Beruflich Dokumente
Kultur Dokumente
Supply Chain
Management
Grundlagen, Strategien,
Instrumente und Controlling
7. Auflage
Supply Chain Management
Hartmut Werner
Supply Chain
Management
Grundlagen, Strategien,
Instrumente und Controlling
7., vollständig überarbeitete und erweiterte Auflage
Hartmut Werner
Wiesbaden Business School
Hochschule RheinMain
Wiesbaden, Deutschland
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detail
lierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.
© Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2000, 2002, 2008, 2010, 2013, 2017,
2020
Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung, die nicht
ausdrücklich vom Urheberrechtsgesetz zugelassen ist, bedarf der vorherigen Zustimmung des Verlags.
Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Bearbeitungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die
Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen.
Die Wiedergabe von allgemein beschreibenden Bezeichnungen, Marken, Unternehmensnamen etc. in diesem
Werk bedeutet nicht, dass diese frei durch jedermann benutzt werden dürfen. Die Berechtigung zur Benutzung
unterliegt, auch ohne gesonderten Hinweis hierzu, den Regeln des Markenrechts. Die Rechte des jeweiligen
Zeicheninhabers sind zu beachten.
Der Verlag, die Autoren und die Herausgeber gehen davon aus, dass die Angaben und Informationen in
diesem Werk zum Zeitpunkt der Veröffentlichung vollständig und korrekt sind. Weder der Verlag, noch
die Autoren oder die Herausgeber übernehmen, ausdrücklich oder implizit, Gewähr für den Inhalt des
Werkes, etwaige Fehler oder Äußerungen. Der Verlag bleibt im Hinblick auf geografische Zuordnungen und
Gebietsbezeichnungen in veröffentlichten Karten und Institutionsadressen neutral.
Springer Gabler ist ein Imprint der eingetragenen Gesellschaft Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH und ist
ein Teil von Springer Nature.
Die Anschrift der Gesellschaft ist: Abraham-Lincoln-Str. 46, 65189 Wiesbaden, Germany
Frau Gabriele Gebauer
zum 80. Geburtstag
V
Vorwort
Vorwort
„Am Ende wird alles gut werden – und wenn es noch nicht gut ist,
dann ist es noch nicht zu Ende.“
(Oskar Wilde, irischer Schriftsteller, 1854 – 1900)
Die siebte Auflage wurde in einer recht turbulenten Zeit geschrieben: inmit‐
ten der Corona‐Krise. Ein kleines Virus hält die Welt in Atem. Unsere Sicht
auf die Dinge ist eine andere geworden. Covid‐19 wirft weite Schatten, auch
auf die Supply Chain. Wo gestern Effizienz regierte, zeigt sich heute der
Wunsch nach Resilienz. Etablierte und bewährte Supply‐Chain‐Strategien
werden plötzlich hinterfragt. Global Sourcing, Just‐in‐Time oder Outsour‐
cing erscheinen in Krisenzeiten in einem neuen Licht. Das vorliegende Buch
greift diese Gedanken auf. Darin finden sich einige Überlegungen zu den
Auswirkungen von Covid‐19, speziell aus dem Blickwinkel der Logistik.
Aber nicht nur wegen Corona war es an der Zeit, diese siebte Auflage zu
verfassen. Die Digitalisierung macht auch vor der Supply Chain nicht halt.
Ohne Konzepte wie Internet of Things, Big Data, Blockchain‐Technologie
oder Machine Learning wäre eine funktionierende Kognitive Supply Chain
undenkbar. Die Supply Chain 4.0 ebnet den Weg in die Smart Factory und in
die Smart City. In der vorliegenden Auflage werden diese Überlegungen
zusätzlich aufgegriffen. Ebenso wurden die bisherigen Inhalte um logisti‐
sche Überlegungen zur Letzten Meile und die Bedeutung von Hub‐and‐
Spoke‐Systemen erweitert. Der Rest der Schrift wurde komplett überarbeitet,
die Beispiele grundlegend aktualisiert.
VII
Vorwort
der Wiesbaden Business School (Studiengänge „Bachelor of Arts in Business
Administration“ und „Master of Arts in Controlling and Finance“). Ich er‐
hielt wertvolle inhaltliche Anregungen aus Gesprächen mit den Studieren‐
den in Vorlesungen, Seminaren und Präsentationen. Seitens des Gabler‐
Verlags bedanke ich mich für die unkomplizierte und jederzeit angenehme
Zusammenarbeit bei Frau Susanne Kramer und Frau Renate Schilling.
Mein größter Dank gilt jedoch meiner Familie, die mir in den letzten Wochen
viel Zeit schenkte. Die war auch notwendig, um die Neuauflage des mitt‐
lerweile doch recht umfangreichen Buchs anzugehen. Meine Frau Brigitte
hielt mir in der heißen Phase den Rücken frei. Unsere Söhne Constantin,
Frederik und Adrian verschonten mich glücklicherweise weitgehend mit
„Unannehmlichkeiten“ – welcher Art auch immer.
Es ist schon fast zur guten Tradition geworden, bei jeder Neuauflage einen
kleinen Bezug zum Fußball herzustellen. Eine Leidenschaft, die ich schon
seit Kindertagen pflege. Gerade für die Studierenden ist meine bekennende
Zuneigung zu Borussia Mönchengladbach offenbar von besonderem Inte‐
resse. Jedenfalls werde ich sehr häufig von ihnen dazu angesprochen, und
bei schwarz‐weiß‐grünen Niederlagen bekomme ich entsprechende Kom‐
mentare. Es sei den Studierenden gesagt, dass ich ihnen diese kleinen Stiche‐
leien nicht übel nehme.
Diese siebte Auflage widme ich in besonderer Weise Frau Gabriele Gebauer
zu ihrem 80. Wiegenfest. Sie hat mit ihrem Mann, Rolf Beisse, das Unter‐
nehmen MEWA Textil‐Management zu einem der führenden Dienstleister
der Textilservice‐Branche in Europa aufgebaut. Frau Gebauer und Herr
Beisse leben die Intension eines familiengeführten Unternehmens und su‐
chen stets die Nähe zu ihren Mitarbeitern. Was manchmal gar nicht so leicht
ist, schenken sie doch fast 5.700 Menschen einen Arbeitsplatz. Ich durfte in
den letzten 10 Jahren durch die Wahrnehmung meines Aufsichtsratsmandats
recht eng mit Frau Gebauer zusammenarbeiten. Dabei lernte ich ihre
menschliche und jederzeit angenehme Art sehr zu schätzen. Frau Gebauer,
ich wünsche Ihnen zu ihrem 80. Geburtstag von Herzen alles Gute. Bleiben
Sie gesund: Happy birthday!
Für eine Diskussion um das Supply Chain Management stehe ich den Lesern
gern zur Verfügung. Sie erreichen mich vorzugsweise unter:
hartmut.werner@hs‐rm.de
Hartmut Werner Wiesbaden, im Oktober 2020
VIII
Vorwort
Das Thema Supply Chain Management ist zur Zeit in der Praxis allgegen‐
wärtig. Bei einem Gang durch die Hallen produzierender Unternehmungen,
im Handel und bei Dienstleistern taucht der Begriff vor allem dann auf,
wenn es um die Einleitung von Programmen zur Kostensenkung geht. Auch
die Literatur beschäftigt sich verstärkt mit dem Supply Chain Management.
Vor allem im angloamerikanischen Sprachraum hat sich das Thema mittler‐
weile etabliert. In Deutschland hingegen erhält das Supply Chain Manage‐
ment bislang nur recht zögerlich Eingang in wissenschaftliche Publikatio‐
nen. Die Unterschiede zwischen einem Supply Chain Management und
verwandten Konzepten wie Logistik, Einkauf, Beschaffung oder Material‐
wirtschaft werden allerdings zumeist kaum deutlich.
In diese Lücke stößt das vorliegende Buch. Als Lehrbuch konzipiert, ist es
auf der einen Seite insbesondere für Studierende der Wirtschafts‐ und Inge‐
nieurwissenschaften von Interesse. Auf der anderen Seite findet der Prakti‐
ker zahlreiche und konkret beschriebene Anregungen zur Implementierung
eines Supply Chain Managements in seiner Unternehmung. Der Schwer‐
punkt der Ausführungen bezieht sich auf den Industriesektor. Aber auch für
weitere Branchen werden eine Reihe von Beispielen zur Nutzbarmachung
des Supply Chain Managements angegeben.
Das Buch untergliedert sich in fünf Kapitel. In Kapitel A werden die grund‐
legenden Begriffe geklärt. Der Abschnitt B beschäftigt sich mit dem generel‐
len Einfluß von Führungskonzepten auf die Gestaltung eines Supply Chain
Managements. Zur Umsetzung dieser Metaführungsansätze sind im Supply
Chain Management Strategien von Versorgung, Entsorgung und Recycling
einzuleiten. Diese Strategien werden in Kapitel C diskutiert. Der Abschnitt D
beschreibt diverse Instrumente des Supply Chain Managements. Sie dienen
einer Realisierung der unter Gliederungspunkt C gekennzeichneten Strate‐
gien. Dazu zählen Instrumente zur Bestands‐ und zur Frachtkostenreduzie‐
rung, zur Informationsgewinnung, zur Qualitätssicherung sowie zur DV
Unterstützung. Schließlich werden in Kapitel E die Einsatzmöglichkeiten
neuer Tools des Controllings im Supply Chain Management beispielhaft
charakterisiert.
IX
Vorwort
An dieser Stelle möchte ich mich bei allen Personen ganz herzlich bedanken,
die mich beim Verfassen dieses Buchs unterstützt haben. Die meisten Abbil‐
dungen wurden durch meine Tutoren, die Herren Ingo Becker und Jörg Dall‐
mann, erstellt. Eine Engelsgeduld bewies Herr Becker, indem er meine
(durchaus zahlreichen) Änderungswünsche gewissenhaft in die Druckfor‐
matvorlage integrierte. Für die Mühen des Korrekturlesens danke ich mei‐
nem guten Freund Herrn Dr. Wolfgang Buchholz. Die Eltern von Herrn Dall‐
mann, Frau Erika Dallmann und Herr Dr. Hermann Dallmann, waren so
freundlich, das Buch ebenfalls Korrektur zu lesen. Den Studierenden der
Fächer Beschaffung / Produktion sowie Unternehmungsplanung an der
Fachhochschule Wiesbaden möchte ich für Anregungen zum Supply Chain
Management meinen Dank aussprechen. Schließlich bedanke ich mich bei
Frau Ulrike Lörcher vom Gabler Verlag für die gute Zusammenarbeit.
Das Buch widme ich meiner Mutter, Emmi Werner, und meinem leider
schon viel zu früh verstorbenen Vater, Ernst Werner. Sie schenkten meiner
Schwester, Carmen Kopka, und mir eine sehr liebevolle sowie geborgene
Kindheit und Jugend.
Ich würde mich sehr darüber freuen, das Thema Supply Chain Management
gemeinsam mit den Lesern dieses Buchs fortzuführen. Gern stehe ich für
eine rege Diskussion zum Supply Chain Management zur Verfügung.
X
Inhaltsverzeichnis
Inhaltsverzeichnis
Vorwort ........................................................................................................... VII
Abbildungsverzeichnis ................................................................................ XXI
Verzeichnis der Beispielblöcke .................................................................. XXV
Verzeichnis der Begriffsblöcke ............................................................... XXVII
Abkürzungs‐ und Akronymverzeichnis ................................................. XXIX
A Grundlagen .................................................................................................. 1
A.1 Lernziele und Vorgehensweise .......................................................... 1
A.2 Supply Chain Management: Historie und Begriff .......................... 3
A.2.1 Allgemeine Charakterisierung .................................................. 3
A.2.2 Typisierungsmöglichkeiten und Entwicklungsstufen
des Supply Chain Managements ............................................... 8
A.2.2.1 Typisierungsmöglichkeiten des
Supply Chain Managements .............................................. 9
A.2.2.1.1 Typologie nach Bechtel/Jayaram .................................. 9
A.2.2.1.2 Typologie nach Otto .................................................. 10
A.2.2.1.3 Typologie nach Göpfert .............................................. 12
A.2.2.2 Entwicklungsstufen des
Supply Chain Managements ............................................ 13
A.3 Abgrenzung zu verwandten Konzepten ........................................ 15
A.3.1 Abgrenzung von traditionellen Begriffen .............................. 16
A.3.2 Abgrenzung von benachbarten Managementansätzen ........ 17
A.3.2.1 Wertschöpfungskette ........................................................ 17
A.3.2.2 Logistikkette ....................................................................... 18
A.3.2.3 Demand Chain Management ........................................... 19
A.3.2.4 Customer Relationship Management ............................. 19
A.3.2.5 Supplier Relationship Management ............................... 21
A.3.2.6 Beziehungsmanagement .................................................. 21
A.3.2.7 Supply Chain Relationship Management ...................... 22
A.3.2.8 Zusammenfassung der Ergebnisse ................................. 23
A.4 Strukturierung der Supply Chain ................................................... 25
A.4.1 Hierarchisch pyramidale Supply Chains ............................... 26
A.4.2 Polyzentrische Supply Chains ................................................. 27
XI
Inhaltsverzeichnis
A.5 Aufgaben und Ziele des Supply Chain Managements ................ 29
A.5.1 Allgemeine Charakterisierung ................................................ 29
A.5.2 Zielkonflikte einer Supply Chain ............................................ 33
A.6 Motive für die Entstehung von Supply Chains ............................ 36
A.6.1 Total Cost of Ownership .......................................................... 36
A.6.1.1 Allgemeine Charakterisierung ........................................ 36
A.6.1.2 Verzahnung mit Maverick‐Buying ................................. 41
A.6.1.2.1 Maverick‐Buying: Grundlegende Überlegungen . 41
A.6.1.2.2 Eindämmung von Maverick‐Buying
über Purchasing Cards ............................................. 43
A.6.2 Transaktionskosten ................................................................... 46
A.6.3 Bullwhip‐Effekt ......................................................................... 47
A.6.4 Globalisierung und gesteigerte Kundenanforderungen ...... 50
A.7 Primäre Strategietypen von Supply Chains .................................. 51
A.7.1 Kostenführerschaft in der Supply Chain ............................... 51
A.7.2 Innovationsführerschaft in der Supply Chain ....................... 52
A.7.3 Serviceführerschaft in der Supply Chain ............................... 53
A.7.4 Qualitätsführerschaft in der Supply Chain ........................... 54
A.8 Netzwerkkoordination in Supply Chains ...................................... 57
A.8.1 Modellierung und Systematisierung von Netzwerken ........ 57
A.8.2 Netzebenen ................................................................................ 60
A.8.3 Netzkompetenz ......................................................................... 61
A.9 Materialflussanalysen in Supply Chains ....................................... 62
A.9.1 Motive für Materialflussanalysen ........................................... 63
A.9.1.1 Systemdefinition ............................................................... 63
A.9.1.2 Materialflusserfassung ..................................................... 64
A.9.1.2.1 Direkte Materialflusserfassung ............................... 65
A.9.1.2.2 Indirekte Materialflusserfassung ............................ 65
A.9.1.3 Materialflussanalyse und ‐visualisierung ...................... 66
A.9.2 Kritische Würdigung ................................................................ 68
A.10 Gestaltungsmodelle des Supply Chain Managements .............. 70
A.10.1 SCOR‐Modell ........................................................................... 70
A.10.1.1 Grundlagen ...................................................................... 70
A.10.1.2 Prozessstufen ................................................................... 71
A.10.1.2.1 Top‐Level (Ebene 1) ................................................ 71
A.10.1.2.2 Configuration‐Level (Ebene 2) .............................. 72
A.10.1.2.3 Process‐Element‐Level (Ebene 3) .......................... 75
XII
Inhaltsverzeichnis
A.10.1.2.4 Implementation‐Level (Ebene 4) ........................... 77
A.10.1.3 Messung über SCOR ....................................................... 78
A.10.1.4 Kritische Würdigung ...................................................... 85
A.10.2 Aufgabenmodell für Supply Chain Software ...................... 86
A.10.2.1 Grundlagen ...................................................................... 86
A.10.2.2 Supply Chain Design ...................................................... 88
A.10.2.3 Supply Chain Planning ................................................... 88
A.10.2.3.1 Bedarfsplanung........................................................ 89
A.10.2.3.2 Netzwerkplanung ................................................... 89
A.10.2.3.3 Beschaffungs‐, Produktions‐
und Distributionsplanung ...................................... 90
A.10.2.3.4 Order Promising ...................................................... 91
A.10.2.3.5 Beschaffungs‐, Produktions‐
und Distributionsfeinplanung ............................... 91
A.10.2.3.6 Kollaborative Planung ............................................ 92
A.10.2.4 Supply Chain Execution ................................................. 92
A.10.2.5 Kritische Würdigung ...................................................... 94
A.11 Verständnisfragen ........................................................................... 95
B Einfluss von Führungskonzepten auf die Gestaltung
der Supply Chain ...................................................................................... 97
B.1 Lernziele und Vorgehensweise ........................................................ 97
B.2 Markt‐ und Ressourcenfokussierung .............................................. 98
B.2.1 Charakterisierung ...................................................................... 98
B.2.1.1 Isolierte Marktfokussierung ............................................. 98
B.2.1.2 Isolierte Ressourcenfokussierung .................................. 101
B.2.1.3 Integrierte Markt‐ und Ressourcenfokussierung ......... 103
B.2.2 Auswirkungen auf das Supply Chain Management ........... 106
B.3 Total Quality Management ............................................................. 107
B.3.1 Charakterisierung .................................................................... 107
B.3.2 Auswirkungen auf das Supply Chain Management ........... 112
B.4 Business Reengineering .................................................................. 113
B.4.1 Charakterisierung .................................................................... 113
B.4.2 Auswirkungen auf das Supply Chain Management ........... 115
B.5 Time Based Competition ................................................................. 117
B.5.1 Charakterisierung .................................................................... 117
B.5.2 Beschleunigungsmanagement................................................ 119
XIII
Inhaltsverzeichnis
B.5.2.1 Simultaneous Engineering ............................................. 119
B.5.2.2 Rapid Prototyping ........................................................... 122
B.5.3 Entschleunigungsmanagement ............................................. 124
B.5.4 Supply Chain Engineering ..................................................... 125
B.5.4.1 Vielfalt der Varianten ...................................................... 125
B.5.4.2 Konfiguration der Teile ................................................... 126
B.5.4.3 Auswirkungen auf die Beschaffungsplanung ............. 126
B.5.4.4 Bedingungen für Lagerung und Transport .................. 127
B.5.4.5 Komponenten der Verpackung ...................................... 127
B.5.4.6 Zusammensetzung der Erzeugnisse ............................. 128
B.5.5 Auswirkungen auf das Supply Chain Management ........... 129
B.6 Verständnisfragen............................................................................ 131
C Strategien des Supply Chain Managements ........................................ 133
C.1 Lernziele und Vorgehensweise...................................................... 133
C.2 Grundlagen ...................................................................................... 133
C.2.1 Vertikale Kooperationsstrategien .......................................... 134
C.2.1.1 Lieferantenkooperation .................................................. 134
C.2.1.2 Kundenkooperation ........................................................ 138
C.2.2 Horizontale Kooperationsstrategien ..................................... 139
C.3 Strategien der Versorgung ............................................................. 140
C.3.1 Efficient Consumer Response ................................................ 141
C.3.1.1 Komponenten der Logistik ............................................ 143
C.3.1.1.1 Vendor Managed Inventory ................................... 143
C.3.1.1.2 Cross Docking .......................................................... 152
C.3.1.1.3 Synchronized Production ....................................... 156
C.3.1.2 Komponenten des Marketings ...................................... 157
C.3.1.3 Komponenten der Informationstechnologie................ 158
C.3.2 Customer Relationship Management
und Mass Customization ....................................................... 159
C.3.2.1 Customer Relationship Management ........................... 159
C.3.2.1.1 Komponenten .......................................................... 161
C.3.2.1.2 Weiterentwicklung zu
Enterprise Relationship Management .................. 162
C.3.2.2 Mass Customization ....................................................... 164
C.3.2.2.1 Soft Customization .................................................. 166
C.3.2.2.2 Hard Customization ............................................... 167
XIV
Inhaltsverzeichnis
C.3.3 Postponement .......................................................................... 169
C.3.3.1 Grundlagen ...................................................................... 169
C.3.3.2 Arten .................................................................................. 172
C.3.3.2.1 Form Postponement ................................................ 172
C.3.3.2.2 Time Postponement ................................................. 173
C.3.4 Sourcing‐Strategien ................................................................. 175
C.3.4.1 Sourcing‐Konzepte unterschieden
nach der Lieferantenanzahl............................................ 177
C.3.4.2 Sourcing‐Konzepte unterschieden
nach der Güterkomplexität ............................................ 179
C.3.4.3 Sourcing‐Konzepte unterschieden
nach der Organisationsform .......................................... 182
C.3.4.4 Sourcing‐Konzepte unterschieden
nach dem Ort der Wertschöpfung ................................. 183
C.3.4.5 Sourcing‐Konzepte unterschieden
nach dem Beschaffungsareal ......................................... 184
C.3.5 Lieferantenmanagement ......................................................... 187
C.3.5.1 Vorauswahl der Lieferanten ........................................... 188
C.3.5.1.1 Lieferantenidentifikation ........................................ 188
C.3.5.1.2 Lieferanteneingrenzung .......................................... 189
C.3.5.2 Steuerung der Lieferantenbeziehung ............................ 189
C.3.5.2.1 Lieferantenbewertung ............................................. 189
C.3.5.2.2 Lieferantenauswahl ................................................. 190
C.3.5.3 Intensivierung der Lieferantenbeziehung .................... 192
C.3.5.3.1 Lieferantenintegration ............................................ 192
C.3.5.3.2 Lieferantenentwicklung .......................................... 193
C.3.6 Beschaffungsstrategien ........................................................... 195
C.3.6.1 Kanban .............................................................................. 195
C.3.6.2 Fortschrittszahlen ............................................................ 202
C.3.6.3 Belastungsorientierte Auftragsfreigabe ........................ 205
C.3.6.4 Retrograde Terminierung ............................................... 207
C.3.7 Ersatzteilmanagement ............................................................ 209
C.3.7.1 Bestandsmanagement ..................................................... 211
C.3.7.2 Prozessmanagement........................................................ 212
C.3.7.3 Lager und Infrastruktur .................................................. 214
C.3.7.4 Kooperationen .................................................................. 215
C.3.8 Risikomanagement in der Supply Chain ............................. 216
C.3.8.1 Supply‐Chain‐Risiken in ausgewählten Bereichen ..... 217
XV
Inhaltsverzeichnis
C.3.8.2 Risikomanagementprozess in der Supply Chain ........ 219
C.3.8.2.1 Risikoidentifikation ................................................. 219
C.3.8.2.2 Risikoanalyse ........................................................... 220
C.3.8.2.3 Risikobewertung ..................................................... 221
C.3.8.2.4 Risikomilderung ...................................................... 222
C.3.8.2.5 Risikokontrolle ......................................................... 223
C.3.8.3 Supply Chains in Krisenzeiten: Beispiel Corona ......... 224
C.3.8.3.1 Auswirkungen auf die Wertschöpfungskette ...... 225
C.3.8.3.2 Resilienz statt Effizienz in der Supply Chain ...... 227
C.3.9 E‐Supply Chains ...................................................................... 229
C.3.9.1 Grundlagen ...................................................................... 229
C.3.9.2 Electronic Commerce ...................................................... 235
C.3.9.2.1 Elektronische Marktplätze ..................................... 236
C.3.9.2.2 Kollaborative Prozesse ........................................... 238
C.3.9.2.3 Virtuelle Frachtbörsen ............................................ 240
C.3.9.2.4 Elektronische Ausschreibungen
und Auktionen ........................................................ 242
C.3.9.2.5 Tracking and Tracing .............................................. 244
C.3.9.3 Zukünftige Einsatzfelder und Gefahren ...................... 245
C.3.10 Supply Chain 4.0: Kognitiver Wertschöpfungsverbund .. 249
C.3.10.1 Allgemeine Überlegungen zu Supply Chain 4.0 ....... 249
C.3.10.2 Bedeutung von Smart Factory und Smart City ......... 250
C.3.10.3 Technologien in der Kognitiven Supply Chain ......... 256
C.3.10.3.1 Internet of Things und Digital Twins ................. 257
C.3.10.3.2 Big Data .................................................................. 258
C.3.10.3.3 Blockchain .............................................................. 261
C.3.10.3.4 Machine Learning ................................................. 264
C.3.10.4 Kognitive Supply Chain ............................................... 266
C.4 Strategien der Entsorgung und des Recyclings ................................ 271
C.4.1 Strategien der Entsorgung ..................................................... 274
C.4.2 Strategien des Recyclings ....................................................... 277
C.4.3 Green Supply Chains: Sustainability .................................... 281
C.4.3.1 Allgemeine Charakterisierung ...................................... 281
C.4.3.2 Product Carbon Footprint .............................................. 282
C.4.3.3 Ökobilanz in der Green Supply Chain ......................... 284
C.4.3.4 Nachhaltigkeit und Lifecycle Costing .......................... 285
C.5 Verständnisfragen ........................................................................... 288
XVI
Inhaltsverzeichnis
D Instrumente des Supply Chain Managements .................................... 293
D.1 Lernziele und Vorgehensweise ...................................................... 293
D.2 Instrumente zur Bestandsreduzierung ......................................... 294
D.2.1 Dekomposition der Bestände ................................................. 296
D.2.2 Gängigkeitsanalyse ................................................................. 301
D.2.3 Reichweitenmonitoring .......................................................... 306
D.2.4 Konsignationsanalyse ............................................................. 310
D.2.5 Bestandsfinanzierung ............................................................. 316
D.2.6 Durchlaufzeitenanalyse .......................................................... 321
D.2.7 Rüstzeitenanalyse .................................................................... 322
D.3 Instrumente zur Frachtkostenreduzierung .................................. 323
D.3.1 Maschinelle Frachtkostenermittlung .................................... 326
D.3.2 Standardisierung von Verpackungen ................................... 328
D.3.3 Milk Run ................................................................................... 328
D.3.4 Letzte Meile .............................................................................. 329
D.3.4.1 Rahmenbedingungen auf der Letzten Meile ............... 331
D.3.4.2 Technische Innovationen auf der Letzten Meile .......... 331
D.3.4.3 Clevere Zustellmethoden auf der Letzten Meile ......... 333
D.3.5 Hub‐and‐Spoke‐System.......................................................... 335
D.3.5.1 Allgemeine Charakterisierung ...................................... 335
D.3.5.2 Hub‐and‐Spoke im Luftverkehr .................................... 338
D.3.5.3 Hub‐and‐Spoke versus Point‐to‐Point .......................... 339
D.4 Instrumente zur Informationsgewinnung ................................... 341
D.4.1 Benchmarking .......................................................................... 342
D.4.2 Reverse Engineering ............................................................... 347
D.5 Instrumente zur Qualitätssicherung ............................................. 348
D.5.1 Quality Function Deployment ............................................... 351
D.5.2 Failure Mode and Effects Analysis ....................................... 356
D.5.3 Bottleneck Engineering ........................................................... 359
D.6 Instrumente zur IT‐Unterstützung ................................................ 360
D.6.1 Electronic Data Interchange (EDI) und Web‐EDI ............... 361
D.6.2 Barcode ..................................................................................... 363
D.6.3 Radio Frequency Identification (RFID) ................................ 364
D.6.4 Data Warehouse....................................................................... 374
D.6.5 Computer Integrated Manufacturing ................................... 377
D.6.5.1 Produktionsplanung und ‐steuerung (PPS) ................. 378
D.6.5.2 Computer Aided Design (CAD) .................................... 380
XVII
Inhaltsverzeichnis
D.6.5.3 Computer Aided Planning (CAP) ................................. 381
D.6.5.4 Computer Aided Manufacturing (CAM) ..................... 382
D.6.5.5 Computer Aided Quality Assurance (CAQ) ............... 384
D.6.6 Enterprise Resource Planning und
Advanced Planning and Scheduling .................................... 384
D.7 Verständnisfragen ........................................................................... 391
E Controlling der Supply Chain ............................................................... 393
E.1 Lernziele und Vorgehensweise ...................................................... 393
E.2 Betriebswirtschaftliche Grundlagen und Cost Tracking ............ 394
E.2.1 Betriebswirtschaftliche Grundlagen ...................................... 394
E.2.2 Cost Tracking ........................................................................... 396
E.2.2.1 Cost Tracking von Materialpreisen ............................... 396
E.2.2.2 Cost Tracking von Frachtkosten .................................... 399
E.2.2.3 Cost Tracking von Beständen ......................................... 401
E.3 Kennzahlenmanagement in der Supply Chain ........................... 403
E.3.1 Allgemeine Grundlagen ......................................................... 403
E.3.2 Arten von Kennzahlen ............................................................ 404
E.3.2.1 Absolute und relative Kennzahlen ................................ 404
E.3.2.2 Erfolgs‐, Liquiditäts‐ und
Wertsteigerungskennzahlen .......................................... 405
E.3.2.3 Strategische und operative Kennzahlen ....................... 411
E.3.2.4 Leistungs‐ und Kostenkennzahlen ................................ 411
E.3.3 Kennzahlentypologie der Supply Chain .............................. 412
E.3.3.1 Input: Kennzahlen der Beschaffung .............................. 414
E.3.3.1.1 Generische Kennzahlen .......................................... 415
E.3.3.1.2 Produktivitäts‐ und
Wirtschaftlichkeitskennzahlen ............................... 416
E.3.3.1.3 Qualitäts‐ und Servicekennzahlen ......................... 417
E.3.3.2 Throughput: Kennzahlen der Lagerung,
der Kommissionierung und der Produktion ............... 418
E.3.3.2.1 Generische Kennzahlen .......................................... 419
E.3.3.2.2 Produktivitäts‐ und
Wirtschaftlichkeitskennzahlen .............................. 425
E.3.3.2.3 Qualitäts‐ und Servicekennzahlen ......................... 428
E.3.3.3 Output: Kennzahlen der Distribution ........................... 431
E.3.3.3.1 Generische Kennzahlen .......................................... 432
XVIII
Inhaltsverzeichnis
E.3.3.3.2 Produktivitäts‐ und
Wirtschaftlichkeitskennzahlen .............................. 434
E.3.3.3.3 Qualitäts‐ und Servicekennzahlen ......................... 435
E.3.3.4 Payment: Kennzahlen der Finanzprozesse ................... 436
E.3.3.4.1 Generische Kennzahlen ........................................... 437
E.3.3.4.2 Produktivitäts‐ und
Wirtschaftlichkeitskennzahlen .............................. 441
E.3.3.4.3 Qualitäts‐ und Servicekennzahlen ......................... 442
E.3.3.5 Kennzahlentypologie im Überblick ............................... 444
E.3.4 Ausgewählte Visualisierungsformen des
Kennzahlenmanagements ...................................................... 446
E.3.4.1 Werttreiberbaum (Value Driver Tree) ............................ 446
E.3.4.1.1 Werttreiberbaum über den Knoten EVA ............... 448
E.3.4.1.2 Werttreiberbaum über den Knoten ROCE ............ 452
E.3.4.2 Kennzahlenradar .............................................................. 458
E.3.5 Grenzen des Kennzahlenmanagements
einer Supply Chain ................................................................. 462
E.4 Hilfsmittel des Controllings im Supply Chain Management ..... 463
E.4.1 Hard‐(Soft)‐Analyse ................................................................ 463
E.4.1.1 Charakterisierung ............................................................ 463
E.4.1.2 Beispiel für das Supply Chain Management ................ 464
E.4.1.3 Kritische Würdigung ....................................................... 466
E.4.2 Target Costing .......................................................................... 468
E.4.2.1 Charakterisierung ............................................................ 468
E.4.2.2 Festlegung der Zielkosten über
Market‐into‐Company .................................................... 469
E.4.2.3 Dekomposition produktbezogener Zielkosten ............ 471
E.4.2.4 Weitere Target‐Costing‐Verfahren im Überblick ......... 472
E.4.2.5 Beispiel für das Supply Chain Management ................ 473
E.4.2.6 Kritische Würdigung ....................................................... 476
E.4.3 Prozesskostenrechnung .......................................................... 477
E.4.3.1 Charakterisierung ............................................................ 478
E.4.3.2 Beispiel für das Supply Chain Management ................ 480
E.4.3.3 Kritische Würdigung ....................................................... 484
E.4.4 Economic Value Added ........................................................... 485
E.4.4.1 Charakterisierung ............................................................ 485
E.4.4.2 Beispiel für das Supply Chain Management ................ 487
E.4.4.3 Kritische Würdigung ....................................................... 489
XIX
Inhaltsverzeichnis
E.4.5 Working Capital Management ............................................... 490
E.4.5.1 Charakterisierung ............................................................ 490
E.4.5.2 Besondere Bedeutung des Cash‐to‐Cash‐Cycle ........... 491
E.4.5.3 Beispiel für das Supply Chain Management ................ 492
E.4.5.4 Kritische Würdigung ....................................................... 493
E.4.6 Supply Chain Performance und Scorecard .......................... 494
E.4.6.1 Charakterisierung ............................................................ 494
E.4.6.2 Alternative Supply Chain Scorecards
in der Diskussion ............................................................ 500
E.4.6.2.1 Ansatz nach Brewer/Speh ......................................... 500
E.4.6.2.2 Ansatz nach Stölzle/Heusler/Karrer ......................... 503
E.4.6.2.3 Ansatz nach Weber/Bacher/Groll .............................. 504
E.4.6.2.4 Ansatz nach Richert .................................................. 506
E.4.6.2.5 Ansatz nach Werner ................................................. 507
E.4.6.3 Perspektiven der Supply Chain Scorecard ................... 508
E.4.6.3.1 Finanzperspektive ................................................... 508
E.4.6.3.2 Kundenperspektive ................................................. 510
E.4.6.3.3 Prozessperspektive .................................................. 513
E.4.6.3.4 Lieferantenperspektive ........................................... 516
E.4.6.3.5 Integrationsperspektive .......................................... 519
E.4.6.3.6 Supply Chain Scorecard im Überblick .................. 521
E.4.6.4 Von der Scorecard zur Strategy Map ............................ 525
E.4.6.4.1 Allgemeine Implikationen der Strategy Map ....... 526
E.4.6.4.2 Strategy Map der Supply Chain ............................ 528
E.4.6.4.3 Kombination von Scorecard und Strategy Map .. 532
E.4.6.5 Kritische Würdigung ....................................................... 536
E.5 Verständnisfragen............................................................................ 537
Glossar ............................................................................................................ 539
Literaturverzeichnis ...................................................................................... 557
Stichwortverzeichnis .................................................................................... 593
XX
Abbildungsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Abbildung A.1 Aufbau der Schrift ......................................................... 4
Abbildung A.2 Order‐to‐Payment‐S in der Supply Chain .................. 9
Abbildung A.3 Entwicklungsstufen des Supply Chain
Managements ............................................................... 15
Abbildung A.4 Supply Chain Management und verwandte
Konzepte im Überblick ................................................ 24
Abbildung A.5 Hierarchisch pyramidale Supply Chain .................... 26
Abbildung A.6 Polyzentrische Supply Chain ..................................... 28
Abbildung A.7 Total Cost of Ownership ............................................. 40
Abbildung A.8 Purchasing Cards ......................................................... 44
Abbildung A.9 Bullwhip‐Effekt ............................................................ 49
Abbildung A.10 Supply‐Chain‐Risiken der Qualitätsführerschaft .... 55
Abbildung A.11 Materialflussmatrix und Sankey‐Diagramm ............ 68
Abbildung A.12 SCOR‐Toolbox (Ebene 2) ............................................. 74
Abbildung A.13 Kausalkette (Ebene 3) .................................................. 76
Abbildung A.14 Regelkarte (Ebene 3) .................................................... 77
Abbildung A.15 Hauptkennzahlen von SCOR ..................................... 79
Abbildung A.16 Aufgabenmodell für SCM‐Software‐Systeme .......... 87
Abbildung B.1 Geschäftsfeldattraktivität‐Kernkompetenzen‐
Portfolio (GEKKO) ..................................................... 106
Abbildung B.2 Paradigmenwechsel durch TQM ............................. 109
Abbildung B.3 Drei‐Ebenen‐Modell der Qualität ............................ 111
Abbildung B.4 Komponenten des Business Reengineerings .......... 115
Abbildung C.1 Vertikale und horizontale Integration ..................... 134
Abbildung C.2 Komponenten von Efficient Consumer Response . 142
Abbildung C.3 VMI bei Twentieth Century Fox ............................... 152
XXI
Abbildungsverzeichnis
Abbildung C.4 Zweistufiges Cross Docking ...................................... 154
Abbildung C.5 Hybride Wettbewerbsstrategien ............................... 164
Abbildung C.6 Arten von Mass Customization ................................ 169
Abbildung C.7 Kostenaufwuchskurve ............................................... 170
Abbildung C.8 Strategien des Time Postponements......................... 175
Abbildung C.9 Sourcing‐Toolbox ........................................................ 177
Abbildung C.10 Modular Sourcing ....................................................... 181
Abbildung C.11 Prozess zur Realisierung von Global Sourcing ....... 186
Abbildung C.12 Matrix zur Lieferantenbewertung ............................ 191
Abbildung C.13 Ziele der Lieferantenentwicklung ............................ 193
Abbildung C.14 Kanban ......................................................................... 197
Abbildung C.15 Beispiel eines Produktionskanbans .......................... 198
Abbildung C.16 Beispiel zur Bestimmung von Fortschrittszahlen ... 204
Abbildung C.17 Belastungsorientierte Auftragsfreigabe ................... 207
Abbildung C.18 Heat‐Map einer Supply Chain .................................. 222
Abbildung C.19 Supply‐Chain‐Mitigation ........................................... 223
Abbildung C.20 E‐Commerce im Überblick ........................................ 232
Abbildung C.21 B2B im Einkauf ............................................................ 233
Abbildung C.22 Komponenten der Kognitiven Supply Chain ......... 256
Abbildung C.23 Formen von Offshoring im Überblick ...................... 279
Abbildung D.1 Gesamtkosten der Bevorratung ................................ 296
Abbildung D.2 ABC‐ und XYZ‐Analyse integriert mit Arten der
Materialbeschaffung ................................................... 301
Abbildung D.3 Einteilung der Gängigkeit ......................................... 302
Abbildung D.4 Gängigkeit von Beständen ......................................... 304
Abbildung D.5 Maßnahmen zur Reduzierung
ungängiger Bestände .................................................. 305
Abbildung D.6 Reichweitenmonitoring .............................................. 309
Abbildung D.7 Konsignationsprozess ................................................ 316
Abbildung D.8 Ablauf der Bestandsfinanzierung ............................. 318
XXII
Abbildungsverzeichnis
Abbildung D.9 U‐Problematik zwischen Frachtkosten
und Beständekosten ................................................... 324
Abbildung D.10 Frachtkosten‐Beständekosten‐Portfolio (FREDI) ... 326
Abbildung D.11 Moderne Zustellmethoden auf der Letzten Meile . 333
Abbildung D.12 Sanduhren‐Hub und Hinterland‐Hub .................... 337
Abbildung D.13 Point‐to‐Point versus Hub‐and‐Spoke..................... 341
Abbildung D.14 Arten des Benchmarkings ......................................... 344
Abbildung D.15 Quality Function Deployment .................................. 355
Abbildung D.16 Formblatt einer FMEA
(Wareneingangskontrolle)......................................... 358
Abbildung D.17 Bestandteile eines RFID‐Systems ............................. 365
Abbildung D.18 CIM‐Architektur ........................................................ 378
Abbildung E.1 Cost Tracking von Materialpreisen .......................... 398
Abbildung E.2 Cost Tracking von Frachtkosten ............................... 400
Abbildung E.3 Cost Tracking von Beständen ................................... 402
Abbildung E.4 Typologie relativer Kennzahlen ............................... 405
Abbildung E.5 Beispiel zur Berechnung des Return
on Investment ............................................................. 408
Abbildung E.6 Verbesserung des ROI durch Bestandssenkung .... 409
Abbildung E.7 Strategische und operative Kennzahlen .................. 411
Abbildung E.8 Leistungs‐ und Kostenkennzahlen .......................... 412
Abbildung E.9 Struktur der Kennzahlentypologie einer
Supply Chain .............................................................. 414
Abbildung E.10 Indikatoren der Kennzahlentypologie
einer Supply Chain .................................................... 445
Abbildung E.11 Werttreiberbaum über den
Economic Value Added ............................................. 452
Abbildung E.12 Werttreiberbaum über den
Return on Capital Employed .................................... 458
Abbildung E.13 Kennzahlenradar einer Supply Chain ..................... 461
Abbildung E.14 Hard‐(Soft)‐Analyse .................................................. 467
XXIII
Abbildungsverzeichnis
Abbildung E.15 Festlegung der Gesamtzielkosten ............................. 470
Abbildung E.16 Zielkostenkontrolldiagramm .................................... 476
Abbildung E.17 Prozesskostenrechnung ............................................. 483
Abbildung E.18 Dimensionen der Unternehmungsleistung ............. 495
Abbildung E.19 Performance Management in Supply Chains ......... 498
Abbildung E.20 Supply Chain Scorecard nach Brewer/Speh .............. 502
Abbildung E.21 Supply Chain Scorecard
nach Stölzle/Heusler/Karrer ......................................... 503
Abbildung E.22 Supply Chain Scorecard
nach Weber/Bacher/Groll .............................................. 505
Abbildung E.23 Supply Chain Scorecard nach Richert ....................... 507
Abbildung E.24 Strategische Ziele und KPI
der Finanzperspektive ................................................ 510
Abbildung E.25 Strategische Ziele und KPI
der Kundenperspektive ............................................. 513
Abbildung E.26 Strategische Ziele und KPI
der Prozessperspektive .............................................. 516
Abbildung E.27 Strategische Ziele und KPI
der Lieferantenperspektive ....................................... 518
Abbildung E.28 Strategische Ziele und KPI
der Integrationsperspektive ...................................... 521
Abbildung E.29 Supply Chain Scorecard nach Werner ...................... 522
Abbildung E.30 Strategische Ziele und Kennzahlen der
Supply Chain Scorecard ............................................. 523
Abbildung E.31 Kausalkette einer Supply Chain Scorecard ............. 525
Abbildung E.32 Strategy Map einer Supply Chain ............................ 533
Abbildung E.33 Verzahnung von Scorecard und
Strategy Map in der Supply Chain ........................... 535
XXIV
Beispielblöcke
Beispielblock a.1 Supply Chain Management in der Praxis ............... 31
Beispielblock a.2 Total Cost of Ownership und Maverick‐Buying .... 43
Beispielblock a.3 Bullwhip‐Effekt .......................................................... 49
Beispielblock b.1 Verkürzung der Time‐to‐Market ........................... 119
Beispielblock b.2 Simultaneous Engineering ...................................... 120
Beispielblock c.1 Lieferantenintegration in Hambach ...................... 135
Beispielblock c.2 Resident Engineering .............................................. 137
Beispielblock c.3 Kundenintegration .................................................. 139
Beispielblock c.4 Mass Customization über das Internet ................. 166
Beispielblock c.5 Beispiel zu Postponement ....................................... 171
Beispielblock c.6 Problembehaftete
Front‐End‐Back‐End‐Beziehungen ........................ 231
Beispielblock c.7 Möglichkeiten im B2C‐Geschäft ............................ 235
Beispielblock c.8 Fachportal ................................................................. 237
Beispielblock c.9 Collaborative Planning, Forecasting
and Replenishment .................................................. 240
Beispielblock c.10 Virtuelle Frachtbörse ............................................... 241
Beispielblock c.11 Tracking and Tracing via GPS ................................ 245
Beispielblock c.12 Fourth‐Party‐Logistics‐Provider ............................ 246
Beispielblock c.13 Kurier, Express‐ und Paketdienste ........................ 247
Beispielblock c.14 E‐Fulfillment ............................................................. 248
Beispielblock c.15 Bohrinsel „Deepwater Horizon” ............................ 274
Beispielblock c.16 Recycling im Netzwerk ........................................... 278
Beispielblock c.17 Recycling über Computer Aided Dispatching ..... 279
Beispielblock c.18 Recycling in der Automobilindustrie .................... 280
Beispielblock c.19 Optimierung der Transportmittelauslastung ....... 282
XXV
Verzeichnis der Beispielblöcke
Beispielblock c.20 Beispiel des Lifecycle Costings .............................. 287
Beispielblock d.1 Dekomposition der Bestände ................................. 297
Beispielblock d.2 ABC‐Analyse (Prozentangaben beispielhaft) ...... 298
Beispielblock d.3 Lieferanten‐Logistik‐Zentrum ............................... 315
Beispielblock d.4 Reduzierung von Rüstzeiten .................................. 323
Beispielblock d.5 Benchmarking .......................................................... 345
Beispielblock d.6 Beispiele zu Quality Function Deployment ......... 351
Beispielblock d.7 Quo Vadis RFID? ..................................................... 374
Beispielblock d.8 Advanced Planning and Scheduling ..................... 388
Beispielblock e.1 Berechnung des Net Operating Profit After Tax . 488
Beispielblock e.2 Berechnung des Capital .......................................... 488
Beispielblock e.3 Berechnung des Economic Value Added ............. 489
XXVI
Begriffsblöcke
Begriffsblock A.I Definition des Supply Chain Managements ........... 6
Begriffsblock A.II Bereiche im Order‐to‐Payment‐S ............................... 8
Begriffsblock A.III Effektivität und Effizienz sowie
Zielharmonie von Erfolgsfaktoren .......................... 30
Begriffsblock B.I Vier „Re’s“ des Business Reengineerings .............. 114
Begriffsblock B.II Pionier‐ und Follower‐Management ..................... 118
Begriffsblock B.III Ausgewählte Techniken des
Rapid Prototypings .................................................. 123
Begriffsblock C.I Möglichkeiten der Lieferantenanbindung ............ 136
Begriffsblock C.II VMI und benachbarte Begriffe ............................... 144
Begriffsblock C.III Customer Relationship Management
und verwandte Konzepte........................................ 159
Begriffsblock C.IV Arten von Abrufen ................................................... 202
Begriffsblock C.V Arten elektronischer Marktplätze .......................... 236
Begriffsblock C.VI Strategien des Recyclings ........................................ 277
Begriffsblock D.I XYZ‐Analyse ............................................................ 299
Begriffsblock D.II Arten der Materialbeschaffung .............................. 300
Begriffsblock D.III Definition der Lagerreichweite .............................. 306
Begriffsblock D.IV Gründe zur Durchführung von Konsignation ..... 311
Begriffsblock D.V Arbeitsplan ............................................................... 322
Begriffsblock D.VI Qualitätsbegriffe ...................................................... 349
Begriffsblock D.VII EDIFACT und ODETTE .......................................... 361
Begriffsblock D.VIII EAN‐Code und Global Commerce Initiative ....... 364
Begriffsblock D.IX MRP‐Systeme ........................................................... 385
XXVII
Verzeichnis der Begriffsblöcke
Begriffsblock E.I Design‐to‐Cost ......................................................... 469
Begriffsblock E.II Value Engineering und Value Analysis ................ 471
Begriffsblock E.III Basisformel des Economic Value Added .............. 486
XXVIII
Abkürzungs- und Akronymverzeichnis
Abkürzungs- und
Akronymverzeichnis
2PL ....................... Second‐Party‐Logistics‐Provider
3PL ....................... Third‐Party‐Logistics‐Provider
4PL ....................... Fourth‐Party‐Logistics‐Provider
A2A ...................... Administration‐to‐Administration
A2B ....................... Administration‐to‐Business
A2C ...................... Adminstration‐to‐Customer
ABS ....................... Antiblockiersystem
Act ........................ Actual
AEI ....................... Automatic Equipment Identification
AFZ ...................... Ausgangs‐Fortschrittszahl
AM ....................... After Market
AMR ..................... Advanced Manufacturing Research
APO ...................... Advanced Planner and Optimizer
APS ....................... Advanced Planning and Scheduling
AR ........................ Augmented Reality
Athene ................. Applied Theories Enabling Network Excellence
ATP ....................... Available‐to‐Promise
B2A ....................... Business‐to‐Administration
B2B ....................... Business‐to‐Business
B2C ....................... Business‐to‐Customer
BDE ...................... Betriebsdatenerfassung
BGB ...................... Bürgerliches Gesetzbuch
Bit ......................... Binary Digit
BMI ....................... Buyer Managed Inventory
BOA ...................... Belastungsorientierte Auftragsfreigabe
XXIX
Abkürzungs- und Akronymverzeichnis
BSE ....................... Bovine Spongiforme Enzephalopathie
BTO ...................... Built‐to‐Order
Bud ....................... Budget
C2A ...................... Customer‐to‐Administration
C2B ....................... Customer‐to‐Business
C2C ...................... Customer‐to‐Customer
c* ........................... Gesamtkapitalkostensatz
cw ......................... Luftwiderstand
CAD ..................... Computer Aided Design
CADIS.................. Computer Aided Dispatching
CAE ...................... Computer Aided Engineering
CAM .................... Computer Aided Manufacturing
CAP ...................... Computer Aided Planning
CAO ..................... Computer Assisted Ordering
CAQ ..................... Computer Aided Quality Assurance
CH4 ..................... Methan
CIM ...................... Computer Integrated Manufacturing
CMI ...................... Co‐Managed Inventory
CNC ..................... Computerized Numeric Control
CO2 ..................... Kohlendioxid
CPFR .................... Collaborative Planning, Forecasting and Replenishment
CPL ...................... Collaborative Planning
CPPS .................... Cyber‐Physisches‐Produktions‐System
CPS ....................... Cyber‐Physisches‐System
CR ........................ Continuous Replenishment
CRM ..................... Customer Relationship Management
CRP ...................... Capacity Requirement Planning
CSCW .................. Computer Supported Cooperative Work
CTP ...................... Capable‐to‐Promise
DCM .................... Demand Chain Management
Demantra ............ Demand Management
XXX
Abkürzungs- und Akronymverzeichnis
DESADV .............. Despatch Advice
DFMA .................. Design‐for‐Manufacturing‐and‐Assembling
DFÜ ...................... Datenfernübertragung
DIN ...................... Deutsche Industrie Norm
DNC ..................... Direct Numeric Control
DRP ...................... Distribution Requirement Planning
DVD ..................... Digital Versatile
EAN ..................... Europäische Artikelnummer
EAS ....................... Electronic Article Surveillance
EBIS ...................... European Business Information Systems
EBIT ...................... Earnings before Interest and Taxes
ECR ...................... Efficient Consumer Response
EDI ....................... Electronic Data Interchange
EDIFACT ............. Electronic Data Interchange for Administration,
Commerce and Transport
EDITT................... Dynamic Interoperale Track and Trace
EDL ...................... Externer Dienstleister
EEPROM ............. Electrical Erasable Programmable Read Only Memory
EFQM ................... European Foundation for Quality Management
EFZ ....................... Eingangs‐Fortschrittszahl
EKG ...................... Elektrokardiogramm
ERM ..................... Enterprise Relationship Management
ERP ....................... Enterprise Resource Planning
ESP ....................... Elektronisches Stabilitätsprogramm
EST ....................... Electronic Sell Thru
EUL ...................... Efficient Unit Loads
EVA ...................... Economic Value Added
FAB ....................... Feinabruf
FCKW .................. Flurchlorkohlenwasserstoff
FOX ...................... vgl. TCFHE
FMAE ................... Failure Mode and Effects Analysis
XXXI
Abkürzungs- und Akronymverzeichnis
F & E .................... Forschung und Entwicklung
FREDI .................. Frachtkosten‐Beständekosten‐Portfolio
FTF ....................... Fahrerlose Transportfahrzeuge
G & V ................... Gewinn‐ und Verlustrechnung
GEKKO ................ Geschäftsfeldattraktivität‐Kernkompetenzen‐Portfolio
GHz ...................... Gigahertz
GoB ...................... Grundsätze ordnungsgemäßer Buchführung
GPS ...................... Global Positioning System
HGB ..................... Handelsgesetzbuch
HRL ..................... Hochregallager
IFRS ...................... International Financial Reporting Standards
Incoterms ............ International Commercial Terms
INVRPT ............... Inventory Report
IoT ........................ Internet of Things
ISO ....................... International Standardization Organization
IT .......................... Informationstechnologie
ITS ........................ Internet Transaction Server
JiT ......................... Just‐in‐Time
JiS ......................... Just‐in‐Sequence
KB ......................... Kilobyte
KEP ...................... Kurier, Express‐ und Paketdienst
KHz ...................... Kilohertz
KI .......................... Künstliche Intelligenz
KLT ...................... Kleinladungsträger
KMU .................... Kleine und mittelgroße Unternehmungen
KPI ....................... Key Performance Indicator
KrW/AbfG ........... Kreislaufwirtschafts‐ und Abfallgesetz
KVP ...................... Kontinuierlicher Verbesserungsprozess
LAB ...................... Lieferabruf
LCD ...................... Liquid Crystal Display
LLZ ...................... Lieferanten‐Logistik‐Zentrum
XXXII
Abkürzungs- und Akronymverzeichnis
lmi ........................ Leistungsmeneninduziert
lmn ....................... Leistungsmengenneutral
LOM ..................... Laminated Object Manufacturing
M€ ........................ Millionen Euro
MA ....................... Mitarbeiter
MHz ..................... Megahertz
MIDAS ................. Maintenance of Item, Display and Store Relationship
MIRS .................... Modular Integrated Robotized System
MIS ....................... Management‐Informationssystem
MIT ....................... Massachusetts Institute of Technology
MITI ..................... Japanese Ministry of International Trade and Industry
MPA ..................... Materialpreisabweichung
MPS ...................... Master Production Scheduling
MRO ..................... Maintenance, Repair and Overhaul (Operations)
MRP I ................... Material Requirements Planning
MRP II .................. Manufacturing Resource Planning
MTE ...................... Make‐to‐Engineer
MTO ..................... Make‐to‐Order
MTS ...................... Make‐to‐Stock
N2O ..................... Flurchlorkohlenwasserstoff
NASA ................... National Aeronautics and Space Administration
NC ........................ Numeric Control
NIAT .................... Net Income after Tax
NOPAT ................ Net Operating Profit after Tax
NOPBT ................. Net Operating Profit before Tax
NVE ...................... Nummer der Verladeeinheit
ODETTE .............. Organization for Data Exchange by Teletransmission
in Europe
OEM ..................... Original Equipment Manufactured Part
OES ....................... Original Equipment Spare Part
OLAP ................... Online Analytical Processing
XXXIII
Abkürzungs- und Akronymverzeichnis
Olk ....................... Outlook
OP ........................ Operating Profit
ORDRSP .............. Pegged Orders
OSP ...................... On Screen Programming
P‐3‐Analyse ......... Position‐3‐Analysis
PCF ...................... Product Carbon Footprint
PDF ...................... Portable Data File
PMG ..................... Performance Measurement Group
POP ...................... Payment‐on‐Production
POS ...................... Point‐of‐Sale
PPE ....................... Property, Plant & Equipment
PPM ..................... Parts per Million
PPS ....................... Produktionsplanung und ‐steuerung
PRTM ................... Pittiglio Rabin Todd & McGrath
PZK ...................... Prozesskosten
QFD ..................... Quality Function Deployment
qm ........................ Quadratmeter
QM ....................... Qualitätsmanagement
QR ........................ Quick Response
R & D ................... Research and Development
RAM .................... Random Access Memory
RAP ...................... Rechnungsabgrenzungsposten
RCO ..................... Real Cost of Ownership
RCS ...................... Roll Cage Sequencing
RECADV ............. Receiving Advice
RFID ..................... Radio Frequency Identification
RKW .................... Rationalisierungs‐Kuratorium der Deutschen Wirtschaft
ROA ..................... Return on Assets
ROCE ................... Return on Capital Employed
ROE ...................... Return on Equity
ROI ....................... Return on Investment
XXXIV
Abkürzungs- und Akronymverzeichnis
ROM ..................... Read Only Memory
ROTC ................... Return on Total Capital
ROS ...................... Return on Sales
RPZ ...................... Risikoprioritätszahl
SC ......................... Supply Chain
SCC ...................... Supply Chain Council
SCEM ................... Supply Chain Event Management
SCM ...................... Supply Chain Management
SCOR‐Model ....... Supply Chain Operations Reference Model
SCRM ................... Supply Chain Relationship Management
SF6 ....................... Schwefelhexalfluorid
SILS ...................... Supply‐in‐Line‐Sequence
SLSRPT ................ Sales Report
SMI ....................... Supplier Managed Inventory
SNP ...................... Supply Network Planning
SPC ....................... Statistical Process Control
SRM ...................... Supplier Relationship Management
T€ .......................... Tausend Euro
TBO ...................... Total Benefit of Ownership
TCO ...................... Total Cost of Ownership
TCFHE ................. Twentieth Century Fox Home Entertainment
TQM ..................... Total Quality Management
TV ......................... Television
UHF ...................... Ultra‐High‐Frequency
USA ...................... United States of America
US‐GAAP ............ United Stated General Accepted Accounting Principles
VDI ....................... Verband Deutscher Ingenieure
VDA ..................... Verband der Automobilindustrie
VfW ...................... Vereinigung für Wertstoffrecycling
VIA ....................... Verbund Initiative Automobil
VMI ...................... Vendor Managed Inventory
XXXV
Abkürzungs- und Akronymverzeichnis
VOD ..................... Video on Demand
VTW ..................... Vertriebswege
WACC .................. Weighted Average Cost of Capital
WIP ...................... Work‐in‐Process
WM ...................... Warehouse Management
WWF .................... World Wildlife Fond
XML ..................... Extensible Markup Language
YE ......................... Year End
YTD ...................... Year to Date
XXXVI
A.1
Lernziele und Vorgehensweise
A Grundlagen
Kriterium Verbesserungspotenzial
Bestände 50% bis 80%
Liefertreue 10% bis 25%
Rückgang überfälliger Bestellungen 70% bis 90%
Verkürzung der Auftragsabwicklungszeit 40% bis 75%
Gemeinkostensenkung 10% bis 30%
Verkürzung der Herstellzyklen 30% bis 90%
Auch wenn solche Zahlenangaben immer mit großer Vorsicht zu ge‐ Das Geld liegt im
nießen sind, weil diese Werte nur ceteris paribus gelten (wie kann mit Prozess!
Sicherheit festgestellt werden, dass diese Verbesserungen ausschließlich
einem Supply Chain Management zuzuschreiben sind?), scheint sicher:
© Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2020 1
H. Werner, Supply Chain Management,
https://doi.org/10.1007/978-3-658-32429-2_1
A
Grundlagen
2
A.2
Supply Chain Management: Historie und Begriff
3
A
Grundlagen
Abbildung A.1 Aufbau der Schrift
Kapitel A
SC Performance
Kennzahlen/
Grundlagen
Kapitel B
Einfluss von Führungskonzepten auf das Supply
Working
Capital
Chain Management
Kapitel C
Prozesskosten
Strategien des Supply Chain Managements
Strategien der Ent‐
Strategien der Ver‐
sorgung und des
sorgung
Recyclings
Target Costing
Kapitel D
Instrumente des Supply Chain Managements
Instrumente zur Be‐
standsreduzierung
Hard‐(Soft)‐
Instrumente zur Fracht‐ Instrumente zur Informa‐
Analyse
kostenreduzierung tionsgewinnung
Kapitel E
Instrumente zur Quali‐ Instrumente zur IT‐
tätssicherung Unterstützung
4
A.2
Supply Chain Management: Historie und Begriff
Im Rahmen einer begrifflichen Klärung zum Supply Chain Manage‐ Von der Source of
ment gehen die oben genannten Autoren zum Teil deutlich auseinander Supply bis zum
(vgl. zur Begriffsfindung Otto/Kotzrab 2001, S. 157ff. und Gliederungs‐ Point of Consump‐
punkt A.2.2 der vorliegenden Schrift). Beispielsweise bedeutet für Towill tion
(vgl. Towill 1996, S. 15ff.) ein Supply Chain Management die Verkettung
von Systemen zur Auftragsabwicklung. Fisher (vgl. Fisher 1997, S. 105ff.)
hingegen sieht in einer Supply Chain vor allem einen Absatzkanal, der
die Fertigungsstätten mit ihren Kunden verbindet. Ganz anders Harring‐
ton (vgl. Harrington 1995, S. 30ff.): Er beschreibt ein Supply Chain Ma‐
nagement als Gebilde zur Abwicklung kombinierter Material‐ und In‐
formationsflüsse. Für Stevens (vgl. Stevens 1989, S. 3ff.) reicht die Supply
Chain von der „Source of Supply“ bis zum „Point of Consumption“.
Schließlich bedeutet für Ellram und Cooper (vgl. Ellram/Cooper 1990, S.
1ff.) ein Supply Chain Management die Verknüpfung von Wertschöp‐
fungsprozessen.
Unabhängig von den differierenden begrifflichen Klärungen scheint Wertschöpfungs‐
allgemein akzeptiert, dass im Supply Chain Management, basierend auf kette als Ur‐
der Wertschöpfungskette (Value Chain) von Michael E. Porter (vgl. Porter sprungsquelle
2006; Porter 2013; Porter 2014), der Gedanke einer Integration von Unter‐
nehmensaktivitäten aufgegriffen wird. Grundsätzlich misst die Wert‐
schöpfung die selbst erstellten Leistungen eines Unternehmens, abzüg‐
lich erbrachter Vor‐ und Fremdleistungen. Während bislang die einzel‐
nen Bereiche weitgehend losgelöst voneinander standen, werden im
Supply Chain Management die Verbesserungspotenziale an den Schnitt‐
stellen – sowohl unternehmensintern als auch über Netzwerke ausge‐
richtet – aufgedeckt.
Ein Supply Chain Management erstreckt sich über komplette Unter‐ Senkung von
nehmensnetzwerke. Das kooperative Partnergeflecht spannt sich über Transaktionskosten
mehrere vertikale Ebenen, verstanden als „Lieferanten‐Hersteller‐ in Netzwerken
Kunden‐Verbund“. In dieser Wertschöpfungskette laufen eine Vielzahl
von Aktivitäten ab. Ein wichtiges Ziel besteht darin, durch eine umfas‐
sende Kostenanalyse die Transaktionskosten innerhalb der kompletten
Supply Chain zu reduzieren. Transaktionskosten fallen für aufeinander
folgende Tätigkeiten an (vgl. zu Transaktionskosten ausführlich S. 46).
Zur Koordination der Prozesse werden zwischen den beteiligten Part‐
nern institutionelle Regelungen für den Austausch von Waren sowie
Diensten vorgegeben. Bei der Minimierung der Transaktionskosten sind
die Wahl der Organisationsform, die Spezifizierung der Prozesse und
der Grad an Unsicherheit relevante Stellhebel. Insbesondere durch die
rasanten Entwicklungen auf dem Gebiet der Informationstechnologie
5
A
Grundlagen
Begriffsklärung der Aus den oben beschriebenen elementaren Inhalten eines Supply Chain
vorliegenden Managements leitet sich die in dieser Schrift herangezogene Begriffsklä‐
Schrift rung ab. Diese bezieht sich im Kern auf die Definitionen von Ellram und
Cooper (vgl. Ellram/Cooper 1990, S. 1ff.) sowie von Harrington (vgl. Har‐
rington 1995, S. 30ff.), erweitert sie jedoch erheblich. Die Definition ist
bewusst grob granuliert und wird in Block A.I wiedergegeben.
Begriffsblock A.I Definition des Supply Chain Managements
6
A.2
Supply Chain Management: Historie und Begriff
Umgangssprachlich können Supply‐Chain‐Aktivitäten als Management Modernes Liefer‐
moderner Lieferketten verstanden werden. Wie deutlich wurde, reichen kettenmanagement
sie nach Stevens (vgl. Stevens 1989, S. 3ff.) von der „Source of Supply“ bis
zum „Point of Consumption“. Ein Supply Chain Management bezieht
sich einerseits auf die Prozesse innerhalb eines Unternehmens (unter‐
nehmensinterne Supply Chain). Auf der anderen Seite erstreckt sich das
Supply Chain Management auf eine Verzahnung dieser Organisation
mit ihrer Umwelt (Supply‐Chain‐Netzwerk). Abbildung A.2 unterstreicht
diesen Zusammenhang.
Der Verlauf innerhalb des Supply Chain Managements folgt einem “Or‐ Darstellung über das
der‐to‐Payment‐S” (vgl. Klaus 2012, S. 457ff.; Werner 2013a, S. 10). Abbil‐ Order‐to‐Payment‐S
dung A.2 zeigt das Grundprinzip des Konzepts. Innerhalb der Verket‐
tung sind drei Bereiche zu unterscheiden. Sowohl die interne als auch
die integrierte Supply Chain gehen in das Order‐to‐Payment‐S ein (vgl.
Begriffsblock A.II).
7
A
Grundlagen
Begriffsblock A.II Bereiche im Order‐to‐Payment‐S
Bereich 1: Der erste Bereich verläuft flussaufwärts, von rechts nach
links. Ein Kunde gibt einen Auftrag (Order) an das Unternehmen ab
(Pull‐Orientierung). Die Schnittstellen zwischen den Partnern gewähr‐
leisten die Disponenten, wobei die Liefer‐ (LAB) und Feinabrufe (FAB)
den Prozess regeln. Über die Abrufe werden die zu fertigenden Bau‐
zahlen bestimmt. Der Disponent stellt seine Informationen dem Ein‐
kauf zur Verfügung, welcher den Warennachschub gewährleistet.
Bereich 2: Der physische Materialfluss richtet sich von links nach
rechts aus (flussabwärts). Eine Erfüllung des Kundenauftrags steht im
Mittelpunkt. Die gelieferten Teile werden im Wareneingang ange‐
nommen. Nach ihrer Lagerung und Kommissionierung erfolgt die
Montage. Eine vorgelagerte Stelle versorgt ihre jeweils nachgelagerte.
Die Wertschöpfung steigt schrittweise, bis die Fertigwaren den Kun‐
den zugestellt werden.
Bereich 3: Die Waren sind schließlich durch den Kunden zu bezahlen
(das flussaufwärts gerichtete Payment). Dieser Bereich beschreibt den
Geldfluss. Außerdem verlaufen eine Entsorgung und ein Recycling
von rechts nach links. Die beiden letzten Komponenten gewinnen,
insbesondere auf Grund ökologischer und rechtlicher Aspekte, stetig
an Bedeutung (vgl. Green Supply Chains auf S. 271).
8
A.2
Supply Chain Management: Historie und Begriff
Order‐to‐Payment‐S in der Supply Chain Abbildung A.2
Externe Externe
Interne Supply Chain
Supply Supply
(Throughput)
Chain Chain
(Input) (Output)
Order
Payment
Beschaffungslogistik
Lieferanten Kunden
Produktionslogistik
Distributionslogistik
Entsorgungs‐/Recyclinglogistik
Informationslogistik
Logistikcontrolling
Legende: WE = Wareneingang ZL = Zwischenlager
HRL = Hochregallager EM = Endmontage
KOZ = Kommissionierzone VS = Versand
VM = Vormontage
9
A
Grundlagen
Ansätze des Be‐ Chain Awareness: Der Ansatz Chain Awareness ist weit ausgelegt.
wusstseins Nach diesem Konzept umfasst das Netzwerk sämtliche Tätigkeiten
von der Rohstoffgewinnung bis zum ultimativen Endverbraucher.
Stevens gehört beispielsweise der Denkschule einer Chain Awareness
an (vgl. Stevens 1989, S. 3ff.). Wie oben dargestellt, reicht für ihn eine
Supply Chain von der „Source of Supply“ bis zum „Point of Con‐
sumption“.
„Ein Schritt vor‐ Linkage School: Nach der Linkage School stellen Supply Chains lo‐
her, danach mehr: gistische Beziehungen und Verbindungen zwischen den beteiligten
Stelle die Verbin‐ Organisationen dar. Der Schwerpunkt dieser Überlegungen bezieht
dung her…“ sich auf Transportentscheidungen. Zu den bekanntesten Vertretern
(Die Sterne) dieser Schule gehört Simchi‐Levi: “The supply chain, which is also re‐
ferred to as the logistics network, consists of suppliers, manufacturing
centers, warehouses, distribution centers and retail outlets, as well as
raw materials, work‐in‐process inventory, and finished products that
flow between the facilities.” (Simchi‐Levi et al. 2007, S. 1).
Bidirektionaler Information School: Diese dritte Einordnungsmöglichkeit von Denk‐
Informationsfluss ansätzen des Supply Chain Managements betont einen bidirektiona‐
len Informationsfluss zwischen den Akteuren. Der Information School
gehört beispielsweise Bowersox an: „Supply Chain Management is a
collaborative‐based strategy to link cross‐enterprise business infor‐
mation to achieve a shared vision of market opportunity.“ (Bowersox
1998, S. 181).
10
A.2
Supply Chain Management: Historie und Begriff
cess from materials through to the end customer. Typically such a chain
will cross several organizational boundaries.” (Scott/Westbrook 1991, S.
23). Die einzelnen Partner dieser Kette agieren weitgehend losgelöst
voneinander. Dabei kann sich die Wertschöpfungskette intern oder ge‐
nerisch ausrichten (vgl. Otto 2002, S. 92ff.).
Einerseits wird sich das Supply Chain Management auf den internen Intra‐Company‐
Wertschöpfungsprozess erstrecken. Dann erfasst die Supply Chain Betrachtung
sämtliche wertschöpfenden Aktivitäten innerhalb einer Organisation
(„Intra‐Company“): „The supply chain management is a business pro‐
cess.“ (Hewitt 1994, S. 2).
Auf der anderen Seite zielt ein Supply Chain Management auf generi‐ Netzwerkorientier‐
sche Wertschöpfungsprozesse. Darunter sind allgemein gültige, mo‐ te Wertschöp‐
dulare, rekonfigurierbare Versorgungsaktivitäten von Organisationen fungskette
zu verstehen. Das Order‐to‐Payment‐S, welches zur begrifflichen Klä‐
rung der vorliegenden Schrift dient, ist diesem Segment ebenso zuzu‐
ordnen, wie das SCOR‐Modell (vgl. S. 70).
Einen weiteren Bezugsrahmen der Typologie um ein Supply Chain Ma‐ Aktionen im Un‐
nagement bildet die Unternehmensgruppe ab. „A Supply Chain … ternehmensver‐
comprises all companies that participate in transforming, selling and bund abwickeln
distributing the product from raw material to final customer.” (Chow et
al. 1994, S. 22). Die Akteure innerhalb dieser Kette übernehmen in der
Regel eindeutig definierte Wertschöpfungsinhalte (so genannte Business
Functions), welche sich durch ihre funktionale Verschiedenheit auszeich‐
nen: „Supply chain management extends this concept of functional in‐
tegration beyond the firm to all the firms in the supply chain.“ (Ell‐
ram/Cooper 1990, S. 1).
Nach Otto (vgl. Otto 2002, S. 96) ist ein Supply Chain Management als Vertikal alliierte
Netzwerk vertikal alliierter Unternehmen zu verstehen, wenn die ein‐ Partner
zelnen Akteure im Rahmen ihrer Zusammenarbeit bestimmte Attribute
aufweisen. Zu diesen Merkmalen zählen „gemeinsame Strategien“,
„kooperative Zusammenarbeit“ oder „gemeinsame Verantwortung“: „A
network of connected and interdependent organizations mutually and
cooperatively working together to control, manage and improve the
flow of materials and information from suppliers to end‐users.“ (Chris‐
topher 1999, S. 19). Ein weiterer Vertreter dieser Sichtweise ist Swamina‐
than: “Supply Chain Management ... as a network of autonomous or
semiautonomous business entities collectively responsible for procure‐
ment, manufacturing and distribution activities associated with one or
more families or related products.” (Swaminathan et al. 1998, S. 607).
11
A
Grundlagen
“Das ist das neue Schließlich sind Supply Chains als Superorganisationen zu bezeichnen,
Spiel. Es heißt: wenn sie nicht länger rechtlich selbständige Gebilde, sondern unitäre
‚Alle gegen Al‐ Organisationen darstellen („Extended Enterprise“ oder „Extra Corporate
le‘…” Organization“): „We are now entering the era of supply chain competiti‐
(Deutsch Amerika‐ on. …real competition is not company against company but rather supp‐
nische Freund‐ ly chain against supply chain“ (Christopher 1999, S. 28).
schaft)
SCM in der Vari‐ In der zweiten Gruppe begrifflicher Klärungsansätze um das Supply
ante Zero Based Chain Management findet keine direkte Bezugnahme zur Logistik
statt. Eine Lieferkette wird dem „Management von Geschäftsprozessen“,
einem „Kooperationsmanagement“ oder dem „Beziehungsmanage‐
ment“ gleichgesetzt: „The integration of all key business processes across
the supply chain is what we are calling supply chain management.“
(Cooper et al. 1997, S. 2). Nach Göpfert entfernen sich diese Ansätze zum
Teil recht weit vom eigentlichen Kerninhalt des Supply Chain Manage‐
ments. Zudem ist in dieser zweiten Gruppe das Supply Chain Manage‐
ment eng mit dem Entstehungsprozess einer Logistik verbunden (vgl.
Göpfert 2004, S. 30).
12
A.2
Supply Chain Management: Historie und Begriff
Stufe 1: Integration der Funktionen interner Supply Chains. Zu Be‐ Integrationen im
ginn der 90er Jahre startete der Versuch, die unterschiedlichen unter‐ Partnergeflecht
nehmensinternen Funktionsbereiche (Einkauf, Vertrieb, Technik, Fi‐
nanzen oder Produktion) miteinander zu verzahnen. Zum Beispiel
war es die Aufgabe des Vertriebs, Änderungswünsche der Kunden
unverzüglich an die anderen Funktionseinheiten weiterzureichen.
Dazu wurden Prozessketten aufgebaut, welche sich aus den unter‐
nehmensinternen Tätigkeiten ergaben.
13
A
Grundlagen
14
A.3
Abgrenzung zu verwandten Konzepten
Entwicklungsstufen des Supply Chain Managements Abbildung A.3
Synchronisation interner
wie externer Lieferketten
Kollaboratives Manage‐
ment komplexer Prozesse
Informationsaustausch (Kun‐
den, Hersteller, Lieferanten)
Funktionsintegration
interner Supply Chains
15
A
Grundlagen
Strategischer und Einkauf: Der Einkauf kann in einen strategischen und in einen opera‐
operativer Einkauf tiven Bereich unterteilt werden, wobei die Übergänge nicht trenn‐
scharf verlaufen. Die Tätigkeiten des operativen Einkaufs sind abwi‐
ckelnder Art und auf eine Steigerung der Einkaufseffizienz ausgerich‐
tet. Ein idealtypischer operativer Einkaufsprozess umfasst die
Arbeitsschritte Dispositionsmeldung, Bedarfsfeststellung, Bestellbear‐
beitung, Terminverfolgung, Rechnungsabgleich sowie Termin‐, Men‐
gen‐ und Qualitätsüberwachung. Der strategische Einkauf hingegen
verfolgt eine Optimierung der Einkaufseffektivität. Somit sind die Akti‐
vitäten des strategischen Einkaufs primär langfristig geprägt. Ein sol‐
cher Prozess beinhaltet die Phasen Versorgungserkennung, Beschaf‐
fungsmarktforschung, Anfrage und Ausschreibung, Preisverhandlung
und Angebotsauswertung, Vertragsabschluss sowie Leistungsmes‐
sung (Einkaufs‐Performance). Der Einkauf im Allgemeinen wird auch
mit den Terminus „Supply Management“ gleichgesetzt, der strategi‐
sche Einkauf im Speziellen mit „Beschaffungsmanagement“.
Materialwirtschaft Materialwirtschaft: Eine Materialwirtschaft beinhaltet den wirtschaft‐
als Subsystem der lichen Umgang mit Waren und ist weiter gefasst als der Einkauf. Sie
Supply Chain umfasst die Lagerbewirtschaftung, den innerbetrieblichen Transport
und die Materialversorgung, die bis zur Bereitstellung in der Ferti‐
gung reicht. Das Supply Chain Management nimmt die gleichen Tä‐
tigkeiten wie eine Materialwirtschaft wahr. Es ist aber deutlich um‐
fangreicher, weil die unternehmensinterne Kette alle Bereiche – vom
Wareneingang bis zum Versand – abdeckt. Außerdem berücksichtigt
ein Supply Chain Management die externen Schnittstellen (Lieferan‐
ten und Kunden) sowie Geld‐ und Informationsflüsse.
Physische Raum‐ Logistik: Eine Logistik beschäftigt sich primär mit dem physischen
und Zeitüberbrü‐ Materialfluss (der Warenverfügbarkeit) innerhalb des Unternehmens
ckungsfunktion der sowie zwischen einer Organisation und ihrer Umwelt. Die Funktionen
Logistik der Raum‐ und der Zeitüberbrückung stehen im Mittelpunkt. Ein
Supply Chain Management nutzt die tradierte Logistik zur physi‐
schen Transaktionsabwicklung, geht darüber aber deutlich hinaus
(vgl. Gliederungspunkt A.3.2.2).
16
A.3
Abgrenzung zu verwandten Konzepten
A.3.2.1 Wertschöpfungskette
Das Supply Chain Management lehnt sich, auf Grund seines Integrati‐ Porter als treibende
onsgedankens, an die Wertschöpfungskette (synonym Wertekette ge‐ Kraft des Market‐
nannt) von Michael E. Porter an (vgl. Porter 2006; Porter 2013; Porter 2014). Based‐View
Nach Porter sind die Organisationsabläufe als Folge wertschöpfender
Aktivitäten zu verstehen. Die Primärtätigkeiten der internen Wert‐
schöpfungskette umfassen Eingangslogistik, Operations, Marketing
und Vertrieb, Ausgangslogistik sowie Kundendienst. Diese sind von den
Funktionen Infrastruktur, Personalwirtschaft, Technologieentwicklung
sowie Beschaffung umgeben. Weitere unterstützende Bereiche (wie
Treasury, Finanzen oder Rechtsabteilung) vernachlässigt Michael E. Por‐
ter hingegen. Nach Porter basieren Differenzierungs‐ oder Kostenvorteile
gegenüber der Konkurrenz aus einer Optimierung der internen Wert‐
schöpfungskette. Beim Aufbau dieser Verflechtungsbeziehung ist zu
hinterfragen, welchen Wert die Organisationstätigkeiten schaffen und
wie deren Kosten determiniert sind (vgl. Porter 2014, S. 25).
Außerdem bezieht sich Porter auf die unternehmensübergreifende Einbezug der
Wertschöpfungskette (vgl. Porter 2014, S. 60). Die interne Wertekette Determinanten des
von Unternehmen ist mit vorgelagerten und nachgelagerten Netzwer‐ Marktes
ken externer Partner verwoben. Im Eingangsbereich liegen Interdepen‐
denzen mit Lieferanten vor. Mit Vertriebskanälen und Kunden bestehen
ausgehende Verknüpfungen.
Die Abgrenzung zwischen einem Supply Chain Management und der Abgrenzung zum
Wertschöpfungskette ist darin zu sehen, dass sich erster Ansatz auf die Supply Chain
Aspekte von Versorgung, Entsorgung und Recycling richtet. Ein Supply Management
Chain Management umfasst die physische Verfügbarkeit, Beseitigung,
Verwendung oder Verwertung von Waren, wobei diese Aktivitäten von
Informations‐ und Geldströmen umgeben sind. In einer Wertschöp‐
17
A
Grundlagen
A.3.2.2 Logistikkette
Attribute von Eine Logistikkette richtet sich simultan nach Prozess‐ und Kundenori‐
Logistikketten entierung aus. Üblicherweise manifestiert sich eine Logistikkette mehr‐
stufig: Von der Urproduktion, über die Transformations‐ und die Trans‐
feraktivitäten, bis zum Endverbraucher. Dabei kennzeichnen folgende
Merkmale eine Logistikkette (vgl. Klaus/Krieger 2012, S. 359):
Untergeordnete Die Logistik verfolgt eine horizontale Sichtweise von Tätigkeiten, wel‐
Bedeutung von che primär der physischen Raum‐ und Zeitüberbrückung dienen. Im
Geldflüssen Unterschied zum Supply Chain Management, sind Informationsflüsse
zwar gleichwohl bedeutsam, doch spielen Geldflüsse in der Logistik‐
kette nur eine unterstützende Rolle.
Aufbauorganisato‐ Eine Logistikkette ist stets als Ganzes zu betrachten, weil die beteilig‐
rische Integration ten Akteure in ein Geflecht ständiger Wechselwirkungen eingebunden
sind. Die einzelnen Elemente werden derart aneinandergereiht, dass
sie ablauforganisatorisch in einem stringenten, sachlogischen Zu‐
sammenhang stehen (vgl. Schulte 2017, S. 281).
„Was nützen die Verglichen mit der Logistikkette, ist ein Supply Chain Management das
besten Konzepte deutlich umfassendere Konzept. Während eine Logistikkette auf die
und clevere Logis‐ interne und die externe horizontale Verzahnung von Unternehmensbe‐
tik, wenn die Last‐ reichen nur mit den direkt verbundenen Lieferanten und Kunden zielt,
kraftwagen in umfasst ein Supply Chain Management komplette vertikale Netzwerke;
Staus stecken also auch die Interaktion mit den Lieferanten der Lieferanten und mit
bleiben?“
den Kunden der Kunden. Dabei bedient sich das Supply Chain Ma‐
(D. Aden)
nagement, zur Wahrnehmung der Aktivitäten von Versorgung, Entsor‐
gung und Recycling, durchaus tradierten Logistikfunktionen (Beschaf‐
fungs‐, Produktions‐, Distributions‐, Informations‐ und Entsorgungslo‐
gistik).
18
A.3
Abgrenzung zu verwandten Konzepten
19
A
Grundlagen
20
A.3
Abgrenzung zu verwandten Konzepten
A.3.2.6 Beziehungsmanagement
Ein Beziehungsmanagement beschreibt die Abstimmung von Leitbil‐ Sozialfaktoren und
dern und Maßnahmen vertikal operierender Unternehmen, verbunden psychologische
mit dem Anspruch, die Beziehung aufrechtzuerhalten und zum gegen‐ Implikationen
seitigen Nutzen auszubauen (vgl. Rentzsch 2012). Den Schwerpunkt des
Beziehungsmanagements stellen Sozialfaktoren und psychologische
Phänomene dar (vgl. Wiedmann/Dunz 2000, S. 46f.).
21
A
Grundlagen
Abgrenzung zur Das Beziehungsmanagement ist ein Subsystem der Supply Chain, mit
Supply Chain einem Fokus auf zwischenmenschliche und interorganisatorische Ver‐
flechtungen („weiche Faktoren“). Dieses Beziehungsnetzwerk der Ak‐
teure zeichnet sich durch Sicherheit und Vertrauen, informelle Kommu‐
nikation, kooperative wie auch konkurrierende Verhaltensmuster aus
(vgl. Krupp/Klaus 2012, S. 64ff.).
Zunehmende Für ein Supply Chain Management stellt die explizite Berücksichtigung
Bedeutung weicher von Beziehungen eine recht neue Herausforderung dar. Emotionale
Faktoren für eine Bindungen zu Lieferanten, Händlern, Distributoren oder Kunden sind
Supply Chain allerdings schwer messbar und unterliegen einer hohen Subjektivität.
Dennoch sind Mensch‐zu‐Mensch‐Beziehungen innerhalb der Supply
Chain allemal von großer Bedeutung. Ein Beispiel dafür ist die Einkäu‐
fer‐Verkäufer‐Bindung zwischen Kunde und Lieferant. Wurde die Un‐
tersuchung dieser Einflussfaktoren innerhalb der Betriebswirtschaftsleh‐
re bisher insbesondere dem Marketing und der Unternehmensführung
überlassen, richtet sich zukünftig auch ein Supply Chain Management
auf die Optimierung von Sozialfaktoren aus.
22
A.3
Abgrenzung zu verwandten Konzepten
Die Ziele des Supply Chain Relationship Managements bestehen in der „People are people
Schaffung von Vertrauen, einer Zunahme der Verbundenheit, der Förde‐ so why should it be
rung von Kommunikation, einer Steigerung von Transparenz sowie der – you and I should
Erhöhung von Koordination (vgl. Trumpfheller/Gomm 2004, S. 301ff.). get along so awful‐
Interne wie über Netzwerke gerichtete zwischenmenschliche Beziehun‐ ly…“
gen werden beispielsweise bei Lieferantentagen, Verkaufsgesprächen, (Depeche Mode)
Auditierungen, Kunden‐Events, gemeinsamen Qualifikationen, Kon‐
gressen oder Tagungen geschaffen. Die Zukunft wird zeigen, inwieweit
diese Abläufe von zunehmenden Homeoffice‐Tätigkeiten beeinträchtigt
werden (Stichwort: Corona‐Krise 2020).
In die Koordination und Steuerung der Supply‐Chain‐Partnerschaft Beziehungspromo‐
können „Beziehungspromotoren“ einbezogen sein (vgl. Walter 2002, S. toren als Initiatoren
124ff.). Ein Beziehungspromotor initiiert den Informationsaustausch,
sucht nach geeigneten Kontaktpersonen sowie weiteren Partnern, führt
die Menschen zusammen und fördert ihren Dialog. Außerdem greift der
Promotor bei Konflikten schlichtend ein. Dieser Beziehungspromotor
kann ein führender Mitarbeiter einer beteiligten Organisation sein, der
über persönliche und fachliche Kompetenzen zur Bewältigung genann‐
ter Aufgaben verfügt. Auch die Mitarbeiter neutraler „Clearing‐Stellen“
(beispielsweise Consultants) können in die Rolle eines Beziehungspro‐
motors schlüpfen (vgl. Werner/Feliciano 2019, S. 62ff.).
23
A
Grundlagen
Abbildung A.4 Supply Chain Management und verwandte Konzepte im Überblick
Managementkonzept Beschreibung
Supply Chain Manage‐ SCM umfasst interne wie externe Material‐, Informations‐
ment (SCM) sowie Geldflüsse und berücksichtigt zusätzlich soziale
Beziehungen der Akteure zueinander.
Wertschöpfungskette Wertschöpfungsketten umfassen Faktoren, die zur Wert‐
steigerung und ‐vernichtung beitragen. Dazu zählen mit
Image und Design Größen, welche für eine Supply Chain
nur sekundäre Bedeutung besitzen.
Logistikkette Eine Logistikkette erstreckt sich auf physische Tätigkeiten
zur Raum‐ und Zeitüberbrückung. Im Gegensatz zum
SCM, werden Geldflüsse kaum berücksichtigt. Während
eine Logistikkette primär auf die Verzahnung tradierter
Unternehmensbereiche zielt, umfasst ein SCM komplette
organisatorische Netzwerke. In die Logistikkette werden
nur direkte Lieferanten und direkte Kunden einbezogen.
Demand Chain Manage‐ DCM bildet eine Integration von Aktivitäten in Richtung
ment (DCM) Kunde ab (Pull‐Orientierung). Im Gegensatz zum SCM
berücksichtigt DCM Lieferantenattribute kaum.
Customer Relationship CRM stellt die Planung, die Steuerung und die Kontrolle
Management (CRM) sämtlicher auf Marktpartner gerichteten Maßnahmen
eines Unternehmens zur Intensivierung der Kundenbe‐
ziehungen dar. Anders als ein SCM, umfasst das CRM
keine Lieferantenaktivitäten.
Supplier Relationship SRM beinhaltet sämtliche Aktivitäten zur Lieferanten‐
Management (SRM) auswahl, ‐entwicklung und ‐integration. Im Gegensatz
zum SCM, berücksichtigt SRM externe Kunden kaum.
Beziehungsmanagement Beziehungsmanagement kennzeichnet die Abstimmung
von Leitbildern und Maßnahmen vertikal kooperierender
Akteure, verbunden mit dem Anspruch, Beziehungen
aufrechtzuerhalten und auszubauen. Schwerpunkt: Sozi‐
alebene (psychologische und emotionale Faktoren).
Supply Chain Relation‐ SCRM basiert auf dem SCM und auf dem Beziehungsma‐
ship Management nagement. Primäre Untersuchungsfelder des SCRM sind
(SCRM) soziale Beziehungen (nicht Material‐, Informations‐ und
Geldflüsse). Der Ansatz ist ein beziehungsaffiner Teil des
SCM.
24
A.4
Strukturierung der Supply Chain
Betriebsphase: Nach der Gründung einer Supply Chain beginnt die Das Ganze ist mehr
Zuteilung der Ressourcen. Dabei versuchen die eingebundenen Part‐ als die Summe
ner, synergetische Potenziale auszuschöpfen. Im Idealfall erreichen seiner Teile
die Akteure eine „Win‐Win‐Situation“, wozu sie vorzugsweise ihre
jeweiligen Kernkompetenzen in das Netzwerk einbringen.
25
A
Grundlagen
Abbildung A.5 Hierarchisch pyramidale Supply Chain
26
A.4
Strukturierung der Supply Chain
27
A
Grundlagen
Abbildung A.6 Polyzentrische Supply Chain
28
A.5
Aufgaben und Ziele des Supply Chain Managements
29
A
Grundlagen
Simultanverbesse‐ Ein primäres Anliegen des Supply Chain Managements besteht in der
rung Erfüllung oben beschriebener Aufgaben. Der Ansatz erstreckt sich dabei
auf eine Simultanoptimierung der Unternehmenseffektivität und der
Unternehmenseffizienz sowie eine Harmonisierung der Wettbewerbs‐
faktoren Kosten, Zeit, Qualität und Flexibilität (vgl. Begriffsblock A.III).
Begriffsblock A.III Effektivität und Effizienz sowie Zielharmonie von Erfolgsfaktoren
Wissen, Innovatio‐ Harmonisierung von Wettbewerbsfaktoren: Die entscheidenden Fak‐
nen, Service und toren des Wettbewerbs sind Kosten, Zeit, Qualität und Flexibilität
Informationen („strategisches Viereck“). Grundsätzlich hat sich ein Supply Chain
erweitern das Management auf sämtliche Erfolgsfaktoren ähnlich stark auszurichten
Viereck (Zielharmonie). Temporär kann natürlich ein Faktor majorisieren.
30
A.5
Aufgaben und Ziele des Supply Chain Managements
Qualität: Der Erfolgsfaktor Qualität innerhalb der Supply Chain kann „Quality is free!“
anhand von Kriterien wie Ausschuss oder Nacharbeit gemessen wer‐ (P. B. Crosby)
den. Im Kern wird eine Befriedigung der Kundenwünsche eingefor‐
dert, die vor allem im Ansatz Total Quality Management (vgl. aus‐
führlich S. 107) zum Tragen kommt.
Flexibilität: Schließlich meint der Faktor Flexibilität (Agilität) in der Anpassungen und
Lieferkette, die Optimierung der Anpassungs‐ und Wandlungsfähig‐ Wandlungen
keit von Organisationen. Dazu finden moderne IT‐Systeme Einsatz.
Beispielhaft dafür steht der unternehmensübergreifende Ansatz von
Advanced Planning and Scheduling (vgl. S. 388).
Beckmann (vgl. Beckmann 2004, S. 14f.) segmentiert den Nutzen der „Grau ist alle
Supply Chain in marktseitige, innerbetriebliche sowie lieferantenseitige Theorie, was zählt
Attribute. Der marktseitige Nutzen besteht für die Akteure beispiels‐ is auf‘m Platz.“
weise in der Konzentration auf das Kerngeschäft (kein Outsourcing der (A. Preißler)
Aktivitäten), einer Reduzierung von Marktrisiken (hervorgerufen auf
Grund eines durchgängigen Informationsflusses) oder der Steigerung
der Kundenzufriedenheit (konsequente Ausrichtung der Geschäftspro‐
zesse in Richtung ultimativer Endkunden). Außerdem beschleunigt die
Zusammenarbeit im Netzwerk die Erschließung neuer, lukrativer Ab‐
satzmärkte.
Supply Chain Management in der Praxis Beispielblock a.1
Ein Beispiel für die Nutzung eines Supply Chain Managements in der Un‐
ternehmenspraxis liefert Berentzen. Für den Spirituosenhersteller wird die
Supply Chain durch „Picks“ in fünf Blöcke eigeteilt. Das Projekt wurde bei
Berentzen angestoßen und beinhaltet Prozesse, Informationstechnologie,
Controlling (Monitoring), Kooperation und Service. Diese Säulen stützen
das Supply Chain Management von Berentzen. Die wichtigsten Neuerungen
durch die Einführung eines Supply Chain Managements erstreckten sich für
das Unternehmen auf die Bereiche Produktion (Konzentration der Abfüll‐
standorte und revidierte Fertigungsplanung), Distribution (intensivierte
Einbeziehung externer Dienstleister sowie Aufbau eines Zentrallagers), IT
(revolvierendes Updaten von SAP‐Modulen) sowie Organisation (Gründung
einer eigenen Logistikgesellschaft und verstärkte Zulieferintegration). Mit
Hilfe von „Picks“ gelang es Berentzen, die Produktionskosten um 20% und
die Distributionskosten um 15% zu senken (vgl. Werner 2013b, S. 25).
Ein innerbetrieblicher Nutzen erwächst aus dem Supply Chain Ma‐ Internal Benefits
nagement durch optimierte Bedarfsprognosen und permanenten Kapa‐
31
A
Grundlagen
Gemeinsam stärker Kooperation: Die Partner streben im Supply Chain Management nach
sein der Wahrung von Verbundeffekten (Economies of Scope) in den Ver‐
sorgungs‐, Entsorgungs‐ und Recyclingketten. Dabei richten sich die
Kooperationsbestrebungen zunehmend globaler aus (Internationali‐
sierung der Supply Chain, Global Sourcing).
Virtuelle Bezie‐ Virtualisierung: Ein prägender Punkt in modernen Supply Chains ist
hungsgeflechte der Aufbau virtueller Netzwerke. Ein virtuelles Unternehmen bedeutet
die temporäre Verschmelzung von Kernkompetenzen. Das Gebilde
tritt den Kunden gegenüber als Einheit auf. Nach innen besitzt eine
virtuelle Organisation jedoch keine juristischen und aufbauorganisa‐
torischen Verzahnungen.
32
A.5
Aufgaben und Ziele des Supply Chain Managements
Verbindung findet intern oder extern statt und läuft sequentiell oder
simultan ab.
Kundenorientierung: Idealtypisch sind in einer Supply Chain die Ak‐ Kick‐off des Kun‐
tivitäten erst einzuleiten, wenn ein konkreter Kundenbedarf vorliegt den
(Pull‐Steuerung). Dadurch soll die Anzahl an Slow Movern in den Re‐
galen vermieden werden (z. B. Books‐on‐Demand).
Optimierung: Die Optimierungen innerhalb der Wertschöpfungskette Mathematisch‐
basieren auf mathematisch‐analytischen Modellen. Sie entstammen analytische Verbes‐
insbesondere dem Operations Research. Dazu zählen Simulationen, serungen
Warteschlangenmodelle, lineare Optimierung, spieltheoretische An‐
sätze oder Transport‐ und Zuordnungsmodelle. Im Rahmen derarti‐
ger Verbesserungen sind Informationsbarrieren zwischen den Part‐
nern abzubauen.
Ökologieziele: In Zeiten nachhaltiger Lieferketten sind beispielsweise Umwelt entlasten,
eine Senkung von Schadstoffemissionen, die Vermeidung (oder Ver‐ möglichst nachhal‐
minderung) von Abfällen, eine Schonung von Ressourcen und die Re‐ tig
duzierung von Lärm einzufordern.
Leistungsziele: Innerhalb von Supply Chains erstrecken sich die Leis‐ Performance in der
tungsziele auf Produkt‐ oder Prozessverbesserungen. So steht der Supply Chain
Leistungsgrad (Lieferfähigkeit) ebenso latent auf dem Prüfstand, wie erhöhen
die Sendungsqualität (Vollständigkeit). Weiterhin ist die Terminein‐
haltung traditionell eines der prägenden Supply‐Chain‐Ziele (Same
Day Delivery, Next Day Delivery).
Effizienzziele: Schließlich sind innerhalb moderner Lieferketten stän‐ Wirtschaftlichkeit
dig Kostensenkungen einzufordern. Diese erstrecken sich beispiels‐ steigern
weise auf den Auslastungsgrad von Ladungsträgern, den wirtschaftli‐
chen Personaleinsatz, die Verminderung von Beständen oder einer
Leistungssteigerung von Betriebsanlagen (Losgrößeneffekte).
33
A
Grundlagen
Rechtliches Umfeld Gesetzliche und ökologische Restriktionen: Vielfach sind besondere
Sicherheitsauflagen zu beachten. Diese gelten insbesondere für wert‐
volle, knappe oder gefährliche Güter. Gesetze, Vorschriften und Nor‐
men regeln diese Abläufe.
Generisches Porter‐ Auf Grund dieser differenzierenden Zielanforderungen und der begren‐
Problem zenden Handlungsspielräume, ergeben sich vielfach Zielkonflikte in‐
nerhalb der Ausgestaltung von Lieferketten (vgl. auch Schulte 2017, S.
11). Eine klassische Zielkonkurrenz leitet sich aus dem latenten Span‐
nungsverhältnis zwischen Kostensenkung und Qualitätsverbesserung ab
(Kosten‐Qualitäts‐Konflikt). Zur Linderung dieses Dilemmas können
gegebenenfalls Outsourcing oder Offshoring beitragen.
Kundenzufrieden‐ Ein weiteres Konfliktpotenzial ergibt sich aus der Divergenz von Vor‐
heit um jeden ratssenkung und Warenverfügbarkeit (Bestands‐Servicegrad‐Konflikt).
Preis? Gemeint ist hier der ausgehende Servicegrad: Eine Steigerung der Kun‐
denflexibilität (für unvorhergesehene Bestellungen) wird zum Teil über
höhere Fertigwarenbestände teuer erkauft. Die Akteure sollten hinter‐
34
A.5
Aufgaben und Ziele des Supply Chain Managements
35
A
Grundlagen
36
A.6
Motive für die Entstehung von Supply Chains
Die Ermittlung von Total Cost of Ownership steigert die Transparenz in Gartner Group als
Supply Chains. Für die Unternehmensführung bietet der Ansatz eine Wegbereiter
Entscheidungsgrundlage bezüglich der Auswahl homogener Güter. Aus
einer TCO‐Berechnung leiten sich Kostentreiber ab. Diesbezüglich ist für
eine Total‐Cost‐of‐Ownership‐Überlegung der Gartner Group die Diffe‐
renzierung zwischen direkten und indirekten Kosten maßgeblich:
Direkte Kosten: Die direkten Kosten sind nach der Gartner Group Harte Kosten
sichtbar („hart messbar“, „budgetierbar“). Der IT‐gestützte Ansatz dif‐
ferenziert direkte Kosten in die drei Bereiche Hard‐ und Software (Be‐
schaffung und Anwendung von Informationstechnologie), Operations
(Vergütung der Mitarbeiter für den Betrieb der Systeme) sowie Admi‐
nistration (Aufwendungen für Organisation und Verwaltung). Für ein
Supply Chain Management resultieren direkte Kosten beispielsweise
aus Abschreibungen auf Investitionen, Löhnen und Gehältern, Versi‐
cherungen, Zöllen, Verpackungen, Reisekosten oder Beständen (Kapi‐
talbindung).
Neben der Gartner Group haben vor allem Forrester Research sowie die Weitere TCO‐
Meta Group den Ansatz von Total Cost of Ownership protegiert. Das Modelle im Über‐
Konzept von Forrester Research ist ebenfalls der Informationstechnolo‐ blick
gie entlehnt. Die beeinflussenden Kostenfaktoren einer Entscheidung
setzen sich aus Infrastruktur (Kosten für Hard‐ und Software), War‐
tungsverträge, Management, Support, Schulung, Downtime sowie Vor‐
37
A
Grundlagen
38
A.6
Motive für die Entstehung von Supply Chains
Ferner entstehen für jeden aus China bezogenen Mantel Kosten für Zoll und Versiche‐
die Verzollung und die Versicherung in Höhe von 3,80 Euro, wobei rung
der Raubanteil in Zollkosten besteht (3,50 Euro). Wird der Trenchcoat
von dem deutschen Hersteller bezogen, fallen keine Zollkosten an.
Die Versicherung kostet pro Mantel 0,25 Euro.
Für die Berechnung der Kapital‐ und Lagerkosten sind die Lieferzeit Kapitalbindung
sowie die Transportzeit pro Mantel ausschlaggebend. Es ist ange‐
dacht, diese modischen Trenchcoats kurzfristig in witterungsabhängi‐
ge Special‐Sales‐Aktivitäten einzubinden. Auf Grund seiner langen
Lieferzeit, muss der Mantel des chinesischen Herstellers voraussicht‐
lich im Durchschnitt 25,0 Tage auf Lager genommen werden. Daraus
berechnet der Einkäufer Kapital‐ und Lagerkosten von 3,30 Euro pro
Mantel (Opportunitätskosten, Lagerkosten, Handlingskosten). Für ei‐
nen aus Deutschland bezogenen Trenchcoat fallen hingegen nur 1,55
Euro Kapital‐ und Lagerkosten pro Mantel an.
In Addition ergeben der Einkaufspreis (40,00 Euro) und die Folgekos‐ Ergebnis der Ana‐
ten (15,76 Euro) für einen in China hergestellten Trenchcoat 55,76 Eu‐ lyse
ro. Für die Mäntel gewährt der Produzent einen Bonus von 2% auf
den Einkaufspreis (0,80 Euro). Folglich belaufen sich die Gesamtkos‐
ten der aus China bezogenen Trenchcoats auf 54,96 Euro. Der in
Deutschland gefertigte Trenchcoat kostet 53,18 Euro (Einkaufspreis
50,00 Euro und Folgekosten 3,18 Euro). Da der deutsche Hersteller ei‐
nen Bonus von 5% auf den Einkaufspreis pro Mantel abschlägt, kostet
der Trenchcoat insgesamt 50,68 Euro. In diesem Beispiel „schlägt“ ein
in Deutschland hergestellter Mantel – trotz des erheblich höheren
Einkaufspreises – die „chinesische Alternative“ um 4,28 Euro pro
Mantel (vgl. Abbildung A.7). Rein aus Kostensicht, wird der Einkäufer
diesen Trenchcoat aus Deutschland beziehen. Es sei allerdings der
Hinweis erlaubt, dass in diesem Beispiel ausschließlich direkte Kosten
verrechnet wurden. Die Kalkulation könnte sowohl um indirekte Kos‐
ten, wie auch um mögliche Total Benefit of Ownership erweitert sein.
39
A
Grundlagen
Abbildung A.7 Total Cost of Ownership
Legende: Lieferant A ist in China beheimatet, Lieferant B kommt aus Deutschland.
Sämtliche Zahlenangaben in €.
40
A.6
Motive für die Entstehung von Supply Chains
Operativ tätige Mitarbeiter wissen teilweise schlichtweg nicht um die
Existenz von Lieferantenverträgen.
Entscheidungen des Bedarfsträgers leiten sich allein über den Materi‐
alpreis ab. Mögliche Folgekosten bleiben unberücksichtigt.
Es existiert noch gar keine grundsätzliche Entscheidung über den Be‐
schaffungsweg. Einkäufer agieren notgedrungen an möglichen strate‐
41
A
Grundlagen
Fehlende Anreize zur Einhaltung von Rahmenvereinbarungen.
Ausgeprägter Budgetdruck, der den Einkäufer zur Suche neuer Be‐
schaffungswege verleitet.
Existenz von Handkassen (Korruption).
Kapazitätsengpässe bisheriger Lieferanten zwingen den Kunden da‐
zu, sich kurzfristig nach anderweitigen Beschaffungswegen umzuse‐
hen.
Gründe der weichen Neben eher rationalen Gründen für Maverick‐Buying lassen sich auch
Ebene emotionale Ursachen ausmachen. Dann weicht das Arbeitsverhalten
von der Norm ab. Es äußert sich in Machtlosigkeit, Langeweile, Unge‐
rechtigkeit, Frustration, fehlender Organisationsverbundenheit, persön‐
lichem Schicksal oder allgemeinem Widerstand gegen Veränderungen
(vgl. Karjalainen et al. 2008, S. 5ff.).
Indirektes Material ist Besonders ausgeprägt ist die wilde Beschaffung von Gemeinkostenma‐
besonders betroffen terial (Büromaterial, Arbeitshandschuhe, Reinigungsmittel, Kraftstoffe,
Schmieröle). Diese Sachnummern sind zwar nur von vergleichsweise
geringem Wert. Doch sie erfordern überproportional hohe Transakti‐
onskosten (vgl. Karjalainen et al. 2008, S. 7; Wannenwetsch 2013, S. 17f.).
Auch Dienste bleiben Weiterhin lastet auch auf dem Einkauf von Dienstleistungen vielfach
nicht verschont der Fluch von Maverick‐Buying. Dieses Dilemma kann darin begründet
liegen, dass beispielsweise bei kurzfristig durchzuführenden Reparatu‐
ren die Kapazitäten der offiziellen Dienstleister nicht ausreichen oder
benötigtes Fachpersonal nicht zur Verfügung steht. Der folgende Bei‐
spielblock a.2 zeigt das untrennbare Nebeneinander von Total Cost of
Ownership und Maverick‐Buying.
42
A.6
Motive für die Entstehung von Supply Chains
Total Cost of Ownership und Maverick‐Buying Beispielblock a.2
43
A
Grundlagen
Abbildung A.8 Purchasing Cards
6
Bedarfsträger Kreditkarten‐
Zahlungsabgleich
gesellschaft
Kosten‐ (Clearing‐
stelle Organisation)
Auftrag‐ 5
geber
Sammelrechnung
3
2
1 Lieferung
Autorisierung
Bestellung
Lieferant
4 Zahlungsabgleich
44
A.6
Motive für die Entstehung von Supply Chains
Abschaffung von „Handkassen“ zwischen Lieferanten und Kunden.
Buchung von Sammelrechnungen: Prozesskostenreduzierung in der
Buchhaltung des Auftraggebers.
Variabilisierung der Kostenstruktur (der Auftraggeber reduziert seine
Fixkosten, indem er die Kreditkartengesellschaft nur bei Inanspruch‐
nahme vergütet).
Steigerung der Transparenz im Beschaffungswesen.
Technische Lösungen allein können jedoch nicht alle Ursachen des Ma‐ Hohe Margen als
verick‐Buyings ausschließen. Daher sind neben den informationstech‐ primäre Stolper‐
nisch (IT)‐orientierten Lösungsansätzen, wie der Purchasing Card, auch steine
verhaltensbasierte Lösungsansätze in Betracht zu ziehen. Darunter
fallen insbesondere Mitarbeiterführung, Dienstanweisung, Personal
Empowerment, Anreizsysteme und Unternehmenskultur.
45
A
Grundlagen
Anreizsysteme: Durch die Unterbreitung positiver oder negativer An‐
reize sollen Verhaltensweisen der Mitarbeiter beeinflusst werden.
Unternehmenskultur: Starke Kulturen verbessern die Mitarbeitermo‐
tivation. Diese kann die Konformität zu Rahmenverträgen fördern.
A.6.2 Transaktionskosten
Ronald Coase als Allgemein charakterisiert eine Transaktion den Wechsel eines materiel‐
Wegbereiter len oder immateriellen Objekts aus dem Wirkungskreis eines Akteurs in
den eines anderen (vgl. Corsten/Gössinger 2007, S. 3). Bei diesem Über‐
gang fallen (Transaktions‐) Kosten an. Die Theorie um Transaktionskos‐
ten geht vor allem auf Ronald Coase zurück, dem 1991 dafür der Nobel‐
preis verliehen wurde. Bezogen auf das Beispiel „Vertragsabschluss“,
lassen sich Transaktionskosten folgenden Tätigkeiten beimessen:
Ex‐post‐ Nach einem Vertragsabschluss (ex post) fallen Transaktionskosten für
Betrachtung Abwicklung (Courtage oder Transport), Änderung (Termin, Preis oder
Menge) und Kontrolle (Lieferabnahme) an.
Entstehungsgrün‐ Diese Einflussfaktoren auf Transaktionskosten können noch von weite‐
de von Transakti‐ ren Tätigkeiten umgeben sein. Beispielhaft dafür stehen Kommunikati‐
onskosten onsbedarf, Missverständnisse, Verständigungsprobleme oder Konflikte
zwischen beteiligten Personen. Die Höhe der Transaktionskosten kann
46
A.6
Motive für die Entstehung von Supply Chains
A.6.3 Bullwhip-Effekt
Der Bullwhip‐Effekt (vgl. Abbildung A.9) geht auf die Untersuchungen Peitschenschlag‐
Forresters zu den „Industrial Dynamics“ aus dem Jahr 1958 zurück (vgl. Effekt
Forrester 1958, S. 37ff.). Forrester zeigte seinerzeit folgendes Phänomen
empirisch auf: Wenn innerhalb einer Wertschöpfungskette (bestehend
aus den Stufen Produzent, Distributor, Händler und Kunde) eine unge‐
plante Nachfragesteigerung von 10% festgestellt wird, reagieren die
Hersteller über. Sie möchten den potenziellen Umsatz nicht verloren
geben. Bis zu 40% erhöhen sie ihre Produktion. Erst nach circa einem
Jahr pendelt sich das Angebot bei der vorgegebenen Nachfragesteige‐
rung von 10% ein. Das Dilemma der Akteure einer Supply Chain besteht
nach Forrester darin, dass ein Marktpartner lediglich um die Bedarfe
seiner jeweils vorgelagerten Stufe konkret weiß. Folgende Gründe nennt
Forrester für das Aufkeimen logistischer Peitschenschläge (vgl. insbeson‐
dere Forrester 1958, S. 43ff.; vgl. weiterhin Beckmann 2004, S. 7f.):
Informationsverzerrung in einer Supply Chain: Dispositionsentschei‐ Sickerverluste in
dungen und Bestellsysteme richten sich auf die eigene Organisation der IT
aus. Potenzielle Bedarfsänderungen von Verbrauchern werden nur
47
A
Grundlagen
Gründe für das Insbesondere Lee et al. trugen die Ergebnisse Forresters fort und weiteten
Aufkeimen des diese zum Bullwhip‐Effekt (vgl. Lee et al. 1997, S. 543ff.). Im Kern führen
Bullwhip‐Effekts sie den Peitschenschlag‐Effekt auf Informationsdefizite innerhalb der
Lieferketten zurück. Besondere Probleme liegen in den Einflussfaktoren
Bedarfsprognose, Beschaffungspolitik, Bedarfsbündelung sowie Preisva‐
riation (vgl. Lee et al. 1997, S. 545ff.; vgl. weiterhin Beckmann 2004, S. 8f.):
Informationsdefizi‐ Bedarfsprognose: Die Weitergabe der Bedarfsinformation an die Lie‐
te über zukünftige feranten erfolgt mit zeitlichem Verzug. So werden Änderungen in den
Bedarfe Abrufen den Lieferanten nicht direkt mitgeteilt. Dadurch verlieren die
Zulieferorganisationen die Sicht auf die tatsächliche Marktlage. Ein
Beispiel dafür ist die Branche für Mobiltelefone zu Beginn dieses Jahr‐
tausends. Zu dieser Zeit brach der erste Hype um Mobiltelefone ab.
Die Hersteller korrigierten ihre Bedarfsprognosen deutlich nach un‐
ten. Bis die letzte Stufe der Supply Chain diese Information verarbei‐
tet hatte, vergingen fast zehn Monate. Während dieser Zeit wurden in
der Supply Chain latent Überbestände aufgebaut.
48
A.6
Motive für die Entstehung von Supply Chains
Bullwhip‐Effekt Abbildung A.9
3
Bedarf
Hersteller
2 Handel
Kunde
0
1 2 3 4 5 6 7 8 9 10
Zeit
Nach dem Bullwhip‐Effekt (vgl. Beispielblock a.3) führen bereits leichte Spielerische Erfah‐
Nachfrageschwankungen vorgelagerter Wertschöpfungsstufen zu grö‐ rung des Peit‐
ßeren Aufschaukelungen der Bedarfe. Dieses Phänomen ist im „Beer schenschlags
Distribution Game“ zu erfahren. Anders ausgedrückt, verstärken sich
selbst kleinere Veränderungen in den Endbedarfen in rückläufiger Rich‐
tung. Keine Wertschöpfungsstufe möchte Gefahr laufen, eine unvorher‐
sehbare Nachfrage aufgeben zu müssen (Peitschenschlag‐Effekt).
Bullwhip‐Effekt Beispielblock a.3
Der Begriff Bullwhip‐Effekt geht auf Procter & Gamble zurück. Bei der Pro‐
duktion von „Pampers“‐Höschenwindeln war die Anzahl an Endverbrau‐
chern (Babys) in den Vereinigten Staaten mittelfristig konstant. Daher unter‐
stellte Procter & Gamble eine geringe Variabilität der Nachfrage. Doch dieser
Wunsch ging nicht in Erfüllung. Procter & Gamble beobachtete, dass die Ab‐
rufe des Handels für die „Pampers“‐Windeln stark schwankten. Die Volatili‐
täten der Nachfrage steigerten sich umso mehr, je weiter sich eine Wert‐
schöpfungsstufe vom Endverbraucher (Baby) entfernte.
Als Werkzeuge zur Bekämpfung des Bullwhip‐Effekts (vgl. Simchi‐Levi Kampf dem Bullwhip!
et al. 2007, S. 39ff.) dienen ein verbesserter Informationsaustausch in der
49
A
Grundlagen
50
A.7
Primäre Strategietypen von Supply Chains
mehr Organisationen Kunden mit Added Services. Zum Beispiel bietet
Honda zeitweilig aktuellen und potenziellen Marktpartnern in London
nicht nur ein Fahrzeug selbst zum Kauf an. Der Value Added Service
besteht in dem integrierten Verkauf eines Parkplatzes für das Auto. Ein
Supply Chain Management berücksichtigt dieses Wissen und setzt zur
Befriedigung von Kundenwünschen auf hohe Liefertreue, kurze Liefer‐
zeit und ausgeprägte Lieferflexibilität (vgl. Arndt 2017, S. 20).
Optimierung der Anlagenauslastung: Erzielung von Skaleneffekten in
den Bereichen Warehouse, Produktionsprozess, Förderzeug.
Forcierung der Lagerumschläge: Einführung von Reichweitenmonito‐
ring, Identifikation und Eliminierung von Ladenhütern (Slow Mover),
Bündelung der Lagerstandorte, Einführung von Just‐in‐Time oder
51
A
Grundlagen
Verbesserte Einbindung von Lieferanten durch gezieltes Outsourcing:
Berücksichtigung der Spezialkenntnisse von Lieferanten, Konzentrati‐
on auf das Kerngeschäft, Reduzierung der Lieferantenanzahl, Aus‐
nutzung synergetischer Potenziale.
Supply Chain Die Erreichung von Kostenführerschaft in der Supply Chain sollte mög‐
gerechte Produkt‐ lichst frühzeitig beginnen: Schon im Supply Chain Engineering (vgl. S.
entwicklung 125) werden die Hebel für die Wahrung von Low Cost Supply Chains
gestellt. Dazu bietet sich eine Modulbauweise an, wodurch die Varian‐
tenanzahl in Grenzen gehalten wird (überschaubares Artikelspektrum).
Im Ergebnis sinken die Kosten für Warenhandling, Transaktionen und
Verwaltung zum Teil deutlich.
Die Kehrseite von Doch drohen in Low Cost Supply Chains negative Wechselwirkungen
Cost Cutting: auf andere Schlüsselgrößen: Treten die Akteure zu sehr auf die Kosten‐
Trade‐offs bremse, ergeben sich fast zwangsläufig Trade‐off‐Effekte für die Inno‐
vationsfähigkeit, das Serviceverhalten, die Prozess‐ und die Produktqua‐
lität sowie die Agilität von Unternehmen. Auf den Punkt gebracht, sollte
das „Cost Cutting“ in der Supply Chain nicht um jeden Preis erfolgen.
52
A.7
Primäre Strategietypen von Supply Chains
Retail Stores zu verkaufen. Teilweise campierten die Menschen vor den
Geschäften, um frühzeitig ein Gerät der neuesten Generation zu ergat‐
tern. Echte Innovationsführer erzielen mit ihren Produkten vergleichs‐
weise hohe Deckungsbeiträge und streichen eine üppige Produzenten‐
rente ein. Frühe Käufer sind bereit, viel Geld für innovative Waren aus‐
zugeben, um den Trend von Morgen nicht zu verschlafen.
