Projektmanagement
im Einkauf
Praxisleitfaden mit Checklisten
und Beispielen
2. Auflage
Projektmanagement im Einkauf
Kerstin Hillberg
Projektmanagement
im Einkauf
Praxisleitfaden mit Checklisten
und Beispielen
2., aktualisierte und erweiterte Auflage
Kerstin Hillberg
Berlin, Deutschland
© Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2017, 2020
Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung, die
nicht ausdrücklich vom Urheberrechtsgesetz zugelassen ist, bedarf der vorherigen Zustimmung
des Verlags. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Bearbeitungen, Übersetzungen,
Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen.
Die Wiedergabe von allgemein beschreibenden Bezeichnungen, Marken, Unternehmensnamen
etc. in diesem Werk bedeutet nicht, dass diese frei durch jedermann benutzt werden dürfen. Die
Berechtigung zur Benutzung unterliegt, auch ohne gesonderten Hinweis hierzu, den Regeln des
Markenrechts. Die Rechte des jeweiligen Zeicheninhabers sind zu beachten.
Der Verlag, die Autoren und die Herausgeber gehen davon aus, dass die Angaben und Informa
tionen in diesem Werk zum Zeitpunkt der Veröffentlichung vollständig und korrekt sind.
Weder der Verlag, noch die Autoren oder die Herausgeber übernehmen, ausdrücklich oder
implizit, Gewähr für den Inhalt des Werkes, etwaige Fehler oder Äußerungen. Der Verlag bleibt
im Hinblick auf geografische Zuordnungen und Gebietsbezeichnungen in veröffentlichten Karten
und Institutionsadressen neutral.
Springer Gabler ist ein Imprint der eingetragenen Gesellschaft Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH
und ist ein Teil von Springer Nature.
Die Anschrift der Gesellschaft ist: Abraham-Lincoln-Str. 46, 65189 Wiesbaden, Germany
Inhaltsverzeichnis 5
Inhaltsverzeichnis
5 „8 Schritte“ im Projektmanagement.................................................................... 41
12.1 Was versprechen wir uns von Einkauf 4.0? .............................................. 183
12.2 Der operative Einkauf und seine Aufgaben.............................................. 185
12.3 Der strategische Einkauf und seine Aufgaben ......................................... 186
12.4 Die Rolle des Einkäufers im Umfeld 4.0 .................................................... 187
Mit diesem Buch möchte ich nicht nur meinen Seminarteilnehmern, sondern auch
den Lesern ein einfaches Werkzeug an die Hand geben, welches sie unterstützen
soll, die Herausforderungen der Projekte im Einkauf leichter zu meistern – einen
roten Faden und einen „Werkzeugkasten“ für den Alltag. Eine „Toolbox“, auf die
in der Hektik des Alltagsgeschäftes immer wieder zurückgegriffen werden kann.
Lange war der Einkauf Dienstleister im Unternehmen. Heute nimmt er eine stra-
tegische Rolle ein. Bei immer stärker werdendem Kostendruck und hoher Ge-
schwindigkeit ist das Projektmanagement nicht mehr wegzudenken.
Die Einsparungen im Einkauf liegen schon lange nicht mehr allein in einer gut
geführten Verhandlung. Schlagworte wie Total Cost of Ownership, Supply Chain
Management, Zentralisierung und Einsparungen durch technologische Anpas-
sungen setzen die Integration vieler Schnittstellen und ein sauber aufgesetztes
Prozessmanagement voraus. Die Anforderungen können nur noch bewältigt
werden, wenn ein gutes Projektmanagement implementiert ist.
Die Theorie ist das eine, die Herausforderung im Alltag das andere. Dieses Buch
soll darin unterstützen, die Schnittstelle zwischen beiden ein wenig anschaulicher
zu gestalten, und neue Anregungen und Sichtweisen für den Arbeitsalltag geben.
© Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2020
K. Hillberg, Projektmanagement im Einkauf,
https://doi.org/10.1007/978-3-658-31310-4_1
Projektmanagement – Was ist das eigentlich? 13
Aber schauen wir uns die Theorie einmal an, unzählige Bücher und Ausführun-
gen wurden dazu geschrieben. In 30 Minuten kann man sich die Theorie im In-
ternet herunterladen. Kein Problem und schnell zu verstehen: Einen Leistungs-
umfang vereinbaren, Kosten und Termine festlegen. Das ist alles.
Doch dann kommt das Problem, die Theorie in die Praxis umzusetzen. Und ganz
plötzlich entstehen Aufgaben und Herausforderungen, an die man überhaupt
nicht gedacht hat. Viel mehr gehört zum Projektmanagement als eigentlich ange-
dacht. Fangen wir doch einmal mit ein paar einfachen Fragen an.
So klar beschrieben ist dann bereits nach diesen wenigen Fragen doch gar nicht
mehr, was ein Projekt ist. Erst einmal steht überall, ein Projekt hat einen klaren
Anfang und ein klares Ende. Und ist einmalig.
Sofort kommt mir der Gedanke: Wenn ich morgen früh einen Kaffee kochen möch-
te, hat das „Projekt“ auch einen klaren Anfang und ein klares Ende. Es gibt ein
Risiko und auch die Herausforderung, dass der Kaffee dabei noch gut werden soll.
Aber ist das dann auch gleich ein Projekt und wer entscheidet das?
Ein Projekt ist erst einmal nichts anderes als eine große Aufgabe, die in Form
einer Sonderorganisation, der Projektorganisation, strukturiert, geplant und ge-
steuert wird. Mit einem vorgegebenen Termin und Kostenrahmen sowie einer
(hoffentlich) abgestimmten Qualität.
© Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2020
K. Hillberg, Projektmanagement im Einkauf,
https://doi.org/10.1007/978-3-658-31310-4_2
14 Projektmanagement – Was ist das eigentlich?
Allerdings ist hier Qualität nicht gleichzusetzen mit „schöner“, „größer“ und „bes-
ser“, sondern Termin, Kosten und „vereinbarter Leistungsumfang“ gehören zusammen
– zusammengefasst in dem sogenannten „Magischen Dreieck“ (vgl. Abbildung 4.1).
Wann immer ich mit der Entwicklung konkrete Abstimmungen hatte, musste ich
die ganze Hierarchiestufe hinauf. Freigaben über meine Führungskräfte waren
die Voraussetzung für die Genehmigungen. Genauso verlief es mit anderen Be-
reichen. Die Firma war ganz klar linienorientiert aufgebaut. Der Produktentste-
hungsprozess von Fahrzeugen war zu diesem Zeitpunkt ca. 2,5-mal so lang wie
heute. Sicherlich haben sich viele Dinge seither geändert. Aber ein Teil, der zur
Zeitersparnis beigetragen hat, war die immer stärker werdende Nutzung der
Sonderorganisation auf Zeit: das Projektmanagement.
Welche Tätigkeit ist als erstes notwendig und wen benötige ich in meinem Team,
um diese Aufgabe abarbeiten zu können?
Projektmanagement ist ein Denken in Prozessen, weg von der eigentlichen Li-
nienstruktur hinzu:
Die Fragen stellen sich nunmehr zum Fachprozess bzw. zum definierten Leis-
tungsumfang, den es abzuarbeiten gilt.
Ohne aber die beteiligten Menschen, macht der beste Prozess keinen Sinn. Wir
benötigen klare Rollen und Spielregeln, um diese Prozesse auch zum Leben zu
erwecken – mit den Personen im Team, die sie umsetzen.
Mit dem Aufsetzen des Projektteams wird die Frage gestellt, wen wir benötigen,
um die gestellte Aufgabe bzw. das entsprechende Arbeitspaket in die Praxis
umzusetzen? Wie muss die Organisationsstruktur für das jeweilige Projekt aus-
sehen, damit die Herausforderungen mit schneller Reaktionsgeschwindigkeit
und hoher Anpassung von Abweichungen zum gewünschten Termin und mit
dem entsprechenden Budget umgesetzt werden können?
Das Projektteam ist eine Sonderorganisation auf Zeit. Die Organisationsform hat
über den definierten Projektzeitraum hinaus Gültigkeit.
■ Auftraggeber
■ Projektleiter
■ Teilprojektleiter
■ Teammitglieder
■ Entscheidergremien
■ Linienvorgesetzte
18 Projektmanagement – Was ist das eigentlich?
■ Projektassistenz
■ Steuerkreis
■ Pate
■ etc.
Fragen wie „Wer entscheidet wann und was in Hinblick auf das jeweilige Pro-
jekt?“ oder „Wer entscheidet über das Projekt hinaus?“ sind vorab zu klären, um
potenziellen Konflikten frühzeitig aus dem Weg zu gehen. Je mehr Schnittstellen
betroffen sind, umso wichtiger ist ein einheitlich akzeptiertes Vorgehen.
Die Baumeister des alten Ägypten haben Leistungen erbracht, die bis heute unüber-
troffen sind. Das um 2700 vor Christus errichtete Grabmal des Pharao Cheops, die
größte Pyramide des Landes, war für damalige Verhältnisse ungeheure 146 m hoch
und bedeckte mehr als fünf Hektar Fläche. Hier interessiert aber weniger das tech-
nische Können, sondern die Sicht auf das Projektmanagement.
Die Baumeister des Altertums bewegten Zehntausende von Arbeitern dazu, unter
Qualen tonnenschwere Steinquader aufeinander zu schichten. Sie koordinierten
den Einsatz der Arbeiter, sorgten für Baumaterial und dessen Logistik vor Ort.
Berichte über Beschaffung, Logistik sowie Zeitpläne erstellt haben. Starb ein Pha-
rao, bevor seine Pyramide, die ihm als Grabmal für die Ewigkeit dienen sollte,
fertig war, wurde ein Krisenmanager eingesetzt. Priester, Architekten und Baulei-
ter bildeten einen Krisenstab, da die Mumie des verstorbenen Pharao binnen
70 Tagen beerdigt sein musste.
Die römischen Legionen hingegen sorgten zur Zeit ihres „Imperium Romanum“
für den Ausbau der Straßen, errichteten Brücken, Häfen und Städte. Ein Großteil
ihrer Projekte diente militärischen Zwecken. Auch das Mittelalter war von Mili-
tärprojekten geprägt. Die Sorgen der Projektverantwortlichen unterschieden sich
zu diesem Zeitpunkt kaum von denen der heutigen Zeit. Auch hier ging es im-
mer um die Übersetzung der Anforderungen des Kunden (vereinbarter Leis-
tungsumfang, Termine, Kosten und Qualität) in ein Produkt. Zwar waren die
Kommunikationsmöglichkeiten in jener Zeit noch weitaus eingeschränkter als
heute, die Fragen aber waren die gleichen:
Auch die Projektleiter des Mittelalters waren vor klassischen Fehlern des Pro-
jektmanagements nicht gefeit. Eine Fehleinschätzung der Anforderungen beim
Bau des Kölner Doms führte beispielsweise dazu, dass die Baustelle mehrere
Jahrhunderte bestand und erst beendet werden konnte, als ausreichend techni-
sche und finanzielle Mittel zur Verfügung standen.
20 Projektmanagement – Was ist das eigentlich?
Mitte der 1980er-Jahre änderte sich auch in Deutschland, wenn auch erst sehr
langsam, das Herangehen an große und komplexe Aufgaben. Die Methode Pro-
jektmanagement gewann an Bedeutung. Notwendig wurde dies durch die immer
höhere Geschwindigkeit und die voranschreitende Globalisierung. Mit der bishe-
rigen Linienorganisation konnte man weder der Geschwindigkeit noch dem
Kostendruck gerecht werden. Die Notwendigkeit einer neuen Organisationsform
neben der bekannten Linienfunktion wurde zu einem „MUSS“.
Was ändert sich mit dem Projektmanagement? Was verbirgt sich dahinter?
Mit dem Projektmanagement haben wir nicht nur eine Methode implementiert,
sondern wir benötigen eine weitere Organisationsform, eine „Sonderorganisation
auf Zeit“. Diese besteht in einer Matrixorganisation parallel zur bestehenden
Linie.
Projektmanagement – Was ist das eigentlich? 21
Die Herausforderung in Linie und Projekt kann nur gemeistert werden, wenn wir
diese Fragen auch beantworten können:
„Welche Aufgabe hat wann Priorität?“ oder „Welches Projekt wird zuerst bedient?“
Eine Standardisierung entwickelte sich in Amerika und Europa Ende der 1970er-,
Anfang der 1980er-Jahre mit dem Ziel der Gewährleistung eines hohen und ein-
heitlichen Qualitätsniveaus unter Berücksichtigung der jeweiligen Landesstan-
dards. Die Institute bieten auch entsprechende Zertifizierungen an.
Die IPMA (International Project Management Association) ist ein von Europa
ausgehender Projektmanagement-Verband (bzw. Zertifizierungsstelle), der 1979
in der Schweiz etabliert wurde. Der heutige Sitz ist in den Niederlanden. In
Deutschland liegt hierfür die Verantwortung bei der GPM, die ein vierstufiges
Zertifizierungsprogramm durchführt.
Die erste bekannte Einkaufsabteilung wurde 1866 im Zuge der Entwicklung der
Eisenbahn in Nordamerika gegründet. Nach der Jahrhundertwende wurden in
weiteren wissenschaftlichen Veröffentlichungen beispielsweise die Funktionen
der Einkaufsabteilungen sowie die notwendigen Qualifikationen der Beschäftig-
ten diskutiert. Der Einkauf kann folglich in Theorie und Praxis auf eine sehr lange
Tradition zurückblicken.
1980er-Jahre
In vielen Unternehmen setzt sich die Erkenntnis durch, dass sich die Beschaffung
von Gütern nicht nur auf den Einkaufspreis konzentriert. Auch die Globalisie-
rung und die in vielen Unternehmen immer geringer werdende Fertigungstiefe
führen dazu, dass immer mehr die Erkenntnis reift, dass die Einsparungen in der
Prozesskette (Supply Chain) liegen und nicht nur in der Verhandlung mit dem
Lieferanten.
1990er-Jahre
In dieser Zeit gibt es nochmals einen Trend, geprägt durch den Manager José
Ignacio López, welcher als Einkaufsvorstand bei Volkswagen durch seine kom-
© Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2020
K. Hillberg, Projektmanagement im Einkauf,
https://doi.org/10.1007/978-3-658-31310-4_3
24 Entwicklung der Anforderungen im Einkauf …
Die Anforderungen an den Einkauf und damit auch an die Einkäufer entwickeln
und verändern sich. Bedingt durch die hohe Dynamik im Unternehmensumfeld
kommt die Anforderung hinzu, Strategien, Abläufe und Geschwindigkeit anzu-
passen und neue Wege zu gehen. Die Lösungsansätze zielen alle darauf ab, das
funktionsorientierte Denken aufzugeben und ganzheitlich, prozessorientiert zu
denken und zu handeln. Projektmanagement gewinnt im Einkauf an Bedeutung.
Damit verändert sich auch das Berufsbild des Einkäufers. In den Unternehmen
war der Einkäufer über Jahre lediglich der Beschaffer. Stiegen die Preise, so wur-
de dies dem Einkäufer angelastet. Eine ganzheitliche Betrachtung hinsichtlich der
Supply Chain setzt sich erst langsam durch. Das Geld kann nur noch teilweise in
einer geschickten Verhandlung gespart werden, mehr aber in einer kompletten
Prozessbetrachtung, eben der sogenannten Supply Chain. Der Kostendruck wird
der Position des Beschaffers nicht mehr gerecht. Die Rolle des Einkäufers be-
kommt komplett neue Herausforderungen. Quelle: BME-Service „Personal &
Karriere“ & BME-Initiative „Young Professionals“, BME-Leitfaden „Karriere im
Einkauf“, 2012, S. 10)
So kann es passieren, dass einzelne Produkte teurer werden, der Prozess aber
ganzheitlich für das Unternehmen Einsparungen aufweist. Spätestens hier wird
deutlich, dass sich die Rolle des Einkäufers hin zum Projektmanager verändert
und viele Schnittstellen zu integrieren sind.
In bestimmten Bereichen kann ein Teil der Einsparungen durch gezielte Verhand-
lungen erreicht werden, sehr oft aber nur noch durch die Betrachtung bzw. die
Optimierung der kompletten Prozesskette. Dies bedingt große Veränderungen
und auch technische Anpassungen, so etwa bei Kooperationspartnern im In- und
Ausland, Verlagerungen von Werkzeugen, um nur zwei Beispiele für komplexe
Aufgaben im Einkauf zu nennen, deren Zielerreichung dann in Form einer Pro-
jektstruktur umgesetzt werden sollte.
Die Rolle des Einkaufs im Unternehmen 25
Die Entscheidung, ob ein Projekt aufgesetzt werden soll oder die Linienstruktu-
ren ausreichen, um das Ziel zu erreichen, unterliegt bestimmten Kriterien und
der Entscheidung im Einkauf. Die Voraussetzungen dafür, was ein Projekt be-
dingt, bleiben die gleichen wie im klassischen Projektmanagement.
Dabei dürfen wir nicht vergessen: Ein Seminarteilnehmer fragte mich einmal,
warum er im Team arbeiten soll, wenn er es allein besser kann. Antwort: Gar
nicht, sollte er eine Tätigkeit wirklich allein besser können.
„Ein Projekt ist ein Vorhaben, das im Wesentlichen durch Einmaligkeit der Bedingungen
in ihrer Gesamtheit gekennzeichnet ist, wie z. B.: Zielvorgabe, zeitliche, finanzielle, per-
sonelle oder andere Bedingungen, Abgrenzungen gegenüber anderen Vorhaben und pro-
jektspezifische Organisation.“ (siehe hierzu auch: Projektdefinition auf Wikipedia
bzw. im PM Glossar: https://de.wikipedia.org/wiki/Projekt, Zugriff am
03.09.2016; https://www.projektmagazin.de/glossar, Zugriff am 03.09.2016)
26 Entwicklung der Anforderungen im Einkauf …
Jedoch ist das Wort bzw. die Tätigkeit „Projekt“ nicht immer eindeutig definiert.
Ein Projekt setzt immer Teamarbeit voraus und die Einbindung diverser Schnitt-
stellen. Kann ich es allein bzw. allein besser, sollte ich nicht den Aufwand der
Projektarbeit betreiben. Denn dies wird gern vergessen: Das Aufsetzen der Son-
derorganisation auf Zeit, der Projektarbeit, bringt auch Mehraufwand in Form
der Integration von Entscheidern, des Steuerns von Menschen und der Abstim-
mungsarbeit mit sich.
Fazit
Die Rolle des Einkäufers hat sich vom Beschaffer zum Projektleiter ent-
wickelt.
Die Entscheidung, ob und wie ein Projekt aufgesetzt wird, ist eine
Managemententscheidung.
■ Bedarfsplanung
■ Bestellung
■ Einholung und Vergleich von Angeboten
■ Rechnungskontrolle
■ Liefertermintreue
Aktuelle Anforderungen an die Rolle des Einkäufers 27
Während der konventionelle Einkauf in erster Linie als „Bestellbüro“ diente, gilt
es nun vermehrt, strategisch aktiv zu werden. Das erfordert im Rahmen der Ma-
terialwirtschaft besonders für den Einkäufer ein geändertes Anforderungsprofil.
Nunmehr ist nicht mehr nur die Fachkompetenz, sondern auch Sozial- und Ma-
nagementkompetenz gefragt. Der Einkäufer wandelt sich vom Spezialisten zum
Generalisten. Umsetzungsstärke, ganzheitliche Betrachtung der Situation, Team-
orientierung und Führungsqualitäten sollten den Mitarbeiter im Einkauf aus-
zeichnen.
Vor diesem Hintergrund wandelt sich der Einkäufer in einen Projektmanager mit
dem Schwerpunkt des Führens von klassischen Einkaufsprojekten. Somit ergeben
sich auch neue Herausforderungen an die Rolle hinsichtlich seiner Verantwor-
tung und Kompetenz.
28 Entwicklung der Anforderungen im Einkauf …
strategischeres Vorgehen
bessere Kommunikation
Das Ziel ist immer eine schnellere und effizientere Abarbeitung der anstehen-
den Aufgabe.
Aktuelle Anforderungen an die Rolle des Einkäufers 29
4 Voraussetzungen für
Projektarbeit im Einkauf
An dieser Stelle gilt es, sich immer wieder in das Bewusstsein zu rufen, dass eine
Projektmanagementorganisation eine Sonderorganisation auf Zeit ist. Diese be-
steht neben der Linienorganisation und muss mit entsprechenden Spielregeln
versehen werden.
■ Abgrenzung, was ein Projekt ist und als solches auch abgearbeitet werden
muss
Grundvoraussetzung für ein Projekt ist immer die Eingrenzung durch das soge-
nannte „Magische Dreieck“ oder „Triple Constraint“, wie es vom PMI bezeichnet
wird.
Ein Projekt hat immer einen klar definierten Anfang und ein klar definiertes Ende
mit einem darin vereinbarten Leistungsumfang zu entsprechenden Kosten!
© Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2020
K. Hillberg, Projektmanagement im Einkauf,
https://doi.org/10.1007/978-3-658-31310-4_4
30 Voraussetzungen für Projektarbeit im Einkauf
Dies ist ein iterativer Prozess, der idealerweise unter Einbeziehung der Fach-
funktionen stattfindet und somit auch einen Teil der Teambildung gewährleis-
tet. In einer frühen Phase des Projektes lassen sich viele Faktoren wie Zeit und
Kosten nur durch analoge Kalkulation (auf Basis früherer Projekte und Ver-
gleichswerte) abschätzen. Im Verlauf der Planungsphase wird die analoge Kal-
kulation in eine detailliertere Abschätzung auf Basis der Arbeitspakete überge-
leitet.
Die Voraussetzung eines Projektes, immer einen klar definierten Anfang und ein
klar definiertes Ende zu haben, klingt in der Theorie sehr einfach. Oft sind diese
aber in der Praxis schwer zu beschreiben, da oft eine Grauzone vorhanden ist.
Die Fragen
Sie sind bei der Abgrenzung hilfreich. Manchmal ist es einfacher, zu beschreiben,
was nicht zum Projektauftrag gehört, um daraus abzuleiten, welche der anste-
henden Aufgaben dem Projekt zugeordnet werden.
Ein einfaches, aber klares Beispiel ist ein Hausbau. Hier wird der Inhalt des Hau-
ses beschrieben. Der Garten, ebenfalls wichtig, ist aber kein Bestandteil des Bau-
trägervertrags und damit „out of scope“.
Wodurch werden Projekte gekennzeichnet, oder wann machen Projekte Sinn? 31
Fazit
Sehr oft wird vergessen, dass Projektarbeit auch den Zeit- und Ressourceneinsatz
voraussetzt. Was aber kennzeichnet Projekte im klassischen Sinn?
Das heißt aber auch, sie haben einen klar definierten Anfang und ein definiertes
Ende. Projekte beginnen, wenn die verantwortliche Organisation diese offiziell
autorisiert. Das Ende eines Projektes ist erreicht, sobald die Ziele und die dazu-
gehörigen Meilensteine in die Praxis umgesetzt wurden. Der Projektauftrag ist
das schriftliche dazugehörige Dokument.
Einzigartig heißt an dieser Stelle, dass das Produkt, das Konzept oder der Prozess
neu oder anders sind als die Aufgaben vorher. Auch wenn der Bauträger bei
einem Hausbau bereits mehrere Häuser fertiggestellt hat, so wird doch jedes
32 Voraussetzungen für Projektarbeit im Einkauf
Die Komplexität kann sich sowohl durch viele Schnittstellen als auch durch tech-
nische oder strukturelle Anforderungen auszeichnen. Durch die weltweite In-
tegration von Lieferanten sind Landesspezifika, kulturelle oder auch politische
Herausforderungen im Rahmen der Komplexität immer ein Thema. Ein Aufgabe
allein für sich stehend ist noch kein Projekt. Aufgaben können aber kleine Ele-
mente des Projektes sein. Eine Excel-Tabelle zur Anordnung von Lieferanten zu
erstellen, ist noch kein Projekt, im Rahmen einer Portfolioanalyse zur Bewertung
von Auditierung von Lieferanten kann es jedoch Bestandteil eines Projektes sein.
Auch wenn eine Grauzone vorhanden ist: Die Abgrenzung, ab wann die Aufga-
ben dem Projekt zugeordnet werden und was außerhalb des Projektes liegt, ist
unerlässlich, damit eine Aufwands- und Kostenschätzung möglichst realistisch
durchgeführt werden kann. Erst dadurch wird es möglich, zu beurteilen, welchen
Gewinn oder Einsatz das Projekt in finanzieller Hinsicht bedeutet.
Etwa 95 Prozent der Tätigkeit eines Projektleiters ist mit Kommunikation ver-
bunden. Damit wird auch deutlich, dass hier die Hauptaufgabe des Projektleiters
liegt. Es ist wohl eine der großen Herausforderungen, diesen Kommunikations-
prozess stringent zu führen. Hierzu gehören nicht nur das Kernteam und die
Beteiligten, sondern es umfasst auch die Kommunikation, das Berichtswesen und
die Marketingarbeit zu Auftraggebern, Gremien und Stakeholdern.
Ein weiterer Aspekt der Phasen ist die Reduzierung der Komplexität. Durch die
Einteilung des Projektes in Phasen ist es bereits am Anfang eines Projektes mög-
lich, eine Form der zeitlichen Gliederung zu erlangen, auch wenn über das Pro-
jekt und die damit verbundenen Aufgaben noch nicht viel bekannt sind.
Alle Projekte haben etwas gemeinsam: Sie stehen nicht einfach so im Raum, son-
dern die Quelle ist immer ein Kunde, eine komplexe Aufgabe oder auch ein kon-
kretes Problem. Die Definition, wann etwas in Form eines Projektes und mit der
Methode Projektmanagement abgewickelt werden soll, unterliegt dem Unter-
nehmen und ist oft eine Frage der Vereinbarung, die in einem Projektmanage-
ment-Handbuch festgelegt sein kann oder sollte.
Ziel eines Handbuchs ist, dass in einem Unternehmen Projekte nach gleichen
Spielregeln abgewickelt werden. Wenn der eine Schach spielt und der andere
Monopoly, dann macht zwar keiner einen Fehler, aber es ist nahezu ausgeschlos-
sen, zu einem gemeinsamen Ergebnis zu kommen. Im Handbuch werden deshalb
die gemeinsamen Spielregeln definiert und schriftlich dokumentiert.
Eine Skizze zur Entstehung eines Projektes in einer Matrixorganisation ist das
sogenannte „Magische Dreieck“ (Abbildung 4.1). Es setzt die Eckpunkte für den
vereinbarten Leistungsumfang im Hinblick auf Termine und Kosten:
34 Voraussetzungen für Projektarbeit im Einkauf
Unabhängig von der Ursache des Projektes ist es immer wichtig, den definierten
Prozess ablaufen zu lassen. Die Standardisierung sorgt für Effizienz und Akzep-
tanz des Vorgehens unternehmens- bzw. einkaufsweit.
Auftraggeber lieben das Risiko und geben gern unklare Aufträge. Um dem entgegenzu-
wirken, wird der Projektauftrag als Vertrag benötigt. Dies sichert sowohl den Auftragge-
ber als auch den Projektleiter ab!
