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Schwerpunkt: Gruppenpsychotherapie - Originalien

Psychotherapeut 2016 · 61:384–392 Johannes Mander · Eva Vogel · Valerie Wiesner · Paul Blanck · Hinrich Bents
DOI 10.1007/s00278-016-0119-y Zentrum für Psychologische Psychotherapie, Psychologisches Institut, Universität Heidelberg, Heidelberg,
Online publiziert: 18. August 2016 Deutschland
© Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2016

Redaktion
B. Strauß, Jena Yaloms Wirkfaktoren in der
Gruppentherapie
Übersetzung und Validierung eines
Fragebogens

Das externe und valide Monitoring zu wichtigen Therapieereignissen ba- Beziehung (Bormann et al. 2011). Dieser
zentraler Wirkfaktoren von Grup- siert (Berzon et al. 1963). Kivlighan et al. baut auf dem Modell von Johnson et al.
penpsychotherapie im klinischen (1996) überarbeiteten die „Critical-inci- (2005) auf und integriert die 3 Struk-
Alltag stellt eine Herausforderung dent“ Methodik mithilfe externer Rater turebenen der Beziehung Mitglied und
dar. Notwendig hierzu sind kurze, und kamen zu den 4 Facetten emotiona- Leiter, Mitglied und Mitglied sowie Mit-
zeitökonomische Instrumente mit le Bewusstheit-Einsicht, Beziehungsklima, glied und Gruppe sowie die 4 qualitativen
hoher konzeptueller Breite. Eine Fokus auf andere vs. Fokus auf Selbst und Ebenen Kohäsion, Allianz, Empathie und
deutsche Version der international Problemlösen-Verhaltensänderung. Gruppenklima. Allerdings werden im
etablierten Kurzfassung des thera- Um gruppentherapeutische Prozesse GCQ-S und im GQ-D nur interaktio-
peutischen Faktoreninventars (TFI), besser zu verstehen, sind Selbstauskünfte nell-beziehungsbezogene Wirkfaktoren
das auf Yaloms Konzeption grup- von Patienten aus psychometrisch vali- berücksichtigt (Burlingame et al. 2011).
pentherapeutischer Wirkfaktoren dierten Messinstrumenten zentral. Des- Damit werden andere gruppentherapeu-
basiert, könnte ein solches fundier- halb wurden in den letzten Jahrzehnten tische Wirkfaktoren vernachlässigt.
tes Instrument zur ökonomischen in der Gruppenprozessforschung diverse
Erfassung gruppentherapeutischer Fragebogen entwickelt, die diese Aspek- Yaloms Gruppentherapie-
Wirkfaktoren darstellen. te adressieren. Am häufigsten wurden konzept
Instrumente zur Gruppenkohäsion oder
Hintergrund zu verwandten Konstrukten konzeptuali- Yaloms Konzeption gruppentherapeuti-
siert und psychometrisch validiert (Bur- scher Wirkfaktoren (Yalom 1995) ist ein
Die Wirksamkeit von Gruppenpsycho- lingame et al. 2011). Metaanalytisch zeigt Ansatz mit höherer konzeptueller Breite
therapien gilt als bestätigt (Burlingame sich eine Korrelation von r = 0,25 zwi- und leitet aus systematischer Forschung
et al. 2003). Zu verstehen wie Gruppen- schen Gruppenkohäsion und Therapie- 11 gruppentherapeutische Wirkfaktoren
therapien wirken, ist jedoch eine aktu- erfolg (Burlingame et al. 2011). ab: Hoffnungeinflößen, Universalität des
elle Forschungslücke (Burlingame et al. Der Gruppenklimafragebogen Leidens, Mitteilung von Informationen,
2013). Diese zu klären, kann helfen, grup- (GCQ-S; Tschuschke et al. 1991) ist Altruismus, korrigierende Rekapitulation
pentherapeutische Interventionen zu op- eines der am häufigsten verwendeten der primären Familiengruppe, Entwick-
timieren (Johnson 2014). Instrumente in der Gruppenprozess- lung von Techniken des mitmenschlichen
forschung (Burlingame et al. 2013). Umgangs, nachahmendes Verhalten, in-
Gruppentherapeutische Gruppenkohäsion wird hier operatio- terpersonales Lernen, Gruppenkohäsion,
Wirkfaktoren nalisiert als implizite, die Gruppenat- Katharsis und existenzielle Faktoren.
mosphäre prägende Verhaltensregeln Diese wurden zunächst mithilfe des „Q-
Die Ausarbeitung von Corsini und Ro- mit den 3 Facetten Engagement, Konflikt Sort“-Tests validiert (Yalom 1995).
senberg (1955) zu den 3 Dimensionen und Vermeidung. Fragebogenwerte im Der Nachteil des „Q-Sort“-Tests be-
intellektueller, emotionaler und hand- GCQ-S sind bedeutsame Prädiktoren steht darin, dass dieser aufgrund des ho-
lungsbezogener Wirkfaktoren stellt his- des Therapieerfolgs (z. B. Ogrodniczuk hen Zeitaufwands nur zur retrospekti-
torisch ein erstes fundiertes Konzept und Piper 2003). Ein weiteres etabliertes ven Einschätzung bezüglich der Wirk-
gruppentherapeutischer Prozesse dar. Instrument zur Erfassung der Grup- faktorintensität der ganzen Gruppenthe-
Diese 3 Dimensionen wurden weiter- penkohäsion ist der Gruppenfragebogen rapie eingesetzt werden kann (MacNair-
entwickelt über die „Critical-incident“- (GQ-D) mit den Dimensionen Verbun- Semands et al. 2010). Deshalb entwickel-
Methodik, die auf Patientenauskünften denheit, Arbeitsbeziehung und negative ten Lese und MacNair-Semands (2000)