Das spanische Modeunternehmen Zara (zugehörig zur Inditex‐Gruppe, „Menschen mit
dem derzeit größten europäischen Bekleidungshersteller) fährt eine einer neuen Idee
binäre Supply Chain Strategie: Die meisten Sortimentsbereiche sind der gelten so lange als
Kostenführerschaft zugehörig (asiatische Supply Chain). Doch Zara Spinner, bis sich die
strebt mit einem Viertel seines Fashion‐Sortiments nach Innovations‐ Sache durchgesetzt
führerschaft: Zara gelingt es, nachdem ihre Scouts weltweit modische hat.“
Hypes ausgemacht haben, bestimmte Textilien in weniger als 20 Tagen (M. Twain)
etikettiert in den Stores anzubieten. Dafür wurden Bestandteile der eu‐
ropäischen Supply Chain zurückgeholt (Backsourcing), um direkten Zu‐
griff auf die einzelnen Glieder dieser Lieferkette zu haben. Zara hat be‐
wusst in die Optimierung ausgewählter Warenströme investiert, um
maximale Geschwindigkeit in seinen Geschäftsprozessen zu erreichen.
Innovationsführer versuchen zeitgemäße Design Supply Chains aufzu‐ Design Supply
bauen, um sich einen frühen Marktzugang zu sichern. Zur Reduzierung Chains durch High
ihrer Time‐to‐Market sind sie bereit, größere Investitionen einzugehen. Speed
High Speed Supply Chains entstehen durch die Einbindung vor‐ und
nachgelagerter Wertschöpfungspartner, also durch die Einleitung verti‐
kaler Integrationsstrategien. Die Hersteller binden gern geeignete Mitar‐
beiter selektierter Lieferanten (Resident Engineers, vgl. S. 137 dieser
Schrift) in ihre Produktentwicklung ein, um langwierige Reibungsver‐
luste an den Schnittstellen („Iterationsschleifen“) zu vermeiden. Beson‐
ders im B2B‐ und im B2A‐Bereich integrieren manche Hersteller darüber
hinaus ausgewählte Kunden in ihre Entwicklungsteams, damit sie früh‐
zeitig ihre Aktivitäten auf deren Wünsche zuschneiden können.
53
A
Grundlagen
Informationen gewährt wird (Vendor Managed Inventory). Einen weite‐
ren Anreiz bietet der Hersteller seinem Kunden, wenn er ausgewählte
VMI‐Sachnummern zusätzlich als Konsignationsware führt. Der Kunde
bindet somit nicht nur weniger Kapital, er spart auch Transaktionskos‐
ten (weniger Schnittstellen) und Prozesskosten (weniger Personal) ein.
„Service bedeutet, Die Übernahme von Zusatzdiensten in der Supply Chain wird als Value
das Geschäft mit Added Services bezeichnet. Diese Mehrwertdienste erkennt der Kunde
den Augen der oftmals nicht auf den ersten Blick. In manchen Fällen werden Basis‐
Kunden zu sehen.“ dienste durch Zusatzleistungen erst besonders reizvoll, wenn dadurch
(Redewendung) die gesamte Dienstleistung aufgewertet wird. Der Dienstleister wird
zum echten Full‐Service‐Provider. Wenn diese Mehrwertdienste den
Kunden einen besonderen Nutzen stiften, intensiviert sich die Bindung
zu diesem Akteur. Supply Chain Dienstleister müssen zumeist schnell
reagieren und ihren Kunden verbrauchsorientierte Lösungen anbieten.
Added Services in der Supply Chain können durch Montage, Retour,
Sendungsverfolgung, Handling oder Reparatur erbracht werden.
Win‐Win‐ Der Reiz für den Kunden besteht darin, sich auf sein eigentliches Kern‐
Situation durch geschäft konzentrieren zu können. Unliebsame Zusatzaktivitäten wird
Zusatzleistungen er auf einen verlässlichen Partner auslagern, wenn sich dieser besonders
gut auf einem bestimmten Geschäftsfeld auskennt. Der Kunde macht
sich bewusst „schlanker“, er spart Personal und Kapazitäten ein. Ein
Lieferant bietet diesen Service dann gern an, wenn er ein Zusatzgeschäft
wittert: Erweist sich der Dienstleister beispielsweise im Warehouse Ma‐
nagement als verlässlicher Partner, bekommt er neben der eigentlichen
Lagerhaltung eventuell noch das Warenhandling (Etikettierung, Verpa‐
ckung) oder die Warenverteilung (Distribution) übertragen.
54
A.7
Primäre Strategietypen von Supply Chains
Supply‐Chain‐Risiken der Qualitätsführerschaft Abbildung A.10
Supply‐Chain‐Bereich Supply‐Chain‐Risiken (Auswahl)
‐ Komplexitätszunahme und Variantenspektrum
‐ Technologische Abhängigkeit
Design ‐ Unsichere Märkte, ungenaue Prognosen
‐ Mangelnde Abstimmung zwischen SC‐Bereichen
‐ Nicht planbare SC‐Kosten
‐ Beschaffungsmarktrisiken (z. B. Naturgewalten)
‐ Politische Unsicherheit
‐ Zollbeschränkungen
Beschaffung ‐ Lange Wiederbeschaffungszeit
‐ Fehlende Zertifizierungen der Lieferanten
‐ Qualitätsmängel der Lieferanten
‐ Lieferantenabhängigkeit und Preissteigerung
‐ Material‐, Personal‐ und Kapazitätsengpässe
‐ Interne und externe Prozessstörungen
Produktion ‐ Verzögerter Informationsfluss
‐ Hohe Ausschuss‐ und Nacharbeitsraten
‐ Fehlendes Qualitätsmanagement
‐ Mangelnde Absatzprognose
‐ Schlechter Servicegrad (Qualität, Quantität, Zeit)
Distribution ‐ Transportschäden und Havarie
‐ Warenbeschädigung
‐ Kundenausfall
‐ Hohe Retourkosten
Return ‐ Kundeninsolvenz
‐ Technologischer Wandel
Ship‐to‐Label‐
In einigen Branchen ist Qualitätsführerschaft besonders wichtig. Bei‐
Prozesse
spielsweise können Fehler in der Pharma Supply Chain (beispielsweise
55
A
Grundlagen
in der Life Sciences and Healthcare Supply Chain) sehr schwer wiegen‐
de Konsequenzen mit sich bringen, wenn beispielsweise die Kühlkette
von Impfstoffen oder zeitkritischer Radiopharmaka unterbrochen wird.
In diesem Cold Chain Management ist eine lückenlose Rückverfolgbar‐
keit von Chargen zwingend erforderlich. Nach dem Prinzip „Ship‐to‐
Label“ verlangen Behörden einen Nachweis darüber, dass betroffene
Produkte nicht nur mit der auf ihrer Verpackung genannten Temperatur
gelagert werden, sondern auch ihr Transport zwingend innerhalb einer
festgelegten Temperaturspanne erfolgt. Bei Abweichungen reagieren
Medikamente äußerst sensitiv: Es könnten sich ihre Molekularstruktu‐
ren verschieben, biochemische Reaktionen wären die Folge. Die Ver‐
braucher dieser Medikamente könnten ernste Gesundheitsschäden er‐
leiden.
„Man soll dem Leib In einer temperaturgeführten Lieferkette gelten somit aus gutem Grund
etwas Gutes bieten, für Gefriergut besonders restriktive Regeln, man spricht hier von einem
damit die Seele „Temperatur‐Mapping“:
Lust hat, darin zu
wohnen.“ In der Cold Supply Chain müssen spezielle Fahrzeuge (Kühltranspor‐
(W. Churchill) ter, die auch eine Einteilung in unterschiedliche Kühlzonen ermögli‐
chen) und Behälter eingesetzt werden, welche in der Lage sind, nied‐
rige und stabile Temperaturen über einen längeren Zeitraum zu ge‐
währleisten.
Der komplette Distributions‐ und Lagerungsprozess wird strengstens
überwacht (häufig unterstützt durch temperaturfühlende Sensorik,
wie Radiofrequenzsysteme).
An die Hygienemaßnahmen von Gefriergut werden höchste Ansprü‐
che gestellt.
Warenkontrollen erfolgen keinesfalls auf der Rampe, sondern stets im
Kühlraum.
Zunehmende Auch in der Lebensmittel‐Supply‐Chain (Food Chain) spielt die Char‐
Bedeutung von genrückverfolgung eine besonders wichtige Rolle, um eine dauerhafte
Food Chains Nahrungsmittelsicherheit gewährleisten zu können. Die Kunden ver‐
langen verstärkt den Entstehungsweg eines Produkts zurück zu seinem
Anfangspunkt verfolgen zu können. Das Motto lautet: „From the Farm
to the Forc“. Es entstehen ökologische Lieferketten, der Markt für „ethi‐
sche“ Produkte wächst beständig. Die betroffenen Supply Chain Akteu‐
56
A.8
Netzwerkkoordination in Supply Chains
57
A
Grundlagen
Differenzierung Bei Erfüllung dieser Merkmale lassen sich diverse Netzwerktypen iden‐
verschiedener tifizieren. Dazu zählen Reproduktionsnetzwerke, Innovationsnetzwerke,
Netzwerktypen Vermittlungsnetzwerke, Multiplikationsnetzwerke sowie Transport‐
netzwerke (vgl. Otto 2002, S. 229). Ein Reproduktionsnetzwerk beinhal‐
tet in der Regel die Abläufe von Supply‐Chain‐Aktivitäten. Allerdings
können sekundär auch die unten angeführten Netzwerktypen vorliegen.
Das Reproduktionsnetzwerk steht für die massenhafte und routinemä‐
ßige Fertigung materieller (Personal‐Computer oder Textilien) und im‐
materieller (Akten oder Rechnungen) Objekte. Die Akteure sind inner‐
halb der Reproduktionsnetzwerke fest und langfristig miteinander ver‐
knüpft.
F&E‐Affinität in Im Gegensatz dazu finden die Partner von Innovationsnetzwerken nur
Supply Chains punktuell zueinander. Sie sind in Form von Forschungs‐ und Entwick‐
lungsallianzen (High‐Tech‐Industrie) oder Beratungsprojekten anzutref‐
fen. Mit Hilfe von Innovationsnetzwerken werden insbesondere Arbeits‐
teilung, Know‐how‐Transfer und Kostensplitting anvisiert.
Kontaktierung Das wesentliche Anliegen der Vermittlungsnetzwerke besteht in der
Kontaktherstellung. Ein Beispiel dafür ist die Vermittlung des Personal‐
beraters zwischen Personalsuchenden und Arbeitssuchenden. Ähnlich
gestaltet sich die Kreditvermittlung. Das Arrangement der Akteure rich‐
tig sich auf spezifische Vermittlungszwecke aus.
2 + 2 = 5 Multiplikationsnetzwerke finden sich bei McDonalds, indem das Fran‐
chise‐System massenhaft über die Partner ausgerollt wird. Ähnlich ge‐
staltet sich das Prinzip beim Finanzdienstleister MLP: Die zentrale Idee
wird in möglichst identischer Form durch eine Vielzahl koordinierter
Agenten an aktuelle und potenzielle Marktpartner transferiert.
Distributionsnetz‐ Schließlich beschäftigen sich zum Beispiel Speditionen mit der Distribu‐
werke tion von Sammelgütern innerhalb der Transportnetzwerke. Diese
Netzwerkgattung dient primär zur physischen Überbrückung von Räu‐
men und Zeiten (verstanden als grundlegende Logistikfunktionen).
Arten von Supply Für eine Supply Chain bieten sich unterschiedliche Systematisierungs‐
Chain Netzwerken ansätze von Netzwerken an. Diesbezüglich benennen Gomm/Trumpfheller
strukturbezogene, ebenenbezogene und phasenbezogene Ansätze (vgl.
Gomm/Trumpfheller 2004, S. 50ff.). Diese Konzepte werden im Folgenden
näher beschrieben.
Strukturierungsei‐ Strukturbezogene Ansätze: Ein erstes Kriterium zur Typisierung von
genschaften Netzwerken stellt deren Größe dar. Diese hängt von der Anzahl an
Partnern, der Netzwerkdichte oder der räumlichen Ausdehnung ab.
58
A.8
Netzwerkkoordination in Supply Chains
Ebenenbezogene Ansätze: Im Grundsatz sind die Ebenen der ge‐ SCM als Element
samtwirtschaftlichen Makro‐Logistik, der einzelwirtschaftlichen Mik‐ der Meta‐Logistik
ro‐Logistik und der dazwischen liegenden Meta‐Logistik für eine Ty‐
pisierung von Netzwerken zu unterscheiden. Das Supply Chain Ma‐
nagement ordnet sich bei dieser Differenzierung innerhalb der
Netzwerk gerichteten Meta‐Logistik ein (vgl. Gomm/Trumpfheller 2004,
S. 51). Eine weitere Möglichkeit zur Strukturierung von Netzwerken
in Supply Chains stellt der SCOR‐Ansatz dar. Nach diesem Konzept
sind verschiedene Ebenen zu unterscheiden: Top‐Level, Configurati‐
on‐Level, Process‐Element‐Level sowie Implementation‐Level (vgl. S.
70).
Phasenbezogene Ansätze: Innerhalb der phasenbezogenen Konzepte Zyklusbezogene
kooperierender Unternehmen werden Entwicklungsschritte von SCM‐Konzepte
Supply Chains differenziert. So können die Stufen Initializing, Proces‐
sing und Reconfiguration durchschritten werden (vgl. Zajac/Olsen
1993, S. 139ff.). In der Initialisierungsstufe entwickelt jeder Partner
seine eigene Kooperationsstrategie. Außerdem sind erste Kommuni‐
kations‐ und Austauschprozesse zwischen Akteuren zu identifizieren
(zum Beispiel werden Basisnormen vorgegeben). Anschließend wer‐
den unter Processing sämtliche Tätigkeiten des formalen und infor‐
malen Austauschs gefasst. Diese dienen der Konfliktregulierung so‐
wie des Vertrauensaufbaus. Schließlich meint eine Rekonfigurierung
die Bewertung der erzielten Ergebnisse einer Zusammenarbeit, die
zur Beendigung, Anpassung oder unveränderten Fortführung der
Austauschprozesse führen kann.
59
A
Grundlagen
A.8.2 Netzebenen
Partialnetzwerke Für ein Supply Chain Management sind Güternetze, Informationsnetze,
Sozialnetze, Institutionelle Netze und Finanznetze zu unterscheiden
(vgl. Gomm/Trumpfheller 2004, S. 54ff.; Otto 2002, S. 248ff.). Diese einzel‐
nen Ebenen werden synonym als Partialnetze bezeichnet. Sie stehen in
einem ständigen Interaktionsprozess zueinander.
Physische logisti‐ Ein Güternetz berücksichtigt logistische Kernaktivitäten wie Transport,
sche Kernattribute Handling, Kommissionieren, Sortieren, Lagern, Verpacken und Signie‐
ren. Dadurch decken Güternetzwerke Zeit‐, Raum‐, Mengen und Sor‐
tenänderungen ab. Der Übergang zu den Informationsnetzwerken ge‐
staltet sich, durch die Zuhilfenahme von Informations‐ und Kommuni‐
kationssystemen, fließend.
IT‐ und Kommuni‐ Die Informationsnetze (auch „Datennetze“ genannt) umfassen sämtli‐
kationsnetzwerke che IT‐Systeme im engen Sinn. Neben Computernetzen zählen dazu
weitere Kommunikations‐ (Post, Fax, Telefon) und Informationsnetze.
Ceteris paribus steigen mit der Kompliziertheit von Supply‐Chain‐
Prozessen die Anforderungen an die Informations‐ und Kommunikati‐
onssysteme. Als Basismedien stehen Telefon, Fax und Internet für einfa‐
che Abläufe zur Verfügung. Besonders komplexe Netzwerke werden
über kollaborative Lösungen gesteuert (z. B. EDI, Web‐EDI).
„Ich habe nichts Menschen gewährleisten den Aufbau und den Zusammenhalt einer
gegen Menschen Supply Chain (Sozialnetz). Innerhalb des Sozialnetzes spielen sich fach‐
als solche, meine liche und persönliche Beziehungen der beteiligten Akteure ab. Doch
besten Freunde nicht nur fachliches Wissen wird zwischenmenschlich ausgetauscht.
sind welche…“ Soziale Netze beinhalten ebenso emotionale Bindungen und Gefühle.
(Blumfeld) Beispielsweise kann es zwischen den Menschen zu derart angespannten
Situationen kommen, dass Supply Chains im Extremfall aufgelöst wer‐
den (Belastungsverhältnis). Eine wesentliche Komponente sozialer
Netzwerke stellt das Vertrauen der Partner dar.
Unternehmenszu‐ Institutionelle Netzwerke zeichnen sich durch Kooperationsverträge,
sammenschluss Kapitalbeteiligungen und Director Interlock aus. In den Kooperations‐
entscheidet über verträgen sind die Rechte und die Pflichten der Akteure einer Supply
Bindungsintensität Chain niedergeschrieben. Außerdem finden zwischen den Partnern
teilweise Kapitalverflechtungen statt (zum Beispiel gegenseitiger Ak‐
tienbesitz). Schließlich betrifft ein Director Interlock institutionelle
Netzwerke. Darunter wird der Austausch von Aufsichtsräten und weite‐
rer hochrangiger Persönlichkeiten innerhalb der Supply Chain verstan‐
den. Die institutionellen Verbindungen sind im Konzern sehr ausge‐
60
A.8
Netzwerkkoordination in Supply Chains
A.8.3 Netzkompetenz
Insbesondere Pfohl (vgl. Pfohl 2004; ähnlich Dominik/Hermann 2007) pro‐ Pallas Athene,
tegiert in dem „Athene‐Projekt“ (Applied Theories Enabling Network Göttin der Weisheit
Excellence) die Untersuchung von Netzkompetenzen innerhalb der und der Strate‐
Supply Chain. Darunter ist die räumliche wie zeitliche Abstimmung und gie…
Verbindung weltweit verstreuter Akteure einer Supply Chain zu verste‐
hen. Im Rahmen des „Athene‐Projekts“ filtrieren sich logistische Kom‐
petenzen von Organisationen hinsichtlich ihrer Material‐, Informations‐,
Finanz‐ und Beziehungsströme heraus (vgl. Pfohl 2004, S. 3).
Der Ansatz um Netzkompetenzen beschreibt die Optimierung koopera‐ Weiterentwicklun‐
tiver Beziehungen im Partnergeflecht. Im Gegensatz zum „Resource‐ gen des Resource‐
Based‐View“ (vgl. S. 101) fußen die Überlegungen zu Netzkompetenzen Based‐View
auf Austauschbeziehungen und dem Grundsatz des Teilens. Ressour‐
61
A
Grundlagen
62
A.9
Materialflussanalysen in Supply Chains
A.9.1.1 Systemdefinition
In einer Materialflussanalyse ist das zu erfassende System zunächst
räumlich und zeitlich abzugrenzen, um die Interpretationsspielräume
im Logistiknetzwerk einzudämmen:
63
A
Grundlagen
Systemelemente Die Systemdefinition bezieht sich indessen auch auf die Elemente des
definieren Systems, die mit diesem interagieren. Darunter fallen Infrastrukturen
(Wege, Flächen, Gebäude) ebenso, wie Material‐ und Informations‐
flussmittel (Lagerhaltungsequipment, Informationstechnologie). Ferti‐
gungsspezifische und logistische Prozesse finden diesbezüglich gleich‐
ermaßen Berücksichtigung.
Materialien bilden Die systemrelevanten Elemente stellen natürlich die Materialien selbst –
den Kern der und die sie umgebenden Informationen – dar. Dennoch unterscheiden
Analyse sich die Materialien von ihrer Gewichtung. Mit Hilfe der ABC‐Analyse
werden speziell diejenigen Materialien filtriert, welche repräsentativ
sind und nachhaltigen Einfluss auf Umsatz oder Kosten ausüben. Ge‐
mäß der XYZ‐Analyse, können die Materialien auch nach ihrer Forecast
Accuracy untergliedert sein. Unter Abschnitt D.2 (vgl. S. 268) werden
diese Inhalte näher beleuchtet.
A.9.1.2 Materialflusserfassung
Materialflüsse Erst nach der vollständigen Definition des zu analysierenden Systems
erfassen und erfolgt die Erfassung jedweder Materialflussbewegungen. Sie stellen
verstehen sich als Transport‐ oder Lagerbewegungen dar. Indem sich bewegende
und ruhende Materialien ermittelt werden, lässt sich die tatsächliche
Richtung und Größe der Materialflüsse räumlich, zeitlich, kosten‐ und
mengenmäßig erfassen. Dabei können die Daten zur Materialflussanaly‐
se sowohl primär als auch sekundär (oder in Kombination) erhoben
werden. Unabhängig von der gewählten Vorgehensweise sind zum Bei‐
spiel folgende Fragen zu klären:
„Warum wird gelagert und transportiert?“
„Was und wie viel wird eingelagert und transportiert?“
„Woher und wohin wird transportiert?“
„Womit und wie wird gelagert und transportiert?“
„Wann und wie lange wird gelagert und transportiert?“
64
A.9
Materialflussanalysen in Supply Chains
65
A
Grundlagen
Strukturelle Auf diese Weise stellt die Supply Chain ein netzwerkartiges System dar,
Parameter der das sich durch Transportbewegungen und Leistungsstellen definiert. Die
Supply Chain strukturelle Ausgestaltung der Wertschöpfungskette leitet sich aus den
jeweiligen Materialflüssen ab. Doch auch die Quellen und Senken um‐
fassen mit ihrem Standort, ihrer Funktion und ihrer Anzahl die Struk‐
turparameter der Supply Chain (vgl. Haasis 2008, S. 62ff.).
Kombiniert quali‐ Qualitative Strukturdarstellungen können um quantitative Attribute
tativ‐quantitative erweitert sein. Dann werden der zeitliche und der mengenmäßige Fluss
Materialflussana‐ von Materialien durch das logistische Gesamtsystem aufgezeigt. Somit
lyse wandelt sich die reine Struktur‐ zur Prozessanalyse. Dadurch werden
Materialflussmengen pro Zeitintervall und Materialflussintensitäten
zwischen Quellen und Senken sichtbar. Sie stellen sich als kumulierte
Hochrechnungen statistischer Ausgangsmassen dar, die in eine selbe
Richtung verlaufen. Zuvor ermittelte Durchsätze (wie „Tonnen pro Zeit‐
einheit“) werden jetzt als Leistungsgrößen für komplette Materialflüsse
66
A.9
Materialflussanalysen in Supply Chains
67
A
Grundlagen
Wesentliches auf Aber auch zur Darstellung interner Materialflüsse eignet sich das
einen Blick erfas‐ Sankey‐Diagramm. Gerade die layoutgerechte Variante erzeugt eine
sen hohe Transparenz, indem die Bedeutung der einzelnen Materialflüsse in
der Supply Chain durch Pfeile wiedergegeben ist. Die Stärke dieser
Pfeile kann proportional zur Durchsatzmenge ins Verhältnis gesetzt
werden. Abbildung A.11 verdeutlicht diesen Kontext. Zum Beispiel
versorgt die Produktion das Fertigwarenlager mit 40 Einheiten und
empfängt von diesem gleichsam 3 Einheiten (vgl. Arnold/Furmans 2007, S.
243ff.; Gienke/Kämpf 2007, S. 377ff.; Grundig 2014, S. 120ff.).
Abbildung A.11 Materialflussmatrix und Sankey‐Diagramm
Materialflussmatrix Sankey‐Diagramm (Layoutgerecht)
Tonnage/Monat Nach (Senke) Rohstofflager
5
(A) (B) (C) (S)
Von (Quelle)
(A) Beschaffungslager 37 8 45 Produktion
Planung und Strategische Netzwerkgestaltung: Durch die Heranziehung einer Ma‐
Modellierung der terialflussanalyse werden beteiligte Akteure zur kritischen Analyse ih‐
Materialflüsse rer Lieferkette gezwungen. Vernetzte Materialflüsse sind zu simulie‐
ren, um ein verbessertes Gesamtergebnis im Netzwerk zu erreichen.
68
A.9
Materialflussanalysen in Supply Chains
In Kombination mit modernen Informationssystemen, kann die Mate‐
rialflussanalyse zu einem wichtigen Werkzeug für das Supply Chain
Design und Planning (vgl. S. 87 dieser Schrift) avancieren.
Doch kennt natürlich auch eine Materialflussanalyse Grenzen. Nachste‐ Grenzen
hend finden sich einige dieser Schwierigkeiten von Materialflussanaly‐
sen in Stichpunkten:
Fehlende Nachhaltigkeit und Vergangenheitsbezug: Es mangelt der Vergangenheits‐
Materialflussanalyse an Nachhaltigkeit, wenn sie dem Diktat der ein‐ werte in die Zu‐
maligen Anwendung unterworfen ist. Auch der daraus resultierende kunft projizieren
Aufwand würde kaum die Ergebnisse rechtfertigen, die man sich mit
ihrer Anwendung verspricht. Speziell vor dem Hintergrund der dy‐
namischen Entwicklung von Materialflüssen wären einmalige stati‐
sche Momentaufnahmen wenig zielführend.
69
A
Grundlagen
Geschwätz von Ex‐Post‐Betrachtung: Schließlich leiten sich Simulationen von Materi‐
gestern…? alflüssen aus Werten der Vergangenheit ab. Interessanter wären aber
zukunftsgerichtete Analysen von Materialflüssen.
A.10.1 SCOR-Modell
A.10.1.1 Grundlagen
Historie und all‐ Das SCOR‐Modell (Supply‐Chain‐Operations‐Reference‐Model) wurde
gemeiner Hinter‐ mit der Zielsetzung aufgestellt, die Abläufe innerhalb einer Supply
grund Chain zu standardisieren (vgl. www.supply‐chain‐org.; Bolstorff et al. 2008;
Cohen/Roussel 2006; Poluha 2016). Den Grundstein dazu legte 1996 der
Supply Chain Council (SCC): Die beiden Beratungsgesellschaften Pittiglio
Rabin Todd & McGrath (PRTM) sowie Advanced Manufacturing Research
(AMR) schufen – gemeinsam mit 69 Unternehmen unterschiedlicher
Branchen – in Pittsburgh (USA) den Council. Bereits 1997 wurde der
SCC in Pennsylvania in das Handelsregister aufgenommen. Dieser Ver‐
bund ist ein unabhängiger, nicht‐gewinnorientierter Verein, der das
SCOR‐Modell fördern und ständig weiterentwickeln möchte. Die Tätig‐
keiten im Council werden durch Mitgliedsbeiträge finanziert. Mittler‐
weile gehören dem Council über 1.500 Mitglieder an. Die Teilnahme an
diesem Verbund ist, gegen Zahlung einer geringen Gebühr, grundsätz‐
lich möglich. In diesem Council finden sich beispielsweise BASF, Black &
Decker, Dow Chemical, Federal Express, General Electric, IBM, Merck, Mo‐
torola, Procter & Gamble, SAP oder Xerox.
70
A.10
Gestaltungsmodelle des Supply Chain Managements
Im Kern ist das SCOR‐Modell ein idealtypischer und über die Branche Grundsätzliche
greifender Ansatz, in dem die Abläufe innerhalb der Supply Chain von Charakterisierung
den Partnern einheitlich beschrieben werden. Mit Hilfe von Kennzahlen
sind die Abläufe in den standardisierten Lieferketten zu messen. Außer‐
dem finden sich in dem Konzept Anforderungen an die eingesetzte
Software, inklusive einer Beschreibung ihrer Funktionalitäten (Soft‐
waredatenbank). Aktuell ist die SCOR‐Version 12.0 im Einsatz. Das Mo‐
dell befindet sich jedoch in kontinuierlicher Weiterentwicklung, wobei in
recht rascher Abfolge Updates der eingesetzten Software erfolgen. Die
Mitglieder im Supply Chain Council haben bereits circa sechs Monate vor
der offiziellen Veröffentlichung einer neuen Softwaregeneration Zugang
zur neuen Version.
Als Prozessreferenzmodell erstreckt sich der Ansatz über die komplette SCOR strebt nach
Supply Chain: Von der Source of Supply bis zum Point of Consumption. Standardisierung
Die Abläufe sind konfigurierbar: es werden unterschiedliche Alternati‐
ven eines gleichen Prozesses abgebildet. Dadurch entsteht eine normier‐
te Sprache für interne und externe Kommunikationsprozesse innerhalb
der Wertschöpfungskette. Dies ist eine wichtige Voraussetzung für den
Leistungsvergleich zwischen den Partnern.
A.10.1.2 Prozessstufen
Das idealtypische Referenzmodell ist von hierarchischer Struktur und Vier prägende
beinhaltet vier verschiedene Ebenen („Level“). Im Fortgang zwischen Modellstufen
den einzelnen Stufen nimmt der Grad an Konkretisierung ständig zu.
Diese Entwicklungsstufen stellen Top‐Level, Configuration‐Level, Pro‐
cess‐Element‐Level und Implementation‐Level dar. Diese verschiedenen
Stufen werden nachstehend gekennzeichnet. Abbildung A.12 zeigt die‐
sen Zusammenhang auf.
Planen (Plan): In der Supply Chain sind zunächst die Angebots‐ und Generische Pla‐
die voraussichtlichen Nachfragestrukturen zu planen. Dazu werden nung
Lieferquellen bewertet, Nachfrageanforderungen ermittelt, Bestände
71
A
Grundlagen
geplant, Anforderungen an die Produktion und den Vertrieb gestellt,
Materialien definiert oder Kapazitäten im Mengengerüst abgeglichen.
Außerdem ist die „Infrastruktur“ der Planung festzuschreiben. Dies‐
bezüglich sind Entscheidungen hinsichtlich Make‐or‐Buy, Einlauf‐
und Auslaufsteuerung oder Commodity‐Struktur zu treffen.
Output Liefern (Deliver): In der Prozesskategorie „Deliver“ finden sich Maß‐
nahmen, die zur Befriedigung der Kundennachfrage dienen. Hier
werden die Kundenaufträge verwaltet (Bestellerfassung, Fakturie‐
rung, Inkassowesen), Lager bewirtschaftet (Kommissionierung, Ver‐
packung, Versand) und Waren distribuiert (Fleet‐Management, In‐
coterms, Frachtwesen).
Re‐Logistics Zurückführen (Return): Schließlich umfasst dieser Kernprozess sämt‐
liche administrativen Tätigkeiten, welche mit der Rückgabe von Roh‐
stoffen (an Lieferanten) oder dem Empfang rückgeführter Fertigwaren
(von Kunden) verbunden sind. So deckt Return den Rückfluss defek‐
ter Produkte oder überschüssiger Artikel ab (Re‐Logistics). Auch un‐
gängige Sachnummern fallen unter die Rubrik „Return“.
72
A.10
Gestaltungsmodelle des Supply Chain Managements
Plan: „Findet ein Outsourcing von Tätigkeiten statt?“. „Wie kann die
potenzielle Nachfrage festgestellt werden?“.
Source: „Liegt eine Pull‐Steuerung vor?“. „Handelt es sich bei der zu
beschaffenden Ware um ein Katalogteil?ʺ.
Make: „Fertigen wir in Masse?“. „Können die Fertigungsanlagen rasch
umgerüstet werden?“.
Die Standardmodule der Toolbox können in einer Matrix dargestellt Primäre Prozessty‐
werden. Horizontal sind die fünf Prozesskategorien Plan, Source, Make, pen von SCOR
Deliver und Return abgetragen. Vertikal finden sich in der Matrix drei
unterschiedliche Prozesstypen: Planning, Execution und Infrastructure.
Durch die Interaktion der Prozesskategorien Plan (P), Source (S), Make Configuration
(M), Deliver (D) und Return (R) mit den Prozesstypen Planning, Execut‐ Toolbox
ion sowie Infrastructure entsteht eine zweidimensionale Matrix. Sie wird
von dem Supply Chain Council als Configuration Toolbox bezeichnet
(vgl. Abbildung A.12). Bei näherer Betrachtung der Matrix fällt auf, dass
der Prozesstyp Execution weiter untergliedert ist. Im Rahmen der Aus‐
führungsprozesse wird folgende Differenzierung vorgenommen in:
73
A
Grundlagen
Make: “Make‐to‐Stock”, “Make‐to‐Order”, “Engineer‐to‐Order”.
Deliver: “Stocked‐Product”, “Make‐to‐Order‐Product”, “Engineer‐to‐
Order‐Product”.
Return: “Source‐Return”, “Deliver‐Return”.
Alles kommt auf Aus diesen Hauptfeldern der Toolbox wählen Organisationen die für sie
den Prüfstand zutreffenden Prozessketten aus. Im Kern findet eine Spezifizierung der
Problemstellung statt. Jedes Unternehmen erhält so seine geeignete Kon‐
figuration. Dadurch werden defizitäre Bereiche offen gelegt: Die Tool‐
box trägt zur Identifikation von Redundanzen in der Supply Chain bei.
Abbildung A.12 SCOR‐Toolbox (Ebene 2)
Planning P1 Plan Supply Chain
Customers
Suppliers
Execution
Source Return Deliver Return
R1 Return Defective Product R1 Return Defective Product
R2 Return MRO‐Product R2 Return MRO‐Product
R3 Return Excess Product R3 Return Excess Product
Infrastructure
Legende: MTS = Make‐to‐Stock MTO = Make‐to‐Order
ETO = Engineer‐to‐Order MRO = Maintenance, Repair and Overhaul
74
A.10
Gestaltungsmodelle des Supply Chain Managements
Herstellaktivitäten terminieren („M3.1“),
Material ausgeben („M3.2“),
Herstellung und Überprüfung („M3.3“),
Packen („M3.4“) und
Produkt bereitstellen („M3.5“).
75
A
Grundlagen
Abbildung A.13 Kausalkette (Ebene 3)
(P) Produktionsplan (M) Auffüllsignal Herstellen
(D) Auffüllsignal Liefern (S) Auftragsüberhang
(M)(S) Bestand
76
A.10
Gestaltungsmodelle des Supply Chain Managements
Regelkarte (Ebene 3) Abbildung A.14
Prozesskategorie: Prozessnummer: M3
Engineer‐to‐Order
Prozesselement: Prozesselementnummer: M3.3
Herstellung/Überprüfung
Prozesselementdefinition: Die Aktivitäten, die vorgenommen werden, um Rohma‐
terial in den Endzustand zu überführen. Es stehen Pro‐
zesse in Verbindung mit der Validierung der Produkt‐
leistung, um deren Übereinstimmung mit den Spezifika‐
tionen und Anforderungen sicherzustellen.
Leistungsmerkmale Kennzahlen
Flexibilität/Reaktionszeit ‐ Gesamte Reaktionszeit
‐ Neuplanungszyklus
Kosten ‐ Garantiekosten
‐ Beschäftigte in der Produktion
‐ Kapitalumschlag
‐ Wertschöpfung
Liefertreue/Qualität ‐ Kosten für Ausschuss und Nacharbeit
‐ Qualitätsniveau
‐ Fehlerrate im Prozess
Kapital ‐ Training und Ausbildung
‐ Kapazitätsauslastung
‐ Cycle Time
77
A
Grundlagen
Kundenwunschliefertreue (On Time Delivery to Request): Nach SCOR
misst dieser KPI den Prozentsatz pünktlich an Kunden ausgelieferter
Bestellungen (bezogen auf den ursprünglich gewünschten Lieferter‐
min).
Produktionssteigerungsflexibilität (Upside Production Flexibility): Zeit
in Tagen, die Organisationen benötigen, um eine ungeplante Nachfra‐
gesteigerung von 20% zu erfüllen.
78
A.10
Gestaltungsmodelle des Supply Chain Managements
Kapitalumschlag (Asset Turns): Anzahl jährlicher Lagerumschläge.
Die Performance Measurement Group (PMG) führte bezüglich dieser aufge‐ Supply Chain
listeten Kennzahlen ein funktionales Benchmarking durch (vgl. Co‐ Benchmarks
hen/Roussel 2006, S. 286ff.; Poluha 2016; www.pmgbenchmarking.com). PMG
ist eine Tochtergesellschaft von PRTM. An dem Benchmarking nahmen
170 Unternehmen verschiedener Branchen teil. Zur Anonymisierung der
Organisationen fand eine Verdichtung der erhobenen Daten in die fünf
Segmente Computer/IT, Industrie, Telekommunikation, Chemie und
Versandhandel statt. Das Benchmarking erstreckte sich ursprünglich
über die Jahre 1999 bis 2000, und es wurde im Jahr 2017 aktualisiert (hier
die neuen Zahlen).
Hauptkennzahlen von SCOR Abbildung A.15
Kundenwunschliefertreue
Liefertreue zum bestätigten Termin
Auftragsabwicklungszeit
Produktionssteigerungsflexibilität
Supply‐Chain‐Kosten
Cash‐to‐Cash‐Cycle
Bestandsreichweite
Kapitalumschlag
79
A
Grundlagen
Kundenwunschlie‐ Obwohl es aus der Studie nicht explizit hervorgeht, ist anzunehmen,
fertreue dass sich der Kundenwunschliefertermin dieses Benchmarkings auf
externe Kunden bezieht (und nicht auf Intercompany‐Lieferungen). Ein
Wert des Best‐in‐Class nahe 100% überrascht nicht. Eher verwundert,
dass im Durchschnitt beispielsweise in der Industrie die Kennzahl „On
Time Delivery to Request“ nur 68,90% beträgt.
Liefertreue zum Ähnliches gilt für den KPI „On Time Delivery to Commit“ (Liefertreue
bestätigten Termin zum bestätigten Termin). Wiederum an der Industrie gemessen, errei‐
chen durchschnittliche Organisationen eine Liefertreue von 72,00%. Die
Definition dieser Kennzahl ist jedoch mit Problemen behaftet. Nach
SCOR misst sie den Prozentsatz der bearbeiteten Aufträge, die zeitge‐
recht, oder vor dem eigentlich festgelegten Liefertermin erledigt wurden.
Penaltys (Strafpunkte) werden folglich nur für diejenigen Auslieferun‐
gen vergeben, welche verspätet eintreffen. Doch auch deutlich verfrühte
Warenankünfte stellen den Kunden zum Teil vor größere Schwierigkei‐
ten. Wenn beispielsweise eine Schiffsladung mit Düngemittel den Ab‐
nehmer drei Tage zu früh erreicht, muss dieser kurzfristig einen geeig‐
neten Lagerplatz für die Waren finden.
Bewusste Verlang‐
Zur Lösung dieses Problems bietet sich ein logistisches Postponement
samung der Pro‐
an, indem ein Sendungsverfolgungssystem (Tracking‐and‐Tracing) ein‐
zesse
gesetzt wird: Zum Beispiel unterstützt durch den „Event‐Manager“ von
SAP auf Basis moderner Sensorik. Außerdem wäre es aussagekräftiger,
nicht gesamte Aufträge, sondern vielmehr einzelne Positionen pro Auf‐
trag zu messen (Verbesserung der Granulierung).
80
A.10
Gestaltungsmodelle des Supply Chain Managements
Die Flexibilität zur Steigerung der Produktivität ist wichtig, um rasch Produktionssteige‐
auf unerwartete Kundenbedarfe reagieren zu können. Best‐in‐Class‐ rungsflexibilität
Unternehmen geben an, einen plötzlichen Nachfrageschub von 20% in
nur wenigen Tagen erfüllen zu können. Beispielsweise behauptet der
Primus im Segment Computer/IT, lediglich 4,30 Tage zur Deckung der
Nachfrage zu benötigen.
Dadurch wird der „Forrester‐Effekt“ deutlich gelindert (vgl. S. 47). In Von Forrester zum
diesem Kontext ist allerdings zu beachten, dass Forrester seinerzeit empi‐ Bullwhip
risch feststellte, dass Organisationen Ende der 50er Jahre des letzten
Jahrtausends circa ein Jahr zur Befriedigung eines plötzlichen Nachfra‐
geschubs von 10% benötigten. Die Upside Production Flexibility hinge‐
gen wurde nicht empirisch bestimmt. Die angegebenen Zahlen der be‐
81
A
Grundlagen
Gesamte Supply Aus dem Benchmarking geht hervor, dass durchschnittliche Organisati‐
Chain Kosten onen, je nach Branchenzugehörigkeit, zwischen 8,30% und 11,20% ihrer
Umsätze zur Abwicklung ihrer Supply Chain Aktivitäten verwenden.
Zum Beispiel betragen die Supply Chain Kosten im Bereich der Tele‐
kommunikation im Durchschnitt 8,30% des Umsatzes. Der Branchen‐
primus behauptet, dass nur 3,30% seines Umsatzes an Supply Chain
Kosten anfielen.
Hinkende Kenn‐ Wenn sich externe Organisationen an diesen Werten messen wollen, sei
zahlenvergleiche Vorsicht angebracht: Aus der Definition der Supply Chain Kosten geht
hervor, dass sich diese aus Auftragsmanagement (Verwaltung von Kun‐
denaufträgen, Distributionskosten, Rechnungsstellung), Materialbe‐
schaffungskosten (Qualitätsentwicklung Lieferant, Wareneingangskon‐
trolle), Lagerhaltungskosten (Opportunitätskosten, Wertberichtigungen),
Finanzierungskosten, Planungskosten und IT‐Kosten zusammensetzen.
Während die ersten drei Einflussgrößen vermutlich zu 100% in die Be‐
rechnung eingehen, bleibt zu hinterfragen, mit welchem Prozentsatz
Finanzierungs‐, Planungs‐ und IT‐Kosten in die Kalkulation fließen. In
letzter Konsequenz klärt wohl nur die innerbetriebliche Leistungsver‐
rechnung über diese Werte auf. Doch sind diese Verrechnungssätze
individuell pro Organisation festgelegt und somit für Dritte nicht ein‐
sehbar (Proportionalisierungsfaktoren). Also würden wohl Äpfel mit
Birnen verglichen, sollte eine Messung mit diesen erzielten Prozentwer‐
ten „blind“ erfolgen.
82
A.10
Gestaltungsmodelle des Supply Chain Managements
Ein Cash‐to‐Cash‐Cycle (vgl. Heesen 2012; Pfohl 2010, S. 221; Weber et al. Liquiditätskreislauf
2007) ist ein Kapitalelement der Supply Chain. In seine Bestimmung berechnen
fließen Änderungen von Beständen, Forderungen und Verbindlichkeiten
ein. Die Vorratshöhe leitet sich insbesondere aus beschaffungs‐ und
produktionslogistischen Maßnahmen ab. Über den Umschlag von For‐
derungen und Verbindlichkeiten entscheiden vertragliche Rahmenver‐
einbarungen, die zwischen Lieferanten und Kunden abgeschlossen wer‐
den. Die Zahlen des Benchmarkings belegen, dass der Liquiditätskreis‐
lauf durchschnittlich zwei bis drei Monate beträgt. Er berechnet sich aus
der Addition von Debitorentagen (Days Sales Outstandig) und Lager‐
reichweite (Days on Hand), abzüglich der Kreditorentage (Days
Payables Outstanding). Der Wert soll natürlich möglichst gering sein, im
Idealfall sogar negativ.
Der Cash‐to‐Cash‐Cycle spiegelt die Machtverhältnisse innerhalb einer „Money, get away,
Supply Chain. Organisationen streben nach raschem Zahlungseingang you get a good job
und niedrigen Beständen. Die Lieferanten werden möglichst spät be‐ with more pay and
zahlt, um durch sie ein zinsloses Darlehen zu erhalten (quasi als Vorfi‐ you’re okay…”
nanzierung). Beispielsweise beträgt der Cash‐to‐Cash‐Cycle in der Che‐ (Pink Floyd)
mie im Durchschnitt 91,20 Tage, also ungefähr drei Kalendermonate.
Daraus resultieren für die betroffenen Organisationen erhebliche Oppor‐
tunitätskosten.
83
A
Grundlagen
Aus dem Benchmarking geht hervor, dass die Akteure aus der Industrie
Bestandsreichwei‐ im Durchschnitt eine Lagerreichweite (Inventory Days of Supply) von
ten klein halten 79,50 Tagen aufweisen. Organisationen der Telekommunikation verfü‐
gen über Bestände, welche sich mehr als vier Monate nicht umschlagen
(Slow Mover). Die Best‐in‐Class‐Organisation aus dem Feld Versand‐
handel kommt mit einer Bestandsreichweite von lediglich 10,90 Tagen
aus. Interessant wäre der Aufbruch der Lagerreichweite nach Geschäfts‐
bereichen, eine Information, die aus diesem Benchmarking leider nicht
hervorgeht.
84
A.10
Gestaltungsmodelle des Supply Chain Managements
mit 79,50 Tagen Reichweite ergeben 373,65 Tage. Die Abweichung zu
den tatsächlichen Kalendertagen ist zu vernachlässigen.
Der Reiz dieses Benchmarkings liegt darin, dass externe Betrachter ein „Wenn du deinen
„erstes Gefühl“ zur Bewertung ihrer eigenen Supply‐Chain‐Prozesse Feind kennst und
erhalten. Dennoch bleiben viele Fragen unbeantwortet: Es ist zwar dich selbst, musst
durchaus interessant zu wissen, dass der Best‐in‐Class in der Chemie du auch 100
15,30 Net Asset Turns jährlich bewältigt. Doch welche Fähigkeiten kata‐ Schlachten nicht
fürchten.“
pultieren ihn in die Position des Klassenbesten? Der Weg in eine Best‐
(Sunzi)
Practice‐Situation wird nicht aufgezeigt. Ferner bleibt offen, welche
Organisation sich hinter dem Besten verbirgt. Schließlich ist auch die
Spannweite zwischen Best‐in‐Class und Worst‐in‐Class verdeckt.
85
A
Grundlagen
Ferner können die Partner von den Best‐Practices lernen und dadurch
vielleicht auch selbst die Stages‐of‐Excellence durchschreiten.
Es ist bei einer instabilen Kooperationsbasis im Netzwerk kaum an‐
wendbar, weil es eine gewisse Kontinuität verlangt.
A.10.2.1 Grundlagen
Software‐Modell Basierend auf den Überlegungen des Supply Chain Councils, entwickel‐
auf Basis von ten die beiden Fraunhofer‐Institute IML („Fraunhofer‐Institut für Mate‐
SCOR rialfluss und Logistik“) aus Dortmund und IPA („Fraunhofer‐Institut für
Produktionstechnik und Automatisierung“), ansässig in Stuttgart, ge‐
meinsam mit dem „Zentrum für Unternehmenswissenschaften“ der
Eidgenössischen Technischen Hochschule Zürich ein SCM‐Referenz‐
und Aufgabenmodell (vgl. insbesondere Hellingrath et al. 2008, S. 99ff.;
ähnlich Kuhn/Hellingrath 2013). Das von Hellingrath et al. erarbeitete
Konzept zerlegt den SCOR‐Ansatz, und es misst jedem Level spezifische
Anforderungen von SCM‐Software‐Modellen bei. Somit kann dieses
Aufgabenmodell als Grundlage für die Auswahl von Softwarealternati‐
ven für das Supply Chain Management verstanden werden.
Software‐Anbieter Mögliche Anbieter von Supply Chain Software sind Agilisys, Axxom,
im SCM Demand Solutions, Descartes, DynaSys, Icon‐SCM, J. D. Edwards, Manhattan
Associates, Manugistics, Mapics, Oracle und SAP. Die meisten dieser Soft‐
ware‐Hersteller werden in einem „Marktspiegel“ von Busch et al. (vgl.
86
A.10
Gestaltungsmodelle des Supply Chain Managements
Busch et al. 2003) einer näheren Untersuchung unterzogen. Die Bewer‐
tung der unterschiedlichen Software‐Lösungen bezieht sich nach Busch
auf Funktionstiefe, unterstützendes Betreibermodell, Datenbanksystem,
Datenübertragung, Lizenzkosten und Support nach Implementierung.
Das Aufgabenmodell nach Hellingrath et al. umfasst drei Hauptebenen: Hauptebenen des
Gestaltung (Supply Chain Design), Planung (Supply Chain Planning) Modells
und Ausführung (Supply Chain Execution). Abbildung A.16 visualisiert
diesen Zusammenhang. Der Schwerpunkt der Überlegungen richtet sich
auf die Planungsstufe aus. Sie ist in verschiedene Planungsinhalte zer‐
legt. Im Folgenden werden die drei Referenzebenen des Aufgabenmo‐
dells näher charakterisiert (vgl. Hellingrath et al. 2008, S. 104ff.).
Aufgabenmodell für SCM‐Software‐Systeme Abbildung A.16
Design
Netzwerk
Bedarfsplanung Planning
Netzwerkplanung
Beschaffung, Produktion, Distrib.
Order Promising
Feinplanung Beschaffung, Produktion, Distrib.
Auftragsabwicklung
Execution
Transport Produktion Lager
Event‐Management
87
A
Grundlagen
88
A.10
Gestaltungsmodelle des Supply Chain Managements
A.10.2.4 Bedarfsplanung
Die primäre Aufgabe der Bedarfsplanung besteht in lang‐, mittel‐ und Schwankungen in
kurzfristigen Prognosen sämtlicher Bedarfe kollaborativer Akteure. Im den Abrufen er‐
B2B‐Geschäft basiert die Bedarfsplanung auf den Kundenabrufen. Wenn schweren die Be‐
die Abnehmer ihre Bestellungen nicht laufend revidieren, gestaltet sich darfsplanung
eine derartige Bedarfsplanung gut strukturierbar. Für eine B2C‐
Abwicklung hingegen gelten andere Spielregeln. Die Kaufentscheidung
ultimativer Endverbraucher hängt von vielen Einflussfaktoren ab. Be‐
sondere Schwierigkeiten sind saisonalen oder modischen Geschäftspro‐
zessen immanent. Diese Bedarfsschwankungen betreffen zum Beispiel
die Konsumgüter‐ und die Bekleidungsindustrie (Fashion Supply
Chain). Eine Bedarfsplanung befindet sich diesbezüglich in einem laten‐
ten Spannungsverhältnis zwischen optimaler Kapazitätsplanung, ho‐
hem Lieferservicegrad und niedriger Kapitalbindung. Als Konsequenz
dieser Probleme entsteht innerhalb einer Supply Chain der Peitschen‐
schlag‐Effekt (Bullwhip‐Effekt, vgl. S. 47).
Insbesondere die mittelfristige und die langfristige Bedarfsplanung be‐ Zukunftsbilder auf
reiten Schwierigkeiten. Die zur Verfügung stehenden Daten sind Werte Basis von Vergan‐
der Vergangenheit. Mit Hilfe statistischer Prognosen werden diese In‐ genheitswerten
formationen in die Zukunft projiziert (beispielsweise über gleitende aufbauen
Durchschnitte oder exponentielle Glättungen). Diese parametrisierten
Zukunftsbilder basieren auf diversen Restriktionen, welche durchaus
an Gültigkeit verlieren können. Folglich stehen die mittelfristige und die
langfristige Bedarfsplanung ein wenig „auf wackeligen Füßen“.
A.10.2.5 Netzwerkplanung
Mit Hilfe der Netzwerkplanung findet die Koordination einzelner Ak‐ Netzwerkplanung
teure einer Supply Chain statt. Im Rahmen der internen Planung sind spannt sich um
beispielsweise weltweit die Produktions‐ und die Logistikzentren von Leuchttürme
Geschäftsbereichen zu definieren. Für unternehmensübergreifende
Netzwerke werden die Beschaffungs‐, die Produktions‐ und die Distri‐
butionsplanung entlang der gesamten logistischen Kette in dem kollabo‐
rativen Partnergeflecht abgeklärt. Eine besondere Position nehmen dies‐
bezüglich dominierende Akteure („Hub Firms“) ein: Diese verfügen
über die umfassendsten Informationen zur Planung, Steuerung und
Kontrolle der gesamten Wertschöpfungskette.
89
A
Grundlagen
Aufbau und Auflö‐ Ein wichtiges Anliegen der Netzwerkplanung besteht in der Optimie‐
sung des Mengen‐ rung von Bedarfen, Ressourcen (Repetierfaktoren) und Kapazitäten
gerüsts (Potenzialfaktoren). Das Ergebnis dieses Abgleichs ist die Generierung
eines Mengengerüsts. Auf Basis von Verkaufsprognosen, leitet sich aus
diesem Mengengerüst die Zuordnung von Produktionsvolumina auf
verschiedene Werke ab. Üblich ist eine derartige Netzwerkplanung auf
Jahresbasis (Budgetierung). In seltenen Fällen können für „stabile“
Netzwerke aber auch Mengengerüste über einen längeren Planungsho‐
rizont aufgespannt sein.
90
A.10
Gestaltungsmodelle des Supply Chain Managements
91
A
Grundlagen
92
A.10
Gestaltungsmodelle des Supply Chain Managements
Alert Management: Ein Alert („Alarm!“) Management dient der mög‐ Alarmsignale über
lichst frühzeitigen Erkennung von Abweichungen zwischen Ist‐ und Dashboards dar‐
Soll‐Abläufen. Diesbezüglich sind Toleranzprofile einzustellen. Beim stellen
Verlassen dieser Interventionspunkte „ertönt“ automatisch ein Warn‐
signal. Beispiele für Alerts stellen Budgetüberschreitungen oder Ver‐
tragskündigungen von Kunden dar. Insbesondere Monitoring‐
Systeme bieten sich für ein Alert Management an. Darunter ist eine
visuelle Überwachung von Aktivitäten innerhalb von Wertschöp‐
fungsketten zu verstehen. Dem Nutzer stehen, je nach IT‐System, un‐
terschiedliche grafische Oberflächen zur Verfügung.
Workflow Management: Unter dem Begriff „Workflow Management“ Optimierung von
ist die elektronische Überwachung von Arbeitsabläufen zu verstehen. Arbeitsabläufen
Diesbezüglich nimmt ein „Computer Supported Cooperative Work
(CSCW)“ eine bedeutsame Position ein. Darunter ist die strukturierte
und arbeitsteilige Zusammenarbeit einzelner User zu verstehen (auf
Basis von „Groupware“). Die jeweiligen Aktivitäten stehen im Work‐
93
A
Grundlagen
Systeme zur Sen‐ Tracking and Tracing: Mit diesem Begriff werden Systeme zur Sen‐
dungsverfolgung dungsverfolgung umschrieben. Insbesondere die Identifikationstech‐
nik RFID nimmt im Event Management eine exponierte Rolle ein (vgl.
die Ausführungen ab S. 364).
94
A.11
Verständnisfragen
A.11 Verständnisfragen
Was verstehen Sie unter einem Supply Chain Management?
Kennzeichnen Sie die historische Entwicklung des Supply Chain Ma‐
nagements. Nennen Sie die Protagonisten des Konzepts.
Grenzen Sie das Supply Chain Management von benachbarten tradi‐
tionellen Ansätzen ab.
Klären Sie die Begriffe Demand Chain Management und Customer
Relationship Management. Worin bestehen die Unterschiede zum
Supply Chain Management?
Definieren Sie die Ansätze Supplier Relationship Management, Bezie‐
hungsmanagement sowie Supply Chain Relationship Management.
Kennzeichen Sie Typologien zur Klärung des Begriffs „Supply Chain
Management“.
Nennen Sie mögliche Ursachen für den Bullwhip‐Effekt. Welche Lö‐
sungen bieten sich zu dessen Minderung an?
Beschreiben Sie die Inhalte der internen und der netzwerkgetriebenen
Supply Chain.
Kennzeichnen Sie drei Zielkonflikte innerhalb moderner Supply
Chains. Führen Sie Möglichkeiten zur Linderung dieser potenziellen
Dyssynergien auf.
Charakterisieren Sie das Order‐to‐Payment‐S.
Geben Sie für das Order‐to‐Payment‐S ein Beispiel aus der Konsum‐
güterindustrie an.
Nennen Sie die entscheidenden Faktoren des Wettbewerbs. Inwiefern
stehen diese Schlüsselgrößen in einem Konkurrenzverhältnis zuei‐
nander?
Was ist ein Trade‐off‐Effekt? Leiten Sie ein Beispiel für eine Trade‐off‐
Situation in Supply Chains ab.
Klären Sie den Begriff „Netzwerkkompetenz“. Systematisieren Sie
Ausprägungsformen logistischer Netzwerke.
Kennzeichnen Sie die Netzebenen von Erklärungsansätzen um die
Netzwerkkompetenz.
Total Cost of Ownership: Klären Sie den Begriff. Nennen Sie mögliche
logistische Einflussfaktoren für ein Global Sourcing. Was versteht man
unter Total Benefit of Ownership?
Definieren Sie den Begriff „Maverick‐Buying“. Welche Gefahren mes‐
sen Sie einem Maverick‐Buying bei?
95
A
Grundlagen
96
B.1
Lernziele und Vorgehensweise
B Einfluss von
Führungskonzepten auf die
Gestaltung der Supply Chain
Markt‐ und Ressourcenfokussierung,
Total Quality Management,
Business Reengineering und
Time Based Competition.
Die Lernziele dieses Abschnitts bestehen darin, eine Beschreibung der Nutzen der Inhalte
vier Führungskonzepte in ihren Grundzügen vorzunehmen, die Not‐
wendigkeit zur Integration des Supply Chain Managements innerhalb
der Ansätze aufzuzeigen sowie zu kennzeichnen, inwiefern die Konzep‐
te eine Ausgestaltung der Wertschöpfungskette beeinflussen.
Die Vorgehensweise in diesem Zusammenhang ist, dass zunächst die Weiteres Vorgehen
Markt‐ und die Ressourcenfokussierung (erst isoliert und später inte‐ dieses Kapitels
griert) gekennzeichnet werden. Anschließend findet eine Charakterisie‐
rung des Total Quality Managements statt. Das Pendant eines Total Qua‐
lity Managements stellt der Radikalansatz des Business Reengineerings
dar. Schließlich wird der Wettbewerbsfaktor Zeit bei der Beschreibung
von Time Based Competition besonders berücksichtigt. Viele Beispiele
aus der Unternehmenspraxis unterstreichen die Ausführungen. Zum
Abschluss von Kapitel B werden einige Verständnisfragen gestellt.
© Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2020 97
H. Werner, Supply Chain Management,
https://doi.org/10.1007/978-3-658-32429-2_2
B
Einfluss von Führungskonzepten auf die Gestaltung der Supply Chain
B.2.1 Charakterisierung
Eine Bedrohung durch neue Konkurrenten.
Das Verhandlungspotenzial von Lieferanten.
Die Verhandlungsmacht der Kunden.
Eine Bedrohung durch Ersatzprodukte.
Die Rivalität unter den bestehenden Organisationen.
98
B.2
Markt- und Ressourcenfokussierung
Die erste Triebkraft des Market‐Based‐View stellt die Bedrohung durch Neue Konkurren‐
neue Konkurrenten dar („Threat of new Entrants“). Wenn neue Wett‐ ten betreten den
bewerber einen Markt betreten, leidet darunter häufig dessen Attraktivi‐ Markt
tät. Die Wahrscheinlichkeit für den Eintritt neuer Konkurrenten in einen
Markt hängt primär von seiner Profitabilität und seinen Wachstumsaus‐
sichten ab. Etablierte Unternehmen schützen sich daher durch den Auf‐
bau von Marktzutrittsbarrieren:
Benefits of Scale auf der Nachfrageseite: Wenn beispielsweise etablier‐
te Akteure ihren Kunden einen langjährigen, individuellen Service
anbieten.
Kapitalerfordernisse: Reduktion durch Leasing von Vermögensgegen‐
ständen.
Etablierte Vertriebskanäle und Vertriebssysteme: Zum Beispiel Filiali‐
sierung im Lebensmitteleinzelhandel.
99
B
Einfluss von Führungskonzepten auf die Gestaltung der Supply Chain
von Produkten leichter fällt. Für die Lieferanten bestehen hingegen ge‐
ringe Ausweichmöglichkeiten („Barriers‐to‐Excit“).
Erfolgsverspre‐ Tritt eine Bedrohung durch Ersatzprodukte ein („Threat of Substitute
chende Substitute Products and Services“), mindert diese Erscheinung die Strahlkraft des
Marktes. Je besser das Preis‐Leistungs‐Verhältnis des Substitutes aus‐
fällt, desto schwerer wiegt eine derartige Bedrohung. Beispiele dafür
liefern Mobiltelefon versus Festanschluss, Online‐Bestellung versus
stationärer Handel, Digitalfotographie versus chemiebasierter Fotogra‐
fie, Flat TV versus Röhrenfernseher oder Generika versus medizinischer
Markenartikel.
„Wo zwei zusam‐ Schließlich wird die Attraktivität eines Marktes darunter leiden, wenn
men stoßen, siegt zwischen den bestehenden Akteuren ausgeprägte Rivalitäten vorliegen
immer der Beson‐ („Rivalry Among Existing Suppliers“). Es finden erbitterte Kämpfe um
nene.“ Marktanteile und die Abschöpfung von Renten statt. Das Ergebnis sind
(Laotse) extreme Preiskämpfe (niedrige Gewinnmargen) und die Forcierung
teurer Innovationsprozesse. Besonders ausgeprägt ist die Rivalität in
einem reifen Wettbewerbsumfeld:, wenn der Kampf vorrangig über den
Preis ausgetragen wird (Stahlproduktion, Stationärer Handel).
Aus diesen Triebkräften leitet Porter drei generische Wettbewerbsstra‐
tegien ab. Generisch bedeutet, dass die Strategien für die meisten Un‐
ternehmen gelten („Normstrategien“).
Kostenvorsprung Kostenführerschaft: Ein Akteur erlangt die Kostenführerschaft, wenn
gegenüber der er sich einen Kostenvorsprung gegenüber seiner Konkurrenz sichert.
Konkurrenz Dieser kann aus Standortvorteilen (zum Beispiel einem günstigen
Ressourcenzugang), Economies of Scale oder Erfahrungseffekten re‐
sultieren. Für die Strategie der Kostenführerschaft eignen sich Mas‐
senfertigung (Prozesstyp) oder Fließfertigung (Organisationstyp).
100
B.2
Markt- und Ressourcenfokussierung
Nach Porter muss sich eine Organisation für eine der beschriebenen „Here I am, stuck
strategischen Ausrichtungen entscheiden. Er empfiehlt, eine Position in the middle with
„zwischen den Stühlen“ – bezogen auf die beiden Extremfälle Kosten‐ you…”
führerschaft und Differenzierung – zu vermeiden. Die Simultaneitäts‐ (Louise)
hypothese (vgl. die hybriden Wettbewerbsstrategien auf S. 164) hinge‐
gen geht davon aus, dass zumindest temporär ein kombinierter Strate‐
gieeinsatz möglich ist. Danach kann sich ein Unternehmen sukzessive
vom Differenzierer zum Kostenführer wandeln. Ein umgekehrter Wech‐
sel ist ebenso möglich. Ein Beispiel für ersten Fall sind Funkuhren. Diese
wurden bei ihrer Markteinführung zu einem hohen Preis angeboten und
zielten auf das Attribut der Exklusivität. Mittlerweile sind einige Model‐
le schon für fünf Euro auf dem „Wühltisch“ zu erwerben. Die Herstel‐
lung von Funkuhren erfolgt heutzutage in Masse.
Anfang der 90er Jahre entwickelte die Chicago School eine krasse Gegen‐ Inside‐out‐
position zur Marktfokussierung, den Resource‐Based‐View (Resource‐ Perspektive
Conduct‐Performance‐Paradigma). Sein prägendes Merkmal ist die Inside‐
out‐Perspektive. Institutionen können über besondere Fähigkeiten (Er‐
folgspotenziale) auf bestimmten Gebieten verfügen. Diese werden als
Kernkompetenzen bezeichnet. Sie lassen sich einteilen in:
Tangible Kompetenzen (Anlagen, Maschinen, Gebäude).
Intangible Kompetenzen (Know‐how, Reputation).
Finanzielle Kompetenzen (Finanzierungsformen).
Organisatorische Kompetenzen (Informations‐ und Kommunikations‐
systeme, Personalführungssysteme).
101
B
Einfluss von Führungskonzepten auf die Gestaltung der Supply Chain
Von der Fähigkeit Der Weg zur Kernkompetenz ist weit: Grundvoraussetzung ihres Ent‐
zur Kernkompetenz stehens sind Individuelle Fähigkeiten (sämtliche auf eine Person bezo‐
genen Leistungspotenziale). Aus diesen Individuellen Fähigkeiten leiten
sich Kollektive Fähigkeiten ab, die sich in Faktoren wie Verständnis und
Geschicklichkeit innerhalb einer Gruppe (Organisation) zeigen. Eine
Individuelle Kompetenz ergibt sich in der nachgewiesenen Möglichkeit
eines Einzelnen, eine bestimmte Aufgabe bewältigen zu können. Die
Kollektive Kompetenz beschreibt, wenn diese Anforderungen in einer
Gruppe erbracht werden. Ressourcen hingegen sind lediglich materielle
und immaterielle Hilfsmittel zur Aufgabenlösung. Eine Kernkompetenz
besteht langfristig, sie ist zu verteidigen, zu erkennen und zu transferie‐
ren. Aus ihr ergeben sich spezielle Wettbewerbsvorteile für eine Organi‐
sation, die auf Ressourcen und besonderen (Individuellen und Kol‐
lektiven) Fähigkeiten beruhen.
Wahrnehmung der besonderen Fähigkeiten durch den Kunden.
102
B.2
Markt- und Ressourcenfokussierung
Supply Chain einstellen: Ressourcen‐Interdependenzen durch die Kom‐
bination von Eigen‐ und Fremdmitteln in einer Lieferkette.
Eine Kollektive Netzkompetenz hingegen ergibt sich entweder durch Kollektive Supply
eine Co‐Spezialisierung oder durch eine Kooperationskompetenz. Co‐ Chain Kompetenz
Spezialisierung bedeutet die Konzentration einer Organisation auf die
eigenen Stärken, verbunden mit der Auslagerung restlicher Aktivitäten
an sonstige Akteure eines Netzwerks (Virtuelles Unternehmen). Eine
Kooperationskompetenz zeigt sich durch den zielgerichteten Austausch
und die aktive Kombination von Wissen innerhalb einer Kompetenzge‐
meinschaft (Strategische Supply Chain Allianz).
103
B
Einfluss von Führungskonzepten auf die Gestaltung der Supply Chain
Erfolgspositionen Search for new Markets: Eine Organisation verfügt über Kernkompe‐
einnehmen tenzen, setzt diese aber auf einem Markt mit geringer Attraktivität ein.
Ein Beispiel für die Suche nach neuen Märkten ist Sony. Basierend auf
ihrer Kompetenz der Miniaturisierung, vereinte das Unternehmen
seinerzeit zwei reife Geschäftsfelder mit geringer Attraktivität: Der
Kassettenrecorder und der Kopfhörer wurden zum Walkman inte‐
griert, der den Markt quasi im Fluge eroberte. Ein weiteres Beispiel
stellt McDonald‘s dar. Das Unternehmen wurde auf der Suche nach
neuen Märkten fündig und spricht seit einiger Zeit mit dem „McCafé“
eine völlig neue Zielgruppe an. Außerdem haben die Hersteller kos‐
metischer Produkte auf der Suche nach neuen Absatzmärkten seit
wenigen Jahren offenkundig das Zielsegment „Männer“ entdeckt. Un‐
ter dem Signet „Men’s Health“ finden sich mittlerweile eine Vielzahl
von Produkten unterschiedlicher Hersteller (wie „Nivea for Men“). Ein
weiteres Beispiel für die Suche nach neuen Märkten liefert adidas: Un‐
ter dem Label „Neo“ bietet das Unternehmen Kleidung und Schuhe
an, die speziell auf junge Käufer zugeschnitten sind. Auch die Bier‐
brauer unterzogen sich einem gewissen Wandel. Sie haben Bier‐Mix‐
Getränke in ihr Sortiment aufgenommen. Dies mit ordentlichem Er‐
folg, jedenfalls finden sich mittlerweile etliche Bier‐Misch‐Getränke
am Markt (Schöfferhofer mit „Grapefruit“, Flensburger mit „Lemon‐
grass“, Becks mit „Twisted Orange“).
Erfolgspotenziale Build up Competencies: Dieses Feld in der Matrix beschreibt eine Si‐
fördern tuation, in der sich ein Unternehmen bereits auf einem lukrativen
Markt befindet, aber keine Kernkompetenzen besitzt. Beispielhaft da‐
für steht das Unternehmen Continental Automotive Systems. In den spä‐
ten 1970er Jahren kündigte Bosch das ABS (Antiblockiersystem) an.
Continental‐Teves erkannte dessen Zukunftschancen und setzte alle
Hebel in Bewegung, um sich ebenfalls die neue Technik anzueignen.
Nach circa zwei Jahren wurde das Unternehmen für seine Bemühun‐
gen belohnt. Eine Reihe von Konkurrenten, welche die Zeichen der
Zeit nicht erkannten und weiter auf hydraulische Bremssysteme setz‐
104
B.2
Markt- und Ressourcenfokussierung
ten, mussten Konkurs anmelden. Ebenso fällt das Prinzip „Books on
Demand“ in dieses Feld der Matrix. Beispielsweise erwarb die Books
on Demand GmbH aus Norderstedt die relevante Kompetenz, um auf
diese Weise nicht länger Bücher auf Verdacht zu drucken (die viel‐
leicht im Regal verstauben). Der Buchdruck wird vielmehr erst bei ei‐
ner konkreten Nachfrage angestoßen. Auch für junge Autoren ist die‐
ses Prinzip interessant, um den Druckkostenzuschuss zu begrenzen.
Ebenso ist im Automobilbereich die Brennstoffzelle ein hart um‐
kämpftes Terrain. Die Konkurrenten wetteifern derzeit mit aller Macht
darum, in diesem Bereich aktuelle und künftige Produzentenrenten
einzustreichen. Ähnlich verhält es sich mit Elektroautos. Die „Green‐
Cars“ haben sich am Markt in den letzten Jahren etabliert und dem
Verbrennungsmotor deutliche Marktanteile abgejagt. Schließlich hatte
Nokia offenkundig den Übergang vom reinen Mobiltelefon zum
Smartphone ein wenig verschlafen. Jedenfalls versuchte das Unter‐
nehmen nachdrücklich mit dem Modell „Lumia“ verlorene Marktan‐
teile zurückzugewinnen. Dazu mussten sie sich zuvor umfangreiche
Kenntnisse auf den Gebieten der Computerfunktionalität und der
Konnektivität aneignen. Ein Managementfehler, den das Unterneh‐
men teuer bezahlte: denn im April 2014 kaufte Microsoft die Handy‐
sparte von Nokia auf.
Stay on Top: Wenn ein Hersteller über Kernkompetenzen verfügt und „We are the cham‐
sich auf einem attraktiven Markt befindet, sollte er versuchen, seine pions, my friends,
Stellung im Wettbewerb nachhaltig zu verteidigen. In Palmela, Portu‐ and we’ll keep on
gal, bauten bis zum Ende des Jahres 1998 VW („Sharan“), Seat („Al‐ fighting ‘til the
hambra“) sowie Ford („Galaxy“) gemeinsam unter dem Emblem „Au‐ end…”
toeuropa“ den „World Car“. 1995 kamen die Vans auf den Markt. VW (Queen)
beendete allerdings nach kurzer Zeit diese Liaison Dangereuses mit
Ford. Seit 1999 gehört das Werk vollständig VW. Die Nachfolger der
weitgehend identischen Fahrzeuge wurden getrennt entwickelt. VW
kaufte sich für mehr als vier Milliarden Euro aus dieser strategischen
Allianz frei, um sich von dem Wettbewerber nicht länger in seine
Entwicklungstechnik der Dieselmotoren schauen zu lassen: VW wollte
„on Top“ bleiben. Auch andere Unternehmen beherrschen es schon
seit Jahren, eine Spitzenposition einzunehmen. Dazu zählen Microsoft,
Google, Amazon, Coca Cola, Ikea und Aldi. Sie verstehen es in ihrem je‐
weiligen Segment, ihre Vorreiterrolle zu verteidigen. Auch wenn es
natürlich nicht immer leicht ist, die Konkurrenz auf Abstand zu hal‐
ten.
105
B
Einfluss von Führungskonzepten auf die Gestaltung der Supply Chain
Abbildung B.1 Geschäftsfeldattraktivität‐Kernkompetenzen‐Portfolio (GEKKO)
Resource‐Based‐View
GEKKO
Erfolgspote nzial
Kernkompe te nzen vorhande n?
Ne in Ja
Geschäftsfeldattraktivität?
Market‐Based‐View
Niedrig
Erfolgsposition
Search for new
Move or Quit
Markets
Build up Stay on
Hoch
Competencies Top
106
B.3
Total Quality Management
B.3.1 Charakterisierung
In ein Total Quality Management (TQM, vgl. Hummel/Malorny 2011; TQM: „Das also
Oakland 2020; Oess 2013; Rothlauf 2014; Zink 2004) sind sämtliche Funk‐ war des Pudels
tionsbereiche und Mitarbeiter einer Organisation einbezogen („Com‐ Kern.“
pany‐Wide‐Quality‐Control“). Die ersten Überlegungen zu TQM gehen (J. W. v. Goethe)
107
B
Einfluss von Führungskonzepten auf die Gestaltung der Supply Chain
auf William Edwards Deming zurück, einen amerikanischen Physiker und
Statistiker. Bekannt wurde das Konzept jedoch erst durch seine Weiter‐
entwicklung in Asien. Insbesondere in der japanischen Automobilin‐
dustrie wurden gute Ergebnisse in den frühen 80er Jahren mit TQM
erzielt. Als in den späten 80er Jahren Unternehmen wie Bosch oder Phi‐
lips die European Foundation for Quality Management (EFQM) gründeten,
etablierte sich TQM auch in Europa.
Verbesserung der Total Quality Management stellt den Kunden in den Mittelpunkt, um
Prozesseffektivität die Prozesseffektivität zu steigern. Qualität ist erreicht, wenn die Un‐
als Hauptziel ternehmensprozesse dazu geeignet sind, spezifische Anforderungen von
Kunden exzellent zu erfüllen (anwendungsorientierter Qualitätsbegriff).
Damit sind nicht nur die externen Kunden gemeint. Auch die internen
Kunden, die Mitarbeiter anderer Funktionsbereiche, müssen mit der
erbrachten Leistung zufrieden sein. Qualität manifestiert sich demnach
zur dauerhaften Unternehmensphilosophie. Dadurch wird das „Over‐
the‐Wall‐Syndrom“ (vgl. S. 119 der vorliegenden Schrift) vermieden. Im
Fokus des Total Quality Managements steht die Steigerung der Kunden‐
zufriedenheit, wobei das Konzept folgende Inhalte kennt:
Manifestierung klarer Prinzipien und Bewertungskriterien (Operatio‐
nalisierung) zur Steigerung der Qualität von Produkten, Prozessen
und Dienstleistungen.
Festlegung eindeutiger Ziele zur Einleitung eines ständigen Verbesse‐
rungsprozesses (fortwährende Zielerreichungskontrolle). Qualität ist
kein Endziel, sondern ein Prozess, der niemals aufhört.
Paradigmenwechsel Durch das Aufkommen von Total Quality Management hat ein Para‐
durch TQM digmenwechsel – von einer traditionellen Qualitätskontrolle zum ech‐
ten Qualitätsmanagement – stattgefunden. Abbildung B.2 spiegelt die‐
ses Phänomen. Die Darstellung zeigt gravierende Unterschiede in den
Bereichen Orientierung, Arbeitsfokus, Mitarbeiter, Kontrolle und Kosten
auf.
108
B.3
Total Quality Management
Paradigmenwechsel durch TQM Abbildung B.2
Von traditioneller Qualitätskontrolle…
…zum echten Qualitätsmanagement
Das Konzept stellt eine Erweiterung der vom Massachusetts Institute of Abbau hierarchi‐
Technology (MIT) entwickelten Lean Production dar. Das Lean Manage‐ scher Ebenen
ment bezieht sich nicht ausschließlich auf die Fertigung, sondern auf
sämtliche Funktionsbereiche. Die hierarchische Struktur einer Organisa‐
tion wird nicht als geerbt empfunden. Sie ist vielmehr ständig hinsicht‐
lich ihrer Sinnhaftigkeit zu überprüfen. Für überflüssig identifizierte
Ebenen werden gestrichen, was die Agilität im Wettbewerb fördert. Zum
Beispiel reduzierte Texas Instruments seinerzeit die Anzahl seiner Füh‐
rungskräfte radikal von 4.000 auf 200.
109
B
Einfluss von Führungskonzepten auf die Gestaltung der Supply Chain
Wenn aus Ein radikales Lean Management birgt jedoch auch Nachteile in sich.
Schlankheit Ma‐ Viele Unternehmen sind nicht nur schlank, sondern sogar „magersüch‐
gersucht wird tig“ geworden. Sie bauten in rezessiven Phasen Mitarbeiter ab und wa‐
ren bei anziehender Konjunktur unterbesetzt. Nicht alle eingehenden
Aufträge konnten angenommen werden. Es fehlten Mitarbeiter zur Auf‐
tragsbearbeitung, weshalb diese Gesellschaften potenzielle Umsätze
verloren. Mit der Anwendung von Lean Management haben sich einige
Organisationen regelrecht aus dem Markt katapultiert. Im Handel wur‐
de das Fachpersonal durch weniger qualifizierte Mitarbeiter ersetzt,
worunter die Kundenberatung litt. In der Fertigung fand teilweise eine
Eliminierung der Facharbeiterebene statt (Know‐how‐Verlust).
Politik der kleinen Kaizen Management (vgl. Brunner 2014; Hermold 2020; Takeda 2006)
Schritte: Dem bedeutet die Einleitung eines kontinuierlichen Verbesserungsprozesses
Sisyphos‐Prinzip („Continuous Improvement Process“). Unternehmensaktivitäten sind
folgen dauerhaft auf die Steigerung des Konsumentennutzens ausgerichtet. Die
Politik „der kleinen Schritte“ besagt, dass sich Veränderungen nicht
sprunghaft, sondern allmählich einstellen. Die Grundvoraussetzung für
diesen ständigen Wandel sind Anstrengungen aller Beteiligten, um das
Prozess‐Know‐how zu verbessern. Der Ansatz ist somit integrativer und
wesentlicher Bestandteil eines in der Unternehmensphilosophie dauer‐
haft verankerten Qualitätselements.
„Qualität lindert Im Fokus von Kaizen Management steht die Verminderung oder Ver‐
den Schmerz, den meidung menschlicher Fehler, die vor allem in Verschwendung („Mu‐
der Preis verur‐ da“), Überlastung („Muri“) sowie Unregelmäßigkeiten („Mura“) be‐
sacht.“ gründet sind. Sämtliche Organisationsabläufe werden fortwährend hin‐
(Redewendung) sichtlich ihrer Verbesserungspotenziale analysiert. Anschließend sind sie
möglichst zu standardisieren und langfristig in dem Unternehmen zu
integrieren. Erst mit der Generalisierung dieser Aktivität wird der
nächste Optimierungsprozess – auf höherem (verbessertem) Arbeitsni‐
veau – angestoßen. Dieses Prinzip fußt auf dem so genannten „Deming
Cycle“. Unter den 14 Punkten von Deming (vgl. Deming 2000) finden
sich Praktiken zur Qualitätsverbesserung. Beispielhaft dafür stehen
Vorschlagswesen, Kleingruppenarbeit, Mechanisierung oder Arbeitsdis‐
ziplin.
Drei Ebenen der Zur Typisierung dieser unterschiedlichen Begriffe des Qualitätsmana‐
Qualität gements dient nachstehend ein Drei‐Ebenen‐Modell (vgl. Abbildung
B.3). In der vorliegenden Schrift wird das Total Quality Management als
das alles umspannende Konzept angesehen, es ist somit auf der Meta‐
führungsebene angesiedelt. TQM erfährt auf zweiter Stufe (Strategie‐
110
B.3
Total Quality Management
Drei‐Ebenen‐Modell der Qualität Abbildung B.3
Total Quality Management
(Prozesseffektivität)
‐ Übergreifende Qualitätsphilosophie im Unternehmen
‐ Intern und extern ausgerichtete Kundenbindung
‐ Vermeidung des Over‐the‐Wall‐Syndroms
‐ Von der Qualitätskontrolle zum Qualitätsmanagement
Ebene 1: Metaführungsebene
Lean Management Kaizen Management
(Prozesseffizienz) (Prozess‐Know‐how)
‐ Einfache Abläufe ‐ Continuous Improvement
‐ Schlanke Hierarchie ‐ Betriebliches Vorschlagswesen
‐ Produktivitätssteigerung ‐ Deming Cycle
‐ Wertschöpfungsausrichtung ‐ Fehlervermeidungsstrategie
Ebene 2: Strategieebene
Bottleneck Engi‐
FMEA Six Sigma QFD
neering
Statistical Pro‐ Quality Bench‐
Quality Circle …
cess Control marking
Ebene 3: Instrumentenebene
111
B
Einfluss von Führungskonzepten auf die Gestaltung der Supply Chain
Mixed Load im Versand: Beim Anbringen der Warenanhänger schleichen sich vor al‐
Versand lem bei Mischpaletten (Mixed Load) Fehler ein. Die Mitarbeiter müs‐
sen unterschiedliche Label an die Kisten heften, was zu einem gewis‐
sen Durcheinander führen kann. Kunden beschweren sich darüber,
wenn sie unkorrekt beliefert werden, wodurch Nachbesserungen
notwendig sind. Diese potenzielle Fehlerquelle ist dadurch zu redu‐
zieren, indem pro Palette nur noch eine Sachnummer zugelassen wird
(artikelreine Palette). Im ersten Schritt steigen zwar tendenziell die
Versandkosten. Diese werden aber vielfach durch niedrigere Kosten
für eine Qualitätssicherung (über‐) kompensiert.
Organisatorischer Für eine Berücksichtigung des Total Quality Managements innerhalb der
Rahmen Supply Chain ist eine Implementierung im Sinne des Gegenstromver‐
fahrens zu wählen. Top Down muss die Führungsebene das neue Quali‐
tätsbewusstsein vorleben. Bottom Up soll sich die Belegschaft mit TQM
identifizieren.
Robuste Supply Wenn der Wettbewerbsfaktor Qualität als echte Philosophie verstanden
Chains wird und Einzug in die Ausformulierung der Unternehmensstrategien
erhält, wird das Fundament für den Aufbau robuster Supply Chains
geschaffen. Produkte und Dienste zeichnen sich im Qualitätswettbewerb
durch Zuverlässigkeit und Leistungsfähigkeit aus. Da fast 90% aller
möglichen Fehler bereits in den frühen Stadien der Produktentstehung
112
B.4
Business Reengineering
B.4.1 Charakterisierung
Das Pendant von Total Quality Management ist das Business Reengi‐ Alles kommt auf
neering (vgl. Hammer/Champy 2004; Jeston 2006; Slamanig 2014). Wäh‐ den Prüfstand
rend beim Total Quality Management die inkrementelle Verbesserung
existenter Strukturen vorgenommen wird, stellt das Business Reenginee‐
ring eine prozessorganisatorische Neuorientierung dar. Bekannte Vorge‐
hensweisen werden hinsichtlich ihrer Effektivität und Effizienz über‐
prüft. Konsequent ausgeführt, ist der Ansatz eine Radikalkur für die
Organisation. Alte Systeme werden über Bord geworfen und Prozesse
sowie Aktivitäten, die keinen Mehrwert schaffen, konsequent und dau‐
erhaft eliminiert.
Ein Business Reengineering ist eine Bombenwurfstrategie, was auch „Hütet euch vor
bildlich ausgedrückt werden kann: Wenn ein Baum kränkelt, werden Technikern: Mit
nicht nur ein paar Äste abgeschnitten und der Baum gedüngt sowie mit Nähmaschinen
besonderer Sorgfalt gepflegt (dies wäre die Philosophie des Total Quali‐ fangen sie an, mit
ty Managements). Der kranke Baum ist vielmehr komplett aus dem Atombomben hören
Boden zu reißen. Es wird ein neuer Baum gepflanzt. Begriffsblock B.I sie auf.“
(M. Pagnol)
verdeutlicht mit den vier „Re’s“ das Wesen von Business Reengineering
(vgl. auch Abbildung B.4).
113
B
Einfluss von Führungskonzepten auf die Gestaltung der Supply Chain
Begriffsblock B.I Vier „Re’s“ des Business Reengineerings
Restructuring: „Restrukturierung“ erfordert schließlich die revidierte
Definition des Aktivitätenportfolios. Anders ausgedrückt, sucht ein
Unternehmen nach neuen Standbeinen.
Reengineering von Zum Beispiel (vgl. Hammer/Champy 2004, S. 113) benötigte IBM für die
Leasinganträgen Bearbeitung eines Antrags auf Leasing sechs Arbeitstage, obwohl die
Prozedur des eigentlichen Ausfüllens lediglich 90 Minuten dauerte. Die
Dokumente gingen von einer Abteilung zur nächsten. Dieser Prozess
wurde im Business Reengineering als Schwachstelle identifiziert und die
Verantwortung in eine Hand gelegt. Ein Spezialist bearbeitet jetzt einen
Antrag komplett in durchschnittlich vier Stunden.
Vereinfachung der Das Unternehmen Hallmark betrieb ebenso ein Reengineering (vgl.
Prozessabläufe Hammer/Champy 2004, S. 135). Hallmark produziert Glückwunschkarten.
Von der Idee bis zur Vermarktung einer neuen Karte vergingen über
drei Jahre. Die Organisation stellte durch Business Reengineering fest,
dass die Arbeit zu 90% ruhte. Zur Reduzierung der Time‐to‐Market
bildete Hallmark ein Team aus Künstlern, Schriftstellern, Marketing‐ und
Fertigungsspezialisten. Es gelang der Gruppe, eine neue Karte innerhalb
von knapp sechs Monaten den Kunden anzubieten. Die Arbeit wurde
vom Ergebnis aus reorganisiert und bezog sich nicht länger auf speziali‐
sierte Funktionsbereiche (wie Vertrieb oder Fertigung).
Kodak als Positiv‐ Auch Kodak setzte Reengineering erfolgreich ein. Das Unternehmen
beispiel durchbrach seine originär funktionale Organisationsstruktur. Vielmehr
entwickelte Kodak eine Prozessorganisation. Mit dem Ergebnis einer
drastischen Kostenreduzierung: Die zuvor 20%ige Budgetüberschrei‐
tung wandelte sich zu einer 15%igen Kostenunterschreitung in der Jah‐
resplanung. Ebenso halbierte sich bei Kodak die durchschnittliche Bear‐
beitungszeit pro Auftrag. Dennoch war Kodak dazu gezwungen, einen
tiefgreifenden Wandel zum Spezialisten für Digitaldruck zu vollziehen.
114
B.4
Business Reengineering
Komponenten des Business Reengineerings Abbildung B.4
Renewing (Erneuerung) Revitalizing (Revitalisierung)
„Zeige den Menschen, dass sie wich‐ „Krempel die Organisation um und
tig sind und mache sie fit“ schneide alte Zöpfe ab“
Reframing (Einstellungen) Restructuring (Restrukturierung)
„Schlage andere Wege ein und wirf „Räume das Programmportfolio auf
altes Denken über Bord“ und setze auf neue Karten“
115
B
Einfluss von Führungskonzepten auf die Gestaltung der Supply Chain
werden Zwischenlager eingerichtet und die Sicherheitsbestände (Notre‐
serven) erhöht. Es sind Maßnahmen einzuleiten, welche der Philosophie
von JiT und JiS widersprechen. Mit Hilfe von Business Reengineering
können diese Schwachstellen automatisch aufgedeckt und bearbeitet
werden.
Revision der Ein weiterer Punkt betrifft den Überwachungsaspekt in der Supply
Grundsatzphiloso‐ Chain. Traditionell findet in der Wareneingangskontrolle eine Überprü‐
phie fung von Sachnummern statt. Die Teile werden hinsichtlich ihrer Quan‐
tität und Qualität durch Sichtkontrolle, Zählen oder Wiegen überprüft.
Nach ihrer Identifizierung landen mangelhafte Vorräte im Sperrlager.
Das System ist nach dem Motto aufgebaut: „Traue keinem Lieferanten!“.
Business Reengineering könnte ein neues Denken unterstützen. Durch
die intensivierte Zusammenarbeit mit ausgewählten Partnern wird das
Ziel verfolgt, eine Wareneingangskontrolle abzuschaffen (Lieferantenin‐
tegration). Eigene Mitarbeiter sind zu den Lieferanten zu entsenden, um
die Anforderungen der Hersteller frühzeitig weiterzugeben (Resident
Engineering). Mit den Lieferanten wird ein auf Dauer ausgelegtes Ver‐
trauensverhältnis gesucht, wofür die einzelnen Arbeitsschritte und die
IT‐Systeme aufeinander abzustimmen sind. Mit einer fertigungssyn‐
chronen Belieferung, die direkt an der Montage ansetzt, ist eine potenzi‐
elle Bestandsreduzierung verbunden.
Business Re‐ Zum Beispiel (vgl. Werner 2013a, S. 33) führte Stoll, ein deutscher Her‐
engineering einer steller für Textilmaschinen, ein Business Reengineering in seiner Supply
Strickmaschine Chain durch. Für die Strickmaschine „CMS Selectanit“ wurden die Be‐
schaffungs‐ und die Fertigungsprozesse heruntergebrochen und die
Teilevielfalt reduziert. Ein integrales Gussteil ersetzt jetzt in der Strick‐
maschine den bisher verwendeten Schlitten, welcher fünf unterschiedli‐
che Sachnummern in sich vereinte. Außerdem senkte Stoll bei der Ferti‐
gung seiner Nadelbetten die Anzahl der Arbeitsgänge von 260 auf 68. In
der Montage wurden die Arbeitsplätze neu angeordnet (reorganisiert).
Seit dieser Zeit sind die Teile nicht länger in Kisten und unsortiert, son‐
dern unverpackt sowie in definierter Reihenfolge zu liefern. Stoll sparte
pro Montagevorgang 30% an Zeit ein. Insgesamt reduzierte sich die
Durchlaufzeit um 20 Arbeitstage (von 50 Tagen auf 30 Tage). Die Länge
des Materialflusses betrug 1.000 km/Jahr. Sie verkürzte sich durch Busi‐
ness Reengineering um 50%. Schließlich verringerte sich die Kapitalbin‐
dung um fast 60%.
116
B.5
Time Based Competition
B.5.1 Charakterisierung
Mit dem Ansatz Time Based Competition korreliert das Pionier‐ Den optimalen
Follower‐Management. Begriffsblock B.II fasst die Charakteristika von Zeitpunkt für den
Pionieren, Frühen Folgern und Späten Folgern zusammen. Der Pionier Marktzugang
(First Mover) agiert proaktiv‐offensiv und geht Risiken ein. Außerdem finden: Innovative
schöpft der Pionier frühzeitig Produzentenrente ab und fixiert, zumin‐ First Mover
dest temporär, den Trend. In Anlehnung an Porter, agieren Pioniere häu‐
fig als Differenzierer. Ein First Mover erlangt ein frühzeitiges Know‐how
über den Markt und nutzt Imagevorteile aus. Außerdem setzt er Stan‐
dards in der Branche, gewinnt Markentreue und generiert Eintrittsbarri‐
eren (z. B. über seine Preisstrategie). Etwaige Probleme für einen First‐
to‐Market resultieren insbesondere aus technischen und wirtschaftlichen
Unsicherheiten, hohen Markterschließungskosten, Qualitätsmängeln
(technisch unausgereifte Produkte) und dem Risiko der richtigen Be‐
darfsabschätzung. Ein Beispiel für einen First Mover im Segment der
Smartphone‐Technologie stellt Apple dar. Wenn es bei Handys um die
Nutzung Künstlicher Intelligenz geht, setzt Huawei derzeit Standards.
Frühe Folger (Early Mover) werden auch als Second‐to‐Market bezeich‐ Sandwich‐Position
net. Sie fahren keine reine Imitationsstrategie, sondern versuchen, die von Second Mo‐
Leistungen des Pioniers weiter zu entwickeln, um eigene Standards zu vern
generieren. Frühe Folger setzen alles daran, den First Movern auf lukra‐
tiven Märkten frühzeitig die Renten abzujagen. Sie nutzen konsequent
die Markterschließungsaktivitäten des First‐to‐Market. Gleichzeitig
vermeiden sie dessen Fehler (Reduzierung von Sunk Costs und Swit‐
ching Costs). Probleme ergeben sich für den Early Mover indem für ihn
keine Monopolvorteile mehr bestehen und der Pionier schon Industrie‐
standards implementiert hat. Beispielhaft für einen bewussten Second‐
to‐Market im Segment der Mobiltelefone steht Samsung.
117
B
Einfluss von Führungskonzepten auf die Gestaltung der Supply Chain
Reaktiv‐defensive Die Späten Folger (Late Mover) hingegen agieren reaktiv‐defensiv. Third‐
Third‐Mover to‐Market scheuen grundsätzlich Marktrisiken. Häufig bearbeitet ein
Late Mover Nischen und lernt aus den Fehlern der First und der Second
Mover, deren Leistungen er adaptiert oder kopiert. Späte Folger setzen
konsequent auf die Kostenführerschaft‐Strategie Porters. Sie nutzen die
Transparenz des Marktes. Eine Flop‐Gefahr für ihre Produkte besteht
kaum mehr. Von Late Movern werden keine Innovationen erwartet. Ihre
Verkaufspreise sind relativ gering (minimaler Forschungs‐ und Entwick‐
lungs‐Aufwand, ausgeprägte Fixkostendegression in der Fertigung).
Schwierigkeiten ergeben sich für Späte Folger, indem nur ein begrenztes
Marktpotenzial vorliegt (sie operieren vornehmlich in reifen Branchen),
Marketing‐Maßnahmen kaum mehr sinnvoll einsetzbar sind (Überflu‐
tung der Märkte) und Käufer schon ihre Präferenzen in Richtung First
Mover und Second Mover abgegeben haben. Wiederum auf das Feld der
Smartphone‐Hersteller bezogen, sind Wiko, Oppo, Meizu oder OnePlus
Beispiele für Späte Folger.
Begriffsblock B.II Pionier‐ und Follower‐Management
118
B.5
Time Based Competition
B.5.2 Beschleunigungsmanagement
Im Umgang mit der Schlüsselgröße Zeit wird zumeist die Möglichkeit “Said ‘race against
einer Beschleunigung von Abläufen untersucht. Begriffe wie Capabilities time’, thought it
of Time, Speed Management und High Speed Management haben sich was clever, time is
in den letzten Jahren in Theorie und Praxis etabliert. Vor allem mit Hilfe immortal and we’re
von Simultaneous Engineering und Rapid Prototyping wird die Pro‐ forever…“
duktentwicklung forciert. Bei der Verkürzung der Marktzugangszeiten (GBH)
(Time‐to‐Market) werden große Erfolge verzeichnet, was die nachste‐
henden zwei Beispiele untermauern (vgl. Block b.1).
Verkürzung der Time‐to‐Market Beispielblock b.1
119
B
Einfluss von Führungskonzepten auf die Gestaltung der Supply Chain
ment. In die Gruppe können Lieferanten und Kunden eingebunden sein
(Resident Engineering). Die Entwicklungsabschnitte sind nicht länger
isoliert, sondern integriert zu betrachten. Simultaneous Engineering
bedeutet die zeitlich parallelisierte Bearbeitung von Aufgaben in einem
interdisziplinären Team unter Berücksichtigung der Wettbewerbsfakto‐
ren Zeit, Kosten, Qualität, Agilität, Innovation und Service. Zur Kom‐
munikation der Mitglieder untereinander bieten sich vorzugsweise mo‐
derne Groupware‐Lösungen an.
Experten aus unterschiedlichen betrieblichen Funktionseinheiten (Logis‐
Experten unter‐
tik, Einkauf, Marketing, Entwicklung, Konstruktion, Qualität oder Con‐
schiedlicher Berei‐
che arbeiten zu‐ trolling) bringen ihre Fachkompetenz zielgerichtet in dieser Gruppe ein.
sammen Zeitliche Parallelisierung bedeutet, dass beispielsweise die Marketing‐
aktionen weit vor dem eigentlichen Serienanlauf angestoßen werden,
wozu bereits vorhandene Prototypen genutzt werden können. Es findet
ein Wissensaustausch „auf hohem Niveau“ statt, der eigene Gedanken‐
horizont wird durch die Transdisziplinarität der Gruppe erweitert. Mit
Simultaneous Engineering kann die Time‐to‐Market deutlich verkürzt
werden, was einige Beispiele aus Block b.2 verdeutlichen.
Beispielblock b.2 Simultaneous Engineering
Die Zeiteinsparung von Fuji betrug bei der Entwicklung des Kopier‐
geräts „FX 3500“ über 30%.
AT & T benötigte ursprünglich zwei Jahre für die Entwicklung eines
neuen Telefons. Durch Simultaneous Engineering wurde diese Zeit‐
spanne auf unter sechs Monate gedrückt.
Hewlett‐Packard gelang es schließlich, die Entwicklungszeit eines neu‐
en Druckers von 54 Monaten auf 15 Monate zu senken.
Beispiel „Industrie‐ Für ein Supply Chain Management ist die Reduzierung von verwende‐
roboter“ ten Bauteilen durch Simultaneous Engineering von Bedeutung. Das
deutsche Unternehmen Reis Robotics hat Simultaneous Engineering in
über 20 Projekten eingesetzt. Eines dieser Vorhaben war die Entwick‐
lung des neuen Industrieroboters mit Knickarm. Reis Robotics senkte die
Anzahl der Bauteile an den sechs Gelenken des Roboters um 50%. Das
Unternehmen führt diesen Effekt primär auf Simultaneous Engineering
120
B.5
Time Based Competition
zurück (vgl. Werner 2013a, S. 15). Reis Robotics aus Obernburg am Main
ist nach erfolgter Übernahme heute ein Teil von Kuka, einem der welt‐
weit führenden Anbieter für Robitik, sowie Anlagen‐ und Systemtech‐
nik. Kuka ist einer der Pioniere von Industrie 4.0
Bei den Zahlenangaben in obigen Beispielen ist jedoch zu beachten (und „Die meisten
dies gilt letztlich für sämtliche aufgeführten Beispiele in diesem Buch), Probleme entstehen
dass diese Werte immer nur ceteris paribus gelten: Wenn Nutzeneffekte bei ihrer Lösung.“
zwischen einem frühen Zeitpunkt ohne und einem späteren Zeitpunkt (L. da Vinci)
mit Instrumenteneinsatz (hier: Simultaneous Engineering) festgestellt
werden, ist streng genommen ein Vergleich nur haltbar, wenn in dem
betrachteten Zeitraum keine weiteren Veränderungen eingetreten sind.
Diese Forderung stellt für die Praxis sicherlich eine heroische Prämisse
dar, die nur selten erfüllt sein dürfte. Folgende Probleme können sich
bei Simultaneous Engineering einstellen:
Durch das interdisziplinäre Vorgehen reduziert sich der Kontrollme‐
chanismus zwischen den Abteilungen. Wenn sich die originär im
Team erarbeiteten Hypothesen später als nicht korrekt herausstellen,
hat die gesamte Gruppe in die falsche Richtung gearbeitet. Daraus re‐
sultieren hohe Änderungskosten (Switching Costs) sowie Zeitverzö‐
gerungen.
Für die in das Team entsandten Mitarbeiter ist deren dortige Mitarbeit
eine echte Belastungsprobe: Auf Grund physischer und psychischer
Überforderung kann es zum Burn‐Out kommen. Einige Menschen ge‐
raten regelrecht zwischen die Fronten, wenn sie zeitgleich sowohl im
Simultaneous‐Engineering‐Team als auch in ihrer Herkunftsabteilung
arbeiten.
121
B
Einfluss von Führungskonzepten auf die Gestaltung der Supply Chain
122
B.5
Time Based Competition
Ausgewählte Techniken des Rapid Prototypings Begriffsblock B.III
3D‐Printing: Bei diesem Verfahren leitet sich der schichtweise Auf‐ Verfahren mit
bau ebenfalls aus CAD ab. Ausgangsbasis ist ein Garanulat‐ oder großen Zu‐
Kalkpulverbett. In dem 3D‐Drucker werden die Pulverteilchen durch kunftspotenzialen
einen extern eingespritzten Binder miteinander verklebt. Im nachge‐
schalteten Prozessschritt wird der Binder wieder ausgetrieben und
das überschüssige Granulat (oder Kalkpulver) abgesaugt. Die Aus‐
gangsmasse steht dann für einen erneuten Druckvorgang bereit. Das
3D‐Printing erfährt derzeit einen großen Hype, der sich bis in privat‐
wirtschaftliche Bereiche erstreckt (B2C‐Segment). Es ist das günstigste
und das schnellste Verfahren. Unterschiedlichste Materialen können
mittlerweile gedruckt werden (Metalle, Kunststoffe, Keramik etc.).
123
B
Einfluss von Führungskonzepten auf die Gestaltung der Supply Chain
B.5.3 Entschleunigungsmanagement
Mut zur Langsam‐ Der Erfolgsfaktor Zeit wird in der Regel wenig differenziert betrachtet.
keit: Den Fuß vom Die Unternehmen einiger Branchen steigerten sich in den letzten Jahren
Beschleunigungs‐ in eine wahre „Beschleunigungseuphorie“. Nur selten werden die Mög‐
pedal… lichkeiten einer bewussten Entschleunigung analysiert. Das japanische
Ministry of International Trade and Industry (MITI) erkannte die Gefahren
des ungebremsten Entwicklungsfiebers und warnte die japanische Au‐
tomobilbranche und die audiovisuelle Industrie unlängst davor, die
Zeitspanne Concept‐to‐Cash weiter zu verkürzen. Die Prozesse der
Substitution nehmen mittlerweile Dimensionen an, die vor einigen Jah‐
ren undenkbar schienen: Der Produktlebenszyklus eines Flat‐TV beträgt
derzeit kaum noch sechs Monate. Eine Laptopgeneration veraltet bereits
nach ähnlich kurzer Zeit. Für den Konsumenten lassen sich kaum noch
produktspezifische Charakteristika ausmachen, die Produkte kannibali‐
sieren sich mittlerweile gegenseitig.
124
B.5
Time Based Competition
125
B
Einfluss von Führungskonzepten auf die Gestaltung der Supply Chain
duktalternativen dennoch den speziellen Wünschen der Kunden gerecht
(große Variantenanzahl).
„Man ist niemals Schon in der Produktentwicklung werden mit der Teilekonfiguration die
zu schwer für seine Weichen für logistische Folgeentscheidungen gestellt. Das Gewicht, das
Größe, aber man ist Volumen und die Form von Sachnummern beeinflussen spätere Distri‐
oft zu klein für sein butions‐, Kommissionierungs‐ und Lagerungsvorgänge. Beispielsweise
Gewicht.“ hängen die Auswahl der Ladungsträger und das manuelle Handling
(G. Fröbe) von Produkten von ihrer Beschaffenheit ab. Leichte Produkte sind ein‐
facher in der Handhabung und benötigen weniger Hilfe beim Umladen,
Bewegen oder Umschlagen. Die Faustregel lautet: Durch die Verwen‐
dung von Standardgrößen (beispielsweise der Ladungsträger) und die
Vermeidung von Sperrigkeit werden die Logistikkosten gesenkt.
Standardisierte Aber auch die Bauweise der Teile beeinflusst die nachfolgende Logistik:
Bauteile entwickeln Bei einer Integralbauweise erfolgt die Konstruktion aus wenigen Sach‐
nummern (z. B. Gussteile), die eine hohe Komplexität auszeichnet. Folg‐
lich benötigen integrale Teile besondere Verpackungen und viel Platz
zur Lagerung. Bei Differenzialteilen hingegen werden einfach zu produ‐
zierende Komponenten zu einem fertigen Bauteil montiert. Auf Grund
der Vielzahl von Einzelsachnummern benötigen differentiale Bauteile
einen großen logistischen Steuerungsaufwand. Außerdem lassen sich
symmetrische Bauformen besser in Bearbeitungsmaschinen einspannen
als Differenzialteile (Minimierung der Bearbeitungsvorgänge).
126
B.5
Time Based Competition
ten. Für die Lieferantenauswahl (Sourcing‐Entscheidung) gilt, dass die
Raten entwicklungstechnischer Restriktionen und spezieller Konfigura‐
tionen das Spektrum möglicher Zulieferer begrenzt. Auch ein patent‐
rechtlicher Schutz engt die Auswahl möglicher Beschaffungsquellen ein.
Die Wiederbeschaffungszeit von Einzelteilen ist eng verwoben mit der Enge Beziehungen
Integration von Lieferanten. Technische Kompatibilitäten zwischen zu Tier 1 Anbietern
Herstellern und Lieferanten sind nicht zwingend mit logistischen Zielen schaffen
deckungsgleich: Während die Technik besonders das Innovationspoten‐
zial von Lieferanten wertschätzt, achtet die Logistik verstärkt auf den
Lieferservicegrad des Anbieters.
127
B
Einfluss von Führungskonzepten auf die Gestaltung der Supply Chain
Kritische Bauteile Werden hingegen spezielle, kritische Bauteile konstruiert, sieht sich die
möglichst vermei‐ Ersatzteillogistik (Spare Parts) mit dem Problem konfrontiert, die lang‐
den fristige Verfügbarkeit dieser Teile zu sichern. Besonders schwierig ist
dieses Ersatzeilmanagement bei kurzen Produktlebenszyklen. Hier geht
die Schere zwischen Lebensdauer des Produkts und anschließender
128
B.5
Time Based Competition
Verfügbarkeit von Ersatzteilen besonders auseinander. So befinden sich
etliche Notebooks kaum länger als ein halbes Jahr auf dem Markt. Ihre
Versorgung mit Ersatzteilen muss hingegen häufig über zehn Jahre ge‐
währleistet sein.
Innovationsführer leiten Economies of Scale (Betriebsgrößenersparnisse)
ein, indem sie die Fixkosten auf zunehmende Produktionsmengen
verteilen.
Design Leader agieren gemeinsam mit Partnern in der Supply Chain.
Dadurch schöpfen sie Economies of Scope aus (Verbundeffekte). Sie for‐
cieren frühzeitig Lieferantenintegrationsprozesse. Beispielhaft stehen
dafür System Sourcing oder Modular Sourcing (vgl. S. 180).
129
B
Einfluss von Führungskonzepten auf die Gestaltung der Supply Chain
Weiterhin generieren innovative Supply‐Chain‐Akteure Dichtevorteile
(Economies of Density). Beispielsweise erzielen sie Bündelungseffekte in
Industrieparks (wie in Hambach, bei der Fertigung des „Smart“). Aus
dieser Agglomeration erwachsen Kostenvorteile („Cost Sharing“).
Raising Rivals Costs: Schließlich kann eine Zugangsschranke für einen
Markt über abschreckende Maßnahmen errichtet werden. Hiernach
verlangt der First‐to‐Market von einem Folger überhöhte Preise für
den Gebrauch seiner Kapazitäten: Zum Beispiel in der Telekommuni‐
kation für die Nutzung von Netzen.
IT‐ Unterstützung Für die Zusammenarbeit im Team ist eine adäquate IT‐Architektur zu
in der Supply schaffen. Der interne und der kooperative Know‐how‐Transfer werden
Chain gewährleis‐ durch vernetztes Arbeiten gewährleistet. Kommunikations‐, Dokumen‐
ten tations‐ sowie Rechercheprozesse in der Supply Chain sollten auf dem
Gedanken von Groupware basieren. Dadurch sind Informationsinseln
zu vermeiden. Die Mitglieder können auf das identische und stets aktu‐
elle Datenmaterial zurückgreifen. In der Logistikkette realisieren diese
Voraussetzungen EDI (Electronic Data Interchange) und Web‐EDI. Im
Simultaneous‐Engineering‐Team unterstützen vor allem die Mitglieder
der Funktionsbereiche Logistik, Einkauf und Operations die Optimie‐
rung innerhalb der Supply Chain. Sie müssen ihre Anforderungen ge‐
genüber dem IT‐Bereich durchsetzen, welcher die Grundlage für eine IT‐
Anbindung aller Wertschöpfungspartner sichert.
„It’s better to burn Ein Supply Chain Management kann sich auch auf eine beabsichtigte
out than to fade Entschleunigung von Prozessen beziehen (vgl. in diesem Kontext die
away…“ Strategien des Postponements auf S. 169). Dies ist beispielsweise mög‐
(N. Young) lich, wenn das Unternehmen über eine Quasi‐Monopolstellung verfügt
oder patentrechtlichen Schutz für bestimmte Leistungen genießt. Wer‐
den die mit den Lieferanten und Kunden im Rahmenvertrag vereinbar‐
ten Richtwerte eingehalten, können Hersteller typische logistische Fehler
vermeiden: Überlieferungen oder Unterlieferungen von Kunden (abwei‐
chende Liefermengen), unkorrekte Liefertermine, falsche Warenanhä‐
nger (Label), qualitative Defizite der Waren, unkorrekte Lieferorte oder
falsche Verpackungen.
130
B.6
Verständnisfragen
B.6 Verständnisfragen
Charakterisieren Sie die Triebkräfte des Wettbewerbs und die Strate‐
gien zur Marktbearbeitung nach M. E. Porter. Inwieweit beeinflussen
diese Triebkräfte mögliche Entwicklungen innerhalb moderner Supp‐
ly Chains?
Was ist eine Kernkompetenz? Welche Voraussetzungen müssen gege‐
ben sein, dass Kernkompetenzen entstehen können? Nennen Sie drei
Praxisbeispiele für die Existenz von Kernkompetenzen aus dem be‐
trieblichen Umfeld.
Kennzeichnen Sie den Market‐Based‐View und den Resource‐Based‐
View in ihren Grundzügen. Wie lassen sich beide Ansätze im GEKKO
kombinieren? Stellen Sie in einer Tabelle die Vorteile und die Nachtei‐
le von GEKKO gegenüber.
Charakterisieren Sie die Weiterentwicklung des Resource‐Based‐View
zum Relational‐View. Gehen Sie dabei auf spezifische Erweiterungen
im Lichte der Supply Chain ein.
Was ist ein Total Quality Management? Gehen Sie näher auf den Be‐
griff ein. Beschreiben Sie die Bedeutung von TQM für zeitgemäße
Wertschöpfungsketten.
Wie unterstützen Lean Management und Kaizen Management ein To‐
tal Quality Management? Charakterisieren Sie in Stichpunkten Lean
Management und Kaizen Management. Inwiefern beeinflusst ein To‐
tal Quality Management die Ausgestaltung einer Supply Chain?
Zeigen Sie Möglichkeiten und Grenzen des Business Reengineerings
auf. Beschreiben Sie die vier „Re’s“ des Business Reengineerings. Wel‐
che Gefahren messen Sie einem Reengineering bei?
Eignet sich eine Bombenwurfstrategie für das Supply Chain Manage‐
ment? Begründen Sie Ihre Aussage. Nennen Sie Gründe, warum im
betrieblichen Umfeld durchschnittlich drei von vier Reengineering‐
Projekten scheitern.
Mit Hilfe welcher Strategien und welcher Instrumente können Orga‐
nisationen ihre Time‐to‐Market verkürzen? Charakterisieren sie kurz
diese Strategien und Hilfsmittel.
Warum kann in Supply Chains der Einsatz bewusster zeitlicher Ver‐
zögerungsstrategien (Entschleunigung) zur Erzielung von Wettbe‐
werbsvorteilen führen?
131
B
Einfluss von Führungskonzepten auf die Gestaltung der Supply Chain
Simultaneous Engineering: Beschreiben Sie das Verfahren und zeigen
Sie die Unterschiede zu einer Sukzessiven Produktentwicklung auf.
Nennen Sie Vorteile und Nachteile von Simultaneous Engineering für
die Ausgestaltung einer Wertschöpfungskette.
Rapid Prototyping: Klären Sie den Begriff. Welches sind die wichtigs‐
ten Techniken des Rapid Prototypings? Suchen Sie sich ein solches
Verfahren aus und benennen Sie dessen Vorteile und Nachteile stich‐
punktartig in einer Tabelle.
Erklären Sie die derzeitige Euphorie um das 3D‐Printing. Welche Wei‐
terentwicklungen in den nächsten Jahren erwarten Sie von diesem
Verfahren?
Resident Engineering: Geben Sie dazu ein Beispiel aus der Automobil‐
industrie an. Entwerfen Sie eine Tabelle, in der Sie die Vorteile und die
Nachteile des Verfahrens gegenüberstellen.
Charakterisieren Sie das Instrument Design‐for‐Manufacturing‐and‐
Assembling in seinen Grundlagen. Führen Sie ein Beispiel aus dem
betrieblichen Umfeld an. Entwerfen Sie eine Tabelle, in der Sie Vorteile
und Nachteile von DFMA gegenüberstellen.
Nennen Sie Gründe für eine bewusste Entschleunigung in Supply
Chains (Postponement‐Strategie). Ziehen Sie im Rahmen Ihrer Erläu‐
terung die Kostenaufwuchskurve heran.
Welches sind die Einflüsse von Time Based Competition auf das
Supply Chain Management von Unternehmen? Nennen Sie Vorteile
und Nachteile von Beschleunigungs‐Strategien für eine zeitgemäße
Supply Chain.
Beschreiben Sie die einzelnen Komponenten eines Supply Chain En‐
gineerings. Wählen Sie einen dieser Stellhebel für eine logistikgerech‐
te Produktentwicklung aus und stellen Sie in einer Tabelle mögliche
Vorteile und Nachteile dieses Instruments gegenüber.
132
C.1
Lernziele und Vorgehensweise
C.2 Grundlagen
Kooperationsstrategien unterstützen die Funktionen von Versorgung, Formen der Koope‐
Entsorgung und Recycling innerhalb zeitgemäßer Lieferketten. Koopera‐ ration
tive Strategien richten sich vertikal oder horizontal aus. Ihre Unterschei‐
dung orientiert sich an den integrierten Wertschöpfungsstufen (vgl. Abbil‐
dung C.1).
© Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2020 133
H. Werner, Supply Chain Management,
https://doi.org/10.1007/978-3-658-32429-2_3
C
Strategien des Supply Chain Managements
Horizontale Kooperationsstrategien richten sich auf die gleiche Stufe der
Wertschöpfung aus. Sie finden zwischen konkurrierenden Partnern
statt, häufig in Form strategischer Allianzen.
Abbildung C.1 Vertikale und horizontale Kooperation
Kooperationsstrategien
Vertikale Kooperationen Horizontale Kooperationen
Kundenkooperation Strategische Allianz
Lieferantenkooperation Coopetition
C.2.1.1 Lieferantenkooperation
„Nur wo das Geld Das Verhältnis zwischen Lieferant und Kunde intensiviert sich seit eini‐
regiert, in der gen Jahren. Der Anbieter wird als „echter“ Wertschöpfungspartner ak‐
Kunde König. Wo zeptiert. Jeder Lieferant bedeutet für den Kunden eine Schnittstelle. Sie
Materialien knapp bindet Kapazitäten, zum Beispiel für die Steuerung der Disposition. Der
sind, ist der Liefe‐ Trend geht dahin, dass viele Hersteller ihre Anzahl an Lieferanten
rant ein Fürst.“ (Number‐of‐Active‐Suppliers) insgesamt verringern. So trennte sich der
(Redewendung)
Bekleidungshersteller Steilmann innerhalb eines Jahres von 40% seiner
Zulieferer, um dadurch seine Stellung im Wettbewerb zu verbessern.
Der britische Lebensmittelhersteller Quaker Oats drückte die Zahl der
Zulieferer für Faltkartons von 22 auf gerade einmal zwei. Ebenso redu‐
zierte der Luft‐ und Raumfahrtkonzern EADS seine Lieferantenanzahl,
über den Zeitraum von vier Jahren, drastisch (von 3.000 auf 500). Den
verbliebenen Lieferanten wurde dabei mehr Verantwortung übertragen.
134
C.2
Grundlagen
Lieferantenintegration in Hambach Beispielblock c.1
In Hambach (Frankreich) fertigt MCC den „Smart“. Dazu hat die Organi‐
sation sieben ausgewählte Lieferanten in Werksnähe in einem Industrie‐
park integriert („Smartville“). Darunter befinden sich Continental und
Magna. Die Tagesproduktion beträgt circa 560 Fahrzeuge. MCC wird
Just‐in‐Sequence beliefert, wodurch die Sicherheitsbestände vergleichs‐
weise gering sind. Das Werk ist in Kreuzform konzipiert („Montage‐
plus‐Konzept“). Jeder der vier Äste übernimmt verschiedene Logistik‐
und Montageanforderungen: Cockpitintegration in die Stahlkarosse (Ast
1), Hochzeit des Fahrzeugs, indem technische Arbeiten unter dem
„Smart“ stattfinden (Ast 2), Verkleidung des Autos mit Panels, Türen
und Scheiben (Ast 3) sowie Einbau der Sitze, Zubehörteile und Räder
(Ast 4). Dabei ist die Bauweise streng modular. Die jeweiligen Baugrup‐
pen laufen über Fließbänder direkt bis an die Montagestraßen. Diese
Struktur benötigt nur wenig Platz. Die maximale Entfernung zwischen
Andockstelle pro Lieferant und Montageband beträgt gerade einmal
zehn Meter. Der „Smart EQ“ ist die Elektrovariante. Derzeit überlegt sich
Daimler, die Produktion des „Smart EQ“ nach China zu verlagern.