Der Ursprung oder die Notwendigkeit für ein Projekt kann vielseitig sein. Es
kann ein Problem, der Bedarf nach Veränderung, ein Kunde oder die Generie-
rung von Savings sein, um an dieser Stelle nur einige Beispiele zu nennen. Der
Übermittler des Projektes ist der Auftraggeber. Er ist derjenige, dem wir auch
berichten (siehe Kapitel 5.7, bzw. Schritt 7 – Projektorganisation). Am Ende eines
jeden Projekts steht dann das jeweilig definierte Produkt.
■ Termine,
■ Kosten,
■ Qualität (vereinbarter Leistungsumfang)?
Standardisierung in den Phasen 35
Keine dieser Stellgrößen kann verändert werden ohne einen Einfluss auf eine der
beiden weiteren Größen. Konkret heißt das, ich kann keine Termine verkürzen,
ohne entweder den Leistungsumfang anzupassen oder die Kosten zu erhöhen.
Sicherlich kann ich den Leistungsumfang reduzieren und dabei die Kosten und den
Termin halten. Doch dies wäre natürlich nicht im Sinne des Projektes und es wäre
gewiss eine spannende Herausforderung, dies dem Auftraggeber zu „verkaufen“.
Die vier Phasen, die auch in jedem Einkaufsprojekt zu beschreiben sind, lauten:
1. Definitionsphase
2. Planungsphase
3. Umsetzungsphase
4. Abschlussphase
1. Definitionsphase:
Mit der Definitionsphase bekommt das Projekt einen offiziellen Charakter. Das
Projektteam wird seitens der benötigten Funktionen benannt. Der Umfang aller
für das Projekt benötigten Ressourcen ist an dieser Stelle noch nicht geklärt.
Wir arbeiten auf Basis von Erfahrungswerten bzw. auf Basis von bereits abge-
schlossenen Projekten.
Je nach Stand der Aufgabe, kann diese Phase auch eine Machbarkeitsanalyse
beinhalten.
Innerhalb der Phase wird der Kick-Off durchgeführt, die offiziellen Eckdaten
ausgetauscht, und, je nach Größe des Projektes, kann auch der Projektstruktur-
plan gemeinsam erstellt werden.
36 Voraussetzungen für Projektarbeit im Einkauf
Am Ende der Phase stehen der unterzeichnete Projektantrag und das Kernteam
fest. Der Projektleiter ist offiziell ins Amt berufen!
Sprechen wir über eine technische Änderung, so ist in dieser Phase auch das
Systemkonzept zu beschreiben.
Der Leistungsumfang, die Termine sowie die Kosten sind abgeschätzt und
(sollte dies noch nicht vor Beginn des Projektes geschehen sein) die Mach-
barkeit geprüft.
2. Planungsphase:
Der Fokus in der Planungsphase liegt auf der Erstellung des Basisplans. Die Her-
ausforderung ist die realistische Abschätzung der benötigten Aufwände für Ar-
beitspakete, Funktionen und Aufgaben. Sehr oft steht diese in Korrelation zu den
Vorgaben und Wünschen der Kunden oder Auftraggeber. Es findet eine iterative
Herangehensweise statt, in der der Projektleiter die jeweiligen Schnittstellen
zusammenbringt. Während wir uns in der Definitionsphase noch auf Ver-
gleichsprojekte und Annahmen stützen („top down“), ist in der Planungsphase
so viel Wissen vorhanden, dass über die einzelnen Arbeitspakete, also eher „bot-
tom up“ geplant werden kann.
Das Projekt ist am Ende dieser Phase hierarchisch gegliedert und die Projekt-
struktur bis auf Arbeitspaketebene heruntergebrochen.
Am Ende der Planungsphase ist der Basisplan vorhanden – das Dokument, wel-
ches über die gesamte Projektlaufzeit nur über einen offiziellen Änderungsantrag
mit Genehmigung des Steuerkreises angepasst bzw. geändert werden kann.
Standardisierung in den Phasen 37
Dieses Referenzdokument basiert auf den Daten des „Magischen Dreiecks“. Hier
sind die Eckdaten von Termin, Kosten und Qualität (vereinbartem Leistungsum-
fang) festgelegt.
Der Basisplan ist ein festes Dokument. Ist eine Änderung des Basisplans notwen-
dig, so erfolgt diese ausschließlich über den vorab festgelegten Änderungspro-
zess und betrachtet wieder die Auswirkungen der Änderung hinsichtlich Kosten,
Termin und Leistungsumfang aller beteiligter Funktionen. Die Freigabe der Än-
derung erfolgt über einen offiziellen Steuerkreis.
3. Umsetzungsphase:
Hier beginnt die Realisierung des definierten Projekts. Ist mein Projekt ein Kon-
zept (z. B. Vorschlag zur Lieferantenbewertung), so ist die Umsetzung das Papier
und an dieser Stelle noch nicht die Bewertung der Lieferanten selbst. Als Umset-
zung gilt immer die Umsetzung des Projektes, nicht zu verwechseln mit der Ferti-
gung des Produktes!
Wichtig ist es, auf die klare Abgrenzung zu achten: Was gehört zum Projekt und was nicht?
Der Schwerpunkt der Projektleiter-Tätigkeit ist in dieser Phase das Steuern des Projektes.
Es findet ein permanenter Soll-Ist-Abgleich von Basisplan zu Istplan statt!
Das Augenmerk des Projektleiters liegt auf der Steuerung des Projektes. Es findet
ein permanenter Soll-Ist-Abgleich statt. Die im Basisplan festgelegten Arbeitspa-
kete werden in ihrer Umsetzung überwacht. Kernteammeetings und Arbeitssit-
zungen sind Teil der Steuerung von Terminen/Kosten in Bezug zum vereinbarten
Arbeitspaket.
Bei anfallenden Abweichungen gilt es, die Arbeitspakete hinsichtlich des final
vereinbarten Projektziels wieder zu korrigieren. Dies setzt eine gute Kommunika-
tionsstruktur voraus, die vorab festgelegt sein sollte. Etwa 95 % der Tätigkeit
eines Projektleiters steht im Zusammenhang mit Kommunikation.
4. Abschlussphase:
Nach der Umsetzung des Projektes gibt es hinsichtlich des kaufmännischen Ab-
schlusses, des Reviews und vor der Entlastung des Teams sowie auch dem Feiern
von Erfolgen noch einige Aufgaben.
Das Projekt wird in der Abschlussphase nochmals bewertet. Haben wir das ge-
steckte Ziel erreicht? Was können wir zukünftig verbessern? Was war gut, was
weniger?
38 Voraussetzungen für Projektarbeit im Einkauf
Das Projekt findet sein offizielles Ende. Das Produkt wird der Linie übergeben.
Der Projektleiter wird entlastet. Dieser Meilenstein kann auch zu einem Zeit-
punkt X nach Abschluss des Projektes stattfinden. Der Zeitpunkt sollte aber defi-
niert werden.
Fazit
Mit der Einteilung in Phasen bekommt das Projekt bereits eine erste Struktur.
Die nächste Phase kann erst begonnen werden, wenn die vorherige die fest-
geschriebenen Meilensteine erreicht hat. Dies wird oft mit einem Review
überprüft.
Das Ende der Abschlussphase sind die Dokumentation und die Entlastung
des Teams.
5 „8 Schritte“ im
Projektmanagement
Was genau benötige ich, um ein Projekt zu steuern? Wenn man sich die Theorie
ansieht, dann bekommt man sehr schnell das Gefühl: kein Problem. Das Thema
ist einfach zu verstehen. Das stimmt zwar, aber:
Ein paar Termine, die Kosten und ein Ziel gilt es zu steuern. Wie fragte mich
meine Großmutter einmal: „Und was machst Du mit dem Rest des Tages?“
Nun wird die Theorie in die Praxis umgesetzt und dann kommt der „Aha-
Effekt“. Da wird selbst eine Auftragsklärung zur echten Herausforderung. Da
werden Entscheidungen nicht getroffen. Es existieren Herausforderungen an
allen Ecken: Technik, die nicht so umgesetzt wird, Arbeitspakete, die nicht einge-
halten werden, Überschreitungen des Plans, Konflikte, Teammitglieder, die nicht
nach Plan arbeiten, Rollen, die nicht geklärt sind.
Und immer wieder die gleiche Frage: Was kann ich machen, um diese komplexe
Aufgabe transparent zu steuern und erfolgreich umzusetzen? Was aber brauche
ich wirklich an Werkzeugen, damit es funktioniert?
In der Hektik des Alltags mit all seinen Herausforderungen muss die anzuwen-
dende Methode einfach sein. Ich brauche einen roten Faden, dem ich folgen kann,
auch wenn es unruhig wird im Umfeld. Genau dann, wenn Zeitdruck und Ter-
minengpässe zur Tagesordnung gehören; gerade dann benötigen wir einen einfa-
chen Werkzeugkasten, der uns eine Struktur ermöglicht, auf die wir immer wie-
der zurückgreifen können.
8 Schritte, mit dem Team besprochen und in die Praxis umgesetzt, schaffen be-
reits viel Klarheit und Transparenz. Natürlich kann ich bei Bedarf auch viele
weitere Methoden anwenden. Erst einmal möchte ich hier jedoch praxisorientiert
aus meiner Erfahrung die 8 Schritte vorstellen, mit denen ich den roten Faden
durch das Projekt legen kann. Diese Schritte sind keine Erfindung meinerseits,
sondern auch Bestandteil nationaler und internationaler Zertifizierungen und
Standardisierungen. In einer bestimmten Reihenfolge abgewickelt, ergeben die 8
Schritte eine hilfreiche Struktur, die ich sowohl mit dem Team erarbeiten als auch
© Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2020
K. Hillberg, Projektmanagement im Einkauf,
https://doi.org/10.1007/978-3-658-31310-4_5
42 „8 Schritte“ im Projektmanagement
Wichtig ist auch hier, dass die Planung sowohl seitens des Managements als auch
aus Sicht des Teams akzeptiert wird. Ein Ziel und eine Planung sind nur so gut,
wie sie von allen Beteiligten getragen werden.
Natürlich stehen diese 8 Schritte nicht nur im Raum, sondern aus ihnen lässt sich
sowohl die entsprechende Stakeholderanalyse ableiten als auch die Kommunika-
tionsstruktur (siehe Kapitel 5.7, bzw. Schritt 7 – Projektorganisation) aufbauen.
Alles was wir im Projekt zur Zielerreichung machen, wird in das Team oder in
Richtung Management kommuniziert. Dabei geht es um Input für Arbeitspakete
oder Entscheidungsfindung seitens des Managements. Die Frage ist immer, an
wen ich berichte, damit das Ziel wie geplant erreicht werden kann.
Die Methode, die mir in der Hektik des Alltags und im Tagesgeschäft weiterhel-
fen soll, muss einfach sein, damit ich diese in jeder Situation anwenden kann,
ohne lange darüber nachzudenken.
Die beschriebenen Schritte finden sich sowohl in den Prozessen der Deutschen
Norm GPM wieder als auch in der internationalen Zertifizierung, deren Regel-
werk das Project Management Body of Knowledge (PMI) ist. Das Mind-Mapping
wird in vielen Bereichen angewendet. Es ist eine allgemein gültige Methode, die
hier zur ersten Strukturierung der notwendigen Ressourcen und Schnittstellen
benutzt wird.
Die 8 Schritte haben sich über die vielen Jahre der Praxis in unterschiedlichen
Branchen und Projekten bewährt.
Projektantrag 43
5.1 Projektantrag
Der Projektantrag ist die offizielle Vereinbarung zum Projekt zwischen Auftrag-
geber und Auftragnehmer. Der Antrag setzt den Projektleiter offiziell in der Rolle
seiner Sonderorganisation, der Projektorganisation, in Kraft. Er dient als Ver-
tragsgrundlage für das weitere Vorgehen und sollte auch dafür Sorge tragen,
dass beide Parteien das gleiche Bild über die anstehende Aufgabe (das Projekt)
und deren Zielerreichung im Kopf haben.
Die 8 Schritte werden in der Definitionsphase auf Basis der vorhandenen Infor-
mationen beschrieben und in der Planungsphase vertieft. In der Definitionsphase
ist es eine Abschätzung der Schritte, die bereits möglich sind. Die Basisdaten sind
Erfahrungs- bzw. Vergleichswerte.
In der Planungsphase sollten bereits alle Informationen vorliegen, die eine Pla-
nung über und durch die Arbeitspakete (top down) möglich machen.
b. Beschreibung: Was versprechen wir uns von der Umsetzung? Warum soll
dieses Projekt realisiert werden?
d. Team: Benennung der Funktionen – wenn möglich bereits mit Personen be-
setzt.
f. Ziel des Projektes und Meilensteine: Die Meilensteine ergeben sich zum Teil
aus dem Ziel des Projektes. Meilensteine sind sogenannte Überprüfungsbau-
steine auf dem Weg zum Ziel.
Projektantrag 45
g. Über die Zielplanung (Schritt 3) werden das finale Ziel sowie die entspre-
chenden Meilensteine SMART beschrieben. Auch hier gilt die Devise: Ein Ziel
ist immer nur so gut, wie es von allen Beteiligten akzeptiert wird.
i. Risikobetrachtung: Welche Chancen und Risiken sehen wir für die Umset-
zung? Welche Gelder müssen für die Vermeidung von Risiken bereitgestellt
werden? Je nach Größe des Projektes benötige ich einen zusätzlichen Risiko-
manager (verantwortlich für das Risikomanagement im Projekt).
j. In Scope/Out of Scope: Was gehört zum Projekt, was liegt außerhalb des Pro-
jektes und wird umgesetzt, ist aber nicht Bestandteil des Projektes? Die Out-
of-Scope-Betrachtung hilft in einer frühen Phase des Projektes, den Rahmen
besser abzustecken und damit potenziellen Konflikten vorzugreifen.
Projekttitel: …….
A. Projektdaten
Ende: Projektnummer:
B. Projektorganisation
Projektleiter: Auftraggeber:
46 „8 Schritte“ im Projektmanagement
…………. ………….
Sonstige Beteiligte: z.B. Externe, interne Beteiligte, die nicht direkt zum
Projektteam gehören
C. Projektbeschreibung
Ausgangssituation/
Projektbegründung:
Projektteilziele/ Meilensteine
Meilensteinziele:
…………
…………
…………
…………. ………….
2. ………….
3. ………….
4. ………….
Projektantrag 47
…………. ………….
…………. ………….
………….
………….
………….
…………. ………….
…………. ………….
Gesamtprojektkosten/
Projektbudget: ………….€
Projekteinnahmen/ Wirtschaftlichkeitsbetrachtung
Wirtschaftlichkeit: Was wird an Return des Projektes erwartet und wie
lange dauert es bis zum Break Even?
E. Rahmenbedingungen
Sonstige relevante Was sind Beschränkungen des Projektes?
Informationen:
48 „8 Schritte“ im Projektmanagement
F. Projektentscheidung
Einreichung
Projektauftrag:
……………………………………………..
Datum, Unterschrift Projektleiter
………….
………….
………….
Das Projekt wird abgelehnt.
Begründung:
……………………………………………..
Datum, Unterschrift Auftraggeber
Bei einem Zughersteller, für den ich tätig war, bestand der Auftrag in einem
vielseitigen Regelwerk, das durch Juristen abgesichert wurde. Genau so habe ich
demgegenüber den Auftrag mündlich erlebt: „ Für die Messe sollte ein Messe-
stand erstellt werden.“ An dieser Stelle ist die Beweisführung für den erteilten
Auftrag weitaus schwieriger und die Möglichkeit, sich nicht zu verstehen, weit-
aus größer.
Mind-Map 49
Fazit
5.2 Mind-Map
Mind-Map ist ein Werkzeug, welches der Strukturierung dient. Dieses Werkzeug
findet nicht nur im Projektmanagement seinen Einsatz. Es wird in diesem Schritt
dazu benutzt, beteiligte Bereiche sowie Schnittstellen zu identifizieren und Ar-
beitspakete auf einer sehr groben Ebene abzustimmen.
Wir denken an dieser Stelle noch nicht über die Aufwände (die Zeit, die wir
brauchen, um das Arbeitspaket zu erledigen) nach, die das Arbeitspaket benötigt.
Hier geht es nur um Identifikation aller zum Projekt zugehörigen Bereiche und
deren zu leistende Arbeit für das Projekt. In dieser frühen Phase soll es dabei
unterstützen, die beteiligten Strukturen bzw. Bereiche zu identifizieren und mit
diesen abzustimmen, was getan werden muss.
Das Mind-Map und damit die Beschreibung aller Schnittstellen kann optimaler-
weise im Team erfolgen. Damit sorge ich als Projektleiter auch gleichermaßen für
eine Teambildung.
1. die Beteiligtenstruktur,
2. den Projektstrukturplan,
3. den Kommunikationsplan,
5. die Aufdeckung aller Schnittstellen, die durch das Projekt zu bedienen sind,
6. die Arbeitspakete, die auf einer sehr groben Ebene zugeordnet werden.
50 „8 Schritte“ im Projektmanagement
In unserer Struktur benutzen wir das Mind-Map, um eine Abgrenzung der Auf-
gaben zwischen den Bereichen abzustimmen und potenzielle Konflikte, die damit
verbunden sind, bereits in einer sehr frühen Phase anzusprechen – natürlich
auch, um einen Überblick über die Komplexität der einzubindenden Schnittstel-
len zu erlangen. In der Projektorganisation (Schritt 7, bzw. Kapitel 5.7) geht es um
die Darstellung der beteiligten Personen mit Namen und Rolle, im Mind-Map um
die Darstellung der notwendigen Fachfunktionen.
Die Verantwortlichen für Arbeitspakete finden sich sowohl im Kernteam als auch
in unterstützenden Teams (siehe Kapitel 5.7 bzw. Schritt 7 – Projektorganisation)
wieder. Hier sind auch die Entscheidergremien.
Fazit
— Die Anzahl der Schnittstellen hängt von der Größe des Projektes ab!
5.3 Zielplanung
„Wer den Hafen nicht kennt, in den er segeln will, für den ist kein Wind ein günstiger.“
(Seneca, 1–65 n. Chr., römischer Philosoph)
Schon Seneca wusste: Ohne ein klares Ziel vor Augen sind alle Aktivitäten hinfällig.
Wir unterscheiden zwischen dem als End- oder final beschriebenen Zustand und
den Zwischenzielen (den Meilensteinen) auf dem Weg dorthin. Um das finale
Ziel und den Abschluss des Projektes zu beschreiben, stellen wir folgende Frage:
52 „8 Schritte“ im Projektmanagement
Welcher Zustand oder welche Leistung ist zu erbringen, damit das Projekt erfolgreich
abgeschlossen ist?
Der Zustand wird auf der Zeitachse durch einen Meilenstein gekennzeichnet.
Dem Meilenstein ist immer ein fester Termin zugeordnet. Beispiel: Lieferanten-
audit ist durchgeführt: 01.06.20XX
Wichtig ist, dass sich Auftraggeber und Auftragnehmer über den Zustand und
den Meilenstein sowohl in der Planung als auch in der Umsetzung einig sind.
Die Meilensteine dienen der Steuerung. Ein weiteres Instrument hierfür ist die
Meilensteintrendanalyse.
In der Praxis ist es leider immer wieder gang und gäbe, dass Projekte ohne ein-
deutige Zielvorgabe ins Leben gerufen werden. Ist das der Fall, habe ich bereits
an dieser Stelle ein dauerhaftes Problem für mein Projekt geschaffen. Als Projekt-
leiter ist es Voraussetzung, die Ziele, so nicht eindeutig vorhanden, mit dem
Auftraggeber nochmals klar abzugrenzen.
Je nach Projekt werden bestimmte Meilensteine vorgegeben. Für eine gute Struk-
turierung setze ich mir als Projektleiter weitere Überprüfungsbausteine, die mir
bei der Steuerung des Projektes helfen. Im Rahmen der Meilensteintrendanalyse
habe ich damit auch ein weiteres Werkzeug, mit dem ich Tendenzen und Unre-
gelmäßigkeiten des Projektes sehr schnell erkennen kann. Es setzt voraus, dass
ich in der Planung die entsprechenden Stellgrößen erfasse.
Schritt
Im Terminplan werden die Aufwände mit
5
den Ressourcen im Kalender verknüpft.
Auch Warte- und Liegezeiten finden sich
hier wieder.
Aus den Zielen der Einkaufsorganisation leiten sich die Ziele für das Projekt ab.
Die Ziele sind organisatorisch miteinander verknüpft.
54 „8 Schritte“ im Projektmanagement
Da Projekte immer ein Bestandteil der gesamten Organisation sind, ist hier
nochmals schematisch die Struktur dargestellt. Die Ziele des Einkaufs unterstüt-
zen die gesamte Organisation. Entsprechend sind die Einkaufsprojekte hier ein-
gegliedert.
Projektziele leisten einen Beitrag zu den Zielen des Einkaufs und kaskadieren
sich bis auf Arbeitspaketziele herunter. Auch Mitarbeiterziele sind optimaler-
weise in diese Struktur eingebunden. Der zu erreichende Zustand wird beschrie-
ben sowie Teilziele auf dem Weg dorthin.
Zielplanung 55
■ Was muss erreicht sein, damit das Projekt erfolgreich abgeschlossen ist?
■ An welchen Ergebnissen muss sich der Projektleiter messen lassen?
■ An welchen Zielen muss sich das Projektteam messen lassen?
Was in der Theorie sehr einfach klingt, kann in der Praxis oft schwierig sein.
Bedingt durch sich gegenseitig kannibalisierende Ziele kommt es oft zu Konflik-
ten. Was für den einen Bereich ein Vorteil sein kann, kann für einen anderen
Bereich ein Nachteil sein.
Ist der günstigste Lieferant auch jener, der von der Fertigung gewollt ist? Der von
der Technik gewünschte Lieferant hingegen ist teurer als die anderen. So gibt es
zahlreiche Beispiele, in denen ein Bereich seinen Vorteil sieht, der andere Bereich
aber eher einen Nachteil im Sinne der eigenen Zielerreichung. Zu lösen ist die
Thematik nur, wenn alle bereit sind, bei der Konfliktlösung im Sinne aller Betei-
ligten mitzuwirken. Auch hier gilt wieder – Kommunikation, Kommunikation
und nochmals Kommunikation. Nur sprechenden Menschen kann man helfen,
sagte einmal ein Bekannter. Dies gilt auch für das Projekt!
Ziele werden gemeinschaftlich erarbeitet und verabschiedet. Dies ist kein rei-
bungsloser Prozess und setzt klare Kommunikation und Abstimmungen voraus.
56 „8 Schritte“ im Projektmanagement
Zielplanung
Die Auftragsklärung in der frühen Phase des Projektes ist mit dem Auf-
traggeber sauber zu fixieren. Wenn es hier Differenzen gibt, ziehen diese
sich durch das gesamte Projekt. Die Ziele ergeben sich aus den Anforde-
rungen an das Projekt und sind somit nur zu beschreiben, wenn der Auf-
trag geklärt ist. Alles im Projektmanagement ist ein Prozess und baut aufei-
nander auf.
Es ist darauf zu achten, dass die Ziele sich nicht gegenseitig kannibalisieren,
da es zwischen den Bereichen ansonsten immer wieder zu Reibungspunk-
ten kommt.
Die Erreichbarkeit der Ziele sollte abgestimmt sein. Ziele im Projekt sind
immer eine Herausforderung. Sollte allerdings von vornherein klar sein,
dass ein Ziel nicht zu erreichen ist, gilt es auch hier, eine Lösung im Sinne
des Projektes zu finden.
Die Ziele sollten realistisch sein und nicht zu optimistisch. Niemandem ist
gedient, wenn das Projektziel nicht erreicht werden kann.
Da in einem Projekt die Arbeitspakete und damit auch die dazugehörigen Abtei-
lungen voneinander abhängig sind, ist immer Teamarbeit Voraussetzung für den
Projekterfolg. Setzt ein Part seine Forderungen permanent zulasten der anderen
Bereiche durch, wird früher oder später der Projekterfolg gefährdet sein. Die
zwischenmenschlichen Beziehungen sind ein wesentlicher Faktor für die erfolg-
reiche Zielumsetzung.
5.3.2 SMART-Regel
Ziele sind wichtig, um sich auf einem Weg von einem Ist- zu einem Soll-Zustand
nicht zu verirren oder zu verlaufen. Ziele beschreiben dabei aber nicht den Weg,
sondern einen konkreten, zu erreichenden Zustand. Um diesen zu erreichenden
Zustand präzise, einheitlich und auf den Punkt für jeden verständlich zu be-
schreiben, wurde die SMART-Formel entwickelt.
Zielplanung 57
■ spezifisch
■ messbar
■ attraktiv
■ realistisch
■ terminiert
Spezifisch (specific oder alternativ: significant, simple)
Ein „schönes“ Auto, ein „guter“ Prozess, „hohe“ Savings sind an dieser Stelle
keine hilfreichen Beschreibungen. Wenn wir über ein schönes Auto nachdenken,
so wünscht sich manch ein kleines Mädchen vielleicht ein pinkfarbenes Fahrzeug
mit Prinzessin Lillifee. „Schön“ liegt eben im Auge des Betrachters, so wie auch
„gut“ und „hoch“. Daher möchten wir bei der Beschreibung ein klares Verständ-
nis bekommen, was sich hinter diesen Begriffen verbirgt. Eine Farbe ist dann
nicht nur schön, sondern wird bei der Zielbeschreibung in RAL und damit mess-
bar angegeben. Ein guter Prozess wird mit messbaren Kennzahlen hinterlegt,
hohe Savings ebenso. Alles wird konkret beschrieben, so dass die Ergebnisse
jederzeit nachvollziehbar und messbar sind.
58 „8 Schritte“ im Projektmanagement
5.3.4 Meilensteine
Meilenstein ist einer der gängigsten Begriffe in der Zielplanung und im Pro-
jektmanagement. Dies ist laut Definition die Beschreibung eines Ereignisses
besonderer Bedeutung. Wichtig ist hier das Wort Ereignis. Es handelt sich um
die Beschreibung einer Situation. Der Weg dahin ist an dieser Stelle noch nicht
zwingend deutlich. In der Guideline des amerikanischen PMI und deren Project
Management Body of Knowledge wird der Meilenstein als „Completion of an
important deliverable“ beschrieben, gleichzusetzen mit der Erreichung eines
wichtigen Teilergebnisses. Hierbei kann man zwei Meilensteinarten unter-
scheiden:
Zielplanung 59
2. die optionalen Meilensteine, die wir selbst als für uns im Prozess wichtigen
Überprüfungsbaustein definieren (z. B.: Abstimmung mit anderen Bereichen
abgeschlossen, Freigabe-Dokument ist erstellt).
Meilenstein
Input = Was benötigt Output – deliverable aus
das Ereignis, um dem erfüllten Ereignis.
erfüllt werden zu Prozess benötigt das
können? Ergebnis, um weiterlaufen
zu können.
Meilensteine sind Punkte, die besonders kritisch sind und die einen Wendepunkt
im Verlauf des gesamten Projektes darstellen können, da der weitere Ablauf vom
Erreichen dieses Meilensteins abhängt. Es sind daher kleine Zwischenziele, die
60 „8 Schritte“ im Projektmanagement
Fazit
5.3.5 Meilensteintrendanalyse
Das Steuerungsinstrument für die Meilensteine ist die sogenannte Meilenstein-
trendanalyse. Fast alle Meilensteine liegen auf dem sogenannten kritischen Pfad.
