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Altfriesische Sprache

Die altfriesische Sprache (in


älteren Werken auch einfach
Altfriesisch
nur friesische Sprache oder Zeitraum 13. bis 16. Jahrhundert
Friesisch[1]) ist der
gemeinsame Vorläufer der Friesland
modernen friesischen Ehemals gesprochen
Sprachen. Sie ist überliefert in in
Rechtsbüchern und Urkunden
aus dem 13. bis 16. Linguistische
Jahrhundert aus dem Gebiet Klassifikation Indogermanisch
zwischen Weser und
Germanisch
IJsselmeer (Zuiderzee).
Westgermanisch
Die altfriesische Sprache hat
eine recht altertümliche Form Nordseegermanisch
und kann daher auf dieselbe
Entwicklungsstufe wie das Anglofriesische
Altenglische, Sprachen
Altniederdeutsche oder Altfriesisch
Althochdeutsche gestellt
werden, auch wenn sie eher
zur selben Zeit wie das Sprachcodes
Mittelenglische, ISO 639-3
Mittelniederdeutsche und ofs
Mittelhochdeutsche
geschrieben wurde.

Inhaltsverzeichnis
Vergleich mit anderen westgermanischen Sprachen
Gemeinsamkeiten mit dem Altenglischen
Gemeinsamkeiten mit den Altnordischen
Gemeinsamkeiten mit südlichen Nachbarsprachen
Schreibweise
Varianten des Altfriesischen
Älteres und jüngeres Altfriesisch
Altostfriesisch und Altwestfriesisch
Sprachgebiet
Literatur
Weblinks
Einzelnachweise
Vergleich mit anderen westgermanischen Sprachen
Im Folgenden werden einige altfriesische Wörter mit verwandten Entsprechungen aus anderen
westgermanischen Sprachen verglichen.[2]

(Neuhoch-)Deutsch Altfriesisch Altenglisch Altniederdeutsch Althochdeutsch


Fass fet fæt fat faz
Mann mon mann mon, man man
Monat monath monaþ monath, manuth manod
Rat red ræd red, rad rat
ander othar oðer oðar andar
fünf fif fif fif fimf
uns us us us uns
kund kuth cuð kuð kund
Kirche tziurke ċiriċe kirika kirihha
legen ledza leċġan leggian legen
Ross hors hors hors, hros hros

Gemeinsamkeiten mit dem Altenglischen

Das Altfriesische hat mehrere Lautentwicklungen gemeinsam mit dem Altenglischen durchlaufen, während
das Altniederdeutsche eine Zwischenstellung einnimmt zwischen dem Hochdeutschen (einerseits) und dem
Altfriesischen und Altenglischen (andererseits).[2]

Gemeinsamkeiten mit den Altnordischen

Interessanterweise gibt es im Altfriesischen Merkmale, die auch das Nordgermanische hat, aber nicht das
Altenglische oder das Altniederdeutsche. Beispiele:

Die Pluralendung für männliche Substantive auf -ar: altfriesisch dagar und altnordisch dagar
(„Tage“), gegenüber altenglisch dagas und altniederdeutsch dagōs.
Das Zahlwort „zwei“ mit einer r-Endung: altfriesisch twēr („zwei“) neben twēn, altnordisch tveir,
gegenüber altenglisch twēǥen und altniederdeutsch twēne, twēna
Der Sprachwissenschaftler Ernst Schwarz zählt auch den Lautwandel von in zu jun zu diesen
friesisch-nordgermanischen Parallelen. Zum Beispiel altfriesisch sjunga und altdänisch
sjungæ, gegenüber altenglisch singan (neuenglisch to sing).
Er zählt ebenfalls hierzu die steigenden Diphthonge: altfriesisch sjuka und altnordisch sjúkna
(„erkranken“, „siechen“) gegenüber altniederdeutsch siok und althochdeutsch sioh („krank“,
„siech“). Im Altniederdeutschen und Althochdeutschen ist io ein fallender Diphthong, also mit
der Betonung auf dem ersten Teil i. Im Altfriesischen und im Altnordischen liegt die Betonung
auf dem zweiten Teil des Diphthongs, dem u.