Auf Grund der Absicht der Hersteller, die Anzahl ihrer Lieferanten zu Lieferanten koope‐
reduzieren, reagieren einige Zulieferer mit Verbundstrategien. Zum rieren auch unter‐
Beispiel schlossen sich 160 zumeist kleinere Anbieter in Österreich zu einander
dem steirischen Automobilnetzwerk AC Styria zusammen. Der Cluster
stellt eine auf die Automobilindustrie gerichtete Symbiose aus Zuliefer‐
unternehmen dar. Heute finden hier über 40.000 Menschen ihren Ar‐
beitsplatz. Mittlerweile ist der Verbund auf 180 Partner angewachsen.
135
C
Strategien des Supply Chain Managements
Der Gesamtumsatz liegt bei über 2 Milliarden Euro per annum. In dem
Cluster kooperieren beispielsweise 25 Partner aus Österreich, die Opel in
Deutschland mit Teilen beliefern. Sie schöpfen Synergiepotenziale in der
Logistik aus und senken die Frachtkosten durch die gemeinsame Nut‐
zung von Flurförderzeugen. Das Projekt der Steirer entlehnt sich der
Verbund Initiative Automobil (VIA) in Nordrhein‐Westfalen.
Möglichkeiten der Die Hersteller nutzen die Spezialkenntnisse und die Flexibilität der Lie‐
Lieferantenintegra‐ feranten, um ihre eigenen Kapazitäten zu entlasten. Eine Zusammenar‐
tion beit zwischen Hersteller und Zulieferer kann hinsichtlich der Bindungs‐
intensität sowie des Leistungspotenziales unterschieden werden (vgl.
Begriffsblock C.I und S. 187).
Begriffsblock C.I Möglichkeiten der Lieferantenanbindung
Unterscheidung nach der Bindungsintensität
- Systemlieferanten: Sie beliefern den Hersteller direkt (First‐Tier‐
Supplier). Zum Teil wird ihnen die Entwicklungsverantwortung
übertragen. Eine Verzahnung mit dem Hersteller ist auf Dauer
ausgerichtet, die Bindungsintensität hoch.
- Sublieferanten: Es sind Anbieter der zweiten oder nächsten Ord‐
nung (Tier 2 bis Tier n). Sie sind direkte oder indirekte Lieferan‐
ten eines Systemanbieters und indirekte Zulieferer des Herstellers
(OEM). Der Einfluss des Produzenten auf die Sublieferanten ist
gering, die Bindungsintensität zwischen den Akteuren niedrig.
Unterscheidung nach dem Leistungspotenzial
- Black‐Box‐Lieferanten: Black‐Box‐Lieferanten werden frühzeitig
in die Produktentwicklung des Herstellers einbezogen. Das Soll‐
profil definiert dieser im Lasten‐ und Pflichtenheft. Im Rahmen
der Realisierung von Anforderungen werden dem Lieferanten
Freiheiten eingeräumt, sein Leistungspotenzial ist sehr hoch.
- Detailvorgabelieferanten: Ein Hersteller überlässt dem Detail‐
vorgabelieferanten Zeichnungen und Skizzen. Dieser fertigt nach
strikten Anweisungen. Der Detailvorgabelieferant richtet sein
Leistungsangebot nach den Rahmen‐ und den Fertigungsbedin‐
gungen des Produzenten aus.
- Kataloglieferanten: Standardteile werden von den Kunden quasi
aus einem Katalog abgerufen. Spezifische Wünsche bleiben unbe‐
rücksichtigt. Das Leistungspotenzial des Anbieters ist niedrig.
136
C.2
Grundlagen
Auf S. 119 wurde bei der Beschreibung von Simultaneous Engineering Was ist ein Resi‐
kurz auf die Möglichkeit des Resident Engineerings eingegangen. Lie‐ dent Engineer?
feranten entsenden eigene Mitarbeiter zum Hersteller. Für die Dauer
von zwei bis drei Jahren werden diese in die Produktentwicklung des
Herstellers integriert, weil in den frühen Phasen die größten Möglichkei‐
ten zur Beeinflussung der Wettbewerbsfaktoren Kosten, Zeit, Qualität,
Flexibilität, Innovation, Nachhaltigkeit und Information bestehen (vgl.
Beispielblock c.2).
Resident Engineering Beispielblock c.2
Continental Automotive Systems und Thyssen Krupp entsenden Resident Engi‐
neers nach Wolfsburg zu VW. Diese sind in die Entwicklung eines
Triebstrangs für den neuen Golf involviert. Frühzeitig richten die Ingenieure
der beiden Zulieferer ihre Aktivitäten auf die Wünsche des Herstellers VW
aus.
Zur Verbesserung ihres Supply Chain Managements werden die Ab‐ Fitness‐for‐use
nehmer aktiv und schulen ihre Lieferanten. Die Kunden versuchen eine
Kompatibilität zwischen den Akteuren herzustellen. In die Entwicklung
der „Concorde“ bezog Chrysler ausgewählte Lieferanten ein, stattete
diese mit einer identischen (CAD‐gestützten) Software aus und schulte
die Mitarbeiter der Zulieferer. Fragen der Lieferanten konnten direkt
beantwortet werden. Für Chrysler gab es keine Konvertierungsprobleme
mit den eingehenden Dateien.
Die Zusammenarbeit zwischen Lieferant und Kunde kann jedoch auch Nicht immer funk‐
Probleme beinhalten. Gefahren für ein Supply Chain Management sind tionieren Lieferan‐
vor allem darin zu sehen, dass einer der Beteiligten versucht, einseitig tenanbindungen
die Preise zu drücken, oder lediglich die Bestandsverantwortung auf
einen Dritten zu überwälzen. Auch wird die eherne Zielsetzung einer
Win‐Win‐Situation zwischen Lieferanten und Kunden manchmal auf eine
ernste Probe gestellt, was nachstehendes Beispiel unterstreicht:
137
C
Strategien des Supply Chain Managements
C.2.1.2 Kundenkooperation
„Der Kunde steht Neben der Zusammenarbeit mit den Lieferanten suchen die Hersteller
bei uns im Mittel‐ auch eine intensivierte Kooperation mit ihren Kunden. Die Erwartungen
punkt, und deshalb und die Anforderungen von Kunden werden vielfach in Gruppen ge‐
immer im Weg.“ bündelt. Es sind in diesem Zusammenhang drei Arten zu unterscheiden:
(Redewendung) Ausgesprochene Erwartungen, unausgesprochene Anforderungen so‐
wie unausgesprochene Erwartungen.
Kundenwünsche Im Mittelpunkt steht das Erkennen der Wünsche von Konsumenten.
frühzeitig erkennen Dazu findet das Laboratory‐Store‐Concept Einsatz. Der Grundgedanke
bei diesem aus Japan stammenden Ansatz ist, dass der Kunde nicht nur
ein Feedback zu ihm vorgelegten Produktalternativen gibt, sondern
unmittelbar in den Entwicklungsprozess einbezogen ist. Er wirkt im
„Labor“ aktiv mit und wird dort befragt oder beobachtet. Beispielblock
c.3 verdeutlicht diesen Zusammenhang.
138
C.2
Grundlagen
Kundenintegration Beispielblock c.3
Little Tikes ist ein Spielwarenhersteller aus den USA. In das „Child Care
Center“ der Organisation werden Kinder zum Spielen mit neu entwickelten
Spielsachen, Prototypen oder verbesserten Spielzeugvarianten eingeladen.
Mitarbeiter von Little Tikes beobachten und befragen die Kinder. Dadurch
bekommen die Ingenieure sehr früh Hinweise für ihre Entwicklungskonzep‐
te: Little Tikes konnte die Rate an Ladenhütern dadurch deutlich reduzieren.
Zur Beschreibung und Erforschung von Kundeneinstellungen bietet sich Conjoint Analyse
Conjoint Measurement an (vgl. Gustafsson et al. 2013). Seit Ende der 70er
Jahre setzen Marktforschungsinstitute das Verfahren ein. Ausgewählte
Befragte bringen vollständige Produktversionen in eine Rangordnung.
Die Nachfrager geben Präferenz‐ oder Paarvergleiche ab. Dann sind
Teilnutzenwerte für die einzelnen Ausstattungsmerkmale eines Pro‐
dukts dekompositionell (durch das Herunterbrechen von Gesamtpro‐
dukten auf die Ebene ihrer Teile) abzuleiten. Deren jeweiliger Beitrag am
Gesamtnutzen eines Produkts wird festgestellt. Das Produkt ist nicht
länger homogenes Ganzes, sondern heterogenes Bündel verschiedener
Teileigenschaften. Auf Grund der Variation einer Teileigenschaft, kann
die dadurch entstandene subjektive Nutzenänderung in Einheiten abge‐
lesen werden.
In der „Star‐Alliance“ bündeln bereits seit einigen Jahren internationa‐
le Fluggesellschaften ihre Kompetenzen. In diese Partnerschaft sind
beispielsweise Air Canada, Asiana Airlines, Lufthansa, Scandinavian Air‐
lines, Singapore Airlines, Swiss oder United eingebunden.
Seit dem April 2014 vertreibt die Bitburger Brauerei das Benedektiner
Weißbräu der Klosterbrüder aus dem Ettal. Das Brauen selbst, natür‐
139
C
Strategien des Supply Chain Managements
Die beiden in der Medizintechnik tätigen Unternehmen B. Braun und
Paul Hartmann gründeten „MedSL“, um insbesondere die Kosten für
die Warenverteilung gemeinsam zu schultern.
In der Pharmabranche schlossen sich im Jahre 2015 Pfizer und Merck
zur Entwicklung eines gemeinsamen Mittels gegen Krebs in einer Ko‐
operation zusammen (Projekt „Anti PD‐L1“).
Zusammenarbeit Coopetition ist eine besondere Form der horizontalen Kooperation. Der
und Wettbewerb Begriff speist sich aus Corporation (Zusammenarbeit) und Competition
im Gleichschritt (Wettbewerb). Zum Beispiel beschlossen Daimler und Renault‐Nissan eine
weitreichende Zusammenarbeit, die sich insbesondere auf drei Segmen‐
te bezieht: Gemeinsame Kleinwagenentwicklung (betrifft den „Smart“
bei Daimler und den „Twingo“ von Renault), kooperative Motorenent‐
wicklung (Daimler übernimmt kleinere Aggregate von Renault – im Ge‐
genzug erhält die noble Nissan‐Tochter Infinity Vier‐ und Sechszylinder
von Daimler) sowie die Zusammenarbeit bei leichten Nutzfahrzeugen
(Daimler ist an der Entwicklung eines Kastenkombis interessiert, der sich
an den Renault „Kangoo“ anlehnt). In allen anderen Bereichen stehen
Daimler und Renault‐Nissan jedoch weiterhin im scharfen Wettbewerb
zueinander.
140
C.3
Strategien der Versorgung
141
C
Strategien des Supply Chain Managements
Abbildung C.2 Komponenten von Efficient Consumer Response
Logistikkomponenten Marketingkomponenten
Vendor Managed Inventory Efficient Product Introduction
Cross Docking Efficient Store Assortment
Synchronized Production Efficient Promotion
IT‐Architektur
142
C.3
Strategien der Versorgung
143
C
Strategien des Supply Chain Managements
Begriffsblock C.II VMI und benachbarte Begriffe
Funktionsweise Bei der Bestandsführung über Vendor Managed Inventory sind pro
von VMI Sachnummer, in Abhängigkeit des Lagerhaltungsmodells, ein Mindest‐
bestand und ein Höchstbestand zu definieren. Zusätzlich kann ein Si‐
cherheitsbestand festgeschrieben werden (Reichweitenkorridor). Beim
Erreichen des Meldebestands sorgt der Lieferant automatisch für den
Warennachschub. Er zeichnet für diesen Prozess verantwortlich. Wenn
der Hersteller die Regale des Handels selbst auffüllt, beliefert er im Sin‐
ne von Rack Jobbing. Dieses Prinzip findet auch in der Industrie weite
Verbreitung. Eine Reihe spezieller Techniken unterstützen Vendor Ma‐
144
C.3
Strategien der Versorgung
Roll Cage Sequencing (RCS): Synonym wird der Ansatz mit dem Be‐ Container an
griff „Efficient Operating Standards“ umschrieben. Die Beladung Layout anpassen
von Fahrzeugen im (Zentral‐) Lager erfolgt filialgerecht (vgl. die Aus‐
führungen zu Cross Docking auf S. 152). In diesem Kontext bedeutet
RCS, die Reihenfolge der Transporteinheiten mit dem Layout der zu
beliefernden Filialen so abzustimmen, dass bei der Entladung vor Ort
die Paletten und die Rollcontainer direkt auszuräumen sind. Bei‐
spielsweise entspricht die Höhe des Artikels im Idealfall seiner späte‐
ren Positionierung im Regal.
Efficient Unit Loads (EUL): Dieses Hilfsmittel konzentriert sich auf Ladungsträger
die beim Warenumschlag zum Einsatz kommenden Ladungsträger optimieren
(Paletten, Rollcontainer, Kartonagen, Fässer). EUL bemüht sich um die
Schaffung einheitlicher Standards zur Optimierung von Transport‐
und Lageraktivitäten. Die Beratungsgesellschaft A.T. Kearney sieht in
der Berücksichtigung einheitlicher Ladungsträger ein Kostenreduzie‐
rungspotenzial von 1,2 % (vgl. Werner 2013b, S. 15).
Bei Berücksichtigung einer Bestandsführung im Sinne von Vendor Ma‐ Betroffene Wettbe‐
naged Inventory orientieren sich die Hersteller an der tatsächlichen werbsfaktoren
Nachfrage ihrer Kunden (Pull‐Steuerung). Mit Hilfe von VMI wird viel‐
fach eine Verbesserung wichtiger Schlüsselgrößen des Wettbewerbs
erreicht:
145
C
Strategien des Supply Chain Managements
Beschleunigungs‐ Forcierung der (Durchlauf‐) Zeit: Die Durchlaufzeiten verkürzen sich
erfolge bei einer VMI‐Abwicklung um bis zu 20% (vgl. Seifert 2004, S. 28).
Servicegrade hoch‐ Steigerung der Qualität (Erhöhung von Service‐ und Dienstleistungs‐
fahren grad): Laut Mau verbessert sich der Servicegrad des Handels durch
die Einführung von Vendor Managed Inventory auf bis zu 99,9% (vgl.
Mau 2003, S. 89).
Reichweitenfenster Lagerkapazität: Um ein Überfüllen der Lagerstätten am Point‐of‐Sale
zu vermeiden, werden dem Lieferanten, für die betroffenen Sach‐
nummern, maximale Lagerkapazitäten zugeteilt.
Rhythmus definie‐ Anlieferrhythmen: Bei relativ kontinuierlichen Bedarfen können „fes‐
ren te“ Anlieferrhythmen definiert werden. Dadurch sinken die Transak‐
tionskosten, weil administrative Tätigkeiten teilweise entfallen.
146
C.3
Strategien der Versorgung
147
C
Strategien des Supply Chain Managements
148
C.3
Strategien der Versorgung
Ein zweites Beispiel für eine Abwicklung über VMI stellt Twentieth „Der Fuchs, der an
Century Fox Home Entertainment Germany (nachstehend kurz „FOX“ die Trauben nicht
genannt) dar. FOX ist ein Tochterunternehmen des Filmstudios Twentieth rankam, behauptet,
Century Fox und gehört seit 2019 zur Walt Disney Company, einem der sie sind eh sauer.“
größten Medienkonzerne der Welt. Das Unternehmen ist in allen rele‐ (Redewendung)
vanten Märkten mit eigenen Niederlassungen vertreten und vertreibt
Filmproduktionen und TV‐Serien der konzerneigenen Filmstudios auf
digitalen Datenträgern mit den Standardformaten DVD und Bluray.
Neuerdings ermöglicht FOX seinen Kunden auch einen elektronischen
Datendownload über VOD („Video on Demand“) und EST („Electronic
Sell Thru“). Mit Standort Frankfurt am Main ist FOX für die Vermark‐
tung der physischen Medien in den Bereichen Rental (Verleihgeschäft)
und Retail (Kaufgeschäft) in Deutschland und Österreich verantwortlich.
Seit 20 Jahren (Stand: 2020) praktiziert FOX Vendor Managed Invento‐ „Johnny the Fox
ry. Mittlerweile wickelt das Unternehmen mehr als 50% seiner Disposi‐ meets Jimmy the
tionsvorgänge mittels VMI ab. Zunächst nutzte FOX das IT‐System eines Weed...“
Dienstleisters. Doch seit über zehn Jahren setzt die Organisation auf (Thin Lizzy)
eigene Systeme, die weltweit Einsatz finden. Zunächst musste bei den
Retailern einige Überzeugungsarbeit geleistet werden, um die benötig‐
ten Bestands‐ und Verkaufsdaten zur Verfügung zu stellen. Doch all‐
mählich hat ein Umdenken bei den Handelspartnern stattgefunden: Es
ist ein gutes Argument, wenn aus Pilotprojekten etlicher Filialen (Out‐
lets) von Umsatzverdopplungen berichtet wird, die eine VMI‐
Abwicklung gegenüber tradierter Nachschuborganisation erzielt. Au‐
ßerdem schätzt der Fachhandel die Entlastung seiner lokalen Einkäufer,
indem diese von der Disposition des Basissortiments befreit sind und
mehr Zeit für anderweitige Tätigkeiten finden. Die Kunden können bei
FOX zwischen einer Vollversorgung und einer Teilversorgung wählen:
Im ersten Fall wird das gesamte aktive Produktportfolio mittels VMI
disponiert, im zweiten Fall nur der klassische Katalogbereich (vgl. Wer‐
ner/Brill 2011).
Sämtliche Datenströme wickelt FOX über EDI ab. Die notwendigen Systemabwicklung
Informationen werden in separaten Warenwirtschaftssystemen verar‐ bei FOX
beitet und gegebenenfalls ausgewählten Dienstleistern zur Verfügung
gestellt (vgl. Werner/Brill 2011).
Basiswarenwirtschaftssystem: Zunächst werden die Abverkaufs‐ und Grundsystem
Bestandsdaten über Nacht in das Basiswarenwirtschaftssystem J.D.
Edwards eingelesen und an das separate VMI‐System „Demantra“
(vgl. unten) weitergeleitet. Ebenso sendet das Warenwirtschaftssys‐
149
C
Strategien des Supply Chain Managements
tem eines Logistikdienstleisters offene Bestellungen und Lieferungen
an das Basissystem. Unbekannte oder falsche EAN‐Codes werden
nicht berücksichtigt und in einem täglichen Fehlerreport zur weiteren
Bearbeitung gesammelt. Für sie ist eine Stammdatenkorrektur in den
Basissystemen vorzunehmen.
IT‐Customizing Titelplanung (MIDAS): Pro Titel und Filiale sind minimale und ma‐
ximale Lagerreichweiten vorgegeben. Das System MIDAS („Mainte‐
nance of Item, Display and Store Relationship“) wurde speziell von
FOX entwickelt. Dieses Tool weist beispielsweise auf Titel hin, die
keinesfalls im Sortiment des Kunden fehlen sollten. Temporäre Akti‐
onen werden mit Start‐ und Endterminen versehen. Für sie sind am
Point‐of‐Sale zumeist Sonderflächen auszuweisen. In MIDAS erfolgt
die Festschreibung grundlegender Eckwerte. Die Gretchenfrage lau‐
tet: „Welche Filiale hat welche Titel in welcher Menge wann im Sorti‐
ment vorzuhalten?“
Detailplanung VMI‐Account Manager: In dem Account Manager werden die täglich
ermittelten Lieferungen aus dem Demand Replenisher freigegeben
und an das Dispositionssystem des Logistikdienstleisters übermittelt.
Der Account Manager gestattet es dem FOX‐Mitarbeiter, komplexe
Displays auf Titel‐ und Storeebene in ein EXCEL‐Arbeitsblatt einzu‐
spielen. Manuell können Aufträge eingelesen und freigegeben sowie
Erstbestückungen für Aktionen oder Retourenabrufe vorgenommen
werden.
Performance Mes‐ VMI‐Reporting Manager: Schließlich findet die Leistungskontrolle im
sung Reporting Manager statt. Sämtliche relevanten Informationen werden
150
C.3
Strategien der Versorgung
Der VMI‐Prozess (vgl. Werner/Brill 2011) wird in der Regel über Scan‐ Im Anfang war der
Vorgänge an den Kassen der Handelsfilialen angestoßen. Diese Ver‐ Sales Report…
kaufszahlen werden FOX zunächst im „Sales Report“ (SLSRPT) via EDI
übermittelt. Der Disponent ergänzt diese Daten um bedarfsrelevante
Informationen. Somit erfährt FOX – täglich aktualisiert – den verfügba‐
ren Bestand pro Titel am Point‐of‐Sale. Außerdem transferiert eine jewei‐
lige Filiale den Lagerbestandsbericht an FOX, wobei diesbezüglich das
Nachrichtenformat INVRPT („Inventory Report“) Einsatz findet. Das
Einlesen dieser Daten, ihre weitere Verarbeitung sowie die Ableitung
von Bedarfen erfolgt automatisch auf Basis der eingestellten Parameter.
Die Bestandshöhe eines Bild‐ oder Tonträgers errechnet sich aus der
vereinbarten Lagerreichweite und den tatsächlichen Kundenbedarfen
eines Titels (dem Bruttobedarf abzüglich der verfügbaren Vorräte vor
Ort). Im nächsten Schritt ermittelt der Disponent die Liefertermine und
die Liefermengen der jeweiligen Aufträge (ORDERS). Entgegen tradier‐
ter Bestandsführung wartet FOX nicht auf den Kundenabruf, sondern
übersendet dem Handel vielmehr eine selbst initiierte Bestellung mit
Auftragsnummer. Etliche Kunden überprüfen diese Informationen, und
sie nehmen gegebenenfalls Änderungen vor oder lehnen den Auftrag ab
(Co‐Managed Inventory). Wenn sie den Auftrag bestätigen, nutzen sie
dazu den Übertragungstyp ORDRSP („Pegged Orders“). Andere Kun‐
den überlassen hingegen die Auftragsplanung vollständig dem Dispo‐
nenten von FOX (Vendor Managed Inventory in Reinform).
Vor der physischen Auslieferung der digitalen Datenträger stellt FOX Direktversorgung
den Kunden ein Lieferavis zu. Dieser elektronische Lieferschein wird nur im Notfall
mit Hilfe des Nachrichtenformats DESADV („Despatch Advice“) über‐
mittelt. Auf ihm finden sich die final gelisteten Lieferpositionen. Nach‐
dem der Kunde die Waren vereinnahmt hat, gleicht er die Lieferdoku‐
mente mit den gebuchten Wareneingängen ab. FOX erhält über das
Format RECADV („Receiving Advice“) eine Bestätigung des Warenein‐
gangs. Schließlich stellt FOX die (Sammel‐) Rechnung und übersendet
diese dem Kunden. Die Warenzustellung erfolgt im Übrigen zumeist
über eine vorherige Zentrallagerung und spätere filialgerechte Kommis‐
sionierung (Cross Docking). Wenn allerdings Stock‐outs am Point‐of‐
Sale drohen, wird durch FOX eine Direktbelieferung an die Filialen
151
C
Strategien des Supply Chain Managements
vorgenommen. Innerhalb von 48 Stunden ist dann ein unmittelbar zuge‐
stellter Ton‐ oder Bildträger im Handel verfügbar. Abbildung C.3 visua‐
lisiert die oben beschriebenen VMI‐Arbeitsschritte bei FOX.
Abbildung C.3 VMI bei Twentieth Century Fox
Handel
ORDRSP RECADV
152
C.3
Strategien der Versorgung
Beim artikelreinen Cross Docking wird nur eine Sachnummer pro Mixed Load ver‐
Palette distribuiert. Der Lieferant verschickt Vollpaletten in den zent‐ meiden
ral gelegenen Transshipment Point, der nur als Zwischenlagerstätte
dient. Ohne Aufbruch der Paletten findet deren Entsendung an den
Handel statt. Diese Methode eignet sich vor allem für großvolumige,
schnell drehende Artikel und Display‐Paletten.
Das einstufige Cross Docking beschreibt eine Variante, bei der die Vorkommissionie‐
Waren durch den Hersteller pro Palette bereits vorkommissioniert rung
werden. Im Zentrallager findet für diese Mischpaletten in der Regel
nur eine Zwischenlagerung statt. Bei Bedarf werden diese Artikel an
die Kunden distribuiert (teilweise gemeinsam mit sonstigen Sendun‐
gen). Dementsprechend ist der logistische Mehraufwand für das ein‐
stufige Cross Docking gering.
Die am häufigsten angewendete Variante eines Cross Dockings ist das Cross Docking im
Zwei‐Stufen‐Prinzip. Artikelreine Paletten werden in die Docking engen Sinn
Station gebracht, dort aufgebrochen und später filialgerecht verteilt
(„Cross Docking im engen Sinn“). Im Handel beträgt die Verweildau‐
er der Waren im Transshipment Point zum Teil unter 24 Stunden. Ab‐
bildung C.4 visualisiert die Abwicklung von Cross Docking nach dem
Zwei‐Stufen‐Prinzip.
Als Strategie für das Supply Chain Management eignet sich Cross Do‐ Eigenschaften des
cking zur Verbesserung der Lager‐ und der Handlingskosten. Außerdem Cross Dockings
dient das Verfahren zur Einsparung von Lagerplatz. Aus Sicht des Kun‐
den (insbesondere des Handels) wird der Warenumschlag pro Sach‐
nummer gepusht. Hier kommt das Wesen des Supply Chain Manage‐
ments zum Ausdruck: Eine Abkehr von Versorgungs‐, Entsorgungs‐
und Recyclingketten mit hohen Lagerbeständen sowie unregelmäßigen
Lieferungen großer Mengen. Und die Hinwendung zu Prozessen mit
geringer Lagerhaltung, welche auf der tatsächlichen Nachfrage ohne
Vorlauf basieren (vgl. Stickel 2006).
153
C
Strategien des Supply Chain Managements
Abbildung C.4 Zweistufiges Cross Docking
Transshipment‐
Hersteller Kunde
point
A
aaaaa 1
abc
aaaaa
Bier
aacc 2
B
bbbbb
bbbbb bb 3
Kartoffelchips
aac
4
C
ccccc
ccccc
bbc
Pizza 5
Kosten auf mehre‐ Die Kosten für die Einrichtung eines Transshipment Points trägt im
re Schultern ersten Schritt der Kunde (beispielsweise der Handel). Über den Preis
verteilen: Cost überwälzt er aber einen Teil der Kosten an den Hersteller. Auch der
Sharing Endverbraucher trägt, über erhöhte Verkaufspreise der Waren, teilweise
zur Deckung der Kosten bei. Im Kern entstehen Kosten für das Waren‐
handling im Zentrallager. Diese Dienste lassen sich Logistikdienstleister
(3PL) entsprechend vergüten. Allerdings rechnet sich offenkundig –
vornehmlich im Handel – eine Abwicklung im Sinne von Cross Docking
mittlerweile durchaus. Die originär entstandenen Kosten werden von
den eingehenden Erträgen zum Teil deutlich überkompensiert. Entspre‐
chend sieht McKinsey in der Nutzung von Cross Docking im Handel ein
Kostensenkungspotenzial zwischen 10% und 15% (vgl. Werner 2013b, S.
23). Aber auch in mehreren anderen Branchen (wie Bauwirtschaft, Che‐
154
C.3
Strategien der Versorgung
mie oder Automotive) wird Cross Docking mittlerweile recht erfolgreich
betrieben.
Kleine und mittelgroße Organisationen nutzen zur Durchführung von „Chips on my
Cross Docking ein Multiple User Warehouse. Darunter ist der Aufbau shoulder, more as I
eines Umschlagsplatzes zu verstehen, den unterschiedliche, rechtlich grow older…”
selbständige Partner, gemeinsam nutzen. Die beteiligten Akteure vertei‐ (Soft Cell)
len dabei die Lagerinvestitionen auf mehrere Schultern („Cost Sharing“).
Den Betreiber des Transshipment Points (3PL) entlohnen die Supply‐
Chain‐Akteure im Idealfall anteilig über Prozesskostensätze. Allerdings
gestaltet sich die Bezahlung des Dienstleisters über Prozesskostensätze
sehr arbeitsintensiv, wenn sich mehrere unabhängige Partner den Platz
innerhalb der Docking Station teilen. In diesem Fall bietet sich eine Kal‐
kulation über genutzte Flächenmeter der Lagerzonen an.
Grundsätzlich entstehen durch die Anwendung von Cross Docking Nutzen des Verfah‐
reduzierte Lagerbestände auf sämtlichen Stufen der Supply Chain. Ein rens
weiterer Vorteil ist eine bessere Nutzung der im Lager gewonnenen
Fläche. Ferner wird der Wettbewerbsfaktor Zeit optimiert, indem Ein‐
und Auslagerungsprozesse schneller stattfinden. Die zeitliche Abstim‐
mung mit dem Handel verbessert die Frische und reduziert die Anzahl
der Waren mit abgelaufenem Mindesthaltbarkeitsdatum. Außerdem
führt die Bündelung der Warensendungen zu einer besseren Auslastung
der Transportmittel.
Doch wo Licht ist, findet sich bekanntlich auch Schatten. Cross Docking Grenzen der filial‐
kennt Schwierigkeiten in der organisatorischen Umsetzung. Etliche gerechten Kommis‐
potenzielle Partner verfügen schlichtweg nicht über die benötigten La‐ sionierung
gerkapazitäten oder einen geeigneten Fuhrpark, um das Verfahren um‐
zusetzen. Deshalb sind entweder Investitionen zu tätigen, oder Koopera‐
tionen mit Logistikdienstleistern einzugehen. Außerdem hapert es in
manchem Fall nicht zwingend an den zur Verfügung stehenden Infor‐
mations‐ und Kommunikationssystemen, sondern an der mangelnden
Genauigkeit der ausgetauschten Daten. Auch wird um die Wahrung der
Geheimhaltungssphäre gefürchtet. Ein weiteres Risiko besteht darin,
dass sich die Kosten nicht unbedingt über sämtliche Stufen der Supply
Chain gleichermaßen reduzieren, sondern lediglich in der logistischen
Kette vom Kunden zum Hersteller verschieben. Die durchschnittliche
Dauer zur Implementierung von Cross Docking beträgt im Übrigen
sieben Monate (vgl. Lillig et al. 2005, S. 30).
Als Praxisbeispiel für die Durchführung von Cross Docking sei auf das Praxisbeispiel
Unternehmen Danzas verwiesen. Die Danzas Holding AG wurde 1815
155
C
Strategien des Supply Chain Managements
156
C.3
Strategien der Versorgung
Efficient Product Introduction: Die effiziente Einführung neuer Pro‐ Phase „Concept‐to‐
dukte bezieht sich auf die Reduzierung der Flopraten. Diese geben Cash“ verkürzen
die durchschnittliche Wahrscheinlichkeit für das Auftreten eines Fehl‐
schlags in der Produktentwicklung in Prozent an. Industrie und Han‐
del erarbeiten gemeinsam Konzepte, um Ladenhüter in den Regalen
zu vermeiden. Sie bündeln ihre Kompetenzen. Beispielsweise wollte
der belgische Handelsriese Delhaize in sein Sortiment eine Eigenmarke
für gekühlte Fertiggerichte aufnehmen. Mit Hot Cuisine fand man ei‐
nen geeigneten Partner. Hot Cuisine bietet Fertiggerichte an und be‐
herrscht das „Vacuum Cooking“. Die Partner entwickelten eine ge‐
meinsame Strategie zum Absatz der Vakuumierungs‐Technologie.
157
C
Strategien des Supply Chain Managements
Beispiel ist eine Ausgewogenheit zwischen Strategieartikeln und Pro‐
fitartikeln herzustellen (Sortimentsmix): Strategieartikel sind Fre‐
quenzbringer, die zwar nur über einen geringen Deckungsbeitrag ver‐
fügen, aber die Kunden in das Geschäft locken. Profitartikel weisen
hingegen einen hohen Deckungsbeitrag auf.
Persönlich initiierte Efficient Promotion: Innerhalb von Efficient Consumer Response sind
Maßnahmen am schließlich Aktivitäten zur effizienten Verkaufsförderung zwischen
POS den Herstellern und den Handelsgeschäften abzustimmen. Die per‐
sönlich initiierten Maßnahmen richten sich direkt auf den Point of Sa‐
le aus (der sich immer mehr zum Point of Difference entwickelt).
158
C.3
Strategien der Versorgung
Customer Relationship Management und verwandte Konzepte Begriffsblock C.III
Relationship Marketing: Darunter ist die Entwicklung und Verbesse‐ Kunden dauerhaft
rung bestehender Kundenbeziehungen zu verstehen. Der Schwer‐ gewinnen
punkt von Aktivitäten liegt beim Relationship Marketing nicht auf ei‐
ner Akquisition neuer Kunden (vgl. Bruhn 2016).
One‐to‐One‐Marketing: Ein One‐to‐One‐Marketing rückt den einzel‐ Kundennutzen
nen Kunden stärker in den Mittelpunkt. Es geht nicht darum, mög‐ entscheidet
lichst viele Käufer zu finden, sondern an besonders umsatzstarke
Kunden Produkte abzusetzen (zum Beispiel mittels Cross Selling). Es
wird beim One‐to‐One‐Marketing der Versuch unternommen, diese
Stammkunden langfristig an die Organisation zu binden.
159
C
Strategien des Supply Chain Managements
KPI zur Messung Im Sinne eines Customer Relationship Managements (CRM) sind die
des Kundennut‐ Faktoren Kundenzufriedenheit, Kundenloyalität und Kundenakquisiti‐
zens on ständig zu verbessern. Ein reines Transaktionsmarketing hat sich
durch das Aufkommen von CRM zum echten Beziehungsmarketing
gewandelt. Diese Erweiterung bezieht sich insbesondere auf die Kom‐
ponenten Information, Interaktion, Integration und Individualisierung.
„Wie?“: Kunden in Interaktion: Zum Austauschprozess zwischen einer Organisation mit
den Mittelpunkt ihren Kunden können virtuelle Gemeinschaften (Communities) auf‐
rücken gebaut werden. Dadurch soll ein Zugehörigkeitsgefühl für den Kun‐
den entstehen. Eine Möglichkeit dazu bieten Diskussionsforen im In‐
ternet oder die Nutzung von Social Media Kanälen.
„Womit?“: Kun‐ Integration: Der Anspruch nach Integration bedeutet, den Kunden di‐
denbeziehung rekt in den Prozess zur Leistungserstellung einzubinden. Beispielhaft
messen dafür steht im Supply Chain Management ein Tracking and Tracing.
Eine weitere Möglichkeit bietet das „Affiliate“‐Programm. Darunter ist
ein System zu verstehen, welches eine erfolgsabhängige Vergütung
von Usern sichert: Wie der Erfolgsbonus, den Amazon und Sky für das
aktive und erfolgreiche Werben neuer Kunden gewähren.
„Wodurch?“: Individualisierung: Die Individualisierung im Customer Relationship
Spezialisierung Management beschreibt den Übergang von Mass Consumption zu
und Vergleich Mass Customization (vgl. S. 164 dieser Schrift). Mit Hilfe von „Collabo‐
umsetzen rative Filtring“ besteht die Möglichkeit, individuelle Empfehlungen –
auf Basis eines Präferenzvergleichs – an weitere Nutzer zu geben.
Über das Internet werden dabei den Usern ausgewählte Produktvor‐
schläge übermittelt.
Schlüsselgrößen Ein Customer Relationship Management zielt auf die Intensivierung der
definieren Austauschprozesse von Herstellern und Kunden. Es dient einer Verbes‐
serung der strategischen Zielgrößen Profitabilität, Differenzierung und
Dauerhaftigkeit.
Profit sichern Profitabilität: Klassische Strategien des Marketings richteten sich vor
allem darauf aus, möglichst viele Kunden an sich zu binden, um den
Share‐of‐Market (Marktanteil) zu steigern. Das Customer Relationship
160
C.3
Strategien der Versorgung
Management bezieht sich hingegen im Schwerpunkt auf die Verbesse‐
rung der Kaufintensität zu selektierten Kunden (Share‐of‐Wallet).
Differenzierung: Die Kunden werden nicht länger als eine wenig dif‐ Kundenindividuell
ferenzierte Einheit verstanden. Vielmehr entwickeln sich Massenpro‐ in Masse
dukte sukzessive zu echten Maßanfertigungen (Mass Customization).
Dauerhaftigkeit: Im Rahmen von CRM ändert sich die Zielvorgabe. Long‐Range‐
Sie ist nicht länger der möglichst umfangreichen Neukundengewin‐ Planning
nung geschuldet, sondern wendet sich der langfristigen Pflege bereits
bestehender Kundenbeziehungen zu.
Wesentlich für ein Customer Relationship Management ist die intensive Touch Points
Nutzung moderner Informations‐ und Kommunikationstechniken. Bis‐ schaffen
herige Insellösungen des Marketings (wie Help‐Desk‐Lösungen oder
Vertriebsinformationssysteme) werden nicht länger geduldet. Sie gestat‐
ten keine einheitliche Sichtweise zum Kunden und beinhalten lediglich
unvollständige oder veraltete Daten. Jetzt werden diese Informationen
in ein unternehmensweit standardisiertes CRM‐System eingebunden.
Dieses System ist ein „Customer Touch Point“ (Kontaktpunkt), der den
Dialog mit den Kunden gewährleistet.
Ein Customer Relationship Management stellt eine systematische Zu‐ „It’s not hard to go
sammenführung von Kundeninformationen dar, verbunden mit der the distance when
Synchronisation sämtlicher Kommunikationskanäle, um den Kunden you finally get
ganzheitlich abzubilden („One‐Face‐of‐the‐Customer“). Dadurch ist eine involved face to
differenzierte und einheitliche Ansprache in Kundenrichtung gewähr‐ face…“
leistet: „One‐Face‐to‐the‐Customer“ (vgl. Bruhn 2016; Buttle 2019, S. 53; (Daft Punk)
Hippner et al. 2011; Raab/Werner 2010).
C.3.2.1.1 Komponenten
Die Komponenten des Customer Relationship Managements setzen sich Struktur von CRM
aus dem kommunikativen CRM, dem operativen CRM sowie dem ana‐
lytischen CRM zusammen (vgl. Hippner et al. 2011, S. 91ff.). Diese Inhalte
werden im Folgenden kurz beschrieben.
161
C
Strategien des Supply Chain Managements
Front‐End‐Back‐ Das operative CRM beinhaltet sämtliche Lösungen, die in unmittelba‐
End‐Lösung rer Verbindung zum Front‐Office, dem Kontaktpunkt zum Kunden,
stehen. Ein operatives CRM untergliedert sich in Marketing Automa‐
tion, Sales Automation sowie Service Automation. Zur zielführenden
Verarbeitung innerhalb der Supply Chain wird das Know‐how aus
dem Front‐Office im Back‐Office verarbeitet. Mögliche Lösungen in
diesem Back‐Office stellen ERP‐ und APS‐Systeme dar.
Closed‐Loops Schließlich sind im analytischen CRM Kundenkontakte und Kunden‐
reaktionen systematisch aufzuzeichnen. Dadurch wird sichergestellt,
dass keine Informationen versickern. Wenn sich beispielsweise ein
Kunde im Call Center der Organisation beschwert, muss dieses Wis‐
sen bis auf die oberste Managementebene durchdringen können.
CRM ist ein Ansatz im Sinne von Closing‐the‐Loop: Die Beschwerde des
Kunden wird in das CRM‐System eingegeben, dort gepflegt und so
lange verfolgt, bis das Problem gelöst ist. Wesentliche Systembestand‐
teile eines analytischen Customer Relationship Managements sind Da‐
ta Warehouse, OLAP und Data Mining (vgl. S. 375).
162
C.3
Strategien der Versorgung
Ein Kunde über das Internet bei einem Hersteller seiner Wahl Waren
bestellt und dieser Kundenauftrag bei dem Hersteller in einem IT‐
System segmentiert wird,
dadurch eine durchgängige Auftragsverfolgung und verbindliche Lie‐
ferzusage ermöglicht wird.
163
C
Strategien des Supply Chain Managements
Abbildung C.5 Hybride Wettbewerbsstrategien
164
C.3
Strategien der Versorgung
Individualisierung: Der Begriff „Customization“ steht für eine indivi‐ Wünsche der
duelle Befriedigung von Kundenwünschen. Diese kundengerechte Kunden identifizie‐
Spezifizierung des Leistungsprogramms kann sich auf die Kommuni‐ ren
kation, die Konfiguration, das Design, die Preisgestaltung oder den
After‐Sales‐Bereich erstrecken (Varietät). Das Ziel besteht nicht darin,
die klassische Einzelfertigung zu ersetzen. Sondern ein Spektrum an
in Masse gefertigten und standardisierten Modulen zu schaffen, die in
ihrer Konfiguration dem Käufer einen besonders hohen Nutzen stif‐
ten. Beispielhaft dafür steht die individuelle Fertigung von Chinos:
Das amerikanische Versandhaus Lands’ End produziert diesen Hosen‐
typus nach dem Prinzip Mass Customization.
Preis und Zielmarkt: Für ein über Mass Customization hergestelltes Preise und Ziel‐
Produkt sollte der Verkaufspreis mit dem eines vergleichbaren Stan‐ märkte fixieren
dardprodukts übereinstimmen, um in Konkurrenz mit Leistungen der
Wettbewerber treten zu können. Auch darf der Zielmarkt nicht zu
klein sein, damit die gefertigten Waren absetzbar sind.
165
C
Strategien des Supply Chain Managements
die Anwender von Mass Customization Economies of Scale (Mengende‐
gressionseffekte) und Economies of Scope (Verbundeffekte), indem sich
einzelne Produktkomponenten zu Modulen aggregieren lassen. Das
Halbfertigfabrikat (Work‐in‐Process) verbleibt jedoch in einem generi‐
schen Zustand und wird erst beim Eintreffen eines expliziten Kunden‐
wunschs fertig gestellt, indem beispielsweise die Modulbauweise Ein‐
satz findet. Dadurch sind Änderungskosten weitgehend zu vermeiden.
Ein Beispiel für Mass Customization findet sich in Block c.4.
Beispielblock c.4 Mass Customization über das Internet
Der deutsche Textilhersteller Odermark befand sich Ende der neunziger Jahre
in der Krise und begann im Oktober 2000 mit der Einführung von Mass
Customization. Zunächst waren die Voraussetzungen für die Nutzung von
Mass Customization zu schaffen. Dazu mussten moderne Schneideautoma‐
ten für die Stoffe angeschafft und eine neue Software zur Steuerung der
Fertigungsprozesse implementiert werden. Zudem erforderte diese Umor‐
ganisation eine Schulung der Mitarbeiter. Schließlich waren gar zwei zusätz‐
liche Textiltechniker einzustellen. Odermark investierte insgesamt über drei
Millionen Euro in die Umstellung auf Mass Customization. Das Geld ist
offenkundig gut angelegt. Es ist dem Unternehmen gelungen, dass bereits
über 60 Bekleidungshäuser maßgeschneiderte Anzüge von dem Textilher‐
steller Odermark via Internet bestellen (insgesamt 13.000 Anzüge im ersten
Jahr). Der Datenaustausch zwischen Auftraggeber und ‐nehmer erfolgt onli‐
ne und erlaubt die Herstellung maßgeschneiderter Anzüge. Der Anzug von
der Stange ist für Odermark passé.
Ausprägungsfor‐ Die Arten von Mass Customization lassen sich in die beiden Hauptbe‐
men reiche Soft Customization und Hard Customization einteilen (vgl. Hug
2013, S. 33). Deren nähere Beschreibung erfolgt in den nachstehenden
Gliederungsabschnitten (vgl. auch Abbildung C. 6).
166
C.3
Strategien der Versorgung
Serviceindividualisierung: Das Standardprodukt ist um individuelle Standardprodukte
Sekundärleistungen zu ergänzen, wobei kein direkter Dialog mit dem schaffen
Kunden vor der Endmontage notwendig ist. Planters Company stellen
auf diese Art unterschiedliche Verpackungseinheiten von Nüssen für
aktuelle und potenzielle Konsumenten her.
Individuelle Endfertigung am Point‐of‐Sale: Bei dieser dritten Form Anpassungen am
liegt ein standardisiertes Grundprodukt vor. Es ist eine technische POS
Plattform, die erst am Point‐of‐Sale auf die spezifischen Wünsche der
Kunden zugeschnitten wird. Beispielhaft dafür steht das individuelle
Brillendesign des japanischen Herstellers Paris Miki oder die Verede‐
lung von Skiern durch MySki.
Kundenindividuelle Vorfertigung: Hier bezieht sich die Individuali‐ Sorten individuell
sierung auf die frühen Fertigungsstufen. Die weiteren Produktions‐ schaffen
schritte sind streng standardisiert. Insbesondere die Bekleidungsin‐
167
C
Strategien des Supply Chain Managements
dustrie wählt eine kundenindividuelle Vorfertigung. Ein Beispiel stellt
das Vermessen von Kunden in Levis‐Stores dar. Die Jeans „501“ gibt es
in 51 verschiedenen Varianten, die kundenindividuell über Bodyscan‐
ner auf den jeweiligen Träger zugeschnitten sind.
168
C.3
Strategien der Versorgung
Arten von Mass Customization Abbildung C.6
Hard Customization Soft Customization
Kundenindividuelle Endfertigung Selbstindividualisierung
Kundenindividuelle Vorfertigung Serviceindividualisierung
Modulares Baukastenprinzip Individuelle Endfertigung
Unikatfertigung
C.3.3 Postponement
C.3.3.1 Grundlagen
Eine weitere Versorgungsstrategie in der Supply Chain ist Postpone‐ „And this is why
ment. Die grundlegende Idee besteht bei einem Postponement darin, die you will never care.
Aktivitäten in der Lieferkette nachhaltig zu verzögern (bewusste Ent‐ These things take
schleunigung). So kann die endgültige Produktgestalt erst in der letzten time…“
Fertigungsstufe definiert werden (vgl. die Verbindung zur „kundenin‐ (the Smiths)
dividuellen Endfertigung“ bei Mass Customization). Dadurch korreliert
Postponement eng mit dem Ansatz Time Based Competition, indem sich
logistische Maßnahmen latent im Spannungsfeld zwischen Beschleuni‐
gung und bewusster Entschleunigung einpendeln (vgl. S. 119).
169
C
Strategien des Supply Chain Managements
„Die Natur eilt Durch die Einleitung von Verzögerungsstrategien versuchen die Unter‐
nicht und dennoch nehmen ihre Lagerbestände (insbesondere Halbfertig‐ und Fertigwaren)
wird alles erreicht.“ abzubauen. In jeder Stufe erlangt ein Wirtschaftsgut einen Zuwachs an
(Laozi) Wert (Produktionsleistungen, Serviceleistungen). Daraus resultiert eine
ständige Kostenzunahme mit steigendem Lagerhaltungsrisiko: Die Be‐
stände werden in ihrer Bewirtschaftung immer teurer („Kostenauf‐
wuchskurve“). In der Supply Chain ist eine Produktion von Slow Mo‐
vern möglichst zu vermeiden, diese haben lange Verweilzeiten im Lager.
Mit Hilfe einer kundengerechten Fertigung sollen diese Opportunitäts‐
kosten sinken: Postponement‐Strategien richten sich in letzter Konse‐
quenz nach den Wünschen der Kunden aus (vgl. Cheng 2012, S. 53).
Standardisierungs‐ Bei einem Postponement werden die ein Produkt spezifizierenden Akti‐
phase strecken vitäten in der Supply Chain so lange hinausgeschoben, bis sichere
(Kunden‐) Informationen vorliegen. Die Lagerbestände verbleiben in
einem generischen Stadium. Sie sind erst beim Eintreffen konkreter
Konsumentenwünsche individuell zu konfigurieren. Damit wird der
Zeitpunkt einer Produktentkoppelung bewusst hinausgezögert. Abbil‐
dung C.7 zeigt, dass Bestände im Zeitablauf einem Veredelungsprozess
unterworfen sind. Mit steigender Wertschöpfung nehmen die kumulier‐
ten Stückkosten im Zeitablauf zu. Kaufteile und Rohstoffe werden zu
Halbfertigfabrikaten (Work‐in‐Process) weiter verarbeitet, und der Zeit‐
punkt zur Auftragsentkoppelung verschiebt sich nach hinten. In Kombi‐
nation mit Mass Customization bedeutet diese Verlangsamungsstrategie
die Ausnutzung von Skaleneffekten (Push‐Ansatz).
Abbildung C.7 Kostenaufwuchskurve
Postponement
k kum
Fertigwaren
Produkt‐
WIP
Rohstoffe entkoppelungspunkt
t
Kundenwunsch
Kundenwunsch
(Push) (Pull) Kundenwunsch
Mass Customization
170
C.3
Strategien der Versorgung
Beispiel zu Postponement Beispielblock c.5
Auf die Möglichkeiten und die Grenzen für ein Postponement in der Abhängigkeiten
Supply Chain wirken sich vor allem nachstehende Einflussfaktoren aus: von Postponement
Kapitalbindung der Sachnummern: Sie bestimmt den Kostenzuwachs
auf einer bestimmten Wertschöpfungsstufe.
171
C
Strategien des Supply Chain Managements
Konkurrenzattribute: Die Kundentreue und die Kundenstruktur sind
bedeutsame Parameter, um sich Wettbewerbsvorteile gegenüber der
Konkurrenz zu verschaffen.
C.3.3.2 Arten
Ausprägungsfor‐ Im Allgemeinen werden zwei verschiedene Möglichkeiten des Postpo‐
men nements innerhalb der Supply Chains unterschieden: Form Postpone‐
ment und Time Postponement. Eine nähere Kennzeichnung dieser bei‐
den Ausprägungen findet sich im Folgenden (vgl. Cheng et al. 2012).
172
C.3
Strategien der Versorgung
ternativen für eine Spezialisierung ergeben sich hingegen in der Kon‐
sumgüterelektrik. Es sind dort vor allem länderspezifische Merkmale,
die eine Produktdifferenzierung ermöglichen (unterschiedliche Bedie‐
nungsanleitungen, Verpackungen oder Anschlussstecker). Eine Spezifi‐
zierung dieser Produkte direkt durch den Kunden ist jedoch kaum zu
realisieren.
Die Modifizierung logistischer Abläufe durch Form Postponement er‐ Unterscheidung
streckt sich einerseits auf die eigentliche Produktion. Andererseits be‐ nach Wertschöp‐
zieht sie sich auf die Schnittstelle zwischen Produktion und Distribution. fungsbezug
Full Speculation: Eine reine Spekulation ist die einfachste Form. Prognoseorientierte
Streng genommen findet hier allenfalls ein schwach ausgeprägtes Abwicklung
Postponement statt. Die Produktion und die Lieferung werden tradi‐
tionell vom Lager ausgehend vorgenommen (Make‐to‐Stock kombi‐
niert mit Deliver‐to‐Stock). Basierend auf Absatzprognosen, werden
die Aktivitäten in Fertigung und Distribution bereits vor Eingang des
Kundenauftrags angestoßen. Full Speculation ist häufig in der Kon‐
173
C
Strategien des Supply Chain Managements
sumgüterindustrie vorzufinden. Dadurch können Economies of Scale
(Losgrößendegression) ausgeschöpft und kurze Lieferzeiten erzielt
werden. Die Vorteile gehen jedoch tendenziell zu Lasten höherer La‐
gerkosten.
Fertigungsprozesse Manufacturing Postponement: Ein Manufacturing Postponement be‐
verlangsamen deutet eine Produktion nach Eingang des Kundenauftrags (Make‐to‐
Order). Hierunter fallen Tätigkeiten wie Beschriften oder Verpacken.
Die Lieferung erfolgt jedoch standardisiert (Deliver‐to‐Stock). Ein Bei‐
spiel dafür ist das individuelle Mischen von Farben direkt im Bau‐
markt: Auf Lager werden nur wenige Grundfarben gehalten, die sich
zu jedem gewünschten Farbton mischen lassen. Diese Grundtöne
werden auf konventionellem Weg in den Baumarkt distribuiert. Dort
stellen sich die Kunden ihre Farbvarianten und Mengen individuell
zusammen. Ein weiteres Beispiel ist die Erstellung eines digitalen Fo‐
tokalenders: Der Kunde konzipiert seinen Kalender zum Beispiel in
einem Drogeriemarkt individuell. So wählt er die Grüße und die Far‐
be des Fotokalenders aus und setzt die Fotos exklusiv ein (Make‐to‐
Order). Die Zustellung in den Drogeriemarkt erfolgt nach dem Druck
auf klassische Weise (Deliver‐to‐Stock).
Kundenorientierte Full Time Postponement: Schließlich ist unter einem Full Time Postpo‐
Fertigung und nement eine Produktion und eine Belieferung durch Kundenauftrag zu
Auslieferung verstehen (Make‐to‐Order kombiniert mit Deliver‐to‐Order). Hier wird
eine besonders frühe Individualisierung von Produkten angestrebt. Ferti‐
gung und Logistik korrelieren mit dem Engineering. Dadurch entfallen
Langsamdreher an Fertigwaren. Der Ansatz richtet sich streng nach dem
Pull‐Konzept aus (Customization). Allerdings sind, auf Grund der ausge‐
prägten Kundenfokussierung und Spezialisierung, die Möglichkeiten zur
Erzielung von Skaleneffekten deutlich begrenzt.
174
C.3
Strategien der Versorgung
Strategien des Time Postponements Abbildung C.8
Bewusste Verzögerung Kundenorientierte Ferti‐
Produktion durch Kun‐
von Produktionsabläufen gung und Distribution
denauftrag
(Manufacturing (Full Time
(Make‐to‐Order)
Postponement) Postponement)
C.3.4 Sourcing-Strategien
Weitere Strategien der Versorgung im Supply Chain Management resul‐ Verschiedenartig‐
tieren aus unterschiedlichen Beschaffungsquellen. Eine Diskussion um keit von Beschaf‐
Sourcing‐Ansätze ist in Deutschland bereits Anfang der 90er Jahre auf‐ fungsquellen
gekommen (vgl. Ament 2007; Arnold et al. 2009; Heinecke 2017; Kerkhoff
2006; Kleemann 2006; Schulte 2017). Die einzelnen Sourcing‐Konzepte
können nach Differenzierungsmerkmalen in einer „Toolbox“ unter‐
schieden werden. In Abbildung C.9 finden sich die wichtigsten Sour‐
cing‐Ansätze (vgl. Arnold et al. 2009, S. 80; Schulte 2017, S. 433).
175
C
Strategien des Supply Chain Managements
Reduzierung von Fixkosten innerhalb der Beschaffung: Abbau admi‐
nistrativer Tätigkeiten, Einsparung von Personal, Absenkung der Pro‐
zesskosten.
Verminderung von Transaktionskosten: Standardisierte Kommunika‐
tionsprozesse mit dem Beschaffungsdienstleister.
Bündelung von Einkaufsmengen: Purchase Volume Impact (Preisvor‐
teile), insbesondere, wenn der Dienstleister identische Sachnummern
für mehrere Kunden gleichzeitig bestellt.
Erzielung von Kostentransparenz: Der Einkaufsdienstleister stellt für
erbrachte Leistungen Rechnungen aus, die durch den Kunden über‐
prüft werden können.
Handelsmarge Natürlich stellt der Beschaffungsdienstleister eine entsprechende Han‐
beachten delsmarge in Rechnung, die sich prozentual von dem Beschaffungswert
ableitet. Die Auslagerung der Beschaffung auf einen Dienstleister bietet
sich vornehmlich für standardisierte Artikel an. Für Teile des strategi‐
schen Einkaufs hingegen eignet sich die Heranziehung eines 3rd Party
Procurement kaum, da die Sachnummern häufig zeitkritisch und erläu‐
terungsbedürftig sind.
176
C.3
Strategien der Versorgung
Sourcing‐Toolbox Abbildung C.9
Unterscheidungskriterium Sourcing‐Konzept
Individual Collective
Organisationsform
Sourcing Sourcing
External Internal
Ort der Wertschöpfung
Sourcing Sourcing
Die wichtigsten Charakteristika des Single Sourcings sind:
- Aufbau einer auf Dauer angelegten Partnerschaft zwischen Liefe‐
rant und Kunde sowie intensive Abstimmung der Organisatio‐
nen.
177
C
Strategien des Supply Chain Managements
Kritische Gedanken Im Rahmen einer kritischen Würdigung des Single Sourcings werden
nachstehend die wesentlichen Vorteile und Nachteile des Konzepts auf‐
gezeigt.
Vorteile Nachteile
Purchase Volume Impact im Einkauf und Hohe Abhängigkeiten der Wertschöp‐
Losgrößeneffekt in der Fertigung (Her‐ fungspartner.
unterfahren der Erfahrungskurve).
Senkung der Transportkosten (Optimie‐ Wegfall des Wettbewerbs (keine Ver‐
rung der Transportfenster). gleichbarkeit zu weiteren Lieferanten).
Verminderung der Transaktionskosten Stock‐out‐Gefahr (Produktionsunterbre‐
und der Verwaltungskosten. chungen schlagen sich direkt nieder).
Förderung gleich bleibender Qualität. Schwierigkeit des Lieferantenwechsels.
Reduzierung der Kapitalbindung (Be‐ Vernachlässigung der Integration techni‐
rücksichtigung der Philosophien Just‐in‐ scher Innovationen (wenn der Lieferant
Time oder Just‐in‐Sequence). dazu nicht in der Lage ist).
Sole Sourcing als Von Single Sourcing ist das Sole Sourcing abzugrenzen. Dabei handelt es
unfreiwilliger sich, häufig hervorgerufen durch eine monopolistische Anbietersituation,
Einquellenbezug um die unfreiwillige Beschränkung auf einen Lieferanten pro Materialart.
Sole Sourcing stellt quasi ein „erzwungenes Single Sourcing“ dar. Dieses
Phänomen kann sich aus der Verknappung von Ressourcen, einem regen
Verdrängungswettbewerb, der Vergabe exklusiver Nutzungsrechte oder
staatlichen Regulierungsmaßnahmen ableiten. Beispielsweise beträgt die
Wartezeit für Hochtemperatur‐Parabolspiegel durchschnittlich mehr als fünf
Jahre. Mit diesen Geräten versucht man Sonnenstürme exakter vorhersagen
zu können. Ein Kunde dieser Spiegel ist beispielsweise die NASA. Es gibt
178
C.3
Strategien der Versorgung
Ein freiwilliger Zweiquellenbezug pro Materialart wird als Double Sourcing Double Sourcing
bezeichnet. Die bewusste Aufstockung um einen weiteren Lieferanten für
eine bestimmte Sachnummer würde folglich zu einem „Triple Sourcing“
führen. Ein Double Sourcing (synonym: „Dual Sourcing“) wird insbesonde‐
re zur Streuung von Risiken durchgeführt, indem sich die Kunden ein zwei‐
tes „Lieferantenstandbein“ pro Materialart suchen. Kunden schützen sich
mittels Dual Sourcing vor einem Versorgungsengpass, sollte ein Lieferant
wegzubrechen drohen. Auch wird die Gefahr gemindert, die Kapazitäts‐
grenzen von Lieferanten zu überschreiten.
Beim Mehrquellenbezug (Multiple Sourcing) richtet sich die Zusammenarbeit Multiple Sourcing
zwischen Lieferant und Kunde nach dem Prinzip der Seltenheit aus. Ein verringert Beschaf‐
Kunde versucht sich Preisvorteile zu verschaffen, indem er eine Spotmarktbe‐ fungsrisiken
ziehung mit Lieferanten eingeht. Die Bindung zwischen den Partnern ist lose.
Multiple Sourcing eignet sich für Produkte, die einen geringen Erklärungs‐
bedarf besitzen. Das Einkaufsvolumen ist vergleichsweise gering. Gleiches
gilt für das Versorgungsrisiko (Risikostreuung). Zur Senkung der Beschaf‐
fungskosten bietet sich für die Multiple Beschaffung häufig eine elektroni‐
sche Abwicklung an (Electronic Procurement). Insbesondere B‐ und C‐
Artikel werden vorzugsweise elektronisch bezogen. Voraussetzung für der‐
artige Beschaffungsvorgänge ist, dass die Artikel möglichst standardisiert
sind. Beispielsweise unterliegen sie DIN‐Normen und sind dadurch quasi
wie aus dem Katalog abrufbar.
179
C
Strategien des Supply Chain Managements
180
C.3
Strategien der Versorgung
Modular Sourcing Abbildung C.10
Sublieferanten Modullieferant Hersteller (OEM)
L1 Reifen
L4 Getriebe
Vorteile Nachteile
Konsequente Reduzierung von Schnitt‐ Abhängigkeit für den Kunden (es ist
stellen (aus Kundensicht). problematisch, wenn der Modullieferant
die Preise deutlich erhöht).
Konzentration des Kunden auf sein Abhängigkeit für den Lieferanten (zu‐
Kerngeschäft. meist Großkundenbeziehung).
Direktanbindung zwischen Kunde und Neuabstimmung der Informations‐ und
Modullieferant (wichtig bei Aufkom‐ Kommunikationssysteme zwischen Mo‐
menden Problemen). dul‐ und Sublieferant.
Senkung der Beschaffungskosten. Aufgabe an Wettbewerb für den Kunden.
Wegfall einer Wareneingangskontrolle. Verlust an Innovationspotenzial.
Festlegung von Qualitätsstandards. Schwierigkeit des Lieferantenwechsels.
Verminderung von Frachtkosten (her‐ Reputationsprobleme des Lieferanten
vorgerufen durch die räumliche Nähe). wirken direkt auf den Kunden.
181
C
Strategien des Supply Chain Managements
Übertragung der Die konsequente Weiterentwicklung von einem Modular Sourcing führt
Entwicklungsver‐ zu System Sourcing, das sich durch eine sehr ausgeprägte Güterkom‐
antwortung bei plexität auszeichnet. Systemlieferanten werden eigenverantwortlich und
System Sourcing möglichst frühzeitig in die Abläufe ihrer Kunden integriert. Nach einer
Fixierung der Kundenanforderungen im Lasten‐ und Pflichtenheft, wird
dem Systemlieferanten die (Gesamt‐ oder Teil‐) Verantwortung für For‐
schung und Entwicklung übertragen. Deswegen wird der Ansatz syno‐
nym auch als „Forward Sourcing“ („Entwicklungseinbindung“) be‐
zeichnet. Die betroffenen Systeme stellen voll funktionsfähige entwick‐
lungstechnische Einheiten dar. Neben F&E kann das Aufgabenspektrum
des Lieferanten noch um Tätigkeiten wie Einkauf, Logistik, Industrial
Engineering oder Qualitätssicherung ausgeweitet werden. Der Anbieter
erbringt folglich bei System Sourcing in der Regel ein ganzes Bündel
unterschiedlicher Aktivitäten, er agiert dabei zumeist als Black‐Box‐
Anbieter (vgl. S. 136 der vorliegenden Schrift). Die Bindungsintensität ist
bei einem Systemlieferanten wesentlich intensiver als bei einem reinen
Modullieferanten, wobei einige Modulanbieter im Zeitablauf zu System‐
lieferanten mutieren.
Beschaffung von Ganz anders läuft die Beschaffung bei einem Unit Sourcing ab. Die
Einzelkomponen‐ Güterkomplexität ist in diesem Fall ausgesprochen gering ausgeprägt.
ten über Unit Kunden beschaffen sich bei Unit Sourcing von mehreren Lieferanten
Sourcing Einzelkomponenten, welche sie selbst zu einem funktionsfähigen End‐
produkt zusammensetzen. In der Automobilindustrie können dies
Schalter, Schläuche oder Verkleidungen sein. Der Koordinierungsauf‐
wand ist für den Kunden entsprechend hoch, weshalb vergleichsweise
hohe Transaktions‐ und Prozesskosten anfallen. Allerdings laufen die
Kunden kaum Gefahr, dass Know‐how unbeabsichtigt an ihre Wert‐
schöpfungspartner abfließt.
182
C.3
Strategien der Versorgung
Das Gegenstück zu Individual Sourcing ist das Collective Sourcing. „Was dem Einzel‐
Eine synonyme Bezeichnung dieses Konzepts ist „Cooperative Sour‐ nen nicht möglich
cing“. Der Beschaffungsmarkt wird durch mehrere (vielfach rechtlich ist, das schaffen
selbständige) Unternehmen gemeinsam bearbeitet, die einem Zulieferer viele.“
gegenüber als Kollektiv auftreten. Eine klassische Erscheinungsform von (F. W. Raiffeisen)
Collective Sourcing ist die Einkaufsallianz. Die Zusammenarbeit kann
sich von einer losen, situativen Verbindung bis hin zur Gründung einer
eigenen, gemeinsamen Einkaufsgesellschaft erstrecken.
Die Leitbilder von Collective Sourcing lassen sich in Objekt‐, Markt‐, Elementare Ziele
Prozess‐ sowie Beziehungsziele differenzieren (vgl. Schulte 2017, S. 470). der kollektiven
Zu den Objektzielen einer kooperativen Beschaffung zählen Material‐ Beschaffung
preisreduzierungen (Ausnutzung von Mengenrabatten durch Volumen‐
bündelung), Steigerung der Produktqualität und die Erzielung günstiger
Zahlungsbedingungen (Verlängerung der Zahlungstage bei der Beglei‐
chung von Lieferantenrechnungen). Das primäre Marktziel von Collec‐
tive Sourcing besteht in dem verbesserten Zugang zu den Beschaf‐
fungsmärkten insgesamt. Die prägenden Prozessziele eines kollektiven
Einkaufs bestehen in der Reduzierung des Beschaffungsaufwands (ge‐
ringere Transaktions‐ und Prozesskosten), dem verbesserten Informati‐
onsstand über die Märkte überhaupt und einer Beschleunigung der
Beschaffungsvorgänge. Schließlich zählt zu den Beziehungszielen die
enge Anbindung zwischen Zulieferer und Abnehmer ebenso, wie die
Möglichkeit, diese Zusammenarbeit auf weitere Gebiete auszudehnen.
183
C
Strategien des Supply Chain Managements
Räumliche Nähe Bei Internal Sourcing erbringt der Lieferant die Wertschöpfung direkt
durch Internal auf dem Werksgelände seines Kunden (oder zumindest in unmittelbarer
Sourcing räumlicher Nähe zu diesem Kunden). Zu den besonderen Ausprägun‐
gen von Internal Sourcing zählen Lieferantenparks und das Factory‐
within‐a‐Factory‐Konzept.
Kurze Wege Lieferantenparks: Insbesondere in der Automobilindustrie wurden in
beruhigen die den letzten Jahren viele Lieferantenparks (synonym als „Industrie‐
Prozesse parks“ bezeichnet) gegründet. Beispiele dafür finden sich in Palmela
(Portugal, Volkswagen), Hambach (Frankreich, Smart), Valencia (Spani‐
en, Ford), Rastatt (Deutschland, Daimler) oder Genk (Belgien, Ford).
Mit Hilfe kurzer Wege wird die Sicherheit in den Prozessen erhöht
(weniger Trouble‐Shooting) und das Marktrisiko auf den Lieferanten
überwälzt. Außerdem vermindert der Hersteller mit der Errichtung
von Industrieparks seine Transportkosten und Sicherheitsbestände.
Auf Grund der räumlichen Nähe senkt der Kunde seine Fertigungstie‐
fe und setzt Ladungsträger wirtschaftlicher ein (es wird weniger Ver‐
packungsmaterial verbraucht und die Anzahl von Transportschäden
nimmt ab). Wichtige Kriterien für die Einbeziehung eines Lieferanten
in einen Industriepark sind Beschaffungsvolumen, Entwicklungspo‐
tenzial des Anbieters oder dessen Technologisches Wissen.
Direkte Produkti‐ Factory‐within‐a‐Factory‐Konzept: Bei dem Factory‐within‐a‐Factory‐
onseinbindung Prinzip werden ausgewählte Lieferanten direkt auf dem Werksgelän‐
des Lieferanten de des Kunden physisch angesiedelt und in seine Produktionsprozes‐
se integriert. Beispiele finden sich in der chemischen Industrie und im
Autobau. Aus Kundensicht liegen die Vorteile des Ansatzes auf der
Hand: Rascher Kommunikations‐ und Abwicklungsprozess, kontinu‐
ierlicher Produktionsfluss, Erzielung von Skaleneffekten und Risiko‐
überwälzung auf den Lieferanten.
184
C.3
Strategien der Versorgung
Politische Stabilität im Land des Zulieferers.
Handels‐ und Rechtssicherheit im Land des Lieferanten.
Intensive Marktforschung.
Überwindung sprachlicher Barrieren.
Schaffung einer datentechnischen Infrastruktur („IT‐Plattform“).
Etliche Hersteller werden aus der Notwendigkeit zur Erweiterung ihrer Gründe globaler
Lieferkapazitäten, der Verknappung von Ressourcen oder der Aus‐ Beschaffung
schöpfung Lohnkosten bedingter Preisvorteile regelrecht dazu gezwun‐
gen, ein Global Player in der Beschaffung zu werden. Zusammengefasst
lassen sich die Vorteile und die Nachteile von Global Sourcing folgen‐
dermaßen darstellen:
Vorteile Nachteile
Versorgung mit Gütern, die im Inland Wechselkursrisiken (zum Teil über ein
knapp oder nicht vorhanden sind (z. B. Hedging abzufedern) und Warenverzol‐
Seltene Erden). Dadurch reduziert sich die lung.
Abhängigkeit von inländischen Lieferan‐
ten.
Steigerung der Transparenz über globale Transport‐ und Qualitätsrisiken.
Leistungen.
Ausnutzung von Konjunktur‐, Wachs‐ Kommunikationsschwierigkeiten
tums‐ und Inflationsunterschieden. (sprachliche und kulturelle Barrieren).
Senkung der Einkaufspreise. Steigerung der Transportkosten (in
Abhängigkeit von den Incoterms).
Ausübung von Druck auf inländische Erhöhung der Sicherheitsbestände, da
Lieferanten (insbesondere für Preisver‐ die Gefahr für Stock‐out‐Situationen
handlungen). tendenziell steigt.
Schaffung neuer Absatzmärkte (auf Begrenzung von Beschaffungsstrategien
Grund neuer Kontakte): Beschaffungs‐ (Just‐in‐Time‐Abwicklung nur bedingt
märkte sind potenzielle Absatzmärkte. möglich).
Sortimentsdiversifikation und Ausnut‐ Erhöhter Koordinations‐ und Logistik‐
zung von Spezialisierungen ausländischer aufwand.
Lieferanten
185
C
Strategien des Supply Chain Managements
Global‐Sourcing‐ Der Prozess zur Realisierung von Global Sourcing lässt sich in drei
Strategie fixieren Arbeitsschritte untergliedern. Zunächst werden die Ziele der globalen
Beschaffungsstrategie priorisiert. Diesbezüglich sind Kosten‐, Technik‐
sowie Marktziele zu unterscheiden. Im zweiten Schritt geht es darum,
verschiedene Optionen auszuwählen, die sich für Global Sourcing anbie‐
ten. Diese Möglichkeiten erstrecken sich auf Produkte, Länder und Lie‐
feranten. Schließlich wird die Global‐Sourcing‐Strategie festgelegt, um
sich bietende internationale synergetischen Potenziale auszuschöpfen.
Abbildung C.11 zeigt diesen Zusammenhang auf.
Abbildung C.11 Prozess zur Realisierung von Global Sourcing
Arbeitsschritt Inhalte der Global‐Sourcing‐Strategie
‐ Niedrige Einkaufspreise
Kosten ‐ Optimale Lebenszyklusphase ausschöpfen
Schritt 1: ‐ Nutzung internationales Lieferanten‐Know‐how
Technik ‐ Sicherung multinationaler Innovationen
Ziele priorisieren
‐ Kennenlernen potenzieller Absatzmärkte
Markt ‐ Regionale Anpassung an Leistungsportfolio
‐ Standardisierte Produkte
Produkte ‐ Preisvorteile konsequent sichern
Schritt 2: ‐ Kostenvorteile analysieren
Länder ‐ Know‐how und Ressourcenunterschiede
Optionen wählen
‐ Referenzen und Image abwägen
Lieferanten ‐ Spezielle Fähigkeiten einsetzen
‐ Optimaler Produkt‐Markt‐Lieferanten‐Mix
Schritt 3: ‐ Neuausrichtung Produktportfolio
Synergie ‐ Abgestimmte Anzahl von Lieferanten je Produkt
Strategie fixieren
‐ Verbesserte geografische Streuung
186
C.3
Strategien der Versorgung
Unter Domestic Sourcing wird die Warenbeschaffung auf Heimatmärk‐ Inländischer Ein‐
ten verstanden. Finden sich Standorte in kulturell ähnlichen Ländern, kauf über Domestic
kann sich ein Domestic Sourcing auch über die Landesgrenzen im engen Sourcing
Sinn hinaus erstrecken. Dies gilt, wenn zwischen den sich ähnelnden
Ländern nur geringe Unterschiede in Sprache, politischer Stabilität oder
Währung bestehen. Beispielsweise können landesübergreifende Beschaf‐
fungsaktivitäten im Raum Deutschland‐Österreich‐Schweiz (so genannte
DACH‐Staaten) oder in skandinavischen Ländern durchaus als Domes‐
tic Sourcing bezeichnet werden. Der Übergang zu Global Sourcing (in
der Variante „Near Source“) verläuft dann fließend. Dies gilt auch für
die mögliche Ausdehnung von Domestic Sourcing zu „Euro‐Sourcing“.
Darunter ist die Suche nach einer optimalen Beschaffungsquelle in Eu‐
ropa (oder der Währungszone des Euro) zu verstehen.
Das Pendant zu Global Sourcing ist das Local Sourcing: Die bewusste Local Sourcing:
Lieferantenauswahl in geografischer Nähe. Viele mittelständische Un‐ Einkauf um die
ternehmen tendieren eher zum Einkauf „um die Ecke“, als zu einem Ecke
echten globalen Beschaffungsmanagement. Local Sourcing verspricht
eine Risikoreduktion von Transportausfällen (z. B. in Zeiten von Corona)
oder Warenbeschädigungen. Außerdem fällt die Kommunikation ver‐
gleichsweise leicht. Auch kann die Bevorzugung lokaler Anbieter für ein
positives Image sorgen, weil es dem Erhalt von Arbeitsplätzen dient und
kurze Wege in aller Regel ökologische Vorteile versprechen. Dafür sind
die lokalen Beschaffungspreise häufig höher als auf internationalen
Märkten und die Ressourcen limitiert.
C.3.5 Lieferantenmanagement
Eng verbunden mit den Sourcing‐Strategien ist das Lieferantenma‐ Optimierung der
nagement. Ein modernes Lieferantenmanagement ist unerlässlich für Lieferantenbezie‐
die Ausgestaltung einer Supply Chain und zielt im Kern auf die syste‐ hung
matische Steuerung einer Lieferantenbeziehung (vgl. Hartmann 2019;
Helmold/Terry 2016). In vielen Branchen, wie beispielsweise der Automo‐
bilindustrie, verlagern die Hersteller immer mehr Tätigkeiten auf aus‐
gewählte Wertschöpfungspartner. Dadurch reduzieren die OEM (Origi‐
nal Equipment Manufacturer) ihre eigene Fertigungstiefe.
Das strategische Lieferantenmanagement besteht in einer langfristigen Strategisches
Optimierung der Lieferantenbeziehung, um die Versorgungssicherheit Lieferantenma‐
des Unternehmens dauerhaft zu gewährleisten. Dabei ist ständig der nagement: Ein‐
Balanceakt zwischen intensiver Lieferantenkooperation und gleichzeiti‐ kaufseffektivität
187
C
Strategien des Supply Chain Managements
ger Wahrung der Unabhängigkeit zu vollziehen. Diese Eigenständigkeit
erlangt ein Hersteller vornehmlich durch den frühzeitigen Aufbau alter‐
nativer Beschaffungsquellen (Double Sourcing, Triple Sourcing). Die
Einleitung eines strategischen Lieferantenmanagements bedeutet die
Gewährleistung einer hohen Beschaffungsqualität zu möglichst niedri‐
gen Kosten. Schlussendlich dient das strategische Lieferantenmanage‐
ment dazu, die eigene Wettbewerbsfähigkeit (Einkaufseffektivität) zu
steigern.
Operatives Liefe‐ Das operative Lieferantenmanagement richtet sich hingegen vornehm‐
rantenmanage‐ lich auf die Verbesserung der Beschaffungseffizienz aus. Die Reduzie‐
ment: Einkaufseffi‐ rung der Beschaffungskosten gelingt insbesondere durch die Steigerung
zienz der Transparenz von Einkaufsprozessen. Dadurch werden die Beschaf‐
fungsaktivitäten zwischen den Alternativen vergleichbar: Die Hersteller
können sich auf ihre geeignetsten Lieferquellen konzentrieren (Best
Practices). Bestehende Anlieferbeziehungen werden mit neuen Möglich‐
keiten hinsichtlich ihrer Vorteilhaftigkeit systematisch abgewogen
(Messfunktion). Operatives Lieferantenmanagement bedeutet aber auch,
Optimierungspotenziale über geeignete Kennzahlen aufzudecken und
die eigene Verhandlungsposition im Beschaffungsvorgang stetig zu
verbessern.
C.3.5.1.1 Lieferantenidentifikation
Selbstauskunft als Zur Lieferantenidentifikation werden traditionell unterschiedliche Pri‐
gute Möglichkeit mär‐ und Sekundärquellen eingesetzt. Mögliche Primärquellen zum
Aufbau einer Lieferantenbeziehung sind Befragungen des Lieferanten
oder die Einholung von Selbstauskünften. Weiterhin sind auf Messen,
Tagungen oder Ausstellungen erste Kontakte mit Lieferanten zu knüp‐
188
C.3
Strategien der Versorgung
C.3.5.1.2 Lieferanteneingrenzung
Nachdem die Identifizierung der Lieferanten erfolgte, wird das Feld Anzahl der Liefe‐
potenzieller Akteure eingegrenzt. Bei diesem „Pooling“ von Lieferanten ranten begrenzen
geht es in erster Linie darum, die Arbeitsbelastung der eigenen Einkäu‐
fer in Grenzen zu halten. Damit bleiben die Transaktionskosten und die
Prozesskosten überschaubar. Zur zielgerichteten Lieferanteneingren‐
zung empfiehlt sich der Einsatz eines standardisierten Fragebogens.
Mögliche Fragen daraus beziehen sich auf verfügbare Kapazitäten des
Lieferanten, seine Bonitäten und Preisvorstellungen, die angepeilten
Servicegrade, das technologische Know‐how des Lieferanten, gewünsch‐
te Nachhaltigkeitsziele oder die verfügbaren Assets des Lieferanten.
C.3.5.2.1 Lieferantenbewertung
Eine Lieferantenbewertung (Supplier Rating System) erfolgt vorzugs‐ Nutzwertanalyse
weise unter der Zuhilfenahme einer Nutzwertanalyse. In dieser Ent‐ durchführen
scheidungsmatrix wird die Leistungsfähigkeit des Lieferanten auf den
Prüfstand gestellt. In seine Beurteilung fließen Kriterien wie Image,
finanzielle und technische Leistungsfähigkeit, Kostenstrukturen und
Kooperationsbereitschaft ein. Jedes Bewertungskriterium wird zunächst
relativ gewichtet. Anschließend erfolgt die Ermittlung der erreichten
Punktzahl je Beurteilungskriterium und Lieferant. In Abbildung C.12
wird dazu eine Skalierung von einem Punkt (sehr schlecht) bis fünf
Punkten (sehr gut) vorgenommen. Der hier beurteilte Lieferant erzielt
insgesamt einen Indexwert von 3,17 Punkte (von möglichen 5,00 Punk‐
ten). Je höher dieser Punktwert ausfällt, desto besser wurde der Liefe‐
rant bewertet.
189
C
Strategien des Supply Chain Managements
Lieferantenklassifi‐ Eine Lieferantenbewertung mündet in der Regel in eine Klassifizierung
zierung am Beispiel von Anbietern. Besonders gut bewertete Lieferanten erreichen mindes‐
des Bayer‐ tens 90% der erzielbaren Punkte („Supreme Suppliers“). Mit ihnen sind
Konzerns strategische Kooperationen besonders interessant. Hersteller gehen mit
diesen Lieferanten gern langfristige Verbindungen ein. Gut bis mittel‐
mäßig bewertete Lieferanten („Standard Suppliers“), die zwischen 70%
und 90% der erzielbaren Punkte erreichen, erfüllen die Beurteilungskri‐
terien zumindest ordentlich, weshalb in aller Regel nichts gegen eine
Fortführung der Beziehung spricht. Schlecht bewertete Lieferanten
(„Poor Suppliers“) erreichen hingegen lediglich zwischen 50% bis 70%
der möglichen Punkte. Sie müssen aufzeigen, wie sie zukünftig ihre
Arbeitsabläufe verbessern werden. Sehr schlecht bewertete Anbieter
(„Desourced Suppliers“) kommen sogar nur auf weniger als 50% der er‐
zielbaren Punkte. Sprechen nicht strategische Gründe dagegen, sollte
sich ein Hersteller von ihnen trennen. Dieser Vorgang wird als ein
„Outphasen“ von Lieferanten bezeichnet.
Probleme der Die Lieferantenbewertung ist ein pragmatisches Verfahren, welches sich
Lieferantenbewer‐ in der Praxis einer weiten Verbreitung erfreut. Zu den Nachteilen des
tung Supplier Ratings zählt jedoch, dass seine Durchführung auf Vergangen‐
heitsdaten beruht. Häufig bleiben dabei die Potenziale von Lieferanten
unterbelichtet (zum Beispiel, wenn es sich um neue Lieferanten handelt).
Auch erfolgt das Rating zum Teil subjektiv, dies gilt insbesondere für
nur bedingt quantifizierbare Kriterien („Kompetenz der Ansprechpart‐
ner“). Weiterhin ergeben sich bei der Bewertung, auf Grund von Run‐
dungen und Zahlenverdichtungen, Skalierungsbrüche.
C.3.5.2.2 Lieferantenauswahl
Festlegung auf Jetzt werden im nächsten Arbeitsschritt des Lieferantenmanagement‐
bestimmte Liefe‐ prozesses die einzelnen Beschaffungsobjekte möglichen Anbietern zuge‐
ranten teilt. Bei dieser Entscheidung können die Lieferanten nach drei Selekti‐
onskategorien eingeteilt werden:
190
C.3
Strategien der Versorgung
Matrix zur Lieferantenbewertung Abbildung C.12
Relatives Skalierung
Bewertungskriterien Index
Gewicht (erreichte Punkte)
% 1 2 3 4 5
Gesamtergebnis 3,17
100%
Legende: 5 Punkte (sehr gut)
4 Punkte (gut)
3 Punkte (mittelmäßig)
2 Punkte (schlecht)
1 Punkt (sehr schlecht)
191
C
Strategien des Supply Chain Managements
Zusammenarbeit Im dritten Hauptschritt des Lieferantenmanagements findet eine Inten‐
forcieren sivierung der Beziehung des Herstellers zu ausgewählten Anbietern
statt. Zunächst werden geeignete Lieferanten integriert, später erfolgt
ihre systematische Weiterentwicklung.
C.3.5.3.1 Lieferantenintegration
Inhalte der Liefe‐ Unter der Integration von Lieferanten ist ihre dauerhafte Einbindung in
rantenintegration die Produktions‐ oder die Montageprozesse der Hersteller zu verstehen.
Mögliche Erfolgsfaktoren einer Lieferantenintegration erstrecken sich
auf eine Abstimmung der Informations‐ und Kommunikations‐Systeme,
die Intensivierung etwaiger Zielüberschneidungen, eine Implementie‐
rung gemeinsamer Anreizmechanismen sowie das Pooling von Wissen
und Ressourcen. Zu den Aufgabenfeldern einbezogener Lieferanten
zählen (vgl. Hartmann 2019; Helmold/Terry 2016):
192
C.3
Strategien der Versorgung
C.3.5.3.2 Lieferantenentwicklung
Schließlich endet der Lieferantenmanagementprozess mit der Entwick‐ Lieferanten auf
lung geeigneter Akteure. Das Ziel besteht darin, langfristig ein echtes hohem Niveau
Supplier Relationship Management (ein dauerhaftes Beziehungsver‐ entwickeln
hältnis) zwischen dem Hersteller und dem Lieferanten zu betreiben, um
dadurch gegenseitig Wettbewerbsvorteile zu erzielen. In Abbildung C.13
wird deutlich, dass die Ziele der Lieferantenentwicklung sowohl quali‐
tativ als auch quantitativ geprägt sind.
Ziele der Lieferantenentwicklung Abbildung C.13
Ziele qualitativer Ziele quantitativer
Lieferantenentwicklung Lieferantenentwicklung
Steigerung von Prozess‐ und Verringerung der
Produktqualität Materialeinstandspreise
Verbesserung der Beziehung zur gesam‐ Senkung von Transaktionskosten und
ten Lieferantenbasis Prozesskosten
Erschließung neuer Absatzmärkte durch Effizienzsteigerung in den Prozessen
Lieferantenkontakte mittels adäquater IT‐Systeme
Forcierung der Transparenz in den Verkürzung der Durchlaufzeiten durch
Beschaffungsprozessen optimierte Beschaffungsprozesse
193
C
Strategien des Supply Chain Managements
Arbeitsschritte der Bei der Lieferantenentwicklung geht der Hersteller quasi in Vorleistung,
Lieferantenent‐ weil er sich von der gezielten Förderung eines Lieferanten zukünftig
wicklung Wettbewerbsvorteile verspricht. Doch der Lieferant muss auch wirklich
seine Bereitschaft für die langfristige Unterstützung bekunden und ge‐
währen. Nur dann wird zwischen dem Hersteller und dem Lieferanten
eine partnerschaftliche Geschäftsbeziehung entstehen. Die Entwicklung
der Lieferanten selbst kann im Abstellen personeller Ressourcen oder in
einer finanziellen Unterstützung bestehen. Aber auch ein aktiver Know‐
how‐Transfer oder die Einberufung gemeinsamer Workshops ist denk‐
bar. Der Prozess zur Entwicklung von Lieferanten kann in fünf Arbeits‐
schritte unterteilt werden, die nachstehend wiedergegeben werden.
Arbeitsschritt 1: Identifikation entwicklungsfähiger Lieferanten
Differenzierung Für die Entwicklung ausgewählter Lieferanten bietet sich zunächst die
von Lieferanten Durchführung einer Spend‐Analyse an. Dabei werden die Lieferanten
nach bestimmten Auswahlkriterien differenziert. Zum Beispiel kön‐
nen die Einstandspreise nach ihrem Volumenanteil unterschieden
werden. Insbesondere A‐Lieferanten (hohes Volumen) werden für ei‐
ne Entwicklung ausgewählt. Es können aber auch Strategische Liefe‐
ranten sein, die sich für eine Entwicklung eignen, weil sie beispiels‐
weise über ein großes Innovationspotenzial verfügen oder selten er‐
hältliche Ressourcen besitzen.
Arbeitsschritt 2: Auditierung von Lieferanten
Leistungsfähigkeit Eine Auditierung von Lieferanten bedeutet eine Vor‐Ort‐Begehung
im Audit überprü‐ bei bestimmten Anbietern. Im Grundsatz soll dabei die Leistungsfä‐
fen higkeit der Lieferanten überprüft werden. Mögliche funktionale Inhal‐
te einer Auditierung von Lieferanten umfassen die Organisation
(Standort, Personalstruktur, IT‐Infrastruktur), die Ökonomie (Kapital‐
struktur, Preise, Vermögenszusammensetzung, Abnahmemengen), die
Qualität (Zertifizierung, Produkte, Prozesse, Mitarbeiterqualifikation),
die Fertigung (Anlagen, Produktionsabläufe, Kapazitäten, Know‐
how), die Logistik (Lager, Fuhrpark, Anliefermöglichkeiten, Prozess‐
strukturen) und Sonstige Kriterien (Innovationsfähigkeit, Nachhaltig‐
keit, Ökobilanz, Ressourcenzugang).
Arbeitsschritt 3: Bildung von Entwicklungsteams
Cross‐funktionale Anschließend bildet der Hersteller mit bestimmten Lieferanten ge‐
Teams meinsame Entwicklungsteams. Dazu werden geeignete Führungs‐
kräfte festgelegt. Diese sollen vorzugsweise in Cross‐funktionalen
Gruppen ihre Fähigkeiten bündeln. Wesentlich ist dabei, die jeweili‐
194
C.3
Strategien der Versorgung
Arbeitsschritt 4: Maßnahmenplanung
Zielgerichtet bringen Hersteller und Lieferanten anschließend ihre je‐ Zusammenarbeit
weiligen Stärken in die Kooperation ein. Dabei müssen die beabsich‐ mit Lieferanten
tigten Aktivitäten hinsichtlich ihrer Wirtschaftlichkeit, ihres Ressour‐ intensivieren
cenbedarfs und ihrer Realisierbarkeit überprüft werden. Mögliche
Maßnahmen einer Lieferantenentwicklung können sein: Räumliche
Ansiedlung des Lieferanten in Kundennähe (Lieferantenpark), Ein‐
führung fertigungssynchroner Beschaffungsaktivitäten, Investitionen
in die Infrastruktur des Lieferanten, Abstimmung der IT‐Systeme oder
gegenseitige Aussendung von Mitarbeitern.
Arbeitsschritt 5: Implementierung und Kontrolle
Schließlich wird die Lieferantenentwicklung umgesetzt und ständig Rechnet sich die
auf ihre Erfolgswirksamkeit überprüft. Dazu müssen geeignete Kooperation lang‐
Kennzahlen festgelegt werden (wie EBIT‐Marge, Return on Sales, fristig?
Cash‐Flow‐Effekt, Pay‐Back‐Zeit). Zusätzlich bietet sich der Aufbau
eines umfassenden Berichtswesens an. In diesem Reporting‐System
erfolgt in bestimmten Zeitintervallen (z. B. monatlich) eine Aktualisie‐
rung der Ergebnisse. Über Data‐Warehouse‐Lösungen findet die ziel‐
gerichtete Informationsverarbeitung statt.
C.3.6 Beschaffungsstrategien
Die Beschaffungsstrategien sind ein weiterer Untersuchungsbereich Warenfluss syste‐
von Versorgungskonzepten im Supply Chain Management. In diesem matisch abwickeln
Zusammenhang werden eine Steuerung über Kanban, die Methode der
Fortschrittszahlen, eine Belastungsorientierte Auftragsfreigabe und die
retrograde Terminierung nachstehend näher charakterisiert.
C.3.6.1 Kanban
Der Ansatz stammt aus Japan. Kanban bedeutet im Deutschen „Karte“. Abkehr von der
Synonym wird Kanban als „Pull‐Konzept“ (Hol‐Konzept) bezeichnet (vgl. zentralen Produk‐
Anderson 2011; Dickmann 2015; Eisenberg 2018; Geiger et al. 2011; Leopold tionsplanung
2016; Weber 2014; Wildemann 1984; Wildemann 2011). Diese Beschaffungs‐
strategie beinhaltet eine Abwendung von der zentralisierten Produkti‐
195
C
Strategien des Supply Chain Managements
onsplanung und die Hinwendung zu vermaschten, selbst steuernden Regel‐
kreisen. Kanban geht nicht länger einer Beantwortung der Frage nach,
was der Kunde gern haben könnte, sondern was der Kunde tatsächlich
haben möchte. Während beim Push‐Prinzip die Hersteller ihre Güter in
den Markt „drücken“, stoßen beim Pull‐Konzept die Kunden eine Pro‐
duktion an. Sie „ziehen“ die gefertigten Artikel aus den Unternehmen.
Kanban steuert Ein Kanban enthält sämtliche notwendigen Steuerungsinformationen,
retrograd wie Teile‐ und Abnehmerdaten, Bestellmenge, Transportart oder Behäl‐
ter. Die Karten werden auf einer Übersichtstafel verwaltet und zur Len‐
kung zwischen erzeugender Stelle (Quelle) und verbrauchendem Bereich
(Senke) eingesetzt. Erst wenn der Meldebestand erreicht ist, wird die
Produktion aktiviert. Auslöser für eine Fertigung ist die jeweils nachge‐
lagerte Stelle. Beim Auftreten von Bedarfen entnimmt die verbrauchen‐
de Abteilung einen, durch die vorgelagerte Stufe gefüllten, Behälter aus
dem Pufferlager. Dadurch wird der Hol‐Gedanke von Kanban deutlich.
Zum Ablauf von Kanban vgl. Abbildung C.14. Grundsätzlich sind Ein‐
karten‐ und Zweikarten‐Systeme zu unterscheiden (vgl. Burrows 2015):
196
C.3
Strategien der Versorgung
dem Pufferlager. Entsprechend der konkreten Nachfrage der Senke, füllt
die Vormontage den Behälter mit 20 Kurbelwellen (Typ „56790‐321“)
auf, der somit zum Produktionskanban („P“) wird. Es ist der vierte von
acht identischen Produktionskanbans, die sich im Umlauf befinden. Die
Kurbelwellen werden für den Fahrzeugtyp „SX50BC‐150“ benötigt und
auf Band „SB‐8“ verbaut. Jetzt wird der gefüllte Behälter in das Pufferla‐
ger gebracht. Zur gegebenen Zeit entnimmt die Endmontage diese 20
Kurbelwellen dem Pufferlager. Ein neuer Regelkreis wird angestoßen,
wenn der nächste Mindestbestand erreicht ist.
Kanban Abbildung C.14
Hersteller
5 4 3 2 1
Lieferant Kunde
KOM
HRL
VM
EM
WE
PL
PL
PL
PL
PL
197
C
Strategien des Supply Chain Managements
Abbildung C.15 Beispiel eines Produktionskanbans
Lagernummer: F26‐18
Teilenummer: 56790‐321
Teilebezeichnung: Kurbelwelle
P Band: SB‐8
Fahrzeugtyp: SX50BC‐150
Behälter: C Menge: 20 Karte: 4/8
Prägende Ziele von Kanban‐Systeme werden aber nicht nur zur Verbesserung der Prozess‐
Kanban flexibilität eingeführt. Sie diesen ebenso zur Erhöhung der Transparenz
in den Wertschöpfungsketten. Weitere Ziele von Kanban bestehen in der
Begrenzung von Verschwendung (verringerte Bestände, beschleunigte
Durchläufe) und der Reduzierung des Planungsaufwands (vereinfachte
Dispositionsvorgänge).
Kanban folgt strik‐ Das Kanban‐Prinzip folgt strikten Grundregeln: Der Auslöser eines
ten Regeln, die Prozesses ist immer der Verbraucher (Hol‐Gedanke). Weiterhin gilt:
genau einzuhalten „Keine Produktion und keine Lieferung ohne Karte“. Die Entnahme‐
sind menge muss immer mit der Produktionsmenge übereinstimmen. Ebenso
ist die Weitergabe fehlerhafter Teile verboten. Schließlich darf die An‐
zahl der insgesamt eingesetzten Karten nicht eigenmächtig verändert
werden.
Das Team ist der Kanban ist die logische Weiterführung des Kaizen‐Gedankens: eines
Star… kontinuierlichen Verbesserungsprozesses (vgl. S. 110). Die Steuerung der
Regelkreise obliegt zu weiten Teilen den eingebundenen Mitarbeitern
selbst. Eine Zentrale greift nur bei gravierenden Schwierigkeiten unter‐
stützend ein. Dadurch fördert Kanban die Eigenständigkeit und die
Kreativität der Menschen. Kanban steigert die Motivation der Mitarbei‐
ter, diese agieren als wirkliches Team. Die Mitarbeiter sind integrativer
und eigenverantwortlicher Bestandteil des gesamten Materialflusses.
198
C.3
Strategien der Versorgung
nicht nur möglich, sondern vielfach auch nötig (beispielsweise bei Be‐
triebsstörungen auf Grund von Maschinenausfällen).
Die Philosophie von Kanban orientiert sich am Supermarktprinzip: Ein Spielregeln von
Verbraucher entnimmt, wie in einem Supermarkt, aus dem Regal eine Kanban‐
Ware bestimmter Spezifikation und Menge. Die Lücke wird festgestellt Regelkreisen
und das Lager anschließend bis zum definierten Level aufgefüllt. Wich‐
tige Voraussetzungen für eine Steuerung über Kanban sind:
Jeder Verbraucher (zum Beispiel die Endmontage) darf nur die tat‐
sächlich benötigte Menge (Pull‐Gedanke) aus dem Pufferlager ent‐
nehmen. Ansonsten würde entweder ein Versorgungsengpass drohen
(Unterbestand), oder der Work‐in‐Process (Werkstattbestand) zu hoch
sein (Überbestand).
Jeder Produzent (zum Beispiel die Vormontage) stellt nur die tatsäch‐
lich in Auftrag gegebene Menge her (Arbeitsdisziplin).
Im Prozess befinden sich nur Teile mit einer vorgegebenen und einge‐
haltenen Qualität. Hohe Ausschuss‐ oder Nacharbeitsraten zerstören
die Kanban‐Idee, da Produktionsunterbrechungen den Steuerungs‐
prozess erschweren.
Der Grad an Auftragswiederholung ist hoch. Folglich eignen sich für
Kanban insbesondere die Serienfertigung und die Massenfertigung.
Bei diesen Fertigungsprinzipien fallen vergleichsweise geringe Be‐
darfsschwankungen an.
Die Arbeitsplätze richten sich streng nach dem Materialfluss aus. Die
Kapazitäten sind so miteinander abgestimmt, dass im Prozessablauf
keine Engpässe entstehen.
199
C
Strategien des Supply Chain Managements
findet dann nicht länger statt. Schließlich sind einige Mitarbeiter mit der
Selbststeuerung über Kanban schlichtweg überfordert.
Von JiT zu JiS Das Prinzip der Produktions‐Synchronisation spiegelt sich bei Kanban
in den Philosophien von Just‐in‐Time (JiT) und Just‐in‐Sequence (JiS,
vgl. Krüger 2004; Furukawa‐Caspary 2018; Takeda 2009). In der Automobil‐
und deren Zulieferindustrie, aber auch in vielen anderen Branchen, sind
JiT und JiS weit verbreitet. Bei der Produktion des „Smart“ in Hambach
werden über 90% aller Zulieferteile Just‐in‐Time abgewickelt. Den Rest
machen Schrauben und kleinere Plastikteile aus, die höchstens zwei
Wochen im Werk lagern.
Neuerungen von Ein erster Unterschied zwischen Just‐in‐Time und Just‐in‐Sequence ist
JiS darin zu sehen, dass bei Just‐in‐Time der Versuch unternommen wird,
mit einem „Nullbestand“ auszukommen, indem die Vorräte des Herstel‐
lers auf vorgelagerte Wertschöpfungsstufen zu überwälzen sind. Just‐in‐
Sequence hingegen bedeutet, die Bandgeschwindigkeit – ständig wech‐
selnd an die Kundennachfrage – dynamisch anzupassen. Wenn die
Bedarfe plötzlich umschwenken, sind Bestände zwar nicht erwünscht,
aber temporär durchaus erlaubt.
Ein Lieferant Eine weitere Neuerung von Just‐in‐Sequence bildet die Prozessoptimie‐
erbringt zusätzli‐ rung, indem die Reihenfolge von Arbeitsschritten abgestimmt ist. Ein
che Vorleistungen Beispiel für diese Vorgehensweise findet sich bei Audi. Bei der Fertigung
und sorgt für die des „TT“ im ungarischen Györ wendet der Autobauer Just‐in‐Sequence
richtige Reihenfolge mit gutem Erfolg an. Die Fertigung fußt auf „SILS“ (Supply‐in‐Line‐
Sequence), wobei die Bandversorgung über ein Modulcenter in der Nä‐
he der Montagelinien abläuft. Der Tier‐One‐Lieferant Lear befindet sich
in unmittelbarer Nähe des Produktionspunkts. Lear stellt die Sitze für
den „TT“ her. Erst 180 Minuten vor dem eigentlichen Einbau erhält der
Lieferant den Feinabruf. Bereits in der gewünschten Reihenfolge distri‐
buiert Lear mit kleinen Vans die Sitze in das Werk von Audi.
Halbherzige Um‐ Eine Studie von KPMG („Europe on the Move“) setzt sich dezidiert mit
setzung von JiT der Eignung von Just‐in‐Time in der Automobilindustrie auseinander.
Die Untersuchung zeigt, dass die durchschnittliche Reichweite der Fahr‐
zeuge, über unterschiedliche europäische Produzenten hinweg, bei 50
Tagen liege. Zwar könnten einige Hersteller im Fertigungsprozess ihre
Durchlaufzeiten herunterfahren. Doch stünden die Fahrzeuge anschlie‐
ßend viele Tage auf der Halde. Vor allem durch Probleme im Vertrieb
würde in der kompletten Wertschöpfungskette Just‐in‐Time kaum reali‐
siert. Viele Autobauer würden in Europa, insbesondere im Niedrig‐ und
Mittelpreissegment, noch immer am Push‐System festhalten und ihre
200
C.3
Strategien der Versorgung
Erzielung eines hohen Servicegrads durch betroffene Lieferanten, um
Retouren (bei der Warendistribution) und Stock‐outs (während der
Produktion) zu vermeiden.
Enge Abstimmung der Strategien zwischen Lieferant und Abnehmer,
um einen reibungslosen Prozessfluss möglichst langfristig gewährleis‐
ten zu können. Der Lieferant übernimmt eine hohe Verantwortung für
den Produktionsfluss seines Kunden.
Adäquate Informations‐ und Kommunikationssysteme, die einen ra‐
schen Wissenstransfer gewährleisten. Somit kann auf kurzfristige Än‐
derungen zeitnah reagiert werden.
Hohe Forecast Accuracy, um ungeplante Nachfrageschübe weitestge‐
hend vermeiden zu können.
201
C
Strategien des Supply Chain Managements
Erhöhung der Transportkosten (häufige Anlieferung kleiner Mengen,
verbunden mit ökologischen Belastungen).
C.3.6.2 Fortschrittszahlen
Fortschrittszahlen: Neben Kanban ist das Konzept der Fortschrittszahlen (vgl. Krings 2004;
Historie und Be‐ Ostertag 2008) eine weitere Versorgungsstrategie in modernen Supply
griff Chains. Bereits seit den frühen 60er Jahren operieren Hersteller mit Fort‐
schrittszahlen. Mitte der 70er Jahre verlor das Konzept, insbesondere
durch das Aufkommen von Kanban, an Bedeutung; um zu Beginn der
90er Jahre – in der Automobil‐ und ihrer Zulieferindustrie – seine regel‐
rechte Renaissance zu erleben. Ein wesentlicher Grundgedanke von
Fortschrittszahlen besteht in der engen Verknüpfung zwischen Lieferant
und Kunde. Die Steuerung der Zusammenarbeit wird über Abrufe (vgl.
Begriffsblock C.IV) geregelt.
Begriffsblock C.IV Arten von Abrufen
Feinabruf (FAB): Der FAB konkretisiert die Mengen, Termine und Or‐
te aus dem LAB. Synonym wird er als Direktabruf oder Versandabruf
bezeichnet. Seine Vorschau umfasst beispielsweise im Segment „Au‐
tomotive“ in der Regel zwei bis vier Wochen.
202
C.3
Strategien der Versorgung
Im Rahmen der Bildung von Fortschrittszahlen wird der komplette Be‐ „Das größte Prob‐
schaffungs‐ und Fertigungsprozess in Kontrollblöcke dekomponiert. lem an dem Fort‐
Ein Kontrollblock ist ein selbst steuerndes Subsystem. Die Bedarfe der schritt ist: Auch die
Teilabschnitte und die Mengen sind kumuliert darzustellen. Der Begriff Nachteile entwi‐
resultiert daraus, dass der in Tagen oder Wochen angegebene Fortschritt ckeln sich weiter.“
im Herstellungsprozess aufgezeigt wird. Jeder einbezogene Bereich gibt (E. Ferstl)
den Input und den Output von Rohstoffen, Teilen sowie Endprodukten
über ein Zeitraster an. Die verschiedenen Arten von Fortschrittszahlen
sind (vgl. Ostertag 2008, S. 35):
Fortschrittszahlen Charakterisierung
Eingangs‐ Der auf die Zeit bezogene Mengeninput, welcher die Belas‐
Fortschrittszahl tung eines Kontrollblocks anzeigt.
Ausgangs‐ Die Ausgangs‐Fortschrittszahl gibt den auf die Zeit bezogenen
Fortschrittszahl Mengenoutput eines Kontrollblocks an.
Ist‐Fortschrittszahl Sie misst den effektiven Fertigungsfortschritt pro Kontroll‐
block, innerhalb eines definierten Betrachtungszeitraums.
Soll‐Fortschrittszahl Die Soll‐Fortschrittszahl bestimmt die mengenmäßige Soll‐
vorgabe pro Kontrollblock innerhalb eines definierten Be‐
trachtungszeitraums (die „gewünschte“ Vorgabe).
Plan‐ Schließlich zeigt die Plan‐Fortschrittszahl die mengenmäßige
Fortschrittszahl Planvorgabe pro Kontrollblock innerhalb eines definierten
Betrachtungszeitraums auf („realistische Vorgabe“).
Der Bestand je Kontrollblock errechnet sich pro Periode zu einem be‐ Berechnungs‐
stimmten Zeitpunkt aus der Differenz von Eingangs‐Fortschrittszahl grundlage
und Ausgangs‐Fortschrittszahl (vgl. Ostertag 2008, S. 51):
Berechnung von Fortschrittszahlen
Bestand pro Kontrollblock (t) = EFZ (t) – AFZ (t)
Legende: EFZ = Eingangs‐Fortschrittszahl
AFZ = Ausgangs‐Fortschrittszahl
t = Untersuchungszeitraum
In der grafischen Darstellung sind die Ist‐, die Soll‐ und die Plan‐ Vorläufe und Rück‐
Fortschrittszahlen abgetragen. Die zeitlichen und die mengenmäßigen stände
203
C
Strategien des Supply Chain Managements
Vorläufe („V“) sowie Rückstände („R“) geben an, ob die Zielwerte über‐
oder unterschritten sind. Abbildung C.16 zeigt diesen Sachverhalt an‐
hand eines Beispiels. Der Beginn dieser Betrachtung ist der Zeitpunkt t0
(t wird in Fertigungstagen gemessen und horizontal abgetragen). Verti‐
kal sind die produzierten Mengeneinheiten (ME) angegeben: der Fort‐
schritt pro Zeiteinheit im Untersuchungszeitraum. Am Anfang des vier‐
ten Tags (t4) beläuft sich der Rückstand auf 100 ME. An diesem vierten
Tag werden 200 ME hergestellt, somit ergibt sich an dessen Ende ein
Vorlauf von 100 ME – Vorläufe verursachen Kapitalbindungseffekte. Der
nächste Betrachtungszeitpunkt ist t11 (heute). Wiederum beträgt der
Rückstand 100 ME. Es sollten kumuliert 500 ME hergestellt sein. Jedoch
wurden nur 400 ME produziert. Zum Aufzeigen der Synchronisation
zwischen Ist und Soll, werden die Planzahlen in das Diagramm einge‐
tragen. Der Plan gibt an, dass in der Periode t13 eine Anpassung von Soll
und Ist stattfindet und der Rückstand zu diesem Zeitpunkt (also in zwei
Tagen) voraussichtlich aufgeholt ist.
Abbildung C.16 Beispiel zur Bestimmung von Fortschrittszahlen
700
600
500
R
400 R V
300
V
200
Heute
R
100
0
t
1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16
Legende:
R = Rückstand = Ist‐Fortschrittszahl
V = Vorlauf = Soll‐Fortschrittszahl
t = Zeit = Plan‐Fortschrittszahl
= Soll‐Fortschrittszahl gleich
Plan‐Fortschrittszahl
204
C.3
Strategien der Versorgung
Belastungsschranke: Die Belastungsschranke gibt den Grenzwert an,
bis zu dem Aufträge je Station bearbeitet werden können.
Stell‐ und Regelgrößen Charakterisierung
Mittlerer Bestand Der mittlere Bestand charakterisiert die vor einem
Arbeitsplatz bereits wartenden Aufträge. Diese
Vorräte haben eine Pufferfunktion.
Mittlere Belastung Sie symbolisiert die vor einer Maschine neu ankom‐
menden Aufträge.
Kapazität Eine Kapazität misst die mögliche Leistung der
Arbeitsstation. Sie entspricht der unteren Öffnung
des Trichters.
Mittlere gewichtete Durch‐ Schließlich bestimmt die mittlere gewichtete Durch‐
laufzeit laufzeit das Verhältnis aus mittlerem Bestand und
mittlerer Kapazität.
Das Konzept ist in der Unternehmenspraxis allerdings nicht sehr ver‐ BOA‐Prozess
breitet. Eine Steuerung der Versorgung innerhalb der Supply Chain
wird durch drei generische Arbeitsschritte gewährleistet (vgl. Weigelt
2011, S. 5ff.).
205
C
Strategien des Supply Chain Managements
Dringlichkeit Arbeitsschritt 1: Bei der Anwendung von BOA wird zunächst mit der
festlegen Bestimmung einer Terminschranke die Basis für die Durchlaufterminie‐
rung geschaffen. Je näher ein Auftrag vor der Terminschranke liegt,
desto dringlicher ist seine Bearbeitung. Die Terminierung erfolgt mit
Hilfe statistisch gewonnener mittlerer gewichteter Durchlaufzeiten.
Berechnung der gewichteten Durchlaufzeit
Mittlere gewichtete Durchlaufzeit (MD)
MB
MD =
A / T
Legende: MB = Mittlerer Auftragsbestand
A = Auftragsabgang (Stunden)
T = Untersuchungszeitraum (Tage)
Kapazitäten an den Arbeitsschritt 2: Die Aufträge werden nur dann in das System ge‐
Arbeitsstationen schleust, wenn sie eine gegebene Belastungsschranke pro Arbeitsstation
fixieren nicht überschreiten. Dadurch ist die Vermeidung einer Überlastung an
den Maschinen gewährleistet. Die Belastungsschranke kann mit Hilfe
von Simulationsverfahren ermittelt werden, wodurch die Belastungsori‐
entierte Auftragsfreigabe an Flexibilität gewinnt. Dann reduziert sich
das bereits angesprochene Problem der Starrheit.
Berechnung der Belastungsschranke
Belastungsschranke (BS)
BS = MB + AB
Legende: MB = Mittlerer Auftragsbestand
AB = Auftragsabgang pro Periode
Jedem Auftrag Arbeitsschritt 3: Alle Aufträge, die in Arbeitsschritt 2 noch nicht freige‐
seine Chance geben wurden (weil ihre Dringlichkeit nicht hoch genug ausgeprägt
war), haben jetzt die Chance – mit erhöhter Dringlichkeit – durch die
Belastungsschranke in die Supply Chain geleitet zu werden. Nach er‐
folgter Freigabe und Bearbeitung ist der Bestand schließlich auf Lager zu
nehmen.
206
C.3
Strategien der Versorgung
Belastungsorientierte Auftragsfreigabe Abbildung C.17
Mittlere Belastung
(neue Aufträge)
Bestandsniveau
Mittlerer Bestand
(bereits wartende
Aufträge)
Kapazität
(Stellrad)
Abgefertigte
Aufträge
Lager
C.3.6.4 Retrograde Terminierung
Eine weitere Versorgungsstrategie im Supply Chain Management ist die Historie und Dis‐
Retrograde Terminierung. Ende der 80er Jahre wurde der Ansatz von kontinuität
Adam (vgl. Adam et al. 1999; Zirkel 2004) entwickelt. Die zentrale Aussage
des Konzepts lautet, dass im Fertigungsprozess auch Diskontinuitäten
auftreten können (insbesondere bei der Einzelfertigung und der Werk‐
stattfertigung). Diskontinuierlich bedeutet, dass die Prozesse nicht‐
linear verlaufen. Die Starttermine einer Fertigung werden entgegen des
207
C
Strategien des Supply Chain Managements
208
C.3
Strategien der Versorgung
C.3.7 Ersatzteilmanagement
Angelehnt an die deutsche Industrienorm 24420 (Teil I/4‐1), stellen Er‐ „Es gibt keinen
satzteile (Spare Parts) den Austausch beschädigter, verschlissener oder Ersatz für das
fehlerhafter Einzelkomponenten, Baugruppen oder vollständiger Er‐ Leben: Lieber jung
zeugnisse dar. Eine Feinuntergliederung von Ersatzteilen nach ihrem sterben, als nur um
Verwendungszweck findet sich beim „Deutschen Institut für Normung“ das Leben herum‐
(DIN 31051). Danach werden Ersatzteile in Reserveteile, Verbrauchsteile schnüffeln.“
(A. Rubinstein)
und Kleinteile unterschieden (vgl. Biedermann 2018, S. 3ff.).
209
C
Strategien des Supply Chain Managements
Ersatzteile nach Wenn Ersatzteile nach ihrer Herkunft betrachtet werden, bietet sich eine
ihrer Herkunft Unterscheidung in Originalteile, Fremdteile, Gebrauchsteile sowie
unterscheiden Nachbauteile an. Ihre nähere Kennzeichnung findet sich im Folgenden.
Ein grundsätzliches Differenzierungskriterium ist dabei die Fertigungs‐
tiefe der Ersatzteilhersteller (vgl. Biedermann 2018, S. 13ff.).
Nachbauteile: Sind Patent‐ oder Designschutz abgelaufen, werden ei‐
nige Artikel mittlerweile als Nachbauteile angeboten. Diese sind den
Originalteilen nachempfunden. Sie werden häufig als Eigenmarken
vertrieben (zum Beispiel Automobilwischblätter bei Discountern).
Ersatzteilmanage‐ Grundsätzlich hat sich die Notwendigkeit für ein Ersatzteilmanagement
ment und seine in den letzten Jahren intensiviert. Zu den wichtigsten Einflussfaktoren
Einflussfaktoren auf die Ausgestaltung eines modernen Ersatzteilwesens zählen globa‐
lisierte Wirtschaftsabläufe (geografische Ausweitung von Kunden‐
standorten), zunehmender Wettbewerb (Anstieg der Variantenvielfalt),
technologische Veränderungen (Ausdehnung der Wartungsintervalle),
gesetzliche Änderungen (Verlängerung von Gewährleistungsfristen)
und modifizierte Kundenanforderungen (zunehmende Service‐Levels).
Kundenzufrieden‐ Dabei befindet sich das Ersatzteilmanagement in einem latenten Span‐
heit vs. Kosten nungsverhältnis zwischen hohem Lieferservicegrad (Technik‐ und Ver‐
triebssicht) bei gleichzeitig niedriger Kapitalbindung (Controlling‐
Sicht). Ein ausgeprägter Lieferservicegrad schafft Kundenzufriedenheit
und mindert das Risiko von Produktionsunterbrechungen. Damit sind
in der Regel niedrige Ausfallfolgekosten verbunden. Auch tragen re‐
gelmäßige Wartungen und Inspektionen von Anlagen dazu bei, diese
210
C.3
Strategien der Versorgung
C.3.7.1 Bestandsmanagement
Das Bestandsmanagement von Ersatzkomponenten unterliegt besonde‐ Stock‐outs schmer‐
ren Spielregeln. Die gewünschten Ersatzteile sollen in geforderter Qua‐ zen im Ersatzteil‐
lität und Menge stets pünktlich am richtigen Ort zur Verfügung stehen. geschäft besonders
Fehlende Ersatzteile können komplette Produktionsprozesse zum Erlie‐
gen bringen (Stock‐Outs). Gleichzeitig dürfen die Lagerhaltungskosten
nicht ausufern.