Das heißt, bei Nichterfüllung des Meilensteins zum entsprechenden Termin ist
von einer zeitlichen Verschiebung im Projekt auszugehen. Dies wiederum spie-
gelt sich in der Meilensteintrendanalyse wider. Eine Erläuterung der Methode
erfolgt in Kapitel 9.3.
Der fertige Projektstrukturplan enthält alle Arbeitspakete, die für die Erreichung
der vorab definierten Ziele notwendig sind.
Aus den Meilensteinen, den Arbeitspaketen und den zur Verfügung gestellten
Ressourcen können wir im Verlauf der Planung den Terminplan erstellen.
Nach der reinen Lehre umfasst der PSP die vollständige Darstellung eines Projek-
tes sowie aller Teilprojekte, Teilaufgaben und Arbeitspakete. Der im Englischen
62 „8 Schritte“ im Projektmanagement
Konkret bespricht man mit den Verantwortlichen des jeweiligen Fachbereichs die
für das Projekt notwendigen Tätigkeiten und leitet die Aufwände ab. Mit den
Führungskräften der Fachbereiche wird abgeklärt, ob für den entsprechenden
Zeitraum die notwendigen Ressourcen bereitgestellt werden können.
■ funktionsorientiere Gliederung,
■ objektorientierte Gliederung,
■ phasenorientierte Gliederung.
Die Form der Gliederung sollte je nach Projekt getroffen werden. In einem Reor-
ganisationsprojekt zum Beispiel ist die Funktions- oder phasenorientierte Gliede-
rung bevorzugt anzuwenden, in einem Projekt, in dem ein Produkt neu entwi-
ckelt wird, wird eher eine objektorientierte Anordnung bevorzugt. Im Anschluss
werden die einzelnen Arbeitspakete in einem sachlichen und/oder zeitlich logi-
schen Zusammenhang verknüpft – der sogenannten Anordnungsbeziehung.
Fazit
Bei der Abschätzung der Zeit sprechen wir nur über die reine Arbeitszeit und
noch nicht über den Zeitraum, der für die Umsetzung benötigt wird. So braucht
ein Einkäufer für die Anfrage bei Lieferanten und die entsprechenden Verhand-
lungen beispielsweise an absolutem Aufwand sechs Arbeitstage, für die Abwick-
lung des Arbeitspaketes jedoch zwei Monate (die Lieferanten, die angefragt wer-
den, müssen ausgewählt werden, Angebote werden angefragt, bis zur Rückmel-
dung vergeht ein bestimmter Zeitraum ... danach wird verhandelt, eventuell der
in Frage kommende Lieferant besucht etc.).
1. Aus dem Mind-Map werden die bereits ermittelten Fachbereiche in den PSP
übertragen.
3. Für die ermittelten Arbeitspakete werden die pro Fachbereich und Arbeitspa-
ket notwendigen Aufwände in Form von Stunden oder Tagen eingetragen.
4. Im weiteren Verlauf und zur Erstellung des Terminplans wird mit den Füh-
rungskräften der Fachbereiche abgestimmt, ob die Ressourcen auch für den
entsprechenden Zeitraum zur Verfügung gestellt werden können.
Es gibt bei der Gliederung kein „Richtig“ oder „Falsch“. Der Vorteil der objekt-
orientierten Gliederung ist z. B. bei großen Projekten eine klare Untergliederung
in Teilprojekte bereits in der frühen Phase – die Delegation ganzer Komponenten
an Teilprojektleiter, die dann wiederum eine Untergliederung in ihre gröberen
Arbeitspakete unternehmen können.
Dafür liefert der funktionsorientierte Plan auf einen Blick die notwendigen Auf-
wände je Phase und Funktion.
Alle Varianten sollen im weiteren Verlauf des Projektes einer guten Steuerung
und Anpassung vom Basisplan dienen.
Das Ziel aller Varianten ist immer das gleiche: Ein Projekt soll durch die Gliede-
rung in überschaubare, besser zu handhabende Arbeitspakete untergliedert wer-
den. Am Anfang des Projektes, während wir noch wenig Wissen über die Detail-
lierung haben, schätzen wir, wie beschrieben, auf Basis von vergleichbaren Pro-
jekten. Dann erlangen wir mehr Wissen über die Aufgabe und sind in der Lage,
mit den entsprechenden Know-how-Trägern aus den Fachbereichen eine Planung
über detaillierte Arbeitspakete durchzuführen.
1. Große Arbeitspakete:
Die Firma hat sehr viel Erfahrung mit dieser speziellen Aufgabe.
Das Projekt ist in einer sehr frühen Phase und die notwendigen Informatio-
nen sind noch nicht vorhanden.
2. Kleine Arbeitspakete
Es ist notwendig, sehr detailliert die Kosten und Termine überwachen und
steuern zu können.
Das Teammitglied ist neu und nicht so vertraut mit dem Inhalt.
Um bereits in der Planung des Projektes Klarheit über Rollen und Verantwort-
lichkeiten zu bekommen, ist es als Projektleiter hilfreich, einen Vorschlag für den
Projektstrukturplan zu entwickeln, diesen aber dann mit dem Team gemeinsam
zu validieren und anzupassen. Dies kann in einer gemeinsamen Besprechung
oder auch in einem Workshop stattfinden. Wann immer das Team etwas zusam-
men erarbeitet, wird auch der für die Umsetzung notwendige Teamspirit verbes-
sert. Alle Planungen sind nur so gut, wie sie von den entsprechend beteiligten
Teammitgliedern auch getragen werden.
Der Projektstrukturplan bildet den Kern des Projektes. Er ist das Referenzdoku-
ment für jede weitere Tätigkeit sowohl in der Planung als auch in der Umsetzung
des Projektes.
68 „8 Schritte“ im Projektmanagement
■ den Kommunikationsplan,
■ den Terminplan,
■ den Kostenplan,
■ die nochmalige Klärung von Rollen in Form von Aufgabe, Verantwortung
und Entscheidungskompetenz.
5.4.4 Arbeitspaket
Das Arbeitspaket (Abbildung 5.11) ist die unterste Ebene im Projektstrukturplan
und liegt in der Verantwortung des jeweiligen Projektteammitglieds.
Der Detaillierungsgrad hängt davon ab, was genau der Projektleiter für die
Steuerung des Projektes später benötigt.
5.5 Terminplanung
Ein zentrales Element der Terminplanung ist, wie das Wort schon sagt, der Ter-
min. Nach DIN 69900 wird ein Termin als ein „durch Kalendertag und/oder Uhr-
zeit ausgedrückter Zeitpunkt“ definiert. Weiter sind Vorgänge, d. h. (Arbeits-
)Abläufe, ein zentrales Element.
70 „8 Schritte“ im Projektmanagement
Jedes Arbeitspaket benötigt eine gewisse Zeitdauer, welche über Aufwand- oder
Leistungswerte oder durch Expertenwissen festgelegt werden kann. Im Projekt-
strukturplan werden alle Aktivitäten und Arbeitspakete ermittelt und die Auf-
wände mit Experten gemeinsam bewertet. Im Terminplan werden diese mit den
Meilensteinen und dem Kalender zusammengeführt.
Im Projektstrukturplan sehen wir nur die absoluten Aufwände. Für einen guten
Terminplan benötigen wir zusätzlich den Kalender, Liegezeiten, verfügbare Res-
sourcen, entsprechende Feiertage und sonstige Informationen, die uns hinsicht-
lich der Termine begrenzen.
Als Grundlage für dieses Verfahren werden bekannte Größen aus ähnlichen und
bereits abgeschlossenen Projekten herangezogen. Diese bekannten Kenngrößen
beziehen sich z. B. auf das Volumen, den Arbeitsaufwand, den Zeitumfang und
den Etat eines Projektes. Wir analysieren an dieser Stelle auf Basis von Erfah-
Terminplanung 71
rungswerten und ziehen Vergleiche zum aktuellen Projekt. Anhand dieser quan-
titativen und inhaltlichen Erfahrungswerte lassen sich Ableitungen und Vorher-
sagen für dieselbe Art von Kenngrößen für das geplante Projekt herstellen.
5.5.2 Bottom-up-Schätzung
Erst im weiteren Verlauf, wenn mehr Informationen zum Projekt vorhanden sind
und wir die Arbeitspakete definiert haben, kann eine Schätzung von unten, also
Bottom-up geschehen.
Nach der groben Projektplanung, d. h. nach der Definition von Ober- und Unter-
projekt ohne die genaue Zeit- und Kostenplanung, werden konkret die Arbeits-
pakete genau beschrieben. Das Projektmanagement bestimmt die internen und
externen Kosten durch die Auswahl von Projekt, Mitarbeitern, Tätigkeit. Diese
Werte werden im Bottom-up-Prinzip den zugeordneten Projekten zugerechnet
und auf die nächste Projektebene hochgereicht.
Alle internen und externen Kosten eines Unterprojektes werden dann zum jewei-
ligen Oberprojekt hochgestuft, bis das Top-Projekt, quasi die Wurzel des Projekt-
baums, erreicht ist. Allerdings ist für die Bottom-up-Schätzung Voraussetzung,
dass wir bereits alle notwendigen Informationen zusammenstellen konnten, um
detailliert mit den Experten gemeinsam die Abschätzung auf Arbeitspaket-Ebene
durchzuführen.
72 „8 Schritte“ im Projektmanagement
Die Gesamtheit aller Arbeitspakte wird auf diese Art zusammengefügt: Vorrau-
setzung, um die Aktivität starten zu können (Input); Durchführen des Prozess-
schrittes (Arbeitspaket); Output – Wie sieht das Ergebnis aus bzw. was kommt
heraus und womit kann weiter gearbeitet werden?
Die Verknüpfung der Aktivitäten erfolgt im Terminplan. Hier werden die Vor-
gänger- und Nachfolgerbeziehungen angeordnet. Diverse Terminplanungssys-
teme sind dabei hilfreich.
Das System führt beide Rechnungen aus, um den kritischen Pfad zu ermitteln.
SE – FE (spätestes Ende – frühestes Ende) ergibt die Pufferzeit. Ist die Pufferzeit
gleich null, so heißt das: Jede Verschiebung würde ohne Anpassung sofort zu
einer Verschiebung des Endtermins führen.
No. Arbeitspaket V N D FA FE SA SE P
Entwicklung
2,3,4,
1 und Zeich- – 14 1 14 1 14 0
5,6,7,8
nung
Review
2 1 9 2,5 14 16,5 46,5 49 32,5
Zeichnung
Prototypen-
3 1,4 5 17 26 43 29,5 46,5 3,5
test
Vorbereitung
4 1 3 12 14 26 17,5 29,5 3,5
Bestellung
5 Qualitätstest 1,3 9 2,5 43 45,5 46,5 49 3,5
74 „8 Schritte“ im Projektmanagement
No. Arbeitspaket V N D FA FE SA SE P
Einbau in der
6 1 9 35 14 49 14 49 0
Fertigung
7 Gate Review 1 – 1 14 15 52 53 38
Test der Teile
8 1 9 4,5 14 18,5 44,5 49 30,5
beim Kunden
Workshop
2,6,
9 beim Kunden 10 3 49 52 49 52 0
5,8
und Übergabe
Dokumen-
10 9 – 1 52 53 52 53 0
tation
Spalte 1: Nummerierung
Spalte 2: Arbeitspakete – aus dem PSP entnommen
Spalte 3: V = Vorgänger – definiert
Spalte 4: N = Nachfolger – definiert
Spalte 5: Dauer des Arbeitspaketes – aus PSP
Spalte 6: FA = Frühester Anfang – Termin kann gesetzt werden
Spalte 7: FE = Frühestes Ende – ermittelt das System
Spalte 8: SA = Spätester Anfang – ermittelt das System
Spalte 9: SE = Spätestes Ende – ermittelt das System
Spalte 10: P = Pufferzeit – ermittelt das System aus SE – FE
Ist der Puffer gleich null, so befindet sich das Projekt mit seinen Vorgängen auf
dem sogenannten kritischen Pfad.
5.5.5 Gantt-Diagramm
Das erste Gantt-Diagramm wurde um 1890 von Karol Adamiecki (1866–1933)
entworfen, einem polnischen Ingenieur, der ein Stahlwerk im südlichen Polen
betrieb und sich für Managementideen und -techniken zu interessieren begann.
Etwa 15 Jahre nach Adamiecki entwickelte Henry Gantt (1861–1919), ein ameri-
kanischer Ingenieur und Managementberater, seine eigene Version des Dia-
gramms: Durch ihn wurde es in der westlichen Welt allgemein bekannt und
Terminplanung 75
Wie bei allen Terminplanungen ist der detaillierte Projektplan die Voraussetzung,
um einen realistischen Terminplan zu erstellen.
Der Vorteil im Verhältnis zum Netzplan ist eine kompaktere Darstellung der für
die Projektsteuerung erforderlichen Informationen. Wartezeiten, Termine in
Form von Datum, Meilensteinen etc. können auf einen Blick gesehen werden.
„Kritischer Pfad“
Dieser kann erst ermittelt werden, wenn alle notwendigen Arbeitspakete zur
Zielerreichung des Projektes um den Projektstrukturplan ermittelt wurden und
im Terminplan abgebildet und mit Vorgängern versehen wurden.
Der kritische Pfad ist der möglichst kürzeste Weg durch ein Projekt. Die Puffer-
zeiten für diese Aktivität sind gleich null. Jede Verschiebung einer Aktivität, die
auf dem kritischen Pfad liegt, führt dadurch automatisch bei Nichtkorrektur zu
einer Verschiebung des Endtermins. Daher sollten diese Aktivitäten gut und vor
allem nicht zu „optimistisch“ geplant sein.
Arbeitspakete, die aus Sicht der Experten kritisch sind, sollten im Risikomanage-
ment mit betrachtet werden sowie gemäß der dortigen Einschätzung mit entspre-
chenden Alternativoptionen versehen werden, z. B.: Lieferzeit von Lieferanten
aus Übersee oder China, Container gehen verloren oder liegen beim Zoll, Un-
wetter beeinträchtigt den Transport mit Schiffen etc. All dies kann bei knapp
bemessener Lieferzeit zu einem Problem hinsichtlich der Termineinhaltung
führen.
Fazit
Der Gesamtterminplan ist Bestandteil des Basisplans und somit ein Doku-
ment, welches mit dem Auftraggeber abgestimmt und freigegeben wird.
Die Verfügbarkeit der notwendigen Ressourcen ist mit den jeweiligen Ver-
antwortlichen der anderen Fachbereiche abzustimmen.
Auch hier gilt: Der Terminplan wird Bestandteil des Basisplans und nur
über den offiziellen Änderungsantrag angepasst, sobald die Änderungen
einen Einfluss auf den kritischen Pfad haben.
5.6 Kostenplanung
Die Kostenplanung basiert, wie auch die Terminplanung, auf dem im Projektan-
trag vereinbarten Leistungsumfang. In der Kostenplanung schätzen wir alle Res-
sourcen und Aufwände ab, die bis zur vollständigen Umsetzung des Projektziels
notwendig sind. Das heißt, alle Arbeitspakete werden in der Planungsphase
hinsichtlich der Kosten bewertet und die Schätzung im Kostenbasisplan fixiert.
Die Kostenplanung ist verantwortlich für die Wirtschaftlichkeitsbetrachtung des
Projektes.
Wir wollen wissen, was uns die vollständige Umsetzung des Projektes kostet. Hierbei ist
zu beachten, dass das vorgegebene Budget nicht zwingend den Kosten entspricht.
Die vollständigen Projektkosten können wir erst berechnen, wenn der komplette
Projektablaufplan erstellt ist. Wir berechnen die Kosten für jede einzelne Aufgabe
und summieren diese auf Basis der Arbeitspakete über die gesamte Projektlauf-
zeit.
In einem Arbeitspaket werden alle relevanten Daten aus Ablauf-, Termin- und
Ressourcenplänen zusammengefasst. Auf dieser Basis werden die Kosten für das
Arbeitspaket erfasst und im Kostenplan (Basisplan) festgehalten. Der Basisplan
ist die Grundlage für die Projektsteuerung. Der Basisplan wird nur über einen
offiziellen Änderungsprozess angepasst.
Diese Kosten entstehen direkt durch die Umsetzung des Projektes. Von Perso-
nenetagen über Materialien bis Reisekosten kann alles direkt dem Projekt zuge-
ordnet werden.
80 „8 Schritte“ im Projektmanagement
Indirekte
= Overhead oder Gemeinkosten
Kosten
Indirekte Kosten sind anteilige Aufwendungen, die wir einem Projekt nicht di-
rekt zuordnen können, die aber in unmittelbarem Zusammenhang mit den direk-
ten Projektkosten entstehen.
Fahren wir mit einem Auto und Fahrer zum Lieferanten, so wären in diesem
Beispiel die Anzahl der sich im Auto befindenden Personen der variable Kosten-
anteil (1–4 Personentage).
Fixe Kosten sind in diesem Beispiel das Auto und der Fahrer.
Mögliche Kostenarten:
■ Genehmigungen
■ ...
Je nach Projekt werden die jeweiligen anfallenden direkten Kosten dem Projekt
zugeordnet. Der Anteil der indirekten Kosten wird mit der Finanzabteilung des
Unternehmens abgestimmt.
Fazit
Die Kosten bestimmen die Wirtschaftlichkeit des Projektes. Daher ist bereits
am Anfang eines Projektes der Leistungsumfang klar abzugrenzen.
5.7 Projektorganisation
Der Mensch ist im Projekt immer noch die treibende Kraft. Daher ist eine gute
Projektorganisation für den Erfolg des Projektes notwendig.
Die jeweiligen Rollen für das Projekt werden mit Experten besetzt. Das Organigramm
mit Namen und Telefonnummer der jeweiligen Personen ist ein offizielles Dokument.
Die Projektorganisation ist für uns ein einfaches, aber äußerst wichtiges Werk-
zeug. Wir erinnern uns: Projektmanagement ist eine Sonderorganisation auf Zeit.
82 „8 Schritte“ im Projektmanagement
An dieser Stelle beschreiben wir, anders als im Mind-Map, nicht mehr nur die
benötigten Funktionen, sondern wir nennen konkret Namen, die für die jeweilige
Rolle verantwortlich sind.
Im Mind-Map haben wir die für unser Projekt notwendigen Experten in Form
von Funktionen beschrieben. In der Projektorganisation versehen wir die jeweili-
gen Rollen mit Personen. Namen, Funktion und Telefonnummer werden hinter-
legt. Dies wird dokumentiert und wird allen Beteiligten zugänglich gemacht.
■ Projektleiter
■ Auftraggeber
■ Lenkungsausschuss
■ Kernteam
■ unterstützendes Team
■ Beteiligte
Diese finden sich in allen Projekten wieder.
Entsprechend der Projektgröße, der Größe des Unternehmens sowie der Schnitt-
stellen werden weitere Rollen hinzugefügt.
Abhängig von Größe, Art des Projektes, Schnittstellen können Projekte unterschied-
lich organisiert sein. Jedoch kommen wir um folgende Kernaufgaben nicht umhin:
Das Zentrum bilden der Projektleiter und sein internes Kernteam. Das Kernteam
bildet die Fachfunktionen ab, deren Know-how während der gesamten Projekt-
laufzeit notwendig ist. Dazu kommt das unterstützende Team. Diese Rolle wird
Bereichen zugeordnet, die nur zu bestimmten Arbeitspaketen das Projekt unter-
stützen, z. B. Juristen. Diese werden oft nur in der Phase der Vertragsklärung
benötigt. Entsprechend werden diese Experten in Abstimmung auch nur für ihre
relevanten Arbeitspakete hinzugezogen. Während das Kernteam sich regelmäßig
trifft, wird das unterstützende Team nur bei notwendigen Arbeitspaketen zu den
Besprechungen eingeladen. Über die Verantwortlichkeitsmatrix (RACI) kann ich
als Projektleiter definieren, wer informiert werden muss bzw. Informationen
beisteuert.
Projektorganisation 83
Als sogenannte Beteiligte werden die Bereiche bezeichnet, die durch das Projekt
bedingt Änderungen erfahren, z. B. bei der Einführung eines neuen IT-Systems
all jene, die eine Schulung dafür benötigen. Beteiligte leisten keinen Beitrag zum
Projekt, müssen aber in Form von anfallendem Aufwand berücksichtigt werden.
Im Beispiel des IT-Systems: Schulungen, die einen Aufwand generieren.
In der Projektorganisation finden sich auch sämtliche Steuerkreise und der Auf-
traggeber wieder.
Die Expertise und die Zugehörigkeit in der Organisation werden über die Funk-
tion definiert (Einkaufseiter, Projekteinkäufer, Sachbearbeiter R&D). Parallel dazu
kann man unterschiedliche Rollen im Projekt einnehmen. Die Rollen einer Person
können im Projekt wechseln. Bin ich in einem Projekt Projektleiter, so kann ich in
einem anderen Projekt Teammitglied sein (siehe Kapitel 5.7.2).
Bei der Beschreibung der Rolle werden sowohl die Aufgabe, die Verantwortung
als auch die Entscheidungskompetenz festgelegt.
84 „8 Schritte“ im Projektmanagement
Der Aufbau der Projektorganisation wird maßgeblich durch die Kultur des Un-
ternehmens bestimmt. Die Führungsrolle des Projektleiters und die an dieser
Stelle gegebene „Macht“ sind Bestandteil der Unternehmenskultur.
Aus der Definition bzw. der Abgrenzung des Projektes ergeben sich das dafür
benötigte Know-how und damit auch die für das Projekt notwendige Funktion.
Projektorganisation 85
Wird die Verantwortlichkeitsmatrix für ein Projekt definiert, kann auf das Mind-
Map und die Stakeholderanalyse zurückgegriffen werden, um Personen oder
Personengruppen zu bestimmen, die in irgendeiner Form in das Projekt invol-
viert werden müssen.
Die Aufgaben sind sehr grob im Mind-Map abgegrenzt. Über den Projektstruk-
turplan können weitere Arbeitspakete entnommen werden. Teilweise müssen
Aufgaben aber auch explizit definiert werden (s. Kapitel 5.4, bzw. Schritt 4 – PSP):
Welches sind die Aufgaben des Lenkungsausschusses, welches die Aufgaben der
Projektleitung, welches die Aufgaben der Qualitätskontrolle usw.?
Hier können Sie auf die genannten Merkmale der RACI-Matrix zurückgreifen
(vgl. Abb. 5.16 sowie Kapitel 5.7.3).
Eine Rolle ist die Funktion jedes Einzelnen im Projektteam. So kann ich von der
Fachfunktion Einkäufer sein und zusätzlich im Projekt die Rolle des Projektleiters
86 „8 Schritte“ im Projektmanagement
■ Auftraggeber
■ Projektleiter
■ Teilprojektleiter
■ Teammitglied
■ Projektassistent
■ Risikomanager
■ Lenkungsausschuss
Die Rolle ist die temporäre Funktion, die einer Person im Sinne einer Projektor-
ganisation zugeordnet wird. Ebenfalls gehört dazu, in welcher Position die Rolle
zu anderen Schnittstellen steht. Kurz: Wie sind die jeweiligen Machtverhältnisse?
■ der Aufgabenbereich,
■ der zu verantwortende Bereich,
■ die Entscheidungsbefugnis.
Am Beispiel des Projektleiters kann eine Rollenbeschreibung wie folgt aussehen:
Aufgabe
■ plant und steuert das Projekt hinsichtlich Terminen, Kosten und vereinbartem
Leistungsumfang; dies wird im Projektstrukturplan bis auf Arbeitspaketebene
heruntergebrochen und im Terminplan mit Meilensteinen und Kalender zu-
sammengefügt
■ … für die Umsetzung des Prozesses von der Projektidee bis zum Projekt-
abschluss
Einer der Erfolgsfaktoren im Projekt ist die gute Abgrenzung der Schnittstelle
„Rolle im Projekt“ und die Funktion in der Organisation. Damit kann sich das
Projektteam auf die Umsetzung der Arbeitspakete konzentrieren und Reibungs-
verluste durch ungeklärte Verantwortlichkeiten werden minimiert.
Eine Frage, die in den Seminaren immer wieder seitens der Teilnehmer gestellt
wird, hier einmal als Zusammenfassung der Gruppenarbeiten aus sogenannten
Teamtrainings:
Was macht das Team erfolgreich und was wird als Störgröße empfunden?
positiv:
■ Kompetenzen untergraben
■ Regeln ignorieren
■ sich vom Team lösen, eigene Ziele setzen
■ Niemand sollte aus seiner Rolle „fallen“ – Aufgaben werden gestört
■ andauernde Positionskämpfe im Team
■ ungelöste Konflikte
■ persönliche Befindlichkeiten
■ andere Teammitglieder übergehen
Es ist für das Team hilfreich, Werte und Spielregeln der Zusammenarbeit gemeinsam zu
definieren.
Fazit
Die für das Projekt notwendigen Experten werden in das Kernteam bzw. in
das unterstützende Team eingebunden.
Mit einer gut aufgebauten RACI-Matrix kann man auf einen Blick erkennen, wer
im Projekt ist:
Responsible:
Verantwortlich im eigentlichen Sinn für die Erledigung und Umsetzung des
jeweiligen Arbeitspaketes. Der Verantwortliche kann das Arbeitspaket selber
umsetzen oder umsetzen lassen. Er stellt sicher, dass das Arbeitspaket terminge-
recht und in entsprechender Qualität verfügbar ist.
Accountable:
Nimmt das Arbeitspaket ab. Ist zeichnungsberechtigt. Ist Ansprechpartner für
Ziel und Qualität des Arbeitspakets. Benötigt das Ergebnis des Arbeitspakets.
Consultant:
Unterstützend oder beratend bei der Umsetzung in fachlicher Hinsicht.
90 „8 Schritte“ im Projektmanagement
5.7.4 Stakeholderanalyse
Die Stakeholderanalyse ist ein weiteres Werkzeug, das in einer frühen Phase des
Projektes bereits wertvolle Unterstützung bei der Umsetzung des Projektes gibt.
Schritt 1:
Relevante Stakeholder identifizieren. Pragmatischerweise wird dies mit bereits
bekannten Projektbeteiligten durchgeführt. Im Gespräch oder Workshop wird die
Liste der Personen erweitert. Wichtige Informationen wie die Rolle, das Interesse
am Projekt, der mögliche Einfluss werden abgeschätzt.
Schritt 2:
Dokumentation der möglichen Anforderungen an das Projekt durch die jeweili-
gen Stakeholder.
Projektorganisation 91
Schritt 3:
Identifikation des möglichen Einflusspotenzials oder der Störgröße, die die jewei-
ligen Stakeholder haben können. Bei vielen Stakeholdern ist es wichtig, diese
nochmals in Gruppen zu untergliedern, um einen effizienten Prozess im Umgang
mit diesen zu entwickeln. Beispiel: Erstellen einer Matrix, bezogen auf die Macht
und die aktive Einbindung in das Projekt (Interesse) (Abbildung 5.19).
Schritt 4:
Ableiten von Aktivitäten zur Einbindung der jeweiligen Stakeholder in unter-
schiedlichen Projektphasen.
Schritt 5:
Wiederholung und Review auf Basis des aktuellen Projektstandes.
Fazit
In der RACI-Matrix befinden sich die Personen, die direkt am Projekt oder
Entscheidungsprozess beteiligt sind.
