Vesper zu besuchen, i» fepcrlicher Prozession und auf
so arg genug wegen der Bareutber Mystifikation. dem Tragsessel sitzend, vom königlichen Saale und die kdnig«
Es ist mir neulich durch Zufall wieder C. A. Fischers liche Treppe herab, auf dem Absage der lcztcrn angelangt
Schrift über Genf und den Genfer See, Berlin j79g, unter war, hielt der Zug an, und die gewöhnliche Protestatio» ge»
die Hände gekommen. Das Buch hat zwar sehr bedeutende gen Neapel, wegen verweigerter Anerkennung der römische»
Mängel und Fehler, aber der Zeitpunkt, in dem es geschrie Oberlehnsberrschaft und Leistung des Tributs, in einem weis
ben ist, macht es anziehend, und es gibt uns Gelegenheit, sen Zelter und sicoentausend Golddukatcn bestehend, begann«
zwischen jener Zeit und der unsvigcn, welche JahrKunderte zu Ich führe diesen Umstand darum a» , weil der Artikel im Kit»
trennen scheinen, und doch nur dreißig JaKre trennen, einige sigen Diario di Roma , i» wclasem vom Petcrstagc gesprochen
Parallelen zu ziehen. Fischer findet, dag die Genfcrinnen eine so wird, diese Protcflation nicht, wie sonst, ausdrücklich erwähnt,
große Kunst Kälten sich geschmackvoll und passend zu kleiden, daß er sondern nur am Ende und ganz im Allgemeinen sagt, gegen
sie seinen deutschenLandsmänninnenzu», Muster vorstellcnzu müs die säumigen Zinspflichrigcn seu wie gewöhnlich verfahren worden.
sen glaubt. Ich kenne nun zwar den Geburtsort des Verfas Ob dicß zufällig oder absichtlich geschehen ist, wage ich nicht
sers nicht ; da er aber von Deutschen redet , so kann man il,m zu entscheiden ; einige wollen aber darin die gemäßigtern Grund
für 1828 zur Beruhigung bemerken, daß sich unsere deutschen särze des neuen Staatssekretärs, Kardinals Bernetti, erkennen.
Frauen in größern Städte» weit geschmackvoller kleiden als In der Vesper habe ich Gelegenheit gehabt > mich in zweye»
die Gcnferinncn, die gerade in dieser Beziehung, ja überhaupt meiner musikalischen Mcynungcn von Neuem z» bestärken.
in aller natürlichen und künstlichen Aeußerlichkcit und gesell Die erste ist, daß Kirchenmusik , im älter« odn Palestrinaschen
schaftlichen Liebenswürdigkeit niclit allein l'inter den Französin Style geschrieben , ihrer Natur nach gar keine Instrumentals
nen , sondern auch hinter ihren Nacbbarinncn. den Damen von begleitung zuläßt , und die zweyte , daß der Gesangsvortrag
Lausanne, weit zurückstehen. Darüber ist Jedermann einver der Kiesigen päl>s>?!chen Kapelle immer noch der vollendetste
standen. Einzelne Ausnahmen bestätigen nur die Regel; Ge ist, welchen sich ein Musikverständiger denke» kann.
schmack haben sie gar nicht. Die xäbstliche Messe nm folgenden, dem eigentlichen Fest»
Der Abschnitt über die Revolution (1792) hätte Zezt tage, fand, wie gewöhnlich, »nter einem Ungeheuern An,
wenigstens noch historisches Interesse, wenn er mit mehr dränge »vn Menschen aus allen Ständen statt , unter denn»
Gründlichkeit und Ruhe geschrieben wäre. Wenn der Verfas aber, wie immer, die Landlcute aus de» umliegende» Orte»
ser zu seiner Zeit sagen konnte: „Genug, mein Freund, in de» größten Theil ausinachte». Denn wer auch unter diesen
Genf ist jezt das große Reich der Kanaille." so muß der wgkr- daS ganze Jahr nicht »ach Rom kömmt, würde sich »»glücklich
beitsliebcndc Beobachter von Genfs politischen Zustand im Jahr fühlen, wen» er nicht am Peterstage der päbstlichcn Messe bepwol,,,,
1,828 rühmen: zwar haben Konstitution und Administration tc, dem heil, Petrus nicht den Fnß küßte, und am Abende nicht de»
ihre Mängel, bemungeachtct bcsizt Europa kein Land, wo Ge Illumination der Kuppel »nd dem Feuerwerke an der Engclsburg
setz und Obrigkeit und Verwaltung im Allgemeinen weiser, zusähe. Wem die ungeheure Größe der Peterskirchc nicht auffällt
besonnener, milder und klüger wären als hier, und wo es sich wann sie leer ist , was in der Regel jedem Fremden begegnet»
darum so leicht atlnnet und lebt. der sie zum ersten Male betritt, der erstaunt, wenn er siebt, da?
Ans dem Abschnitt: Nationalversammlung, eine Nach sie. obgleich überfüllt, noch immer leer ist. Wie dem Blicke,
äffung der Pariser, lernen wir manches Interessante. Sie so geht es auch dem Geköre. Trotz des ungemeinen Geräusches,
war im sogenannten Auditoire neben der St. Peterskirchc. das an diesem Tage darin herrscht, weil ein jeder so laut re
Die H'rrn dclibcrirten vierzehn Tage lang über den Begriff det, als er außer der Kirche zu tkun pflegt. Kört man den»
des Gesetzes. Ben der Strafgesetzgcbung behauptete einer , es noch zum Bcuspicle an jedem, selbst dem entferntesten Orte
müsse doch zwischen Genfer» und Nichtgenfern unterschieben den Gesang der päbstlichcn Sänger so vollkommen, als stände
werden. Bcy jenen müsse das Gesetz nothwcndig gemildert wer man unmittclbar neben ihnen. Ueberbaupt ist diese vortreff
de» , „denn ein Genfer ist be» seiner trefflichen Erziehung, bcy liche Leichtigkeit des Hörens , welche bcy dem Bau der Kirche
der hohen Bildung, die der Staat il»n gibt, bey seinem Zart und ihren unzähligen Hervvrraqungen, Einsprüngen, Nische«,
gefühl für Ehre gegen die kleinste Strafe empfindlich , wäh Kapellen, Kuppeln n. s. w. allen Regeln der Akustik Hob»
rend ein Fremder von alle dem keinen Begriff hat." Es wurde spricht, nebst dem Mangel an allem Echo oder sonstigem Wi
auch im ganze», vollen Ernst dckretirt, „baß die Genfer Repu derhalle, unter den vielen Wunbern, welche sie besizt, nicht
blik — Z^e, O.uad.Lieucs, mit ZZ.Mist Einwohnern — inderjez- das kleinste. Eine andere Eigcnthümlichkcit , obgleich nicht
zigen Krise von Suropa vollkommene Neutralität beobach »nerklärbar, besteht in der Kühle, welche im Sommer (selbst
ten solle." an den Tagen, wo sie überfüllt ist , wie am PererStage) und
(Die Fortsetzung folgt.) in der warme» Temperatur, welche in, Winter darin herrscht ;
cS gibt Fremde, welche be» der schneidenden, kaltcn Luft, wel
Rom, Juli. che hier gegen Ende des JanuarS auf einige Wochen cinzutre,
Das Petersfcst ist biestS ?e>hr mit dem gewöhnlichen tcn pflegt, in die Peterskirchc gehen, blos um sich zu erwärmen.
Pompe und be» besonders günstigem Wetter gcfeyert worden. (Der Beschluß folgt.)
DaS dem Anscheine nach, sehr gesunde Aussehen des heiligen
Vaters hat viele Freude im Publikum erregt. Die Fever
beginnt bekanntlich am 23. Juni, als am Tage vor dem Feste Vcylage: Litcraturblatt. Nr. Si.
, it. >--. ' III , M , 'i:^ »/>(.'«!. kMU«! «
Verlag der I. G. Corca'schen Buchhandlung.
191.

M o r g e n b l a t t

für

gebildete Stände.

Sonnabend, .9. August i 8 2 g.

Die nie gescheut der Waffen schwere Vande,


Scidst «ia>r d«6 Scbroertl . zu ilrrm Tod gezückt,
Sie licgen jezt, voin k>e,Kkn l?l>n„,„br>i„de
ff^st «„sqttbfl. durch eigne Säst erdrückt.
Vkrt>i>rqn,« !Veucr scdleicht dura, alle Röhren
Und scheint ,1e leis' mid leise zu zerstören.
Torquato Tasso.

Di, peruanische Wüste. Streifen nennt, denn die einzige Spur, daß die Wüste
früher bereist worden , ist hier und da ein Haufen Kno
Die Küste von Peru läßt sich als eine Sandwüste von cken von einem gefallenen Lastthiere. <?S ist nichts Unge
«so Seemeilen Länge betrachten, deren Breite, je nach- wöhnliches, daß selbst die erfahrensten Vaguianos oder
den, die AndeS sich bald dem stillen Meere nahern, bald Wegweiser den Weg verfehlen. Dann macht sie die Anqst
sich davon entfernen, sich zwischen l und! 5 Seemeilen hält. bald wahnsinnig , und finden sie nicht zufällig den Pfad,
Ihre Oberfläche ist schr uneben, und scheint ehemals Mee wieder, oder sehen andere Reisende in der Ferne hinzie-
resgrund gewesen zu sevn. Stünde nicht die hohe GebirgS- hen , so find sie unvermeidlich verloren. In der Wüste
kette im Hlntcrgrnnde, vor der alles Andere klein erscheint, verwebt ein einziger Windhauch die Spur eincS Heeres.
so könnte man manche der Sandhügel Berge nennen. Die AlS im Jahr ,»ZZ die Ucberreste der Armee deö Ge
lange Wüste wird von zahlreichen Flüssen und Strömen nerals Alvarado sich zur See von den iniermeai«,
durchschnitten. Die schmalen Landstriche an bevden Ufern nach Lima begaben, scheiterte ein Transportschiff mit ;>,»
sind je nach der Menge des Wassers mehr oder weniger Reitern am Ufer, zwölf Stunden südlich von Pisco und
bevölkert. Während der Regenzeit im Innern oder des 'vierzehn westlich von Je«. Alle wurden gerettet ; aber auf
Schmelzens des Schnees auf den Anden, schwellen die dem Wege nach Disco zu Lande gingen sie sechs-und-drcp:
große» Flüsse an der Küste ungeheuer an , und man kann ßig Stunden in der Irre. Inzwischen hatte man zu Pisco
«lSdan» n»r mittelst einer Balsa darüber kommen, wel von dem Unfall des Schiffes gehört und ein Regiment mit
che ans einem Floß desteht, das auf vier Ochse>ihä:ilcn Wasser ausgeschickt, um die Verunglückten aufzusuchen.
befestigt ist, die wasserdicht zusammengenäht und mir Luft Der Befehlshaber der Gescheiterten, Obrist Lavalle, hatte
gefüllt sind. Einige größere Flüsse erreichen die See, die einen Ordonnanzsoldaten bey sich, der an seiner Seite in
meisten kleinern aber werden zur Wässerung der Felder den meisten Schlachten gefochten nnd einmal mit Gefahr
verbraucht, oder von der Wüste verschlungen, in der es seines eigenen Lebens das Leben seines Obristrn gerettet
niemals regnet, wo man nie einen Vogel oder ein Insekt hatte ; dieser treue Mensch war jc;t so gleichgültig gegen
sieht , und wo noch nie ein GraShalm gewachsen ist. Hier die Gefahr seines Herrn als gegen die Noth seiner Ka
und da sprudelt eine Quelle hervor, welche sich ein Paar meraden. Von Ermüdung überwältigt, fielen die Unglück
Hundert Ellen weiter wieder in den Sand verliert. Kein lichen hier und da auf den brennenden Boden nieder und
Fremder kann ohne einen Wegweiser von Thal zu Thale ^ wühlten wüthend in dem glühenden Sand, um Wasser zu
reisen , wie man sehr uneigenttich die bewohnten schmalen suchen. Endlich entdeckten sie in der Ferne einige Dattel
bäume, an deren Fuß man immer Wasser findet. Ein Das innere Gesicht.
schwaches Freudengeschrey entfuhr den Vordersten. Alle Von Georg Döring.
verdoppelten jezt ihre Schritte ; aber Viele sanken leblos
nieder, ehe sie den ersehnten Ort erreichen konnten. Die, (Fortsetzung.)
welche dahin gelangten, fingen an den Voden aufzuschar «Ich blieb nun in der That befreyt von meinen gold-
ren und fanden Wasser, aber es war kothig und sparsam. nen Träumen," sprach Jayme weiter; «ich wurde jezt
Auch machte eS anfangs das entsetzliche Gedränge Vielen wie andere Knaben meines Alters, ich trieb mich auf dem
unmöglich, den schmachtenden Gaumen zu laben, und nach- .Felde und im Walde umher und du weißt ja am besten,
her hatte keiner den M«h weiter zu gehen. Alle blieben wie es mir dann ergangen, denn du kamst damals zu mir
in stummer Verzweiflung in der Umgebungder freundli als ein lieber Spielgefährte , aus dem mir ein treuer
chen Palmen liegen. Endlich erschienen die von Pisco ab Freund für das ganze Leben geworden ist. Sonderbar,
geschickten Husaren. -Alle fühlten das unbeschreiblichste Ent daß ich den Ring der G Hitanna seit heute Morgen ver
zücken, aber keiner vermochte es auszudrücken, denn sie misse, seit jenem Schlummer am He na res, wo sich
hatten bevnahe alle die Sprache verloren. Dabey verbit zuerst wieder das innere Gesicht mir offenbarte!"
terte die schreckliche Angst, daß die Reiter ihren Weg viel Japme sprach diese lezten Worte nachdenklich und
leicht nicht, auf die Palmen zu nehmen dürften, ihre Freude; sinnend für sich hin. Er schien an sie eine weitere Ge«
aber nicht Einer vermochte es aufzustehen , um ihnen ein dankenrcihe knüpfen zu wollen, allein sein Freund störte
Zeichen zu geben; sie konnten nichts als ihre Augen in ihn hierin, indem er mit ungeduldigem Tone einfiel:
sprachloser Hoffnung auf die Kommenden richten. Doch «Und deine Eltern ? Wie ging cS mit der Prophezei-
sie wurden erlöst; die Reiter fanden sie und gössen ihnen hung, die ihren Tos betraf?"
das labende Getränk in die brennende Kehle, ohne daß sie «Sie starben Bepde an den Tagen, die ich in jenen
selbst darum bitten oder dafür danken konnten. Aber nicht Träumen bestimmt hatte!" antwortete Perdon e und
alle wurden errettet ; die Gebeine von hundert unbegrabe- seine zitternde Stimme verricth das schmerzhafte Gefühl,
nen Leichnamen werden noch künftigen Geschlechtern die das ihm diese Erinnerung verursachte. «Du warst damals
Spur jenes unseligen Marsches zeigen. bey deinem Oheim, in Toledo und ich war ganz meinem
Nichts vermag vielleicht einen deutlicheren Begriff von Schmerze überlassen. Ich stand schon in einem Alter, wo
der Entfernung zwischen einem bewohnten Fleck und dem ich den großen Verlust, den ich erlitten, in seinem ganzen
ander» und der erstaunlichen Unebenheit des dazwischen Umfange ermessen konnte. Was aber am schwersten ans
liegenden Bodens zu geben, als die Sage, daß es zwi mir lastete, war das Bewußtseyn, vielleicht durch meine
schen Atico und Chaparra ein Thal geben soll, welches, unwillkührliche Vorhersagung den Tod der ohnehin schwäch
wie man vermuthet, von Nachkommen der alten Perua lichen Mutter beschleunigt zu haben. Ich klagte mich als
ner bewohnt wird. Ein gewisser Navarro von Chaparra, ihren Mörder an, ich betrachtete diese Weissagung als das
welcher feinen Weg verloren hatte, wollte des Nachts dar erste Unglück , das mir das innere Gesicht zugeführt hatte.
auf gestoßen sevn, Stimmen gehört und Lichter gesehen Erst die Zeit konnte meine Schmerzen lindern, aber nie
haben; aber alle Mühe, die man sich nachher gab, das ganz tilgen. Daher kommt jener Ernst, jene Schwermut!),
selbe wieder zu finden , blieb fruchrlos. Ein anderes un die du oft an mir getadelt. Mit heute aber ist mir ein
bekanntes Thal soll zwischen Chorounga und Majes liege» neues glückliches Leben aufgegangen. Ich trage nun die
und auch einmal zufällig gesehen worden scyn, ohne daß Ueberzeugung in mir, daß ich der lieben Mutter kein Un
man es hatte wieder auffinden können. Welch trefflicher heil, daß ich ihr das Herrlichste verkündigt. Sie selbst
Stoff zu einem Roman für einen künftigen peruanischen hat es mir gesagt im wieder erstandenen goldenen Traume.
Cooper!, Frevlich werden diese Sachen nicht allgemein Aber sie sprach auch noch anders, sie warnte mich vor dem
in der Gegend, wo sie verbreitet sind, geglaubt; dennoch häßlichen Alten, der jenen Himmelsengel begleitet, und
zeigt schon der Gedanke an die Möglichkeit eines solchen dennoch fühle ich mich ihm wunderbar geneigt, obschon ich
Daseyns unter einem Volke, das die kühnsten Strcifcreyen erkenne, daß sein Wesen nicht gemacht ist, um Zutraue«
zur Anfsuchung von Metalladern zu machen pflegt, was einzuflößen."
Peru für ein außerordentliches Land fern müsse, ein Land, «DaS ist wunderliches Zeug !" versezte T e n o r i unl>
in dem 2 alle Werke der Natur in einem gigantischen, sah bedenklich nach seinem Freunde hin, auf dessen Antlitz
schreckhaften und erhabenen Stvl erscheinen. ein leichtes Lächeln schwebte. Dieses Zeichen innerlicher
Zufriedenheit beruhigte Ramiro nicht, denn im Scheine
des Mondes erkannte er, daß Javmcs Züge von einer
Lcichenblässe bedeckt waren. «Wenn mir ein Anderer diese
Dinge erzählt hätte," fuhr er fort, «so würde ich glau
?6Z
den, cr «oll« seinen Spott «it mir treiben und mir Jcan Paul Friedrich Richter an Smariuel.
Mülirchen aufbefren. Du aber bist die Wahrheit selbst,
«nd ich muß wohl meinen Unglauben gefangen gebend Hof, den 7. Mai !79Z.
^ Die Heyden Freunde befände» sich nun schon in einer Mein lieber Emanuel !
debeutenden Entfernung von, königlichen Hoflagcr. Sie Dieses eilige Briefchen tbut nur eine kleine Frag,,
Holren mehrere kleine Abheilungen von Reilercp ein, die außer der, ob Sie die Hundsposttage bekommen haben,
zu dem Heere de« Großmeister«! von «lcantara gehör und diese ist: ob ich eine andere thun darf an Schäfer?
ten und sich durch ihre rokben Kreuze kenntlich machten. Sx wisse», daß eineStubierstube mchtS ist als ein Kauf»
Auch diese Leute befanden sich in einem Zustande künstli laben voll Manuskripten , und daß der Autor darin steht
cher, durch starke Getränke hervorgebrachter Begeisterung; und mit feine» Ladenkunden, den Verlegern, handelt,
allein bep aller Rohbeit, die sie in ihre» Gesprächen an zankt, schreiet und so fort — dazu taugt nun Niemand
den Tag legten, ließen sie doch merken, daß sie gediente, wkniger a!S ich ; zumal da man bcv diesem »lerkantilischen
sriegsrrfabrne Soldaten waren, und sich in dieser Hinsicht Hochamte seine Waare (d. b. am Ende seine Person) vor»
rortheilhaft von dem zerlumpten Haufen des Einsiedlers rühmen muß. Daher bin ich auf der einen Seite allemal
Juan Sago unterschieden. um etliche Hundert Gulden zu kurz gekommen, auf der
andern Hab' ich allemal durch Gelehrte, z. B. bev den
Die Nacht »ar so schon, wie sie unter einem Him Mumien durch den sei. Hosrath Mvriz in Berlin, meine
melsstriche, wo man die Hitze de« TageS zum Reisen merlantilische Wenigkeit und Nichtshcit rexräsentiren las
scheuet und gern vermeidet, nur gewünscht werden konnte. sen. Dießmal michr ichS bep einem kleinen Wersche«
Uiuere Freunde hielten sich nicht lange in der Nähe der nun wieder, und zwar bep dem Baprcuther Buchhändler.
Kriegsmarine? auf, wie große Lust diese auch zu haben Würde es also, Herrn Schäfer nicht kompromiltiren, ei»
schienen, ihre Gesellschaft ihnen aufzudrängen. Don I ar solcher literarischer o »n»,re, zu sepn, und war es
me südlre sich von der Sebnsucht, die in seinem Herzen nicht zu kühn, den jungen, blühenden Sprößling »»serer
lebte, immer vorwärts getrieben auf dem Wege nach Gra Freundschaft schon mir einer rast zu behängen, so würd'
nada. Er glaubte noch immer die Nachtigall zu hören, ich ihm die Bitte und baö Buch schicken ; und an Sie
die wehmiikhig zu ihm rief und in deren Ruf er so viel thu' ich die, mir meine Frage bald aufzulösen. Leben
Aebnlichkcit mit der Stimme des reizenden Wcsenö send, Sie wohl, mein Lieber, und vergeben Sie diese» in der
von rem er alle« Heil seiner Ankunft erwartete. R a m i- Elle und im ArbcitShause gemachten bloS merkautlllschen
r o s Versicherung, daß nirgends eine Nachtigall zuhören Brief
sey, verwirrte ihn nur einen Augenblick. Ihrem Freund
„So habe^ich nicht allein das innere Gesicht, Richter.
sondern auch das innere Gehör," sagte er dann und
nithigte den Zrennd durch sein Bepspiel, den Weg eiliger Genf. Juli.
zu verfolgen. Sine Unruhe , die ihm selbst unerklärlich (Fortsetzung.)
»ar, peinigte ihn. ES war ihm, als müsse er alle Kräfte Hinsichtlich der Siaat«nbgaben wäre Fischer sehr im Irr,
thume , wenn er üt jezt drückend nennen wollte. Wohl beste«
zur schleunigen Reise aufbieten, um irgend etwas Ent bc» ne« die Abgaben vcn Fleisch, Getreide, Salz, Brenn
setzliches von dem Haupte der Geliebten abzuwenden. Sie holz, Wem «. s. w., sie sind aber sckr gering. Gleiche« läi»
ritten jezt im Dunkel eines Waldes, durch dessen Dickicht sich von der Grund - und Personensteuer sagen. Demungeach«
der Mond nur seltene Strahlen herabsandte. Ringöum tct übersteigt jährlich die Einnahme die Ausgabe um mehrere
Tausende ; dabei? sind unsere Schulden in einem Jahr gänzlich
herrschte eine rollkommene Ruhe, die nvr durch das Ge bezahlt , und bann »erden die geringen Abgaben »och vermin«
räusch, das sie selbst verursachten, unterbrochen wurde. dcrt. Schon streitet man sich darüber , was künstig mit dem
Keiner von Beyden sprach. Don Rannro dachte den Ucbcrschuß angefangen werden soll , da man die Anlauf»»« ei«
seltsamen Eröffnungen nach, die er von seinem Freunde er> ne« Schaue« für gefährlich hält. Für alle großen, augerrrdent,
licheu Ausgaben, für Anlage», wolilthätiqe Institute u. s. w.
holten hatte ; dieser wurde von der quälenden Unruhe in soll der Reichtbum de« Lande« in den Geidkafle» der gute»
seinem Innern zu sehr beschäftigt, um eine Unterhaltung Bürger sevn , deren Senf in der neuesten Zeit vielleicht mehr
anzuknüpfen. hat ol« je. Sie sind aber auch reicher al« zu irgend einer Zeit,
und dabc« immer sparsam.
(Die Fortsetzung folgt.) Wenn wir in dein heutigen ruhigen, gesicherten, sittliche»
Zustand von Genf lese», wa« der Verfasser in den Abschnit»
ten Club und Marseillvi« von dem doinalisc» öffentlichen Tre!«
den in der Stadt und von der herrschenden Menschcnart er
zählt, so mcvut mau, «« liege eine lauge Reihe von Geucratio»
764
nen dazwischen, und doch geben noch eincMenge von öcn Män ihre Namensvettern, machen auch sie die ganze Stadt zittern,
nern jezt ganz still und bescheiden Kerum, die damals eine und selbst der Club und die Nationalversammlung und die
große Rolle spielten und es arg trieben. In der heutigen, Komite's, alles l'ängt von tl'rer Laune ab. Sic sindö, die ihre
ganz andern, himmelweit vcrscl » denen Gestaltungen ist es wirklich Wuth gegen die wohlliabcnd.-n , besser gekleideten Bürger durch
recht interessant, sich einige Züge aus dem damaligen Leben die schimpflichste Behandlung auslassen ; sie sind es, die auf Un
zurückzurufen. Dicg ist wer weit anziehender olS in Frank kosten dcö Ganzen die lächerlichsten , indezentesten Aufzüge
reich selbst, wo der Abstand von l?!),', und 1828 lang nicht halten; sie sinds endlich, die niciit nur die bessere Parthev. die
so grog ist, da sich dort weit mcl« Elemente und Formen auö selbst die Kvixzitos schon mehr als einmal zu». Aeußerstcn ge,
jener Zeit erl alten haben , die aber in Genf bis auf die ge trieben habend Von zwcv Monaten zu zwcu Monaten, bev be
ringste Spur verschwunden sind. Der Llub se»lernrl 6es re- sonders trau« ige» oder besonders freudigen Kriegsnachrichte»
,<>>ul>«»a»ire» Lenövoi, hielt seine stürmischen Zusammen: durchlaufen sie die Stadt mit Ochsenziemern. Unter dem Vor-
kknfrc im Tkeatergcbäude an der Portcncuve. Man kann sich wand aristokratischer Gesinnungen kühlt sich dann ihr Privat-
unmöglich da« Interesse und den Eifer denken , mit dem der Haft an allen den Unglücklichen ab, die ihnen, besonders Abends,
Club gehalten und besucht ward. Die Zuschauer, besonders in die Hände fallen. Mehrere Personen sind an diesen MißKanb«
die Weiber, versainmclten sich zwe» bis vre» Stunden vorkcr lunqcn gestorben. Mcuchelmörderisch lauern sie woklgckleidete»
am Eingange , um nur Plätze zu erhalten. Die schönsten angesehenen Männern in den Durchgängen und den Gassen
Spaziergänge waren an Clubtage» leer. Alles eilte dahin ; auf. Umsonst sucht der erschrockene Mann sich durch die Flucht
Reden folgten anf Reden, lauter Philippiken wider Despoten, zu retten. Die großen englischen Hunde, die sie bey sich haben»
Vorselilägc, Anträge, Bemerkungen, Aufforderungen in der holen ihn nur zu bald ein , werfen ihn nieder , und der Bube
possierlichsten Mischung. Ein Schuhflickcr, ein kleines verwach fällt über ihn her und schlägt tapfer auf ihn los , bis die Er
senes Mäunclien, steigt auf die Tribüne, räuspert sich und müdung seines ArmS ibn aufzuhören zwingt. Man spottet
hebt mit einer kreischenden Stimme an: .,Citoncns! ich schlage der Befehle der Komite's, und ihre Schwäche und Nachgiebig
vor, das, zwcy von unö den Souterrain visitirc». Ii'r wisit, keit verderbt alles. Nach der Einnahme von Lvon brach ihre
das, die Aristokraten il'rc Tücken nicdt lassen ; konnten sie also Freude und ihr wüthendcr Haß ärger als jemals «uS. SS war
nicht de» Plan haben uns in die Lust zu sprengen? Darum visi- beS Morgens um nenn Uhr, als in den RueS basseS eine der
tnt'. visitirt! das Vaterland ist in Gefahr!" Man erwählt blutigsten Prügclenen ausbrach. Augenblicklich versammelte»
also zw«, sichere Mannci , llc „„t,rs>lche,> baS Gewölbe, finden sich die KomiteS , zogen , zwcy HuissierS au ihrer Spitze , in
«her natürlich. niebt ei» Körnchen Pulver. Weitläufiger Be ihre» Staatskleidern daher, und baten die Unrubflifter auf
richt; der lobcnswürdiqc Eifer des CilopcnS soll indessen men- das Beweglichste, Friede zu machen. Allein diese kehrten sich
tion lionor^bie erhalte». Lange Debatten über de» Aufent nicht daran , sondern übten denselben Abend noch an mehrere»
halt der Fremden: ob Spione darunter sind, ob sie die Sitten Personen ihre Rache aus.
verderben Kelsen? Eine Pärchen nimmt sich ihrer an, sie bringen (Die Fortsetzung folgt.)
doch Geld in den Staat. Hierauf antwortet ein junger Spring-
lnSfeld : ,.die Spartaner hatten kein Geld; die Tugend ist der
größte Reichthum!" und dergleichen Sächclche» mehr. Nichts
als kindische Nachäffung der Pariser Clubs, wichtige Unter Auflösung des Nä tbselS in Nro. !8Z:
suchungen über Nußschalen, zerbrochene Scheiben, Unsau-
verkeilen aller Art, Sterben fürs Vaterland bey englischem Fluß.
Bier , Verschwörungen aus der Luft gegriffen , Motionen von
TollKäuSlcrn, kurz der ganze SanSkülotiSinns anf die lächer
lichste Art. Jede Versammlung wird durch das Ausstcckcn ei
ner breufache» Fal'ne angcdentet. die, wie die Kokarden, rvrh, R ä t h s e l.
gelb und schwarz ist. Unten ist ein Kaffeehaus, und daS
stanze ein wal'rcS tragikomisches Schauspiel. — Was ist »un Die Dienerin und ihr Herr.
heute statt alle dem und an derselben Stelle zu sehen? Ein hüb Mir ward zn Tbeil ein schönes Loos,
sches Tbcatergebäude. Hier vereinigt sich zu heiterer Freude ein Bin meines Herren Elirenliold ;
gesittetes, gebildete« Volk. Bev allem herrscht Anstand ; Sebön- Auch steh' ich gern in seinem Sold,
beit , Kunst und Geschmack walten überall. In dein eleganten Er mag nun klein seyn, ober grog.
GcscllfeiiaftSsaal haben sogar Männer nur dann Zutritt, wenn
sie in Begleitung von Damen kommen, und allerdings wird Doch Kanbl' ich oft an ihm fo schlecht^
der Ton dadurch sebr rein und gut, und allcS Kasscehausar- Sein blindes Zutrau'n täusch ich oft;
tigc schwindet. Dieß ist nur unten in dem eleganten Saal von Denn selten , was er stets doch hofft.
Papon z» finden. DaS Schicksal der Fremden liegt nicht mehr Bewahr ich sein Gcheimniß recht.
in den Händen roher Menschen. Wenn sich Ausländer anstän
dig ouffübre» und keine gegründete Ursache z» Klagen geben, Mein Fleisch hat festen Wurzelgrunb;
finden sich neben großer Liberalität auch Höflicxkeir und feine Doch oft dem weisen Herrn voraus
Behandlung bey den Behörden. Manche haben der menschlich- Lauf ich ; dann schilt er zwar mich auö'
fühlenden Polizey sogar Rettung vor fremder Verfolgung zu Mit mir, doch freut ihn unser Bund.
verdanken.
Hören wir »un . was Fischer von den Genfer MarscilloiS Ich bin nicht seine rechte Hand,
erzählt. Die lächerlichste chacbZffung hat diese» Namen auch sic Sein Schreiber nicht, sein Dollmctsch nur;
her verpflanzt , und der Auswurf der RcvolutionnärS , eine Doch brächte nicht i ch euch auf die Spur»
Rotte ron höchstens fünfzig bis scchSziq nichtswürdigen Wich Nichts hörte von ihm daS ganze Land.
ten, ohne Arbeit und Brvd, nennt sich MarseilloiS. Wie I. S. M.

Bl'rl,,g der I. G. Co tt «'scheu Buchhandlung.


192.

M o r g e n b l a t t

f s .

gebildete Stände.

Montag, 11. August 1 3 2 8.

Di» du dich mit Ackren kränzest,


Vlond, Lere«, habe Dank!
Wir. und dir die I?.ni>en dlnb».
Ruft» alle: Habt Dank!
Gerstenberg.

Sommeslitder. Nachtet wo ein mattes Herz,


Oeffne sich eS hininiclivärls,
Von Karl Felder. Und dieß Bild als dunkle Kammer
Sxicgl' eS ein in seinen Jammer!
EommerS Anfang.
Frühling, willst du schon ersterben? Srntemnnsch.
Schallt nicht mehr der Minne Werden Durch der Zweige grünes Mitter
Aus der Vögel frohem Lang? Scvau' ich drüben braune Schnitter,
Jbre Stimmen , zärtlich bang, Stillversteckt und unqesehn.
Sorgen um das Nest der Jungen? Schweigend wünsch' ich euch zur Seite:
Holder Leichtsinn ist verklungen? Bleibe, wie kein Hainichen heute.
Ja, dieß sind des Sommers TKaten! So euch keine Sorge steh»!
Meldend stehen schon die Sutten. Erntelied.
Daß do ganz zu leben lernst,
Weckt er dir des Lebens Srnst. Von Lerchen tönt der Himmel,
Folge denn der neuen Führung, Von fleißigem Gewimmel
Folg' i» andachtsvoller Rührung ! Sind alle Felder reg;
Gesänge schallen oben.
In einer Sommernacht. Die Sicheln find gehoben
Wenn nächtlich ferner Donner rollt. Und keine Hand ist trag.
Im Blauen winkt der Sterne Gold, Uns wehrt der Arbeit Ringe»
Dann, Erdensommcr, fülle nur Kür nun emporzusinqen
Mit Duft und Segen die Natur; In frommer Dankbarkeit;
Der Geist belauscht des Himmels Mabnen Ihr Lerchen laßt indessen
Und schwebt in hoher Räume Bahnen. Die Erde mebt vergessen.
Wer Züll' «nd Segen streut.
Sommerbil>. O singt, v jubelt weiter;
Weiße Tauben, Die Arbeit gießt so heiter
Grüne Wiesen, Bev eurem Lied dahin!
Rosenlauben, Selbig in der Mülie munter,
Bachesfließen, Lobsmqr ibr so herunter,
Sommerbild, Srweirct sich der Sinn.
Wie strahlt es mild!
Das innere Gesicht. Helft uns ihnen den GarauS machen , und Alles soll zu
gleichen Theilen zehn !"
Von Georg Döring. Da traf aber schon Javme mit dem Knaufe seines
(Fortsegung.) Schwertes denjenigen, unter dessen Händen sich die ge
liebte Unbekannte wie die Taube gegen den Geyer sträub
Schon war Mitternacht vorüber und ein schwaches Licht te, so gewaltig, daß er besinnungslos zu Boden stürzte.
in Osten verkündigte den Anbruch des Tages. Cr däm Da griff Tenori, den die Ungleichheit des Kampfes
merte nur erst empor, wie eine leise Ahnung in der Brust empörte, die GeLner des knicenden Arabers mit gefällter
des Menschen. Noch war keine Stimme im Walde laut
Lanze fo stürmisch an, daß ein panisches Entsetzen über sie
geworden, noch lag ein heiliger Friede auf der Natur. Da
kam und sie, mitSchclten und Verwünschungen auf die treu-
wurde diese feverliche Ruhe plötzlich durch lautes Waffenge
losen Landsleute ihr Heil in der Flucht suchten und bald
räusch und durch daS Hülfgeschrey einer weiblichen Stim im nahen Gebüsche verschwanden. Da ließen jene, die
me gestört. den häßlichen Alten amBodKN hielten, ohne den Angriff zu
„Meine Nachtigall!" rief Javme in kreischendem erwarten, von ihm ab und folgten ihren flüchtigen Ge
Ton und das entblößte Schwert glänzte in seiner Hand. nossen.
Mit Sturmeseile flog er dem Orte zu , wo der Angstrnf „Weh mir! Wehe dem ganzen Gefchlechte Rüben
und der Waffenklang ertönten. Ramiro blieb an seiner Iephanja!" klagte dieser, indem er mühsam sich auf
Seite. Sie hatten bald eine lichtere Stelle des Waldes raffte, „sie haben mir mein Bestes geraubt, den Rubin,
erreicht, einen offenen Raum , wo sich ihnen ein überra den mir Esther am Hochzeitstage geschenkt!"
schender Anblick bot, der sie zu augenblicklicher, thäriger „Schweig, Jude!" herrschte der Araber, der sich eben
Theilnahme aufforderte. falls wieder vom Boden erhoben hatte, dem Alten zu.
Jener unbekannte Sieger im Ringelrennen lag knieend Sein Blick schweifte mit dem Ausdrucke ungemeiner Kühn
auf der Erde und bot alle- Gewandtheit eines geschickten heit nach der Gegend hin, wo die Flüchtlinge verschwun
Fechters auf, um sich des meuchlerischen Angriffs von vier den waren. Er knirschte mit den Zähnen , er stellte mit
Männern zu »wehren, die mit dem rothen Kreuze bezeich roher Siegcsfreude den Fuß auf den Leichnam jenes Spa
net waren und zugleich auf ihn einstürmten. Die Larve niers, der unter seinen Streichen erlegen war. Ramiro
war von seinem Gesichte gefallen und Jaymes Vermu- wurde durch die Entstellung eines sonst edel gebildeten An
thung, daß er ein Araber sey , wurde zur Gewißheit. Cr gesichtes auf das Unangenehmste berührt.
kämpfte mit verzweifelter Tapferkeit, und bcy dem zuneh Es war der ungestillte Blntdnrst eines Raubthieres,
menden Lichte des Tages konnte man^bemerkcn, daß schon der ans der verzerrten Geberdc sprach , es war das er
aus mehreren Wunden sein Vlut hcrabströmte. Aber auch bitterte Gefühl eines Rachsüchtigen , das nicht befriedigt
seine Gegner waren verwundet. Man sah, daß es ihnen worden, weil das Opfer sich ihm entzogen hatte. „Bring
Mühe kostete einen Kampf fortzusetzen, in dem sie jedoch den Balsam aus Mekka hcrbev!" fuhr er gegen den Al
bev ihrer Uebermacht des Sieges gewiß waren. Im schlimm ten gewandt fort. „Bestreiche meine Wunden. Den elen
sten Falle konnten sie überdcm noch von drey andern unter- den Ring ersehe ich dir hundertfach."
stüzt werdeii, die indessen den bärtigen Alten und die Mit kriechender Gebcrde schlich der Alte , den wir
schöne Vcrschleyerte bedrängten. Die Wuth, in die sich nun unter dem Namen RubenIephanja und als einen
Javme versezt fühlte, als er diefe von rohen Fäusten Anhänger des mosaischen Gesetzes kennen, zu dem jungen
mißhandelt sah, welche sich bemühten, ihr den Schmuck Araber und that nach dessen Befehl.
von Kopf und Gewand zu reißen, ist unbeschreiblich. (Die Fortsetzung folgt.)
„Zurück, ihr elenden Meuchelmörder, wenn euch euer
Leben lieb ist!" schrie er mit halberstickter Stimme. Die
Räuber stnzten und waren überrascht. Diese augenblickli Merkwürdige galvanische Wirkung deö Eisens auf
che Verwirrung unter seinen Gegnern benuzte der kämpfende das Kupfer.
Maure so gut, daß er einen von ihnen zu Boden streckte.
Als aber die Räuber sahen, daß die Herannahenden Lands- Der Galvanismus oder die sogenannte Berührungs-
lcute von ihnen waren, ging ihre Bestürzung bald vor clcktricitöt hatte das Schickjal der meisten großen Entdec
kungen. Er bemächtigte sich der Phantasie der Menschen,
über.
„Cs sind Heiden, Mohamcdaner und Juden!" rief die gigantische Resultate träumte; bald, als diese nicht
einer von ihnen. „Sie sollen getauft werden in ihrem ei erfolgten, wandte sich die Aufmerksamkeit der Menge da
genen Blute und uns tüchtig für die Mühe ihrer Bekeh von ab ; Elcktisirmaschine und galvanischer Apparat stehen
rung zahlen mit ihrem Golde und ihrem Geschmeide! staubbedeckt in den Bibliotheken der Kuriositätenliebhabcr,
76?
«der in der Wcrkstätte des Naturforschers schafft leise und Mttrwasser zu orvdiren , denn wenn man dasselbe in ein
sicher ihre Wunderkraft an Umgestaliung unserer Lbemie anderes Gefäß mit Meerwasser stellte , rostete es sogleich.
nndPKosik, und wahrend sie die Wissenschaft fördert, dringt Diese merkwürdige Erscheinung , daß das Kupfer, auch
sie uns für Industrie und zur Verschönerung des Lebens nachdem die Verbindung zwischen bevden Metalle» aufge
manches Schöne, Nützliche. Au den interessantesten neuen hört bat, fortwährend geschüzt bleibt, rührt demnach wahr
Beobachtungen im Gebiete der galvanischen Elektricltät ge scheinlich daber , daß durch die Wirkung der bevden Mr»
hören die des holländischen Naturforschers Van Beek. talle aufeinander dem Kupfer, wie dem Wasser, Eigenschaf
AuS Gelegenheit von Versuchen zu Verwahrung des Be ten ertheilt worden sind, die nun gegenseiiig auseinander
schlags der Schiffe vor dem Rosten überzeugte er sich, welch wirken. Diese eine Zeit lang fortdauernde Wirkung scheint
mächtigen Einfluß die Berührung verschiedener Metalle die Eleimnte des Kupfers und der Flüssigkeit in eine ge
auf ihre chemischen Eigenfchaslen bat, und zugleich, wie wisse dauernde elektrische Spannung zu versetzen, welche
»enig die alte Lebre von den chciii^chen Verwandtschaften die sonst so rasche Verbindung des Sauerstoffs mit dem
zu Erklärung dieser Erscheinungen hinreicht. Von den Metall durchaus hindert. Die Metalle müssen eine gewisse
häufigen Verglsiungcii der, zu weichen kupferne Gefäße Zeit lang in Verbindung sevn, wenn daS Kupfer nach
Anlaß geben, ist es allgemein bekannt, daß Kupfer in Be Aufhebung derselben geschüzt bleiben soll ; denn bebt man
rührung mit einer fauren «der faljigten Flüssigkeit sehr die Verbindung schon nach weiigen Tagen auf, so wird
schnell roster oder, wie man sagt, Krünspan zieht. Sin daö Kupfer sebr schnell angegriffen.
Kupferblatt, das man in ein Gefäß mit Meerwasser sezt, Diese interessante Beobachiung läßt »nS abnen, wie
rostet bald und daS Wasser wird dunkelgrün. Befestigt sebr noch in Ankunft die Naturforschung die wichtigsten
man an dieses Kupferblau ein kleines Blatt von Eisen, Werkzeuge des GewerbfleißeS, die Metalle, zu seinem
pinn oder Zink, so bleibt eS blank und völlig unversehrt, Dienste modlficiren kann ; sie gibt u»S die Hoffnung, daß
daS Eisen, Zinn und Aink dagegen werden schnell und stark u»ö gelinge» könnte, was uns bisher nur teilweise und
angegriffen. Sin kleines Glimmerblatt, daS man zwischen fcbr unvollständig gelang, manchen Metallen ibre Untu
Eisen und Kupfer bringt, vernichtet die schützende Kraft genden, d. h. ihre Eigenfchaslen, die uns schädlich und
d<S erster« plötzlich, daS Kupfer orvdirt sich. Verbindet hinderlich sind, zu benehmen. Wie schön wäre es z. B.,
nian dagegen Kuxser und Elfen, zwifchen welchen sich ein um bevm Kuxser stehen zu bleiben, wenn Reglerutt>jen
Glimmerblatt befindet, mittelst eines PlatinadrahtS , so ihre Sous , Kreuzer und Kopeken, Schiffbauer den Be
wird das Kupfer wieder vollkommen geschüzt. DaS Eisen schlag ihrer Schiffe, Hausmütter ihre Kuchenschüsscln,
braucht also, um das Kupfer zu schützen, nicht einmal Fabrikanten ihre Branntweinhelme gegen den Grünspan
dasselbe unmittelbar zu berühren. Dieß bewies Van Beek mit Eise» impfen könnten!
noch vollständiger dadurch, daß er ein Kupfer- und ein
Eisenblatt durch einen Platinadraht verband, jedes Metall
in ei» besonderes Gefäß mit Meerwasser fezte und bepde Korresvoudcnj-N achrichten.
Flüssigkeiten durch denezte Baumwolle oder einen Heber Rom, Juli.
(Beschluß.)
in Verbindung fezte. Auch in diesem Fall blieb daS Ku Bn> der unmittelbar auf dir Messe folgenden Segen«
pfer ganz verschont, das Wasser ganz klar, während das sprcchung auf dem äußeren Balkon der Pcterikirche bat wie
Eisen stark rostete. Diesen Apparat ließ Van Beck sieben- der, wie allemal, der unanständige Jubel stattgefunden, den
die Menge an„ebt, wann die Birbaccioni. die ssrd zu d,m
und-vicrzig Zage stehen wie er war; da fiel es il,m ein, Ende unter den Bilks» stellen, an den Säulen der Fasade Iii»»
den Platinadrabt abzuschneiden, und er erwartete nun das ««kletternd, mit ,,».,»:.r inj Handgemenge gerat!,?», uns »o, um
Kupfer, wie cS denn im Meere gleich am ersten Zag an die bevden , vom Balkon l>erabqcworfe»k» Abschritten dc« Se»
gegriffen wird , alSbald rosten zu sehen ; er sab sich indes qcn« in italienischer und lateinischer Lorach' bälgen. Dieser
sen zu seiner Verwunderung getäuscht ; daS Kupfer blieb Skandal, mebr noch aber da« nnanständigk K,-ja„a>>,k des über
den Plag verbreiteten unzählbaren VöbeliiauscnS n>>'6'k auf alle
vollkommen blank, das Wasser rein und klar. Am vier Fremde , die noch durch keine langjährige Gewoimiicit gegen
ten Zag nahm er die verbindende Baumwolle weg ; dieß die Wirkung dieser Sccue abgestumpft lind, den ailerwidri««
äußerte durchaus keinen Einfluß, das Kuxser blieb wie es sie» Eindruck. Dem Uebcl w.irc nur durch dj? Abichaffunq
d,s Gebrauch? dcs Herabwerfens der Kopicn ab>ulkisc» , aivr
war. Man konnte denken, das Meerwasser im Gefäße dieß kann aus b,,n ttruiidc »iclit wel l gescheve» . weil diese
habe durch den in demselben vorgegangenen chemischen Pro Handlung dir SluSivcndung des Srgcno m alle Welt und unter
zeß die Eigenschaft verloren, das Kupser-zu orvdircn; er alle Völker svinbolis« darstelle» soll.
nahm daher etwas davon heraus , legte ein anderes Stück linier den Stücken, wollte lierkömnilicherweist in der
zwevtcn Vesper gesungen z» werden '.'siegen, siel't daS w Rom
Kupfer hinein, und dieses wurde sogleich angegriffen. An für klasüsch gcliUtcne I^»uck»t«, puiri , llvkuinum von Bug-
derseits aber hatte das bisher geschüzte Kupfer durchaus lielmi oben an, ki» Sti'iek. welche?, nebst dksstn in dcr Ebar-
nicht im Allgemeinen die Eigenschaft verloren , sich i,n woche »> der Petcröeirche gesungenen Misercrc fü> dic bcs!>- Kir«
?63
chenkomposition dieses Meisters gehalten wirb. Das Herz keinen Fremden bei' euch habt. Sie insultircn euch, wo unb
jauchzt eine»', vor Freude, dieses Stück, zu welchem Zeder ein wie sie nur können; ein solcher Kerl in feiner schmutzigen Ma-
zelne Säuger Liebe und Achtung mit in die Kirche bringt, trosenjacke, mir verwilderten Haaren, eine Kokarde, eine kleine
und es also guch mit Liebe und Aelitung ausführt, besonders rothc Frcpheilsmüue am Hntc, eine dito im Knopfloche, ei«
wenn unter de» vier Solostimmen der Sopran erträglich ist, »en große» Knüttel in der Hand, seinen Hund neben sich, ein
von l'undcrt römischen Kehlen, von zwei) vortrefflichen Orgeln solcher C«elope sizt auf der Treille. Gehen ein Paar artige
und von sechs eben so vortrefflichen Kontrabässen vortragen zu junge Leute vorbe», so spuckt er ibnen an daS Kleid — Wer
höre». Dieses Jahr war die Wahl deS Lopranistc» auf den Genf am heutigen Tage sieht, muß »lehnen, dag jene scheußs
natürlichen Diskantfänger der Peterskirchc gefalle». Die: liche Zeit vor langen Jahrhunderte» gewesen sev. Wollte sich
ser junge Man», der jrzt scchs:und:zwanzig Jahre alt ist, ei einer, auch der Vornehmste . Menn es hier dergleichen gäbe,
nen Barr und Weib und Kinder hat, ist ein Phänomen, wie eine geringe Mißhandlung in Wort nnd That gegen den Ges
eS die Natur vielleicht nur alle Jahrhunderte, oder auch noch ringsten und Acrmstcn erlauben . so würde ihn so wenig daS
seltener hervorbringt; er singt mit natürlicher, keineswegs Fi? Volk als die Obrigkeit schuhen- »nd aufrecht halten. Ein juns
stclstinimc bis ins zweigestrichene L, ohne daß sich in seine,» ger Menfch aus einer der ehemaligen Patrizicrfamilien gefeilte
Organe, welches überhaupt mcl'r den Klang einer weiblichen sich neulich Abends zu einem armen, aber sehr hübschen Tag-
als Castratenflimme hat, in der Tiefe ein anderes, etwa Alt-, löhncrsmädchen, die aus dem Laden, wo sie diente, nach ih
noch weniger Tenorregister verspüren liesie. rer Wohnung in der Vorstadt Nive gehe» wollte ; er redet sie
Seit vier Wochen erhält sich die Hitze stets zwischen S5 — einige Mal zutraulich an, sie antwortet ihm aber nicht, dar-
27° R., eine Temperatur, welche, da sse bislicr auch von auf faßt er sie leise bcvm Arm, sie aber erwicdcrt ihm kurz:
steter Trockenheit begleitet gewesen ist , in die Länge schädlich Uonsivnr, p»sse« volre ekemin. Er gebt jedoch nicht von
werden muß; besonders unter de» Garten: nnd Weinbergs«: ihr, redet ihr immer zn, erlaubt sich aber weiter keine Unan
bcitcr» werden schon ans dein Grunde allein, weil sie sich mit ständigkeit. Endlich kömmt das Mädchen zu Hause an, und de«
den unreifen Früchte» vom Baume herab den Durst zu stillen junge Mensch wagt nicht ihr in daS Haus nachzugehen. Am
suche», die Fieber nicht anf, sich warten lassen; solche Perso: folgenden Tag erhält er eine Ladung vor die korrcktwnelle Po
ucn jedoch . die eine regelmäßige, nicht zu karge Lebensart süb: lizei). Das Mädchen und ihr Vater hatten gegen ih» geklagt,
ren, haben sich bis jezt fortwährend wohl befunden; ja die er selbst konnte die Sache nicht läugncn, erhielt daher, de«
Hiize scheint sogar den Appetit zu befördern. Wenigstens habe Solm eines Spndiks, einen ernsthaften Verweis, mußte zwey
ich diese Wirkung nicht allein an mir, sondern auch an vielen Tage ins Gefängniß gehen , und dem Mädchen fünfzig Gulden
Personen von meiner Bekanntschaft. Fremde» und Eiuheimi- zahle», die sie, wiewohl selbst arm. und von ihrer Hände Ar
sche». beobachtet. AlleS dicß zerstört, wenigstens in mir. das beit lebend, dem Hospital überließ. Dieß nur als ein kleine«
lächerliche Vorurthcil vrn der ungesunden Luft während der drei? Beweis, daß den uns die Sittlichkeit von großem Werth ist,
beißen Monate immer mehr. Alle Arten von Obst sind, eben und in nieder« Sphären so geachtet wird wie von der Obrig,-
der starken und anhaltenden Hiize wegen, ungemein gut gera: kcit. Alles empört sich gegen den. der ihr entgegen bandelt,
tben, !und in überwiegender Menge vorhanden. Der Wein nnd die Behörden haben Mühe, ihn vor Mißhandlungen zn
gibt in und um Rom die beste Hoffnung. Rechnet man zum schützen. Davon harren wir vor einigen Wochen ein wahrhaft
Genuß des unreifen Obstes — überhaupt liebt der Römer keine schlagendes Bepspiel. In Lancy, einem reizenden Dörfchen,
reife Frucht, von welcher Art sie auch sei, — noch daS unmäßige eine halbe Stunde westlich von der Stadt gelegen, lebte Hen
Wassertlinken, welches natürlich wegen der jezt herrschenden Hitze riette F„ daS schönste Mädchen des Orts. Alle liebte» sse we«
und des hohen Wcinprcises. da der Wein in den lczten zwei? gen ihrer freundlichen GutmütKigkeit und Heiterkeit. Unglück-
Jahren allenthalben mißrathcn ist , noch ärger getrieben wirb lich'rwcise macht sie Bckanntfchafr mit einem jungen Mann
alS sonst, so begreift sich, daß der Gesundheitszustand Roms des Dorfs , der Ihr die HciratK verspricht. Henriette dringt,
auch ohne den Einfluß der geträumtcu »ri« c»llir» für den da sie sich Mutter füblt , bei) Fransvis auf ungesäumte Voll«
Hervst wenig Erfreuliches verspricht. zieliung der Heirath. Er aber verschiebt diese immer auS hun
dert unzureichenden Gründen, und als Henriette ihm erklärt,
Genf, JnN. sie ziehe den Tod der Entehrung vor . lacht er sie auS. Dem
(Fortsetzung.) ungeachtet wird für den folgende» Spätabeub eine Zusammen
,.Den ganzen Sommer 1792 zogen sie jeden Sonntag, kunft im Freycn , nahe den der Arve abgeredet. Fransvis, de«
selbst in der ärgsten Hitze, nach cils Uhr durch die Straße und nur auf Mittel dachte das Mädchen loszuwerden . um ein rei
auf irgend ein benachbartes Dörfchen . wo sie schmaußtcn und cheres zu heirathen, macht eine» alten, liederlichen Kerl deS
um sems Uhr meistens betrunken zurückkäme». Ihre lächerlichen Dorfs betrunken, führt ihn dann an die Stelle der verabredeten
Kleider (MoKre», Türken u. s. w.) , die tobende Musik, ihr Zusammenkunft, und sagt ihm. als er Henrietten durch das Ge,
Geschrei, , ihr Schießen mit Pbllern und Karabinern, die Un: büsche erblickt ; „Siehst du dort das Mädchen? fallen wir über sie
«nständigkcitcn , die Zügellosigkciren aller Art machten diese her . sie ist allein ! ^ Der rohe Mensch läßt sich das nicht zwey«
Tage nicht zu den angenehmsten für die übrige» Mitbür mal sagen, stürzt auf Henrietten zu, die ihn im erste» Augen,
ger. Indessen gaben aus Politik mehrere der hier wohnenden blick und in der Dunkelheit für Fran^ois hält und nicht
Vornehmen, z. B. Saussure, ihre Campagnen zn dieser Feucr- gleich zurückstößt. Diesen Moment bcnuzr der junge Mensch
lichkcit Per. uin hervorzutrcrcn und ihr die schimpflichsten Vorwürfe zu
Einen besonder« Haß hegen sie gegen die Freunde nnd machen. Der üalbtrunkcnc Menfch will auch einige Worre re
Anhänger der Aristokraten , d. h. ihre Bedienten und alle die den. Henriette hört ib» aber nicht an , sondern stößt ihn weit
Personen, die oft mit ihnen »mqchen. Diefc werden durch von sich weg »nd läuft der Arve zu. deren kalte, trübe Wellen sie
den Namen enelue, (angeleimt) bezeichnet , und auf alle Art im nächsten Augenblick schon verschlangen. Am andern Morgen
«nd Weise verfolgt. Sic kommen zn einem in die Häuser und fand mau sie nicht weit davon.,
begehren , ohne dazu bevollmächtigt zu sepn . überall herumge (Die Fortsetzung folgt.)
führt zn werden, und verborget,? Emiqrirtc zn suchen. Sic
überfallen euch des Abends uin zehn Uhr , »m zn sehen, ob ihr Benlage: Kunstblatt Nr. «4.
Verlag der I. G. Eorta'scben Buchhandlung.
M o r g e n b l a t t