Wesentliche Charakteristika für die Bevorratung von Ersatzteilen sind Fokus auf die
die Nutzungsintensität und die Nutzungsbedingungen von Produkti‐ Instandhaltung
onsanlagen. Aber auch die jeweiligen Instandhaltungsstrategien ent‐
scheiden über die Lagerung von Ersatzteilen: Werden Wartungen von
Fertigungs‐ und Montageanlagen korrektiv (nach deren Ausfall) vorge‐
nommen, oder erfolgt die Wartung präventiv in regelmäßigen Zeitinter‐
vallen? Aber auch die Nachfrage von Ersatzteilen über die letzten Peri‐
oden, sowie das Ausfallverhalten von Bauteilen, sind wichtige Schlüs‐
selfaktoren für die Lagerung von Ersatzteilen. Besondere Beachtung
verdienen diesbezüglich Anlagen, deren Nutzung über das geplante
Anlagenalter hinausgeht (Auslaufbedarfe). Gute Dienste leisten in einer
zeitgemäßen digitalen Instandhaltung Datenbrillen: Digital Maintenan‐
ce wird häufig über Augmented Reality realisiert.
Grundsätzlich ist die Lagerhaltung kostenintensiver Reserveteile nur Kosten‐Nutzen‐
anzuraten, wenn der entscheidungsrelevante Nutzen (beispielweise die Verhältnisse auslo‐
Vermeidung von Fehlmengenkosten oder Konventionalstrafen) die ten
Lagerhaltungskosten übertrifft. Stehen mehrere Bevorratungsalternati‐
ven zur Verfügung, ist die Variante mit dem größten Kostenvorteil zu
wählen. Problematisch gestaltet es sich dabei allerdings, dass einige
Bestimmungsgrößen sich kaum monetär ausdrücken lassen und ihre
Eintrittswahrscheinlichkeiten a priori nur schwerlich abzuschätzen sind
(wie Imageschäden bei nicht rechtzeitiger Lieferung).
211
C
Strategien des Supply Chain Managements
Wertbetrachtung Zum zielgerechten Management von Ersatzteilen bietet sich die klassi‐
und Forecast Ac‐ sche Differenzierung nach ABC‐ und XYZ‐Teilen an (vgl. S. 298). A‐, B‐
curacy und C‐Sachnummern werden nach Wert und Menge unterschieden. Die
Aufteilung in X‐, Y‐ und Z‐Teile orientiert sich nach ihrer Vorhersage‐
genauigkeit (Forecast Accuracy). Speziell für das Ersatzteilmanagement
gelten dabei folgende entscheidungsrelevanten Implikationen (vgl. Pa‐
wellek 2012, S. 81ff.).
A‐Ersatzteile sind typischerweise kapitalintensive Einort‐Reserveteile.
Der Ausfall solcher Komponenten ist häufig mit hohen Stillstandkos‐
ten verbunden. A‐Ersatzsachnummern lassen sich nicht instand set‐
zen. Auf Grund der ausgeprägten Lagerhaltungskosten ist die Menge
an A‐Ersatzteilen möglichst klein zu halten.
Zu den B‐Ersatzteilen zählen Mehrort‐Normteile. Es sind Komponen‐
ten klassischer Standardmaschinenbaugruppen (Motoren oder Ge‐
triebe).
Für die X‐Ersatznummern gilt, dass sie einer guten Vorhersagegenau‐
igkeit unterliegen. Es sind zumeist Kleinteile, die sich teilweise ferti‐
gungssynchron steuern lassen.
Sehr schwer planbar sind insbesondere Z‐Ersatzgüter. Weder die fer‐
tigungssynchrone Beschaffung (schlecht planbare Bestände), noch die
Pufferlagerung (zu teuer), bieten sich als Dispositionsvariante an. Da‐
her sollte ein gewisser Sicherheitsbestand dieser Sachnummern auf
Lager geführt werden, der allerdings regelmäßig zu überwachen ist.
C.3.7.2 Prozessmanagement
212
C.3
Strategien der Versorgung
213
C
Strategien des Supply Chain Managements
ge Erreichbarkeit. Ein effizientes Category Management dient der diffe‐
renzierten Bearbeitung von Schlüsselkunden.
Chargen nicht Als Bindeglied zwischen Produktion und nachgelagerten Supply‐Chain‐
verlieren: Resilienz Prozessen, gewährleistet die Distribution eine lückenlose Überwachung
im Ersatzteilma‐ aller Lager‐ und Transportebenen. Die Ersatzteilchargen müssen jeder‐
nagement zeit zurückzuverfolgen sein. Dazu werden moderne Systeme zur Sen‐
dungsverfolgung eingesetzt. Gute Dienste erbringen in diesem Kontext
Radiofrequenzlösungen (vgl. S. 364). Da die Investitionen in RFID zum
Teil erheblich sind, sollten zunächst jedoch die jeweiligen Kosten‐
Nutzen‐Relationen ausgelotet werden.
Transparenz in den Schließlich sind Prozessverbesserungen des Ersatzteilwesens auch in
Return‐Prozessen der Abwicklung von Retouren möglich. Bei diesen Rückführungsvor‐
gängen ist insbesondere die Wiedereinsteuerung betroffener Sendungen
in die Supply Chain schwierig. Eine automatisierte Bestandsaktualisie‐
rung ist ebenso bedeutsam, wie die durchgängige Chargenrückverfol‐
gung. Retournierte Waren sind vorzugsweise direkt im Wareneingang
auf Beschädigung oder Funktionsfähigkeit zu überprüfen.
214
C.3
Strategien der Versorgung
C.3.7.4 Kooperationen
Seit dem Aufkommen von Lean Management (vgl. S. 109 dieser Schrift), Outsourcing im
werden bevorzugt Unternehmensleistungen mit geringer Wertschöp‐ Ersatzteilwesen
fung ausgelagert. Diese Besonderheit trifft auch für das Ersatzteilwesen möglich
zu, da kein großer Warenumschlag vorliegt. Der Auftraggeber erhofft
sich von einem Outsourcing seines Ersatzteilbereichs – oder von Aus‐
zügen daraus – Veränderungen in den Kostenstrukturen: Originäre
Fixkosten werden variabilisiert (Gemeinkostensenkung durch schlanke‐
re Verwaltung). Weiterhin sind die mit Prozessänderungen verbunde‐
nen Auswirkungen auf die Transaktionskosten ebenso zu beachten, wie
die gesteigerte Abwicklungstransparenz.
Instandhaltungsketten (Maintenance‐Supply‐Chains) sind häufig recht Kooperationspoten‐
komplexe Gebilde. Daher stellt das Ersatzteilmanagement hohe Anfor‐ ziale des Ersatzteil‐
derungen an einen 3PL. Die Bedarfe treten zumeist diskontinuierlich auf bereichs
(geringe Forecast Accuracy). Außerdem gestatten diese sporadischen
Abrufe zumeist nur die Fertigung und den Vertrieb kleiner Lose. Folg‐
lich sind bei einer Fremdvergabe von Tätigkeiten im Ersatzteilbereich
215
C
Strategien des Supply Chain Managements
216
C.3
Strategien der Versorgung
Erderschütterung legte nicht nur die Produktion der Autobauer Toyota,
Nissan und Honda schlagartig lahm (der finanzielle Schaden dieser
Eruption wurde allein für die japanische Automobilindustrie auf etwa
25 Milliarden Euro beziffert). Auch bei Sony oder Canon standen die
Bänder unmittelbar nach Ausbruch der Katastrophe still.
Die Auswirkungen externer Schocks sind branchenübergreifend zu Branchenübergrei‐
spüren: Als 2001 in Großbritannien die Maul‐ und Klauenseuche aus‐ fende Auswirkun‐
brach, führte diese Nutztierkrankheit, also ein Ereignis aus dem Bereich gen
der Landwirtschaft, zu Stock‐outs in der Automobilindustrie: Bei Volvo
und Ford kam es zu Produktionsunterbrechungen, da das benötigte
Leder für die Innenausstattung der Fahrzeuge nicht mehr verfügbar war
(vgl. Kersten et al. 2008, S. 13).
217
C
Strategien des Supply Chain Managements
218
C.3
Strategien der Versorgung
C.3.8.2.1 Risikoidentifikation
Im Rahmen der Risikoidentifikation sollen alle Gefahrenquellen, Stör‐ Risiken schnellst‐
potenziale und Schadensursachen erfasst werden, die sich negativ auf möglich erfassen
Supply‐Chain‐Ziele auswirken. Zur Identifizierung etwaiger Supply‐
Chain‐Risiken werden kreativ‐intuitive Verfahren und analytisch‐
strukturierte Hilfsmittel eingesetzt. Die Kreativ‐intuitiven Verfahren
sind nicht streng an eine bestimmte Ordnung gebunden. Zu ihnen zäh‐
len Brainstorming, Interviews und die Delphi‐Methode.
Supply‐Chain‐Brainstorming: Es wird ein gruppenorientierter Ideen‐ „I got so much
findungsprozess eingeleitet. Die Gruppe besteht aus fünf bis acht Per‐ funky shit inside
sonen und wird von einem Mentor geleitet. Im ersten Schritt werden my brain. I
mögliche Störungen auf die Supply Chain wertungsfrei gesammelt couldn’t ex‐
(Kritikverbot) und visualisiert. Dabei kommt es nicht auf die Qualität plain…“
der Beiträge an. Im zweiten Schritt erfolgen die Strukturierung und (Jungle Brothers)
die Bewertung der Supply‐Chain‐Risiken. Für die Erfassung mögli‐
cher neuer Risiken eignet sich Brainstorming gut. Allerdings stößt der
Ansatz bei komplexen Abläufen rasch an seine Grenzen.
219
C
Strategien des Supply Chain Managements
neut den Experten zugestellt, die bei Bedarf ihre zunächst geäußerten
Meinungen anpassen können.
Risiko‐Bewusstsein Für eine effektive Risikoidentifikation sind innerhalb der Supply Chain
schärfen organisatorische Voraussetzungen zu schaffen. Im Kern geht es darum,
bei den Mitarbeitern ein echtes Risikobewusstsein zu wecken. Auch
wenn das Risikomanagement im betrieblichen Umfeld wohl schwer‐
punktmäßig speziellen Abteilungen anvertraut wird, sollten letztendlich
alle Unternehmensbereiche in das System eingebunden sein. Dadurch
wird bei den Mitarbeitern die Akzeptanz für das Risikomanagementsys‐
tem geweckt und gefördert.
C.3.8.2.2 Risikoanalyse
„High risk insur‐ Nachdem die Risiken erfasst wurden, beginnt ihre „Inventur“: Erkenn‐
ance, the time is bare Risiken müssen zunächst erfasst werden. Ein Unternehmen wird
right…“ einerseits interne Bereiche einer möglichen Verletzbarkeit definieren.
(the Ramones) Andererseits werden potenzielle externe Risikobereiche aufgelistet, die
aus der Interaktion mit weiteren Supply‐Chain‐Akteuren entstehen, was
vergleichsweise schwer fällt (Umfeldanalyse).
Kausalzusammen‐ Die Supply‐Chain‐Risiken werden anschließend kategorisiert, um eine
hänge dokumentie‐ zielgerichtete Steuerung der Gesamtsituation zu ermöglichen. Ein Ar‐
ren beitsschritt, der auch als Risiko‐Mapping bezeichnet wird. Außerdem
sind zur Operationalisierung dieser Risikobereiche geeignete Kennzah‐
len zu benennen und zu definieren. Für besonders schwer wiegende
Risiken kann sich deren Zerlegung in mehrere Sub‐Risiken anbieten.
Dadurch fällt es leichter, die jeweiligen Risikotreiber zu identifizieren
und diese in Kausalzusammenhänge (Ursache‐Wirkungs‐Verkettungen)
zu überführen.
220
C.3
Strategien der Versorgung
C.3.8.2.3 Risikobewertung
Im Rahmen der Risikobewertung (Risk Assessment) werden die ein‐ Inventur der Risi‐
zelnen Risikobereiche selektiert und mit einer Eintrittswahrscheinlich‐ ken vornehmen
keit versehen. Zur Risikoselektion empfiehlt sich eine Differenzierung in
„normale“ und „abnormale“ Risiken. Zu den „Normalrisiken“ einer
Organisation zählen Lieferverzögerungen, Materialpreissteigerungen,
Wechselkursprobleme, Überkapazitäten oder Absatzprognoseschwie‐
rigkeiten. Ein „Abnormales‐Risiko“ ist beispielsweise eine Rückrufakti‐
on oder eine unerwartete Gesetzesänderung. Die normalen Supply‐
Chain‐Risiken werden vorzugsweise über dezentralisiert agierende Ex‐
perten (Logistik, Einkauf, Vertrieb, Technik) aufgelistet. Schwerer fällt
das Aufspüren abnormaler Risiken. Diese sollten zentral (in einer Risi‐
komanagement‐Abteilung) zusammengetragen werden, weil hier die
Expertise aus den Funktionsbereichen nur bedingt weiter hilft.
Anschließend wird die Eintrittswahrscheinlichkeit (Likelihood) von Supp‐ Bedeutung der
ly‐Chain‐Risiken bestimmt und mit ihrer Intensität auf die erwartete FMEA
Schadenswirkung (Impact) quantifiziert. Die Fehler‐Möglichkeits‐ und
Einfluss‐Analyse (FMEA) stellt ein Hilfsmittel dar, das für diesen Be‐
wertungsvorgang gut geeignet ist. Dabei wird eine Risikoprioritätszahl
ermittelt, die sich aus der Wahrscheinlichkeit für das Auftreten eines
Risikos, der Wahrscheinlichkeit, dieses Risiko entdecken zu können
sowie der Wahrscheinlichkeit, wie bedeutsam der Fehler für den Kun‐
den ist, berechnet (vgl. zur FMEA S. 356 dieser Schrift).
Zur Visualisierung der Schadensauswirkungen bietet sich ein Risiko‐ “It was the heat of
Mapping an. In einer so genannten „Heat Map“ können die Risiken the night I think, or
übersichtlich in einem Portfolio abgebildet werden (vgl. Abbildung it could’ve been the
C.18). Durch die Verwendung von Farben oder Markierungen sind die effect of a drink…”
Informationen durch den Betrachter besonders rasch zu erfassen. Kriti‐ (Soft Cell)
sche Supply‐Chain‐Aktivitäten zeichnen sich einerseits durch eine hohe
Eintrittswahrscheinlichkeit für eine Disruption von Supply‐Chain‐
Prozessen aus. Andererseits wird die befürchtete Schadensauswirkung
als schwerwiegend (signifikant) eingestuft.
221
C
Strategien des Supply Chain Managements
Zum Umgang mit In der beispielhaft dargestellten Heat Map finden sich fünf eingetragene
der Heat‐Map Supply‐Chain‐Risiken. Die Bewertung auf beiden Achsen reicht von
eins („sehr gering“) bis fünf („sehr hoch“). Für die Ereignisse eins und
fünf sind die Eintrittswahrscheinlichkeit und die potenzielle Schadens‐
auswirkung im Portfolio jeweils ungefähr mittelmäßig ausgeprägt. Das
Risikoereignis zwei tritt sehr wahrscheinlich ein, doch es nimmt voraus‐
sichtlich nur geringfügig Einfluss auf das operative Ergebnis (in diesem
Falle den EBIT). Die Risikoereignisse drei und vier sind hingegen sehr
bedeutsam von ihrer zu befürchtenden Schadensauswirkung. Insbeson‐
dere das Ereignis drei ist sehr kritisch, denn seine Eintrittswahrschein‐
lichkeit ist hoch. Die verantwortlichen Personen eines Unternehmens
sollten zunächst die Supply‐Chain‐Risk‐Aktivitäten auf das Ereignis drei
bündeln, ohne dabei freilich die restlichen Risiken innerhalb der Wert‐
schöpfungskette aus den Augen zu verlieren.
Abbildung C.18 Heat‐Map einer Supply Chain
5 2
Eintrittswahrschein‐
4 3
lichkeit
3 5
2 1
1 4
1 2 3 4 5
Schadensauswirkung (EBIT)
C.3.8.2.4 Risikomilderung
Milderung von Nachdem die Risiken bewertet wurden, sind Maßnahmen zu ihrer Mil‐
Supply‐Chain‐ derung festzulegen (Risk Mitigation). Betroffene Organisationen sollten
Risiken ausloten, inwieweit es zur Eliminierung, Reduzierung, Limitierung,
Transferierung oder Akzeptierung von Supply‐Chain‐Risiken kommt. Es
sind unterschiedliche Milderungs‐Strategien für Supply Chains denkbar.
Beispiele dafür finden sich in Abbildung C.19 (vgl. Sodhi/Tang 2012, S.
98).
222
C.3
Strategien der Versorgung
Supply‐Chain‐Mitigation Abbildung C.19
Mitigations‐
Beschreibung Aktivität
Strategie
Eliminierung von Gründen Follower anstatt Pionier, Local
Vermeidung
zur Risiko‐Entstehung und Domestic Sourcing
Reduzierung der primären Postponement von Logistik‐
Verzögerung
Entstehungsursache prozessen
Begrenzung der Risiko‐ Hedging von Wechselkursge‐
Absicherung
Hauptursachen schäften
Reduzierung der Abhängig‐ Double Sourcing, Triple
Diversifikation
keit Sourcing
Verteilung der Risiken auf Multiple User Warehouse,
Überwälzung
mehrere Schultern Strategische Allianzen
Risiken hinsichtlich ihrer Nachfrageschwankungen auf
Akzeptanz
Entstehung billigen den Absatzmärkten
C.3.8.2.5 Risikokontrolle
Im letzten Schritt erfolgt eine kontinuierliche Kontrolle (Risk Control) Fortwährende
des kompletten Supply‐Chain‐Prozesses. Das Ziel besteht darin, die Kontrollprozesse
Wirksamkeit der einzelnen Maßnahmen überprüfen zu können und bei einleiten
unliebsamen Überraschungen einzuschreiten. Es geht um das Analysie‐
ren und das Lernen aus Ereignissen, um daraus Handlungsbedarfe und
zukünftige Trends abzuleiten. Veränderungen werden in einer Supply
223
C
Strategien des Supply Chain Managements
Chain kontinuierlich erfasst, was zur Antizipation interner oder externer
Risikopotenziale führt.
Supply‐Chain‐ Für die Dokumentation der Risiken und das Aufzeigen von Soll‐Ist‐
Tachometer entwer‐ Abweichungen sind geeignete Formate festzulegen. Dafür sind Dash‐
fen Board‐Systeme besonders geeignet (moderne „Armaturenbretter“). Sie
gewährleisten die Aufbereitung unterschiedlicher Supply‐Chain‐Risiken
in Grafiken, um etwaige Gefahrenbereiche zu visualisieren.
Kontinuierlicher Die einzelnen Phasen des gesamten Supply‐Chain‐Risikoprozesses fol‐
Regelkreis (Closed gen einem Regelkreis. Darin werden Chancen und Gefahren erfasst und
Loops) eingeleitete Maßnahmen ständig hinsichtlich ihrer Erfolgswirksamkeit
überprüft. Je nach der Dynamik und der Komplexität des Umfelds,
erfolgt die Neufeststellung dieser Chancen und Risiken in zuvor festge‐
legten zeitlichen Intervallen.
Predictive Analy‐ Die organisatorische Abwicklung dieser Aktivitäten wird vorzugswei‐
tics im Risikocon‐ se einem zentralen Risikocontrolling übertragen. Dennoch müssen alle
trolling Ebenen des Unternehmens schlussendlich in diesen Prozess eingebun‐
den sein. Allein schon, um die Akzeptanz der Maßnahmen zu gewähr‐
leisten und das notwendige „Risikobewusstsein“ bei den Mitarbeitern
zu wecken. Die Verantwortlichen des Risikocontrollings übernehmen
die Sammlung, die Konsolidierung und die zielgerichtete Aufbereitung
(Reporting) der Ergebnisse. Außerdem legen sie geeignete Key Perfor‐
mance Indicator (hier verstanden als „Frühwarnindikatoren“) für die
Berichterstattung fest.
Strategische und Im Sinne einer gewissen Hierarchisierung und Priorisierung gilt der
operative Risiken erste Blick auf der „Risikolandkarte“ dem großen Ganzen (vgl. Hot‐
wagner 2008, S. 38). Darin sind die primären Einflussbereiche von Chan‐
cen und Risiken einer Supply Chain erfasst. Dennoch dürfen die Details
dieses Risikomanagement‐Systems nicht unterschätzt werden. Denn die
Ursachen vieler Risiken liegen in untergeordneten Prozessen. Deren
Auswirkungen können jedoch eine gewisse Eigendynamik entwickeln,
die sich langfristig dominant auf das Gesamtsystem niederschlägt: Über
Ursache‐Wirkungs‐Ketten (Kausalbetrachtung) ergeben sich Interde‐
pendenzen zwischen einzelnen Risikobereichen.
224
C.3
Strategien der Versorgung
In China wurden im Januar 2020 die ersten Todesfälle gemeldet, die im Zu‐ „Am Ende wird
sammenhang mit Corona standen. Dann breitete sich das Virus rasch über alles gut werden –
den kompletten Globus aus. Die Folge war eine weltweite Pandemie. In den und wenn es noch
USA, Brasilien, Indien, Russland oder Südafrika, überall schlug Corona nicht gut ist, dann
erbarmungslos zu, auch in Deutschland. Somit wurden weitreichende Maß‐ ist es noch nicht zu
nahmen eingeleitet, um die Infektionsketten zu unterbrechen und die Ver‐ Ende.“
breitung von Corona einzudämmen: Das Tragen von Mund‐Nasen‐Schutz, (O. Wilde)
die Schließung öffentlicher Einrichtungen, das Verbot von Zusammenkünf‐
ten größerer Gruppen, die Verhängung von Einreisebeschränkungen oder
das Aussprechen von Ausgangs‐ und Kontaktsperren. Weltweit wurden
Millionen Menschen in Quarantäne geschickt. Um die dramatischen wirt‐
schaftlichen Einbrüche von Corona bestmöglich abfedern zu können, be‐
schlossen nationale wie internationale Regierungen milliardenschwere
Hilfsmaßnahmen und Konjunkturpakete.
Mit Corona wurde alles anders. An den Grenzen stauten sich die LKW ki‐ „Walls come tumb‐
lometerlang, Fahrer schickte man in Zwangsquarantäne. Die Produktion ling down…“
kam zum Stillstand. Paletten blieben auf den Fahrzeugen liegen, Frachtflüge (the Style Council)
und Schiffstransporte wurden komplett abgesagt. Die Liefertermine konnten
nicht mehr valide geplant werden. Kurzum, das logistische Kartenhaus
brach in sich zusammen. Chaos allerorten im Wertschöpfungsverbund. Die
Katastrophe hatte einen Namen: Covod‐19 (vgl. Kirschey 2020, S. 13).
Corona legte die Schwachstellen einer auf absolute Effizienz getrimmten Ein winzig kleines
Logistikkette schonungslos offen. Kaum eine Branche blieb verschont. Der Virus mit einer
Einzelhandel musste beispielsweise feststellen, dass Kunden Hamsterkäufe gewaltigen Spreng‐
tätigten. In den Regalen entstanden Warenlücken, die nicht unmittelbar kraft
aufgefüllt werden konnten. Für den deutschen Handel und seine Kunden
eine völlig ungewohnte Situation. Die Politik reagierte auf Corona. Ein Lie‐
ferkettengesetz soll Unternehmen dazu verpflichten, ihre Supply Chain
225
C
Strategien des Supply Chain Managements
„Es ist der Globali‐ Durch das Aufkommen von Covid‐19 sind die Sourcing Strategien zusam‐
sierung egal, ob die mengebrochen. Es war der Albtraum eines jeden Logistikers: Lieferanten
Leute sie mögen, stellten von heute auf morgen ihre Fertigung ein, zusätzlich fehlten Trans‐
oder nicht.“ portmittel. Die Grenzen wurden geschlossen und Einfahrverbote verhängt.
(H. Simon) Ansätze wie Single Sourcing und Global Sourcing verkamen durch Corona
zur Farce. Notgedrungen begaben sich die OEM auf die Suche nach neuen,
lokalen Lieferanten. Double Sourcing ersetzte Single Sourcing, Unternehmen
verschafften sich ein sicheres zweites Standbein für Kaufteile und Rohstoffe.
Aus Global Sourcing wurde Local Sourcing: Beschaffungen im Inland kosten
zwar oftmals mehr Geld. Dafür sind die Abläufe schnell und die kurzen
Beschaffungswege sicher. Die OEM bildeten Task‐Force‐Gruppen. Diese
setzten sich an die Erarbeitung alternativer Lieferantenprogramme. Sie for‐
mulierten Szenarien. Die sollten ihnen dabei helfen, zukünftig die Risiken in
der Supply Chain besser abschätzen zu können.
Lieferantenbewer‐ Das Screening der Lieferanten muss sich neu ausrichten. Als Folge von
tung mit neuer Corona, justieren OEM ihr Supplier Rating System schärfer. Die Möglich‐
Gewichtung keit zur sicheren Interaktion und stabilen Kommunikation mit Lieferanten
wird als unabdingbar eingeschätzt. Bei einem inländischen Transport kann
beispielsweise keine Grenze zwischen Lieferant und Hersteller geschlossen
226
C.3
Strategien der Versorgung
Ein gut funktionierendes Risikomanagement ist wichtiger denn je. Die Zur Neuausrich‐
Unternehmen haben aus der Corona‐Krise gelernt, dass ein Puffer an strate‐ tung des Supply
gisch bedeutsamen sowie sich rasch verknappenden Ressourcen unabding‐ Chain Risk Mana‐
bar ist. Sie wissen, dass diese Sicherheitsbestände Cash Flow rauben und gements
Kapital binden. Dennoch gehen einige OEM offenkundig lieber auf die si‐
chere Seite. Um die Einbußen an Working Capital überschaubar zu halten,
erfolgt allerdings ein dauerhaftes Screening derjenigen Sachnummern, de‐
ren Pufferbestände (Buffer Stocks) bewusst erhöht wurden.
Kunden im Notfall priorisiert beliefert werden,
Back‐up‐Lieferanten kurzfristig verfügbar sind,
Transportrouten alternativ zur Verfügung stehen und
Kommunikationsmaßnahmen im Störfall direkt einzuleiten sind.
227
C
Strategien des Supply Chain Managements
Intermodale Ver‐ Die Supply Chain wird durch Covid‐19 intermodaler. Dies bedeutet die
kehrssteuerung Kombination verschiedener Verkehrsträger zur Beförderung großer Waren‐
mengen. Dabei werden zum Teil weite Strecken zurückgelegt, um durch
raschen Warenumschlag die Grundversorgung der Bevölkerung zu sichern.
Die Automatisierung der Abläufe im intermodalen Verkehr begünstigt die
Vermeidung von Personenkontakten. Voraussetzung ist das eingespielte
Ineinandergreifen verschiedener Verkehrsträger in modernen Hubs. Zum
Beispiel als trimodaler Huckepack‐Transport, aus der Kombination der
Transportmittel LKW, Bahn und Schiff.
Die Pandemie Etliche Unternehmen sehen die Corona‐Krise auch als Chance, um Liefer‐
schweißt zusam‐ stillstände in der Wertschöpfungskette zu beheben. Die von der Pandemie
men: Supply Chain betroffenen OEM streben eine engere Kooperation mit ihren Logistikpart‐
Partnerschaft nern an. Tracking Systeme spielen dabei eine besondere Rolle. Sie erlauben
eine Sendungsverfolgung in Echtzeit mit Hilfe intelligenter Identifikations‐
techniken. RFID und mehrdimensionale Barcode Techniken leisten hier gute
Dienste. Der Materialfluss gestaltet sich mit ihnen transparenter. Unterbre‐
chungen in den Transportvorgängen werden über Alert‐Systeme festge‐
stellt, die bei Störungen sofort „Alarm“ schlagen. Hersteller und betroffene
Logistikdienstleister sind gleichermaßen gewarnt.
„Zu niemandem ist Die Supply Chain ist in den letzten Jahren digitaler geworden. Mit dem
man ehrlicher, als Aufkommen von Covid‐19 erhielt die Digitalisierung der Wertschöpfungs‐
zum Suchfeld von kette noch einmal einen Schub. Moderne Technogien, wie Internet of Things,
Google.“ Digital Twins, Big Data, Blockchain und Machine Learning, haben in der
(C. Kurz) Lieferkette Einzug erhalten (vgl. S. 256 dieser Schrift). Sie erlauben eine
rasche und zielgerichtete Kommunikation unter den Wertschöpfungspart‐
nern. Zudem sind umfangreiche Datenanalysen und eine aussagefähige
Prognostik über digitale Hilfsmittel möglich. Dadurch erhöht sich der logis‐
tische Automatisierungsgrad. Intelligente Tools unterstützen und beschleu‐
nigen die Arbeitsabläufe schon heute. Smartphone, Tablet und Datenbrillen
sind in einer robusten Supply Chain nicht mehr wegzudenken.
228
C.3
Strategien der Versorgung
C.3.9 E-Supply-Chains
C.3.9.1 Grundlagen
Elektronische Supply Chains (synonym: „E‐Supply Chains“, vgl. „Eine Tastatur ist
Flappner et al. 2005; Hausen 2005; Kurzmann/Langmann 2015; Mrozek/Seitz der Mund der
2020; Piontek 2009; Werner 2013a, S. 12ff.) gewährleisten die Versorgung, Einsamen.“
die Entsorgung und das Recycling von Geschäftsabläufen über die tech‐ (D. Wieser)
nischen Hilfsmittel Internet, Extranet oder Intranet. Sie stoßen die physi‐
sche Auftragsabwicklung an. Weiterhin gewährleisten E‐Supply Chains
den Geld‐ und den Informationsfluss.
229
C
Strategien des Supply Chain Managements
Art des Informationstransfers Charakterisierung
Bereitstellung von Unternehmens‐ und Bei dieser ersten Variante rufen Kunden
Produktinformationen und Lieferanten beim Hersteller lediglich
Informationen ab. Diese können Lieferzei‐
ten, Produktkataloge oder Produktpreise
betreffen. Die Bindungsintensität zwischen
den Teilnehmern ist gering.
Passive Interaktion zwischen den Koopera‐ Eine passive Interaktion besitzt eine mittle‐
tionspartnern re Bindung zwischen den Partnern. Sie
bedeutet, dass die Systeme der Teilnehmer
für Abfragen miteinander vernetzt sind.
Zum Beispiel können Händler Informatio‐
nen von Herstellern erhalten, indem sie für
spezielle Links auf deren Homepages ein
Passwort bekommen.
Aktive Interaktion zwischen den Kooperati‐ Bei dieser dritten Variante sind die Daten
onspartnern zwischen den Akteuren aktiv zu bestätigen
oder zu ändern. Dies ist insbesondere in
den frühen Phasen der Produktentwick‐
lung entscheidend, indem die Lieferanten
an der Erstellung von Zeichnungen oder
Kalkulationen direkt beteiligt werden
(beispielsweise für Resident Engineering).
Hier liegt eine hohe Bindungsintensität
vor.
230
C.3
Strategien der Versorgung
Problembehaftete Front‐End‐Back‐End‐Beziehungen Beispielblock c.6
Bei Buchbestellungen via Internet erwarten die User, dass ihre Waren spätes‐
tens zwei Tage nach dem Ordering bei ihnen eintreffen. Ein Zeitfenster, das
über Print‐on‐Demand gerade so eingehalten werden kann. Stationäre Apo‐
theken sichern häufig „Same Day Delivery“ zu. Dieses Versprechen können
sie nur auf Grund funktionierender Großhandelsanbindung zusichern. Doch
nicht immer werden angegebene Liefertermine auch wirklich erfüllt. In den
USA tätigten 2017 im Weihnachtsgeschäft über 55% der potenziellen Online‐
Kunden ihre Bestellungen tatsächlich über das Internet. Leider erhielten
knapp ein Fünftel der User ihre Waren erst im Anschluss an das Weihnachts‐
fest. Besonders problembehaftet verlief die Artikelzustellung durch die In‐
ternet Retailer (darunter sind Unternehmen zu verstehen, die ihr Geschäft
speziell über das Internet abwickeln). Während die Termintreue bei ihnen
nur 80% betrug, erzielten traditionelle Versandhäuser hier immerhin eine
Erfolgsquote von knapp 90%. Trifft eine Lieferung deutlich verspätet ein,
können Kunden für die betroffene Organisation dauerhaft verloren sein.
In der Front‐End‐Back‐End‐Abwicklung von E‐Supply Chains sind neun B2B und B2C als
grundsätzliche Ausgestaltungsvarianten denkbar. Sie beziehen sich auf Hauptvertreter von
die Anbieter und die Empfänger elektronischer Leistungen und erstre‐ E‐Commerce
cken sich auf die Segmente „Business“, „Customer“ und „Administrati‐
on“. Abbildung C.20 zeigt denkbare Kombinationsmöglichkeiten von
E‐Commerce (vgl. auch Hermanns/Bagusat 2008, S. 317). Vor allem fol‐
gende drei Business‐to‐Alternativen (B2) sind von besonderer Bedeu‐
tung: Business‐to‐Business, Business‐to‐Customer sowie Business‐to‐
Administration:
Business‐to‐Business (B2B): Zwischen 70% und 80% des Gesamtum‐
satzes elektronischer Geschäftsabwicklungen entfallen auf institutio‐
nelle Transaktionen.
231
C
Strategien des Supply Chain Managements
Abbildung C.20 E‐Commerce im Überblick
Nachfrage
Customer Business Administration
Angebot
Abwicklung von Im Einkauf können für den B2B‐Bereich vier unterschiedliche Möglich‐
Geschäftsprozessen keiten zur Abwicklung von Geschäftsprozessen unterschieden werden.
über E‐Procure‐ Abbildung C.21 (vgl. Kaplan/Sawhney 2000, S. 59) visualisiert diesen
ment Zusammenhang in einer Matrix mit vier Feldern. In der Horizontalen
steht die Frage, was die Unternehmen einkaufen im Mittelpunkt. Dies‐
bezüglich ist in die beiden Alternativen von Betriebsinput und Produk‐
tionsinput zu differenzieren. Den Betriebsinput stellen MRO‐Produkte
dar (Maintenance, Repair and Overhaul): Also Güter, die zur Wartung,
Reparatur oder Überholung benötigt werden. Der Begriff „Overhaul“
wird zum Teil auch durch „Operations“ ersetzt. Vielfach findet sich für
den Betriebsinput die Bezeichnung „indirektes Material“.
Direktes Material Der Produktionsinput aggregiert sich in der Matrix aus Rohmaterialien
oder Bauteilen, welche unmittelbar in das Endprodukt eingehen („direk‐
tes Material“). In der Vertikalen wird das Wie abgetragen: Einerseits
können Systemkäufe vorliegen, die auf längerfristig ausgehandelten Ver‐
trägen basieren. Andererseits sind kurzfristig initiierte Spoteinkäufe
denkbar, welche einen plötzlich auftretenden Bedarf zu möglichst nied‐
rigen Preisen befriedigen. Nachstehend erfolgt eine kurze Kennzeich‐
nung der vier Felder des Portfolios (vgl. Kaplan/Sawhney 2000, S. 57ff.).
232
C.3
Strategien der Versorgung
Feld I: Im ersten Feld finden sich MRO‐Hubs. Sie stellen Betriebsinput Beschaffung von
dar und werden systematisch bezogen. Die auf einem MRO‐Hub ge‐ MRO‐Gütern
handelten Güter sind geringwertig, haben aber hohe Transaktionskos‐
ten. Zu ihnen zählen Büromaterialien, Flugtickets oder Reinigungs‐
dienste. Anbieter sind W. W. Grainger oder MRO.com.
Feld II: Das Feld II symbolisiert einen Katalogknotenpunkt. Hier tref‐ Transaktionskosten
fen Produktionsinput und systematischer Einkauf zusammen. Auf senken
diesen Einkaufsplattformen werden branchenspezifische und stan‐
dardisierte Waren – zu möglichst geringen Transaktionskosten – ge‐
handelt. Chemdex, SciQuest.com oder PlasticNet.com sind diesem Ge‐
schäftsfeld zuzuordnen.
Feld III: Die spezialisierten Spothändler Employease, Adauction.com und Spotmarktbezie‐
CapacityWeb.com schaffen elektronische Märkte für notwendige be‐ hungen generieren
triebliche Ressourcen (wie Arbeitskraft oder Werbung). Sie erlauben
die kurzfristige Ausdehnung oder Begrenzung einer Geschäftstätig‐
keit. Den höchsten Marktwert erreichen diese Plattformen bei Waren,
die in ihrem Wert erheblich schwanken (wie Strom, Öl oder Wasser).
Feld IV: Schließlich symbolisiert das vierte Feld eine Konstellation, Börsen im engen
wenn Produktionsinput und Spoteinkauf aufeinander treffen. Auf den Sinn
Börsen e‐Steel oder PaperExchange.com können die Einkäufer ihre Ge‐
schäfte kurzfristig zu günstigen Preisen abwickeln. Sie funktionieren
nach dem Prinzip der traditionellen Warenbörsen. Beispielhaft dafür
stehen auch Excess‐and‐Obsolete‐Verkaufsbörsen (vgl. S. 301).
B2B im Einkauf Abbildung C.21
Systemkauf
(Kontinuierlicher Waren‐ MRO‐Hub Katalogknotenpunkt
bezug)
Spotkauf
(Sporadischer Warenbe‐ Spothändler Börse
zug)
233
C
Strategien des Supply Chain Managements
Kleine Sendungs‐ Im B2C‐Bereich bieten die neuen Medien völlig neue Wege, um die
größen wirtschaft‐ Anforderungen der Konsumenten nach individueller Produktgestal‐
lich distribuieren tung, schneller, akkurater und zuverlässiger Warenauslieferung sowie
umfangreicher Produktinformation befriedigen zu können. Immer mehr
Produzenten reduzieren ihre Auftragsgrößen und setzen zur Sorti‐
mentsverteilung flexibel agierende Kurier‐, Express‐ und Paketdienste
(KEP) ein. Die Best Practices verfügen über unkomplizierte Websites, gut
genutzte Datenbestände und bequeme Zahlungsweisen. Im Internetzeit‐
alter wird Anfassbarkeit durch Information ersetzt. So erleichtert Wal
Mart mit Hinweisen im Internet den Prozess zur Selbstbedienung. Die
Informationen im Internet gehen durch den Gebrauch aber nicht unter.
Vielmehr sind sie, über eine beliebig große Anzahl von Websites, jeder‐
zeit reproduzierbar.
Cash‐Throw‐offs In vielen Bereichen ist eine Verkürzung der Distributionsstufen festzu‐
heben stellen. Durch die Nutzung des Internets besteht die Möglichkeit, dass
der Kunde seine Wünsche direkt an den Hersteller weitergibt. Daraus
resultieren zum Teil erhebliche Preisvorteile für den Nachfrager: Die
Gewinnmargen für zwischengeschaltete Handelsstufen entfallen. Insbe‐
sondere die Funktion des Großhandels wird in einigen Branchen
schlichtweg eliminiert.
Make‐to‐Order‐ Stellvertretend für die oben charakterisierte Vorgehensweise steht der
Fertigung Computerhersteller Dell. Es gelingt Dell schon seit einiger Zeit, durch die
Verwendung von standardisierten Komponenten und Modulen, Com‐
puter erst nach dem Eingang einer Bestellung durch den Kunden indi‐
viduell zu konfigurieren. Dieses Prinzip wird als Built‐to‐Order be‐
zeichnet und lehnt sich an das Konzept Mass Customization an. Dell
verfügt über ein zentrales Netzwerk, in das Informationen von Kunden,
Händlern, externen Dienstleistern (Speditionen, Kurier‐, Express‐ und
Paketdienstleister), Lieferanten und den eigenen Produktionsstätten in
Echtzeit fließen (Real Time Process). Freilich gelingt Dell diese Produkti‐
onsweise nur, weil das Sortiment eine vergleichsweise geringe Ferti‐
gungstiefe aufweist und von der Komplexität her überschaubar ist. Bei‐
spielblock c.7 sind einige weitere Möglichkeiten für eine B2C‐
Anbindung zu entnehmen.
234
C.3
Strategien der Versorgung
Möglichkeiten im B2C‐Geschäft Beispielblock c.7
Auf Urlaub‐anbieter.com stellen Reisende ihre Touren selbst zusammen.
Beispielsweise kann ein Kunde aus über 40 Bausteinen seine maßge‐
schneiderte Thailand‐Rundreise planen. Der Trekking‐Freund kommt
ebenso auf seine Kosten, wie die anspruchsvolle Familie. Für letzte
Zielgruppe finden sich Kinderrundreisen, Elefantenritte oder span‐
nende Dschungelerkundungen.
Der Einsatz des Internets ist weitgehend von der Komplexität einer Leis‐ Tücken des Inter‐
tung abhängig. Bei sehr beratungsintensiven Produkten stößt das Inter‐ nets
net allerdings an seine Grenzen. Es sind zu viele Fragen im Detail zu
klären. In Tendenz gilt, dass mit sinkendem Erklärungsaufwand eines
Produkts die Möglichkeit zu seinem Online‐Vertrieb steigt. Außerdem
besteht vor allem im offenen Netz (Internet) immer die Gefahr, seine
Geheimhaltungssphäre zu verlieren. Jedoch können Firewalls, Client‐
Server‐Authentifizierungs‐Systeme und Verschlüsselungsmodule einen
gewissen Schutz gegen ein unberechtigtes Einloggen bieten.
235
C
Strategien des Supply Chain Managements
Horizontale Marktplätze: Horizontale Marktplätze verfügen über ein
branchenübergreifendes und heterogenes Angebot. Beispiele dafür
sind tradeout.com oder Youtilities.com.
Geschlossene Marktplätze: Nur berechtigte Akteure haben Zutritt zu
diesem Marktplatz. Die Partner sind vornehmlich an einer langfristi‐
gen Kunden‐Lieferanten‐Beziehung, über spezielle Kommunikations‐
netzwerke, interessiert. Auf elektronische und institutionelle Aus‐
tauschprozesse kleiner und mittelgroßer Unternehmen hat sich bei‐
spielsweise Prozeus spezialisiert.
236
C.3
Strategien der Versorgung
Fachportal Beispielblock c.8
Ein Fachportal für die grafische Industrie hat Printnation aufgebaut. Die
Kunden sind in der Regel kleine und mittelgroße Druckereien. Dieses Fach‐
portal beherbergt mehr als 130.000 Produkte von 1.500 Herstellern. Im An‐
gebot sind Druckplatten, Filme, Papiere oder chemische Artikel. Auf der
Homepage von Printnation findet sich auch ein Link zur Auktionsplattform
für gebrauchte Geräte der grafischen Industrie. Ferner bietet Printnation dort
Sonderangebote, Serviceverträge und Finanzierungsalternativen für die
Druckereien an. Printnation weist im Internet schließlich noch auf die Mög‐
lichkeit einer gebührenfreien Telefonberatung hin.
Ein virtueller Marktplatz wurde mit „SupplyOn“ geschaffen, den unter Nähere Kennzeich‐
anderem ZF, Continental, Hella und Bosch gründeten. Die IT‐Architektur nung von Supp‐
basiert auf SAP. Dieser elektronische Marktplatz aggregiert sich vor‐ lyOn
nehmlich aus den vier miteinander vernetzten Bausteinen Einkauf, Qua‐
lität, Supply Chain Management und Finanzen (vgl. zu den nachstehen‐
den Ausführungen Hess 2010, S. 59f.; Werner 2013a, S. 51ff.).
237
C
Strategien des Supply Chain Managements
Netzwerkmanage‐ Supply Chain Management: In dem Segment Supply Chain Ma‐
ment von Sup‐ nagement bezieht sich SupplyOn vor allem auf klassische Bedarfspro‐
plyOn zesse, Vendor Managed Inventory, Kanban, Transportmittelplanung,
Alert‐Management und Lagermanagement. Die Optimierungspoten‐
ziale elektronischer Schnittstellen werden über EDI und Web‐EDI rea‐
lisiert.
Financial Supply Finanzen: Schließlich erstreckt sich SupplyOn auch auf die Geldströme
Chain moderner Wertschöpfungsketten. Mögliche Arbeitsgebiete stellen
Rechnungsstellung mit digitaler Signatur, Gutschriftanzeige, Verrech‐
nungsanzeige und Zahlungsavis dar.
238
C.3
Strategien der Versorgung
S. 386ff.). Mit dem Modul Collaborative Planning (CPL) wird die Trans‐
formation von Planungsdaten innerhalb verschiedener Standorte im
Konzernverbund – wie auch zu selbständigen Geschäftspartnern – über
das Internet ermöglicht.
In den kollaborativen Wertschöpfungsketten gleichen die Akteure mit „Uptown girl, she’s
Hilfe des Internets ihre Forecasts miteinander ab. Dadurch können Lie‐ been living in her
feranten und Hersteller rasch auf geänderte Kundenabrufe reagieren uptown world…“
und die Planzahlen online bestätigen. Indem sich die Planungszyklen (B. Joel)
verkürzen, steigt einerseits die Reaktionsfähigkeit innerhalb einer Supp‐
ly Chain. Andererseits erhöht sich die Agilität der Teilnehmer in einer
Lieferkette. Diese passen sich den geänderten Situationen flexibel an.
Eine Kollaboration unterstützt Prozesse zur Bestandsreduzierung und
fördert die Lieferfähigkeit von Unternehmen. Supplier Collaboration
meint den gezielten Informationsaustausch mit ausgewählten Lieferan‐
ten (Upstream), Customer Collaboration beschreibt die Kommunikation
mit Kunden in Echtzeit (Downstream).
Mit Hilfe von Collaborative Planning, Forecasting and Replenishment CPFR
(CPFR) werden über das Internet die Bedarfszahlen aus verschiedenen
Absatzkanälen aggregiert und auf einer elektronischen Plattform sämtli‐
chen Teilnehmern einer Lieferkette zur Verfügung gestellt. Beispielblock
c.9 verdeutlicht diesen Zusammenhang. Anhand eines Mengengerüsts
sind die Materialien den jeweiligen Fertigungskapazitäten der Hersteller
zuzuweisen.
Jeder berechtigte Nutzer in der Supply Chain kann mit CPFR mögliche Kollaborative
Änderungen in den Abrufen als Real‐Time‐Process ermitteln und in den Aktivitäten in der
revidierten Produktionsplänen berücksichtigen. Lieferanten, Hersteller Praxis
und Kunden generieren mit Hilfe von CPFR quasi einen gemeinsamen
Geschäftsplan, der zur Synchronisation von Supply‐Chain‐Aktivitäten
beiträgt. Auf Basis von Marktprognosen arbeiten die Akteure zusam‐
men. Sie erzeugen eine gemeinsame Bedarfsplanung, passen Produktion
und Lagerwesen der aktuellen Nachfrage an und stimmen den Material‐
fluss ab. Beispielsweise initiieren sie Verkaufsförderungsmaßnahmen im
Verbund. Collaborative Planning, Forecasting and Replenishment kann
folglich als Weiterentwicklung von Efficient Consumer Response an‐
gesehen werden (dort erfolgte eine einseitige Prozessoptimierung). Die‐
se Logik berücksichtigt VW in seinem „Kapazitätsmanagement‐Projekt“.
Hierbei schließt sich VW online mit ausgewählten Lieferanten zusam‐
men, um die aktuellen Bedarfe mit den Anbietern gemeinsam abzu‐
stimmen.
239
C
Strategien des Supply Chain Managements
Beispielblock c.9 Collaborative Planning, Forecasting and Replenishment
Ein Beispiel für eine CPFR‐Lösung liefert Manugistics, die vor einigen Jahren
von JDA übernommen wurden. Aus den Erfahrungen einer Zusammenar‐
beit mit über 30 Partnern ist „NetWORKS“ von Manugistics entstanden. Mit
Hilfe von „NetWORKS“ kooperieren die beiden US‐Konzerne Nabisco
(Snacks‐ und Knabberartikel) und Wegmans (Supermarktkette). Sie stimmen
gemeinsame Promotions online ab oder analysieren das Verbraucherverhal‐
ten. Diese Informationen werden in „NetWORKS“ gesammelt und zielge‐
richtet aufbereitet. Dadurch kann Nabisco seine Bedarfsprognosen von
Snacks und Knabberartikeln für die Filialen der Supermarktkette stets aktua‐
lisieren. Dieser kollaborative Planungsansatz führt zu einem deutlichen
Umsatzplus. Auch Amazon nutzt diese Manugistics‐Lösung bereits seit Mai
2010.
240
C.3
Strategien der Versorgung
Virtuelle Frachtbörse Beispielblock c.10
Seit nunmehr 35 Jahren existiert „Teleroute“. Das Unternehmen gehört seit
2017 zur Alpega‐Gruppe. Auf dieser Plattform gibt der Nachfrager zunächst
relevante Daten in die dafür vorgesehene Maske ein. Dabei kann der Su‐
chende beispielsweise Präferenzen für einen Hausspediteur oder eine be‐
sonders preisgünstige Variante definieren. Auf Basis dieser Informationen
schlägt das System einen Dienstleister für den Transport vor. „Teleroute“
berücksichtigt Parameter wie Produktspezifika, geografische Restriktionen,
Lager und Infrastruktur, Container und Verpackungsmaterial, Transport‐
und Ladeeinrichtungen sowie Personal. Die Systemantwortzeiten sind recht
gering, und die Aktualisierung erfolgt quasi in Echtzeit. Schließlich kann
„Teleroute“ bei Bedarf auch das Forderungsmanagement übernehmen.
Ceteris paribus gilt, dass mit zunehmender Komplexität die Eignung
virtueller Frachtbörsen schwindet. Für besonders zeitkritische Sen‐
dungen (wie Radiopharmaka) oder sehr erklärungsbedürftige Güter,
bieten sich Transportabwicklungen über elektronische Frachtbörsen
kaum an.
241
C
Strategien des Supply Chain Managements
Generischer
Electronic Request for Information (ERI): Bei dieser Leistungsnachfra‐
ge werden Lieferanten dazu befragt, ob sie grundsätzlich in der Lage
Kapazitätsab‐
sind, einen Bedarf zu befriedigen (elektronische Selbstauskunft des Lie‐
gleich
feranten). ERI ist also eine bloße Marktsondierung. Die Antworten der
Lieferanten enthalten beispielsweise Hinweise zu Listenpreisen.
Unverbindliche Electronic Request for Quotation (ERQ): Auf Basis eines detaillierten
Preisabfrage Bedarfs aus dem Lastenheft, wird bei ERQ eine normierte und konkrete
Preisabfrage in Richtung Lieferant eingefordert, die sämtliche möglichen
Kostenparameter beinhaltet. Natürlich versendet der Kunde diese An‐
fragen nur an Lieferanten, von deren Leistungsfähigkeit er überzeugt ist.
242
C.3
Strategien der Versorgung
Electronic Request for Proposal (ERP): Ein nächster Schritt ist die Auf‐ Komplette Prob‐
forderung zur Abgabe eines juristisch verpflichtenden Angebots. Die‐ lemlösung
ser Vorgang ist mit einer Ausschreibung im klassischen Sinn vergleich‐
bar. Das Angebot enthält ein Pflichtenheft, aus dem der Kunde die De‐
tails ersehen kann. Selbstverständlich besteht für den Abnehmer keine
Verpflichtung zur Angebotsannahme.
Electronic Request for Feature (ERF): Schließlich kann der Kunde einen Folgeaufträge
Lieferanten auch zur Angebotserweiterung auffordern. Diese Form der sichern
Ausschreibung wird insbesondere bei Folgeaufträgen genutzt.
Forward Auction: Bei dieser Englischen Auktion versteigert ein Anbie‐ Angebotsauktion
ter seine Leistung an den Meistbietenden. Sukzessive werden höhere gemäß der „Auf‐
Gebote für ein Gut in offener Form so lange genannt, bis nur noch ein wärtsversteige‐
Bieter übrig ist, oder die Angebotszeit abläuft („Ebay‐Prinzip“). Der Bieter rung.“
mit dem höchsten Angebot erhält den Zuschlag.
Reverse Auction: Eine Holländische Auktion verhält sich umgekehrt zu Auktion bei fallen‐
obigem Fall. Bei dieser nachfrageseitigen Auktion schreibt ein Unter‐ den Preisen durch‐
nehmen – unter Vorgabe eines Zeitfensters – ein Kaufangebot für eine führen
Leistung aus. Diesbezüglich werden relevante Spezifikationen, wie Preis,
Menge oder Qualität, mit angegeben. Interessierte Lieferanten beobach‐
ten den im Zeitablauf fallenden Preis. Den Zuschlag erhält der Bieter mit
dem niedrigsten Angebot (z. B. eine Spedition für einen Umzug).
Cherry Picking Auction: Besonders in heterogenen Märkten sind Anbie‐ „Cherry blossom
ter nicht immer in der Lage, sämtliche Teilbedarfe von Kunden abzude‐ girl, I’ll always be
cken. Außerdem können mache Lieferanten nur in Teilsegmenten beson‐ there for you…“
ders günstige Preise anbieten. In diesen Fällen pickt sich der Kunde be‐ (Air)
sonders verlockende Angebote verschiedener Anbieter heraus.
243
C
Strategien des Supply Chain Managements
In seiner Wertschöpfungskette „Tierernährung“ sichert BASF die not‐
wendige Rückverfolgung über das Tool „Trace Tracker“. Gemäß der
Maxime „From Farm to Fork“ sichert BASF somit die Dokumentation
über Warenherkunft, Inhaltsstoffe oder Produktionsmethoden.
GPS als Primärva‐ Bei der Sendungsverfolgung finden vor allem die über Satelliten gesteu‐
riante erten Hilfsmittel GPS (Global Positioning System) und AEI (Automatic
Equipment Identification) Einsatz. Das europäische Satellitennavigati‐
onssystem Galileo soll Ende 2020 mit seinem Alltagsbetrieb starten. Mit
Hilfe dieser telematischen Techniken werden die Frachtstücke beim Bela‐
den der Fahrzeuge – häufig unter Zuhilfenahme des Barcodes – mit dem
Status „on Board“ eingescannt. In zunehmendem Maße ergänzen Her‐
steller an dieser Stelle den Barcode durch RFID. Diese Informationen
sind direkt an eine zentrale Datenbank weiterzugeben. Während des
kompletten Transportvorgangs können über Telematik genaue Positi‐
onsabfragen eingeholt werden. Daraus ergeben sich gleich mehrere Vor‐
teile: Zunächst sinkt der administrative Aufwand bei der Datenverwal‐
tung. Außerdem verbessert sich, neben der Lagerhaltung, das Fuhr‐
parkmanagement der Wettbewerber. Schließlich gestattet Telematik ein
jederzeitiges Lokalisieren von Fahrzeugen, wodurch eine sofortige Reak‐
tion auf Störungen möglich ist. Beispielsweise können LKW kurzfristig
244
C.3
Strategien der Versorgung
um einen Stau geleitet werden (vgl. Beispielblock c.11). Die Beratungs‐
gesellschaft Roland Berger hat errechnet, dass mit dem Einsatz eines te‐
lematischen Fuhrpark‐ und Flottenmanagements die Kosten in der Dis‐
tributionslogistik um bis zu fünf Prozent sinken.
Tracking and Tracing via GPS Beispielblock c.11
245
C
Strategien des Supply Chain Managements
Beispielblock c.12 Fourth‐Party‐Logistics‐Provider
Automatismus Die elektronischen Lieferketten richten sich nach dem Prinzip Connecti‐
innerhalb der vity aus. Darunter ist eine automatisierte Überprüfung aller möglichen
Prozessoptimie‐ Verbindungen im Netzwerk der Supply‐Chain‐Teilnehmer zu verstehen.
rung Die internen und die externen Prozessketten werden bezüglich ihres
jeweiligen Beitrags zur Steigerung der Wertschöpfung im Partnerge‐
flecht untersucht. Es gewinnt bei Connectivity diejenige Alternative,
welche den potenziell größten Nutzen verspricht. Somit findet in den
Supply Chains der Zukunft die Durchführung langwieriger und kosten‐
intensiver manueller Abstimmungstätigkeiten kaum noch statt.
Potenziale der KEP Außerdem wird in den Lieferketten der Trend zur Verkleinerung von
nutzen Sendungsgrößen andauern (die Verschlankung von Warenströmen).
Indem die Hersteller die Variantenvielfalt erhöhen, reagieren sie auf die
individuellen Wünsche der Konsumenten. Zur Distribution der kleinen
Sendungsmengen setzen sie Kurier‐, Express‐ und Paketdienste (KEP)
ein. Diese gewähren eine schnelle und flexible Auslieferung von Waren.
Neben der reinen Güterverteilung werden die KEP in Zukunft verstärkt
Value Added Services anbieten. Dazu zählen der Einsatz von Tracking‐
and‐Tracing‐Systemen, die Nutzung elektronischer Frachtbörsen oder
die Erbringung von After‐Sales‐Aktivitäten (vgl. Beispielblock c.13).
246
C.3
Strategien der Versorgung
Kurier‐, Express‐ und Paketdienste Beispielblock c.13
WIDIA ist ein Hersteller von Werkzeugen und Werkzeugkomponenten. Um
einen Belieferungsservice der Kunden innerhalb von 24 Stunden zu gewähr‐
leisten, beschloss das Management von WIDIA, den KEP‐Dienstleister DHL
für die Warenverteilung zu engagieren. Dazu wurden zunächst die Systeme
von WIDIA und DHL miteinander verknüpft. Der Kurier‐, Express‐ und
Paketdienst fährt täglich circa 450 Sendungen des Werkzeugbauers an 65
verschiedene Zielorte in ganz Europa aus. Sämtliche zuvor in sieben europä‐
ischen Ländern befindlichen Außenlager konnten schon nach drei bis vier
Monaten (durch den Einsatz von DHL) aufgelöst werden. Obwohl sich die
Transportkosten erhöhten, stellte sich für WIDIA bezüglich der totalen Supp‐
ly‐Chain‐Kosten ein positiver Effekt ein, weil die Kapitalbindung des Unter‐
nehmens um über 30% abnahm.
Weitere Potenziale zur Verbesserung der Abläufe in den Lieferketten E‐Supply‐Chains
stellen sich durch E‐Fulfillment ein (vgl. Köcher 2006). Darunter werden in Excellence
sämtliche operativen Maßnahmen verstanden, die zur elektronisch ge‐
stützten Abwicklung eines Kundenauftrags notwendig sind. Sie erstre‐
cken sich vom Auftragseingang, über Beschaffung, Produktion und
Distribution, bis zum Payment. Ein E‐Fulfillment wird zumeist über
APS‐Systeme realisiert. Das E‐Fulfillment fördert ein Supply Chain Ma‐
nagement in mehrfacher Hinsicht (vgl. auch Beispielblock c.14):
Die Waren‐ und die Kapazitätsverfügbarkeit in der Supply Chain ist Zum Nutzen von
durch ein visuell gestütztes Bestandsmanagement rasch ersichtlich. E‐Fulfillment
Auf Grund des ständigen Abgleichs von Repetierfaktoren mit Poten‐
zialfaktoren wird eine Entscheidungsfindung im Sinne von Available‐
to‐Promise und Capable‐to‐Promise nachhaltig gefördert.
247
C
Strategien des Supply Chain Managements
Beispielblock c.14 E‐Fulfillment
Laut Schömer und Hebsaker (vgl. Schömer/Hebsaker 2007, S. 47) sind durch die
Berücksichtigung einer Lösung über E‐Fulfillment folgende Verbesserungen
in der Supply Chain zu erzielen: Senkung der Auftragsabwicklungskosten
um bis zu 30%, Verringerung der Lagerbestände um circa 35%, Reduzierung
der Transportkosten um 5% bis 15%, Beschleunigung der Cycle Times bis zu
30% und Verbesserung der Liefertreue bis zu 35%.
Gefahrenherde Doch auch in den E‐Supply Chains ist nicht alles Gold, was glänzt. Die
Nutzung der modernen Medien birgt auch einige Gefahren in sich, auf
die in der Folge kurz hingewiesen wird (vgl. Werner 2013b, S. 25).
Abhängigkeiten Das über die Unternehmensgrenzen gestrickte engmaschige Koopera‐
tionsnetzwerk hat seinen Preis: Die forcierte Lieferanteneinbindung in
den E‐Supply Chains führt zur Abhängigkeit der Hersteller. Treten
beim Anbieter Probleme auf, schlagen sich diese direkt auf den Pro‐
duzenten nieder.
Gläserne Kunden Elektronische Supply Chains richten sich streng nach dem Pull‐
Prinzip aus. Sämtliche über die Kunden einholbaren Daten werden –
im Sinne von Customer Relationship – gesammelt und gezielt aufbe‐
reitet. Daraus leitet sich das Problem des „gläsernen“ Kunden ab.
Anonymitätsver‐ Eine weitere Schwierigkeit kann im Abfluss sensitiver Daten bestehen.
luste Dadurch geht die Geheimhaltungssphäre von Akteuren ein Stück weit
verloren. Gegen ein unberechtigtes Einloggen können Firewalls, Cli‐
ent‐Server‐Authentifizierungs‐ oder Verschlüsselungssysteme aufge‐
baut werden. Aber selbst diese dürften von einem „IT‐Profi“ zu kna‐
cken sein.
IT‐Boliden Schließlich finden in den E‐Supply Chains IT‐Systeme Einsatz, die
hinsichtlich ihrer Schnelligkeit und Speicherkapazität wohl noch nicht
248
C.3
Strategien der Versorgung
Industrie 1.0: Die erste Stufe der Industrialisierung beginnt um das Erste Erfolge früher
Jahr 1750. Es ist der Startschuss zur Mechanisierung. Zu den Meilen‐ Industrialisierung
steinen jener Zeit zählen Erfindungen wie der Webstuhl. Außerdem
wurden neue Antriebsformen eingesetzt: Beispielsweise Dampfkraft
(Dampfschiff, Dampflok) und Wasserkraft (Schifffahrt).
Industrie 2.0: Unter der breiten Nutzung von Elektrizität beginnt um Massenfertigung
das Jahr 1870 die Massenfertigung mit Hilfe von Fließbändern (As‐ und Beginn der
sembly Lines). Das Prinzip der Arbeitsteilung wird erstmals in den Globalisierung
Schlachthöfen von Cincinnati angewendet. Henry Ford erkennt dies
und überträgt jene Idee auf die Produktion von Automobilien.
Industrie 3.0: Konrad Zuse entwickelte im Jahr 1941 den ersten funk‐ Computer regieren
tionsfähigen Computer. Damit läutet er das Zeitalter der Digitalisie‐
rung ein, welches um das Jahr 1970 voll ausgeprägt ist. Im Mittel‐
249
C
Strategien des Supply Chain Managements
„Fortschritt ist das Supply Chain 4.0 ist nichts Geringeres als der Wegbereiter zur Realisie‐
Werk der Unzu‐ rung von Industrie 4.0. Sie ist das Rückgrat der intelligenten Fertigung.
friedenheit.“ Beide Welten sind auf das engste miteinander verwoben: Fahrerlose
(J.‐P. Sartre) Transporteinheiten befördern Waren selbständig an das Fließband, dann
übernehmen selbststeuernde Fertigungsanlagen den Verbau. Autonom
agierende Drohnen gleichen Lagerbestände automatisch ab, damit es in
der anschließenden automatisierten Produktion zu keinen Stock‐outs
kommt.
Modernes Netz‐ In der Supply Chain 4.0 werden rigide Lieferketten durch flexible
werkmanagement Netzwerke abgelöst. Der Informationsaustausch erfolgt über die Gren‐
durch Supply zen des eigenen Unternehmens hinweg mit standardisierten Schnittstel‐
Chain 4.0 len. Große Datenmengen werden systematisch gesammelt und zwischen
den Akteuren zielgerichtet in Echtzeit im Netzwerk ausgetauscht. Eins‐
tige Insellösungen verschmelzen in der Supply Chain 4.0 zu einem gro‐
ßen Ganzen. Voraussetzung dafür ist die Nutzung eines möglichst stan‐
dardisierten Informationssystems. Mit Hilfe horizontaler und vertikaler
Verbundaktivitäten stimmen die Partner der Wertschöpfungskette ihre
Bedarfe untereinander ab. Mit dem Ergebnis, dass sich die Lieferzeiten
reduzieren und die Kapitalbindung sinkt.
250
C.3
Strategien der Versorgung
Aktoren: Die Aktoren sind Antriebselemente. Sie empfangen die von …intelligente
den Sensoren abgegebenen Informationen und wirken unmittelbar Aktoren setzen
auf die physikalische Welt. Über die Aktoren werden beispielsweise anschließend Befeh‐
Türen oder Schleusen geöffnet, Weichen gestellt, Schranken verschlos‐ le um
sen oder Produktionsvorgänge angestoßen.
In einem Cyber‐Physischen‐Produktions‐System (CPPS) werden origi‐ Gekoppelte Cyber‐
när getrennte Cyber‐Physische‐Systeme intelligent miteinander verbun‐ Physische‐Systeme
den. Es entsteht ein integriertes Produktionssystem, in dem einzelne
Werkstücke ihre Umgebung wahrnehmen und sich automatisch de‐
zentralisierten Fertigungsprozessen anpassen. In der Smart Factory fin‐
det also die vollständige Vernetzung und Kommunikation unterschied‐
licher Cyber‐Physischer‐Systeme statt. Mit dem Ergebnis, dass sich Wa‐
rendurchläufe beschleunigen und die Kapazitäten optimal ausgelastet
sind. Bevorzugt werden in der smarten Fabrik intelligente Materialien
verwendet: Diese führen ihre Eigenschaften auf einem RFID‐Chip mit
sich. Mit Hilfe des Datenträgers finden die schlauen Materialien ihren
Weg eigenständig durch die Produktion.
Neben der revolutionierten Fertigung ermöglicht Industrie 4.0 auch eine „Die Instandhal‐
intelligente Instandhaltung (Smart Maintenance). An die Objekte (z. B. tung von Luft‐
Montage‐ oder Fertigungsanlagen) werden zum Beispiel Vibrations‐ schlössern ist ein
oder Temperatursensoren appliziert. Die Sensoren liefern Messdaten kostspieliges Ver‐
und sonstige Informationen. Der Zustand des Objekts wird über die gnügen.“
Sensorik kontinuierlich überwacht. Werden Unregelmäßigkeiten er‐ (E. G. Bulwer‐
Lytton)
kannt, gibt das Cyber‐Physische‐System unmittelbar eine Fehlermel‐
dung an ein zentrales Netzwerk weiter. Der Servicetechniker erhält di‐
251
C
Strategien des Supply Chain Managements
rekt eine entsprechende Information. Außerdem wird ein Bestellvorgang
für ein Ersatzteil direkt ausgelöst, wenn ein solches benötigt wird.
Wie die Datenbrille Die Steuerung des Cyber‐Physischen‐Systems erfolgt bei Smart Mainte‐
dem Servicetechni‐ nance über aktuelle und vergangene Daten. So kann ein erwartetes Sys‐
ker hilft temverhalten von Anlagen simuliert werden. Beispielsweise wird der
richtige Zeitpunkt für den Austausch von Ersatzteilen prognostiziert.
Bei der smarten Instandhaltung tragen die Servicetechniker Datenbrillen
(Virtual Reality). Mit ihnen können sie Reparaturvorgänge visuell steu‐
ern. Außerdem erhalten sie Empfehlungen für notwendige Instandhal‐
tungsmaßnahmen der Cyber‐Physischen‐Systeme.
„Individualverkehr Die Abläufe innerhalb der Smart Factory sind ohne einen entsprechen‐
bedeutet, kollektiv den logistischen Input kaum realisierbar. So werden für den innerbe‐
im Stau zu ste‐ trieblichen Transport in der cleveren Fabrik Fahrerlose Transportfahr‐
hen.“ zeuge (FTF) eingesetzt. Diese Fahrzeuge können untereinander kom‐
(A. Buntenbroich) munizieren. Anders als Montagebänder, bringen sie Bauteile flexibel von
Station zu Station. Eine feste Reihenfolge müssen sie nicht einhalten. Die
digitalisierten logistischen Assets erhöhen den Automatisierungsgrad in
der Halle. Sie sind in der Lage, auch komplexe Probleme zu lösen.
Fahrerlose Trans‐ In der smarten Fabrik erlauben kamerabasierte Sensoren‐Systeme eine
port Systeme fehlerfreie Navigation zu Lagerplätzen und Arbeitsstationen. Integrier‐
regeln die Distribu‐ te Sicherheitsscanner erkennen Hindernisse selbständig. Die Fahrge‐
tion in der smarten schwindigkeit der Förderzeuge passt sich einer jeweiligen Situation
Fabrik selbständig an. Fahrerlose Transportfahrzeuge beschleunigen den Mate‐
rialfluss. Ihr Einsatz führt dazu, dass die Arbeitsstationen besser ausge‐
lastet sind und die Warenverfügbarkeit steigt.
Ausgeprägte Flexi‐ In der Smart Factory werden bevorzugt wandelbare Materialflusssys‐
bilität im Material‐ teme eingesetzt. Förderzeuge sind in der Lage, unterschiedliche Produk‐
fluss te – unabhängig von ihren Abmessungen oder ihrem Gewicht – trans‐
portieren zu können. Jeder Ort in der Fabrik kann problemlos bedient
werden, die Wegstrecken sind nicht festgelegt. Die Folge sind hochgra‐
dig flexible Arbeitsabläufe. Bei einem wandelbaren Materialfluss erfolgt
die Lokalisierung von Gütern in Echtzeit. Routenplanungen passen sich
automatisch den Fertigungsprozessen an. Treten Störungen in den Ar‐
beitsabläufen auf, erfolgen die notwendigen Anpassungen ohne manuel‐
le Eingriffe.
Moderne Logistik Ein weiterer Baustein der lernenden Supply Chain ist die Nutzung von
durch AR Augmented Reality (AR): Die computergestützte Erweiterung der
menschlichen Realitätswahrnehmung (vgl. Lang/Müller 2020). Die wirk‐
liche und die virtuelle Welt verschmelzen bei Augmented Reality mitei‐
252
C.3
Strategien der Versorgung
253
C
Strategien des Supply Chain Managements
254
C.3
Strategien der Versorgung
ligt, sie zahlen eine Gebühr für den Paletten‐Transport. Die Projektver‐
antwortlichen rechnen damit, dass in Hamburg täglich ungefähr 5.000
Paletten verschickt und 1.000 LKW Fahrten eingespart werden können.
Der Preis pro Palette ist in etwa mit den heutigen Kosten für einen
Transportunternehmer vergleichbar (vgl. Lammers 2019, o. S.).
Schließlich ist die smarte Mobilität in der Stadt von Energieeffizienz „Die Hölle, das ist
geprägt. Die Sharing Economy ist ein zentrales Element moderner Ur‐ der Himmel, den
banisierung. Car‐Sharing, Bike‐Sharing oder die Nutzung flexibel fahr‐ man mit nieman‐
barer E‐Scooter auf Leihbasis sind feste Bestandteile für das Leben in der den teilen kann.“
Smart City (Intermodale Verkehrssysteme). Ursprünglich private Autos (E. Ferstl)
werden zu öffentlichen Taxen umfunktioniert. Die Fahrer und die Gäste
kommunizieren über spezielle Apps (Uber‐Prinzip). Sind Elektrofahr‐
zeuge beim Car‐Sharing im Einsatz, informieren Charging‐Apps den
Nutzer über internetfähige, öffentliche Ladestationen in der Umgebung.
„Teilen statt besitzen“ lautet das Motto der Sharing Economy. Clevere Sharing Economy
Geschäftsmodelle in der Logistik richten sich danach aus, Fahrzeuge als Megatrend
gemeinschaftlich zu nutzten (Car‐Sharing). Voraussetzung dafür sind unserer Zeit
integrierte Informations‐ und Buchungssysteme über spezielle Apps.
Collaborative Consumption löst Eigentum ab: Die Autos befinden sich
nicht länger im Eigentum der Nutzer. Sie wechseln vielmehr ständig den
Besitzer. Für die Anwender ist es interessant, dass sie nicht für die In‐
standsetzung und die Versicherung der Fahrzeuge verantwortlich sind.
Ergebnis: Die Sharing Economy entlastet unsere Umwelt. Der Gebrauch
der geteilten Autos gestaltet sich bewusster und Ressourcen werden
geschont. Die Sharing Economy ist Bestandteil einer modernen Erlebnis‐
und Spaßgesellschaft.
Immer mehr Leute teilen Dinge. Manche Menschen überlassen Fremden „Ich brauche keine
ihre Wohnung, wenn sie nicht selbst vor Ort sind. Über Plattformen wie Bohrmaschine, ich
Airbnb ist es mittlerweile recht einfach, seine Urlaubstage in einer Pri‐ brauche ein Loch in
vatwohnung zu verbringen. Knapp 20% deutscher Urlauber haben Air‐ der Wand.“
bnb bereits genutzt, mit steigender Tendenz. Über spezielle Apps werden (Sinnspruch)
Kleidertauschpartys organisiert, Werkzeuge, Garten‐ und Haushaltsge‐
räte geteilt sowie die Lebensmittelverschwendung bekämpft. Die Vortei‐
le der Sharing Idee liegen auf der Hand: Leihen macht unabhängig und
ist flexibel. Zudem ist es vergleichsweise günstig, da Dinge oder Räume
nur für den tatsächlichen Nutzungszeitraum gezahlt werden.
255
C
Strategien des Supply Chain Managements
Sankt Martin hat Aber die Sharing Economy hat auch ihre Schattenseiten. Proteste gegen
seinen Mantel den Fahrdienst Uber nehmen zu. Mancherorts sehen sich Taxifahrer in
wirklich geteilt, er ihrer Existenz bedroht. Kritiker glauben, dass die Mieten in den Städten
hat ihn nicht stun‐ auch deshalb so rasant steigen, weil Zweitwohnungsbesitzer ihre Bleibe
denweise vermietet lieber teuer und tageweise mit Touristen teilen, als sie an Dauerbewoh‐
ner zu vermieten. Als Gegenreaktion trat in Berlin 2018 das Zweckent‐
fremdungsverbot in Kraft. Es liegt auf der Hand, dass Hotelbetreiber
über die Existenz von Airbnb nicht unbedingt begeistert sind.
Abbildung C.22 Komponenten der Kognitiven Supply Chain
IoT/Digital
Big Data
Twins
Kognitive
Supply Chain
Machine
Blockchain
Learning
256
C.3
Strategien der Versorgung
257
C
Strategien des Supply Chain Managements
rungen in der wirklichen Welt. Die realen Objekte sind Produkte oder
Maschinen. Es können aber auch komplette betriebliche Systeme mit
digitalen Doubletten abgebildet werden.
Digitale Zwillinge Bei der Digitalisierung von Prozessen erlauben die virtuellen Zwillinge
ermöglichen es, eine unterschiedliche Sichtweise auf real existierende Dinge. Das physi‐
Zukunftsbilder zu sche Objekt und sein digitaler Doppelgänger interagieren fortlaufend
schreiben miteinander. Daten aus dem physischen System werden in Echtzeit auf
das Modell übertragen. Die digitalen Kopien sind in beliebiger Anzahl
reproduzierbar, mit dem Ziel, Szenarien durchzuspielen. Unternehmen
erhalten schon dann Hinweise von externen Einflüssen auf ihre Objekte
(Produkte, Systeme), bevor diese Aktivitäten vollständig abgeschlossen
sind. Dadurch reduzieren sich die Total Cost of Ownership: Maßnahmen
werden antizipativ eingeleitet, im Idealfall bleiben Folgekosten aus.
Digital Twins in In der Smart Factory ist es mit Hilfe von Digital Twins möglich, den
der Smart Factory kompletten Lebenszyklus von Objekten zu durchleuchten. Beispielswei‐
se können über Simulationen frühzeitig Hinweise darauf erfolgen, wann
bei Produkten, Werkzeugen oder Maschinen Verschleißerscheinungen
eintreten. Dadurch lassen sich kostspielige Reparaturen vermeiden.
Letztendlich kann der komplette Materialfluss einer Wertschöpfungsket‐
te über Digital Twins simuliert werden. Mit dem Ergebnis, dass die lo‐
gistischen Assets besser ausgelastet sind.
Maritime Digi‐ Ein weiterer Einsatzbereich digitaler Doubletten ist die Überwachung
talzwillinge von Containerflotten. Der komplette Transportvorgang wird elektro‐
nisch begleitet (vgl. o. V. 2019, o. S.). Schlaue Sensoren, welche an die
Schiffscontainer appliziert sind, zeigen jederzeit den aktuellen Standort
des Schiffes an. Die Sensoren messen nicht nur die Zeit, die Temperatur
oder die Luftfeuchtigkeit auf dem Seeweg. Sie weisen möglicherweise
zusätzlich auf eine Verschmutzung oder eine Beschädigung der Ware
hin. Diese Informationen fließen in den digitalen Doppelgänger des
Containernetzes. Die Reederei überprüft auf diese Weise die Wirtschaft‐
lichkeit ihrer gesamten Containerflotte (vgl. o. V. 2019, o. S.).
258
C.3
Strategien der Versorgung
Data zu „Smart Data“. Dann lautet das Motto: „Qualität statt Quanti‐
tät“. Big Data leitet sich aus den „4Vs“ ab:
Volume: Datenvolumen, Umfang der Daten.
Velocity: Geschwindigkeit von Datengenerierung und Datentransfer.
Variety: Bandbreite an Datenquellen.
Veracity: Datenechtheit.
Zum Teil werden die „4Vs“ noch um die zwei Komponenten Value „Verwirrung lässt
(Mehrwert von Daten) sowie Validity (Datenqualität) erweitert. Die sich wunderbar
Akteure einer Supply Chain erzeugen unzählige Daten. Dies gilt einmal stiften, wenn man
für das Unternehmen selbst (interne Datenbasis). Aber auch für seine die Informations‐
Verbindung mit den Wertschöpfungsakteuren: Aus der Interaktion mit menge erhöht.“
Lieferanten, Kunden, Dienstleistern und weiteren Partnern werden zu‐ (T. Renzie)
sätzliche Daten generiert (externe Datenbasis). Hinzu kommen Sonstige
Informationen. Diese bestehen in der Logistik beispielsweise aus Ver‐
kehrs‐ und Wetterdaten, sowie Informationen zur Fahrzeugdiagnose
(Wartungstermine von LKW, Kraftstoffverbrauch der Flotte).
Big Data fallen in der Supply Chain in unterschiedlichen Bereichen an. Big Data in der
Zum Beispiel in der Bestands‐ und Lagerverwaltung. Mit Hilfe von Supply Chain
Sensoren kann das Vorratsmanagement automatisiert werden, um un‐
liebsame Stock‐outs zu vermeiden. Die Einführung moderner Lager‐
techniken führt häufig zu Kostenvorteilen (beispielsweise „Pick‐by‐
Vision“), wobei sich die Investitionen in der Regel recht bald amortisie‐
ren. Moderne Lagerverwaltungstechniken sind zudem schnell und si‐
cher. Big Data hilft dabei, das Lagerlayout zu optimieren und die Be‐
standshöhe zu überwachen. Werden Überstände festgestellt, können
gezielt Aktivitäten zum Warenabverkauf eingeleitet werden: Zum Bei‐
spiel, wenn im Lebensmittelsektor der Ablauf von Haltbarkeitsdaten
befürchtet wird.
Ein weiterer Einsatzbereich von Big Data in der Logistik ist die Trans‐ Intelligente Trans‐
port‐ und Routenplanung. Wichtige Informationen liefern GPS‐Daten, port‐ und Routen‐
Wetter‐ und Temperaturparameter sowie Auskünfte zur Entwicklung planung
von Kraftstoffpreisen. Diese und viele weitere Daten können in eine
moderne Software eingegeben werden, um entweder virtuelle Fracht‐
börsen zu nutzen oder die eigene Tourenplanung zu optimieren. Derzeit
wird die Letzte Meile innig diskutiert. Mit mobilen Internetinformatio‐
nen und GPS‐Daten, lassen sich die Fahrtwege der KEP optimieren.
Somit werden die Distributionskosten abgesenkt. Spezielle Wärme‐ und
Schocksensoren sichern zudem die Ware während des Zustellvorgangs.
259
C
Strategien des Supply Chain Managements
260
C.3
Strategien der Versorgung
C.3.10.3.3 Blockchain
Eine Blockchain besteht aus einer beständig erweiterbaren Liste dezent‐ „Bitcoin ist eine
raler Datensätze („Blocks“). Diese sind durch kryptografische Verfahren technologische Tour
miteinander verbunden (vgl. Drescher 2017; Hosp 2018; Sandner/Welpe de Force.“
2020). Die Kryptografie ist die Lehre der Geheimschriften. Sie gewähr‐ (FoxBusiness)
leistet eine vertrauliche und authentische Nachrichtenübermittlung.
Dies sind prägende Aspekte der Blockchain‐Technologie. Ein Block be‐
sitzt einen kryptografisch sicheren Hash des vorherigen Blocks. Weiter‐
hin verfügt er über Transaktionsdaten und einen Zeitstempel. Im Ergeb‐
nis ist die Blockchain ein dezentrales Teilnehmerprotokoll für Transakti‐
onen mit hoher Datenqualität, das Veränderungen transparent erfasst
(vgl. Klotz 2016).
Teilnehmer: Die Teilnehmer sind Parteien. Sie befolgen die Regeln der
Blockchain. Diese Regeln ermöglichen es, Transaktionen direkt zwi‐
schen den Parteien abzuwickeln. Kostenpflichtige Intermediäre (Ver‐
mittler) müssen in die Abwicklungen nicht einbezogen werden.
Eine Information wird in Blöcken abgelegt. Die Art der Information ist Verkettung einzel‐
zweitrangig. Es kann sich um Finanztransaktionen handeln. Aber auch ner Blöcke
Verträge, Testamente, Aktien oder Kaufverträge werden hinterlegt. Jeder
Block ist mit einem vorhergehenden Block verbunden und enthält eine
261
C
Strategien des Supply Chain Managements
262
C.3
Strategien der Versorgung
ihrer eigenen Musik selbst. Zudem ändert sich das Verhältnis zwischen
Fan und Künstler schlagartig: Fans können jetzt aktiv an der Unterstüt‐
zung eines Künstlers teilhaben. Sie sorgen für eine Verbreitung der Mu‐
sik und werden Teil des Erfolgs. Ein Musikdienst, der die Blockchain‐
Technologie nutzt, ist „Bit Block Music“.
Für eine Supply Chain ist der Blockchain‐Gedanke allein deshalb reiz‐ Reiz der Blockchain
voll, weil die Anzahl beteiligter Akteure nicht begrenzt ist. So können für den Wertschöp‐
Lieferanten, Hersteller, Dienstleister, Händler und Kunden gleicherma‐ fungsverbund
ßen darin eingebunden sein. Unternehmen wie Walmart und Carrefour
beginnen gerade damit, die Blockchain zur Neuausrichtung ihrer Aktivi‐
täten in der Wertschöpfungskette zu nutzen.
Die Supply Chain Blockchain wird auch als „Enterprise Blockchain“ „Das Schiff hängt
oder „Industrial Blockchain“ bezeichnet. Ein möglicher Einsatzbereich mehr am Ruder, als
ist das Dokumentenmanagement. Dieses ist unentbehrlich für die Einlei‐ das Ruder am
tung von Distributionsaktivitäten. Papierlose Abwicklungen sind zum Schiff.“
Beispiel für die Schifffahrt interessant. Das Konnossement (der Fracht‐ (Sprichwort)
brief) kann in eine Blockchain eingestellt und dort verwaltet werden.
Alle Beteiligten (Sender, Empfänger, Spediteure, Carrier, Banken, Versi‐
cherungen) haben Zugriff auf die identischen und digitalisierten Doku‐
mente. Änderungen oder Löschungen können alle Teilnehmer jederzeit
nachvollziehen. Durch die asymmetrische Verschlüsselung bleiben
hochsensible Informationen geschützt, absolute Sicherheit ist gewähr‐
leistet. Die Transaktionen sind zertifiziert, sie können dezentral und
global gespeichert werden. Alle Akteure signieren in der Blockchain ihre
Frachtbriefe digital („Digital Stampery“).
Die weltweit größte Reederei für Containerschiffe, das Unternehmen Globale Bedeutung
Maersk, ist gerade dabei, die Blockchain zur Hinterlegung ihrer Konnos‐ von „Trade‐Lens“
semente im Netz zu nutzen (vgl. Hofmann 2019, o. S.). Das Vorhaben
wird durch IBM begleitet und umgesetzt, es nennt sich „Trade‐Lens“. 94
weltweit tätige Organisationen haben sich „Trade‐Lens“ angeschlossen.
Darunter finden sich PSA Singapore, Patrick Terminals, Hafenbehörden,
Schifffahrtslinien und Transportunternehmen. Von diesem Projekt erhof‐
fen sich Maersk, mit Stammsitz in Dänemark, und die weiteren Partner
einen Rückgang an Betrug (weniger Schmuggel), eine Reduzierung der
Fehlerrate in der Abwicklung, schnellere Transporte (durch die rasche
Überprüfbarkeit der Verschiffungs‐ und Verladedokumente) sowie weit‐
reichende Kosteneinsparungen. Ebenso wird die Supply Chain Block‐
chain bereits in der Lebensmittelindustrie und im Pharmabereich ge‐
nutzt.
263
C
Strategien des Supply Chain Managements
264
C.3
Strategien der Versorgung
werden, teilt es alles, was aussieht wie ein Frosch und alles, was aus‐
sieht wie ein Molch, in entsprechende Gruppen ein. Ohne diese je‐
doch so zu benennen, denn der Algorithmus weiß noch gar nicht, wie
ein Frosch und wie ein Molch aussehen und wie sie heißen.
Bestärkendes Lernen (Reinforcement Learning): Synonym wird auch Bestärkendes Ler‐
der Begriff „Verstärkendes Lernen“ verwendet. Ein Ausgangsdaten‐ nen mit Hilfe von
material wird nicht benötigt. Der Algorithmus lernt durch Belohnung Nutzenmaximie‐
oder Bestrafung eine bestimmte Taktik. Das Ziel ist es herauszufinden, rung
wie in möglichen Situationen zu handeln ist, um den Nutzen des An‐
wenders zu maximieren (Trial‐and‐Error‐Verfahren). Ein bekanntes
Beispiel für Bestärkendes Lernen ist „AlphaGo“ von Google. „AlphaGo
Zero“ kann sich mit den weltweit besten Spielern des Brettspiels „Go“
messen und sich das Spiel ohne menschliches Zutun selber beibrin‐
gen. Für Menschen ist das Bestärkende Lernen übrigens die häufigste
Lernform.
265
C
Strategien des Supply Chain Managements
darum geht, die schnellste Route in Echtzeit zu finden und Verzögerun‐
gen sowie Unterbrechungen im Distributionsvorgang vorherzusagen.
Die Fahrzeugflotte kann über Predictive Maintenance optimiert wer‐
den: Im einfachsten Fall werden Ausfallzeiten von Fahrzeugen über
Betriebsstunden und Lastenprofile prognostiziert. Zudem kann die Sen‐
sorik dazu genutzt werden, um Daten über die eingesetzten Fahrzeuge
gezielt auszuwerten. Dies hilft dabei, die wahrscheinlichen Wartungs‐
und Instandhaltungstermine für die Flotte vorherzusagen, wodurch
teure Reparaturen zum Teil vermeidbar sind.
266
C.3
Strategien der Versorgung
In einer adaptiven (anpassungsfähigen) Welt richten sich Informations‐ Die clevere Idee des
fluss und Materialfluss flexibel nach dem Fortschritt der Fertigung aus. Anpassens
Zwischen den Mitarbeitern in der Produktion und der Supply Chain
werden die Aktivitäten synchronisiert. Adaptive Supply Chain Systeme
reagieren bei Störungen oder unerwarteten Ereignissen schnell, agil und
eigenständig. Dies sind wichtige Voraussetzungen für die Realisierung
der Smart Factory. Das Internet of Things wird zum Internet of Supply
Chain. So sind in adaptiven Lieferketten intelligente Behälter mit Senso‐
rik ausgestattet. Sie zeigen automatisch an, wenn sie leer sind und auf‐
gefüllt werden müssen. Ausgelastete Maschinen weisen Aufträge selb‐
ständig an Fertigungszellen weiter, die über freie Kapazitäten verfügen.
Die Digitalisierung wirft ihren Schatten auf die Kognitive Supply. Sie
richtet sich nach den Attributen Schnelligkeit, Flexibilität, Granularität,
Genauigkeit und Effizienz aus (vgl. Alicke/Rachor/Seyfert 2016, o. S.):
Schnelligkeit: Neue Ansätze der Warenzustellung verkürzen die Lie‐ „Es gibt Wichtige‐
ferzeiten zum Teil erheblich. Zudem erhöht sich die Prognosegenau‐ res im Leben als
igkeit durch den Einsatz geeigneter Verfahren. Die Vorhersagen selbst beständig dessen
werden nicht mehr nur monatlich aufgestellt, sie erfolgen eher wö‐ Geschwindigkeit zu
chentlich oder sogar täglich. „Predictive Shipping“ bedeutet, dass erhöhen.“
Produkte bereits versendet werden, bevor der Kunde per Mausklick (M. Gandhi)
seine Bestellung aufgibt. Dieses Prinzip ist für Waren mit hohem La‐
gerumschlag einsetzbar (Fast Moving Goods, also schnell drehende
Artikel mit hohem Lagerumschlag).
Flexibilität: Echtzeitplanungen ermöglichen eine flexible Reaktion auf Agilität in der
Nachfrage‐ und Angebotsänderungen. Auf Grund guter Verfolgungs‐ Wertschöpfungs‐
systeme (Tracking and Tracing) können Kunden bei Bedarf die Sen‐ kette
dung an ein bequemes Ziel umleiten. Außerdem werden Supply
Chain Dienste bei Bedarf verstärkt zugekauft; die Ressourcen müssen
nicht länger im eigenen Haus verfügbar sein (Buy‐Abwicklung statt
Make‐Variante). Ebenso gewinnen viele Transportnetze an Agilität,
indem der Verkehrsfluss clever geregelt wird (z. B. lernende Ampel‐
systeme in der Smart City, die über Sensorik gesteuert werden).
267
C
Strategien des Supply Chain Managements
Kognitive Kosten‐ Effizienz: Zunehmende Digitalisierung führt in der Regel zu einem
Nutzen‐ Anstieg der Wirtschaftlichkeit. Bereits heute wird die Lagerhaltung
Optimierung über moderne Roboter abgewickelt, der Automatisierungsgrad im
Warehouse ist hoch. Mit der Nutzung zeitgemäßer Planungstools
werden zudem Ineffizienzen innerhalb der Lieferkette aufgedeckt und
aktiv bekämpft.
268
C.3
Strategien der Versorgung
Teilweise schlägt das System mögliche Lösungen vor und rät dazu, be‐ „Wenn man nicht
stimmte Handlungen vorzunehmen, damit ein Ereignis (nicht) eintritt: mehr weiter kann,
Bei Prescriptive Analytics dominiert die Frage „how can we make it hap‐ fängt man zu
pen?“. Es werden konkrete Ratschläge darüber erteilt, wie man einen simulieren an.“
Trend in eine gewünschte Richtung lenken kann, wie man ein vorherge‐ (Redewendung)
sagtes Ereignis verhindert, oder wie man auf ein zukünftiges Ereignis
reagiert. Dazu führen die Unternehmen beispielsweise Monte Carlo
Simulationen durch.
Die Kognitive Supply Chain versetzt die Akteure in die Lage, sich früh‐ „Lernen ist wie
zeitig auf mögliche Szenarien einzustellen. Erkennt das System zum Rudern gegen den
Beispiel zu einem bestimmten Zeitpunkt einen Trendartikel, ist es nahe‐ Strom: Hört man
liegend, frühzeitig im Lager Platz zu schaffen und die Bevorratung ge‐ damit auf, treibt
zielt nach diesem Trendartikel auszurichten. Schließlich ist mit einer man zurück.“
baldigen Nachfrage dieses Artikels zu rechnen. Dadurch steigt der Rei‐ (Laozi)
fegrad beachtlich: Das Unternehmen ist auf seinem Weg zur lernenden
Organisation.
Mitarbeiter werden in der Kognitiven Supply Chain in ihrer Entschei‐ Kurze Reaktions‐
dungsfindung unterstützt und entlastet. Clevere Systeme weisen die zeiten im Supply
Menschen selbständig und frühzeitig auf kaum vorhersehbare wie auch Chain Event Ma‐
wahrscheinlich eintretende Ereignisse gleichermaßen hin. Dadurch be‐ nagement
steht für die Mitarbeiter die Möglichkeit, ihre Arbeitsabläufe kurzfristig
an neue Situationen flexibel anzupassen: Zum Beispiel können die Wert‐
schöpfungspartner beim Einsatz von Event Management Programmen
auf Störungen in der Lieferkette, volatile Preisgestaltung, Qualitätsprob‐
leme von Lieferanten oder personelle Engpässe frühzeitig hingewiesen
werden. Dies ist wichtig, um in der Produktion und der Supply Chain
adäquat auf die sich immer rascher ändernden Kundenpräferenzen
reagieren zu können.
In der digitalisierten Wertschöpfungskette finden sich viele eingebettete Eingebettete Sys‐
Systeme (Embedded Systems). Diese elektronischen Geräte sind eine teme sind der
Kombination aus Hardware und Software. Sie werden für ganz be‐ Schlüssel zum
stimmte Funktionen konzipiert und sorgen in der Industrie für die Erfolg
Funktionalität von Anlagen und Maschinen. Aber auch autonome Fahr‐
zeuge, Haushaltsgeräte, Smartphones, Spielzeuge oder Verkaufsautoma‐
ten nutzen Embedded Systems. Wichtige Schlüsseltechnologien für den
Einsatz von Embedded Systems sind Autobau, Luft‐ und Raumfahrt,
Maschinenbau, Telekommunikations‐ und Elektroindustrie, Medizin‐
technik sowie Energietechnik.
269
C
Strategien des Supply Chain Managements
Mikroprozessoren Die Verbindung eingebetteter Systeme zum Internet der Dinge liegt auf
und Mikrocontrol‐ der Hand. Die Hardware von Embedded Systems basiert auf Mikropro‐
ler zessoren, in denen eine einzige Zentraleinheit implementiert ist. Es kön‐
nen aber auch Mikrocontroller verbaut sein: Komponenten, die neben
der Zentraleinheit noch über Speicher oder Peripheriegeräte verfügen.
Sense‐Think‐Act‐ In der modernen Fabrik stellen Embedded Systems eine gelungene
Modell Symbiose dreier Dimensionen dar, die in ein „Sense‐Think‐Act“‐Modell
integriert sind (vgl. Nebel 2018, o. S.).
Erfassung und Sense: Das eigebettete System verfügt über Sensorik. Diese Sensorik
Kommunikation ist zum Beispiel die Basis für eine Bildverarbeitung. Mit ihrer Hilfe
durch Sensorik können Fahrerlose Transport Systeme Hindernisse erkennen und um‐
steuern. Dazu werden spurgeführte Transportmittel mit sensorischer
Umgebungserfassung eingesetzt. Neben der Kollisionsvermeidung
taugen die Sensoren zur Navigation und zur Lokalisation. Auch
Augmented Reality richtet sich nach dem Prinzip „Sense“ aus (Pick‐
by‐Vision). Die Sensorik ist aber nicht nur für die Umgebungserfas‐
sung von immenser Bedeutung. Sie ist auch die Basis zur Kommuni‐
kation innerhalb der Smart Factory. Dadurch wird der selbständige In‐
formationsaustausch zwischen den Cyber‐Physischen‐Systemen er‐
möglicht.
„Denken ist allen Think: Ein weiterer Baustein von Embedded Systems ist die Daten‐
Menschen erlaubt, verarbeitung. Sie sichert beispielsweise die Navigation selbststeuern‐
bleibt aber vielen der Cyber‐Physischer‐Systeme. Aber auch die Tourenplanung richtet
erspart.“ sich nach dem „Think“‐Prinzip aus. Sie ist nicht nur für Kurier‐, Ex‐
(C. Goetz) press‐ und Paketdienste von großem Nutzen.
Aktoren setzen Act: Die dritte Komponente eingebetteter Systeme ist die Aktorik. Ak‐
Befehle um toren führen die von Sensoren angestoßenen Befehle an Objekten aus.
So werden in der smarten Logistik Fahrtenregler über Aktoren ge‐
steuert, Ladungsträger automatisch geöffnet oder geschlossen und
Waren von Robotern selbststeuernd aus dem Regal gegriffen.
„Hamburg, meine Ein Beispiel für die Realisierung einer Kognitiven Supply Chain ist der
Perle.“ Hamburger Hafen. Wegen seiner Lokalität kann der Hafen nicht weiter
(Lotto King Karl) ausgebaut werden, dennoch steigen dort die Frachtvolumina stetig.
Deshalb wurden moderne Cloud‐Anwendungen im Hamburger Hafen
installiert. Sie gewährleisten eine Realtime‐Datensammlung über Radio‐
frequenzsysteme und weitere spezielle Sensorik. Eine Vielzahl von Da‐
ten über Hafenverkehr, Speditionen, Lagerdienstleister, Paketzusteller
und sonstige Partner wird täglich aufgenommen, verarbeitet und wei‐
tergeleitet. So ist es möglich, die Warenflüsse im Hafen intelligent und
autonom zu steuern. Die Effizienz der Güterverteilung hat sich spürbar
270
C.4
Strategien der Entsorgung und des Recyclings
verbessert. Zudem reduzieren sich im Kognitiven Hamburger Hafen die
Wartezeiten der LKW und sonstiger Transportmittel. Gleichzeitig ge‐
winnt der Hafen neue Kunden und lastet seine verfügbaren Kapazitäten
besser aus.
271
C
Strategien des Supply Chain Managements
Gesellschaftliche und staatliche Bedeutung:
Allgemeines Um‐ - Der Wertewandel in unsrer Gesellschaft und dem Management
feld zugunsten von Umweltaspekten (ökologische Verantwortung,
Grenzen des Wachstums, Proteste von Bürgerinitiativen, umwelt‐
bewusste Mitarbeiter).
272
C.4
Strategien der Entsorgung und des Recyclings
- Die Neueinführung von Gesetzen sowie Vorschriften (wie Abfallbe‐
seitigungsgesetz, Verpackungsverordnung, Verordnungen für
Gefahrgut, Elektronikschrott und Altautos).
Marktbedeutung
- Der intensivierte Wunsch des Kunden nach umweltverträglichen Betriebliche Um‐
Produkten, Produktionsprozessen und Transporten. feldfaktoren
- Das Versiegen von Ressourcen sowie die Verminderung der Res‐
sourceneffizienz.
- Eine Nutzung der Schlüsselgröße Umweltschutz durch die Kon‐
kurrenz (Ersatzprodukte, Markteintritt neuer Konkurrenten,
Kommunikationsstrategien der Wettbewerber).
Unternehmensbezogene Bedeutung
- Die Merkmale im Produktionsprozess (wie Art und Umfang der Interne Betrach‐
Reststoffe, Ort des Anfalls oder Wertigkeit der Stoffe). tungsebene
- Die steigenden Kosten für Entsorgung und Recycling (auf Grund
der Verknappung von Deponieressourcen).
Zur Einlösung gesetzlicher Regelungen (beispielsweise Verpflichtungen „Müll ist die Pest
zur Produktrücknahme) existieren unterschiedliche Verwendungs‐ und eines überverpack‐
Verwertungs‐Ansätze innerhalb der Supply Chain. Einen besonderen ten Zeitalters.“
Stellenwert besitzt das Duale System. Die 1990 speziell für diesen (P. Rinnhofer)
Zweck gegründete Gesellschaft „Duale System Deutschland GmbH“ koor‐
diniert die Beseitigung, die Verwendung und die Verwertung von Rest‐
stoffen. Mit dem Signet „Grüner Punkt“ wird den Herstellern, gegen
eine Lizenzgebühr, die Teilnahme am Kreislaufsystem gestattet. Über
die gestiegenen Verkaufspreise ist der Konsument natürlich an den Kos‐
ten für Entsorgung und Recycling beteiligt. Diese Gebühr wird durch
höhere Absatzpreise an den Verbraucher überwälzt (begründet durch
das Verursacherprinzip). Kritiker halten dem Dualen System entgegen,
dass es nicht zur Lösung der Abfallproblematik beitrüge. Es würde le‐
diglich eine Umlenkung der Resteströme erfolgen. Verbunden mit dem
Resultat, dass sich „vor den Kippen“ lange Warteschleifen bildeten.
Entsorgung und Recycling haben sich mittlerweile als eigenständige Zunehmende
Logistikfunktionen etabliert. Entsorgungs‐ und Recyclinglogistik sind Bedeutung der Re‐
Subsysteme im Gesamtsystem eines Supply Chain Managements. Sie Logistics
stellen das Pendant zu den Versorgungsströmen dar. Die Wurzeln der
Entsorgungslogistik sind Mitte der 80er Jahre zu suchen, wobei zunächst
die Aktivitäten zur Raum‐ und zur Zeitüberbrückung von Resten domi‐
nierten. In den frühen 90er Jahren weitete sich dieses Aufgabenspektrum
273
C
Strategien des Supply Chain Managements
Beispielblock c.15 Bohrinsel „Deepwater Horizon“
Im April 2010 ereignete sich im Golf von Mexiko eine Umweltkatastrophe
dramatischen Ausmaßes. Zwei Tage nach einer Explosion sank die Bohrinsel
„Deepwater Horizon“. Millionen Liter Öl traten aus dem in 1.600 Meter
Tiefe befindlichen Bohrloch aus, das über etliche Wochen nicht geschlossen
werden konnte. Beispielsweise schlug der Versuch fehl, die Unglücksstelle
mit einer gigantischen Glocke abzudichten. BP kostete die Rettungsaktion
insgesamt circa 62 Milliarden US‐Dollar. Die Organisation erlitt zudem einen
nachhaltigen Imageschaden und taumelte in ihre größte Krise. Mit aller
Vehemenz wurde die Küste Louisianas von einer schlimmen Ölpest getrof‐
fen und für viele Jahre verpestet.
Vorgeschaltete Vor einer Entsorgung sind häufig Aufbereitungsprozesse an Reststoffen
Aktivitäten durchzuführen. In diesem Zusammenhang lassen sich Trennungs‐ und
Umwandlungstätigkeiten unterscheiden.
274
C.4
Strategien der Entsorgung und des Recyclings
Zu den Aufgaben der Entsorgung im Order‐to‐Payment‐S zählen die Attribute der
Lagerung, der Transport, der Umschlag, die Sammlung und die Sortie‐ Entsorgung
rung der Abfallstoffe sowie eine Verpackungsreduzierung (vgl. Schulte
2017, S. 339ff.).
Lagerung: Anders als bei den Versorgungsstrategien, zielt die Lagerung Gefahren der La‐
der Reste nicht auf eine Aufrechterhaltung der Produktionsprozesse gerhaltung
innerhalb der Wertschöpfungskette. Sie dient vielmehr der Schaffung
wirtschaftlicher Transportlose beim Sammeln oder Umladen der Stoffe.
Dabei sind einige Kriterien zu beachten:
Eine Volumenbegrenzung, um die „kritische Schwelle“ nicht zu über‐
schreiten. Die kritische Schwelle kennzeichnet den Punkt, ab welchem
die Stoffe bei ihrer Lagerung zur Gefahr werden.
Das Schaffen von Sicherheitszonen. Beispiele dafür sind Brandschutz,
undurchlässiger Boden oder Auffangwannen.
Transport: Der Faktor Zeit spielt während des Transports der Reststoffe Robuste Distribu‐
in der Regel eine untergeordnete Rolle. Weil von den Gütern umwelt‐ tionsaktivitäten
schädliche Wirkungen ausgehen können, sind vielmehr besondere Si‐
cherheitsvorkehrungen während des internen und des externen Transports
zu treffen. Zum Beispiel werden spezielle Behälter verwendet und als
solche gekennzeichnet. Auch können moderne und über Satelliten ge‐
steuerte Systeme zur Sendungsverfolgung eingesetzt werden. Wenn
möglich, ist ein Pendelverkehr einzurichten. Gemäß eines Milk Runs
(vgl. S. 328), werden auszuliefernde und einzusammelnde Güter mög‐
lichst im selben Umlauf transportiert. Dabei ist auf die Verträglichkeit
der Waren, wie auch die potenzielle Notwendigkeit für längere Aufent‐
halte, zu achten.
Umschlag: Die Prozesse von Warenumschlägen finden beim Wechsel Warenhandling
der Transportmittel oder einer Zwischenlagerung bei der Auftragsab‐ begrenzen
wicklung von Gütern statt. Aus ökonomischen und ökologischen Grün‐
den ist die Anzahl dieser Tätigkeiten gering zu halten. Mit jedem Um‐
schlagprozess erhöht sich die Gefahr, dass sich Rückstände freisetzen.
275
C
Strategien des Supply Chain Managements
Hunter and Collec‐ Sammlung und Sortierung: Eine Sammlung von Reststoffen beginnt mit
tor der Füllung von Behältern. Sie endet mit der Beladung der Fahrzeuge.
Weil die Reststoffe vielfach in gemischter Form anfallen, werden sie bei
ihrer Sammlung sortiert. Letzte Tätigkeit dient zur Erhöhung der Sor‐
tenreinheit. In diesem Kontext sind drei Arten zu unterscheiden:
Gemischte Sammlung mit nachträglicher Sortierung.
Getrennte Sammlung ohne nachträgliche Sortierung.
276
C.4
Strategien der Entsorgung und des Recyclings
Strategien des Recyclings Begriffsblock C.VI
Für das Recycling ist eine Vorgehensweise im Sinne der Kreislaufwirt‐ Regelkreissysteme
schaft typisch. Diese widerspricht vehement einer tradierten „End‐of‐ implementieren
Pipe“‐Philosophie, bei der die Aktivitäten innerhalb einer Supply Chain
mit der Auslieferung von Waren enden. Vielmehr fallen in einem Kreis‐
lauf zwischen den beteiligten Akteuren – auch nach der Verteilung von
Erzeugnissen – Tätigkeiten wie Sammeln, Trennen oder Lagern an. Viele
Produkte oder Produktkomponenten sind nach ihrem Gebrauch zur
277
C
Strategien des Supply Chain Managements
Wertschöpfungs‐ In modernen Supply Chains sind in zunehmendem Maße Recycling‐
netzwerke netzwerke (vgl. Beispielblock c.16) über die Unternehmensgrenzen
hinweg aufzubauen. Sie werden zur Senkung von Transaktionskosten
innerhalb einer Lieferkette genutzt. Insbesondere in der Automobilin‐
dustrie und der Elektronikbranche können die Hersteller mittlerweile
ge‐ und verbrauchte Produkte zurücknehmen, demontieren und sogar
einige Teile an ihre Zulieferer zurückführen.
Clevere Idee Die Partner nehmen aus unterschiedlichen Gründen an einem Recyc‐
lingnetzwerk teil. Sie wollen beispielsweise knappe Rohstoffe sichern,
Auflagen des Gesetzgebers einhalten und ihre Transaktionskosten in der
Supply Chain senken. Dazu richtete das Rationalisierungs‐Kuratorium der
Deutschen Wirtschaft (RKW) bereits 1974 eine spezielle „Recyclingbörse“
ein, auf der Reste angeboten und nachgefragt werden können.
Beispielblock c.16 Recycling im Netzwerk
Ein Recycling‐Netzwerk existiert im Ruhrgebiet. In diese Kooperationsform
sind Unternehmen der Stahlindustrie, Kraftwerke sowie Stadtwerke einge‐
bunden. Einige der Beteiligten agieren hierbei gleichzeitig als Resteprodu‐
zent und Restenutzer. Andere Akteure sind ausschließliche Nutzer. Zum
Beispiel werden Stahlreste auf Schrottplätzen gesammelt und an die Stahl‐
werke zum Einschmelzen weitergegeben. Dadurch entsteht einerseits ver‐
werteter (aufbereiteter) Stahl. Andererseits fallen in dem Recyclingprozess
Reste an, die weitere Akteure nutzen: Die Flugasche kann die Baustoffin‐
dustrie gut gebrauchen, die Stahlwerkasche wird in der Baustoffindustrie,
dem Straßenbau und der Landwirtschaft benötigt, den Hüttensand verarbei‐
tet die Zementindustrie und das Eisensulfat leistet im Klärwerk gute Dienste
(vgl. Werner 2013b, S. 55).
Outsourcing und Zur Durchführung eines Recyclings stellt sich die betriebswirtschaftliche
Offshoring Grundsatzentscheidung von Make‐or‐Buy. Bei der Eigenerbringung
oder der Fremdvergabe von Recyclingtätigkeiten wird zwischen einem
Outsourcing und einem Offshoring differenziert. Die Literatur ist sich
bei der Umschreibung dieser Begrifflichkeiten nicht einig. In der vorlie‐
genden Schrift wird der Unterschied beider Konzepte im Folgenden
gesehen:
278
C.4
Strategien der Entsorgung und des Recyclings
Formen von Offshoring im Überblick Abbildung C.23
Interner Offshore Offshore Outsourcing
(Verlagerung an ausländische (Verlagerung an ausländische,
Tochtergesellschaften) rechtlich selbständige Partner
Nearshore Farshore
(Verlagerung ins „nahe“ Aus‐ (Verlagerung ins „ferne“ Aus‐
land) land)
____________________________________________________________________
Das Outsourcing oder Offshoring von Recycling‐Aktivitäten kann auf Gründe für eine
Basis unterschiedlicher Restriktionen, insbesondere Kapazitäts‐ und Fremdvergabe
Kapitalbarrieren sowie fehlendem Know‐how, notwendig sein. Einige
externe Dienstleister haben sich auf das Recycling spezialisiert. Bei‐
spielsweise übernimmt in Deutschland die Vereinigung für Wertstoffrecyc‐
ling (VfW) die Rücknahme von Batterien und Akkumulatoren der In‐
dustrie. Die Bahntrans (ein in Duisburg ansässiger Logistikdienstleister)
nutzt im Recycling die Software CADIS (vgl. Beispielblock c.17).
Recycling über Computer Aided Dispatching Beispielblock c.17
1980 verfügten in Deutschland nur 63% der Hersteller über ein Recyc‐ Automotive‐
ling‐Konzept, heute sind es nahezu 100%. In der aktuellen Diskussion Recycling
279
C
Strategien des Supply Chain Managements
befinden sich die Rücknahmeverpflichtungen für Altautos. Bereits 2002
wurde laut einer EU‐Verordnung die kostenfreie Rücknahme von Alt‐
fahrzeugen beschlossen. Sie gilt für sämtliche Fahrzeuge mit Erstzulas‐
sung nach dem 01.07.2002. Der „Verband deutscher Autoverwerter“ setzt
diese Verordnung seit dem 01.07.2007 konsequent um. Weiterhin sind
die Autobauer seit 2008 gemäß einer EU‐Richtlinie dazu verpflichtet,
den Nachweis über eine spätere Recyclingfähigkeit ihrer Fahrzeuge zu
erbringen. Dem VW „Tiguan“ wird beispielsweise durch das Kraftfahrt‐
Bundesamt bescheinigt, er sei zu 85% recycelbar. Das Recycling von
Autos folgt grundsätzlich nachstehendem Prozess (vgl. auch Beispiel‐
block c.18).
1. Zunächst sind den Autos die voll recyclingfähigen Batterien zu ent‐
nehmen.
2. Anschließend werden die Fahrzeuge trockengelegt und von sämtli‐
chen Betriebsflüssigkeiten befreit. Dann beginnt die Demontage von
Teilen mit Schadstoffcharakter.
3. Jetzt werden diejenigen Baugruppen separiert, welche für eine Ver‐
wendung oder Verwertung geeignet erscheinen. Dazu zählen Kunst‐
stoffteile, Räder, Scheiben, Konsolen oder Sitze.
4. Der Rest des verbliebenen Fahrzeugs landet im Shredder. Heute be‐
steht dabei noch das Problem, dass bei der Zerkleinerung Filterstäube
als Sondermüll anfallen.
5. Schließlich erfolgt die Verwendung oder Verwertung der metallischen
Materialanteile durch Wirbelstrom‐ oder Schmelzverfahren.
Beispielblock c.18 Recycling in der Automobilindustrie
Kausalzusammen‐ Nach den Gesetzen der Thermodynamik sind dem Recycling allerdings
hang natürliche Grenzen auferlegt. Die Qualität der Stoffe nimmt mit jedem
Recyclingdurchlauf ab. Dieses Phänomen wird als Downcycling be‐
zeichnet. Ein Upcycling bedeutet hingegen, dass die einer Verwendung
280
C.4
Strategien der Entsorgung und des Recyclings
oder Verwertung unterzogenen Stoffe mit Produktinnovationen konkur‐
rieren. Upcycling ist eine spezifische Form des Recyclings, bei der ein
technischer Fortschritt in die gleichzeitige Modernisierung des Produkts
einfließt. Ein Beispiel dafür ist die Herstellung von Kopiergeräten durch
Xerox. Die Produktlinie „Greenline“ (Kopiergeräte von hoher Qualität
der neueren Generation) umfasst zu 80% verwendete oder verwertete
Alt‐Teile. Entsprechend sind nur 20% von „Greenline“ Neu‐Teile.
281
C
Strategien des Supply Chain Managements
Reduzierung der Transportentfernung.
Optimierung der Transportmittelauslastung.
Einsatz umweltfreundlicher Transportmittel.
Denn wir haben Ein Beispiel für die optimierte Auslastung von Verkehrsmitteln findet
nur die eine sich in Beispielblock C.19. Zur Umweltentlastung tragen bei: Sendungs‐
Erde… konsolidierung (beispielsweise über elektronische Frachtbösen, vgl. S.
236), Transportvermeidung, trimodale Logistik‐Hubs (optimierte Ver‐
knüpfung verschiedener Verkehrsträger – beispielsweise über Hucke‐
Pack‐Transporte, um die Schiene besser zu nutzen) oder optimierte Rou‐
tenplanungen (vgl. zu Milk Run S. 328).
Beispielblock c.19 Optimierung der Transportmittelauslastung
Energizer ist einer der führenden Batterie‐, Taschenlampen‐ und Rasier‐
klingenhersteller. Das Unternehmen beförderte ursprünglich Rasierklin‐
gen und Batterien getrennt. Zudem betrug die maximale Ladung eines
LKW 33 Europaletten. Auf Grund einer variierenden Höhe zwischen
1,20m bis 1,80m pro Palette, wurde die Transportkapazität der Fahrzeu‐
ge jedoch nur suboptimal genutzt. Zur verbesserten Nutzung der Lade‐
fläche bündelte Energizer den Transport von Rasierklingen und Batte‐
rien. Im Ergebnis sparten diese Maßnahmen etwa 647.000 km, 355.000
Tonnen CO2 und 300.000 € pro Jahr ein (vgl. Stabauer 2009, S. 69).
282
C.4
Strategien der Entsorgung und des Recyclings
283
C
Strategien des Supply Chain Managements
print bereits 2008 für einige Produkte ein. Lobbyisten stehen dieser
Ökoplakette allerdings kritisch gegenüber, da die Berechnung sehr teuer
sei. In der Tat ist ein derzeitiges Problem des PCF sein fehlender interna‐
tionaler Berechnungsstandard auf Produktebene. Ein Product Carbon
Footprint kann integrativer Bestandteil der Ökobilanz sein, was nach‐
stehend deutlich wird.
Input: Eingehende Stoffe (Anlagen, Material, Wasser, Luft oder Ener‐
giezugabe).
Output: Ausgehende Stoffe (Produkt, Abfall, Abwasser, Abluft oder
Energieabgabe).
Arten von Ökobi‐ Für das Kriterium „Abluft“ kann der oben diskutierte Product Carbon
lanzen Footprint integrativer Bestandteil der Ökobilanz werden, indem er für
die Messung des CO2‐Ausstoßes steht. Gemäß des Anspruchs der Aus‐
gewogenheit, muss die Summe aus Anfangsbestand plus Input men‐
genmäßig dem Ergebnis aus Endbestand plus Output entsprechen.