5.8 Risikomanagement
„Ein Schiff, das im Hafen liegt, ist sicher, aber dafür werden Schiffe nicht gebaut.“
(William Shedd, 1820–1894, US-amerikanischer Theologe)
Das Ziel des Risikomanagements ist es, die Wahrscheinlichkeit und den Einfluss
negativer Ereignisse auf das Projektziel zu minimieren. Die Ereignisse haben
immer einen Einfluss auf die Projektziele und damit auf Termin, Kosten und
vereinbarten Leistungsumfang. Ihre Ursachen können natürlich vielseitig sein.
Projekte sind per Definition neu und bringen immer unsichere Komponenten mit
sich. Als Risiken bezeichnet man jegliche negativen Abweichungen vom Basis-
plan sowie den Zielen. Eine positive Abweichung wird als Chance gesehen. Im
PMBOK wird es daher auch als „Risk and Opportunity Management“ bezeichnet.
Risikomanagement 93
Wir versuchen eine anfänglich noch subjektive Größe (die Annahme, es könnte
ein Risiko sein) mit Zahlen zu bewerten. Risikomanagement ist ein Prozess.
Da alle Projekte mehr oder weniger mit dem Risiko der Terminüberschreitung,
der Überziehung der geplanten Kosten und der Verfehlung des geplanten Leis-
tungsumfangs behaftet sind, ist ein gutes Management der Risiken unerlässlich.
Je früher die wichtigsten Risikotreiber, also Faktoren, die den rechtzeitigen Pro-
jektabschluss, die Einhaltung des Projektbudgets und die Erreichung des verein-
barten Leistungsumfangs gefährden können, aufgedeckt werden, umso eher
kann Risikovorsorge getroffen werden.
Die Verantwortung für das Thema Risikomanagement liegt bei der Projektlei-
tung. Je nach Größe des Projektes wird ein sogenannter Risikomanager benannt,
der die Steuerung der Risiken übernimmt. Die Verantwortlichkeiten liegen fest,
die Frage bleibt: Was ist ein Risiko für unser Projekt?
Hierzu lohnt zunächst einmal die Unterscheidung zwischen Problem und Risiko.
Ein Risiko kann zu einem Problem werden, wenn es nicht frühzeitig erkannt und
gesteuert wird. Ein Problem ist zeitlich gesehen schon da, ein Risiko liegt in der
Zukunft.
Ein Risiko bedroht das Projekt hinsichtlich der Zielerreichung. Somit impliziert es
aber auch automatisch, dass es ohne ein klar abgegrenztes Ziel auch kein gutes
Risikomanagement gibt.
Aus einem Risiko kann sehr schnell ein Problem werden. Ein Problem ist be-
kannt, ein Risiko noch nicht. Um aber diese potenziellen Bedrohungen zu erken-
nen, gilt es, einem Prozess zu folgen. Auch hier ist das Ergebnis nur so gut wie
der Input der jeweiligen am Prozess beteiligten Experten.
Der Prozess beinhaltet die Steuerung der Risikoplanung, das Erkennen, Bewerten
sowie das Steuern der definierten Gegenmaßnahmen, damit das Risiko nicht
eintritt. Die Methode sollte möglichst effizient, aber einfach anzuwenden sein.
Der Erfolg hängt immer davon ab, wie gut der Input der Experten ist.
94 „8 Schritte“ im Projektmanagement
Risiko identifizieren
Aktivitäten umsetzen Risiko bewerten
Gegenmaßnahmen definieren
In einem ersten Schritt werden Risiken in ihren potenziellen Gruppen und einer
Kategorie zugeordnet. Handelt es sich eher um ein technisches Risiko, ein Um-
weltrisiko, ein logistisches Risiko etc.?
1. Wie hoch wird der potenzielle Schaden eingeschätzt, den das Risiko verursa-
chen würde?
Das Risiko wird quantifiziert, indem wir auf einer Skala zwischen 1 und 10 so-
wohl das Risiko als auch den potenziellen Schaden bewerten, den das eintretende
Risiko verursachen könnte, inkl. der sogenannten Auftretenswahrscheinlichkeit.
Die Skala zwischen 1 und 10 ist hier frei gewählt.
96 „8 Schritte“ im Projektmanagement
Auftretenswahrscheinlichkeit
10
1 5 10 Schaden
A = Auftretenswahrscheinlichkeit
S = Schaden
Bezogen auf die ermittelten Risiken findet die Bewertung hinsichtlich Auftre-
tenswahrscheinlichkeit und Schaden statt. Danach werden potenzielle Gegen-
maßnahmen erarbeitet und die für die Abarbeitung notwendigen Verantwortli-
chen mit Termin bestimmt. Hier gilt es, einen konkreten Namen (z. B.: Peter Mül-
ler) benennen und nicht nur eine Funktion sowie ein konkretes Datum
(30.03.20XX) zur Umsetzung.
Zu einem späteren Datum wird der Erfolg der umgesetzten Maßnahme über-
prüft.
Risikomanagement ist ein Prozess und begleitet das Team während der komplet-
ten Projektlaufzeit. Es kostet Geld, kein Risikomanagement kann jedoch noch
teurer werden.
Fazit
Risikomanagement ist ein Prozess, der bereits zu Beginn des Projektes defi-
niert wird.
Die Vermeidung und Eingrenzung von Risiken ist mit Kosten verbunden.
Das Musterprojekt ist nicht vollständig, sondern dient nur der Verdeutlichung
der Abläufe untereinander. Es zeigt, wie die einzelnen Schritte aufeinander auf-
bauen. Der „rote Faden“ wird beschrieben. Die Rolle des Projektleiters liegt für
das Beispielprojekt im Einkauf.
Beispiel eines Musterprojektes 99
5.9.1 Projektantrag
Beschreibung:
Zur Fertigungsoptimierung und im Rahmen eines Kostenreduzierungsprogramms
wurde seitens der Geschäftsleitung beschlossen, für das Einlegen von Teilen in
den Fertigungsprozess einen Roboter einzusetzen anstatt wie bisher Personal. Der
Standort Stuttgart soll in diesem Bereich optimiert werden. Der Einkauf wurde
informiert. Einen entsprechenden Lieferanten gibt es noch nicht. Es gab bei der
bisherigen Verfahrensweise immer wieder auch Qualitätsprobleme. Nach Vorab-
informationen geht es auch darum, einen gleichbleibenden Prozess zu gestalten,
der über Personal doch immer wieder auch zu qualitativen Unterschieden im
Endprodukt geführt hat. Die Projektleitung soll in diesem Fall im Einkauf sein.
Das Projekt steht unter hohem Zeitdruck (s. u., Rahmenbedingungen).
Die Beschreibung soll sicherstellen, dass alle Beteiligten das Gleiche unter dem
Projekt sowie dessen Umfang verstehen. Der Projektantrag ist die Vertragsbasis
zwischen Auftraggeber und Auftragnehmer. Sie basiert auf den Eckdaten des
sogenannten „Magischen Dreiecks“ und umfasst Qualität (vereinbarter Leis-
tungsumfang), Termine und Kosten. Es gilt, ein gemeinsames Verständnis zu
schaffen. Hier ist die Basis für die weitere Planung gelegt. Eine Abweichung
vom Basisplan sollte im Verlauf des Projektes nur dann stattfinden, wenn ein
offiziell abgezeichneter Änderungsantrag vorliegt und es keine Unstimmigkei-
ten mehr zwischen Auftraggeber und Auftragnehmer über den geänderten
Umfang und die sich daraus ableitenden Änderungen von Zeit und Kosten
darstellen. Ansonsten wird dies einer der ständigen typischen Diskussions-
punkte und raubt unnötig Zeit und Energie.
Rahmenbedingungen:
Das Projekt ist ein Teilprojekt im Rahmen eines Optimierungsprogramms zur
qualitativen Verbesserung und Optimierung in der Fertigung. Daher ist der End-
termin gekoppelt an das gesamte Projekt und soll bis 20.12.20XX abgeschlossen
sein, da hier das Management ein Audit zur Überprüfung der Wirksamkeit
der beschlossenen Maßnahmen angedacht hat. Der aktuelle Termin ist der
15.01.20XX. Vom Kick-off bis zum Audit ist die Zeitspanne nicht mehr als
11 Monate.
Zielbestimmung:
Der Roboter zum Einlegen in den Fertigungsprozess ist seitens des Auftraggebers
und der Fertigung abgenommen und kann in die Serie übernommen
werden. 15.12.20XY
Meilensteine:
Lastenheft seitens Entwicklung liegt vor. 15.02.20XY
Die klare Abgrenzung von Anfang und Ende des Projektes. Bitte nicht verges-
sen: Der Basisplan wird durch das Magische Dreieck begrenzt – Termine, Kos-
ten und den dabei vereinbarten Leistungsumfang.
Team:
Einkauf (PL), Fertigungsplanung, Entwicklung, Fertigung (je ein Verantwortli-
cher im Kernteam)
Begrenzungen:
Der Roboter muss in den Fertigungsprozess integriert werden, Anpassungen der
bestehenden Fertigungsstraße sind nicht geplant.
In Scope:
Auswahl und Beschaffungsprozess des Roboters.
Out of Scope:
Anpassung der Software in der Fertigung
Das Mind-Map als Basis für den Projektstrukturplan sowie für die Projektorga-
nisation. Hier werden zwei Themen beantwortet:
Der Endtermin ist vorgegeben, auch hier abgeleitet aus dem „Magischen Drei-
eck“ von Termin, Kosten und vereinbartem Leistungsumfang. In unserem Bei-
spiel war die Umstellung seitens der Fertigung vorgegeben und leitete sich aus
dem gewünschten Einsparungspotenzial ab. Weitere Meilensteine können vor-
gegeben oder aber auch von uns gesetzt werden. Vom letzten Meilenstein aus-
gehend, setzen wir die Meilensteine entsprechend unserer Planung rückwärts.
Schon hier lassen sich, so vorhanden, Unklarheiten in Planung und daraus re-
sultierende Abweichungen in der Umsetzung erkennen und in Abstimmung
mit dem Auftraggeber und/oder Steuerkreis anpassen.
Beispiel eines Musterprojektes 103
Der Projektstrukturplan bildet die Arbeitspakete ab, die zur Erreichung der
Ziele und Meilensteine notwendig sind. In diesem Beispiel wurde ein funkti-
onsorientierter Strukturplan gewählt. Für technische oder Bauprojekte eignet
sich eher eine Baugruppengliederung. Für die einzelnen Arbeitspakete wird
gemeinsam mit der Führungskraft des Fachbereiches und/oder dem Team-
mitglied der jeweils benötigte Aufwand abgeschätzt. In dieser Darstellung ist
sehr schnell zu erkennen, wie die jeweilige Arbeitsbelastung liegt. Die Res-
sourcen und deren Verfügbarkeit sind mit den einzelnen Fachbereichen ab-
zustimmen.
Die im PSP geschätzten Aufwände für die Arbeitspakete werden genutzt und
in den Terminplan eingetragen. Die Arbeitspakete werden durch die gesetzten
Anordnungsbeziehungen logisch verknüpft. Der Terminplan wird idealerweise
mit einem EDV-Tool erstellt.
Die Meilensteine, von außen gegeben oder gesetzt, geben die Begrenzung und
den Rahmen des Terminplans. Die Arbeitspakete aus dem Projektstrukturplan
106 „8 Schritte“ im Projektmanagement
Die Arbeitspakete sollten nicht zu detailliert sein. Weder möchte man „Sklave
seines Terminplans sein“ noch die Teammitglieder zu eng führen. Wenn mög-
lich, sollte viel Eigenverantwortung für die Umsetzung im Team liegen.
Ist der Terminplan freigegeben, so gilt er als Basisplan und wird über die ge-
samte Projektlaufzeit für die Steuerung genutzt. Eine offizielle Änderung des
Basisplans kann nur über den Steuerkreis erfolgen. Hierzu ist ein offizieller
Änderungsantrag notwendig. Im Änderungsantrag werden die Auswirkungen
auf Kosten und Leistungsumfang beschrieben.
Im Kostenplan bilden wir über die Arbeitspakete die geschätzten Kosten ab.
Alle Aufwände, die direkt mit dem Projekt in Verbindung stehen, werden hier
aufgezeigt. Die Stunden- bzw. Tagessätze werden über die Finanzabteilung
oder das Controlling abgefragt. Aufwände sind in diesem Fall Personentage,
Werkzeuge, Materialien, Räume, Reisekosten, der Roboter selbst etc.
Ob ein Projekt Gewinn abwirft und sich rechnet, wird über Kennzahlen er-
mittelt. Eine mögliche Kennzahl ist der ROI (Return of Investment), der das
prozentuale Verhältnis von Gewinn zu investiertem Kapital angibt. Der ROI
wird berechnet, indem der Gewinn durch die Kosten geteilt wird, und dient
zumeist bei Projekten als Rendite-Evaluierungsverfahren. Soll der ROI im
Voraus berechnet werden, so müssen die anfallenden (Projekt-)Kosten und
der zu erwartende Gewinn geschätzt werden. Im Fall des Roboters würde
das investierte Kapital ins Verhältnis zur erwarteten Einsparung in der Ferti-
gung gesetzt.
Die Stakeholderanalyse wird zu Beginn des Projektes das erste Mal durchge-
führt. Es ist ein Werkzeug, um potenzielle Einflüsse durch einzelne Personen
oder Personengruppen abzuschätzen und Maßnahmen daraus abzuleiten. Wir
versuchen, im Team etwas zu visualisieren bzw. zu quantifizieren. Es ist eine
subjektive Einschätzung. Daher sollte auch die Stakeholderanalyse im Team
durchgeführt werden.
Habe ich als Projektleiter mit meinem Team die Einschätzung der Einflussgrö-
ße durchgeführt, gilt es im zweiten Schritt, zu überlegen, welche Einstellung
(positiv/negativ) die jeweilige Person zu meinem Projekt hat.
In einem dritten Schritt überlege ich dann, wie ich diese Person/Personen-
gruppe gewinnbringend in mein Projekt einbringe bzw. Störgrößen vermeide.
Auch hier können die Maßnahmen, wie dieses geschieht, entsprechend der
Situation sehr unterschiedlich sein. Die Maßnahmen können informativ sein
oder aber auch das Einbinden in das Projekt beinhalten. Es ist Aufgabe des Pro-
jektleiters und seines Teams, hier das notwendige Maß zu finden.
Beispiel Projektorganisation
Anders als die Stakeholderanalyse bilde ich in diesem Fall die direkt Beteiligten
meines Projektes ab. Also nicht Personen oder Personengruppen, die einen Ein-
fluss haben können, sondern alle, die in irgendeiner Form an meinem Projekt
Beispiel eines Musterprojektes 109
direkt beteiligt sind. Optimalerweise habe ich auf einen Blick alle Ansprechpart-
ner mit Namen und Telefonnummer. Die Projektorganisation ist ein offizielles
Dokument.
Im Kernteam ist jeweils ein Vertreter der Fachbereiche mit den meisten Ar-
beitspaketen. Diese sind bei allen Kernteammeetings mit dabei und sorgen als
Schnittstelle dafür, dass in ihrer Linienfunktion alle Arbeitspakete, die im Pro-
jekt anfallen, umgesetzt werden.
110 „8 Schritte“ im Projektmanagement
Herr Schneider aus der Fertigung macht also nicht zwingend alle Arbeitspakete
selbst, sondern ist die Schnittstelle in seine Abteilung. Je nach seiner Einschät-
zung kann er Fachspezialisten zu bestimmten Fragestellungen in die Projektsit-
zungen mitbringen.
5.9.8 Risikomanagement
Im Risikomanagement beschäftigt man sich mit potenziellen Bedrohungen für
das definierte Ziel des Projektes hinsichtlich Terminen, Kosten und Leistungsum-
fang. Hierbei sind folgende Fragen relevant:
Risikomanagement beinhaltet mehrere Schritte oder Prozesse, die sich über die
gesamte Projektlebensdauer ausdehnen. Genau wie die Arbeitspakete werden
auch die Risiken über die gesamte Projektlebenszeit gesteuert.
6 Globalisierung …
… bedeutet Vernetzung über Grenzen hinweg. Was uns aber dabei interessiert,
sind die Auswirkungen auf unsere Projekte und den Einkauf. Oder – was heißt
das für das Projektmanagement im Einkauf. In der zweiten Auflage des Buches
möchte ich diese Themen und die aktuellen Änderungen am Markt nochmals
beleuchten. Die Themen sind immer im Kontext zu sehen. Ich kann Digitalisie-
rung nicht entkoppeln von Globalisierung. Dazu kommen neue Themen, wie das
agile Arbeiten oder agiles Projektmanagement. Auch das wird Teil der Zukunft
sein. Damit werden sich auch die Führungsaufgaben und die Rollen der beteilig-
ten Personen ändern. Fangen wir hier aber erst einmal mit der Globalisierung an.
In der Theorie ist die Globalisierung die Zunahme der Intensität und der Reich-
weite grenzüberschreitender Austausch- und Interaktionsbeziehungen. Dabei
geht es um wirtschaftliche, kulturelle, technologische und politische Transaktio-
nen, Waren- und Informationsströme, um Menschenbewegungen (Tourismus,
Migration) und um Kommunikation. Globalisierung ist die Intensivierung welt-
weiter sozialer Beziehungen, durch die entfernte Orte in solcher Weise miteinan-
der verbunden werden, das Ereignisse an einem Ort durch Vorgänge geprägt
werden, die sich an einem viele Kilometer entfernten Ort abspielen, und umge-
kehrt (Anthony Giddens, 1997).
Für das Projektmanagement und den Einkauf hat es, wie vieles im Leben, Vor-
und Nachteile, da dadurch der immer härter werdende internationale Preisdruck
zum Tragen kommt. Die Globalisierung nahezu aller Bereiche der Wirtschaft
zwingt Einkäufer und Projekteleiter, sich auch außerhalb der Grenzen Deutsch-
lands und damit in anderen Rechts-, Sprach-, und Kulturbereichen nach günsti-
gen Beschaffungsquellen umzusehen. Dies gilt heutzutage nicht mehr nur für
Konzerne, sondern auch der Mittelstand muss in Zukunft weltweit beschaffen,
um seine Wettbewerbsfähigkeit zu erhalten und zu verbessern. Die Zahl der
Lieferanten aus Billiglohnländern ist in den letzten Jahren erheblich angestiegen.
Waren es am Anfang nur einzelne Teile, werden heute komplette Baugruppen,
Dienstleistungen sowie komplette Produkte verlagert und dadurch auch mehr
und mehr Lieferanten im Ausland lokalisiert. Immer mit dem Ziel, die Produk-
tivität des Einkaufs und damit auch die des Unternehmens zu steigern. Das soge-
nannte Global Sourcing wird ein strategisches Instrument. Bedingt durch die
Globalisierung und die immer schnellere Kommunikation durch das World Wide
Web wurde auch der Markt für eine internationale Beschaffungsstrategie geöff-
net. Dies bringt auch einige Herausforderungen sowie Risiken mit sich. Was über
Jahre eine Chance war, hat sich im Rahmen der Corona-Krise als massives Pro-
© Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2020
K. Hillberg, Projektmanagement im Einkauf,
https://doi.org/10.1007/978-3-658-31310-4_6
114 Globalisierung …
blem erwiesen. Produkte konnten nicht einfach beim Lieferanten um die Ecke
abgeholt werden, sondern die globalen Lieferketten brachen für einen Zeitraum
nahezu komplett zusammen.
Neben der Globalisierung kamen auch noch Themen wie Digitalisierung und
Einkauf 4.0. hinzu. Themen, auf die ich im weiteren Verlauf noch kurz eingehen
möchte.
Was ist Globalisierung? Bei der Globalisierung spielen die normalen Grenzen
eines Staates eine immer geringere Rolle. Waren und Informationen werden über
Grenzen hinweg verkauft und transportiert. Für den Einkauf bedeutet Globalisie-
rung die Lokalisierung von Lieferanten über die Landesgrenzen hinaus, mit dem
Ziel, Wettbewerbsvorteile anderer Standorte hinsichtlich der Produktion von
Waren zu nutzen. Als Einkäufer entwickelt sich die neue Rolle vom Spezialisten
zum Generalisten. Der Einkäufer wird Projektmanager im internationalen Um-
feld – eine Herausforderung auf vielen Ebenen. Auch wenn die Versorgung mit
Produkten aus anderen Ländern so alt ist, wie der Handel selbst, heißt das vom
Beschaffer zum Schnittstellen-, Projekt- und auch Risikomanager. Chancen und
Risiken gilt es vorab abzuwägen. Eine einfache Bestellung ist nicht mehr möglich,
da einige weitere Einflussgrößen auf die Beschaffung wirken. Die Politik des
Landes, Fracht, Zölle, Transportmöglichkeiten, Logistik, Verpackung, um nur
einige Beispiele zu nennen.
Fazit
Wenn wir uns nochmal das Wort „global“ ansehen, dann bedeutet dies in unse-
rem Alltag, dass die Tätigkeit nicht mehr oder nicht allein in unserer eigenen
Umgebung stattfinden wird. Wir überschreiten Grenzen, Länder und auch Kul-
Historie und Entwicklung Globalisierung 115
turen. Die Welt ist enger zusammengerückt. Darüber hinaus kommen noch wei-
tere Einflüsse hinzu. Dies gilt es sowohl in Projekten als auch bei der Lokalisie-
rung neuer Lieferanten zu beachten. Wir müssen noch zielorientierter und strate-
gischer vorgehen, als dies bisher bereits der Fall war. Methoden, wie Stakeholder-
Analyse oder Risikomanagement gehören genauso zu unserem Handwerkszeug,
wie die Analysen unsers Portfolios und der Lieferanten (siehe Kapitel 7). Dieses
Vorgehen setzt einen guten Prozess voraus, damit das Risiko einer neuen Be-
schaffungsstrategie im Rahmen gehalten wird.
Hier einmal nur einige Einflüsse, die für uns Herausforderungen bedeuten kön-
nen.
und Familie über Facebook, WhatsApp und oder ähnliche Medien an seiner Reise
teilhaben lassen. Die Welt schrumpfte in Geschwindigkeit zusammen. Als ich in
den achtziger Jahren meinen ersten Job bei Daimler Benz antrat, war das damals
moderne E-Mail-System in der Lage, mit Mercedes in USA intern zu kommuni-
zieren. Wir hatten einen Abteilungs-PC und die Arbeit fand noch auf der DOS-
Oberfläche statt. Heute überhaupt nicht mehr vorstellbar.
Wenn wir uns bewusst machen, dass die erste E-Mail erst am 3.8.1984 in Karls-
ruhe empfangen wurde, dann wird deutlich, wie jung eigentlich noch die schnel-
len Kommunikationswege sind. Die erste E-Mail ging an die Adresse von
Rotert@germany. Michael Rotert, geboren 1950, war in den achtziger Jahren wis-
senschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Telematik der Universität Karlsruhe.
Er betreute das Rechenzentrum der Fakultät Informatik, wo er den ersten Mail-
server Deutschlands einrichtete – im Keller, auf einem VAX 11/750 mit dem Unix-
Betriebssystem BSD.
Die Anforderungen an die Skills des Einkäufers gehen durch die Globalisierung
sehr schnell über die Einkaufskompetenz hinaus. Eine strategische Heran-
gehensweise ist notwendig, um sowohl das richtige Land und dann den richtigen
Lieferanten für das benötigte Produkt herauszufiltern. Da wir uns nun nicht mehr
nur in unserem Kulturkreis bewegen, ändern sich auch die Spielregeln, Sprach-
und Rechtsbereiche. Kenntnisse über die weltweiten Beschaffungsmärkte, Ein-
bindung vieler Schnittstellen, Total Cost of Ownership, innovative Logistikkon-
zepte sind nur einige Stichworte, die zur neuen Rolle des Einkäufers führen und
damit auch zur Notwendigkeit von Projektmanagement. Der Einkäufer ist auf
dem Weg in eine neue Rolle.
Herausforderung von Projekten im internationalen Umfeld 117
Fazit
E-Mails eröffneten Wege in die weite Welt und die Kommunikation wurde
einfacher. Während vorher lange Postwege und teure Telefonate die Optio-
nen waren, so konnten nun in Sekunden Informationen von einem Ende der
Welt an das andere gesendet werden.
■ Wie wird das Team zusammengesetzt sein? Wie unterschiedlich ist das Wer-
tesystem der beteiligten Personen und welchen Einfluss auf das Projektge-
schehen könnte es haben?
— Wie können wir die Phasen der Teamentwicklung in einem solchen Um-
feld ideal gestalten?
■ Wie wollen wir das Projekt starten? Wo und in welcher Form soll das Kick-
Off stattfinden.
■ Kommunikation
— Wie ist die Projektsprache?
— In welcher Sprache wird dokumentiert?
— Wie gestalten wir die Teammeetings? Welche Uhrzeiten sind für alle mög-
lich?
■ Wie ist die Vertragslage, wenn es mal nicht so gut läuft? Wo ist der Gerichts-
stand?
Auch die Frage nach Eskalationsschritten im Worst Case sollte bereits am Anfang
geklärt sein. Erfahrungsgemäß wird es umso schwieriger, wenn das Kind erst
einmal in den Brunnen gefallen ist.
Immer daran denken, es ist nicht falsch, wenn eine Partei Schach spielt und die
andere Partei Monopoly. Leider kommt man dabei aber nicht auf einen Nenner.
Die Rolle des Einkäufers im globalen Umfeld 119
Wir müssen uns frühzeitig auf ein Spiel einigen, damit es nicht im weiteren Ver-
lauf des Projektes zu Konflikten führt, die man hätte vermeiden können.
Fazit
Dies gilt sowohl für Planung, Steuerung und Themen sowie für die Kom-
munikation, aber auch für den Fall eines Konfliktes.
Die GPM hat im Jahr 2002 auf dem Weltkongress eine Studie veröffentlicht, die in
Ihrer Kernaussage immer noch Gültigkeit hat.
50
45
40
35
30
25
20
15
10
5
0
1 2 3
Wenn wir vor einiger Zeit über „den Einkauf“ gesprochen haben, so wurde die-
ser Begriff hautsächlich mit dem operativen Einkaufsgeschäft verbunden. Im
klassischen Sinne das Bestellwesen, der Angebotsvergleich und die Preisverhand-
lung. Die Aufgaben und Ziele gehen hier über die termingerechte Versorgung
der anfordernden Bereiche mit Produkten und/oder Leistungen) in der richtigen
Menge, am vorbestimmten Ort, in der vorgesehenen Qualität hinaus (Arnold
1997, S.66).
Im strategischen Einkauf hat durch die Globalisierung auch das Thema Projekt-
management eine wichtige Rolle eingenommen. Die Digitalisierung wird ein
Großprojekt mit eigenen Herausforderungen.
Wenn wir weltweit einkaufen wollen, ist das Ziel, Ressourcen, die lokal nicht
vorhanden oder teurer sind, global zu beschaffen. Die hiermit verbundenen Risi-
ken müssen den vermeintlichen Chancen vorab gegenübergestellt werden. Fo-
kussieren wir uns allein auf das monetäre Einsparungspotential, kann es sehr
schnell teuer werden. Daher ist es umso wichtiger, strategisch zu prüfen, für
welche Produkte oder Teile davon es von Vorteil ist, bzw. welche Teile besser
lokal bleiben. Eine gute Methodenkompetenz des Einkäufers ist notwendig, um
die Transparenz bei solchen komplexen Herausforderungen nicht zu verlieren.