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Tab. 1 Demografische Angaben und Erstdiagnosen von Gesamtstichprobe und Substichproben 4 Konfirmatorische Faktorenanaly-
Parameter Gesamt Ambulant Stationär sen (KFA) sollten die theoretischen
Stichprobe Subskalen Einflößen von Hoffnung,
sicherer emotionaler Ausdruck, Er-
Anzahl (n) 303 110 193
kenntnis von beziehungsbezogenem
Weiblich (n [%]) 194 (64,0) 82 (74,5) 112 (59,3)
Einfluss und soziales Lernen des TFI-
Alter (Jahre; Mittelwert [±SD]) 38,24 (±13,73) 33,64 (±12,82) 40,88 (±13,57) S/TFI-19 in der erfassten Stichprobe
In Partnerschaft (n [%]) 157 (53,8) 49 (46,7) 108 (57,8) abbilden. Ferner wurde überprüft,
Abitur/Fachhochschulreife (n [%]) 152 (52,6) 58 (54,2) 94 (51,6) ob das TFI-S oder das TFI-19 den
Berufstätig (n [%]) 131 (43,2) 49 (46,2) 82 (43,4) besseren Modell-Fit aufweisen.
Einnahme von Psychopharmaka (n [%]) 171 (58,0) 49 (45,8) 122 (64,9) 4 Die Übereinstimmungsvalidität
Erstdiagnose (n [%]) ICD-10 des Instruments sollte sich, wie im
Substanzstörung F10 30 (9,9) 0 (0,0) 30 (15,5)
englischen Original (Joyce et al. 2011;
MacNair-Semands et al. 2010), durch
Schizophrenie F20 12 (4,0) 3 (2,7) 9 (5,7)
positive Zusammenhänge mit der
Bipolare Störung F30, F31 5 (1,6) 1 (0,9) 4 (2,1)
GCQ-S-Skala Engagement abbilden
Depression F32, F33, F34.1 135 (44,6) 43 (39,1) 92 (47,7) lassen.
Angststörungen F40, F41 33 (10,9) 19 (17,3) 14 (7,3) 4 Im Sinne der Kriteriumsvalidität soll-
Zwangsstörungen F42 5 (1,6) 0 (0,0) 5 (2,6) ten hohe Ausprägungen zu Beginn
Posttraumatische Belas- F43.1 8 (2,6) 0 (0,0) 8 (4,1) und ein Zuwachs über den Therapie-
tungsstörung verlauf auf den TFI-Subskalen mit
Anpassungsstörungen F43.2 6 (2,0) 3 (2,7) 3 (1,6) einer Reduktion der klinischen Sym-
Somatoforme und disso- F44, F45 3 (1,0) 1 (0,9) 2 (1,0) ptomatik und einer Verbesserung des
ziative Störungen interpersonalen Funktionsniveaus
Essstörungen F50 23 (7,6) 20 (18,2) 3 (1,6) zusammenhängen.
Persönlichkeitsstörungen F60, F61 43 (14,2) 20 (18,2) 23 (11,9)
ICD-10 Internationale statistische Klassifikation der Krankheiten und verwandter Gesundheitspro- Methode
bleme, 10. Aufl
Stichprobe
in Kooperation mit Yalom das auf Rating- veau vorher (Joyce et al. 2011). Eine Über- An der Studie nahmen 303 Patienten
Skalen aufbauende therapeutische Fak- einstimmungsvalidität über Zusammen- teil. Diese setzten sich zusammen aus
toreninventar (TFI), das die 11 Wirkfak- hänge des Instruments mit anderen eta- 110 ambulant behandelten Patienten
toren mit 99 Items erfasst und gute psy- blierten Prozessmaßen wurde in kom- aus 29 geschlossenen Gruppentherapien
chometrische Eigenschaften aufweist. In plexen Multilevelmodellen demonstriert am Zentrum für Psychologische Psy-
Folgearbeiten wurde bei 2 großen Stich- (Bakali et al. 2009). chotherapie (ZPP) Heidelberg und aus
proben (n1 = 174; n2 = 435) eine psy- 193 stationär behandelten Patienten aus
chometrisch starke Kurzversion des TFI Hypothesen 30 offenen Gruppentherapien kooperie-
(TFI-S) entwickelt, die mit 23 Items die render Kliniken des ZPP Heidelberg.
11 therapeutischen Wirkfaktoren auf fol- Während die Validität von TFI-S/TFI-19 Die Gruppentherapien am ZPP Heidel-
genden 4 Dimensionen zusammenfasst in englischsprachigen Stichproben also berg bestanden aus 10 Trainings zur
(Joyce et al. 2011; MacNair-Semands et al. sehr gut bestätigt ist, liegt unseres Wis- sozialen Kompetenz, 5 Skills-Gruppen
2010): sens nach keine validierte deutsche Versi- für Borderline-Patienten, 4 Essstörungs-
4 Einflößung von Hoffnung, on des Fragebogens vor. Dies ist insofern gruppen, 4 Gruppen mit interpersonel-
4 sicherer emotionaler Ausdruck, relevant, da kurze, zeitökonomische In- ler Therapie, 3 Selbstachtungsgruppen,
4 Erkenntnis von beziehungsbezoge- strumente mit hoher konzeptueller Brei- 2 Gruppen zur Emotionsregulation und
nem Einfluss und te gefordert werden, um ein Monitoring einer zieloffenen Gruppe. Dabei umfass-
4 soziales Lernen. zentraler Wirkfaktoren extern valide im ten die Gruppentherapien eine Dauer
klinischen Alltag durchführen zu kön- von 8 Doppelstunden mit 4 bis 8 Teilneh-
An der größeren Stichprobe wurde das nen (Mander et al. 2015). Um diese For- mern und wurden von 2 Therapeutin-
TFI-S aus semantischen und psychome- schungslücke zu adressieren, wurde für nen geleitet. Alle ambulant versorgten
trischen Gründen um 4 Items auf das die aktuelle Studie eine deutschsprachige Patienten des ZPP Heidelberg erhiel-
TFI-19 gekürzt (Joyce et al. 2011). Die Version des TFI-S/TFI-19 entwickelt und ten die Gruppentherapie ergänzend zu
Versionen TFI-S und TFI-19 sind kriteri- validiert. Folgende Hypothesen wurden einer Einzeltherapie. Die stationären
umsvalide und sagen Symptomverbesse- untersucht: Gruppen setzten sich thematisch aus
rung sowie interpersonales Funktionsni- Psychoedukation, Stresstoleranz, so-