Diesbezüglich sind drei grundsätzliche Arten von Ökobilanzen zu diffe‐
renzieren: Produkt‐, Betriebs‐ und Prozessbilanzen. Für das Produkt
„Autotür“ gehen beispielsweise folgende Parameter in die Ökobilanz
ein:
284
C.4
Strategien der Entsorgung und des Recyclings
Beim Aufstellen der Ökobilanz sind grundsätzliche Regeln einzuhalten. Spielregeln der
Zum Teil erinnern diese Attribute an allgemeine „Grundsätze ord‐ Ökobilanzierung
nungsgemäßer Buchführung“ (GoB). Nachstehend werden wesentliche
Spielregeln aufgelistet, die für Ökobilanzen gelten:
285
C
Strategien des Supply Chain Managements
zyklus, Marktzyklus sowie Entsorgungs‐/Recyclingzyklus auf. Bei einem
Lifecycle Costing setzen die Aktivitäten zur Reststoffvermeidung bereits
in den frühen Phasen von Forschung und Entwicklung ein. Hier stellen
Techniker die Weichen für ein späteres Kostenkneten im integrierten
Produktlebenszyklus („80‐20‐Regel“). Die Kosten über den kompletten
Lebensweg eines Produkts sind relevant. Bei einer tradierten Kostenver‐
rechnung würde lediglich der Marktzyklus untersucht. Vorlauf‐ und
Nachlaufkosten wären nicht dem Produkt direkt zuzuweisen, sondern
als Gemeinkostensätze lediglich „umzulegen“. Insbesondere mit der
zunehmenden Bedeutung von Vorlauf‐ und Nachlaufkosten ist dieser
traditionelle Weg zu ungenau und wenig befriedigend.
Vorläufe und Nach‐ Bei der Lebenszykluskostenrechnung werden die Kosten in spezielle
läufe beachten Phasen kategorisiert, um Trade‐off‐Beziehungen aufzuzeigen. Bei‐
spielsweise erzeugt die Entwicklung eines umweltverträglichen Pro‐
dukts in der Marktphase zum Teil höhere Materialkosten. Jedoch wird
dadurch später vielfach ein vereinfachtes Recycling möglich, weshalb
sich im Lebenszyklus die Nachlaufkosten senken. Beispielsweise sind
die Anschaffungskosten einer Energiesparlampe höher als die einer
konventionellen Glühlampe. Über den geringeren Stromverbrauch
kompensiert sich jedoch im Zeitablauf der höhere Anschaffungspreis
des Energieleuchtmittels (vgl. Horváth et al. 2019, S. 473ff.)
Life Cycle Costing In einer Lebenszykluskostenrechnung werden unterschiedliche Investi‐
versus Total Cost of tionen nach ihrer Wirtschaftlichkeit abgewogen. Dazu sind potenzielle
Ownership Erträge und Aufwendungen miteinander zu verrechnen. Rasch ist er‐
sichtlich, ob und wann eine Investition ihren Break‐Even erreicht. Dabei
besteht zwischen Lifecycle Costing und Total Cost of Ownership (vgl. S.
36ff.) eine enge Beziehung. Der Übergang der Hilfsmittel ist fließend:
Beide Ansätze berücksichtigen die Kosten über den kompletten Lebens‐
weg eines Produkts. Doch während für Total Cost of Ownership primär
Transaktionskosten von großer Relevanz sind (Prozessorientierung), be‐
zieht sich Lifecycle Costing verstärkt auf Investitionen (Zeitbezug). Die
Aufwendungen und die Erträge der Lebenszykluskostenrechnung kön‐
nen in eine Vorlauf‐ und in eine Nachlaufphase eingeteilt werden.
Vorlaufphase (Entstehungszyklus)
- Aufwendungen: Marktforschung, Verfahrensentwicklung, Stück‐
listen‐ und Arbeitsplanerstellung, Prototyping und Markter‐
schließung.
- Erträge: Subventionen (Forschungsförderung), Kundenanzahlun‐
gen und Lizenzverkäufe.
286
C.4
Strategien der Entsorgung und des Recyclings
Nachlaufphase (Entsorgungszyklus/Recyclingzyklus)
- Aufwendungen: After‐Sales‐Services, Garantiekosten, Schadens‐
ersatzzahlungen, Produktrückrufe, Reklamationen, Ersatzteilhal‐
tung, Reparatur, Rücknahme, direktes Recycling, Stilllegung.
- Erträge: Kundenvergütungen für Ersatzteile oder Restwerte nicht
mehr genutzter Wirtschaftsgüter (zum Beispiel der Verkauf von
Excess‐Vorräten).
Abschließend wird ein Beispiel (vgl. Beispielblock c.20) zur Lebenszyk‐ Anwendung der
luskostenrechnung wiedergegeben. Das Einflusspotenzial von Green Lebenszyklusrech‐
Supply Chain Management erstreckt sich über den kompletten Lebens‐ nung
weg dieses Produkts (8 Jahre). Das Erzeugnis spielt in seinem Lebens‐
zyklus Erträge ab der dritten Phase ein. Besonders Cash‐trächtig sind
das fünfte und das sechste Lebensjahr. In den ersten zwei Jahren erwirt‐
schaftet das Produkt einen jeweils negativen Deckungsbeitrag (Vorlauf‐
phase). Kumuliert (YTD, Year to Date) überschreitet das Produkt die
Gewinnschwelle (Break‐Even‐Point) im vierten Jahr. Nicht zu vergessen
sind die Nachlaufkosten in der siebten und der achten Phase für eine
spätere Entsorgung. Insgesamt erzielt der Hersteller mit diesem Produkt
einen Gewinn von 100.000 Euro, bei einer Umsatzrendite von 10% (vgl.
in ähnlicher Weise Horváth et al. 2019, S. 475).
Beispiel des Lifecycle Costings Beispielblock c.20
Periode 1 2 3 4 5 6 7 8 Summe
Ertrag (E)
Verkauf 150 200 300 250 100 1.000
Aufwand (A)
Herstellung ‐75 ‐100 ‐150 ‐125 ‐50 ‐ 500
Entwicklung ‐ 11 ‐ 14 ‐18 ‐14 ‐27 ‐ 21 ‐6 ‐111
Verwaltung ‐15 ‐15 ‐21 ‐29 ‐29 ‐29 ‐29 ‐29 ‐196
Vertrieb ‐20 ‐14 ‐18 ‐14 ‐8 ‐74
Entsorgung ‐6 ‐13 ‐19
Summe (E‐A) ‐26 ‐29 36 37 80 57 ‐5 ‐50 100
Summe YTD ‐26 ‐55 ‐19 18 98 155 150 100 100
Legende: Alle Zahlen in Tausend Euro (T€], YTD = Year to Date
287
C
Strategien des Supply Chain Managements
C.5 Verständnisfragen
Welche Arten von Kooperationsstrategien kennen Sie? Kennzeichnen
Sie diese und beschreiben Sie deren Probleme.
Zeigen Sie Möglichkeiten der Zusammenarbeit zwischen Lieferanten
und Kunden auf (unterschieden nach dem Leistungspotenzial sowie
der Bindungsintensität).
Klären Sie den Begriff „First‐Tier‐Lieferant“. Geben Sie drei Beispiele
aus der Praxis an.
Charakterisieren Sie die Vorteile und die Nachteile von Resident En‐
gineering.
Beschreiben Sie beispielhaft das Laboratory‐Store‐Concept.
Definieren Sie den Begriff „Horizontale Kooperationsstrategie“. Ge‐
ben Sie dafür drei Beispiele neueren Datums an.
Klären Sie den Begriff Efficient Consumer Response (ECR) und be‐
nennen Sie die Komponenten des Konzepts. Nehmen Sie eine kriti‐
sche Würdigung von ECR vor.
Beschreiben Sie die Logistikmodule von ECR. Gehen Sie auf die po‐
tenziellen Vorteile und Nachteile ein.
Vendor Managed Inventory (VMI): Klären Sie den Begriff. Grenzen
Sie ihn von benachbarten Termini ab. Welches sind operative Rah‐
menbedingungen des Konzepts? In welchen Phasen läuft idealtypisch
ein VMI‐Prozess ab? Entwerfen Sie eine Tabelle, in der Sie die Vorteile
und die Nachteile von VMI auflisten.
288
C.5
Verständnisfragen
289
C
Strategien des Supply Chain Managements
Welche Chancen und welche Risiken messen Sie einem Unit Sourcing
bei?
Beschreiben Sie Collective Sourcing und geben Sie dazu ein Beispiel
aus dem betrieblichen Umfeld an. Nehmen Sie eine kritische Würdi‐
gung von Collective Sourcing vor.
„Global Sourcing“: Klären Sie den Begriff, nennen Sie wesentliche Vo‐
raussetzungen und würdigen Sie ihn kritisch.
Grenzen Sie Global Sourcing von Local Sourcing und von Domestic
Sourcing ab.
Welche Beschaffungsstrategien kennen Sie in der Supply Chain?
Worin besteht der Unterschied zwischen Kanban und einer zentrali‐
sierten Produktionssteuerung? Berücksichtigen Sie die Voraussetzun‐
gen für eine Implementierung von Kanban.
Grenzen Sie die Begriffe „Just‐in‐Time“ und „Just‐in‐Sequence“ von‐
einander ab. Entwerfen Sie eine Tabelle, in der Sie die Vorteile und die
Nachteile von Just‐in‐Time (aus Kundensicht) gegenüberstellen.
Beschreiben Sie den Ansatz der Fortschrittszahlen anhand eines Bei‐
spiels (mit grafischer Darstellung). Berücksichtigen Sie dabei die Vo‐
raussetzungen des Ansatzes.
Gehen Sie auf Gemeinsamkeiten und Unterschiede von Kanban und
Fortschrittszahlen ein.
Nehmen Sie eine Kennzeichnung der Belastungsorientierten Auftrags‐
freigabe vor. Berücksichtigen Sie die Voraussetzungen und die Ar‐
beitsschritte des Konzepts.
Beantworten Sie folgende Fragen zur Retrograden Terminierung: His‐
torische Entwicklung, Begriffsklärung und Charakterisierung, Ar‐
beitsschritte sowie kritische Würdigung.
Beschreiben Sie den Risikomanagementprozess in seinen Grundzü‐
gen. Nennen Sie Vorteile und mögliche Gefahren dieses Ansatzes.
Kennzeichen Sie Methoden zur Bewertung von Supply‐Chain‐Risiken.
Gehen Sie dabei in besondere Weise auf die Fehler‐Möglichkeits‐und‐
Einfluss‐Analyse ein.
Supply Chain Mitigation: Klären Sie den Begriff und entwerfen Sie ei‐
ne Übersicht, in der Sie Mitigations‐Strategien beispielhaft kennzeich‐
nen.
Inwieweit hat Corona das Risikomanagement in der Supply Chain
verändert?
Was verstehen Sie unter elektronischen Supply Chains? Orden Sie den
Begriff in das Order‐to‐Payment‐S ein.
290
C.5
Verständnisfragen
Was verstehen Sie unter „Electronic Commerce“? Benennen Sie mögli‐
che Stellhebel von Electronic Commerce in Supply Chains.
Was ist eine virtuelle Frachtbörse? Zeigen Sie die Chancen und die Ri‐
siken virtueller Frachtbörsen am Beispiel der Automobilindustrie auf.
Wie stufen Sie die Entwicklungspotenziale von virtuellen Frachtbör‐
sen ein?
Benennen und kennzeichnen Sie mögliche elektronische Ausschrei‐
bungsvarianten. Wählen Sie sich eine dieser Formen aus und entwer‐
fen Sie eine Tabelle, in der Sie eine kritische Würdigung der Variante
durchführen.
Was verstehen Sie unter „Tracking and Tracing“? Ordnen Sie GPS‐
Systeme in die Idee von Tracking and Tracing ein. Welche Gefahren
messen Sie Tracking‐and‐Tracing‐Systemen bei?
Kennzeichnen Sie den Übergang von 3PL zu 4PL. Worin sehen Sie die
Gemeinsamkeiten und die Unterschiede zwischen beiden Begriffen?
Entwerfen Sie eine Tabelle, in der Sie Fourth‐Party‐Logistics‐Provider
kritisch würdigen.
Inwieweit hängen Industrie 4.0 und Supply Chain 4.0 zusammen?
Welches sind die wesentlichen Komponenten einer Kognitiven Supply
Chain?
Beschreiben Sie die prägenden Übergänge der industriellen Revoluti‐
on auf dem Weg zu Industrie 4.0. Nennen Sie Vorteile und Nachteile
der Industrialisierung für die Wirtschaft und für die darin agierenden
Menschen.
Was verstehen Sie unter Cyber‐Physischen‐Systemen in der smarten
Fabrik? Unterscheiden Sie Sensoren von Aktoren und benennen Sie
jeweils drei mögliche Ausprägungsformen.
Benennen Sie drei Gefahren, welche die Smart Factory Ihrer Meinung
nach in sich birgt. Begründen Sie kurz Ihre Aussage. Warum haben Sie
gerade diese drei potenziellen Schwierigkeiten benannt?
Was ist eine Smart City und aus welchen Elementen besteht sie? Wel‐
chen Beitrag leistet der demographische Wandel für das Entstehen
von Smart Cities? Warum wollen immer Menschen in engen Städten
leben?
Welche logistischen Implikationen entnehmen sie intelligenten Städ‐
ten? Wie werden sich die smarten Städte aus logistischer Sicht in den
nächsten Jahren entwickeln? Welche möglichen Gefahren sehen Sie
dabei auf die Menschen zukommen?
Welchen logischen Beitrag leistet das Internet der Dinge? Benennen
Sie drei Beispiele zum Internet of Supply Chain. Welche Rolle nehmen
291
C
Strategien des Supply Chain Managements
darin Digital Twins ein? Wo sehen Sie Gefahren in der Nutzung von
Digital Twins?
Big Data in der Supply Chain: Gehen Sie auf den Begriff ein. Entwer‐
fen Sie eine Tabelle, in der Sie die Vorteile und die Nachteile von Big
Data im Wertschöpfungsverbund gegenüberstellen.
Welche Rolle spielt die Blockchain‐Technologie für die Abwicklung
von Arbeitsabläufen innerhalb einer Supply Chain? Welche Vorteile
bringt die Blockchain speziell auf dem Gebiet der Logistik?
Charakterisieren Sie den Begriff „Machine Learning“. Stellen Sie mög‐
liche Ausprägungsformen des maschinellen Lernens speziell in der
Wertschöpfungskette vor.
Sharing Economy: Beschreiben Sie den Beitrag der Sharing Economy
für die Supply Chain. Welche Vorteile und welche Nachteile können
mit ihrer Nutzung verbunden sein?
Bennen Sie sind spezielle Logistikanforderungen an Entsorgung und
Recycling. Welche Möglichkeiten bietet die Supply Chain zur Redu‐
zierung von Umweltbelastung?
Listen Sie Aufgaben einer Entsorgung auf. Nennen Sie beispielhaft
mögliche Aufbereitungsprozesse, die vor einer Entsorgung stattfinden
können.
Beschreiben Sie mögliche Recycling‐Strategien in Supply Chains
stichpunktartig. Geben Sie dazu jeweils ein Beispiel aus der Konsum‐
güterindustrie an.
Was bedeutet für Sie „Nachhaltigkeit in der Supply Chain“? Welche
Größen zur Messung von Sustainability speziell in zeitgemäßen Wert‐
schöpfungsketten schlagen Sie vor?
Product Carbon Footprint: Klären Sie den Begriff. Inwieweit kann ein
Carbon Footprint in Supply Chains eingesetzt werden? Welche Stell‐
hebel zur Verbesserung des Footprints sehen Sie in Wertschöpfungs‐
ketten?
Beschreiben Sie den Nutzen und die Gefahren des Lifecycle Costings
für nachhaltige Supply Chains. Entwerfen Sie ein Formblatt, auf dem
Sie beispielhaft eine Lebenszyklusrechnung innerhalb einer Supply
Chain durchspielen.
Diskutieren Sie Gemeinsamkeiten und Unterschiede zwischen den
beiden Vollkostenrechnungen Lifecycle Costing und Total Cost of
Ownership.
292
D.1
Lernziele und Vorgehensweise
Instrumente sind Techniken, die zur Lösung bestimmter Problemstel‐ Simultaneität von
lungen dienen. Unter diesem Gliederungsabschnitt werden ausgewählte Strategien und
Instrumenten
Hilfsmittel des Supply Chain Managements diskutiert. Ihr Einsatz er‐
möglicht die Umsetzung der unter Abschnitt C charakterisierten Strate‐
gien moderner Logistikketten. Strategien und Instrumente sind zeitlich
eng verflochten: Chandlers These „Structure follows Strategy“ verliert im
Supply Chain Management an Gültigkeit. Sie wird durch „Structure and
Strategy“ ersetzt, weil Strategien und Instrumente im Netzwerk zeit‐
gleich einzubeziehen sind.
Die Lernziele von Kapitel D bestehen in folgenden Punkten:
Eine Verknüpfung zwischen Strategien und Instrumenten des Supply
Chain Managements aufzuzeigen.
Die Inhalte der Instrumente zu kennzeichnen.
Grundlegende Begriffe zu klären.
Eine kritische Würdigung der Hilfsmittel zu skizzieren.
Bei einer Beschreibung von Instrumenten des Supply Chain Manage‐ Diskutierte Hilfs-
ments sind zunächst ausgewählte Hilfsmittel zur Lösung logistischer mittel
Kernfragen vorzustellen. Dazu zählen als Instrumente zur Bestandsre‐
duzierung die Dekomposition der Vorräte, die Gängigkeitsanalyse, das
Reichweitenmonitoring, die Konsignationsanalyse sowie eine Durch‐
laufzeiten‐ und Rüstzeitenanalyse. Zur Senkung von Frachtkosten wer‐
den die maschinelle Frachtkostenermittlung, eine Standardisierung von
Verpackungen, Milk Run, Letzte Meile sowie Hub and Spoke gekenn‐
zeichnet. Anschließend sind mit Benchmarking und Reverse Enginee‐
ring zwei Instrumente zur Informationsgewinnung in der Supply Chain
© Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2020 293
H. Werner, Supply Chain Management,
https://doi.org/10.1007/978-3-658-32429-2_4
D
Instrumente des Supply Chain Managements
294
D.2
Instrumente zur Bestandsreduzierung
- Lagerhaltungskosten: Sie fallen als Raumkosten (Abschreibungen, Hohe Fixkosten
Mieten, Energie) und Lagerbewirtschaftungskosten (Versicherun‐
gen, Personal, Reifung) an.
- Zinskosten: Zinskosten resultieren aus der Bindung finanzieller Opportunitätskos‐
Ressourcen in Beständen. Das gebundene Geld kann nicht ange‐ ten vermeiden
legt werden. Es entstehen entgangene Gewinne (Opportunitäts‐
kosten). Heutzutage leitet sich die Verzinsung meist über den
Weighted Average Cost of Capital (WACC) ab.
- Sonstige Kosten: In dieses Segment sind Wertminderungen ein‐ Schwund und
zuordnen, die beispielsweise auf Grund von Schwund, Verderb Verderb
oder Ungängigkeit resultieren.
295
D
Instrumente des Supply Chain Managements
Abbildung D.1 Gesamtkosten der Bevorratung
Gesamtkosten der Bevorratung
Lagerkosten Fehlmengenkosten
‐ Lagerhaltungskosten ‐ Mengenabhängige Kosten
‐ Zinskosten ‐ Zeitabhängige Kosten
‐ Sonstige Kosten ‐ Sonstige Kosten
Kunden ziehen die Die Reduzierung von Vorräten leitet sich vielfach aus der Umsetzung
Leistungen aus den einer Pull‐Steuerung ab. Als ein Spezialist für eine kundengerechte
Herstellern Fertigung erweist sich der Maßkonfektionär Dolzer. Der Hauptsitz von
Dolzer befindet sich in Schneeberg im Odenwald. Das Unternehmen hat
sich auf die Fertigung von Maßanzügen (diese sind ab 149 Euro zu ha‐
ben) und maßgeschneiderten Hemden (die Verkaufspreise beginnen ab
50 Euro) spezialisiert. Süffisant wird Dolzer als der „Aldi unter den Maß‐
schneidern“ bezeichnet. Mit einer Umsatzrendite von über 10% ausge‐
stattet, stellt Dolzer die speziell auf den Kunden zugeschnittenen Klei‐
dungsstücke quasi aus dem Baukasten her (nach dem Prinzip Mass
Customization). Dolzer reduzierte mit diesem Konzept seine Bestände um
über 15% (vgl. Werner 2013, S. 113).
296
D.2
Instrumente zur Bestandsreduzierung
werden in der Bilanz zumeist der Buchungsklasse „0“ zugerechnet. Die
einzelnen Buchungen verdichten sich zu Kontengruppen. Auf einen
Blick ist zu erkennen, wo der Hebel zur Einleitung von Verbesserungs‐
maßnahmen anzusetzen ist (vgl. Beispielblock d.1).
Dekomposition der Bestände Beispielblock d.1
297
D
Instrumente des Supply Chain Managements
Stoßfänger benötigt. Der Stahl wird von riesigen Coils gerollt. Obwohl
der Lieferant im Besitz der Stahl‐Coils ist, sind diese dem Eigentum des
Automobilkonzerns zuzurechnen.
ABC‐Analyse Eine Möglichkeit zum Aufbrechen gesamter Bestände bietet die ABC‐
schafft Transpa‐ Analyse (vgl. Haberstock 2016; Schneider 2012, S. 13ff.). Vorräte werden
renz auf Grund ihres Wertes und ihrer Menge in A‐, B‐ sowie C‐Teile zerlegt.
Die ABC‐Analyse basiert auf der Annahme, dass Materialien für ein
Unternehmen von unterschiedlicher Bedeutung sind. Im Supply Chain
Management eignet sich die ABC‐Analyse auch für eine Einteilung nach
Materialbedarfen, Kundengruppen oder Spediteuren.
Beispiel einer Ein Beispiel für die ABC‐Analyse zeigt Block d.2. Für einen Hersteller
ABC‐Analyse von Bremsgeräten sind Sensoren und Tellergehäuse A‐Teile (mit einem
Wert von 70% und einer Menge von 20% der gesamten Sachnummern
der Bremsgeräte). Die Maßnahmen zur Bestandsreduzierung nehmen
sich bevorzugt diesen Sachnummern an. B‐Teile stellen Rollmembrane
und C‐Teile Schrauben, Dichtringe oder Muttern dar. Die C‐Teile bein‐
halten einen Wert von 5% und eine Menge von 50%. Allein von ihrem
Wert her betrachtet, scheinen C‐Teile kaum zur Ausnutzung von Kos‐
tensenkungspotenzialen zu taugen. Doch der Schein trügt: Das Ma‐
nagement der C‐Artikel erzeugt überproportional hohe Transaktions‐
kosten. Grundsätzlich erfolgt die Festlegung der Prozentsätze für A‐, B‐
und C‐Teile unternehmensindividuell.
Beispielblock d.2 ABC‐Analyse (Prozentangaben beispielhaft)
Wert Menge
Unerwartete Nach‐ Neben der ABC‐Analyse bietet die XYZ‐Analyse (vgl. Haberstock 2016;
frageschübe Schneider 2012) eine Alternative zur Zerlegung von Beständen. Sie rich‐
tet sich nach dem Verbrauchsverlauf der Vorräte aus. Wie bei der ABC‐
Analyse, lassen sich die Güter in Gruppen zusammenfassen. Das Unter‐
scheidungskriterium zur Einteilung von Vorräten in X‐, Y‐ und Z‐Teile
stellt deren Planungssicherheit (Forecast Accuracy) dar. Dazu sind die
298
D.2
Instrumente zur Bestandsreduzierung
Artikelpositionen nach steigendem Variationskoeffizienten zu sortieren.
Dieser errechnet sich aus Standardabweichung zu arithmetischem Mit‐
telwert (vgl. Begriffsblock D.I).
XYZ‐Analyse Begriffsblock D.I
Die ABC‐Analyse und die XYZ‐Analyse sind mit den Arten der Materi‐ Beschaffungsalter‐
albeschaffung zu kombinieren. Dabei werden die Möglichkeiten der nativen
Fallweisen Beschaffung, der Vorratsbeschaffung sowie der Bedarfsge‐
rechten Beschaffung unterschieden (vgl. Begriffsblock D.II).
Eine weitere Systematisierungsmöglichkeit von Materialien nimmt die Materialdifferen‐
LMN‐Analyse vor. Diese Differenzierung ist der Aufteilung in groß‐, zierung nach
mittel‐ und kleinvolumigen Sachnummern geschuldet. L‐Teile sind Volumenanteilen
großvolumige Artikel. Analog werden unter N‐Sachnummern kleine
Artikel gefasst. Im Mittelfeld finden sich M‐Teile. Selbstverständlich
bedeutet es nicht, dass ein N‐Teil unbedeutsam ist. Es kann teuer (kapi‐
talintensiv) oder selten verfügbar (strategisch relevant) sein. Folglich
zielt die LMN‐Analyse auf die Sperrigkeit von Gütern, wobei diese Be‐
standsdifferenzierung beispielsweise bei nur begrenzt verfügbarem
Ladevolumen von Interesse ist (zur Erzielung einer hohen Packdichte).
Um die Komplexität der weiteren Ausführungen nicht überzustrapazie‐
ren, wird die LMN‐Analyse in der Folge jedoch nicht näher untersucht.
299
D
Instrumente des Supply Chain Managements
Begriffsblock D.II Arten der Materialbeschaffung
JiT und JiS als Bedarfsgerechte Beschaffung: Es erfolgt eine synchron mit der Ferti‐
Zauberformeln gung abgestimmte Beschaffung an die Nachfragestruktur. Die Bedarfs‐
gerechte Beschaffung ist anspruchsvoll und beinhaltet ein recht hohes
Kostensenkungspotenzial durch die Möglichkeit einer Just‐in‐Time‐
oder Just‐in‐Sequence‐Anlieferung.
Kombinations‐ Die Abbildung D.2 visualisiert die Kombination von ABC‐Analyse und
möglichkeiten XYZ‐Analyse mit den Arten der Materialbeschaffung. Innerhalb dieser
Darstellung kristallisieren sich die drei Felder Bedarfsgerechte Beschaf‐
fung, Vorratsbeschaffung sowie Fallweise Beschaffung heraus.
Reduzierung der Feld I: Eine Anlieferung gemäß der Just‐in‐Time‐Philosophie eignet
Kapitalbindung sich für A‐Teile. Sie zeichnen sich durch einen hohen Wert und eine
geringe Menge aus. Als Beschaffungsart wird die Fertigungssyn‐
chrone Beschaffung gewählt (zum Teil auch die Fallweise Beschaf‐
fung). Zur Durchführung von Just‐in‐Time muss der Verbrauch der
Waren möglichst gleichförmig verlaufen. Ein Charakteristikum, das
vor allem für X‐Güter gilt.
300
D.2
Instrumente zur Bestandsreduzierung
ABC‐ und XYZ‐Analyse integriert mit Arten der Materialbeschaffung Abbildung D.2
X‐Güter Bedarfsgerechte
Beschaffung
I
Vorratsbeschaffung
Y‐Güter
II
Fallweise
III
Z‐Güter Beschaffung
D.2.2 Gängigkeitsanalyse
Ein weiteres Instrument des Bestandsmanagements ist die Gängigkeits‐ Vermeidung un‐
analyse (vgl. Werner 2000f). Vorräte werden in die beiden Kategorien gängiger Bestände
„gängig“ und „ungängig“ eingeteilt. Letzte sind „zum Teil ungängig“
oder „völlig ungängig“. Als Unterscheidungsmerkmal dient die vergan‐
genheitsbezogene Lagerreichweite (vgl. S. 306), wobei in der Automo‐
bilindustrie folgende Differenzierung üblich ist (vgl. Abbildung D.3):
Gängig: Vorräte sind im Segment Automotive gängig, wenn sie eine
Reichweite von kleiner/gleich drei Monaten haben.
301
D
Instrumente des Supply Chain Managements
Völlig ungängig: Als völlig ungängig werden im Autobau Vorräte mit
einer Reichweite von größer/gleich 12 Monaten deklariert.
Abbildung D.3 Einteilung der Gängigkeit
Gängigkeit der Bestände
Gängig Ungängig
RW ≤ 3 Monate
Zum Teil ungängig Völlig ungängig
„Excess“ „Obsolete“
RW > 3 Monate < 12 Monate RW ≥ 12 Monate
Abwertung max. 50 % Abwertung max. 95 %
Legende: „RW“ steht für Reichweite
„You gotta say yes to Die zum Teil ungängigen Vorräte werden mit dem Anglizismus
another excess…“ „Excess“ umschrieben. Für völlig ungängige Bestände hat sich die Be‐
(Yello) zeichnung „Obsolete“ etabliert. Auf Grund der Wahrung des kaufmän‐
nischen Vorsichtsprinzips (HGB) sowie einer periodengerechten Zuord‐
nung (deutsche und internationale Rechnungslegung) nimmt das Con‐
trolling eine buchhalterische Abwertung für ungängige Bestände vor.
Innerhalb eines Geschäftsjahrs werden ungängige Vorräte wertberichtigt.
Gehen die Aktivitäten über das Geschäftsjahr hinaus, bildet der Control‐
ler eine Rückstellung. Für Excess‐ und Obsolete‐Bestände gelten in der
Praxis üblicherweise folgende Grenzwerte einer Abwertung:
„No need to ask, Die Abwertung ungängiger Bestände dient zur Glättung von Auswir‐
he’s a smooth kungen auf die Ergebnisrechnung. Durch sie wird der Effekt einer po‐
operator…“ tenziellen Verschrottung abgefedert. Die Obergrenze einer Abwertung
(Sade Adu) liegt für Excess‐Ware bei 50%. Für Obsolete‐Güter beträgt sie 95%.
Schöpft das Controlling die Grenzen aus, trifft folglich eine Verschrot‐
tung den EBIT in der Gewinn‐ und Verlustrechnung für Excess‐Ware
mit 50% und für Obsolete‐Ware nur mit 5%. Die restlichen Auswirkun‐
302
D.2
Instrumente zur Bestandsreduzierung
gen auf die Erfolgsrechnung wurden bereits über die Perioden verteilt.
Der Controller spricht hier von „Smoothing“. Der Effekt ähnelt dem einer
Abschreibung. Die Abwertung von Beständen – auf Grund von Ungän‐
gigkeit – bewirkt, dass bei einer Verschrottung der negative Effekt nicht
„auf einen Schlag“ den EBIT in der Gewinn‐ und Verlustrechnung belas‐
tet. Dieses Vorgehen erweist sich für den Shareholder Value als vorteil‐
haft. Die Abwertung schützt davor, Belastungen auf das Finanzergebnis
(wegen der zum Jahresende einzuleitenden Standardumwertung) zu
dämpfen. Die positive Auswirkung auf die Bilanz (Reduzierung des
Umlaufvermögens zugunsten des Anlagevermögens) beläuft sich bei
den Bruttobeständen hingegen auf 100%.
Die unter Gliederungsabschnitt D.2.1 dargestellte Dekomposition der „Was ich haben
gesamten Bestände von 10 Millionen Euro auf Kontenebene wird für die will, das krieg‘ ich
Gängigkeitsanalyse übernommen (vgl. S. 297). Pro Kontengruppe ist der nicht. Und was ich
Anteil an Excess‐ und Obsolete‐Vorräten auszuweisen. Zur Vereinfa‐ kriegen kann, das
chung werden im folgenden Beispiel die maximal möglichen Grenzwer‐ gefällt mir nicht…“
te von 50% (Excess) sowie 95% (Obsolete) voll ausgeschöpft. Abbildung (Die Fehlfarben)
D.4 verdeutlicht diesen Zusammenhang.
Durch die Heranziehung einer Gängigkeitsanalyse wird deutlich, dass Steigerung der
die Ungängigkeit bei den bezogenen Kaufteilen dominiert. Nach Ab‐ Transparenz
wertung beläuft sich die Position mit 625 Tausend Euro auf über 57%
der gesamten nicht gängigen (und bereits abgewerteten) Waren. Auf
diese Artikel beziehen sich die Aktivitäten zur Senkung ungängiger
Bestände zuerst.
Die Maßnahmen zur Reduzierung ungängiger Bestände (vgl. Abbil‐ Verschrottung
dung D.5) erstrecken sich nicht über sämtliche Sachnummern gleicher‐ vermeiden
maßen. Das komplette Teilespektrum wird in OEM‐, OES‐ und AM‐
Sachnummern untergliedert:
OEM‐Teile (Original Equipment Manufactured Parts) betreffen das Se‐
riengeschäft. Eine Gängigkeitsanalyse bezieht sich speziell auf diese
Sachnummern.
303
D
Instrumente des Supply Chain Managements
Multifunktionales Im Rahmen der Senkung ungängiger Vorräte ist vorzugsweise ein in‐
Team terdisziplinäres Team zu bilden. Den Vorsitz sollte die Logistikleitung
übernehmen. In die Gruppe können Experten aus den Funktionsberei‐
chen Controlling, Vertrieb, Einkauf, Technik und Qualitätssicherung
eingebunden sein.
Abbildung D.4 Gängigkeit von Beständen
Legende: Alle Zahlen in Tausend Euro (T€)
Nur das Serienge- In der Automobilindustrie, aber auch in einigen anderen Branchen, ist
schäft ist relevant es nicht ungewöhnlich, wenn ein Kunde verlangt, dass sein Lieferant
bestimmte Sachnummern über einen Zeitraum von bis zu 20 Jahren auf
Vorrat halten muss. Es bietet sich deshalb bei der Gängigkeitsanalyse an,
die OES‐ und AM‐Teile mit einem besonderen Zeichen im System, wie
einem Stern („*“) für OES‐ und zwei Sternen („**“) für AM‐
Sachnummern zu versehen, um sie von den OEM‐Teilen deutlich ab‐
grenzen zu können (verbesserte Chargenrückverfolgung).
304
D.2
Instrumente zur Bestandsreduzierung
Maßnahmen zur Reduzierung ungängiger Bestände Abbildung D.5
- Verkauf möglich?
- Rücklieferung oder Umtausch möglich?
- Verschrottung durchführen (EBIT‐Effekt beachten).
Ausgewählte Möglichkeiten zur künftigen Vermeidung ungängiger
Sachnummern:
- Reichweiten neu definieren.
- Einlaufsteuerung („Einphasen“) und Auslaufsteuerung („Auspha‐
sen“) neu justieren.
- Mindestabnahmemengen überprüfen.
- Bestandssteuerungskonzepte verbessern.
- Konsignation (Lieferanten‐Logistik‐Zentrum) einführen.
- Teile‐ und Typenvielfalt verringern.
- Qualitätsstandards überwachen.
- Durchlaufzeiten verkürzen.
- Meldebestand innerhalb der Lagerhaltung überprüfen.
Die OES‐ und AM‐Waren werden nicht im Seriengeschäft geführt. Sie OES und After
schlagen sich vielleicht seit Jahren nicht mehr um. Trotzdem dürfen sie Sales
nicht ohne Zustimmung des Kunden verschrottet werden, weil der
Rahmenvertrag den Lieferanten zur Bestandsführung dieser Teile ver‐
pflichten kann. Erhält der Lieferant von seinem Kunden die Freigabe zur
Verschrottung, muss er die Sachnummern bei Bedarf zu hohen Kosten
fertigen (beispielsweise auf NC‐, CNC‐ oder DNC‐Maschinen). Ersatz‐
teile können heute natürlich auch mit 3D Druck hergestellt werden.
Auf das Management überschüssiger elektronischer Komponenten rich‐ Excess and Obsole-
tet Advanced MP Technology seit mehr als 30 Jahren eine seiner pri‐ te als Geschäftsidee
mären Geschäftsstrategien aus. Leiden Unternehmen unter Excess‐ und
Obsolete‐Vorräten, können sie sich an Advanced MP Technology wenden.
Dort werden ihre ungängigen elektronischen Bauteile in eine Datenbank
aufgenommen. Die in Amerika ansässige Organisation (die deutsche
Tochter sitzt in München) erhält durch den Verkäufer eine Übersicht
bezüglich der sich nur langsam oder gar nicht mehr drehenden Artikel.
305
D
Instrumente des Supply Chain Managements
D.2.3 Reichweitenmonitoring
Eindeckzeit zur Die Lagerreichweite (vgl. Werner 1999c; Werner 1999f; Sixt 2005) definiert
Steuerung des den Zeitraum, in welchem Vorräte, bei einer durchschnittlichen Lager‐
Tagesgeschäfts abgangsrate, aufgebraucht sind. Sie wird üblicherweise in Tagen gemes‐
sen. Im Supply Chain Management haben sich zwei unterschiedliche
Kennzahlen zu ihrer Berechnung etabliert: Die vergangenheitsfokussier‐
te und die zukunftsfokussierte Reichweite (vgl. die Definitionen in Be‐
griffsblock D.III und die Kennzahlentypologie auf S. 420).
Begriffsblock D.III Definition der Lagerreichweite
Beststand Stichtag
Interne Lagerreichweite (Vergangenheit) =
Verbrauch
Bestand Stichtag
Interne Lagerreich weite (Zukunft) =
Bedarf
Bedarfsarten im Die Bedarfe im Nenner der zukunftsbezogenen Lagerreichweite errech‐
Überblick nen sich aus Primärbedarf (aktuelles Fertigungsprogramm), Sekundärbe‐
darf (Repetierfaktoren, wie Roh‐, Hilfs‐ und Betriebsstoffen) sowie Terti‐
ärbedarf (Potenzialfaktoren, wie Anlagen, Werkzeuge und Maschinen).
Disponent steuert Die Informationen zur Bestimmung der Lagerreichweiten sind den Ab‐
über Reichweiten rufen zu entnehmen, wobei die Planung, die Steuerung und die Kontrol‐
306
D.2
Instrumente zur Bestandsreduzierung
Roter Bereich: Bei einer Reichweite von größer als 18 Tagen oder klei‐
ner als 6 Tagen gleitet die Sachnummer in den roten Bereich. Diese
Zone bedeutet einen signifikanten Über‐ oder Unterbestand.
307
D
Instrumente des Supply Chain Managements
308
D.2
Instrumente zur Bestandsreduzierung
reichweiten des Lieferanten großzügig festgelegt werden. Der daraus
resultierende Überbestand verursacht nur einen geringen Cash‐Flow‐
Effekt. Mit dem Serienanlauf des Autos ist eine Überprüfung sämtli‐
cher Lagerreichweiten derjenigen Sachnummern vorzunehmen, wel‐
che zur Herstellung der neuen ESP‐Anlagen dienen. Die Reichwei‐
tenkorridore dieser Teile werden nach unten korrigiert, weil ansons‐
ten eine unvertretbar hohe Kapitalbindung droht.
Reichweitenmonitoring Abbildung D.6
Reichweite
> 18 R
</= 18 R
> 15 R und
</= 15 R
>/= 10 R
< 10 R und
>/= 6 R
< 6 R
t
1 2 3 4 5 6 7 8 9
Legende: „t“ steht für Tage; „R“ steht für Lagerreichweite
309
D
Instrumente des Supply Chain Managements
Wie weit ist der Standort des Lieferanten: Tendenziell gilt, dass mit steigender Ent‐
Lieferant ent- fernung des Lieferanten zum Kunden die Vorratsreichweiten zu‐
fernt? nehmen. Dadurch werden Engpasssituationen, die mit der Notwen‐
digkeit für ein kostenintensives Trouble Shooting verbunden sind,
vermieden. Besondere Auswirkungen für das Reichweitenmonitoring
ergeben sich durch ein Global Sourcing. Bei steigender Distanz zwi‐
schen Lieferant und Abnehmer sind die Reichweitenfenster vielfach
zu vergrößern. Die verminderten Einstandspreise gehen zu Lasten
von erhöhten Sicherheitsbeständen.
„Was schwei- Anlieferqualität von Waren: Die Reichweitenfenster basieren auf der
nisch teuer ist, Anlieferqualität von Gütern. Wenn ein Kunde qualitative Defizite bei
muss nicht saugut den gelieferten Waren feststellt und er diese in einem Sperrlager un‐
sein.“ terbringt, wird der Kunde für diese Vorräte die Reichweitenkorridore
(W. Ludin) erweitern. Der negative Effekt eines Überbestands wiegt weniger
schwer als ein drohender Bandstillstand. Bei einer längerfristig
schlechten Anlieferqualität wird der Abnehmer möglichst einen Lie‐
ferantenwechsel vornehmen, welcher von der Verfügbarkeit von Wa‐
ren abhängt. Erst bei erfolgreicher Durchführung des Lieferanten‐
wechsels, oder bei einer Verbesserung der Anlieferqualität eines ori‐
ginär mangelhaft liefernden Partners, wird der Kunde seine
Reichweiten nach unten korrigieren. Teilweise kann der Abnehmer
die Beanstandung dieser Mängel mit der Forderung nach einer Kos‐
tenrückerstattung verbinden (Cost‐Charge‐Back). Er wird versuchen,
die Zusatzkosten auf den Lieferanten zu überwälzen.
D.2.4 Konsignationsanalyse
Eigentums- und Unter Konsignation (vgl. Werner 2000g; Werner et al. 2001; Werner 2011b)
Gefahrenübergang wird verstanden, dass die Vorräte so lange in der Verfügungsmacht und
im zivilrechtlichen Eigentum des Lieferanten (des Konsignanten) ver‐
weilen, bis entweder eine festgelegte Frist verstreicht, oder der Kunde
(der Konsignator) die Ware aus dem Konsignationslager abruft.
310
D.2
Instrumente zur Bestandsreduzierung
Abbildung D.7 verdeutlicht die Vorgehensweise für Konsignation. Die Steuerung über
Schnittstellen zwischen Lieferanten und Kunden bilden die Dispositi‐ Abrufe
onsabteilungen. Anbieter und Abnehmer steuern die Konsignation über
Liefer‐ und Feinabrufe. Die Partner erhalten Informationen für ihre Ma‐
terialbeschaffung und Kapazitätsplanung. Jede Entnahme aus dem Kon‐
signationslager wird automatisch registriert. Sie löst eine Verbrauchs‐
meldung aus und ist Initialzündung für eine Bezahlung im Sinne von
Payment‐on‐Production (POP): Bei Payment‐on‐Production wird eine
Bezahlung erst angestoßen, wenn das fertige Produkt in den Versand
gelangt. Diese Vorgehensweise ist beispielsweise in der Automobilin‐
dustrie häufig gegeben. Auf die Gründe zur Durchführung von Konsig‐
nation aus Kunden‐ und Lieferantensicht geht Begriffsblock D.IV ein.
Gründe zur Durchführung von Konsignation Begriffsblock D.IV
Ausgewählte Gründe zur Durchführung von Konsignation aus Sicht
des Kunden:
Ausgewählte Gründe zur Durchführung von Konsignation aus Liefe‐
rantensicht:
- Die Macht des Kunden ist zum Teil so groß, dass der Lieferant
zur Konsignation quasi gezwungen wird.
- Konsignation führt zu einer engeren Kundenbindung.
- Die Optimierung der Produktionsplanung des Lieferanten, ver‐
bunden mit dem Auflegen größerer Lose (Erzielung von Econo‐
mies of Scale).
- Senkung der Frachtkosten bei Bündelung der Transportströme.
- Entfall der Zwei‐Stufen‐Lagerung: Für die betroffenen Sach‐
nummern hat der Lieferant an seinem eigenen Standort keine
Lagerhaltung mehr vorzunehmen.
311
D
Instrumente des Supply Chain Managements
1. Definition der relevanten Sachnummern
Artikel festlegen Zunächst muss die View AG diejenigen Sachnummern spezifizieren, auf
welche sich die Konsignation beziehen soll. Sie legt als A‐Sachnummern
LCD‐Panels und LED‐Monitore fest.
2. Überprüfung der Voraussetzungen
Rahmenbedingun- Der Produzent möchte das Konsignationslager selbst betreiben und zeichnet
gen überprüfen nach dem Eintreffen der Panels und der Monitore in das Konsignationslager
für deren Bestandsführung, Lagerverwaltung und Handling verantwortlich.
Für die relevanten Sachnummern überprüft die View AG räumliche, organi‐
satorische und systemtechnische Voraussetzungen.
Räumliche Voraussetzungen: Die View AG stellt sicher, dass die beiden
Sachnummern auf dem Werksgelände unterzubringen sind.
Systemtechnische Voraussetzungen: Es muss über moderne IT sicherge‐
stellt sein, dass die Lieferanten den Restbestand im Konsignationsla‐
ger abrufen können.
3. Lieferanten informieren
Erste Gespräche Die Lieferanten für LCD‐Panels und LED‐Monitore werden darüber in
mit betroffenen Kenntnis gesetzt, dass die View AG zukünftig für diese Teile eine Lagerbe‐
Lieferanten auf- wirtschaftung über Konsignation anstrebt. Außerdem sind erste Abstim‐
nehmen mungsgespräche mit den Lieferanten zu vereinbaren. Die Zulieferer können
gezielt Fragen stellen. Zum Beispiel: „Wie gelangen wir an die Verbrauchs‐
meldungen?“ oder „Wodurch wird die Bezahlung gewährleistet?“.
4. Festlegung der Reichweiten pro Artikel
Reichweitenfenster Jetzt bestimmt die View AG die Reichweitenkorridore für Panels und Moni‐
definieren tore. Für jede Sachnummer werden eine minimale und eine maximale
Reichweite festgelegt. Die Unterschreitung einer minimalen Reichweite
(Unterbestand) könnte zum Versorgungsengpass führen. Die Überschrei‐
tung der maximalen Reichweite (Überbestand) würde eine unvertretbar
312
D.2
Instrumente zur Bestandsreduzierung
5. Definition des Anlieferrhythmus
Die View AG fixiert ihre Transportfrequenzen für LCD‐Panels und LED‐ Logistik spezifizie-
Monitore. Diese hängen von den Anliefer‐ und den Bedarfsvolumina ab. Es ren
folgt eine Analyse über die für einen Transport benötigten Fahrzeuge, unter
besonderer Berücksichtigung von Art und Größe der LKW.
6. Fixierung der Verpackung und der Transportkosten
7. Kosten‐Nutzen‐Analyse
Gemeinsam mit dem Controlling berechnet die Logistikleitung der View AG Wirtschaftlichkeit
die Wirtschaftlichkeit für eine Konsignationsabwicklung. Im Rahmen einer berechnen
Kosten‐Nutzen‐Analyse findet eine kalkulatorische Verrechnung von posi‐
tiven und negativen Effekten auf die Bilanz sowie die Gewinn‐ und Verlust‐
rechnung statt. Die positiven Effekte, welche insbesondere auf einer ver‐
minderten Kapitalbindung basieren, sind mit den negativen Auswirkungen
(wie der potenziellen Zahlung eines Aufgelds an den Lieferanten pro Sach‐
nummer) durch das Controlling zu verrechnen. Um die Wirtschaftlichkeit
einer Konsignation für das Unternehmen zu gewährleisten, dürfen die ad‐
dierten negativen Auswirkungen die positiven Effekte einer Vorratsminde‐
rung nicht (über‐) kompensieren.
8. Vertragsverhandlung sowie ‐unterzeichnung
Dann tritt die View AG mit ihren Lieferanten in konkrete Verhandlungen. Rahmenvertrag
Dazu zieht die Logistikleitung die verantwortlichen Einkäufer hinzu, die abschließen
vor Ort mit den Vertriebsmitarbeitern der View AG in Kontakt treten. Die
View AG stimmt sich bezüglich der Kapazitäten mit den beiden Anbietern ab
und unterbreitet ihr Angebot, das „nach zähen Verhandlungen“ von den
Lieferanten akzeptiert wird. Den Abschluss bildet die Unterzeichnung des
Konsignationsvertrags. Grundsätzlich behält der Rahmenvertrag seine
313
D
Instrumente des Supply Chain Managements
9. Kennzeichnung der Ware
Chargenrückver- Die Konsignationswaren sind auf ihrem Anhänger (Label) und im System
folgung sichern mit einem „K“, für Konsignation, zu kennzeichnen. Wenn die LCD‐Panels
und die LED‐Monitore zur Kommissionierung gepickt werden, fällt ihre
Identifikation somit leichter. Außerdem vereinfacht die Beschriftung eine
Rückverfolgung der Chargen.
10. Warenprüfung und Bezahlung
Payment On Eine Überprüfung der Konsignationsware wird direkt im Wareneingang der
Production View AG vorgenommen. Beanstandungen (wie Fehlmengen) sind den Liefe‐
ranten unverzüglich nach der Entdeckung eines Mangels zu melden. Die
Bezahlung zwischen den Partnern erfolgt durch POP (Payment On Produc‐
tion). Eine Gutschrift wird automatisch durch die View AG ausgelöst, wenn
die Flachbildschirme ihre letzte Fertigungsstufe durchlaufen haben und in
den Versand gelangen.
Potenzielle Stärken Im Ergebnis führt eine Konsignation zur Vereinfachung der Abstim‐
mungsprozesse zwischen den Partnern innerhalb der Lieferkette. Der
Konsignant liefert seine Waren innerhalb der definierten Reichweiten
direkt in das Konsignationslager. Neben einer Beruhigung seiner Be‐
schaffungs‐ und Produktionsabläufe (verbunden mit der Möglichkeit
zur Erzielung von Degressionseffekten), optimiert der Lieferant seine
Transportwege. Für den Kunden ergeben sich eine verminderte Kapital‐
bindung sowie die verbesserte Versorgungssicherheit. Zur Ausschöp‐
fung dieser Vorteile ist eine adäquate IT‐Plattform notwendig.
Gefahren von Eine Konsignation ist jedoch kein Allheilmittel im Supply Chain Ma‐
Konsignation nagement. Die Probleme von Konsignation liegen darin, dass in der
ausloten Wertschöpfungskette keine wirkliche Bestandsreduzierung insgesamt
stattfindet. Vielmehr wird eine Verlagerung der Vorräte von einem
Kunden (der View AG) zu einem Lieferanten vorgenommen. Außerdem
sind die Schwierigkeiten zwischen den Partnern nicht direkt aufzude‐
cken: Die Sicherheitsbestände werden erhöht, fehlerhafte Prozesse blei‐
ben aber weitgehend im Verborgenen, da der Kunde jederzeit „aus dem
Vollen“ schöpfen kann. Damit reduziert sich die Transparenz im Lager.
Treten Probleme auf, kann die Durchführung von Konsignation eine
doppelte Bevorratung von Materialien, beim Lieferanten selbst und im
Konsignationslager des Kunden, bedeuten. Dadurch ergibt sich quasi
314
D.2
Instrumente zur Bestandsreduzierung
Lieferanten‐Logistik‐Zentrum Beispielblock d.3
In die Produktion der „C‐Klasse“ von Daimler sind in Bremen circa
200 Lieferanten eingebunden. 120 dieser Anbieter liefern ihre Waren
an einen Dienstleister, der das LLZ weitgehend in Eigenregie be‐
treibt. Der 3PL ist in unmittelbarer Nähe des Werks angesiedelt. Dort
entlädt er täglich über 150 LKW. Rund um die Uhr bedient er den
Kunden in maximal zwei Stunden. Im Sinne eines Cost Sharings be‐
teiligen sich die Lieferanten an den Kosten der Lagerinfrastruktur, da
sie nicht länger eine eigene Bevorratung der betroffenen Sachnum‐
mern vornehmen müssen. Daimler greift nur dann ein, wenn der Lo‐
gistikdienstleister aufkommende Probleme nicht selbst lösen kann.
Dadurch werden die Disponenten von Daimler zum Teil deutlich ent‐
lastet (Reduzierung der Prozesskosten).
Analog zu obigem Beispiel erfolgt die Abwicklung über ein LLZ im
Motorenwerk von Daimler in Berlin (vgl. Miebach/Schlichting 2007, S.
138ff.). Die Miebach Logistik bewirtschaftet das Lager als 3PL. Das LLZ
befindet sich in unmittelbarer Nähe des Produktionsorts. Miebach
versorgt Daimler über drei verschiedene Ketten: Kurbelgehäuse und
Zylinderköpfe aus der eigenen Fertigung, Direktanlieferung großvo‐
lumiger Teile sowie Kaufteile. Die Artikelzustellung erfolgt über
mehrere Schleppzüge in einem Fahrerlosen‐Transport‐System.
315
D
Instrumente des Supply Chain Managements
Abbildung D.7 Konsignationsprozess
1
Steuerung der Materialbeschaffung
Abrufe
und der Produktion des Lieferanten
2 3 4 5
Meldung
6
Automatische Rechnungsstellung Ver‐
brauchs‐
Payment on Production (POP) meldung
Tier 1 Kunde
D.2.5 Bestandsfinanzierung
Logistik aus einer Die Bestandsfinanzierung ist ein der Konsignationsabwicklung nahe‐
Hand stehendes Instrument. Dieses Hilfsmittel ist dem Financial Supply Chain
Management (FSCM) zuzurechnen (vgl. Becker 2012). In der Unterneh‐
menspraxis setzt beispielsweise der Logistikdienstleister Simon Hegele
die Bestandsfinanzierung für den Reha‐Spezialisten Bischoff und Bischoff
ein. Das Unternehmen produziert in Karlsbad (bei Stuttgart) Rollstühle
und Rollatoren (vgl. o.V. 2011). In der Schweiz wird das Verfahren zwi‐
schen der Post und Procter & Gamble praktiziert.
Strategische Part- Der Ablauf einer Bestandsfinanzierung ist recht einfach. Zumeist finden
nerschaften sich vier Partner zusammen (vgl. Werner 2011b). Neben Lieferanten,
Kunden und Logistikdienstleistern sind häufig Finanzinvestoren (Ban‐
ken) an diesem Prinzip beteiligt. Abbildung D.8 visualisiert den Ablauf
einer Bestandsfinanzierung.
316
D.2
Instrumente zur Bestandsreduzierung
Es wird deutlich, dass der Prozess zur Bestandsfinanzierung nach Ar‐ Schritt für Schritt
beitsphasen untergliedert werden kann. Natürlich muss nicht zwingend zur Bestandsfinan-
die unten aufgezeigte Schrittfolge eingehalten werden. zierung
3. Jetzt verkauft der Logistikdienstleister diese Waren an den Kun‐ Abnahmegarantie
den weiter. Aus dem Rahmenvertrag geht eine Abnahmegarantie festlegen
hervor, die dem 3PL als Sicherheit dient (Risikominimierung).
6. Zur Zwischenfinanzierung der Bestände sind zumeist größere Gekauft wird jetzt,
Kapitalreserven erforderlich. Daher greift ein Logistikdienstleister bezahlt wird später
in den meisten Fällen auf die Finanzmittel eines Investors (häufig
einer Bank) zurück. Generell bietet sich eine Kooperation zwischen
Logistik‐ und Finanzdienstleister an, die beispielsweise in einem
Joint‐Venture münden kann. Außerdem übernimmt die Bank viel‐
fach das Ausfallrisiko.
317
D
Instrumente des Supply Chain Managements
Abbildung D.8 Ablauf der Bestandsfinanzierung
1 Rahmenvertrag
5 4
2 3
Lieferant 3 PL Kunde
Abnahmegarantie Abnahmegarantie
6 7
Finanzierung/Ausfallrisiko Verzinste Rückzahlung
Legende:
Bank
Materialfluss
Zahlungsfluss
Absicherung
3PL als Full Ser- Für den Logistikdienstleister ergibt sich aus der Bestandsfinanzierung
vice Provider die Möglichkeit zur Ausdehnung seines Aktivitätenportfolios, er stellt
sich breiter auf. Neben klassischen TUL‐Tätigkeiten (Transportieren,
Umschlagen, Lagern) nimmt er direkt Einfluss auf die Finanzströme des
Kunden. Der 3PL wird jetzt zum Full‐Service‐Provider, was in puncto
Kundenakquise ein gutes Vertriebsargument darstellt: Mit Logistik „aus
einer Hand“ erzielt der Kunde Bündelungseffekte (Economies of Scale).
Außerdem intensiviert der 3PL mit Hilfe der Bestandsfinanzierung seine
Kundenbindung. Erst einmal eingeführt, wird sich der Kunde eine Be‐
endigung dieser Zusammenarbeit sicherlich gut überlegen.
318
D.2
Instrumente zur Bestandsreduzierung
trollen. Mit der Auslagerung dieser Tätigkeiten auf den 3PL lassen sich
folglich auch die Verwaltungskosten des Kunden herunterfahren, denn
die Disponenten werden entweder nicht länger in ihrer Gesamtzahl
benötigt, oder sie sind für sonstige Aufgaben einzusetzen.
Die Lieferanten erhalten bei einer Bestandsfinanzierung ihr Geld vom Auch der Lieferant
3PL zumeist schneller, als dies bei institutionellen Kunden der Fall wäre. will sein Stück vom
Interessant ist sicherlich auch der „doppelte Boden“. Denn neben dem Kuchen abhaben
mit einem Kunden abgeschlossenen Rahmenvertrag existiert eine Ab‐
nahmeverpflichtung des Logistikdienstleisters.
Für den Finanzinvestor ist natürlich die Verzinsung aus dem zur Verfü‐ Neues Geschäfts-
gung gestellten Kapital von Interesse. Ebenso erhält eine Bank vielfach modell für Banken
Entschädigungszahlungen für die Absicherung möglicher Forderungs‐
ausfälle. Der 3PL ist schließlich ein dauerhafter und transparenter Part‐
ner. Verglichen mit sonstigen Kreditnehmern, sind die Abläufe des Lo‐
gistikdienstleisters für das Finanzinstitut besser nachzuvollziehen.
Die Bestandsfinanzierung ist ein modernes Verfahren, das als Unterform Fortführung des
einer Konsignationsabwicklung einzustufen ist. Wie auch bei der klassi‐ Konsignationsge-
schen Konsignation, wird der Eigentums‐ und Gefahrenübergang der dankens
Bestände vom Kunden auf einen vorgestuften Supply‐Chain‐Partner
ausgelagert: Der Kunde führt die betroffenen Vorräte nicht länger in
seiner eigenen Bilanz und entlastet sein Umlaufvermögen. Die Bestands‐
finanzierung greift diesen Gedanken konsequent auf und erweitert ihn
um einen Finanzierungsaspekt. Denn die Zahlungsströme spielen hier
eine gewichtige Rolle. Und so geht es bei der Bestandsfinanzierung nicht
nur um die Eigentumsrechte von Waren, sondern auch um ihre (Zwi‐
schen‐) Finanzierung sowie den Zeitpunkt ihrer Bezahlung.
Letzten Aspekt greift der Cash‐to‐Cash‐Cycle auf (vgl. S. 491). Mit Hilfe Auswirkungen auf
dieser Kennzahl werden die Finanzströme innerhalb der Supply Chain den Liquiditäts-
bewertet. Ein Cash‐to‐Cash‐Cycle wird in Tagen gemessen. Er definiert kreislauf
sich über die Zeitspanne Days Sales Outstanding (Debitorentage), plus
Days on Hand (Lagerreichweite), minus Days Payables Outstanding
(Kreditorentage). Je kleiner dieser KPI ist, desto besser. Im Idealfall sollte
der Cash‐to‐Cash‐Cycle sogar negativ sein, dann liegt ein besonders
günstiges Verhältnis zwischen Kapitalbedarf und Finanzierungskosten
vor. Mit der Bestandsfinanzierung wird ein direkter Einfluss auf diesen
Liquiditätskreiskreislauf ausgeübt, wobei die Effekte von den jeweiligen
Zahlungsmodalitäten innerhalb einer Lieferkette abhängen:
319
D
Instrumente des Supply Chain Managements
Finanzierungs- Es bleibt festzuhalten, dass die Bestandsfinanzierung ein gleichermaßen
komponente der modernes wie interessantes Betätigungsfeld für alle Akteure darstellt.
Supply Chain Die traditionelle Logistik wird somit zur echten Supply Chain, indem
Waren‐, Informations‐ und Sozialflüsse um gleichgewichtete Finanz‐
ströme ergänzt werden.
Es ist nicht alles Allerdings ist zu erwähnen, dass sich die einzelnen Akteure natürlich
Gold, was glänzt auch gewissen Risiken aussetzen. Sollte beispielsweise ein Kunde insol‐
vent werden, so bleibt ein 3PL zunächst auf seinen Beständen sitzen. Für
ihn ergeben sich mit der Suche neuer Abnehmer, erhöhter Kapitalbin‐
dung oder der Neuetikettierung von Waren nicht kalkulierte Kosten, die
durch eine Absenkung des Verkaufspreises begleitet sein können und
den Deckungsbeitrag schmälern. Schließlich wird der Kunde bei nach‐
lassender Konjunktur froh darüber sein, Bestände mit langen Reichwei‐
ten nicht in seinen Büchern führen zu müssen. Dies würde zur Ver‐
schlechterung der Lagerumschlagshäufigkeit (Turn Rate) führen und
könnte ungängige Bestände (Excess and Obsolete) heraufbeschwören.
Vor- und Nachteile Und natürlich möchte auch der Finanzinvestor an dem Geschäft ver‐
abklopfen dienen, was zur weiteren Absenkung der Gewinnmarge eines Logistik‐
dienstleisters beiträgt. Wie oben erwähnt, schmieden der 3PL und die
Bank daher häufig eine Kooperation. Denn dauerhaft verfügen zumin‐
dest mittelständische Logistikdienstleister schlichtweg nicht über den
320
D.2
Instrumente zur Bestandsreduzierung
notwendigen Kapitalstock, um eine Bestandsfinanzierung in Eigenregie
abzuwickeln.
D.2.6 Durchlaufzeitenanalyse
Die Durchlaufzeitenanalyse (Cycle Time Analysis) wird auch Fristzeiten‐ „Hey ho! Let’s go,
analyse genannt (vgl. Klevers 2015). Eine totale Durchlaufzeit (Total Cycle they’re forming in
Time) beschreibt den Zeitraum vom Auftragseingang bis zur Ausliefe‐ a straight line,
rung des Endprodukts. Arbeitspläne (vgl. Begriffsblock D.V) steuern they’re going
diesen Prozess. Im Mittelpunkt steht die Optimierung einer fertigungs‐ through a tight
wind…“
gerechten Bearbeitungsreihenfolge. In den Arbeitsplänen wird das
(the Ramones)
komplette Zeitgerüst – vom Starttermin bis zum Endtermin der Ferti‐
gung – in einzelne Abschnitte zerlegt. Mögliche Stellgrößen zur Beein‐
flussung einer totalen Durchlaufzeit sind die eigentliche Bearbeitungs‐
zeit an der Arbeitsstation, Lagerzeit, Transportzeit, Rüstzeit sowie Kon‐
troll‐ und Kühlzeit.
Die Durchlaufzeit eines Arbeitsgangs besteht aus der Maschinenbele‐ Inhalte der Durch-
gungszeit und der Übergangszeit. Eine Maschinenbelegungszeit ad‐ laufzeit
diert sich aus der eigentlichen Bearbeitungszeit an der Station sowie der
Rüstzeit. Transportzeit, Liegezeit (hervorgerufen durch Störung oder
Lagerung) und Kontrollzeit sind die wesentlichen Komponenten einer
Übergangszeit. Beispielsweise beträgt die tatsächliche Bearbeitungszeit
in der metallverarbeitenden Industrie nur 10% bis 20%. Die restliche Zeit
wird für Rüstvorgänge und diverse Übergänge benötigt.
Eine Reduzierung seiner Durchlaufzeit gelang dem Reifenhersteller Beispiel für das
Pirelli. Das Verfahren MIRS (Modular Integrated Robotized System) Pushen von Cycle
vereint die drei Komponenten Kunstfaser, Gummi und Stahl. In einer Times
vollautomatischen Anlage werden die Stückzahl und die Konsistenz der
Reifen nach Belieben variiert. Mit MIRS senkte Pirelli die Durchlaufzeit
in der Reifenproduktion von sechs Tagen auf 72 Minuten. Während
bislang 14 einzelne Prozessschritte in der Fertigung notwendig waren,
durchläuft bei MIRS die Reifenproduktion drei ineinander greifende
Stufen.
321
D
Instrumente des Supply Chain Managements
Begriffsblock D.V Arbeitsplan
Arbeitspläne geben an, welche Arbeitsgänge, mit welchen Maschinen (Bän‐
dern oder Straßen), in welcher Reihenfolge, in welcher Zeit und unter Ein‐
satz welcher Ressourcen durchzuführen sind. Sie sind die Basis einer Mate‐
rialbedarfs‐ und Materialbeschaffungsplanung. In Arbeitsplänen werden die
Prozessschritte strukturiert.
Prozess der Durch- Im Rahmen einer Durchlaufzeitenanalyse muss festgestellt werden, ob
laufzeitenanalyse sich diese auf sequentielle oder simultane Arbeitsabläufe bezieht.
Parallelplanungen (Simultanabwicklungen) sind zwar anspruchsvoller,
doch sie erbringen häufig Zeitvorteile. Grundsätzlich durchläuft eine
Analyse von Durchlaufzeiten folgende Arbeitsschritte:
1. Zunächst erfolgt die Abgrenzung des relevanten Untersuchungsbe‐
reichs. Dieser kann beispielsweise ein Montage‐ oder ein Ferti‐
gungsprozess sein. Anschließend ist dieser Gesamtprozess in ver‐
schiedene Arbeitsschritte zu zerlegen.
2. Für jeden Prozessschritt werden anschließend Start‐ und Endzeiten
fixiert. Nachdem diese Termine festgelegt wurden, sind die durch‐
schnittlichen Durchlaufzeiten pro Arbeitsschritt zu messen.
D.2.7 Rüstzeitenanalyse
Die Analyse von Rüstzeiten (Set Up Time) ist eine weitere Möglichkeit
Rüstmatrizen
zur Senkung der Unternehmensbestände. Rüstmatrizen unterstützen die
dienen zur Be-
schleunigung der Optimierung von Losgrößen, speziell in der Fertigung. Die Rüstkosten
Durchlaufzeit sind losfixe Kosten (auflagenfixe Kosten). Die Aufstellung einer Rüst‐
matrix unterliegt einer Auflagendegression: Auflagenfixe Gesamtkosten
verteilen sich auf die gesamte Ausbringungsmenge. Es gilt, dass bei
einer Steigerung des Ergebnisses pro Fertigungsstation und Sachnum‐
mer die auf eine Einheit bezogenen auflagenfixen Kosten sinken. Die
Fixkosten verteilen sich nämlich auf mehr produzierte Einheiten pro
Periode. Zur Reduzierung von Rüstzeiten vgl. das in Block d.4 skizzierte
Beispiel.
322
D.3
Instrumente zur Frachtkostenreduzierung
Reduzierung von Rüstzeiten Beispielblock d.4
Zur Verkürzung von Rüstzeiten dient der fliegende Wechsel von Druckplat‐
ten. Die Produzenten von Zeitungsdruckmaschinen stellen Geräte her, bei
denen die Druckplatten im Fertigungsprozess in einen, für kurze Zeit still
stehenden, Zylinder eingehängt werden. Gleichzeitig sind die übrigen Zy‐
linder auf Betriebsgeschwindigkeit zu fahren und die Papierbahnen zu akti‐
vieren. Gegenüber konventionellen Druckmaschinen senken sich hier die
Rüstzeiten bis um das Dreifache.
323
D
Instrumente des Supply Chain Managements
Bestandskosten vs. Ein Beispiel unterstreicht diesen Kontext. Die Frachtkosten sinken po‐
Frachtkosten tenziell durch das Herunterfahren der Anlieferfrequenzen pro Periode.
Als Restriktion gilt, dass keine Kapazitätsengpässe vorliegen. Ein Auto‐
bauer wird bislang fünfmal wöchentlich Ab‐Werk mit jeweils 1.000 Bat‐
terien beliefert. Der Autokonzern zahlt folglich die Frachtkosten. Zur
Senkung der Frachtkosten beschließt das Unternehmen eine Belieferung
einmal die Woche (jeden Montag) mit 5.000 Batterien. Aus der Sicht des
Autoherstellers wird die eine Seite des Buchstaben „U“ (Frachtkosten)
herunter gedrückt. Gleichzeitig steigen die Beständekosten: Die andere
Seite des Buchstaben „U“ wird hoch gedrückt, weil sich die Lagerbe‐
stände an Batterien erhöhen. Wenn täglich im Durchschnitt 1.000 Batte‐
rien verbaut werden, befinden sich beispielsweise am Dienstag noch
4.000 Batterien auf Lager, die Kapital binden. Benötigt werden am
Dienstag aber lediglich 1.000 Batterien.
Abbildung D.9 U‐Problematik zwischen Frachtkosten und Beständekosten
Fracht‐ Bestands‐
kosten kosten
Risikoscheues Ein „Security Fan“ wählt die Kombination von hohen Beständekosten
Verhalten und niedrigen Frachtkosten. Das Unternehmen ist risikoscheu und geht
auf die sichere Seite. Es werden hohe Lagerbestände – verbunden mit
einer geringen Umschlagshäufigkeit – akzeptiert. Die Frachtkosten des
324
D.3
Instrumente zur Frachtkostenreduzierung
„Security Fans“ sind gering, da (auf Grund der hohen Vorräte) kaum
Sonderfahrten anfallen.
Das Pendant des Security Fans ist der „JiT‐Lover“. Dieser nimmt ein Bestände im
hohes Risiko in Kauf. Die Kapitalbindungskosten der Bestände sind Griff!
niedrig. Wenn die Just‐in‐Time‐Belieferung nicht greift, findet ein Trou‐
ble Shooting statt, das viel Geld verschlingt. Bei Nichtanlieferung droht
im Extremfall eine Stock‐out‐Situation. Die Frachtkosten explodieren,
wenn eine Versorgung durch Sonderflüge notwendig ist.
Die restlichen zwei Felder des Portfolios stehen für „Best Practice“ und Stages-of-
„Loser“. Eine Organisation ist „Best Practice“, wenn sie eine simultane Excellence
Kombination aus niedrigen Frachtkosten und niedrigen Beständekosten
erreicht. Sie beherrscht die Gratwanderung zwischen den Extrempositi‐
onen „Security Fan“ und „JiT‐Lover“. Ihr gelingt eine Beruhigung der
logistischen Prozesse, ohne in Lethargie zu verfallen. Ständig sind die
Parameter zur Optimierung der Supply Chain (Reichweiten, Rüstzeiten,
Liefertreue) zu überwachen, um Fracht‐ und Beständekosten insgesamt
zu senken. Eine Best‐Practice‐Situation wird möglicherweise durch die
Errichtung eines Konsignationslagers erreicht.
Für den „Loser“ gilt der Worst Case: Es fallen sowohl hohe Frachtkosten “I’m a Loser
als auch hohe Bestandskosten an. In diesem Fall gelingt es trotz erhöhter Baby, so why
Sicherheitsvorräte (mit ausgeprägter Kapitalbindung) nicht, explodie‐ don’t you Kill
rende Frachtkosten zu vermeiden, die einen negativen EBIT‐Effekt be‐ me…?“
wirken. (Beck)
Wichtige Komponenten beim Abschluss von Rahmenverträgen zwi‐ Wer zahlt die
schen Lieferanten und Kunden sind die Frachtkonditionen. Es existie‐ Frachtkosten?
ren mehrere grundlegende Möglichkeiten zu ihrer Festlegung, sie wer‐
den als Incoterms bezeichnet. Dazu zählen:
Andererseits trägt der Kunde die Frachtkosten selbst, er wird somit
Ab‐Werk (Ex‐Works) versorgt.
325
D
Instrumente des Supply Chain Managements
Kunden ab. Bei der Beschreibung des Target Costings (vgl. S. 468) wird
dieses Phänomen näher erläutert.
Abbildung D.10 Frachtkosten‐Beständekosten‐Portfolio (FREDI)
Hoch
Bestände Security Fan Loser
Niedrig
Best Practice JiT‐Lover
Niedrig Hoch
FREDI
Frachtkosten
326
D.3
Instrumente zur Frachtkostenreduzierung
Konzentration auf eine reduzierte Anzahl von A‐Spediteuren (Polari‐
sierung der Warenströme), verbunden mit der Möglichkeit, vermin‐
derte Einstandspreise auszuhandeln.
Rückverfolg‐ und Rückbelastbarkeit von Sonderfahrten (Cost‐Charge‐
Back).
327
D
Instrumente des Supply Chain Managements
328
D.3
Instrumente zur Frachtkostenreduzierung
und gleichzeitig sammelt er die leeren Flaschen ein. Dieses Prinzip wird
von Industrie und Handel übernommen. Die Durchführung von Milk
Run gewährleistet zumeist ein 3PL als „Milchjunge“.
Für einen Milk Run wird zunächst eine Route festgelegt. Die Strecke „I think about the
bezieht sich häufig auf mehrere Standorte einer Organisation. Die Philo‐ loveless fascina-
sophie Milk Run kann auch die Werke verschiedener Partner (sowohl tion, under the
branchengleich als auch branchenübergreifend) umfassen. Dann sind Milky Way to-
die Anliefer‐ und die Abholzeiten pro Stelle zu fixieren. Schließlich wer‐ night…“
den die Anliefer‐ und Abholmengen sowie die einzusetzenden Verpa‐ (the Church)
ckungen pro Standort definiert. Eine spezielle Anlage für den Waren‐
umschlag (Transshipment‐Point) wird in der Regel nicht eingerichtet.
Ein „Milchjunge“ bringt volle Flaschen und nimmt gleichzeitig leere So funktioniert Milk
Flaschen mit. Ähnlich wird das Prinzip in Industrie und Handel genutzt. Run!
Der Transporteur holt die gefüllten Ladungsträger von den Quellen, den
produzierenden Einheiten. Im Umlauf befinden sich zumeist standardi‐
sierte Mehrwegverpackungen. Zum Beispiel fährt ein Transporteur acht
Quellen an. Er lädt an der Quelle eins fünf Europaletten Schrauben auf
seinen Jumbo‐LKW. Auf einer Palette befinden sich 36 KLT (Kleinla‐
dungsträger) mit jeweils 1.000 Schrauben Inhalt. Die fünf Paletten sind
der Ladefläche des Fahrzeugs fest zugeteilt. Der Spediteur fährt die
weiteren Werke an. Die vollen Ladungsträger bringt er zu den definier‐
ten Senken. Dort liefert er die vollen Behälter ab und nimmt die leeren
Verpackungen mit. Die leeren Behälter bringt er zur produzierenden
Quelle, welche mit dem Wiederauffüllen der Verpackungseinheiten
beginnt. Jetzt ist der Kreislauf geschlossen (Closed‐Loop).
In der Industrie wird Milk Run vor allem für B‐ und C‐Teile eingesetzt. Konsequente Rou-
Speditionen erzielen durch das Verfahren eine Optimierung ihrer tenoptimierung
Transportkosten. Zur Ermittlung der Verbesserungspotenziale eignen initiieren
sich die Transport‐ und die Zuordnungsverfahren des Operations Rese‐
arch. Den Effekt der Kostensenkung kann der Transporteur an seine
Kunden gegebenenfalls weitergeben.
Unter einer logistischen Letzten Meile wird der finale Abschnitt der Diese verflixte
Warendistribution verstanden: Die Zustellung von Lieferungen zum Letzte Meile…
Kunden (vgl. Brabänder 2020; Keiman 2013; Schmoll 2019). Von besonde‐
rer Relevanz zur Überwindung der Letzten Meile auf dem Weg zu den
329
D
Instrumente des Supply Chain Managements
Empfängern sind Kurier‐, Express‐ und Paketdienste (KEP). Diese ser‐
viceorientierten Logistikdienstleister wurden zunächst vorrangig von
Privatpersonen sowie kleineren und mittelgroßen Unternehmen ge‐
nutzt. Doch mittlerweile decken sie mit ihrem Angebot die komplette
Transportbranche ab. Kurier‐, Express‐ und Paketdienste unterscheiden
sich durch ihren Service.
„Geld nennt man Die Kosten auf der Letzten Meile sind extrem hoch: Sie betragen zwi‐
heute Knete, weil schen 50% bis 65% der Gesamtkosten einer Warenauslieferung (vgl.
man damit jeden Schmoll 2019, S. 3). Weil davon auszugehen ist, dass sich die Anzahl
weich bekommt.“ privater Paketzustellungen in der nächsten Dekade signifikant erhöhen
(G. Uhlenbruck) wird, steigt die wirtschaftliche Relevanz der Letzten Meile spürbar. Die
Menschen zieht es in die Stadt. Daher müssen KEP, aufgrund zuneh‐
mender Urbanisierung, clevere Lösungen für einen sich verschärfenden
Mangel an Lager‐ und Ladefläche finden. Weitere aktuelle Probleme
von Kurier‐, Express‐ und Paketdienstleistern sind die häufig schlechte
Erreichbarkeit von Kunden und deren Einforderung möglichst kostenlo‐
ser Lieferungen im B2C‐Sektor.
330
D.3
Instrumente zur Frachtkostenreduzierung
Die Logistikdienstleister sind zunehmend mit Verkehrsregularien in Jeder hat was zu
den Städten konfrontiert. Vorgaben für CO2‐Emmissionen, strenge meckern: Das
Lärmvorschriften, geregelte Einfahrzeiten in die Innenstadt oder ver‐ schwere Geschäft
schärfte Parkvorschriften erschweren die tägliche Arbeit der Kurier‐, der KEP
Express‐ und Paketdienstleister. So wehren sich immer mehr Städte
gegen das Parken in der zweiten Reihe oder auf Fahrradwegen. Eine
weitere Besonderheit ist das nur begrenzte Zeitfenster bei heutigen Wa‐
renzustellungen: Eine nächtliche persönliche Entgegennahme von Pake‐
ten durch den Adressaten ist nicht vorgesehen. Zudem werden die For‐
derungen des öffentlichen Sektors zur Entlastung der Innenstädte lauter.
KEP müssen darauf organisatorisch reagieren. Sendungskonsolidierun‐
gen werden die Folge sein, welche die Logistikdienstleister, vermutlich
auch in Kooperation mit Konkurrenzunternehmen, realisieren.
Außerdem werden Kurier‐, Express‐ und Paketdienstleister einen zu‐ Tracking-Apps
sätzlichen Service anbieten müssen. Es ist ein schwieriger Spagat, auf erleichtern eine
der einen Seite wettbewerbsfähig zu bleiben, auf der anderen Seite aber Zustellung im
zugleich die steigenden Kundenanforderungen zu erfüllen. Die Kunden Erstversuch
möchten günstig, flexibel und zuverlässig bedient werden. Daher setzen
KEP immer häufiger digitale Lösungen ein. Auf Basis von Sensorik ent‐
wickeln sie Tracking‐Apps. Mit deren Hilfe können die Dienstleister
und die Empfänger auf der Letzten Meile im Idealfall wechselseitig ihre
Positionen sehen. Als Hardware dienen mobile Lösungen, wie Smart‐
phone, Smartwatch oder Tablet. In der cleveren Logistik können Dienst‐
leister und Kunden den optimalen Ort (z. B. eine Warenzustellung bei
einem Nachbarn) und die gewünschte Zeit für eine Paketübergabe ver‐
einbaren. Für beide Seiten ist es erstrebenswert, wenn die Sendung
gleich beim ersten Versuch erfolgreich übergeben werden kann. Ein
ehernes und wichtiges Ziel: werden doch im B2C‐Bereich aktuell gerade
einmal nur zwischen 50% und 65% der Lieferungen im Erstversuch
zugestellt (vgl. Schmoll 2019, S.14)
331
D
Instrumente des Supply Chain Managements
Tracking and Die Digitalisierung hat die Supply Chain merklich umgekrempelt. Mo‐
Tracing in Echtzeit derne Sendungsverfolgungssysteme erlauben es bereits heute, den
aktuellen Aufenthaltsort einer Warensendung jederzeit zu ermitteln.
Dazu werden unterschiedliche Sensoren eingesetzt. Ein maschinell les‐
barer Code einer Warensendung ist mit Orts‐, Zeit‐ und Auftragsdaten
der Lieferung ständig verknüpft. Der Kunde erhält auf diese Weise eine
elektronische Nachricht über den voraussichtlichen Zeitpunkt einer
Zustellung.
332
D.3
Instrumente zur Frachtkostenreduzierung
Auf Grund der beschriebenen Schwierigkeiten, mit denen Kurier‐, Ex‐ Auf der Letzten
press‐ und Paketdienste zu kämpfen haben, sind intelligente Lösungen Meile ist Kreativi-
gefragt, um die Letzte Meile in den Griff zu bekommen. Derzeit befin‐ tät gefragt
den sich mehrere moderne Techniken in ihrer Erprobung, teilweise
wurden sie auch schon umgesetzt. Dazu zählen Zustelldrohnen, Lasten‐
räder, Autonome Zustellroboter, Boxensysteme und Kofferraumlösun‐
gen (vgl. Abbildung D.11)
Moderne Zustellmethoden auf der Letzten Meile Abbildung D.11
Methoden der
Letzten Meile
Boxensystem Kofferraum
Zu den unbemannten Luftfahrzeugen zählt die Zustelldrohne. Eine Heilsbringer oder
Drohne ist in ihrem Einsatz hochgradig flexibel. Sie kann in der Stadt Beelzebub: Die
zum Beispiel auf einem Balkon landen. Lassen sich Fenster auf Kom‐ Drohne
mando elektronisch öffnen, landen Drohnen direkt in der Wohnung.
Allerdings ist die Nutzung von Zustelldrohnen umstritten. Von ihnen
geht eine Gefahr für den Luftverkehr und für die Menschen am Boden
aus. Daher sind die juristischen Hürden ihres Einsatzes sehr hoch. Au‐
ßerdem ist die Nutzlast von Drohen in der Regel auf fünf Kilogramm
begrenzt. Drohnen benötigten eine Landefläche von zwei Quadratme‐
tern, was in den engen Innenstädten problematisch sein kann.
In einer ländlichen Region in der Nähe von Cambridge hat Amazon ein Amazon: Mal
Drohnentestzentrum errichtet. Im Jahr 2019 erfolgte die erste Versuchs‐ wieder Pionier
333
D
Instrumente des Supply Chain Managements
lieferung mit einer Drohne. Eine Tüte Popcorn wurde in einen engli‐
schen Vorgarten von der Zustelldrohne abgesetzt. Von der Bestellung
bis zur Lieferung vergingen lediglich 13 Minuten. Amazon verspricht
sich von diesem Testbetrieb ein aufschlussreiches Kundenfeedback und
valide Flugdaten, die zur Weiterentwicklung der Drohnentechnik bei‐
tragen (vgl. Völkert 2019, o. S.).
Zustellroboter: Der In der schlauen Paketverteilung können autonome Zustellroboter ein‐
kleine, smarte gesetzt werden. Die Roboter sind kleine Liefermobile, die auf der Letz‐
Helfer ten Meile einen elektronischen Lieferauftrag erhalten. Sie legen die Stre‐
cke zum Empfänger selbststeuernd auf öffentlichen Gehwegen zurück.
Erste Zustellroboter sind bereits auf dem Markt. Das Zustellverfahren ist
zweistufig: Zunächst bringt der Bote ein Paket zu einer Sammelstelle für
Paketroboter. Nachdem der Kunde über den Erhalt der Ware im Depot
informiert wurde, beauftragt er mit einer App den Roboter damit, ihm
die Ware zuzustellen.
334
D.3
Instrumente zur Frachtkostenreduzierung
Für Kurier‐, Express‐ und Paketdienstleister sind Boxensysteme allein Und ab geht die
schon deshalb interessant, weil bei einer klassischen Haustürzustellung Post…!
häufig nur ein Paket pro Stopp abgegeben wird. Beim Einsatz von Bo‐
xensystemen hingegen können die Paketlieferungen zunächst gesam‐
melt und später gebündelt an die Packstation ausgefahren werden. In
Mehrfamilienhäusern lassen sich zudem briefkastenähnliche Boxen für
eine gemeinschaftliche Nutzung einbauen. Diese werden mit einem
Chip geöffnet. Diesen Chip codiert ein Bote, dann wirft er ihn in den
Briefkasten des Empfängers einer Warensendung.
Bei einer Kofferraumzustellung muss der Paketdienstleister den aktuel‐ „Connect Easy
len Aufenthaltsort eines Autos kennen, was durch die Nutzung von Delivery“ als
Navigationsdaten technisch möglich ist. Der Paketfahrer kann das Auto Zauberformel
selber öffnen und die Warensendung im Kofferraum des Autos depo‐
nieren. Der Zustellfahrer erhält dazu eine digitale Zugangsberechtigung
zum Kofferraum des Kundenfahrzeugs. Sie gilt einmalig für einen fest‐
gelegten Zeitraum und erlischt, sobald der Zusteller den Kofferraum
wieder schließt. Nachdem das Paket eingelegt und der Kofferraum
durch den Zusteller geschlossen wurde, ist dieser automatisch verrie‐
gelt. Audi, DHL und Amazon arbeiten gerade gemeinsam im Großraum
München an einer sicheren Kofferraumlösung.
Allerdings ist die Kofferraumzustellung datenschutzrechtlich problema‐ Nicht jeder mag
tisch. Auch lehnen viele Empfänger diese Zustellmethode schlichtweg sie: die Koffer-
ab. Allein schon weil der Gefahrenübergang der Sendung kaum zu be‐ raumzustellung
weisen ist. Schließlich gestaltet sich eine sinnvolle Routenplanung
schwierig, wenn das Auto in Bewegung gesetzt wird und seine Position
verändert.
D.3.5 Hub-and-Spoke-System
335
D
Instrumente des Supply Chain Managements
te Fläche verteilt, dies sind die Speichen. Im Zentrum des logistischen
Systems befindet sich die Nabe, der Hub. Das Prinzip stellt also eine
sternenförmige Anordnung von Transportwegen in alle Himmelsrich‐
tungen dar (Sterntopologie). Die Basis des Systems ist die Nabe, der
Zentralknoten.
„Für den Straßen- Ein Hub‐and‐Spoke‐System ist ein spezielles Verkehrsnetz, das einen
belag sind alle zentralen Umschlagspunkt besitzt. Es kann grundsätzlich für alle logis‐
Menschen Drauf- tischen Verkehrsoptimierungen eingesetzt werden: So beispielsweise im
gänger.“ Straßengüterbereich, wenn es um die Planung von Kurier‐, Express‐ und
(E. H. Bellermann) Paketfahrten geht. Aber auch der Luftverkehr und der Seeverkehr wer‐
den häufig über Hub‐and‐Spoke abgewickelt. Gleiches gilt für den Ei‐
senbahnpersonen‐ und den Schienengüterverkehr.
Alle Depots steuern Bezogen auf den Straßengüterverkehr, werden in einem Hub‐and‐
täglich den zentra- Spoke‐System die Lieferungen in den Depots gesammelt und zu einem
len Hub an bestimmten Zeitpunkt in den Hub geliefert. In den Stoßzeiten treffen
hier also Lieferungen mehrerer Depots ein. Diese werden im Hub nach
ihrem Zielgebiet sortiert und auf denjenigen LKW verladen, der auf
seiner Rückfahrt ein entsprechendes Depot anfährt. Alle Depots steuern
also immer nur auf ein Ziel zu: Den zentralen Hub.
Arten von Hub- Es existieren mehrere Ausprägungen von Hub‐and‐Spoke‐Systemen.
and-Spoke So können die Zuordnungen einfach oder mehrfach vorliegen. Nach
ihrer Funktion unterschieden, findet eine Differenzierung in Sanduhren‐
Hubs und Hinterland‐Hubs statt (vgl. Janz 2011, S. 3; Rasch 2017, o. S).
Simpelste Ausprä- Einfachzuordnungen im Netzwerk (Single Allocation): Jede Quelle
gungsmöglichkeit (als Ausgangspunkt der Sendung) und jede Senke (der Empfangsort
einer Sendung) hat genau eine Verbindung zu einem zentralen Hub.
Zum Beispiel verfügt eine Fluggesellschaft nur über genau einen Hub
an einem Flughafen.
336
D.3
Instrumente zur Frachtkostenreduzierung
Hub verdichten sich die Güterströme wie in einer Sanduhr. In der
Flugbranche werden auf diese Weise bevorzugt Langstreckenflüge
abgewickelt. Beispielsweise werden auf dem Flughafen in Kopenha‐
gen die Flüge aus Skandinavien und den Baltischen Staaten gebün‐
delt und die Passagiere aus diesem Hub an unterschiedliche europäi‐
sche Destinationen weitergeleitet.
Sanduhren‐Hub und Hinterland‐Hub Abbildung D.12
Hub Hub
Sanduhren‐Hub Hinterland‐Hub
337
D
Instrumente des Supply Chain Managements
338
D.3
Instrumente zur Frachtkostenreduzierung
Wird ein Hub‐and‐Spoke‐System im Luftfrachtverkehr genutzt, treffen Cargo Freight mit
nachts Flugzeuge in dem Hub ein. Sie fliegen diesen Zentralpunkt aus Hub-and-Spoke
ihren Enddepots an. Die Flugzeuge führen Fracht für weitere Destinati‐
onen des Systems mit sich. Im Hub wird die Fracht aufgebrochen und
mit Hilfe hochautomatisierter Anlagen rasch und kostengünstig umsor‐
tiert. Dann werden die Sendungen an die unterschiedlichen Zieldepots
zurückgeflogen. Bis zum nächsten Morgen erreichen auf diese Weise die
Frachtsendungen ihren Zielort. Das Frachtaufkommen wird also räum‐
lich gebündelt.
Das Prinzip wurde anschließend auf die Neuausrichtung von Passagier‐ Dichteeffekte im
flügen übertragen (vgl. Stopka 2019, o. S.). Luftverkehrsgesellschaften Flugverkehr
gingen dazu über, Drehkreuze zur Bündelung ihrer Passagierströme
einzurichten. Über einen zentralen Umschlagsknoten im Luftverkehrs‐
netz sind heute viele Abflug‐ und Zielorte miteinander verknüpft.
Dadurch reduziert sich die Anzahl der Flugverbindungen. Es kommt zu
einer Verdichtung der Verkehrsströme (Economies of Density): Die
Maschinen sind besser mit Fluggästen ausgelastet.
Die Idee ist besonders charmant, wenn Großraumflugzeuge eingesetzt Fluggesellschaften
werden. Dann sind die Kosten pro Sitzplatz deutlich geringer, weil sich profitieren oft von
der Sitzladefaktor verbessert. Zudem ist eine verstärkte Bedienfrequenz Hub-and-Spoke
von Flugstrecken möglich, die für Passagiere besonders attraktiv sind.
Auch werden die Bodeneinrichtungen an den Flughäfen besser ausge‐
lastet. Schließlich reduzieren sich teure Bodenstandzeiten von Flugzeu‐
gen. Im europäischen und im asiatischen Raum wird mit diesem Ansatz
eine bessere Auslastung bei Interkontinentalflügen großer Fluggesell‐
schaften erreicht. Jetzt können auch Passagiere aus neuen, vielfach aus‐
ländischen Märkten den eigenen Kundenkreis erweitern.
339
D
Instrumente des Supply Chain Managements
Berechnung von Bei der Kalkulation notwendiger Verbindungen in einem Point‐to‐
Direktverbindun- Point‐System kann die Berechnungsformel n*(n‐1) herangezogen wer‐
gen den. Um beispielsweise 6 Flughäfen miteinander zu verbinden, werden
also 30 Flüge benötigt: 6*(6‐1) = 30. Diese 30 Flüge bedeuten eine Bele‐
gung von 15 Flugstrecken, da jeweils Hinflug und Rückflug anfallen.
Abbildung D.13 zeigt diesen Zusammenhang in übersichtlicher Weise
auf (vgl. Rasch 2017, o. S.).
Kalkulation von In einem Hub‐and‐Spoke‐System wird über die Formel 2*(n‐1) die
Flügen und Flug- Anzahl der notwendigen Flüge berechnet, um „n“ Flughäfen miteinan‐
verbindungen der zu verbinden. Die Anzahl der möglichen Verbindungen wird über
die Formel n*(n‐1) kalkuliert. Bei der Verbindung von 6 Städten über
einen zentralen Hub (Flughafen) werden lediglich 12 Flüge (also 6 Stre‐
cken) benötigt: 2*(7‐1) = 12, bei n = 7. Die Anzahl der denkbaren Verbin‐
dungen beträgt 42: 7*(7‐1) = 42, also 21 mögliche Hinflug‐ und Rück‐
flugverbindungen (vgl. Abbildung D.13).
Es entstehen viele Es wird deutlich, dass schon die relativ geringe Erweiterung zusätzli‐
neue Möglichkei- cher Flughafenanschlüsse einen riesigen Zuwachs an möglichen Flug‐
ten… verbindungen bedeutet. Werden fünf Flughäfen mit einem Hub ver‐
bunden (n = 6), ergeben sich 10 Flugmöglichkeiten (5 Strecken) bei 30
denkbaren Verbindungen: 2*(6‐1) = 10 und 6*(6‐1) = 30. Werden 10 Flug‐
häfen mit einem Hub verbunden (n = 11), steigen die Anzahl denkbarer
Flüge 2*(11‐1) = 20 und die Anzahl möglicher Verbindungen 11*(11‐1) =
110 rasant an (vgl. Rasch 2017, o. S.).
…die Lösungen Die Planung von Hub‐and‐Spoke‐Systemen ist somit recht komplex. In
können aber ziem- der Flugbranche müssen in einem Hub die eingehenden und die ausge‐
lich kniffelig sein henden Flüge gut aufeinander abgestimmt werden, um lange Wartezei‐
ten von Fracht oder Passagieren zu vermeiden. Besonders kniffelig ist
die Integration von Anschlussflügen bei gleichzeitiger Reduzierung der
Umsteigezeiten. Werden diese Übergangszeiten knapp kalkuliert (eine
Vorgehensweise, die Kunden wohl grundsätzlich schätzen werden),
340
D.4
Instrumente zur Informationsgewinnung
Point‐to‐Point versus Hub‐and‐Spoke Abbildung D.13
Hub
Point‐to‐Point Hub‐and‐Spoke
341
D
Instrumente des Supply Chain Managements
Tier-1-Lieferanten Lieferanten: Ein Ziel des Supply Chain Managements ist die Verzah‐
identifizieren nung von Prozessen des eigenen Unternehmens mit den Aktivitäten
von Lieferanten. Den Anbietern wird vielfach mehr Verantwortung
übertragen. Zur Identifizierung eines geeigneten Partners müssen
möglichst viele Informationen über den Lieferanten eingeholt wer‐
den. Beispielsweise interessieren dessen Lieferservicegrad oder Ent‐
wicklungspotenzial.
Dekomposition Interne Supply Chain: Eine interne Supply Chain wird in Haupt‐
interner Prozesse und Nebenprozesse sowie Aktivitäten zerlegt, um Problembereiche
zu identifizieren. Dazu sind möglichst viele Informationen über di‐
rekte und indirekte Funktionen zu gewinnen.
D.4.1 Benchmarking
Unterschiede Die Wurzeln des Benchmarkings (vgl. Camp 2006; Kairies 2013; Mertens
bewusst in den 2009; Watson 2007; Wendler 2020; Winter 2007) liegen im Betriebsver‐
Hintergrund ver- gleich. Seit Ende der 1920er Jahre werden bereits interne (einbetriebli‐
bannen che) oder externe (mehrbetriebliche) Vergleiche durchgeführt. Die mate‐
rielle und die formelle Vergleichbarkeit der Daten sind unabdingbare
Voraussetzungen für einen Betriebsvergleich. Danach macht es bei‐
spielsweise wenig Sinn, zwei Fachmärkte mit einer Verkaufsfläche ei‐
nerseits von 300 qm und andererseits von 5.000 qm zu vergleichen. Die
Objekte sind schlichtweg zu verschieden. An diesen Punkt knüpft das
Benchmarking an: Können die beiden Fachmärkte wirklich nicht vergli‐
chen werden, nur weil sie eine unterschiedliche Verkaufsfläche haben?
Benchmarking lässt diese Differenzen zu und schiebt sie bewusst in den
342
D.4
Instrumente zur Informationsgewinnung
entweder innerhalb eines Unternehmens (internes Benchmarking) oder
mit branchengleichen, führenden Konkurrenten (wettbewerbsfokussier‐
tes Benchmarking) oder
verglichen und bewertet werden (vgl. Abbildung D.14). Der Begriff Begriffsklärung
stammt aus der Topographie (Landesvermessung). Ein Benchmark ist
ein Bezugspunkt oder eine Messeinheit für Vergleiche. Das Leistungsni‐
veau gibt einen Richtwert vor, der als Zielgröße zu verstehen und mög‐
lichst einzunehmen ist.
343
D
Instrumente des Supply Chain Managements
umfasst (z. B. die Höhe der Gehälter von Mitarbeitern in verschiede‐
nen Werken). Schließlich bilden sich Widerstände der Belegschaft ge‐
gen interne Vergleiche. Denn es befürchten die Mitarbeiter in den
Worst‐in‐Class‐Standorten „Bestrafungen“ für ihre Defizite, die bis
zum Stellenabbau reichen können.
Das wirklich Neue Funktionales Benchmarking: Das Neue an Benchmarking ist der
Vergleich über die Branchengrenzen hinweg. Diesen Weg ging Xerox.
an Benchmarking!
Die Organisation verglich ihre Kommissionierung mit der eines ame‐
rikanischen Versandhändlers für exklusive Outdoor‐Waren (L. L. Be‐
an). Die Geheimhaltungssphäre musste bei diesen beiden branchen‐
verschiedenen Partnern nicht gewahrt werden. Manchmal findet sich
zudem eine Trennung zwischen funktionalem und prozessorientier‐
tem Benchmarking. Dieser Sichtweise folgt die vorliegende Schrift
nicht. Hier wird vielmehr der Begriff „funktional“ weit auslegt. Er
bezieht sich nicht nur auf Funktionen im engen Sinn, sondern um‐
fasst gleichsam Prozesse.
Abbildung D.14 Arten des Benchmarkings
344
D.4
Instrumente zur Informationsgewinnung
Der Vergleich im Rahmen des Benchmarkings konzentriert sich auf Best Practice und
Akteure, die Best‐in‐Class sind. Ein Benchmarking erstreckt sich nicht Exzellenzschritte
über sämtliche Aktivitäten der Supply Chain gleichermaßen. Vielmehr
sind dafür einzelne Prozesse zu selektieren. Um in eine Best‐Practice‐
Situation zu gelangen, werden die Stages‐of‐Excellence durchschritten.
Block d.5 zeigt die möglichen Ergebnisse von Benchmarking anhand
zweier Beispiele auf.
Benchmarking Beispielblock d.5
Die Consulting‐Gesellschaft Hoffmann & Zachau aus München besuchte – Benchmarking in
im Auftrag deutscher Industriekunden – sieben Prozessführer des Supp‐ der Supply Chain
ly Chain Managements. Unter diesen Organisationen befand sich Hew‐
lett‐Packard an ihrem Standort in Herrenberg bei Stuttgart. Die Mitarbei‐
ter von Hoffmann und Zachau erfuhren, dass Hewlett‐Packard insbesonde‐
re die Produktion von Leiterplatten, das Lagermanagement sowie den
Versand als defizitär identifizierten. Die Maßnahmen zur Verbesserung
bündelte Hewlett‐Packard in dem neuen Werk in Herrenberg. Die Ferti‐
gung an diesem Standort richtet sich streng nach dem Prinzip Built‐to‐
Order aus: Eine Konfiguration der Produkte erfolgt erst nach Eingang
des Kundenauftrags. Außerdem werden 95% des Auftragsvolumens
innerhalb von 48 Stunden direkt zugestellt. Sämtliche bisher betriebenen
Zwischenlager konnten dadurch aufgelöst werden. Zusätzlich kon‐
zentriert sich Hewlett‐Packard auf sein Kerngeschäft. Die gesamte Lager‐
haltung, sowie Teile der Fertigung und des Versands, wurden in diesem
Zuge fremd vergeben. Einige Systemlieferanten siedelten sich in unmit‐
telbarer Nähe von Herrenberg an. Mit Hilfe dieser prozessorganisatori‐
schen Neuausrichtung reduzierte Hewlett‐Packard seine Durchlaufzeiten
von 60 Tagen auf 6 Tage. Außerdem wurde der Lieferservicegrad um
über 50% verbessert (vgl. Werner 2013bc, S. 13).
345
D
Instrumente des Supply Chain Managements
Vom „Wo“ zum - Durch Benchmarking wird nicht lediglich das Wo aufgezeigt
(Kennzahlenvergleich), sondern vor allem das Wie. Unterneh‐
„Wie“
men bekommen konkrete Hinweise, wie sie in eine gewünschte
Position gelangen. Der Weg zur Verbesserung wird somit deut‐
lich (Stages‐of‐Excellence).
Grenzen Doch ein Benchmarking kennt auch etliche Schwächen. Diese werden
im Folgenden charakterisiert.
„Mit einer Aus- - Ein Problem des Benchmarkings ist die Partnersuche. In den
zeichnung beginnt Vergleich werden zumeist zwischen drei bis fünf Organisationen
die Gefahr der eingebunden. Schwierigkeiten ergeben sich bei der Identifikation
Überschätzung.“ von Partnern für das Benchmarking. Sekundärquellen erweisen
(O. Baumgartner) sich als wenig aussagefähig. Besser geeignet sind Ergebnisse ei‐
nes Awards, wie der durch die Zeitschrift „Produktion“ verge‐
bene Preis zur „Fabrik des Jahres“. Eine zweite Möglichkeit zur
Partnersuche bietet die Branchenzugehörigkeit. Zum Beispiel op‐
timieren Versandhändler seit Jahren ihre Kommissionierung.
Kreditkartenbetreiber gelten als kompetent auf dem Gebiet der
Rechnungsstellung.
346
D.4
Instrumente zur Informationsgewinnung
1. Untersuchung von Markteinflüssen auf die eigene Organisation.
2. Untersuchung von Markteinflüssen in Richtung Konkurrent.
3. Fixierung der in den Vergleich einzubeziehenden Produkte.
4. Segmentierung der betroffenen Produkte auf Artikelebene.
5. Feststellung der Kosten pro Produktkomponente.
6. Ermittlung des erwarteten Verkaufspreises.
7. Durchführung gezielter Vergleichsanalysen mit dem Konkurrenz‐
produkt.
8. Aufbau korrespondierender Inhouse‐Charts unter Zuhilfenahme
einer Kostenvergleichs‐Matrix.
9. Feststellung und Erläuterung von Abweichungen.
10. Einleitung kontinuierlicher Gegenmaßnahmen.
347
D
Instrumente des Supply Chain Managements
„Quality is Free!“ Der Faktor Qualität (Benes/Groh 2017; Brauer/Horn 2009; Brügge‐
(P. B. Crosby) mann/Bremer 2020; Bruhn 2010; Kamiske/Brauer 2011; Klinker et al. 2007;
Schmitt/Pfeifer 2015; Weidner 2020; Zollnodz 2011) kann unterschiedlich
definiert werden (vgl. Begriffsblock D.VI auf S. 349). Für ein Supply
Chain Management sind der anwendungsbezogene Qualitätsbegriff und
DIN EN ISO 9000:2015 gültig, weil die Wünsche der Kunden darin ex‐
plizit Berücksichtigung erfahren (Pull‐Orientierung).
Vom Supply Chain Wenn der Schwerpunkt von Tätigkeiten im Order‐to‐Payment‐S auf
Management zum einer Sicherstellung der Schlüsselgröße Qualität liegt, wird seit gerau‐
Quality Chain mer Zeit der Begriff Quality Chain Management verwendet (vgl. Chris‐
Management topher 2004; Stocker/Radtke 2005). Einer Modifizierung des Supply Chain
Managements zum Quality Chain Management wird jedoch nicht ge‐
folgt: Die isolierte Verbesserung der Qualität kann zu Trade‐offs hin‐
sichtlich der Faktoren Kosten, Zeit, Agilität, Service, Nachhaltigkeit und
Innovation führen.
Ökologische Impli- Ein Supply Chain Management beschränkt sich nicht auf die Qualität
kationen der Supp- von Produkten (am Markt verwertbaren Leistungen) und Verfahren (die
ly Chain zur Fertigung von Produkten notwendig sind). In der Wertschöpfungs‐
kette spielt die Umweltverträglichkeit des Sortiments eine zunehmend
bedeutsame Rolle. Es wird hierbei untersucht, welche Auswirkungen
Produkte – und die zur Produktherstellung notwendigen Verfahren –
auf Menschen, Tiere, Pflanzen, Boden, Wasser, Luft, Klima und Land‐
schaft haben (Green Supply Chains).
348
D.5
Instrumente zur Qualitätssicherung
Qualitätsbegriffe Begriffsblock D.VI
DIN EN ISO 9000:2015: Qualität ist die Gesamtheit inhärenter Hybridansatz
Merkmale von Produkten, Systemen oder Prozessen, zur Erfüllung durch gemischte
spezifischer Kundenforderungen. Dadurch ergibt sich Qualität aus Innen- und Au-
einer kombinierten Außensicht (Kundenwünsche) und Innensicht ßensicht
(prägende Eigenschaften, die Produkten ständig innewohnen).
Die Erbringung von Qualitätsattributen kann in verschiedene Leis‐ Supply Chain
tungsarten differenziert werden. Demnach treten in Supply Chains Performance
Nutzleistungen, Stützleistungen, Blindleistungen und Fehlleistungen
auf (vgl. Kamiske/Brauer 2011, S. 97).
349
D
Instrumente des Supply Chain Managements
Fehlleistungen: Fehlleistungen sind nicht geplant und wertmindernd
(Nacharbeit) oder sogar wertvernichtend (Ausschuss). Durch Fehl‐
leistungen und Blindleistungen entstehen zumeist Opportunitätskos‐
ten.
Ist der Ruf erst Eine Nichteinhaltung der Qualität kann im Extremfall zum Rückruf
ruiniert… (Recall) der Produkte führen. Dadurch wird das Image der betroffenen
Organisationen schwer beschädigt. Beispiele für Rückrufaktionen gibt es
sehr viele. Im Internet informieren zahlreiche Foren und Datenbanken
die Verbraucher zeitnah über Rückrufaktionen. Unten finden sich einige
Beispiele der jüngeren Vergangenheit:
Der Schweizer Handelsriese Migros sah sich im September 2020 ge‐
nötigt, das Fertigprodukt „Hirschpfeffer mit Pilzen“ zurückzurufen.
Die Allergene Sellerie, Soja und Weizen waren nicht entsprechend
deklariert. Für Allergiker wäre der Verzehr des Produkts gefährlich,
weil es beispielsweise zu Schleimhautschwellungen im Mund‐, Na‐
sen‐ und Rachenraum kommen könnte.
Ford rief im Januar 2020 das Modell „Focus“ zurück in die Werkstatt.
Auf Grund eines Produktionsfehlers hätte es ansonsten zum Ausfall
des Bremskraftverstärkers kommen können. Sämtliche Fahrzeuge
mit dem Produktionsfenster 14. bis 28. Januar 2020 wurden von Ford
in die Werkstatt zurück gerufen. Bei Bedarf erfolgte ein kostenloser
Austausch der Bremskraftverstärker.
350
D.5
Instrumente zur Qualitätssicherung
Apple musste im Juni 2019 allein in den USA eine halbe Million
„MacBooks“ zurückrufen. Kunden beschwerten sich darüber, dass
es zu Überhitzungen der Batterien in ihren Notebooks kam. Die Fol‐
ge waren leichte Verbrennungen, Rauchvergiftungen und Sachschä‐
den in der näheren Umgebung der „MacBooks“.
Das Unternehmen Wagner musste im Dezember 2016 neun Millionen
Tiefkühlprodukte zurückrufen. Auf Pizzen der Produktfamilien
„Die Backfrische“ sowie „Big Pizza“ wurden Metallstücke gefunden.
Diese Metallteile waren aus einer Maschine abgebrochen, die zum
Mehltransort eingesetzt wurde.
Zur Erhöhung der Qualitätssicherung und zur Vermeidung eines Rück‐ Qualitätsinstru‐
rufs finden in der Supply Chain beispielsweise die Hilfsmittel Quality mente im Über‐
Function Deployment, Failure Mode and Effects Analysis und Bott‐ blick
leneck Engineering Anwendung. Diese werden im Folgenden näher
charakterisiert.
Beispiele zu Quality Function Deployment Beispielblock d.6
Aus einer Studie von Toyota geht hervor, dass der Automobilkonzern
durch die Anwendung von Quality Function Deployment seine An‐
laufkosten (Start Up Cost) bei der Produktion eines Kleinlasters um
bis zu 60% senken konnte.
351
D
Instrumente des Supply Chain Managements
Qualitätsplan Design: Der Schwerpunkt liegt in der Produktentwick‐
lung. In den frühen Phasen sind die Wünsche von Kunden an das
Sortiment nur vage formuliert. Ein Markt wird zunächst segmentiert.
Die Sprache der Kunden (Kundenanforderungen) wird in die Sprache
der Ingenieure (Designanforderungen) transformiert.
Qualitätsplan Produktion: Schließlich ist zu überprüfen, ob die origi‐
när festgestellten Kundenanforderungen auch wirklich bis in die
Produktion vordrangen und durch die Designanforderungen umge‐
setzt wurden.
„The house is Zur Durchführung von Quality Function Deployment wird ein House
haunted, by the of Quality (vgl. Abbildung D.15) aufgebaut. Das House of Quality bein‐
echo of your last haltet Kunden‐ und Designanforderungen sowie technische Spezifikati‐
goodbye…” onen. Folgende acht Arbeitsschritte werden beim Aufbau des Hauses
(M. Almond) durchlaufen (exemplifiziert an der „Entwicklung eines Kugelschrei‐
bers“, vgl. auch Brunner 1992):
Conjoint Measu-
Erfassung der Kundenanforderungen: Der Aufbau des Hauses be‐
rement gezielt
ginnt mit dem Erkennen von Kundenanforderungen an den Kugel‐
nutzen
schreiber im linken Zimmer. Die Abteilungen Marketing, Marktfor‐
352
D.5
Instrumente zur Qualitätssicherung
Beziehungen zwischen Kundenanforderungen und Designanforde‐ Abhängigkeiten
rungen: Jetzt werden die Beziehungen zwischen den Kunden‐ und zwischen Kunden-
den Designanforderungen im ʺBauchʺ des House of Quality ermittelt und Designanfor-
(Korrelationsmatrix). Sie können schwach, mittel oder stark ausge‐ derungen analysie-
prägt sein. Eine starke Abhängigkeit liegt beispielsweise zwischen ren
der Kundenanforderung „bruchfest“ und der Designanforderung
„Material“ vor.
Bewertung des Kunden: Im rechten Zimmer findet die Bewertung Kundenwünsche
des Kugelschreibers aus Kundensicht statt. Der Kugelschreiber der besser befriedigen
eigenen Organisation ist mit Produkten von Wettbewerbern zu ver‐ als die Konkurrenz
gleichen. Es werden Bereiche identifiziert, in denen der Kugelschrei‐
ber die Kundenanforderungen schlechter oder besser als das Konkur‐
renzprodukt erfüllt. Die Skala reicht von eins („schlechter“) bis fünf
(„besser“).
353
D
Instrumente des Supply Chain Managements
Nutzen von Quality Quality Function Deployment ist ein Instrument, das seine besonderen
Function Deploy- Stärken in den frühen Phasen hat (Design Phases). Sein spezieller Reiz
ment liegt darin, die beiden Welten Marketing und Technik zu vereinen. In‐
dem Kundenanforderungen abgeleitet werden, unterstützt QFD direkt
das Target Pricing, wenn es darum geht, Zielkosten aus dem Markt
abzuleiten (vgl. S. 469). Ebenso hilft Quality Function Deployment beim
Kneten der maximal erlaubten Kosten im Target Costing: Wenn für die
jeweiligen Designanforderungen im House of Quality zusätzlich Kos‐
tensätze eingetragen werden, kann festgestellt werden, welche Kosten‐
anteile durch den Austausch sich wechselseitig unterstützender Design‐
anforderungen einzusparen wären.
„The dark side of Ein Nachteil des Quality Function Deployments besteht hingegen in der
the moon…“ subjektiven Bewertung der Anforderungen. Besonders für Neuentwick‐
(Pink Floyd) lungen wird der Vergleich von Kunden‐ und Designanforderungen mit
der Konkurrenz schwer fallen, vielleicht sogar unmöglich sein. Außer‐
dem liegen Skalenbrüche vor (vgl. auf S. 359 die kritische Würdigung
zur FMEA), welche den Aussagegehalt im Quality Function Deployment
mindern. Weiterhin erfolgt der Kunden‐Wettbewerber‐Vergleich insbe‐
sondere für optische Kundenanforderungen hoch subjektiv (dies gilt
beispielsweise für Kriterien wie „schön“ oder „trendy“). Schwierig ist
weiterhin der Übergang eines teilweise nur vage ausformulierten Kun‐
denwunschs in die Sprache der Ingenieure. Dabei kann es zu „Überset‐
zungsfehlern“ kommen. Für komplexe Produkte und Prozesse ist die
Aufstellung des House of Quality zudem recht arbeitsintensiv.
354
D.5
Instrumente zur Qualitätssicherung
Quality Function Deployment Abbildung D.15
Beziehungen Wechselwirkung
schwach = 1 Punkt sehr gut
mittel = 3 Punkte gut
stark = 5 Punkte schlecht
sehr schlecht
↑ max. ↓ min. Zie l ↓ ↓ ↓
↑ ↑ ↑ ↑
Projekt Kugelschreiber
Anforderungen
Technische Optische
an das Design
Leichtgängige Rastung
Eloxiertes Alugehäuse
Mindendichtheit (bar)
Bewertung
Federkraftraster (N)
Material (Bruchfest)
Service Reklamationen
Rastungshub (mm)
Farbpalette (Stück)
Schreiblänge (km)
Testperson (Stück)
des Kunden
Zerlegbar (Teile)
Oberfläche (RZ)
Normtreue
Schlechter
Anforderungen
Design
Besser
des Kunden
Be de utung 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 1 2 3 4 5
Soll schre ibe n 5
Soll Klick habe n 3
Technische
Mine austauschbar 4
Mine soll nicht auslaufe n 5
Bruchfe st, stabil 4
Billig 3
Dokume nte ne cht 1
Formschön 5
Optische
Griffig 4
Mode rne s De sign 4
Me hrfarbig 1
Me tallge häuse 2
Technische Schwierigkeiten 2 3 4 5 2 4 2 5 4 1 1 2 5
> 10 km
ja / nein
ja / nein
10 Pers.
> x bar
Objektiver
5 mm
> x N
x RZ
x N
x N
(x)
< 5
Zielwert
Besser 5
4 Produkt A
Konkurrenz‐
3 Produkt B
Vergleich
2 Produkt C
Schlechter 1
Technische Absolut 53 15 37 67 38 36 5 118 57 60 56 79 37
Bedeutung Re lativ 8 2 6 10 6 5 1 18 9 9 9 12 6
355
D
Instrumente des Supply Chain Managements
1. Einleitung einer Risikoanalyse betroffener Bereiche.
2. Bewertung der Risiken vornehmen (Risikoprioritätszahl).
3. Identifikation von Verbesserungsmaßnahmen.
4. Initiierung von Umsetzungsmaßnahmen.
5. Erläuterung signifikanter Abweichungen.
Wahrscheinlichkeit für das Auftreten eines Fehlers.
Wahrscheinlichkeit der Bedeutung des Fehlers.
Wahrscheinlichkeit des Entdeckens eines Fehlers vor Produktausliefe‐
rung an den Kunden.
356
D.5
Instrumente zur Qualitätssicherung
Die Multiplikation der drei Wahrscheinlichkeiten ergibt den Ist‐ Vom Ist- zum
Zustand. Üblich ist die Quantifizierung der Komponenten auf einer Soll-Zustand
Skala von eins („kein“ oder „sehr geringes Risiko“) bis zehn („sehr ho‐ überleiten
hes Risiko“). Im Extremfall erreicht die Risikoprioritätszahl folglich
einen Wert von 1.000 Punkten. Sie spiegelt Kriterien wie Gebrauchstüch‐
tigkeit, Zuverlässigkeit und Sicherheit. Die am höchsten bewerteten
Risiken sind zuerst zu beseitigen, um die Verbesserungsreihenfolge zu
wahren. Es werden Maßnahmen definiert, die zur Reduzierung der
Risikoprioritätszahl beitragen und in den Soll‐Zustand münden.
Im Folgenden wird ein Beispiel zur Durchführung einer FMEA in der „Besser ein Dia-
Supply Chain skizziert. Nachdem die Namen der Teammitglieder in das mant mit einem
Formblatt eingetragen wurden, ist zunächst der Anwendungsbereich zu Fehler als ein
kennzeichnen. Die FMEA kann sich auf sämtliche Funktionen der Wert‐ Kieselstein ohne.“
schöpfungskette erstrecken. Aus Gründen der Übersichtlichkeit bezieht (Konfuzius)
sich die FMEA im Folgenden exklusiv auf die Wareneingangskontrolle.