Erst einmal ist es wichtig, eine eigene Standortbestimmung der Daten zu machen,
unser eigenes Ziel zu definieren und dann eine für das Projekt gute Risikoanalyse
durchzuführen. Die Risiken können sich ganz unterschiedlich zeigen. Ich habe oft
Die Rolle des Einkäufers im globalen Umfeld 121
erlebt, dass selbst die notwendige Reisezeit bei Qualitätsproblemen eine Heraus-
forderung wurde. Ebenso haben die Kultur des Landes, das Wertesystem, die
Sprache und natürlich auch der Transport der Teile ihren Einfluss auf die Pro-
dukte und die Arbeit. Ein gutes Risikomanagement, aufgeteilt nach entsprechen-
den Risikogruppen (z. B. Umwelt, Politik, Kultur, Technik, …) über den gesamten
Projektverlauf ist hilfreich.
An dieser Stelle wird deutlich, welchen Einfluss die Rolle des Einkäufers im Glo-
bal-Purchasing-Bereich in Zukunft haben wird. Der Verantwortungsbereich wird
mehr und mehr erweitert. Themenblöcke wie Nachhaltigkeit kommen hinzu. Es
ist nicht mehr nur die Beschaffungsstrategie für die unterschiedlichen Material-
gruppen, sondern die Koordination zur Umsetzung der anfallenden Aufgaben,
Risiken und Projekte im Unternehmen. Sehr oft ist eine der Herausforderungen
die Leitung und Koordinierung der Kommunikation zwischen den diversen
Schnittstellen, wie den Einkaufsteams, der Entwicklung, der Produktion, den
Endverbrauchern und natürlich auch den Lieferanten. Im Rahmen der Globalisie-
rung erarbeiten Sie mit den Schnittstellen neue Beschaffungsmöglichkeiten. Im-
mer mit dem Ziel, Einsparungen zu generieren und dabei die Balance zwischen
Chance und Risiken überschaubar zu halten.
Fazit
Die Rolle des Beschaffers werden mehr und mehr IT-Systeme übernehmen
(siehe Kapitel Digitalisierung), während die Rolle des Projektmanagers im
Einkauf eine größere Bedeutung erlangt.
122 Globalisierung …
Das Ziel der Werkzeuge ist im stressigen Alltag immer, den Überblick und die Transpa-
renz zu behalten und damit sich selbst effiziente Handlungsoptionen zu erarbeiten.
Werkzeuge und Methoden zur Vorbereitung einer internationalen Einkaufsstrategie123
2. Materialgruppenstruktur
Die Antwort ist einfach: Wir suchen den Preisvorteil, der sich durch die Beschaf-
fung in anderen Ländern ergeben kann. Allein der Preis ist aber nicht ausschlag-
gebend. Die Anforderungen an die Produkte sollten vorab gut definiert sein.
Eine Nutzwertanalyse kann hier unterstützen.
Eine gute und erfolgreiche Marktanalyse setzt Wissen über die eigene Ist-Situa-
tion voraus. Hier geht es um das Thema Materialgruppensegmentierung, Portfo-
lioanalyse, Kennzahlen-Know-how.
6.5.1 Pareto-Analyse
Die ABC-Analyse basiert auf der sogenannten 80/20-Regel oder der Pareto-Regel.
Damit lassen sich die Lieferanten oder Produkte in der „A-Klasse“ identifizieren.
Für diese können Sie spezielle Maßnahmen und Prioritäten planen. Welche das
im Einzelnen sind, hängt von den Zielen und Fragen ab, die Sie mit der ABC-
Analyse erreichen oder beantworten wollen. Dass diese Unterscheidung wichtig
ist, hat bereits Vilfredo Pareto erkannt. Seine Untersuchungen haben gezeigt, dass
in vielen Fällen mit 20 Prozent Aufwand 80 Prozent des Ertrags erwirtschaftet
werden. Diese Erkenntnis wird als 80/20-Regel oder Pareto-Regel bezeichnet. Sie
lässt sich auf viele Bereiche des Unternehmens anwenden, so auch bei der Priori-
sierung von Lieferanten. Übersetzt heißt die Regel für Einkäufer:
Wir wollen mit dieser Methode einen strategischen Überblick über die wichtigs-
ten Daten und Kennzahlen der aktuellen Lieferanten erhalten. Die Auswertung
dieser Daten erleichtert die Marktanalyse. Wie kann Pareto für die Auswertung
von Lieferantendaten genutzt werden?
■ Auf der Y-Achse wird der Umsatz des Lieferanten im gesamten Unternehmen
eingetragen. Hier sollten auch Daten aus anderen Materialgruppen bzw. an-
deren Standorten eingetragen werden.
Unser Ziel ist es immer, den höchsten Effekt mit dem geringsten Aufwand zu
erzielen. Dies setzt eine gute strategische Ausrichtung voraus. Pareto ist ein
Werkzeug, um einen Überblick zu den relevanten Produkten und auch Lieferan-
ten zu erhalten. Wir verschaffen uns zunächst eine Übersicht über alle Lieferan-
ten unserer Materialgruppen und strukturieren diese nach entsprechendem Ein-
kaufsvolumen. Die A-Lieferanten sind diejenigen mit dem höchsten Volumen.
Auf einen Blick kann man in der graphisch dargestellten Pareto-Analyse eine
Aussage dazu machen.
Analyse der Kennzahlen 127
A B C
20 % 50 % 100 %
alle Lieferanten
■ Produkte, die der Lieferant an unser Unternehmen bzw. Töchter unseres Un-
ternehmens liefert
Fragen, die hierbei aufkommen können:
■ Gibt es Produkte, die wir zusätzlich von diesem Lieferanten beschaffen könn-
ten, um daraus Bündelungseffekte zu erzielen?
■ Wie viel Gesamtumsatz macht der Lieferant mit uns? Wie hoch ist dabei das
Risiko?
Einkaufsvolumen
je Produkt gesamt
Sobald diese Kennzahlen vorliegen, kann eine Aussage über die aktuelle Situa-
tion der Materialgruppe getroffen werden.
Habe ich diese Kennzahlen, so lässt sich bereits eine Aussage über mögliche Bün-
delungen, oder auch in Kombination mit einer Marktanalyse, über andere Länder
bzw. andere Märkte nachdenken. Für alle diese Methoden ist ein gutes Projekt-
management notwendig. Das Arbeiten in cross-funktionalen Teams ist unerläss-
lich, um im Einkauf entsprechend strategisch agieren zu können. Aus meiner
Ausgabenmatrix kann eine Beschaffungsanalyse erarbeitet werden.
■ Preise je Standort
■ Zahlungskonditionen
■ Vertragsbedingungen
■ Transportkosten
■ Volumen beschafft durch den Bereich oder Standort
■ Einkaufsvolumen je Lieferant
■ Logistik, Vereinbarung, Verpackung, Lieferzeit, ...
Fazit
Die Zahlen und Daten meiner Materialgruppe dienen als Basis, um eventu-
elle Einsparungen durch globale Projekte realisieren zu können.
Was ist das Ziel einer solchen Vorgehensweise? Hier ein paar Antworten:
Hier sprechen wir über die gesamten Kosten eines Produktes. Wir schauen nicht
mehr allein auf die Entstehungskosten, sondern an dieser Stelle über eine Ge-
samtkostenbetrachtung. Ist ein zu beschaffendes Produkt ausgewählt, so gilt es,
die kompletten Prozesskosten zu ermitteln. In diesem Fall ist das cross-funktio-
nale Team zusammenzubringen. Für den Einkäufer bedeutet dies, die Projekt-
manager-Rolle zu übernehmen und die entsprechenden Schnittstellen zusam-
menzubringen.
■ Entwicklung
■ Juristen
■ Controlling
■ Produktion
■ Logistik
■ Elektroniker
■ IT
■ Wareneingang
■ … und weitere wichtige Fachabteilungen
In Bezug auf die zu betrachtenden Kosten wären dies:
Bei dieser Methode werden die pro Produkt anfallenden Kosten jedem Pro-
zessschritt zugeordnet – immer mit dem Ziel, entsprechende Einsparungen
und Stellgrößen finden zu können.
Wir betrachten nicht mehr nur die Beschaffung des Produktes, sondern
schauen uns den gesamten Lebenszyklus und die dabei anfallenden Kosten
an.
Kosten
Idealerweise Einbindung
des Einkaufs
Zeit
Fazit
Die Kombination beider Methoden hat das Ziel, eine Vergleichbarkeit von
Preisangeboten zu ermöglichen.
Analyse der Kennzahlen 133
a. die Gewinnauswirkung
b. das Beschaffungsrisiko
Kraljic hat aus diesen beiden Dimensionen folgende Struktur für die zu beschaf-
fenden Produkte entwickelt.
■ strategische Produkte
■ Engpassprodukte
■ Hebelprodukte
■ unkritische Produkte
Allgemeine Empfehlungen für das strategische Vorgehen leiten sich aus den
Normstrategien für die Beschaffungstypen ab, sollten jedoch immer auch die
einzelnen Marktsituationen berücksichtigen (vgl. Heß, Supply-Strategien, S. 36).
Diese Art der Struktur ermöglicht einen anderen Blick auf die Auswahl von Lie-
feranten. Engpassprodukte oder auch strategische Produkte bedeuten bei einer
globalen Beschaffung ein anderes Risiko, als die unkritischen Produkte.
Haben wir das Produkt entsprechend zugeordnet, so können wir weitere Aussa-
gen über das entsprechende Risiko eines neuen Lieferanten an einem anderen
Standort machen.
134 Globalisierung …
Risiko hoch
Experten Top-Lieferant
Preislich gute
Basislieferanten Lieferanten
Preis
Die Matrix besagt, dass ein Produkt mit hohem Preis und auch hohem Risiko
(komplexe Produkte) nur bei Top-Lieferanten gesourct werden sollte. Umgekehrt
kann ein Produkt mit niedrigem Preis und auch niedrigem Risiko bei Basisliefe-
ranten beschafft werden. Selbige sind somit einfacher zu finden.
In der Matrix wird der Bezug zwischen dem Risiko eines zu beschaffenden Pro-
duktes und dem Preis hergestellt. Auf der Ebene werden die Lieferanten-
Klassifizierungen oder auch die sogenannten Cluster ermittelt.
6.5.5 Beschaffungsanalyse
Ein weiteres strategisches Werkzeug im Projektmanagement des Einkäufers ist
die sogenannte Beschaffungsanalyse.
Eine effektive Beschaffung erfordert die tiefgehende Analyse der gesamten Kos-
tenstruktur Ihres Einkaufs. Nur mit einer gut strukturierten Beschaffungsanalyse
können die Potenziale sichtbar gemacht und im Sinne eines optimalen strate-
gischen Einkaufs ausgeschöpft werden – mit dem Ziel einer Kostenoptimierung
im Einkauf. Dies geht weit über den normalen Beschaffungsprozess hinaus und
macht immer wieder die neue Rolle und das Projektmanagement im Einkauf
notwendig.
Durch die globale Krise sind viele, sich gegenseitig kannibalisierende Ziele wie-
der ans Tageslicht gekommen. Ob sich nach der Krise etwas ändern wird, werden
wir sehen. So lange wie wir immer weiter, immer größer und immer höher wol-
len, werden wir auch den Preis für dieses Handeln tragen müssen. Auch die
richtige Balance zwischen Wirtschaftlichkeit und Gesundheit bzw. Sicherheit zu
finden, wird eine Verantwortung sein, der wir uns weder im Einkauf noch in
unseren Projekten verschließen können.
© Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2020
K. Hillberg, Projektmanagement im Einkauf,
https://doi.org/10.1007/978-3-658-31310-4_7
138 Risiken der Globalisierung und durch die Corona-Krise
be. Jetzt habe ich bereits diverse Trainings online durchgeführt und verschiedene
Systeme dafür genutzt. Von Webex, über Vitero, Teams oder auch Yulinc war
alles dabei. Zoom wird von vielen Unternehmen mit dem Argument der Datensi-
cherheit abgelehnt. Zu meinem eigenen Erstaunen habe ich mich dabei sehr wohl
gefühlt. Alle Systeme hatten so ihre kleinen Tücken. Die Digitalisierung hat auch
ihre Herausforderungen. Dennoch konnte ich mit den Teilnehmern durch unter-
schiedliche virtuelle Räume, Kameras, Rollenspiele einen guten Kontakt aufbau-
en. Trotzdem haben wir alle den direkten Kontakt vermisst und den Austausch
auch in den Pausen. Wir lernen alle gerade dazu.
Hier einmal Dinge, die durch Home Office und digitales Arbeiten als Vorteile
bzw. Nachteile benannt wurden:
Vorteile:
■ weniger Reisezeit
■ freie Zeitgestaltung
■ der Tagesablauf ist eigenbestimmt
■ mehr Achtsamkeit für kleine Dinge
■ das direkte Umfeld besser wahrnehmen
■ mehr Zeit mit Partner und Familie
■ neue Herausforderungen annehmen
Nachteile:
Ich möchte mich in diesem Buch nicht mit Politik beschäftigen, wichtig ist aber
bei der Globalisierung, die jeweils aktuelle Situation und deren Auswirkungen
auf die Beschaffungsstrategie mit zu betrachten.
Hier möchte ich Methoden zeigen, die aus der Praxis heraus einfach anwendbar
sind und uns damit unterstützen, die aktuellen Informationen zur Situation am
Weltmarkt in Bezug zur jeweiligen Materialgruppe erfassen zu können. Diese
benötigen wir, um damit Prognosen über die Zukunft zu entwickeln – und
Prognosen, die wir mit Zahlen und Daten unterlegen.
Eine Methode dazu ist der gute alte Porter. Porters Five Forces sind auch heute
noch eine gutes Vorgehen, um einen strukturierten Überblick über die aktuelle
Marktsituation zu gewinnen.
Wie der Name bereits sagt, dient die Branchenstrukturanalyse einer detaillierten
Auseinandersetzung mit dem für das Unternehmen relevanten Produkt und dem
Wettbewerb, in dem wir uns befinden. Hierzu gehören Wettbewerber, Kunden,
potentielle Ersatzprodukte, Lieferanten und Wettbewerbsintensität
© Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2020
K. Hillberg, Projektmanagement im Einkauf,
https://doi.org/10.1007/978-3-658-31310-4_8
140 Die Analyse des globalen Marktes
Porters Annahme geht davon aus, dass die Attraktivität eines Produktes und die
sich darin befindenden Akteure durch die sie umgebende Marktstruktur beein-
flusst werden. Bevor wir uns also auf den globalen Markt ausrichten, haben wir
mit Porter ein strategisches Werkzeug, mit dem wir die branchenspezifischen
Kräfte, die auf unser Produkt wirken, betrachten können.
Sinnvoll ist es, nicht nur den heutigen Zeitpunkt, sondern auch einen Zeitpunkt
in der Zukunft zu wählen, um eine Einschätzung über die strategische Ausrich-
tung von Produkt und Lieferant zu tätigen und so auf Basis der aktuellen Infor-
mationen Entscheidungen zu treffen. Dies geschieht auf Annahmen und den
Informationen, die wir aktuell zur Verfügung haben. Es ist ein strategisches In-
strument. Wie immer nutze ich gern das Wissen des gesamten Projektteams, um
eine bessere Aussage machen zu können. Somit haben wir zumindest das gesam-
te Teamwissen in unsere Betrachtung einbezogen. Alle Methoden sind immer nur
so gut, wie das Wissen, welche eingebrachte werden kann.
den Markt kommen, hängt von einigen Eintrittsbarrieren ab. Ein Beispiel ist die
Pharmaindustrie, die zwanzig Jahre lang einen Patentschutz auf ihre Produkte
hat (und einem in der EU möglichen Zuschlag von fünf Jahren). Läuft dieser aus,
so ändert sich sofort die Marktsituation durch das Eintreten von Generika.
Fazit
Da eine angewandte Methode nur so gut ist, wie das Wissen, welches wir
gemeinsam in die Methode packen, ist es notwendig, die Wissensträger für
unser Produkt zusammenzubringen, um gemeinschaftlich ein gutes Ergeb-
nis zu erzeugen.
Neben den von Porter benannten Einflussgrößen sollten zusätzlich folgende Fak-
toren mit in Betracht gezogen werden:
Politik: Die Ausrichtung und auch die Stabilität des politischen Systems in dem
von uns ausgewählten Land sollten mit Bedacht betrachtet werden. Politische
Entscheidungen können sich merklich auf unsere Produkte, Projekte und damit
auch auf unser Unternehmen auswirken. Sehr oft sind die politischen Richtungen
nur bedingt vorhersehbar und vor allem nicht beeinflussbar. Sie sind daher im-
mer ein Risiko. Ändert sich politisch etwas, so ändern sich auch die anfallenden
Kosten einer zu beschaffenden Ware. Im Rahmen unserer Möglichkeiten ist dies
vorab als Risiko oder Chance einzuschätzen. Ein entsprechendes Risikomanage-
ment kann hier unterstützen.
142 Die Analyse des globalen Marktes
Juristisches Umfeld: Nicht immer ist es einfach, wenn die Rechtslage des jeweili-
gen Landes für uns Gültigkeit hat. Rechtssystem, Wertesystem und auch Ent-
scheidungsfindung kann erheblich von unserem System abweichen. Die Konse-
quenzen aus einer Abweichung sollten, wenn möglich, von uns bei Projektstart
mit betrachtet und bewertet werden.
Kultur und Religion: Bei Kultur und Religion fängt es schon mit ganz einfachen
Themen an. Wer hat welche Feiertage und welche Prioritäten und steht an diesen
Tagen dem Projekt und/oder als Lieferant nicht zur Verfügung. Natürlich hat die
Religion auch einen Einfluss auf Werte und damit Denk- und Handlungsweisen
beteiligter Stakeholder, Entscheidungsgremien und Teams.
9 Kulturelle Herausforderungen
im globalen Umfeld
Während wir bereits im Kapitel „Why culture counts“ auf die Herausforderun-
gen im internationalen Umfeld eingegangen sind, möchte ich dieses Kapitel the-
menbezogen noch einmal aufgreifen. Die kulturellen Herausforderungen zeigen
sich an unterschiedlichen Stellen in unseren Projekten. Going global macht es
nicht einfacher. Wobei die kulturellen Herausforderungen nicht allein durch
Going Global, sondern auch zwischen Ländern, Städten und/ oder auch Regionen
auftreten können. Jedes Unternehmen hat seine eigene Kultur. Seine Werte und
Normen, die in einer bestimmten Gesellschaft als akzeptiert und richtig gelten.
Um kulturellen Missverständnissen vorweg zu greifen, gilt es selbige zu erken-
nen und zu akzeptieren. Oft macht man sich die eigenen speziellen kulturellen
Ausprägungen gar nicht bewusst. Sie sind ja auch für uns die Normalität.
Kultur ist das Regelwerk, welches für uns als gut und richtig akzeptiert wurde. In
einer anderen Kultur gilt ein anderes Regelwerk.
Erleben wir ein anderes Verhalten, als das von uns erwartete, so ist es immer
wichtig zu überlegen, ob dies ein Verstoß gegen Regeln ist oder vielleicht nur ein
Verstoß gegen unsere Regeln. Bevor wir uns in einem neuen Kulturkreis bewe-
gen, ist es hilfreich, sich der eigenen Regeln (Kultur) sowie der neuen Kultur
bewusst zu werden. Spannend ist es immer dort, wo große Abweichungen im
Verständnis auftreten. Als Beispiel sei hier genannt, dass das Lächeln in Thailand
nicht immer ein Lächeln der Freundlichkeit ist, so wie wir es in Deutschland
verstehen. Es kann viele Bedeutungen eines Gefühls zeigen.
Woher aber rührt das Thema Kultur und was hat einen Einfluss auf die Werte
einer Gesellschaft? Die Gründe sind vielschichtig. Geprägt werden wir und unse-
re Gesellschaft unter anderem durch folgende Punkte:
■ Vorurteile
■ Rollenbilder und Erwartungen an die Rollen
■ Zeitfaktor
■ Abstandsfaktor
■ Tabus
■ Sprache
Landeskultur ist nicht zu verwechseln mit der spezifischen Unternehmenskultur.
Ein junges Start-up-Unternehmen in Asien kann durchaus westlicher geprägt
sein, als ein konservatives asiatisches Unternehmen. Auch hier bewegt sich die
Welt. Die jüngere Generation hat meist einige Zeit im Ausland verbracht. Sei es
durch ein Studium oder durch den Austausch während der Schulzeit. So ver-
mischen sich die Wertekulturen oder passen sich an.
Oft wird Kultur mit dem Eisberg-Modell verglichen. Das, was wir oberhalb der
Wasseroberfläche wahrnehmen, ist vielfältig. In Bezug zu Kultur ist es Verhalten,
Tradition, Sprache, Religion, Essen, Kunst, Symbole, Architektur usw. Kultur gibt
Sicherheit, da sie Regeln und Rituale vorgibt, an die wir uns anlehnen können.
Ge- und erlebte Zugehörigkeit zu einer Kultur gibt Orientierung in einem kom-
plexen Gefüge und macht dadurch erst handlungsfähig. Wir bekommen durch
die Zugehörigkeit eine kulturelle Identität. Die für uns daraus resultierenden
Standards geben Sicherheit und Orientierung.
Was wir aber nicht sofort sehen können, sind die Werte und die Weltanschauung
sowie die Grundhaltung der Menschen. Diese befinden sich unterhalb der Eis-
oberfläche des Eisbergs.
Treffen sich also zwei Menschen oder zwei Menschengruppen aus unterschied-
lichen Kulturen, so treffen sich auch zwei Eisberge. Automatisch entsteht die
Frage:
Was betrachten wir als Kultur? 145
Kulturkreis A Kulturkreis B
Verhalten Verhalten
WERTE WERTE
Bei diesem Treffen neigen wir dazu, das Verhalten des Anderen auf Basis der
eigenen Werte und Einstellungen zu interpretieren. Wir nennen dies auch Kul-
turstandards. So hat jedes Land oder jede Kultur sein eigenes kulturspezifisches
Orientierungssystem. Bei der Begegnung mit der fremden Kultur werden zu-
nächst die bisherigen Erfahrungen, Werte und Beurteilungsmaßstäbe herangezo-
gen, die uns vertraut sind und die uns bisher in unserer Kultur als Orientierungs-
system gedient haben. Um Kultur zu „lernen“ gilt es, die Unterschiede zu erken-
nen. Dies ist der erste Schritt für eine zwischenmenschliche Kommunikation
verschiedener Kulturen.
Anhand des Eisbergmodells können wir Ableitungen zum Thema Kultur herstel-
len. Unsere Werte, Einstellungen, Weltanschauungen beeinflussen unser Verhal-
ten auf unbewusste Art und Weise. Wir sehen unser Umfeld auch nur durch die
Brille unserer Prägungen. Auf Basis unserer kulturellen Prägung entwickeln wir
146 Kulturelle Herausforderungen im globalen Umfeld
gern sogenannte Vorurteile oder auch Stereotypen. Anbei ein paar Beispiele, die
für bestimmte Länder gern genannt werden.
Wenn wir die hier beschriebenen Stereotype verlassen wollen, dann hilft nur
kulturelle Kompetenz. Wissen, welches uns hilft unsere eigene und die Kultur
der anderen besser zu verstehen.
Deutsche
Italiener sind
tragen
touchy
Lederhosen
Amerikaner
Chinesen essen Briten sind
sind
Hunde höflich
oberflächlich
Für uns ist es erst einmal hilfreich, unsere eigene kulturelle Prägung zu verste-
hen. Jedes eigene Verhalten kann genauso von einer anderen Kultur interpretiert
werden, wie wir es tun. Daher gehört zum Lernen interkultureller Kompetenz in
erster Linie das Bewusstsein über die eigene Kultur und das Beobachten des
Verhaltens anderer Kulturen, ohne sofort eine Wertung stattfinden zu lassen. Um
dieses „Bewertungssystem“ zu verlassen, sollten wir erst unser eigenes Orientie-
rungssystem verstehen und dann das der fremden Kultur. Verstehen wir uns, so
ist es auch möglich, die Brücke der Kommunikation von einem Kulturkreis zum
anderen zu schlagen. Aus dem Verstehen resultieren unsere Handlungskompe-
tenzen. Was aber ist unter Handlungskompetenz zu verstehen?
1. Soziale Kompetenz
Teamfähigkeit, menschliche Fähigkeiten, Kommunikation, Empathie, ...
2. Persönliche Kompetenz
Einstellung zum Leben, Rolle, Aufnahmebereitschaft, Führungsverständ-
nis, …
3. Fachkompetenz
Fachkenntnisse über ein spezielles Feld, Wissen, Erfahrung im beruflichen
Fachgebiet
Für die interkulturelle Kompetenz braucht es die Fähigkeit, das Verhalten der
anderen Kultur zu beobachten, zu erkennen und selber Handlungsoptionen dar-
aus abzuleiten. Entscheidend ist es an den Stellen, wo wir einen Unterschied in
Handlungsfeldern wahrnehmen.
Für uns steht immer die Frage im Vordergrund, was der kulturelle Unterschied
für unser Projekt bedeutet und wie wir im Team damit umgehen. Oder, auf wel-
chen gemeinsamen Nenner wir uns einigen können. Auch eine Betrachtung der
Risiken zu kulturellen Unterschieden kann helfen. Was oft so lapidar klingt, kann
das Projekt massiv beeinflussen.
148 Kulturelle Herausforderungen im globalen Umfeld
In unseren Projekten benötigen wir für einen erfolgreichen Abschluss ein gut
funktionierendes Team mit gleichen Zielen. Dies kann aber im interkulturellen
Umfeld nur dann klappen, wenn wir die speziellen Orientierungssysteme unse-
rer Mitspieler verstehen und entsprechende Handlungen darauf ausrichten. Na-
türlich ist das keine Einbahnstraße, sondern bedingt das gegenseitige Verstehen
der Teammitglieder. Respekt, Wertschätzung und Empathie auf allen Seiten ist
die Basis für eine erfolgreiche Umsetzung der Herausforderungen eines Projek-
tes.
Um uns auf das Projektziel konzentrieren zu können, hilft es, sich auf ein Team-
wertesystem mit eigenen Regeln zu einigen. Dies setzt die kulturellen Regeln
nicht außer Kraft. Ein „kulturelles Regelwerk“ für das Projektteam hilft aber der
Orientierung aller Beteiligten.
11. Das Risikomanagement bekommt noch einmal eine weitere Dimension. Auch
hier ist der Prozess frühzeitig festzulegen und die kulturelle Herausforderung
eventuell schon bei der Benennung von Risiken einzukalkulieren.
14. Zeitaufwand durch die Sprache bedenken. (Wie viel mehr Aufwand benötige
ich für Telcos, Meetings etc., wenn ich nicht nur Muttersprachler im Projekt
habe?)
Analyse/Bewertung/Priorisierung
Fazit
Ziel ist die frühzeitige Erkennung und damit Einflussnahme bei Verände-
rung der das Projekt beeinflussenden Indikatoren.
9.2.2 Stakeholderanalyse
Wie bereits erwähnt, bezieht sich die sich die Stakeholderanalyse auf Personen
oder Personengruppen, die einen Einfluss auf das Projekt haben können. Hier
geht es auch darum, die Bedürfnisse der jeweiligen Personen zu erkennen sowie
auch ihre Position und Treiber dem Projekt gegenüber. Stakeholder können einen
positiven oder negativen Einfluss auf den Projekterfolg haben. Sie müssen nicht
zwingend am Projekt beteiligt sein (z. B. die Politik des jeweiligen Landes).