Gemeinsamkeiten mit südlichen Nachbarsprachen


Das Altfriesische hat auch Gemeinsamkeiten mit anderen westgermanischen Sprachen, die im Altenglischen
nicht zu finden sind. Ein Beispiel hierfür ist der fehlende Rhotazismus. Der Rhotazismus hier ist der Übergang
von s zu r (benannt nach dem griechischen Buchstabennamen Rho, „R“). Diesen fehlenden Übergang von s
zu r gibt es im altfriesischen Wort hasa (althochdeutsch haso, neuhochdeutsch Hase). Im Altenglischen
hingegen lautet dieses Wort hara, im Neuenglischen hare.

Schreibweise
Die altfriesischen Texte benutzen das lateinische Alphabet ohne zusätzliche Buchstaben. Für die dentalen
Frikative schrieb man th (wie im modernen Englisch). Siehe dazu Stimmhafter dentaler Frikativ und
Stimmloser dentaler Frikativ. Für den u-Vokal und die Konsonanten v und w schrieb man ziemlich regellos u,
v und w. Siehe auch U, V und W. Die Schreibungen für k und c waren ebenfalls ziemlich willkürlich. Die
Laute i und j wurden beide in der Regel als i geschrieben. Die Länge eines Vokals wird nur in westfriesischen
(also jüngeren) altfriesischen Texten angegeben, und zwar durch doppelt geschriebene Vokale, zum Beispiel
ee für das lange e. Zum Teil wurde auch, nach niederländischem Vorbild, oe für langes u geschrieben. In
modernen Ausgaben von altfriesischen Texten wird die Länge eines Vokals mit einem waagerechten Strich
oder einem Zirkumflex über dem Graphem angegeben, wie in āge oder âge („Auge“). Siehe auch
Editionsrichtlinie.[3]

Varianten des Altfriesischen

Älteres und jüngeres Altfriesisch

Innerhalb des Altfriesischen unterscheidet man zwischen einer älteren und einer jüngeren Form des
Altfriesischen. Die Grenze liegt dabei ungefähr bei 1450. Die Unterschiede zwischen der älteren und der
jüngeren Form des Altfriesischen sind mindestens so groß wie zwischen Althochdeutsch und
Mittelhochdeutsch. Der Begriff Altfriesisch für die ältere und die jüngere Sprachform hatte sich bereits
eingebürgert, als die jüngere Sprachform noch nicht genügend erforscht war und man die großen Unterschiede
zwischen den beiden Sprachformen noch nicht überblicken konnte. Heute benutzt man die Bezeichnungen
auch klassisches Altfriesisch und nachklassisches Altfriesisch.[2]

Altostfriesisch und Altwestfriesisch

Früher nahm die Forschung an, dass die Unterschiede zwischen den beiden altfriesischen Sprachformen nicht
chronologisch (älter gegenüber jünger), sondern Dialektunterschiede (östlich gegenüber westlich) seien. Weil
das Friesische als Schriftsprache im Groningerland und in Ostfriesland vom Niederdeutschen verdrängt wurde,
gibt es ab 1450 keine altfriesischen Handschriften aus diesen Gegenden mehr. Jüngere Handschriften stammen
somit aus dem Gebiet der heutigen niederländischen Provinz Friesland. Das jüngere Altfriesisch wurde daher
Altwestfriesisch genannt, das ältere Altfriesisch Altostfriesisch.[2]

Sprachgebiet
Das Friesische wurde im Mittelalter in einem wesentlich größeren Gebiet gesprochen als heute. Laut Klaas
Fokkema gehörten in etwa folgende Gebiete zum mittelalterlichen friesischen Sprachraum:[3]

ein schmaler Streifen der Küste von Holland zwischen den heutigen Orten Hoek van Holland
(bei Rotterdam) und IJmuiden (IJ)
Noord-Holland nördlich des IJ
die meisten der west- und
ostfriesischen Inseln
der größte Teil der
niederländischen Provinz Friesland
der nördliche Teil der
niederländischen Provinz
Groningen, in etwa bis zur Stadt
Groningen (Ommelande)
Ostfriesland nördlich von Leer, das
Gebiet um den Jadebusen
einschließlich Wilhelmshaven, die
Halbinsel Butjadingen mit
Nordenham, das Land Wursten (bei
Cuxhaven)
ein kleines Gebiet nordwestlich von
Friesoythe (Saterland)
Eiderstedt und die Küste
Nordfrieslands
die nordfriesischen Inseln Sylt,
Amrum, Föhr und die frühere Insel Größte Ausdehnung des friesischen Sprachgebiets im 7.
Strand (mit Rungholt) Jahrhundert