Zunächst sind potenzielle Fehler der Wareneingangskontrolle und ihre
Ursachen aufzulisten. Ein möglicher Fehler stellt die falsche Zuweisung
von Materialien zu ihren Lagerorten dar. Die Ursache des Fehlers liegt
darin begründet, dass die Waren ihren Lagerplätzen manuell zugeteilt
werden. Die Lagerarbeiter müssen die Sachnummern suchen, weil sie
die Materialien nicht sofort finden. Daraus ergeben sich Probleme beim
Picken der Waren für die Kommissionierung. Anschließend wird für
den Ist‐Zustand eine Risikoprioritätszahl ermittelt (hier: 480 Punkte). Sie
errechnet sich aus der Multiplikation der oben genannten drei Wahr‐
scheinlichkeiten:
a) Wahrscheinlichkeit des Fehlerauftritts.
b) Wahrscheinlichkeit der Fehlerbehebung.
c) Wahrscheinlichkeit der Fehlerentdeckung (vor Auslieferung).
a × b × c = 8 Punkte × 10 Punkte × 6 Punkte = 480 Punkte.
Anschließend findet eine Überleitung zum Soll‐Zustand statt. Als emp‐ Verbesserungen
fohlene Abstellmaßnahme des Fehlers wird eine Zuordnung von Waren vornehmen und
zu ihren Lagerplätzen mittels RFID identifiziert. Außerdem sind die RPZ senken
Verantwortlichkeiten und die jeweiligen Zeitfenster festzulegen. Durch
diese Maßnahmen reduziert sich die Risikoprioritätszahl schließlich auf
30 Punkte:
357
D
Instrumente des Supply Chain Managements
a) Wahrscheinlichkeit des Fehlerauftritts.
b) Wahrscheinlichkeit der Fehlerbehebung.
c) Wahrscheinlichkeit der Fehlerentdeckung (vor Auslieferung).
a × b × c = 1 Punkt × 10 Punkte × 3 Punkte = 30 Punkte.
Abbildung D.16 Formblatt einer FMEA (Wareneingangskontrolle)
Anwendungsbereich Wareneingangskontrolle
Potenzieller Fehler Falsche Warenzuordnung zum Lagerplatz
Potenzielle Fehlerursache Manuelle Warenzuteilung zum Lagerplatz
Folge des Fehlers Probleme der Kommissionierung
Ist‐RPZ 8 x 10 x 6 = 480
Abstellmaßnahme RFID‐Zuordnung der Waren zum Lagerplatz
Verantwortlich Brigitte Werner
Termin 16‐01‐2021
Soll‐RPZ 1 x 10 x 3 = 30
Verantwortlich Hans Hubert („Berti“) Vogts
Legende: „RPZ“ steht für Risikoprioritätszahl
Problembereiche Die FMEA ist ein sehr pragmatischer Lösungsansatz. Er dient nachhaltig
der FMEA zur Steigerung der Transparenz von Supply Chain Prozessen. Sämtliche
Aktivitäten sind hinsichtlich ihrer Sinnhaftigkeit auf den Prüfstand zu
stellen, was „einem klärenden Gewitter“ gleichkommt. Doch wo Licht
ist, findet sich bekanntlich auch Schatten:
358
D.5
Instrumente zur Qualitätssicherung
Die Failure Mode and Effects Analysis dient als Alibifunktion. Für ei‐
ne Produkthaftungsklage wirkt die FMEA entlastend im Sinne von
„Wir haben alle Anstrengungen unternommen, um Risiken zu ver‐
meiden“. Im umgekehrten Fall kann die nicht durchgeführte Fehler‐
Möglichkeits‐ und Einfluss‐Analyse eine Belastung sein, wenn der
Kunde seinem Lieferanten die Aufstellung einer FMEA abverlangt.
Schließlich ist die Berechnung der drei Wahrscheinlichkeiten subjek‐
tiv. Es handelt sich um personenbezogene Einschätzungen von Risi‐
kopotenzialen. Zwei unabhängige Teams können bei der Berechnung
ihrer Risikoprioritätszahlen – selbst für identische Prozesse – zu sehr
unterschiedlichen Ergebnissen gelangen.
359
D
Instrumente des Supply Chain Managements
1. Systematische Feststellung einer Problemstellung.
2. Bestimmung von Qualitätszielwerten für ausgewählte Designan‐
forderungen (Produktkomponenten).
3. Vergleich von Qualitätszielwerten mit festgelegten Benchmarks pro
Designanforderung.
4. Definition und Einleitung von Maßnahmen zur Gegensteuerung.
5. Kontinuierliche Erläuterung von Abweichungen.
360
D.6
Instrumente zur IT-Unterstützung
EDIFACT und ODETTE Begriffsblock D.VII
EDIFACT (Electronic Data Interchange for Administration, Commerce and
Transport) ist ein weltweiter, branchenunabhängiger Standard für
EDI. Im Jahr 1988 vorgestellt, ist EDIFACT nach Verfahrensanwei‐
sungen zu pflegen. Die Initiative zur Vereinheitlichung der Abläufe
wurde von der International Standardization Organization (ISO) ins
Leben gerufen.
ODETTE (Organization for Data Exchange by Teletransmission in Europe)
ist ein branchenabhängiger Standard. Auf Basis der EDIFACT‐
Syntax, wurde er von der europäischen Automobil‐ und ihrer Zulie‐
ferindustrie erarbeitet (unter Beteiligung des VDA).
361
D
Instrumente des Supply Chain Managements
Was bringt EDI? Die Vorteile von Electronic Data Interchange sind vor allem in fol‐
genden Punkten zu sehen:
- Vermeidung einer Mehrfacherfassung von Daten.
- Senkung der Anzahl manueller Tätigkeiten.
- Reduzierung administrativer Maßnahmen (Konvertieren).
- Beschleunigung der Kommunikationsprozesse (Standards).
In Web-EDI ver- An diesem letzten Kritikpunkt setzt Web‐EDI (vgl. Schumacher 2006;
schmelzen Offen- Werner 2001, S. 24) an. Web‐EDI bedeutet die Realisierung eines elektro‐
heit und Standard nischen Datenaustauschs über Internet oder Extranet. Hier wird die
Point‐to‐Point‐Anbindung (1:1) einer konventionellen EDI‐Schnittstelle
zugunsten einer n:m‐Beziehung aufgelöst. In diesem Kontext finden
Lösungen wie „XML“ (Extensible Markup Language) Einsatz. Der Da‐
tenaustausch zwischen den Partnern (beispielsweise die Wertschöp‐
fungskette Lieferant‐Hersteller‐Kunde) gestaltet sich bei Web‐EDI aus‐
gesprochen flexibel, weil zur Nutzung von Web‐EDI keine spezielle
Software zu installieren ist.
Web-EDI ist für Jetzt haben auch kleine und mittelgroße Unternehmen (KMU) die
KMU sehr interes- Möglichkeit zur durchgängigen Planung von Prozessketten mit ihren
sant Partnern. Während eine traditionelle EDI‐Verbindung nur wenigen
Systemlieferanten und größeren Kunden den Datenaustausch mit dem
Hersteller gestattet, sind durch Web‐EDI insbesondere kleine und mit‐
telgroße Organisationen nicht länger auf Hilfsmittel wie Fax, Telefon
oder Postweg angewiesen. In Web‐EDI verschmelzen die Vorteile von
Offenheit (Internet) und Standardisierung (EDI). Dadurch werden die
jeweiligen Nachteile einer isolierten Betrachtung des Internets (es gibt
kaum Richtlinien für die automatisierte und die digitale Weiterverarbei‐
tung der Daten beim Empfänger) und EDI (die besonders ausgeprägte
Inflexibilität) aufgelöst. Es gilt jedoch zu beachten, dass die Kunden bei
Existenz von Web‐EDI‐Schnittstellen von angebundenen Lieferanten
erwarten, dass diese (u. U. mehrmals täglich) im System nachschauen,
ob eine Bestellung vorliegt oder sich die Kundenabrufe geändert haben.
362
D.6
Instrumente zur IT-Unterstützung
Für die Realisierung von Web‐EDI benötigen die Partner lediglich einen Cash-Throw-offs
geeigneten PC, einen Zugang zum Internet und einen Browser. Bei der ausschöpfen
Verarbeitung kleiner Datenmengen reduzieren sich durch die Berück‐
sichtigung von Web‐EDI die Kosten in der Supply Chain zum Teil deut‐
lich: Nach einer veröffentlichten Studie von Roland Berger sinken durch
die Nutzung von Web‐EDI im Autobau die Kommunikationskosten
pro Transaktion von acht Euro (traditioneller elektronischer Datenaus‐
tausch) auf einen Euro (Web‐EDI, vgl. Schumacher 2006, S. 13). Indem
punktuelle Anbindungen bei Web‐EDI entfallen, können derartige kol‐
laborativen Planungsprozesse im gesamten Netzwerk der Lieferkette zu
vergleichsweise günstigen Konditionen stattfinden.
Web‐EDI stößt jedoch insbesondere dann an seine Grenzen, wenn im Große Datenmen-
Rahmen der Kommunikation zwischen den Partnern große Datenmen‐ gen reiben Web-
gen anfallen (Big Data). In diesem Fall ist die klassische EDI‐Anbindung EDI auf
die bessere Alternative, weil hier dauerhafte Schnittstellen vorliegen.
Diese permanenten Verbindungen sind auf die Bearbeitung großer In‐
formationsmengen ausgelegt. Wie auf S. 362 deutlich wurde, verlagert
der Kunde mit Web‐EDI auch Aktivitäten auf angeschlossene Lieferan‐
ten. Diese müssen nun selbständig und unaufgefordert mehrmals täg‐
lich im System nachschauen, ob revidierte Kundenaufträge vorliegen.
D.6.2 Barcode
Der Barcode wird synonym Strich‐ oder Balkencode genannt (vgl. Über 250 verschie-
Dankmeier 2013; ten Hompel/Büchter 2007; Klimant et al. 2012; Klimonczyk dene Barcode-
2016; Schwaiger 2009). Ein Barcode ist ein optoelektronischer Datenträ‐ Techniken weltweit
ger, welcher den Identifikationstechniken zuzurechnen ist. Der Bar‐
code bildet eine Sequenz von Strichen ab, die mit dem Scanner gelesen
werden. Beim Auftreffen reflektierten Lichts auf einen Fotosensor, wird
eine elektrische Impulsfolge erzeugt, automatisch ausgewertet (deco‐
diert) und in rechnerverständliche Signale übersetzt. Die Technik ist
bereits 70 Jahre alt. Mittlerweile existieren viele 2D Codes (Code 49, PDF
417, QR‐Code, Data Matrix, Maxi Code). Sie wurden weiterentwickelt zu
3D Codes (High Capacity Color Codes). Diese lesen Informationen von
bunten Labels. Noch intelligenter sind 4D Codes: Sie berücksichtigen
neben der Farbe zusätzlich die Zeit. 4D Codes werden in einer Abfolge
nacheinander erfasst. Bestrebungen zur Vereinheitlichung verschiedener
Barcodes mündeten in die Europäische Artikelnummer (EAN, vgl. Be‐
griffsblock D.VIII, in dem dieser Sachverhalt wiedergegeben wird).
363
D
Instrumente des Supply Chain Managements
Begriffsblock D.VIII EAN‐Code und Global Commerce Initiative
Ein EAN‐Code (Europäische Artikel Nummer) fördert die Standardisierung
von Sachnummern, um potenzielle Fehlerquellen beim Scannen zu reduzie‐
ren. Der EAN‐Code ist ein an Waren angebrachter Aufklebezettel, der durch
den Barcode oder RFID identifiziert wird. Die Bestrebungen der Global
Commerce Initiative münden in eine weltweite Standardisierung der Arti‐
kelnummern (Erweiterung von EAN). Die Initiative wurde von 30 Akteuren
verschiedener Branchen in Paris gegründet, und die Aktivitäten unterstüt‐
zen über 800.000 Unternehmen weltweit. Direkt beteiligt sind zum Beispiel
Coca Cola, Procter & Gamble, Wal Mart, Mars und Unilever.
364
D.6
Instrumente zur IT-Unterstützung
Bestandteile eines RFID‐Systems Abbildung D.17
Daten Kontaktloser Daten‐
RFID‐Lesegerät träger
Takt und Energie (RFID‐Transponder)
Koppelelement und
Computer‐
Chip (Spule, Mikro‐
Applikation
wellenantenne)
365
D
Instrumente des Supply Chain Managements
ketten nachträglich leicht zu bedrucken sind, ist es möglich, sie mit ei‐
nem zusätzlichen Strichcode auszustatten. Transponder benötigen zur
Erfüllung ihrer Funktionen Energie, um ihren Mikrochip zu betreiben
und Daten zum Lesegerät zu senden. Sie lassen sich nach ihrer Art der
Energieversorgung in passive und aktive Tags untergliedern.
Starke Leistung zu Aktive Transponder verfügen über eine eigene Energiequelle. Sie
hohem Preis haben eine Batterie, die den Mikrochip mit ausreichender Leistung
versorgt und den Erhalt der gespeicherten Daten sichert. Die Energie
für die Datenübertragung bekommt der Transponder über das elekt‐
romagnetische Feld, welches vom Lesegerät erzeugt wird. Aktive
Transponder können Daten über größere Distanzen mit dem Lese‐
gerät austauschen und bieten höhere Datenübertragungsraten.
Level von RFID Das RFID‐Verfahren stellt eine Querschnittstechnologie dar, die bran‐
chenübergreifend zu Identifikationszwecken eingesetzt wird. Die Kenn‐
zeichnung und Identifikation kann grundsätzlich auf drei verschiede‐
nen Ebenen stattfinden: Unit‐Level, Case‐Level und Item‐Level.
366
D.6
Instrumente zur IT-Unterstützung
nicht sortenreine Waren verweist die Case‐ID auf die in einer Daten‐
bank hinterlegten Produktinformationen.
Bei der Identifikation auf Artikelebene (Item‐Level) besitzt jedes Pro‐ Transponder am
dukt eine weltweit eindeutige Identifikationsnummer. Auf Item‐ Produkt selbst
Level kommen Read‐Only‐ oder einmal beschreibbare Write‐Once‐ applizieren
Read‐Many (WORM)‐Transponder zum Einsatz. Sämtliche Produkt‐
daten werden hierbei in einer zentralen Datenbank erfasst, die mittels
Artikel‐ID abrufbar sind.
Schnelligkeit und Reichweite: Die Lesegeschwindigkeit von RFID ist Longe-Range-
deutlich höher als die des Barcodes, wodurch die Rückverfolgbarkeit Lösungen
der Informationen gefördert wird. Zusätzlich steigt die Lesedistanz.
„Long‐Range‐Systeme“ besitzen bereits eine Reichweite von über
zwanzig Metern Entfernung. Daraus ergibt sich jedoch das Risiko,
dass die Leseeinheiten auch Objekte außerhalb des anvisierten Erfas‐
sungsfelds identifizieren.
367
D
Instrumente des Supply Chain Managements
Unterscheidung Betriebsdaten: Die Betriebsarten werden nach Vollduplex‐Systemen,
nach der Daten- Teilduplex‐Systemen und sequentiellen Transpondern unterschieden.
übertragung Bei Vollduplex‐Systemen ist eine gleichzeitige beiderseitige Daten‐
übertragung möglich. Teilduplex‐Systeme gewährleisten ebenfalls
einen Datentransfer in zwei Richtungen, aber abwechselnd und nicht
simultan. Sequentielle Transponder hingegen erlauben nur eine Da‐
tenübertragung in eine Richtung.
Erfassung im Pulk Einzel‐ und Pulk‐Erfassung: Mit Hilfe des Lesegeräts können be‐
möglich stimmte Tags gezielt angesteuert werden. Es besteht die Möglichkeit,
hunderte von Transpondern in einem Antennenfeld gemeinsam an‐
zuvisieren (Pulk‐Erfassung). Problematisch gestaltet sich dabei je‐
doch das direkte „Übereinander positionieren“ der einzelnen Anten‐
nen (im Sinne einer „Anti‐Kollisions‐Positionierung“).
Umweltresistenz Umweltfaktoren: Insbesondere Metalle beeinflussen die elektromag‐
netischen Felder. Sie erzeugen Wirbelströme, die zum „Datenchaos“
führen. Auch wenn eine Ferritabschirmung diesen Effekt dämpfen
kann, bleibt die Leistungsfähigkeit von RFID eingeschränkt. Gegen‐
über rauen Umwelteinflüssen (wie Schmutz, Feuchtigkeit, Tempera‐
turschwankung oder Vibration) reagieren die meisten Transponder
jedoch weitgehend resistent. So arbeiten spezielle Radiofrequenzsys‐
teme in Gießereien noch bei einer Temperatur von über 250 Grad
Celsius problemlos. Ausgenommen ist davon der recht empfindliche
Röhrentransponder aus Glas. Dieser wird häufig in der Kennzeich‐
nung von Haustieren, Nutzvieh und Versuchstieren eingesetzt
(Hunde, Katzen, Rinder, Schafe, Ziegen, Vögel).
368
D.6
Instrumente zur IT-Unterstützung
In der Supply Chain bewirkt die Nutzung von RFID unterschiedliche RFID in der
betriebswirtschaftliche Effekte (vgl. unten). Zunächst reduzieren sich Supply Chain
die Bearbeitungszeit und der Ressourcenverbrauch. Weiterhin fällt we‐
niger Schwund in der Produktion an, die Rate an Prozessfehlern nimmt
ebenso ab. Der Informationsfluss beschleunigt sich tendenziell und die
Kundenzufriedenheit steigt.
Die Bearbeitungszeit in der Supply Chain verkürzt sich durch die Nut‐ Schnelle Supply
zung von RFID, indem Mitarbeiter von zeitraubenden manuellen Routi‐ Chain Prozesse
netätigkeiten entlastet werden. Der Grad an Automatisierung steigt, was mittels RFID
Auswirkungen auf die Kostenstruktur der produzierten Güter hat. Au‐
ßerdem können die Menschen jetzt in anderen Wertschöpfungsprozes‐
sen eingesetzt werden.
Eine weitere Wirkung des Einsatzes der Radiofrequenztechnik in der Reduzierung des
Supply Chain bezieht sich auf den Ressourcenverbrauch (Geldmittel, Vermögensver-
Sachmittel). Beispielsweise kann RFID im Rahmen der Kommissionie‐ zehrs
rung zum Einsatz kommen. Die Rate manueller Tätigkeiten (mittels
Handlesegeräten) sinkt, und es werden weniger Kommissionierer im
Prozess benötigt. Wenn weniger Menschen in der Halle arbeiten, wer‐
den auch nicht mehr so viele Flurförderzeuge benötigt.
Mit Hilfe von RFID können außerdem die Schwundraten gesenkt wer‐ Weniger Schwund
den. Beispielsweise dienen die Tags der Diebstahlsicherung gegenüber in der Lieferkette
Kunden und Mitarbeitern, der Reduzierung von Warenverlust, durch
das digitale Erkennen einer begrenzten Mindesthaltbarkeit, sowie der
automatisierten Informationsweitergabe bei einer Warenbeschädigung.
Ein zusätzlicher Effekt, der auf die Nutzung von RFID in der Supply Senkung der
Chain zurückgeht, ist mit der Reduzierung von Prozessfehlern verbun‐ Folgekosten
den. Im Sinne von Total Cost of Ownership bedeuten weniger Prozess‐
fehler eine Absenkung unliebsamer Folgekosten. So ist die Rate an
Nacharbeiten (Rework) gezielt abzusenken. Weiterhin dürfte die Kun‐
denzufriedenheit zunehmen (Zuwachs an Vertrauen, weniger Schaden‐
ersatzansprüche).
369
D
Instrumente des Supply Chain Managements
Der Detaillie- Ein weiterer betriebswirtschaftlicher Effekt, welcher sich aus der Nut‐
rungsgrad von zung von Radiofrequenzlösungen in der Supply Chain ergibt, bezieht
Informationen sich auf den verbesserten Informationsfluss (Erhöhung der Datengra‐
verbessert sich nularität und Aktualisierung der Prozessdaten). Die Durchlaufzeit im
Gesamtprozess wird auf Grund der forcierten Automatisierung ver‐
kürzt. Dadurch reduzieren sich die Personalkosten, da weniger Prozess‐
schritte notwendig sind und die Informationsqualität an Güte hinzuge‐
winnt. Zusätzlich verbessern sich die Analyse‐ und die Auswertungs‐
möglichkeiten innerhalb einer Organisation, was eine kontinuierliche
Prozessoptimierung begünstigt und letztendlich auch zu Umsatzsteige‐
rungen führen kann (z. B. den Verkauf zusätzlicher Informationsleistun‐
gen).
370
D.6
Instrumente zur IT-Unterstützung
werken mit Montagefertigteilen und der Verringerung der Schwundrate
geschuldet (vgl. Finkenzeller 2015, S. 384 und S. 403).
Auch die chemische Industrie stellt ein Marktsegment dar, in dem sich Identifizie-
die RFID‐Technologie bereits seit Jahren etabliert hat. Sie wird bei‐ rung von
spielsweise zur eindeutigen Kennzeichnung und Identifikation von Gasflaschen
erneut befüllbaren Gasflaschen und Behältern mit Chemikalien einge‐
setzt. Zumeist befinden sich dazu beschreibbare Tags im Einsatz, auf
denen spezielle Angaben (wie Behälternummer, Inhalt, Volumen, ma‐
ximaler Fülldruck oder TÜV‐Termine) hinterlegt sind. Nach einer Befül‐
lung des Behälters erfolgt die Aktualisierung der auf dem Transponder
gespeicherten Daten.
Die Pharmaindustrie nutzt die Radiofrequenztechnik, um mit den auf RFID zum
Medikamentenverpackungen applizierten Tags einen eindeutigen Aufspüren von
Nachweis über die Herkunft des Arzneimittels zu liefern. Außerdem Plagiaten
schützen RFID‐Lösungen vor Arzneimittelfälschungen, indem sich der
Plagiatschutz von Medikamenten verbessert. RFID bürgt hier quasi als
dynamisches Echtheitszertifikat, wodurch Produktfälschungen ausgele‐
sen werden können. Im Pharmabereich stößt die Radiofrequenztechnik
diesbezüglich auf ein breites Einsatzgebiet. Liegt doch der Anteil an
Plagiaten von Medikamenten allein in den USA bei circa 20 Prozent.
Auch der Handel greift mittlerweile recht häufig auf RFID zurück. In Diebstahlsicherung
dem dortigen Segment Fashion herrschen eigene Gesetze. Die zeitrau‐ in der Modebran-
bende Applizierung und Ablösung von Hartetiketten bereitet Herstel‐ che
lern von Modeartikeln zum Teil große Schwierigkeiten. Zudem müssen
die Etiketten durch die Naht gestochen werden, um nicht den Oberstoff
zu beschädigen. Daher finden sich in der „fashiongroup RFID“ derzeit
Bekleidungshersteller und Modehändler zusammen. Unterstützt wer‐
den sie von der Beratungsgesellschaft „GCS“. Die „fashiongroup RFID“
möchte den Tag zukünftig stärker zur Diebstahlsicherung einsetzen
(„Electronic Article Surveillance, EAS“). Auf Grund unzureichender
Warensicherungssysteme finden sich in der Modebranche recht hohe
Bestandsdifferenzen. So kündigte C&A im März 2017 das konzernweite
Projekt „Source Tagging“ an. Unter Source Tagging wird eine elektroni‐
sche Artikelsicherung bereits im Produktionsland verstanden. Folglich
lässt C&A die EAS‐Elemente direkt von den Herstellern an die Beklei‐
dung heften. Auch für den Fashion‐Bereich ist der Markenschutz von
großer Bedeutung. Markenartikelhersteller wollen dem Vertrieb von
Produktfälschungen nicht länger tatenlos zusehen. Von dem intensivier‐
371
D
Instrumente des Supply Chain Managements
ten Einsatz der Radiofrequenztechnik versprechen sich Luxuslabels eine
bessere Chargenrückverfolgung.
372
D.6
Instrumente zur IT-Unterstützung
Der Barcode ist als Identifikationstechnik vom Preis her unschlagbar RFID und Bar-
günstig. Pro Barcodevergabe fallen Kosten von wenigen Eurocent an. code: Gemeinsam
Einfache, passive Tags kosten das drei‐ bis vierfache. RFID wird (trotz sind wir stark!
des Vorhandenseins von Skaleneffekten) den Barcode voraussichtlich
preislich nicht erreichen, geschweige denn unterbieten. Daher dürfte die
Zukunft in der Integration von RFID und Barcode liegen (vgl. Beispiel‐
block d.7).
Um RFID ist mittlerweile jedoch eine recht hitzige Diskussion entfacht. Hitzige Diskussion
Neben den oben gekennzeichneten Möglichkeiten der Technik ist auch um RFID
auf Gefahren hinzuweisen. Hier ist zunächst die Angst des gläsernen
Konsumenten zu nennen („No RFID!“). Tieren werden umfangreich
Glastransponder unter die Haut injiziert, um zum Beispiel in Zeiten des
BSE‐Skandals Chargen zurückverfolgen zu können. Auch erste Men‐
schen haben sich Chips unter die Haut implantieren lassen. Der Chip
öffnet Türen, verrät persönliche Daten und hält circa 30 Jahre. Eine Hül‐
le aus hochpoliertem Glas sorgt dafür, dass der Transponder nicht mit
der Haut verwächst. Benetton bekam allerdings mit Transpondern ver‐
bundene Ängste von Menschen deutlich zu spüren, indem Personen im
Internet eine Kampagne gegen das Unternehmen ins Leben riefen. In
dieser forderten sie zum Boykott gegen Benetton auf: „Send Benetton a
Message. Don’t buy Clothing with Tracking devices“.
Neben diesem Datenschutzproblem ist auch die Datensicherheit ein Latente Gefahr des
viel diskutierter Aspekt, wenn RFID ins Spiel kommt. Wie soll verhin‐ Wissensabflusses
dert werden, dass Informationen nicht doch an unberechtigte Dritte
durchsickern? Ohne Zweifel bietet RFID große Möglichkeiten. Doch
wenn dieses Wissen abfließt, gereicht der originäre Vorteil unmittelbar
zur Katastrophe.
Weitere Schwierigkeiten leiten sich aus den noch immer recht hohen Chaos bei Sonnen-
Kosten, fehlenden Standards und störenden Umwelteinflüssen ab. So stürmen
schränken Funkstörungen die Trefferquote der Lesegenauigkeit ein.
Forscher der Universität Amsterdam haben herausgefunden, dass Funk‐
Etiketten die Tauglichkeit medizinischer Geräte beeinflussen können.
Von 123 Testabläufen stellten sie in 34 Fällen Störungen fest. Betroffen
waren beispielsweise Dialysegeräte, Herzschrittmacher und Beat‐
mungsgeräte. In 22 Fällen wurden die Störungen als gefährlich beurteilt.
Beispielsweise zeigte ein EKG‐Monitor eine nicht vorhandene Herz‐
rhythmusstörung an.
373
D
Instrumente des Supply Chain Managements
Beispielblock d.7 Quo Vadis RFID?
374
D.6
Instrumente zur IT-Unterstützung
Die Elemente im Data Warehouse sind die eigentliche Datenbasis sowie Managementinfor-
Transformationsprogramme zur Übernahme interner und externer mation
Informationen. Weiterhin dienen Archivierungsprogramme zur Daten‐
speicherung und Informationssicherung. Den Input für das Data Wa‐
rehouse stellen interne Datenquellen (operative Vorsysteme aus den
Funktionsbereichen) und externe Datenquellen (beispielsweise Informa‐
tionen von Lieferanten) dar. Auch Informationen aus dem Internet kön‐
nen im Data Warehouse genutzt werden. Der Output richtet sich benut‐
zerorientiert nach Absatzkanälen, Kunden‐ oder Produktinhalten. Fol‐
gende Kriterien stehen hier im Mittelpunkt (vgl. Gerken 2018, S. 15):
Zumeist haben die User einen Direktzugriff auf die Informationen im
Data Warehouse.
Wenn die Datenflut zu groß ist, kann dem Benutzer ein Ausschnitt
aus dem gesamten Repertoire gewährt werden. Diese Lösung wird
als Data Mart bezeichnet.
Schließlich besteht im Data Warehouse für den User die Möglichkeit
zur Datenveredelung: In der Information Factory werden für Konsoli‐
dierungen des Controllings die Daten betriebswirtschaftlich aufberei‐
tet und in speziellen Applikationen verdichtet.
Multidimensionalität: OLAP ist die Basis für die Aggregation unter‐
schiedlicher Dimensionen (eine Bildung von Datenwürfeln). Ein Bei‐
spiel dafür ist die Verdichtung von Umsätzen nach Produkten und
Regionen. Wie bei einem Würfel können die Informationen betrachtet
(Slice), gedreht (Dice) oder einer höheren Verdichtungsstufe zuge‐
führt werden (Drill Down).
Ergonomische Benutzeroberfläche: Die Oberfläche ist in die bisheri‐
ge Arbeitswelt des Anwenders integriert. Neues Wissen muss zur
Nutzung von OLAP nicht erst erlernt werden.
375
D
Instrumente des Supply Chain Managements
376
D.6
Instrumente zur IT-Unterstützung
377
D
Instrumente des Supply Chain Managements
Prozessketten Innerhalb der Supply Chain werden mit Hilfe von Computer Integrated
ermitteln Manufacturing die Produktionsvorgänge (Teilvorgänge) verbunden. Es
entstehen somit durchgängige Prozessketten. In den Unternehmen
werden mit CIM zumeist aufbauorganisatorische und ablauforganisato‐
rische Umstrukturierungen notwendig.
Abbildung D.18 CIM‐Architektur
Computer Integrated Manufacturing (CIM)
Betriebswirtschaftliche Komponente Technische Komponenten
Produktionsplanung und ‐steuerung Computer Aided Engineering (CAE)
(PPS) Computer Aided Design (CAD)
Computer Aided Planning
(CAP)
Computer Aided Manufacturing
(CAM)
Computer Aided Quality Assurance
(CAQ)
378
D.6
Instrumente zur IT-Unterstützung
PPS basiert auf der Nutzung einer Standardsoftware, wobei hier Mo‐ Grunddaten von
dulbausteine zusammengefügt werden. Die Programme setzen sich aus PPS
den Grunddaten einer Produktionsplanung und ‐steuerung zusammen,
wobei folgende Arten zu unterscheiden sind:
Auftragsdaten (Kundenbestellungen).
Teilestammdaten (Sachnummer des Produkts, technische Angaben und
wertmäßige Informationen).
Betriebsmitteldaten (Leistungsbreite an Potenzialfaktoren).
Das PPS‐System richtet sich nach dem Sukzessivplanungskonzept aus: Interdependenzen
Eine komplexe Aufgabe wird in Teilprobleme zerlegt und in abgestimm‐ der Dateninhalte
ten Planungsstufen gelöst. In diesen Phasen steigt die Wertschöpfung.
Zunächst findet eine Aufgabenverteilung statt (ʺWer macht was?ʺ). Die
Produktionsplanung greift auf die Auftragsdaten zurück, um die Primär‐
bedarfe zu ermitteln. Diese bilden die Grundlage für die Materialdispo‐
sition und die Planung der Produktionsprozesse. Die Teilestammdaten
dienen zur Auflösung der Erzeugnisstruktur durch die Materialdispositi‐
on. Dazu zieht die Disposition die Primärbedarfe heran, leitet Stücklis‐
ten ab und ermittelt die Bestandsdaten. Eine Materialbeschaffungsplanung
klärt ab, welche Teile selbst gefertigt (Make) und welche von Dritten
bezogen werden (Buy). Die Produktionssteuerung errechnet schließlich,
mit Hilfe von Arbeitsgang‐ und Betriebsmitteldaten, die Zusammenstellung
der Fertigungsaufträge zu Losen: Repetierfaktoren werden optimal den
Potenzialfaktoren zugewiesen (Reihenfolge‐ und Maschinenbelegungs‐
plan).
Durch einen Abgleich der Fertigungsbelege mit den Betriebsdaten wird Kontrollmechanis-
ermittelt, inwieweit die Realisierung der Fertigungsaufträge mit den mus von PPS
geplanten Bearbeitungsschritten übereinstimmt („Überwachung des
Auftragsfortschritts“). Dieser Vorgang stellt eine BDE (Betriebsdatener‐
fassung) dar. Wenn festgestellt wird, dass Kapazitätsauslastung, Durch‐
laufzeit oder Werkstattbestand nicht mit den Plandaten übereinstim‐
379
D
Instrumente des Supply Chain Managements
men, findet im Rahmen von BDE eine Revision der Prozesse statt, und
es sind Anpassungsmaßnahmen einzuleiten.
Wechselwirkungen Der Aufbau von PPS kann sich auf die unter Punkt C.3.5 beschriebenen
zu Beschaffungs- Beschaffungsstrategien richten. Wenn Unternehmen ihre Aktivitäten
strategien auf den Kunden fokussieren, orientiert sich PPS an Kanban. Die Produk‐
tionsplanung und ‐steuerung umfasst die gesamte Supply Chain. Der
Schwerpunkt liegt auf den internen Abläufen. Sie eignen sich für gleich‐
artige Fertigungsprozesse (Fließfertigung). PPS‐Systeme stoßen jedoch
an ihre Grenzen, wenn sie auf diskontinuierliche Fertigungsverläufe
treffen.
380
D.6
Instrumente zur IT-Unterstützung
Bei der Anpassungskonstruktion werden einzelne Baugruppen eines
bereits bestehenden Produktkonzepts verändert.
Das originär technisch ausgelegte Computer Aided Design kann auch Strategisches
betriebswirtschaftlich genutzt werden. Im Rahmen der begleitenden Kostenmanage-
Kalkulation sind die späteren Fertigungs‐ und Materialkosten frühzeitig ment
abzuschätzen. Unterschiedliche Gestaltungsalternativen werden simu‐
liert, wodurch die Kostenauswirkungen rasch bekannt sind.
Der Einsatz von Computer Aided Design intensiviert die Beziehungen Automobilbran-
zwischen Lieferanten und Herstellern. Sehr eng ist diese Bindung bei‐ che als Beispiel
spielsweise in der Automobilindustrie. In einer Studie vom Fraunhofer
Institut für Systemtechnik und Innovationsforschung in Karlsruhe wird
ausgewiesen, dass über 90% der Automobilzulieferer die CAD‐Daten
ihrer Kunden verarbeiten können.
381
D
Instrumente des Supply Chain Managements
Vorhandene Pläne Anpassungsprinzip: Für ein neues Projekt ist ein bereits existieren‐
nutzen der und möglichst ähnlicher Arbeitsplan auszuwählen. Die Spezifika
im neuen Prozess werden durch den Austausch von Elementen be‐
rücksichtigt. Der ursprüngliche Arbeitsplan unterliegt Modifikatio‐
nen. Es findet eine Anpassung an die revidierte Problemstellung
statt.
„Alles auf null, Generierungsprinzip: Dieses Verfahren ist das umfangreichste, da
drück auf Reset…“ eine umfassende Neuplanung vorzunehmen ist. Die Rechenalgo‐
(Alpa Gun) rithmen werden über CAD direkt aus dem verfügbaren geometri‐
schen und technischen Datenbestand abgeleitet. Ein Arbeitsplan ist
komplett neu zu erstellen.
Was ist eine NC- NC‐Systeme sind eine Weiterentwicklung mechanisch automatisierter
Maschine? Werkzeugmaschinen. CAP‐gestützte Arbeitspläne stellen das Funda‐
ment zur Werkstückbearbeitung dar. Die Maschinensteuerung läuft
über Informationen zur Koordination der Werkzeugbewegungen und
Schaltvorgänge. Drei grundsätzliche Arten von NC‐Maschinen werden
unterschieden:
382
D.6
Instrumente zur IT-Unterstützung
Reine NC (Numeric Control) Maschinen: Sie stellen die einfachste Einfachste Abwick-
Form dar. Auf Basis einer Fixierung der Steuerungsparameter ist die lungsart
Rigidität dieser Alternative hoch. Die Eingabe erfolgt nicht online
(bei einigen alten Modellen sogar noch über Lochstreifen).
Eine besondere Form von CAM sind Industrieroboter (Handhabungs‐ Roboter program-
geräte). Zwei Techniken zur Programmierung von Industrierobotern mieren
werden unterschieden: Das Play‐Back‐Verfahren und das Teach‐In‐
Verfahren. Ein Play‐Back‐Verfahren ist die manuelle Führung des Ro‐
boters. Die Einzelbewegungen werden zunächst gespeichert, der Robo‐
ter wiederholt anschließend die erlernten Bewegungsmuster beliebig oft.
Beim Teach‐In‐Verfahren erfolgt die direkte Eingabe des Bewegungs‐
musters online, ohne eine vorherige manuelle Führung. Auch bei dieser
Form ist die Wiederholhäufigkeit nicht begrenzt. Industrieroboter wer‐
den für Schweiß‐, Bohr‐, Fräs‐, Schleif‐ oder Lackiervorgänge eingesetzt.
Sie sind mit Sensoren ausgestattet und können unterschiedliche geomet‐
rische Formen erkennen.
Computer Aided Manufacturing umfasst nicht nur die eigentlichen Nutzen innerhalb
Fertigungsprozesse. In der Wertschöpfungskette wird auch der innerbe‐ der Supply Chain
triebliche Transport durch CAM abgedeckt. Zum Beispiel laufen Akti‐
vitäten zur Ein‐ und Auslagerung, Kommissionierung und Steuerung
von Flurförderzeugen CAM‐gestützt ab.
Der höchste Grad der Automatisierung wird bei flexiblen Fertigungs‐ Anpassungsorien-
systemen erreicht, indem eine komplette Automatisierung von Arbeits‐ tierte Fertigungs-
schritten vorliegt. Der Unterschied zu NC‐Maschinen besteht darin, dass systeme
diese zwar einzelne Arbeitsschritte lenken. Einen geschlossenen Ferti‐
gungsprozess bewältigen NC‐Maschinen jedoch nicht. Deshalb sind NC‐
Maschinen häufig umzurüsten. Bei den flexiblen Fertigungssystemen
wird zwischen dem Bearbeitungszentrum und der Fertigungszelle un‐
terschieden.
Bearbeitungszentrum: Das Bearbeitungszentrum stellt ein elektroni‐ Automatisierter
sches Werkstückwechselsystem dar. Die Maschinen können mehrere Werkzeugwechsel
383
D
Instrumente des Supply Chain Managements
Werkstückspeiche- Fertigungszelle: Neben dem mechanischen Werkstückwechsel findet
rung zur Bearbei- eine automatisierte Speicherung der Werkstücke statt. Dadurch wird
tung kompletter die Bearbeitung mehrerer Werkstücke in beliebiger Reihenfolge er‐
Prozesse möglicht. Die unterschiedlichen Arbeitsoperationen können auf ver‐
schiedenen Anlagen und an diversen Produkten nacheinander
durchgeführt werden. Manuelle Eingriffe sind nicht notwendig. Der
Werkstückspeicher wird sukzessive (Werkstück für Werkstück) ab‐
gearbeitet.
384
D.6
Instrumente zur IT-Unterstützung
MRP‐Systeme Begriffsblock D.IX
MRP I: Material Requirement Planning ist ein System zur Materialbe‐ Planung der Mate-
darfsplanung. Die Materialbedarfe werden aus vorgegebenen Pro‐ rialbedarfe
duktionsmengen abgeleitet, wobei allerdings die verfügbaren Kapa‐
zitäten unberücksichtigt bleiben. MRP‐I‐Systeme wurden im Laufe
der Zeit schrittweise durch CRP (Capacity Requirement Planning), MPS
(Master Production Scheduling) und DRP (Distribution Requirement
Planning) erweitert. Sämtliche Ansätze richten sich jedoch nach einer
Sukzessivplanung aus.
Die Strukturplanung von MRP II und ERP ist nahezu identisch: Überge‐ Unternehmenswei-
ordnete Gesamtstrategien werden sukzessive in unterschiedliche Spezi‐ te Sukzessivpla-
alpläne heruntergebrochen. Im Gegensatz zu MRP II gewährleisten die nung
Module von Enterprise Resource Planning jedoch auch Funktionen wie
Instandhaltung, Auftragsverwaltung oder Personalwirtschaft. Der
Grundstein für Enterprise Resource Planning wurde in den 90er Jahren
gelegt. Unternehmensweit regelt ein ERP‐System die Geschäftsprozesse
transaktionsorientiert. Dazu werden die notwendigen Informationen aus
einer relationalen Datenbank entnommen, in speziellen Tabellen hinter‐
legt und bei Zugriff über Suchabfragen individuell wieder zusammen‐
gesetzt.
Enterprise Resource Planning gewährleistet die operative und die auto‐ ERP in der Supply
matisierte Steuerung von unternehmenseigenen Prozessen in der Supp‐ Chain
ly Chain. Als Basis für ERP dient die Software von SAP (SAP R/3) oder
Oracle. Der Produktionsplan wird sukzessiv abgearbeitet, und die Opti‐
mierung richtet sich an den logistischen Teilsystemen innerhalb der
Unternehmen aus.
385
D
Instrumente des Supply Chain Managements
Selbst ERP- Jedoch weisen die ERP‐Systeme eine Reihe von Schwierigkeiten auf
Systeme kennen (vgl. Gronau 2014, S. 97):
noch etliche Be-
grenzungen ERP basiert auf dem Konzept der Sukzessivplanung, die Materialbe‐
darfe werden nacheinander (und nicht parallel) mit den Kapazitäten
abgeglichen.
Es werden keine Wechselbeziehungen zwischen den untergeordneten
Plänen berücksichtigt.
Der Ansatz ist wenig flexibel, indem er beispielsweise von festen Be‐
arbeitungs‐ und Wartezeiten ausgeht. Simulationen finden kaum
statt.
Als Gesamtsystem bleibt die Supply Chain bei ERP unberücksichtigt,
weil ein direkter Zugang von Lieferanten‐ und Kundeninformationen
fehlt. Diese Einschränkung wiegt besonders stark bei schwankender
Nachfrage (Bullwhip‐Effekt, vgl. S. 47).
386
D.6
Instrumente zur IT-Unterstützung
Simultaneität: Die Module von Advanced Planning and Scheduling Simultan statt
erlauben eine parallelisierte Bearbeitung einzelner Aktivitäten im sequentiell
Planungsprozess. Dadurch wird der Nachteil einer Sukzessivplanung
(wie z. B. ERP) aufgelöst.
Integration: Neben den unternehmenseigenen Daten fließen in Ad‐ Supply Chain
vanced Planning and Scheduling auch die Informationen von Liefe‐ Orientierung
ranten und Kunden ein. Dadurch deckt APS die komplette Supply
Chain ab.
387
D
Instrumente des Supply Chain Managements
Beispielblock d.8 Advanced Planning and Scheduling
Erfahrungen mit dem Einsatz von Advanced Planning and Scheduling mit
Hilfe von SAP APO sammelte beispielsweise Röhm bei der Produktion von
Plexiglas. APO steht für „Advanced Planner and Optimizer“. Die Aktivitä‐
ten beziehen sich insbesondere auf die Module „PP“ (Production Planning)
und „DS“ (Detailed Scheduling). Es folgte die Spezifizierung der Netzwerk‐
planung („SNP“, Supply Network Planning) für Röhm. Anschließend unter‐
suchten die Projektverantwortlichen mittels Simulationen die Beziehungen
für Beschaffung, Lagerung, Produktion, Handling und Transport von Plexi‐
glas in diesem Verbund. Schließlich definierte Röhm die Parameter für eine
kollaborative Planung zwischen den beteiligten Partnern, wozu im Internet
Planungsmappen auf der Basis von ITS (Internet Transaction Server) erstellt
wurden.
Leistungsmodule Die Struktur von APS zeigt sich in der Advanced‐Planning‐and‐
Scheduling‐Matrix (vgl. Betge 2006, S. 75ff.; El‐Berishy 2011, S. 93f.; Gün‐
ther/van Beek 2010, S. 103ff.). Sie spiegelt den Aufbau der APS‐Systeme
der meisten Softwareanbieter und beinhaltet die folgenden Module:
Kapazitäts- und Master Planning: Bei den meisten Softwareanbietern erstreckt sich
Bedarfsabgleich die Hauptplanung über einen mittelfristigen Zeitraum von circa
zwölf Monaten. Darin sind Aktivitäten von Beschaffung, Produktion
und Distribution innerhalb der Supply Chain geregelt. In diesem
Kontext findet eine Abstimmung der verfügbaren Kapazitäten mit
den Bedarfen statt – ohne dabei große Puffer aufzubauen. Wichtige
Voraussetzungen dafür sind Beschaffungs‐, Produktions‐, Transport‐
und Materialbedarfsplanungen aus ERP.
388
D.6
Instrumente zur IT-Unterstützung
bestimmt. Ein Beispiel dafür ist der Absatz von Sonnencreme und
Streusalz in Abhängigkeit von der Temperatur.
Material Requirement Planning: Eine mittel‐ bis kurzfristige Materi‐ Materialbedarfe
albedarfsplanung ist für das Ordering der Vorräte zuständig. Dazu simulieren
werden unterschiedliche Transaktionen in APS durchgespielt.
Production Planning and Scheduling: Hier wird deutlich, dass APS Fertigungsorientie-
kein Ersatz, sondern vielmehr eine Ergänzung für ERP ist. Unterneh‐ rung
mensintern findet eine engpassorientierte Kapazitätsplanung über
ERP statt, welche sich auf die Faktoren Personal, Materialeinsatz und
Maschinenbelegung erstreckt. Ein wichtiges Ziel ist in diesem Zu‐
sammenhang die Verkürzung der Durchlaufzeiten. Dazu werden die
Produktionsfolgen simuliert. APS wählt diejenige Alternative, welche
die größte Erfolgswahrscheinlichkeit verspricht.
Distribution and Transport Planning: Die Distributions‐ und Trans‐ Distributionslogis-
portplanung beinhaltet eine Warenverteilung. Hergestellte Güter tische Implikatio-
können direkt an den Abnehmer distribuiert oder in einem Verteil‐ nen
zentrum zwischengelagert werden. Diesbezüglich muss die jeweilige
Software für APS auf die Minimierung der Transport‐ und der La‐
gerkosten achten. Aber auch Prämissen – wie Warenverderblichkeit,
Materialhandling und Verpackungsvorschriften – sind zu berücksich‐
tigen. Deshalb leitet sich die Distributions‐ und Transportplanung
aus Informationen über Transportvolumen, Fahrzeugverfügbarkeit
und Incoterms ab.
Der Ansatz erstreckt sich über die komplette Supply Chain. Im Ge‐
gensatz zu ERP werden Lieferanten‐ und Kundeninformationen di‐
rekt in das System gespielt, was zur Minderung von Reibungsverlus‐
ten (auf Grund von Iterationsschleifen) an den Schnittstellen führt.
389
D
Instrumente des Supply Chain Managements
Mit Hilfe von Advanced Planning and Scheduling wird eine Organi‐
sation schnell und in Echtzeit auf Marktveränderungen reagieren
können. Zusätzlich verhält sich APS sehr reagibel, weil sich die Mo‐
dule an wandelnde Wettbewerbsbedingungen anpassen.
In der kompletten Supply Chain sind durch APS‐Systeme die Bestän‐
de zu senken. Außerdem werden die Durchlaufzeiten gepusht, wo‐
raus sich kürzere Lieferzeiten ableiten.
Aber auch APS- Nach der anfänglichen Euphorie gegenüber Advanced Planning and
Systeme stoßen Scheduling, werden dem Ansatz mittlerweile jedoch auch Vorbehalte
an Grenzen entgegengebracht:
Durch die Berücksichtigung einer Software im Sinne von APS steigen
die Abhängigkeiten in der Lieferkette. Werden beispielsweise die
Systeme zwischen Hersteller und Modullieferant dauerhaft ver‐
knüpft, sind sich beide Partner auf „Gedeih und Verderb“ ausgelie‐
fert. Dazu kommt, dass die Transparenz innerhalb der Kostenkalku‐
lation steigt: Insbesondere kleinere Lieferanten könnten dadurch ei‐
nen Druck auf ihre Gewinnmargen befürchten.
Allein durch die Implementierung von APS werden sich die Supply‐
Chain‐Prozesse nicht automatisch verbessern. Auch das beste System
scheitert an einer minderwertigen Datengüte. Um eine hohe Daten‐
qualität zu erreichen und um einen allgemein reibungslosen Ablauf
von APS zu gewährleisten, müssen die Mitarbeiter geschult werden.
390
D.7
Verständnisfragen
D.7 Verständnisfragen
391
D
Instrumente des Supply Chain Managements
392
E.1
Lernziele und Vorgehensweise
© Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2020 393
H. Werner, Supply Chain Management,
https://doi.org/10.1007/978-3-658-32429-2_5
E
Controlling der Supply Chain
394
E.2
Betriebswirtschaftliche Grundlagen und Cost Tracking
395
E
Controlling der Supply Chain
Cost Tracking von Materialpreisen
Cost Tracking von Frachtkosten
Cost Tracking von Beständen
„Niemand plant zu Sämtliche drei Arten eines Cost Trackings im Supply Chain Manage‐
versagen, aber die ment basieren auf der Verwendung von Formblättern. Zur Beschreibung
meisten versagen des Cost Trackings von Materialpreisen, Frachtkosten und Beständen
beim Planen.“ dient ein Beispiel: Das Phantomunternehmen View AG stellt Fernsehge‐
(L. Iacocca) räte in Deutschland am Standort Frankfurt her. Zu Beginn des Ge‐
schäftsjahrs 2020 nimmt die View AG einen Lieferantenwechsel für LCD‐
Panel vor. Bislang wurde die Organisation mit LCD‐Panel aus Italien
beliefert, und zukünftig bezieht sie diese aus Taiwan. Das Cost Tracking
der Materialpreise, Frachtkosten und Bestände erstreckt sich auf den
Berichtsmonat Juli des laufenden Geschäftsjahrs.
396
E.2
Betriebswirtschaftliche Grundlagen und Cost Tracking
Bereich A.1: Bis zum Juli 2020 stehen dem Controlling aus den Mo‐ Perioden spezifizie‐
natsabschlüssen Ist‐Zahlen (Actual) zur Verfügung. Ab dem Monat ren
August 2020 trägt das Controlling Planzahlen (Forecast) in den Chart.
Bereich B.1: Der Bereich B.1 visualisiert die totale Materialpreisabwei‐ Kumulierte Dar‐
chung. Die Zahlen sind kumuliert dargestellt. Bis zum Actual Juli be‐ stellung
läuft sich die Materialpreisabweichung auf 194 T€. Ein Forecast (sy‐
nonym als „Outlook“ bezeichnet) gibt die unterjährige Planung der
Materialpreise wieder. Bis zum Dezember 2020 beträgt diese 322 T€.
Bereich D.1: Hier trägt das Controlling die Zahlen für das Budget Budgetierte Mate‐
2020 ein. Auf Basis des Lieferantenwechsels nach Taiwan wird monat‐ rialpreise
lich mit einem positiven Effekt von 10 T€ gerechnet.
397
E
Controlling der Supply Chain
positive Abweichung von 124 T€ erzielt. Diese erhöht sich bis zum
Jahresende auf 202 T€. Obwohl das Controlling bereits eine Reduzie‐
rung der Einkaufspreise durch den Lieferantenwechsel von 120 T€ im
Budget berücksichtigte, wird diese Erwartung im laufenden Ge‐
schäftsjahr um 202 T€ übertroffen.
Maßnahmen und Bereich F.1: Schließlich werden in diesen Bereich einzuleitende Aktio‐
Verantwortlichkei‐ nen zur Verbesserung der Materialpreisabweichung, sowie Erklärun‐
ten definieren gen für diese Abweichungen eingetragen und quantifiziert.
Abbildung E.1 Cost Tracking von Materialpreisen
Chart I: Materialpreisabweichung (MPA)
Projekt: LCD‐Panel‐Bezug aus Taiwan
B.1 Σ MPA 45 66 95 112 132 164 194 217 242 269 295 322
C.1 Komponenten der MPA
‐ Volumeneffekt 34 51 75 91 103 131 154 170 190 210 230 250
‐ Börsenmaterial (3) (7) (13) (17) (23) (27) (31) (35) (39) (43) (47) (51)
‐ Wechselkurseffekt 15 23 34 41 55 62 73 85 95 105 115 125
‐ Werkzeugkosten (1) (1) (2) (4) (5) (5) (5) (6) (7) (7) (7) (7)
‐ Skonto 0 0 1 1 2 3 3 3 3 4 4 5
D.1 MPA Bud 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100 110 120
E.1 MPA Act/Fc vs. Bud 35 46 65 72 82 104 124 137 152 169 185 202
F.1
Aktionen zur Verbesserung der Materialpreisabweichung und Abweichungserklärungen
Monat 01 02 03 04 05 06 07 08 09 10 11 12
Periode Act Act Act Act Act Act Act Fc Fc Fc Fc Fc
Aktionen zur Verbesserung der Materialpreisabweichung
‐
‐
‐
Abweichungserklärungen (Act/Fc vs. Bud)
‐
‐
‐
Legende: Act = Actual, Fc = Forecast, Bud = Budget, YTD = Year to Date
MPA = Materialpreisabweichung, alle Zahlen in Tausend Euro (T€)
Negative Zahlen werden in Klammern angezeigt
398
E.2
Betriebswirtschaftliche Grundlagen und Cost Tracking
Bereich A.2: In diesen Bereich wird die Periode eingetragen. Berichtsperioden
Bereich B.2: Die Frachtkosten sind kumuliert anzugeben. Bis zum Ac‐ Totale Frachtkosten
tual Juli 2020 belaufen sie sich für den LCD‐Panel‐Bezug aus Taiwan in den Chart ein‐
auf 166 T€. Der Forecast bis zum Dezember 2020 beträgt kumuliert tragen
283 T€.
Bereich C.2: Zunächst findet sich hier eine Unterscheidung in Ein‐ Aufbruch der
gangs‐ und in Ausgangsfrachten. Sie werden in die Bereiche normale Black‐Box
Frachtkosten, Sonderfahrten und Zölle zerlegt (letzte sind von der Lo‐
gistik nur indirekt beeinflussbar). Den Raubanteil an Frachtkosten
nehmen die Eingangsfrachten mit 267 T€ ein (Jahresendwert). Durch
das Herunterbrechen der Frachtkosten in einzelne Bestandteile, sind
potenzielle Problembereiche sofort zu erkennen. Beispielsweise betra‐
gen die selektiven Sonderfahrten für den Monat März im Eingangsbe‐
reich 27 T€. Der Controller wird dem Frachtverantwortlichen dafür
eine Begründung abverlangen.
Bereich D.2: Das Budget für eine Belieferung von LCD‐Panel aus Tai‐ Budgetierung der
wan beziffert sich für Frachtkosten auf 240 T€ (pro Monat 20 T€). Basiswerte
Bereich E.2: Es ergibt sich bis zum Jahresende 2020 eine negative Ab‐ Negative Abwei‐
weichung zwischen Actual (Forecast) und Budget von (43) T€. chung
Bereich F.2: In den Abschnitt F.2 sind die Aktionen zur Verbesserung Wer macht was
des Status quo und Erklärungen für Abweichungen in das Formblatt wann?
einzutragen. Diese Informationen liefert der Funktionsbereich Logis‐
tik.
Bereich G.2: Im Bereich G.2 wird die Kennzahl „Frachtkosten in Rela‐ Relative Zielvorga‐
tion des Umsatzes“ berechnet. Die Frachtkosten weichen zum Jahres‐ ben schlagen Abso‐
ende 2020 absolut voraussichtlich um (43) T€ negativ ab. Allerdings lut‐Werte
können absolute Zielvorgaben zu Fehlentscheidungen führen: In Zei‐
ten von Better Budgeting und Beyond Budgeting sind sie durch relati‐
ve Zielvorgaben zu ergänzen, oder sogar zu ersetzen. Die höheren
Frachtkosten ergeben sich, weil im Forecast bis zum Dezember 2020
ein gesteigerter Umsatz – verglichen mit dem Budget – um 5.000 T€
erzielt wird. Laut Budget 2020 waren bis zum Jahresende Frachtkos‐
399
E
Controlling der Supply Chain
ten, in Relation des Umsatzes, von 1,00% erlaubt. Der Forecast weist
jedoch lediglich einen Wert von 0,98%, aus: Die Freight‐Ratio liegt
0,02% besser als im Budget eingeplant (positive Abweichung).
Abbildung E.2 Cost Tracking von Frachtkosten
Chart II: Frachtkosten
Projekt: LCD‐Panel‐Bezug aus Taiwan
Alle Zahlen kumuliert
View AG 2020 Monat: Juli
(YTD)
A.2 A.2 A.2 A.2 A.2 A.2 A.2 A.2 A.2 A.2 A.2 A.2
Monat 01 02 03 04 05 06 07 08 09 10 11 12
Periode Act Act Act Act Act Act Act Fc Fc Fc Fc Fc
B.2 Σ Frachtkosten 23 38 80 105 123 136 166 181 207 232 256 283
C.2 Komponenten der Frachtkosten
Eingangsfrachten 20 35 75 97 115 126 156 170 194 219 243 267
‐ Normalfracht 17 29 42 61 79 88 113 125 145 165 185 205
‐ Sonderfahrten 2 4 31 33 33 35 38 39 43 47 51 55
‐ Zölle 1 2 2 3 3 3 5 6 6 7 7 7
Ausgangsfracht. 3 3 5 8 8 10 10 11 13 13 13 16
‐ Normalfracht 3 3 5 5 5 7 8 8 10 10 10 13
‐ Sonderfahrten 0 0 0 3 3 3 3 3 3 3 3 3
‐ Zölle 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0
D.2 Frachtkosten Bud 20 40 60 80 100 120 140 160 180 200 220 240
E.2 Act/Fc vs. Bud (3) (2) (20) (25) (23) (16) (26) (21) (27) (32) (36) (43)
F.2 Aktionen zur Verbesserung der Frachtkosten/Abweichungserklärungen
Monat 01 02 03 04 05 06 07 08 09 10 11 12
Periode Act Act Act Act Act Act Act Fc Fc Fc Fc Fc
‐
‐
‐
Frachtkosten/
G.2 01 02 03 04 05 06 07 08 09 10 11 12
Umsatz (%)
Umsatz BUD 2000 4000 6000 8000 10000 12000 14000 16000 18000 20000 22000 24000
Frachtkos‐
1,00 1,00 1,00 1,00 1,00 1,00 1,00 1,00 1,00 1,00 1,00 1,00
ten/Umsatz (%)
Umsatz Act/Fc 2013 5113 8356 10890 12993 14236 16730 19000 22000 25000 27000 29000
Frachtkos‐
1,14 0,74 0,96 0,96 0,95 0,96 0,99 0,95 0,94 0,93 0,95 0,98
ten/Umsatz (%)
Legende: Act = Actual, Fc = Forecast, Bud = Budget, YTD = Year to Date
Alle Zahlen in Tausend Euro (T€)
Negative Zahlen werden in Klammern angezeigt
400
E.2
Betriebswirtschaftliche Grundlagen und Cost Tracking
Bereich A.3: Wie in den ersten beiden Fällen, werden in diesen Block Zeitraum festlegen
die Perioden des Cost Trackings eingetragen (Actual und Forecast).
Bereich B.3: In dem Bereich B.3 des Charts finden sich die Bruttobe‐ Gross Inventory
stände (also vor Abwertung auf Grund von Ungängigkeit). Im Actual
Juli 2020 beziffert sich der Bruttobestand an LCD‐Panel insgesamt auf
229 T€.
Bereich C.3: Die Vorräte werden schließlich in ihre Komponenten zer‐ Zerlegung des
legt. Die Logistikleitung sieht unmittelbar, auf welche Kontengruppen Gesamtbestands
sich die Verbesserungsmaßnahmen zur Bestandsreduzierung zuerst
erstrecken müssen: Hier sind es eindeutig die Kaufteile, die beispiels‐
weise in Konsignation genommen werden könnten.
Bereich D.3: Für das Budget 2020 wurde unterstellt, dass die Vorräte Planwerte
schrittweise insgesamt um 75 T€ abzubauen sind: Von 250 T€ im Ja‐
nuar auf 175 T€ im Dezember. Dafür sind Maßnahmen zur Senkung
von Vorräten einzuleiten.
Bereich E.3: Im Forecast wird ein Ausgleich der negativen Abwei‐ Forecast on Budget
chung (versus Budget) bis zum Jahresende eingeplant. Forecast und
Budget sind im Dezember 2020 „in line“ bei 175 T€. Ausgehend vom
letzten verfügbaren Actual, müssen folglich die Vorräte bis zum Jah‐
resende um 29 T€ heruntergefahren werden.
Bereich F.3: Schließlich werden (wie in den beiden zuvor charakteri‐ Aktionen definieren
sierten Charts auch) in den Bereich F.3 Aktionen zur Verbesserung
und Erläuterungen für Abweichungen eingestellt.
401
E
Controlling der Supply Chain
Abbildung E.3 Cost Tracking von Beständen
Chart III: Bruttobestände
Projekt: LCD‐Panel‐Bezug aus Taiwan
View AG 2020 Alle Zahlen selektiv Monat: Juli
A.3 A.3 A.3 A.3 A.3 A.3 A.3 A.3 A.3 A.3 A.3 A.3
Monat 01 02 03 04 05 06 07 08 09 10 11 12
Periode Act Act Act Act Act Act Act Fc Fc Fc Fc Fc
B.3 Σ Bestände 286 276 287 267 268 260 229 214 210 195 188 175
Komponenten der Bestände:
Rohmaterial 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0
Kaufteile 177 199 203 187 199 187 165 150 150 140 135 126
Selbstgef. Teile 39 31 27 30 25 24 22 20 18 16 16 15
Work‐in‐Process 33 29 23 19 22 25 27 30 28 28 26 25
Fertigwaren 33 12 31 27 19 18 10 10 10 8 8 6
Beigst. Material 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0
Anzahlungen 1 3 1 2 1 2 3 3 3 3 3 3
Sonstige 3 2 2 2 2 4 2 1 1 0 0 0
D.3 Bestand Bud 250 250 250 225 225 225 200 200 200 175 175 175
E.3 Act vs. Bud (36) (26) (37) (42) (43) (35) (29) (14) (10) (20) (13) 0
F.3 Aktionen zur Verbesserung der Bestände und Abweichungserklärungen
Monat 01 02 03 04 05 06 07 08 09 10 11 12
Periode Act Act Act Act Act Act Act Fc Fc Fc Fc Fc
Aktionen zur Verbesserung der Bestände
‐
‐
‐
Abweichungserklärung (Act/Fc vs. Bud)
‐
‐
‐
Legende: Act = Actual, Fc = Forecast, Bud = Budget
Alle Zahlen in Tausend Euro (T€)
Negative Zahlen werden in Klammern wiedergegeben
402
E.3
Kennzahlenmanagement in der Supply Chain
403
E
Controlling der Supply Chain
Differenzierung nach der Zielrichtung: Erfolgs‐, Liquiditäts‐ und Wert‐
steigerungskennzahlen (Kapitel E.3.2.2).
Differenzierung nach der Erfolgswirksamkeit: Strategische und operati‐
ve Kennzahlen (Gliederungspunkt E.3.2.3).
404
E.3
Kennzahlenmanagement in der Supply Chain
ternehmens), oder ob nicht erst durch die Relation eine Kennzahl ent‐
steht (zum Beispiel der „Jahresüberschuss im Verhältnis zum Umsatz“).
Unter die relativen Kennzahlen werden Gliederungszahlen, Bezie‐
hungszahlen und Indexzahlen gefasst (vgl. zur Typologie relativer
Kennzahlen Abbildung E.4). Während die Gliederungszahl ein „Teil des
Ganzen“ ist (z. B. der Marktanteil), gibt die Beziehungszahl eine Nor‐
mierung von Basisdaten wieder (beispielsweise Umsatz pro Mitarbeiter
eines Geschäftsjahrs). Die Indexzahl hingegen zeigt die Entwicklung
ausgewählter Größen über einen zeitlichen Horizont an. Ein Beispiel ist
die Preisentwicklung für Aluminium über die letzten zwölf Monate.
Typologie relativer Kennzahlen Abbildung E.4
Teil des Absoluter Marktanteil
Gliederungszahl
Ganzen in %
Normierung von Basis‐ Umsatz pro Mitarbeiter
Beziehungszahl
zahlen und Periode
Beurteilung der zeitlichen Preisindex
Indexzahl
Entwicklung für Rohstoffe
Gewinn × 100
ROS =
Umsatz
405
E
Controlling der Supply Chain
Gewinn × 100
ROE =
Eigenkapital
Return on Total Wie die Umsatzrendite und die Eigenkapitalrendite, stellt auch die Ge‐
Capital samtkapitalrendite (Return on Total Capital, ROTC) eine eher traditionel‐
le Erfolgsgröße dar. Der ROTC ermittelt sich ebenfalls aus dem „Ge‐
winn“. Folgende Definition der Gesamtkapitalrendite ist üblich:
Moderne Indikato‐ Neben diesen drei tradierten Erfolgsgrößen gewinnen insbesondere der
ren zur Bestim‐ Return on Capital Employed (ROCE) sowie der Return on Assets
mung von Rendi‐ (ROA) an Bedeutung. Sie werden auf Bilanzpressekonferenzen und im
ten Rahmen von Kennzahlenvergleichen mittlerweile häufig berücksichtigt.
Beide Key Performance Indicator können jeweils als die erwirtschaftete
„Kapitalrendite“ eines Unternehmens verstanden werden. Die Berech‐
nungsmöglichkeiten von ROCE und ROA sind den folgenden Definiti‐
onsblöcken zu entnehmen.
EBIT × 100
ROCE =
Eingesetztes Kapital
ROCE und ROA Bei der Ermittlung von ROCE ist das operative Ergebnis einer Periode
auf dem Siegeszug (EBIT) in der Gewinn‐ und Verlustrechnung abzulesen. Das eingesetzte
Kapital (Capital Employed) setzt sich aus dem Anlagevermögen und
dem Net Working Capital – Vorräte, Forderungen sowie unverzinsliche
Verbindlichkeiten – zusammen (vgl. S. 452). Im Unterschied zu dem
Return on Capital Employed, leitet sich bei der Kennzahl Return on
Assets der Zähler nicht aus dem EBIT, sondern aus dem Rohertrag ab
(Gross Profit). Bei einem näheren Blick auf die Gewinn‐ und Verlust‐
rechnung findet bei der Überleitung des Rohertrags zum EBIT eine Ver‐
rechnung von Aufwendungen und Erträgen über folgende drei Blöcke
statt:
Marketing und Vertrieb (Marketing and Sales)
Allgemeine Verwaltung (Administration and General)
Forschung und Entwicklung (Research and Development)
406
E.3
Kennzahlenmanagement in der Supply Chain
Vermutlich liegt die zunehmende Verbreitung von ROCE und ROA in Disponibilität
der Unternehmenspraxis darin begründet, dass eine Erfolgsberechnung besonders ausge‐
sich nicht länger aus dem Jahresüberschuss („Gewinn“) ableitet. Viel‐ prägt
mehr werden bei der Kapitalrendite EBIT oder Rohertrag als echte Er‐
folgsindikatoren angesehen, denn diese beiden Größen sind hochgradig
disponibel. Sie zeigen unverblümt den operativen Geschäftserfolg auf.
Der Jahresüberschuss hingegen berechnet sich nach Zinsen und Steuern.
Bekanntlich sind die (Fremdkapital‐) Verzinsung sowie die Besteuerung
durch das Management kaum beeinflussbar, weil sie extern vorgegeben
werden.
Schließlich stellt der Return on Investment (ROI) eine weitere Erfolgs‐ ROI als Kennzah‐
größe dar, die sich aus der Multiplikation von Umsatzrendite (Return on lensystem
Sales) sowie Kapitalumschlag (Capital Turnover) errechnet. Diesbezüg‐
lich ist die Aufschlüsselung zu einem Kennzahlensystem möglich (Du‐
Pont‐Schema, vgl. Abbildung E.5).
Ein Supply Chain Manager beeinflusst die Rentabilität eines Unter‐ Bestände beeinflus‐
nehmens direkt und nachhaltig. Folgendes Beispiel verdeutlicht diesen sen den ROI nach‐
Gedanken (vgl. Abbildung E.6): Auf Grund eingeleiteter Aktivitäten zur haltig
Bestandssenkung gelingt es einem Unternehmen, die Vorräte um 20% zu
senken. Absolut ausgedrückt, vermindern sich die Bestände von 100
Millionen Euro auf nunmehr 80 Millionen Euro. Ceteris paribus bewirkt
dieser Effekt ein Absenken des Umlaufvermögens um 20 Millionen Eu‐
ro: Es vermindert sich von 110 Millionen Euro auf 90 Millionen Euro.
Somit reduziert sich das Gesamtvermögen ebenfalls um 20 Millionen
Euro: von 234 Millionen Euro auf 214 Millionen Euro. Basierend auf
diesem Vermögensabbau erhöht sich der Kapitalumschlag deutlich von
2,31 auf 2,52. Turns Die Änderung der Spitzenkennzahl ROI ist ebenfalls
beachtlich. Diese steigt von 12,82% auf 14,03%. Im Ergebnis lässt das
herangezogene Beispiel folgende Interpretation zu: Eine Senkung der
Vorräte um 20% verbessert den ROI um 1,21% Prozentpunkte (auf Basis
der verwendeten Zahlen). Dies entspricht einer relativen Renditesteige‐
rung von 9,5%.
407
E
Controlling der Supply Chain
Abbildung E.5 Beispiel zur Berechnung des Return on Investment
Preis
2
+
Umsatz
Menge
540.000
270.000
Gewinn
30.000 ‐
Umsatz‐ Material
rendite : Kosten 398.000
5,56% 510.000
+
ROI Umsatz
x 540.000 Personal
12,82%
102.000
Kapital‐
: Anlage‐ +
umschlag
vermögen
2,31 Sonstiges
124.000
Vermögen 10.000
134.000 +
Umlauf‐ Bestände
vermögen 100.000
110.000
+
Sonstiges
10.000
Legende: Zahlen in Tausend Euro (T€); ausgenommen Prozentwerte.
Auswirkungen der Doch sei nochmals explizit darauf hingewiesen, dass oben beschriebenes
Bestandsreduzie‐ Beispiel der Vorratssenkung nur ceteris paribus gilt. Eine Verbesserung
rung richtig inter‐ der Rendite ausschließlich auf ein Absenken von Beständen zurückfüh‐
pretieren ren zu wollen, erscheint abenteuerlich: In dem charakterisierten Betrach‐
tungszeitraum wurden die Vorräte um 20% reduziert. Alle übrigen Grö‐
ßen blieben in ihrer Höhe jedoch unverändert.
Komplementäres Diese Annahme erscheint wenig realistisch. Eine Bestandssenkung „um
versus konkurrie‐ jeden Preis“ ruft Trade‐off‐Effekte regelrecht auf den Plan (Zielkonkur‐
rendes Verhalten renz). Beispielsweise wirken sich Bestandsreduzierungen tendenziell
negativ auf Materialpreise, Frachtkosten, Produktionskosten oder Um‐
sätze aus. Diese negativen Auswirkungen könnten zu einer Verschlech‐
terung der Rentabilität führten (vgl. Abbildung E.6). Ein Supply Chain
Controller müsste die positiven Cash‐Flow‐Effekte einer Bestandsredu‐
zierung mit den zu erwartenden Verschlechterungen auf den EBIT ge‐
genüberstellen, um eine gesamtoptimale Entscheidung für ein Unter‐
nehmen treffen zu können. Die festgestellte Renditesteigerung von 9,5%
wäre so nicht mehr haltbar.
408
E.3
Kennzahlenmanagement in der Supply Chain
Verbesserung des ROI durch Bestandssenkung Abbildung E.6
Preis
2
+
Umsatz
540.000 Menge
270.000
Gewinn
30.000 ‐
Umsatz‐ Material
rendite : Kosten 398.000
5,56% 510.000
+
ROI Umsatz
x 540.000 Personal
14,03%
102.000
Kapital‐
: Anlage‐ +
umschlag
vermögen
2,52 Sonstiges
124.000
Vermögen 10.000
214.000 +
Umlauf‐ Bestände
vermögen 80.000
90.000
+
Sonstiges
10.000
Legende: Zahlen in Tausend Euro (T€); ausgenommen Prozentwerte.
409
E
Controlling der Supply Chain
Verschiedene Mög‐ Es handelt sich bei einem Cash Flow um keine einheitlich definierte
lichkeiten der Cash‐ Kennzahl. Vielmehr existieren etliche Berechnungsmöglichkeiten, um
Flow‐Ermittlung einen Finanzmittelüberschuss zu bestimmen. Deshalb ist im Rahmen
eines Benchmarkings über den Cash Flow dessen Definition genau zu
beachten. Eine pragmatische Ermittlungsmöglichkeit zur Berechnung
des Cash Flow zeigt der nachstehende Definitionsblock auf (vgl. Alter
2016, S. 51; Lewe/Schneider 2004, S. 41; Probst 2012, S. 59).
Jahresüberschuss
± Abschreibu ngen/Zusch reibungen
± Erhöhung/Verminderun g von Rückstellu ngen
= ʺ Praktiker Cash Flowʺ
Erweiterter Cash Dieser „Praktiker Cash Flow“ gibt jedoch nicht wieder, dass ein Supply
Flow Chain Management einen mitunter gewichtigen Einfluss auf den Fi‐
nanzmittelüberschuss ausübt. Daher ist unten der erweiterte Cash Flow
angegeben, dessen Definition aufdeckt, dass Veränderungen von Be‐
ständen und Forderungen den Finanzmittelüberschuss in seiner Höhe
direkt beeinflussen (vgl. Lewe/Schneider 2004, S. 42).
Jahresüberschuss
± Abschreibu ngen/Zusch reibungen auf Vermögensw erte
+ Veränderun gen Rückstellu ngen
+ Veränderun gen Sonderpost en mit Rücklagena nteil
+ Veränderun gen Wertberich tigungen
‐ Veränderun gen Vorräte
‐ Veränderun gen Forderunge n
‐ Veränderun gen aktive RAP
‐ Aktivierte Eigenleist ungen
= Eweiterter Cash Flow
410
E.3
Kennzahlenmanagement in der Supply Chain
Schließlich werden nach ihrer Zielrichtung Wertsteigerungskennzahlen Economic Value
unterschieden. Der wohl bedeutsamste Vertreter dieser Gattung ist der Added
Economic Value Added (EVA). Unter Gliederungspunkt E.4.4 findet sich
seine ausführliche Charakterisierung (vgl. S. 485). Der Economic Value
Added – wie auch die benachbarten Konzepte Market Value Added,
Economic Profit, Added Value oder Cash Value Added – steigern die
Transparenz im Wettbewerb. Es sind Kennzahlen, die dem Gedanken
des Shareholder Value folgen.
Strategische und operative Kennzahlen Abbildung E.7
Kennzahlart
Strategische Kennzahlen Operative Kennzahlen
Supply Ebene
‐ Gesamtdurchlauf SC ‐ Cash‐to‐Cash‐Cycle
‐ Gesamtkosten SC ‐ Schnittstellen SC
Netzwerkkennzahlen
‐ Time‐to‐Market SC ‐ Kundenkontakte SC
‐ Gesamtlieferzeit SC
‐ Lagerumschlag ‐ Kosten pro Bestellung
Interne Kennzahlen ‐ Lieferservicegrad ‐ Aufträge pro Jahr
‐ Lieferflexibilität ‐ Gängigkeit Bestände
411
E
Controlling der Supply Chain
Abbildung E.8 Leistungs‐ und Kostenkennzahlen
Kategorie
Kennzahlenkategorie Beispiel
Kennzahlentyp
‐ Geschwindigkeit ‐ Durchlaufzeit
‐ Qualität ‐ Ausschussrate
Leistungskennzahlen ‐ Anpassungsfähigkeit ‐ Einrichtzeit
‐ Kooperation ‐ Gleiche Datensätze
‐ Komplexität ‐ Zahl Produktvarianten
‐ Prozesskosten ‐ Transaktionskosten
‐ Qualitätskosten ‐ Rückrufkosten
Kostenkennzahlen ‐ Bevorratungskosten ‐ Bestandskosten
‐ Abstimmungskosten ‐ Kommunikationskosten
‐ Distributionskosten ‐ Frachtkosten
Input: Kennzahlen der Beschaffung
Throughput: Kennzahlen der Lagerung, der Kommissionierung und
der Produktion
412
E.3
Kennzahlenmanagement in der Supply Chain
Output: Kennzahlen der Distribution
Payment: Kennzahlen der Finanzströme
Die Zunahme an Wertschöpfung über die Stufen Input, Throughput und Wertschöpfungs‐
Output resultiert insbesondere aus den Faktoren Personaleinsatz, Mate‐ bezug
rialverbrauch, logistische Abschreibungen sowie Betriebs‐ und Hilfsmit‐
telverbrauch. Diese Einflussgrößen reichen von der Materialbeschaffung
bis zum Versand der Fertigwarenbestände. Das vorgestellte Kennzah‐
lensystem ist allerdings nicht ausschließlich auf den direkten Sektor
(Produktion, Montage) zu beziehen. Es kann sehr wohl auch zur Mes‐
sung von Aktivitäten im indirekten Bereich (Dienstleistungen, Service)
dienen.
In der zweiten Dimension der Typologie sind verschiedene Arten von Arten von Kenn‐
Kennzahlen aufgeführt. Die Kennzahlen des vorliegenden Systems wer‐ zahlen
den in drei Bereiche unterteilt:
Generische Kennzahlen (Strukturkennzahlen)
Kennzahlen zur Produktivitäts‐ und Wirtschaftlichkeitsbewertung
Qualitäts‐ und Service‐Kennzahlen
Bei der näheren Beschreibung der verschiedenen Kennzahlenarten die‐ Struktur‐
ser Typologie ist zunächst der Begriff der generischen Größen zu klären. kennzahlen
Unter die generischen Key Performance Indicator fallen strategische
und übergeordnete Größen, welche den jeweiligen Bereich einer Supply
Chain grundsätzlich prägen (strukturelle Kennzahlen).
Die zweite Kategorie unterschiedlicher Kennzahlenarten bezieht sich in Von der Produkti‐
der Typologie auf Produktivitäts‐ und Wirtschaftlichkeitsindikatoren. vität zur Wirt‐
Produktivitätskennzahlen sind das Ergebnis bestimmter Output‐Input‐ schaftlichkeit
Relationen. Häufig werden in diesem Zusammenhang Arbeitsprodukti‐
vitäten gemessen: Ein Beispiel dafür sind in der Kommissionierung
„Picks pro Stunde“. Im Rahmen der Ermittlung von Wirtschaftlich‐
keitskennzahlen bedarf es der Bewertung einer Produktivität über Auf‐
wendungen (Erträge) oder Kosten (Leistungen). Wieder auf die Kom‐
missionierung bezogen, sind dies beispielsweise „Kosten pro Pick“.
In dem dritten Bereich unterschiedlicher Arten von Kennzahlen des Messgrößen von
Supply Chain Managements finden sich Qualitäts‐ und Serviceindika‐ Qualität und
toren (Zufriedenheitsindizes). Ein gewichtiger Vertreter dieser Kategorie Service
ist der Lieferservicegrad.
413
E
Controlling der Supply Chain
Abbildung E.9 Struktur der Kennzahlentypologie einer Supply Chain
Wertschöp‐
Input Throughput Output Payment
fung
‐ Beschaffung ‐ Lagerung ‐ Distribution ‐ Finanzen
‐ Beistellung
Kennzahlenart ‐ Fertigung
Generische Kenn‐
zahlen
I.1 II.1 III.1 IV.1
Produktivitäts‐
und Wirtschaft‐ I.2 II.2 III.2 IV.2
lichkeitskennzahlen
Qualitäts‐ und
Servicekennzahlen
I.3 II.3 III.3 IV.3
414
E.3
Kennzahlenmanagement in der Supply Chain
Allgemein messen sie die Performance einer Lieferantenintegration (vgl.
zu Kennzahlen der Beschaffung einer Supply Chain Cohen/Roussel 2006,
S. 303ff.; Schulte 2017, S. 641ff.; Stollenwerk 2016, S. 91ff.; Strigl et al. 2004,
S. 143ff.).
Anzahl Einkaufste ile.
Einkaufsvo lumen.
Anzahl Bestellpo sitionen.
Anzahl Lieferante n.
Weiterhin finden sich in der Typologie etliche relative generische Kenn‐ „Ein Zyniker ist
zahlen des Inputs einer Supply Chain. Ein Klassiker unter diesen Grö‐ ein Mensch, der
ßen ist der Preisindex. Seine begriffliche Klärung erfolgt im nachstehen‐ von jedem Ding
den Definitionsblock. Ferner fallen in dieses Segment der Typologie die den Preis und von
Kennzahlen Volumenstruktur sowie Maverick‐Buying‐Quote (auch keinem den Wert
deren Begriffsfindung ist unten wiedergegeben). Mit Hilfe von Preisin‐ kennt.“
(O. Wilde)
dizes wird die Leistung der Einkäufer gemessen (vgl. zur Materialpreis‐
abweichung Gliederungspunkt E.2.2.1 auf S. 396). Dazu sind möglichst
sämtliche Einflussfaktoren herauszurechnen, welche der Einkäufer nicht
direkt verhandeln kann. Dazu zählen Währungseffekte, Zoll oder Bör‐
senmaterialien.
Preis gezahlt × 100
Preisindex (%) =
Preis budgetier t
415
E
Controlling der Supply Chain
Anzahl eingehende Sendungen
Sendungen pro Tag =
Anzahl Mitarbeite rstunden
Kostentreiber der Ein weiterer Vertreter zur Beurteilung einer Produktivität innerhalb der
Beschaffung Wertschöpfungskette ist die Warenannahmezeit pro Sendung. Ceteris
paribus treiben überproportional lange Warenvereinnahmungen die
Prozesskosten in die Höhe, weil die Aktivitäten an Effizienz einbüßen.
Daher sind in diesem Fall die Gründe für niedrige Produktivitäten in
der Warenannahme herauszuarbeiten – und diese Defizite möglichst
rasch abzustellen.
416
E.3
Kennzahlenmanagement in der Supply Chain
Warenannahmezeit insgesamt
Annahmezei t pro Sendung =
Anzahl eingehende Sendungen
In der Unternehmenspraxis zeigt sich der Trend, die Raten durchgeführ‐ Eingangskontrollen
ter Wareneingangskontrollen (WEK) zu senken. Dadurch sollen Hand‐ verschlingen Geld
lingskosten und Personalkosten eingespart werden. Mit Hilfe dieser
Produktivitätskennzahl ist zu überprüfen, ob dieses Ziel erreicht wurde.
Schließlich sind die Wareneingangskontrollkosten pro Tag zu ermitteln. Vertrauensindex
Diese Wirtschaftlichkeitskennzahl ist wichtig für die Berechnung von innerhalb der
Transaktionskosten innerhalb eines Supply Chain Managements. Mit Wertschöpfungs‐
Hilfe einer intensivierten Zulieferintegration (verbunden mit der Mög‐ kette
lichkeit, Aktivitäten des Kunden auf den Lieferanten zu verlagern) wird
derzeit in der Unternehmenspraxis der Versuch unternommen, die Kos‐
ten für Wareneingangskontrollen drastisch zu senken.
417
E
Controlling der Supply Chain
Auftragsgerechte Der eingehende Servicegrad misst den Prozentsatz von termin‐, mengen‐
Bestellungen und qualitätsgerechten Anlieferungen. Diese Kennzahl bewertet die
Warenverfügbarkeit eines Kunden.
Wer zu spät Die Verzögerungsquote bemisst ausschließlich die zeitliche Güte einge‐
kommt... hender Warenlieferungen. Dieser Performance Indicator ermittelt somit
den Prozentsatz von Lieferrückständen („Logistics Backlogs“).
418
E.3
Kennzahlenmanagement in der Supply Chain
419
E
Controlling der Supply Chain
Beispiel zur Turn‐ Ein Beispiel zur Ermittlung einer Turn Rate unterstreicht die Ausfüh‐
Rate‐Berechnung rungen: Ein mittelständischer Automobilzulieferer erzielt einen Umsatz
von 500 Millionen Euro. In der Bilanz verbucht diese Organisation einen
Bestand von 60 Millionen Euro. Daraus errechnet sich eine Lagerum‐
schlagshäufigkeit von 8,3 pro Jahr.
500.000.000 Euro
8,3 Turns =
60.000.000 Euro
Interne Lagerum‐ Für interne Ermittlungen der Turn Rate kann in der Berechnungsformel
schläge über Mate‐ im Zähler der Wareneinsatz (synonym: Materialverbrauch) den Umsatz
rialverbräuche ersetzen. Diese Berechnung der Lagerumschlagshäufigkeit ist sicherlich
„schärfer“. Jedoch verschließt sie die Möglichkeit eines externen Kenn‐
zahlenvergleichs, da der Wareneinsatz für einen Dritten nicht einsehbar
ist.
Materialve rbrauch
Turn Rate (Interne Berechnung) =
Durchschnittlicher Lagerbestand
Operatives Im Gegensatz zur Umschlagshäufigkeit stellt die Reichweite des Lagers
Schwergewicht des (Days on Hand, Ranges) eine operative Kennzahl des Warehouse Mana‐
Lagers gements dar. Dieser Indikator wird bis auf die einzelne Sachnummer
heruntergebrochen und hilft dem Disponenten bei der täglichen Steue‐
rung seines Vorratsvermögens. Von der Semantik her leicht ableitbar,
gibt diese Kennzahl an, wie viele Tage (Wochen, Monate) der Vorrat
einer Materialart auf Lager „ausreicht“. Zum Teil finden sich in der Lite‐
ratur synonym die Bezeichnungen „Lagerdauer“ und „Eindeckzeit“
(vgl. Krüger 2014, S. 129; Lewe/Schneider 2004, S. 111). Analog zur Um‐
schlagshäufigkeit, ist zunächst wiederum die externe Berechnungsme‐
thode (Investor‐Relations) aufgezeigt. Anschließend werden zwei inter‐
ne Möglichkeiten zur Definition von Lagerreichweiten diskutiert: die
vergangenheitsorientierte und die zukunftsorientierte Eindeckzeit. Die
retrospektive Lagerreichweite wird reziprok zur Umschlagshäufigkeit
berechnet (vgl. unten):
Durchschnittlicher Lagerbestand
Ranges (Investor Relations) =
Umsatz (Umsatzkosten)
420
E.3
Kennzahlenmanagement in der Supply Chain
Das herangezogene Beispiel zur Kalkulation einer Lagerumschlagshäu‐ Berechnung der
figkeit (vgl. S. 420) wird hier aufgegriffen und fortgeführt. Dazu ist der Lagerreichweite
durchschnittliche Bestand mit den Kalendertagen (oder Wochen) eines
Jahres zu multiplizieren und durch den Umsatz zu dividieren. Die
Reichweite der Vorräte beträgt durchschnittlich 43,2 Tage. Schließlich
kann eine Probe vorgenommen werden: Die Umschlagshäufigkeit (8,3)
wird mit der Reichweite (43,2) multipliziert. Das Ergebnis von 360 ergibt
die Kalendertage eines gesamten Jahres.
60.000.000 Euro x 360 Tage
43,2 Tage =
500.000.00 0 Euro
Bestand
Interne Reichweite des Lagers (retrospek tiv) =
Verbrauch
Ein Bedarf ermittelt sich hingegen bei der zukunftsorientierten Reich‐ Nicht für jedes
weite aus den Liefer‐ und den Feinabrufen. Für „schwierige“ Kunden, Geschäft geeignet
die ihre Bestellungen häufig ändern und somit nur über eine geringe
Absatzprognosegenauigkeit verfügen, ist die Bestandssteuerung über
eine zukunftsgerichtete Reichweite nicht empfehlenswert.
Bestand
Interne Reichweite des Lagers (prospektiv) =
Bedarf
Die Lagerumschlagshäufigkeit und die Lagerreichweite sind zwei wich‐ Weitere Kennzah‐
tige Indikatoren zur Leistungsmessung des Warehouse Managements. In len des Lagerwe‐
den nachstehenden Definitionsblöcken werden zusätzliche generische sens
Kennzahlen diskutiert, welche im Lagerwesen eingesetzt werden (vgl.
insbesondere Krüger 2014, S. 95; Schulte 2017, S. 652ff.).
Bedeutsamen Einfluss auf die Lagerbewirtschaftung üben die Hand‐ Erweiterte Lager‐
lingskosten aus. Opportunitätskosten (entgangene Zinsgewinne) und kostensätze definie‐
Fehlmengenkosten (auf Grund von Unterbeständen) werden bei der ren
Ermittlung des Lagerkostensatzes hingegen nicht berücksichtigt. Darun‐
ter leidet die Aussagekraft dieser Kennzahl. Folglich sollte die konventi‐
421
E
Controlling der Supply Chain
Kostensatz Lagerung
+ Zinssatz (des gebundenen Kapitals)
+ Kosten für Fehlmengen
= Kostensatz Lagerung erweitert
Auslastung Lager (belegte Fläche Regal) 100
Flächennut zung (%) =
Kapazität Lager (Gesamtflä che)
Lagerflächen besser Mit Hilfe des Lagerflächenanteils wird die Bedeutung einer Lagerfläche
ausnutzen ermittelt. Nach Schulte (vgl. Schulte 2001, S. 484) liegt die Relation der
Fertigungsfläche zur Lagerfläche in der Praxis zumeist zwischen 0,6 und
1,6. Mit einer Verringerung der Lagerfläche, wird die verbesserte Flä‐
chennutzung erreicht, welche zur Effizienzsteigerung der Produktions‐
steuerung führt (Zunahme an „Lagerdichte“).
Hermaphrodit Die Kennzahl Vorratsquote ist eine Hybridgröße und steht zwischen
zwischen den den Welten der Logistik („Anzahl bevorrateter Güter“ im Zähler) und
Fronten des Einkaufs („Anzahl beschaffter Artikel“ im Nenner). Der Nachteil
dieser Größe ist, dass sie zwar über die Menge bevorrateter und be‐
schaffter Artikel Aufschluss gibt, jedoch den Wert von Gütern vernach‐
lässigt. Deshalb ist dieser Leistungsindikator möglichst um die Reich‐
weite oder die Turn Rate zu ergänzen.
422
E.3
Kennzahlenmanagement in der Supply Chain
Anzahl bevorrateter Güter 100
Vorratsquote (%) =
Anzahl beschaffter Artikel
Im Anschluss an die Darstellung generischer Kennzahlen des Wa‐ Pickvorgänge
rehouse Managements erfolgt in den weiteren Ausführungen eine Dis‐ bewerten
kussion ausgewählter generischer Indikatoren einer Kommissionierung
(vgl. die nachstehenden Definitionsblöcke „Kommissionier‐Positionen
pro Auftrag“ und „Automatisierungsgrad der Kommissionierung“).
Den Manager einer Wertschöpfungskette interessiert nicht nur die bloße
Anzahl der Kommissionierungen, sondern auch deren Zuordnung zu
Aufträgen: Um beispielsweise auf Basis dieser Informationen spätere
durchschnittliche Bearbeitungszeiten pro Mitarbeiter zu errechnen.
Picks insgesamt
Picks pro Auftrag =
Anzahl Aufträge
Picks automatisi ert 100
Picks automatisi ert =
Picks insgesamt
Schließlich sind für das Segment Throughput noch die generischen Key KPI der Fertigung
Performance Indicator einer Produktion zu untersuchen. Die erste hier
vorgestellte Kennzahl „Flächenanteil der Verkehrswege“ stellt den di‐
rekten Übergang zur Kommissionierung dar (diese Größe könnte ebenso
unter die Bereitstellung gefasst sein).
Je großzügiger die Flächenanteile der Verkehrswege in der Halle ge‐ Verkehrswege
wählt werden, desto weniger Raum steht für Produktion und Logistik schlucken Fläche
zur Verfügung. Über Simulationen lassen sich die Verkehrswege des
Lagerbereichs optimieren.
423
E
Controlling der Supply Chain
Outsourcing vs. Die Fertigungstiefe beziffert den Anteil der Selbsterstellung (Eigenferti‐
Insourcing gung) am Umsatz. Anders ausgedrückt, misst diese Kennzahl die Out‐
sourcing‐Quote eines Unternehmens. Zur Ermittlung der Wertschöp‐
fung sind die Vor‐ und die Fremdleistungen von den selbst erstellten
Leistungen zu subtrahieren.
Wertschöpfung 100
Fertigungs tiefe (%) =
Umsatz
Entsorgung und Nicht nur die Kennzahlen der Versorgung dienen zur Bewertung von
Recycling gewin‐ Produktionsprozessen. Auch KPI für Entsorgung und Recycling finden
nen an Bedeutung hier Einsatz. Ein Beispiel dafür ist die Recyclingquote. Mit ihr ist der
Anteil verwendeter oder verwerteter Materialien zu ermitteln, welche in
den Produktionsprozess zurückgeführt werden. In manchen Branchen
424
E.3
Kennzahlenmanagement in der Supply Chain
steigt dieser Wert, auf Grund der Verknappung oder der Verteuerung
von Ressourcen, fast automatisch (Green Supply Chains).
Anzahl Lagerbewegungen insgesamt
Lagerwegun gen je Mitarbeite r =
Anzahl Mitarbeite r im Lager
Der Raumnutzungsgrad zeigt an, wie effizient die zur Verfügung ste‐ Den Platzdieben
hende Lagerfläche in Anspruch genommen wird. Ein wesentlicher Ein‐ auf der Spur
flussfaktor ist die potenzielle Stapelbarkeit der Waren selbst oder ihrer
Verpackungsträger. Als Entscheidungsalternativen bieten sich Großla‐
dungsträger oder Kleinladungsträger an.
Lagergutvo lumen 100
Raumnutzun gsgrad des Lagers (%) =
Lagerraumv olumen
425
E
Controlling der Supply Chain
Hoher Personal‐ Der Zähler der Kennzahl Kosten pro Lagerbewegung leitet sich insbe‐
kostenanteil sondere aus Personal‐ und Sachkosten der Lagerwirtschaft ab. Im Kern
gibt der Indikator an, welche Aufträge in ihrer Art oder auf Grund ihrer
Größe besonders hohe Kosten verursachen.
Kosten Lager
Kosten pro Lagerbeweg ung =
Zugang Lager / Abgang Lager
Picks 100
Picks je MA (%) =
MA Lager
Picks in Aufträgen Als Ergänzung zu den „Picks pro Mitarbeiter“ dient der Key Perfor‐
verdichten mance Indicator Kommissionieraufträge pro Mitarbeiter. Die Kennzahl
misst die abgearbeiteten Aufträge je Mitarbeiter. Sie gibt Aufschluss über
den Umfang eingehender Kundenbestellungen.
426
E.3
Kennzahlenmanagement in der Supply Chain
Bestandsko nten insgesamt
Gepflegte Bestandsk onten je MA
MA zur Bestandsf ührung
Menge Produktion
Intensität genutzter Maschinen
Maschinene insatz (Stunden)
427
E
Controlling der Supply Chain
Dispositionskosten Überproportional hohe Kosten je Dispositionsaktivität (diese Kennzahl
senken wird synonym „Kosten je Bestellung“ genannt) zeugen von einer wenig
wirtschaftlichen Produktionsplanung. Dieses Manko kann durch Ineffi‐
zienzen des Einsatzes technologischer Ressourcen (wie IT) oder in einer
mangelnden Kommunikation mit benachbarten Funktionsbereichen
begründet liegen.
428
E.3
Kennzahlenmanagement in der Supply Chain
Nachdem einige Kennzahlen der Lagerung genannt wurden, sind in der Qualität der Kom‐
Folge Indikatoren der Kommissionierung herauszuarbeiten. Diese wer‐ missionierung
den einerseits in den Bereich Supply‐Chain‐Throughput eingeordnet.
Andererseits handelt es sich um Qualitäts‐ und Servicekennzahlen. Da‐
zu werden nachstehend drei KPI näher betrachtet: Der interne Service‐
grad, die interne Zurückweisungsquote und die interne Verzögerungs‐
quote. Diese Größen wurden als Qualitäts‐ und Servicekennzahlen des
Inputs (der Beschaffung) in Feld I.3 der Matrix bereits vorgestellt und
dort, unter dem Blickwinkel des externen Lieferantenbezugs, beschrie‐
ben. Unter diesem Gliederungspunkt erfolgt nun die umgekehrte Leis‐
tungsmessung von Supply Chain Indikatoren in Richtung Kunde.
Im Rahmen der Berechnung des internen Servicegrads, sind zeitliche, Internen Service
mengenmäßige und qualitative Defizite der Kommissionierung in Rich‐ garantieren
tung Kunde denkbar. Doch auch örtliche Fehler können im Rahmen der
Bereitstellung auftreten: Wie eine falsche Zuordnung von Materialien in
den Bereitstellungszonen.
429
E
Controlling der Supply Chain
Stock‐outs vermei‐ Die interne Zurückweisungsquote ist eine Unter‐Kennzahl des internen
den Servicegrads. Viele Fehler der Kommissionierung werden in der folgen‐
den Produktion per se aufgedeckt, indem sie diese verzögern oder viel‐
leicht sogar zu einem Bandstillstand führen. Besonders problematisch
sind schleichende Kommissionierungsfehler, die erst nach der Waren‐
auslieferung zum Kunden aufgedeckt werden: Dann ist eine Erhöhung
der Rate an Retouren zu befürchten.
Abgewiesene Kommissionierungen 100
Interne Zurückweis ungen (%) =
Kommission ierungen insgesamt
Zeitliche Mängel Weiterhin steht die interne Verzögerungsquote (Backlog) für verspätete
aufdecken Produktionsprozesse, die – auf Grund einer fehlerhaften Kommissionie‐
rung – nicht rechtzeitig eingeleitet werden. Bereitstellungsfehler führen
zu eingeschränkten Belegungszeiten der Maschinen.
Verspätete Produktionsstunden 100
Interne Backlogs (%) =
Produktionsstunden insgesamt
Tatsächlic her Verbrauchswert 100
Verbrauchsabweichung (%) =
Geplanter Verbrauchswert
Scrap and Rework Überproportional hohe Raten für Ausschuss und Nacharbeit (Scrap and
bewerten Rework) sind Spiegelbilder für grundsätzliche Fertigungsdefizite. Aller‐
430
E.3
Kennzahlenmanagement in der Supply Chain
Ausschuss/Nacharbeit 100
Quote Ausschuss oder Nacharbeit (%) =
Materialve rbrauch insgesamt
Ausfallzei t pro Maschine 100
Ausfallzei t pro Maschine (%) =
Gesamtlauf zeit pro Maschine
Ausfallkos ten pro Maschine 100
Ausfallkos ten pro Maschine =
Gesamtkost en pro Maschine
431
E
Controlling der Supply Chain
Relative KPI im Zu den relativen generischen Kennzahlen der Distribution zählen: Um‐
Überblick satz pro Kunde, Eigentransportquote, Order Fulfillment Time, Durch‐
laufzeit sowie Lagerumschlag Fertigwarenbestand. In dieser Reihenfolge
werden die Indikatoren unten beschrieben.
Deckungsbeiträge Der Umsatz pro Kunde bemisst die Bedeutung des Abnehmers, er ist
für strategische für aktuelle und potenzielle Kunden zu berechnen. Dieser KPI stellt eine
Kunden berechnen wichtige Eckzahl des Category Managements dar. Allerdings erfasst
diese Größe nicht die Kosten, welche in eine diesbezügliche Analyse
einzubeziehen wären. Daher ist der Umsatz pro Kunde möglichst zum
Deckungsbeitrag pro Kunde zu erweitern. Im B2B‐Bereich ist dieser Indika‐
tor recht einfach zu berechnen. Sehr viel schwieriger fällt dies für statio‐
näre B2C‐Abwicklungen.
Gesamtumsa tz
Umsatz pro Kunde (%) =
Kundenanzahl
432
E.3
Kennzahlenmanagement in der Supply Chain
Anzahl Eigentransporte 100
Eigentransportquote (%) =
Anzahl Fremdtransporte
Die totale Durchlaufzeit (Total Cycle Time) bemisst sich vom Auftrags‐ Einflussfaktoren
eingang bis zur Warendistribution. In diese Kennzahl geht die reine der Durchlaufzeit
Produktionszeit ein, welche synonym als „Durchlaufzeit im engen Sinn“
bezeichnet wird. Die Stellhebel der Durchlaufzeit sind eigentliche Pro‐
duktionszeit, Rüstzeit, Ausfallzeit, Liegezeit, Lagerzeit, Vorwärmzeit
und Bereitstellungszeit.
433
E
Controlling der Supply Chain
Umsatz (Umsatzkos ten)
Lagerumsch lag Fertigware nbestand =
Fertigware nbestand
Bearbeitet e Aufträge 100
Auftragsab wicklungsq uote (%) =
Mitarbeite r Auftragsdi sposition
Anzahl Sendungen 100
Versandabwicklungsqu ote (%) =
Arbeitstag e
Tatsächlic hes Transportvolumen
Transportmittelnutzu ngsgrad =
Mögliches Transportvolumen
434
E.3
Kennzahlenmanagement in der Supply Chain
Eine weitere Alternative zur Messung der Wirtschaftlichkeit des Outputs Mengenangaben
liefert die Versandkostenquote. Sie dient – insbesondere in Kombinati‐ hinzufügen
on mit den zuvor charakterisierten Auftragsabwicklungskosten – zur
Transparenzsteigerung der Distribution. Jedoch empfiehlt es sich, diese
kostenfokussierte Betrachtung um Mengenangaben zu ergänzen.
Versandkosten insgesamt
Versandkostenquote =
Durchgefüh rte Sendungen
435
E
Controlling der Supply Chain
Verspätete Auslieferungen 100
Verzögerungsquote (%) =
Ausgehende Lieferungen insgesamt
436
E.3
Kennzahlenmanagement in der Supply Chain
Schulte 2001; Schulte 2017). In diese Lücke stößt die vorliegende Kenn‐
zahlentypologie.
Unter Berücksichtigung dieses Wissens werden im Folgenden einige Finanzströme von
Kennzahlen des Supply Chain Managements näher gewürdigt, die ex‐ Supply Chains
plizit zur Bewertung von Finanzströmen dienen. Analog zu den bishe‐
rigen Ausführungen zur Kennzahlentypologie, sind diese Größen in die
drei Felder generische Kennzahlen, Produktivitäts‐ und Wirtschaftlich‐
keitskennzahlen sowie Qualitäts‐ und Servicekennzahlen einzuteilen.
437
E
Controlling der Supply Chain
Vereinheitlichung Eine Skontoquote steht für den Anteil von Einkäufen mit Skontoabzug,
von Zahlungsbe‐ die mit der gesamten Anzahl getätigter Einkäufe eines Unternehmens
dingungen anstre‐ ins Verhältnis gesetzt werden. Mit diesem Key Performance Indicator ist
ben zu überprüfen, ob bei der Bezahlung von Lieferantenrechnungen ein
zustehender Skontobetrag wirklich verrechnet wurde. Zum Monitoring
dieses Vorgangs bietet es sich an, die Zahlungsbedingungen innerhalb
der Unternehmen zu vereinheitlichen. Ansonsten müsste pro Rechnung
überprüft werden, ob die Mitarbeiter im Back‐Office (Rechnungswesen)
bei der Begleichung einer Lieferantenrechnung potenzielle Zahlungsab‐
züge auch de facto realisiert haben (Prozesskostenaufblähung).
Einkäufe unter Abzug von Skonto 100
Skontoquote (%) =
Einkäufe insgesamt
Möglichkeiten Rabattierte Einkäufe werden insbesondere als Mengenrabatte, Umsatz‐
rabattierter Ein‐ rabatte, Treuerabatte, Saisonrabatte oder Sonderrabatte gewährt. Diese
käufe Kennzahl bemisst den Anteil der rabattierten Einkäufe im Verhältnis zu
den insgesamt getätigten Einkäufen. Die Höhe der eingeräumten Rabat‐
te wird mit dieser Größe jedoch nicht verdeutlicht. Eine Ergänzung der
Kennzahl um diese Information wäre wünschenswert.
Einkäufe mit Rabattgewährung 100
Rabattstruktur (%) =
Einkäufe insgesamt
438
E.3
Kennzahlenmanagement in der Supply Chain
Bestellbestand
+ Bestellwertzugang
‐ Rechnungseingang (per Datum)
= Bestellobligo
Die Liquidität 3. Grades ist ein geeigneter Indikator, um die Finanz‐ Bestände und
ströme in Wertschöpfungsnetzen zu bemessen. In die Ermittlung gehen Forderungen
Bestände und Forderungen explizit ein. Eine Erhöhung des Vorratsver‐ erfassen
mögens schmälert tendenziell die Liquidität eines Wettbewerbers. Die
erweiterte Betrachtung der Liquidität dritten Grades erfolgt in der nach‐
stehenden Cash‐Flow‐Betrachtung.
Liquide Mittel Bestände Forderungen
Liquidität 3. Grades =
Kurzfristige Verbindlichkeiten
Jahresüber schuss
± Abschreibu ngen/Zusch reibungen auf Vermögensw erte
+ Veränderun gen Rückstellu ngen
+ Veränderun gen Sonderpost en mit Rücklagena nteil
+ Veränderun gen Wertberich tigungen
‐ Veränderun gen Vorräte
‐ Veränderun gen Forderunge n
‐ Veränderun gen aktive RAP
‐ Aktivierte Eigenleist ungen
= Erweiterte r Cash Flow
Eine nächste Kennzahl, die zur Messung der Liquidität eines Unterneh‐ Generierung von
mens herangezogen werden kann, ist das Working Capital (vgl. S. 490, Geldzuflüssen
hier die Berechnungsmöglichkeit Current Ratio). Tendenziell gilt: Je hö‐
her das Working Capital ist, desto gesicherter ist die Liquidität. Aller‐
dings verursacht ein hohes Working Capital Opportunitätskosten. Die
Supply Chain wirkt auf den Zähler, Bestände und Forderungen sind
439
E
Controlling der Supply Chain
Umlaufvermögen ( 1 Jahr) 100
Working Capital (%) =
Kurzfristige Verbindlichkeiten
Shareholder‐Value‐ Ein wichtiger Vertreter des Working Capital Managements ist der Cash‐
Bezug to‐Cash‐Cycle. Er bemisst den Liquiditätskreislauf in Tagen. Die Zahl soll
möglichst klein sein, im Idealfall sogar negativ. In Supply Chains wer‐
den durchschnittliche Cash‐to‐Cash‐Cycles von zwei bis drei Monaten
gemessen (vgl. Heesen 2012; Weber et al. 2007, vgl. auch S. 84 dieser
Schrift). Dieses Ergebnis gibt sicher nicht die im Lieferkettenmanage‐
ment gern zitierte „Win‐Win‐Situation“ wieder. Eher entsteht der Ein‐
druck, dass manche Akteure ihre Marktmacht ausspielen. Sie lassen sich
rasch durch ihre Kunden bezahlen, begleichen ihrerseits jedoch die Lie‐
ferantenrechnungen erst nach etlichen Wochen oder Monaten. In der
Zwischenzeit finanziert der Lieferant den Kunden (zinslos) vor. Für den
Lieferanten ergeben sich Opportunitätskosten, da dieser das Geld zwi‐
schenzeitlich nicht anlegen kann. Neben dem Debitorenmanagement
(Days Sales Outstanding) und dem Kreditorenmanagement (Days
Payables Outstanding) leitet sich der Liquiditätskreislauf aus der Lager‐
reichweite (Days on Hand) ab. Unter Gliederungspunkt E.4.5 werden
Working Capital und Cash‐to‐Cash‐Cycle ausführlich beschrieben.
Wertsteigerungs‐ Der Economic Value Added (EVA) ist eine absolute Kennzahl im Ma‐
konzept nagement von Wertsteigerungen und in die Philosophie um den Share‐
holder Value eingebettet (vgl. zur ausführlichen Diskussion um EVA S.
485). EVA steht für den Wertbeitrag, den ein Unternehmen pro Jahr ge‐
neriert (die Kennzahl EVA weist einen positiven Betrag auf) oder vernich‐
tet (das Ergebnis der EVA‐Kalkulation ergibt eine negative Zahl). Das
Management innerhalb einer Supply Chain hat unterschiedliche Wert‐
hebel zur Beeinflussung dieser Größe. Dies gilt einerseits für den Net
Operating Profit After Tax (NOPAT). Zum Beispiel determinieren Mate‐
rialpreise, Abwertungen auf Bestände, Frachtkosten und Abschreibun‐
440
E.3
Kennzahlenmanagement in der Supply Chain
gen auf logistische Assets den operativen Geschäftserfolg direkt. Ande‐
rerseits nimmt ein Supply Chain Management Einfluss auf das Capital.
Beispielhaft dafür stehen Make‐or‐Buy‐Entscheidungen im Fleet‐
Management, Verfahren für Sale‐and‐Buy‐Back oder Sale‐and‐Lease‐
Back logistischer Anlagen, Bestandsoptimierung und Forderungsma‐
nagement.
Der Return on Capital Employed (Kapitalrendite) ist stellvertretend für Regelrechter Hype
die Renditekennzahlen in die Kennzahlentypologie aufgenommen wor‐ um ROCE
den. Zu weiteren Möglichkeiten der Rentabilitätsmessung vgl. S. 405,
vgl. S. 452 speziell zu ROCE. Aus Sicht des Supply Chain Managements
sind die Stellhebel zur Beeinflussung von ROCE sowohl im Zähler als
auch im Nenner der Kennzahl zu suchen. Ähnlich wie für EVA gilt, dass
ein Supply Chain Management das Ergebnis der gewöhnlichen betrieb‐
lichen Geschäftstätigkeit (EBIT) durch Vorratsabwertungen, Ausschuss‐
und Nacharbeitsraten, Materialpreise, Abschreibungen sowie Frachtkos‐
ten beeinflusst. Bezogen auf das eingesetzte Kapital sind über ein Supply
Chain Management Auswirkungen auf Cash‐to‐Cash‐Cycle, Vorratsma‐
nagement oder logistische Sachanlagen (wie eigener Fuhrpark oder
Fremdvergabe des Fuhrparks) möglich.
EBIT × 100
ROCE =
Eingesetzt es Kapital
441
E
Controlling der Supply Chain
Fakturiert e Kundenrechnungen 100
Fakturieru ngsquote (%) =
Kundenrechnungen insgesamt
Materialkosten und Die Herstellungskosten von Unternehmen setzen sich insbesondere aus
Fertigungskosten Materialeinzel‐ und Materialgemeinkosten sowie Fertigungseinzel‐ und
vergleichen Fertigungsgemeinkosten zusammen. Sie sind in der Gewinn‐ und Ver‐
lustrechnung direkt unter dem Umsatz abzulesen. Mit Hilfe der Materi‐
alintensität wird die Wirtschaftlichkeit des Wareneinsatzes gemessen.
Zum Beispiel kann dieser überproportional hoch im Vergleich zu den
Fertigungskosten liegen.
Materialkosten 100
Materialintensität (%) =
Herstellungskosten
Supply Chain Disputes 100
Supply Chain Disputes (%) =
Disputes insgesamt
442
E.3
Kennzahlenmanagement in der Supply Chain
443
E
Controlling der Supply Chain
Bruttobest and (Gross Inventory)
‐ Wertberich tigung (Inventory Reserve)
= Nettobesta nd (Net Inventory)
Eine erste Perspektive zeigt den Bezug der Kennzahlen zur Wert‐
schöpfung auf. Die drei logistischen Primärsegmente Input (Beschaf‐
fung), Throughput (Lagerung, Kommissionierung und Produktion)
sowie Output (Distribution) sind direkt auf einen Wertzuwachs bezo‐
gen. Sie sind von Aktivitäten des Payments umgeben, da in einer
Supply Chain bekanntlich auch die Finanzströme explizit berücksich‐
tigt werden (Order‐to‐Payment‐S).
Modifikationen Aus diesen beiden Betrachtungsebenen ergeben sich in einer Matrix zur
sind möglich Supply Chain Typisierung zwölf verschiedene Betrachtungsfelder. Die
folgende Abbildung E.10 fasst die oben ausführlich charakterisierten
Einzelkennzahlen in übersichtlicher Weise zusammen. In Summe sind
hier 85 Kennzahlen moderner Wertschöpfungsketten aufgelistet. Es
versteht sich von selbst, dass dieser Ansatz keinen Anspruch auf Voll‐
ständigkeit erheben möchte. Je nach Branchenbezug oder spezifischer
Problemstellung kann sich die Notwendigkeit zur Modifizierung dieser
Typisierung ergeben. Dies gilt sowohl für die Auswahl der herangezo‐
genen Kennzahlen, wie auch für ihre jeweiligen Definitionen.
444
E.3
Kennzahlenmanagement in der Supply Chain
Indikatoren der Kennzahlentypologie einer Supply Chain Abbildung E.10
Legende: A = Generische Kennzahlen (Strukturkennzahlen)
B = Produktivitäts‐ und Wirtschaftlichkeitskennzahlen
C = Qualitäts‐ und Servicekennzahlen
445
E
Controlling der Supply Chain
446
E.3
Kennzahlenmanagement in der Supply Chain
447
E
Controlling der Supply Chain
EVA = NOPAT ‐ Capital Charge
EVA 4,0 ‐ 2,8
EVA 1,2
Legende : Alle Zahlen in Millionen € (ausgenommen Prozentwerte)
NOPAT über Arbeitsebene 3 (oberer Strang): Die Größe NOPAT berechnet sich aus
Erfolgsgrößen der Subtraktion der (Ertrag‐) Steuern von einem NOPBT (Net Opera‐
berechnen ting Profit before Tax), dem Nettobetriebsergebnis vor Steuern. In dem
beispielhaft charakterisierten Werttreiberbaum beläuft sich der NO‐
PAT im oberen Zweig auf 4,0 Millionen Euro.
NOPAT = NOPBT ‐ Tax
NOPAT 6,1 ‐ 2,1
NOPAT 4,0
Legende : Alle Zahlen in Millionen € (ausgenommen Prozentwerte)
448
E.3
Kennzahlenmanagement in der Supply Chain
Net Assets WACC (%)
Capital Charge =
100
25,8 11,0 (%)
Capital Charge =
100
Capital Charge = 2,8
Legende : Alle Zahlen in Millionen € (ausgenomm en Prozentwerte)
Arbeitsebene 4 (unterer Strang): In dem unteren Strang des Werttrei‐ Aufbruch der Net
berbaums bedarf die Zusammensetzung der Net Assets einer näheren Assets
Erläuterung. Die Net Assets addieren sich auf 25,8 Millionen Euro. Sie
setzen sich aus dem Anlagevermögen (Fixed Assets/3,9), inklusive den
Beteiligungen an verbundenen Unternehmen (Affiliated Companies),
sowie dem Working Capital (21,9) zusammen.
449
E
Controlling der Supply Chain
Net Assets = Fixed Assets/Affiliated Working Capital
Net Assets 3,9 21,9
Net Assets 25,8
Legende : Alle Zahlen in Millionen € (ausgenommen Prozentwerte)
Finale Betrachtung Arbeitsebene 5 (oberer Strang): Schließlich ist die fünfte Arbeitsebene
der Erfolgsgrößen zu kennzeichnen. Analog der bisherigen Darstellung, wird zunächst
der obere Zweig der Gewinn‐ und Verlustrechnung beschrieben. Der
Rohertrag (Gross Profit/33,8) ergibt sich aus der Verrechnung von
Umsatz (Sales/260,0) und Herstellungskosten des Umsatzes (Cost of
Sales/‐226,2). Gemäß ihrer Semantik, speisen sich die Vertriebs‐ und
allgemeinen Verwaltungsaufwendungen (Selling and Administrati‐
on/‐29,2) aus den Vertriebsaufwendungen (Selling/‐28,1) sowie den
Verwaltungsaufwendungen (General/‐1,1). Weiterhin bedürfen die
sonstigen Aufwendungen (Other/1,5) einer näheren Betrachtung. Sie
addieren sich aus Forschungs‐ und Entwicklungsaufwendungen (Re‐
search and Development/0,0) und sonstigen betrieblichen Erträgen
(Change in Provision/1,5).