, ü r

gebildete Stände.

Dienstag, 12. August 1 8 2 8.

Wie stdcm ist diese Welt, n?ie frisch, lungftäulich l'kli!


D e l a v i g n e.

Skizzen ans Brasilien*). nen, und erwartet hier das Wild, welches , durch einige
Treiber und die Hunde ausgeschencht, die gewohnten Wege
t. Dir Jagd im Sert»o. durch den Wald einschlägt. In den Stunden der Srwar-
Wir befanden uns in dem weite» Gebiete, das dir tung, welche der europäische Jäger an solchen Plätzen zu
Poriuglescn den ^crt»o, die Wüste, nennen, zu Con- bringt, kann er sich den Eindrücken des SkilllebenS in ei
tentaö, daö wir längst zum Standauarlier ansersehen ner brasilianische» Waldung überlassen EeineAugen schwei
hatten, um die Produkte des Scrt»o zu sammeln, im fen an den ungewollten Forme» der Bäume, des Laubes
Hause des «ureigen Pfarrers Sur. Antonio Nogucira Duar- und der Früchte umher, er beobachtet die Neugierde der
te, den sein Elser für Naturgeschichte und seine vielseitigen Affen, welche a» die äußersten Aeste herabkomme,,, um
Kenuinissc zu einem tharig^n Gchülscn in unserer Unter- die fremde Erscheinung zu betrachten, den stillen Krieg
uehmuug und zum angenehmsten Gcsellschafke.r machtc». der Insekten, hie Geschäftigkeit großer Ameisen ; biswei
. Die Umgegend von ConkeiitaS wird mit dem Namen len tönen die Hammerschkage der Spechte ober das Ge>
der e,mxo« z«r»«, ck, «. rklix, bezeichnet ; in diesem hü: krächze der AraraS durch die ruhige Einsamkeit; doch plötz
Seligen Gebiete bieten die CatingaSwalduugen, die Fluren lich wird der Wald lebendig: der Tapir erscheint, von den
mit nuzelnen Zwergdäumen und die sumpfigen Niederun klaffenden Hunden verfolgt, und bricht mit vorgestrecktem
gen dreo verschiedene Arten von Jagd dar. In den Wal Kopfe und geringeltem Schwänze in gerader Linie durch
dungen suchten wir Mit Hülfe einiger Jagdliebhal'kr und das Dickicht, alles vor sich niederwerfend, waS il,m in
ldrer gut abgerichteten Hunde das Hechwild, Schweine, dem Wege fleht. Dcr Lärm ist so groß, daH selbst der
Rehe, ünzeu und, den Tapir auf. Die Jagd ans den lez- geprüfte Jäger scheu hinter den Schutz seines Baumes
teu ist besouderS angenehm , weil sie zugleich gefahrlos ist. tritt, um vo» hie? aus daS Wild in 5als oder Brust zu
Mehrere Jäger stellen sich in den Niederungen dcö Waldes treffen. Die Brasilianer bedienen sich auf dieser Jagd sehr
auf, durch welche die Tapire aus de» benachbarten Sumpf langer Kugclflinten. Kühne Jäger wagen wvhl auch, dem
wiesen zu wechseln pflegen. Sin jeder nimmt sejnen Stand vorüberrennenden Tapir ein breites Messer in die Brust
an einem starken Baume, «m sich, wen» das TPer ge zu stoßen ; dieß ist jedoch immer gefährlich, denn obgleich
rade auf ihn zulaufen sollte,, "dahinter .verbergen, zu, köw daö Thier weder durch Zähne, noch durch Klauen ver,
' ' > .1 c? » , , II'.! , - wuiidet, so rann c« doch durch den gewaltigen Stoß,
') Au« dn« zweyten Theile v«u Spir »Hch, W«rtiu« welchen es Mit seinein Rüssel ausübt, bedeutend verletzen.
Reise nach Bra,N,c„. Müuchc» 1L23. Wir waren so glücklich, an einem Tage zwev alte Tapire
77°
zu erlegen und einen jungen zu fangen, welcher gezähmt geschmückten Stamm, gleich einer Säule, hundert bis hun,
werden sollte. Leztercs geschieht ohne Mühe, und der Ta dert-und-zwanzig Fuß hoch in die Luft. Sie liefert den
pir wird so zahm wie ein anderes Hauskhier. Einwohnern Faden und Bast von der zähen Oberhaut-ihrer
Nicht so angenehm, schwieriger und gefährlicher ist Blätter, ein Dach auf die Hütten von den ganzen Blät
die Jagd auf die Onzen, welche in diesen, an Hornvieh tern, Latten und Sparrwcrk von dem peripherischen Theil
reichen Gegenden ziemlich häusig sind. Man findet, da ihres Stammes, Ruder in dem Blattstiel, einen sehr an
sie weniger, als die Tapire, über feuchte Gegenden zu genehmen , dem Birkensafte ähnlichen und der Weingäh-
wechseln pflegen, und überhaupt viel unsteter umherschwei rung fähigen Trank auö dem im Stamme enthaltenen
fen, ihre Fährten minder leicht" und begegnet ihnen oft Safte, und ein wohlschmeckendes Gericht von dem mit
nur zufällig, wo dann die Gefahr um fo größer ist. Hat Zucker eingemachten Fleische der Beeren, welches unter
man eine Gegend erkundet, in welcher die Onze nach dem Namen Sajetta ein beliebtes Konfekt und ein Han
dem Wasser geht oder die Heerde« bcschleicht, so legt delszweig des Scrt»o von Minas nach der Küste hin ist.
man sich mit den Hunden in Hinterhalt und greift sie an, Dieser vielartige Nutzen hat den edel» Baum in den Au
nachdem diese gepackt haben. Nach dem Schusse pflegt der gen der Scrtanejos gleichsam geheiligt, und es ist in ei
Jäger augenblicklich seinen Stand zu wechseln , weil die nigen Gegenden herkömmlich, daß der Aussteuer eineS
Onze nach dem Rauch springt; ist er nicht so glücklich, Mädchens auch eine gewisse Anzahl solcher Baume bevge-
dem wüthenden Thiere auszuweichen, so wird er mit ei fügt werde.
nem Streiche der Vordcrtatzcn zu Boden geschlagen, wor (Die Fortsetzung folgt.)
auf ihn ine Onze, nachdem sie sich, über ihm stehend, der
Beute versichert hat, eine Weile ruhig betrachtet. Meh
rere Jäger sind in diesem Momente der Todesgefahr durch
die Geistesgegenwart und Geschicklichkeit ihrer Gefährten Daö innere Gesicht.
gerettet worden, welche die Onze auf den Gefallenen er Von Georg Döring.
schossen. Unfcre Versuche, eines dieser Thiere zu erhal
ten, waren vergeblich, um so häufiger fanden wir Schweine (Fortstymig.)
und Coatis. Leztere trieben wir mittelst Rauch aus den Während Rüben Zephanja mit Bestreichung der
Felsenlöchern, worin sie sich verbargen, da eS keine Art Wunden beschäftigt war, fielen die Blicke desjenigen, den
von Hunden gab, welche die Dienste unserer Dachshunde wir wohl als den Gebieter dcS Juden ansehen dürfen, auf
hätten versehen können. DieFlureu durchstreiften wir den jungen spanischen Ritter, der ihm Hülfe gebracht in
zu Pferde und hier erlegten wir das Euendu , eine Art der höchsten Noth. Sogleich veränderte» sich feine Ge
Stachelschwein, welches die Bäume besteigt und sich mit sichtszüge gänzlich. Jene wilde Robheit verschwand und
telst des Wickelschwanzes, wie manche Affen, an den Be an ihre Stelle trat ein angenehmes Lächeln in einem fo
sten festhält, den großen Ameisenfresser, dessen abenteuer raschen Uebergange, daß dieser nur einer vollkommenen
liche Gestalt die Pferde scheu zu machen pflegt, und daö und sehr geübten VersicllungSkunst zugeschrieben werden
Stinkthier, Z»r»>»i»c»oder iu»rit,»c«, welches uns einige konnte. Er ließ langsam, und ohne daß es ein auffallen
Mal durch seine heftig stinkende Crkretion zwang, von des Anschn gewann , den Fuß von dem gefallenen Spanier
der Verfolgung abzustehen. herabglciten und sägte mit einer sehr verbindlichen Nei
In den sumpfigen Niederungen, an stehen gung des Hauptes und in dem gefälligsten Tone:
den Gewässern und schmalen Bächen findet der Naturfor „Such bin ich mein Leben schuldig, edler Don, und
scher minder edle Gegenstände für feine Jagdlust , uäm- Ihr habt über meine ganze Dankbarkeit zu gebieten. Ihr
lich die großen Amphibien, Riesenschlangen und Kaimans. habt den spanischen Namen , den diese Meuchelmörder be
Wie sehr waren wir aber überrascht, als diese Jagd uns fleckt, wieder gereinigt von dem entehrenden Makel. Ihr
in eine der anmuthigsten Gegenden führte, welche wir in sevd eine Blume der Ritterschaft und Euer Waffenbruder,
Brasilien sehen konnten! Wo sich die trockenen Campvs un der meiner Schwester gleichen Dienst geleistet, nicht min«
merklich absenkten , erblickten wir vor uns saftige Wiesen, der. Jezt vermag ich nicht, Such zu lohnen, wie Ihr eö
durch deren Mitte sich ein lichter Wald majestätischer Pal verdient. Doch führt Euer Geschick Euch einst nach Gra
men hin erstreckt. Diese Palmrnwäldcr sind eine eigen- nada, fo nennt nur de'» Namen Almau fors als den
thümliche Zierde des Flußgebietes des Rio de San Fran Eures Gastfreundes in dieser Stadt, nnd man wird Such
cisco und ausgedehnter Landstriche im Innern unter glei zu mir führen, uild mir wird dann das Glück zu Theil,
cher Breite. Die Buriti- oder Brutipalme, wohl eines meinen besten Freund unter nicinem Dache zu besitzen.
der schönsten Produkte der Pflanzenwelt, richtet ihren ein Sagt bas auch Enerm edeln Waffengenossen; er sey mir
fachen, mit einer Krone großer wallender Fächerblättcr willkommen wie Ihr! Vielleicht gibt es dam, die Gunst
7?i
des ?uf«llS, daß ich Such einigermaßen vergelten kau», User des Heu «res. Du bist das Urbild meiner Liebe,
»aS Jdr großmiikdig an mir gekban." nach dem ich mich lange gesehnt. Ich lebe in dir und du
Dem geradsiiiiiigcn Ramiro mißfiel diese plötzliche in mir. Nichts kann nnS trenne»!"
Umwandlung in dem Wesen des Arabers auf daö Aeußcr- Sie sagte dieses wie in halber Schlaftrunkenheit. Sie
ste. Hakte jene thierische Rvhheit schon einen Übeln Ein hatte die Augen nicht ganz geöffnet, sie war in eine»
druck auf ihn gemacht , so wurde dieser durch die sparen glücklicher,, Austand entrückt. Javme konnte nichts er»
ungemeine Freundlichkeit noch um Vieles vermehrt. Er wiedern. Er war der Seligkeit zu voll, um ihr Worte
sah darin nur eine Falschheit, die ihm im tief Innersten leihen zu kennen. Ader seine Blicke wichen nicht von den
zuwider war. Er würde seine Gedanken hierüber in sar- theuern Augen, und waö aus ihnen sprach, war mehr,
kastischen Worten laut gemacht haben , wenn nicht sein als Worte auszudrücken vermöge«.
^Erstaunen noch seinen Unwillen üdertroffen hätte. So war Sine Wolke des Unmuths flog über die Stirne des
denn doch JavmeS Gesicht am HenareS etwaS mehr jungen Arabers, als er jezt, nachdem daS Blut seiner
als ein gewöhnlicher Traum gewesen, so kam eS doch ganz Wunde» gestillt war, zu der Gruppe trat , gleich aber
mit der Wahrheit überein, wenn jene Offenbarung die Wer- zeigte er wieder gegen Perdone dasselbe geschmeidige
schleperte dem Freunde als die Schwester deS jungen Mau und höfische Wesen, wie früher gegen Ten ort. und
ren genannt hakte! Jezt erst fühlte sich Ten ort ge, wiederholte ihm dieselben Versicherungen deS DankeS, die
stimmt, an alle Wunder zu glaub,,'», die ihm Pcrdone er an jenen gerichtet hatte ; der alte Jude stand hinter
entdeckk. Er iah ein, daß diesen nicht dloS die Phantasie ihm und sah mit starren Blicken auf die Jungfrau, die,
mit leeren Trugbildern geneckt habe, daß er in der That wie frisch belebt durch dieses Anstarren, nun ihre volle
jene Wundergabe besitze, die von der Ghitanna mit Besinn»,,» wiederfand, und, die Wangen in ein plötz
der Benennung deS innern GesichtS bezeichnet wor lich eintretendes dunkles Roth getaucht, sich mit sittigcm
den war. Eine gewisse Scheu vor dem Freunde bemäch Anstände aufrichtete. Sie schlug die Augen nicht wieder
tigte sich seiner ; er gelobte sich aber zugleich, ihm fort zu Javme empor. Ss war, «IS scheue sie sich vor der
und fort in jedem UnKcile, daS die verhängnißvolle Eigen- Gegenwart ihres PrudcrS und deS Alten.
schafr veranlassen könne, gekrculich zur Seite zu stehen. Mit fcsterm Schritte, als man nach dem schrecken»»!-,
Jaxmc hakte indessen, zwischen Furcht und Entzücken len Vorgange ihr zutrauen konnte , folgte sie ihren Be»
gerheilc, seine Sorgfalt der Jungfrau gewidmet, die ihm gleitern zu den Pferden, die am Rande deS Bächleins
als der gute Engel seines DaseonS erschienen war. Sie weideten. Auf diesem Gange war sie bemüht, den zerris,
lag ohnmächtig auf dem Wiesengrunde. Ihr Schleper senen Schleper so zu ordnen, daß, wie cS die Sitte des
war zerrissen , ihr Angesicht lag frep und offen vor den Orients erheischte, ihr Antlitz verborgen wurde. Erst alö
Blicken des Liebenden. Da fand er jeden Aug, da fand Jap nie ihr den Ritterdienst leistete und sie auf den zier
er alle Reize, alle Anmuth wieder, die ihm a»S dem lich gebauten Zelter hob , kam ihm die Sprache zurück.
Bilde im goldenen Traume entgegengestrahlr. Aber die (Die Fortsetzung folgt.)
Purpurlixpe» waren bleich, weiße Rosen blühten statt der
zarren rothen auf den Wangen, und die herrlichen Augen
sterne, die beseligend in sein Herz geblickt, waren ge
schloffen. Horresxondenz-Nachrichken.
Sine furchtbare Angst bemächtigte sich seiner. „Wenn
sie tobt wäre," dachte er, „wenn Schreck und Entsetzen Wien, Mai biS Juli.
den zarten Faden ihres Lebens zerrissen hätten?" Aber D>S Unerbbrte ist geschelien. Von fünf Theater» ii>b
ihre Brust hob sich , das Herz schlug noch, eine leise Rothe drev , und darunter selbst bevdc Stadttbearcr geschlossen , und
kehrte auf ihre Wangen zurück. Von tödrlicher Angst zum wir lebe» noch. ZLat lich unsere Schaulust kaum möglich ge<
träumt, ist da ; sie ist auf den Besuch zwever. und noch dazu
Entzücken erhoben, eilte Javme zu einem Bächlein, das Vor stabtbüknen, von welchen die eine, die in der Leopold»
den Wiesengrund durchfloß. Hier schöpfte er mit seinem stadt, ziemlich von der Stadt entfernt ist, beschrankt. Mit
Helme Wasser. Er flog zurück zu der schönen Unbekann dem Hoflbeater nächst der Burg ging dieß ganz natürlich
ten , er benetzte ihr Antlitz und ihre Hände. Da schlug Et ist nur zeilweise, für die Dauer de« Juliu« geschlossen, in
welchem Monate die Schauspieler Zcrie» >>aben , welche sie der
sie die Augen auf, da schwebte ei» mildes Lächeln auf Mctnzabl nach zu Kunsircifcii verwende». Anders aber ist
ihren Augen, und melodisch lispelte sie jene Worte, die eS mit dem Kärnll'iicrlbor- und dem Jostpi'städtcrtKeater. Sie
ihm, als er ihr die Preise im Ringelrennen geboten, sind geschlossen, und w>r liabcn wenig Hoffnung, »e bald wieder
schon die innere Stimme zugeflüstert: „Sev mir gegrüßt, geöffnet zu seben. Barbajai Pacht ging mit dem April zu
Ende , und noch bat sich kein neuer Pachter gefunden. Graf
mein Geliebter! Dich habe ich mir erwählt zur bessern Gallenberg, der bekannte Kompositenr, und Schmidt,
Hälfte meines Selbst, als ich dich schlummernd fand am der cheinaligc Direktor der Brünncr Bü> nc , sieben woiil m
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Unterhandlungen , bic sich aber zu sehr Ins Weite ziehen , um geratlien haben, ganz ruhig in sein Dorf znrnckznkehren, da die
uns die Hoffnung einer baldige» Wiedereröffnung zu geben. von keinem Zeugen bestätigte Aussage eines schlechten, immer
Für jeden Fall wird die italienische ?pcr wer nicht wieder betrunkenen Mensche» nichts gegen ihn vermöge. Ich rathe ihm
gehört werden, und jede neue Eutreprise hat es nur mit der aber nicht zurückzukommen. Die Familienväter und die jungen
deutschen Oper und dem Ballere zu tbu»; damit avcr hört die Bursche im Ort dürften leicht da eintrete», wo die ObrigkeU
Schwierigkeit des UnterucbmcuS nicht ans, da wir an Vor die Hand niederlegt. Das wäre nicht das erste Mal.
zügliches jeder Art gewölmt >md , gute Sänger und Tänzer Mit den bcpdcn Excmprl» aus den jüngste» Tagen will
jedoch sich nicht nur überthcuer bezahlen lassen, sondern gar ich nur die jetzige Macht der Sitte bey unS barwun, und daß
Glicht zu haben sind, wenn ihnen nicht Pensionsversicherun- sich keiner etwas gegen sie erlauben darf. So ist cS auch nicht
gen gemacht werben, auf welche sie bey dem leicht mögli Sitte, daß sich ein Genfer Graf ober Baron nennt, wenn e«
chen Verluste ihrer Stimme oder sonstiger körperlicher Eigen es von einer fremden Macht ist. Zwar hat er nichts von
schaften bedacht seyn müssen. Ein Pächter aber kann für die Marseillois zu fürchten . aber die öffentliche Mcynung ist dafür
geringe Dauer der Dienstleistungen während seiner Pachtzeit desto stärker. Sie veranlaßte vor Kurzem einen hiesigen Grafen,
solche Verpflichtungen nicht cingclicn. Das Josephflädtcr diesen Titel nicht mehr vor seinen Namen zu setzen, sein Wappen
Theater, welche?, wie ich Ahnen in früheren Berichte» ge vom Kutschcnschlag wegnehmen zu lassen, und seinen Bcdicn,
meldet habe. u»ter einer Direktion mit dcm Wicdncr-Tbca- ten die bunten Livreen auszuziehen. Dadurch stieg er aber
rer stand, ist gleichfalls geschlossen. Diesem Theater Häven unendlich in der allgemeinen Achtung und Liebe der Mitbür
seine größere Entfernung von der Stadt, und die in den ger. Sie zeigte sich wahrhaft rührend bey einer Fcuersgcfahr,
Sommermonatcn in dessen Nähe befindlichen Hütten zweier die seinem Haus drohte.
Kunstreiter, Consta« t und Porte, empfindlichen Schade« Werfen wir nn» einen Blick auf baö, was Fischer über
gethan. Die schaubegierige Menge zog cS ror, in diesen ge den Abbo Soulavie, damaligen Kosiäeot öie I« repnKIiqu«
räumigen küble» Orten der Augenlust zu fröbne», welcher t>»«s»i»e
dort viel geboten wird ; Kunstrcircreu, dresfirte Pferde, welche der bekannte«upi-es cie I» Kepudlique cks bene?« sagt: Er ist
Herausgeber mehrerer Memoiren , namentlich d«
nach Befehl ihres Herrn fich auf die Erbe legen, Tücher und rcn des Herzogs von Richelieu, ein Erzjakobiner ; ei» kleiner,
Geldstücke aufbeben, wie Hunde apportircn, kleine Hundcko- hagerer Mann , aber mit einer Physiognomie «oll Geist und
mödicn, Kraftproben, Alles wechselt dort bunt durch einander. ! Leben. Soulavie impvnirt weder durch seincn Anstand, d«
Constant gibt Darstellungen von Jagden, Turnieren,' ziemlich mönchisch ist, noch durch seine guickenbe, schneidend«
Schlachten, KarroussclS und dergleichen. Porte tanzt, wie Stimme, aber er kann
unglaublich die Sache auch scheinen mag, eine Menuette auf dringenden Jndasblick aus seinen Augen einen so hämischen, durch
dem Plafond seines SircuS, während Kopf und Arme zur wird. Der Abbo bat schießen, das, einem dabev angst und bang«
ein kleines, niedliches Weibchen. Sie
Erde hängen. Dieser Tage produzirte sich bev ihm auch eine scheint ihren Manu recht bcrzlich zu lieben, hegt die höchst«
Dem. Hahn aus Norwegen, welche mit den Haaren ein Meynnng von seiner Gelehrsamkeit nnb seinen Verdiensten , ist
vollkommen ausgewachsenes Pferd emporhebt. Damit konnte ziemlich lebhaft, stillt ihre Kinder selbst, und trägt sie» fast
nun das Joscphstädtcr Tbeatcr frculich nicht auf den Kampf unter ihrem Range. Ein leichter, gemeiniglich schmutziger Schlcr»
play treten, und die Pantomime, dasjenige, in welchem sie der von weißem Linnen, ein Strohhütchcn mit einem drenfar«
bisher excellirtc, sieht nur ärmlich dagegen aus, wie lebendig bigcn Naiioualbande,
sich auch Harlekin darin bewege, oder wie mühsam und blöde auf der Brust, das ist das ihr
Wappen der Republik von Messing
ganzer Putz. Wenn sie bey schmuz-
Pierrot auch Gesichter schneide. Zugleich war dieser Bühne zigcm Wetter über die Straße ging,
bic Vereinigung mit der Wicdner nicht gedeihlich; cS waren die Strümpfbändcr aufzuschürzen. Der soEitoucn-Residcnt pflegte sie sich bis an
nicht so viel Talente vorhanden, nm bcydc Bühnen versehen sich noch einfacher, ober, welwcS hier ziemlich cincrley ist. trägt noch
>u können . und durch ihre Tbcilung mußten beyde empfindlich schmutziger; halb abgelaufene Schuhe, unausgekämmte Haare,
leiden. Auch wurde die Wiedner Bühne, als die, von wel einen grobe», vcrschabtcn Tuchrock, schwarze Zeugbeinkleider.
cher man sich einen größeren Nutzen versprach, vielleicht von schmngiqc Wäsche, einen alten runden Hut, bisweilen einen
der Direktion auf Kosten der Jvsepl'stäbtcr begünstigt. Gegen Knotcilstock , >e v«iI»!.Er fäbrt selten aus, uud dann i,i»n«r
wärtig ist ein Unterpacht vom Direktor an de» Schauspieler in einer Mielhkutschc. Seine Residenz ist ein schönes, edles
und Regisseur Fischer im Werke. Immer aber muß bas Pu Gebäude, aber die Thürcn sind mit den Bulletins des Kon«
blikum dabc» gewinnen , wenn vevde Theater nnter verschie vents, mit den neuesten Stücken de« Moniteurs und hnizderk
dene Direktionen gesetzt werden . da der Wetteifer , der bey andern Afsichcu beklebt; der Pförtner ist ein ekrfamer Schuh,
einer gemeinsamen Direktion wegfiel, wieder hergestellt wird, fticker. In dem Vorzimmer des Residenten herrscht die äußer-
, (Die Fortsetzung folgt.) sie Eleganz , gcbolmtcr Fußboden . prächtige PorzcllanaufsZlzc.
vergoldetes Schnitzwcrk an den Wänden, zwe» herrliche Ubren ;
Genf, Juli. in seiner Wolmflube. welche Audienzzinimer. Arbeits Kinder-
flnbe und alles zugleich ist , siebt es dafür desto unordentlicH«
(Fortsetzung.) auk. Schmutzige Vorhänge, zerrissene Tapeten, ein schwarze«
Fußboden, ein elender Tisch von weichem Holze, ein gesprun
Fran?oiS hatte rookl gethan noch in ier Nacht flüchtig zu gener
werben, wozu ilim auch der nüchtern gewordene Kerl ricth. nein Damast Spiegel , ein Alkoven mit Vorbängrn von grobem, grtls
AlS dieser de» ganzen Hergang der Sache angezeigt, und man den alles Klavier ,versehen, ein Bureau, mit Schmutz bedeckt, «in
ein Paar geflickte Scheiben , das ist die Ver
Leichnam des unglücklichen Mädchens gefunden hatte, liefen zierung." , „., '
unaufgefordert, und ebc die Gensdarmen in Bewegung kamen, (Die Fortsetzung folgt.)
Weiber und Männer nach allen Seiten ans, uni den Flücht
ling einzuholen und einzubringen ; Kälten sie ihn gefunden , so _ , .
wäre er vielleicht nicht lebend zurückgekommen, so empört wa
ren alle gegen il,n. Er aber hatte sich schon auf freindes Ge Veplage: Literaturblatt Nr. «5.
biet gerettet. Einer der vielen savoyischcn Rabulisten soll ihm
Verlag der I. G. Cotta 'scheu Buchhandlung.
N«. 195.

o r g e n b l a t t

fn r

gebildete Stände.

Mittwoch, iz. August 1 8 2 8.

Unter Tiefe» und Seen.


In dn Abgründe Sie^.
Ueber Kelsen «,,d Hk>l>en
Sind', Liebe den ZSeg.
Herder.