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Zusammenfassung · Abstract

zialer Kompetenz, Achtsamkeit und Psychotherapeut 2016 · 61:384–392 DOI 10.1007/s00278-016-0119-y


interaktionellen Gesprächsgruppen zu- © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2016
sammen. Generelle Einschlusskriterien
waren eine behandlungsrelevante Dia- J. Mander · E. Vogel · V. Wiesner · P. Blanck · H. Bents
gnose in der Internationalen statistischen Yaloms Wirkfaktoren in der Gruppentherapie. Übersetzung und
Klassifikation der Krankheiten und ver- Validierung eines Fragebogens
wandter Gesundheitsprobleme (ICD-
10) und regelmäßige Teilnahme an der Zusammenfassung
jeweiligen Gruppe. Ausschlusskriterien Ziel der Arbeit. Die international etablierte des Instruments wiesen akzeptable interne
waren: 1. akute Psychose, 2. Patienten- Kurzversion des therapeutischen Faktorenin- Konsistenzen auf und zeigten Übereinstim-
ventars (TFI) sollte in einer deutschsprachigen mungsvalidität über Assoziationen mit einem
alter unter 18 oder über 65 Jahren und
Version validiert werden. Damit soll ein zeit- anderen etablierten Prozessmaß. Im Rahmen
3. mangelhafte deutsche Sprachkenntnis- ökonomisches, psychometrisch hochwertiges der Kriteriumsvalidität konnten vereinzelt
se. Stichprobencharakteristika können Instrument für die Erfassung therapeutischer Zusammenhänge zwischen einem Anstieg
. Tab. 1 entnommen werden. Wirkfaktoren in der Gruppenpsychotherapie der Wirkfaktoren über den Therapieverlauf
im deutschsprachigen Raum zugänglich und Symptomverbesserungen gezeigt
gemacht werden. werden.
Studiendesign Material und Methoden. Es nahmen Schlussfolgerung. Mit kleinen psycho-
303 Patienten (110 ambulant, 193 stationär) metrischen Einschränkungen liegt nun
Die Studie wurde von der lokalen Ethik- an der Studie teil und füllten das TFI und einen auch in deutscher Sprache ein theoretisch
kommission bewilligt und nach den etablierten Fragebogen zu Gruppenprozessen gut fundiertes Instrument zur ökonomi-
Richtlinien der Helsinki-Deklaration aus. Die ambulant behandelten Patienten schen Erfassung gruppentherapeutischer
bearbeiteten zusätzlich relevante Symptom- Wirkfaktoren vor.
durchgeführt. Direkt nach den relevan-
fragebogen und füllten alle Instrumente zu
ten Sitzungen füllten die Patienten den Beginn und zum Ende der Behandlung aus. Schlüsselwörter
deutschen TFI-S und den GCQ-S aus. Ergebnisse. Konfirmatorische Fakto- Gruppenprozesse · Therapeutische Be-
Die Daten der stationär behandelten renanalysen ergaben einen annähernd ziehung · Faktorenanalyse, statistisch ·
Patienten wurden nur einmalig erho- akzeptablen Modell-Fit, der die Subskalen Psychometrie · Reproduzierbarkeit der
des englischsprachigen Originals mit leichten Ergebnisse
ben. Die Erhebungen bei den ambulant
Einschränkungen repliziert. Die Subskalen
versorgten Patienten wurden nach der
zweiten (t1) und nach der siebten Sit-
zung (t2) durchgeführt. Diese füllten Yalom’s change factors in group therapy. Translation and
zudem zu beiden Messzeitpunkten als validation of a questionnaire
Outcome-Maße das Beck Depression
Inventory (BDI-II), die Brief Symptom Abstract
Inventory (BSI) und das Inventar zu Er- Objective. The aim of the present study was English language instrument with some
fassung interpersonaler Probleme (IIP- to validate a German language version of slight limitations. The subscales of the
the internationally established short version instrument demonstrated acceptable internal
32) aus. Aufgrund von Drop-outs verrin- consistency and revealed concurrent validity
of the therapeutic factors inventory (TFI);
gerte sich die Zahl von 110 ambulanten therefore, a time-saving and psychometrically with an established measure of group
Patienten zu t1 auf 80 zu t2. sound instrument to assess therapeutic processes. Concerning the criterion-related
change factors in group therapy will become validity, sporadic associations were found
available in the German language. between increases in change factors across
Messinstrumente Material and methods. A total of 303 patients the course of therapy and symptom change.
(110 outpatients and 193 inpatients) Conclusion. A German language version of
Basisdokumentation und Diagnosesi- participated in the study and completed a theoretically sound instrument with slight
cherung. Es wurden soziodemografische the TFI as well as another established psychometric limitations is now available for
Daten erhoben und klinische Interviews questionnaire concerning change processes time-saving assessment of group therapeutic
(Strukturiertes Klinisches Interview für in group therapy. The outpatients additionally change factors.
completed questionnaires concerning sym-
DSM-IV [SKID-I/SKID-II]; Wittchen Keywords
ptomatology and filled out all instruments at
et al. 1997) durchgeführt. the beginning and end of treatment. Group processes · Therapeutic alliance ·
Results. Confirmatory factor analyses Factor analysis, statistical · Psychometry ·
Therapeutisches Faktoreninventar indicated a generally acceptable model fit, Reproducibility of results
(TFI-S/TFI-19). Die Versionen TFI-S replicating the subscales of the original
und TFI-19 sind Kurzformen des TFI.
Der TFI-S besteht aus 23 Items; für
den TFI-19 wurden aus semantischen
und psychometrischen Gründen die
Items 5, 6, 12 und 14 des TFI-S eli-
miniert (Joyce et al. 2011). Die Items
werden auf 5-stufigen Skalen beantwor-

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0,84 Item 2 e2
0,88 e10
Item 10
EH 0,84
Item 17 e17
0,84
Item 20 e20