Gross Profit = Sales Cost of Sales
Gross Profit = 260,0 + (‐226,2)
Gross Profit 33,8
Selling/Administration Selling Administration
Selling/Administration (‐28,1) (‐1,1)
Selling/Administration (‐29,2)
Other R & D Change in Provision Other
Other 0,0 1,5
Other 1,5
Legende : Alle Zahlen in Millionen € (ausgenommen Prozentwerte)
Beachtliches Poten‐ Arbeitsebene 5 (unterer Strang): Die Bilanzposition Fixed Assets and
zial zur Beeinflus‐ Affiliated (Anlagevermögen und Beteiligungen an verbundenen Un‐
sung von Supply ternehmen/3,9) berechnet sich aus eben jenen zwei Größen, wobei sich
Chain Prozessen die Fixed Assets auf den Wert 3,9 und die Investments in Affiliated
Companies auf 0,0 belaufen. Das Working Capital (21,9) hingegen
setzt sich aus Beständen (Inventories/12,8), Forderungen (Receiva‐
bles/31,2), Verbindlichkeiten (Liabilities/‐22,0) sowie Vorauszahlungen
(Prepayments/‐0,1) zusammen.
450
E.3
Kennzahlenmanagement in der Supply Chain
Fixed Assets/Affiliated = Fixed Assets Affiliated
Fixed Assetes/Affiliated = 3,9 0,0
Fixed Assets/Affiliated 3,9
Working Capital Invent. Receiv. Liabilities Prepaym. Other
Working Capital 12,8 31,2 (‐22,0) (‐0,1)
Working Capital 21,9
Legende : Alle Zahlen in Millionen € (ausgenommen Prozentwerte)
Der Werttreiberbaum über den Economic Value Added (vgl. Abbildung Interpretation der
E.11) ist ein operativ geprägtes Hilfsmittel des Managements im Allge‐ Ergebnisse
meinen und des Controllings im Speziellen. Diese Darstellung verdeut‐
licht das mathematische Zustandekommen von EVA. Sie ermöglicht
auch einem „Nicht‐Kaufmann“ das rasche Erfassen betriebswirtschaftli‐
cher Sachverhalte. Wenn sich der Economic Value Added als positive
Absolut‐Zahl präsentiert, ist auf einen Blick zu erkennen, dass die Orga‐
nisation einen Wertzuwachs geschaffen hat (et vice versa). Auf Basis der
Zerlegung des Werttreiberbaums ist die Berechnung dieses finanziellen
Ergebnisses rasch abzulesen.
Doch diese stringente und strikt mathematisch‐logische Darstellung des Grenzen dieser
Werttreiberbaums über den Wurzelknoten EVA stößt auch an Grenzen Darstellung
(vgl. Speckbacher et al. 2004, S. 6). Zum Beispiel findet eine Berücksichti‐
gung immaterieller Werte darin kaum statt. Beispielhaft dafür steht eine
mögliche Aktivierung von Forschungs‐ und Entwicklungsleistungen,
welche nicht in diesem Baum abzulesen ist.
Weiterhin erfolgt die Darstellung nur zu einem bestimmten Zeitpunkt. Zeitpunktbezug
Es ist eine statische Betrachtung mit Vergangenheitsbezug. Sie besagt und Cash‐out‐
nichts über das Entwicklungspotenzial eines Unternehmens. Für einen Gefahr
aussagekräftigen Konkurrenzvergleich wäre es aber sehr hilfreich, auch
die Zukunftschancen einer Organisation zu kennen. Schließlich zeigt der
Werttreiberbaum nicht auf, ob ein Cash‐out‐Syndrom vorliegt: Inwie‐
weit also betriebsnotwendige Investitionen unterlassen wurden, um
EVA künstlich zu verbessern („Bilanz‐Kosmetik“).
451
E
Controlling der Supply Chain
Abbildung E.11 Werttreiberbaum über den Economic Value Added
Legende: Alle Zahlen in Millionen Euro [M€]; ausgenommen Prozentwerte.
Sales
Gross Profit 260,0
+
33,8 Cost of Sales
‐226,2
NOPBT
+
6,1 Selling Exp.
NOPAT Admin./Selling ‐28,1
‐ +
4,0 ‐29,2 Admin./Gen.
Tax ‐1,1
2,1
Other R&D
1,5 0,0
EVA +
‐ Adjustment Change Prov.
1,2
0,0 1,5
Fixed Assets
Net Assets 3,9
Assets/Affili.
25,8 +
3,9 Affiliated
Capital Charge 0,0
x
2,8
WACC Inventories
+
11,0% 12,8
Receivables
Work. Capital 31,2
+
21,9 Liabilities
‐22,0
Pre Payments
‐0,1
452
E.3
Kennzahlenmanagement in der Supply Chain
Speziell die fünfte Ebene des auf S. 458 abgebildeten Werttreiberbaums Softfacts in der
zeigt diesem Zusammenhang auf. Analog zu dem Wurzelknoten Eco‐ Supply Chain
nomic Value Added (EVA), werden im Folgenden die verschiedenen
Arbeitsebenen des Werttreiberbaums, jetzt bezogen auf die Spitzen‐
kennzahl Return on Capital Employed (ROCE), charakterisiert.
Arbeitsebene 1/Arbeitsebene 2: Im Ergebnis beläuft sich der Wurzel‐ Wurzelknoten
knoten Return on Capital Employed (ROCE) auf 13,63%. Dieser Wert ROCE
errechnet sich aus der Division des operativen Ergebnisses (EBIT, 30,0
Millionen Euro) zum eingesetzten Kapital (Capital Employed, 220,0
Millionen Euro). Wie auch bei der Diskussion um EVA, kristallisieren
sich zwei Berechnungsstränge heraus. Der obere Zweig über den EBIT
basiert auf der Verrechnung von Aufwendungen und Erträgen aus
der Gewinn‐ und Verlustrechnung. Im unteren Strang (Capital
Employed) finden sich die betriebsnotwendigen Vermögensgegen‐
stände und Kapitalpositionen aus der Bilanz.
EBIT 100
ROCE =
Capital Employed
30,0 100
ROCE =
220,0
ROCE = 13,63%
Legende : Alle Zahlen in Millionen € (ausgenomm en Prozentwerte)
Arbeitsebene 3 (oberer Strang): Zunächst erfolgt wiederum eine kon‐ G&V‐Bezug her‐
zise Kennzeichnung des oberen Zweigs des Treiberbaums. Aus der stellen
Gewinn‐ und Verlustrechnung lassen sich die Earnings before Inte‐
rest and Taxes leicht ablesen. Ihre Ermittlung erfolgt über die Subtrak‐
tion der Fixkosten (Fixed Costs/120,0) vom Deckungsbeitrag I (Con‐
tribution Margin/150,0). Das Betriebsergebnis beträgt folglich 30,0 Mil‐
lionen Euro.
EBIT = Contribution Margin ‐ Fixed Costs
EBIT 150,0 ‐ 120,0
EBIT 30,0
Legende : Alle Zahlen in Millionen € (ausgenomm en Prozentwerte)
453
E
Controlling der Supply Chain
Capital Employed = Fixed Assets Net Working Capital
Capital Employed 130,0 90,0
Capital Employed 220,0
Legende : Alle Zahlen in Millionen € (ausgenommen Prozentwerte)
Contribution Margin = Sales ‐ Variable Costs
Contribution Margin 260,0 ‐ 110,0
Contribution Margin 150,0
Legende : Alle Zahlen in Millionen € (ausgenommen Prozentwerte)
Fixed Assets = Intangibles Prop., Plant, Equipm. Longterm Inv.
Fixed Assets 35,0 70,0 25,0
Fixed Assets 130,0
Net Working Capital Inventories Receivables Liabilities
Net Working Capital 80,0 30,0 (‐ 20,0)
Net Working Capital 90,0
Legende : Alle Zahlen in Millionen € (ausgenommen Prozentwerte)
454
E.3
Kennzahlenmanagement in der Supply Chain
Arbeitsebene 5 (oberer Strang): Besondere Beachtung findet schließ‐ Qualitative Supply
lich die fünfte Arbeitsebene dieses Werttreiberbaums. Die dort aufge‐ Chain Analyse
führten Einflussfaktoren stellen eine Mischung quantitativer sowie
qualitativer Performanz‐Treiber dar. Für das Management einer Supp‐
ly Chain sind in diesem Kontext zunächst ausgewählte Faktoren für
den Umsatz (Sales) herauszuarbeiten. Die erste Einflussgröße auf den
Umsatz wird in den qualitäts‐ und serviceorientierten Kennzahlen
(Quality/Services) Lieferservicegrad, Zurückweisungsquote und Ver‐
zögerungsquote gesehen. Die Beschreibung dieser drei Indikatoren er‐
folgte bereits ausführlich bei der grundsätzlichen Charakterisierung
der Kennzahlentypologie der Supply Chain. Das nächste Feld, wel‐
ches mit einem Beeinflussungspotenzial für den Umsatz versehen ist,
wird als „Customer“ bezeichnet. Darunter fallen Indikatoren wie
Kundenzufriedenheit, Kundentreue, Kundenakquisitionsrate, Neu‐
kunden‐Altkunden‐Relation, Cross‐Selling‐Anteil, Marktdurchdrin‐
gung, Marktanteil, Marktvolumen und Kundendeckungsbeitrag.
Schließlich berechnet sich die Einflussdeterminante „Innovation“ aus
der Innovationsakzeptanz durch Kunden, Neuprodukte‐Altprodukte‐
Relation, Floprate, patentierte Erfindungen pro Periode und umge‐
setzte Verbesserungsvorschläge pro Mitarbeiter. So interessant diese
weichen Faktoren für ein Supply Chain Management auch sind, fällt
es jedoch schwer, sie in ein „Kostenkorsett“ zu zwängen. Dieses Prob‐
lem stellt sich hingegen für die klassischen Einflussfaktoren variable
Kosten (Variable Costs/110,0) und Fixkosten (Fixed Costs/120,0)
nicht. Diese bestimmen sich aus den Personalkosten und den Ferti‐
gungskosten, wobei letzte einschließlich der Materialpreise zu verste‐
hen sind.
Sales = Quality/Services Customer Innovation
Variable Costs Personal Manufacturing
Fixed Costs Personal Manufacturing
Arbeitsebene 5 (unterer Strang): Zunächst werden die Bestimmungs‐ Bilanzzahlen auf‐
größen des Anlagevermögens (Fixed Assets/130,0 Millionen Euro) de‐ brechen
tailliert gekennzeichnet, das direkt in die Kalkulation des eingesetzten
Kapitals eingeht (der Nenner von ROCE). Die Fixed Assets setzen sich
aus Intangibles, Property, Plant, Equipment sowie Longterm Invest‐
ments zusammen. Hinsichtlich der immateriellen Vermögenswerte
(Intangibles/35,0) wird ein Beeinflussungspotenzial in der Reputation
gesehen. Nicht zuletzt steht und fällt der Goodwill von Unternehmen
mit dem Image (dies kann beispielsweise über „Sustainability“ aufpo‐
liert sein). Die Gewinnung von Meinungsführern ist ebenso von Inte‐
resse. In einem Supply Chain Management werden die Sachanlagen
455
E
Controlling der Supply Chain
(Property, Plant, Equipment/70,0) durch Aktivitäten in Richtung Out‐
sourcing tangiert. Darunter fallen Fleet‐Management (Fuhrpark), Sale‐
and‐Buy‐Back und Sale‐and‐Lease‐Back logistischer Assets, Facility‐
Management (Gebäude) und Förderzeuge. Schließlich sind die Ein‐
flussfaktoren auf das Net Working Capital näher zu beschreiben. Die‐
ses besteht aus Inventories, Receivables sowie Liabilities. Auf die erste
Komponente, das Vorratsvermögen (Inventories/80,0) wirkt zunächst
die Excess‐and‐Obsolete‐Ratio. Tendenziell belasten ungängige Be‐
stände ein Net Working Capital. Möglichkeiten zur Reduzierung von
Slow Movern liegen in der Einlauf‐ und der Auslaufsteuerung sowie
den abgesenkten Mindestabnahmemengen. Weiterhin bestimmt die
Durchlaufzeit (Cycle Time) eine Bestandshöhe. Diesbezügliche Opti‐
mierungsreserven liegen in Bearbeitungszeiten, Liegezeiten, Rüstzei‐
ten, Lagerzeiten oder Stillstandzeiten begründet. Das Feld Forecast
Accuracy (Absatzprognosegenauigkeit) beeinflusst ebenfalls die Vor‐
ratshöhe. Dieser Werttreiber zeigt, inwieweit es sich um „schwierige“
Kunden handelt, die ihre ursprünglichen Bestellungen häufig ändern.
Aus gravierenden Schwankungen in den Kundenbestellungen resul‐
tieren oftmals Trouble‐Shooting‐Aktivitäten für die Logistik. Auf die
Forderungen (Receivables/30,0) wirken schlussendlich die Key Per‐
formance Indicator Cash‐to‐Cash‐Cycle, Disputes und Cost‐Charge‐
Back. Zu deren ausführlicher Diskussion vgl. die Kennzahlentypolo‐
gie der Supply Chain auf S. 442.
Intangibles = Reputation
Prop., Plant, Equipm. Outsourcing (Offshoring)
Inventories Exc./Obs. Cycle T. Sales Acc. Cust. Beh.
Receivables Cash ‐ Cycle Disputes Cost ‐ Charge ‐ Back
„Skandal im Der oben beschriebene Werttreiberbaum über den Wurzelknoten Return
Sperrbezirk, Skan‐ on Capital Employed (ROCE) besitzt eine ausgeprägte Verwandtschaft
dal um Rosi…“ zum Supply Chain Management (vgl. Abbildung E.12). Dies gilt insbe‐
(Spider Murphy sondere für die fünfte Arbeitsebene. Hier finden sich einerseits quantifi‐
Band) zierbare Größen, wie Personalkosten und Fertigungskosten. Anderer‐
seits sind diesem Bereich auch qualitative Indikatoren einer Logistikket‐
te zuzurechnen. Die Visualisierung dieser logistischen Stellhebel in
einem Werttreiberbaum ist eine interessante Basis für die Einleitung von
Kommunikationsprozessen: Der Werttreiberbaum dient als Diskussi‐
onsgrundlage.
Berücksichtigung Mit Hilfe dieser beschriebenen Einflussfaktoren des Supply Chain Ma‐
weicher Faktoren nagements auf die Rendite eines Unternehmens wird, verglichen mit
456
E.3
Kennzahlenmanagement in der Supply Chain
dem generischen Baum über EVA, ein großer Schritt nach vorn getätigt:
EVA berechnet sich ausschließlich aus quantitativen Werten, welche den
Sekundärquellen Gewinn‐ und Verlustrechnung sowie Bilanz entstam‐
men. Dadurch ist die Berechnung des oben beschriebenen Wurzelkno‐
tens Economic Value Added streng finanziell und vergangenheitsorien‐
tiert geprägt. Weiche Beeinflussungspotenziale blendet der Ansatz hin‐
gegen aus.
In diese Lücke stößt der Werttreiberbaum über den Return on Capital Ableitung von
Employed: In der Kombination qualitativer und quantitativer Indika‐ Kausalzusammen‐
toren liegt sein besonderer Charme. Jetzt ist es beispielsweise auch mög‐ hängen auf den
lich, spezielle Attribute des Supply Chain Relationship Managements Wurzelknoten
abzudecken und derartige Auswirkungen auf die Spitzenkennzahl zu
simulieren (vgl. S. 22). Damit wird neben der Material‐, der Finanz‐ und
der Informationsebene auch die Sozialebene einer Supply Chain abge‐
deckt.
Ein Problem der Wertermittlung über ROCE ergibt sich allerdings, „It’s a thin line
wenn diese beschreibenden Faktoren quasi einer „Zwangsquantifizie‐ between love and
rung“ unterworfen sind. Für einen „Finanzmann“ sind diese Einfluss‐ hate…”
faktoren des Supply Chain Managements ganz sicher interessant. Dass (the Pretenders)
die Genauigkeit der Absatzprognose, wie auch das Bestellverhalten der
Kunden signifikanten Einfluss auf das Vorratsvermögen und weitere
Supply Chain Kennzahlen ausüben, sieht ein Controller auch. Doch
wird er letztlich wissen wollen, in welcher Höhe diese Effekte zu Buche
schlagen, damit er die potenziellen Auswirkungen auf die Erfolgsrech‐
nung und die Bilanz einplanen kann. Die Quantifizierung dieser wei‐
chen Faktoren ist aber nicht leicht, zum Teil erfolgt sie subjektiv (Image,
Kundenzufriedenheit, Design).
457
E
Controlling der Supply Chain
Abbildung E.12 Werttreiberbaum über den Return on Capital Employed
Quality/Services
Sales + Customer
260,0
Innovation
Contr. Margin
‐
150,0
Personal
Variable Costs
+
EBIT 110,0
‐ Manufacturing
30,0
Personal
Fixed Costs
120,0 +
Manufacturing
ROCE
13,63%
:
Intangibles
Reputation
35,0
Assets PPE Outsourcing
+
130,0 70,0
LT Investment
25,0 Excess/Obsolete
Capital Empl.
+
220,0 Cycle Time
Inventories
80,0 +
Forecast Accur.
Net Work. Cap. Liabilities
+
90,0 ‐20,0
Cash‐to‐Cash‐C.
Receivables
+
30,0
Disputes
Cost Charge B.
Legende: Alle Zahlen in Millionen Euro [M€]; ausgenommen Prozentwerte.
E.3.4.2 Kennzahlenradar
“Spiderman is Der Kennzahlenradar ist eine weitere Visualisierungsalternative des
having me for Kennzahlenmanagements einer Supply Chain (vgl. Deyhle 2003, S. 94f.).
dinner at night…“ Synonym wird er als „Spinnenbild“ bezeichnet. In einem Kennzahlen‐
(the Cure) radar findet für ausgewählte Indikatoren eine grafische Darstellung der
Abweichungen von Soll‐Werten zu Ist‐Werten statt. Um den Betrachter
nicht mit Informationen zu überschütten, werden laut Deyhle (vgl. Deyh‐
le 2003, S. 95) in ein solches „Spinnenbild“ möglichst nicht mehr als acht
Kenngrößen aufgenommen.
458
E.3
Kennzahlenmanagement in der Supply Chain
In Abbildung E.13 wird deutlich, dass in dem „Spinnenbild“ die ausge‐ Skalierung des
wählten Leistungsgrößen einer Supply Chain jeweils Punkte von „eins“ Radars
bis „fünf“ erzielen können. Dabei gilt folgende Bewertung:
1 Punkt: Sehr schlecht erfüllt
2 Punkte: Schlecht erfüllt
3 Punkte: Befriedigend erfüllt
4 Punkte: Gut erfüllt
5 Punkte: Sehr gut erfüllt
Während die durchgezogene Linie in dem Radar die Plan‐Werte visuali‐
siert, steht die gestrichelte Linie für die Ist‐Größen. Folgende Interpreta‐
tionen leiten sich für die acht Indikatoren ab:
Kunden‐gerichteter Servicegrad: Aus einem Plan – zum Beispiel dem Servicegrade auf
Budget – geht die Forderung nach der Erzielung eines sehr gut erfüll‐ Kurs
ten kundenseitigen Lieferservicegrads hervor (5 Punkte). Im Actual
wurde das anvisierte Ziel erreicht, Plan und Ist sind kongruent.
459
E
Controlling der Supply Chain
Negative Fracht‐ Frachtkosten: Die aktuell erzielten Werte für die Frachtkosten sind
kostenabweichung höher als die Plan‐Zahlen. Im Radar wurde eine gute Erfüllung von
Frachtkosten (4 Punkte) eingefordert. Die Ist‐Zahlen zeigen lediglich
eine Zielerreichung von 3 Punkten („befriedigend erfüllt“) auf.
Schwerwiegende Turn Rate: Das betrachtete Unternehmen hat ein signifikantes Be‐
Turn‐Rate‐Pro‐ standsproblem. Während in der Planung 4 Punkte gefordert werden,
bleme ergeben die Ist‐Zahlen eine sehr schlechte Erfüllung (1 Punkt).
Planerfüllung im Cash‐to‐Cash‐Cycle: Im Gegensatz zur den ernüchternden Zahlen be‐
Liquiditätskreislauf züglich der Turn Rate, ist es diesem Unternehmen gelungen, bezüg‐
lich des Cash‐to‐Cash‐Cycle eine Übereinstimmung zwischen Ist‐ und
Soll‐Werten herzustellen (jeweils 4 Punkte).
Ausschussraten zu Ausschussrate: Die Ausschussrate ist ein Spiegelbild für etwaige pro‐
hoch duktionslogistische Schwierigkeiten. In der Planung wird eine sehr
geringe Ausschussrate eingefordert (5 Punkte stehen für eine sehr gu‐
te Planerfüllung). Im Actual wurde allerdings die Messlatte gerissen.
Der Radar signalisiert eine Ausschussrate von 4 Punkten (gut erfüllt).
Leicht verständlich Der Vorteil eines Kennzahlenradars liegt in seiner Simplifizierung kom‐
plexer Sachverhalte. Auch für den „Nichtfachmann“ sind die Brandher‐
de innerhalb der Supply Chain sofort zu erkennen. Hinsichtlich der hier
ausgewählten acht Leistungsmessgrößen einer Lieferkette zeigen sich
insbesondere Bestandsprobleme.
Dürftiger Aussa‐ Doch ist nicht alles Gold, was glänzt. In dem Radar werden zwar positi‐
gegehalt ve und negative Abweichungen zwischen Plan‐Zahlen und Ist‐Zahlen
grafisch wiedergegeben. Allerdings erhält der Betrachter keine Informa‐
tionen hinsichtlich der absoluten und der relativen Varianzen. Eine Un‐
tergliederung der Skala von einem Punkt bis fünf Punkte wird diesem
Anspruch nicht gerecht. Damit ist das Problem der Subjektivität ver‐
bunden. Das Hilfsmittel bietet je Indikator lediglich eine Skalierung von
460
E.3
Kennzahlenmanagement in der Supply Chain
„sehr gut erfüllt“ (5 Punkte) bis „sehr schlecht erfüllt“ (1 Punkt). Doch
hängt die Einordnung der Kennzahlen in dieses Schema von der bewer‐
tenden Person ab.
Schließlich ergeben sich in dem Radar strukturelle Brüche. Gravierend Skalenbrüche
kann sich diese Schwierigkeit bei Aufrundungen oder Abrundungen verfälschen die
niederschlagen. Beispielsweise ist der Sprung von 4 Punkten („gut er‐ Ergebnisse
füllt“) zu 3 Punkten („befriedigend erfüllt“) besonders groß, wenn sich
die Planung auf 4,4 Punkte belief, die Ist‐Zahlen jedoch nur 2,6 Punkte
aufweisen. Durch Abrundungen und Aufrundungen suggeriert der
Radar eine Diskrepanz von 1,0 Punkten, obwohl die tatsächliche
Spannweite der negativen Abweichung 1,8 Punkte beträgt.
Kennzahlenradar einer Supply Chain Abbildung E13
Lieferservicegrad (Ausgang)
Lieferservicegrad 5
5 Frachtkosten
(Eingang) 4
4 5
3 4
3
2
2
3
1 1 2
1
Durchlauf‐
Turn
zeit
1 2 3 4 5
Rate
5 4 3 2 1
1 1
2 2 1
2
3 3
3
4
Preisindex 4 4 Cash‐to‐
5
5 5 Cash‐Cycle
Ausschussrate
461
E
Controlling der Supply Chain
„Was interessiert Ermittlung von Kennzahlen über Sekundärquellen: Viele Indikatoren
mich mein Ge‐ haben ihre Wurzeln in der Gewinn‐ und Verlustrechnung sowie der
schwätz von ges‐ Bilanz. Etliche Werte sind bei ihrer Veröffentlichung bereits überholt,
tern.“ da zwischen der Erstellung eines Geschäftsberichts, bis zu seiner
(K. Adenauer) Publizierung, in der Regel einige Zeit verstreicht.
Untergang im Zahlenwust: Kennzahlen zu erzeugen, ist an sich keine Kunst. Doch
Zahlenmeer die Auswahl der „richtigen“ (zielführenden) Größen ist zum Teil aus‐
gesprochen schwierig. Außerdem verursachen Kennzahlenerhebun‐
gen zunächst Kosten. Es bedarf einer näheren Untersuchung, ob sich
diese Kosten später amortisieren werden: „Steht der Informationswert
von Kennzahlen im Verhältnis zu den erforderlichen Kosten?“.
462
E.4
Hilfsmittel des Controllings im Supply Chain Management
E.4.1 Hard-(Soft)-Analyse
E.4.1.1 Charakterisierung
Die Hard‐(Soft)‐Analyse ist ein des Controllings, das in den 90er Jahren Entstehung und
von angloamerikanischen Unternehmen entwickelt wurde (allen voran allgemeine Infor‐
ITT und Motorola). Hierzulande ist die Hard‐(Soft)‐Analyse bislang we‐ mationen
nig bekannt. Erst seit einigen Jahren wird das Instrument in Deutsch‐
land, primär in der Automobil‐ und ihrer Zulieferindustrie, eingesetzt.
So nutzt zum Beispiel das Unternehmen Continental Automotive Systems
die Hard‐(Soft)‐Analyse (vgl. Werner 1999b und Werner 1999d).
463
E
Controlling der Supply Chain
Komponenten der Die Überleitung in der Hard‐(Soft)‐Analyse bezieht sich zumeist auf drei
Analyse ausgewählte Größen der Gewinn‐ und Verlustrechnung:
Umsatz (Sales)
EBIT (Operating Profit)
Jahresüberschuss (Net Income After Tax)
Synonyme Be‐ Auf Grund ihrer Fixierung auf die drei wesentlichen Komponenten
zeichnung: P‐3‐ einer Erfolgsrechnung wird die Hard‐(Soft)‐Analyse synonym als P‐3‐
Analyse Analyse (Position‐3‐Analysis) bezeichnet. Zumeist wird für ihre Durch‐
führung ein Formblatt verwendet.
464
E.4
Hilfsmittel des Controllings im Supply Chain Management
Basisplanung: In diesem Abschnitt findet sich die Basisplanung. Sie Budget als Aus‐
bezieht sich auf das Budget 2020. Die Zahlen für den Umsatz werden gangsplanung
Chart II (vgl. S. 400, Cost Tracking der Frachtkosten) entnommen. Das
Betriebsergebnis und der Jahresüberschuss stammen aus der Gewinn‐
und Verlustrechnung der View AG. Für das komplette Jahr 2020 lauten
die Zahlen für Sales 24.000 T€, Operating Profit 3.200 T€ sowie Net In‐
come After Tax 1.600 T€.
Komponenten: Aus den Formblättern des Cost Trackings sind die Inhalte der Überlei‐
Zahlen für die Materialpreisabweichung, die Frachtkosten sowie die tung
Bestände abzulesen. Kalkulatorisch werden die Bestände auf das Be‐
triebsergebnis mit 10% verzinst. Beispielsweise ergibt sich bei der Ma‐
terialpreisabweichung im ersten Quartal 2020 ein Hard Spot von 95 T€
für den Operating Profit. Steuern und Zinsen reduzieren den Effekt
auf den Jahresüberschuss auf 48 T€. Außerdem werden Effekte durch
die Aufgabe des Konsignationslagers in der Position „Other“ abgetra‐
gen. Pro Quartal betragen die Hard Spots 5 T€ (bezüglich des EBIT)
sowie 3 T€ (Net Income After Tax). Der Bestandseffekt ergibt für das
465
E
Controlling der Supply Chain
erste Quartal einen (Soft) Spot von 29 T€ für den Operating Profit, er
wird ebenfalls in der Position „Other“ abgebildet. Da vereinfachend in
dieser Position von keinen anderen Effekten bezüglich des EBIT aus‐
gegangen wird, ist die Summe aus dem Bestandseffekt und den Aus‐
wirkungen durch die Aufgabe des Konsignationslagers zu bilden.
Hierbei resultiert für das erste Quartal ein (Soft) Spot von 24T€.
Kein Nullsummen‐ Operating Income: Jetzt wird die Größe Operating Income errechnet.
spiel Die Effekte aus dem Cost Tracking von Materialpreisen, Frachtkosten
und Beständen werden in einer Hard‐(Soft)‐Analyse mit weiteren
Komponenten ermittelt. Grundsätzlich können sämtliche erfolgsrele‐
vanten Größen aus der Ergebnisrechnung einbezogen werden. Um die
Übersichtlichkeit zu wahren, sind hier lediglich einige mögliche Effek‐
te verrechnet. Für das erste Quartal finden sich neben den drei oben
erwähnten Zahlen beispielsweise Soft Spots aufgrund höherer Löhne
(50 T€), gestiegener Abschreibungen (30 T€) und höheren Verwal‐
tungsaufwendungen (10 T€). In Summe ergeben diese Effekte für das
operative Ergebnis im ersten Quartal einen Soft Spot von 99 T€.
Revidierte Zahlen Change: Schließlich leitet diese Hard‐(Soft)‐Analyse vom Budget 2020
auf Actual/Forecast 2020 über. Folgende Resultate lassen sich in über‐
sichtlicher Weise ablesen:
BUD 2020 YE Act/Fc 2020 YE Hard/(Soft)
Legende: YE = Year End, Bud = Budget, Act = Actual, Fc = Forecast
Alle Zahlen in Tausend Euro (T€).
466
E.4
Hilfsmittel des Controllings im Supply Chain Management
Hard‐(Soft)‐Analyse Abbildung E.14
Hard‐(Soft)‐Analyse
View AG ( LCD‐Panel‐Bezug aus Taiwan), Währung: Tausend Euro (T€)
Hard‐(Soft)‐
1. Quartal 2. Quartal 3. Quartal 4. Quartal Gesamtjahr
Komponen‐
2020 2020 2020 2020 2020
ten
S O N S O N S O N S O N S O N
BUD 2020 6000 800 400 6000 800 400 6000 800 400 6000 800 400 24000 3200 1600
Materialpreise ‐ 95 48 ‐ 69 35 ‐ 78 39 ‐ 80 40 ‐ 322 162
Löhne/Gehälter ‐ (50) (27) ‐ (50) (27) ‐ (50) (27) ‐ (50) (27) ‐ (200) (108)
AfA ‐ (30) (13) ‐ (30) (13) ‐ (30) (13) ‐ (30) (13) ‐ (120) (52)
F&E ‐ ‐ ‐ ‐ ‐ ‐ ‐ (40) (27) ‐ (89) (40) ‐ (129) (97)
Frachtkosten ‐ (80) (40) ‐ (56) (28) ‐ (71) (36) ‐ (76) (38) ‐ (283) (142)
Marketing ‐ ‐ ‐ ‐ 25 13 ‐ 60 33 ‐ 95 46 ‐ 180 72
Verwaltung ‐ (10) (7) ‐ (10) (7) ‐ (10) (7) ‐ (10) (7) ‐ (40) (28)
Other (23) (24) (12) 1026 (21) (10) 497 (16) (8) (500) (13) (6) 1000 (74) (36)
Operating
(23) (99) (51) 1026 (73) (37) 497 (79) (46) (500) (93) (45) 1000 (344) (229)
Income
Zinsen ‐ ‐ 28 ‐ ‐ 12 ‐ ‐ 19 ‐ ‐ 18 ‐ ‐ 77
Steuern ‐ ‐ 6 ‐ ‐ 4 ‐ ‐ 5 ‐ ‐ 5 ‐ ‐ 20
Change (23) (99) (17) 1026 (73) (21) 497 (79) (22) (500) (93) (22) 1000 (344) (132)
ACT 2020 5977 701 383 7026 727 379 6497 721 378 5500 707 378 25000 2856 1468
Legende: S = Sales, O = Operating Profit, N = Net Income After Tax
Negative Zahlen werden in Klammern dargestellt.
467
E
Controlling der Supply Chain
E.4.2.1 Charakterisierung
„No one is Fussy, Target Costing (vgl. Behrendsen 2017; Brenk 2015; Joos‐Sachse 2006;
I’m a Target…“ Kremin‐Buch 2012; Schulte‐Henke 2012; Seidenschwarz 2011) bedeutet ein
(J. Jackson) zumeist marktfokussiertes Kostenmanagement. Es besteht aus einer
Zielkostenplanung, Maßnahmen zur möglichst frühzeitigen Kosten‐
beeinflussung sowie einer kostenorientierten Koordination von Pro‐
zessen. Der historische Vorläufer des Target Costings ist Design‐to‐
Cost (vgl. Begriffsblock E.I). Dieser Ansatz durchläuft folgende Ar‐
beitsschritte:
468
E.4
Hilfsmittel des Controllings im Supply Chain Management
möglichkeiten berechnet. Die Variante mit den vergleichsweise ge‐
ringsten Kosten ist zu wählen.
(3) Kostenkontrolle: Die Zielkosten der einzelnen Produktkomponenten
und ‐teile werden laufend überwacht. Für die im Rahmen von Ab‐
weichungsanalysen festgestellten Problembereiche sind Maßnah‐
men zu erarbeiten, um Kostensenkungspotenziale auszuschöpfen.
Design‐to‐Cost Begriffsblock E.I
Ein Target Costing Prozess verläuft in zwei grundlegenden Abschnitten. Phasen des Target
Zunächst werden die Gesamtzielkosten ermittelt, um anschließend eine Costing Prozesses
Zerlegung produktbezogener Zielkosten vorzunehmen.
469
E
Controlling der Supply Chain
Ableitung der den Umsätzen subtrahiert. Das Ergebnis stellen die für den Zielgewinn
Allowable Costs maximal erlaubten Kosten dar (Allowable Costs). Gegebenenfalls sind
allgemeine Verwaltungskosten (Overheads) separat auszuweisen, um in
Einzel‐ und Gemeinkosten zu differenzieren. Anschließend kalkulieren
Fachabteilungen ohne Innovationen anfallende Standardkosten (Drif‐
ting Costs). Dann erst beginnt das Kneten der Kosten, wodurch die
Lücke zwischen den Allowable Costs und den Drifting Costs geschlos‐
sen wird (vgl. Abbildung E.15).
Abbildung E.15 Festlegung der Gesamtzielkosten
Kneten
Drifting Costs
Kneten
Target Costs
Möglichkeiten des Das Kneten der Kosten bezieht sich auf Produkte, Prozesse oder Koope‐
Kostenknetens rationen. Stichpunktartig werden im Folgenden einige Möglichkeiten
zur Kostensenkung charakterisiert.
Kostengestaltung Produktbezogene Kostensenkungen: Sie leiten sich beispielsweise
am Produkt aus Value Engineering ab, indem Konkurrenzleistungen auf Teile‐
ebene aufgelöst werden, um das Wissen der Wettbewerber abzu‐
kupfern (vgl. Begriffsblock E.II). Außerdem bietet sich die Nach‐
verhandlung über Einkaufspreise an. Schließlich gehen weitere
Verbesserungsmöglichkeiten auf die Produktstandardisierung zu‐
rück (Baureihenkonzept, Mehrfachverwendungsteile).
Kombination mit Prozessbezogene Kostensenkungen: Vor allem die Prozesskosten‐
Prozesskostenrech‐ rechnung leistet gute Dienste, wenn es um das Aufspüren von Op‐
nung timierungspotenzialen in den allgemeinen Verwaltungsbereichen
geht. Dadurch gelingt es, die Kostentreiber im administrativen Sek‐
470
E.4
Hilfsmittel des Controllings im Supply Chain Management
tor offenzulegen. Zum Beispiel bietet sich die Fremdvergabe selten
durchgeführter oder personalintensiver Aktivitäten an.
Kooperationsbezogene Kostensenkungen: Insbesondere die Ein‐ Schnittstellenma‐
bindung vorgelagerter Wertschöpfungspartner verspricht Erfolg. nagement
Unter anderem können komplette Module von Systemlieferanten
bezogen werden. Aber auch aus horizontalen Kooperationen leiten
sich Kostensenkungspotenziale aus der Bildung strategischer Alli‐
anzen ab (Cost‐Sharing der Entwicklungsaufwendungen).
Value Engineering und Value Analysis Begriffsblock E.II
Value Engineering beschreibt eine Wertgestaltung. Das Verfahren dient dem
Erkennen kostenkritischer Faktoren in den frühen Phasen der Produktent‐
wicklung. Value Engineering findet vor allem bei dem Verfahren Out‐of‐
Company Anwendung. Die Aktivitäten von Value Analysis (der Wertanaly‐
se) beziehen sich hingegen auf Produkte, die bereits in ihrem Konstruktions‐
stadium oder auf einem Markt befindlich sind. Die Methode wird insbeson‐
dere zur Bestimmung der Out‐of‐Standard‐Costs verwendet. Bei beiden
Verfahren werden (Konkurrenz‐) Produkte in ihre Einzelteile zerlegt und
Kosteneinflussfaktoren (Funktionen, Komponenten, Teile) identifiziert.
Im Idealfall werden die Target Costs mit den Allowable Costs gleich Nicht immer
gesetzt. Ist dies auf Grund der Wettbewerbsintensität nicht möglich, entsprechen die
bietet es sich an, einen Korridor zwischen Allowable Costs und Drifting Target Costs den
Costs abzustecken. Die Target Costs befinden sich zunächst ungefähr in Allowable Costs
der Mitte dieser Grenzzone. Wie nah die Target Costs beim Kostenkne‐
ten letztendlich an die Allowable Costs heranreichen, hängt von der
Wettbewerbsdynamik ab. Sollten die Target Costs den Allowable Costs
entsprechen, können die Kostenvorgaben im Unternehmen 1:1 als Kos‐
tenziele übernommen werden.
Objektive Merkmale: Hierunter fallen Characteristics (harte Faktoren).
Bei einem Auto sind dies beispielsweise Allradantrieb, Airbag, Dieb‐
stahlsicherung und Seitenaufprallschutz.
471
E
Controlling der Supply Chain
472
E.4
Hilfsmittel des Controllings im Supply Chain Management
bekannt sind, können diese allenfalls geschätzt werden. Außerdem ist
diese Variante vergangenheitsorientiert (die Konkurrenz wird nicht
überholt, man zieht im besten Fall mit ihr gleich).
Out‐of‐Standard‐Costs: Out‐of‐Standard‐Costs ist wohl am weitesten Standardkosten
entfernt von der eigentlichen Vorstellung des Target Costings. Dieser versus optimale
Ansatz ist – wie auch Out‐of‐Company – primär nach innen gerichtet Kosten
und verfolgt keine direkte Marktorientierung. Hier werden zunächst
Drifting Costs bestimmt, um diese mit Plankosten (Optimal Costs) zu
vergleichen. Aus der Differenz ergibt sich die Kostenknetmasse.
Im Folgenden wird ein Beispiel für die Variante Market‐into‐Company „In einer kleinen
anhand des Produkts „TV‐Show“ beschrieben (vgl. Usadel 2002). Zu‐ Rolle muss man ein
nächst legt die Geschäftsleitung die einzubeziehenden Funktionen des großer Künstler
Produkts „TV‐Show“ fest. Im gegebenen Beispiel werden die folgenden sein, um gesehen
(Haupt‐) Funktionen identifiziert: Quote/Marktanteil, Unterstützung zur zu werden.“
Werbung, Beitrag zur Markenbildung, Unterhaltung, Bildung und Pro‐ (A. Strindberg)
motion. Im Anschluss werden die zuvor ermittelten Funktionen mit
Hilfe einer Kundenbefragung gewichtet. Hieraus ergibt sich folgendes
Bild:
Funktionen der TV‐Show
Summe 100%
Im nächsten Schritt werden die vom Markt erlaubten Kosten (Allowable Festlegung der
Costs) bestimmt. Darüber hinaus sind die Produktstandardkosten (Drif‐ Komponenten
ting Costs) und der Kostensenkungsbedarf zu ermitteln. Nachdem die
Gesamtzielkosten festgelegt sind, wird der komplette Kostenblock „TV‐
Show“ in seine Komponenten zerlegt. Jeder Komponente ist ihr prozen‐
tualer Kostenanteil am Gesamtprodukt zugeteilt. Die Kostenanteile der
Produktstandardkosten werden früheren Kostenkalkulationen entnom‐
men. Die Komponenten „Moderator“ und „Co‐Moderator“ werden
473
E
Controlling der Supply Chain
nicht weiter verfolgt, um keine Trade‐offs zu erzielen (ohne guten Mo‐
derator floppt die komplette TV‐Show).
Komponenten der TV‐Show Kostenanteile
Summe 100%
Funktionen und Anschließend sind die bereits identifizierten Funktionen der „TV‐Show“
Komponenten den Komponenten gegenüberzustellen (Funktionen‐Komponenten‐
erst einmal Matrix). Die Gewichtung erfolgt in Absprache mit den zuständigen
bewerten… Unternehmensbereichen auf Basis einer subjektiven Beurteilung. Diese
Aufstellung zeigt, mit welchem Gewicht einzelner Komponenten die
Teilfunktionen realisiert werden. Zum Beispiel decken die „Gäste“ zu
14% die Funktion „Unterhaltung“ ab (vgl. Usadel 2002, S. 41ff.).
Markenbildung
Unterhaltung
Funktionen
Marktanteil
Promotion
Werbung
Quote /
Bildung
Komponenten
474
E.4
Hilfsmittel des Controllings im Supply Chain Management
Die Werte der Funktionen‐Komponenten‐Matrix werden mit den Funk‐
…dann Funkti‐
tionsbedeutungen verknüpft. Das Ergebnis ist die gewichtete Funktio‐ onen und Kom‐
nen‐Komponenten‐Matrix. Am Beispiel „Protagonisten“ (K1) und ponenten ge‐
„Markenbildung“ wird die Berechnung erklärt: 0,25 x 0,16 = 0,04 (4,0%). wichten
Markenbildung
Funktionen
Unterhaltung
Marktanteil
Nutzenanteil
Promotion
Werbung
Quote /
Bildung
Komponenten
Im letzten Schritt werden aus dem Verhältnis Nutzenanteil zu Kostenan‐ Zielkostenindi‐
teil die Zielkostenindizes ermittelt. Beispielsweise berechnet sich K1 zes berechnen
aus der Division von 25,7% zu 2,0% (12,8). Wünschenswert ist ein Ziel‐
kostenindex „gleich 1“, dann entspricht der Ressourceneinsatz dem
Kundennutzen. Ein Zielkostenindex „kleiner 1“ bedeutet, dass die Pro‐
duktkomponente „zu teuer“ ist. Umgekehrt spiegelt ein Index „größer 1“
eine „zu einfache“ Produktion (vgl. Usadel 2002, S. 43).
475
E
Controlling der Supply Chain
Abbildung E.16 Zielkostenkontrolldiagramm
Kostenanteil
in % 45‐Grad‐Linie =
Optimaler Zielkostenindex
“Zu teuer”
K3
K7 K2
K5 “Zu einfach”
15
K6
K4
K8 K1
Nutzenanteil
15 in %
Steigerung der Ein Vorteil des Target Costings ist der Zwang zur Aufdeckung von
Transparenz Schwachstellen im Entwicklungsprozess. Die Zielkosten sind nur
schwer einzuhalten. Dadurch besteht die Notwendigkeit zur Identifi‐
zierung kostspieliger Prozesse innerhalb der Supply Chain. Es werden
Lösungen mit geringeren Kosten gesucht. Allerdings darf die Qualität
unter dem Kneten der Produktkosten nicht leiden (latente Trade‐off‐
Gefahr).
476
E.4
Hilfsmittel des Controllings im Supply Chain Management
Nach der 80‐20‐Regel besteht in den frühen Phasen die größte Mög‐ Schwerpunkt F&E
lichkeit zur Kostensenkung: 80% der Kosten werden im Entstehungs‐
zyklus determiniert. Nur 20% der Kosten sind im Marktzyklus (wenn
das Produkt bereits auf dem Markt eingeführt ist) disponibel. Target
Costing hat seine Stärken gerade in diesen frühen Phasen.
Jedoch ist die Einbeziehung der relevanten Kosten ein Problem des Ableitung von Ver‐
Target Costings. Ausgestattet als Vollkostenrechnung, werden nicht rechnungsschlüsseln
unmittelbar auf das Produkt bezogene Kosten den Produkteinheiten für Gemeinkosten
nach Anlastungsprinzipien zugeordnet. Die produktfernen Overheads
(Verwaltungs‐, Material‐ und Fertigungsgemeinkosten) werden im
Verhältnis zu den Einzelkosten, oder den Herstellungskosten, auf die
Produkteinheiten verteilt. Dadurch ergibt sich eine nicht gerechtfertig‐
te Proportionalisierung („Gießkannenprinzip“).
Ein weiteres Problem besteht in der Bewertung der Nutzenanteile von Subjektivität
Produkten. Besonders weiche Kriterien („Design, Image) unterliegen
in ihrer Bewertung einer ausgeprägten Subjektivität.
Sobald die Target Costs den Allowable Costs entsprechen, wird das Wie weit geht das
Kneten eingestellt. Wenn im umgekehrten Fall die Messlatte für die Kneten?
Allowable Costs und die Target Costs zu hoch angesetzt ist, wird ein
Projekt gar nicht erst gestartet, wodurch man sich bereits im Vorfeld
aus dem Markt katapultiert.
E.4.3 Prozesskostenrechnung
Den Anstoß zur Erarbeitung der Prozesskostenrechnung lieferten Miller „Sobald wir anfan‐
und Vollmann in ihrem legendären Artikel „The hidden Factory“ (vgl. gen, die Kosten zu
Miller/Vollmann 1985). Sie erkannten das Problem: Die indirekten Berei‐ berechnen, begin‐
che eines Unternehmens lagen kostenrechnerisch im Verborgenen. Den nen die Kosten.“
Lösungsweg lieferten sie jedoch nicht. Dies erledigten Cooper und Kaplan (H. D. Thoreau)
(vgl. Kaplan/Anderson 2007). Basierend auf den Überlegungen von Miller
und Vollmann, entwickelten sie das Activity Based Costing (ABC).
477
E
Controlling der Supply Chain
Von der Aktivität Ein Activity Based Costing bezog sich ursprünglich auf einzelne Aktivi‐
zum Prozess täten. Im Laufe der Zeit näherte sich ABC der Prozesskostenrechnung
an, indem diese Tätigkeiten mittlerweile zu Neben‐ und Hauptprozes‐
sen zusammengefasst werden. Beispielsweise kann der „Wareneingang“
einen Hauptprozess darstellen. Dieser untergliedert sich in die Neben‐
prozesse „Wareneingangskontrolle“, „Zoll“ und „Vereinnahmung von
Waren“. Aktivitäten der Wareneingangskontrolle stellen schließlich
Messen, Wiegen und Zählen dar.
E.4.3.1 Charakterisierung
Ziele der Prozess‐ Die Prozesskostenrechnung (vgl. Balzer/Zirkler 2007; Grüning 2010; Ka‐
kostenrechnung plan/Anderson 2007; Rauhut 2010; Remer 2005) verfolgt eine Steigerung
der Kostentransparenz in den indirekten Bereichen. Dazu werden bei
der Prozesskostenrechnung die Verwaltungstätigkeiten aufgebrochen.
Das Fraunhofer Institut für Arbeitswirtschaft und Organisation (IAO) in
Stuttgart hat für die Supply Chain errechnet, dass ein (verwaltender)
Beschaffungsprozess durchschnittlich zwischen 80 Euro und 130 Euro
verzehrt (vgl. Werner 2013a, S. 31).
Triade‐Studie Allerdings ist die Prozesskostenrechnung im Supply Chain Management
nicht sonderlich verbreitet. Auf Basis der „Triade‐Studie“, an der sich
über 300 Unternehmen branchenübergreifend und weltweit beteiligten,
wurde festgestellt, dass lediglich 30% der befragten Unternehmen ihre
Wertschöpfungskosten auf Basis der Prozesskostenrechnung bestimmen.
Viele dieser Wettbewerber (mehr als 20%) berechnen ihre Kosten in den
Lieferketten gar nicht separat. Sie weisen diese unter den Allgemein‐,
Vertriebs‐ oder Verwaltungskosten aus (vgl. Werner 2014, S. 31).
Prozesskostenrech‐ Der Nutzen einer Prozesskostenrechnung in der Supply Chain ergibt
nung in der chemi‐ sich durch den Aufbruch von Hautprozessen auf die Ebene einzelner
schen Industrie Aktivitäten. Dadurch gelang es einem japanischen Chemiekonzern,
seine Durchlaufzeiten in der Produktion deutlich zu reduzieren: Aus
ursprünglichen 11 Tagen wurden 4 Tage. Der Branchendurchschnitt liegt
bei 18 Tagen. Schwachstellen im Logistikprozess (Lagerung, Verpa‐
ckung, Kommissionierung) wurden systematisch ausgemerzt (vgl. Wer‐
ner 2014, S. 13).
Arbeitsschritte Eine Prozesskostenrechnung umfasst vier Arbeitsschritte: Prozessiden‐
tifizierung durch Tätigkeitsanalyse, Auswahl von Maßgrößen, Festle‐
gung von Planprozessmengen und Prozesskosten sowie Ermittlung von
Prozesskostensätzen. Im Folgenden werden diese Phasen der Prozess‐
kostenrechnung näher erläutert.
478
E.4
Hilfsmittel des Controllings im Supply Chain Management
1. Prozessidentifizierung durch Tätigkeitsanalyse
Der komplette Tätigkeitsprozess zur Leistungserstellung wird aufgebro‐ Haupt‐ und Ne‐
chen. Physische und wertmäßige Teilprozesse sind eine Kette homoge‐ benprozesse
ner Aktivitäten. Sie werden den Hauptprozessen auf Kostenstellenebene
zugeordnet. Ein Teilprozess schließt mit einem Arbeitsergebnis. So wer‐
den beispielsweise die Teilprozesse „Einlagerung“ und „Auslagerung“
unter den Hauptprozess „Lagerwesen“ gefasst.
2. Auswahl von Maßgrößen
Nachdem die Teilprozesse einer Kostenstelle identifiziert sind, ist das Kostentreiber
Volumen in variable (leistungsmengeninduzierte) und fixe (leistungsmen‐ erkennen
genneutrale) Bestandteile zu unterteilen. Für alle variablen Komponenten
einer Kostenstelle werden signifikante Einflussfaktoren (Cost Driver)
bestimmt. Kostentreiber sind Maßgrößen zur Quantifizierung repetitiver
Aktivitäten. Für sie wird ein Mengengerüst aufgebaut, was für die leis‐
tungsmengenneutralen Kosten nicht notwendig ist.
3. Festlegung von Planprozessmengen und Prozesskosten
Für die gesamten leistungsmengeninduzierten Prozesse sind die Aus‐ Proportionale
prägungen der Maßgrößen zu fixieren. Sie dienen als Grundlage zur Verrechnung der
Kostenplanung. Auf ihnen beruht die Quantifizierung der Aktivitäten. neutralen Kosten
Die Planprozessmengen sind aus den Leistungsanforderungen der Eng‐
passbereiche abzuleiten. Aus jedem Prozess werden – mit Hilfe techni‐
scher und kostenrechnerischer Analysen – Kostenarten spezifiziert. Als
Berechnungsbasen dienen Planprozessmengen. In den indirekten Berei‐
chen dominieren auf einer Kostenstelle häufig die Personalkosten. Zur
Arbeitserleichterung werden weitere Kostenarten (Miete, Strom, Büro‐
material, Weiterbildung) proportional zu den Personalkosten auf der
Kostenstelle verteilt („geflext“).
4. Ermittlung von Prozesskostensätzen
Für alle leistungsmengeninduzierten Aktivitäten werden die Kosten für Prozesskostensätze
ihre einmalige Inanspruchnahme festgelegt. Dazu sind die Prozesskos‐ ermitteln
ten durch die Planprozessmengen zu dividieren (Prozesskostensätze).
Bei der Weiterverrechnung der Kosten in den internen Leistungsberei‐
chen bleiben die leistungsmengenneutralen Prozesse, und die durch sie
verursachten Kosten, unberücksichtigt. Eine permanente Vorgabe und
Kontrolle von Kosten in den indirekten Bereichen erfolgen kostenstel‐
lenbezogen oder gesamtprozessbezogen. Für einzelne Kostenstellen
479
E
Controlling der Supply Chain
zeichnet der Kostenstellenleiter verantwortlich, für Gesamtprozesse der
Process Owner.
480
E.4
Hilfsmittel des Controllings im Supply Chain Management
481
E
Controlling der Supply Chain
482
E.4
Hilfsmittel des Controllings im Supply Chain Management
Prozesskostenrechnung Abbildung E.17
Zutaten
1 Paletten 5.000 0,7 5.600 1.600 7.200 1,12 1,44
bereitstellen
Speisen
2 Menüs 20.000 4,0 32.000 9.143 41.143 1,60 2,05
zubereiten
Essen Ausgege‐
3 20.000 0,5 4.000 1.143 5.143 0,20 0,25
ausgeben bene Essen
Kassier‐
4 Kunden 20.000 0,5 4.000 1.143 5.143 0,20 0,25
vorgang
Tabletts
5 Tabletts 20.000 0,3 2.400 686 3.086 0,12 0,15
einsammeln
Spülvor‐
6 Geschirr 80.000 1,0 8.000 2.285 10.285 0,10 0,12
gang
Allgemeine
7 2,0 16.000
Verwaltung
Wie erwähnt, kann die Fremdvergabe der Bewirtschaftung des Betriebs‐ Grundlage zur
restaurants einerseits en bloc erfolgen. Andererseits sind vielleicht nur Entscheidungsfin‐
einzelne Aktivitäten von einer Fremdvergabe betroffen. In diesem Bei‐ dung
spiel scheinen die Tätigkeiten „Speisen zubereiten“ sowie „Zutaten
bereitstellen“ besonders von einem Outsourcing bedroht. Sie verursa‐
chen in der Tat vergleichsweise hohe Prozesskostensätze. Allerdings
bedeutet dies nicht automatisch, dass ein auf externe Bewirtschaftung
spezialisierter Akteur (ein „Catering‐Unternehmen“) diese Leistungen
zwingend günstiger anbietet. Es leitet sich für Tätigkeiten mit hohen
Prozesskostensätzen folglich kein Automatismus für ihre Fremdvergabe
ab.
483
E
Controlling der Supply Chain
Kombination mit Ein weiterer Vorteil der Prozesskostenrechnung besteht in einer Un‐
Target Costing terstützung des Target Costings: Als vollkostenorientiertes Instrument
ausgelegt, umfasst Target Costing nicht nur die Einzel‐ sondern auch
die Gemeinkosten. Durch die Kombination der Prozesskostenrech‐
nung mit dem Zielkostenmanagement, bleiben die Gemeinkosten
nicht länger im Verborgenen. Die Prozesskostenrechnung bricht den
indirekten Bereich auf und hilft dem Target Costing folglich beim
„Kostenkneten“ (Unterstützungsfunktion).
Logistische Sach‐ Bei näherer Betrachtung des obigen Beispiels fällt auf, dass sich die
kosten hinzurech‐ Prozesskostenrechnung ausschließlich auf die Personalkosten be‐
nen zieht. Für indirekte Bereiche (Treasury, Rechtsabteilung) scheint diese
Vorgehensweise gerechtfertigt, da auf diesen Kostenstellen der Perso‐
nalkostenanteil teilweise über 90% beträgt. Sonstige Kostenartenkos‐
ten (Energie, Versicherungen, Miete) sind, verglichen mit den Perso‐
nalkosten, zu vernachlässigen. In der Logistik ist die Ermittlung von
484
E.4
Hilfsmittel des Controllings im Supply Chain Management
Ein weiteres Problem ergibt sich dadurch, dass sämtliche Aktivitäten Alles wird über
in der Prozesskostenrechnung einzeln einer Bewertung unterzogen einen Kamm ge‐
werden, obwohl vielfach Interdependenzen zwischen den Inhalten schert
vorliegen. Auch werden alle Aktivitäten als gleich bedeutend angese‐
hen: Es existieren jedoch zumeist Kernaktivitäten, ohne die ein kom‐
pletter Prozess zum Erliegen käme.
E.4.4.1 Charakterisierung
Der Economic Value Added ist eine Kennzahl, die den betrieblichen Über‐ Konzept zur
gewinn misst. EVA findet in der wertsteigernden Unternehmensfüh‐ Wertsteigerung
rung Einsatz und aggregiert sich aus Größen der Gewinn‐ und Verlust‐
rechnung sowie der Bilanz. Die Basisformel zur Berechnung des Eco‐
nomic Value Added lautet (vgl. Begriffsblock E.III):
485
E
Controlling der Supply Chain
Begriffsblock E.III Basisformel des Economic Value Added
EVA = NOPAT – (Capital x c*)
Legende:
EVA = Economic Value Added
NOPAT = Net Operating Profit After Tax
Capital = Gebundenes Vermögen
c* = Gesamtkapitalkostensatz
Wie wird der Die Komponente Capital ist abhängig von Investitionsentscheidungen
Erfolg erwirtschaf‐ und stellt das betriebsnotwendige Vermögen dar. Das Capital wird für
tet? die Erzielung eines NOPAT benötigt. Im Mittelpunkt steht die Frage:
“Welche Positionen sind betriebsnotwendig und ermöglichen die Er‐
wirtschaftung eines operativen Ergebnisses?“.
Subtraktionsver‐ Die Berechnungsformel für EVA bedeutet, dass die Multiplikation von
fahren Capital mit dem Gesamtkapitalkostensatz (c*) die Finanzierungskosten
des betrieblich gebundenen Kapitals ergibt. Die Kosten zur Finanzie‐
rung werden vom betrieblichen Gewinn subtrahiert. Das Resultat ist der
Economic Value Added.
„Eva flies away, Wenn die Kennzahl EVA einen positiven Wert annimmt, übersteigt das
dreams the world operative Ergebnis die gesamten Finanzierungskosten des betrieblichen
far away…“ Vermögens. Ein negativer Economic Value Added bedeutet, dass die
(the Nightwish) Finanzierungskosten nicht durch das Nettobetriebsergebnis nach Steu‐
ern gedeckt wurden. Aus der Sicht von Kapitalgebern fand eine Wert‐
vernichtung statt. Die Anteilseigner hätten ihr Kapital in einem anderen
Unternehmen, mit ähnlichem Risikoprofil ausgestattet, zu einer höheren
Verzinsung anlegen können.
486
E.4
Hilfsmittel des Controllings im Supply Chain Management
Die Einsatzgebiete von EVA erstrecken sich auf die Unternehmensbe‐ Anwendungsberei‐
wertung, eine Erhöhung der Gesamtrendite von Aktionären (Sharehol‐ che
der Value) und seine Verwendung als betriebliches Anreizsystem. Eine
Möglichkeit von EVA als Instrument der wertsteigernden Unterneh‐
mensführung wurde oben beschrieben. Der Shareholder Value kann als
reine Finanzgröße oder Handlungsmaxime interpretiert werden.
Wird der Economic Value Added als betriebliches Anreizsystem ge‐ Leistungssteige‐
nutzt, besteht ein direkter Bezug zu dem vom Aktieninvestor angestreb‐ rung
ten Handlungsergebnisses. Insbesondere bei Führungskräften leitet sich
das Entlohnungssystem aus Bestandteilen zur Berechnung von EVA ab:
Zum Beispiel aus dem Aktienkurs und dem Return on Equity. In diesen
Fällen ist der Economic Value Added seitens der Unternehmensleitung
beeinflussbar. Der Anreiz für das Management besteht darin, dass die
Erwirtschaftung eines hohen Finanzergebnisses unmittelbar zur Steige‐
rung der eigenen Entlohnung führt (Pricipal‐Agent‐Theorem).
487
E
Controlling der Supply Chain
Organisation zunächst die Größe NOPAT ermitteln. Dazu verrechnet sie
das Betriebsergebnis mit ausgewählten Komponenten der Gewinn‐ und
Verlustrechnung (vgl. Beispielblock e.1).
Beispielblock e.1 Berechnung des Net Operating Profit After Tax
Alle Zahlen betreffen den Abschluss im Geschäftsjahr 2020 (in T€)
Von NOPAT zu Der Automobilzulieferer hat im Geschäftsjahr 2020 ein Nettobetriebser‐
Capital gebnis nach Ertragsteuern von 72,1 T€ erwirtschaftet. Als nächstes be‐
rechnet das Unternehmen das Capital, welches zur Erzielung des EBIT
eingesetzt wurde (vgl. Beispielblock e.2).
Beispielblock e.2 Berechnung des Capital
Alle Zahlen betreffen den Abschluss im Geschäftsjahr 2020 (in T€)
Wertsteigerung In diesem Beispiel konnte das betriebsnotwendige Vermögen durch die
durch positive operativen Tätigkeiten gedeckt werden. Der Economic Value Added ist
Kennzahl positiv, er beläuft sich auf 11,05 T€. Beispielblock e.3 zeigt diesen Sach‐
verhalt in übersichtlicher Form auf. In dem Beispiel wurde mit einem
Kapitalkostensatz von 10% gerechnet.
488
E.4
Hilfsmittel des Controllings im Supply Chain Management
Berechnung des Economic Value Added Beispielblock e.3
Economic Value Added = NOPAT ‐ (Capital Kapitalkostensatz)
11,05 72,1 ‐ (609,5 0,1)
Alle Zahlen betreffen den Abschluss im Geschäftsjahr 2020 (in T€)
489
E
Controlling der Supply Chain
E.4.5.1 Charakterisierung
Liquiditätskiller Unterschiedliche Studien zeigen, dass durchschnittlich bis zu 30% mehr
an Liquidität im Umlaufvermögen gebunden ist, als dies notwendig sein
müsste (vgl. Wäscher 2005, S. 118). Auch nutzen Gesellschaften ihren
Innenfinanzierungsspielraum nur ungenügend aus. Insbesondere die
Positionen des Umlaufvermögens (wie Forderungen und Vorräte) bin‐
den Kapital (vgl. Heesen/Moser 2017; Meyer 2012; Weber/König 2012).
Bedeutung des Ein Instrument, das unmittelbar auf die Finanzlage wirkt, ist das Work‐
Working Capital ing Capital Management. Es erstreckt sich insbesondere auf Vorräte,
Managements Kundenforderungen sowie Lieferantenverbindlichkeiten. Das Working
Capital Management soll dabei helfen, die Kapitalbindung zu schmälern
und Liquidität freizusetzen. Neben der Möglichkeit, durch ein erfolgrei‐
ches Working Capital Management verfügbares Kapital kurzfristig zu
erhöhen, ergibt sich eine verbesserte Verhandlungsposition bei externen
Kapitalgebern.
Kalkulationsbasen Working Capital berechnet sich aus Umlaufvermögen, abzüglich aller
schaffen nicht verzinster Verbindlichkeiten (vgl. Klepzig 2010, S. 31). Dieses Um‐
laufvermögen umfasst Vermögensteile, die sich innerhalb eines Jahres
in liquide Mittel rückverwandeln lassen. Hierzu zählen Kasse, Bank,
Vorräte, Forderungen aus Lieferungen und Leistungen sowie sonstige
Forderungen und Vermögensgegenstände des Umlaufvermögens. Zu
den nicht verzinslichen Verbindlichkeiten werden Schulden aus Liefe‐
rungen und Leistungen, kurzfristige Rückstellungen und sonstige un‐
verzinsliche Verbindlichkeiten gerechnet (vgl. Weber/König 2012, S. 33).
Disputes und Demnach sind Vermögensteile, die sich nicht innerhalb eines Jahres
Excess‐and‐ liquidieren lassen, kein Working Capital. Als Beispiel sind hier Forde‐
Obsolete sind nicht rungen (Disputes) anzuführen, deren Laufzeit größer als 365 Tage ist.
Working Capital Das gleiche gilt für Excess‐and‐Obsolete‐Vorräte, wenn sie eine Be‐
standsreichweite von mehr als 365 Tagen aufweisen.
Messung der Das Primärziel des Working Capital Managements liegt in einer Opti‐
Liquidität über mierung der Bilanzpositionen Forderungen, Vorräte und Verbindlichkei‐
Cash‐to‐Cash‐ ten. Dazu wird der Liquiditätskreislauf (Cash‐to‐Cash‐Cycle) optimiert.
Cycle Dieser bemisst die Zeitspanne zwischen Zahlungsausgang und Zah‐
lungseingang. Somit erstreckt sich das Working Capital auf das Forde‐
rungs‐, Bestands‐ und Verbindlichkeitsmanagement (vgl. Heesen/Moser
2017; Meyer 2012, S. 91; Ulbrich et al. 2008, S. 25).
490
E.4
Hilfsmittel des Controllings im Supply Chain Management
Bei der Optimierung der Vorräte wird ein Anstieg der Lagerum‐ Fluch von Überbe‐
schlagshäufigkeit angepeilt. Hierbei ist der latente Zielkonflikt zwi‐ ständen
schen Fehlmengenkosten und Bestandskosten auszuloten. Um die Ba‐
lance für die „richtige“ Bestandshöhe zu finden, kann das Reichwei‐
tenmonitoring gute Dienste leisten (vgl. S. 306).
Des Weiteren wird das Working Capital Management als Instrument zur Cash Kühe melken
Steigerung der Innenfinanzierungskraft genutzt. Durch eine Reduzie‐
rung von Working Capital werden liquide Mittel freigesetzt, die zu einer
Erhöhung des Unternehmenswerts führen. Nach einer Studie von Hor‐
váth & Partners sehen mehr als drei Viertel der Teilnehmer im Working
Capital Management ein Instrument zur Generierung von Liquidität,
Erhöhung der Kapitaleffizienz und allgemeiner Wertsteigerung (vgl.
Hofmann et al. 2007, S. 155f.). Innerhalb von Supply Chains soll Working
Capital Management jedoch nicht zur bloßen Verschiebung der Kapital‐
kosten, sondern zur nachhaltigen Liquiditätsverbesserung führen (vgl.
Heesen/Moser 2017, S. 51).
491
E
Controlling der Supply Chain
Positive und nega‐ Somit besitzt der Liquiditätskreislauf die drei oben aufgeführten Stell‐
tive Impacts hebel. Je geringer die durchschnittliche Vorrats‐ und Forderungsdauer
ausfällt, desto positiver wirken sich diese Effekte auf den Cash‐to‐Cash‐
Cycle aus. Außerdem verbessert eine Erhöhung der durchschnittlichen
Verbindlichkeitsdauer die Cash‐to‐Cash‐Cycle‐Time.
492
E.4
Hilfsmittel des Controllings im Supply Chain Management
493
E
Controlling der Supply Chain
E.4.6.1 Charakterisierung
Zur Begrenzung Traditionelle Kennzahlensysteme werden den Ansprüchen eines dy‐
traditioneller namischen und turbulenten Wettbewerbsumfelds kaum gerecht. Ihnen
Kennzahlensyste‐ mangelt es an Zukunftsfokussierung, da sie sich primär aus Zahlen der
me Vergangenheit berechnen. Ebenso vernachlässigen klassische Kennzah‐
lensysteme „weiche“ Faktoren (wie die Kundenzufriedenheit), sie sind
im Kern monetär geprägt. Weiterhin fehlt ihnen ein echter Strategiebe‐
zug, wie auch die Ableitung von Kausalzusammenhängen. Schließlich
leiden diese klassischen Kennzahlensysteme unter einem zu hohen Ag‐
gregationsgrad, indem untere Organisationsebenen darin kaum gewür‐
digt werden.
494
E.4
Hilfsmittel des Controllings im Supply Chain Management
Dimensionen der Unternehmensleistung Abbildung E.18
Effizienz
Performance
Agilität
Effektivität
Innerhalb dieses dreidimensionalen Raums („Erfolgskorridor“) werden Drei Dimensionen
die einzelnen Leistungsebenen (zum Beispiel Produktionsprozesse in‐ des Performance
nerhalb moderner Wertschöpfungsketten) bewertet. Die langfristige Measurements
Effektivitätsmessung ist in Performance Measurement Systemen extern
gerichtet und zielt auf die verfolgte Supply Chain Strategie. Bei der eher
kurzfristig ausgelegten Supply Chain Effizienz wird die Wirtschaftlich‐
keit des internen Ressourceneinsatzes bewertet. Schließlich steht bei der
Agilitätsmessung die Anpassungsfähigkeit (Wandlungsmöglichkeit) rea‐
gibler Leistungsbündel einer Supply Chain auf dem Prüfstand (vgl.
Gladen 2014, S. 59; Gleich 2011, S. 33ff.).
Der Wertbeitrag in Supply Chains manifestiert sich innerhalb der Per‐ Tangible und
formance Measurement Systeme gleichermaßen in finanziellen Assets intangible Assets
(Bestände, Frachtkosten) und intangiblen Bewertungsmaßstäben (Liefer‐
servicegrad, Durchlaufzeit, Absatzprognosegenauigkeit). Im Mittel‐
punkt dieser Ansätze steht die simultane Messung der relevanten
Schlüsselfaktoren einer Wertschöpfungskette (Kosten, Zeit, Qualität,
Flexibilität, Service, Innovation, Nachhaltigkeit, Information).
495
E
Controlling der Supply Chain
Harte Werttreiber Innerhalb der Performanz‐Systeme einer Supply Chain werden auf den
einer Supply Chain Leistungsebenen quantitative und qualitative Werttreiber unterschie‐
den. Quantitative Werttreiber sind budgetierbar. Sie dienen dazu, Pro‐
zesse innerhalb moderner Wertschöpfungsketten zu bewerten, Gestal‐
tungsalternativen zu vergleichen (zum Beispiel Make‐or‐Buy) und be‐
triebswirtschaftliche Konsequenzen abzuleiten. Differenziert nach
prägenden Wettbewerbsfaktoren, sind in Supply Chains folgende quan‐
tifizierbaren Werttreiber zu unterscheiden (vgl. Werner 2011a, S. 599):
Kostenbezogene Werttreiber: Darunter fallen beispielsweise Gesamte
Supply Chain Kosten, Lager‐, System‐, Steuerungs‐, Handlings‐, Dis‐
tributions‐, Fehler‐ und Transaktionskosten.
Qualitative Werttreiber: Beispiele zur qualitativen Erfolgsmessung in
Supply Chains sind Servicegrad, Lieferbereitschaft, Verzugsquote,
Lieferfähigkeit und Lieferzuverlässigkeit.
Supply Chain Ein junges Gebiet von Performance Measurement Systemen in Wert‐
Relationship Ma‐ schöpfungsketten ist die qualitative Erfolgsmessung. Diese „weichen“
nagement Werttreiber sind integrativer Bestandteil eines Supply Chain Relations‐
hip Managements (vgl. S. 22 dieser Schrift). Untersuchungsgegenstand
ist nicht länger der Material‐, der Informations‐ und der Geldfluss, son‐
dern eine soziale Verflechtung. Die Bewertung erstreckt sich auf Fakto‐
ren wie Vertrauen, Verbundenheit, Kommunikation und Transparenz.
Gestaltungsmöglichkeiten leiten sich aus Personalaustausch (Resident
Engineering, vgl. S. 137), Informationstransfer (gemeinsam genutzte
Datenbestände) oder Lieferantentreffen ab (vgl. Werner 2011a, S. 600).
Performance Ma‐ In den letzten Jahren hat eine konsequente Weiterentwicklung von An‐
nagement sätzen des Performance Measurements stattgefunden. Diese wurden
integrativer Bestandteil von Performance Management Systemen. Per‐
496
E.4
Hilfsmittel des Controllings im Supply Chain Management
formance Management ist der übergeordnete Bezugsrahmen, in dem das
„Messen“ (Measurement) der Erfolgswirksamkeit einzelner Leistungs‐
ebenen eingebunden ist. Performance Management Systeme können in
folgende Stufen untergliedert werden (vgl. in ähnlicher Form Erdmann
2013, S. 89):
Phase 4 (Measurement): Jetzt erfolgt die Messung der Oberziele und
Unterziele einer Supply Chain über geeignete Kennzahlen.
Wie oben deutlich wurde, findet die Leistungsbewertung im vierten Bezug zwischen
Arbeitsschritt eines Performance Managements statt: Performance Mea‐ Performance Ma‐
surement ist einer der prägenden fünf Bausteine eines Performance Ma‐ nagement und
nagement Systems (vgl. Abbildung E.19). Im Zeitablauf kristallisierten Performance Mea‐
sich unterschiedliche Ausprägungsformen von Performance Measure‐ surement
ment Konzepten heraus. Diesbezüglich ist die Balanced Scorecard si‐
cherlich der bekannteste Vertreter.
Die Ausarbeitung der Balanced Scorecard basiert zu weiten Teilen auf Performance
der Performance Pyramid. Diese wurde circa zwei Jahre vor der Score‐ Pyramid in der
card entwickelt (vgl. Lynch/Cross 1995). Im Fokus dieses Performance Supply Chain
Measurement Konzepts stehen die Interessen von Kunden, Anteilseig‐
nern und Mitarbeitern. Aus der Vision leiten sich die strategischen Ziele
eines Unternehmens ab. Das Fundament der Pyramide sind die externe
Effektivität und die interne Effizienz. Aktivitäten manifestieren sich in
Kausalzusammenhängen (Blocks‐of‐Success): Pünktliche Auslieferungen
an die Kunden (Arbeitsplatzebene) steigern die Kundenzufriedenheit
497
E
Controlling der Supply Chain
Abbildung E.19 Performance Management in Supply Chains
Performance Management (Prozess)
Performance Measurement (Konzepte)
Quantum Performance
Performance Balanced
Performance Measurement …
Pyramid Scorecard
Measurement Matrix
Key Performance Indicator
Business Performance Indicator
Process Performance Indicator
Strategische Kennzahlen und operative Kennzahlen
Monetäre Größen und nicht‐monetäre Größen
Langfristige Positionen und kurzfristige Positionen
Kostentreiber und Leistungstreiber
Harte Faktoren und weiche Faktoren
Interne Prozesse und externe Prozesse
Vergangene Leistungen und zukünftige Leistungen
498
E.4
Hilfsmittel des Controllings im Supply Chain Management
499
E
Controlling der Supply Chain
„Wie können wir Die vierte Perspektive orientiert sich an der Infrastruktur einer Supply
uns ständig verbes‐ Chain. Diese Dimension ist eine Plattform für die restlichen drei Per‐
sern?“ spektiven. Mögliche Messgrößen der Lern‐ und Entwicklungsperspek‐
tive sind Mitarbeiterzufriedenheit, Mitarbeitertreue und die Anzahl
umgesetzter Verbesserungsvorschläge pro Periode. Eine Beeinflussung
dieser Messgrößen ist durch die Einleitung kontinuierlicher Verbesse‐
rungsprozesse (Continuous Improvement) sowie Schulungs‐ und Wei‐
terbildungsmaßnahmen möglich.
Wildwuchs unter Diese vier Dimensionen sind zumeist die Bestandteile einer generischen
den Scorecards Scorecard. Unterhalb dieses allgemein gültigen Berichtsbogens können
vermeiden weitere Scorecards („Sub‐Scorecards“) aufgebaut werden. Zum Beispiel
besteht die Möglichkeit, für die Bereiche Einkauf und Engineering spe‐
zielle Scorecards zu erstellen. Es ist jedoch darauf zu achten, dass diese
„Berichtsbögen der zweiten Ebene“ sowohl untereinander als auch mit
der generischen Scorecard abgestimmt sind, damit kein „Wildwuchs“ an
Scorecards innerhalb eines Unternehmens entsteht.
Supply Chain Scorecard nach Brewer/Speh
Supply Chain Scorecard nach Stölzle/Heusler/Karrer
Supply Chain Scorecard nach Weber/Bacher/Groll
Supply Chain Scorecard nach Richert
Supply Chain Scorecard nach Werner
500
E.4
Hilfsmittel des Controllings im Supply Chain Management
Weise. Die Inhalte dieses Bezugsrahmens werden in der Folge beschrie‐
ben (vgl. Brewer/Speh 2000, S. 86).
(End) Customer Benefits („Kundennutzen“): Die Kundenperspektive Sogwirkung des
dieser Balanced Scorecard zielt auf den ultimativen Endverbraucher. Endverbrauchers
Als ein mögliches Ziel dieser Dimension arbeiten Brewer und Speh den
Kundenmehrwert heraus, welchen sie über die Kennzahl „Customer
Valuation Ratio“ messen. Die Definition dieser Größe geben die Ver‐
fasser allerdings nicht preis. Weitere Ziele dieser Dimension bestehen
beispielsweise in einer Verbesserung der Produkt‐ und der Ser‐
vicequalität, einer Reduzierung von Wartezeiten und der Flexibilitäts‐
steigerung.
Supply Chain Goals („Allgemeine Supply Chain Ziele“): Zur Wah‐ Prozessanlehnung
rung der allgemeinen Supply Chain Ziele, beziehen sich Brewer/Speh
auf die interne Prozessperspektive der generischen Balanced Score‐
card. Diesbezüglich führen die Autoren eine Verminderung von Aus‐
schussraten, das Pushen der Durchlaufzeiten, die Flexibilitätserhö‐
hung sowie eine Sachkostenreduzierung als Zieldeterminanten an.
501
E
Controlling der Supply Chain
Abbildung E.20 Supply Chain Scorecard nach Brewer/Speh
End Customer
SC Goals SC Improvement
Financial
„Give me Hope, Das Kennzahlenmanagement in der Supply Chain Scorecard nach Bre‐
Joanna…“ wer und Speh richtet sich nach der Philosophie „Hope“ aus (vgl. Bre‐
(E. Grant) wer/Speh 2001, S. 50ff.). Der plakative Wunsch nach „Hope“ steht für
„Harmonized“, „Optimal“, „Parsimonious“ and „Economical“.
Trade‐offs vermei‐ Harmonized: Die Kennzahlen der Supply Chain Scorecard nach Bre‐
den wer/Speh orientieren sich an einer Harmonisierung. Darunter verstehen
die Protagonisten einen Interaktionsprozess zwischen den Indikato‐
ren. Sollten Zielkonflikte auftreten, sind diese offenzulegen und pro‐
aktiv zu bewältigen. Wenn es auch nicht explizit erwähnt wird, stre‐
ben Brewer und Speh bei ihrer Kennzahlenauswahl nach einer Vermei‐
dung von Trade‐offs: Eine Verbesserung von Produktivitäts‐ und
Wirtschaftlichkeitskennzahlen um jeden Preis ist abzulehnen, wenn
sie beispielsweise zur Verschlechterung von Qualitätsindikatoren
führt.
Sparsamer Kenn‐ Parsimonious: Die Forderung nach Sparsamkeit bezieht sich auf eine
zahleneinsatz geringe Korrelation zwischen ausgewählten Key Performance Indica‐
tor, um Pleonasmen zu vermeiden. Wird beispielsweise in der Fi‐
nanzperspektive bereits über ROCE gemessen, bedarf es nicht der zu‐
sätzlichen Integration von ROA in diese Finanzsicht.
502
E.4
Hilfsmittel des Controllings im Supply Chain Management
Economical: Schließlich ist eine Kennzahl wirtschaftlich, wenn die Kos‐ Amortisation der
ten zu ihrer Datenerhebung nicht den Nutzen dieser Größe überkom‐ Datenerhebungs‐
pensieren (latente Gefahr von Dyssynergien). kosten
Supply Chain Scorecard nach Stölzle/Heusler/Karrer Abbildung E.21
Supply Chain Vision und Strategie
Finanzen
Lieferanten Endverbraucher
Prozesse Lernen/Entwickeln
Supply Chain Prozesse
503
E
Controlling der Supply Chain
Kombiniertes Zur Entwicklung ihrer Scorecard propagieren Stölzle/Heusler/Karrer eine
Verfahren im Ge‐ kombinierte Bottom‐Up und Top‐Down‐Vorgehensweise. Gemäß der
genstrom Verfasser sind Bottom‐Up potenzielle Engpassfaktoren in den Supply
Chain Prozessen herauszuarbeiten. Top‐Down erfolgt die Verabschie‐
dung von Visionen und Strategien in der Scorecard. Diese kombinierte
Top‐Down‐Bottom‐Up‐Vorgehensweise ermöglicht eine pragmatische
Überprüfung der Ergebnisse. Außerdem verringern sich dadurch Ak‐
zeptanzprobleme in Linienorganisationen. Zur Performance‐Messung
schlagen die Autoren den kombinierten Einsatz von Selektiv‐ und von
Schnittstellenkennzahlen gleichermaßen vor. Beispielhaft dafür stehen
Cash‐to‐Cash‐Cycle oder die „Supply Chain Cycle Time“: der Abgleich
zwischen Durchlaufzeit und Wertschöpfungszeit.
504
E.4
Hilfsmittel des Controllings im Supply Chain Management
Supply Chain Scorecard nach Weber/Bacher/Groll Abbildung E.22
Finanzen
Vision und
Kooperationsqualität Prozesse
Strategie
Kooperations‐
intensität
Laut Weber et al. (vgl. Weber/Wallenburg 2010, S. 247) ist die Heranzie‐ Kundensicht ent‐
hung einer expliziten Kundendimension im Rahmen der Erstellung fällt
einer Supply Chain Scorecard nicht notwendig. Sie begründen diese
Aussage, indem sich diese auf den Endkunden bezöge. Und nur ein
Endproduzent in einer Lieferkette hätte direkten Kontakt mit ultimati‐
ven Endverbrauchern.
Zusätzlich könnte auf eine Lern‐ und Entwicklungsdimension verzich‐ Auch Lernen und
tet werden. Diese hätte nur einen Einzelbezug in einer Organisation und Entwickeln wird
keine direkte Verbindung zu den weiteren Akteuren der Lieferkette. nicht berücksichtigt
505
E
Controlling der Supply Chain
Ständiges Ausloten Strukturelle Merkmale: Das Supply Chain Management befindet sich
nach Richert (vgl. Richert 2006, S. 89) im latenten Spannungsfeld zwi‐
schen Flexibilität (zum Beispiel die Abdeckung „ausgefallener“ Kun‐
denwünsche) und Stabilität (um den beteiligten Akteuren das Gefühl
von Sicherheit zu vermitteln). Die strukturellen Attribute einer Liefer‐
kette zielen auf grundlegende Entscheidungen, wie die Partneraus‐
wahl oder die Identifikation der „richtigen“ Prozesse.
Vertrauen schaffen Soziale Merkmale: Bezogen auf die sozialen Inhalte einer Supply
und pflegen Chain, stellt Richert (vgl. Richert 2006, S. 89) das „Vertrauen“ im Part‐
nergeflecht heraus. Der Autor orientiert sich diesbezüglich an den
Ausführungen von Brewer/Speh (vgl. Brewer/Speh 2001, S. 50). Wird ein
entgegengebrachtes Vertrauen von einem Partner missbraucht, kann
dies zu bedrohlichen Wettbewerbssituationen führen (beispielsweise
die unrechtmäßige Weitergabe sensitiver Informationen).
Ultimativer Nutzer Die Abgrenzung der Kooperationssicht zur Kundenperspektive begrün‐
det Richert, indem er letzte ausschließlich auf den „ultimativen Endkun‐
den“ (Richert 2006, S. 86) bezieht. Er misst die Performance in der Ko‐
operationsdimension beispielsweise über die Kennzahl „Squeeze‐in‐
506
E.4
Hilfsmittel des Controllings im Supply Chain Management
Time“: Die Zeitspanne (in Tagen) die verstreicht, bis ein neuer Partner in
der Supply Chain vollständig integriert ist.
Supply Chain Scorecard nach Richert Abbildung E.23
Prozesse
Lieferanten
507
E
Controlling der Supply Chain
E.4.6.3.1 Finanzperspektive
Interaktionen zur Die Ziele der Finanzsicht einer Supply Chain Scorecard stehen in ausge‐
Finanzsicht prägter Interaktion zu den übrigen vier Dimensionen des Konzepts. Der
Erfolg (oder Misserfolg) der weiteren Perspektiven bemisst sich in der
Finanzsicht. Die monetär geprägten Indikatoren decken eine umfassen‐
de Spannbreite an Finanzzielen der Lieferkette ab. In diesem Kontext
werden im Folgenden die herausragenden Zielkorridore Erfolg, Liquidi‐
tät, Rentabilität, Wert, Bestand und Kosten näher untersucht (vgl. Guna‐
sekaran et al. 2001, S. 86; Ueberall 2006, S. 74; Werner 2007b, S. 72). Abbil‐
dung E.24 zeigt die strategischen Ziele der Finanzperspektive – unter
Zuordnung möglicher Leistungsindikatoren – auf. Die anvisierten fi‐
nanziellen Positionen sind in die zwei primären strategischen Zielfel‐
der „Sicherung/Steigerung“ (Erfolg, Liquidität, Rentabilität und Wert)
sowie „Senkung“ (Bestand und Supply Chain Kosten) eingeteilt.
508
E.4
Hilfsmittel des Controllings im Supply Chain Management
Rentabilität: Allgemein beschreibt die Rentabilität den Rückfluss ein‐ Erfolgsgrößen der
gesetzten Kapitals. Für ein Supply Chain Management bietet sich bei‐ Scorecard
spielsweise die Integration des ROCE in die Finanzperspektive an.
Wie bereits ausführlich charakterisiert (vgl. S. 452), berechnet sich
ROCE aus der Division des EBIT zum eingesetzten Kapital. Alternativ
zu dem Return on Capital Employed können ROA (Return on Assets),
ROS (Return on Sales), ROTC (Return on Total Capital) und ROI (Re‐
turn on Investment) in die Scorecard aufgenommen werden. Welche
Größe auch immer ausgewählt wird, einer dieser Renditeindikatoren
sollte in der Supply Chain Scorecard enthalten sein.
Bestand: In der Kennzahlentypologie um das Supply Chain Manage‐ Kapitalbindung
ment stachen unter den Bestandszielen die beiden „Könige“ Reichweite aufzeigen
des Lagers sowie Umschlaghäufigkeit des Lagers heraus (vgl. S. 419). Ei‐
ner der beiden Indikatoren sollte in die Finanzperspektive der Score‐
card einziehen, um die Kapitalbindung zu messen. Zur kalkulatori‐
schen Verrechnung auf den EBIT sind Bestandseffekte über den
Weighted Average Cost of Capital zu verzinsen.
509
E
Controlling der Supply Chain
Abbildung E.24 Strategische Ziele und KPI der Finanzperspektive
Strategische Ziele Mögliche Kennzahlen
Finanzen Sicherung/Steigerung
Erfolg Umsatzwachstum, Rohertrag,
EBIT, Jahresüberschuss
Liquidität Cash Flow, Cash‐to‐Cash‐Cycle
Rentabilität ROCE, ROA, ROS, ROTC, ROI
Wert Economic Value Added (EVA)
Senkung
Bestand Lagerreichweite, Turn Rate
Supply Chain Kosten Transportkosten, Totale Supply
Chain Kosten
E.4.6.3.2 Kundenperspektive
B2B vs. B2C Die Kundenperspektive von Scorecards zielt zumeist auf den ultimati‐
ven Endverbraucher (Business‐to‐Customer). Richten Unternehmen ihr
Geschäft auf den Endverbraucher aus, ist die explizite Berücksichtigung
einer Kundendimension für die Supply Chain Scorecard unerlässlich
(beispielsweise im Handel). Doch auch für institutionelle Abwicklungen
(Business‐to‐Business) ist die Erstellung einer Supply Chain Scorecard
mit einer eigenen Kundendimension naheliegend:
510
E.4
Hilfsmittel des Controllings im Supply Chain Management
Einige Elemente dieser Dimension ähneln denen der generischen Score‐ Besonderheiten der
card nach Kaplan/Norton. Sie richten sich allerdings speziell auf die An‐ Supply Chain
sprüche an ein Supply Chain Management aus. In Abbildung E.25 fin‐
den sich strategische Ziele und vorgeschlagene Indikatoren zu deren
Messung. Die primären strategischen Zielbereiche der Kundenperspek‐
tive stellen „Zufriedenheit und Service“ (Kundentreue und Kundenzu‐
friedenheit sowie Kundenreklamationen), „Akquisition“ (Neukunden‐
gewinnung und Marktanteil), „Planungssicherheit“ (Order Fulfillment,
Absatzprognosegenauigkeit) sowie „Lernen/Entwickeln“ (Innovation)
dar.
Kundenreklamationen: Eine weitere Zielsetzung der Kundensicht ist CRM intensivieren
die Senkung an Reklamationen. Auch diese Kennzahl steht in enger
Verbindung zur Kundenzufriedenheit. Ihre Messung kann im B2B‐
Segment über den ausgehenden Lieferservicegrad (sowie dessen Un‐
terkennzahlen Zurückweisungsquote und Verzugsrate) erfolgen. Doch
auch im Endkundengeschäft verfügt der After‐Sales‐Bereich, in Zeiten
511
E
Controlling der Supply Chain
des Customer Relationship Managements, über KPI, die diese Forde‐
rung unterstützen (wie Reklamationen pro Produkt und Zeiteinheit).
Der Kunde, das Absatzprognosegenauigkeit: Schwankungen in den Absatzprognosen
unbekannte Wesen bedeuten, dass die geplante Nachfrage nicht mit den tatsächlichen Be‐
stellungen übereinstimmt. Diese Messung wird als Forecast Accuracy
bezeichnet. Häufige Änderungen in den Absatzprognosen erschweren
das Tagesgeschäft eines Disponenten. Doch die Logistik agiert nur im
Back‐Office. Im Front‐Office sitzt der Vertrieb, er ist die direkte
Schnittstelle zum Kunden. Die Logistik ist folglich darauf angewiesen,
dass der Vertrieb zur „Disziplinierung“ seiner Kunden beiträgt. Der
Kunde soll „berechenbarer“ werden. Dazu kann der Vertrieb ein Bo‐
nussystem einsetzen: Verbessert der Abnehmer nachweislich sein Ab‐
rufverhalten, könnte der Vertrieb ihn dafür direkt mit einem gestaffel‐
ten Preisnachlass belohnen.
512
E.4
Hilfsmittel des Controllings im Supply Chain Management
Strategische Ziele und KPI der Kundenperspektive Abbildung E.25
Strategische Ziele Mögliche Kennzahlen
Kunden Zufriedenheit und Service
Kundentreue/‐zufriedenheit Kundentreueindex,
Kundenzufriedenheitsindex
Kundenreklamation Ausgehender Servicegrad
Akquisition
Neukundengewinnung Umsatzanteil Neukunden
Marktanteil Relativer Marktanteil, Absolu‐
ter Marktanteil
Planungssicherheit
Order Fulfillment Order Fulfillment Time
Absatzprognosegenauigkeit Forecast Accuracy
Lernen/Entwickeln
Innovation Neuproduktrate
E.4.6.3.3 Prozessperspektive
Die Prozesse einer Supply Chain leiten sich aus den prägenden Schlüs‐ Strategisches
selgrößen des Wettbewerbs ab (vgl. Werner 2000a, S. 9; Werner 2000b, S. Viereck
14): Supply Chain Prozesse orientieren sich vornehmlich an der Opti‐
mierung des strategischen Dreiecks. Dieses setzt sich bekanntlich aus
den Determinanten Kosten, Zeit und Qualität zusammen. Zusätzliche
strategische Ziele dieser Prozesssicht stellen die Flexibilität und Lernen
und Entwickeln dar.
Im Rahmen der weiteren Ausführungen erfolgt eine Integration der Analyse der
Prozessmerkmale unter die genannten Wettbewerbsfaktoren. Zunächst Schlüsselfaktoren
ist die Prozessperspektive – unter besonderer Berücksichtigung des des Wettbewerbs
Wettbewerbsfaktors Kosten – zu charakterisieren. Diesbezügliche stra‐
tegische Zielsetzungen sind die „Kapazitätsauslastung“ und die „Pro‐
duktivität“. Hinsichtlich des Schlüsselindikators Zeit werden die Supply
Chain Prozesse über Zugangszeiten (Time‐to‐Market für Produktent‐
wicklungen) und Durchlaufzeiten gemessen. Allein von ihrer Semantik
her, sind die strategischen Ziele Produkt‐/Prozessqualität sowie die Auf‐
513
E
Controlling der Supply Chain
tragsabwicklungsqualität dem Wettbewerbsfaktor Qualität zuzuordnen.
Das strategische Dreieck einer Betrachtung über Kosten, Zeit und Quali‐
tät kann zum Viereck geweitet sein, wenn eine zusätzliche Flexibilitäts‐
orientierung erfolgt (Produktionssteigerungsflexibilität). Vor einigen
Jahren hat eine Erweiterung zum strategischen Pentagon stattgefunden,
indem das Wissen eine ergänzende Schüsselgröße des Marktes darstellt.
Im Sprachjargon einer Scorecard, wird das Wissen hier als kontinuierli‐
ches Lernen und Entwickeln verstanden (vgl. Abbildung E.26).
Produktivitäten Produktivität: Beispiele für Arbeitsproduktivitäten innerhalb der Pro‐
steigern zessperspektive stellen die Indikatoren Lagerbewegungen je Mitarbeiter
und Kommissionier‐Vorgänge pro Mitarbeiter dar. Mit einer Verbesserung
der Produktivität erfolgt tendenziell eine Reduzierung von Prozess‐
kosten.
514
E.4
Hilfsmittel des Controllings im Supply Chain Management
qualität dar, welche sich aus einer Auftragsabwicklungsdauer sowie der
Auftragsabwicklungszuverlässigkeit ableitet.
515
E
Controlling der Supply Chain
Abbildung E.26 Strategische Ziele und KPI der Prozessperspektive
Strategische Ziele Mögliche Kennzahlen
Prozesse Kosten
Kapazitätsauslastung Kapazitätsauslastungsgrad,
Maschinennutzungsintensi‐
tät
Produktivität Lagerbewegungen je Mitar‐
beiter, Kommissionierungs‐
vorgänge pro Mitarbeiter
Zeit
Zugangszeit/Durchlaufzeit Time‐to‐Market, Total Cycle
Time
Qualität
Ausschuss‐/Nacharbeitsin‐
Produkt‐/Prozessqualität
dex, Parts per Million (PPM)
Auftragsabwicklungsqualität Auftragsabwicklungsdauer,
Auftragsabwicklungszuver‐
lässigkeit
Flexibilität
Produktionsflexibilität Upside Production Flexibili‐
ty
Lernen/Entwickeln
Continuous Improvement Verbesserungsvorschläge
Schulungsrate/Weiterbil‐
dungsrate
Mitarbeiterzufriedenheit Fehlzeitenrate/Kündigungen
pro Monat
E.4.6.3.4 Lieferantenperspektive
Lieferantensicht Wichtige Leistungsgrößen moderner Supply Chains sind Lieferantenko‐
in Scorecards operationen. Ansätze wie Vendor Managed Inventory, Lieferanten‐
integrieren Logistik‐Zentren oder Lieferantenparks spiegeln diesen Sachverhalt.
Ohne eine enge Lieferanten‐Hersteller‐Beziehung könnten diese Kon‐
zepte nicht erfolgreich eingesetzt werden. Die Integration von Lieferan‐
516
E.4
Hilfsmittel des Controllings im Supply Chain Management
ten besitzt für Supply Chains eine nachhaltige Bedeutung. Daher ver‐
wundert es schon, wenn Kaplan/Norton in ihrer (wenn auch generischen)
Scorecard auf die explizite Messung von Lieferantenleistungen verzich‐
ten. Die Kundenattribute hingegen sind bekanntlich in einer separaten
Perspektive berücksichtigt. Dadurch gerät die Balanced Scorecard ein
wenig aus dem Gleichgewicht.
Nach Stölzle et al. (Stölzle/Heusler/Karrer 2001, S. 81) ist die explizite Be‐ Gründe zur expli‐
rücksichtigung einer Lieferantensicht für die Supply Chain Scorecard ziten Berücksichti‐
auf Grund folgender Argumente anzuraten: gung von Lieferan‐
ten
Verbesserte Berücksichtigung der gemeinsamen Ziele von Herstellern
und Lieferanten (Heterogenität des Umfelds).
Erhöhte Transparenz in den Kausalzusammenhängen: Lieferanten ini‐
tiieren interne Prozesse.
Qualität/Service: Die Sicherung (oder Steigerung) der Lieferantenzu‐ Servicegrade
verlässigkeit bezieht sich auf qualitative, quantitative und zeitliche messen
517
E
Controlling der Supply Chain
Prozesskosten Produktivität Wareneingang: Mit Hilfe einer gesteigerten Produktivi‐
senken tät im Wareneingang wird die Reduzierung von Prozesskosten ver‐
bunden sein. Mögliche Indikatoren sind Sendungen pro Tag oder Wa‐
renannahmezeit je Sendung.
Abbildung E.27 Strategische Ziele und KPI der Lieferantenperspektive
Strategische Ziele Mögliche Kennzahlen
Lieferanten Warenverfügbarkeit
Qualität/Service Lieferservicegrad, Zurück‐
weisungsquote, Verzugsquo‐
te
Zufriedenheit
Lieferantenzufriedenheit Lieferantenzufriedenheitsin‐
dex
Kosten
Produktivität Warenein‐ Sendungen pro Tag, Waren‐
gang annahmezeit je Sendung
Wareneingangskontrollen Wareneingangskontrollkos‐
ten
518
E.4
Hilfsmittel des Controllings im Supply Chain Management
E.4.6.3.5 Integrationsperspektive
Eine Integrationsperspektive der Supply Chain Scorecard bewertet die Das Geld liegt in
Leistung interner und externer Schnittstellen. Bildlich gesprochen, wird der Schnittstelle
innerhalb der Integrationsdimension das Fundament für das komplette
Beziehungsnetzwerk einer Supply Chain gegossen. Derartige Entschei‐
dungen richten sich beispielsweise nach der Wahl der beteiligten Akteu‐
re, der selektierten Prozesse und der Größe des gesamten Netzwerks aus
(vgl. Richert 2006, S. 89).
Hinsichtlich der Netzwerkstruktur ist zu beachten, dass die Partner‐ „Spannung ist
schaften innerhalb einer Supply Chain gewachsene Gebilde mit spezifi‐ Kaugummi fürs
scher Kultur, Philosophie und Politik darstellen. Die Akteure befinden Gehirn.“
sich in einem latenten Spannungsfeld zwischen Interaktion und Inter‐ (A. Hitchcock)
dependenz, Kooperation und Konkurrenz, Autonomie und Abhängig‐
keit sowie Standardisierung und Customization. Ein Supply Chain Ma‐
nagement „glockenartig“ über die Beteiligten stülpen zu wollen, ist
frühzeitig zum Scheitern verurteilt. Im Gegenteil, im kompletten Netz‐
werk sollten die spezifischen Anforderungen der Akteure berücksichtigt
werden: Ein Supply Chain Management richtet sich individuell auf die
einbezogenen Unternehmen aus.
Integrationsperspektiven beherbergen in der Supply Chain Scorecard Aspekte der Koope‐
Anforderungen an Technik und Kollaboration (vgl. Abbildung E.28). In ration berücksich‐
Anlehnung an die Überlegungen von Weber et al. (vgl. Weber/Wallenburg tigen
2010, S. 235f.), können die Attribute der Technik als harte Faktoren (Ko‐
operationsintensität) bezeichnet werden. Die Anforderungen an eine
Kollaboration entsprechen hingegen eher weichen Faktoren (Kooperati‐
onsqualität). Bei der Technik orientieren sich moderne Lieferketten an
einer Optimierung des Datentransfers und der Infrastruktur. Die strate‐
gischen Ziele von Organisation/Vertrauen und Kooperation sind unter
die Kollaboration gefasst. In den nachstehenden Ausführungen werden
diese Zusammenhänge näher beschrieben.
Datentransfer: Die Kennzahl Digital Links bemisst nach Richert (vgl. Systeme gemein‐
Richert 2006, S. 90) die Anzahl gemeinsam genutzter Systeme, in Rela‐ sam nutzen
tion zu der Gesamtzahl an Systemen. Mit einer Verbesserung dieser
Rate lässt sich innerhalb einer Supply Chain die Notwendigkeit zur
Einberufung zeitraubender Abstimmungssitzungen mindern.
Infrastruktur. Während der Datentransfer über die Digital Links zu Logistische Assets
bewerten ist, leitet sich die Messung der Infrastruktur aus den Fleet
Links ab. Letzter Indikator steht für das Verhältnis gemeinsam genutz‐
ter Förderzeuge zu der Gesamtzahl an Förderzeugen. Zum Beispiel ist
519
E
Controlling der Supply Chain
diese Kennzahl in einem „Multiple User Warehouse“ von einiger Be‐
deutung. Eine hohe Rate an Fleet Links zeugt von einem ausgeprägten
Cost Sharing beim Einsatz logistischer Assets.
Gemeinsam sind Organisation/Vertrauen: In einer Supply Chain kooperieren – von der
wir stark: „Elf Source of Supply bis zum Point of Consumption – in der Regel recht‐
Freunde müsst ihr lich selbständige Partner. Jeder beteiligte Akteur wird zunächst die
sein!“ Optimierung seiner eigenen Ziele verfolgen (suboptimale Lösung).
(S. Herberger) Wenn sich aus Wertschöpfungspartnerschaften gesamtoptimale Lö‐
sungen ergeben, von denen letztendlich sämtliche Partner profitieren,
liegt eine wirkliche „Win‐Win‐Situation“ vor. In letzter Konsequenz
kann eine schlechte Vertrauensbasis zur Auflösung kompletter Supply
Chains führen. Weber/Bacher/Groll (vgl. Weber/Wallenburg 2010, S. 240)
schlagen zur Förderung des Vertrauens die gemeinsame Klärung von
Visionen und Grundsätzen im Partnergeflecht vor. Dabei gilt, je länger
die Zuliefer‐Abnehmer‐Liaison hält, desto enger dürfte dieses Ver‐
trauensverhältnis sein. Ebenso sind rigide Organisationsstrukturen
innerhalb der Wertschöpfungsketten aufzuweichen. Dazu bietet sich
Resident Engineering an. Darunter ist die zeitlich befristete Entsen‐
dung von Mitarbeitern des Zulieferunternehmens in das Entwicklungs‐
Team des Kunden zu verstehen (vgl. S. 137).
520
E.4
Hilfsmittel des Controllings im Supply Chain Management
Strategische Ziele und KPI der Integrationsperspektive Abbildung E.28
Strategische Ziele Mögliche Kennzahlen
Inte‐ Technik
Infrastruktur Fleet Links
Kollaboration
Organisation/Vertrauen Vertrauensindex, Dauer der
Kooperation, Mitarbeiteraus‐
tauschindex
Kooperation Anzahl gemeinsam genutzter
Datensätze, Squeeze‐in‐Time
521
E
Controlling der Supply Chain
Abbildung E.29 Supply Chain Scorecard nach Werner
Supply Chain Vision und Strategie
Finanzen
Lieferanten Kunden
Prozesse Integration
522
E.4
Hilfsmittel des Controllings im Supply Chain Management
Strategische Ziele und Kennzahlen der Supply Chain Scorecard Abbildung E.30
Strategische Ziele Mögliche Kennzahlen
Finanzen Finanzen
Erfolg Umsatz, Rohertrag, EBIT, Jahresüberschuss
Liquidität Cash Flow, Cash‐to‐Cash‐Cycle
Rentabilität ROCE, ROA, ROS, ROTC, ROI
Wertsteigerung Economic Value Added (EVA)
Bestand Lagerreichweite, Turn Rate
Supply Chain Kosten Transportkosten, Supply Chain Kosten
Kunden Kunden
Kundentreue/‐zufriedenheit Kundentreueindex
Kundenreklamation Kundenzufriedenheitsindex, Servicegrad
Neukundengewinnung Umsatzanteil Neukunden
Marktanteil Relativer Marktanteil, Absoluter Marktanteil
Order Fulfillment Order Fulfillment Time
Absatzprognosegenauigkeit Forecast Accuracy
Innovation Neuproduktrate
Prozesse Prozesse
Kapazitätsauslastung Kapazitätsauslastungsgrad und Nutzungsintensität
Produktivität Lagerbewegungen pro MA, Picks pro Mitarbeiter
Zugangszeit/Durchlaufzeit Time‐to‐Market, Total Cycle Time
Produkt‐/Prozessqualität Ausschuss‐/Nacharbeitsrate, Parts per Million
Auftragsabwicklungsqualität Auftragsabwicklungsdauer und ‐zuverlässigkeit
Produktionsflexibilität Upside Production Flexibility
Continuous Improvement Verbesserungsvorschläge, Schulungsrate
Mitarbeiterzufriedenheit Fehlzeiten/Kündigungen, Schulungen pro MA
Lieferanten Lieferanten
Qualität/Service Servicegrad, Zurückweisungsquote, Verzugsquote
Lieferantenzufriedenheit Lieferantenzufriedenheitsindex
Produktivität Wareneingang Sendungen pro Tag, Warenannahmezeit je Sendung
Wareneingangskontrollen Wareneingangskontrollkosten
Integration Integration
Datentransfer Digital Links
Infrastruktur Fleet Links
Organisation/Vertrauen Vertrauensindex, Kooperationsdauer,
Kooperation Gemeinsam genutzte Datensätze, Squeeze‐in‐Time
523
E
Controlling der Supply Chain
524
E.4
Hilfsmittel des Controllings im Supply Chain Management
Kausalkette einer Supply Chain Scorecard Abbildung E.31
ROS
Finanzen
Akquisition
Kunden
Produkt‐/ Produkti‐
Durch‐ Prozess‐
Prozess‐ ons‐
laufzeit kosten
qualität flexibilität
Prozesse
Warenverfügbarkeit Kosten
Lieferanten
Integration Technik Kollaboration
525
E
Controlling der Supply Chain
526
E.4
Hilfsmittel des Controllings im Supply Chain Management
Interne Prozesse: Robert S. Kaplan und David P. Norton (vgl. Ka‐ Ausgeprägter
plan/Norton 2004a, S. 38ff.) beziehen in ihrer Strategy Map die internen Supply Chain
Prozesse auf „Produktion und Logistik“ (Beschaffung, Produktion, Bezugsrahmen
Vertrieb, Risikomanagement), „Kundenmanagement“ (Kundenaus‐
wahl, Akquisition, Kundenbindung, Wachstum), „Innovationen“
(Marktchancen, F & E‐Portfolio, Entwicklung, Markteinführung) so‐
wie „Gesetzliche Vorschriften“ (Umwelt, Arbeitssicherheit, Gesund‐
heit, Beschäftigung, Gesellschaft). Der oben aufgeführte Wertbeitrag
des Kunden wird indirekt über die internen Prozesse determiniert. In
ersten Beiträgen (vgl. Kaplan/Norton 2001a, S. 82) suchten die Verfasser
eine enge Verbindung zum Wertekettenmodell Porters (vgl. Porter
2013; Porter 2014). Später verwischt dieser Bezug zusehends (vgl. Ka‐
plan/Norton 2004a, S. 29).
Lernen und Entwickeln: Schließlich umfasst die Lern‐ und Entwick‐ Ständiges Lernen
lungsperspektive (vgl. Kaplan/Norton 2004a, S. 45ff.) einer Strategy und Entwickeln
Map nach Kaplan und Norton den Bezugsrahmen „Humankapital“
(Kompetenzen, Weiterbildung, Wissen), „Informationskapital“ (Sys‐
teme, Datenbanken, Netzwerke) sowie „Organisationskapital“ (Kul‐
tur, Führung, Ausrichtung, Teamwork). In dieser Dimension sind im‐
materielle Werte enthalten, die auf dem Weg zur „Lernenden Organi‐
sation“ bedeutsam sind. Im Laufe der Zeit arbeitete sich für die Lern‐
und Entwicklungsperspektive eine Akzentuierung auf die Notwen‐
digkeit des „Wandels“ heraus (vgl. Kaplan/Norton 2004a, S. 47).
Der Aufbau von Strategy Maps (vgl. Spinnrock 2006, S. 23f.) folgt, wie Aufbau der Strate‐
oben kurz beschrieben, dem „Top‐Down‐Prinzip“. Ausgehend von der giekarte
Finanzdimension, sind die einzelnen Zielhierarchien bis auf die Ebene
intangibler Werte (Intangible Assets) zu zerlegen. Ein strategischer
Schlachtplan wird zumeist deduktiv erstellt. Aus einem übergeordneten
sachlogischen Ganzen heraus – zum Beispiel der nachhaltigen Steige‐
rung des Shareholder Value – zielt die Strategy Map auf das Besondere:
die untergeordnete strategische Umsetzung.
527
E
Controlling der Supply Chain
Gemeinsames Balanced Scorecard und Strategy Map stellen keine alternativen, son‐
Bedingen und dern sich ergänzende Konzepte der Unternehmensführung dar. Beide
Fördern Ansätze kooperieren unmittelbar miteinander. Die Operationalisierung
von Unternehmensaktivitäten erfolgt in der Scorecard über Kennzahlen.
Ihr Hauptanliegen ist die Fokussierung der gesamten Organisation auf
ausgewählte Visionen und Strategien. Eine Strategy Map ist hingegen
qualitativ ausgerichtet. Sie versucht einen konsistenten Weg der strategi‐
schen Beschreibung einzuschlagen, der sich in der Kommunikation einer
Strategie gegenüber den Mitarbeitern, und im Verhalten des Manage‐
ments selbst, ausdrückt (vgl. Kaplan/Norton 2004a, S. 5f.). Wichtig ist die
Möglichkeit der Visualisierung in der Strategy Map.
Finanzen
Kunden
Prozesse
Lieferanten
Integration
528
E.4
Hilfsmittel des Controllings im Supply Chain Management
sind von den „harten“ Leistungsgrößen Digital Links und Fleet Links
umgeben. Folglich richten sich die Inhalte des technischen Bezugs‐
rahmens nach einer standardisierten Systemlandschaft zwischen den
Supply Chain Akteuren und der gemeinsamen Nutzung logistischer
Assets aus. Schließlich zielen die Anforderungen an die Organisation
einer Lieferkette nach einer „angenehmen Atmosphäre“ im Bezie‐
hungsgeflecht der Supply Chain. Darunter fallen die Kriterien Unter‐
nehmenskultur, ‐politik, ‐philosophie und Führungsstil.
Lieferantenperspektive: Diese zweite Dimension einer Supply Chain Notwendigkeit der
Strategy Map orientiert sich an den drei Grundzielen „Lieferservice‐ nachhaltigen Liefe‐
grad“, „Kosten/Preise“ sowie „Transfer“. Der eingehende Servicegrad rantenanbindung
ist über qualitative, quantitative und zeitliche Indikatoren zu messen
(Zurückweisungsquote, Verzugsquote, Warenverfügbarkeit). Im Zuge
der Lieferantenintegration sind aus Sicht des Herstellers weiterhin die
Kosten/Preise von besonderem Interesse. Einerseits liegen Kostensen‐
kungspotenziale in einer Optimierung der Lieferantenanbindung be‐
gründet (Steigerung der Produktivität im Wareneingang, Senkung
von Wareneingangskontrollen). Andererseits sind Möglichkeiten der
Verbesserung über die Kennzahlen Rabatt, Skonto, Preise und Cash‐
to‐Cash‐Cycle zu kontrollieren. Der dritte Sektor der Lieferantendi‐
mension beinhaltet die strategischen Ziele des Transfers. Stellvertre‐
tend für eine Zulieferintegration sind die Ansätze Vendor Managed
Inventory und Cross Docking aufgeführt. Beispielsweise können Lie‐
ferantenanbindungen – im kombinierten Sinne von Vendor Managed
Inventory und Cross Docking – im Verhältnis zu den Lieferanten‐
schnittstellen insgesamt gemessen werden.
Prozesse: Verbesserte Lieferantenbeziehungen wirken sich positiv auf Strategische Impli‐
die internen Prozesse aus. Letzte orientieren sich an den Wettbewerbs‐ kationen der Pro‐
faktoren Kosten, Zeit, Qualität und Flexibilität. Ergänzend zu diesen zesssicht
Größen, sind gesetzliche Normen in die Prozesssicht aufzunehmen.
Die Auswirkungen interner Supply Chain Prozesse auf die Kosten‐
struktur leiten sich über Kennzahlen zur Steigerung der Kapazität
(Kapazitätsauslastungsgrad, Maschinennutzungsintensität) und Pro‐
duktivität/Wirtschaftlichkeit (Lagerbewegungen je Mitarbeiter, Kom‐
missionierungen pro Mitarbeiter) ab. Zeitliche Ziele in Supply Chains
werden über die Durchlaufzeit und die Time‐to‐Market eingefordert.
Dabei zeichnen sich Wertschöpfungsketten durch einen differenzier‐
ten Umgang mit der Zeit aus. Es geht nicht nur um die einseitige Be‐
schleunigung von Aktivitäten. Vielmehr werden auch die Möglichkei‐
ten zur bewussten Entschleunigung ausgelotet (Postponement). Das
Segment Qualität beinhaltet die Ziele Ausschuss/Nacharbeit, Kun‐
denwert (der anwendungsbezogene Qualitätsbegriff besagt, dass der
529
E
Controlling der Supply Chain
Anspruch nach Qualität mit der Zufriedenheit des Kunden erfüllt ist)
sowie Auftragsabwicklungsqualität. Letzte bezieht sich auch auf den
indirekten Bereich, welcher durch hohe Gemeinkosten geprägt ist. Die
logistische Anpassungs‐ und Wandlungsfähigkeit von Unternehmen
wird durch eine gesteigerte Flexibilität erfüllt. Die Upside Production
Flexibility misst in Tagen die Zeitspanne, um auf ungeplante Nach‐
frageschübe (nach SCOR von 20%) zu reagieren. Die schließenden
Überlegungen der Prozessperspektive orientieren sich an gesetzli‐
chen Normen. Beispielhaft dafür stehen Umweltschutzauflagen, Re‐
gelungen zur Arbeitssicherheit und die Wahrung der Gesundheit von
Mitarbeitern.
EVA als Wurzel‐ Finanzen: In der Finanzperspektive einer Strategy Map des Supply
knoten: Spitzen‐ Chain Managements finden sich schließlich zwei grundsätzliche Aus‐
kennzahl richtungsmöglichkeiten. Der erste Weg führt über die Kostenführer‐
schaft. Um diese einzunehmen, sind Verbesserungen der Kostenstruk‐
tur oder der Vermögenswerte notwendig. In Anlehnung an Michael E.
Porter (vgl. Porter 2006; Porter 2013; Porter 2014) besteht das Pendant
zur Kostenführerschaft in einer Differenzierung. Die Verfolgung der
Differenzierungsstrategie basiert primär auf Umsatzwachstum oder
Steigerung des Kundenwerts. Allerdings bleibt der Anspruch Porters
nach einem strikten „schwarz oder weiß“ nicht erhalten. Porter warnte
bekanntlich davor, ansonsten in ein „Stuck‐in‐the‐Middle‐Dilemma“
zu geraten (vgl. S. 101). Vielmehr kann in der propagierten Strategy
Map eine Organisation beispielsweise nach primärer Differenzierung
streben, gleichzeitig jedoch eine (sekundäre) Optimierung ihrer logis‐
tischen Assets anvisieren. Dieser Anspruch scheint in Zeiten hybrider
Wettbewerbsstrategien, wie Mass Customization, gerechtfertigt. In
530
E.4
Hilfsmittel des Controllings im Supply Chain Management
Für das Beispiel aus Abbildung E.32 zur Strategy Map im Supply Chain Beispiel eines
Management richten sich die Kernstrategien der Integrationsperspekti‐ Supply Chain
ve auf eine Optimierung der Kollaboration und der Technik aus (jeweils Schlachtplans
fette Pfeile). Eine sekundäre strategische Stoßrichtung zielt auf die Or‐
ganisation. Technische wie integrative Strukturelemente orientieren sich
in der Lieferantendimension auf den Transfer. Beispielsweise ist zu‐
nächst eine Systemlandschaft zwischen den Akteuren zu schaffen, um
auf dieser Basis eine Bestandsführung im Sinne von Vendor Managed
Inventory einzuleiten. Gleichzeitig wird die Verbesserung des einge‐
henden Servicegrads über eine intensivierte Hersteller‐Lieferanten‐
Integration verfolgt. Als Sekundärziele leiten sich beispielsweise in der
Lieferantendimension die Kostenverbesserung und die Preisreduzie‐
rung ab.
Die strategische Primärstrategie in den Prozessen beruht auf dem Wett‐ „Einfachheit ist die
bewerbsfaktor Qualität. Fette Pfeile symbolisieren, dass die qualitativen höchste Stufe der
Prozessinhalte aus dem eingehenden Lieferservicegrad und der verbes‐ Vollendung.“
serten Zusammenarbeit mit Lieferanten resultieren. Beispielsweise un‐ (L. da Vinci)
terstützt ein Vendor Managed Inventory den Kundennutzen, indem der
Ansatz eine ständige Warenverfügbarkeit gewährleistet (Continuous
Replenishment). Als eine sekundäre strategische Zielsetzung der Pro‐
zessdimension erweist sich die Verkürzung der Durchlaufzeit. Eine Be‐
schleunigung der Cycle Times ergibt sich aus einer Erhöhung des einge‐
henden Lieferservicegrads: Es fallen weniger Sendungszurückweisun‐
gen oder geringere Warenverzüge an.