DaS innere Gesicht. lich«, Aufenthalt gewahrt, um in der lauen Nacht ihren
Von <Zeerg Döring. Weg weiter fortzusein. An dem sanften AbHange . der
sich »,n den Felscngixfxl» in d«s Tbälche» h,rabs<»kt, , ze«
<?o«seyunq.1 gen sie zwischen wild ««chfenden Reben, Mprthen und
.,W« finde ich dich wieder, reizendes Wesen,« flü blühenden Kastanien immer ge» Süd,« hin. Die un
sterte Ja vme, so daß es weder der Araber noch Müden tergehende Sonn, beleuchtet, mit rosigem «la»^ die selt
Sexhanja vernehmen konnte, ..wo leuchtet der Stern, sam geformten Klippen «uf den Bergen, die vor ihnen
der in meine Brust Glück und .Hoffnung bcrniederstrahlt?" lagen. Während die blätterrrich, Olive zierlich zwischen
,.Jm Pallaste Alhambra!" erwicdcrtc leise die Ver- den Reben ««stauchte und ihr Aug, ergizte, bot ihnen dl,
schleperte. herrliche Feige der Sierra und die süß, Damasqumo-
„A d o n a i d c !" rief mit Entzücken I a p m e. Doch citrone stärkend, Labung. Sie kam,« hoher vnd fanden
schon waren die leichten Arabcrrosse hinter dem Waldgcbü- sich nun in ,inem jener lieblichen Wäldchen, di, dn
sche verschwunden, und Niemand hatte seinen Ruf ver Sierra Morrna eigen sind und die verschied,nartig-
nommen, «IS der treue Freund, der »eben ihm stand. sten Lanbfchattirungen im Avcndsonncnstrahl zeigt,». Hier
„Sie war es!" sagte dieser jezt mit sanftem Ernste. rauschte die Lust, die in dieser höhrrn Gegend wehte, durch
..Ich sah sie in Gran «da, «IS ich im vorigen Jahre zum die Zweige des gewürzigen Mastir, dort zitterten die
feierlichen Turniere dort war. Ich habe sie wieder er Blätter des lilienweißen Lotos , dort hauchten dt, füllc-
kannt." reichen Bluthen der GarovaS süße Düfte au». Die Son
„So hat mich auch dicßmal die innere Stimme nicht nenstrahlen spielten «nmuthig mit den Blättern ; indem
getauscht!" rief in heftiger Bewegung Perdone, indem sie schieden, war ,s, als erglänze dasRosnilicht »och nn-
er die Hand seines Freundes leidenschaftlich ergriff ; ..nach mol Keller auf den Wipfeln, dann senkte sich, »j, ,i»
Granada, nach Granada!« plötzlicher Kummer in ein eben noch freudenhewegtes Herz,
der Schatten der Slbeiidoämnicrnng auf sie herab.
Wir finden die zwev Freunde in den Bergen von
Guadalcanal, einem Zweige der weiten Sierra Wik der Sonne «vendftrahle»
Morena, wieder. Sie hatten am Abende ein reizendes <Sl«i,e» Jsabella« Blicke.
Tbal verlassen, daS, wie eine Oase in der Wüste, ihnen Und die Ztvren daxin m«lni
in dieser rauhen Gebirgsgegend Erquickung und einen fried Ihrer Liebe Mißgeschicke.
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Thau, von Blumen ausgesogen lang fortgczogen, als sie eine jener Ebenen erreichten,
Bey de« Sonnenstrahles Scheiden: deren sich viele auf den Gebirgen der Sierra Moren«
So dem Auge angeflogen finden.
Thräne zeigt ein tiefes Leiden. Der oft von Gewölk verhüllte Mond zeigte in seinen
lichten Zwischenräumen einen öden Grund, der durch keine
Aber nichts ist zu vergleichen
Ihres Freundes bittcrn Schmerzen, Abwechslung das Auge erfreute. Ein Sturm hatte sich
Stummscyn ist baS öde Zeiche» erhoben und heulte über die Fläche hin. Bald trieb er
Von Cor ins gebrochnem Herze». das Gewölk dichter zusammen , Blitze leuchteten durch die
Nacht, das Gebirg gab in schaurigem Wiederhalle das Rol
„Lebe wohl, wir sehn uns wieder!" len des Donners zurück. Die Wolkendecke öffnete sich mir
Also scheidet I so belle. einem Male, und Ströme von Regen ergossen sich über
Vor dem Liebsten schwindet nieder chie Reisenden, die in dieser Einsamkeit kein schützendes
Sonnenlicht und Liebeshellc. Obdach zu finden hoffen durften.
Doch er schweigt! Mit jedem Tage Da schwieg Don Ramiroö Gesang, da mußten die
Sieht er neu die Sonne scheinen. jungen Männer von ihren Pferden steigen und sie führen,
Mit den Augen, die nur Nagen, die von der ungewöhnlichen Erscheinung der in dieser Höhe
Aber keine Thräne weinen. niederfallenden Blitze geblendet und zu wilden Bewegun
gen gereizt wurden. So hell es nun auch durch das fast
„Sonne, du bist treu geblieben. immer dauernde Leuchten der Blitze um sie war, so konn
Ob ich trübe dich nur sehe! ten sie doch nichts auf der weiten Ebene wahrnehmen, als
Anders ist's mit meiner Lieben,
weißes Steingeröll, das die Beschwerden ihrer Wande
Denn sie meidet meine NZHe !"
rung vermehrte.
Ach , es kehrt noch oft die Sonne „Ich fürchte sehr," hob endlich in nnmuthigem Tone
Wieder zu dem Gramgcneigten; Tenori an, „auf diesem Wege kommen wir nimmer
Aber Liebe, Glück und Wonne zum Pallaste Alhambra. Ich wandere wohl gern und
Sich ihm nimmer wiederzcigten! getreulich mit dir, aber in diesem Unwetter kann ich mich
Die vom Himmel nieberschauen. des Unmutvcs nicht erwehren, besonders wenn ich bedenke,
Sonn' und Sterne lieben Treue, daß deine bezaubernde Schöne doch nur eine Ungläubige
Aber nicht die schonen Frauen, ist, die einem guten Christen ein Gräuel seyn soll und als
> Und der Liebe folgt die Reue." eine gute Ungläubige auch vor dir einen Abscheu haben
muß."
So sang Don Ramiro, indem er mit seinem träumeri „Sie eine Ungläubige?" erwiederte feurig Javme.
schen Freunde durch jcneö Wäldchen zog , dessen Ende mit „Mevnst du , sie könne mir. im Herzen wohnen und von
dem Schlüsse seiner Romanze erreicht war. An dem däm- dort aus mein ganzes Wesen mit unendlicher Seligkeit er
mernden Himmel zeigten sich einzelne dunkle Wolken und füllen, wem, nicht auch ihr das wahre Heil offenbar wäre ?
das frische Lüftchen , das sie in den Niedern Gegenden er Harre nur, Ramiro! seltsame Wunder muß die nächste
quickt hatte, ging bey ihrem Eintritt in das eigentliche Zukunft bringen , das sehe ich im Geiste, obschon ich sie
Berggebiet in einen rauhen Wind über. Die Reize der nicht deutlich erkenne. Aber müssen nicht die Wunder,
südlichen Vegetation waren hinter ihnen zurückgeblieben. die wir schon erlebt, uns wieder neue erwarten lassen?
Sie geriethen in ein Labrrinth von nackten Felsenschluch Mögen die Stürme wüthcn, mögen die Elemente u»S
ten, wo sie bald keinen gebahnten Weg mehr fanden und Hindernisse entgegen stellen, wir überwinden sie alle. Eins
dem Zufalle die Lenkung ihrer Reise überlassen mußten. steht fest in meiner Seele, und das ist meine Liebe, de
Bergstrome rauschten tosend an der einen Seite des We ren Gebot ich folgen muß nun und immerdar!"
ges im tiefen Abgrunde hin , an der andern erhoben sich „Es hieße Oelbüume in diesem Felsengrunde erziehen
steile Klippen Himmclan, die weit überragten und die wollen, wenn ich dir noch widerspräche !" versezte, ohne sei
Schlucht mit Dunkel bedeckten. Nur mit der äußersten nen Verdruß zu verbergen, Ramiro.
Vorsicht konnten die Freunde einige sehr gefährliche Stel Er redete auch nun nicht weiter, sondern schritt rasch
len zurücklegen. Aber das störte weder Don Javme in über Steine und Ungleichheiten des FelscngruudeS schwei
seinen beseligenden Gedanken an die Geliebte, noch Don gend neben dem Freunde hin.
Ramiro in den Gesänge», die ihm in der reichhaltige» (Die Fortsetzung folgt.)
Quelle seines Gedächtnisses zu Gebote standen.
So waren sie sinnend und singend einige Stunden
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Skizzen aus Brasilien. aus zahlreichen Nachkommenschast segnet. Die Fruchtbar
(Fortsetzung.) keit der grauen ist hier unglaublich groß, und die ?u»
S« reizend auch die Burripalmc die Landschaft macht, nähme der Bevölkerung in dieser Gegend gehört unter die
in «elcher sie zu lichten Wäldern bcviammen sieht, so ge wundervollsten Erscheinungen. Nach den Versicherungen
fährlich ist eö, sich den tiefsten Punkten dieser Gegenden unseres kenntnißreichen WirtheS hatte die Gegend u»
zu nähern, denn sie sind der Wohnort jener Riesenscklan- ContendaS vor vierzig Jahren nur drey Zrauen «nszuwet»
gen, welche nach der Versicherung deö Senhor Du arte srn, und gegenwärtg soll der Landstrich zwischen dem Rio
bisweilen eine so ungeheure Größe erreichen, daß sie, im Werde «rande und dem Rio de L. Francisco fast zehntau
Grase ruhig liegend , auf den ersten Blick miteinem um- send Einwohner zählen, wovon viertausend von Zeit zu
gestürzten Stamme der Palme verwechselt «erden können. Seit nach Lontendas zur Kirche konimen können, die übri
Die Riesenschlange, die nicht durch Gift, sondern durch gen aber entfernter angesiedelt sind. Sine Zrau vv»
ihre große Stärke gefährlich ist, stüzt sich bepm Angriffe ^ontendaö von einigen fünfzig Jahren zählt zwephnndert
durch einige Windungen des Schwanzes an einen Baum und vier lebendige Abkömmlinge, eine andere, welche schon
oder Felsen und wirft sich in einem weiten Sprunge auf siedeozig Jahre alt einen gleich alten Mann hetratbete,
die Beute, der sie durch mehrfache Umschlingen die Kno» gebar ihm Drillinge, die alle noch leben. <?s ist keine
chen zerbricht, devor sie sie durch einen eigenthümlichen Seltenheit, eine Mutter von acht bis zehn Kindern zu
Akt deS SangenS langsam vcr,'chlm,k. Im Hunger fallen sehen, welche erst zvanzig Jahre alt ist. Man hat kau«
die alten Schlangen wohl Reiter und Roß oder einen Ach ein Bevspicl von einer unglücklichen Geburt. Awar ver
sen an, den sie bis auf die Herner, welche sie abfaulen blühen die Weiber schnell, und ihre feinen, lebendigen Aüg«
lassen, ganz hinabfchlingen. Auch Riesenschlangen von verändern sich bald bep der häufigen und durch warme
geringerer Größe vermögen unglaublich große Massen zu Bäder vermehrten Disposition zum Zettwerden, aber erst
verschlingen ; so wurde unS von mehreren Sertanejos er- spät verlieren sie ihre Lebenskraft und die dem a»dern Ge»
zählt, daß sie im Magen einer, etwa vierzig Fuß langen schlechte eigenthümliche organische Thätigkeit.
Schlange ein Reh und zwep wilde Schweine gefunden Unter den Männern findet mau riesige Gestalten und
hätten. Daß die Riesenschlange die Beute zuerst mit Gei starke, gewandte Greise, welche allen Humor der Männer-
fer überziehe/ist seine Zabel. Wir hatten öslerS Gelegen jähre erhalten haben. Die Sterblichkeit ist so gering, daß
jährlich nur drey diö vier Personen sterben, während sieb,
heit, solch, Schlangen zu sehen, welche sich am Ufer der
Teiche, gleich einem Ankerkau zusammengerollt, fonntcn : zig bis achtzig geboren «erden. Da jeder Familienvater
doch glückte es nicht, ein größeres derselben zu erlegen, in seinen Kindern Sehülfen für seiue Arbeiten erzieht,
fo ist der Kindersegen nicht, wie in unsern civilisirten
da sie bev unserer Annäherung mit Blitzesschnelle in das
Ländern, ein Gegenstand der Noth und Klage, sondern
Wasser Hinabschossen. Die Jagd auf dieselben ist nicht ge der Stolz der Eltern. Diese Verhältnisse dürften die Re
fährlich, weil sie dumme, träge und furchtsame Thiere gierung bestimmen, den Sertio von Eontendas zu ei
sind, und nach Verwundungen , wahrscheinlich wenn diese ner Pflanzschule von Menschen zu benutzen. Das Land be
das Rückenmark verletzen, alsbald starr und bewegungs
lohnt überdieß den Fleiß des Feldbaues reichlich, nament
los werden. Am sichersten bekriegt man sie, wenn sie
lich gedeiht der Mais vortrefflich. Nicht ohne Grund be
nach verschluckter Beute niedrere Wochen lang unbehülflich
haupte« die Sertanejos, baß der Kalkboden ihres Landes
daliegen. <?s ist übrigens nichts Seltenes, daß die Ser
sehr geeignet fiir den Weinbau sex, denn die Trauben rei
tanejos ein solches Unthier, wenn eö im Wasser zu ent
fliehe» sucht, schwimmend verfolgen, in der Nähe deS Ko fen hier jährlich zwevmal, im Julius und November.
pfes umklammern und mit einem langen Messer tödten. Auch alle andern Früchte, wie die Orangen, die Pinha,
DaS Zleifch ist ungenießbar; das Fett wird gegen manche die Jaca, die Melonen nnd Wassermelonen gedeihen ganz
Krankheiten, namentlich gegen Schwindsüchten und zu er vortrefflich. Ohne Zweifel wirkt hierauf das trockene , be
ständige Klima des Sertio eben fo fehr, «IS der frucht
weichenden Salben gebraucht. Die Haut, welche mit zier bare Kalkboden. Die deyden Jahreszeiten der trockenen und
lichen rhomboidalischen Schuppen bedeckt ist, wird gegerbt nassen Monate finden sich mit großer Regelmäßigkeit ein.
und zu stattlichen Satteldecken verarbeitet. (Die Fortsetzung folgt.)
z. Die Sertanejos.
Wenn die Natur den Bewohner des Scrl»o mit Korrespondenz-Nachrichten.
mancherlev Feinden, von der Riesenschlange an bis zu der Senf, Juli.
(Fortsetzung.?
Ameise, umgeben hat, so scheint sie ihn dadurch zu ent Nun gehe man einmal Nachmittags zum Residenten, wenn
schädigen, daß sie ihm die Bedürfnisse eines einfachen Le Alles vrll Ist. Da siyt die Citoyenne-Restdente und stillt ibr
vens mit Frcvgebigkeit darreicht, und ihn mit einer über Kind, ohne sich nur im Sennzsie» zu genieen ; »eben ihr stehe»
7?6
zwey Sanskulotten-^fsizicre und pfeife» dem Kinde vor ; dort im Mauern zu vn-weisen. Im Beginn der Revolution wurde
Fcostec disputiren orey andere zusammen, in einein andern seine Büste mit Fluch und Spott zertrümmert. Am 2«. Inn.
Winkel gicbl's eine geheime Unterredung. Hier lacht, dort 47U6war aber ein großes Volksfest, bey dem unter Sang und
singt einer, der spaziert Kerum, jener ist eingeschlafen, der Klang, mit Blumen und Gedichten, Rousseaus Büste fast »er«
trommelt auf dem Tisch , der spielt auf dem Klavier , der ru- göttcrt und nach dem kleine» Haus getragen wurde, das jenseits
mort mit dein Säbel herum , ein «»derer zwickt de» Hund, der Rhone in der Ku« ^K«v«Iu« lag, die nun kue^«»« ^»que»
der füttert den Kanarienvogel und der licSt die Zeitungen ; K«usse»u genannt wurde. Unter neuen Festlichkeiten «nb Ge
mitten darunter fleht der Citopcn- Resident im Schlafrock, sängen befestigten sie über die Thüre des Hauses die goldene
perorirt und gibt Befehle; das schreyt und lärmt und alle ha Inschrift auf marmorner Tafel: ^c! «5l »«' ^. ^1. Koukle»»,
ben die Hüte auf. Ucbrigcns ist der Citoyen ein Enrage, 17 is, ,S. ^uin. Mt dem RcvoluNonssinn legte sich auch
»ält die wüthendstcn Reden, läßt die Kapelle i» der Residenz der gemachte und auf Stelzen gehende Enthusiasmus. Auf ei
zerstören und auf de» Altar die rothe Mütze pflanzen, hilft nen vor zwc» Jahren bey der Staatsbehörde gemachten An
den »rbr« ck« lr«ternite mit setzen und läßt seine Frau mit trag, Rousseau ein öffentliches Denkmal zu errichten, ant
den Sanskulotten iin Kreise herumspringen. Bald solle» zw!".' wortete diese sehr richtig: „In Republiken schicken sich keine
Reiter mit schwarzen Kokarden durch die Stadt passirr scpn. Denkmale. Der Verdienteste lebe in dem Andenken und in dem
bald hält sich ein französischer Prinz als Bedienter hier auf, Dank seiner Mitbürger. Uebcrdicß habe die Republik keinem
in alle» Kaminen, in alle» Feueressen, in alle» Kisten und der Männer ein öffentliches Denkmal scsczt, die sich um ihr
Kellern stecke» Aristokraten ; das ist ein ewiges Visitiren und Vaterland verdienter gemacht hätte» als Rousseau. " Voriges
Jiiqnirire» ; kurz , der Resident behandelt Genf ärger als eine Jahr kaufte ein Genfer jenes kleine Haus des Liio^en rle Oe»
französische Mnnizipalstadt. »eve , riß es mit den, daran stoßenden nieder, und baute ei»
In dem schönen HauS, wo dieser Resident vor bvepßig neues und großes ans. Wen» der Spaziergang auf der II» üe»
Fahren mit den Seiuigen sein Wesen trieb und wo später die li«>-,zu<!s zu Stande kömmt, so errichtet man dem berühmten
französische Präfektur war, wohnt jezt nur die Wissenschaft Senser vielleicht eine Büste wie im Pflanzengarten, wo sse
niit ihren Schätze». Die von eckclhaftcm Franzoscnthm» wies mit den übrige» ganz an ihrer Stelle ist.
- derhattcndc» Säle sind nun Hörsäle für philosophische und na- (Der Beschluß folgt.)
turhistorischc Vorlesungen. Hier hören wir unsern Dccanbclle,
de la Nivc, C!wisu und andere. An der Stelle der Madame Wien, Mai bis Juli.
Soulavie , mit messingenem Schild vor der Brust , wandeln (Fortsetzung.)
hier wohlgeklcidcte , siltige Frauen auS und ein , die den Vors Die bcuben dermalen eröffneten Bühnen an der Wien
lemngcn bepwohncn. Oben ist das geräumige Lokal der 8s- und in der Lcvpolbstadt stehen auf schwache» Füßen. Lbschon das
ciet« äe lectur« mit ihren Lese? und Kottvcrsations s Säle» , Publikum auf ihren Besuch beschränkt ist , werden sie doch nur
Bibliotbek n. s.w. Alles ist hier besonnen, still und würdig, jchwach besucht. Bryde fel'len darin, daß sse zn wenig Reue?
und wenn ja einmal ein Schrey laut wird , so ist'S von dem liefern. Das WicdncrtKcater hat ssch durch Darstellung schleck,«
schönen weißen Arral, mit großem gelbem Fcd^dusch, der im tcr Bearbeitungen alter, nnbcdeutcnder Stücke ziemlich um
Hofe oder auf dem Balkon des Museums zu Haus ist. den Kredit gebracht; das LcoP0ldstädter Theater gibt immer
Fischer ist ein großer Bewunderer des gesellschaftlichen nur „Sylphide," und das „Mädchen aus der Feen-
Tons in Genf. Dazu ist ihm Glück zu wünschen, denn er welt", welches bereits seine Jubcldarstellung erlebt hat. Vor
muß in dieser Beziehung angenehmere Erfahrungen gemacht einiger Zeit wurde es nämlich zum hundertsten Male gegeben,
haben, als die meisten Fremde», die darin alle übereinstim ein Fall, der in der heutigen deutschen Tbeatcrgeschichte zieme
men , daß die Gesellschaft be» uns sehr kühl , gemessen und lich selten ist. Zugleich trifft diese Bühne der Unfall, daß der
trocken ist. Dqmit find selbst alle Genfer einverstanden , die beliebte Lokalschauspieler K orn tl> euer ^bedeutend krank ist.
länger im Ausland gelebt haben, und eS ist unangenehm auf: Dem. KroKcS aber, mit deren Gesundheit es gleichfalls be
fallend, wenn man von Frankreich, Savoyen oder aus dem denklich aussieht, und der Direktor Raimund in den Ferien
Waadtland kömmt. sind. Vor einiger Zeit wurde dessen „gefesselte Phans
Nichts ist wunderbarer als Nousseau's Schicksal in seiner ta sie" wieder neu in die Scene gesezt, und erhält sich fort
Vaterstadt Genf. Wohl ward er da geboren , es war aber während in der Gunst des Publikums ; außerdem hat nur eine
nichts Genfcrischcs an ihm, weder im Guten nocb im Bösen, Pantomime ; vom Pantomimcnmeistcr Rainold!: „die
und seine entscheidende' Erziehung , die den Menschen erst zu Fahrt nach dem Nordpole,-' Glück gemacht. Bäucrle
dem m^cht. waK er im reifen, besonnenen Alter ist, diese Er gab zu der ihm jährlich bewilligten Einnahme ein von ihm ver
ziehung erhielt Rousseau auch nicht in Genf, sondern in Frank- fertigte« Lustspiel: „Alles ä i, «irose." welches bey
rcich. I» dieser Hcterogcnität mit dem Denken . Fühlen und der ersten Vorstellung auf eine fast bcvspicllose Weise ausge-
Treiben seiner Vaterstadt suche ich auch den Grund der wider- pocht wurde, bev der zweuten qenel. seither aber nicht mehr
svrechendcn Art , wie man im Leben und Tod mit ihn, »er- wiederholt wurde. Das, ohne Rücksicht auf den Werth oder
fiwr und wie die Tremvley. Sencbier und Prcvvst gegen ik» Unwertb dc? Stückes die Aufnahme desselben am ersten Abend
sprachen. Wie konnte den immer gleichen, rechtliche», arbeit in einer Gehässigkeit geqek den Autor ihren Grund hatte und
samen, rechnenden, fpckulircnden Leuten , denen aber Wohl- vorbedacht war , geht iklax, darans hervor , daß der Lärm m i t
tkun und die Sorge für ihre Kinder über Alle« geiit, wie der dritten Scene anfing, und dergestalt bis zum Ende
konnte diesen der glühend dichterische, aber excentrischc und lau- währte, daß Niemand im Stande war, den Zusammenhang
neueste Ronsscan recht zusagen, der seine Kinder ins Fin- bcS Ganzen auch nur zu erratkc». Es ist kein Meisterwerk,
delwus schickte, statt sse zu erziehe»? Es läßt sich sonttenilar aber dabey doch ein recht verständig gearbeitetes Stück , nicht
, nawvveisc» , da? er ihnen nie belogt hat , und dag sie sich zu ohne Wirz , und verfolgt die löbliche Tendenz, die Tnorbett
gewi„en Zeiten nur darum seiner annahmen, um ihrer Eitel der Zeit, die NachahmmigZsucht, lächerlich zu machen. Da der
keit durch die Landsmannschaft mit einem Manne z» schmei Verfasser der Mode zu Leibe ging , hatte er frcylich schon des
cheln, der zu seiner Zeit einen viel zu großen Ruf in Europa halb eine» schweren Stand.
hatte. So begann denn Genf damit, Ronsscau aus seinen (Die Fortsetzung folgt.)
Verlag der I. G. Cotta 'scheu Buchhandlung.
Morgenblatt

für

gebildete Stände.

Donnerstag, 14. August 1 8 2 8.

- Mir Wtlmiuth Ktl>t dn Blick


Vcr »Itrn «cydnvcii immer schöne äreimmir.
V. Hugo.

Der Grieche aus Albanien. gewachsen , von starkem , männlichem Bau ; seine Hand ist
schön, kräftig, seine Stimme trotz des Nasenlauts wohl
Wir sahen schon g«r manche Kriechen der uns , ab tonend; sie geht öfters zu den ober» Tönen hinauf, und
geschliffene, seine Phanarioten, leichtsinnige Zuselgriechen, dann klingen die Laute kosend, scherzend, wenn man gleich
Kaustente, Diplomaten; aber d>e Rumelioten, jeueKrie- seine rasche» Worte nicht versteht. Sein Aufzug ist fehr
ger des inner» Lande«, bald Albaneser, halb Griechen, einfach, wie sich VetzariS trug, dessen Grammattkos
ein ganz eigenes, kräftigeres, jüngeres Geschlecht, kennen «der Schreiber er war; an seinen Waffen ist kein silber-
»ix noch sehr wenig. ner oder goldener Nagel , und die Kleidung ist schwarz.
Seit kurzer Zeit hält sich in Paris ein Grieche aus Seit dem Sturze Alis, BassaS von Janina, sich! Ba-
Grammen«, einer kleine» Stadl einige Stunden von Alba: silioS mit den Suliotcn. Seine Vaterstadt wurde, weil
Niens Hauptstadt, auf; er^vlll sich hier von seinen sieb sie zu Ali hielt, verheert, BasilioS ganze Familie, eilf
zehn Wunden heile,, lassen, und das griechische Komik« um Personen, in die Lklavercv geführt. BotzariS, der ihn
Unterstützung bitten, um seine Familie, die ganz in die bcv Ali kennen gelernt hatte, kam durch Grammen«, nahm
Hände der Türken gefalle» ist, loskaufen zu können. ihn mit und machte ihn zu seinem Schreiber. Seitdem
SS ist ein großer Mann von herrlicher Gestalt, mir wich er nicht von den Sulivten , und in Missolonghi fand
schwarzen, kühn gezeichneten Augbraunen, großen Äugen, nach ihrem Bcvsviele sein Muth ein edlcreö Ziel , er
deren Blick in raschem Uebergang zwischen strengem, har kämpfte nicht mehr für einen Herrn, für Löhnung, um
tem 'Ausdruck und verschmiztem Blinzeln wechselt, oder in Beute, um einen Winkel der Erde, er weihte seinen Arm
schläfriger Wollust verschwimmt; er bat eine Adlernase, dem Vaterland und der Frevheit. Vasilios Familie befin
seine Auge sind edel, etwas viereckig; die Stirne ist hoch det sich iu den Händen eines seiner alten Bekannten, des
und frey, der Schädel über den Ohre» ziemlich breit; der Albaneserö TahirAbas, eines vsrmalil'en Ministers Ali-
Mund groß, aber schön und ausdrucksvoll, und vom lieb Paschas. Dieser kaufte sie a»S Rücksicht für seineu alten
lichen, kindlichen Lächeln verzieht er sich leicht zu einem Freund, und liefert ssc aus, sobald ihm daS Löfegcld bezahlt
grimmigen, ja wilden Ausdruck; bis auf den dichten wird. Ich wunderte mich über diri'eS Verhältnis, und daß eS
schwarzen Schnurrbart ist der Bart geschoren und spielt so freundschaftlich foxrgesezt, wird, denn der Aldanesc schreibt
in'S Bläuliche. Seine langen schwarzen Haare falle» un dem Griechen von Zeil zu Zcit und gibt ihm Nachricht
ter der rothen Mütze vor in dichten Locken den Halö hin von seiner Familie. Dieß ist aber, wie die Griechen ver
ab und fassen ein rechlich braunes Gesicht ein ; er ist gut sichern, etwas ganz Einfaches, Gewöhnliches. Albaneser,
Griechen, Türken, Sulioten, die Palmaren von Spirus es nicht. Als man ihm seine Bedeutung erklärt hatte,
in Alis Sold schlugen sich und blieben babey gute- Freunde; lachte er, wandte sich gravitätisch an den Chioten und
sie schwatzen mit einander vor und nach dem Treffen, und sprach: „Als eurer Hunderttausend waren, konntet ihr
rufen einander zu: „Achtung! ich schieße." Auf diese Art keinen Türken umbringen, wie kommst du dazu, jezt allein
sprach einmal Basilios mit einem Albanesen ; sie warnten einen Rumelioten umbringen zu wollen?" Auf diese Rede,
einander und schössen ; der Grieche wurde verwundet und die ihm das Unglück und die Schmach seines Baterlandes
vom Schlachtfeld getragen. Während man ihn verband, vor Augen führte, zerfloß der arme Chiote in Thränen,
vernahm er mit Schmerz und Jörn, sein Gegner sev ge- und damit war der Sturm vorüber.
tödtet worden, denn er hatte viel auf ihn gehalten. „Wie,"
fragte ich, „Ihr liebt also Cure Feinde?" — „Wenn sie
brav sind, ja; aber wenn sie in der Dunkelheit angreifen Das innere Gesicht.
und tidten, wenn sie sich nicht frey gegenüberstellen, da Von Georg Döring.
möchte ich sie umbringen; ich hasse die, welche wie Diplo
maten fechten." (Fortsetzung.)
Er besuchte das Museum im Louvre; sichtbar war hier Die beyden Freunde waren noch nicht weit von der
sein Bestreben zu thun, als überrasche ihn nichts, als Stelle entfernt, wo das hirze Gespräch vorfiel, als plötz
finde er nichts bewundernswürdig. Er zog durch alle Säle lich der Ton einer schneidenden Weiberstimme zu ihrem
kalt, mit Würde. Die Bilder aus der griechischen Ge Gehör drang, die ein Lied angestimmt hatte und mit die
schichte schmeichelten ihm weder, noch machten sie über: sem in den Augenblicken , in denen der Donner schwieg,
Haupt Eindruck auf ihn ; nur vor der Niedermetzlung der das Getöse des Sturmes übertönte. Die Stimme war
Janitscharen, von Champmartin, blieb er stehen und freute kreischend und die Weise, die sie sang, hatte etwas Schau
sich sehr, Data g Hans zu erblicken. Er verlangte Auf riges. Die Worte des Liedes konnten die Freunde nicht
schluß über die Gruppe von Theseus und dem Minotou- verstehen.
ren; man sagte ihm, es sey ein Paramuthia, eine „Das ist eine Stimme in der Wüste," sagte Jov m e
alte Sage aus seinem Vaterlande; „ja, ja," erwiederte mit bewegtem Tone, „die bis in das tief Innerste mei
er in kindischem Tone, „so wie ich Such Abends welche er ner Seele dringt. Ich weiß nicht, wer die Sängerin
zähle, damit Ihr mich nicht zu frühe allein laßt." Sich seyn kann, aber diese Melodie wird von einem Echo in
über etwas wundern mag er nun einmal nicht; die schö mir wiederholt, das aus frühen Tagen der Kindheit her-
nen Denkmale, die er da sieht, sind ja anch in Janina aufzuklingen scheint. Komm mit, Ramiro^ wir müssen
und Grammen« oder werden einmal hinkommen. Um ge die Sängerin, aufsuchen ; ich muß sie sehen und sprechen !
neigt zu seyn etwas zu bewundern , muß man schon auf Die Macht, der ich nicht widerstehen darf, treibt mich
einer gewissen Kulturstufe stehen ; zu jedem Fortschritt in hin zn ihr. Dort links schimmert ein schwaches Licht her
menschlicher Intelligenz gehört ja das Geständniß der eige über, dort werden wir sie finden."
nen Inferiorität; aber zu Geständnissen der Artist Basi „Meinetwegen!" antwortete Ramiro; „ich em
lios ganz und gar nicht aufgelegt. Er schreitet voran, da pfinde zwar diese wunderliche Sehnsucht nicht zu der unbe
mit die, welche ihn begleiten, sein Gefolge bilden mögen; äus kannten Sängerin, und gestehe offen, daß diese Stimme
sert man gegen ihn die Besorgniß, die Neugier des Pu keinen angenehmen Eindruck auf mich macht. Leicht möch
blikums möchte ihm zur Last fallen, so antwortet er: „In ten wir in der Sängerin ein altes Weib von herenartigem
Griechenland bezahlte ich Soldaten dafür, daß sie mir folg Aeußern finden, eine Gestalt bis zum Boden gekrümmt,
ten, hier folgt man mir umsonst."— Es ist interessant, ein Gesicht voll unzähliger Runzeln, mit rothen Augen
auf diesem Gesicht, auf dem bcym ersten Blick ganz die und spitzer Nase. Aber wo sie ist, wird wohl auch ein
orientalische Ruhe und Majestät thront, den Geist sich le Obdach scvn, und daS könnte mich versöhnen mit ihrer
bendig brwegen, in regem Spiele Leidenschaften und Ein Häßlichkeit und ihrem Geheul. " Er folgte seinem Freunde,
drücke wechseln zu sehen, und zwar in einem Grade, wie der bereits von der bisher eingeschlagenen Richtung abge
wir es kaum bey Italienern und Südfranzosen beobachten.— lenkt hatte, und sich dem matten Lichtschimmer näherte.
Einmal waren Griechen aus verschiedenen Thetlen des Lan Das Gewitter war im Abnehmen, auch der Sturm fing an
des bey ihm. Ein Rumeliote höhnte einen Chiotrn , der sich Zu vermindern. Immer deutlicher hörte man die schnei
sich verschiedene Prahlercven erlaubt h,rkte; der Chiote dende Weiberstimme. Sie klang in der That, wie Te
wurde hitzig und von Schimpfrcdcn kam es endlich dahin, no ri schon bemerkt hatte, nicht angenehm, aber in der
daß er erklärte, der andere müsse ihm im „Bois de Bou- Melodie ihres Gesanges lag etwas Altcrthümliches und
logne" Genugthuung geben. Dieß war das erste franzö Fremdartiges, das ihn, «IS einen besondern Freund alter
sische Wort, das gesprochen wurde, und Basilios verstand Lieder und Romanzen, mit Theilnahme erfüllte. Sie
77?
könnt?» jezt bev dem matten Licht, einzelner Sterne, die «Don Zavme, Don Iavme," schrie sie, ihren
durch zerrissene Wolken brachen, ihre Umgebungen genauer Gesang unterbrechend plötzlich auf, .tritt beran, denn ich
erkennen. Sie waren eben im Begriff einen Raum zu de-, habe dich lange erwartet, aber laß den zurück, der in bei,
treten, dessen seltsame, obue Zweifel durch Menschenhände nein Geleite ist ! Ich kenne ihn nicht und bin zu alt ge
geordnete Ausschmückung idnen an diesem abgelegenen ?rre worden , um mich noch umzuschauen nach oenen Freunden.
höchst auffallend erscheinen mußte. Viele große, viereckig Aber du bist mir nicht fremd und bu gedenkst auch meiner
zugehauene Steine standen nahe nebeneinander in einem noch, obschon es viele Jahre her find, seitdem wir unS
svminekrisch abgemessene« Bezirke. Sie waren mit Blu- gesehen, und dein Vater und deine Mutter noch lebten
mengedänqen verbunden, «der die Blume» wareu größten- auf dem schönen Schlosse am Tajo."
theilS welk und viele Blatter, vem Sturme abgestreift, Da war es dem Angeredeten, «Is flüstere ihm em
lagen am Boden umher. Sie sahen da« jezt deutlich, als Wesen aus seinem Inneren Worte z», die er sprechen
nicht weit von ihnen , da wo sie bisher den Lichtschein de: müsse, und er versezte mit einer ungewöhnliche» Sintönlg-
merkt hatten, eine helle Flamme aufloderte und einen roth- keit, die seinem Freunde auffallend und fremd au >bm
licheu Glanz über die nächsten Gegenstände verbreitete. erschien :
„Das ist ein Begräbnißplolz," sagte Javme mit „Zrevlich kenne ich dich! du bist ja die Gbitanna,
ernstem Tone zu seinem Freunde. ..Wir wollen die Pserde die damals eingekehrt auf unserer Burg und mir den
zurücklassen und still nach jenem Feuer gehen! die Stühe wunderkräfrigen Ring geschenkt gegen das innere Ge
der Todken darf nicht gestört werden." sicht. SS liegt' eine lange Zeit zwischen jenem Abende
Sie tbaten, wieIayme gesagt. Sie schritten leise und dieser Nacht, allein ich würbe dich auch später wieder
und vorsichtig zwischen den Gradern bin und standen bald erkannt haben , obgleich deine Gestalt eioe andere gewor
vor einem kleinen verfallenen .Häuschen, einem jener Ka- den ist , als damals. "
xellchcn ähnlich , die in der Sierra Morena sich oft (Die Fortsetzung folgt.)
vereinzelt finden , um vorüberziehende Wanderer zur An
backt einzuladen. DaS Häuschen stand offen und statt des
Heiligenbildes sabcn sie darin neben einem Hochstämmen- Skizzen aus Brasilien.
den Meislgfeuer die Sängerin am Boden gekauert , deren tJortskizun.z.)
gellende Stimme jezt in einer Stärke ertönte, welche die Der hochliegende Theil des Scrt»o ist weit gesünder,
gewöhnliche Kraft einer weiblichen Brust weit übertraf. als die unmittelbare Gegend deS Rio de S. FraneiSkr.
Was Ramiro vermuther, fand sich nun erfüllt. <?s (?ine Krankheit findet man jedoch sehr verbreitet, während
war eine alte Frau von abschreckender Häßlichkeit ; ihr kah sie am Flusse fast gar nicht bemerkt wird, ich mevne den
les Haupt zeigte sich in seiner ganzen Nacktheit, nur ein wilden Appel it der Kinder mich <?rde. Dieser Austand ist
breites rotheS Band war um die Stirn gewunden. Tiefe um so seltsamer , «IS er von den Tbieren auf de» Men
Furchen lagen auf dem Antliye, aus dem zerrissenen wei schen übergegangen zu scvn scheint. DaS Rindvieh und
ten Gewände wagten zwev dünne Änochenliände hervor, die Pferde im Sert«o lecken mit Begierde Salz ; oft
die beschäftigt waren, aus Lotosblättern und Blülhen fri aber gehen die Thiere weiter , und schlingen die Ealzerde
sche Gehänge, wahrscheinlich zu einem neuen Schmucke wirklich hinab. In den trockenen Gegenden verderben sie
der Gräber, zu winden. Die bcvdcn Freunde glaubten sich dann die Zähne durch den harten, steinigen Boden >'o
sick ungesehen von ihr, denn sie stimmte nach einem kur sehr, daß sie das MraS nicht mebr kauen könne», und lang
zen Schweigen, während dessen sie daS Reisigfcuer schürte sam Hungers sterben. Die FazendeiriS sind dann wokl gc-
ui',d dann einige Augenblicke nachdenkend in die Flam nithigt, solche Thiere in die feuchten Waldunge» zu trei
men sah, ein neues Lied in einer sonderbaren, traurigeu ben, wo der Boden weicher ist. Aber auch Schlangen,
Weise an : Sidechfen, ja sogar die 0»zen fressen bisweilen i?rde.
„Es sizt in finstrer Mittcruacht Bev der Allgemeinheit dieses sonderbaren Appetits darf
Die Wächter',» bcv de» Gräbcrn ; man sich nicht wundcrn, wenn Kinder sich demselben über
lassen. Knaben und Mädchen pflegen die mergelichte, oft
Die Lcichcn der Eltern l'ält sie bcwacht. salpeterhaltige <?rde, jedoch ohne Steine, bisweilen die
Die Wächter,» bc« den Gräbern. Kalkbekleidung der Wände, seltener anch Holz, Köhlen
Ei» Stern ai,S Wolken blickt sie an. «der Tuch zu essen. Nur die strengste Aufsicht kann sie
Die Wächtcrin bcv d » Gräbern; von dieser Unart zurückhalten , welche um so schädlicher
und gefährlicher wirkt, als sie bcv allmähliger Angewöh
Sie »ekt die Gräber a»f,zctl>c»,. nung, bis inS höhere Alter getrieben wird. Da ein Theil
Die Wachten» bei) den Gräber»." dieser ulivei baulichen Stoffe nicht wieder abgeführt wird.
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und Anschwellung der Uuterleibsbri'isen eine «»mittelbare alle» findet nnn fast das Gegentbeil statt; die weiblichen Sc»
Folge ist, so verräth sich das Uebcl alsbald durch einen cie'tvs können zuweilen ftl,r angenehm, unterhaltend und gcifl«
ungeheuren Bauch der Kinder; die Gesichtsfarbe wird reich sev», aber nur selten und nicht ihrer Natur nach, deren
fahl, die Züge werden schlaff und aiiftiedniise», das Wachs- erster Grundsav abschließen und isoliren ist. Alles, wa« nicht
thum wird gänzlich untcrdnickl, und die miMcklichcii Opfer in einiger Verbindung mit dem Kränzchen und seinen Mit
sterben, unter dem Einlritte heftiger Kranipfe oder allge gliedern steht, wird schief angesehen. Fremde Mädchen und
meiner Wassersucht frühzeitig dahin ; andere behalten für Frauen, die nur für einmal eingeladen werden, haben Ges
das ganze Leben einen siechen bleichsüchtigen Körper, und lcgenheit sich über die Unart und Unhöflichkcit der ordentlichen
eine stumpfe träge Gemüthsart. Wir haben, während Mitglieder zu wundern. Man will sie dadurch recht fühlen
wir den Amazonenstrom beschifftcn, fehr häufig Gelegen lassen, daß sie nicht hergehören. Man spricht, man zischelt
heit gehabt, zu bemerken, daß Indianer den rohen Letten sich in die Ohren. Kaum werden einige allgemxine kalt« Worte
am Ufer des Flusses verzehrten, -selbst wenn ihnen Nah gewechselt. Bisweilen lachen die Eingeweihten über Ton, Spras
rungsmittel nicht mangelten, w,d wir find geneigt, an che, Kleidung ober Haltung der Fremden. In diesen Kränzchen
zunehmen, daß diesem sonderbaren Heißhunger auch eine wird überhaupt von den weiblichen Zungen scharf geschnitten. D«s
klimatische Ursache, vielleicht die Hiye und die Narefaktion gegen sind die Männer in den CerelcS lange nicht so unau:
der Atmosphäre, zn Grundc liegen möchte, indem solche genciim. Ich für, mein Tvcil habe darin viel Gefälligkeit und
Einflüsse eben so sebr ein eigcnthümliches Gefühl von all Gntmüthigkeit gefunden, frevlich Genferische, die wenigstens
gemeinem Mißbehagen zu erregen vermögen, als der ver in der Farbe ctwaS dunkler ist, als die deutsche.
minderte Druck der Luft auf hohen Gebirgen. Uebrigens Leider sind Fischers Bemerkungen über den blühenden
mag auch die schlechte rohe Kost der Scrtancjos und der Handel, die rege Industrie, über bedeutenden Transit und lu
bäufige Genuß von Obst den Unterleib zu diesem ungere krative Spedition beut zu Tage nicht niehr wahr ! Alles dieses
gelten Kunger bisponircn. ist seit drevsiig Jaiiren weit über die Hälfte berabgekommeu.
(Die Fortsetzung folgt.) Darüber ist bicr allgemeine Klage. Im Jabr 4 796 könnt«
Fischer wohl sagen: „Wie mag der Staat heißen , dessen ganze
Korrespondenz-Nachrichten. Macht i» klingender Münze besteht? Ich rathe richtig: es ist
Senf, Juli. Genf.-' Im Jahr 18Z8 müßte er die öffentliche Meynung I,in-
(Beschluß.) zufügrn. die jezt stark und herrschend l ^ uns geworben ist.
In einem Abschnitt über das gesellschaftliche Leben weiß Ich habe dieses Büchlein nur der schlagenden Kontraste
Fischer nicht genug von den männlichen Ccrcles und den weib wegen mit einiger Ausführlichkeit in einein Blatte besprochen,
lichen Socioles zu rühmen. Hätte er aber nur ein wenig das wabre und umfassende Darstellungen von Genfs Natnr ,
dellselien wollen, so Härte er darin gerade einen der Haupt Kunst und Leben vv» mir erwartet. Diese Heven sich jedoch ourcy
gründe erkannt, warum unser gesellschaftliches Lebe» so arm Zusammenstellungen verschiedener Zeiten um so richtiger her»
selig und svrbbe ist. Cerclcs und Societes bilden den Sekten- auS. als die großen Abweichungen Tagen angehören, wel:
und Coteriengcist, das Abschließen und Trennen von An» che die mcbrsten von uns erlebt haben.
der», die nicht dazu geboren. Es klingt freplich ganz artig,
wenn man ihn von diesen weiblichen Societes folgendermaßen Wien, Mai bis Juli.
sprechen bort: „Die Socie'te besteht gewöhnlich aus zwdlf, (Fortsetzung.)
sechSzelm . zwanzig Personen , und wird der Reibe nach Kerum Das Wiedner? Theater strebt beständig sich bedeutender
geualten , heute bcy Madame S. , baS nächstem«! bei) Madame zu erheben , kommt aber zu keinem bleibenden Resultate. De«
oder Mamsell R. u. s. w. Man kommt um vier Uhr zusam Wille und die Kenntnisse des Direktors Carl sind hinlänglia)
men . trinkt Milchkaffee, ißt Kuchen, BiScuit und Obst, bekannt. Demuugcachrct bleiben , wenn er selbst nicht in
plaudert und strickt, singt und näht, liest und erzählt, spielt Stabcrliadcn austritt, die Häuser meistens leer. Ein Haupt«
ober guckt zum Feiister hinaus. Von der Dame bis auf die grund mag wolil darin liegen , daß daS Theater keine eigent«
HauSmagd , alles hat seine Societcs. Oft ist Madame A. bcu liehe bestimmte Farbe hat , und die Direktion zu sehr mit den
Madame C., und die Köchin von ersterer bey der Köchin der Engagements wechselt. Kaum haben wir unS an irgend einen
leztercn in der Socivte ; dann bedient man sich des ZimmcrS Schauspieler gewöhnt, so sehen wir schon eine» andern an
der Herrschaft und ißt auf dem guten Porzcllain :c. Von der seinem Platze, und nicht selten einen schlechter«. Damit ges,t
sechzigjahrigen Matrone bis auf ihre achtjährige Enkelin, alles die nvtkwendigc Einheit dcS Ganzen nnd baS harmonische Zn»
hat seine SoeicioS, und unmöglich kann es bcy jenen wichti sammenspicl verloren, welches nur dann erfolgen kann, wenn
ger und feierlicher hergehen als bcv diesen. Hier kann der die Mitglieder an einauder gewöhnt sind. Auch ist es ei»
junge Fremdling Delikatesse und Grazie. Leichtigkeit und Fven- Vorthcil für die Bühne . wen» daS Publikum die Art und de»
bcit im Umgang lerne» , und indem er diese schönen Muster Grad der Vorzüglichkcit des Schauspielers kennt; eS bringt
weiblicher Liebenswürdigkeit unaufhörlich beobachtet, die rauben dann nur immer so viel Erwartungen mit, «lS jener z« be«
Ecken seines männliche» Charakters unvermerkt absclileifcn." friedigen vermag. Gegenwärtig ist die Bühne auf einer»
Der Verfasser scheint diese günstigen Aensicrunqr» über die Standpunkte, auf welchem sie Bedeutendes leisten könnt«.
SocieivS und Eercleö gleich darauf selbst zu bereuen , denn er Sic hat zwar durch den Abgang bedeutender Mitglieder, «IS
widersprimt ihnen durch folgende Bemerknngen : ..Wer übri des Hrn. Rott, der Frauen Brede und Pan. Manches
gens in allen diesen Gesellschaften deutsche Herzlichkeit und verloren . dafür aber wieder durch das Engagement der Mab.
Freundschaft sucht, der wird sich getäuscht finden. I» den B irch -Pfei ffer , welche von ihren Kunstreisc» zurückger
weiblichen Societes und unter den Weibern mag daS noch eher kehrt ist, bedeutend gewonnen. Nur mir der Oper, gerat«
der Fall sevn. indessen doch nur einigermaßen, aber in dem Kunstzweige, wclcber hier einträglich werden könnte, b«,
den männlichen Cerele« erstickt die kalte Höflichkeit alle«. Der sonders gegenwärtig . da daS Kärnthnerthorthcater geschlossen
Genfer stein alles als Genfer an, sei» Egoismus verschlief ist . sieht es mißlich a„S.
sich in sich selbst, die Dinge werde» ihn, nur nach dem Vorri'cil (Die Fortseyung folgt.)
wichtig, den sie ihm jezt oder künftig bringen." Von dem Be plage.- Kunstblätt Nr. «s?^
Verlag der, I. G. Cotta'schcn Buchhandlung.
19«.

M o r g e n b l a t t

für

gebildete Stände.

F r e y t a g, 15. August 1 8 2 g.

Welch ein Sttäusch, wklch ej» eZegaker.


Welch ei» (Scsuiek. welch e,n Seoiiakn'.
Alle ^äuuie. all« Büsche Schemen lebendig ,„ «nden.
>«e tb k.