0,80 0,71 Item 3 e3


0,40 Item 7 e7
0,72 Item 11 e11
0,57
0,92 SEA Item 15 e15
0,52
Item 18 e18
0,74
0,91
Item 21 e21
0,70 0,68
0,82
Item 23 e23
0,53 Item 4 e4
0,45
0,85 0,63 Item 8 e8
0,66
EBE Item 16 e16
0,73
Item 19 e19
0,72
Item 22 e22
0,94
0,68 Item 1 e1
0,74
SL Item 9 e9
0,70
Item 13 e13

Abb. 1 8 Mess- und Strukturmodell als Grundlage für die konfirmatorische Faktorenanalyse. EBE Erkenntnis von beziehungs-
bezogenem Einfluss, EH Einflößung von Hoffnung, SEA sicherer emotionaler Ausdruck, SL soziales Lernen

tet. Im englischsprachigen Original des lischer Muttersprachler, der die Original- Konstruktvalidität im Sinne von Skala-
TFI-S/TFI-19 wurden faktorenanaly- Items nicht kannte, eine Rücküberset- Outcome- Korrelationen (0,30 ≤ r ≤
tisch Yaloms 11 therapeutische Faktoren zung ins Englische durch. Die rücküber- 0,72).
(1995) zu 4 Dimensionen zusammenge- setzten Items entsprachen sehr gut dem
fasst: Einflößung von Hoffnung, sicherer englischen Original. Folglich wurde die Beck Depression Inventory. Zur Mes-
emotionaler Ausdruck, Erkenntnis von finale Version durch Konsensentschei- sung der depressiven Symptome wurde
beziehungsbezogenem Einfluss und sozia- dung fertiggestellt. Der Anhang zeigt die das BDI-II (Beck et al. 1996; Hautzin-
les Lernen. Die standardisierten Faktor- Items des deutschen TFI-S. ger et al. 2006) verwendet. Das BDI-
ladungen des TFI-19 liegen im Bereich II verfügt über eine exzellente interne
0,41 ≤ λ ≤ 0,95; die internen Konsisten- Brief Symptom Inventory. Zur Erfas- Konsistenz (α = 0,92) und eine exzellente
zen sind akzeptabel (0,70 ≤ α ≤ 0,90). Die sung der allgemeinen Symptombelastung Retest-Reliabilität (r = 0,93). Die kon-
prädiktive Validität wurde nachgewiesen wurde das BSI (Franke 2000) verwendet. vergente Validität liegt im Bereich 0,71 ≤
durch Zusammenhänge des TFI-S/TFI- Die 53 Items können 9 Subskalen zuge- r ≤ 0,89 (Beck et al. 1996; Hautzinger
19 mit diversen Outcomes (Joyce et al. ordnet und zum Global Severity Index et al. 2006).
2011). (GSI), einem Globalmaß der grundsätzli-
Für die aktuelle Studie wurde der chen psychischen Belastung, verrechnet Inventar zur Erfassung interpersona-
TFI-S nach der Vorwärts-rückwärts- werden. Das BSI verfügt über akzep- ler Probleme. Zwischenmenschliche
Methode übersetzt. Dazu wurden die table interne Konsistenzen (0,71 ≤ α ≤ Schwierigkeiten wurden mithilfe der
englischsprachigen Original-Items zu- 0,85), gute Retest-Reliabilität (0,68 ≤ r ≤ auf 32 Items reduzierten Kurzversion
nächst von einem bilingualen deutschen 0,91), hohe Korrelationen zum Origi- des IIP (Thomas et al. 2011) erfasst. Die
Muttersprachler ins Deutsche übersetzt. nalinstrument Symptom-Checklist-90 ® Items können 8 Dimensionen und einem
Anschließend führte ein bilingualer eng- (SCL-90 ; 0,92 ≤ r ≤ 0,99) und gute
® Globalwert zugeordnet werden. In der

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Schwerpunkt: Gruppenpsychotherapie - Originalien