Im Rahmen der Kundendimension ragt das Streben nach einer Opti‐ Kundenbeziehun‐
mierung der Kundenbeziehungen heraus. Grundsätzlich verbessert sich gen dominieren
durch qualitativ hochwertige Prozesse die Zufriedenheit der Abnehmer.
Das strategische Sekundärziel zur Produktoptimierung leitet sich aus
optimierten Kostenstrukturen der Prozesssicht ab: Höhere Kapazitäts‐
auslastungen und Produktivitäten des Prozessmanagements ermögli‐
chen einen günstigeren Verkaufspreis.
531
E
Controlling der Supply Chain
Primäres Differen‐ Dicke Pfeile im Schlachtplan zeigen auf, dass dieser Hersteller in seiner
zieren und sekun‐ Finanzausrichtung vornehmlich der Differenzierungsstrategie folgt.
däres Kostenkneten Über optimierte Kundenbeziehungen wird insbesondere eine Steigerung
des Wertes von Kunden angestrebt. Die Vision der Organisation besteht
in der nachhaltigen Steigerung des Economic Value Added (EVA).
Sekundär wird diese Zielsetzung mit der gestrafften Kostenstruktur
untermauert: einer verbesserten Kapazitätsauslastung interner Prozesse.
Dieses Beispiel stellt Abbildung E.32 in übersichtlicher Weise dar.
532
E.4
Hilfsmittel des Controllings im Supply Chain Management
Strategy Map in der Supply Chain Abbildung E.32
EVA
Kostenführerschaft Differenzierung
Kunden
Kosten Zeit Qualität Flexibilität Gesetzliche
‐ Kapazitäts‐ Normen
‐ Durchlaufzeit ‐ Ausschuss/ ‐ Upside
auslastung ‐ Time‐to‐ Nacharbeit Production ‐ Umwelt‐
‐ Produktivi‐ Market ‐ Kundenwert Flexibility schutz
tät/Wirt‐ ‐ Postpone‐ ‐ Auftragsab‐ ‐ Arbeitssi‐
schaftlichkeit ment wicklungs‐ cherheit
qualität ‐ Gesundheit
Prozesse
Kosten/Preise Servicegrad
‐ Produktivi‐ ‐ Zurückweisung
tät/Wirtschaftlichkeit ‐ Verzugsquote Transfer
‐ Materialpreise ‐ Warenverfügbar‐
‐ Vendor Managed
‐ Rabatt/Skonto keit
Inventory
‐ Cash‐to‐Cash‐Cycle
‐ Cross Docking
Lieferanten
Kollaboration Technik Organisation
‐ Konnektivität ‐ Digital Links ‐ Kultur, Politik und
‐ Vertrauen ‐ Fleet Links Philosophie
‐ MA‐Zufriedenheit ‐ Führungsstil
Integration
Legende: Fette Pfeile symbolisieren die primäre strategische Stoßrichtung
533
E
Controlling der Supply Chain
534
E.4
Hilfsmittel des Controllings im Supply Chain Management
rendite (bewertet über den Return on Sales) stützen die Bemühungen
des Schokoriegelherstellers zur Verbesserung des Economic Value Ad‐
ded. In der Balanced Scorecard liegt die Messlatte für den ROS (Gewinn
zu Umsatz) auf 15%. Der Zielwert der Kapitalkosten beträgt 150 Millio‐
nen Euro.
Verzahnung von Scorecard und Strategy Map in der Supply Chain Abbildung E.33
Strategy Map Balanced Scorecard
Ziele KPI Zielwert Aktion
Neue Available‐to‐
CRM‐Systeme
Vertriebs‐
CRM 100%
Promise
stärker nutzen
wege
Neue VTW/
Vertriebswege
Prozess bisherige 15%
(VTW)
VTW
Servicegrad Lieferservice‐
Service‐ Kollabora‐ 95%
Grad
grad tion
Digital
Lieferant Kollaboration 30%
Links
Unter‐ Verfügbarkeit
Infrastruk‐ Vertriebs‐ stützungssystem Informations‐ 100%
tur opti‐ kompe‐ entwickeln system
mieren tenz
stärken Schulung und Schulungen /
Integration Weiterbildung von Weiterbildun‐ 5
Außendienst‐MA gen pro MA
535
E
Controlling der Supply Chain
Machen wir alles Es besteht für die beteiligten Personen ein Zwang, sich dezidiert mit
richtig? der Vision, den Strategien sowie den Maßnahmen im Supply Chain
Management auseinanderzusetzen. Dadurch wird das kritische Über‐
denken des Status quo gefördert.
Integration der Die Kausalität der Balanced Scorecard gestattet innerhalb der Wert‐
Finanzen schöpfungskette eine Rückverfolgung von Ursachen für ihren finan‐
ziellen Erfolg oder Misserfolg. Zum Beispiel kann eine Erhöhung der
Umschlagshäufigkeit um drei Punkte primär in der Einführung von
Kanban begründet liegen.
Auflösung des Die Balanced Scorecard zeigt nicht nur die aktuelle oder die anvisierte
Nebels Position (das Wo) in der Supply Chain. Das Konzept beschreibt auch
das Wie, den konkreten Weg in diese Position. Vision und Mission
werden auf die Ebene strategischer Ziele aufgebrochen. Anschließend
sind diese Ziele durch Aktivitäten umzusetzen. Anders formuliert: Bei
der Aufstellung der Balanced Scorecard findet eine Begrenzung des
Interpretationsspielraums statt, indem eine – zunächst wenig klar er‐
scheinende – Vision in konkrete Maßnahmen unternehmensindividu‐
ell transformiert wird.
Schwächen der Diesen potenziellen Vorteilen der Supply Chain Scorecard stehen jedoch
Scorecard einige Nachteile (im Supply Chain Management) gegenüber. Im Fol‐
genden sind diese Schwächen aufzulisten:
Wurden die richti‐ Die Auswahl von Kennzahlen pro Perspektive sowie die Bestimmung
gen Größen selek‐ der konkreten Ausprägungen je Messgröße sind subjektiv, sie fallen
tiert? quasi wie Manna vom Himmel.
536
E.5
Verständnisfragen
Bei der Balanced Scorecard treten durch Auf‐ oder Abrundungen Ska‐ Verzerrungen
lenbrüche auf. In der Logistikkette kann sich die Reduzierung der durch strukturelle
Nacharbeitsrate auf 14,6% belaufen. Zumeist wird dieser Wert auf Brüche
15,0% aufgerundet und damit einer abgerundeten Nacharbeitsrate
von 15,4% gleichgesetzt. Obwohl zwischen den Zahlen eine Spann‐
weite von 0,8% besteht. Dadurch ergeben sich strukturelle Divergen‐
zen (vgl. S. 359).
Die generische Scorecard von Kaplan und Norton ist im Schwerpunkt Funktionale Innen‐
funktional und intern ausgerichtet und damit für ein echtes Netz‐ ausrichtung
werkmanagement nur bedingt geeignet. Durch die Ausformulierung
expliziter Kooperationsziele (untermauert durch die Ableitung modi‐
fizierter Perspektiven) lässt sich dieses Manko beheben.
Beim Aufbau der Scorecard werden Vision, Mission, Strategien und Manchmal geht ein
Ausprägungen seitens des Managements Top‐Down vorgegeben. Die Schuss nach hinten
Realisierung der anvisierten Vorgaben obliegt den Mitarbeitern. Sie los…
müssen sich mit den Inhalten der Supply Chain Scorecard identifizie‐
ren und die Richtwerte nachvollziehen. Eine mangelnde Mitarbeiter‐
integration und die Festlegung irrealer Ziele führen zu einem Motiva‐
tionsverlust der Belegschaft.
E.5 Verständnisfragen
Welches sind die Aufgaben eines Supply Chain Controllings?
Beschreiben Sie das Supply Chain Controlling als Regelkreis.
Begründen Sie die Notwendigkeit zur Bestandsreduzierung aus be‐
triebswirtschaftlicher Sicht.
Definieren Sie die Lagerumschlagshäufigkeit. Gehen Sie dabei auf die
Unterscheidung zwischen Brutto‐ und Nettobestand ein.
Charakterisieren Sie das Cost Tracking für Materialpreise.
Nennen Sie fünf „Königskennzahlen“ der Supply Chain.
Diskutieren Sie Werttreiberbäume über ROCE und EVA.
Beschreiben Sie die Hard‐(Soft)‐Analyse anhand eines Beispiels.
537
E
Controlling der Supply Chain
Nehmen Sie eine kritische Würdigung der Hard‐(Soft)‐Analyse vor.
Kennzeichnen Sie den Target Costing Prozess (gestützt durch ein Bei‐
spiel).
Wie berechnet sich im Target Costing der Zielkostenindex?
Zeigen Sie Unterschiede und Gemeinsamkeiten zwischen Value Engi‐
neering und Value Analysis auf.
Wo liegen die Schwerpunkte der Prozesskostenrechnung im Supply
Chain Management? Gehen Sie bei der Beantwortung auf die Arbeits‐
schritte des Instruments ein.
Beschreiben Sie das Problem der Proportionalisierung einer Prozess‐
kostenrechnung anhand eines Beispiels.
Diskutieren Sie das Für und das Wider der Kennzahl EVA als betrieb‐
liches Anreizsystem.
Welche Stellhebel offeriert das Supply Chain Management zur Beein‐
flussung des Working Capitals?
Vom Performance Measurement zur Balanced Scorecard: Kennzeich‐
nen Sie diese Weiterentwicklung.
Welches sind die Perspektiven der generischen Scorecard? Geben Sie
pro Perspektive drei strategische Ziele und zugeordnete Kennzahlen
für das Supply Chain Management an.
Entwerfen Sie eine Balanced Scorecard für das Supply Chain Ma‐
nagement. Nennen Sie Vor‐ und Nachteile der Balanced Scorecard.
Zeigen Sie beispielhaft die Kausalität einer Balanced Scorecard an‐
hand des Supply Chain Managements auf.
Worin unterscheiden sich Balanced Scorecard und Strategy Map?
Entwerfen Sie eine Strategy Map für einen Konsumgüterhersteller. Be‐
schreiben Sie die gewählten Arbeitsschritte.
„You’ve been reading some old letters –
You smile and think how much you’ve changed.
All the money in the world
Couldn’t buy back those days.”
(the The)
538
Glossar
Glossar
3PL Systemdienstleister in der Supply Chain.
4PL Systemintegrator in der Supply Chain.
ABC‐Analyse Vorratsdifferenzierung nach Wert und Menge.
Advanced Planning and Schedul‐ Weiterentwicklung ERP‐ System. Übergreifen‐
ing (APS) de und simultane Echtzeitabstimmung.
Adaptive Supply Chain Systeme Anpassungsfähige Komponenten, die bei Stö‐
rungen unmittelbar reagieren.
Aktoren Antriebselemente. Empfangen von Sensoren
abgegebene Informationen und wirken unmit‐
telbar auf die physische Welt.
Alert Management Verfolgungs‐ (Alarm‐) System zum frühzeiti‐
gen Erkennen von Soll‐Ist‐Abweichungen.
Arbeitsplan Reihenfolgefestlegung von Arbeitsgängen.
Augmented Reality Computergestützte Erweiterung der menschli‐
chen Realitätswahrnehmung.
Auslaufsteuerung Serienauslauf von Produkten.
Available‐to‐Promise (ATP) Versprechen zur fristgerechten Erledigung von
Kundenaufträgen.
Balanced Scorecard (BSC) Ansatz des Performance Measurements. Aus‐
gewogenes Kausalkonzept zur Strategieablei‐
tung. Basis: Vision und Mission des Unterneh‐
mens. Bewertung der Zielerreichung über
Kennzahlen pro Perspektive.
Barcode Identifikationstechnik. Optoelektronische
Impulsfolge, Übersetzung in rechnerverständ‐
liche Signale (Decodierung).
Bedarfsgerechte Beschaffung Fertigungssynchrone Beschaffung.
© Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2020 539
H. Werner, Supply Chain Management,
https://doi.org/10.1007/978-3-658-32429-2
Glossar
Belastungsorientierte Auftrags‐ Auftragssteuerung nach Dringlichkeit (Termin‐
freigabe (BOA) und Belastungsschranke).
Benchmarking Systematischer Bewertungsprozess. Interner,
wettbewerbsbezogener oder branchenübergrei‐
fender Leistungsvergleich.
Beschaffung Weiter gefasst als Einkauf (strategische Sicht),
Gewährleistung der Versorgungssicherheit.
Bestärkendes Lernen Reinforcement Learning. Verstärkendes Ler‐
nen. Algorithmus lernt eigenständig über
Belohnung oder Bestrafung.
Beziehungsmanagement Leitbilder und Maßnahmen vertikal kooperie‐
render Akteure. Aufbau, Erhalt oder Ausbau
von Beziehungen.
Big Data Technologien zur Verarbeitung und Auswer‐
tung großer Datenmengen.
Black‐Box‐Lieferant Eigenverantwortliche Übertragung der Pro‐
duktentwicklungshoheit auf Lieferanten.
Blockchain Ermöglicht es, Informationen mit Hilfe einer
dezentralen, von vielen Teilnehmern genutzten
Datenbank fälschungssicher zu übermitteln, so
dass Kopien ausgeschlossen sind.
Bottleneck Engineering Instrument zur Aufdeckung entwicklungsspe‐
zifischer Engpässe.
Bullwhip‐Effekt Peitschenschlag‐Effekt. Bestandsaufbau auf
Grund von Informationsdefiziten bei der Be‐
darfsplanung.
Business Reengineering Bombenwurfstrategie, prozessorganisatorische
Neuorientierung der Organisation.
Capable‐to‐Promise (CTP) Interne Fähigkeit, ein an Kunden abgegebenes
Lieferversprechen einzuhalten.
Cash‐to‐Cash‐Cycle Liquiditätskreislauf. Days Sales Outstanding
plus Days on Hand minus Days Payables Out‐
standing. Indikator des Working Capital Ma‐
nagements.
540
Glossar
Collaboration Abstimmung der Zusammenarbeit von Supply
Chain Akteuren in Echtzeit.
Co‐Managed‐Inventory Vorstufe von VMI. Kunde muss Herstellervor‐
schlag zur Bestandsführung bestätigen.
Computer Aided Design (CAD) Technische Komponente von CIM, Rechnerge‐
stützte Entwicklung.
Computer Aided Engineering Technische Komponente von CIM, Rechnerge‐
(CAE) stützte Konstruktion.
Computer Aided Manufacturing Technische Komponente von CIM, Rechnerge‐
(CAM) stützte Fertigung.
Computer Aided Planning Technische Komponente von CIM, Rechnerge‐
(CAP) stützte Planung.
Computer Aided Quality Assur‐ Technische Komponente von CIM, Rechnerge‐
ance (CAQ) stützte Qualitätssicherung.
Computer Integrated Manufac‐ Integrierter IT‐Einsatz sämtlicher mit der Pro‐
turing (CIM) duktion vernetzter Funktionsbereiche.
Conjoint Measurement Ableitung von Teilnutzenwerten aus dem
Gesamtnutzen des Produkts. Das Produkt ist
nicht homogenes Ganzes, sondern heterogenes
Bündel von Teileigenschaften.
Continuous Replenishment Kontinuierlicher Warennachschub. Strategi‐
scher Überbau von VMI.
Coopetition Besondere Form horizontaler Integration. Setzt
sich aus Corporation (Zusammenarbeit) und
Competition (Wettbewerb) zusammen.
Cost‐Charge‐Back Automatische Rückbelastung von Kosten auf
Grund qualitativer, quantitativer oder zeitli‐
cher Lieferdefizite.
Cost Tracking Spezielles Überwachungssystem zum Aufzei‐
gen der Erfolgswirksamkeit von Aktivitäten.
Cross Docking Filialgerechte Kommissionierung in zentralem
Umschlagspunkt (Transshipment‐Point).
541
Glossar
Customer Relationship Manage‐ Planung, Steuerung und Kontrolle von Maß‐
ment (CRM) nahmen zur Intensivierung von Kundenbezie‐
hungen.
Cyber‐Physisches‐Produktions‐ Integriertes Produktionssystem. Intelligente
System Verzahnung originär getrennter Cyber‐
Physischer‐Systeme.
Data Mining Tool im Data Warehouse. Automatisches Er‐
kennen und Aufzeigen von Datenmustern.
Data Warehouse Von operationalen IT‐Systemen getrennte
Datenbank. Unternehmensweite Informations‐
speicherung und ‐verarbeitung.
Dekomposition von Beständen Zerlegung des Gesamtbestands auf die Ebene
einer Kontengruppe.
Demand Chain Management Chain of Customer. Integration von Aktivitäten
(DCM) in Richtung Kunde (Pull‐Orientierung).
Design‐for‐Manufacturing‐and‐ Fertigungs‐ und montagegerechte Konstrukti‐
Assembling (DFMA) on in frühen Phasen (Design Phases).
Design‐to‐Cost (DTC) Vorläufer des Target Costings. B2A‐Segment,
Zielkosten leiten sich aus enger Kooperation
zwischen Auftraggeber und Auftragnehmer ab.
Detailvorgabelieferant Fertigt nach strikten Anweisungen (Zeichnun‐
gen, Skizzen) des Herstellers.
Digital Links Kennzahl. Anzahl gemeinsam genutzter Sys‐
teme innerhalb einer Supply Chain.
Digital Twin Digitaler Doppelgänger. Eine eindeutige, virtu‐
elle Abbildung des realen Objekts.
Disputes Zweifelhafte (dubiose) Forderungen.
Double Sourcing Synonym: Dual Sourcing. Freiwilliger Zwei‐
quellenbezug pro Materialart.
Downcycling Spezifische Unterform des Recyclings. Zuneh‐
mender Qualitätsverlust pro Recyclingdurch‐
gang.
542
Glossar
Duale Internationalisierung Hybride Wettbewerbsstrategie. Strategiemix im
Inland und im Ausland simultan ausloten.
Durchlaufzeit Fristzeit. Zeitraum vom Auftragseingang bis
zur Kundenauslieferung (Total Cycle Time).
Dynamische Produktdifferenzie‐ Hybride Wettbewerbsstrategie. Unterschiedli‐
rung che Fertigungsverfahren ermöglichen einen
Strategiewechsel.
Economic Value Added (EVA) Absolute Kennzahl im Wertsteigerungsma‐
nagement. Einsatz auch für Shareholder Value
und Führungskräfteentlohnung (Anreizsys‐
tem).
Efficient Consumer Response Effiziente Kundenreaktion. Abgeleitet aus
(ECR) Quick Response. Integration von Logistik‐ und
Marketinginstrumenten, gewährleistet über
moderne IT.
Efficient Produkt Introduction Effiziente Produktneueinführung zur Reduzie‐
(EPI) rung der Flopraten. Marketing‐Hilfsmittel von
ECR.
Efficient Promotion (EP) Effiziente Verkaufsförderung zwischen Her‐
steller und Handel. Marketing‐Hilfsmittel von
ECR.
Efficient Store Assortment (ESA) Effiziente Sortimentsgestaltung durch Mi‐
schung von Strategie‐ und Profitartikeln. Mar‐
keting‐Hilfsmittel von ECR.
Efficient Unit Load (EUL) Optimierter Einsatz genormter Ladungsträger
zur herstellergesteuerten Bestandsführung
(VMI).
E‐Commerce Elektronischer Handel. Teilbereich des Electro‐
nic Business über E‐Hubs (Marktknotenpunk‐
te).
E‐Fulfillment Operative und systematische Maßnahmen zur
elektronisch gestützten Abwicklung von Kun‐
denaufträgen.
Einkauf Strategische und operative Tätigkeiten zur
Versorgungssicherung des Unternehmens.
543
Glossar
Einkaufskarten Synonym „Purchasing Card“. Elektronische
Einkaufssysteme zum Bezug von Gemeinkos‐
tenmaterialien.
Electronic Data Interchange Elektronischer Datenaustausch zwischen min‐
(EDI) destens zwei Partnern.
Electronic Data Interchange for Weltweit einsetzbarer und branchenunabhän‐
Administration, Commerce and giger Standard für EDI.
Transport (EDIFACT)
Elektronischer Marktplatz Marktknotenpunkt gewerblichen und elektro‐
nischen Güteraustauschs (E‐Hub).
Embedded System Eingebettetes System. Elektronischer Rechner,
der in einen technischen Kontext eingebunden
ist.
Enterprise Relationship Ma‐ Durchgängige Verfolgung von Kundenaufträ‐
nagement (ERM) gen. Sämtliche Systeme richten sich nach der
vollständigen Kundenintegration aus.
Enterprise Resource Planning Unternehmensweites Sukzessivplanungs‐
(ERP) System. Enthält Module für Instandhaltung
und Personalwirtschaft.
Entsorgung Synonym „Retrodistribution“. Beseitigung von
Reststoffen.
E‐Supply Chain Sichert die elektronisch gestützte Versorgung,
Entsorgung und das Recycling von Gütern.
Erstreckt sich auch auf Informations‐, Geld und
Sozialströme.
Excess‐Waren Zum Teil ungängige Waren. Wertberichtigung
bis maximal 50%.
Fachportal Eingangstor für Transaktionen auf elektroni‐
schen Märkten.
Failure Mode and Effects Analy‐ Instrument zur präventiven Fehlervermeidung.
sis (FMEA) Berechnung einer Risikoprioritätszahl aus drei
Eintrittswahrscheinlichkeiten.
Fallweise Beschaffung Synonym „Einzelbeschaffung“.
544
Glossar
Fertigungstiefe Kennzahl. Anteil der Eigenfertigung am erziel‐
ten Umsatz im direkten Bereich.
Forecast Accuracy Synonym „Absatzprognosegenauigkeit“.
Forrester‐Aufschaukelung Basis des Bullwhip‐Effekts. Ungeplante Nach‐
frageschübe als Initialzündung einer überpro‐
portionalen Fertigung.
Fortschrittszahl Aufbrechen des Beschaffungs‐ und Ferti‐
gungsprozesses in Kontrollblöcke. Zeigt den
Fortschritt der Produktion an.
Frachtkosten‐Beständekosten‐ Kombination von Beständekosten und Fracht‐
Portfolio (FREDI) kosten.
Geschäftsfeldattraktivität‐ Kombination von Market‐Based‐View und
Kernkompetenzen‐Porfolio (GE‐ Resource‐Based‐View.
KKO)
Global Sourcing Systematische Ausdehnung der Beschaffungs‐
politik auf internationale Quellen.
Green Supply Chain Nachhaltiger Wandel von Ertragsketten zu
Substanzketten. Strikte Wahrung ökonomi‐
scher, ökologischer und sozialer Aspekte
(Sustainability).
Hard‐(Soft)‐Analyse Abweichungsanalyse. Überleitung von Um‐
satz, EBIT und Jahresüberschuss. Wird syno‐
nym „P‐3‐Analyse“ genannt.
Horizontale Kooperationsstrate‐ Zusammenarbeit mit Partnern der gleichen
gien Wertschöpfungsstufe in der Supply Chain.
Zumeist in Form Strategischer Allianzen.
House of Quality Aufzeigen von Kunden‐ und Designanforde‐
rungen in der Produktentwicklung. Hilfsmittel
für QFD.
Industrie 4.0 Vierte industrielle Revolution. Umgesetzt
durch die Smart Factory.
Internet of Things Vernetzung des Internets mit Alltagsgegen‐
ständen.
545
Glossar
Internet Retailer Organisation, die ihre Geschäftsabwicklung
primär über das Internet betreibt.
Inventory Reserve Wertberichtigung von Beständen auf Grund
von Ungängigkeit.
Just‐in‐Sequence (JiS) Beschaffungskonzept. Reihenfolgegerechte
Anpassung der Bandgeschwindigkeit an die
Kundennachfrage zur Bestandssenkung.
Just‐in‐Time (JiT) Beschaffungskonzept. Produktionssynchrone
Beschaffung von Waren mit dem Ziel möglichst
geringer Lagerbestände. Historischer Vorläufer
von JiS.
Kaizen Management Politik der kleinen und kontinuierlichen Ver‐
besserungsschritte (Continuous Improvement).
Kanban Pull‐Konzept (Hol‐Konzept). Bestandssen‐
kungsinstrument durch Bildung vermaschter,
selbst steuernder, dezentraler Regelkreise.
Make‐to‐Order‐Prinzip.
Kataloglieferant Abruf von Standardteilen (DIN‐Normen) quasi
aus dem Katalog. Meistens Bezug genormter B‐
und C‐Teile.
Kennzahlenradar Spinnenbild. Instrument zur Aufdeckung von
Soll‐Ist‐Abweichungen.
Key Performance Indicator (KPI) Strategische Kennzahl mit großer Erfolgswirk‐
samkeit. Abgeleitet aus dem Performance
Measurement.
Kognitive Supply Chain Lernende Lieferkette. Ausgewählte Supply
Chain Komponenten sind in der Lage, eigen‐
ständig zu lernen, wiederkehrende Muster zu
erkennen und daraus Handlungsempfehlun‐
gen abzuleiten.
Kollaborative Prozesse Interorganisatorische Zusammenarbeit recht‐
lich selbständiger Partner in Echtzeit.
Konsignation Eigentums‐ und Gefahrenübergang von Waren
nach Abruf oder Fristverstreichung.
546
Glossar
Künstliche Intelligenz Teilgebiet der Informatik. Menschliches Lernen
und Denken soll auf den Computer übertragen
werden. Statt für jeden Zweck programmiert
zu werden, findet der Computer eigenständig
Antworten und löst Probleme von selbst.
Kurier‐, Express‐ und Paket‐ Selbständige Dienstleister zur flexiblen Waren‐
dienst (KEP) verteilung kleiner Sendungsgrößen.
Lagerumschlagshäufigkeit Kennzahl. Synonym „Turn Rate“. Misst die
Anzahl an Lagerumschlägen von Materialien
pro Jahr. Reziprok zur vergangenheitsbezoge‐
nen Lagerreichweite.
Lean Management Ausschöpfung von Optimierungspotenzialen
durch Verschlankung von Hierarchien und
Eliminierung von Ineffizienzen.
Lieferanten‐Logistik‐Zentrum Sonderform der Konsignation. 3PL betreibt
(LLZ) zentrales Lager in der Nähe eines OEM. Die
Bestände sind im Eigentum der Lieferanten
und im Besitz des 3PL.
Lieferservicegrad (LSG) Kennzahl. Prozentsatz termin‐, mengen‐ und
qualitätsgerechter Bestellpositionen.
Lifecycle Costing Berücksichtigung von Kosten über den gesam‐
ten Produktlebensweg (Vorlaufphase,
Marktphase, Nachlaufphase). Ansatz des stra‐
tegischen Kostenmanagements.
Logistik Primär physischer Warenfluss zur Raum‐ und
Zeitüberbrückung. Grundausprägungen sind
Beschaffungs‐, Produktions‐ und Distributions‐
logistik.
Logistikkette Verknüpfung tradierter physischer Logistikak‐
tivitäten zur Raum‐ und Zeitüberbrückung
zwischen extern agierenden Wertschöpfungs‐
partnern.
Machine Learning Durch das Erkennen von Mustern in vorlie‐
genden Datenbeständen sind IT‐Systeme in der
Lage, eigenständig für Probleme Lösungen zu
finden. Weiterentwicklung zu Digital Twin.
547
Glossar
Make‐to‐Engineer (MTE) Kundenauftragsbezogene Fertigung. Hervor‐
bringung spezieller Entwicklungsleistungen.
Häufig vorzufinden bei B2B‐ oder B2A‐
Projekten.
Make‐to‐Order (MTO) Kundenbezogene Fertigung (Built‐to‐Order).
Produktion standardisierter Artikel nach Kun‐
denauftrag, Pull‐Konzept.
Make‐to‐Stock (MTS) Fertigung auf Lager (Push‐Prinzip) zur Aus‐
schöpfung von Skaleneffekten und Preisvortei‐
len.
Market‐Based‐View Marktfokussierter Strategieansatz (Outside‐In‐
Perspektive). Protagonist: M. E. Porter. Ziel:
Erfolgsposition im Markt durch Berücksichti‐
gung der Forces of Competition.
Market‐into‐Company Hauptvariante von Target Costing. Ableitung
von Zielkosten aus dem Markt.
Marketing Channel Management Spezifizierung der Warendistribution in Rich‐
tung Kunde durch Optimierung der Absatz‐
wege (Absatzmittler).
Mass Customization Hybride Wettbewerbsstrategie, kundenindivi‐
duelle Massenfertigung durch gemischtes
Push‐Pull‐Prinzip.
Material Requirement Planning Sukzessivplanungskonzept von Materialbedar‐
(MRP I) fen. Verfügbare Kapazitäten bleiben unberück‐
sichtigt.
Material Resource Planning Weiterentwicklung von MRP I. Sukzessivpla‐
(MRP II) nungskonzept von Materialbedarfen und Ka‐
pazitäten.
Materialflussanalyse Umfassendes System zur räumlichen und
zeitlichen Abgrenzung von Logistiknetzwer‐
ken.
Materialwirtschaft Weiter gefasst als Beschaffung. Berücksichtigt
gesamtes Materialhandling: Lagerhaltung,
innerbetrieblichen Transport, Materialversor‐
gung bis in die Fertigung.
548
Glossar
Maverick‐Buying Wilder, unkontrollierter Einkauf vorbei an
bestehenden Rahmenverträgen. Besonders B‐
und C‐Teile sind betroffen. Steigerung der
durchschnittlichen Einkaufskosten. Festgestellt
durch TCO Analyse.
Milk Run Direkttransport. Verteilung voller und gleich‐
zeitige Einsammlung leerer Ladungsträger im
Distributionsvorgang.
Modular Sourcing Bestellung kompletter Baugruppen (Module)
bei ausgewählten First‐Tier‐Anbietern. Redu‐
zierung der Anzahl aktiver Lieferanten.
Multiple Sourcing Freiwilliger Mehrquellenbezug. Pendant des
Single Sourcings. Ausnutzung von Preisvortei‐
len. Spotmarktbeziehung, häufig auf Basis
elektronischer Ausschreibungen zur Beschaf‐
fung von Katalogteilen.
Multiple User Warehouse Gemeinsame Nutzung einer Lagerstätte durch
mehrere rechtlich selbständiger Akteure. Cost
Sharing der Logistikkosten.
Obsolete‐Waren Völlig ungängige Waren. Wertberichtigung bis
maximal 95%.
Ökobilanz Gegenüberstellung von Input‐ und Outputrela‐
tionen zur Förderung grüner Supply Chains.
Nach der Thermodynamik können Energie
und Masse weder erzeugt oder vernichtet,
sondern nur umgewandelt werden.
Offshoring Geografische Verlagerung von Aktivitäten
primär ins Ausland an Tochtergesellschaften
(Interner Offshore) oder rechtlich selbständige
Partner (Offshore Outsourcing).
On Time Delivery to Commit Kennzahl. „Liefertreue zum bestätigten Ter‐
min“. Prozentsatz an Aufträgen, die zeitgerecht
erledigt werden.
On Time Delivery to Request Kennzahl. „Kundenwunschliefertreue“. Pro‐
zentsatz pünktlich an Kunden ausgelieferter
Bestellungen.
549
Glossar
Online Analytical Processing Managementunterstützung im Data Wa‐
(OLAP) rehouse. Prägende Eigenschaften sind Mul‐
tidimensionalität, Flexibilität, ergonomische
Benutzeroberfläche und Schnelligkeit.
Order Fulfillment Leadtime Auftragsabwicklungszeit. Zeit in Tagen zur
Bearbeitung von Kundenaufträgen.
Order Promising Verfügbarkeitsprüfung. Hauptvarianten sind
Available‐to‐Promise und Capable‐to‐Promise.
Order‐to‐Payment‐S Stufenförmiger Ablauf des Supply Chain Ma‐
nagements, vom Kundenauftrag (Order) bis
zur Bezahlung (Payment). Primäre Pull‐
Orientierung.
Organization for Data Exchange Europäischer Standard der Automobilindustrie
by Teletransmission in Europe zum elektronischen Datenaustausch (auf Basis
(ODETTE) von EDI).
Out‐of ‐Stock Nullbestand. Synonym “Stock‐out”.
Outpacing Hybride Wettbewerbsstrategie. Rechtzeitiger
Wechsel zwischen Kostenführerschaft und
Differenzierung.
Payment‐on‐Production (POP) Bezahlung erst nach Produktfertigstellung.
Performance Measurement Basis für Balanced Scorecard und Performance
Pyramid, Messung über Leistungs‐ und Ser‐
vice‐Kennzahlen. Kombination finanzieller und
nicht‐finanzieller Messgrößen.
Pionier‐Follower‐Management Konzept zur Festlegung der optimierten Time‐
to‐Market (Beschleunigung versus Entschleu‐
nigung).
Postponement Bewusste Verzögerung von Supply Chain
Aktivitäten. Fertigung unter Berücksichtigung
der Kostenaufwuchskurve.
Predictive Analytics Ernennen von Trends und wiederkehrender
Muster aus historischen Daten. Vorhersagen
über die Wahrscheinlichkeit zukünftiger Ereig‐
nisse („what will happen?“).
550
Glossar
Prescriptive Analytics Erteilung von Ratschlägen aus historischen
Daten zur Umlenkung von Trends in die ge‐
wünschte Richtung („how can we make it
happen?“)
Product Carbon Footprint CO2‐Fußabdruck von Produkten und Prozes‐
sen zur Reduzierung der Treibhausgase. Um‐
rechnung sämtlicher Treibhausgaspotenziale
auf CO2‐Äquivalente.
Produktionsplanung und Pro‐ Betriebswirtschaftliche Komponente von CIM.
duktionssteuerung (PPS) Rechnergestützte Produktionsplanung und
Produktionssteuerung.
Prozesskostenrechnung Kostentransparenz in den indirekten Bereichen
durch Identifizierung von Kostentreibern.
Senkung von Gemeinkosten. Instrument des
strategischen Kostenmanagements.
Quality Function Deployment Kunden‐ und ressourcenfokussierte Koordina‐
(QFD) tion qualitätsgetriebener Prozesse.
Quick Response Vorläufer von ECR. Ansatz aus der Beklei‐
dungsindustrie, rasches Erkennen von Kun‐
denwünschen.
Rack Jobbing Automatische und selbständige Regalauffül‐
lung durch Lieferanten.
Rapid Prototyping Generatives Fertigungsverfahren (CAD‐
gestützt) zur Erstellung von Prototypen.
Recycling Verwendung (Aufarbeitung) oder Verwertung
(Aufbereitung) von Stoffen.
Reichweite der Bestände Kennzahl. Synonym “Inventory Days of Sup‐
ply” (Eindeckzeit). Messung der Kapitalbin‐
dung. Reziprok zur Lagerumschlagshäufigkeit.
Resident Engineering Temporäre Entsendung von Mitarbeitern der
Lieferanten zu Kunden.
Resource‐Based‐View Ressourcenfokussierter Ansatz zur Ausnut‐
zung von Erfolgspotenzialen. Zumeist auf der
Basis von Kernkompetenzen.
551
Glossar
Retrodistribution Entsorgung von Reststoffen.
Retrograde Terminierung Fertigungssteuerung gegen den Materialfluss.
Berücksichtigung diskontinuierlicher Prozesse.
Return on Capital Employed Kennzahl. Bemessung der Kapitalrendite,
(ROCE) indem die Relation EBIT zum eingesetzten
Kapital abgeleitet wird.
Reverse Engineering Dekomposition von Konkurrenzprodukten auf
Teileebene.
Radio Frequency Identification Identifikationstechnik. Kontaktlose, elektroni‐
(RFID) sche Objektidentifizierung. Bestehend aus
Rechner, Leseeinheit sowie Transponder (Tag).
Roll Cage Sequencing (RCS) Beladung von Fahrzeugen zur filialgerechten
Kommissionierung. Hilfsmittel von VMI.
Rüstkosten Synonym „Einrichtkosten“. Optimierung
durch Erarbeitung von Rüstmatrizen.
Sensoren Registrieren und verarbeiten unterschiedlicher
Messdaten aus der realen Welt.
Sharing Economy Teilen statt besitzen. Gemeinschaftliche Nut‐
zung von Dingen.
Simultaneitätshypothese Hybride Wettbewerbsstrategie. Gleichzeitige
Kostenführerschaft und Differenzierung.
Simultaneous Engineering Parallelisierte Bearbeitung von Aufgaben in
multifunktionalen Expertenteams.
Single Sourcing Freiwilliger Einquellenbezug pro Materialart.
Smart Factory Intelligente Fabrik. Richtet sich nach dem Prin‐
zip der Virtualisierung aus. Cyber‐Physische‐
Systeme ermöglichen in der Smart Factory ein
digitales und agiles Zusammenschließen ein‐
zelner Komponenten zu einer Gesamtlösung.
Smart Maintenance Intelligente Instandhaltung über Sensorik.
Sole Sourcing Erzwungener Einquellenbezug pro Materialart.
552
Glossar
Squeeze‐in‐Time Kennzahl. Zeitspanne zur vollständigen In‐
tegration von Akteuren in die Supply Chains.
Stereolithographie Generatives Fertigungsverfahren. CAD‐
orientierte Technik zur Erstellung von Proto‐
typen aus Photopolymeren.
Strategische Allianz Horizontale Kooperationsstrategie.
Strategy Map Strategiekarte auf Basis der Balanced Score‐
card. Visualisierungsmöglichkeit der strategi‐
schen Stoßrichtung.
Sublieferant Indirekter Lieferant für Hersteller (2nd Tier
oder höhere Ordnung).
Supplier Rating System (SRS) System zur Lieferantenbewertung. Bemessung
von Logistikfehlern.
Supplier Relationship Manage‐ Aktivitäten zur Auswahl, Entwicklung und
ment (SRM) Integration von Lieferanten.
Supply Chain Design (SCD) Strategische Netzwerkgestaltung. Strategischer
Überbau zur Ausgestaltung der Supply Chain.
Supply Chain Event Manage‐ Frühwarnmechanismen für Supply Chain
ment (SCEM) Systeme (permanente Überwachung).
Supply Chain Management Integrierte interne und externe Aktivitäten von
(SCM) Versorgung, Entsorgung und Recycling, inklu‐
sive begleitender Geld‐ und Informationsflüs‐
se, zusätzlich auf Sozialebene ausgerichtet.
Supply Chain Execution Initiierung von Logistikaktivitäten durch
Transportabwicklung, Produktionsabwicklung
und Lagermanagement.
Supply Chain Execution System Kluge Steuerungszentrale. Stellt Supply Chain
Akteuren relevante Informationen zu Verfü‐
gung.
Supply Chain Operations Refer‐ Prozessreferenzmodell zur Standardisierung
ence Model (SCOR) von Abläufen innerhalb der Supply Chain.
Entwickelt von PRTM. Messung über interne
und externe Kennzahlen.
553
Glossar
Supply Chain Relationship Beziehungsaffiner Teil des Supply Chain Ma‐
Management (SCRM) nagements (Intensivierung sozialer Beziehun‐
gen).
Supply Chain Scorecard Scorecard unter besonderer Berücksichtigung
von Supply Chain Aspekten. Perspektiven z. B.
Finanzen, Kunden, Prozesse, Lieferanten,
Kooperation.
Synchronized Production Synchronisierte Fertigung. Hilfsmittel von
ECR.
Systemlieferant Beliefert den Hersteller direkt, Lieferant erster
Ordnung (Tier 1 Supplier).
Target Costing Zielkostenmanagement, Vollkostenrechnung,
Instrument des strategischen Kostenmanage‐
ments.
Time Based Competition Zeitfokussierte Optimierung, Time‐to‐Market
innerhalb einer Supply Chain.
Time‐to‐Market Zeitspanne im Innovationsprozess. Reicht von
der Produktentwicklung bis zur Markteinfüh‐
rung.
Total Benefit of Ownership Gesamtnutzen einer Investition. Erweiterung
(TBO) von Total Cost of Ownership.
Total Cost of Ownership (TCO) Anschaffungs‐ und Folgekosten über den
kompletten Produktlebensweg.
Total Quality Management Metaführungsansatz. Primär qualitätsfokus‐
(TQM) sierte Prozesssteuerung zur Steigerung der
Kundenzufriedenheit.
Tracking and Tracing Sendungsverfolgungssystem. Bestehend aus
Monitoring (Tracking) und Datenarchivierung
(Tracing).
Transaktionskosten Kosten, die bei dem Objektwechsel in einen
neuen Wirkungskreis anfallen.
Transshipment‐Point Docking Station, zentraler Umschlagspunkt
(Cross Docking).
554
Glossar
Überwachtes Lernen Supervised Learning. Dynamischer Algorith‐
mus lernt eine Funktion aus gegebenen Paaren
von Eingaben und Ausgaben eines Verhal‐
tensmodells.
Unüberwachtes Lernen Unsupervised Learning. Ein Algorithmus
erzeugt für eine gegebene Menge an Eingaben
ein Modell, das Vorhersagen trifft. Ein konkre‐
tes Ziel wird nicht vorgegeben.
Upcycling Recyclingform. Recycelte Stoffe konkurrieren
mit Innovationen.
Upside Production Flexibility Produktionssteigerungsflexibilität. Zeit in
Tagen, um auf einen ungeplanten Nachfrage‐
schub von 20% zu reagieren.
Value Analysis Wertanalyse. Dekomposition von Produkten
im Marktzyklus.
Value Engineering Wertgestaltung. Zerlegung von Produkten im
Entstehungszyklus.
Vendor Managed Inventory Herstellergesteuerte Bestandsführung. Logisti‐
(VMI) sches Kernelement von ECR. Abgeleitet aus
Continuous Replenishment.
Vertikale Kooperationsstrategien Systematische Einbeziehung vor‐ oder nachge‐
lagerter Wertschöpfungsebenen in Supply
Chains.
Virtuelle Frachtbörse Elektronische Plattform gewerblichen Anbie‐
tens und Nachfragens von Frachtvorhaben.
Virtuelle Unternehmung Organisation, die Kunden gegenüber als Ein‐
heit auftritt, ohne über aufbauorganisatorische
oder juristische Strukturen zu verfügen.
Vorratsbeschaffung Beschaffungsprinzip. Pufferbildung im Lager
von B‐ und C‐Teilen, insbesondere um Preis‐
vorteile auszuschöpfen.
Web‐EDI Offener und standardisierter elektronischer
Datenaustausch über das Internet. Bietet KMU
die Möglichkeit, Änderungen der Bedarfe in
der Supply Chains rasch zu erkennen.
555
Glossar
Wertschöpfungskette Berücksichtigung sämtlicher Faktoren zur
Wertsteigung und Wertvernichtung. Histori‐
scher Vorläufer des Supply Chain Manage‐
ments.
Werttreiberbaum Analytische oder sachlogische Verknüpfung
von Kennzahlen in Systemen. Die Spitzen‐
kennzahl wird Wurzelknoten genannt.
Working Capital Kennzahl. Liquiditätsbestimmung durch Um‐
laufvermögen (Liquidierbar innerhalb eines
Jahres) abzüglich kurzfristiger Verbindlichkei‐
ten.
XYZ‐Analyse Differenzierung von Vorräten nach ihrem
Verbrauchsverhalten (Forecast Accuracy).
556
Literaturverzeichnis
Literaturverzeichnis
ACHILLAS, C./BOCHTIS, D. D./AIDONIS, D./FOLINAS, D. (2018): Green Supply
Chain Management, London 2018.
ADAM, D./SIBBEL, R./WILDEMANN, H. (1999): Retrograde Terminierung.
Ein integratives Konzept zur Fertigungssteuerung bei vernetzter Produk‐
tion und diskontinuierlichem Materialfluss, München 1999.
AGHTE, K. (1959): Stufenweise Fixkostendeckungsrechnung im System
des Direct Costing. In: Zeitschrift für Betriebswirtschaft, 03/(1959), S. 404‐
418.
AKAO, Y. (1992): Quality Function Deployment. Wie die Japaner Kun‐
denwünsche in Qualität umsetzen, Landsberg/Lech 1992.
ALBRECHT, W. (2006): Im Spannungsfeld zwischen Kosten und Nutzen.
„Total Cost of Ownership“ eines Warehouse‐Management‐Systems und
Lösungsansätze. In: Fördern und Heben, 05/(2006), S. 84‐85.
ALICKE, K./RACHOR, J./SEYFERT, A. (2016): Supply Chain 4.0 – the next‐
generation digital supply chain. In: www.mckinsey.com 27.10.2016.
ALTER, R. (2016): Cashflow‐Management. Verbesserungshebel, Cockpit‐
Kennzahlen, Umsetzungsworkshop, Stuttgart 2016.
AMENT, K. (2007): Single Sourcing. Building Modular Documentation,
New York 2007.
ANDERSON, D. J. (2011): Kanban. Successful Change in your Technology
Business, London 2011.
ANDERSON, D. M. (2020): Design to Manufacturability: how to use con‐
current engineering ta rapidly develop low‐cost, high‐quality products
for lean production, 2. Aufl., Philadelphia 2020.
ANGELES, R./NATH, R. (2007): Business‐to‐Business e‐procurement. Suc‐
cess factors and challenges to implementation. In: Supply Chain Man‐
agement, 02/(2007), S. 104‐115.
APPELFELLER, W./BUCHHOLZ, W. (2010): Supplier Relationship Manage‐
ment. Strategie, Organisation und IT des modernen Beschaffungsmana‐
gements, 2. Aufl., Wiesbaden 2010.
APPELHANS, S. (2016): Tracking and Tracing‐Systeme in Wertschöpfungs‐
netzen für die industrielle Nutzung nachwachender Rohstoffe, Göttingen
2016.
© Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2020 557
H. Werner, Supply Chain Management,
https://doi.org/10.1007/978-3-658-32429-2
Literaturverzeichnis
558
Literaturverzeichnis
BAUMGARTEN, H. (2001b): 4PL in der Praxis: Auf halbem Weg. In: Logistik
Heute, 03/(2001), S. 9‐10.
BAUMGARTEN, H. (2004): Entwicklungsphasen des Supply Chain Mana‐
gements. In: BAUMGARTEN, H./DARKOW, I.‐L./ZADEK, H. [Hrsg.] (2004), S.
51‐70.
BAUMGARTEN, H. [Hrsg.] (2001): Logistik im E‐Zeitalter. Die Welt der
globalen Logistiknetzwerke, Frankfurt 2001.
BAUMGARTEN, H./WIENDAHL, H.‐P./ZENTES, J. [Hrsg.] (2002): Logistik‐
Management. Strategien – Konzepte – Praxisbeispiele, Berlin et al. 2002.
BAUMGARTEN, H./DARKOW, I.‐L./ZADEK, H. [Hrsg.] (2012): Supply Chain
Steuerung und Services. Logistik‐Dienstleister managen globale Netz‐
werke – Best Practices, Berlin et al. 2012.
BEAUFILS, C. (2016): Mass Customization: Ist das noch Marke oder schon
Produkt?, Hamburg 2016.
BECHTEL, C./JAYARAM, J. (1997): Supply Chain Management. A Strategic
Perspective. In: The International Journal of Logistics Management,
01/(1997), S. 15‐34.
BECKER, T. (2004): Supply Chain Prozesse: Gestaltung und Optimierung.
In: BUSCH, A./DANGELMAIER, W. [Hrsg.] (2004), S. 63‐87.
BECKMANN, H. (2004): Supply Chain Management. Grundlagen, Konzept
und Strategien. In: BECKMANN, H. [Hrsg.] (2004), S. 1‐97.
BECKMANN, H. (2007): SCM‐Kompass Vendor Managed Inventory: Leit‐
faden zur systematischen Potenzialanalyse. In: Jahrbuch Logistik 2007, S.
90‐94.
BECKMANN, H. [Hrsg.] (2013): Supply Chain Management. Strategien und
Entwicklungstendenzen in Spitzenunternehmen, 2. Aufl., Berlin et al.
2013.
BECKER C. R. (2020): Learn human computer interaction: solve human
problems, and focus on rapid prototyping validating solutions through
user testing, München 2020.
BECKER, F. (2020): Personaleinsatzplanung in einem Cross‐Docking‐
Zentrum: Ein integrativer Ansatz unter Berücksichtigung der Tourenbe‐
legungsplanung, Düren 2020.
BECKER, N. (2016): Theorie und Praxis der Bestandsfinanzierung als In‐
strument des Financial Supply Chain Managements, Saarbrücken 2016.
BEHLER; J. (2019): Economic Value Added versus Cash Value Added:
Welche Kennzahl eignet sich besser für ein Anreizsystem für Manager?
München 2019.
559
Literaturverzeichnis
BEHRENDSEN, R. (2017): Target Costing als Konzept des marktorientierten
Zielkostenmanagements, München 2017.
BELLOVODA, B. (2011): Die Entwicklung von Postponement. Rückblick,
Gegenwart, Ausblick, München 2011.
BENES, G. M. E./GROH, P. (2017): Grundlagen des Qualitätsmanagements,
4. Aufl., München 2017.
BERENTZEN, C. (2000): Bündelung der Kräfte. Der Supply Chain Ma‐
nagement‐Ansatz der Berentzen‐Gruppe AG. In: PFOHL, H. C. [Hrsg.]
(2000), S. 71‐105.
BERGER, U./HARTMANN, A. (2019): Additive Fertigungsverfahren: Rapid
Prototyping, Rapid Tooling, Rapid Manufacturing, 3. Aufl., Haan 2019.
BERRISCH, A. (2013): Controlling und Kennzahlen in der Distributionslo‐
gistik, Berlin 2013.
BERTAGNOLLI, F. (2018): Lean Management: Einführung, und Vertiefung
in die japanische Management‐Philosophie, Berlin et al. 2018.
BETGE, D. (2006): Koordination in Advanced Planning und Scheduling‐
Systemen, Wiesbaden 2006.
BIEDERMANN, H. (2018): Ersatzteilmanagement. Effiziente Ersatzteillogis‐
tik für Industrieunternehmen, 3. Aufl., Berlin et al. 2018.
BIEDERMANN, H. (2018): Digitalisierte Instandhaltung, Köln 2018.
BIEL, A./DEYHLE, A. [Hrsg.] (2003): Controlling mit Kennzahlen, Offen‐
burg 2003.
BINDER, U. (2019): Kennzahlen‐Guide für Controller, Brandenburg 2019.
Blokdyk, G. (2018): Design‐to‐Cost. A complete guide, Philadelphia 2018.
BLUNCK, S. (2009): Modellierung und Optimierung von Hub‐and‐Spoke‐
Netzen mit beschränkter Sortierkapazität, Karlsruhe 2009.
BÖNNEKEN, M. (2005): Entsorgungslogistik, Frankfurt 2005.
BÖK, P.‐B./NOACK, A. [Hrsg.] (2020): Computernetze und Internet of
Things: Technische Grundlagen und Spezialwissen, Berlin et al. 2020.
BOLSTORFF, P. A./ROSENBAUM, R. G./POLUHA, R. G. (2008): Spitzenleistun‐
gen im Supply Chain Management. Ein Praxisbuch zur Optimierung mit
SCOR, Berlin et al. 2008.
BOLSTORFF, P. A./ROSENBAUM, R. G./POLUHA, R. G. (2011): Supply Chain
Excellence. A handbook for dramatic improvement using the SCOR‐
model, New York 2011.
BORGMEIER, A./GROHMANN, A. (2017): Smart Services und Internet der
Dinge: Geschäftsmodelle, Umsetzung und Best Practices, München 2017.
560
Literaturverzeichnis
BOTHE, K. (1989): Strategic Supply Chain. A Blueprint for revitalising the
manufacturer‐supplier‐partnership, Amacon 1989.
BOTTHOF, H.‐J./HÖLZL, F. (2008): Wie Zahlen wirken: Betriebliche Kenn‐
zahlen vorteilhaft darstellen, Freiburg 2008.
BOUSONVILLE, T. (2016): Logistik 4.0: Die digitale Transformation der
Wertschöpfungskette, Wiesbaden 2016.
BOWERSOX, D. J./CLOSS, A. J. (1996): Logistical Management. The Integrat‐
ed Supply Chain Process, New York 1996.
BOWERSOX, D. J. (1997): Lessons Learned from the World Class Leaders.
In: Supply Chain Management Review, 01/(1997), S. 61‐67.
BOWERSOX, D. J. (1998): Integrated Supply Chain Management. A Strategic
Imperative. In: Journal of Logistics Management, 03/(1998), S. 181‐193.
BRABÄNDER, C. (2020): Die letzte Meile: Definition, Prozess, Kostenrech‐
nung und Gestaltungsfelder, Berlin et al. 2020.
BRAUER, J.‐P./HORN, T. (2009): Gestaltungsmöglichkeiten zum Aufbau
Ihres Qualitätsmanagementsystems, 5. Aufl., Berlin et al. 2009.
BRENK, B. (2015): Target Costing in der produzierenden Industrie, Ham‐
burg 2015.
BRETZKE, W.‐R. (2007): „Supply Chain Management“. 7 Thesen zur zu‐
künftigen Entwicklung logistischer Netzwerke, Unterlagen der GOR Ta‐
gung in St. Leon/Rot 2007.
BRETZKE, W.‐R. (2010): Logistische Netzwerke, 2. Aufl., Berlin et al. 2010.
BRETZKE, W.‐R. (2014): Nachhaltige Logistik. Zukunftsfähige Netzwerke
und Prozessmodelle, 3. Aufl., Berlin et al. 2014.
BRETZKE, W.‐R./BARKAWI, K. (2012): Nachhaltige Logistik. Antworten auf
eine globale Herausforderung, 2. Aufl., Berlin et al. 2012.
BREWER, P. C./SPEH, T. W. (2000): Using the Balanced Scorecard to Meas‐
ure Supply Chain Performance. In: Journal of Business Logistics, 01/2000,
S. 75‐93.
BREWER, P. C./SPEH, T. W. (2001): Adapting the Balanced Scorecard to
Supply Chain Management. In: Supply Chain Management Review, 03‐
04/(2001), S. 48‐56.
BRUHN, M. (2010): Qualitätsmanagement für Dienstleistungen. Grundla‐
gen, Konzepte, Methoden, 8. Aufl., Berlin et al. 2010.
BRUHN, M. (2016): Kundenorientierung. Bausteine für ein exzellentes
Customer Relationship Management (CRM), 5. Aufl., München 2016.
BRÜGGEMANN, H./BREMER, P. (2020): Grundlagen Qualitätsmanagement.
Von werkzeugen über Methoden zum TQM, 3. Aufl., Berlin et al. 2020.
561
Literaturverzeichnis
BRÜLL, L./HÜBL, P./METZ, R./ROSSI, H. (2007): Ein neues Rüstzeug für
optimales Bestandsmanagement. In: Jahrbuch Logistik 2007, S. 95‐98.
BRUNNER, F. J. (1992): Produktplanung mit Quality Function Deployment.
In: IO Management, 06/(1992), S. 42‐46.
BRUNNER, F. J. (2014): Japanische Erfolgskonzepte. Kaizen, KVP, Lean
Production Management, Lean Development, 3. Aufl., München 2014.
BRUNNER, P./RECHBERGER, H. (2003): Practical Handbook of Material Flow
Analysis. Advanced Methods and Waste Management, London 2003.
BUCHHOLZ, W./APPELFELLER, W. (2010): Supplier Relationship Manage‐
ment. Strategie, Organisation und IT des modernen Beschaffungsmana‐
gements, 2. Aufl., Wiesbaden 2010.
BUCHHOLZ, W./WERNER, H. (1997): Strategien und Instrumente zur Ver‐
kürzung der Produktentwicklungsdauer. In: Die Betriebswirtschaft,
05/(1997), S. 694‐709.
BUCHHOLZ, W./WERNER, H. [Hrsg.] (2001): Supply Chain Solutions. Best
Practices in e‐Business, Stuttgart 2001.
BULLINGER, H. J. [Hrsg.] (2013): Forschungs‐ und Entwicklungsmanage‐
ment: Simultaneous Engineering, Projektmanagement, Produktplanung,
Rapid Product Development, Wiesbaden 2013.
BURKOV, A. (2019): The Machine Learning Book, Chicago 2019.
BURROWS, M. (2015): Kanban. Verstehen, einführen, anwenden, Heidel‐
berg 2015.
BUSCH, A./DANGELMAIER, W./PAPE, U./RÜTHER, M. (2003): Marktspiegel
Supply Chain Management. Potenziale – Konzepte – Anbieter im Ver‐
gleich, Wiesbaden 2003.
BUSCH, A./DANGELMAIER, W. [Hrsg.] (2004): Integriertes Supply Chain
Management. Theorie und Praxis effektiver unternehmensübergreifen‐
der Geschäftsprozesse, 2. Aufl., Wiesbaden 2004.
BUTTLE, F. (2019): Customer Relationship Management: Concepts and
Technologies, 4. Aufl, London 2019.
CAMP, R. C. (2006): Benchmarking. The search for Industry Best Practices
that Lead to Superior Performance, New York 2006.
CANCILLA, C. (2017): EDI: An Introduction, London 2017.
CAVINATO, J. L. (1992): A Total Cost/Value Model for Supply Chain Com‐
petitiveness. In: Journal of Business Logistics, 02/(1992), S. 285‐301.
CHENG, T. C. E./LI, J./WAN, J. (2012): Postponement Strategies in Supply
Chain Management, Berlin et al. 2012.
CHOPRA, S./MEINDL, P. (2014): Supply Chain Management. Strategy, Plan‐
ning, Operation, 5. Aufl., New York 2014.
562
Literaturverzeichnis
563
Literaturverzeichnis
564
Literaturverzeichnis
565
Literaturverzeichnis
566
Literaturverzeichnis
567
Literaturverzeichnis
568
Literaturverzeichnis
569
Literaturverzeichnis
HILDEBRAND, H. [Hrsg.] (2002): Supplier Relationship Management, Hei‐
delberg 2002.
HILDEBRANDT, H./KOPPELMANN, U. [Hrsg.] (2000): Beziehungsmanage‐
ment mit Lieferanten. Konzepte, Instrumente, Erfolgsnachweise, Stutt‐
gart 2000.
HIPPNER, H./HUBRICH, B.; WILDE, K. D.; ARNDT, D. (2011): Grundlagen des
CRM. Strategie, Geschäftsprozesse und IT‐Unterstützung, 3. Aufl., Wies‐
baden 2011.
HOFMANN, N./SASSE, A./HAUSER, M./BALZER, B. (2007): Investitions‐, Fi‐
nanz‐ und Working Capital Management als Stellhebel zur Steigerung
der Kosteneffizienz. In: Controlling, 03/(2007), S. 153‐163.
HOFMANN, S. (2016): Blockchain‐Technologie einfach erklärt – Definition
und Anwendungen. In: mm‐logistik.vogel.de, 16.01.2019.
HOLLAND, H./HERRMANN, J./MACHENHEIMER, G. (2001): Efficient Consu‐
mer Response. Praxisbeispiele zur Effizienzsteigerung für Handel und
Industrie, Frankfurt 2001.
HOLZMÜLLER, B. (2003): Einführung eines Kanban‐Systems als Teil des
Kostenmanagements, Ravensburg 2003.
HOPPE, M. (2006): Absatz‐ und Bestandsplanung mit SAP APO, Köln
2006.
HORVÁTH, P./GLEICH, R:/SEITER, M. (2019): Controlling, 14. Aufl., München
2019.
HORVÁTH, P./KAPLAN, R. E./NORTON, D. P./MENDE, M. (2004): Balanced
Scorecard. Unternehmen erfolgreich steuern. Die Scorecard verstehen,
die Scorecard optimieren, Hamburg 2004.
HORVÁTH, P./GAISER, B./VOGELSANG, P (2006): Quo vadis Balanced Score‐
card? Implementierungserfahrungen und Anregungen zur Weiterent‐
wicklung. In: HAHN, D./TAYLOR, B. [Hrsg.] (2006), S. 151‐171.
HOSP, J. (2018): Blockchain 2.0: Einfach erklärt – mehr als nur Bitcoin.
München 2018.
HOSTETTLER, S. (2002): Economic Value Added (EVA). Darstellung und
Anwendung auf Schweizer Aktiengesellschaften, 5. Aufl., Bern 2002.
HOSTETTLER, S./STERN, H. J. (2007): Das Value Cockpit. Sieben Schritte zur
wertorientierten Führung für Entscheidungsträger, 2. Aufl., Weinheim
2007.
HOTWAGNER, B. (2008): Supply Chain Risk Management und dessen
systematische Umsetzung im Unternehmen, Wien 2008, S. 23‐39.
570
Literaturverzeichnis
571
Literaturverzeichnis
KAIRIES, P. (2013): So analysieren Sie Ihre Konkurrenz. Konkurrenzanaly‐
se und Benchmarking in der Praxis, 9. Aufl., Köln 2013.
KAMINSKI, T. (2006): Economic Value Added. Konzept, Analyse, Einsatz‐
möglichkeiten und Vergleich, Saarbrücken 2006.
KAMISKE, G. F./BRAUER, J.‐P. (2011): Qualitätsmanagement von A bis Z.
Erläuterung moderner Begriffe des Qualitätsmanagements, 7. Aufl.,
München et al. 2011.
KAMISKE, G. F./PFEUFER, H.‐J. (2014): Fehler‐Möglichkeits‐ und Einfluss‐
Analyse, München 2014.
KAMISKE, G. F./KNORR, C. (2016): Quality Function Deployment: Mit Sys‐
tem zu marktattraktiven Produkten, München 2016.
KAPLAN, R. S./NORTON, D. P. (1997): Balanced Scorecard. Strategien er‐
folgreich umsetzen. Aus dem Amerikanischen von HORVÁTH, P. ET AL.,
Stuttgart 1997.
KAPLAN, R. S./NORTON, D. P. (2000): Having Trouble with your Strategy?
Then Map It, Harvard Business Review, 09‐10/(2000), S. 167‐176.
KAPLAN, R. S./NORTON, D. P. (2001a): Die Strategiefokussierte Organisati‐
on, Führen mit der Balanced Scorecard, Stuttgart 2001.
KAPLAN, R. S./NORTON, D. P. (2001b): Wie Sie die Geschäftsstrategie den
Mitarbeitern verständlich machen. In: Harvard Business Manager,
02/(2001), S. 60‐70.
KAPLAN, R. S./NORTON, D. P. (2004a): Strategy Maps – Der Weg von im‐
materiellen Werten zum materiellen Erfolg, Stuttgart 2004.
KAPLAN, R. S./NORTON, D. P. (2004b): In Search of Excellence – der Maß‐
stab muss neu definiert werden. In: Harvard Business Manager 10/(2004),
S. 146‐156.
KAPLAN, R. S./NORTON, D. P. (2006): Alignment. Mit der Balanced Score‐
card Synergien schaffen, Stuttgart 2006.
KAPLAN, R. S./NORTON, D. P. (2009): Der effektive Strategieprozess. Er‐
folgreich mit dem 6‐Phasen‐System, Frankfurt et al. 2009.
KAPLAN, R. S./ANDERSON, S. R. (2007): Time‐Driven Activity‐Based Cost‐
ing, New York 2007.
KAPLAN, S./SAWHNEY, M. (2000): Revolution im Einkauf – neue elektroni‐
sche Marktplätze. In: Harvard Business Manager, 06/(2000), S. 56‐63.
KARAMAGI, R. M. (2020): Data Mining und Data Warehouse, London
2020.
KARJALAINEN, K./KEMPPAINEN, K./VAN RAAIJ, E. M. (2008): Non‐Complaint
Work Behaviour in Purchasing. An Exploration of Reasons Behind Mav‐
erick Buying. In: Journal of Business Ethics, 01/(2008), S. 1‐19.
572
Literaturverzeichnis
KEIMAN, J. (2013): Lösungen für die Letzte Meile beim E‐Commerce,
München 2013.
KEINER, J. E. (2013): Modernes Lagermanagement: Das Konsignationsla‐
ger, München 2013.
KELLER, S. (2013): Die Reduzierung des Bullwhip‐Effektes: Eine quantita‐
tive Analyse aus betriebswirtschaftlicher Analyse, Wiesbaden 2013.
KERKHOFF, G. (2006): Global Sourcing. How to Benefit from International
Procurement, Wiesbaden 2006.
KERKMANN, L. (2005): Vendor Managed Inventory goes Hollywood. Um‐
setzung am Beispiel der Home Entertainment Sparte von Twentieth
Century Fox Deutschland. Diplomarbeit, Hochschule RheinMain, Wies‐
baden Business School, Wiesbaden 2005.
KERN, C. (2006): Anwendung von RFID‐Systemen, Berlin et al. 2006.
KERSTEN, W./HOHRATH, P./WINTER, M. (2008): Risikomanagement in Wert‐
schöpfungsnetzwerken – Status Quo und aktuelle Herausforderungen,
Wien 2008, S. 7‐21.
KHAN, S. A. R. (2019): Global Perspectives on Green Business Administra‐
tion and Sustainable Supply Chain Management, Boston 2019.
KILGER, C./STAHUBER, A. (2002): Integrierte Logistiknetzwerke in der
High‐Tech‐Industrie: Case Study i2 Technologies. In: BAUMGARTEN,
H./WIENDAHL, H.‐P./ZENTES, J. [Hrsg.] (2002), S. 477‐505.
KILIMANN, S. (1997): Entsorgungslogistik in der Kreislaufwirtschaft,
Dresden 1997.
KIRSCHEY, C. (2020): Schock durch Corona: Zur Neuausrichtung von
Logistikprozessen in Krisenzeiten – Möglichkeiten und Grenzen. Ba‐
chelor‐Thesis, verfasst an der Wiesbaden Business School, WBS, Wiesba‐
den 2020.
KISCHPORSKI, M. (2017): EDI: Digitalisierung und IT‐Wertbeitrag konkret
umgesetzt. Eine Einführung in Electronic Data Interchange und zur Digi‐
talen Transformation, Berlin et al. 2017.
KLAUS, P. (2012): Supply Chain Management. In: KLAUS, P./KRIEGER W.
[Hrsg.] (2012), S. 454‐461.
KLAUS, P./KRIEGER, W. [Hrsg.] (2012): Gabler Lexikon Logistik, 5. Aufl.,
Wiesbaden 2012.
KLAUS, P./STABERHOFER, F./ROTHBÖCK, M. [Hrsg.] (2007): Steuerung von
Supply Chains. Strategien, Methoden, Beispiele, Wiesbaden 2007.
KLEEMANN, F. C. (2006): Global Sourcing, Köln 2006.
KLEINDIENST, B. (2017): Performance Measurement und Management:
Gestaltung von Kennzahlen‐ und Steuerungssystemen, Berlin et al. 2017.
573
Literaturverzeichnis
KLEINFELD, C. (2020): Mehr Umsatz: Mit E‐Mail‐Automation Kundenbin‐
dung stärken, Vertrieb entlasten, Umsatz nachhaltig steigern, München
2020.
KLEPZIG, H.‐J. (2010): Working Capital und Cash Flow. Finanzströme
durch Prozessmanagement optimieren, 2. Aufl., Wiesbaden 2010.
KLEVERS, T. (2015): Agile Prozesse mit Wertstrommanagement. Bestände
abbauen – Durchlaufzeiten senken – flexibler reagieren, 2. Aufl., Mün‐
chen 2015.
KLIMANT, H./PIORASCHKE, R./SCHÖNFELD, D. (2012): Informations‐ und
Kodierungstheorie, 4. Aufl., Kiel 2012.
KLIMONCZYK, S. (2016): RFID und Barcode im Kommissionierprozess,
Hamburg 2016.
KLINKER, R./NÜRBCHEN, N./THOM, A. (2007): Präventive Qualitätssiche‐
rung zur operativen Risikostreuung in der industriellen Logistik. In:
Jahrbuch Logistik 2007, S. 104‐108.
KLÖPPFER, W./GRAHL, B. (2012): Ökobilanz (LCA), Berlin 2012.
KLOTZ, M. (2016): Gar kein Mysterium: Blockchain verständlich erklärt.
In: IT Finanzmagazin, www.it‐finanzmagazin, 11.03.2016.
KÖCHER, M.‐T. (2006): Fulfillment im E‐Commerce. Gestaltungsansätze,
Determinanten, Wirkungen (Innovation und Konzeption), Wiesbaden
2006.
KÖNIG, R. (2009): Advanced Planning. Vergleich traditioneller Planungs‐
systeme vs. APS‐Systeme, Hamburg 2009.
KOETHER, R. (2006): Taschenbuch der Logistik, Leipzig 2006.
KOZAI, T. [Hrsg.] (2018): Smart Plant Factory: The next generation indoor
vertical farms, Berlin et al. 2018.
KRACKLAUER, A./MILLS, Q. D./SEIFERT, D. (2002): Kooperatives Kunden‐
management. Gemeinsames Gewinnen im Markt. In: KRACKLAUER,
A./MILLS, Q. D./SEIFERT, D. [Hrsg.] (2002), S. 21‐84.
KRACKLAUER, A./MILLS, Q. D./SEIFERT, D. (2002) [Hrsg.]: Kooperatives
Kundenmanagement, Wiesbaden 2002.
KRÄMER, S. (2012): Total Cost of Ownership. Konzept, Anwendung und
Bedeutung im Beschaffungsmanagement deutscher Industrieunterneh‐
men, Berlin 2012.
KRAUSE, H.‐U. (2010): Controlling‐Kennzahlen – Key Performance Meas‐
urement, München 2010.
KRAUSE, H.‐U. (2016): Controlling‐Kennzahlen für ein nachhaltiges Ma‐
nagement: Ein umfassendes Kompendium kompakt erklärter Key Per‐
formance Indicators, München 2016.
574
Literaturverzeichnis
KRCMAR, H. (2015): Informationsmanagement, 6. Aufl., Berlin 2015.
KRMNIN‐BUCH, B. (2012): Strategisches Kostenmanagement. Grundlagen
und moderne Instrumente, 5. Aufl., Wiesbaden 2012.
KROKOWSKI, W. (1993): Total Cost of Ownership (Toco). Ein unterstützen‐
des Instrument zur Lieferantenauswahl im Bereich der Beschaffungslo‐
gistik. In: RKW‐Handbuch Logistik, 01/(1993), Artikel 5070.
KRÜGER, G. H. (2014): Mit Kennzahlen Unternehmen steuern. Spezifische
Bereichskennzahlen, Kennzahlensysteme, Branchen‐Benchmarks, 2.
Aufl., Herne 2014.
KRÜGER, R. (2004): Das Just‐in‐Time‐Konzept für globale Logistiknetz‐
werke, Berlin 2004.
KRUPP, M./KLAUS, P. (2012): Beziehungsnetzwerke. In: KLAUS, P./KRIEGER,
W. [Hrsg.] (2012), S. 64‐69.
KUHN, A./HELLINGRATH, B. (2013): Supply Chain Management. Optimier‐
te Zusammenarbeit in der Wertschöpfungskette, Berlin et al. 2013.
KUHN, P. (2007): Analyse und Darstellung des Total Cost of Ownership
Ansatzes, Ravensburg 2007.
KÜHNEL, A. (2009): Demand Side von Efficient Consumer Response im
Handel. Ziele, Strategien, Implementierungsansätze und Probleme am
Beispiel eines Handelsunternehmens, Saarbrücken 2009.
KUMAR, V./REINARTZ, W. (2018): Customer Relationship Management:
Concept, Strategy and Tool, Berlin et al. 2018.
KUMMER, S./EINBOCK, M./WESTERHEIDE, C (2005): RFID in der Logistik.
Handbuch für die Praxis, Wien 2005.
KUNAR, K./ZINDANI, D. (2020): Rapid Prototyping, Rapid Tooling und
Reverse Engineering: From Biological Models to 3D Bioprints, Berlin
2020.
KURBEL, K. (2016): Enterprise Resource Planning und Supply Chain Ma‐
nagement in der Industrie: Von MRP bis Industrie 4.0, Berlin 2016.
KURZMANN, E./LANGMANN, E. (2015): Supply Chain Management: Wie Sie
mit vernetztem Denken im 21. Jahrhundert überleben, Frankfurt 2015.
LAAKMANN, F./NAYABI, K./HIEBER, R./HELLINGRATH, B. (2003): Marktstudie
2003. Supply Chain Management Software‐Planungssysteme im Über‐
blick, Stuttgart et al. 2003.
LAMBERT, D. M./POHLEN, T. L. (2001): Supply Chain Matrics. In: Interna‐
tional Journal of Logistics Management, 12/(2001), S. 1‐19.
LAMMERS, L. M. (2012): Efficient Consumer Response. Strategische Bedeu‐
tung und organisatorische Implikationen absatzorientierter ECR‐
Kooperationen, Wiesbaden 2012.
575
Literaturverzeichnis
LAMMERS, W. (2019): Smart City Loop. In: www.iml.fraunhofer.de 2019.
LANG, M./MÜLLER, M. [Hrsg.] (2020): Von Augmented Reality bis KI. Die
wichtigsten IT‐Themen, die Sie für Ihr Unternehmen kennen müssen,
München 2020.
LARGE, R. (2013): Strategisches Beschaffungsmanagement. Eine praxisori‐
entierte Einführung, 5. Aufl., Wiesbaden 2013.
LAWRENZ, O./HILDEBRAND, K./NENNINGER, M. [Hrsg.] (2000): Supply
Chain Management. Strategien, Konzepte und Erfahrungen auf dem
Weg zu E‐Business Networks, Braunschweig et al. 2000.
LEE, H. L./PADMANABHAN, V./WHANG, S. (1997): Information distortion in
a Supply Chain: The Bullwhip Effect. In: Management Science, 04/(1997),
S. 543‐558.
LEE, H. L. (1998): Postponement for Mass Customization. Satisfying Cus‐
tomer Demands for Tailor‐made Products. In: GATTORNA, J. L. [Hrsg.]
(1998), S. 77‐91.
LEHMACHER, W. (2015): Globale Supply Chain: Technischer Fortschritt,
Transformation und Circular Economy, Wiesbaden 2015.
LENK, B. (2015): RFID: Das Praxisbuch für Anwender, Kirchheim 2015.
LEOPOLD, K. (2016): Kanban in der Praxis: Vom Teamfokus zur Wert‐
schöpfung, 7. Aufl., München 2016).
LEWE, N. O./SCHNEIDER, K.‐J. (2004): Kennzahlen für die Unternehmens‐
praxis, Würzburg 2004.
LIEBETRUTH, T. (2016): Prozessmanagement in Einkauf und Logistik: In‐
strumente und Methoden für das Supply Chain Process Management,
Wiesbaden 2016.
LILLIG, G./WILLE, J. H./BRUNS, R. (2005): Ein Kommen und Gehen. In:
Logistik Heute, 03/(2005), S. 30‐31.
LONSDALE, C./WATSON, G. (2005): The internal client relationship, demand
management and value for money. A conceptual model. In: Journal of
Purchasing and Supply Management, 11/(2005), S. 159‐171.
LOSBICHLER, H./ROTHBÖCK, M. (2008): Der Cash‐to‐Cash‐Cycle als Wert‐
treiber im SCM – Ergebnisse einer europäischen Studie. In: Zeitschrift für
Controlling und Management, 01/(2008), S. 47‐57.
LUBER, S./LITZEL, N. (2016): Was ist Machine Learning? In: www.BigData.
Insider, 01.09.2016.
LUKCZAK, H./WEBER, J./WIENDAHL, H.‐P. [Hrsg.] (2004): Logistik‐
Benchmarking, 2. Aufl., Berlin et al. 2004.
MACBETH, D. K./FERGUSON, N. (1993): An Integrated Supply Chain Man‐
agement Approach, London 1993.
576
Literaturverzeichnis
MARBACHER, A. (2001): Demand & Supply Chain Management, Bern et
al. 2001.
MARTIN, C. (1993): Logistics and supply chain management: strategies for
reducing costs and improving services, London 1993.
MARTIN, H. (2016): Transport‐ und Lagerlogistik. Planung, Struktur,
Steuerung, und Kosten von Systemen der Intralogistik, 10. Aufl., Wies‐
baden 2016.
MARTUS, M. (2014): Die Bedeutung von Tracking and Tracing für kom‐
plexe Logistiksysteme: Funktionsweise, Anforderungspotentiale sowie
Erfolgsfaktoren, Hamburg.
MAU, M. (2003): Supply Chain Management. Prozessoptimierung entlang
der Wertschöpfungskette, Weinheim 2003.
MAYER‐SCHÖNBERGER, V. (2013): Big Data: Die Revolution, die unser Le‐
ben verändern wird, München 2013.
MCKINNON, A./CULLINANE, S./BROWN, M. (2010): Green Logistics. Im‐
proving the environmental Sustainability of Logistics, London 2010.
MEHRWALD, C. (2013): Datawarehousing mit SAP BW.7. Architektur,
Konzeption, Implementierung, 6. Aufl., Berlin 2013.
MEIER, A./PORTMANN, E. (2017): Smart City: Strategie, Governance und
Projekte, Berlin et al. 2027.
MELLEROWICZ, K. (1977): Neuzeitliche Kalkulationsverfahren, 6.Aufl.,
Freiburg 1977.
MENTZER, J. T. (1993): Managing Channel Relations in the 21st Century.
In: Journal of Business Logistics, 10/(1993), S. 27‐42.
MEYER, C. A. (2012): Working Capital und Unternehmenswert. Eine Ana‐
lyse zum Management der Forderungen und Verbindlichkeiten aus Lie‐
ferungen und Leistungen, 2. Aufl., Wiesbaden 2012.
MEYER, C. (2011): Betriebswirtschaftliche Kennzahlen und Kennzahlen‐
Systeme, 6. Aufl., Frankfurt 2011.
MEYER, J.‐U. (2016): Digitale Disruption: Die nächste Stufe der Innovati‐
on, Chemnitz 2016.
MERTENS, K. (2009): Benchmarking. Leitfaden für den Vergleich mit den
Besten, 2. Aufl., Freiburg 2009.
MEYR, H./WAGNER, M./ROHDE, J. (2000): Structure of Advanced Planning
Systems. In: STADTLER, H./KILGER, C. [Hrsg.] (2000), S. 75‐77.
MICHALAK, P. (2009): Ökologische Logistik. Analyse von Wirkungszu‐
sammenhängen und Konzeption von ökologischen Wettbewerbs‐ und
Logistikstrategien, Hamburg 2009.
577
Literaturverzeichnis
NEUBURGER, R. (2014): Electronic Data Interchange: Einsatzmöglichkeiten
und ökonomische Auswirkungen, Wiesbaden 2014.
NGUYEN, C. N./ZEIGERMANN, O. (2018): Machine Learning: Kurz und gut
– eine Einführung, Köln 2018.
NOLLAU, H. G./ZIEGLER, O. (2002): EDI und Internet, Freiburg 2002.
NORTH, K. (2016): Wissensorientierte Unternehmensführung. Wertschöp‐
fung durch Wissen, 6. Aufl., Wiesbaden 2016.
O. V. (2005): Cross Docking bei Danzas. Die Nummer der Versandeinheit
lenkt die Warenströme. In: Coorganisation, 02/(2005), S. 40‐46.
O.
V. (2007a): McDonald’s im Preiskampf. Lieferanten in Deutschland
wollen erheblich mehr Geld. In: FAZ vom 28.02.2007, S. 16.
O. V. (2007b): Fabriken auf bebender Erde. In: FAZ vom 24.07.2007, S. 18.
O. V. (2011): Gekauft wird jetzt, gezahlt wird später. In: Handelsblatt
online vom 20.07.2011.
O. V. (2018): Big Data in der Logistik. In: Industry Analytics,
www.industry‐analytics.de 2018.
578
Literaturverzeichnis
O. V. (2019): Digitale Zwillinge: Virtuelle Doppelgänger für die Logistik.
In: logitik‐heute.de. online vom 11.10.2019.
O. V. (2020): Internet of Things: Die Vernetzung der Logistik reicht noch
nicht aus. In: Catkin, www.catkin.eu 2020.
O’BRAIN, J. (2018): Supplier Relationship Management: Unlocking the
hidden value in your supply base, London 2018.
OAKLAND, R. J. (2020): Total Quality Management and Operational Excel‐
lence: Text with cases, 5. Aufl., New York 2020.
OESS, A. (2013): Total Quality Management. Die ganzheitliche Qualitäts‐
strategie, 2. Aufl., Wiesbaden 2013.
OLIVER, K./WEBBER, M. (1992): Supply‐chain Management. Logistics
catches up with strategy. In: CHRISTOPHER, M. [Hrsg.] (1992), S. 61‐75.
OLLE, W. (2001): Produktion in Partnerschaft durch vernetzte Logistik. In:
BAUMGARTEN, H. [Hrsg.] (2001), S. 55‐67.
OSSOLA‐HARING, C. (2006): Das große Handbuch Kennzahlen zur Unter‐
nehmensführung, 3. Aufl., München 2006.
OSTERTAG, R. (2008): Supply‐Chain‐Koordination im Auslauf in der Au‐
tomobilindustrie. Koordinationsmodell auf Basis von Fortschrittszahlen,
Wiesbaden 2008.
OTTO, A./KOTZRAB, H. (2001): Der Beitrag des Supply Chain Management
zum Management von Supply Chains – Überlegungen zu einer unpopu‐
lären Frage. In: Zeitschrift für betriebswirtschaftliche Forschung,
03/(2001), S. 157‐176.
OTTO, A. (2002): Management und Controlling von Supply Chains. Ein
Modell auf der Basis der Netzwerktheorie, Wiesbaden 2002.
OTTO, A. (2012): Auftragsabwicklung. In: KLAUS, P./KRIEGER, W. [Hrsg.]
(2012), S. 14‐20.
OTTWASKA, C. (2009): Das Lager als Schlafplatz des Kapitals. Probleme
und Chancen der Lagerpolitik, Hamburg 2009.
PAGH, J. D./COOPER, M. C. (1998): Supply Chain Postponement and Specu‐
lation Strategies. How to Choose the Right Strategy. In: Journal of Busi‐
ness Logistics, 02/(1998), S. 13‐33.
PALEVICH, R. (2012): The Lean Sustainable Supply Chain: How to create a
Green Infrastructure with Lean Technologies, New York 2012.
PAWELLEK, G. (2012): Integrierte Instandhaltung und Ersatzteillogistik:
Vorgehensweisen, Methoden Tools, Berlin et al. 2012.
PAWELLEK, G./O’SHEA, M./SCHRAMM, A. (2005): Logistikgerechte Produkt‐
entwicklung. In: Konstruktion, Sonderdruck 2005.
579
Literaturverzeichnis
PEPELS, W. [Hrsg.] (2002): E‐Business‐Anwendungen in der Betriebswirt‐
schaftslehre, Herne 2002.
PFOHL, H.‐C./ELBERT, R./HOFMANN, E. (2003): Management der “finanziel‐
len” Supply Chain. Charakterisierung, Aufgabenbereiche und Interde‐
pendenzen. In: BVL [Hrsg.] (2003), S. 1‐64.
PFOHL, H. C. [Hrsg.] (2000): Supply Chain Management: Logistik plus?
Logistikkette, Marketingkette, Finanzkette, Berlin 2000.
PFOHL, H.‐C. [Hrsg.] (2004): Netzkompetenz in Supply Chains. Grundla‐
gen und Umsetzung, Wiesbaden 2004.
PFOHL, H.‐C. (2010): Logistiksysteme. Betriebswirtschaftliche Grundla‐
gen, 8. Aufl., Berlin et al. 2010.
PILLER, F. (1997): Kundenindividuelle Produkte – von der Stange. In:
Harvard Business Manager, 03/(1997), S. 15‐26.
PILLER, F. (2012): Mass Customization: Ein wettbewerbsstrategisches
Konzept im Informationszeitalter, 5. Aufl., Wiesbaden 2012.
PINE, B. J. (1993): Mass Customization, Boston 1993.
PIONTEK, J. (2009): Bausteine des Logistikmanagements. Supply Chain
Management, E‐Logistics, Logistikcontrolling, 3. Aufl., Herne 2009.
POLAT, C. (2013): RFID Systeme im Supply Chain Management. Analyse
der Nutzenpotentiale von RFID‐Anwendungen in Industrie und Handel,
Saarbrücken 2013.
POLUHA, R. G. (2007): Spitzenleistungen im Supply Chain Management.
Ein Praxishandbuch zur Optimierung mit SCOR. Berlin et al. 2007.
POLUHA, R. G. (2010a): Quintessenz des Supply Chain Managements.
Was Sie wirklich über Ihre Prozesse in Beschaffung, Fertigung, Lagerung
und Logistik wissen wollten, Berlin et al. 2010.
POLUHA, R. G. (2010b): Anwendung des SCOR‐Modells zur Analyse der
Supply Chain, 5. Aufl., Lohmar 2010.
POLUHA, R. G. (2016): The Quintessence of Supply Chain Management.
What you really need to know to manage your process in procurement,
manufacturing, warehousing and logistics, Berlin et al. 2016.
PORTER, M. E. (2006): Creating Tomorrow`s Advantages. In: HAHN,
D./TAYLOR, B. [Hrsg.] (2006), S. 267‐274.
PORTER, M. E. (2013): Wettbewerbsstrategie – Methoden zur Analyse von
Branchen und Konkurrenten, 12. Aufl., Frankfurt et al. 2013.
PORTER, M. E. (2014): Wettbewerbsvorteile – Spitzenleistungen erreichen
und behaupten, 8. Aufl., Frankfurt et al. 2014.
PRADEL, U.‐H./SÜSSENGUTH, W. [Hrsg.] (2005): Praxishandbuch Logistik.
Lose Blattsammlung, Köln 2005.
580
Literaturverzeichnis
PRAHALAD, C. K./HAMEL, G. (1990): The Core Competence of the Corpora‐
tion. In: Harvard Business Manager, 03/(1990), S. 79‐91.
PRAHALAD, C. K./RAMASWAMY, V. (2004): Die Zukunft des Wettbewerbs.
Einzigartige Werte mit den Kunden gemeinsam schaffen, Wien 2004.
PREIßNER, A. (2011): Balanced Scorecard anwenden. Kennzahlengestützte
Unternehmenssteuerung, 4. Aufl., Köln 2011.
PROBST, H. J. (2012): Kennzahlen: Richtig anwenden und interpretieren,
Berlin 2012.
PUFÉ, I. (2017): Nachhaltigkeit, 3. Aufl., Stuttgart 2017.
RAAB, G./WERNER, N. (2010): Customer Relationship Management. Auf‐
bau dauerhafter und profitabler Kundenbeziehungen, 3. Aufl., Frankfurt
2010.
RADJOU, N./PRABHU, J. (2015): Frugal Innovation: How to do more with
less, London 2015.
RAPP, R. (2001): Customer Relationship Management. Das neue Konzept
zur Revolutionierung der Kundenbeziehungen, Frankfurt 2001.
RAPPAPORT, A. (1999): Shareholder Value. Ein Handbuch für Manager
und Investoren, Stuttgart 1999.
RASCH, S. (2017): Point‐to‐Point versus Hub‐and‐Spoke. In: www.air‐
liners.de 2019.
RAUHUT, S. (2010): Prozesskostenrechnung in der Logistik: Theoretische
Grundlagen und praktische Anwendung in der Industrie, Saarbrücken
2010.
REICHMANN, T. (2017): Controlling mit Kennzahlen und Management‐
tools, 9. Aufl., München 2017.
REINECKE, S./SIEGWART, H./SANDER, S. (2009): Kennzahlen für die Unter‐
nehmensführung, 7. Aufl., Bern 2009.
REINHART, G. (2017): Handbuch Industrie 4.0: Geschäftsmodelle, Prozes‐
se, Technik, München 2017.
REDER, B. (2008): RFID‐Chips können medizinische Geräte stören. In:
networking computer.de, www.networking computer.de 2008.
REITNER, K. (2013): Auswirkungen von Vendor Managed Inventory auf
die Geschäftsprozesse: Referenzmodell und Umsetzungsleitfaden, Op‐
penweiler 2013.
REMER, D. (2005): Einführen der Prozesskostenrechnung. Grundlagen,
Methodik, Einführung und Anwendung der verursachungsgerechten
Gemeinkostenzurechnung, 2. Aufl., Stuttgart 2005.
581
Literaturverzeichnis
582
Literaturverzeichnis
583
Literaturverzeichnis
SEISER, M. (1999): Aus Österreichs Eigenbrötlern werden Teamspieler. In:
FAZ vom 26.06.1999, S. 15.
SENGER, E./ÖSTERLE, H. (2003): Fallstudie L’Oreal. Vendor Managed In‐
ventory zwischen L’Oreal und „dm‐Drogeriemarkt“. Hochschule Sankt
Gallen, Interne Studie 2003.
SIEBERT, T. (2013): Konsignationslager im Handelsunternehmen. Analyse
und Bewertung bestands‐ und versorgungsoptimierender Instrumente
im Supply Chain Management eines Handelsunternehmens, München
2013.
SIEGWART, H. (2009): Kennzahlen für die Unternehmensführung, 7. Aufl.,
Bern et al. 2009.
SIEPERMANN, C./VAHRENKAMP, R./SIEPERMANN, M. [Hrsg.] (2015): Risiko‐
management in Supply Chains. Gefahren abwehren, Chancen nutzen,
Erfolg generieren, 2. Aufl., Berlin 2015.
SIMCHI‐LEVI, D./KAMINSKY, P./SIMCHI‐LEVI, E. (2007): Designing and Man‐
aging the Supply Chain. Concepts, Strategies and Case Studies, Boston
2007.
SIXT, A. (2005): Systematische Bestandsoptimierung durch Anwendung
der beschaffungszeitnormierten Bestandsreichweite, München 2005.
SLAMANIG, M. (2014): Business Process Reengineering, Hamburg 2014.
SODHI, M./TANG, C. (2012): Managing Supply Chain Risk. In: Operations
Research and Management Science, Volume 172, New York, 2012.
SPECKBACHER, G./NEUMANN, K./IRO, A. (2004): Performance Management
im kundenorientierten Unternehmen. Seminarunterlage Universität
Wien, Institut für Unternehmensführung, Wien 2004.
SPECKBACHER, G. (2005): Performance Management. Kennzahlenbasierte
Erfolgssteuerung. Seminarunterlage Universität Wien, Institut für Unter‐
nehmensführung, Wien 2005.
SPEE, D./KRETSCHMER, V. (2018): Kognitive Ergonomie: Der Mensch –
eingebunden in Logistik 4.0, München 2018.
SPINNROCK, M. (2006): Von der Balanced Scorecard zur Strategy Map.
Unter der besonderen Berücksichtigung der Implementierung einer
Werksscorecard. Am Beispiel des Unternehmens HP Pelzer k. s. Zatec
(Tschechien). Diplomarbeit, Hochschule RheinMain, Wiesbaden Business
School, Wiesbaden 2006.
SROUFE, R./SARKIS, J. (2007): Strategic Sustainability. The state of the Art in
Corporate Environmental Management Systems, Sheffield 2007.
STABAUER, M. (2009): Logistische Kennzahlensysteme – unter besonderer
Berücksichtigung von Nachhaltigkeit, Hamburg 2009.
584
Literaturverzeichnis
STADLER, H./KILGER, C. (2009): Supply Chain Management and Advanced
Planning: Concepts, Models, Software and Case Studies, 4. Aufl., Berlin
et al. 2009.
STADLER, H./KILGER, C./MEYR, H. (2010): Supply Chain Management und
Advanced Planning: Konzepte, Modelle und Software, Berlin et al. 2010.
STALK, G./HOUT, T. M. (2003): Competing against time, New York 2003.
STANTON, D. (2018): Supply Chain Management for Dummies, Hoboken
2018.
STEIFF, Z. (2009): Risikomanagement in der Logistik von Unternehmens‐
netzwerken: Eine Analyse der Übertragbarkeit der Mindestanforderun‐
gen an das Risikomanagement von Kreditinstituten, Lohmar 2009.
STEGER, J. (2014): Kennzahlen und Kennzahlensysteme. Mit einem
durchgängigen Fallbeispiel und Lösungen, Herne 2014.
STEINER, S. (2012): Category Management. Zur Konfliktregulierung in
Hersteller‐Handels‐Beziehungen, Berlin 2012.
STERN, J. M./SHIELY, J. S./ROSS, I. (2004): The EVA challenge. Implementing
Value Added Change in an Organization, New York 2004.
STEVEN, M./DÖRSELN, N. [Hrsg.] (2020): Smart Factory: Einsatzfaktoren,
Technologie, Produkte, Stuttgart 2020.
STEVENS, G. C. (1989): Integrating the Supply Chain. In: The International
Journal of Distribution & Logistics Management, 08/(1989), S. 3‐8.
STICKEL, M. (2006): Planung und Steuerung von Crossdocking‐Zentren,
Karlsruhe 2006.
STOCKER, S./RADTKE, P. (2005): Supply Chain Quality, 2. Aufl., Berlin 2005.
STOCKRAHM, V./SCHOCKE, K.‐O./LAUTENSCHLÄGER, M. (2001): Zur werks‐
übergreifenden Planung und Optimierung mit SAP APO. In: BUCHHOLZ,
W./WERNER, H. [Hrsg.] (2001), S. 261‐274.
STÖLZLE, W./HEUSLER, K. F./KARRER, M. (2001): Die Integration der Balan‐
ced Scorecard in das Supply‐Chain‐Management‐Konzept (BSCM). In:
Logistik Management, 02‐03/(2001), S. 75‐85.
STÖLZLE, W./HEUSLER, K. F./KARRER, M. (2004): Erfolgsfaktor Bestandsma‐
nagement, Frankfurt 2004.
STOLL, P. (2007): Handbuch E‐Procurement. Grundlagen, Standards,
Marktsituation, Berlin et al. 2007.
STOLLENBERG, A. (2016): Wertschöpfungsmanagement im Einkauf. Analy‐
sen, Strategien, Methoden, Kennzahlen, 2. Aufl., Wiesbaden 2016.
STOPKA, U. (2019): Hub‐and‐Spoke‐Systeme im Luftverkehr. In: For‐
schungsinformationssystem, www.forschungsinformationssystem.de
2019.
585
Literaturverzeichnis
586
Literaturverzeichnis
UEBERALL, V. (2006): Möglichkeiten und Grenzen der Erfolgsmessung im
Supply Chain Management (SCM). Diplomarbeit, Hochschule Rhein‐
Main, Wiesbaden Business School, Wiesbaden 2006.
ULBRICH, P./SCHMUCK, M./JÄDE, L. (2008): Working Capital Management
in der Automobilindustrie. Eine Betrachtung der Schnittstelle zwischen
OEM und Zulieferer. In: Zeitschrift für Controlling und Management,
01/(2008), S. 24‐29.
USADEL, J. (2002): Target Costing für TV‐Produktionsunternehmen, Ar‐
beitspapier des Instituts für Rundfunkökonomie der Universität zu Köln,
Köln 2002.
VOEGELE, A. R. (2013): Supply Network Management: Mit Best Practice
der Konkurrenz Voraus, Wiesbaden 2013.
VÖLKERT, A. (2019): Die Letzte Meile in der Logistik: Definition, Transport
und Zukunft. In: www.mm‐logistik.vogel 2019.
WÄSCHER, D. (2005): Working Capital Management. In: Controller Maga‐
zin, 02/(2005), S. 118‐124.
WAGNER, R. M. [Hrsg.] (2018): Industrie 4.0 für die Praxis. Mit realen
Fallbeispielen aus mittelständischen Unternehmen und umsetzbaren
Tipps, Wiesbaden 2018.
WALTER, A. (2002): Der Beziehungspromotor. Ein personaler Gestal‐
tungsansatz für erfolgreiches Relationship Marketing, Wiesbaden 2002.
WALTHER, J. (2001): Konzeptionelle Grundlagen des Supply Chain Mana‐
gements. In: WALTHER, J./BUND, M. [Hrsg.] (2001), S. 11‐31.
WALTHER, J./BUND, M. [Hrsg.] (2001): Supply Chain Management. Neue
Instrumente zur kundenorientierten Gestaltung integrierter Lieferketten,
Frankfurt 2001.
WANNENWETSCH, H. (2005): Vernetztes Supply Chain Management. SCM‐
Integration über die gesamte Wertschöpfungskette, Berlin et al. 2005.
WANNENWETSCH, H. (2013): Erfolgreiche Verhandlungsführung in Ein‐
kauf und Logistik. Praxiserprobte Erfolgsstrategien und Wege zur Kos‐
tensenkung, 4. Aufl., Berlin et al. 2013.
WAPPLER, M. (2017): Netzwerkeffekte im Supply Chain Risiko Manage‐
ment. Eine empirische Untersuchung zum Einfluss von Netzeffekten auf
den Umgang mit Supply Chain Störungen, Hamburg 2017.
WASSEL, M. (2001): Mass Customization stellt neue Herausforderungen
an die Logistik. In: BAUMGARTEN, H. [Hrsg.] (2001), S. 164‐173.
WATSON, G. H. (2007): Strategic Benchmarking reloaded with Six‐Sigma,
New York 2007.
587
Literaturverzeichnis
588
Literaturverzeichnis
589
Literaturverzeichnis
WERNER, H. (2002a): Radio Frequency – Viel Licht, ein bisschen Schatten.
In: DVZ, Deutsche Verkehrszeitung, Sonderbeilage zum 19. Deutschen
Logistik‐Kongress, Nr. 123/2002, S. 16.
WERNER, H. (2002b): Electronic Logistics. In: PEPELS, W. [Hrsg.] (2002), S.
156‐174.
WERNER, H. (2003): Elektronische Supply Chains. In: Festschrift des Bun‐
desverbandes für Materialwirtschaft, Einkauf und Logistik zum
50jährigen Bestehen, S. 58‐60.
WERNER, H. (2004): Elektronische Supply Chains (E‐Supply Chains). In:
BUSCH, A./DANGELMAIER, W. [Hrsg.] (2004), S. 413‐425.
WERNER, H/JUSTIN, H./PLEYER, F. (2005): Grundlagen des Logistik‐
Controllings. In: PRADEL, U.‐H./SÜSSENGUTH, W. [Hrsg.] (2005), lose Blatt‐
sammlung, Kapitel 13, Köln 2005.
WERNER, H. (2006): Erfolgsmessung im SCM. Beitrag zu dem schriftli‐
chen Managementlehrgang „Der Supply Chain Manager“, Management‐
Circle, Eschborn 2006.
WERNER, H. (2007): Die Top‐Kennzahlen und die Balanced Scorecard in
der Logistik. Beitrag zu dem schriftlichen Managementlehrgang „Logis‐
tik‐Controlling“, Management‐Circle, Eschborn 2007.
WERNER, H./JUSTIN, H./PLEYER, F./UEBERALL, V. (2008): Einkaufcontrolling.
In: HÄBERLE, S. G. [Hrsg.] (2008), S. 333‐336.
WERNER, H./BRILL, F. (2011): Vendor Managed Inventory. Verlagerung der
Bestandshoheit auf den Hersteller. In: Wirtschaftswissenschaftliches Stu‐
dium, 01/(2011), S. 17‐23.
WERNER, H. (2011a): Kennzahlenmanagement in der Supply Chain. In:
Controlling, 11/(2011), S. 597‐603.
WERNER, H. (2011b): Bestandsfinanzierung. Die Logistik macht jetzt alles.
In: Beschaffung aktuell, 05/(2011), S. 24‐26.
WERNER, H. (2011c): Quality Function Deployment (QFD) in der Logistik.
In: Supply Chain Management, 01/(2011), S. 21‐26.
WERNER, H. (2013a): Lieferantenlagerkonzepte: VMI & Co. im Vergleich.
Beitrag zu dem schriftlichen Managementlehrgang „Moderne Dispositi‐
on“, Management‐Circle, Eschborn 2013.
WERNER, H. (2013b): Vom Dispositions‐ zum SCM‐Controlling. Beitrag
zu dem schriftlichen Managementlehrgang „Moderne Disposition“, Ma‐
nagement‐Circle, Eschborn 2013.
WERNER, H. (2013c): Financial Supply Chain: Von der Konsignation zur
Bestandsfinanzierung. In: Supply Chain Management, (01/2013), S. 13‐17.
590
Literaturverzeichnis
591
Literaturverzeichnis
592
Stichwortverzeichnis
Stichwortverzeichnis
3D Druck ........................................ 332 Buyer Managed Inventory .......... 144
3PL ................................................... 318
3rd Party Procurement Capable‐to‐Promise ..................... 162
(vgl. Beschaffungsdienstleister) Cash‐to‐Cash‐Cycle .............. 440, 491
4PL ................................................... 245 Chargenrückverfolgung .............. 113
CIM ................................................. 377
ABC‐Analyse ......................... 212, 298 CIM‐CAD ....................................... 380
Abrufe ..................................... 202, 306 CIM‐CAM ....................................... 382
Advanced Planning CIM‐CAP ........................................ 381
and Scheduling ................. 386, 388 CIM‐CAQ ....................................... 384
Arbeitsplan ..................................... 321 CIM‐PPS ......................................... 378
Augmented Reality ....................... 252 Cold Chain Management .............. 56
Available‐to‐Promise .................... 162 Collaborative Planning ................ 238
Collaborative Processing ............. 238
Balanced Scorecard Co‐Managed‐Inventory ............... 144
(vgl. SC‐Scorecard) Computer Integrated
Barcode ........................................... 363 Manufacturing (vgl. CIM)
Belastungsorientierte Conjoint Measurement ................ 139
Auftragsfreigabe ...................... 205 Continuous Replenishment ........ 144
Benchmarking ................................ 342 Coopetition .................................... 140
Benchmarking‐Arten ..................... 343 Corona ............................................ 224
Benchmarking‐Begriff ................... 343 Cost Tracking ................................. 394
Benchmarking‐Kritik ..................... 346 Cost Tracking‐Bestände ................. 401
Beschaffungsdienstleister ............ 176 Cost Tracking‐Frachtkosten .......... 399
Beschaffungsstrategien ................ 195 Cost Tracking‐Materialpreise ........ 396
Beschleunigungsmanagement .... 119 Cross Docking ............................... 152
Bestandsfinanzierung Cross Docking‐Arten .................... 153
(vgl. Konsignation) Cross Docking‐Beispiel ................. 155
Bestände ................................. 294, 394 Cross Docking‐Kritik .................... 156
Bestände‐ABC ................................ 298 Customer Relationship
Bestände‐Dekomposition ................ 296 Management ....................... 19, 159
Bestände‐Gängigkeit ...................... 301 Cyber‐Physisches‐System ............ 250
Bestände‐Gesamtkosten ................. 295
Bestände‐XYZ ................................ 298 Data Warehouse ........................... 374
Betriebsvergleich ........................... 342 Demand Chain Management ........ 19
Beziehungsmanagement ................ 21 Design‐for‐Assembling ................ 129
Big Data .......................................... 258 Design‐for‐Manufacturing .......... 129
Blockchain ...................................... 261 Design‐to‐Cost ............................... 469
Bottleneck Engineering ................ 359 Digitalisierung ....................... 228, 267
Boxensystem .................................. 334 Digital Twin ................................... 257
Bullwhip‐Effekt ............................... 47 Duales System ............................... 273
Business Reengineering ............... 113 Durchlaufzeit ................................. 321
© Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2020 593
H. Werner, Supply Chain Management,
https://doi.org/10.1007/978-3-658-32429-2
Stichwortverzeichnis
E‐Commerce Ersatzteilmanagement
(vgl. Electronic Commerce) ‐Kooperation ............................... 215
Economic Value Added Ersatzteilmanagement
(vgl. EVA) ‐Lager und Infrastruktur ........... 214
EDI ................................................... 361 Ersatzteilmanagement
Effektivität ........................................ 30 ‐Prozessmanagement .................. 212
Efficient Consumer EVA ................................. 440, 448, 485
Response ........................... 141, 157 EVA‐Beispiel ................................... 487
Efficient Product Introduction .... 157 EVA‐Kritik ...................................... 489
Efficient Promotion ....................... 158 Excess‐and‐Obsolete
Efficient Store Assortment ........... 157 (vgl. Gängigkeit)
Effizienz .................................... 30, 227
E‐Fulfillment .................................. 247 Fachportal ...................................... 237
Eingebettete Systeme Fahrerlose Transportfahrzeuge .. 252
(vgl. Embedded Systems) Failure Mode and Effects
Einkauf ..................................... 16, 232 Analysis (FMEA) ..................... 356
Einkaufskarte Forecast Accuracy ......................... 265
(vgl. Purchasing Card) Fortschrittszahlen ......................... 202
Electronic Commerce ................... 235 Frachtkosten .................................. 323
Electronic Commerce Frachtkosten‐maschinell ............... 326
‐Elektronische Auktion ............... 243
Electronic Commerce Gängigkeit ..................................... 301
‐Elektronische Ausschreibung .... 242 Global Sourcing ............................ 184
Electronic Commerce Globalisierung ......................... 50, 184
‐Elektronischer Marktplatz ........ 236 Green Supply Chain ............. 281, 284
Electronic Commerce
‐Kollaborative Prozesse ............... 238 Hard‐(Soft)‐Analyse .................... 463
Electronic Commerce House of Quality .......................... 355
‐Tracking and Tracing ................ 244 Hub‐and‐Spoke ............................. 335
Electronic Commerce Hub‐and‐Spoke‐ Luftverkehr ....... 338
‐Virtuelle Frachtbörse ................. 240 Hub‐and‐Spoke‐ Point‐to‐Point ... 339
Electronic Data Interchange Hybride Strategien ....................... 164
(vgl. EDI)
Elektronische Auktionen ............. 242 Industrie 4.0 .................................. 249
Elektronische Ausschreibung ..... 242
Informationsgewinnung ...... 341, 360
Elektronische Supply Chains ...... 229
Informationstechnologie ..... 158, 360
Elektronischer Marktplatz ........... 236
Internet of Things ................. 257, 270
Embedded Systems ...................... 269
Enterprise Relationship
Just‐in‐Sequence ........................... 200
Management ............................. 162
Just‐in‐Time ........................... 200, 300
Enterprise Resource Planning ..... 384
Just‐in‐Time‐Voraussetzungen ...... 201
Entschleunigung
(vgl. Postponement)
Entsorgung ............................. 274, 277
Kaizen Management .................... 110
Kanban ........................................... 195
Erfolgskorridor .............................. 495
Kanban‐Arten ................................ 196
Ersatzteilmanagement ................. 209
Kennzahlen .................................... 403
Ersatzteilmanagement
Kennzahlen‐Arten ......................... 404
‐Bestandsmanagement ................ 211
Kennzahlen‐Input ......................... 414
594
Stichwortverzeichnis
Kennzahlen‐Kritik ......................... 462 Make‐to‐Stock.................................. 74
Kennzahlen‐Output ....................... 431 Market‐Based‐View ........................ 98
Kennzahlen‐Payment .................... 436 Marketing Channel
Kennzahlen‐Scorecard ........... 500, 521 Management ............................. 141
Kennzahlen‐Throughput ............... 418 Materialbeschaffung ..................... 299
Kennzahlen‐Typologie ........... 412, 445 Mass Customization ..................... 164
Kennzahlen‐Werttreiberbaum ....... 446 Mass Customization‐Arten .......... 166
Kennzahlenradar ........................... 458 Mass Customization‐Kritik .......... 168
Key Performance Indicator Materialpreisabweichung ............ 396
(vgl. Kennzahlen) Materialflussanalyse....................... 62
Kofferraumzustellung .................. 335 Materialwirtschaft .......................... 16
Kognitive SC .................. 249, 256, 266 Maverick‐Buying .................... 41, 416
Kollaborative SC ........................... 238 Milk Run......................................... 328
Konsignation .................................. 310 Modular Sourcing ......................... 180
Konsignation‐Arbeitsschritte ........ 312 Monitoring ..................................... 307
Konsignation Multiple Sourcing ......................... 179
‐Bestandsfinanzierung ................ 316 Multiple User Warehouse ............ 155
Konsignation‐Gründe .................... 311
Konsignation‐LLZ ......................... 315 Nachhaltigkeit....................... 281, 285
Kooperationsstrategien ................ 134 Netzebenen ...................................... 60
Kooperationsstrategien Netzkompetenz ............................... 61
‐Vertikal ....................................... 134 Netzwerkkoordination .................. 57
Kooperationsstrategien‐
‐Horizontal .................................. 139 Ökobilanz ...................................... 284
Kostenaufwuchskurve ................. 170 OLAP .............................................. 375
Kryptografie ................................... 261 Order Promising ............................. 90
Künstliche Intelligenz .................. 264 Order‐to‐Payment‐S ......................... 9
Kundenmanagement .................... 260 Offshoring ...................................... 279
Kurier‐, Express‐, Outsourcing ................................... 279
Paketdienst (KEP) ............ 163, 330
Payment‐on‐Production ...... 311, 314
Lagerumschlagshäufigkeit .......... 419 Peitschenschlag‐Effekt
Lean Management ........................ 109 (vgl. Bullwhip‐Effekt)
Letzte Meile .................................... 329 Performance Management
Letzte Meile‐Innovationen............. 331 (vgl. SC‐Performance)
Letzte Meile‐Rahmenbedingungen 331 Performance Measurement
Lieferantenbewertung .................. 189 (vgl. SC‐Performance)
Lieferantenintegration .......... 134, 187 Pick‐by‐Vison ................................ 253
Lieferantenentwicklung ............... 193 Point‐to‐Point ................................ 339
Lieferanten‐Logistik‐Zentrum .... 315 Postponement ........................ 124, 169
Lifecycle Costing ................... 272, 285 Postponement‐Arten ..................... 172
Logistik ............................................. 16 Predictive Analytics ...................... 268
Logistikkette .................................... 18 Predictive Maintenance ............... 266
Luftverkehr ............................ 338, 340 Prescriptive Analytics .................. 269
Product Carbon Footprint ........... 282
Machine Learning ........................ 264 Produktionsplanung
Make‐or‐Buy .................................. 278 und ‐steuerung (PPS) .............. 378
Make‐to‐Order ................................. 74 Prozesskostenrechnung ............... 477
595
Stichwortverzeichnis
Prozesskostenrechnung‐Beispiel . 480 SC‐Engineering ............................. 125
Prozesskostenrechnung‐Kritik .... 484 SC‐Event Management .................. 93
Pull‐Konzept .................................. 195 SC‐Execution ................................... 92
Purchasing Card ............................. 43 SC‐Kennzahlen ............................. 403
SC‐Performance .................... 494, 496
Qualität .......................................... 348 SC‐Planning ..................................... 88
Qualität‐Begriffe ............................. 349 SC‐Scorecard ......................... 500, 521
Qualitätsmanagement ............ 54, 348 SC‐Scorecard‐Brewer/Speh ........... 500
Quality Chain Management ........ 348 SC‐Scorecard‐Richert .................... 506
Quality Function Deployment .... 351 SC‐Scorecard‐Stölzle ..................... 503
Quick Response ............................. 141 SC‐Scorecard‐Weber ...................... 504
SC‐Scorecard‐Werner .................... 507
Rack Jobbing ................................. 144 SC‐Strategien ........................... 51, 133
Rapid Prototyping ........................ 122 SC‐Strategy Map ........................... 525
Recycling ................................ 271, 277 SC‐Strukturierung .......................... 25
Recycling‐Automobilindustrie ....... 280 SC‐Strukturierung‐Hierarchisch .... 26
Recycling‐Netzwerk ....................... 278 SC‐Strukturierung‐Polyzentrisch .. 27
Recycling‐Strategien ...................... 280 SCM ................ 3, 5, 106, 112, 115, 129
Reichweite .............................. 306, 420 SCM‐Abgrenzung ....................... 15, 24
Reichweitenmonitoring ............... 306 SCM‐Aufgaben ................................. 29
Relational‐Based‐View ................. 102 SCM‐Aufgabenmodell ...................... 86
Rentabilität ..................................... 405 SCM‐Beispiel .................................... 31
Rentabilität‐Kennzahlen ................ 405 SCM‐Begriff ........................................ 6
Rentabilität‐ROCE ................ 441, 452 SCM‐Elektronisch ........................... 235
Rentabilität‐ROI ............................ 407 SCM‐Entwicklungsstufen ................ 13
Resident Engineering ................... 137 SCM‐Fulfillment ............................. 247
Resilienz ......................................... 227 SCM‐Globalisierung ......................... 50
Resource‐Based‐View ................... 101 SCM‐Kosten ........................ 51, 83, 438
Retrograde Terminierung ............ 207 SCM‐Motive ..................................... 36
Return on Capital Employed SCM‐Schlüsselprinzipien ................. 32
(vgl. ROCE) SCM‐Software ................................... 93
Reverse Engineering ..................... 347 SCM‐Strategietypen ................. 51, 133
RFID ................................................ 364 SCM‐Typisierung ........................... 8, 9
RFID‐Arten ..................................... 365 SCM‐Ziele ......................................... 29
RFID‐Beispiele ................................. 370 SCM‐Zielkonflikte ............................. 33
RFID‐Ebenen ................................... 366 SCOR ................................................ 70
RFID‐Eigenschaften ........................ 367 SCOR‐Benchmarking ....................... 79
Risikomanagement ....................... 216 SCOR‐Kritik ..................................... 85
Risikomanagementprozess ......... 219 SCOR‐Messung ................................ 78
Robustheit ...................................... 227 SCOR‐Prozessstufen ......................... 71
ROCE ...................................... 441, 452 Sharing Economy.......................... 255
Rückrufaktion ................................ 350 Simultaneous Engineering .......... 119
Rüstzeit ........................................... 322 Single Sourcing ............................. 177
Smart City ...................................... 253
SC 4.0 .............................................. 249 Smart City Loop ............................ 245
Smart Contracts ............................ 262
SC‐Adaptiv .................................... 267
Smart Data ..................................... 259
SC‐Controlling............................... 393
Smart Factory ................................ 250
SC‐Design ......................................... 87
Smart Maintenance....................... 251
596
Stichwortverzeichnis
Sourcing‐Strategien ...................... 175 Total Benefit of Ownership ........... 38
Sourcing‐Strategien‐Collective ..... 183 Total Cost of Ownership ........ 36, 286
Sourcing‐Strategien‐Domestic ...... 187 Total Quality Management ......... 107
Sourcing‐Strategien‐Double ......... 179 Tracking and Tracing ...... 94, 244, 332
Sourcing‐Strategien‐External ....... 183 Trade‐off ................................. 286, 294
Sourcing‐Strategien‐Global .......... 184 Transaktionskosten ............. 5, 46, 240
Sourcing‐Strategien‐Individual .... 182
Sourcing‐Strategien‐Internal ........ 184 Upside‐Production
Sourcing‐Strategien‐Local ............ 187 Flexibility ............................ 82, 442
Sourcing‐Strategien‐Modular ....... 180
Sourcing‐Strategien‐Multiple ....... 179 Vendor Managed Inventory ....... 143
Sourcing‐Strategien‐Single ........... 177 Vendor Managed Inventory
Sourcing‐Strategien‐Sole .............. 178 ‐Beispiele ..................................... 148
Sourcing‐Strategien‐System ......... 182 Vendor Managed Inventory
Sourcing‐Strategien‐Unit ............. 182 ‐Hilfsmittel ................................. 145
Strategische Allianz ...................... 139 Vendor Managed Inventory
Strategietypen .................................. 51 ‐Kritik ......................................... 147
Strategie‐Innovationsführerschaft .... 52 Vendor Managed Inventory
Strategie‐Kostenführerschaft ............ 51 ‐Rahmenbedingungen ................ 146
Strategie‐Qualitätsführerschaft ........ 54 Verpackungen ............................... 328
Strategie‐Serviceführerschaft ........... 53 Virtuelle Frachtbörse .................... 240
Strategy Map
(vgl. SC‐Strategy Map) Web‐EDI ........................................ 361
Supplier Relationship
Wertschöpfungskette ............. 17, 225
Management (SRM) ................... 21
Werttreiberbaum ........................... 446
Supplier Managed Inventory ...... 144
Werttreiberbaum‐EVA .................. 448
Supply Chain Relationship
Werttreiberbaum‐ROCE .............. 452
Management ............................... 22
Wettbewerbsfaktoren ..................... 30
SupplyOn ....................................... 237
Working Capital Management ... 490
Sustainability
Working Capital‐Beispiel .............. 492
(vgl. Nachhaltigkeit)
Working Capital‐ Kritik ................ 493
Synchronized Production ............ 156
XYZ‐Analyse ......................... 212, 298
Target Costing ............................... 468
Target Costing‐Beispiel .................. 473
Zustelldrohne ................................ 333
Target Costing‐Design‐to‐Cost ..... 469
Zustellroboter ................................ 334
Target Costing‐Kritik ..................... 484
Time Based Competition ............. 117
597