Skizze« aus Brasilien. niger konnten wir es über uns gewinnen, bnrch einen
feindseligen Schuß die Behaglichkeit dieses Naturzustandes
(Fovtseyung.) zu stören. Wir sahen hier gewiß mebr als zehntausend
Z.Der Vogelteich und der Teich der KaimauS. Tbicre nebeneinander, welche, jedes nach seiner Weise,
den anaebornen Trieb der Telbsterhaltung »erfolgten ; das
Wir maren tn daö Stromthal deS S. FranceSc» hin Gemälde der ersten Schopf,»,,, schien vor unfern Blicken
abgestiegen ; hier glaubten wir nnS tn ein ganz frenideS erneuert, und dieses so überraschende Schauspiel bitte
Land versezt. Statt der dürren, blattlos,'« Waldungen noch angenehmer ans nnS wirken müssen, wäre nict'k das
oder der Canipoö des bochliegenden Sercio sahen wir unS Resultat unserer Betrachtungen der Gedanke gewesen, daß
ringö umgeben von saftig grünenden Wäldern, welche a»ö- Krieg und ewiger Krieg die Losung und die geheimniß«
gedehnte Fischteiche umsäumen. Als wir gegen Abend ei volle Bedingung alles thierischen DascvnS sev. Die im«
nen dieser Teiche beschlicken, welch sonderbares Schauspiel zählbaren Arten von Sumpf- und Wasservögeln, welche
stellte sich da unfern Blicken dar. Huuderte der rosenfar- hier, nnbeküinmert um einander, ihr Wesen treiben, »er
denen köffelzänse standen in langen Reihen, gleichsam folgen jede ikre eigene Beute an Insekten, Frischen und
kompagnienweise vereinigt, lingS den Ufern hin, und wa- Fischen, so wie jede von einem andern Feinde heimge
beten, mit dem Schnabel emsig im Sumpfe umhersuchend, sucht wird. Den mächtigen Störchen , welche sich als die
langsam vorwärts. Tiefer im Wasser schritten gravitätisch Könige dieses Wasserreiches betrachten , stellen die großen
einzelne große Storche, die JaburuS undTujujns, einher, Adler nnd die Onzcn nach, den <?nren und Lösselgäuien
mit ihren langen Schnäbeln die Fische verfolgend. Auf die Fischotter, Vielfraße, Tiegerkaken und Geyer, den
einer kleinen Insel inmitten des Teiches waren dichte kleinen Wasservögeln stärkere Nachbarn ; allem diesen, be
Schwärme von Enten und Wasserhühnern gelagert, und weglichen Gefieder aber wird die Herrschaft über die abge
zahlreiche Siditzen umkreisten im schnellen Fluge die Rän: legenen Gewässer durch die KalmanS, die Riesenschlange»
der des Waldes, auf der Jagd nach den Insekten geschäf nnd den fürchterlich gefräßigen Fifch, die Piranba, streitig
tig. Hier herrschte endloses Geschnatter, Geschrey und gemacht. Diese Vögel wohnen in der Nabe des Flusses,
Gezwitscher der mannigsaltigsten Vögelgeschlcchter, und je sie nisten im Schilfe und im sumpfigen User der Teiche,
länger wir das seltsame Schauspiel betrachtete», worin oder auf den überliängenden Zweigen des Alagadiss», vollen
die Thier« mit aller ihnen inwohnenden Selbstständigkeit den ihre Blüthezeit während der trockenen Monate, und
«nd Lebendigkeit allein die Rollen ausfüllten , um so we ziehen, wenn die Überschwemmung eintritt, nach den ho
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Hern Gegenden des Ufers, zum Theil such, gleich Zugvö mit dem Verluste eines Fußes bezahlen. Bev Annäherung
geln, gegen die Meeresküste hin. >. eines Feindes erbebt sich die sonst träge Wächterin mir
Wir vertieften uns in das Dickicht eines verwachse Schnelligkeit, die Nasenlöcher erweitern sich, die kleinen
nen Waldes und waren kaum eine Viertelstunde lang darin glühenden Augen rollen, der blaßrothe Rachen gähnt weit
fortgegangen, als sich die Aussicht auf einen andern Teich ans, und mit einer schnappenden Bewegung erreicht sie
eröffnete, der, von dichtem Gebüsche überhangen, vom die Beute, welche sie nicht eher losläßt, bevor sie nicht
Schein der untergehenden Sonne gerithet , still und me mit den mächtigen Zähnen unter heftigen Windungen ein
lancholisch vor uns lag. Während das grelle Geschrey je Glied abgebissen. Pferde und Rindvieh, welche das un
ner gesellige» Bewohner der Luft „och in unfern Ohren terste Fußgelenke,' den Schwanz od^r die Lippen auf diese
tönte, waren wir, wie durch Zauberen, in ein Land des Weise verloren haben, sieht man deßhalb hier ziemlich häu
Todes versezt. Kein Vogel zeigte sich, die Gegend schien fig. Die Hunde täuschen die Kaimans , indem sie schnell
wie ausgestorben, selbst die schwüle Luft, welche geheim- die Stelle verlassen, wo sie das Wasser bewegten, um an
nißvoll über der Tiefe des dunkeln Gewässers ruhte, be einer andern zu sausen. Selbst die Onze wird, wenn sie,
wegte keinen Zweig, kein Blatt. um zu saufen, an das Wasser kömmt, bisweilen von dem
Verwundrungsvvll an unsern Führer gewendet, wur Jacar« besiegt, und alle Thiere scheinen diesem Ungeheuer
den wir von iiini bedeutet, dicß sev blos der Aufenthalt furchtsam auszuweichen, nur die Piranha nicht, welche des
zahlloser Äaimans und der gefräßigen Piranha. Indem sen gefährlichster Feind ist.
wir diesen grauenvollen Ort mit Dantes Hillensee (Die Fortsetzung folgt.)
verglichen, streckten mehrere jener geschuppten Unge
heuer schnarchend und spritzend ihren Nachen aus dem Ge
wässer hervor, und es fielen uns die Worte des Dichters Das innere Gesicht.
ein: Von Georg Döring.
l!d« »alt« I'»c<zu» K» zcnte cke 5«5p!r»
L s»n«o z>ullul»r <zu«5l' »cczvk «1 lummo. (Fortsetzung.)
Wir zählten mehr als vierzig solcher Kaimans (Jacare), die «Die Gestalt ist wandelbar, die Seele bleibt!" sagte
theils am Ufer lagen, theils allmählig, wahrscheinlich durch feverlich die Alte. „Ich habe dich immer gesehen , wo du
unser Geräusch veranlaßt, auf dieObcrfläche des Wassers ka auch wärest; denn das Auge des Geistes sieht weiter, als
men, wo sie sich entweder bewegungslos, einem Stücke daS des Leibes. Du hast den Ring nicht mehr, der dich
Holz ähnlich, schwimmend erhielten, oder mit hervorra schüzte gegen eine fremde Gewalt, und du treibst nun im
gendem Kopfe in allen Richtungen durcheinander fuhren. Leben, wie das Schifflein auf dem Meere, daö der Sturm
Die größten dieser Thiere hatten acht bis neun Fuß Länge, bewegt oder die Windstille fesselt, wie es kommt. Ich
einen grünlichen Panzer und eine stumpfe Schnauze. Kei kann dir nun auch nicht anders Helsen , als durch guten
ner Kreatur hat die Natur einen gleich scheußlichen An Rath; denn ich habe abgesagt den eiteln Künsten und
blick verliehen, als diesem Thiere, das manche Maler nicht meine lezten Jahre sind einem ernsten Geschäfte gewidmet.
mit Unrecht zum Bilde der niedrigsten Bosheit und Ver Dein Fuß ist gewandelt zwischen den Ruhestätten derer,
worfenheit denuzt haben. Die Kaimans leben fast immer die da schlafen den langen Schlaf bis zur Stunde des Ge-
gesellschaftlich i» diesen Teichen und vermehren sich außer richtcs. Ich hl'rte ihre Gräber. Der Tod weilt unten,
ordentlich. Während der Regenzeit legt daS Weibchen ein blühendes Leben erhalte ich oben. Sic waren meuie
sechSzig bis achtzig öycr, von der Größe eines Hühncr- Voreltern, ein vernichtetes Volk, das Christen und Mo-
eyeö und von biegsamer, grubigcr Schale, in den Sand hamedancr mit Füßen treten. Sic waren Juden, sie muß
des Ufers, mehrere Weibchen schleppen diese zusammen, ten in dieses unwegsame Gcbirg flüchten , um ruhig ster
schichten sie abwechselnd mit Lagen von Teichschlamm in ben zu können , um ungestört im Todesschlafe zu bleiben.
sechs bis acht Fuß hohen Pyramiden auf, und überlassen Esther zählt hundert Jahre und ist die älteste ihres Stam
nun der Wirkung der Sonne und der Gähnmg daS Aus mes. Bald wird auch sie hier schlafen und ihr Schlaf wird
brüten. Schon PliniuS bemerkt, daß die Krokodile Aegyp dann von einer andern bewacht werden. Don I a y m e ,
tens ihre Sver stets an die Kränze der Ueberschwemmung höre wohl auf mich, vbfchon ich voraus fehe, daß nach
lege« , unV es verdient deßhalb erwähnt zu werden , daß dem Verluste des Ringes Glück und Ungli'ick gleiche Macht
anch in Brasilien der Ort dieser Eperhaufcn als Maaßstab über dich haben! Durch dich wird sterben, den du am höch
für die Ausdehnung der Hochwasser angenommen wird. sten hältst auf Erde», aber indem du seinen Tod bereitest,
Ein Weibchen pflegt abwechselnd in der Nähe der unent spinnst du an dem Gewebe deines GlückeS ; doch kann eö
wickelten Nachkommenschaft Wache zu halten , und man auch anders aus/chlagen, und erwirb gerettet und du gehst
cher Sertancjo, der sich nahte, mußte die Unvorsichtigkeit unttr. Die Königstochter ruht im Wcllengrabe; die
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Jungfrau am Tbrone muß Gift trinken, um dir Freuden Anblicke auS Javme 'S Brust, und süße Hoffnungen von
zu bringen. Der Mörder schleicht beo Nacht durch geheime Liebe und unbeschreiblichem Glück senkten sich in sie "her
Thürcn und Gänge, er steht am Lager deö sorglos Schlum- ab. Vttt einem Male kam nieder über ihn die Wuu-
mernden, ob da der gute oder der döse Engel «acht ; wer Vergabe deö inner,, Gesichts. 1r mußte die Augen
kann daS voraussehen? — Rüben gexhanja, warum schließen, und sprach nun in einem seltsam veränderten
bist du abgefallen von dem Geiste deiner Väter? Esther, Tone zu seinem Freunde , der auch so eben erst seine Fas
deine Schwester, muß dich beklagen, denn du hast sie ver sung wieder gewonnen hatte:
höhnt und schmähend zurückgewiesen, «IS sie den bessern „Siebst du das schöne Granada , wie es daliegt i»
Engel in dir wecken wollte. Du wirst nicht ruhen un der reizenden Ebene de la Bega? Nein, du Armer, du
ter den Seligen deö auserwählten Volkes deö Herrn, dein siehst eö nicht, denn eS liegt noch viele Stunden weit
Leib » rd an der Straße von Raudthieren zerstückelt, von von hier, und eö ist nur meinem Innern anfgetban, daS
Sonne und Regen vernichtet werden ! Ziehe fort, Don eS auf goldenem Gründe im herrlichen Glänze zeigt.
Javme! AlleS ist gesagt, was ich zu sagen halte. Schon Fünf Ströme und unzablige Bäche ziehen ihre Silbers«-
zu lange habe ich den Tobten meinen Dienst entzogen; sie den durch die liebliche Vega. Die Bäume sind mit Knos
sind unwillig darüber, ein Schauer zieht auS den Grüften pen, Blüthen und Früchten zugleich bedeckt, die maiinigsal-
hervor, es regt sich darin. Eilt, eilt, ihr jungen Lenke, tige Pracht der Llchcnwäldchen, der Orangengebüfche, der
daß sie euch nicht erfassen. Ihr liebt noch daS Leben und Olive» und Reben, die eine Himmelsmacht reizend durch
eS liedt n»ch wieder! Fort, fort! daS Feuer verlöscht. einander gemischt, vermag ich nicht dir z» schildern ; dort
Wenn eS erstirbt, fo sevd ihr gebannt auf dieser Stätte, aber, weit weit von hier, wo zwev Nachbarströme in trau
denn in dieser Stunde ist die Macht der Unterirdischen licher Umarmung zu eins verschmelzen, da ragt sie selbst
groß !" empor mit ihren tausend Thürmcn, die wunderbare, die
Diese Worte, welche die alte Jüdin mit großer Aengst- Stadt Sb en -S a v dS. Keine ist ihr gleich von allen,
lichkeit sprach, erfüllten die bevor» Freunde mit einem nie die ich gesehen ! Wie wimmelt eS in den Straßen von ei
empfundenen Entlegen. ES dünkte ihnen, der Boden zlt> ner freudig bewegten Volksmenge, wie herrlich treten
tere unter ihren Füßen, <S rasscle »nd rege sich in der Palläste und Tempel aus dem Goldgründe hervor ! Aber
Tiefe, eS werden dumpfe verwirrte Stimmen laut, und was ist dos? Sin Feenfchloß steigt ans einer Anhöhe em
die Grabsteine beginnen sich langsam zu erheben. por, von iviliitvrbaren Gärten umgeben. Gold nnd Edel»
„Fort, fort!'' schrie Javme; . wir haben die Rübe stein glänzen von den banden deö ScblosscS, unzählige
der Tobten gestört. Sie fordern Mache, sie wolle» unö Springbrunnen sende» ibre silbernen Strahlen auö den
zur Sühne, nicht den Leib, fondern dsS unsterbliche Thcil, Girten in das Blau des Himmels empor. Du bist es, du
über das ihnen der Tod Macht gegeben! - bist es, Alhambra, und in dm, Laubschaktcn deiner
Er riß den bestürzten Ramiro mlt sich fort, zwischen Gärte» wandelt sie, die iu mir lebt, und ln der ich
Grabmale und Grabhügel hin. Die Stimme der Alte» lebe , A d o n a i d e.
ertönte dringend und mahnend. ES war ein Sckrep der (Die Fortsetzung folgt.)
Angst aus gepreßter Brust, nicht mehr jenes schaurige
Lied. Sie erreichten ihre Pferde, sie schwangen sich auf ") Mabom et Ed en Sand, aus bc,n Stamme Al ho-
und stürmten fort in die Nacht, ohne zu wissen, wohin mor, gründete die Sladt Srana da.
ihre Flucht sie führe. ES war iknen , «IS klinge ein viel
stimmiges dumpfes Hohngelächter ihnen nach. Die gereizte
Einbildung zeigte ihnen, wohin sie blickten, Todtcnlarven, Korr espon de nz-N achrichten.
lange Knochengebcine, die nach ihnen reichten, halbver- Wien, Mal di« Juli.
meßte, entsetzliche Gestalten. (Fortsetzung.)
In dieser Verstörung ihres Innern fand sie der Mor In lezter Zeit salien wie ans jener Bülme auch zwey durch
gen. Sie sahen sich am Rande des Gebirges, eine entzük- ikre Kdrverkraft und Geschicklichkeit anSgczeichncte Künstler.
kei.de Aussicht auf die Ebene eröffnete sich vor ihnen. Da Matbewet o»S Vari«. und Rapxo. welcher sich de»
deutschen Herkules nennt. Ü?e«cc sind „, i,ol>c,n Grade dedciu
zog ruhig der herrliche Giiao,, lquivir durch reich be tend. Matliewet stemmt »ch mit de» Füßen an eine sre«,
baute Fluren hin. Da senkten sich die Vorhügel deö Gr- stei'tnde Säule, dergestalt, daß der ganze Körper in diagona
birgS mit dem südlichen Neichthum von Wäldern und Wäld ler Richtunz schwebend erscheint, und riebt in dieser Lage ei,
chen fruchtbringender Bäume in die Thäler hinab, da nen Mann mit den frey sawelenden Arn,,» in die Hdi,e.
zeigte sich im ferne» Hintergründe wie ein zarter blauer Schade, daß er seine Krastaußerungen nicht olj Situationen
,» einer kleine» Paiitomimc anbringt , >1c würden dai>„ra> viel
Nrbelsrreif di> Sierra Nevada. melir Wirkung tl'ii» . besonders ans die Menge. ?!,„, dauert
Alle stürmischen Empfindungen entwichen bcv diesem «ine derlei) Krastäußcruug einige Sekiutdcn. und die 2,,1,'ri
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»alle zwischen mehreren dauern iivmei ciuigc Minuten, wo? ren Stand, sie dürfen aber babc« doch überzeugt sevn, daß
durch das Ganze ermüdend ist. Ergötzlicher ist Rappe, ezn sie gute Rechnung finde», und müssen besonders, was die Vor-
noch junger Mann, seines Gewerbes ei» Bäclcr, der früher stadirhcater betrifft . so viel möglich Neues geben. ES kam
die indischen Gaukler Morre und S,n»c auf ihren Kunstrei nicht selten vor, baß alle fünf Thcatrr WicnS an dem«
sen bereitete. Von ansa,ci»li«> nie»r sehr kraftvollem Aeus- selben Abende überfüllt waren. SS ist «ber ein komisches Be
scrn, entwickelt er doch eine fast unglaubliche Stärke, die mit gehren , das Volk einer Residenz, wie Wie», soll sich mit
einer bewunderungswürdige» Geschicklichkeit gepaart ist. I» der Darstellung hundert Mal gesehener, schlecht besezter oder
der ersten Abtbeilung seiner Darstellungen zeigt er das Spiel mangelhaft ausgestatteter Stücke zufrieden stellen, weil cS der
mit den Messern. Kugeln. Tellern, welche er auf die ver Lanue der Direktion gefällt, diese und keine ander» darzustellen.
schiedenartigste Weise in die Luft wirft und wieder auf (Die Fortsetzung folgt.)
fängt, fo . daß sie im Fall Springbrunnen, Leuchtkugeln und
dergleichen bilden; in der zweytcn spielt er mit dreyßig -pfun Neu-Loudo», im Staate Conuecticut.
digen Kanonenkugeln, wie mit Bällen, wirft eine davon bi« Da sitz ich nun in London und an der Themse! Mi^ dem
an die Decke des vier Stockwerke hohen Theaters , und fängt selben Rechte, mit welchem diese Stadt Ncu-Lcndou heißt,
sie mir dem Arme, dem Kopfe mid der Brust wieder auf; nennt sich auch der persische Schach Sohn der Sonne. Ich dachte,
leztereS ist ilnn nach der zweptcn Vorstellung von der Polizcv als ich hier ankam , über ben Übeln Eindruck neck , de» un
untersagt worden; zum Schlüsse stellt er auf eine vier-und- willkürlich ein grobes Mißverhältnis? zwischen dem Namen und
zwanzig Pfund schwere Keule , mit welcher er zuvor Schwin dem Benannten auf uns macht , wie z. B. die Sklavenbesiger
gungen vornimmt, eine vierzig Pfund schwere Kanonenkugel, ihre armen Schwarzen Epaminondas , Apollo, Bella, Venus,
ans diese ein GlaS, und balancirt alles dicß auf der Nase, bis Here nennen, waS früher sehr häusig geschah und nicht sel
der Vorhang fällt. ten noch vorkommt. Auf mich machte dieser freche Höh» im
Das Hoftheater nächst der Burg gab seit meinem lezten mer einen üblen Eindruck. Ich fand sogar einmal einen
Berichte nur »den zwcvtcn Thcil von „Heinrich IV," »o» Schwarzen, der mir sagte, er heiße Spartacus. Die Vieh
West, der eben so musterhaft bearbeitet, sich einer zwar all magd meines Braunfchweigcr Wirtheö nannte sich , trog ilirer
gemeinen, aber nicht ausgezeichneten Teilnahme erfreute. plumpen Füße, Laura. Die europäische» Namen ber Städre
Außerdem sahen wir nur Reprisen von klassischen und guten in den V. St. Haben übrigens eine ganz natürliche Quelle.
alten Stücken. Von Gastspielern erschienen Mad. Binder Die ersten Kolonisten, die sich hier ansiedelte», hätten ihr
aus Prag, nnd Hr. Rott, von einer Kunstrcise zurückkeh Mutterland , das sie grausam Wege» anderer Mcynung ,n der
rend. Erstere ist eine ausgezeichnete Schauspielerin, durch Ju Religion verfolgte, geflohen, aber, in zärtlicher Erinnerung
gend und Anmuth unterstüyt. Besonders gefiel sie im ^Mäd an das immer noch geliebte Vaterland . wollten sie wenigstens
chen von Marienburg ," im .,Manustrixt." und im ..Sachs," die Klänge ihrer Gcburtsstädte wieder l'drcn , wenn sie nichts
in welchen. Rolle» sie zwevmal gerufen wurde. Besonders anders mit »inübernclime» konnten ; sie haben aber so viel mit
führte sie die Rolle der Kunigunde in, lezten Stücke anf eine herübergcnvmme» , das, ^ter gewöhnliche Say : „Amerika I«>t,
eigentliümliche Weise durch ; den Schluß des zwcvtcn AktS , in keine Geschichte." doppell unwahr ist. Amerika hat «ine Geschichte
welchem SachS sich von ihr trennt . stellte sie ans eine ergrei in zwehcrley Hinsicht, die englische vor den Niederlassungen,
fende Weise dar. Ihr Spiel ist wahr , der Ausdruck der Em die in hundert Anstalten lebendig fortlebt, und eine inner«
pfindung tief und rührend. Rott ist ein denkender Künstler, Entwicklungsgeschichte. Wenn wir in diefer Hinsicht Geschichte
aber, wie es scheint, noch nicht recht mir sich in. Reinen. Uc- das fortlebende und fortwirkende Zeitalter der Vorfahren nen
bcrmaaß seiner körperliche» Kraft schabet ihm zuweilen . weil nen , Kar Nordamerika mehr Geschichte als viele Länder deS
er sie bald zn sichtlich und damit zu störend niederkämpft, bald europäischen KomlnentS. Ein frcyes Laub, wo jeder Bürger
zu ungestüm vorwalten läßt. sich als intrgrircnden Thcil dcS Ganzen und lebendigen Tkcil-
Das Tbeater näaxst dem Kärnthnetthorc verschaffte nnS nehnier an jedem Bedeutenden , was von vielen oder einzelnen
vor seinem Schlüsse noch viele Genüsse. Von italienischen Opern gethan wird , ansieht , muß auch mehr Geschichte alS ein an
hörten wir nach Lab lache's Ankunft, welcher Tambu- deres haben , wo immer für die Bürger gehandelt wirb. Jcd
rini ablöste, außer der in meinem lezten Berichte genann stehe nicht einen Augenblick an zu behaupten . daß das ganze
ten Oper, auch L,?. 2» I»<Ir» von Rossini, zum Bor, Leben in Nordamerika weit historischer ist, wenn man mir den
tbcilc des Hrn. Rubini gegeben, welcher zwischen den Ak Ausdruck erlaubt, als z. B. in Dcntscliland , wo jede Genera
ten Adelaide von Beethoven meisterhaft vortrug. Mit tion von der andern historisch getrennt ist. Man glaube mir,
den Sängerinnen wollte es uns nicht glücken. Mad. Favcl- daß die Namen der bedeutenden Amerikaner von den ersten
li, sehnlich erwartet, befriedigte die Erwartungen nicht. Die Ansiedlern bis zu den braven Kämpfern des lezten Krieges so
Heiserkeit, welche man anfänglich für eine Folge der Reise lebendig in den Bewobncrn dieses LaubeS fortleben , wie , all
hielt, verläßt die Sängerin nie. Die aualvollc Anstrengung gemein gesprochen, nicht einmal mehr die Namen der Feld
bev BravourpartKien bringt eine unangenehme Wirkung her herren von — 15 unter den Deutschen. Ich bin über viele
vor, welche vom Anblick der wirklich wunderschönen Gestalt Schlachtfelder der denkwürdige» Kriege gegen Napoleon gewan
der Sängerin nicht vertilgt werben kann. DaS Theater schloß dert, nnd mußte selien, wie an manche» dieser Stätte» kaum
seine Darstellungen mit Webers „E » r y a n t h e, " in Wei noch die flüchtige Sage haftete. Man nrlimc dagegen die
mer Mab, Devvient-Schröder die Titelrolle sang. Das Wärme, niit der ein Amerikaner Washington, Ieffersv», Ha
HauS war sehr gefüllt und der Bcyfall stürmisch. Man siel« milton nennt. Ich weiß sehr wohl, daß sie ihrc Mäuner oft über-
daraus, daß wir für das Gute hinlänglich empfänglich sind, schäuen . aber Ist denn überall be» der Masse etwas anders n!S
wenn es uns nur geboten wird. Alles, was man hin und Gleichgültigkeit oder Ueberschäyung niöglicti? „nd bni allen
wieder von der verminderten Theatcrlust «nd dergleichen liest frevcn Wölkern war dicß ohnehin immer und überall ber Fall.
und I,ört . ist unwahr. Die Wiener haben viel des Guten (Die Fortsetzung folgte
nnd Vortrefflichen gesehen . und lassen , da sie sehr zum vcr?
gleichen anfgclcgt sind . sich nicht leicht von etwas minder Gu
tem befriedigen. Deshalb haben allerdings 5ie Tlicatcr schwe Bevlnge: Litcrattirdlgtt Nr. vti.
Verlag dcr I. G. Corra'schcn Buchhandlung.
197.

M o r g e n b l a t t

s s r

gebildete Stände.

Sonnabend, is. August 182s.

Sein «nge stimmt, berauscht ron Zorn unt Blut.


D,e fuilvid.'re Geberd' »aiiwt Tode<grauen,
Und Todttdrol'i, >,>,uchr seiner Blicke Wutp.
T«sso.

Da« innere Gesicht. sam di, Augenlieder und sah verwundert »m sich, wie ei
ner, der plöplicl' »»-< einem tiefen Schlafe erweckt wird.
Do» Georg Ddrin g.
Mit eine? fragend,« Geberde wandte er sich zu R «mir?.
kZortseylmg.) c?be er aber an diesen noch die beabsichtigte Frage richten
^Dort," sprach Javme weiter, ..wo jener Palkon, mit konnte, faden sich die bevden Freunde von bewaffneten
einer reizenden Blumenprachr geschmückt , aus der Mar- Reitern umringt, deren Annähern»«, sie nicht bemerkt
morwand des Pallastes hervortritt, wo blühende Rosen sei- hatten nnd an deren Spitze sich der Großmeister von AI-
nen Sitz beschatten, wo über dem Balkon in goldncr Schrift cantara, Don Vancz de la Barbuda, befand.
der Spruch des Korans erscheint: .„himmlische Fröhlich DaS große blukrothe Kreuz auf feinem schwarzen Ge
keit, ein erleichtertes .>>erz und Wonne der Seele ist daS wände gab dem Manne ein furchtbares Ansehen. In
Erbtheil der wahren Gläubigen ," dort, Adonaide, ist den ?ügen des bleichen, bagern AntlifteS, in der dunkeln
dein Ruhegemach, dort bast du oft meiner gedacht und Gluth der »»steten Augen konnte der Menschenkenner den
von mir geträumt, noch ehe du mich gesehen mit dem lieb» inncrn Sturm der Leidenschaften leicht auffinden, der alle
llchen Auge. Aber warum weilst du bort, Adonaide? seine Gedanken , alle feine Handlungen auf ein einziges
Ich sehe, wie in Nebclferne, ein anderes Haus, wo deine blutiges Ziel, auf die Vernichtung der Sarazenen in Spa
Heimath ist. Noch erkenne ich es nicht deutlich, aber auch nien richtete. Der finstere Srnst dieses AntliyeS schien
die Zeit wird kommen. Ueber dem Hause strahlt ein hei unwandelbar. Kein Lächeln, kein Hauch der Sanftmut»,
liges Aeichen: es ist daS Kreuz. Du bist keine Ungläu keine Röthe der Freude waren feit vielen IaKre» hier ein
bige, Adonaide! Du gehst ein in den Himmel der Ge gekehrt. „Ich lächle nur noch einmal in meinem Leben,"
richten dermaleinst. Noch schwebt Nacht auf diesem Rath- Hirten seine Anhänger ihn oft sprechen , . wenn ,ch mein
sei, aber die Nacht wird entfliehen, alle Räthsel müssen — " Schwert in die Brust des lczte» Mauren auf SvanieuS
In steigender Begeisterung hatte Javme diese Worte Boden stoße!" Seine Begleiter schienen von demselben
gesprochen. Sei» Freund war in Erstaunen versenkt, denn trüben Ernste beseelt wie er. Sine Tvdtenstille herrschte
obgleich Perdone noch nie daS ferne Granada gese unter ihnen. Sie sahen auf den Anführer, sie schiene»
hen, so hatte er es doch ganz richtig geschildert. Sin Waf- nur Anqcn für ihn zu oabcn und ehrerbietig zu erwarten,
sengcräusch wurde in diesem Augenblick in der Nähe laut was er verfügen werde.
und schien Javme in der Fortsetzung seiner Rede zu stö „Don Javme Perdone und Don Ramiro Te
ren. Seine Hand zuckte nach dem Herzen , er hob müh nor i, was führt Such hierher?" sagte er endlich, nach
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dem seine wilden Blicke einige Mal versucht hatten, auf den Skizzen aus Brasilien.
zwey Reisenden zu hasten, aber immer, von dcr ihnen eigenen
Unruhe beherrscht, wieder auf andere Gegenstände überge (Fortsetzung.)
gangen waren ; „doch was frage ich noch ?" fuhr er fort ; AIS wir in eine abgelegene Bucht des Teiles, die
seyd ihr nicht gute Christen und edle Kastilianer? habt von Schwärmen des Fisches wimmelte, ein rothcS Tuch
ihr nicht oft fchon unter meinen Augen gefochten gegen hingen, konnten wir zwey dieser Fische daran herauszie
die Ausgeburt der Hölle, gegen jene heidnische Rotte, auf hen, welche, von der Farbe getäuscht, augenblicklich ange
welcher der Fluch des Himmels ruht und die ich berufen bissen hatten. Die Piranha ist ein Fisch von der Größe
bin, durch sein heiliges Gebot, mit Feuer und Schwert zu eines Karpfen und mit einem Nachen der schärfsten Zähne
vertilgen, daß keiner übrig bleibt, dcr sich dereinst rüh bewaffnet. Im höchsten Grade gefräßig und nach Fleisch
men könnte, wir waren es, die den Halbmond nach Spa lüstcrn , und immer in zahlreichen Haufcn versammelt,
nien übergetragen, damit er verdunkle das Licht des Kreu wird sie auch den größten Thiercn gefährlich; diese erschei
zes ! Hinab mit ihnen zum Abgrunde , dem sie '.entstam nen , von einem Schwärm dcr Piranha angegriffen , noch
men ! Ja , ihr seyd gekommen , um eure Schwerter zu einen Moment brüllend an dcr Oberfläche des Wassers,
röthen in dem Blute der Verdammten. Schonet keines und sind darauf, indez» jeder Fisch einen Biß thut, au
dieser Belialsgcnosscn, nicht des Kindes, nicht des Wei genblicklich daS Opfer von tausend Feinden geworden. Die
bes, nicht des GreiscS ! denn alle sind verflucht, und wenn Thicre des Scrlio kennen, die Gefahr, welche ihnen die-
sie geopfert werden, so ist es ein gottgefälliges Werk. scs blutgierige Geschlecht bereitet, und meiden sorgfältig
Nehmet hin den Schmuck des Kreuzes und zeichnet euch die Teiche, worin es sich aufhält. Pferde und Rinder
damit, daß ihr kcnnbar feyd als heilige Streiter Gottes! schlürfen in der Tränke das Wasser nur von dcr Oberflä
Wenn Granadas Thürme niedergestürzt sind, wenn che, und senken den Rüssel nicht tief ein; dcsscnungcach-
der lezre Laut einer maurischen Zunge in seinen Straßen tet wird er ihnen nicht selten abgebissen ; selbst der Kai
verstummt ist, wenn eine flammende Lohe die teuflischen man flüchtet vor diesem grimmigen Feinde, und wendet
Moscheen, die sybaritischen Palläste in Asche verwandelt daun den unbewehrten Bauch an die Oberfläche des Ge
hat, dann, ihr jungen Helden Kastiliens, dann ist wässers; nur die Fischotter, dessen filziger Pelz die Kraft
jeder Fehl, jedes Verbrechen gesühnt, womit wir früher des Gebisses abstumpft, ist vor ihnen sicher. Die Piranha
im Angesichte des Himmels uns beluden , dann ist das ist übrigens einer dcr schmackhaftesten Fische.
Gebot des Herrn erfüllt und wir sind Heilige geworden,
eine große Schaar von Auscrwählteu !" 4. Eine Horde wilder Botocudos.
Die bleichen Wangen des Don Aanez hatten sich wäh Als wir nach dcr Villa di Vom Successv durch dichtes
rend dieser Rede nach und nach gcröthet und flammten zu- Gebüsch dahinrittcn, wurden wir plötzlich durch einen
lczt in einer dunkeln Glut. Cr hatte wild sein ungeheu Trupp nackter Indianer, Männer und Weiber, in Erstau
res Schwert, dessen Griff ein großes Kreuz bildete, ent nen gesezt, welche in dumpfem Schweigen ihre Straße zo
blößt und hoch über sein Haupt erhoben, als sähe er schon gen. Sie waren von dem Stamme der menschenfrcssendcn
den Feind vor sich, dem es Tod und Verderben bringen Botocudos. Wie alle Indianer, welche wir bis jezt ge
sollte. sehen hatten, waren auch sie von hell zimmtbrauncr Farbe,
Ein Mönch, dcr sich in seiner Begleitung befand, mittelmäßiger Größe, unterseztcr Statur, von kurzem
näherte sich den bcydcn Freunden, um ihnen mit dem Halse, kleinen Augen, plattgedrückter kurzer Nase und
heiligen Zeichen den Segen der Kirche zu dem bevorstehen wulstigen Lippen. Die pechschwarzen, straffen, glänzenden
den Kampfe zu erthcilen. Fragcnd sah Ramiro Jav- Kopfhaare hingen einigen wild herab, die meisten jedoch
mcn an, dieser aber war schon mit ehrfurchtsvoller Ge- trugen sie rings um den Kopf, von unten bis einen Zoll
bcrde vor dem Mönche auf die Knie gesunken. hoch über den Ohren, glatt abgeschoren. Ihre verwilder
„Ich habe gelobt, ihm treu zu se»n in Allem," sagte ten Gesichtszüge waren durch Holzscheiben von mehreren
Ramiro bey sich selbst, „sein Wesen ist mir unbegreiflich Zoll Durchmesser, welche sie in der durchbohrten Unterlippe
geworden; aber dcr trcue Freund soll ihm nicht fehlen!" und in den Ohrlaxxen trugen , auf das Entfctzlichste e»t-
Er kniete neben Perdone niedcr. Nach wenigen stcllt. So sehr unS auch die trostlose Physiognomie dcr
Augenblicken trugen sie Beyde das rothe Kreuz und folg CoroadoS, Puris und Corvro's mit Bedauern und Mit
ten nun dem Paniere dcS Großmeisters von Alcantara, leiden erfüllt hatte, fo machte doch jezt einen viel schreck
das dieser auf den Ruinen des Pallastes von Alhambra licher» Eindruck dcr Anblick von Menschen, die fast keine
aufzupflanzen hoffte. Spur von Hnmanirät in ihrem wüsten Aeußern trugen.
(Ende des ersten Abschnitts.) Indolenz, Stumpfsinn und thicrische Rohhcit waren in
ihren viereckigen, plattgedrückten Gesichtern, in ihren klei
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nen lind furchtsam stieren Augen, Gefräßigkeit, Trägheit Seele dieses Bild wieder umdreht, denn bekanntlich se
und Schwerfälligkeit in den wulstigen Lippen, in dem hen von >eher die Menschen die Gegenstande in der mit
Hängbauche, wie in dem ganzen toröscn Körper und dem dem Erqebniß des Tastsinns übereinstimmenden Stellung ;
trippelnden Gange ausgeprägt. DaS gräßlichste Bild aber ein Fall, wo die Seele diese Operation nicht machte, ift
bot ein Weib dar, welches dedeckt mit Wunden an den daher interessant, wenn gleich die Ausnahme so unerklär
Armen, Beinen und Brüsten, blutig und geschwollen, der lich ist wie die Regel. Sin Künstler fing an, seinem sie
Horde langsam nachwankte. Sie war von ihrem Hatten benjährigen Sohn Unterricht im Zeichnen zu geben; »i«
in Uebertretung der ehelichen Treue betroffen, in der Wuth erstaunte er aber, als der Knabe alles umdrebtc! iollte er
der bev den Jndiern so herrschenden Eifersucht an einen ein Licht zeichnen, so kam die Flamme beständig nach uu-
Baum gebunde«, mit Pseilschüssen durchbohrt und so ver-. trn, der Leuchter nach oben zu stehen; seine Tlscbc und
lassen worden . folgte aber jezt im Gefühle ihres Fehltrit Stühle streckten di, Beine in die Höhe. Der Pater hielt
tes reuig dem Zuge nach , so gut sie konnte. Gerührt dieß für Eigensinn, und strafte ihn für diese Bosheit ei-
und voll Schauders reichten wir der Hülffosen Maismehl gener Art; der Knabe aber versicherte, er zeichne alles,
und seztcn unfern Weg in traurigen Betrachtungen über wie er eS sebe. und seine Zeichnungen waren auch im
diese Halbmenschen fort. Diefc Horde ging zum Thcil ohne Uebrigen vollkommen richtig ; drehte man den Gegenstand
Waffen, mit einem Bündel Kleider von weißem Baumwol um, so zeichnete er ihn in der natürlichen Stellung.
lenzeug oder Kattun, die sie von dem Direktorium der In: Dieser Ausland dauerte jedoch blos bis inS achte Jahr, und
blauer oder von mitleidigen Einwchnern auf ihrer Wan der Knabe gewöhnte sich au die Sebweise anderer Men
derung erhalte» hatten, und mit ihrer Mundxrovision, ei schen. Ein Advokat sah auch eine Zeitlang alles verkebrt,
nem Banancnblatt voll Mandiocca unter dem Arme. Die die Häuser standen ihm auf den Dächern, die Menschen
Waffen, welche die bejahrten Männer trugen , waren gingen auf den Köpfen ; der Physiker Vollasten bemerkte
starke Bogen von dem rothen Holze des ?«« ck'«r<?<> oder in einem Zustand von körperlicher und geistiger Erschöpfung
'r.xieur,; , und ein Bündel Pfeile. Mehrere hatten ein einmal xlostlich, daß er von den Menschen, denen er be»
kurzes Messer an einem Faden um den HalS gehängt, und gegncte, überhaupt von jedem Gegenstand, auf den er daS
waren im Gesichte rolh bemalt mit einem schwarzen Stri Auge heftete, bloS die Hälfte sah. Eine Frau wurde an
che unter der Nase , quer von einem Ohre zum andern. der linke» Seite vom Schlage gerührt, und sah von Stunde
Wie wir später erfuhren, waren diese Halbunterjochken an bloS die rechte Hälfte der Gegenstände, und doch hatte
Botocudoö von dem Rio Doce in die Niederlassungen sie den Gebrauch ihrer Gliedmaßen wieder erhalten. ES
am Mio Grande oder Belmonte in der Absicht versezt ist ein Glück, daß diese Regelwidrigkeiten dcS körperlichen
worden, um in ihren ursprünglichen Wohnorten weniger GesichtSorganS sehr selten sind; das, das Auge deS Geistes
gesährlich zu werden, und um , nachdem sie die Lebensart desto häusiger verkehrt oder halb sieht, ist ein Unglück.
der Kolonisten und deren Einrichtungen selbst in der Nähe
geseken hätten, bev der Rückkehr vortheilhaft ans ihre
Stammgenosscn zu wirken: aber eben jezt waren sie im Korrespondenz-Nachrichten.
Begriff, sich wieder in ihre ersehnten hcimathlichen Wäl
der zurückzubegeben. Die BotocudoS am Rio Belmonte Wien. M«> bis Juli.
haben sich der Eivilisation geneigter gezeigt, als die am (Forrseyung.)
Rio Doce, welche durch die noch immer im Schwange ge Von Ballerten saken Wik ..daS besrcyte Jerusalem." vom
Balletmcister Sauicngo. S« ist ein gute« Stück '.'libcil,
hende Sitte, Menschenfleisch, bcscnderö daö ihrer Feinde in welchem . bis auf die tanzende» Kreuzritter im erste» Akt,
zu essen, und durch die Hinterlist und Grausamkeit, wo sich alles schö» auSuimink. Der vicrlc Akt. welci'er in '.'lrmi-
mit sie bis jezt sich dem Eindringen der Portugiesen ent de»i Zaubcrpallast vorgelit. in welchem sie Ritter Riiialdo
gegenstellen, und die Schifffahrt aus dem Rio Doce un fest zu l'allcn drobt , ist die Krone des Ganze». WaS den
Sinn nur befriedigen kann, wird darin wahrgenommen, und
sicher machen, ein Schrecken der Nachbarn sind. selbst der Verstand gebt nicht ganz leer auS. Mab. Brugnoli»
Samrngo war unübertrefflich, nicht unr im Tanz, sonder« a,,iel,
im mimischen Ausdrucke, der leider sonst i'o wenig im Ballekle
beachtet wird, und doch allein ilim li>l>ex^ Bedeutung jn ge
Merkwürdige G esich tS fe h l e r. ben vermag.
Von Konzcrtisttn lidrteii wir seit meinem lezten Beriete
Jeder Gegenstand, der in daö Auge fällt, malt sich Niemanden aufter Pa g a u i n i ; den» diese Freudc dcS Publi
nach optischen Geseyen im Hintergründe der Camera ob- kums und dieses Schrecken aller Konzerrgeber ist „och in »n-
scnra, welche der Angapsel bildet, auf der Nervenbaut fern Manern. Ich kan» Ilmen weder von der besondren »,,d
«IS ein kleines, verkehrtes Bild ab. Längst schon be sonderbaren Eigentbümlulikeit scineö Spiels . noch von drin
Krade der Tlicilnabme. wclchc er findet, einen l»nl,l»al,ci,e»
mühten sich Physiker und Physiologen zu erklären, wie die Begriff gcbeu. Noch nie IM die, Wiener irgend ein Küusü.'x
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so? mächtig und so bleibend enthusiaSmirt wie Pag «Iii ni» stellt sich sein Vilb bar. Mir gibt Washington ein recht
selbst nicht die Catalani oder irgend ein wälscher Sänger, deutliches Beyspicl, wie in alter Zeit nur gute, edle, ta
für welche sie doch bedeutende Vorliebe hatten. Immer noch pfere, kükue, schöne Mcnsche» Heroe» uud Halbgötte«
ist er der Held deS Tages, und seine Konzerte sind immer noch wurde», wie mit jedem Jahre das Zufällige und Einzelne melne
übervoll. Nachdem er mehrere derselben im Rcdoutcnsaale und mehr abfiel, und die Idee immer geistiger hervortrat.
gegeben hatte, erhielt er die Erlaubnis, im Hofburgtheater Washington tritt mir jedem Jaln-e niehr als das Bild eine«
z» spielen; Obschon die Darstellung erst um sieben Ubr be guten Bürgers, der «»verletzliche» Vaterlandsrrcue , strenger
gann, war das Theater schon um fünf Uhr dergestalt über Redlichkeit und fester Standhafrigkcit. und als der Repräsen»
füllt, daß Niemand weder aus noch ein konnte. Man mußte tant und Stolz des Landes dem Ausland gegenüber hervor.
Militär vor die Thüre des Parterres stellen, um den Andrang WaS gebt es' dic jetzige Generation <m, ob,« ganz so war, wie
unschädlich zu machen. Der Hof beehrte die Darstellung mit sie ihn glaubt? Der Historiker hat den Eid der Treue in die
seiner Gegenwart. War »ach den ersten zwe>? Stücken (P a ga Hand der Wahrheit abgelegt, aber dem Volke ist eS gut und
nin i spielt immer drey in einem Konzcrre. zwischen welche» höchst wünschcnswcrth , baß es Bilder der Tugend verehren
Mad. B i a n ch i ilngt oder Enscmblcstücke vom Orchester aus- Wenn die verehrten Jcfferson , Hamilton , Franklin in poli
gefükrt werden) der Bevfall schon stürmisch gewesen, so hat tischer Hinsic« immer noch zu Partheycn gehöre», so stcl«
die Sprache keinen Ausdruck, das Brausen desselben z« beschrei Washingtons Name schon außer dem Bereiche derselben , und
ben, als dcx Künstler, olme baß es angekündigt worden war, wird von allen der Vater deS Landes genannt.
nach dein teztcn Stücke Variationen über Heydns Volkslied: Hier gegenüber, am linken Ufer der Themfe, liegt de»
„Gott erhalte Franz de» Kaiser" spielte. Nach einigen Ta kleine Ort Sroron , des kühnen Leduards Geburtsort.
gen ließ ihm der Kaiser ein kostbares Geschenk zusenden . und Widriger Wind hält mich ab mit dem Dampfboote nach
ernannte ihn zu seinem Kammervirtuosen. Noch spielte er ei» Neu-Pork meine Reife fortzusetzen > und da plagt mich nun
zwcptcs Mal im Hofburgtheater, und einige Mal im Kärnth- djc Langeweile. Neu-Lonbo» ist ein häßliches Nest. Ich könnte
uerthortheatcr, immer mit gleichem Erfolge. Er spielt i» der mir zwar wolil die Zeit vertreiben mit meinen Hausgenossen,
Regel nur eigene Kompositionen , worunter Variationen mit einem Kapitän der Flotte, einem alten Wallsischfänger, Ne»»
der Glöckchenbcglcitung und fein lczlcs Werk, die Variationen London, so klein e« ist, beschäftigt zwölfSchiffc im stillen Occan
über das Volkslied, die beliebtesten sind. Ein Stück unter den mir Wallsischsang , nnd einem alten, reichen Herrn . der sein
drepcn , welch« er spielt, erckutirt er auf der G Saite allein, Geld an amerikanischem Mehle zur Zeit der frauzösifchen Re»
die er so beliandclt, baß man nicht im geringsten wahrnimmt, volutio» gewann. Jeder kann erzählen, und ich soll imin«
ob er auf ihr allein oder auf allen Saiten spielt. Die Äühn- von Bellcalliance auftischen, ich bin aber weder zum Hören
bcit seines Spiels ist einzig. Er vollendet Dinge, von welchen noch zum Sprechen aufgelegt. In solcher Stimmung gehe ich
selbst Kenner nicht einsehe», wie sie vollbracht werden. Dabcv immer , wenn ich nichts anders habe ober weiß , in Bnchläde»
ist sein Acußeres vo» der auffallendsten Art. Man denke sich und krame in den alten Schätzen. Man hat mich noch in je«
einen mittelgroßen, ungewöhnlich hager» Mann, mit einem dem Lande Europas nnd Amerika«, wo ich dieser Regel folgte»
ausdrucksvollen, aber tiefgefurchten und fast leicvcnblaffcn höflich anfqcnommcn . und ich habe oft interessante Dinge ge->
Gesichte, und schwarzem, klein geringeltem Haar, welches ihm funden. Heute fand ich denn ein Buch, das ich fchon lange
bis auf die Schultern hängt. Diese sonderbare Acnsierlichkeit suchte: 1'Ke blue I,«-, os l2o,.n«ctieut , die blauen Gesetze
unterstüzt er durch einen ungewöhnlichen, altmodischen Schnitt von Connecticut. Liuo heißt im Englischen in vielen Verl»».«
seiner Kleider , alle Kleidungsstücke sind lang und weit. Im duiiaen düster, >«mbr« , daher K» t>i>» tke diu« ckevil, ete.
linke» Knopfloch? trägt er das Band der Ehrenlegion. Sein er fangt Grillen , daher man auch so oft in englischen Karri-
Betragen ist artig und zuvorkommend, man könnte fast sagen kalurcn die kleinen Plagcg«ster blau gemalt findet. Wöhr»
demüthig , welches besonders in der Weise seines tiefen Ver nun Blau im englischen die>e Bedeutung bekomme» hat, da «S
heugens auffällt. Und dennoch trat, kaum glaublich, ei»e Künst- ben andern Völkern weit mehr die Farbe der Heiterkeit ist.
lerin auf. welche man mirP a g o » i n i in Vergleich brachte. Dem. weiß ich nicht. Warum ist grün , der Brautschmuck der Na,
Bertrand, erste Harfenspielcrm des Königs vo» Frankreich. tur , die Trauerfarbe der Türke» ?
Sie ließ sich z»m ersten Male in Paganinis angeblich lez- (Die Fortsetzung folgt.)
lem Konzert im Kärnthncrtbortheatcr bdrcn, indem sie von
ihr komponirte Variationen über das Thema: nel cor pi»
n«n n>i «ento spielte. Dem. Bert ran d hat im Harfen
spiele . sowohl was die Bravonr als was die Lieblichkeit und Auflösung beS Näthsels in Nro. IS1:
AmnutK betrifft, keinen ihr gleichen Künstler zu scheue». Sie, Die Zunge und der Verstand.
welche man sich verlier höchstens als erträglichen Lückenbüßer
daeiitc. um die Pausen zwischen Paganinis Tonstückcn auszufüllen
welche nur mit mäßiger TKcilnahme empfangen wurden,
ward nach ihrem Musikstücke zwey Mal nach einander stürmisch Lvgvgrypl).
gerufen. Sic hat seitdem zwei) Konzerte im Karnthnerthor-, Seufzt Liebe von der Trennung Plagen.
rbeatcr' gegeben , und so bedcutcnd wie das erste Mal gefallen; Wird sie vier Zeichen stet? verklagen.
da,,, kommt noch die Schönheit der Gestalt nnb die Grazie des Und singt doch: ..keinen gibt'S für mich.
Bcuehmens der Virtuos!«. Sc« noch so groß, ich überfliege dich^
(Die Fortsetzung folgt.) Und will der Flug nicht ganz gelingen.
Mehrt um ein Zeichen sie daS Wort,
Ne »-London, im Staate Connecticut. Da nimmt ein Gott mit goldnen Schwingen
(Fortsetzung.) Sie sanft in Arm und führt sie fort.
Washington ist es vorzüglich, der mit jedem Jahre , das
ihn ferner rückt, mehr der Heros dieses Landes wirb. Jmmrr
inehr verlieren sich seine speziellen Züge, und immer idealer Beylage: Jntelligenzblatt Nr. z«.
Verlag der I. G. Cotta'schen Buchhandlung.
N°. 198.

M v r g e n b l a t t

f ü r

gebildete Stände.

Montag, 18. Auguft 282 8.

Untkrm Himmklsdoch,
«i,f d,r Srde Flur
Ist Kr ^'.irft Schlag
Lelm dem Skaldn, ,,»r.
Mohnike nach Nicander.