Tab. 2 Mittelwerte (M), Standardabweichungen (SD) und Interkorrelationen der 4 Faktoren des Platzgründen werden deshalb bei den
TFI-19 (n = 303) weiteren Analysen nur die Befunde für
Faktoren M (±SD) Einflößung Sicherer Erkenntnis Soziales den TFI-19 präsentiert. Die konzeptuell
von Hoff- emo- von bezie- Lernen ähnlichen Befunde für TFI-S und der
nung tionaler hungsbezoge- fertige Fragebogen können beim korre-
Ausdruck nem Einfluss
spondierenden Autor angefragt werden.
Einflößung von Hoff- 1,57 (±1,05) – 0,68* 0,74* 0,73* Die Items von TFI-S/TFI-19 befinden
nung
sich im Anhang.
Sicherer emotionaler 1,71 (±0,89) – – 0,64* 0,66*
Ausdruck
Erkenntnis von be- 1,40 (±1,00) – – – 0,71*
Ergebnisse
ziehungsbezogenem
Einfluss Der Mardia-Test zeigte Verletzungen der
Soziales Lernen 1,52 (±0,99) – – – –
multivariaten Normalverteilung an (Kur-
tosis z = 12,61; χ2 = 2204,68; p < 0,001).
TFI-19 Therapeutisches Faktoreninventar; Range der TFI-19-Skalen: 5 Stufen, 0–4
*p ≤ 0,001
Wie bei einer relativ großen Stichprobe zu
erwarten (Hu und Bentler 1999), wurde
der χ2-Wert für die Modellpassungsgü-
Normstichprobe weisen die Subskalen Stichprobe über 100 Probanden robust te signifikant (TFI-S: χ2[253] = 699,54;
mit 0,60 ≤ α ≤ 0,85 angemessene inter- gegenüber Verletzungen der multiva- p < 0,001; TFI-19: χ2[146] = 438,45; p <
ne Konsistenzen auf. Die konvergente riaten Normalverteilung sind (Lei und 0,001). Die Fit-Indizes der KFA impli-
Validität ist durch Korrelationen von Lomax 2005). Kriterien für die adäquate zierten nur partiell eine adäquate Mo-
0,79 ≤ r ≤ 0,98 mit den Skalen des IIP- Modellpassung wurden operationalisiert dellpassung des deutschen TFI-S: CFI =
C gesichert. über die Richtlinien für Fit-Indizes von 0,860; RMSEA = 0,090 (Konfidenzinter-
Hu und Bentler (1999): „comparative fit vall [KI]: 0,082–0,097), SRMR = 0,059.
Gruppenklimafragebogen. Als etablier- index“ (CFI) ≈ 0,95, „root mean square Der TFI-19 zeigte eine signifikant bes-
tes Prozessmaß bearbeiteten Patienten error of approximation“ (RMSEA) ≤ 0,06 sere Modellpassung (Δ χ2 = 261,09; p <
den GCQ-S (Tschuschke et al. 1991). und „standardized root mean square re- 0,001), jedoch waren die Fit-Indizes auch
Dieser misst mittels 12 Items mit den 3 sidual“ (SRMR) ≤ 0,08. Zur Bestimmung für diesen nur partiell im akzeptablen
Dimensionen Engagement, Konflikt und der Übereinstimmungsvalidität wurden Range: CFI = 0,893; RMSEA = 0,087
Vermeidung auf einer 7-stufigen Skala Korrelationen des TFI-19 mit dem GCQ- (KI: 0,078–0,096), SRMR = 0,054. Nach
prozessrelevante Aspekte der Gruppen- S berechnet. Für die Überprüfung der den Empfehlungen von Byrne (2010) und