Nebenstehende Grafik zeigt das friesische


Sprachgebiet mit einigen Abweichungen, besonders im Flussdelta von Rhein und Maas, und in Südholland.
Die Diskrepanzen ergeben sich aus der Tatsache, dass die Grafik die größte Ausdehnung des friesischen
Siedlungsgebietes im 7. Jahrhundert (die Frisia Magna) darstellt, welche durch die Ausbreitung der
Frankenherrschaft bald danach wieder reduziert wurde.

Es ist noch nicht einmal klar, ob das Friesische wirklich je im gesamten Raum der Frisia Magna durchgängig
als Muttersprache gesprochen wurde; möglicherweise war er in den fraglichen Randgebieten nur oberflächlich
von Friesen beherrscht oder vereinzelt von Friesen besiedelt und das Friesische dort allenfalls
Verkehrssprache.

Literatur
R. Rask: Frisisk Sproglære udarbejdet efter samme Plan som den islandske og angelsaksiske.
Kopenhagen 1825.
R. Rask, F. D. Buss: Friesische Sprachlehre, bearbeitet nach dem nämlichen Plane, wie
die Isländische und Angelsäschsische von R. Rask, Professor der Literärgeschichte und
Unterbibliothekar. Aus dem Dänischen übersetzt, und mit einem Vorwort über die
Wichtigkeit des Sprachenstudiums für eine gründliche Forschung im Gebiet der Rechts-
und Staatswissenschaften begleitet von Dr. F. D. Buss, Professor der Rechts- und
Staatswissenschaften an der Hochschule in Freiburg. Freiburg im Breisgau, 1834.
W. L. van Helten: Altostfriesische Grammatik. Herausgegeben im Auftrag des Friesch
Genootschap voor Geschied-, Oudheid- en Taalkunde te Leeuwarden. Leeuwarden 1890.
Wilhelm Heuser: Altfriesisches Lesebuch mit Grammatik und Glossar. Erster Band der dritten
Reihe der Sammlung germanischer Elementarbücher herausgegeben von Wilhelm Streitberg.
Heidelberg 1903.
Rolf H. Bremmer, Jr.: An Introduction to Old Frisian. History, Grammar, Reader, Glossary. John
Benjamins, Amsterdam / Philadelphia 2009, ISBN 978-90-272-3255-7
Weblinks
Wikisource: (Alt)friesische Grammatiken – Quellen und Volltexte
Wikisource: Altfriesische Wörterbücher – Quellen und Volltexte
Gerhard Köbler: Altfriesisches Wörterbuch (http://www.koeblergerhard.de/afrieswbhinw.html)
und Online-Wörterbuch Wikiling Altfriesisch (und andere alte Sprachen) (http://www.koeblerger
hard.de/wikiling/?f=afries)

Einzelnachweise
1. Rolf H. Bremmer, Jr.: An Introduction to Old Frisian: History, Grammar, Reader, Glossary.
Amsterdam und Philadelphia, John Benjamins Publishing Company, 2009, S. 119f.
2. Bo Sjölin: Das Altfriesische. In: Anthonia Feitsma, Wybe Jappe Alberts, Bo Sjölin: Die Friesen
und ihre Sprache (= Nachbarn. Nr. 32, ISSN 0945-0092). Presse- und Kulturabteilung der
Königlichen Niederländischen Botschaft, Bonn 1987, S. 15–18.
3. Claus Jürgen Hutterer: Die germanischen Sprachen. Ihre Geschichte in Grundzügen. 2.
deutsche Auflage. Drei-Lilien-Verlag, Wiesbaden 1987, ISBN 3-922383-52-1.

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Diese Seite wurde zuletzt am 23. Januar 2021 um 00:33 Uhr bearbeitet.

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