D7e GlöckseligkeitSi«sel. hoben, den schuhlosen Gegner vermöge literarischer Ana-


Sagenspiek in fünf Abenteuern von D. A. Atterbom, themas vernichten konnten , den im entgegengesezten Fall
zahme Unterwerfung unter deren Machtsxruch mit Vor
im Auözngt mi>>zktl,k,lt rvn A. v. Helvig.
theil und Ehre zu belohnen versprach. — Es verdient i»
Wenn ich bis jezt über eine Dichtung geschwiegen, der That der Erwähnung , daß Daniel Amadeus A^
wclche bereits am Schluß des Jahre! t»Z4 in Schweden er terbom niemals eine der Aufgaben, welch« die schwedisch«
schien, s« geschah eS lediglich in Erwartung des Zwesten Akademie alljährlich sür die PreiSbewerbung gibt, bearbei
Theiles, um dadurch im Stande z» sevn, den Lesern eine tet, und, obwohl in höchst beschränkten Vermögenc'nmstSn:
befriedigende Uebersicht des Ganzen darzubieten. Endlich den, nie den Blick verlangend nach dem vergoldeten Lor
trat dieser Band, durch mannigfache Störungen und Be- beer erhoben hat, den jener Breopag je nach Gefallen den
rusSgeschäft« des Verfassers, gegen seinen Wunsch, ver bescheidenen Jüngern einer nach dem französischen Geschmacke
spätet, im Laufe der leztvcrwichenen Monate an's Licht, gemodelten Schule darzureichen befugt war. Für gegen
und ich säume nicht länger , wenigstens die Umrisse einer wärtigen Bericht genüge die Bemerkung, daß zuerst un
Dichtung hierzu geben, welche, sowohl ihrer Tendenz als ser Dichter, im Vereine mit gleichgefinnten Männern und
ihrer Form nach, wesentlich von den Leistungen verschieden, Jünglingen, einige Jahrgänge einer Monatsschrift her
die bisher dem deutschen Publikum von Schweden« neue- ausgab, welche, in Upsal« gedruckt, den Namen Pbe^xKo-
sten Dichtern bekannt geworden, vielleicht vor Allen geeig rus, als verkündenden Boten des Lichtes, an der Stirne,
net seyn dürfte , die geistige Verwandtschaft zwischen uns neben wohlgelunaencn Ueberseyungen aus alten und neuer«
und dem germanischen Norden darzuthun. Sprachen, auch kritische Beurtheilnngen meist schwedischer
Dieß wird um so begreiflicher , wenn unsere Leser in Werke enthielt, welche ästhetische Ansichten zur Sprach«
des Dichters Namen denselben Muthvollen Vorkämpfer er brachten, die größtenthetls dem damals herrschenden Ge
kennen, welcher in einem Alter, wo noch manche? Jüng schmack widerstrebten , vor allen aber den Grundsätzen je
ling kaum zur Erkenntnis? seiner eigenen GeisteSrichrung ner Akadcmie sich geradezu entgegengesezt erklärten. Fast
gelangt ist, bereits mit eben so klarem Blick als kühner zugleich (vom Jahre t»t2 an) erschien ein poetischer AK
Begeisterung, durch die Weihrauchwolke verjährter Vorur manach, worin Ätterbom als Herausgeber zuerst die lvri-
teile hindurch, die falschen Gösen einer Afrcrdildmig er sch« Gabe entfaltete, welche noch jezt die schönste Blütbe
kannte und angriff, deren Priester durch ein den Fran in dem Kranze bildet, den die Musen ihm geflochten. Ei
zosen nachgeahmtes Institut zu ofsicieller Bedeutung er nige Gedichte, die Blumen in ihrer höheren symbolische»
Bedeutung schildernd, mehrere Sonnette, durch den Na die, ,el'cn auf Eisinscln zum Ufer getriebenen Spiyberger»
men „Krankenbetrachtungen" uuter sich verbunden u.a.m. mit Klau'n und weißen Pelzen, uns so den Schauplatz im
gewannen dem Dichter alle jugendlichen Herzen. Das in höchsten Norden bezeichnend. Fröhlich läßt der Schützen«
seinen. Einzelnheitcn so reizende alS sinnvoll« Fragment ei chor den vom Süden hierher verschlagenen Südländer.
ner dramatischen Bearbeitung des! bekannten Feenmäbr- Florio, die, Sangesweise vernehmen, welche dieser den
chens, Vogel Blau, verbürgte dessen Talent für Dichtun rauhen Söhnen der Wildniß gelehrt; das Gedicht stehe
gen von größerem Umfang, als Attcrbvm sowohl den noch gleich hier, als für sich selbst von glücklichem Versmaaß
unreifen Lobpreisungen seiner Bewunderer, als nicht min und heiter-sinnvoller Bedeutung.
der den gehässigen Anfällen der durch seine kühne Polemik
gereizten Gegner sich auf einige Zeit durch eine Reife ent I ä g e r l i e d.
zog, die er im Jahre 1817 nach Deutschland antrat, wo Wilde, mächtige
der junge Dichter, von den bedeutendsten Männern unse Lust genieß!
Schau das prächtige
rer Zeit freundschaftlich, ja väterlich aufgenommen, hin . ' Ziel und schieß!
länglichen Lebensmuth und Lust gewann, um feine Wall Bellt, ihr Hunde, dort
fahrt nach Italien, und zwar bis nach Tasso's Heimath Tief im Grunde fort.
auszudehnen , wo des unsterblichen Dichters noch vielbe Vor dringt der Jäger mit blankem Spieß.
suchtes As«I in Sorrcnto einige der schönsten Stanzen, Schmettr', erweckender
in der Sprache des Nordens jenem Geiste verwandte An-, Hifthornschall,
klänge aushauchend, veranlaßte. In Albanv und während des Triff, erschreckender
freundlichen Landaufenthalts in jener herrlichen Gegend war Büchse Knall!
Färbe muthiges
es , wo Atterbom den Plan zu seinem jezt vor uns liegen Hochwild blutig, es
den Gedichte mit heiterem Fleiß ausarbeitete. Durch den Künd' es dem Felsen der Wikderhall.
vertrauten Umgang mit zwc» Dichter», Fr. Nückcrtund W.
Müller, vielseitig aufgeregt und gemeinsamer Erholung Spätsonn' senkt sich zum
sich erfreuend , drückte er auch seiner Arbeit schon im er Echneegefild,
Herze lenkt sich zum
sten Entstehen den Stempel idcalisch erhöhter Seelen- Traumgebild'.
stimmung ans. Keinen passenderen Gegenstand konnte er Weit über Torf und Moor
unter diesen Verbältnissen wählen, als das liebliche Mähr Eilet der Luchs hervor,
chen , das u»rer dem Namen der Glückscligkeitsinsel wohl Flieh'n Wölf' und Bären fo scheu und wild.
dem größten Theil unserer Leser, wie der Schreiberin die Heimwärts qehct der
ses, bereits aus den Kinderjahren bekannt ist. Ob es Schütz zu Thal,
wirklich eine Erfindung der Madame d'Aulnop (in deren Perlend stehet der
Werken es vorerst nachzuweisen), oder bereits von dieser Goldpokal.
Hochher blinkende
aus älteren Sage» aufgenommen und bearbeitet worden Stern' als winkende
vst, weiß ich so wenig als der Dichter selbst zu bestimmen, Augen leuchten im Liebesstrahl.
welcher an den buntfarbigen Fäden jener gefälligen Sage
ein, theils mährchenhaft heiteres , theils poetisch-tiefsinni Die lustige Figur eines Gesandten, der sein Leben
ges Gewebe angeknüpft, und im Gefühl, daß es an die sce- bev den abwechselnd waghalsigen Vergnügungen des könig
nische Aufführung keine Anforderung zu machen habe, das lichen Hofes gefährdet hält, scheint gewisse Dichter einer
selbe ein Sagenspicl in fünf Abenteuern genannt hat. benachbarten Nation zu ironisiren, die mit allzuvollen BaK
Wenn die dramatische Form dem Talent überhaupt ken die nordische Kraft auszuposaunen pflegen. Nur in
die größten Schwierigkeiten darzubieten scheint, so muß dem er sich an dem Nockschovß des rüstigen Hofmarschalls
man hier die Leichtigkeit des Dialogs mit Recht bewun Florio festhält , gelangt er über die Cisebeoe zum gemein
dern , welcher den Anfänge? nicht errathcn läßt und die schaftlichen Sammelplätze, wo jedoch der junge Herrfcher
verschiedenen Personen in gehaltener Charakterzeichnung umsonst erwartet, und bey immer zunehmender Unruhe
durch daS Gedicht hindurchfühlt, dessen Gang wir wohl vergebens von seinem Gefolge gesucht wird.
am besten ohne weiteres Hier Schritt vor Schritt berich Astolf, der indeß eben so fruchtlos sich bemüht, die
tend verfolgen. Gefährten durch sein Hifthorn herbepznrufeu , dringt im
In rauher, winterlicher Gegend sehen wir uns zuerst mer weiter nach dem im Osten sich dehnenden Waldge
von inunterm Jagdgetümmel umgeben. Der König, Asiolf birge vor, von welchem die Jäger vorhin allerlep Gesxen,
genannt, hat fo eben hinter der Scene einen Bären er- , stigeS zu erzählen wußten. Unruhe und schwärmerische
legt; feine kecke Jägerschaar eilt lustig zun, Kampf gegen I Naturbetrachtung wechseln in se/ncm Gemürh, als der schon
I
fast Erschöpfte jenfeitS eines iden Schneeieldes das gast: mal traten wir in einen großen, mit einer Mauer umge
liche ^icht rinn, zwischen steilen Felsen eingeklemmten bene» viereckigen Hos und befanden uns innerhalb des
Behausung erblickt, und, neu ermuthigt, seine Schritte kaiserlichen Harems. Dieser Play war mit einer Menge
dahin richtet. blaugestr. lfter Zelte bedeckt, unter welchen des Kaisers Wa
(Die Fortsetzung solgt.) che in maurischer Trägheit schlummerte, während die Pserde,
mit den Beinen an ein Seil gebunden, der brennenden
Sonnenhitze «uckgesezt, um Ine Zelte «.erstanden. Der Sir««
cowiud, der sich inzwischen erbeben, machte iezr die Hitze
M a r v c c o.
ganz unerträglich, und unbeschreiblich war daher unsere
Uni zwei, Uhr Nachmittags, so erzählt Kapitän Bean- Freude, als wir endlich gegen vier Ubr unter einem, vcii
clerk in seiner unterhalreudeu Reise nacbMarocco, wur Pfeilern und Schwibbogen getragenen WachtdanS abstte,
den wir der Mauern der Stadt ansichtig; die Svene vor gen, daö mit militärischen EaidS angefüllt war, welche
derselben ist in Folge der Menge des ausgegrabenen Sal ihr Cauöcassau aßen, Karten spielten oder de» R«senkranz
peters sehr uneben. Der Anblick der Stadt, der sich unS beteten. Hier streckten wir unS auf daS bloße Estrich hin,
darbot, als wir durch daS aus rokbem Sandstein erbaute und suchten nun unfern fürchterlichen Durst zu sullen.
und mit eingedauenen und qemalren Arabesken bedeckte Umicnst tranken wir ein Glas kaltes Waffer und ver
Tbor gegangen waren, laßt sich kaum beschreiben. Die schlangen ei» Stück Melone nach dem andern ; denn kaum
Menge der wilden schönen Gelinter, der starke Körperbau waren sie durch die Kehle gegangen, als auch derMund scken
der Bergbewohner , welche sich herzudräugten, um die Na- wieder trocken war, und die Zunge, wenn wir zu sprechen
zaräer zu sehen; das Erstaunen, welches sich auf einigen suchten , gegen den Gaumen klebte. Wir waren unglück
Gesichtern malte, und die Gleichgültigkeit und Verach licherweise zu einer ungeschickten Stunde angekommen, denn
tung, die sich auf andern blicken ließen ; die schlaffe Träg es ist der Gebrauch des Sultans, von zehn bis vier UKr
heit der gutgekl^ideten, auf dem Bode« sitzenden Männer, bev seinen Weibern zuzubringen, während welcher Zeit
(<S ist der Gebrauch der vornehmsten Personen , obne Be Niemand eö wagt ihn zu stören, vnd da mau keine Vor
schäftigung stille zu sitzen), und der listige Blick des brau kehrungen zu unserem Empfang getroffen hatte , so wußte
nen Arabers waren für unS lauter neue, interessante Ge man nicht, in welches HauS man ouö bringen sollte. Alle
genstände. Der Vvlkshause ließ sich nur mir Mühe zu Geschäfte , wie wichtig sie anch seven, stehen nm dieie Zeit
rückhalten, und ihre Begierde, unsere Kleider und be stille. Wir fuhren indessen fort kaltes Wasser zu trinken
sonders unsere aufs Höchste beneideten Waffen zu befühlen, und de» D>,rv>i.>mno zu verfluche»; aus d>e>e Arl brach
war so groß, daß sie sich dafür den härtesten Schlägen bloS- ten wir fünf bis fechS der peinlichsten Stunden unseres
stellten. Halb von Staub erstickt, von der glühenden Sonne rebenS zn. Endlich ertönte die sanfte, gedehnte Stimme
versengt, zogen wir unter dem Pöbelkaufen durch die dcS Muzzi» von dem Thurme der königlichen Moschee zum
Straßen. Wir kamen bev dem Richtvlaye vorüber, wo Abcudgcbete, welchem der Sultan immer bepirohnt, wenn
wir drcy Köxsmünner unter kleinen Schuppen sitzen und er von seinen Frauen kommt, worauf er sich an die Geschäfte
gleich nach Mord dürstenden Bluthnnden in der MittagShilze begibt oder in dem Garten spazieren geht.
ruhen sahen. Nachdem wir durch sehr große, mit Trümmern
bedeckte und von Erdwällen durchschnittene wüste Strecken
gegangen waren, kamen wir zu der großen Moschee, einem
schönen Gebäude im m.ilirischen Geschmack. Hier betraten Der A b e n d st e r n.
»ir anfs Nene einen bewohnten Thcil der Stadt, deren
Häuser meistcntheilS niedrig und klein, und deren Straf» Wie bciter blickst du, Abendstern,
Ans klarem Blau beruh.
seil fo außerordentlich mit Uiirath angefüllt sind, welcher Und strahlest doch wol'l nah und fern
nie weggeschafft wird, daß in manchen derselben die Flur Auf manches frische Grad!
der Häuser mehrere Fuß unterhalb dcS WegeS liegt, so
da» die Bewohner genöthigt sind, in diese ihre Höhlen DaS kommt, weil du im Himmel bist
Dem Erdcndunst entrückt.
aus und ein zu kriechen. Nachdem wir ungefähr vier eng Wo sich ein jeder (>!ram vergißt.
lische Meilen durch diese ungeheure, halbzerstörte Stadt Der uns hier unlen drückt.
zurückgelegt, erblickten wir die grünen Dächer der könig
lichen Wohnung (denn grüne Ziegel sind eine Auszeichnung Und Ruhe strahlt dein Heller Blick
meine wunde Brust,
für königliche Gebinde) ans den großen ummauerten dun Sie fühlt der Erde reinstes Glück
keln Olive»- und Pomeranzengärten hervorragen; auf ein. Und athuiet Himiuelslust.
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Ss liegt die Welt mit Tiefen, Höh'n mentarische Geist in manchem fort. So warb ein Bekannter »o»
So still und friebensreich. mir vor etwa fünf Jahren in Connecticut angekalten , weil
Und deutlich spricht ein sanftes Wehn: er am Sonntag reiste, und wegen Lr«»cK «f 8»Kb,tK vcr-
„Der Himmel ist in euch!" klagt. Der Gerichtshof sprach ihn nicht positiv frey, sondern
Alfrid. nach der schlauen Ausflucht, dag nach englischem Gesetz kein
Mann an einem Sonntage anders als wegen eines Verbrechen«
verhaftet werden kann ; am Sonntage zu reisen, ist aber kein
Verbrechen, also der Arrest ungültig und die Anklage nich
Korrespondenz-Nachrichten. tig ; nun verklagt der Angehaltene den Censtable wegen ge
N e >> - L o n d o n , im Staate Connecticut. setzwidriger Verhaftung , und dieser wird bestraft. Die Karte,
(Beschluß.) welche Karl II. gegeben hatte , wurde bald hoch geachtet, und
Jene KIu« sind so genannt, weil sie mit höchster als auf Befehl Jakob« II. Sir Edmund dieselbe au« Hartford
Strenge, viele sogar wirklich aus den Gesetzen Mösts entnom (1686) abholen wollte um sie zu vernichten, zankten sich die
men , alles noch in israelitischem Sinne bestraften. Sie sind Bürger mit demselben bi« Abend, da wurde endlich die Karte
das Gesetzbuch. baS sich die Ansiedler Connecticuts, wenigstens hervorgebracht, plötzlich aber alle Lichter «««gelöscht, und da«
eines TheilS desselben in ihrem puritanische» Eifer, der sie ans Dokument verschwand. Kapitän Wadswvrtb versteckte da«
England vertrieben , in Ermanglung von etwas Besserem, Kleinod in einen hohlen Baum . der noch gezeigt wird. Con
selbst gegeben hatten. Im Jahr IliZI siedelten sich die ersten necticut mußte indessen Sir Edmund doch gehorchen, wurde
Engländer in Connecticut an. 16Z9 kamen die Pflanzer von wieder frey mit Wilhelms Thronbesteigung , sollte aber später
Ncw-Haven . welches sich aber erst später mir Connecticut ver wieder vom Gouverneur von Neu-Vork zu strengein Gehorsam
einigte, zusammen, ,.um ein bürgerlich Regiment zu stiften," gebracht werden. Oberst Fletscher kam 1692 von dieser
und die Protokolle dieser Versammlung sind sehr interessant. Stadt, und vcrlangre, die Miliz solle sich versammeln. Als dicß
Es ist ein reiner Kontrat sociale, wie er nur in der Ge geschehen war. befahl er seinem Adjutanten den Befehl de«
schichte vorkommen kann ; aber die armen Leute wissen nicht, Königs zu lesen. So wie dieser ansing zu lesen, rief Kapitän
wie sie es angreifen sollen , obgleich sich vom ersten Augen WadSworW : Tambour ! Dieser rührte die Trommel. Oberst
blicke an ein lebendiger Freyheitssinn auch in politischen Ange Flctschcr befahl Ruhe , der Adjutant las wieder. Wadiwvrth
legenheiten äußert , und so nehmen sie denn ihre Zuflucht zur rief: Getrommelt ! und al« der Adjutant zum dritten Mal
Bibel. Wie seltsam , in Amerika nimmt ein Völkchen guter, lese« wollte, der Trommelschläger aber zögerte, WadworthS
düstrer, phantastischer Christen im Jahre 1639 Zuflucht zu Befehl zu folgen, rief der Kapitän: Trommle, sag ich.
Gesetzen, die vor mehr als 2lw« Jahren einem asiatischen trommle ! und wenn mein Tambour wieder unterbrochen wirb,
Hirtenvolk nnb Inden gegeben wurden! Ich weile ein Paar so will ich die Sonne durch Euren Leib scheinen lassen. Oberst
Säyc auS dem Protokolle mit. Nachdem einen Tag lang ge Fletscher mußte abziehe» , und die halsstarrigen , übrigen« bis
fastet und gebetet worden war, kamen am Iteu Juni die Pflan zn einem gewissen Grade sehr loyalen Bürger waren sich selbst
zer zusammen, beteten :c. , dann wurde . nachdem man über überlassen.
eingekommen, daß ein bürgerliches und ein kirchliches Regi Der Nachbarstaat von Connecticut, Rhode JSlanb, zeicb,
ment »ötliig sey , Robert Newmann gebeten .,mit Buchstaben" net sich seit seiner Stiftung durch Roger Williams , einen
zu schreibe» und laut zu lesen, was vorgeschlagen und ange Geistlichen, der aus Massachuscrs vertrieben worden war, weil
nommen werden würde. Die erste Frage ist , ob die heilige er allgemeine Scwisscnsfrcyhcir verlangte, durch seinen höchst
Schrift alS vollkommene Regel für die Regierung aller Men liberalen Sinn aus. I» einem Zeitalter) wo man nur in
schen und für alle Pflichten gegen Gott und Menschen gelte, was wenigen Städten , wie in Venedig , alle Religionen duldete,
einstimmig bclwr wird. Zweytens, ob für alle Fälle. Erbschaf aber in keiner jeder Religion freye, gleiche Bürgerrechte gab.
ten u. s. w. die Bibel als Gesetz hinreiche, und ob alle Pflan war Providencc , die erste Niederlassung in Rhode Island, der
zer einem Vertrage (Coocnant) Folge leisten wollen, der ein einzige Ort in der Welt , der vom hergebrachten Grundsatz der
auS der Bibel gezogenes (Gesetzbuch feststelle; einniüwig anqc- Intoleranz abwich , nnb dieser liberale Geist ist noch jezt kennt
»olnmen. Eine fernere Frage war, welche Personen tüchtig lich. Der Sonntag wird in diesem Staate nicht so jüdisch-eng
für die Regierung scyen, und Davcnport fragte, ob die Be lisch steif gefcyert als in den andern Norbflaaten und in Eng
schreibung solcher Männer hinlänglich inErod. 18. I.Deuter: land , und noch vor Kurzem erklärte die Legislatur . baß es
1. 1Z. Deut. 19. 1 Cor. 6. 1 — 7 zu finden sey. Nach ungescizmäßig sc», auf irgend eine Art nach dem Glauben eines
ewigem Stillschweigen wurde dicß bejaht. :c. Selbst im Codex Menschen beu bürgerlichen oder gerichtlichen Verhandlungen
von Ist,',» für Connecticut, der schon in Kapitel. Paragraphen :c. zu fragen , wozu sie sich aufgefordert fühlte, da der Richter
geweilt und ein wirkliches Gesetzbuch ist , weht noch ganz der Störy be» seinen Sitzungen für die vereinigten Staaten dir»
alttesramcntarische Geist. Das Kapitel von Todcsvcrbrcchen cv.it c«ur>5 os lk« 17. di.) »ach englischen Gesetzen eine» Zeu
ist wörtlich aus der Bibel genommen, wonach selbst das Kind, gen Kalte verwerfen müssen > weil dieser früher vor andern
welches seinen Eltern flucht, sterbe» soll. Ein Gesetz bestimmt, Zeugen geäußert hatte, daß er an Gott zweifle. In Eng,
daß Tabakskaucn allen verboten ist, die es sich noch nicht ange land hätte jeder Richter eben so entschieden. Künftig kann aber
wöhnt haben, und der neue Herausgeber diese« Buche« hat nicht« der Art mehr vorfallen , weil die Gericht«hbfe der ver
»icht übel zum Titelkupfcr einen Sonsiable gewählt , der einem einigten Staaten sich in den änßeren Regel» nach den Gesetzen
Manne Tabak auS dem,Munde nimmt. Unter den Protokol der Staaten, wo sie gehalten werden , richten müssen. Rhode
len der Gerichtshöfe (Kecorck,) kommt z. B. vor, daß zwcy Island hat noch keine Verfassung , und regiert sich nach der
Eheleute bestraft werden , weil sie in Gegenwart der Kinder Karte, welche es von Karl II. 166Z erhielt, und die der alten
am Sabbaw sich geküßt habe». Sparer. 1662, erhielt Connec Tonnecticutcr gleich ist.
ticut wie Rhode Island eine Karte von Karl II. von Eng
land, und regierte sich nach dieser bis 1818, wo sich der Staat
eine liberale Konstitution gab. Jndeß dauert noch der alttestas Beylage: Kunstblatt Nr. es.

Verlag der I. G. Cotta 'sehen Buchhandlung.


199.

M v r g e n b l a t t

f ü r

gebildete Stände.

Dienstag, iy. August i 8 2 8.

Ein Vürger - Krieger n,,bt. den Voden tritt sein !^ul.


Bus dem er mit befreynd. «Ii jung« Held, gestanden.
Er weint, und Liebe grüßt und Llrfurcht leitet ibn,
Bor einem Mensche» liegt ei» Dolt auf seinen Kme'n,
Doch der geliebte Gast, auf diesem Strande stehend
Für Keil'.ze Frevl cit Kit getainpfet immerdar.
Und bieg gebückte Volk, sein <k»rkiifkst beaebend,
Hat sich vor nicht« ged«»gt, wa« nicht die Tugend »ar.
Gustav Schwab,
nach Delavigne.

Daö große Ballfcst in Ncw-Vork zu Ehren LasaycttcS. ziergang, die Batterie genannt, entfnmt. Es ist
auS rothbraunem Stein gebaut, ist fast kreisrund und
Von Server. wird wohl gegen z„„ Fuß im Durchmesser halten. Den
Wie wenig kennen wir noch das Volk, dessen erstaun- größten Theil des MaumeS nimmt der mittlere Hof ein,
iichcn Entwicklungsgang die monarchische Einbildungskraft denn das Fort besteht a»S nichts als einer Art Batterie,
der Völker der allen Welt kaum zu fassen vermag ! Wer die nach verschiedenen Abänderungen jezt in eine Meng«
könnte uns aber sein Vaterland in sittlicher Hinsicht bes kleiner Zellen oder Behälter abgctheilt ist. Darüber em
ser kennen lernen, als der Mann, der durch seine roman por ra.zt eine hohe Terrasse, die ein Belvedere bildet. In
tischen Schilderungen in uns ein so lebhaftes Interesse für der Mitte dieses großen Hofs errichtete man einen Mast
die stieschichte seiner Nation rege gemacht hat? (> ooxer und breitete darüber ein großes Zelt von den Segeln eines
richtet seine Briefe über die Sitten »nd Institutionen der Kriegsschiffs. Die Spitze des ZeltS wurde mit Fahne»
Vereinigten Staaten von Nordamerika an drcv Freunde, bcbängt ; ein Dach, das von den Wällen auS ein wenig
einen Holländer, einen Engländer und einen Franzosen, nach innen lief, war mit Stufen bejezt, die eine Art
«nd spricht nicht selbst, sondern läßt einen Engländer spre Amphitheater bildeten. DaS Innere zerfiel demnach in
chen. Einige Proben auS diesem interessanten Werke wer mehrere Abteilungen : den großen Saal, der sich im Hof-
den willkommen fern. ranm gebildet hatte, den ungeheuren kreisförmigen, ge
wölbten Korridor, der das innere Fort bildete, sodann
die Stufen , die sich etwas unter dem Bclvedere befanden
Bev Lafavettcs Rückkehr von seinem Ausflüge nach und von Säulen getragen wurden, sodann das Belvedere
Poston beschlossen die Bürger von New-Vork ein allge selbst ; über Alles her breitete sich das erwähnte Zelt.
meines Fest z„ veranstalten, viele Korporationen hatten ihm Cadwallader hatte sich BillctS für sich und mich ver-
bereits für sich welche gegeben. Dicßmal wurde der Ball schafft, und um zehn Uhr machten wir uns auf den Weg.
auf Subskription veranstaltet und eine Menge Personen Zive» Hauptstraßen der Stadt laufen gerade Sastle-Garvcn
von allen Klassen sollten daran Theil nehmen. Zum Ort gegenüber zusammen, durch die eine fuhren die Wagen
des Festes wählte man die alte verlassene Festung, woselbst auf die Batterie, durch die andere zurück; man hatte für
er bev seiner Ankunft in Amerika an'S Land gestiegen war, diesen Tag Pallisaden errichtet, damit die Kutscher in der
Castle-Garden mit kamen. Das Fort liegt auf einer Richtung bleiben mußten. Ich darf wohl sagen, nie fad
künstlichen Insel, ein Paar hundert Schritte vom Spa ich noch einen so mächtigen Zug sich leichter und in größe
794
rer Ordnung bewegen, denn man muß nicht vergessen, daß mal, ick war sehr angenehm überrascht. Während ich so
gegen s»»» Personen eingeladen waren, eine Iahl, die mit der Menge hinzog, kam mir wohl ganz natürlich die
bey einem europäischen Feste wohl selten überschritten wird. Besorgniß, ich werde da am Ende doch nur unter einen
Die Ruhe, welche herrschte, beweist, daß es zu Aufrecht Menschenhaufen von feinem Ton gerathcn , wo man sich
haltung der Ordnung nicht immer bewaffneter Macht be nicht sehen, nicht verstehe,?, nicht werde tanzen können;
darf. Man sagte mir, es seyen wohl einige Polizeybeamte kurz ich machte mich darauf gefaßt, fast zu ersticken, mich
zugegen, aber keine Gensd'armen, und doch fiel es Nie zu langweilen nnd die ganze Geschichte mit einem Kopf
mand ein aus der Reihe zu lenken. Da war nichts von weh zu bezahlen. Aber kaum hatte man den Bersamm-
eitel» Unterscheidungen zu bemerken ; Niemand meynte, lungssaal betreten, so war von dem Gewühle, daS sich
seine Ehre erfordere es, den Vortritt vor andern zu ha gleich einem Strome, der durch eine enge Straße bricht,
ben. Auch überzeugt mich die Erfahrung immer fester, hinwälzte, nichts mehr zu spüre», gleichwie ein brausen
daß es, um den Qualen der Eigenliebe ein Ende zu ma der Strom sich glättet, sobald er sich frey ausbreiten kann.
chen, kein besseres Mittel gibt, als die Gebräuche, die Es waren hier vielleicht fünftausend Personen beysammen,
sich auf den Unterschied des Rangs gründen, abzuschaffen. und, so zahlreich auch die Versammlung war. Jeder schien
Ich weiß es wohl, das menschliche Herz ist überall so ziem sich behaglich zu fühlen. Vierzig bis fünfzig Quadrillen
lich dasselbe, nnd allerdings kennen Republikaner den Neid waren gebildet. Hunderte von Menschen bewegten sich um
so gut, als andere Völker ; sie machen aber wenigstens bey die Tanzenden her, während tausend andere von den Stu-
ihren verschiedenen Ansprüchen daS Publikum nicht zum fen und dem Belvedere wie aus den Wolken herabblickten.
Vertrauten. Wer offen damit herausrücken .wollte, würde Ich gestehe dir, ich und Cadwalladcr waren bey diesem An
bald inne werden, daß kein Mensch irgend eln Vorrecht blick so überrascht, daß wir eine Zeitlang am Eingang ste
anders genießen kann als durch die Duldung Anderer, und hen bliebenund um uns her und in die Höhe blickten, g»
daß man sich das Vorrecht ruhig und bescheiden gelten ma unserem Tröste bemerkten wir übrigens, daß Jedermann
chen muß, wenn es nicht streitig gemacht werden soll. Im unser Staunen theilte ; Tausende von Rosenlippen öffne
Geheimen mag man sich daher wohl um Vorrechte streiten, ten sich zum Rufe der Uebcrraschung, mit jedem Augen
es wird aber nichts davon bekannt. blicke nahm das Gedränge an dem Platze, wo wir Halt ge
Wir stiegen an der Brücke , die von der Batterie ans macht hatten, zn; Erstaunen, Bewunderung hatte Alles
die Insel führt, aus. Sie war in eine herrliche mit- Blu gleich uns gefesselt. Dranf machten wir uns daran, AlleS
men und Teppichen geschmückte Gallcrie verwandelt. Hier der Reihe nach zu betrachten.
strahlte ein gemüßigtes, sanftes Licht, und dicß gab dem (Der Beschluß folgt.)
Eingang etivas Geheimnißvolles, das einen herrlichen
Eindruck machte. Hier und da erblickte man das Meer
und das dumpfe Brausen der Wogen stach angenehm gegen Die G l ü ck s e l i g k e l t S i n f e k.
die Musik ab, die aus der Ferne herübertönte. Von al-
len Seiten kamen Dampfschiffe an, und man londete"an (Fortsetzung.)
der schmalen Terrasse, welche die Feste umgibt. Eine Der nächste Auftritt führt uns in die Felshöhle, wo
Menge elegant gekleideter Frauen glitten im Dunkel da Anemotis, die Mutter der Winde, ein uraltes, rie
hin, dem ungeheuren Thore des Forts zu, von woher uns siges Weib, am Spinnrocken sizt, von dessen wild kreisen
ein Lichtmeer entgcgcnstrahlte nnd uns als Pbarus diente. dem Rade wechselnd Funken und Schloffen umhersausen,
Du kannst dir denken, daß ein solcher Anblick seine Wir welche scherzende Irrlichter sich aufzufangen mühen. Eine
kung auf mein reizbares Gehirn nicht verfehlen konnte. Schwalbe, sonst die Botin ihres Sohnes, Zcphyr, bringt
Ich blieb ein wenig stehen , um des ganz eigentbümliche» ihr Kunde von Astolfs Naben, der sich alsbald kühn, doch
Eindrucks zu genießen , den man erhielt, wenn man die bescheiden, darstellt, und diel Gunst der Matrone gewin
se« festlichen Raum zum ersten Mal betrat, und dann nend, von ihr mit den etwas scharfen Eigenheiten ihrer
stürzte ich mich in den Strudel. Du weißt, ich bin bey Söhne bekannt gemacht, zugleich aber auf Iephyr, ihre»
manchem öffentlichen Feste in Europa gewesen, aber ich Liebling, vertröstet wird, welcher später als seine älteren
mevne keines gesehen zu haben, das einen so interessante« Brüder erscheinend, der Mutter Vorwürfe durch die Schil
Anblick darbot. Ich weiß nicht, rührte die Wirkung, die derung des Vergnügens beschwichtigt, welches er auf der
er auf mich machte, vom schönen Kontraste zwischen dem geliebten Jnfcl in den Scherzen mit den Nymphen der Kö
geheimnißvollcn Zwielicht in der Gallcrie uud dem Licht- nigin F elicie, uud diese selbst umgauckelnd, aenvssen.
glänze des Ballsaals, oder von dem Umfange des leztcrn In ahnungsvoller Neugier nähert sich Astolf dem Ae-
oder vielleicht daher, daß ich fühlce, wie Alles dieß meine phyr, in dessen Bericht er die Bilder eines Traumes wie
europäilchen, Vorurtheile Lügen strafte ; gewiß ist es ein? dererkennt, der ihm früher jene Gestalten in wunderbarer
795
Beziehung zu dem eigenen Schicksale gezeigt hat. Nur ti n ?ulezt erreicht der Aug doch die Dattelpalm'.
Wunsch bewegt seine Seele jezt: jene Insel und deren .Kö Sin Quell singt dort tm Schatten den Abendpsalm ;
nigin zu sch««en. Unempfindlich für die roden scherze Im Die klugen Kaufherr» streichen den langen Bart,
Zell bequem sich streckend, »ach Mosllm-Art.
der übrigen Winde ziehen Aexdvr und Astolf sich in die
innere Grotte zurück, dort, ihr leichtes Mahl mit Cham Mit Mutb nun xrablt ein jeder und Wissenschaft,
Mit Vorsicht. Weaeknnd' nnd der Kameele Kraft.
pagner, Sephvrö Lieblingstraak, zu würzen, indeß Ane- Dann lNirschlua man den Gewinnst, der baar
motis ältere Söhne sich um die Tafel sammeln, auf wel An Gold, «n Elfenbein nnd ^ Häven war.
cher die Speisen geordnet, welche sie seldst und ihre die Da fandt' ich beiß erstickende Wirbel her.
nenden Winde an Kokosnüssen, .Kastanien «. a. m. unter Und bald von, langen ?»ge si,l r man nichts mehr.
wegs geschüttelt und der Mutter mitgebracht haben. Sin Haurt nur ans dem Sande ragt dort und hier.
Doch daß es ferner rechne, bezweift' ich fchler.
Don dem Gespräche zwischen Zerdpr und Astolf stehe
nur die Stelle hier , wo dieser die Sigenthümlichkeit sei« Nicht über blaue Lippen geht mehr ein c?id.-»
Der Mond scheint bleich herunter, als fevs ihm leid;
»es menschlichen Empfindens im Geaeofave zu dem heiter Empfindsam doch dem Schakal zeigt er den Ort,
dämonischen Dase?» seines Freundes hinstellt, wie anderer Der müht Kevin leckern Mahle sich bestens dort.
Eeits aus dem wüste» Treiben in AnemotiS Grotte nur Wenn bald der klugen Schädel kreidweißer Schein
die Erzählung der drey Winde auch ihren Play finden mag, Nicht minder prunkt, als früher ihr SIsenbein,
nm von des Dichters Bnichaunngswelse Kuude zu geben, Will ich von den Gesellen den Staub verweh«.
webev die verschiedene Form des Versbaues «IS höchst cha Ob hirnlos sie noch grübeln, mir dort besehn.
rakteristisch nicht zu übersehen ist. « n e m o t t s.
Astolf spricht zu Zexbvr : DaS siebt dir ähnlich! — wirft du nimmer lernen,
Dn Glücklicher! — ein fein und flüchtig Blut WaS Bildung ist — Humanität und Sitten?
(Däfern man diesen Namen auch dem Saft Lach immerhin ! nur Kummer machst du mir.
Aus Blnmcntbau und PlütKendnft kann geben) (Der Hal>n kräl t außerhalb der Höbt«).
Strömt durch dein Geistesderz von Tag zu Tag, Horch, die? der erste Ruf! — nun Nord, mein Lieber?
Gleich ungestört, mit ewig leichtem Schlag. Nordwind.
Du atmest nimmer, wie getrübt und wild Du schiltst mit Recht, v Mutter, des Brnders Bubenstreich :
Der Strom ist, der durch meine Ädern rollt; War' sterblich er, ihn fällte mein gutes Schwert sogleich.
Nicht, wie das Leben in der Menschcnbrust Mein Meer mir rein i» Kaltt» ganz andre Müh mir «ad.
Sich zwischen trägem Stand und qlüb'nder Lnft, Von Tdoren, die da snchen, iro Wotmimg mir und Grad,
In nnbarmberz'gem Wechsel kämpfend, wandelt. Sie sväken alle Pfade, qebranchen >eden Kniff,
Dir ist der Schmerz nur ein bewölk, ein Flor, «uf Schlitten fahren rorr »e, hier segeln siez« Schiff.
Dünn vor der Sonne oder'm Mond gespannt, Bald wähnen sie, ich Kaufe in cw'gem Eisgefild',
Don deiner Rosenlippen leichtem Hauch Bald, wo in offnen Zlntden ein Eiland sonnig, mild.
Alsbald hinweggeatdmet. — UnS ist Schmerz Du, Mutter, kennst mein Schloß ja, so sage selbst wohlan.
Sin grimmer Gever , zehrend spät und srüti Ob's solcherlc» Gewürme zur Herberq dienen kann ?
An seinem Raub, in de» er tief sich einfrißr Wenn meiner Festung Thorwall, d'ran EisdcrgS Thürme
Bis in des innern Lebens edlen Sift, ftehn,
Und nie läßt er Hinsork ib» loS. — erscheinet Sie zu der Burg auch einließ, waS wär' damit geschchn?
Die Freude selbst als Wahnsinn, doch — gewaltsam Auf den granitncn Stützen ans blaulich blankem Eis
Geraubt vom Augenblick, dem Ranfch vcrqleichdar. Wölbt' ich mir Hobe Säle nicht ohne Kunst und Fleiß.
Strenger Nolbwendigkeit stetS wache Unruh' Doch durch die weiten Räume der freve Luftzug wallt
Durch falscher Bilder luft'gcn Dunst betäubend. . . . Um mich nnd meine Diener, das nenne Mcnschlein kalt.
Wenn NordschcinS Funkeln leuchtet auf Fenstern von
Die dre? Winde erzählen also : Krvstall,
Südwind. Da spielen Krieg wir drinnen , der edlen Helden Fall,
Von Gift und Qualm und würdigen Dinte» schwer. Und, schlagen unsre Klingen auf Schilder von Magnet,
Schwebt' ich von Sevlon längs Sahra's Wüste her. Zieht bnrch die Welt em Laut hiu, den keiner doch ver
Dort zog im heißen Sande schon manchen Tag steht.
Die Karavane schmachtend der Quelle nach. Wer fänd' auch meine Wohnung sonst traulich wohl alö
wir? —
Verzehrt vom Durfte, getäuscht durch luft'gen Schein,*) Umringt sie gleich ein Garten, reist nichts doch eßbar hier.
Wähnt blanker Flutb und Püschen sie nab zu sevn: Aus Schnee blüht jedr Blume, die Frucht aus Verustein
Wohin sich kcbrt doch müder Kameelc Lauf, lacht —
Nimmt fahlgcbranvte Fläche sie höhnend auf. c?rz sind die blanken Stämme, von Greifen streng bewacht.
So tadelst dn, o Mutter, wobl mein Beginnen nicht?
Mit einem Menschenhäuflein hielt nochmals ich Gericht.
1 Es Ist bekannt, dal die WSste auch ihr»?»'» «arxini bat Es fror am önßcrn Thorr der Helden Schifftein fest —
und seltsame Gebilde der atmosphärischen Luft die Wanderer Die piepten gleich den Mäusen im wohlverwahrten Nest;
oft grausam täuschen. Ich sah's, wie zwischen Klippen von Eis es Alzen blieb.
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Da mit ihm flugs mein Hofnarr, der Eisbär, Kurzweil muIl» als multum enthielt. Die vorzüglichsten Gemälde wa,
trieb. rcn ein Christus von Ku pp e lnie ser, ein Paar Landschaft
Ich ließ vorwitz'ge Mannschaft dran üben ihren Mnth, ten von Rebell, Bbdelberger und Olivier, eine hei,
Bis Frost und Hunger kühlte das allzuheiße Blut, — ligc Familie von Rear, zwey Situationsstücke von Wald,
Da stieg empor zum Wall ich und brüllt' — es flog mit müller, und zwey historische Gemälde von Pctter, di«
Knall Stoffe au« P y r k ers herrlicher Rudolfiode behandeln. Unter
Dahin der TKürme Bollwerk, frcv war der Wogen Schwall. den Miuiaturgcmäldcn waren die von Agricoln die vor
Ob ganz an Arm und Bein auch den Strand kaum Ei züglichsten.
ner grüßt, (Der Beschluß folgt.)
G'nug ging die Reife hurtig und ward die Lust gebüßt.
(Die Fortsetzung folgt.) Pariö, August.
Man hatte angekündigt , daS Gaitetheater wolle ein
Melodram aufführen , „die Pest" betitelt, worüber ein«
Korr espondenz -Nachrichten. der kleinen Journale die beißende Bemerkung machte, daß
andere Theater die HungerSnoth einstudirtcn. Wirklich
Wie», Mai bis Juli. sind einige Theater in großer Geldnoth , und können sich kaui»
aufrecht halten. DaS Odcvn , welches doch das zweyte ?Keä.
^ (Fortsetzung.) tre sr«nc)»i5 hieß, ist geschlossen, und scheint gewißermaßen
Paganini wird in allen seinen Eigenheiten von den bankcrot zu werden. Dieg war eine auffallende Erscheinung
Wienern sorgfältig nachgeahmt, und alles angewendet, um an in iParis, wiewohl dasselbe Theater schon mehrmals geschlos
ihn zu erinnern. Man verkauft Paganinikappen , nach der sen worden ist. Die Schauspieler und das Orchester waren
Art wie de, Künstler eine zu tragen pflegt, Paganinistöcke, in schon seit einiger Zeit nicht bezahlte sie murrten, fuhren de«
den Gasthäusern und bcy den Zuckerbäckern werden Speisen Direktor hart an , und drohten nicht mehr zu fpiclcn , wenn
und Naschwerke i> la Paganini verkauft. In jedem Gasthofe man ihre Besoldung noch länger vorenthielte. Allein der ver
hört man einen Geiger , der seine Weise nachzuahmen sucht ; legene Theaterdirektor , der seiner Behauptung nach eine be-
die Melodie des Themas der Variationen der Gldckchcnbeglei- trächtliche Summe Geldes vorgeschossen hatte, war nicht im
tung , die er vorträgt, hört man auf allen Drehorgeln. Im Stande den Fvrbcruugen von 200 Menschen (denn so viel sol
Wicdnertheater wird ein Stück: „der falsche Virtuos , oder len vom Odeonrheater besoldet werden) Genüge zu leisten. A«
baS Konzert auf der G Saite" gegeben , in welchem Scholz einem Abende vereinbarten sich also die unzufriedenen Schau
mit vieler Laune den Künstler darstellt. Nur eine Stimme, spieler und Tonkünstlcr, und ließen dem Direktor, Namens
aber eine ziemlich energische, bat sich gegen das zu übertreibende Sauvage . durch eine gerichtliche Ladung zur Zahlung malmen,
Lob i» einem hiesigen Unterhaltungsblatte hören lassen, in ei widrigenfalls sie am folgenden Tag nicht spielet, würden; dieß
nem Gedichte, in welchem der Dichter an die Thciluahme und kündigten sie auch in den Zeitungen an. Man denke sich die
die Belohnungen erinnert , welche von Homer an bis zur ge Verlegenheit des Direktors : am Abende sollte gespielt werden,
genwärtigen Zeit audcrc Künstler, besonders aber Dichter, und am Morgen war das Personal der Schauspieler und Ton
Tonsctzcr und Maler gefunden. Wenn ich aufrichtig meine künstlcr im Aufruhr! Am klügsten wäre es gewesen, sogleich
Mcynung bekennen soll, glaube ich, daß jener »ngemcssencBcv- das Theater zu schließen und dem Publikum irgend einen Vor
fall. welchen Paganini findet, wie wohlverdient er auch mund wegen deS einstweiligen Einflcllcns der Vorstellungen
von Seite des Künstlers seyn mag , mehr aus dem Ucbel der zu geben. Allein der Direktor fürchtete, baß, wenn er daS
Zeit, dem Hinneigen zu allem SimilicKcn, welches möglichst Theater schldgc, die Regierung ihm sein Privilegium abneb?
vom Geistigen bcfrcvt ist, und i» dem Wohlgefallen am Son min würde; er wollte also, ungeachtet des Aufruhrs seiner
derbaren , als in der reinen und aus Ucberzcugung seines Untergebenen , das Schauspiel fortsetze». Zu solch eine,» küh
Wcrthcs hervorgehenden Anerkennung der Verdienste des Künst nen Entschlüsse gehörte ein guter Kopf, und dieser Streich,
lers zu suchen sei). wenn er nicht an« Verzweiflung herrührte , gibt einen Hobe»
Außerdem nimmt noch manches unsere Aufmerksamkeit Begriff von der DirektiouSkunfl des Hrn. Sauvage. Einige
und TKcilnahme in Anspruch, obschon in einem mindern Grade. wenige Schauspieler waren ihm getreu geblieben , diese gehör
Eine Zeit lang unterhielte» uns die aufdcrSimeringer Haide ten fteylich nicht zu den besten. In der Nolh greift man zu
von den Kavaliere» veranstalteten Prciswettrcnncn , unter allem, was sich darbietet. Daher suchte dann der Direktor auch
welchen das Baucruwcttrcnncn d»s interessanteste war. Der „och einige Dukaten, und sogar einige Dorfschauspicler aus
Preis war scchszig Dukaten für d.is erste , zwanzig für das, der Umaegcnd von Paris zusammen. Dieß gab die sonder!
zwcpte , und zehn Dukaten für das dritte Pferd aller in der barste Gesellschaft, die man sich nur denken kann. DaS Par
österreichische» Monarchie durch Bauern gezogenen Pferde , die terre belustigte sich herzlich über ihr Spiel, lachte und pfiff:
das Eigcnthnm eines Bauern waren. Die Pferde mußten dennoch wollte der arme Direktor am folgenden Abend es ebcu
durch die EigentKümcr , ihre Saline, oder durch einen Ein so machen: allein diePolizcy befahl ihm den Saal zu schließen,
wohner desselben Dorfes , der nie als Reitknecht gedient hat, und so ist dann das Odcon zu Grabe gegangen. Es ist jedoch
geritten werden. Da mehr Pferde erschienen als die Bahn hal etwas seltenes in Paris, daß ein Schauspiel gauz zu Grunde
ten kennte, fo wurden sie durch das Loos abgctheilt, und die gebt; gewöhnlich steht es verändert wieder auf. So ist jczt
zwen erste» Pferde jeder Ablbeilung hatten später «uter sich schon die Rede von den: baldigen Wiederbeginnen der Darstel
um die Preise zu renne». Die dritten Pferde jeder Abtlici- lungen im Obeontlicatcr. Ein neuer Direktor soll dasselbe lei
luiig erhielten zwcu Dukaten. Die Bah» war zwey englische ten , und mit größerer Vollmacht ausgestattet werden al5
Meilen lang, eine Meile zu 8l!l! Wiener Klafter gerechnet, vorige. , „
und wurde vom Pferde, welches den Preis gewann, zwey Mal ' ' / ' c'Die Mrt^evungMA? ^ >'
in Miuute» zurückgelegt. Darauf folgte die Blumen - und
dieser die Kunstausstellung, welche iczterc diclimal mehr B e » l a g e : Literaturblatt Nr. 67'. ' '
Verlag der I. G. Cotta 'scheu Buchhandlung.
200.