therapie. Das Instrument hat zufrieden- prädiktiven Validität wurden Pearson- analog zur Validierung des amerikani-
stellende psychometrische Kennwerte Korrelationen zwischen den TFI-19-Dif- schen Originals TFI-19 (Joyce et al. 2011)
(0,88 ≤ α ≤ 0,94) und ist Outcome- ferenzwerten der beiden Messzeitpunkte wurden folglich die Fehlervarianzen für
prädiktiv (0,17 ≤ r ≤ 0,34; Ogrodniczuk und den Differenzwerten der globalen inhaltlich stark überlappende Item-Paare
und Piper 2003). Kennwerte des BSI, des IIP-32 und des korreliert, die in der Modellspezifikati-
BDI-II berechnet. Zusätzlich wurden on einem gemeinsamen latenten Faktor
Statistische Methoden Korrelationen zwischen den Ausprä- zugeordnet waren (Item-Paare 4 und 8
gungen der 4 Wirkfaktoren zum ersten sowie 21 und 23), um potenzielle Ver-
Die Überprüfung, ob sich die Vierfak- Messzeitpunkt und den Differenzwerten besserungen der Modellpassung zu über-
torlösung des amerikanischen Originals der Outcome-Maße berechnet. Gemäß prüfen. Das modifizierte Modell führ-
des TFI-S/TFI-19 (Joyce et al. 2011; der Hypothese, dass ein Anstieg in den te zu einer signifikanten Verbesserung
MacNair-Semands et al. 2010) in der Ausprägungen der Wirkfaktoren mit (χ2[2] = 187,92; p < 0,001) und implizier-
deutschen Stichprobe replizieren lässt, einer Verringerung der Symptombelas- te eine akzeptable Modellpassung: CFI =
erfolgte in Anlehnung an die Arbei- tung einhergeht, wurden signifikante 0,937; RMSEA = 0,067 (KI: 0,057–0,077),
ten zum Originalinstrument KFA mit- positive Korrelationen zwischen den je- SRMR = 0,046. Die standardisierten Fak-
hilfe der „Maximum-likelihood“(ML)- weiligen Werten der Wirkfaktoren und torladungen des TFI-19 betrugen 0,40 ≤
Schätzmethode über die t1-Daten. Für den Differenzwerten der Outcome-Maße λ ≤ 0,88 und sind in . Abb. 1 veranschau-
die Überprüfung multivariater Normal- erwartet. Alle Analysen wurden mithilfe licht. Die 4 Faktoren wiesen zufrieden-
verteilung der Daten wurde der Mardia- des Softwareprogramm R (R Develop- stellende interne Konsistenzen auf: α =
Koeffizient zu multivariater Kurtosis be- mental Core Team 2015) mit den Paketen 0,90 für Einflößung von Hoffnung, α =
rechnet (Hu und Bentler 1999). Wird Lavaan (Rosseel und Team 2015) und 0,81 für sicherer emotionaler Ausdruck,
dieser signifikant, sollte bei der Inter- Psych (Revelle und Team 2015) durchge- α = 0,82 für Erkenntnis von beziehungs-
pretation der Modellpassung besonderer führt. Wie im Ergebnisteil beschrieben, bezogenem Einfluss und α = 0,73 für so-
Fokus auf Fit-Indizes gelegt werden, zeigt sich eine bessere Modellpassung ziales Lernen. Mittelwerte, Standardab-
da diese bei ML-Schätzung und einer für den TFI-19 als für den TFI-S. Aus