Wir wollen Blockierer, Blender und schwierige Personen erkennen, genauso wie
Befürworter und Unterstützer – mit dem Ziel, Störer und Hinderer mit entspre-
chenden Maßnahmen entgegenwirken zu können und die Unterstützer und Hel-
fer entsprechend zu integrieren.
positiv
Helfer Unterstützer
Störer Hinderer
negativ
Macht/Einfluss
Fazit
Sichtbar, aber
Verhaltensweisen und Ergebnisse interpretations-
Sprache, Rituale, Kleidung, Umgangsformen etc..
bedürftig
Es gibt einige Forscher, die sich mit diesem Thema intensiv auseinandergesetzt
haben. Die Ansätze waren unterschiedlich. Das Ziel ist aber immer, ein Cluster
für die Unterschiedlichkeit von Menschen konkret beschreiben zu können.
Die erste Ebene der Kleidung und Umgangsformen ist sehr oft die am einfachsten
zu beobachtende und damit auch die, die am wenigsten Probleme gestaltet. So-
bald wir aber tiefer gehen und Normen und Werte anfassen, wird es komplizier-
ter. Diese Ebene mit der Basis von Annahmen gemeinsam bildet das Geflecht von
Regeln, welches wir unbewusst als das Richtige annehmen.
Die bekanntesten Kulturforscher sind neben Geert Hofsteede noch Edward T. Hall
und Fons Trompenaars. Genauer möchte ich an dieser Stelle nur auf die Kultur-
dimensionen von Geert Hofsteede und den Kontext zum Projektmanagement im
Einkauf eingehen.
Wichtig an dieser Stelle ist erst einmal, unsere eigene Kultur gut zu verstehen.
Wie bereits dargestellt, müssen uns erst einmal selbst beobachten. Viele unserer
Handlungen geschehen nicht auf der bewussten Ebene. Wir sind damit aufge-
wachsen und sie spiegeln unsere Wahrheit wider, die in unserem Lebensraum als
154 Kulturelle Herausforderungen im globalen Umfeld
richtig oder falsch gilt. Sehr oft werden wir als Deutsche mit unserer direkten Art
als unhöflich wahrgenommen. Bewusst ist uns dies erst einmal nicht. Der harte
Klang unserer deutschen Sprache tut sein Übriges.
Hofstede hat seine Erkenntnisse aus dem Ergebnis einer umfangreichen Studie
aus den siebziger Jahren bei IBM abgeleitet. An der Studie waren mehr als
100.000 Mitarbeitern weltweit beteiligt. Anhand der fünf Dimensionen von Hof-
stede können wir auch heute in der verstärkt globalen Welt noch Handlungsopti-
onen für unsere Projekte ableiten.
Für Hofstede ist Kultur: „Die kollektive Programmierung des Geistes, die die
Mitglieder eines Landes oder einer Kultur von Menschen von anderen unter-
scheidet.“(Dätsch 2018)
1. Die Machtdistanz
Die Machtdistanz stellt die emotionale Distanz zwischen Vorgesetztem und Mit-
arbeiter dar. Das heißt, hierarchisch hat der Chef Recht. Während in Deutschland
und/oder auch in den nordischen Ländern die Machtdistanz eher geringer ist, hat
in lateinamerikanischen, afrikanischen oder auch in asiatischen Ländern der Chef
die Rechte, bedingt durch seine Position im Unternehmen. Dies bedeutet aber
auch, dass das agile Arbeiten in solchen Ländern eine größere Herausforderung
darstellt, weil damit die Hierarchien mehr oder weniger aufgeweicht werden. Für
uns bedeutet dies auch in klassischen Projekten ein verstärktes Achten auf Stake-
holder. Die Teammitglieder benötigen in solchen Ländern eine bestimmte Füh-
rungsrolle, da wir ansonsten keine Entscheider in unseren Projekten haben und
damit auch schnell Auswirkungen auf Termine und Meilensteine.
4. Unsicherheitsvermeidung
Dies ist der Grad, wie sich Menschen einer Kultur durch neue Herausforderun-
gen verunsichern lassen, d. h. der Grad, an dem gemessen wird, wie schnell sich
eine Kultur durch neue oder ungewohnte Situationen beeinflussen lässt. In Län-
dern mit einem hohen Grad an Unsicherheitsvermeidung besteht die Tendenz,
Abweichungen zu sanktionieren bzw. alles per Gesetz zu regeln. In Ländern oder
Kulturen, in denen sich das Unsicherheitsniveau eher niedrig bewegt, ist die
Haltung, dass Veränderungen ein Bestandteil des Lebens sind und nicht für alles
eine Regel erstellt werden muss. Was sind klassische Herausforderungen, die
unseren Arbeitsalltag im globalen Umfeld massiv beeinflussen können und die
wir uns erst einmal bewusst machen müssen?
6. Genuss und Zurückhaltung – eine neue Dimension, die im Jahr 2020 hin-
zukam
Diese Dimension ist relativ neu und bezieht sich auf die Umsetzung der eigenen
Bedürfnisse. Sie bezieht sich darauf, wie offen mit der Auslebung der eigenen
Bedürfnisse umgegangen wird. Dazu zählen auch Fragen zu genussorientierter
Freizeitgestaltung, wie offen mit Sexualität umgegangen wird, oder wie pessimis-
tisch oder optimistisch der Blick auf die Zukunft ist.
Fazit
Jede dieser sechs Dimensionen kann dabei helfen, ein Projekt mit Beteiligten
aus unterschiedlichen Kulturen besser zu verstehen und damit auch Maß-
nahmen zu ergreifen, die eine möglichst konfliktarme Abwicklung zulassen
und die Zielerreichung verbessern.
Im globalen Umfeld ist auch zu klären, was genau eskaliert werden soll, d. h.
wann und an wen. Auch die Werte der Eskalation können kulturell unterschied-
lich sein. In arabischen Ländern ist auch das Thema Respekt ein Grund zur Eska-
lation. Prinzipiell hat in Projekten immer noch das magische Dreieck und die
daraus resultierende Planung Verbindlichkeit. In unserem Kulturkreis werden
Termine, Kosten und nicht eingehaltene Leitungen eskaliert. Wird von dieser
Verbindlichkeit hinsichtlich Kosten, Terminen und/oder vereinbartem Leistungs-
umfang abgewichen, so tritt ein Eskalationsprozess in Kraft, wenn der Projektlei-
ter dies nicht mit seinem Team lösen kann.
Auch das Thema Risikomanagement nimmt noch einmal eine neue Rolle ein.
Bedingt durch den kulturellen Hintergrund ist nicht jedes Teammitglied in der
Lage, Risiken auch offen zu benennen oder anzusprechen. Zusätzlich zu den
klassischen Clustern im Risikomanagement (Technik, Umwelt, Politik, Kommu-
nikation) kommt noch das Thema Kultur hinzu. Entsprechend der Prägung gilt
die direkte Benennung eines Fehlers als Gesichtsverlust oder Schwäche für das
jeweilige Projekt. Daher ist es umso wichtiger, frühzeitig auch den Prozess des
Risikomanagements mit dem Team zu besprechen und diesen auch zu leben.
Auch hier kommt Hofstede wieder ins Spiel. Als Beispiel werden Probleme in
Kulturen mit hoher Machtdistanz vom Vorgesetzten gelöst. Was in einem Projekt
auch die Wahrnehmung potentieller Bedrohungen einschränkt.
Fazit
10 Agiles Projektmanagement
Das agile Projektmanagement ist eine weitere Methode, die in den letzten Jahren
an Bedeutung gewonnen hat. Daher möchte ich diese als Ergänzung zum bereits
beschriebenen Projektmanagement mit hinzufügen.
Dabei sind auch die Ressourcenaufwände ein großes Thema. Zudem müssen die
Organisation und das Management hinter der Methode stehen. Agiles Arbeiten
ist vor allem für Projekte in überschaubarer Größe gut anwendbar. Team und
Rollen weichen stark von dem des klassischen Projektmanagements ab.
Vor dem Einsatz sollte aber immer vorab geprüft werden, ob die Methode für das
jeweilige Projekt sinnvoll ist. Oft liegt die Wahrheit in der Mitte und das klassi-
sche Projektmanagement mit einem Anteil agiler Methoden, wie z. B. Kanban
Boards, enge Anbindung an den Kunden oder auch tägliche Projektsitzungen,
unterstützen das Arbeiten in Projekten.
Wo liegt der Unterschied? Was heißt agil? Was ist klassisches Projektmanage-
ment? (vgl. Abb. 10.1)
Agil ein Wort, das aktuell viel verwendet wird. Wir wollen agiler werden, das
heißt aber nicht nur beweglicher und schneller, sondern agiles Projektmanage-
ment ist eine Methode mit klaren Spielregeln und Strukturen.
© Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2020
K. Hillberg, Projektmanagement im Einkauf,
https://doi.org/10.1007/978-3-658-31310-4_10
160 Agiles Projektmanagement
klassisches PM agiles PM
Agiles Projektmanagement und die Methode Scrum sind aus der IT abgeleitet.
Kent Beck hat als erfahrener Softwareentwickler im Jahr 2001 das sogenannte
agile Manifest formuliert. Jeff Sutherland und Ken Schwaber haben ihre Erfah-
rungen und ihre Best Practices aus IT Projekten zusammengetragen und in einer
Methode namens Scrum festgelegt.
Agiles Projektmanagement ist eine Antwort auf die immer höhere Geschwindig-
keit in Projekten, aber sicher keine Antwort auf alle Herausforderungen. Daher
wollen wir uns die Methoden Scrum und Kanban einmal näher ansehen. Und
natürlich ist es oft wie im wirklichen Leben, die Wahrheit liegt irgendwo in der
Mitte. Wo also machen die Methoden allein Sinn, und wo wäre das klassische
Projektmanagement mit agilen Methoden die bessere Wahl. Oder wo haben wir
schon immer ähnlich gearbeitet, es aber anders genannt ...
Die Bausteine des agilen Projektmanagements 161
Es gibt kein komplett einheitliches Verständnis, was genau zum agilen Projekt-
management gehört. Dennoch gibt es klar beschriebene Methoden, wie Scrum
oder Kanban. Agiles Projektmanagement wird gern als Oberbegriff für verschie-
dene Vorgehensmodelle bei der Software-Entwicklung verwendet. Die Bekann-
testen sind Scrum oder Kanban. Viele Unternehmen möchten agiler Arbeiten und
wenden diese Methoden an. Für mich ist ein wesentlicher Unterschied, dass die
Teams eigenverantwortlich arbeiten müssen. Dies wiederum fordert die Rolle
jedes Teammitglieds.
Die Herausforderung ist, für das jeweilige Projekt auch die richtige Methode und
die entsprechenden Teammitglieder mit den geforderten Kompetenzen zu haben
und das auch noch in eine Organisation eingebettet, die dies unterstützt.
Egal, welche Methode wir aus dem agilen Arbeiten wählen, ob Design Thinking,
Kanban oder Scrum, sie haben alle eines gemeinsam und bauen auf Folgendem
auf:
Agile Methoden
geben den agilen Techniken eine Gesamtstruktur hin zum Projektmanagement
Agile Techniken
sind konkrete Verfahren zur Umsetzung der Werte und Prinzipien
Agile Prinzipien
basieren auf den agilen Werten und geben Handlungsgrundsätze
Agile Werte
sind das Fundament
Was bedeuten diese agilen Bausteine für uns und was verbirgt sich dahinter?
Abbildung 10.3 zeigt einen Überblick über mögliche agile Werte, die auch im
agilen Manifest beschrieben sind. Bei der Betrachtung der agilen Werte wurde
eine Relation hergestellt zu dem, was wichtiger ist in der Zusammenarbeit von
eigen organisierten Teams. Wenn wir uns einmal auf die Definition von Werten
beziehen, dann sind Werte in einer Gesellschaft akzeptiertes Verhalten. Die für
uns in einem agil aufgestellten Projekt gültigen Werte aus dem agilen Manifest
stellen sich wie folgt dar.
Agile Werte
Funktionierende Umfassende
Ergebnisse mehr als Dokumentation
Auf den agilen Werten bauen die „agilen Prinzipien“ auf. Sie definieren, wie wir
uns als Team verhalten wollen. Es sind die Handlungsgrundsätze, die wir für
unsere Gemeinschaft als Team für „richtig“ befinden.
164 Agiles Projektmanagement
Übersicht über
aktuelle Aufgaben
räumliche
Nähe
Definition of Done, klare
Festlegung, wann eine
Aufgabe fertig gestellt ist
Visualisierung des
Arbeitsstandes
Effiziente, tägliche
Statusmeetings
möglichst frühzeitige
Erzeugung von Time Boxing – wirklich
Kundennutzen feste Zeitvorgaben
An dieser Stelle möchte ich auch einmal auf den Unterschied hinweisen, den wir
zwischen dem agilen und den klassischen Methoden machen. Beides hat seine
Existenzberechtigung. Allerdings ist es immer wieder wichtig, die Rahmenbedin-
gungen der Projekte im Auge zu behalten und die für uns sinnvollste Methode
zum Einsatz zu bringen.
166 Agiles Projektmanagement
Dies kann ich aus meiner Erfahrung nicht bestätigen. Auch im klassischen
Projektmanagement werden regelmäßig Zwischenstände mit dem Kunden
abgestimmt.
Bekannte agile Methoden, die sehr detailliert beschrieben und aus der Software
Entwicklung auf andere Projekte übertragen wurden, sind:
■ Scrum
■ Kanban
■ Extreme Programming
■ Design Thinking
■ Lean Start uUp
Eine der bekanntesten Methoden des agilen Projektmanagements ist die Methode
Scrum. Diese soll mit ihren Spielregeln im Folgenden konkreter beschrieben wer-
den, auch um ein Gefühl dafür zu vermitteln, welche neuen oder auch anderen
Anforderungen an die beteiligten Personen gestellt werden.
Wir erinnern uns, der Erfolg der Methode Projektmanagement hängt weder im
Einkauf noch in anderen Bereichen allein vom Team, sondern sehr stark von der
die Methode beeinflussenden Organisation ab und der Art, wie Entscheidungen
getroffen werden.
Scrum ist:
■ leichtgewichtig
■ einfach zu verstehen
■ eine Methode, die eine starke Eigenorganisation der Teams verlangt
■ für große Projekte, wie es sie im Infrastrukturbereich gibt, weniger geeignet.
168 Agiles Projektmanagement
Product Backlog
Prio 2
Prio 3
Sprint Backlog
Scrum Master
Wir sprechen im Scrum über drei Rollen, die ich im Weiteren beschreiben möch-
te. Diese basieren auf den beschriebenen Rollen der Erfinder von Scrum.
Product Owner
Die Rolle des Product Owners ist entscheidend für die Gestaltung und den Wert
des Produktes. Der Product Owner ist das Gesicht des Kunden im Scrum. Er ist
auch der Einzige, der für das Management des Backlogs zuständig ist. Auch ist er
auch gleichermaßen für den wirtschaftlichen Erfolg des Projektes zuständig. Der
Product Owner ist der Ansprechpartner, wenn es um die Anforderungen des zu
entwickelnden Produktes im Sinne des wirtschaftlichen Mehrwertes geht. Er
muss kein Fachspezialist sein. Dennoch muss er aus Kundensicht vertreten.
Der Product Owner trägt die Verantwortung für die korrekte Führung des Pro-
duct-Backlogs. Er arbeitet gemeinsam mit den Stakeholdern an Veränderungen
und schreibt diese in aus seiner Sicht geeignete User Stories um. Die Einträge
werden von ihm priorisiert und sortiert. Alle Mitglieder des Entwicklungsteams
müssen die Einträge verstehen und auch sehen können. Verändern darf sie aber
nur der Product Owner.
Während des jeweiligen Sprints arbeitet der Product Owner sehr eng mit seinem
Team zusammen. Sein Ziel ist es, dass alle für den Sprint beschriebenen User
Stories fertig sind und das Ziel des Sprints erreicht wird.
Im Scrum Guide wird sogar beschrieben, dass die Entscheidungen des Product
Owners hinsichtlich seines Projektes von der Organisation zu akzeptieren sind,
170 Agiles Projektmanagement
damit sein Erfolg gewährleistet ist. Würde man einem Projektleiter eine gleiche
Entscheiderkompetenz zuteilen, so wären seine Erfolgschancen sicherlich auch
um einiges höher.
Der Product Owner kann die Arbeiten selbst durchführen oder sie an das Team
übergeben. Die Verantwortung bleibt jedoch bei ihm.
Der Scrum Master ist, wie das Wort bereits sagt, verantwortlich für den Scrum,
d. h. für die Einhaltung der Methode. Ähnlich der Rolle eines Change Managers
muss er dafür sorgen, dass die Methode eingehalten und auch in die Organisa-
tion getragen wird. Der Scrum Master ist Support und Ansprechpartner für die
Teams. Er hilft dem Team auch, Störgrößen der Arbeitsumgebung zu eliminieren.
Er hat ein offenes Ohr für die Probleme und hilft dem Team, diese zu beseitigen.
Er unterstützt das Team genauso wie den Product Owner.
Seine Rolle in Richtung Organisation liegt darin, dass er auch diese in Sachen Ein-
haltung des agilen Projektmanagements und seiner Methode unterstützt. Auch
bei der Auswahl von Projekten, die für den Einkauf mit agilen Methoden ab-
gebildet werden sollen, ist er Unterstützer.
Die Methode Scrum 171
Das Entwicklungsteam setzt sich aus den Fachspezialisten zusammen, die in der
Lage sind, die Anforderungen des Kunden in ein fertiges Produkt umzusetzen.
Die eigentlich gängige Rolle aus dem klassischen Projektmanagement bekommt
im Rahmen des agilen PM eine größere Eigenverantwortung. Das Team bestimmt
mit, an welcher Aufgabe als nächstes gearbeitet wird, wobei dies auch der Ent-
wickler oder Einkäufer im Rahmen seines Verantwortungsbereiches machen
kann. Während es im agilen PM um die Einhaltung des Sprints geht, muss der
Einkäufer im klassischen Projektmanagement die Ziele der Meilensteine errei-
chen. Das Entwicklungsteam ist interdisziplinär und beinhaltet alle Fachfunktio-
nen, die der Abarbeitung des Backlogs dienen. Zwar haben einzelne Mitglieder
des Teams spezielle Fachfunktionen, anders als im klassischen liegt jedoch die
Verantwortung für die Abarbeitung im gesamten Team und wird nicht den ein-
zelnen Funktionen zugeordnet.
■ Die Entwickler arbeiten ausschließlich nach den fachlichen Angaben des Pro-
duct Owners.
Ein Produkt Backlog entspricht einer geordneten Liste mit allen Anforderungen,
die bekannt sind und die das Produkt enthalten sollte. Im klassischen PM würde
man es ein detailliertes Lastenheft nennen. Zugriff auf das Produkt Backlog
172 Agiles Projektmanagement
haben alle, ändern allerdings darf nur der Product Owner. Anders als im Lasten-
heft, sind die Anforderungen im Backlog niemals vollständig. Im klassischen
Projektmanagement werden neue Anforderungen über den Change Request
offiziell implementiert, im agilen Projektmanagement entwickelt sich das Produkt
Backlog mit fortschreitendem Projekt immer weiter. Immer mit dem Ziel, das
Produkt so gut zu entwickeln (oder die Aufgabe), dass es den größtmöglichen
Nutzen auf, auf Basis der beschriebenen User Story, für den Kunden bietet. Man
kann auch sagen, dass im Produkt Backlog die User Stories sortiert werden, um
dann im weiteren Verlauf des Projektes mit dem agilen Planen beginnen zu kön-
nen. Mit dieser Art des Vorgehens wird auch deutlich, für welche Projekte sich
eher das klassische, das agile oder aber auch ein klassisches Projektmanagement
mit agilen Methoden eignet.
Als Sprint wird ein Zeitabschnitt von ein bis vier Wochen definiert, in dem sich
das Entwicklungsteam als Ziel gesetzt hat, bestimmte Aufgaben oder Arbeitspa-
kete aus dem Backlog abzuwickeln. Eigentlich könnte man im klassischen Pro-
jektmanagement die Zeit zwischen zwei Meilensteinen auch Sprint nennen. Der
Zeitraum wird nicht verlängert. Am Ende eines jeden Sprints wird reflektiert,
was gut und was schlecht gelaufen ist. Dies geschieht im Sprint Review. Dieses
findet ohne den Kunden statt, anders als die Retroperspektive, die gemeinschaft-
lich mit dem Kunden stattfinden kann. Während des Sprint Planning wird festge-
legt, welche Arbeiten aus dem Produkt Backlog in das Sprint Backlog überführt
werden. Übersetzt heißt das, es gibt einen genauen Plan, welche konkrete Punkte
in der definierten Zeit eines Sprints zu erledigen sind.
Die Methode Scrum 173
Weichen die Schätzwerte stark voneinander ab, so lässt der Scrum Master die ein-
zelnen Teammitglieder ihre Beweggründe für die Einschätzung darlegen. Danach
wird eine weitere Runde geschätzt, bis die Teammitglieder annähernd Konsens
über den anstehenden Aufwand haben. Erst dann werden die Story Points der
jeweiligen User Story zugeordnet.
Haben alle User Stories Ihre Punkte erhalten, kann daraus der Aufwand für die
jeweiligen Sprints abgeleitet werden.
der Praxis aber sehr oft weniger häufig. Die Teilnahme am Meeting ist für das
Team verpflichtend. Das Daily Scrum stellt kein Status Meeting dar, so wie wir es
im klassischen PM gewohnt sind. Das Ziel ist die Synchronisation im Team und
nicht die Rechtfertigung über geleistete oder nicht geleistete Arbeitspakete.
Dies ist auch ein Vorgehen bzw. eine Methode, die sich sehr gut in das klassische
Projektmanagement einbetten lässt. Sehr oft wird dieses Vorgehen als Workshop
im Projekt durchgeführt. Hier organisiert durch die Rolle und in der Verantwor-
tung des jeweiligen Projekt- oder Teilprojektleiters. Wenn man einen Zeit-
abschnitt zwischen zwei Meilensteinen betrachtet, könnte man diesen genauso
wie einen Sprint sehen. Mit zu erreichenden Zielen (Definition of Done) und
klaren Ergebnissen. Ein solches Daily ist auch im klassischen Projektmanagement
hilfreich. Oft nimmt man sich nicht die Zeit dafür. Der Pay Back an reibungslose-
rem Ablauf ist aber hoch. Ich habe dies selbst immer in sogenannten Krisen-
projekten gemacht. Da der Leidensdruck in solchen Projekten hoch genug ist, war
es keine Frage für das Team, diese Zeit zu investieren.
In der Methode Scrum ist die Sprint-Retroperspektive als Methode und Bestand-
teil wie folgt beschrieben:
Verantwortlich für das Meeting ist an dieser Stelle der Scrum Master. In seinen
Verantwortungsbereich fällt auch die Einhaltung des Zeitplans (Time Box).
Die Methode Scrum 175
Wichtig ist, dass potentielle Konflikte durch den Scrum Master gut gesteuert
werden. Im klassischen Projektmanagement geschieht dies durch die Rolle des
Projektleiters.
Das agile Projektmanagement mit Scrum ist eine Methode, die seit Jahren in aller
Munde ist. Sie weicht aber stark von der des klassischen Projektmanagements ab.
Auch wenn sie sich auf weitere Anwendungsgebiete übertragen lässt, so darf
man hierbei nicht vergessen, dass das agile Arbeiten aus der IT-Entwicklung
stammt. Die Herausforderung ist auch hier, für die richtige Aufgabe die richtige
Methode zu implementieren und die für die neue Rolle entsprechenden Team-
mitglieder zu haben. Nicht zu vergessen, dass das agile Arbeiten eine gute Res-
sourcenverfügbarkeit und ein Team benötigt, das eigenverantwortlich arbeiten
kann und will.
■ kurze Kommunikationswege
■ selbstorganisierte Teams können eine hohe Effektivität erzielen
■ transparentes Arbeiten dank Daily´s und allen zugänglichen Backlogs
■ kontinuierlicher Verbesserungsprozess
Nachteile
Dies ist eine einfache Beschreibung zum Transfer von Methoden aus dem agilen
Arbeiten in das klassische Projektmanagement. Sind die Teammitglieder moti-
viert, ist die Kommunikation gut, werden im Bereich und im Projekt die gleichen
Spielregeln gespielt, so läuft auch das Projekt gut.
Wichtig ist immer, dass wir das vorhandene Know-how der Beteiligten möglichst
effizient zusammen tragen und die Organisation das Vorgehen unterstützt.
■ Ist das Ziel für den Sprint erreicht bzw. hat das Produkt die geforderten
Eigenschaften? Steht das sogenannte Inkrement = vorzeigbares Produkt mit
entsprechend definierten Eigenschaften? Je nach Wichtigkeit für Team und
Kunden wird abgestimmt, ob das Produkt bzw. das jeweilige Item auch
demonstriert werden soll; gern in einer Tabelle vorab versendet, damit auch
hier das Thema Transparenz gelebt wird.
■ Feedback erhalten über die erledigten Aufgaben während des Sprints (ent-
sprechen Vorstellung des Produkts oder die Features).
■ Wenn alle Product Backlog Items für den Sprint vorgestellt wurden, werden
die wichtigsten Ergebnisse und auch Herausforderungen besprochen. Meist
werden diese vom Scrum Master oder vom Product Owner moderiert. Beides
ist möglich.
■ Durch das Feedback zum bereits bewältigten Sprint, ergeben sich oft Anfor-
derungen für den anstehenden Sprint und für mögliche Anpassungen der
Backlog Items. Daher ist meist der letzte Punkt auf der Agenda des Reviews
der Ausblick auf den nächsten Sprint sowie die hierfür anstehenden Tätig-
keiten.
Die Methode Scrum 177
Fazit
Ein wichtiger Teil am Ende jeden Sprints ist das Review mit dem Kunden
und interessierten Stakeholdern, mit dem Ziel, Feedback für die erledigten
Aufgaben zu erhalten und daraus resultierend eventuell auch das Backlog
für den kommenden Sprint anzupassen.
Dies war ein kurzer Einblick in das agile Arbeiten in Projekten. Beide Methoden,
sowohl das klassische Projektmanagement als auch das agile Projektmanagement
haben ihre Existenzberechtigung. Es ist wichtig, Abzugrenzen vorzunehmen,
d. h. an welcher Stelle und für welche Projekte die geeignetste Methode einge-
setzt werden kann.
Die Methode Scrum 179
„Führung ist die Fähigkeit, eine Richtung vorzugeben, andere im Sinne eines gemeinsa-
men Ziels zu beeinflussen, sie zu motivieren und zum Handeln zu bringen und sie für
Ihre Leistung in die Verantwortung zu nehmen.“
Wenn wir uns das Konstrukt des agilen Projektmanagements ansehen, ist in der
Theorie beschrieben, dass es, anders als im klassischen Projektmanagement den
Projektleiter, keine einzelne Führungspersönlichkeit gibt. Dennoch kommt natür-
lich auch das agile Projektmanagement nicht ohne eine Form der Steuerung aus.