M o r g e n b l a t t

für

gebildete Stände.

Mittwoch, 20. August 1 8 2 8.

Drunten «erden in dem Tbalt


Unter seinem Fußtritt Blumen,
Und die Meft
Lebt von seinem 5?>'»ch.
G oethk.

Dit GlKckseligkeitSinstl. Dämm'rung, Heroldin der Nacht, schon trug herbe» ihr
dunkles Aclt,
(Zortsevung.) Abendtrunk im Silberkelche des Jasmin war mir bestellt.
Heiß vom Scheidekuß der Sonne, trunken in vcrschänircr
Anemotis. Lust,
Vit bart du bist und scharf! — Saat' ich nicht oft dir. Bebten volle Purpurtrauben auf der Marniorklirre Brust.
Daß etwaS Milde nimmermehr uns schadet? Thau, gleich zitternden Juwelen, dunklen Myrtenhain
Man sev nicht nur gerecht, — auch liebenswürdig! bekränzt.
Wob! weiß ich, daß die Warnung du verschmähest. Wie ein glücklich Aug' die Erde süß in Freudenthränen
Doch sag' ich darum minder nicht die Wahrheit. glänzt.
Der zmevte Habnenruf ! — Hast, Ost, du nicht Blickt im dlinkell'laucn Räume nach den goldnen Schwe
Erfreulichere Botschaft «IS die Bevden, stern auf.
So sitz' nur still auf deiner Bank und schweig. Die, bey lufi'gen Sxharenklängen, ordnen ihrer Tänze
^ Ostwind. Lauf.
Nein, laß, Mutter, mich erzählen! — Heitres birst du Eben, da von zweven Palmen ich besorgt daö Hoch-
nur von mir. zeirsest,
Jüngst durch Iran längs dem Ganges, nahm ich meinen Jenseits übcr'm Strom ein Anblick mich mit Staunen
Weg zu dir. weilen läßt —
Doch bev Schiras, als die Sonne sank in gluthentbrann- 's war ein Sultan, der, o Wunder! der geliebten Schön
ter Luft, heil Grab
Hielt ich an vom schnellen Ritte, stieg herab in Ambra- Noch gedenk, mit wenig Dienern sich zur Wallfahrt hin-
begab.
Bleibt auf weitem Erdenringe Persls doch mein Lieblings- Auf des Tigerrosses Rücken stumm der bleiche Herrscher
ort. sprang.
Ganze Tag' in Palmenhainen tumml' ich meinen Scher An des Bügels Gold die Scheide seines krummen Sä
sen dort. dels klang;
Wo den leichten Huf er aufsezt, wo den Fittich leis ich Grimm riß er am sammt'ncn Zügel , stieß mit Spornes
schwang. Diamant,
Duftet Balsam , Naphta leuchtet, tönet muntrer Wellen Und im brausenden Galopp ging's über Strom und Ufer
sang, wand.
Wie am Mandelbaum die Bienen, nach der Königin Ge Vor der weißen Grabmoschee hielt die reichgeschmückte
bot, Schaar,
Schwärmen honigsüße Lieder durch die Au' von Rosen Welch Entsetzen! -hin auf's Antlitz fällt der Zürst und
roth. rauft sein Haar.
798
Sieh, derüpp'ge Rosengarten, den er pflegt' mit eigner Stunde hat Flügel! .
Hand, Bald kommt die lezte her.
Stand, ein Dorngestrüpp, verzehret schier von Bruder Schlaf du im Hügel!
Südwinds Brand. Welke, wie andre mehr!
„Allah !" rief er, „kannst du's dulden, spottest so du mei Herz, o was willst du mehr?
ner Qual ?" Schlaf du im Hügel!
Gleich auS Mitleid ich zur Hecke mich auf luft'gen Zehen Lb dir verblühe.
stahl. Was einst erschafftest du;
Haucht' auf Zweig' und Blatt, da drangen Knosp' auf Glüh', v verglühe!
Knospen bald zu Häuf, Sonn' eilt dem Meer so zu.
Frisch , wie der Beweinten Wangen , schloß sich Ros' an Birg dick in näckt'ge Ruh !
Rose auf. Glüh', o verglühe!
Einen Springqucll ließ ich steigen perlend aus verborg
nem Grund, Scklascn mußt! schlafen!
Mächtige Erpressen schlössen drüber schützend ihren Bund. Schlummer ist Trost und Glück.
Und jezt klagen Nachtigallen dort den Rosen ihre Glut, Süß ist's zu schlafen,
Die Gazell' und Turteltaube trinken aus der klaren Fluth." Lenz kebrt doch nie zurück;
Der Raum verbietet, das hierauf folgende, an rei Herz, hoffst du noch auf Glück?
Schlafen mußt! schlafen!
zenden Bildern wie nicht minder an humoristischen Zügen
Schweigen mußt! schweigen!
reiche Gespräch Astvlfs mit Zephyr wiederzugeben , dessen Lös' dich im Seufzen sacht.
Hauptinhalt Astolfs ahnungsvoller Traum ist, und wel Lausch nicht nach Reigen,
ches damit schließt, daß Zephyr unter folgenden Worten Leben sagt dir gut' Nacht;
den neuen Freund in seinen Armen mit sich empor, der Arme, schlaf wohl! Gut' Nacht!
Schweigen mußt! schweigen!
aufgehenden Sonne entgegen schwingt:
(Die Fortsetzung folgt.)
..Wohlan, so komm! daß ich im Arm dich schwinge.
Kühn wie der Wunsche, wie der Hoffnung Flug;
Gleichwie auch Psychen einst mit leichter Schwinge
Zu Amors Schloß auf sein Gebot ich trug. Das große Ballfcst in Ncw-Vork zu Ehren Lafaycttcs.
Schön läcbl', o Tag! von Neuem schließ die Erde, Von Coopcr.
Ein Jüngling, liebend an die Königsbrust!
Eilt, goldne Stunden, daß vollendet werde, (Beschluß.)
WaS ich gewagt zu meines Lieblings Lust." Siebzig Fuß über dem Saale wehten Bündel von Fah
Jndcß versezt sich der Dichter nach Astolfs Heimath nen mit allen Farben des Negcnbogens. Der ungeheure
zurück, und laßt uns dort mit einem Blick in die Königs Mast, der diesen kriegerischen Dom stüzte, trug auch einen
burg die tiefe Trauer der fürstlichen Jungfrau Svanhvita herrlichen Kronleuchter aus Tausenden von Kandelabern.
sehen, welche, als Astolfs nächste Anverwandte nnd Ju- Dieß war der Hanxthecrd des Lichtes , während eine un
gcndgcspielin, harmlos bisher eine Neigung genährt, de zählbare Menge farbiger Lampen über die Theile des
ren sie sich jezt erst bewußt wird , da sie den Gegenstand Raums, die nach den Regeln des Geschmacks und des Kon
derselben ans immer verloren geben muß. Alle Weh- trastes mäßiger erleuchtet scyn sollen , ein sanftes Lich^
muth eines einfach treuen Gcmüthes verschließt sich in dem verbreiteten. Gerade dem Eingange gegenüber befand sich
schönen Monologe , der zugleich neue Züge zu Astolfs Cha- eine doppelte Treppe (eine der auf das Belvedere führen
.raktcrbild liefernd, uns dessen ideale Richtung in dem den Treppen); unter der Stelle, wo sie zusammenläuft,
tiefen, aber bis dahin dunklen Gefühl erkennen läßt, daß erhob sich eine Estrade von der Größe eines mittleren
er die ihm angewiesene Stelle in der Wirklichkeit nicht Zimmers , die für den Helden des Festes eingerichtet war.
auszufüllen »ermöge. Sic war mit Kronleuchtern, Sophas und einer Tafel für
Auch diesen Prolog schließt ein wundcrsüßes Lied voll das Souper versehen. Die Vorhänge ringsum waren so
rührender Schwermuth, welches wir nach der Übersetzung zurückgeschlagen, daß Jedermann hineinsehen konnte' Die
eines Freundes und Dichters (Freyherrn von La Motte sem Platze gegenüber , gerade über dem Eingang, war das
Fvuqne), in seiner innern Bedeutung und elegischen Har Orchester.
monie treu aufgefaßt, hier bcyfügen. Lafayette kam bald nach uns. Auf einmal stimmte
Schneeglöckchens Tod. das Orchester eine Nationalmclodie an , alle Kontrctänze
Stille, o stille! brachen ab , nnd die Gruppen , welche bisher den Saal ge
Ruh' schnee- und sturmbefrevt! füllt hatten, bildeten auf einmal wie auf einen Zauber
Kleine, du Stille, schlag eine Doppelreihe von Menschen, deren Blicke sämmt-
Ist ja nun Sterbenszeit!
Meer friert und Land so weit, lich Einem Gegenstand zugewandt waren. Der GreiS
Stille, o stille! schritt langsam durch die festlich geschmückte Menge, er
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grüßte be» jedem Schritt und wurde aufs Herzlichste wie- Jean P„ul Friedrich Richter an Emanucl.
der gegrüßt. SS war, als sehe man das ehrwürdige Haupt
einer zahlreichen Familie, wie eS eine Stunde in ihrer Hof, de» z. Juni 95.
Mitte zubringen und ihre unschuldigen Freuden theilen
will. Mein Thenerster,
Die Versimmlung bestand aus Leuten von allen Stän
den, mir Ausnahme derjenigen, die von Handarbeit le Hier ist endlich daS Ende JhrcS Eremxlars und
ben. Dessen ungeachtet sauen sich jeder an seinem Platze das ganze für H. Geh.
zu fühlen; da sah man keine Grobheit, keine Unbeholfen- Meio, Seele hat Ihnen schon lange nicht auf dem
heil auf der einen, keinen Hochmutb, keine Anmaßung Briefpapier, dafür desto mehr auf Druckpapier die Hände
auf der andern Seite ; alles einfach, überall Eintracht, und reichen können ; und am Ende ist« auch einnlev, ob man
die Lust allgemein. Mein Freund, den, wie eS scheint, einen gedruckt oder geschrieben liefet. Aber für den, der
Jederman kennt, wurde bev jedem Schritt von Männern nichts kriegt, weder Gedrucktes noch Geschriebenes, wie
und Frauen, hie, wie ich meinte, den vornehmsten Stän ich, ists zweverlep. Schreiben Sie mir recht bald, und
den angehörten, begrüßt. »Wer ist der Mann, der Sie zwar einige Empfindungen odcr Urtheile über mein Buch.
eben gegrüßt bat ?" — ..Mein Hutmacker, wirklich ein sehr Sie schreiben mir , eS stünde darin : Gott denkt nur
guter Hutmacher. Dieser Mann laßt eS sich im gewöhn unser, wenn wir seiner denken. Nein, ich habe ge»
lichen Leben so wenig einfallen, daß ich ihn an meinen sagt : Gott denkt sich nur uns, wenn wir ihn denken, d. d.
Lustbarkeiten werde Theil nehmen lassen , als ich Anspruch unsere Zdee von ihm ist so klein, daß die , die er von
machen kann, miä, an der Tafel eines Königs nicderzusez- uns hat, gerade die ist, die wir von ibm haben, oder unser
zen; er ist indessen verständig, bescheiden, ja ziemlich un Bild von Gott siebt in den göttlichen Gedanken seinem
terrichtet, er besitzt «der zu viel gesunde Vernunft, um des Bilde von nnS gleich. Ihrem Namensvetter dürft' ich
AbstandS zu vergessen, der zwischen den Stnscn liegt, auf schon Kiefen kühucn Gedanken in den Mund legen.
denen wir revde in der Welt stehen. Er weiß, unsere
Gewohnheiten sind nicht dieselben, er weiß, daß ich so gut Gewisse feurige Kapitel lesen Tie in einem Sitze, weil
wie er daS R«bt habe, in einer Gesellest, wie sie mir die Tbeilung so viel ist, alö besucht' ich heute den ersten Akt
anständig ist, daS Leben zu genießen. Sie sebcn, wir sind einer Tragödie und am fünften Tag den fünften. Solche
dem Anschein nach sehr gute Freunde, und doch finden wir sind daS s«— Zt — ZZ — Z«— Z5 — Z6 — Z3 — «. Auch
uns vielleicht zum ersten Mal in derselben Gesellschaft zu blättern Sie nicht »vrauS, Sie zerstören sich die gauze
sammen." Unter solchen Gesprächen drängten wir uns Täuschung.
durch die Menge und erstiegen die Terrasse ; hier standen In wenig Wochen wird Ihr Strichvogel, ich, wie
wir stille, um der Nedersickt über das Ganze zu genießen. der sein wärmeres Klima aussuchen, Bayreuth.
Die ungeheure Größe des gab dem Anblick wirklich Ich habe noch immer so viel zu machen, daß ich keinen
einen Anstrich von Aauberey. Noch nie hatte ein Fest ei- Brief mache» kann. Auch wirbeln mich die Strudel des
uen solchen Eindruck auf mich gemacht. Die dunkeln Ner- neu aufquellenden Frühlings umher , und die Natur bin-
tiefunqen, aus denen einst die Blitze des Krieges fchof- det einem mit ihren langen Blumenketten die Hände zum
sen , gaben diesem Schauspiele einen ganz eigenthümlichcn Schreiben.
Charakter. Die Vorhänge des Aelts waren geöffnet, um
Luft in den Saal zu lassen , und wandte man nun den Ich suche mich noch immer bey meinem Gefühle zn
Blick von der blendenden Feenscene ab, fo konnte er auf entschuldigen, daß ich von der Freundschaft des H. Sch.
den ruhigen Wassern der Bay, welche die Mauern des einen so eigennützigen Gebrauch gemacht , und auf Sie
Forts bespülten, ausruhen. Ucbcr eine Stunde blieb ich leg' ich die halbe Schuld , da Sie meine Klose Frage so
hier, in träumerisches Entzücken versunken; tausendmal schön und so gütig in eine Bitte verwandelt haben.
fragte ich mich, ob, was ich sah, Wirklichkeit sey. ob ich Leben Sie wobl. Lieber, übermache» Sie Ihrem
mich denn wirklich auf dem Kontinent befinde, den Chri und meinem Freunde auch Grüße von
stoph CvlumbuS entdeckt? Diese reizenden, anstonoSvollen Ihren:
Frauen hier vor meinen Augen, konnten sie die Töchter
und die Weiber von Fabrikanten und Kaufleuten einer Pro- Freund Richter.
vinz von Nordamerika sepn?
LOS
Korrespondenz- Nachrichten. Sie erinnerten »nS an eine bessere Zeit, in welcher man noch
das hören konnte , wa« in den Kunflbüchern mit dem Aus
Wien, Mai bi« Juli. drucke dramatische Musik bezeichnet wird.
(Beschluß.)
Gegenwärtig zeigen Van Aken »nb Van Dinter zahl-
reiche Sammlungen von lebenden Thieren. Die erstehe Samm- >, Paris, August.
lung ist an vierfüßigen Thieren reicher , die leztere an Schlan (Fortsetzung.)
gen ; besonders ist ein schönes Eremplar der Klapperschlange
merkwürdig. Das Thier wird in einem sorgfältig vergitter Die Regierung war bisher ihrer alten Gewohnheit, al»
ten Behältnisse gehalten, welches wieder in einem Kasten ver les zu beschränken , treu geblieben , und hatte dem Odeon
schlossen ist. zu welchem Van Dinter selbst den Schlüssel nur erlaubt bestimmte Schauspiclgattungcn aufzuführen. So z. B.
verwahrt , und daS er nur zuweilen den Zuschauern öffnet. ES durfte es wohl Operetten längst verstorbener Tonkünstler, so
ist von besonderer Lebhaftigkeit und rasselt mit der Klapper wie auch Operetten von freindcn Theater» , für die französische
sehr vernehmlich in einem fort. DaS bedeutendste Thier in Bühne eingerichtet, darstellen, aber keine neuen Singspiele von
Van Akens Sammlung ist das Lama. Die Ldwcnfamilie ist noch lebenden Künstlern, weil man nämlich der komischeu
noch immer bey guten Kräften. Eine Löwin hat gegenwärtig Oper oder dem sogenannte» Feydeautlxater keinen Abbruch
Junge geworfen, welche, an der Mutter saugend, ein interes thun wollte. Nun liegt aber das Odeon eine halbe Meile weit
santes Schauspiel bieten. Auf der Bastei hat Conus ein vom Fcydcautheater , eS ist daS einzige große Theater in dem
sogenanntes phpfiko-pittorcSkcS Theater eröffnet, und zeigt dar geräumigen und beträchtlichen Stadtreviere auf dem linken
in optische Darstellungen und Taschenspielerkünste. Man kann oder südlichen Seineufer. Dieses Stadtrevier bildet sozusagen
die leztern ausgezeichnet nennen. Besonders erregt Auf eine eigene Stadt, hier kann also schon ein Theater für alle
merksamkeit die sogenannte große Escamotirung oder Verwand Gattungen bestehen, ohne den andern Abbruch zu tbun. Wahr«
lung eines Huhnes in einen lebendigen Menschen. Conus scheinlich werden von nun an allerley Opern und Operetten
stellt auf einen, in der Mitte dcS Theaters befindlichen Tisch, dort aufgeführt werben können» welches um so ndthigcr ist, da
von welchem er den Vorhang hebt , um bemerkbar zu machen, sich jährlich die Zahl der jungen Tonkünstler vergrößert , und
daß keine Verbindung mit untcn stattfinde , ein großes, leeres diese mehr alS ein Theater haben müssen, um ihre Produkte
Behältniß , welches er früher untersuchen läßt, und welches aufführen zu lassen. Dennoch wird daS Odeon viele Mühe
einer der Anwesenben fest an den Tisch hält , der von jeder haben künftighin zu bestehen» DaS eigentliche schaulustig«
Wand weit entfernt steht , hebt eS etwas in die Hohe , steckt Publikum bewohnt das rechte Ufer der Seine, dort ist der
ein HuK» darunter , läßt es wieder emporheben , und an der Hauptfitz der Schauspiele, bort zieht auch vom linken Ufer die
Stelle d.s Huhnes steht ein lebender Mensch da. Ein Herr Menge hin , und läßt ihr eigenes Schauspielhaus leer flehen.
Cowacz hat ein incchauisch.pbysskalischcö Kabinet eröffnet, Zwar befinden sich in demselben Stadtreviere , in welchem baS
in welchem er , Ergötzen mit Unterricht verbindend , Versuche Odeonthcater steht, die juristische und medicinische Fakultät;
au« allen Tkcilcn der Naturlchrc vornehmen »nd sie erklären die Gegend ist voll von Studenten , und diese pflegen denn
will. Der Apparat ist vorzüglich, der Zuspruch gering. Er auch einen guten Thcil des Parterres auSzunlachen ; allein
wartet werden von uns daS Lustlager und die Ankunft der die Logen bleiben oft unbefezt, und gerade auf die Logen >nug
Siraffe. die Direktion am meisten rechnen. Daher will es mit dem
Von literarischen Erscheinungen ist die bedeutendste Ca- Odeon nimmer recht fort. Seit wenigen Jahren find drei?
stclliS Volkslieder in niederöstreichischer Mundart. DaS Direktoren auf einander gefolgt , die beydcn ersten haben sich
zierlich ausgestattete Buch ist dem Erzherzoge Johann zugeeig >>vch so ziemlich gut aus der Sache gezogen; allein bey
net. ES ist ein sehr achtbares Werk, durch welches Castelli dem lezten ist endlich alles gefallen. Direktor und Schauspiel
nach Art des unsterblichen Hebel die Denk - und EmpfliidungS- ler schreiben nun gegen einander in den TageSblättcrn ; erste-
weise des sogenannten gemeinen ManncS der Nation , welcher rer versichert, er komme mit fünfzigtausend Franken zu kurz,
er angehört, in der jenem cigcnthümlichcn Mundart zu ver die er aus eigenen Mitteln hineingesteckt habe ; die Schauspieler
sinnlichen versuchte. Dem Charakter dcS Oesterreichcrs getreu, beschuldige» ihn dagegen, daß er nicht allein ihnen den Gehalt seit
herrschen Witz , Fröhlichkeit und eine gutinütkige Laune vor. langer Zeit vorenthalte , sondern nicht einmal das Geld ausbe
Es wird nun weniger be» »ns geschrieben alS sonst , aber da zahlt habe , das sie in der Kasse gelassen hätten zur Befriedi
für wird die bessere Wahl mit Vergnügen bemerkt. Wir find gung ihrer Gläubiger. Unterdessen flecken eine Meng« Fam«
auS dir Gefahr gekommen , von einer SündflutK von Roman licn im Elende, und wie sehr würbe sich nicht ihre Lage vcr«
zen. Sonnetcn, Liedern. Erzählungen und Dramen schrcib- schlimmcrn , wenn das Stocken des Theaters noch lange dauern
jüchtiger Jünglinge überschwemmt zu werben. Die Kritik sollte ! Es hcjßt jedoch, es sey bereits ein anderer Direktor er«
liegt frcplich noch ziemlich im Argen , aber wo liegt fic nicht nannt, das Theater werbe bald wieder geöffnet werden, man
darin . da Lesfinqs Richicrfluhl immer noch nicht besczt ist , da wolle sammtliche Rückstände bezahle», die Regierung gebe
man Lob und Tadel Aberall um Geld und gute Worte haben eine beträchtliche Summe zur Unterstützung deS Theaters der.
kann , wie eS bestellt wird, und man Sonntags besorgen muß, u. s. w. Freylich wird in Paris einer Theotcrnoth gewöhn
in einem der hundert Tag - und Zeitschriften einen Richter li lich weit eher abgeholfen als irgend einer andern ; so wäre e»
terarischer Erzeugnisse anzntreffe», der die Woche durch hinter denn auch leicht möglich, daß daS Odeon ehestens wieder in Gang
der Bude steht, oder unter der Ruthe des Schulmeisters stöhnt? käme. Leiber ist noch ein anderes großes Theater, die komisch,
Von Verlusten, welche die Kunst erlitt, war der deS Oper, in Stocken gcrathen , daS heißt stark verschuldet. Wie
HofschauspiclerS Krüger einer der empfindlichsten. Er war dieses zugegangen, läßt sich aber nicht wohl einsehen»
ei» würdiger Priester früherer Tage, welche noch Wahrheit (Die Fortsetzung folgt.)
und Darstellung der Natur als oberste Gesetze künstlerischer
Leistung erkannten. Auch der pcnssonirte Hossängcr Stein
müller und die Sängerin Buchwieser gingen zu Grabe. Vehlage: Intelligenzblatt Nr. ,7.
Verlag der I. G. Cotta 'sehen Buchhandlung.
K°. 201.

M o r g e n b l a t t

f ü r

gebildete Stünde.

Donnerstag, 21. A u g u st 1 8 2 s.

Da Wird nicht Mkk'r nachgefragt!


W,in ist ernstlilv untersagt.
S>U denn doch geirimten s<i?n,
Trinkt nur vom besten Wem.
D.'rokit ,rjr«st du r», Kcver
I,i ^>crd>»»i»niK um oc» Kläger.
Westöstlichrr Dtvan.

Die Abenteuer Hajji Ba^a'S. war wirklich vollkommen. Woraus die zahlreichen Scküs
sein bestanden , gab ick mir nickt die Müde zu erforsche»,
(Zorlseyung ron Nro. und ohne mick bev Fragen aufzuhalten wie, ob der Ham
Als wir bev dem ersten Vezicr deö Sckachs von Eng mel gehörig geblutet habe, oder das Geflügel den reckten
land ;n Mittag speisten , traten mir in ei» großes ?im- Tod gestorben fev, aß ich, was mir in den Wnrf kam.
m.r, in dessen Mitte eine Tafel stand, die auf eine noch Ich machte frevlich eine oder zwev Pausen bev einer neuen
sonderbarere Art geschmückt war, als irgend eine, die wir Art Fleisch, welches, wie ick dackre, vielleicht von dem
bw jezr gesehen. Um dieie Tafel fetten wir uns herum, unreinen TKicrc scvn mockre; allein ich dachte: ,,in AllabS
doch nickt ohne manche Schwierigkeiten, welche durch die ?kamen! wozu soll ich mick um Verunreinigungen de-
Etikette verurfacht wurden. Ich muß gestehen, unfere kümmern, da wir nun, seit wir unter den Ungläubigen
Z'ärre aiiögenonimen, die gegen alle d« glatten Kinne ab leben, beständig darin geschwommen haben und so aß
stachen , war der Anblick bezaubernd. Frevlich ging es viel ick von Allem , was mir angeboren wurde. Wäre Mvha-
gcraiischvoller her als bev »wer» MaK!>utcn; denn die med Beg bcy uns gewesen , er hätte während der ganzen
nnaufhörlickc Bewegung der Diener mit knarrenden Schü Mahlzeit über seine Scknltern geblasen. Der Gesandte
ben, das Geklapper der Teller, das Clingen der Gläser, schien sich so gut zu Hause zu fühlen , «IS der versuchtest?
daö Schneiden und Zerlegen mit fcharfen Instrumenten, Ssser unter den Engländern. c?r bediente sich der Löffel,
und besonders das allgemeine Gespräch der Persammlung Messer, Alauen und Jangen mit bewundernswürdiger Ge
brachte ein Getöse hervor, das uns sehr ungewöhnlich schicklichkeit. Ich muß gestehen, ich war nicht ganz so
schien und das man in Persien für hockst unanständig gehol: glücklich, denn ich machte, von der Macht der Gewohnheit
ten haben würde *). Aber es war ein blendender Anblick, hingerissen, zwev oder drev Mißgriffe, die augenscheinlich
es fehlte nur an einem Hafiz, um die Vortresflichkeit un eine ungünstige Wirkung auf mein« Umgebungen hervor
seres Weines zu besingen, von der selbst unfer heiliger brachten. Ich nahm von dem Brobe meines Nachbars,
Prophet keine Vorstellung gehabt haben kann, und das Fest welches hier für vnschicklich, also für das Gegentheil al?
in Persien gilt. Ich trank auö seinem Glase, und einmal
^) Die perstschcn Diener, wclchc bcy Tische aufwarten, wer- bot ick ihm einen Bissen aus einer Schüssel v»r mir mit
bcn fast niemals qelibrt. Sie gclicn oi>»e Smill». und da e«
kcinc Trllcrn, Messer und Kabeln zu wechseln gibt, so ist da« den Fingern an, worauf er zurückfuhr, als hätte ich ihm
«mansch gegen da« bev unser,, Mahlzeiten herrschende unbe Gift gezeigt. Obgleich wir nickt mit unkergefcklaqenen Bei
deutend. nen auf dem Boden, sondern ganz gemächlich aus Stühlen mi t
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herunterhängenden Beinen saßen, so brachte mich doch nus an die Jugcndquclle, der, dem Strome vergleichbar,
die Länge der Mahlzeit fast um. Endlich entstand eine in den sich liebliche Bäche ergießen, wachsend anschwillt,
allgemeine Bewegung, allein zu meinem größten Erstau trägt so sehr des Dichters Gepräge, daß ich bcm Reize nicht
nen gingen die Weiber allein weg. Dieß war von Allem, widerstand, es hier mitzutheilen, vbschon eben dieß Ge
was ich bis jezt gesehen , die größte Annäherung an un dicht, sowohl durch seine philosophische Bedeutung, als den
sere Gewohnheiten, und ich fragte meinen Nachbar, wo Reichthum poetischer Bilder, zn den schwersten Aufgaben
her dieser Unterschied komme und warum die Frauen al für den Uebersetzer gehören dürste. Die Namen der ein
lein weggingen. Er schien um die Antwort verlegen. «Ist zelnen Nymphen bedürfen wohl für den Kundigen keines
es so in Suren Gesetzen bestimmt," sagte ich, „oder von Kommentars.
Eurem Könige befohlen?" Er konnte immer noch keine Hymnus, ^
Erklärung finden, und ich schloß, daß dieß eine von dem an der Quelle der Jugend von Felicia's Jungfrauen gesprochen.
Islam entlehnte Gewohnheit seyn möchte. Mein Nach
bar gab zu verstehen , die Abwesenheit der Frauen gebe Laura.
den Männern größere Frcvheit zu sprechen und Wein zu Heilige Quelle, nach der wir verlangen,
Lied und Gesundheit cntsprudelt nur dir;
trinken. „Wohl denn," sagte ich, „Ihr müßt jene Regel Schon ist das nächtliche Schweigen vergangen.
des Morgenlandes angenommen haben, welche sagt: „erst Länger nicht träumet mehr Psyche gefangen ;
essen und dann reden ;" allein wenn Trinken Euer Aweck Schon naht die Sonn' und die Klänge mit ihr.
ist, so ist das nicht die Art, wie Ihr Euch benehmen Kräuselnd geweckt von des Morgens Erquickung,
Lösch' unscrn Durst mit belebender Fluth!
müßt. Macht es wie wir in Persien, steht des Morgens Nektar der Klarheit, der Lust und Entzückung,
früh auf , geht in den Garten , sczt Ench neben einen rie Tränk' unsre Sinne, durchström' unser Blut!
selnden Bach, schmückt Euer Haupt mit Blumen, laßt Cäc ilia.
Sänger und Nachtigallen kommen, trinkt, bis Euch die Ach, doch dem Lichte zu nahe sich wagen
Sinne vergehen, wartet bis sie wiederkehren, trinkt dann Sicht die Beschwingte man oftmals bedroht.
wieder und denkt nicht an die Zeit, laßt Tag und Nacht Hört, zum verzehrenden Feuer getragen.
Bald sie mir bangem Geflüster sich fragen:
gleich seyn, bis Ihr Euch so völlig in Wein ertränkt habt, Od in so lockender Flamme nur Tod?
daß es Zeit ist auszurufen: Genug! Genug!" Kühlende Tropfen, dann fallet, o fallet.
Ob mein Nachbar meinen Versuch , mich auf Englisch Lind auf die Gluth. tief im Busen entbrannt !
auszudrücken, verstand, weiß ich nicht, allein er blickte Bis jeder Mißlant des Innern verhallet.
mich mit großem Erstaunen an. Neu jeder Nerv für das Leben sich spannt.
Endlich war das Mittagessen vorüber und wir verfüg Srvina.
ten uns mir ungewaschenen Händen in das Gesellschafts Aichn aus der Seele, gleich Lichtern der Nächte,
Schaffende Geister erwachend herauf.
zimmer, wo wir die Gemahlin des Vezicrs und ihre Kha- Stark' ihre Schwingen! unsterbliche Mächte
vums zu uuserm Empfange bereit fanden. Weihrcn dich, Quell, zu dem herrlichen Rechte,
(Die Fortsetzung folgt.) Labsal zu seyn ihrem glänzenden Lauf.
Wölbend ein Abbild des Himmels, erhebe
Kühn der Gedanke den folgsamen Stein,
Daß feine Schöpfung betrachtend, er beb?.
Die G l ü ckse l ig k e itö i n sei. Selig vor Schrecken, so ewig zu seyn.
Niobe.
(Fortsevung.) Und wo von Kühnheit die Kuppel erhoben,
Das zwevte Abenteuer führt uns in die Aauberwelt Stelle die Form ihre Bildungen dar.
Daß, gleich der Rank' um die Ulme gewoben,
jener glückseligen Insel ein , deren jungfräuliche Königin, Wollust, geschmicget an Kraft, sich erhoben.
Felicia , in ewiger Jugcndschönheit hier alle Genien hei Münde znm Körper, so göttlich als wahr.
terer Freude um sich vereint. Wir finden ihre Lieblings- Herrlicher Quell, zum Genüsse gewähre
gespielinncn bcvm ersten Morgenschein um den Jngcnd- Stärke, dem schwellenden Maaße vermählt;
Daß man im M«mor das Schicksal verehre.
quell versammelt, dem sie alltäglich, nicht minder als Doch durch den Namen der Schönheit beseelt.
ihre Herrin, frischen Lebcnstbau entschöpfen. Loci nda.
Sehr glücklich gestaltete der Dichter in diesen sieben Gleich wie die Biene längs blühenden Thale«
holdseligen Wesen die Begriffe der verschiedenen Künste, Kreuzet nach Honig mit ämsigcm Flug:
welche, zum höheren Schmucke des Dascyns bestimmt, hier Rastlos auch schwebet die Seele, zu malen.
in ursprünglicher Reine und Frcvheit, der irdischen Be Bald hier in Schatten und bald dort in Strahlen
Aller Erscheinung erkennbaren Jug.
schränkung fremd, vereint das Schöne bilden, wie die ver Laß vor dem Pinsel die schönsten ersteigend,
schiedenen Farben des Ncgenbogens das Licht. Der Hym Wechseln, wie reizende Willkühr sie weist;
>
Schimm«, die Farbe der Iris mir zeigend, Ausgeführte, In Beziehung auf «stolfs Ankunft in dieser
Heller, verschönender Trank meinem Geist ! ihm neuen Welt, muß übergangen werden, um unS zu Ze»
Naidion. licien selbst und ihrer Zusammenkunft mit diesem zu
Was sprach' im Bild uns dock, waS im Gesäuge, fükren , welcher, vermöge seines AaubermantelS un
Fehlet deck Lebens entzündender Blick? sichtbar, sich tu, Blumenkörbe verbergend, welch,» Spinn«
Slrahlr in Bewegung nichr, strablet ii» Gange,
Schönbctt, defrevt aus dein regelnden Zwange, rose, ZevbvrS Geliebte, bringt, darin j» dem Pallaft
Siegend ihr lebendes Urbild zurück? eniporgczogen wird, und, nachdem er Zellcienö Gespielt»!
Wie sich «ich Lust, nur von «nmuth gezügelt. neu durch unwillküdrliche Aeußerungen seiner Gegenwart
Wirble zn lufrlgen Kreisen im Tanz: verwirrt hat, endlich vor dieser selbst in dem Augenblick
Wogen! zu schwebenden Bildern beflügelt
Heiter den weilen, bezaubernden Kranz. erscheint, als ihn sein Eifer fortreißt, sich «IS Füg«
Tdeano. rer der Lalamanderschaar anzubieten, welche diese der
G» pflegt ein Tropfen gefangen zu werden klagenden Fee Peribanou gegen die daS Feenreich bekrie
RingS im Demanl wolil, durchsichtig und kl«, genden Diven zur Hülfe verheißt. AexKvrs Nebelkappe
SllS sich in Worten, in Blick und Geberden, entfällt bev der raschen Bewegung seinen Schultern,
Spiegelt, waS Geist ist, im Himmel, auf Erden, und Felicia, bisher in heiterer Jungfräulichkeit nur von
WaS in dem Busen lebt ewig und wabr.
Leib' mir, o Quelle , der Bildungen Fülle, ihren Nvmxhen umgeben, glaubt in Astolf den Vogel ^Ko-
Ist doch veredelnde Täuschung mein ?!>,!! nir zu erkennen, wie er sich ihr im Traum gezeigt und
Daß ich der Meister Gebcimniß enthillle. ig klangvollen Versen sein wunderbares Wesen »ffeubart
Regsam verklärt im bedeutsamen Spiel. hat.
Indessen naht Astolf, von Zephvr getragen, und die Nvm: Die an Erfahrung reichere Fee, Peribanou, be-
xhen fliehen erschrocken, da sie Stimmen in der Luft über lächelt diesen unschuldigen Jrrrhum, worauf dem, von so
sich vernehmen^ während ein von diesem dem königlichen viel überraschenden Eindrücken überwältigten Astolf also-
Jüngling geliehenes Gewand beyde unsichtbar macht. bald die Nvmphe Laura einen Becher Wein, mit wenden
An der mit AmorS Bildsäule geschmückten Jugend- tropfen WasserS vom Jugcnbgucll gemischt, darreicht. In-
quelle von Aexbvr herabgelassen, der seiner Liebschaft mit dem Felicie den Pokal aus TopaS ibm selbst kredenzt, for
einer /unge» Rosennvnirhe nachgeht, begrüßt Ästolf mit dert sie de» Jüngling zum Schwur aus, so lange, als sie eS
ahnungsvoller Sehnsucht die ihn umgebende Natur mit wünsche, bev ihr zu verweilen.
folgenden Worten ; unsichtbare Stimmen rufe» ihm hin- Astols leistet den verlangten Eid mik folgenden Wor>
»iedernm ihr Willkommen zu: ten :
Astolf. O, eineS ew'gen Sommermorqens Aussicht
Nimm denn mich frevndlich Malst, Königin, du meiner trunknen Hoffnung!
In deinen «cdooß auf, J>>, den dir weilen will ich, bis die Zeit,
Kinne mir Frevstatt Ein runzclvoller Greis mit «ilberlocken.
Himmlische Welti So müd wird im vergeblichen Bemühen
Leuchtender Azur, Mich auSzuspahn, daß er vor Mattigkeit
Spiegelnde Flutben, De» kalten Ldcm aushaucht.
Glühende Blumen, Es vernebln«
Plaudernde Quellen, Denn deine heil'ge Sternenmutrer dort.
Säuselnde Haine, Und sende rächend ihre dienstbar'» Geister,
Seelige Vögel, Daser» ich je ikn breche, meinen Etd.
Nehmet ihr alle denn freundlich mich auf! (Die Fortsetzung folgt.)
Stimmen von mehreren Seite».
Sev unS willkommen.
Sehnender Erdensohn I Korrespondenz-Nachrichten.
Klagender Fremdling, Rom, 2. August.
Ruhe nun hier ! Am ZIsten Juli ist das JgnatiuSfcst wo möglich »och
Wie in der Kindheit unter größerem Zudrange von Verneinen „ud Geringen ge»
AlS du unö träumtest. feyert worden , al« die vorige,, Ia^re. ?cm Phdnir gleich,
Da noch der Mutter steigt der Jesuitenorden au« seiner eignen Aswc hervor und ent«
Scl,ooß war dein !l?ron. faltet ein thitigeres Leben als vor scin.r 'Auflbsüng. Bleibe» r>ir
Wollen wir strable». bcv dem stcl'eii, was hier begegnet; während sammkliche Welt«
Wollen wir spielen. und Zklostergeistliche den Jesuiten ewige Zei»d!Vl''ft geschworen
Wollen wir kosen, zu haben steine», wälircnd jle jede Gemeinschaft mit il'iien
Wellen wir singen bis zn dem Grade meiden , dag. zum Veyspiele . bcy gelehrten
Wieder und wieder vertraulich mit dir. Unternehmungen . die Mitglieder der übrigen Orden de,» >!»,
Manches so wohl Erfundene als dichterisch reizend ternepmer ihre Theilnahiue nur tmter der ausdrücklichen Be«
dingung , daß kein Jesuit zugelassen werbe, versprechen, bän- sie also nothleibe»? DaS öffentliche Gerücht und die Zeitungen
gc„ ihnen alle Weltleute , bieg Wort im doppelte» Sinne ge beschuldigen den kbnigl. Intendanten, Herzog von Aumont, und
nommen, an. Ei» Kiesiger wohlhabender Bürger , durch Rei den Theaterdirektor Pircrecoizrt , daß sie durch nngcschickte und
sen im Auslande gebildet, aber immer »och ein guter Katho ungetreue Leitung das Theater in Schulden gestürzt haben. Be
lik, harre seinem hoffnungsvollen Lohne eine gute, für Rom kanntlich war schon vor einem Jahre eine solche Verwirrung
sogar glänzende, gelehrte Erziehung geben lassen , und ihn für bcv dein Theater , daß die Regierung endlich eingreifen mußte,
die RcchtsgcleKrsamkclt bestimmt. Kaum scchszehn Jahre alt, und Pirerccourt durch einen andern Direktor erseztc. Man
und bis dahin ei» Muster von guter Aufführung , FlciK und hoffte bey dieser Gelegenheit auch den Herzog von Aumont los
Folgsamkeit gegen seine Elter» , beginnt der Jüngling plvrzlich zuwerden, der gewiß noch mehr verschuldet hatte alS der Di
von den Mühseligkeiten der bürgerlichen Verhältnisse zu reden rektor ; allein der Hr. Intendant benuzte sein Ansehen bey Hofe
und cabe« nicht selten das abgeschiedene Leben der Hlostergcist- dazu, »in sich fest im Sattel zu halten, und die Verwaltung
liwen mit einer Art von Begeisterung zu rühmen. Kurz dar des Thcaterö und seines Geldes nicht aus den Händen zu vcr«
auf kommt er eines Mittags nicht zu Hanse ; die Eltern sind licren. So gericth denn das Theater . ungeachtet der bessern
seinetwegen in Angst. Gegen '.lbrnd erscheint ein Bote mit Leitung eines neuen Direktors, immer tiefer in Schulden,
einem Briefe vom Sohne; er schreibt, er habe dem Drange, bis zulezt wieder ci» Eingreifen der Regierung ndrhig wurde.
sein Leben Gott und der geistlichen Beschauung zu widmen, Die Familie von Aumont spielt in gegcnwärligcr Zeit eben
nicht widerstehen können, und sey alS Novize in ein Kapuzi keine ehrenvolle Rolle! wahrend der Herzog von de» Zeitungen
nerkloster getreten. Der Water, im Sinne der romischen Na und von den Schauspielern beschuldigt wird, die Thcatcrcinkünfte
tion erzogen, gab sich bald zufrieden, und bedauerte nnr zweyer- verschleudert zn haben . führt die von ihm geschiedene Frau
lev, , einmal das für den Sohn aufgewandte Geld , und dann, ärgerliche Prozesse. Die Herzogin stack nämlich vor einiger
daß dieser nicht zu den Jesuiten gegangen seu, „das seycndoch, Zeit dergestalt in Schulden, daß die Gläubiger sich schon ans
meuntc er. geschcidte Leute." Zu Anfang dieses Jahres haben schifften, Beschlag auf all ibr Haab und Gut zu legen, und sie
zwcn Söhne aus zwev der vornehmsten hiesigen Familien , der nackt und dürftig aus ihrer Wohnung zu treibe». Während
zwcvte Srh» des Prinzen Alrieri . Senators von Rom , und sie in dieser kritischen Lage war, erschien wie ein Schutzengel
der älteste Sohn des Prinzen Patrizi, bcv den Jesuiten Pro- die Frau des Gerichtsdicncrs, welcher Beschlag auf ihre Haabe
feg getban. Als vor einige» Monaten der Prinz Alrieri seinen legen sollte, und versprach sie zu retten. Obschon sie nur die
Geburtstag scherte, lieg er den General ersuchen, seinem Frau eines Huissier war und die Herzogin von Aumont eine
Sohne zu gestatten, dag er an diesem Tag bey ihm speisen dürfe. Hochadcligc, so entstand dcch bald eine innige Freundschaft zwi
Die Bitte ward aber abgeschlagen, doch erhielt der junge Prinz schen bcnden; die Gcrichtsdicncrin bezahlte die dringendste»
die Erlaubnis, gegen die Dessertzeit auf eine Viertelstunde, Schulde» der Herzogin , besänftigte die andern Gläubiger, und
versteht sich unter Geleit eines älteren Jesuiten, hinzugehen, so bekam die Herzogin vor dcr Hand Ruhe. Allein die Frau
aber durchaus nichts zu esse» oder zu trinken. Einige Tage Gcrichtödicncrin mußte doch auch befriedigt werden , denn eine
naclihcr las der junge Prinz Messe, die Eltern wohnten der Herzogin konnte „ich! verlangen, dag man ihre Schulden zahle,
selben bru nnd lügte» ihre», Soline am Altare die Hand. Das ohne etwas dafür z» verlangen , so liebenswürdig die Freiu
Noviziat bcv den Jesuiten ist strenger alö bcy de» übrigen Herzogin auch sonst sehn mag ; in welchem Welttbeile findet man
Orden, die Trappisten etwa ausgenommen. Die Dauer dessel solche verbindliche Leute, die in der höchsten Noth uns erscheinen,
ben ist aber nicht bestimmt; cs gibt Fällc. wo es, um die In n»S ans dcr Verlegenheit helfen, und dann wieder verschwin
dividualität deS Subjekts bis auf drn innersten Grund kennen den, ohne nnscrn Dank abzuwarten? Also mußte die Herzogin
zu lernen , bis auf zehn Jahre ausgedehnt wird. Während von Aumont auch auf Mittel sinnen, den nncrwartet erschie
dieser Zeit muß sich der Novize den härrcstcn Arbeiten unter nenen Hülfscngcl z» befriedigen. Leiber war aber kein Geld
ziehen, in der Nacht aufs Betteln gehen, nm Tage Gar da , und weil sie von ihrem Manne geschieden war , konnte
ten - und Küchcnarbcit vcrrichlcn , sich ohnedem jeden Augen sie auch kcinS bekommen ohne einen gerichtlichen Spruch , wel
blick aus dem Sctilafe aufweckcu lassen . »ud nicht selten seine cher il>r erlaubte, zu.lwl> Franken aufzunehmen , vermulblich
Mahlzeit niit Hunden und Kaizen ans cincin und ebendemsel auf künftige Erbschaften oder aus sonstige Gelder, die ihr ein-
ben Gcsäste nehmen. Zeigen sie die mindeste Verdrossenheit, Mal zufallen müsten. Die 50,««,, Franken wurden also auf
so werden sse oft wochenlang, und stets bey Wasser nnd Brod, genommen nnd dcr Frau Gcrichtsdicnerin verschriebe». Wie
eingefperrt. Dieselbe Strafe erleide» ste für jedes nnbedachtsame nun manche Freundschaft bcy Geldangelegenheiten zn End»
oder nach der Regel des Ordens verpönte Wort , welches ih geht, so geschähe« auch dicgmal, daß die Herzogin mit ihrer
nen / während sie sich allein glauben . aber dennoch von Hor Freundin, der Gerichtsdieneri», zerfiel, gerade als das Schuld-
chern umgeben sind, cntwischr. Ol'ne diese Strenge würde halb verschreiben zu Ende ging. Dcr Schutzengel wurde nun der
Rom zu den Jesuiten gehen. Mir allein sind sechs Jünglinge Wucheren beschuldigt und vor Gericht verklagt. Undank ist
bekannt, die noch vor Ende deS ersten Jahres zu ihren Elker» der Welt Lohn. So wurde denn Prozeß geführt zwiscven den
zurückgekehrt sind, sich vcrhcirathet Häven, nnd jczt ein nütz: beiden Damcn, dic Justiz hat jedoch dcr GcrichtSdiencrin
liciics bürgerliches Geschäft treiben. Diese Strenge wird durch Recht gegeben, woran« frculich noch nicht folgt, dag ihre Ab
aus gegen Niemanden gemildert. Ucbrigens wird anfgenom- sichten lauter waren, sondern blos, dag dic Iran Herzogin
» en, wer will, nnd hernach anch zum Profeß zugelassen, wenn zahlen muß. Während nun diese mit ihren Gläubigern zu
er die >)!ov,zenzcir überstanden hat. tknn hat, streitet der Herzog mit denjenigen des Fcvdeau-
(Der Beschluß folgt.) theatcrs und mit den Schauspielern, und will seine Jnren?
dantur nicht fahren lassen, obschon man ihm von allen Seiten
Paris, August. zuruft, er richte das Theater zu Grunde. Dicfi will er ab«
(Fvrtsclznirg.) nicht glauben.
(Die Fortsetzung folgt.)
Die komische Oper liegt in dein hevölkertsten Stadtrcviere,
und l,ar fast beständig großen Zuspruch. Boycldieu's Operetten
müssen il'r ungeheure Geldsummen eingebracht haben, wie kann Beylage: Kunstblatt Nr. «7.
Verlag der I. G. Cotta 'sehen Buchhandlung.
202.