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Tab. 3 Korrelationskoeffizienten und Signifikanzniveaus der Faktoren des TFI-19 mit den Sub- etabliertes Instrument für die Erfas-
skalen des GCQ-S zu den beiden Messzeitpunkten Anfang und Ende der Therapie sung therapeutischer Wirkfaktoren in
Faktoren TFI-19 Subskala GCQ-S der Gruppenpsychotherapie im deutsch-
Engagement Konflikt Vermeidung Gesamtscore sprachigen Raum zugänglich gemacht
Erster Messzeitpunkt, ambulante und stationäre Patienten werden.
Einflößung von Hoffnung 0,48*** –0,14 0,04 0,23**
Sicherer emotionaler Ausdruck 0,61*** –0,23 0,01 0,24* Untersuchungsergebnisse
Erkenntnis von beziehungs- 0,46*** 0,00 0,10 0,33**
Im ersten Schritt wurden KFA durch-
bezogenem Einfluss
geführt, um zu überprüfen, ob sich die
Soziales Lernen 0,46*** –0,12 0,07 0,24**
Vierfaktorenstruktur des Originalinstru-
Zweiter Messzeitpunkt, nur ambulante Patienten ments replizieren lässt. Dabei zeigte sich
Einflößung von Hoffnung 0,47** –0,15 0,08 0,23 ein leicht besserer Fit für den TFI-19 als
Sicherer emotionaler Ausdruck 0,41* –0,20 0,02 0,15 für den TFI-S. Der Modell-Fit des TFI-
Erkenntnis von beziehungs- 0,43** 0,16 0,15 0,38* 19 war zwar nicht optimal, die 4 Faktoren
bezogenem Einfluss konnten aber nach leichten Modifika-
Soziales Lernen 0,57** –0,14 0,06 0,28 tionen, die auch im amerikanischen
TFI-19 therapeutisches Faktoreninventar, GCQ-S Gruppenklimafragebogen Original eingesetzt wurden (Joyce et al.
*p ≤ 0,05; **p ≤ 0,01; ***p ≤ 0,001 2011), mit akzeptablen Fit-Indizes repli-
ziert werden: Einflößung von Hoffnung,
sicherer emotionaler Ausdruck, Erkennt-
Tab. 4 Korrelationen zwischen Subskalen des TFI-19 und Outcome-Maßen
nis von beziehungsbezogenem Einfluss
Subskala Wirkfaktoren zu t1 Anstieg ΔWirkfaktoren = t2–t1
und soziales Lernen. Die internen Kon-
r-BSI r-IIP r-BDI d r-BSI r-IIP r-BDI sistenzen lagen im akzeptablen Bereich.
Einflößung von Hoffnung –0,10 0,03 –0,05 0,57 0,21 0,13 0,13 Die Interkorrelationen der Subskalen
Sicherer emotionaler Aus- –0,02 0,06 0,12 0,49 0,06 0,09 –0,03 waren, dem englischen Original ent-
druck sprechend (dort: 38 ≤ r ≤ 0,71), relativ
Erkenntnis von beziehungs- –0,11 0,05 –0,11 0,34 0,09 0,04 0,03 hoch. Dies stellt auch kein ungewöhnli-
bezogenem Einfluss ches Phänomen in der Therapie-Prozess-
Soziales Lernen –0,22 –0,08 –0,27 0,49 0,32* 0,31* 0,40** Forschung dar (Brockmann et al. 2011;
r-BSI Korrelationen der Wirkfaktoren mit dem Prä-post-Differenz Wert (t1–t2) des Global Severity MacNair-Semands et al. 2010).
Index (GSI) des BSI, r-IIP Korrelationen der Wirkfaktoren mit dem Prä-post-Differenz Wert (t1–t2) des Im zweiten Schritt wurde die Über-