Dies kann wie nachfolgend beschrieben werden:
Ein gemeinsames Ziel wird als erstes über die User Stories durch den Kunden
vorgegeben. Das Backlog, welches durch den Product Owner organisiert und
priorisiert wird, ergibt die Arbeitspakete. Das Team nimmt sich die Arbeitspakete
für den jeweiligen Arbeitsabschnitt, den Sprint, selber. Störgrößen werden durch
den Scrum Master bearbeitet. Das sogenannte Impediment Backlog ist eine Auf-
listung der zu bearbeitenden Störgrößen, die das Leben des Teams erschweren.
Dieses Backlog wiederum unterliegt der Verantwortung des Scrum Masters.
Hierunter können auch Themen fallen, wie Infrastruktur, Lautstärke, Probleme in
der Kommunikation. Wir reden also nicht nur über die technischen Themen, son-
dern alles, was den Erfolg des Projektes gefährden könnte. Für den Scrum Master
gilt an dieser Stelle nicht „Melden oder Dokumentieren“, sondern die benannten
Themen müssen schnellstmöglich aus dem Weg geräumt werden. Wichtig ist zu
entscheiden, welche Themen in das Impediment Backlog gehören und welche
Themen kann und muss das Team selber lösen.
© Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2020
K. Hillberg, Projektmanagement im Einkauf,
https://doi.org/10.1007/978-3-658-31310-4_11
180 Führung in agilen Projekten
Allerdings findet das normale Leben auch mit den agilen Methoden weiterhin
statt. Das heißt, die Herausforderung der Kommunikation nach innen und außen
ist ein Spannungsfeld, welches es in Balance zu halten gilt. Herr Schulz von Thun
mit seinem Vier-Ohren-Prinzip bleibt uns erhalten. Die Challenge des Austau-
sches im Team von Informationen auf der Sachebene und auf der anderen Seite
von emotionaler und auch Beziehungsebene, gilt es zu meistern. Das Team kann
nur gut arbeiten, wenn beide Ebenen bedient werden.
Wie sagte einmal ein guter Freund, nur sprechenden Menschen kann man helfen.
Dies gilt auch für das Projektmanagement. Daher sind folgende Schwerpunkte in
der Kommunikation zu beachten, um eine gute Transparenz im Projekt zu erhal-
ten.
■ Austausch von Sachinformationen mit dem Ziel der Abarbeitung von Arbeits-
paketen
■ Gute Kommunikation, auch wenn es mal nicht reibungslos läuft (Wie wollen
wir Konflikte lösen?)
■ Dialogfähigkeit
Der Product Owner und die Herausforderung an seine kommunikativen Fähigkeiten181
Fazit
Scrum kommt aus der IT und ist daher nicht für alle Großprojekte geeignet.
Was versprechen wir uns von Einkauf 4.0? 183
© Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2020
K. Hillberg, Projektmanagement im Einkauf,
https://doi.org/10.1007/978-3-658-31310-4_12
184 Digitalisierung oder Einkauf 4.0
greifen, sondern auch auf die der Lieferanten bzw. der Lieferantenkette. Es wird
spannend, wie die Unternehmen diesen Change bewältigen werden. Auch die
Kommunikation in Echtzeit der Systeme wird ein weiterer Baustein, so z. B.
mehrstufige Vernetzungen, in der die Kommunikation der Systeme in Echtzeit
miteinander in den Ablauf eingebunden werden sollen.
Durch diese neue Form der Analyse und Kommunikation können Handlungsbe-
darfe entlang der Wertschöpfungskette frühzeitig erkannt und entsprechende
Maßnahmen eingeleitet werden. Wir versprechen uns konkret von der Digitali-
sierung:
Einkauf 4.0 ist ein Change-Prozess, der das gesamte Unternehmen betrifft und
für den die Voraussetzungen erst geschaffen werden müssen. Dies ist eine große
Herausforderung für alle Firmen – ein Change-Prozess, der viele bekannte Ab-
läufe über den Haufen wirft und auch die Rolle der Einkäufer komplett verän-
dert.
Hier einmal nur ein paar Stichworte, was wir benötigen, damit Digitalisierung
überhaupt stattfinden kann:
■ Wissen, welche Daten der Supply Chain zusätzlich erhoben werden können
■ Komplexe Abstimmung mit allen Beteiligten (Schnittstellenmanagement oder
Projektmanagement gewinnen an Priorität)
Der operative Einkauf und seine Aufgaben 185
■ Bestellabwicklung
■ Reklamationsbearbeitung
■ Terminkoordination
■ Rechnungsprüfung
Projektmanager
Der Einkäufer
der Zukunft gute Vernetzung intern
Datenmanager
gute IT-Kenntnisse
Beziehungsmanager
Wie der Name bereits sagt, unterscheidet sich der operative vom strategischen
Einkauf darin, dass sich dieser nicht um die rein operative Bestellabwicklung,
sondern um die strategischen Ansätze zur Optimierung der Wertschöpfung
kümmert. Diese setzt sich aus Maßnahmen zusammen, die dem Unternehmen
eine nachhaltige Optimierung der Wertschöpfung bringen. Das „Go Global“
gehört ebenso in den strategischen Einkauf, wie die Optimierung der Material-
gruppen-Strategie und die Analyse des Umfelds (siehe Methoden der Analyse in
der Globalisierung, Kapitel 6).
Die Rolle des Einkäufers im Umfeld 4.0 187
Auch die von mir beschriebenen Werkzeuge gehören zu den Arbeitsmitteln des
strategischen Einkäufers, der an dieser Stelle gleichermaßen auch der Projektma-
nager ist. Je nach Größe des Unternehmens kann die Rolle des Einkäufers auch
beide Seiten beinhalten. Je nach „Hut“, den er gerade trägt, unterscheiden wir
nach operativen und strategischen Tätigkeiten.
Das oberste Ziel des strategischen Einkäufers kann mit folgenden Worten be-
schrieben werden: Er hat die Produkte des Unternehmens im Auge und stellt
sicher, dass die Position des Unternehmens schnell und flexibel der Marktsituati-
on angepasst wird.
■ Die Position des eigenen Unternehmens auf dem nationalen und internationa-
len Einkaufsmarkt sichern und stärken
■ Risikomanagement betreiben
■ Bei der Umsetzung der Unternehmensziele im Einkauf mitwirken
■ Neue Märkte erkennen und für das Unternehmen verfügbar machen
■ Die Wertschöpfung verbessern
■ Die Zukunft im Auge haben
Material- Analyse
Bescha- Lieferan-
gruppen- / und Lieferan- Koninuier-
ffungs- ten-
Kennzah- Entwick- ten- liche
strategie auswahl /
lenanalyse lung des Integra- Über-
fest- Verhand-
Kenn- Lieferanten tion wachung
legen lung
zahlen Panels
Daher ist die neue Rolle genauso wenig im Detail beschrieben. Was wir aber
wissen, ist, dass nichts so bleiben wird, wie es bisher ist. Nichts ist so sicher, wie
der Wandel.
Den Einkäufer in Form des Bestellers wird es in Zukunft nicht mehr geben. Was
es aber geben muss, ist eine vielseitige Persönlichkeit, die sich folgenden Aufga-
ben gegenübersieht:
Mit dem Einkauf 4.0 geht es nicht allein um eine Digitalisierung von Ar-
beitsprozessen, sondern um eine völlig neue Arbeitswelt mit veränderten
Anforderungen an Menschen, die diese erfüllen.
Mit den veränderten Aufgaben werden sich auch die Schwerpunkte verschieben.
Wir sprechen von einem Change Management im großen Umfang, welches alte
Einkäuferrollen ablöst und neue gestaltet. Es handelt sich um eine besondere
Herausforderung an eine neue Generation Einkäufer 4.0.
Was ist Führung? 189
13 Führung im Projekt
Worin unterscheidet sich Führung in der Linie von Führung im Projekt? Eine
Frage, die immer wieder gestellt wird. Da Projektmanagement eine Sonderorga-
nisation auf Zeit mit eigenen Rollen und Spielregeln ist, gilt es, die Führungsrolle
entsprechend zu definieren. Erst wenn die Abgrenzung zur Linienorganisation
stattgefunden hat und die Rollen definiert sind, ist die Voraussetzung für gute
Führung geschaffen.
Führung im Projekt und Führung in der Linie basieren auf zwei unterschiedli-
chen Organisationsformen. In beiden Organisationsformen werden Aufgaben
und Tätigkeiten umgesetzt.
■ In der Linie sind die Funktionen hierarchisch organisiert und basieren auf
fachlicher und disziplinarischer Führungsrolle.
© Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2020
K. Hillberg, Projektmanagement im Einkauf,
https://doi.org/10.1007/978-3-658-31310-4_13
190 Führung im Projekt
Er ist außerdem für die Fortschrittskontrolle zum Erlangen des Sprintziels ver-
antwortlich. Hierbei erläutert der Product-Owner im Sprint-Review, ob Product-
Backlog-Einträge die Eigenschaft Done besitzen. Auch die Entscheidung über
eine optionale frühzeitige Beendigung eines Sprints liegt im Verantwortungsbe-
reich des Product Owners.
Welche Elemente sind das? In erster Linie einmal die Aufgabe – der sogenannte
Fachprozess, der geführt werden muss; die Aufgabe, die es zu erledigen gilt.
Diese werden im Projektauftrag definiert. Das Magische Dreieck gibt den Rah-
men vor. Daraus leitet sich auch das Projektziel ab, welches in Teilziele (die soge-
nannten Meilensteine) heruntergebrochen wird. Die einzelnen Aktivitäten wer-
den über den Projektstrukturplan (s. Kapitel 5.4, bzw. Schritt 4) definiert und in
den Terminplan (s. Kapitel 5.5, bzw. Schritt 5) eingebunden. Als Projektleiter
wird der Fachprozess zuerst geplant und dann in der Umsetzungsphase ge-
steuert.
Wir führen als Projektleiter immer die Aufgabe, das Team und die Einzelperson –
eine große Herausforderung in der Sonderorganisation auf Zeit.
Was ist Führung? 191
Abbildung 13.1 Führung als Projektleiter (Quelle: John Adair, Develop your
Leadership Skills, 2007, S. 23)
Anforderungen aus
der Aufgabe/dem
Fachprozess
Anforderungen der
Anforderungen aus
Einzelpersonen
der Teamsteuerung
Dies wird kombiniert mit den Anforderungen aus dem Team, das ebenfalls als
Ganzes gesteuert werden möchte: das Zusammenbringen der relevanten Funkti-
onen und Persönlichkeiten, um den Elefanten, den ein Einzelner nicht stemmen
kann, gemeinschaftlich zu tragen. Das heißt aber auch, dass mir als Projektleiter
die Aufgabe zuteilwird, die Ressourcen entsprechend den Anforderungen einzu-
setzen und den Teamprozess mit vielen Schnittstellen zu steuern.
Das Team wiederum generiert sich aus Einzelpersonen, die genauso gesehen und
geführt werden möchten.
Für den Projektleiter bedeutet dies, die Aufgabe, das Team und die Einzelperso-
nen im Blick zu haben und gemeinschaftlich zum Erfolg zu führen. Erst wenn
diese Schnittstellen sauber abdeckt werden, kann ich den komplexen Herausfor-
derungen im Projekt gerecht werden.
192 Führung im Projekt
■ klar beschrieben,
■ konkret,
■ abgegrenzt,
■ zeitlich begrenzt,
■ realistisch,
■ messbar.
1. Die Aufgabe oder das Arbeitspaket
ergeben sich im Projekt aus den Vorgaben hinsichtlich Terminen, Kosten und
Qualität. Voraussetzung ist die saubere Abstimmung mit dem Auftraggeber
über den Umfang des Projektes. WICHTIG: Habe ich den Umfang nicht ein-
deutig abgegrenzt, so kann ich dies auch nicht bei den Arbeitspaketen durch-
führen. Nur über einen klaren Auftrag kann ich die Inhalte der Arbeitspakete
bestimmen. Ist dies nicht geschehen, zieht sich das Konfliktpotenzial durch
das gesamte Projekt!
Das Magische Dreieck und die Meilensteine definieren den klaren Anfang
und das klare Ende des Projektes. Diese brechen wir auf Teilaufgaben über
Teilziele (s. Kapitel 5.3.4, bzw. Schritt 3 – Meilensteine) auf Arbeitspakete her-
unter. Die Summe der Arbeitspakete ergibt das gesamte Projekt. Die Arbeits-
pakete finden wir im Projektstrukturplan wieder und steuern diese in Bespre-
chungen und Termin- und Kostenplänen (s. Kapitel 5.5 und 5.6, bzw. Schritt 5
und 6 – Terminplanung und Kostenplanung). Erst die Kombination von
Teamführung, Individuum und Fachprozess in Summe ergeben das Ergebnis
meiner Projektführung.
Was brauche ich, wie sieht die „ideale Führungskraft“ aus? Dies hat auch etwas
mit der Situation, in der ich mich befinde, zu tun. Stellen sie sich vor, zwei Piloten
würden in einem Krisenfall im Cockpit erst einmal diskutieren und alle Szenarien
durchspielen. Ich glaube, das wollen wir uns gar nicht weiter ausmalen. Hier
muss ganz klar und sofort entschieden werden. So ist das auch im Projekt. Habe
ich ein Krisenprojekt, so ist die Entscheidungskraft schneller und wichtiger, um
das Überleben im Projekt zu sichern. Befinde ich mich aber in einem Projekt,
welches klar geplant ist, so muss ich situativ immer wieder darüber nachdenken,
welches meiner Ziele nun gerade Priorität hat und wie sich dies mit den mir zur
Verfügung stehenden Menschen verwirklichen lässt.
In einem gut geplanten Projekt (z. B. Verlagerung eines Werkzeugs von A nach B)
werden die unterschiedlichen Sichtweisen in Workshops oder Arbeitssitzungen
zusammengetragen und eine Entscheidung auf Basis einer Szenarioplanung
herbeigeführt – in einem Krisenprojekt eher auf Basis einer 80/20-Variante, in der
die Zeit eine größere Rolle spielt als die Planungsgenauigkeit.
Was ist Führung? 195
Die Komponenten Situation, Zeit und Priorität haben ebenfalls einen großen Einfluss auf
die Art der gerade notwendigen Führung!
Neben der Aufgabe und den Werkzeugen gibt es die persönlichen Fähigkeiten,
die das Führen erleichtern. Welche sind das? Nennen wir einmal einige, ohne die
Führen nur schwer möglich sein wird.
■ Fairness – Wir erwarten von einer Führungskraft, dass alle gleich behandelt
werden und somit ein Gefühl der Fairness aufkommt. Im Team sind Aner-
kennung und Kritik für geleistete Arbeit gleichmäßig zu verteilen: Fairness in
der Führung.
■ Empathie – Führung benötigt Verstand, aber auch Herz. Gute Führung ohne
Empathie ist kaum vorstellbar.
All diese Fähigkeiten lassen sich entwickeln oder sind erlernbar. Aber nicht von
heute auf morgen. Viele Werte beruhen auf Erfahrung und Weiterentwicklung
unserer Persönlichkeit. Aber ist damit ist auch die Frage beantwortet, ob man
Führung lernen kann? Ja! Es ist eine Frage der Zeit.
leichter als deren Anwendung im konkreten Einzelfall, der immer wieder variie-
ren kann. Malik definiert sechs Grundsätze wirksamer Führung:
1. Grundsatz Resultatorientierung
In Bezug auf die Projektführung heißt das, dass ein klar vereinbartes Ziel unum-
gänglich ist und damit auch dessen Verankerung im Projektantrag (Quelle: Fred-
mund Malik, Führen, Leisten, Leben. Wirksames Management für eine neue
Welt, 2006, S. 84).
Wenn ich als Projektleiter versuche, alles selber zu erledigen, werde ich scheitern.
Eine der Hauptaufgaben eines Projektleiters ist es, zu wissen, welche Kennzahlen
meinen Projektprozess steuern, und über diese das Projekt zu führen. Es ist kaum
möglich, alle Projektdetails und Arbeitspakete selbst zu führen. Das setzt aber
auch voraus, dass ich das Werkzeug Delegation beherrsche (Quelle: Ebd. S. 110).
Als Projektleiter kenne ich meine eigenen Stärken und Schwächen. Bevor ich
andere führe, muss ich erst einmal mich selber kennen und einschätzen können.
Erst dann bin ich in der Lage, auch als Führungskraft für andere einen guten Job
zu machen. Die Stärke im Team und das Erfolgsrezept im Projekt ist das zielori-
entierte Zusammenführen der einzelnen Fähigkeiten der jeweiligen Teammit-
glieder. Das Mind-Map ist der erste Schritt, um die fachlichen Kompetenzen
zusammenzubringen. Die einzelnen Stärken sind die Grundvoraussetzung für
den erfolgreichen Projektprozess (Quelle: Ebd. S. 122).
5. Grundsatz Vertrauen
Ohne Vertrauen keine Führung. Vertrauen ist die Basis des menschlichen Mitei-
nanders. Aber wodurch entsteht Vertrauen und wie äußert es sich? Wenn wir das
tun, was wir sagen, geben wir Sicherheit. Umgekehrt können wir natürlich auch
die Frage stellen, was wir tunlichst unterlassen sollten, damit wir Vertrauen nicht
zerstören (Quelle: Ebd. S. 140).
Was ist Führung? 197
Klarheit: Reden wir nicht nur über „nett sein“. Reden wir ebenso über Klarheit,
auch wenn die Wahrheit für mein Gegenüber nicht angenehm sein mag: die Ver-
zögerung des Projektes und dessen Auswirkung auf Arbeitspakete, um nur ein
kleines Beispiel zu nennen.
In meinen Seminaren sprechen wir immer wieder darüber, was wir als Teammit-
glieder von unserem Projektleiter erwarten. Gern möchte ich dieses hier wieder-
geben. Als „gute Führung“ im Projekt sind folgende Fähigkeiten gewünscht oder
notwendig und werden immer wieder aus Sicht des Teams genannt:
Es geht nicht darum, die Welt schönzureden, aber eine negative Einstellung zum
Projekt ist absolut kontraproduktiv. Vorbild sein und konstruktiv mit dem Team
die Aufgaben angehen (Quelle: Ebd. S. 157).
198 Führung im Projekt
Die genannten Fähigkeiten haben Allgemeingültigkeit und sind als Bedürfnis der
Teammitglieder zu sehen, um motiviert und engagiert die Arbeitspakete abwi-
ckeln zu können.
■ Sind die Besprechungen, für die ich verantwortlich bin, gut vorbereitet und
stringent geführt?
■ Habe ich für mein Projekt gute Steuerinstrumente, die es mir ermöglichen,
schnell und zielorientiert zu reagieren (z. B. Meilensteintrendanalyse, Kosten-
trendanalyse ...)?
■ Was tue ich, damit sich das Team auch als Gemeinschaft wahrnimmt?
■ Delegiere ich im notwendigen Umfang und gebe entsprechend Feedback?
■ Besteht ein Eskalationsprozess?
Was ist Führung? 199
■ ausreichende Informationen über die Aufgabe und alles, was für ihre Erledi-
gung wichtig ist,
■ hier ist auch genügend Information über Sinn und Ziel mit zu erläutern.
■ klare Anweisungen in Bezug auf das, was erwartet wird, dabei aber ausrei-
chend Handlungsspielraum. Der oder die Person, die die Aufgabe entgegen-
nimmt, muss auch über den Handlungsspielraum informiert sein. Dies gilt
auch umgekehrt bei der Übernahme einer Projektleitung. Wenn die Rolle gut
ausgefüllt werden soll, dann muss jeweils klar sein, was die Aufgabe ist, was
meine Verantwortung ist und in welchem Bereich ich Entscheidungen treffen
darf (Kompetenz).
■ Informationen zu Sinn und Ziel der Aufgabe, denn nur wer weiß, was das
Ziel ist, kann es auch erreichen.
2. Schritt: Unterstützen bei der Umsetzung
Die Aufgabe zu übergeben und erst bei Terminende abzuholen, ist keine Dele-
gation.
Fazit
Das Ziel ist klar zu definieren, dabei die Rahmenbedingungen und Be-
schreibung der zu übergebenden Aufgabe nicht vergessen!
Während der Umsetzung der Aufgabe ist es wichtig, immer wieder den
Status zu besprechen und als Coach zur Verfügung zu stehen. Oft ändern
sich Einflussgrößen. So viel Kontakt zur umsetzenden Person wie nötig.
Als Kick-off bezeichnen wir die erste offizielle Auftaktveranstaltung eines Projek-
tes. Das Kick-off sollte Bestandteil eines jeden neu gestarteten Projektes sein.
Symbolisch zeigt es allen Projektbeteiligten den Übergang von der Linie in das
Projekt und damit den Beginn der Umsetzung der Aufgabe in der Sonderorgani-
sation.
Natürlich kann der Ablauf eines Kick-offs unterschiedlich sein. Je nach Projekt-
größe und Teilnehmerzahl reicht die Bandbreite von einer reinen Informations-
veranstaltung (großes Projekt, viele Teilnehmer) bis hin zu einem Treffen, in dem
gemeinsam die ersten Planungsergebnisse (bei bis zu ca. 20 Teilnehmern mög-
lich) erarbeitet werden.
Auch in einem Einkaufsprojekt unterstreiche ich mit dem Kick-off nochmals die
Zugehörigkeit zu meiner Projektstruktur.
Als Projektleiter ist es wichtig, das Kick-off gut vorzubereiten und umzusetzen.
Es spiegelt den Charakter des kommenden Projektes wider. Im Folgenden ist eine
Checkliste zusammengestellt, die als Gedankenstütze für die Vorbereitung und
die Umsetzung dient.
■ Kennenlernen der Teammitglieder, falls dies vorher noch nicht bekannt war
‒ Das „Who is Who“ im Projekt
Der Projektleiter ist „Gastgeber“ des Kick-offs. Das Kick-off kann sowohl eine
reine Informationsveranstaltung als auch eine Informations- und Arbeitssitzung
in Kombination sein!
13.3 Motivation
Wenn wir über das Thema Führung reden, dann sind Motivation, Kommunikati-
on und Feedback dazugehörige Werkzeuge. Was aber ist Motivation?
Als Motivation bezeichnen wir den menschlichen Antrieb, aus sich heraus das
Beste leisten zu wollen. Diese Art des Antriebs kann gebremst oder auch unter-
stützt werden. Basierend auf einer für uns positiven Empfindung, generieren wir
ein Handlungsmotiv („Ich fühle mich wohl/Ich fühle mich nicht wohl!“). Wird
eine Emotion mit einer Zielorientierung verknüpft, so sprechen wir von einem
Motiv. Motivation ist dementsprechend ein Prozess, der zu einer positiven Hand-
lungsbereitschaft führt.
Die Theorie von Maslow besagt, dass eine Motivation auf der nächsthöheren
Stufe nur dann möglich ist, wenn die Stufen darunter befriedigt sind. Entspre-
chend der Theorie von Maslow, kann ich einen Menschen, der Hunger hat, nicht
durch die Option der Selbstverwirklichung motivieren!
1. Physiologische Bedürfnisse
Essen, Schlafen, Trinken. Die Grundbedürfnisse von uns Menschen können durch
die Arbeit und das Gehalt befriedigt werden und sind damit als Motivatoren
bereits erfüllt.
Motivation 205
Hier kann ich als Projektleiter etwas tun. Zugehörigkeit zum Projekt, zum Team
und das Gefühl der Gemeinsamkeit fördern die Motivation meiner Teammitglie-
der. Das Arbeiten im Team bereichert die Tätigkeit der Mitarbeiter um vielfältige
soziale Kontakte.
Kann durch direktes und aufrichtiges Lob des Projektleiters und durch einen
erweiterten Handlungs- und Entscheidungsspielraum für Teammitglieder befrie-
digt werden. Innerhalb von Projekten gibt es Auszeichnungen und Gratifikatio-
nen für herausragende Leistungen.
Wie bereits beschrieben, stehen die Bedürfnisse untereinander in einer Form der
Abhängigkeit. Erst wenn ein Bedürfnis erfüllt ist, kann das nächsthöhere als
Motivator fungieren. Je höher das Bedürfnis, desto weniger wichtig ist es für das
reine Überleben, denn es kann leichter aufgeschoben werden, es wird als weniger
drängend erlebt und kann auch ganz verschwinden. Ein Individuum, dessen
Verhalten durch höhere Bedürfnisse bestimmt ist (das setzt voraus, dass alle
grundlegenderen Bedürfnisse befriedigt sind), ist seltener krank, schläft besser
und lebt länger. Befriedigung höherer Bedürfnisse führt weg von psychopatholo-
gischen Erscheinungen (psychischen Krankheiten) und ist damit ein wichtiger
Schutzfaktor für Gesundheit. Höhere Bedürfnisse werden sozial höher bewertet.
206 Führung im Projekt
Das Befolgen und die Befriedigung höherer Bedürfnisse haben positive soziale
Konsequenzen (Loyalität, Freundlichkeit ...).
Für mein Projekt bedeutet das: Nur wenn meine Teammitglieder auch eine ange-
nehme Arbeitsumgebung haben, kann ich die volle Leistung im Team erwarten.
Aus den Workshops und Seminaren wurden immer wieder bestimmte Punkte
genannt, die von Teammitgliedern als motivierend bezeichnet wurden. Daraus
hat sich eine kleine Checkliste entwickelt, die für mich als Projektleiter eine Ge-
dankenstütze darstellen soll.
Checkliste Motivation
Vertrauen zeigen
Verantwortung übertragen
Kommunikation
In erster Linie sind die Rollen im Team klar definiert und innerhalb des Teams
gibt es bis auf den Projektleiter keine hierarchische Abstufung. Die Teammitglie-
der (Funktionen) wurden entsprechend des benötigten Expertenwissens zusam-
mengestellt.
Um ein Projekt erfolgreich zu führen, ist neben einem Anspruch an das Fachver-
ständnis auch ein hohes Maß an sozialer Kompetenz notwendig. Was zeichnet
einen Leader für ein Projekt aus? Ohne bestimmte Kompetenzen oder Skills kann
Führung nicht funktionieren.
© Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2020
K. Hillberg, Projektmanagement im Einkauf,
https://doi.org/10.1007/978-3-658-31310-4_14
210 Was macht Teamarbeit erfolgreich?
1. Forming-Phase
2. Storming-Phase
3. Norming-Phase
In dieser Phase finden sich die einzelnen Personen als Team zusammen. Der
Rahmen für die Zusammenarbeit wurde gestaltet. Das Team kennt sich und das
„Gerangel“ um Hierarchie im Team ist beendet. Zusammenarbeit steht im Vor-
dergrund. Die Eigenarten der anderen Teammitglieder werden als gegeben hin-
genommen.
4. Performing-Phase
5. Adjourning-Phase
Diese Phase wurde von Tuckman erst in den 1970er-Jahren hinzugefügt, gemeinsam
mit Mary Ann C. Jensen. Sind Teams sehr lange in der Performing-Phase gewesen, so
ist es schwer, das Gefühl von Gemeinsamkeit wieder aufzugeben. Es stellt sich ein
bisschen das Gefühl wie am Ende einer Beziehung ein. In dieser Phase dürfen Erfolge
nochmals gefeiert werden. Es findet ein Rückblick statt. Was war gut, was würden
wir anders machen? Das Team wird offiziell aus dem Projekt entbunden.