M o r g c n b l a t t

für

gebildete Stände.

Frcytag, 22. August 182 8.

..Zkrn auf der Spigk «in?« Misses


?,^»d ma» dic TrüninikV kiiiks >Zlt,ifft<;
Dortliin. ibr Skglrr. Nkdmr d<n Lauf!'
D>c Srdiffe sal't» Zrantrti«, »ikt« ;
Der Hoffiiunq !Zl,,g>iku s>>„tkn niccer.
Die Traucvfiaggt rsi'Njl' man auf.
Aler. Dumas.

Kur;c Geschichte der zu Aussindung La Perouses Befebl, den von Perouse in seinem lezten Brief angegebe
gemachten Versucht. nen Weg zu verfolgen; dieß tbat er so viel möglich, aber
seine Ziemühuugen waren bekanntlich fruchtlos. Die Freund-
ES find nunmehr vierzig Zahre , seit La Perouse auf schafroimulaner wußte« von Perouse's Reise gar nichts^
seiner SnkdcckungSrcise in den Gewässern der Südsec nnl auf den übrigen Inseln, so wie an den Küsten, welche er
seinem Schiff^volke spurlos verschwunden ist. Der Sin- hatte besuchen wollen, fand man nirgends eine Spur, daß
druck, den dieser Unfall machte, war so groß, daß selbst die Zranzosen da^wesen. Entrecasteaur nahte sich den
die bald nachher ausbrechende Revolution daS Interesse, Küsten mit Kühnheit und hielt sich, so oft eS die Witterung
das man an dem Schicksal der Unglücklichen nahm , kaum erlaubte, so nahe an'ö Land, daß ihm kein Signal der
zu schwachen vermochte. Die Neugierde , waS aus ihnen Schiffbrüchigen Hütte entgehen können. Die Engländer,
geworden, wurde überdieß sortwäbrend dadurch gereizt, daß welche es i» SchifffahrtSangelegenheiten genauer nehmen,
man bald da, bald dortibre Spuren gefunden haben wollte. werfen ibm indessen vor, er habe sich zuviel mit naun-
J< ;r, da Perouse mit dem größten !heile seiner <?efäkr- schen Beobachtungen abgegeben, sich zu sehr vor den Men
ten das gewöhnliche Lebensziel des Menschen längst über: schenfressern gefürchtet, und versäumt, die Inselgruppe in
schritten hätte, tkeilcn wir eine Uebersicht über die Ver Nord und West von Neucaledonien zu besuchen, auch die
suche zu seiner 'Auffindung und ihre Resultate mit. neuen Hcbride» und großen Evcladcn, zu denen Malicolo
5a Perouses leztcr Brief an den Secministcr wa? von und Paul gehören, zu flüchtig untersucht. — Der schleckte
Botanv Bav den 7ren Zebruar l7«« dakirt; er wollte bis Erfolg dieser Srxcdttion schlug indessen Suropas, durch Ge
zu den Freundschastsinseln hinaufsegeln, zwischen Neu rüchte und Mäbrchen in Spannung gehalten« Hoffnung
guinea und Nenholland durchgehen , den Meerbusen von nicht nieder. Aber erst im Jahr t»?5 schien man wirk
Carxentorta und die Westküste von Neuholland bis Die- lich auf eine sichere Spur zu kommen. Der Kl«»!,««, vom
menöland. untersuchen , und sich dann nach Jsle de Zrance Sten September i»2Z meldete, ein englischer Wallfischfin
begebe» , wo er zu Anfang DecemberS desselben JahrS an ger habe zwischen Neucaledonien und Neuguinea eine von
zulangen gedachte. Er segelte wirklich von Bonanv-Boo unzähligen Klippen umgebene Insel entdeckt ; ein Häupt
ol', und seitdem bat man nie wieder etwaS von ihm gehört. ling der Ciiigeborncn habe ein Lndwigskreuz im Ohre ge
Man vermuthet, n sev zwischen der Küste von Neuhol tragen, bep andern habe man Degen mit dem Zeichen P a
land und den Freundschaftöinseln umgekommen. In diese riö gesunde,,; auch seyen Münzen von Ludwig XVI. bev
Gewässer wurde daher Entrecasteaur gesandt mit dem ihnen gesehen worden. Ein etwa fünfzigjähriger Hjnpt
8v6
ling erzählte, in seiner Jugend habe ein großes Fahrzeug seyen sie wirklich in See gestochen , so hätten sie leicht irgend
auf einem Korallenriff an der Insel Schiffbruch gelitten, und einen bekannten Hafen erreichen können ; den Heyden auf
die See habe ein Paar Kisten mit dem Ludwigskrcuz und Malicolo zurückgebliebenen Matrofen wäre es nicht schwer
vielen andern Gegenständen an den Strand geworfen. — gewesen, sich mit europäischen Niederlassungen in Verbin
Auf seiner Reise um die Welt hatte der englische Admiral dung zu setzen, da ja die Wilden auf einer See, wo die
Manby verschiedene Münzen von derselben Art gesehen, Luft heiter, die Witterung gewöhnlich gut ist, leicht von
wie sie Perouse unter den Eingebornen von Kalifornien einem Archipel zum andern segeln ; die Schiffbrüchigen
cmsgetheilt hatte. Das Kreuz konnte von einem andern hätten ohne Anstand in Port-Jakson von ihrem Unfall Nach
verunglückten Schiffe herrühren, aber von größerer Wich richt geben und über Kiefen Hafen Briefe nach Europa sen
tigkeit wäre es gewesen, wenn man die Münzen von Lud den können. Sie wollte» sich aber Allem nach lieber selbst
wig xvi. «ach Frankreich geschickt hätte; sind sie wirklich in dem kleinen Schiffe, das sie sich eilig erbauten, auf
aus dem angegebenen Zeitraum, so wäre dieß ein Grund den Weg machen. Die bcvden auf der Insel gebliebenen
mehr zu Bestärkung der Vermuthung , das zwischen Neu- Matrosen können wohl so sorglos gewesen sevn, daß sie
caledonien und Neuguinea verunglückte Schiff sev La Perou sich gar keine Mühe geben mochten , mit ihrem Vater- ^
ses Schiff. lande wieder in Verbindung zu kommen. Findet man ja
Im Jahr 4827 belebte der englische Kapitän Dillon in allen Weltgegenden europäische Matrosen, die unter
die Hoffnung , endlich etwas Gewisses zu erfahren , aufs den Wilden leben und sich nichts um ihr Vaterland küm
Neue. Nach seinem umständlichen Bericht fand man auf mern.
Malicolo, einer zum Heiligengeistarchipel gehörigen Insel, Kapitän Dillons und der Agenten Nachrichten machen
ein Dcgenstichblatt, das, wie man glaubt, dem französi also La Perouses und seiner Gefährten tranrigcö LooS
schen Befehlshaber gehört hatte. Ja die Eingebornen, un wahrscheinlich, doch nicht durchaus gewiß. Es kann ja
ter denen ein alter Matrose, ein geborner Preuße, lebte, ein anderes französisches Fahrzeug bey Malicolo verun
erinnerten sich noch an Perouses Schiffbruch. Diefe Nach glückt seyn. Gewiß ist nur, daß sie und die Schätze, wel
richten machten in Indien, wohin Dillon sie brachte, Auf che sie gesammelt, für Frankreich und die Weltverloren
sehen, und die Engländer in Kalkutta, die Franzosen in sind. Schon Tausende hat' der Ocean verschlungen, «der
Pondicherv gaben sich Mühe, darüber in's Meine zu kom kein Schiffbrüchiger hat mehr die Welt beschäftigt als La
men ; man nahm die verschiedenen Aussagen zu Protokoll, Perouse; gerade das fpnrlose Verschwinden spricht, obgleich
man schickte Agenten »ach Malicolo; man brachte daselbst an sich durchaus nicht wunderbar, mächtig die Einbildungs
Silber- und Äuxferstücke mit Lilien, die Verzierung ei kraft an, und wenn einst mit der Zeit jene weiten Ge
nes Schiffshintcrkheils gleichfalls mit einer vergoldeten wässer genauer durchforscht sind , können noch für unsere
Lilie, eine Glocke mit französischer Schrift u. dgl. m. zu späten Enkel unbedeutende Trümmer von den Schiffen
sammen. Aus dem Bericht der Agenten ergäbe sich fol Astrolabe und Boussole Gegenstände des Interesses
gendes: Perouse scheiterte Nachts an einem Riff bcy Ma und der Rührung werden.
licolo unter dem 4t° 4^ Breite und tS7» östlicher Länge;
das eine Schiff der Ausrüstung schlug unter Segel um,
nachdem es an einer Klippe gescheitert, und Alles an Bord
wurde von den Wellen verschlungen ; das andere Fahrzeug Die Abenteuer Hajji Vaba's.
scheiterte gleichfalls, aber mehreren von der Bemannung (Fortsetzung.) Z
gelang es, sich zu retten, theils in einem Boot, theils
auf Schiffstrümmern ; sie landeten auf Paui; einige wur Wir waren nicht lange bey den Damen gewesen, als
den von den wilden Insulanern niedergemacht, denjeni die Gemahlin des Veziers , die sich durch ihr angenehmes
gen , die am Leben blieben , gelang es , sich ein kleines Wesen völlig in Besitz von des Gesandten Bart gesezt
Fahrzeug zu bauen, mit dem sie unter Segel gingen, ohne hatte, ihn einlud, ihr an einen allgemeinen BelustignngS»
Zweifel um eine europäifche Niederlassung im stillen Meere ort zu folgen, wo sie, wie wir Hirten, eine Art von Kö
aufzusuchen. Dieß geschah, wie man behauptet, etwa fünf nigin vorstellte, und der, wie wir aus dcö MehmandarS
Monate nach dem Schiffbruch. Nur zwey Matrosen blie Erklärung schlössen, ein. Versammlungsort aller vorneh
ben auf Malicolo ; der eine schiffte sich später auf einem men Mirzas, Khans und BegS der englischen Nation mit
Kahn ein, man weiß nicht, was aus ihm geworden ist, ihren Weibern und Töchtern war. Man nannte diesen
der andere ist vor vier Jahren gestorben. Ort Almacks.
Man hat gegen Kiefen Bericht den Einwurf gemacht, Der Gesandte that auf die gutmüthigsie Weise, was
es sev sonderbar, daß die Schiffbrüchigen auf Malicolo man von ihm verlangte, und obgleich wir bevde vor MiK
verschwunden sevn sollen, ohne Nachricht von sich .'zu geben ; digkeit fast erlagen, schlössen wir uns doch an das, Ge«
8°7
folge der Gemahlin des VezirS an , der selbst fammt den Mannaregen inPersien.
»eisten seiner Gäste mit uns ging. Der Pariser Akademie der Wissenschaften wurde in
Wer würde mir Glauben bevmessen, wollte ich ge ihrer Sidung vom nen August d. I. eine vom Minister
treulich Alles beschreibe«, woron ich in dieser glücklichen der auswärtigen Angelegenheiten mitgetheilte Substanz
Nackt Zeuge war? Würde ma» mir glauben, wenn ich vorgelegt. Diese Sudstanz fiel zu Anfang bieseS ZahrS
erzählen wollte, daß ich mebr Diamanten, Rubinen, Sma in einer Art von Mannaregen vom Himmel. Der Boden
ragden und Juwelen aller Art in diesen Zlmmern sab, als war in weiter Srstreckung völlig damit bedeckt, an einigen
der Schach von Iran , oder selbst der Vater des großen Orten sogar fünf bis sechs Zoll hoch. Den Heerden, vor
Moguls jemals besessen? daß ich mehr Wejber ans einen züglich den Schaasen behagte diese neue Weide sehr gut,
Blick sah., «IS in dem Harcm dcs Schutzes deS Weltalls und sie näbrten sich reichlich davon; Brod, daS man
gefunden werden, und mehr Schönheiten in einem kleinen daraus bereitete, war genießbar und »ahrbast. AlleS dieß
Winkel, «IS jemals in den weiten Regionen Asiens ge versicherte ein russischer General, der Augenzeuge davon
sehen wurden? Haut, glänzender als die dcS EngelS war, den französischen Konsul in Persien. In den vor
Gabriel, Hälse, welche die Pfau,» beschämten, Augen, die gelegten Proben dieser Substanz erkannte man eine Flech»
entflammten, und Formen, welche die Derwische, die in tenart, die bereits botanisch beschrieben ist. Diese Fleck»
den Bergen von <? Hebel dir leben, hinreißen würden? tenart, welche in jenen Ländern außerordentlich häufig
„Bah! bah! bah! ' fagte ich zu mir selbst, ..was ist Per: fern muß, ist wahrscheinlich durch den Wind auf die Stel
ßen, seine Barte und Schalle, 'und laugen Schleier und len geführt worden , wo sie sich plötzlich in f« ungeheurer
verhüllte Weiber, und waS ist England, seine Reichrbü- Menge vorfand. Im Jahr t«Zl hatte man in derselben
»er, feine anbetungswürdigen Frauen und die Quellen Gegend von Persien eine ähnliche Erscheinung dcobachtet.
des Genusses und der Geselligkeit, die es seinen Bindern
öffnet!" Dieß war mein erster Eindruck, und ich glaube,
er stand mir auf dem Gesichre geschrieben, da mich bald Korrespondenz-Nachrichten.
hernach ein Mann von gefälligem Anstand in unserer Spra Pari«. August.
che anredete und mich fragte, was ich von der Sccne vor
mir halte. Ich mochte ihn nicht glauben lassen, wir seven (Fortsevuna.)
Türke» die nichts von der Welt gesehen haben , un- Echo« melirere Vorschläge sind gemacht worden, um dem
lerdrückte daher mein Erstaunen und antwortete ga»; ru i?devn»,kater wieder aufzul'klfe», die Regierung so» sich sogar
erboten I'aven die Schulden zu vezal'len , unter der Bedingung
hig? „Bad nee st, es ist nicht übel.« Mein neuer künftighin solle keine Verxflichinnq mevr auf der Regierung
Freund, der, wie eS schien, in Indien vnd in den süd- »afici, , und das Tlieaier der Leitung von Vrivalunternel'mcrn
lichen Theilen von Fars gewesen war, lächelte über meine übergeben werden. Auch war schon ein Bankierl'au« bereit,
Antwort und bemerkte: ..Ihr werdet zugestehen, daß die die ncibigen Gelder zur Leitung der Tkeateißnanze» vorzn»
schieße». bis jrzt soll aber jeder Vorschlag an dem i!i,,ei,willen
ser Anblick angenehmer ist, als wenn die Gesichter der de« vornci'me» 5?r». Intendanten gescheitert sevn. Da dies»
Weiber verschlevert wären , wie sie in Persien sind." — aber ohne Geld keine Jiitendaniur fvrrse»?» kann, und die
«Ja, ja," sagte ich; „ich sehe nur einen Fehler, warum Schauspieler seiner Eiacumacht ziemlich »lüde sind, so wird
gibt eS hier eine solche Menge alter Weiber? diese wenig er wahrscheinlich bald den Sommandvstai, niederlegen müssen,
der, wie es scheint, außerordentlichen Reiz für den Herzog
stens sollten verschlevert serm." — „Vielleicht," versezte bor, obschon er iiin nicht zu führe» versteht. — Die schonen
er, „möchte dieß eine Verbesserung fern ; allein in diesem Tage der italienischen !7per sind vorüber. Die Malibran-eZar«
freven Lande bat Jedermann daS Recht , mit seinem Ge ei« Kot il're Vorstellungen geendigt, und zwar mit einem
sicht zu thun, was ihm beliebt." Er erbot sich dann mit solchen Bcvfalle, daß sie nach Beendigung ihrer lezten Vor«
flellung bevnahe ans der Bühne gekrönt worden wäre. S« ist
großer Gefälligkeit, mir manche Dinge zu erklären, von sonderbar, daß man eine so vortreffliche Sängerin, welche von
denen er, da er unsere Gewohnheiten kannte, vcrmuthcn einem große» Thcile de« Publikum« weit über die Sontag ge>
mußte, daß sie mir neu seven. sezt wird, nicht auf lange Zeit z» behalten gesucht hat; «er«
mntblich will man der italienischen Sitte treu bleibe» , ge»
(Die Fortsetzung folgt.) mäß welcher die Säuger immer nur für eine JaKrszeit bedun«
gen werden. Zwar bat sich eine Adeliua Catalani eingestellt,
um die Lücke, welche durch den Abgang der vortrefflichen Prima
*Z Sin Türke »eteutet auf Persisch einen Tölpel, Dummkopf Donna entstanden , auszufüllen ; allein man kann Catalani
heißen , obne eben zu finden wie die An^eli.a ; ihre« Namen«
oder bäurischen Menschen. ungeachtet , fand die Adekin« nur mittelmäßigen Veyfall. und
sie bat ei be» dein erste« Versuche bewenden lassen. Vi« zur
Rückkehr der Dem. Sorna« aus London sucht man nun die
Dilettant! mit einigen Neuigkeiten zu vertrösten ; so «ab man
neulich ein kleine« Slüik: „t.« c»»«». v»I boico," Musik von
einem jnngen Schweizer Tonkünstler. Niederweyer, dessen Name einzigen geistlichen Wördenträger unter den ihrigen zählt ; dag
in der dramatischen Tonkunst noch ganz unbekannt war. Man das LooS jedes einzelne» es mit fich bringt , stets in Abhängig,
hatte das Stück als etwas Unbedeutendes vorbereitet , und alö keit zu leben , keinen Augenblick sein eigner Herr zu scyn , dem
solches wurde es auch vom Publikum aufgenommen. Bleibt die Generale blinden Gehorsam zu leisten , und fich . wenn es die
Sontag noch eine Weile aus , so wird man zu etwas Kräfti- sem einfällt, tausend Meilen weit sende» zu lassen ; wen» man
gercm seine Zuflucht nehmen müssen , um die Mufikliebhaber endlich bedenkt, daß jeder einzelne von diesem mühseligen Lebe»
vom Theater „ichr abzngewölmc». Ei» besonderer Umstand nichts weiter hat als mäßige« Essen und Trinken , so muß »'an
ist es , daß die italienische Oper in Paris und die Londner sich fich billig fragen : wonach streben diese Menschen '? Nach einer
jczt unter der Leitung desselben Direktors, des Hrn. Laurent, bloßen Idee , nach der Idee der geistigen Herrschaft. Sey der
befinden. Vor zehn ober zwölf Jahre» würbe so etwa« kaum Orden immer überreich, und gebiete er selbst über Throne,
möglich gewesen scyn, jczt aber ist die Verbindung zwischen Paris waS kommt jedem einzelnen davon zu Nuyc? Nichts; er kann
und London so enge , und der Verkehr so häufig zwischen den nach seinem Tobe nicht einmal über die Paar armseligen Schuhe,
Heyden Hauptstädten, daß Jemand ganz bequem diesseits und welche er in seinem Leben getragen , zu Gunsten seiner Fami
jenseits deS Pas-de-Calais ein und dasselbe Unternehmen besor» lie gebieten. Die andern strengen Orden, welche den weltlichen
gen kann. Daher wird es ihm auch leicht, englische Schauspie: Zwecken entsagt haben , wie zum Benspiele die Karthäuser, lia-
ler nach Paris zu ziehen und franzosische nach London zu ben wenigstens das Leben »ach dem Tode im Auge , und thun
schicken; denn auch dieses gehört mit zu seiner beydcrseitigcn demnach, obgleich auf de» zeitlichen Genuß verzichtend, alles
Direktion. PariS hat fast alle ausgezeichneten Londner Schau zur Erlangung deS ewigen Ge»usscs. Nicht so der Jesuit; erthur
spieler auftreten sehen: Kean, Kemble, Macrcady, Terry. alles für diese Welt, und doch kann er derselben niemals mit
Vorlezter hat von allen den meisten Beyfall eingcerndtct; man Ruhe genießen. DaS dicßmalige Jgnatiusfcfl hat fich durch
schäzt ihn höher in Paris als Kcmblc, so wie man hier die eine besondere Ehre ausgezeichnet , welche der heil. Vater dem
M>ö Smithson als eine überaus vortreffliche Schauspielerin im selben erwiesen Kat ; er ist schon früh um sechs Uhr in der Je-
tragischen Fache anerkannt hat, wiewohl die Engländer sie suitcnkirche erschienen, hat eine stille Messe gelesen und fich
gering schäyen und von ihrem Rufe nichts wisseü wollen; hernach eine lesen lassen, und endlich vor dem Altäre die Bulle
Macv, ady ist zwcymal hier gewesen, und jedes Mal nicht allein zur Seligsprechung eines Jesuiten aus dem Anfange bei vori
in Slalespeareschen Stücken, sondern auch in andern Trauerspies gen Jahrhunderts abgelesen.
len ausgetreten. Im „Virgiuius-' spielte er meisterhaft ; auch Mit dem Juli haben im Mausoleum des August lp«!«««
in KiwwleS sonderbarem „Wilhelm Teil" hatte er einige vor Ooree», den» von einem Mausoleum weiß das hicfigc Volk
treffliche Inspirationen, besonders in dem Auftritte mit dem nichts) die gewöhnliche» Thicrgefcchte(6i«5tre) und Feuerwerke
Schießen »ach dem Apfel. Als Hamlet schien er Kemble nach (kuocketti), die einzigen öffentlichen, nicht theatralischen Ver
zustellen , der weit besser das Melancholische und die beißende gnügungen , welche hier stattfinde» , begonnen. Die Erlen cd-
Ironie dieses Charakters auszudrücken verstand. Aber im tnng bcy den Feiicrwcrkc» ist vortrefflich , so daß die Reize der
,.Ttt'eilo," den er zulezt gab , bezauberte er dergestalt Englän Römerinnen, die hier sämmtlich in der gesuchtesten Toilette
der und Franzosen , daß man beschloß , ihm , wie der vortreff erscheinen, ganz be» Lichte beschaut werben können. Ma«
lichen Malibran-Garcia, einen Triumph zum Abschiede zu ver denke fich ei» Paar Tausend Weiber, die schönsten aufdcrErbe,
anstalten. Nach dem Trauerspiele ward er wieder hervorge im amphithcatralischc» Kreise, unten auf sechs steinernen, über
rufen , um die Gnnflbezeuguiigen der Zuschauer zu empfangen. einander laufenden Stufen, oben in zwch Gallerien bcrumfiyend,
(Die Fortsetzung folgt.) mit ihren flammenden Augen da« Theater noch Heller erleuch
tend, als es durch die argandischcn Lampen und den Mond ge
Rom, 2. August. schieht, der in diesen Monaten ans stets heiterem, wolkenlo
(Beschluß.) sem Himmel darauf hcrabschcint. ES ist ein Anblick, der in
der Tl>at ctwaS Zauberische? bat. Aber der leidige Rauch ist
Man will versichern, der Orden schicke Niemanden zurück, die Schattenseite dieses sonst wahrhaft reizenden Schauspiels ; doch
sonder» begnüge sich, das Subjekt, in welchem sich durchaus find die Römer so sehr in diese Feuerwerke verliebt, daß fie. wie
keine Brauchbarkeit entdecken lasse, durch übertriebene Strenge ächte Liebhaber, keinen Mackel an dem geliebte» Gegenstand sehen
so zu quälen, daß er von selbst gehen müsse. Auch das Leben und den Rauch nicht riechen. Die Stiergefechte dagegen find das
der Proftssen ist bey weitem nicht so reizend, als cS fich die abgeschmackteste Schauspiel, welches gefunden werben kann. Ein
Welileure wohl zu dcnkc» pflegen. Sic find zwar den Ent Duyend Ochsen . Kühe . Büffel werben losgelassen , laufen im
behrungen und den Plackcrenen der Novize» nicht mehr ausge- Kreise herum , und werben von eben so vielen Burschen , bie
sezt , können aber dennoch über keinen Augenblick ihres Lebens weis, mit bunter Schärpe gekleidet find . und den hochtrabenden
nae>, eigner Willkübr gebieten. Im Kollegin», selbst müssen Namen Giostrawri führe», mit vorgelnltcncn Fahne» gcneckt ;
die kanonischen Stunde» mit der größten Regelmäßigkeit bcob- dann wird ein Stier, den der Anschlagezettcl für den »ngcs
acliler werden ; ausgehen darf Niemand , auger in Begleitung zäbmtcstc» (>I p>ü in6«m»lo) seines Geschlcchtö ausgibt, der
eines aller» Mitgliedes, und clwa um einen Spaziergang zu aber da» leutseligste Thier von der Welt ist. losgelassen, und ein
machen, ein Buch zu kaufcn. oder sonst einen geistigen Auftrag Bullcttbciger kläfft ihn vo» Fernes« lange an, bis der Stier unge
für de» Orden zu verrichten. Den Proftssen ist streng verbo duldig ihn ans die Hörncr nimmt, einige Ellen weit wcgschlcu-
ten z» Jemanden ins Haus zu gehe» , »och weniger dort zu bcrt. ihm den Bauch cmffchlizt, und dann voll Schaam davon
essen ; ja fie dürfen nicht einmal mit Jenianden rede». So länft. Damit hat die ,,<!io»>r» str«piic>»«" ein Ende, und
kömmt cS, dag man nie einen Jesuiten auf der Straße oder in bie Römer, königlich divcrtirt. geben nach Hause , um noch
einein Hause verweilen und sprechen ficht, eine Frenbcit. welche de» ganze» Abend von de» Heldentbaten . welche Menschen und
fich dann und wann sogar die Karthäuser nehmen. Bedenkt Vieh verrichtet haben, fich selbst und die ihrigen zu »nterhalten.
,n >» nun . das, der ?rdcn »ach keinen geistlichen Ehrenstellen
strebt, die weltlichen und ihm ohnehin unzugänglich ; daß keines
semer Mitglieder ein kirchliches Amt a»»ch,ne» darf, daß die
Gesellschaft keinen Pabst. kcincn Kardinal, überhaupt keinen Vehlage: Literaturblatt Nr. «8.
Verlag der I. G. Cotta'schen Buchhandlung.
205.

M o r g e n b l a t t ^

fi.

gebildete Stände.

Sonnabend, 2z. August i 8 2 s.

Die N.ichkigall klagt bong in, Vlülhrnschatten.


Wie u» d« Lik»i«g dl« verlaßn« Braut.
Matthi sson.

Di« GlückscligkeitSinsel. Sehnsucht! für ein Glück der Erden


. ' k, ' Schlag.' dein Äuge nimmer auf!
(Forts«,»ng.) Leiden und vergessen werden.
Di« i» AstvlfS Brust sich zu glühender Leidenschaft Das ist SängerS Lebenslauf.
steigernde Sehnsucht, wie bin»iederum Felieiens weiches Könnt' ich folgen deinem Pfade,
Hingeben an die Liede, führt in mehrfache» gefälligen Ab Hoher königlicher Aar!
,. Bergen mich im Sonnenbad?,
stufungen uns durch alle Scalen des Gefühls, wobep eö Tauchen mich in Actder klar !
an reicher, za»herhafrer Malerep d«k> Hintergrundes nicht Doch mich hält daS Reich der Töne,
feblt, und außer Feste» ^ Tä«zen, Seisterchtren n. s. w. .Rind der Flur, die mich verschmäht;
auch einige liebliche Episoden, mit zarten Fäden an die Od mein Lied den Hain verschöne,
Keiner ist, der mich »ersteht.
Hauptbandlung geknüpft, gleich einzelnen Vignetten in ei
ner weitläufig reichen Landschaft, den Blick zu sanfter Liehst dn mir, Natur, den Funken,
Rüde einladen. Alö eine der anmuthtgsten verdient un- Der aus deiner Glut entsprang.
Brich den Kerker, laß mich trunken
bestreitbar ZexhyrS Liebe zur Nvmphe Rosaspina genannt Frey erlöschen im Gesang!
zu iverden, und vielfache Beziehungen bietet dessen Eifer Den Atom von Venn' und Schmerzen,
sucht auf den unscheinbaren, doch von jener gern gehörten Dem du gabst deS LiedeS Lust,
Nebenbuhler, die Nachtigall, wobev unser Dichter sehr Gteb zurück dem Mutkerberzen,
Und begrab' ihn in der Brust!
glücklich deö Tangers Werhiltniß zur Liebe, sowohl in der
NvmxKe naiven Geständnissen «IS in dem Gedichte aus Ungern nur entsage ich dem Genuß, noch mehrere an
spricht, dessen Sinn wir den Lesern mittheilen. ohne uns ziehende Stellen deS ersten TheileS wörtlich bepzufügen,
der schmeichelnden Täuschung zu überlassen, jenen seltenen worunter das von den Nymphen gesungene Lied, des
Wohlklang wiedergeben zu können, der darin, wi« Nach- Schmetterlings Lebenslauf, und die Schilderung von Fe-
tigallenklage , wichst und hinstirbt. licievS Schlafgemach zu dem Gelungensten gezählt werden
muß. Bev dem Leztgenanntcn überbot des Dichters Ein
Lied der Nachtigall.
bildungskraft, mit Geschmack im Bunde, die meisten uns
Tbvr, der mit mclod'scher Kehle
Wäl'nt zu fesseln ihren Sinn! in Mährchen reich ausgemalten Bilder feenhafter Um
Sie ist sonder Ohr und Seele, gebung.
Wie ich glänz - und reizlos bi». Hier findet Felicia, von nächtlich träumerischer Wo»
derung wiederkehrend, endlich den Liebenden, welcher in „Ihr sevd ein Mann von scharfem Beobachtungsgei-
des Pallastes weitläufigen Gängen verirrt, von zärtlicher sagte mein Gefährte , „denn dtefer Herr mag alS
Ahnung geleitet, sich in dem zauberischen Raum allen Beyspiel von dem dienen , was ich so eben gesagt. Er ist
Träumen sehnsüchtiger Liebe hingegeben. Nachdem Feli kein Prinz; er ist der größte Eroberer des Jahrhunderts,
cia, in gleichen Gefühlen befangen, sein unbewußtes Ein der Friedensstifter der Welt, der Besieger von dem, waS
dringen verziehen , ruft sie den Genius der Jugend , der, für unbesiegbar gehalten ward."
im Wasserstrahle des hierher geleiteten Quells erscheinend, „Aber seht," sagte ich, „was hat er vor? bey Ali'S
ihr die Jaspisschale darreicht, und nachdem er auf ihr Be Bart, er schenkt eine Tasse Thee für das älteste aller al
gehren sie für den Liebling abermals gefüllt, verschwin ten Weiber ein ! er verrichtet den Dienst eines unserer
det. Neues gittergleiches Leben durchströmt nach diesem Knechte! Was für eine Gewohnheit ist das?" — „ES liegt
Trank Astolfs Adern; jede Erinnerung verschwundener Zu keine Erniedrigung in einer Handlung der Gefälligkeit,"
stände verschwindet, er gehört nur dem Augenblick an, der erwiederte mein Freund. „Es ist keine Erniedrigung
ihn mit höchstem Licbesglücke krönt. Sin reizender Wechsel rief ich aus , „für den Gründer des Friedens der Welt,
gesang Iephyrs und Sptnarosas von der angränzendcn Ter alte Weiber zu füttern! Was bedeuten diese Worte? Hätte
rasse der Nachtviolen knüpft sich an diese Schlußscene, Fe- unser Nadir Schach, von dem Ihr zugeben müßt, daß er
liciens vollendetes Glück begrüßend. wenigstens ein eben so großer Bluttrinker als Euer G h a z i
Wenn dieser Theil des Gedichtes, von geistiger Wol hier war, nicht dafür gesorgt, sich in gehörige Achtung zu
lust überströmend, aus der ganzen Natur die Bilder zart- setzen, indem er wenigstens zwanzig Köpfe des Tags ab
lichen Verlangens und seligen Schmerzes zum Brauthym- schlug, er hätte nicht ruhig schlafen können. Was würde
nns verschmilzt, so lag es vielleicht in deS Dichters per der zn Euren alten Weibern gesagt haben?" — „In die
sönlicher Stimmung, daß ein Wehmuthsakkord den Triumph sem Punkt," versczte mein Gefährte, „müssen und werden
gesang siegreicher Liebe beschließen mußte. unsere Gefühle für immer unvereinbar bleiben. Aber
(Die Fortsetzung folgt.) . . . ...... kommt," sezte er hinzu, „kommt und seht dem Tanze zu;
dieß, ich bin gewiß, ist neu für Euch, und muß noch-
wendig Euren Beyfall erhalten."
Die Abenteuer Hajji Baba's. Wir näherten uns einem Kreise der schönsten jungen
(Fortsetzung.) Mädchen, so schön wie die Phantasie sie nur erdenke«
kann, die sich ernsthaft damit beschäftigten, ihrem Kör
Mein Bekannter zeigte mir lzucrst einen der Söhne per die verschiedenartigsten Stellungen und Bewegungen,
des Königs, einen Prinzen vom Geblüte, der in dem Ge in welche Hände und Füße sich bringen lassen , zu geben,
bränge wie alle andern Personen herumging, mit Jeder während auf der andern Seite junge Leute ebenfalls eine
mann sprach und von Jedermann angeredet wurde. Die Menge Werdrehungen machten und sich heftig abarbeiteten.
einzige, Auszeichnung, deren er genoß, war, daß ihm Nie Der größte Anstand ward beobachtet. Wenn ihre Hände
mand den Rücken zudrehte, wenn man es ändern konnte. sich berührten , so geschah es nur mit den Fingerspitzen ;
„O," sagte ich, „nnsre Schach gadehs würden damit kein Aeugeln, kein Lächeln; sie tanzten wie Derwische
nicht zufrieden seyn, sie würden nicht ohne einen Pahen- tanzen, und es war klar, daß sie ei» ernsthaftes Geschäft
baz *) Hieher kommen, und nicht, ohne ein artiges Ge betrieben. Meinem Gefährten war es bekannt, baß beo
schenk an der Thüre zu emvfongen. Erhält Euer Prinz uns Niemand tanzt als Leute, die man zu diesem Zweck
nichts für seine Herablassung?" — „Thee und Butter- bezahlt, und deßhalb versicherte er mir. Alle, welche sich
brod," antwortete mir mein Gefährte, „sonst weiß ich l>ier zur Schau stellen, thuen es zu ihrem eigene» Ver
nichts." — „Wunderbar!" sagte ick, „ihr sevd ein unbe gnüge«." „Doch gewiß nicht jener Mann," sagte ich,
greifliches Volk." — „Verdienst," erwiederte mein Freund, „dessen Jüge Schmerz aussprechen, und an dessen Füßen die
„Verdienst, von was für Art es auch sevn mag, ist unser Wirkungen enger Schuhe sichtbar find, von dessen Anstren
großes Kebleh, das ist der Punkt, dem wir alle un gung die Ströme zeugen , die »on seiner fetten Person
sere Verehrung zukehren." —,, „Und, was ist denn das, Ver rinnen?" — „Auf jeden Fall wird er für seine Bemühung
dienst jcneö Maines," sagte ich,, indem ich auf eine» nicht bezahlt, was auch seine Vewegungsgründe sevn mö
H'rrn mit einem Adlcrsaugc zeigte, „der Jedermanns gen," erwiederte mein Frennd. „Was bedeutet Alles
Aufnrcrksamkeit auf sich zieht, und dem sich zu nähern dieß?" rief ich, als ich auf, einmal bemerkte, daß der
als ein Vorrecht betrachtet zu werden scheint? Er muß we Tanz sich gänzlich veränderte; denn so viel Anstand ich
nigstens ein König sevn, wenn der andere ein Prinz ist." zuerst hatte herrschen sehen , so erstaunt war ich jezt über
ShawlS und reiche Stoffe, mit denen man den Boden den gänzlichen Mangel desselben. Männer und Frauen,
belegt. ^ , .. ^..,! i. i < zu zwcy und zwcv gepaart, Auge iu Auge, mit den Hän
Sil
den einander umfassend, schwangen sich in schwindelnder oder nicht verdient; so z. V. soll das Weibchen jeden Mor
Schnelle Kerum ; zuweilen flogen sie von einander, ein an: gen seine Eper zählen, und man hat sich hievon dadurch über
dermal stießen sie gegen ihre Nebeulänzer, und daS Ganze zeugt, daß man entweder ei» Eo hinweggenommen oder
stell« eine Sceve dar, die ich unmöglich mir dem Ernst eines dazu gelegt bat; in bevden Fallen zerbricht es alle
und 'Znstand vereinigen konnte, die sonst in der Gesell: mit den Beinen. Obgleich es keinen heimlichen Ort zum
schast herrschten. „Gewohnheit versöhnt unö mit Allem," Legen seiner Erer aussucht, so verläßt eö dieselben, sobald
sagte mein redseliger Freund ; „dieser Tanz ist erst neulich eS merkt, daß man sie angerührt hat. Auch versichert man,
«ngeführr morden und fand zuerst einen heftige» Wider- eS rolle einige Sver eine Strecke von dem Neste weg und
stand ; allein wir haben einen gewissen Tyrannen nute? zerbreche bie Schale; diele Evcr füllen sich, bis ihre Jungen
uns, den man „die Mode" nennt, die weit despotischer auskommen, mit Maden imd Insekte» an, welche denselben
-herrscht als Euer König der Könige, deren Gesetze starker zur ersten Nahrung dienen. DaS Männchen soll die Zucht
sind «IS Vernunft und Keftihl für «chicklichkelt, und die, der Brut übernehmen. Wenn zwrv Männchen mit idren
wie Ihr seht, selbst den Anstand umstoßt und unö zu leicht» Jungen zusammentreffen, so kämpfen sie um die Herrschaft
sinnigen und lächerlichen Nachahmern herabwürdigt.- — über devde Rudel ; weßwegen man oft eine» Slraui mit
„Kann ich meine» Auge» trauen?" rief ich plötzlich aus, Jungen von verschiedenem Alter unter seiner Obhut findet.
-so wahr, als ich de» gesegnete» Mabomed verehre, da tanzt Die größte Gefabr bevm Zagen der Strauße ist , daß b.,S
Ener Grvßvezir!- — «Ja,- sagte mein Gefährte kalt, Pferd leicht in einen Alscachobau einbricht. Dieses Ibier
..i.ir tanzen alle; der König uud sein ganzer Hof tanzen; hat Aehnlichkeit mit dem Kaninchen, ist ober größer;
der Großvezir, der Kanzler, der Schatzmeister, die Ve- eS gräbt seinen Bau in den Ebenen , vesouderS aber auf
zire der auswärtigen und innern Angelegenheiten, die Srbihungen, so geschickt, daß sie nicht überschwemmt
Befehlshaber des Heeres und der Leibgarde, die Herrn werden können. Der Bau ist in mehrere Gemächer ge-
von der Admiralität und von der Flotte, wir alle tanzen. theilt, und gewöhnlich bewohnen mehrere Familien eine
Es gibt kein Gesetz, daö die Häupter unserer Kirche und Wohnung. In diese führen viele Löcher von oben berab,
unsre großen Muftis vom Tanzen ausschließt; unsere jun bev denen gegen Sonnenuntergang eine große Menge
gen Geistlichen svwobl wie unsere jungen Rechtsgclehrken dieser Thiere sitzen, aufmerksam ans jedeS Geräusch hor
tanzen." — ,.Bex> Eurer Seele und dem Barte meiner chen, und die Vordevreisenden anstarren. Wen» alles
Doriabren schwöre ich,- sagte ich, „daß, wenn unser Schach stille ist, so gehen sie auf Beute auS, und thun den Korn
einen seiner Vezire über dem Zanzen crtavpte, er ihm die feldern sehr großen Schaden. Man sängt sie so, daß m>m
Freude für die Zukunft verderben würde ; er ließe ihm Wasser in die Höhle gießt und sie todt schlägt, wenn sie
eine solche Bastonade auf die Fußsohlen geben , daß alle auS derselben hervorschießen. Ihr Fleisch ist nicht schlecht.
seine Zehen nach der Reihe ihn an seine Thorheit erinnern Gewöhnlich siebt man eine kleine Eule am Eingang dcS
sollten." BauS sitzen, welche Wache zu halten scheint.
(Die Fortsetzung folgt.)