Ckeckliste Präsentation
Zielgruppe
Ablauf
Örtlichkeit
15 Projektherausforderung im
internationalen Umfeld —
Why culture counts
Viele Einkaufsprojekte laufen im internationalen Umfeld ab. Was aber bedeutet
das für unsere Projekte? Warum bedeutet dies wiederum eine ganz neue Heraus-
forderung?
Die Worte, die wir wählen, sind nur ein kleiner Teil in unserer Art zu kommuni-
zieren. Die Art, wie wir uns ansehen, die Stimmlage, der Kontext, in dem wir
sprechen – all dies transportiert mehr Information als das gesprochene Wort, die
Verben oder die Adjektive, die am Ende den ganzen Satz ergeben.
Daher ist es auch so wichtig, sich getroffen zu haben. Wir fühlen uns wohler,
wenn wir die Körpersprache, die Mimik und die Gestik, den Humor erlebt haben.
Wie aber ist dies zu deuten? In unserer eigenen Kultur können wir dies ohne
Probleme nachvollziehen.
Kultur
Kultur = Der Begriff Kultur entstammt dem lateinischen Wort „colere“ und
bedeutet so viel wie bebauen, bestellen pflegen. Jede Kultur hat ihre Besonder-
heiten und ihre eigenen, für sie typischen Orientierungen. Diese prägen die
Angehörigen einer Kultur und formen deren Identität.
© Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2020
K. Hillberg, Projektmanagement im Einkauf,
https://doi.org/10.1007/978-3-658-31310-4_15
220 Projektherausforderung im internationalen Umfeld — Why culture counts
Werten, Normen
Kommunikationsstil
Einstellungen
Auffassungen
Bedürfnissen
Geprägt durch die Gesellschaft, in der wir aufwachsen, prägt sich die soge-
nannte Kultur, in der wir leben und die unserer Wahrheit entspricht.
Für unseren Projektalltag bedeutet dies, wir können uns nicht entziehen – nicht
der eigenen Kultur, der des Teams und auch nicht der Unternehmenskultur.
Umso wichtiger ist es auch, für das Team eine Kultur mit eigenen Werten zu
entwickeln und sich in unserem Alltag bewusst zu machen, dass die unter-
schiedlichen „Wahrheiten“, in denen wir leben, einen gemeinsamen Nenner
benötigen, um ein gut funktionierendes Team zu haben.
Checkliste Kultur
Was konkret ist anders? Worauf müssen wir im Team hinsichtlich kultureller
Unterschiede achten?
Wahrnehmung
Nationalität
Der Begriff der Nationalität bezeichnet die Zugehörigkeit zu einem Staat. Die
Nationalität sorgt dafür, dass unsere Kultur und damit unsere Werte anders
sind. Die Herausforderung ist, dieses „anders sein“ erfolgreich für unser Pro-
jekt einzusetzen.
Hätten wir in diesem Projekt die kulturellen Hintergründe noch intensiver be-
trachtet, so wäre die Verzögerung im Projekt gar nicht erst entstanden. In diesem
Fall ist sehr schnell klar geworden, wie wichtig die Betrachtung der kulturellen
Hintergründe beim Aufbau der Projektorganisation ist.
Gegenseitiger Respekt, Klarheit und offene Kommunikation sind auch hier die
Basis für eine erfolgreiche Teamarbeit. Meist sind sich die Teams darüber sehr
schnell einig. Allerdings gibt es große kulturelle Unterschiede, was als respekt-
volles Verhalten angesehen wird. Schmatzen ist in unserem Kulturkreis eher
weniger respektvoll, in China aber schon, um nur ein Beispiel zu nennen.
Es ist in internationalen Projekten darauf zu achten, dass kein Land im Projekt bevorzugt
behandelt wird.
Es ist hilfreich, in einer frühen Phase festzulegen, wer im Projekt welche Rolle hat:
Eindeutige Klärung der Sprache im Projekt; bei der Auswahl der Teammit-
glieder ist dies bereits zu berücksichtigen.
Auch hier gilt der sogenannte Steuerkreis. Der von William Edwards Deming
entworfene Steuerkreis zur kontinuierlichen Verbesserung der Qualität kann
auch in Projekten angepasst werden.
Was wir in der Definitionsphase über das „Magische Dreieck“ (Termine, Kosten,
vereinbarter Leistungsumfang) festgelegt haben, wird in der Planungsphase
detailliert und im sogenannten Basisplan festgehalten. Der Basisplan wird nur
© Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2020
K. Hillberg, Projektmanagement im Einkauf,
https://doi.org/10.1007/978-3-658-31310-4_16
226 Steuerung von Projekten
Fazit
Über das Magische Dreieck wird der Rahmen des Projektes in der Definiti-
onsphase abgesteckt. Die Informationen über das Projekt sind hier oft noch
sehr rudimentär.
Meilensteine liegen immer auf dem kritischen Pfad. Mit Hilfe der Meilen-
steintrendanalyse sind die Auswirkungen als „Trend“ vorauszusehen.
nen, und nicht erst am Ende des Projektes festzustellen, dass die Ziele nicht
mehr im vorgegeben Rahmen liegen.
16.2 Kostensteuerung
Auf Basis der Planungskosten erfolgt in der Umsetzungsphase die Steuerung der
Kosten. Wie auch bei Terminen und Leistungsumfang werden die Plankosten mit
den jeweiligen Ist-Kosten abgeglichen. Der erledigte Leistungsumfang wird in ein
Verhältnis zu den tatsächlich ausgegebenen Kosten gesetzt. Eventuell auftretende
Abweichungen sollen frühzeitig erkannt und angepasst werden.
In Abbildung 16.2 sehen wir symbolisch die über den Projektstrukturplan ermit-
telten Arbeitspakete. Diese werden über die gesamte Projektlaufzeit aufsummiert
und ergeben im Ganzen die Projektkosten. All dies passiert gemeinsam mit den
Experten in der Planungsphase.
Im Verlauf der Umsetzung des Projektes gleichen wir die geplanten mit den
tatsächlich angefallenen Kosten ab und greifen steuernd ein, wenn notwendig.
Kostensteuerung 229
Fazit
Die Basis für die Kostenschätzung sind in der frühen Phase des Projektes
die Vergleichswerte der jeweiligen Experten.
Im Verlauf der tieferen Planung werden die Kosten durch die Arbeitspakete
konkretisiert (Bottom-up-Planung).
Arbeitspakete sollten nicht zu klein gestaltet werden, damit man nicht nur damit
beschäftigt ist, die Terminpläne oder Kostenpläne anzupassen. Die Werkzeuge
wie Termin- und oder Kostenplan sollen uns helfen, Projekte transparenter zu
gestalten und damit steuerbar zu machen und nicht das Leben des Projektleiters
komplizierter.
■ Alle direkten und indirekten Kosten werden zugeordnet, soweit dies möglich
ist. Entsprechende Kennzahlen wie Personenkosten je Stunde können über
den Finanzbereich des Unternehmens abgefragt werden.
Abbildung 16.3 zeigt die schematische Darstellung eines Meilensteins mit den
Arbeitspaketen A–D, die zur Erreichung des Meilensteins notwendig sind. Der
Basisplan wird in der Umsetzungsphase überprüft. Die Meilensteine können über
den gesamten Projektverlauf beobachtet und gesteuert werden. Dies ist ein sich
permanent wiederholender Prozess.
Meilensteintrend- und Kostentrendanalyse 231
Meilensteintrendanalyse
4. Aktivitäten zur Anpassung der Abweichungen ergreifen und wenn das nicht
möglich ist, dann sind über einen offiziellen Änderungsantrag die Anpassun-
gen im Projekt vorzunehmen.
Meilenstein 1 ist volatil. Das heißt, er bewegt sich. Ein guter Grund tiefer einzu-
steigen. Dies kann vielfältige Ursachen haben. Offensichtlich war er laut Dia-
gramm im ersten Berichtszeitraum im Plan. Im 2. Berichtszeitraum gab es eine
Abweichung, im 3. Berichtszeitraum ist der Meilenstein sogar verkürzt.
Meilenstein 2 scheint stabil. Hier aber ergibt sich die Frage, warum Meilenstein 1
keine Auswirkung auf Meilenstein 2 hat.
Meilenstein 3 ist laut Skizze verspätet und bisher noch nicht korrigiert. Im Detail
wäre zu prüfen, warum sich der Meilenstein verspätet hat und ob eine Korrek-
turmaßnahme möglich ist oder der Plan angepasst werden muss.
Fazit
Weiterhin eignet sich die MTA auch als Reporting-Instrument für das Ma-
nagement. Der Projektstatus und die Bewegungen im Projekt sind auf einer
oder wenigen Seiten darstellbar.
Meilensteintrend- und Kostentrendanalyse 235
Abbildung 17.1 Sender und Empfänger (Quelle: Friedemann Schulz von Thun,
Miteinander reden 4: Fragen und Antworten, 2007, S. 36)
Zum Austausch von Informationen benötigt man immer zwei oder mehrere Par-
teien. Ein paar Spielregeln gelten für alle Kommunikationsarten, egal ob Bespre-
chung, Video oder Telefonkonferenz.
© Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2020
K. Hillberg, Projektmanagement im Einkauf,
https://doi.org/10.1007/978-3-658-31310-4_17
236 Kommunikation im Projekt und Austausch von Informationen
2. Seien Sie authentisch. Was immer Sie tun, welches Werkzeug auch immer Sie
nehmen: Schauspielerei fällt Ihrem Gegenüber auf. Bleiben Sie sich treu und
nutzen Sie die erlernten Methoden in Ihrem Sinn!
3. Die Begrüßung als Türöffner – eine freundliche Begrüßung, ein paar unverfäng-
liche Worte zu Beginn sind ein Muss, ob in der Besprechung oder am Telefon.
4. Worum sich die Besprechung dreht, wurde vorab per Einladung bekanntgege-
ben. Wiederholen Sie das Unterfangen nochmals zu Beginn einer jeden Kom-
munikation. Sie wissen nie, wo Ihr Gegenüber gerade steht. Holen Sie ihn ab.
Wann immer wir kommunizieren gilt: Jeder hat seine eigene Wahrheit, eine gemein-
same müssen wir erst erarbeiten!
Hier einige Stichworte zum Thema respektvoller Umgang miteinander und mit
welchen Aktivitäten dieser gezeigt werden kann:
■ Aktives Zuhören: Das meint die passive Tätigkeit, zu verstehen, was den Ge-
sprächspartner bewegt. Den Gesprächspartner als Mensch und seinen Stand-
punkt zu respektieren heißt aber noch nicht, diesen auch zu akzeptieren!
Wodurch kennzeichnet sich das aktive Zuhören? Nach Carl Ransom Rogers
(1902–1987), dem Begründer der Gesprächstherapie in der medizinischen Psycho-
logie, bilden drei wesentliche Elemente die Basis des „aktiven Zuhörens“:
Rogers medizinischer Ansatz ist heute noch grundlegend für die generelle Ge-
sprächsführung der alltäglichen Kommunikation des „aktiven Zuhörens“. Fol-
gende Handlungen nach Rogers unterstützen das Verstehen des Gegenübers:
Auswahl der Kommunikationsmethode 237
Verbal
■ Offener Blick
■ Augenkontakt halten
■ Zustimmung durch Körpersprache – Nicken, offener Blick
■ Notizen machen
Klarheit in der Kommunikation
Fazit
Aktives Zuhören ist erlernbar und zeigt Wertschätzung und Respekt für
den oder die Gesprächspartner.
Ein Respektieren der Position des Anderen ist noch lange kein Akzeptieren.
transportiert werden – abhängig von der räumlichen Distanz der Teams oder
Partner sowie der gegeben Möglichkeiten.
Das geschriebene Wort E-Mail, Briefe, Berichte, Das geschriebene Wort ist
‒ Wahl der Sprache Verträge, Terminpläne, nachhaltiger, kann nachge-
Kostenpläne, Agenden, lesen werden und gibt auch
‒ Wahl des Mediums
Einladungen meinem Gegenüber Zeit,
darüber nachzudenken.
17.3 Besprechung
Die Besprechungen sind ein wichtiger Bestandteil der Kommunikationsstruktur.
Sehr oft kommt eine Demotivation der Teilnehmer durch zu lange und unstruk-
turierte Besprechungen zustande.
Besprechung 239
Damit eine Besprechung zielgerichtet stattfinden kann, ist eine gute Vorbereitung
notwendig. Diese Vorbereitung gibt es nicht umsonst, sie kostet Zeit!
Als Projektleiter ist es hilfreich, sich eine Matrix über die jeweiligen für das Pro-
jekt notwendigen Besprechungen zu erstellen und hier bereits alles, was möglich
ist, zu standardisieren. Mögliche Besprechungen für die Projekte sind:
■ Kernteammeeting
■ Lenkungssauschussmeeting
■ Besprechungen mit Lieferanten
■ Reports vor dem Auftraggeber
Der Inhalt des Kernteammeetings ist die Projektfortschrittskontrolle. Kernteam-
mitglieder und Unterstützer, wenn notwendig, treffen sich, um den Soll-Ist-
Abgleich des Basisplans vorzunehmen. Wir steuern auch an dieser Stelle Termi-
ne, Kosten im Verhältnis zum vereinbarten Leistungsumfang.
Hier werden die aktuellen Basispläne und deren Arbeitspakete abgeglichen und
mit dem kompletten Kernteam entsprechende Szenarien bzw. die Korrekturmaß-
nahmen mit den jeweiligen Arbeitspaketverantwortlichen abgestimmt.
■ Termine,
■ Kosten,
■ Leistungsumfang
und wie können wir die Abweichungen so beeinflussen, dass die Auswirkungen
auf den Endtermin minimiert werden?
■ den Zeitrahmen,
■ den Ort,
■ die Teilnehmer (Das Kernteam steht fest, die unterstützenden Funktionen
werden nach Bedarf hinzugezogen!).
scheidung bringt. Die möglichen Optionen sind an dieser Stelle gut vorzubereiten. Im
Lenkungsausschuss sitzen die jeweiligen Entscheider der jeweiligen Fachbereiche.
17.3.1 Vorbereitung
Um effizient arbeiten zu können, ist die Vorbereitung der Besprechung unerläss-
lich. Dies stellt auch sicher, dass nur Teilnehmer eingeladen sind, die bei der
Zielerreichung der Besprechung unterstützen können.
Die Einladung sollte je nach Distanz der eingeladenen Personen möglichst früh-
zeitig stattfinden. Alternativ kann auch die Videokonferenz genutzt werden,
wenn die Distanzen zu weit entfernt liegen: „Save the date“!
17.3.2 Durchführung
Während der Besprechung sollte zielorientiert vorgegangen werden. Dass die
Teilnehmer pünktlich zur Besprechung erscheinen sollten, kann bereits in den
Werten des Teams verankert werden. Immer wieder wird in den Seminaren ge-
spiegelt, dass Respekt und Wertschätzung zur Motivation wichtig sind. Den
anderen Teammitgliedern nicht die Zeit rauben und sie nicht warten lassen, ist
ein Schritt in diese Richtung. Es ist wichtig, genügend Raum für den Austausch
zu geben, aber trotzdem zielorientiert vorzugehen. Je nach Situation ist es die
Aufgabe des Projektleiters, das Gefühl für sein Team zu haben. Trotzdem sollte
der Zeithorizont eingehalten werden. Die vorher benannten Tagesordnungs-
punkte werden abgearbeitet und der Status dokumentiert. Offene Fragen werden
wenn möglich geklärt. Weitere Aktionen sind fix und werden im Protokoll fest-
gehalten – wenn möglich, gleich über den Beamer für alle visualisiert. Wer Proto-
koll für dieses Meeting führt, sollte vorab fix sein.
Besprechung 241
Für Arbeitspakete ist immer ein Termin und ein Verantwortlicher festzulegen. An
dieser Stelle immer eine Person benennen und nie nur die Funktion. Herrn oder
Frau XY klar benennen und die Aufgabe sowie den Termin abstimmen (siehe
Kapitel 6.1.1 – Delegieren, aber richtig).
■ Agenda abarbeiten
■ wichtige Ergebnisse dokumentieren
■ nächste Schritte festlegen
■ Besprechung offiziell beenden
17.3.3 Nachbereitung
Das Protokoll sollte zeitnah zur Besprechung versandt werden. Das Protokoll
sollte kurz und knapp gehalten werden. Die Teilnehmer bestätigen, dass sie mit
dem Protokoll, dem Maßnahmenplan oder den Arbeitspaketen einverstanden
sind. Dazu versenden Sie diese Dokumente an alle Teilnehmer der Besprechung
und bitten um Rückmeldung bis zu einem bestimmten Datum. Gehen solche
Rückmeldungen nicht ein, gilt das Protokoll der Besprechung als „genehmigt“.
Diese Vereinbarung kann für das Projektteam als allgemein gültige Regel verein-
bart werden. Die einzelnen Punkte können auch während der Besprechung be-
reits fixiert werden. Die aktuellen Terminpläne und Arbeitspakete, die während
der Besprechung berücksichtigt werden, können via Beamer für alle visualisiert
werden. So haben sie als Projektleiter oder Einladender die Möglichkeit, die Er-
gebnisse bereits während des Meetings „freizugeben“. Die Ergebnisse gelten
dann als abgestimmt. Danach wird das Protokoll nur noch verteilt. Wer während
der Besprechung kein Veto einlegt, hat dem Protokoll zugestimmt. Dies sollte
aber als Spielregel vorab geklärt sein.
242 Kommunikation im Projekt und Austausch von Informationen
■ Benötigen Sie weitere Informationen? Wenn ja, mit wem müssen Sie Kontakt
aufnehmen, um diese zu erhalten?
■ Wer muss außerhalb des Teams seitens der Stakeholder informiert werden?
■ Benötigen Sie weitere Unterlagen oder Teile?
■ Was wird das Ziel der nächsten Besprechung sein?
■ So es kein reguläres Meeting ist, ist diese notwendig?
■ Intime Distanzzone: zwischen 15 und 45 cm. Nur Menschen, die uns emotio-
nal nahestehen, dürfen in diese Zone eindringen.
■ Persönliche Zone: zwischen 50 und 122 cm. Dies ist die Wohlfühlzone bei
Smalltalk und eben auch beim Treffen neuer Menschen, so auch der Team-
mitglieder.
■ Soziale Zone: zwischen 122 und 360 cm. Diese Distanz halten wir bei Treffen
in unserem Bereich ein; zum Beispiel Handwerker in der Wohnung.
■ Öffentlich Zone: Ab 360 cm. Wann immer wir auf der Straße eine anonyme
Menschengruppe treffen, empfinden wir diese Distanz als angemessen.
Laut Hall sind die Werte Mittelwerte. Frauen stehen sich eher näher gegenüber
als Männer. In sogenannten Kontaktkulturen wie Lateinamerika darf man sich
deutlich näher kommen. Ansonsten gilt die Regel, die unsichtbaren Grenzen
nicht zu überschreiten, um ein positives Gefühl bei allen Beteiligten zu ermög-
lichen.
Das Telefon als Medium 243
■ Nach der Sitzung zeitnah das Protokoll an alle Beteiligten versenden. Das
Protokoll möglichst knapp halten, da die Flut an Informationen in unserem
Umfeld sowieso schon sehr groß ist.
■ Die Spielregeln für das Projektteam und auch die Besprechungen sollten vor-
ab festgelegt sein.
■ Der Grund und das Ziel der Telko werden vom Einladenden kurz wiederholt.
■ Langsam und deutlich sprechen
■ Nach dem Telefonat werden die wichtigen Punkte schriftlich festgehalten.
■ Lächeln Sie, während Sie sprechen. Auch das können die anderen Teilnehmer
„hören“!
■ Warum?
■ Was?
■ Wie?
■ Wer?
■ Bis wann?
sind dabei mächtige Worte. Als Projektleiter ist das Hinterfragen der Ist- oder
Sollzustände ein ständiges Hilfsmittel. Arbeitspakete, Zeiträume, Abweichungen
– all das gilt es zu verstehen. „Wer fragt, der führt“, lautet ein altes Sprichwort.
Wenn ich rede, höre ich nur, was ich schon weiß, wenn ich aber Fragen habe und
zuhöre, habe ich die Chance, Neues zu erlernen. Die richtige Frage öffnet die Tür
für Wissen und Verständnis. Das permanente Hinterfragen und daraus resultie-
rende Verständnis sind die Basis für eine gute Teamarbeit.
Fragestil/-typ Beispiele
Feedback kann sowohl positiv als auch negativ (= Kritikgespräch) sein. Feedback
will beiden Parteien helfen, zusammen besser zu werden, und sollte daher kon-
246 Kommunikation im Projekt und Austausch von Informationen
struktiv genutzt werden. Dabei gibt es ein paar Spielregeln die unterstützen sol-
len, dass das Feedback nicht verletzend, sondern hilfreich für beide Seiten ist.
Greife ich die Person an oder bleibt es bei einer Kritik an der Handlung?
Literatur
Adair, John: Develop your Leadership Skills, 3. Auflage, Kogan Page 2016
Andler, Nicolai : Tools für Projektmanagement Workshops und Consulting, Publicis Publi-
shing, 3. Auflage, 2010
Angermeier, Georg: Projektmagazin, Artikel unter https://www.projektmagazin.de/autor/
dr-georg-angermeier
BME-Service „Personal & Karriere“ & BME-Initiative „Young Professionals“: BME-Leitfa-
den „Karriere im Einkauf“, BME e. V. 2012; online unter https://shop.bme.de/products/bme-
leitfaden-karriere-im-einkauf-7d56aaa0-1bea-4e47-b806-3275b244c576
Büsch, Mario : Praxishandbuch strategischer Einkauf, Springer Gabler, 3. Auflage 2013
Dätsch, Christiane (Hrsg.): Kulturelle Übersetzer: Kunst und Kulturmanagement im trans-
kulturellen Kontext, Edition Kulturwissenschaft, transcript Verlag, 2018
Füting, Ulrich Chr./Hahn, Ingo: Projectcontrolling leicht gemacht. Wie hält man Kosten und
Termine ein?, Redline Wirtschaft 2005
Glas, Andreas H. und Kleemann, Florian C. : Einkauf 4.0, Die digitale Transformation in der
Beschaffung, Springer Verlag
Haeske, Udo: Pocket Business. Team- und Konfliktmanagement: Teams erfolgreich führen –
Konflikte konstruktiv lösen, Cornelsen 2002
Hall, Edward T.: The hidden dimension, Garden City 1966.
Harris, Thomas A.: Ich bin o.k. – Du bist o.k. Wie wir uns selbst besser verstehen und unse-
re Einstellung zu anderen verändern können. Eine Einführung in die Transaktionsanalyse,
Rowohlt, 2007
Heller, Robert: Communicate Clearly, Dorling Kindersley 1998
Henke, Prof. Dr. Michael, Vorstudie Einkauf 4.o – Digitalisierung im Einkauf, Fraunhofer
Institut IML und BME e.V, 2016
Hobbs, Peter: Professionelles Projektmanagement, MVG 1999
Hoffmann, Hans-Erland, Schoper, Yvonne Gabriele & Conor, John Fitzsimons: Internationa-
les Projektmangement – interkulturelle Zusammenarbeit in der Praxis
Hoffmann, Hans-Erland/Schoper, Yvonne-Gabriele/Fitzsimons, Conor John: Internationales
Projektmanagement. Interkulturelle Zusammenarbeit in der Praxis, Beck-Wirtschafts-
berater, dtv 2004
Hofstede, Geert/Hofstede, Gert Jan: Lokales Denken, globales Handeln: Interkulturelle
Zusammenarbeit und globales Management, 2. Auflage, Beck-Wirtschaftsberater, dtv 2001
Intercultural Network, Einführung in die interkulturelle Kommunikation, http://www.inter
cultural-network.de/, 1.6.2020
Kellner, Hedwig: Konflikte verstehen, verhindern, lösen – Konfliktmanagement für Füh-
rungskräfte, Hanser 2000
Kellner, Hedwig: Projekte Konfliktfrei führen: Wie Sie ein erfolgreiches Team aufbauen,
Hanser 2000
© Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2020
K. Hillberg, Projektmanagement im Einkauf,
https://doi.org/10.1007/978-3-658-31310-4
248 Literatur
Kunhardt, Jon K.G., Kommunikation, Motivation und kulturelle Prägung, Denk-, Hand-
lungs- und Verhaltensmuster einer globalisierten Welt. Kulturelle Missverständnisse, Im-
plizite Motive, Kulturdimensionen – April 2017, independend published
Kursay-Merkle, Ursula: Agiles Projektmanagement im Berufsalltag, Springer Gabler, 2018
Laufer, Harmut: Grundlagen erfolgreicher Mitarbeiterführung. Führungspersönlichkeit,
Führungsmethoden, Führungsinstrumente, GABAL 2007
Madauss, Bernd J.: Handbuch Projektmanagement, 5. Auflage, Schäffer-Poeschel 1994
Malik, Fredmund: Führen, Leisten, Leben. Wirksames Management für eine neue Welt,
Campus 2006
Maslow, Abraham H: A Theory of Human Motivation, in: Psychological Review, Vol. 50,
No. 4 July 1943, S.370–396
Mattock, John: Cross-cultural Business, Management Pocket Books 2006
Nagel, Gerhard: Wagnis Führung. 365 Tage aus dem Leben eines Change-Managers, Han-
ser 1999
Niermeyer, Rainer: Teamarbeit. Führen und Erfolge sichern, 2. Auflage, Haufe 2008
Ottmann, Roland: Der nackte Projektmanager, 3. Auflage, Ottmann & Partner 2005
Pinnow, Daniel F.: Führen: Worauf es wirklich ankommt, Gabler 2005
PMBOK: A Guide to the Project Management Body of Knowledge, Fourth Edition, PMI
Global Standard 2008
Preußig, Jörg: Agiles Projektmanagement, Scrum, Use Cases, Task Boards & Co., Haufe
Robbins, Stephen P.: The Truth about Managing People, business management, Kanada an
imprint of Person Eduation
Robbins, Stephen P.: The Truth about Managing People, FT Press 2003
Rosenau jr., Milton D./Githens, Gegory D.: Successful Project Management: A Step-by-Step
Approach with Practical Examples, Fourth Edition, Wiley 2011
Schelle, Heinz: Entwicklungsgeschichte und Trends im Projektmanagement, in: Nino Grau,
Reinhard Wagner (Hg.): Basiswissen Projektmanagement – Grundlagen der Projektarbeit,
Symposium 2013, S. 109–123
Schmidtke, Birgit: Vortrag Kulturmodelle, ProScientia Linz 12.03.2015
Schulz von Thun, Friedemann: Miteinander reden 4: Fragen und Antworten, Rowohlt 2007
Sutherland, Jeff und Schwaber, Ken: The official Scrum Guide, Scrum.org
Timinger, Holger: Modernes Projektmanagement, Mit traditionellem und agilem Projekt-
management zum Erfolg, Wiley-VCH Verlag
True Care GmbH: Projektmanagement-Handbuch online,
http://www.projektmanagementhandbuch.de/
Tuckman, Bruce Wayne/Jensen, Mary Ann C.: Stages of small group development revisited,
in: Group and Organizational Studies, 2/1977, S. 419-427
Tuckman, Bruce Wayne: Developmental sequences in small groups, in: Psychological Bulle-
tin, 63/1965, S.348–399
Vigenschow, Uwe und Grass, Andrea: Agiles Projektmanagement: Anspruchsvolle Soft-
wareprojekte erfolgreich führen, dpunkt.verlag, 2017
Literatur 249