Korrespondenz- Nachrichten.
Der Strauß und der Aiöcacho in den Pampas. Part«,
Die Strauße geben den PamraS ein interessantes (Fortsetzung.)
Sin schon seit mehreren Jabren bekannt gemachtes Prli:
Ansehen. Man sieht sie manchmal in Gesellschaften zevregleinent , welche« durch tumnltuarische Verfälle veranlaßt
von lo bis Zu einen halben Pistolenfchnß weit von ein worden war, erlaubt den Schauspielern nicht, wenn sie vom
ander über die sanfte Ebene hingleiten. Die Junge» Publikum gerufen werden, wieder zu erscheinen und K reue»
lassen sich leicht zähmen und zeigen Anhänglichkeit für die und dergleichen in Empfang z» nebmen. Man batte »m c,e-
sem Hervorrufen solchen Mißbrauch getrieben, dafier keine Ebre
Personen, welche ihnen liebkosen ; sie sind aber unangenehm für die Schauspieler mebr war. Erst nenlicb batte m in bieg
in einem Hanse, da sie Alles verschlucken, Geld, Nadeln, Reglement «rlezt, al« die Siqnora Malibran-Gareia bev i>«
überhaupt jedeS kleine Mctallstück, d.ssen sie habhaft wer rer lezten Vorstellung einstimmig wieder nerv?, kommen mußte,
den kennen. Ihre gewöhnliche Nahrung im wilden Zu und mit Kronen und Versen überlauft wurde. (Segen ein«
Dame war die Polizei, galant gewesen und batte gcschwi,,ien<
stande besteht in Gcsame, Kräutern und Infekten; daS Diegmal, da da« Hervorrufen einen Schauspieler betraf, wagte
Fleisch ist von rothbrauncr Farbe und nicht schlecht von die TKcaterdirckiion e« nicht, den, Pelizenrerbetc zuwider z»
Ge>'chmack. Der Strauß legt eine Menge Eper in ein bandeln . nnd lies, dal,cr durch de» englischen Schauspieler Ab
einziges Nest, das er mit trockenem Grase füttert. Ei bat , de» gewöl'nllchen Sprecher der englischen Truppe, dem
Publikum, welche« ungestüm den Maereadv berrrrrics. ankün
nige Züge, welche die Sliigcboriien vom Strauß erzählen, digen, c« sev il«- nicht erlaubt, de,» allgemeinen Verlaimen z»
beweisen, wenn sie wahr sind, daß er den Ruf der Dumm- willfahren. Wenn aber einmal die Begeisterung in die Eng»
teit, in dem sein afrikanischer Bruder steht, nicht theilt läudcr gcfaiirc» ist, so lassen sie noch weit weniger >,,,ch als
812
die so leicht aufwallenden Franzosen. Sie Kotten den Macvea- London, August.
du Kcrvor , und da er nicht auf der Bühne austreten konnte, Die l.etler, ok L»pt»in Kock to tke tting enthalten
so führten sie ihn vor dieselbe, das beißt ins Orchester. Hier eine grelle Schilderung des Zustande« von Irland; das Buch
mußte er die Herzlichkeiten und Hcrznngen der zuströmenden ist wahrscheinlich vorsätzlich in einem rohen , gemeinen Styl
Zuschauer (meisten« Engländer) empfangen. Man sah eine geschrieben . und die Gesinnungen de« Verfasser« sind nur zu
eben nicht junge Dame oder Lady, welche dem Schauspieler auffallend demagogisch ; auch ist den Anekdoten und Nachrichten
ohne Weiteres um den Hals fiel und il>» küßte und herzte, daß von dem Ursprung irländischer vornehmer Familien nicht son-
e? eine Lust anzuschauen war. Bald schien baS Orchester ein oerlich zu trauen; doch ist daS Werk alS ein psychologische«
viel zu enger Raum zu dem Ausbruche der englischen Begeistes Gemälde merkwürdig.
rung. Man hob den weiland Othello auf die Bühne, was Die italienische Oper schloß am 24sten Juli mit «Tan,
keine Verletzung des Reglements war, denn dieses verbietet ja kreb" und der von Schütz bearbeiteten .,Schweizerfamilie.^
nur wieder aufzutreten, nicht aber sich auf dieBühne nies Dem. Sontag bewies in dieser lezten Oper aufS Neue, wie sehr
de r se ye n zu lassen. Hier ward er nun wieder nach engli- sie sich schabet, wenn sie in einer ander» al« ihrer Mutter,
scher Weise beklatscht , geherzt, gebaikdhabt. und dann in spräche singt. I« allen Rollen . die sie hier in italienischen
die Coulisse» geführt, wo wahrscheinlich daö Herzen und Grüss Stücken gespielt, bewunderte man an ihr nur das herrliche
sc» no« lange fortgedauert hat. Einige Pariser Zeitungen Instrument ihrer Kehle; in lczterem Stücke aber lernte man
»ermuthcn fvgar. man habe den Macreaby noch auf seinem das reizende, das gefühlvolle Mädchen lieben. Dicß bewies der
Wege nach Hause gedrückt und umarmt , und er scv halb er Ausdruck einer bey Engländern fast bcyspiellosen Begeisterung,
stickt in seiner Wohnung angekommen. Freulich müssen es womit man, so zu sagen, Abschied von ihr nahm, die Blumen:
die Engländer ihrem vortrefflichen Landsmann Dank wissen, sträuße und Kronen, die ibr zugeworfen wurde», und der
daß er de» Franzosen einen so hohen Begriff von der drama rauschende Bcyfall des Publikums, als Schürz eine von den lez-
tische» Kunst der Engländer gegeben hat; kaum hat Dem. tcrcn aufhob und ihr in die Locken drückte. Das übertriebene
Mars dc» Lonbnern einen hoher« von der Vortrcsflichkeit . er Lob der Zeitungen hatte ibr im Anfange geschadet ; man Karte
Pariser gegeben. Indessen bleiben manche Franzosen noch etwa« mehr als Irdische« erwartet und hatte sich getäuscht
verstockt und mevnc» , Talma scv doch erhabener in seinem gefunden; e« trat eine Rückwirkung ein, und man ließ it>r
Spiele gewesen als alle Kembles, Keans und MacreadpS. und weniger als Gerechtigkeit widerfahre». Aber be» längerer und
die gräßliche Wahrheit der englischen Schauspieler in ihren näl'erer Bekanntschaft war das nicht wehr möglich , und unsere
Trauerspielen werde nimmermehr in den Augen der Franzosen Landsmännin konnte London mit dem Bcwußtscyn verlassen,
für das Ideal der Kunst gelten. — Bey den kleiner« Theatern daß sie auch hier die Liebe und Bewunderung , wie allentt'al-
hat cS unterdessen viele kleine Stücke, und mitunter einige den , geerntet. Laporte hat das Opernhaus auch fürs künftige
Prozesse gegeben. So hatte der Direktor deS Vaudevillcthea- Jahr gcmiethcr, und zwar für die ungeheure Mietl'e von
terZ einen drolligen Prozeß gegen zwev Vaudcvillcdichrer zu I2iA> Pfund Sterling. Er hat dieses Jahr bey der Speku
fülircn . die ihn zwingen wollten . ein von seinem Vorgänger lation Geld gewonnen, und er ist seit Jahren der erste, den,
angcnomnienes Manuskript, das er aber nicht der Mühe Werth bieß in diesem Hanse glückt ; aber seine Micthe war früher be»
hielt aufführen zu lassen, sogleich zum Einstudircn zu geben, weitem geringer (nämlich 8lM). greulich hat der Geschmack für
oder ihnen als Ersatz eine Summe von IZOO Franken zu zah Musik hier bedeutend zugenommen, und während der eben verflos
len. Der Direktor wollte keines von Heyden thun. Er behaup senen Scasvn herrschte ei« eigentliche Musskwutb; aber deß:
tete, er dürfe sich nicht erlauben , das Publikum mit einem halb ist nicht zu erwarten, daß sie fortdauern werde, »nb der
schlechten Stücke heimzusuchen, und anderseits dünke ihm daS Geschmack will nnr gute Musik, und gute Sänger sind be
Mamiscripr nicht die Hälfte der verlangten Summe Werth. kanntlich ungeheuer theucr.
Da« Gericht , da« in dieser Verhandlung nur einen Vertrag, (Die Fortsetzung folgt.)
nicht aber eine das Publikum betreffende Angelegenheit sah,
verordnete, da« Stück solle in Zeit von vierzehn Tage» aufge Auflösung des Logogryphs in Nr. tS7.
führt werden, wofern der Direktor nicht lieber den verlangten Raum. Traum.
Ersaiz zahlen wolle. Das Leztere lag gar nicht in feinem
Wunsche; und da er doch nun einmal crekutirt werden sollte,
so mochte er lieber die Erekution über das Publikum als über R S t h s e l.
seine» Beurcl verhängen. Das Vaudeville wurde aufgeführt, Eine lebcnb'ge Maschine, womit an Beweglichkeit keine
x«r äe justice , wie die Journale scherzend bemerkte» ; Sich, noch an Größe vergleicht, oder an Macht deS Ge
daö Publikum urthciltc wie der Direktor, das heißt, fand, daß triebe! ;
das Stück höchst mittelmäßig se», c« wurde nur noch einige Taufende kräftiger Hebel und Röhren und Scheiden und
Mal gegeben und dann vergessen ; somit kam der Direktor von Räber
der Sache los . wie auch von den Autoren. Um dieselbe Zeit Bilden das künstliche Werk, dienen dem treibenden Geist.
hatte eben jener Direktor mit einer Schauspielerin einen Pro Rasseln hörst du die Räder und Kugel« werfen die Röhre».
zeß, die ihn beschuldigte, baß er sie in der Verborgenheit Siehst aus den Scheiden hervor glänzenden, schneidenden
schmachicn lasse, anstatt sie in glänzenden Rollen zu produziren. Stahl.
Der vor Gericht angegriffene Direktor mußte ja wohl alle Ga Ueber Berge, durch Thäler und Schluchten wälzt sie sich
lanterie bcn Seite lassen, und behauptete, er produzire die frcy fort,
Klägerin nicht auf der BüKnc. weil das Publikum kein Beha Ueber Flüsse sogar rauscht sie und Meere dabin.
gen an ihr finde. Dießmal urthciltc das Gericht weiSlich. baß Ihres Gleichen begegnet sie nun; es fahren die bcvden
ein Tbeaterdirekror am besten wissen müsse, welche von seinen Wider einander, und dann hört man sie krachen mir Macht.
Schauspieler» dem Publikum benagen und zum Anfüllen der Bis. von stärker,« Geiste getrieben, die eine sich Bahn macht.
Theaterkasse bevtragen . und schlichtere den Prozeß zu Gunsten Und die andre vor ihr schmählich in Trümmer zerfällt.
deS Direktors. I. G. M.
(Die Fortsetzung folgt.) Bcvlagc: Jnrelligenzblatt Nr. 2»>
Verlag der I. G. Cotta'sckcn Buchhandlung.
204.

M o r g e n b l a t t

für

gebildete Stände.

Montag, 25. August 182 8.

Ein schön karfnnNtt hübsch Gestirn


Ihr Aniglein seind an ibrer Stirn !
Do» ihrer Aeugl.in «lilzen
Fcur flammen rausher fprigen.
>aul MelissuS.

Di« Abentenck Hajji Baba'S. Wi, wunderbar ist eS, daß unsre Sprachen so nahe ver
wandt sind !" — „Was !" verleite mein Gefährte, der mich
(Jortseyung.) nicht verstand, „er ist der neueste unter den Neuen ; es ist
Ich bemerkte einen sonderbar aussehenden Birisch kein Tüttelchen von Alterthum an ihm." — ,.O dann,"
oder „Ohne Bart*)j" seine Kleider schloffen enger an sei erwiedcrte ich, „habt Ihr unsere Geschichte nicht gelesen.
nem Leib wie die irgend eines andern Mannes, als wäre Dam bück war nach unfern Tarikhs oder Geschicht-
er in der tiefsten Iraner**); sein Hals mar steif nnd sein fchreibern ein flachktpsigcr Mann , ein Abkömmling eines
ganzer «»stand zeigte, daß er mir nichts alS mit sich selbst Königs der Praadamiten*). Nun, habt Ihr mich ver
beschäftigt scp. Bep allem dem schien er ein Betrüger standen ?" Mein Begleiter lachte und sagte : „Sin Haupt
und ein Cd erb Goo, oder ein fertiger Redner, ein Mann spaß, b«m Yimmel!" und verließ mich sogleich, um die
mit glatten Worten zu sevn. „Wer kann das sevn?" fragte Sache seinen Freunden zu erzählen.
ich meinen Begleiter ; „bep uns würden wir seine trip Der Gesandte war die ganze Zeit über in Betrach
pelnden Füße bald bessere Manieren lehren." — „Diese tung der Schönheit einer jungen Person verloren gewesen,
Art Menschen nennen wir heut zu Tage Zierdengel, Cruz- an deren Seite er das Glück gehabt hatte, sich zu setzen.
zer; in vorigen Zeiten würde man ihn einen „verdamm Wir gingen, aber sobald wir uns in der Kutsche befanden,
ten Bock"*)" geheißen haben, so sehr verändert die Mode rief er, unfähig, länger seine Bewegung zu unterdrücken:
selbst unsere Axt zn reden/- — „D a m b u ck , D a m b n ck !" „Ach, Hajji, bev Eurem Bart, mein Herz ist verloren ! meine
sagte ich zweifelnd ', „so muß er denn ein Abkömmling von Seele ist gebratenes Fleisch geworden! Habt Ihr jemals solche
einem der alten Unbekannten, von einem vor der großen Auge», solche Zähne, solches Ha« gesehen I Ihre Haut ist
Überschwemmung — ein Nimser oder Flachkopf sevn. so unbeschreiblich fein, daß Ihr die Farbe deS WeinS hin
durchschimmern sehen könntet, wenn er ihren Hals hinun-
*) Junge Leute, vorzüglich solche, die ein weibische« Ans« tcrgleiret. Keine Georgierin ward jemals geboren , wel>
her, haben , werden so genannt. che würdig wäre ihr die Schuhe nachzutragen. Doch wozu
—) Von einem Manne sagen, dag seine Kleiber enge an sei nützen meine Gefühle ? Wir sind Perser und diese Ungläu
nen Körper anschließen, ist bev den Morgenländern eine figür bigen würden uns ihre Töchter nicht geben, selbst wenn
liche Redensart »m autzubrücken, daß er Trauer angelegt habe. wir einwilligen sollten, uns den Bart zu scheeren nnd ei-
Da« Wortspiel im Englischen mit Dambock und
ckommä duck (verdammter Bock) ist unübersetzbar. *) S. cl U«rdel«t und KicKarö,««.
8l4
nen Hut zu tragen. WaS ist zu thun ? Ach Hajji, sprich !" M,r' am hellsten blinket.
„Wir müssen Verse auf sie machen ," sagte ich, „so etwas Wenn sie perlend fällt;
läßt sich niemals ohne Poesie behandeln." — ,,Ich habe ihr Wenn er Abschied winket,
Lenz unS meist gefällt.
auch in der Entzückung," vcrsezte der Gesandte, „eine
Menge Dinge in Versen vorgesagt ; allein wer konnte mich Mächte, streng verschworen,
Nab'n dem Eiland hier; ' »
»erstehen? Freylich versuchte derMehmandar ihr meine Aus Wo sie *) hold geboren,
drücke zu erklären , allein anstatt ihr Herz zu erweichen, Wein' und stirb mit ihr!
lackten sie, ihre Mutter und Alle um uns her, und ba Der Leser, welcher diesem Berichte bisher wohlwollend
ten mich niederzuschreiben, was ich gesprochen habe." — gefolgt, würde jedoch irren, wenn er, »'ie es einige Kri»
«Und was sagtet Ihr?" — „Ich sagte jene reizende Ode tiker in Schweden gethan haben, daraus den Schluß zöge,
des Hasiz her, welche so anfängt : das Gedicht huldige jener einseitig ästhetischen Wcltan»
„S Zcphvr! gch, sage dem zarten Reh, sicht, jener Naturvergötterung und poetischen Schwelge«
Worum hast du uns in die Wüsten und Berge vertrieben?" rey, gegen welche dasselbe vielmehr eine sinnvolle Polemik
ist. Offenbar wollte der Dichter darin zeigen , daß ein
„Wenn dieß nicht ihr Herz gewonnen hat," sagte ich, edler Geist, der in solcher Schwelgerey die Befriedigung
„so ist es durch nichts zu gewinnen. Ihr müßt ihr Ge seiner Sehnsucht zu finden hofft und mit ungebänoigtem
schenke senden, einige Shawls, Farbe für ihre Augen, Triebe nur darauf ausgeht, darüber seinen wahren
Türkisse, um Euer gutes Glück zu vergrößern. Ihr müßt Beruf und den in dem Aeitflusse ihm bestimmten histo»
ihr einen Brief mit rother Dinte schreiben." risch e n M ome n t versäumt, sich selbst aufreibt, per«
„Ach !" sagte der Gesandte , als er aus dem Wagen nichtet, zu einem Traumwesen und Gespenst auflöst, und
stieg, „dieß ist ein gefährliches Land für einen Musel in dieser Auflösung zugleich die unvermeidliche Selbst»
mann, die Augen der Weiber sind ohne Schonung; sie Zerstörung seiner angebeteten Göttin, der gutartigen, aber
schlagen zur Rechten und zur Linken aus, und die Ge verführerischen Naturxriesterin, deö Genius der sinn«
wohnheiten des Volks sind so verführerisch, daß Alles, was I ich en Phantasie, beschleunigt. Denn auch diese,
wir thun können, darin besteht, unser Vertrauen auf Al d. h. Felicia, ist an die Zeit gebunden, vbschon sie es i»
lah zu jetzen." -stolzem, sclbstgenügenden Rausche nickt zu seyn wähnt.
(DieHMsetzung folgt.) Scheu abgewandt von der halb geahneten Weisheit ihrer
Mutter, der Theophanio, oder Phantasie in der höhe»
ren Potenz, die mit der ewigen Vernunftanschauung des
Göttlichen Eins ist, und in diesem übersinnlichen Wesen nur
Die G l ü ck s e l i g k e i t s i n s e l. ein rätselhaftes Dunkel , nur Nacht (Nor) erkennend,
(Fortsegung.) will sie nicht wissen, daß in dem innersten Kern ihr
Unfern dem vom Mond bcglänzten Jugendquell wiegt rer Schönheit der Wurm der Trauer und des Todes ver»
sich die Nachtigall in einer Cvvresse, und die lezten Stro borgen liegt, bis sie zulezt mir unendlichem Schmerz ein»
phen ihres süßen Liedes mögen hier stehen , ahnungsvoll gestehen muß, daß ihre Glückseligkeit „nickt Seligkeit"
war. Diese, die wahrhafte Seligkeit, läßt sich nicht da
das Ende jedes Glückes verkündend, gleichviel, ob es
flüchtig den Sohn des Augenblicks heimsucht, oder ob durch erringen, daß man das Gemein-Irdische von
Jahrhunderte sich zu seligen Stunden deö Genusses zu sich stößt, nur um sich einem verfeinerten Irdi
schen hinzugeben, sondern insofern als unsere Crdcnsphäre
sammendrängen. überhaupt etwas rein Seliges enthalten kann, wird eS
Unerhört »erschwende sich nur in religiösem Glauben und sittlichem
Nicht die Seufzer doch; Handeln nnserm brünstigen Verlangen mittheilen.
Lachte Mai vhn' Ende, Diese, größtenteils mit des Verfassers eigenen Wor
Wär' er reizend noch ? ten angedeutete Tendenz des Gedichtes dürfte nicht über
Fluth, die nicht entwiche. flüssig am Schlüsse der ersten Abtheilung ihren Platz fin
Läge starr und todt, den, indem die zwevte zwar eben jenen tragischen Che»
Ros', die nicht erbliche. rakter als höchste Notwendigkeit mit sich führt, wir aber
Glühte minder roth. gerne schon jezt den Dichter vor dem Mißverstand verwahr»
ten, den er in seinem
(Die Vaterland?
Fortsetzung zu
folgt.)
ertragen hatte.
Weilte, zu beglücken,
Lust uns immerdar.
Flammte Hochentzücken ! ") Felicia.
Nicht so morgenklar.
8'5
Jean Paul Friedrich Richter an tZmanucl. Auf der Reise.
Zwischen süßem Schmerz,
Hof den tl. Juli .795. Zwischen dumpfem S^odlbebaqen
Mein lieber <?manuel! S>h' ich nächtlich in dem RelsVwaaen,
Lasse nu<» so welk von dir , mein Herz,
Seit dem längsten Tage Hab' ich Bayreuth und meine Weit und immer weiter tragen.
schönsten Tage »erlassen, und eden so lange dir' und seh' Schweigend siy ich und allein.
ich nichts mehr von meinen Freunden ; sind sie denn Nach Ich wiege mied in bunten Traumen,
Das muntre Posthorn klinat darcin,
tigallen, die auch nach Johannis verstummen? — Gleich: (5s tanzt der liebe Mondenschein
»ohl, jemehr in Bavreuth mir alle Minuten zu Nvsct Nach diesem Ton auf Quellen und auf Bäumen,
ttn und alle Stunden zu Brillanten ausgeschliffen waren, Sogar zu mir durchs enge Fensterlein.
oder vielmehr eden darum, desto mehr stellte« sich Abends Ich wünsche mir nun dicß und das;
«lle Bilder des entrückten Hofs wie ausgerichtete Gräber- L könnt' ich lelzo durch ein AauberalaS
Jus Goldgewkde deines Traumes blicke» Z
bildniffe um mich herum, und gerade die TrunkenKeil Vielleicht dann sah' ich wieder mit Entzücke»
machte mich durstig nach dem hiesigen ZreudeuspilzglaS Dich in der Laube woblbekannt.
»nd die Freude erzeugte das Heimweh. Ich sähe GenofcvenS Hand
l?s ist sonderbar, daß der Mensch gerade in der Auf deiner Schulter traulich liege«,
Äm i?nde sab' ich »Iber mich.
Zreude, in der Jugend, in der schönsten Gegend, in der Halb keck und halb bescheidcnklich.
schönsten Jahrszeit mehr zur Schwärmercv der Sehnsucht, An deine holde Wange schmiegen.
zum Blicke jenseits der Welt, zum Gemälde des Todes Doch nein! wie dürft' ich auch nur hoffen.
fähig ist , als im entgegengesezten Fall , in der Roth, im Daß jezt mein Schatten dev dir sev!
Ach, stünden deine Träume für mich offen.
Alter, in Grönland, im Winter. Daher werben die bes So wiiittest du auch wachend mich Kerbe»!
sern Menschen nur durch das Glück demüthig, fromm, <?. Moerike.
»eich und sehnsüchtig nach dem höhern Glück; das Unglück
macht sie fest, trotzig, hart nnd voll irdischer Plane ; bev Korrespondenz -Nachrichten.
den schlimmer« ist's gerade umgekehrt. Nach einem Lobe London, August.
ist man zur Bescheidenheit geneigt ; dem Tadel bäumt (Fortsetzung.)
mau sich mit Stolz entgegen. Kurz, die Zreudrnkhräne Etappe«««« Reife soll bald erscheinen. Sine kurze lieben«,
stizze de« merkwürdigen , unglücklichen Manne« wird Vicht u«,
ist eine Perle vom ersten, und die Trauerthrine vom willkommen sevn.
zwevteu Wasser. Jeden Ball fang' ich mit Lustigkeit Kapitän Elavperton. Sohn eine« Ehlrurgen zu An»
an und beschließ' ihn mir Schwermuth ; daS lange Umti- «an. in der schottischen (Srafschafl Dumfrie«, war I7«!> ge»
nen, daS lange Vorübertanzen, der Sternenhimmel nach toren. Er besag neben einer kolossalen Gestalt und grober
Kdrperrraft, Koben Mut!,. Unternehuiung«geist und BeKarr»
Mitternacht «eichen, so zu sagen, daS Herz wie einen Me- lichkeit. Seine Erziehung w»rde sehr vernachläßigt, er brachte
lonenkern in süßen Tropfen auf und machen eS quellen, aber später durch bcbarrlichen Fleiß die verlorne kostbare Zeit
und die Trauerweide ist der erste Schößling dieses Eaa- zum Tbeil wieder ein. Im t 7ten Jahr trat er in die Ha«
dclSmarine. durchreiste zu verschiedenen Male« da« atlanlische
mens. . . . Meer . gab schon bin Beweise »on der SeisteSgegenwart nnd
Ich bitte Sie, Lieber, um eine frühe Seile, ich sehne Kaltblütigkeit , die ikn später «»«zeichneten . mußte wegen ei»
mich darnach. Die schöne Stunde rückt immer näher, wo ne« ZollvergeKenS auf einem Ki ieg«schiffe Dienste nedmen» und
Sie, nicht erst sechs Meilen von hierein freundschaftliche wurde bnrch Protektion, vorzüglich aber durch seine Talente,
Arme fallen. bald Offizier; i. I. I«iz wurde er dazu ernannt, der Saiiff«,
Mannschaft der Marine in Handhabung de« kurzen Säbel« oder
Endigen Sie die Hundsrosttaae früher als die Kaken» Entermesser« , dessen man sich bi«ber völlig planlo« bedient
derhundStage? Wenn mir Schäfer und Sllrodt nicht so hatte . Unterricht zu geben. Jeder Matrose Kaiidliabte beym
gleich antworten, so schreiben Sie mir rlwaS von Bevdcn. Entern diese furchtbare Waffe, so gut er konnte und wußte ;
Clapxerton hatte in Folge eine« AdmiralitätSbefehIS bey de»
Und nun trenn' ich mich wieder von Ihrem Bilde und berüliinieii Fechtmeister An gelo Unterricht genommen, und
ich wünsche, daß ein schwacher Wiederschein meiner Liebe, begab sich an Vor» der Asia, um die Mannschaft in der neuen
meiner Wünsche und Wärme für Sie auf dieses Blatt ge Fechtart zu unterrichten. Benin Ausbruch de« KriegS mit
den Vereinigten Staaten verließ er die Asm , ging nach Ober»
fallen sey. Sie bleiben mein und ich Eanaba unb würbe Lieutenant. Al« Kommandant der Soe«
Ihr Freund lette Confionce statirnirte er Kier auf dem Erlesen. Die wei
Richter. ten, herrlichen Ufer, die ungeheuren Wälder luden den un
ternehmenden Kapitän zur Jagd ein. Auf den AnSflnqen, die
ibn oft weit vom User wegfükrten , machte er balb mit de»
Singebornen Bekanntschaft, und so groß war sein Hang zum
Abenteuerlichen, daß er bald ihre Lebensweise voll loudn barer
«l6
Zufälle, romantischer Gefahren, mannigfacher neuer Eindrücke her kein Wunder , wenn die Leitung der Geschäfte zuweile»
liebgewann, und in allem Ernste daran dachte, nach beendig schief geht. Die große Oper hat sein einem Monate nicht?
tem Kriege seine Stelle aufzugeben lind gleich seinen Gaflfrcun- Neues gegeben, als ei» kleines, unbcdeiitendes Ballet, „Ludie,"
den i» den Wäldern zu leben. Dieser tolle Gedanke wurde in das Klos dazu dienen sollte, die neu angekommene reizend«
dessen bald von vernünftiger« Bctrachrungen und von dem Tänzerin Taglioni in einer Hauptrolle zu zeigen. Es soll
mächtigen Eindrucke verdrängt, den die Kriegsstencn , an de die Handlung in der mythologischen Jdyllcnwclt vorgehen; der
nen er mannigfachen Antheil hatte, auf einen so feurigen Gott Kupido, der in den Ballctteit der ersten Hälfte des vori
Kopf machen mußtcn. Im Jahr 18l7 kam Elapperto» wie gen Jahrlumdcrts eine so bcdcutcude Rolle spielte , und an de«
der nach England, wurde auf Kalben Sold gesezt, und machte man auf dem Theater fo wie in den Gedichte» nicht mcbr.ge«
einige Jahre später Bekanntschaft mit dein bekannten Or. wohnt'ist, kömmt hier wieder zum Vorschein , mit dem obli«
Quo neu. Dieser bestimmte ihn, ci»e Reife nach Afrika zu gaten Gefolge von Faunen , Saturcn und dergleichen altem
unternehmen ; Clapperton begleitete diesen seinen Freund und Trosse. Die Tagcsblätter haben sich über bieg Hervorziehe»
Führer, theilte Gefahren und Mühseligkeiten mit ihm, und des mythologischen Plunders nicht wenig lustig gemacht. Am«
nur der Tod konnte sie trennen; sein muthigcr Gefährte starb mir dem Kocher »nd den Pfeilen soll den Großmüttern, melr
in seinen Armen. Nachdem er seine Hülle der Erde überge che den Vorstellungen des BallctS bcywohnen, die süßeste»
ben , sezte er ungebeugte» Mutbcs seinen Weg fort : aber auch Erinnerungen aus dem vorigen Jahrhundert ins Gedächtnis)
ihn überraschte der Tob unter den bekannten Umständen im zurückrufen; denn, wie,es scheint, spukte der schalkhafte Ain«
Augenblicke, wo er einem glücklichen Ziele seiner Beharrlich noch auf dem Tlieater »nd in den Gedichten am Ende der
keit entgegensah. Alle seine Papiere und Urkunden hat sein wollüstigen Regierung Ludwigs XV. ; dann aber wurden all«
treuer Diener Sander, sein treuer Begleiter im Leben, sorg mäklig Kocher und Pfeile in die Nuinpclkammcr »erwiese».
fältig gesammelt, und die Früchte der Forschungen deS Un Das "rkostr« öe !U«6««>« macht es anders, hier erscheint
glücklichen werden bald dem Publikum bekannt gemacht werden. fast beständig die wirkliche Zeit lebend auf der Bühne. Scribe«
Vor Kurzein fand in einer unserer Provinzialstädte ein witzige Zusammenstellung der Vergangenheit und der Gegen«
merkwürdiger Prozeß statt. Man hatte nämlich vor mehreren wart, oder der vor- und nachrcvolutionärcn Zeit, hat die
Jähren den Leichnam einer ermordeten Weibsperson gefunden; riser außerordentlich belustigt, und fast jeden Abend muß diese«
Niemand wußte zur Zeit, wer sie war; doch wollte man sie Stück gegeben werden; allein die Zeitungen der Ultraparthev sind
Tags vorher mit einem Manne auf einem benachbarten Jahr gewaltig crbvßt darüber, daß man gewagt habe, sich über das
markt gesehen haben. Man fand endlich diesen Mann in Lon alte Regime lustig zu machen, und beschuldigen schon das Mi«
don. Melerleu Umstände machten es mehr als wahrscheinlich, nistcrium einer allzugroßcn Nachgiebigkeit gegen die Liberalen.
dag es der Leichnam seiner Frau gewesen. Seine Freunde Diesen Ultrazeitunge» zufolge, darf sich das Theater wohl mit
wußten, dag er vcrheirathct gewesen, daß er aber nicht mit de» Bürgcrständen abgeben , und sie zur Zielscheibe des WineÄ
seiner Fran gelebt, und dag er Drohungen gegen sie ausge und der Ironie machen ; allein so einen Adclsmann ans der
stoßen habe. Auch hatten sie seit der Zeit des Mordes nichts vorrevolulionärcn Zeit mit allem seinem Leichtsinn, seinen Vor»
mehr von ihr gehört noch gesehen. Kurz der Verdacht war nrtheilcn und seinem leeren Kopse uud Herzen darzustellen. baS
bis zur moralischen Ueberzeugnng gesteigert, welche durch un ist beynahc Hochverrath. Natürlich kehrt sich das Publikum
bestimmte Zeugnisse, baß der Angeklagte am Tage des Mor wenig an die Jeremiaden der Ultrablätter, und beklatscht ge»
des in einer andern Gegend im Felde gearbeitet habe, und rade diejenigen Sätze am meisten , welche die Ultramänner alS
baß man seine Frau vor Kurzem in London gesehen habe, nicht ganz abscheulich schildern. Indessen haben doch die heftigen
geschwächt werden konnte. Dem Richter aber bangte mit Recht Ausfälle der Obskuranten das Ministerium ein wenig scheu
vor einer Berurtheilung ohne direktes Zeugniß, ja ohne gesetz gemacht ; andere Theater wollten nach Scribes Beyspicle Pa«
liche Gewißheit hinsichtlich des Loi-pus <ielicti, b. h. ob der rallele» zwischen der alte» und neuen Zeit auf die Bühne bri»,
gefundene Leichnam wirklich die Frau dieses Mannes gewesen gen ; allein der Minister des Innern soll es nicht erlaubt ha«
sey, und empfahl daher der Jury ihn freyjufprechen , was bcn ; die liberale» Zeitungen fragen daher mit Recht, ob das»
denn auch geschah. jcnige, was an einem Orte von Paris erlaubt ist, nicht auch
(Die Fortsetzung folgt.) an einem andern Orte »erstattet seyn müsse. Auch in der
Provinz soll man den Theatern nicht verstatten, Scribe« Stück
Paris, August. aufzuführen ; eS ist, «IS ob das Ministerium es schon bereut«,
(Fortsetzung.) die Erlaubnis! zur Aufführung des Stücks in Paris gegeben zu
DaS HmKigu . comique hat sich statt des abgebrannten haben, besonders seitdem ein so außerordentlicher Zulauf zum
Schausviclsaals einen schbuen neuen bauen lassen , und für die ?K««teo So IVI»cl,me dadurch erregt worden ist. Da« Theater
komische Oper, wiewohl sie i» Schulden gcrathen ist, wird auch Wollte am Ende Juli aufttören zu sviclen , und erst im Herbst«
ei» neuer gebaut, der einer der schönste» Schauspielsäle von Paris wieder anfangen. Allein da der Wind so günstig für dasselbe
werden soll; der Saal steht frey auf einem, rings mit neuen bläst, so bat es klüglich diesen Borsatz aufgegeben, und spielt
Häusern umgebene» Platze, und hat vorne eine prächtige F«?adc. einstweilen täglich Scribes „Vergangenheit und Gegenwart."
Wie aber ein verschuldetes Schauspiel ein so herrliches Gebäude Vermutblich sind die Herren, welche vom Minister des Innern
ganz aus Quadersteinen ka>m aufrichten lassen , läßt sich nicht dazu bestellt sind, die neue» Theaterstücke im Manuscript«
wohl begreifen. Zwar heißt es , das Haus werde von reichen durchzusehen, über de» Bcyfall des Scribeschen Stücke« mür»
Kapitalisten erbaut, mit einem Zuschüsse der Regierung ; allein risch geworden, vielleicht wril man wegen ihrer Nachgiebig,
welches Interesse haben denn jene Kapitalisten bcy der Sache? keit mit ihnen geschmält' bat, und das Vaudeville, welche«
Ueberhoupt ist das SigcnthumSrecht bei? den große» Schauspie nach langer Unterbrechung „Fanchon, das Leycrmädchcn" wie»
len in Paris eine so verwickelte Sache, daß man selten daraus der auf die Bühne bringen wollte, hat es cnrgcttcn müssen;
klug werden kann. Die Schauspieler haben es» Recht auf das denn das arlnc'Mädchc» ist von ihrer Feder oder Schee« un
Eigenthume und sind TKeilhaber, die Regierung hat auch barmherzig behandelt worden.
etwas dabcy zu sagen , und dann kommen noch die Aktion? (Der Beschluß folgt.)
nairs ober eigentlichen Inhaber ;,bey so vielen Herren ist es das B e » l a g e : Kunstblatt Nr. LS.
Verlag der I. G. Cotta 'scheu Buchhandlung.
20S.

M v r g e n b l a t t

f ü r

gebildete Stände.

Dienstag, 26. August i 8 L s.

Mit Unrndt tadelst du, .


Vaß ich mein Votn-land dktrügk. «ew,
I« raud' it>m skwcs «^,k>,dik„s>k« S<t,n<!che,
Und »„tcr Sinn» König. Sinem Sott.
Vkrkinl c< mcin Skscy. Wik ei mir di»t.
So srU e« I'krrlich »krdcn aus der Srdc.
G , e t h ,.

Der Koran «nd die Bibel. gen der Sngel und an ihre« Dienst, es waren die Ideen
über ein künftiges Leben , «der Wiederanferstehung und
Macht man nach Dupin'fcher Art eine religiife Topo jüngstes Gericht fast bev allen Arabern dieselben. Dies,
graphie Arabiens vor Mahomed, so zeigt sich drr Bilder Aehnlichkeit fand aber nicht nur in den religiösen Mevnun
dienst als ursprüngliche Religion de« Landes. Ganz rrin gen , sonder» auch im Gottesdienst und der religiösen
und ohne fremden Bepsatz fand er sich in der Stadt Mekka Gebräuchen Statt.
und in den benachbarten Provinzen Hedjaz und Tehama, Die Religion batte bev den Arabern keinen nationellen
im Allgemeinen längs der Küste des rothen Meers. Im Charakter, ja religiöse Unabhängigkeit war ein notbwendi-
nördlichen Hedjaz, besonders aber in Medina und im gan ger Bestandtheil der Konstitution der Araber als Volk. Ze
zen nördlichen Arabien wohnten hauptsächlich Juden und der Stamm, jede Familie hatte volle Freiheit eine religiöse
Christen. An den Küsten deS persischen Golfs war der Form und Mevnung nach Belieben anzunehmen. Die Re
Magismus zu Haus. Deinen aber oder das mittigllche ligion war rein individuell. Buch übten die Priester fast
Arabien war zwischen Sabäern , Juden und ausgearteten, keinen Cinflnß; die Religion hatte bey den Arabern nichts
durch Sekten zerrissenen Christen getbeilt. Kirchliches und Priesterliches. Priester best«nden frcvlich
Es wire aber irrig, wenn man sich den religiösen Au- ^e» den Christen und Inden ; diesen Priestern aber war
stand dieser Ander abgeschieden von einander denken wollte. keiner von den Vortheilen eigen, die in den Priesterrelt-
Es darf nicht übersehen werden, daß alle Sinwohner, wel- gionen den Einfluß oder die Herrschaft derselben ausma
check Glaubens sie auch waren, Sinem Volk angehörten und chen ; ihnen stand das Monopol der Kenntnisse nnd des
mit geringem Unterschied dieselben Sitten. Gebräuche und Unterrichts nicht zu.
Worurtheile hatten. Die Glaubensverschiedenheit bildete Religiöse Ueberzeugung war in dem damaligen Ar^
dier nicht wie anderwärts eine Scheidewand zwischen den dien nicht vorbanden. Bev wem hätte sie sich auch finden
Relizionsbekennern. Sie waren und blieben in steter Be- sollen? Die bilderdienenden Araber bekannten keine ge
rührung, ja es fand sich oft verschiedener Glaube bev dem schriebene kehre, sein bestimmtes Lehrgebäude, keine Dog
selben Stamm, Key derselben Familie. Dieser Zustand men ; ihre ganz äußerliche Religion hatte keine Glaubens
hatte schon mehrere Jahrhunderte gedauert, er bewirkt,, artikel. Gibbon sagt: mehr «IS Ueberzeugung hielt sie Ge
wenn nicht vollständige Mischung , doch vielfache Annähe- wohnheit am Bilderdienst. Nirgends haben selbst die ent-
rung in den Mevnungen. So war denn der Glaube an gegengeseztesten religiösen Meynungen leichter festen Fuß
einen einigen und höchsten Gott, an verschiedene Abstusun» gefaßt als in Arabien, und das schnelle, fast launenhaft«
Uebergehen der Araber von einer Religion zur andern war dargestellt alS einen groben Betrüger, einen beschrankten En»
zu jener Zeit unerhört und selbst von Mahomed getadelt, tbufiasten, und bedachten nicht, daß dadurch MahomcdS
gu semer Zeit lebte in 5er Nähe von Mekka der reiche Erfolge nur noch uncriiar'icher nuroen. Andctt fanden
und mächtige Habib, der nacheinander Jude, Christ und fo viel Größe in dem Unternehmen Mahcmeds . daß sie
Magier gewesen und durch diese häufigen Religionswech ihm weit aussehende Plane und erhabene Ideen unterge
sel in seiner Gegend nur immer achtnngswürdiger gewor legt, ja ihn deßhalb weit über die berühmtesten Gesclzge-
den war. Mchomed erkannte wohl diese Veränderlichkeit der des Altertbums erhoben haben. Das Maaß seiner
der damaligen Araber in Neligionssacheu, dcßhvlb sagt er Größe liegt, außer dem Bereich dieser Bemerkungen , in
im 62sten Kapitel des Korans: der.Gcwuin^eht ihnen denen nur dargetkan werden soll, daß Mahomed die ver-
über Alles; sie laufen seiner Trimme nach und verlassen schiedencn , damals in Arabien vcrhanoencn Religionen
darüber den wiener des Herrn. sehr gründlich studirt und für seinen Zweck erwogen hatte,
/ Bey allen Stämmen herrschte viel Aberglaube. Dieß nnd daß er daraus sein neues RcNgionssystem nahm. Er
ist auch mit dem früher Bemerkten nicht im Widerspruch. war im Bilderdienst geboren und ausgezogen worden. Seine
Denn da der religiöse Smn keine Nahrung im Klauben Familie gehörte ^u den angesehensten von Mekka, war seit
fand, so wandte er sich mächtig auf Gestaltungen der Ein geraumer Zeit im Besitz der Eaabaschlüssel und stand un
bildungskraft und der Sinne. So war es mit dem Glau ter den Hütern des Tempels oben an. Von den Reisen,
be» an den Einfluß böser Engel, mit dem Wahrsagen durch die er schon in der Jugend gemacht haben soll, spricht die
Loos und Träume bey den Bilderdiencrn; mir dem Glau Geschicke nicht. Höchstens kam er bis zu den Gränzen
ben an die Macht der Talismane und der Herereyen bey SvrienS und zwar daS erste Mal als Knabe von drevzehn
den Sabäern und selbst be» den Juden, manches Aehuli- Jahren mit seinem Oheim Abutaleb, hcrliach aber im fünf-
chen nicht zu gedenken. Dieser Aberglaube ging überdies nnd-zwanzigstcn Jahre in Handelsgeschäften für den rei
aus der Unwissenheit der arabischen Stämme bei? lebhafter chen Cadijah. ES ist nicht gerade wahrscheinlich, daß der
Einbildungskraft und herumziehendem Leben hervor. junge, arme und verwaiste Kmieelfülirer damals schon so
So war der religiöse Austand Arabicum, «IS Mahomed große, ausgebreitete und philcsoxhijchc Ansichten hatte.
erschien. Schon oft ist nach Machiavcl gesagt worden, Mahomed brauchte aiich wirklich Arabien nicht zu verlas
daß Niemand eine große Revolution hervorbringen könne, sen, um mit Juden, Christen und Persier» in genaue Vcr-
wenn er nicht mächtig von den Umständen begünstigt werde. bindung zu kommen, weil sie in bedeutenden Niederlassun
Man könnte den Satz umkehren , um ihn ganz wahr zu gen in alle» Tbeileu Arabiens, ja bis an die Thore von
machen: wenn die Umstände und Dinge auf einen gewissen Mekka und Medina wohnten.
Grad von Reife gekommen sind, so fehlt selten der Mann, Es war selbst zn MahomedS Lebzeiten in Mekka be
der sie benutzen kann. Schon mehrmals hatten cS nach der kannt, daß er Gehnlfcn und Mitarbeiter hatte. Dieß
Ausartung des Evangeliums geschickte Betrüger versucht, geht auö mehreren Stellen des öoran hervor. Man
alS Apostel neuer Religionen aufzutreten und die Vorur- streitet sich darüber, wer diese seine Kchülfen waren. AuS
theile und Jrrtbümcr ihrer Zeit zu ihrer Erhebung zu be Allem aber ergibt sich nicbrs, als daß Mahomed viel mir
nutzen. Was sie erbauten oder vielmehr erbauen woll Leuten andern Glaubens umging und sich ihre heiligen
ten , war frevlich von kurzer Daner, aber es hatte doch Bücher vorlesen ließ.
einen gewissen Erfolg , und dieß konnte immer znr Nach (Die Fortsetzung folgt.)
folge und Nachahmung einladen. So ging es mit Mon-
tanus und Manes. Größere Anlagen als sie hatte Maho
med, und um alle Araber unter einer Religio» zu versam Die Abenteuer Hajji Baba'S.
meln, trat er «IS ihr Haupt und Apostel ans. Gerade in (Fortstpung.)
jener Zeit war die Sache zwar nicht ohne Schwierigkei- Des Gesandten gewöhnlicher Belustigungsork war ein
keiten, aber auch nicht ohne günstig helfende Umstände. Haus, das zu nichts alS zu Musik und Tanz einacrichtcl
Es sollte ja kein Boll konsrituirt oder neue Ideen und war. Am ersten Abend, den wir dort zubrachten, konn
Institutionen geschaffen werden. Alles nötbige Material ten wir in der That vor Staunen kaum zu uns selbst kom
war schon vorhanden, eS brauchte nur Verarbeitung, und men. Mau schloß den Gesandten in eine kleine Zelle, wie
dazu «aren die Umstände günstiger als je. Ei» neues eine Biene in eine Scheibe Honig ein, wo sich auf ein
Religionssvstem war leicht zu gründen und auch seine An mal eine Scene vor uns öffnete, die sich mit Worten nicht
nahme schien nicht schwer. beschreiben, und die sich keinem Perser, der sie nicht gese
Die ni 'hrsten Urtheilc über den arabischen Gesetzgeber hen, jemals begreiflich machen läßt. In allen Tbeilen ei
sind parthevisch und übertrieben. Die allen christlichen nes unermeßlichen HanseS, das größer «IS unsre weirläuf-
Schriftsteller haben ihn meistens in sehr ungünstigem Lichte tigsten Moscheen ist, saßen in Zellen, gleich der deS Ge°
8ly
sandten, Männer und Mlber öffentlich und ohne einen mals von unserm Varint gehört ; das war Euch ein Säm
Statten vo» V<rbcra>vl«iri, ustter ihnen ivar eis Vleer ger, Herr!"
von Köpfen: der ganze Platz war mit i/ampr» und .Km,,» Der Gesandte fudr fort, Kiefen Ort zu besuchen, bis
in größerer Anzabl erlenchtet, «IS sich jemals inder'glä«: « eines AbendS gewadr ward, das! man einen Versuch
zendsten Schaustellung am Hefe des Schach finden. Die machte , seine eigenen Landölentk darzustellen , waS er als
Musik war für uns ganz unverständlich; tausend Instru- ttn Zeichen der Geringschätzung betrachtete. Er versicherte
menke br^ken einen Wirrwar von Tönen hervor, der den uns, sie baben nicht allein den Schutz des Weltalls und
Engländern rollkvmnren bimmlisch erschien, un<< aber ganz- sein ganzes Harem unverschleiert kanzen lassen, sondern
lich ueu und betäubend vorkam. Wir wünschten ihnen ftve» so verwegen genese,;, ein <!° ck««i , wie sie es
eine

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