Globalwerts des IIP-32, r-BDI Korrelationen der Wirkfaktoren mit dem Prä-post-Differenz Wert (t1–2) einstimmungsvalidität des deutschspra-
des Globalwerts des BDI-II, d Cohens d bezüglich des Anstiegs der Wirkfaktoren von t1 zu t2
*p ≤ 0,10; **p ≤ 0,05
chigen TFI-19 mithilfe von Pearson-
Korrelationen zu den Subskalen der
deutschsprachigen Version des GCQ-
weichungen und Interkorrelationen der sich keine signifikanten Outcome-As- S (Tschuschke et al. 1991) betrachtet.
4 Faktoren des TFI-19 zeigt . Tab. 2. soziationen. Für den Differenzwert des Ausgehend von Daten der englischen
Um die Übereinstimmungsvalidität Wirkfaktors soziales Lernen fanden sich Originalinstrumente (Joyce et al. 2011;
und die prädiktive Validität der deutsch- positive Korrelationen mit den Diffe- MacNair-Semands et al. 2010) wurde
sprachigen Version des TFI-19 zu über- renzwerten des GSI (r = 0,31; p = 0,09), angenommen, dass die 4 TFI-19-Skalen
prüfen, wurden Pearson-Korrelationen des BDI-II (r = 0,39; p = 0,01) und des zu beiden Messzeitpunkten positiv mit
mit einseitigen Signifikanztests berech- IIP-32 (r = 0,32; p = 0,09). Bezüglich der der Engagement-Skala des GCQ-S und
net. Bezüglich der Korrelationen der Differenzwerte der übrigen TFI-Skalen negativ bzw. nichtsignifikant mit den
4 Faktoren des TFI-19 mit den Subska- konnten keine signifikanten Zusammen- Skalen Konflikt und Vermeidung korre-
len des GCQ-S ließ sich die Hypothese hänge festgestellt werden. Alle Befunde lieren. Diese Hypothese konnte bestätigt
bestätigen. Die 4 Wirkfaktoren korrelie- zur prädiktiven Validität sind in . Tab. 4 werden: Alle 4 TFI-19-Subskalen waren
ren zu beiden Messzeitpunkten wie im aufgeführt. bedeutsam mit der Skala Engagement
englischen Original (Joyce et al. 2011; assoziiert. Wie im englischen Original
MacNair-Semands et al. 2010) signifi- Diskussion bestanden mit den anderen beiden Ska-
kant positiv mit der Subskala Engagement len schwach-negative Zusammenhänge
(0,46 ≤ r ≤ 0,61). Alle TFI-19-GCQ-S- Ziel der vorliegenden Studie war es, (Joyce et al. 2011).
Zusammenhänge sind in . Tab. 3 dar- die Kurzfassung des TFI (MacNair-Se- Im dritten Schritt wurde die prädikti-
gestellt. Die Hypothese zur prädiktiven mands et al. 2010) in einer deutsch- ve Validität des TFI-19 analysiert. Dazu
Validität ließ sich nur teilweise bestäti- sprachigen Version zu validieren. Damit wurden die Prä-post-Differenzwerte der
gen: Für die t1-Wirkfaktor-Werte zeigten soll ein ökonomisches, international 4 TFI-19-Faktoren mit den Differenzwer-

Psychotherapeut 5 · 2016 389


Schwerpunkt: Gruppenpsychotherapie - Originalien

ten der Outcome-Maße (BSI, IIP-32 und und Beobachter-Ratings berücksichtigt,


Korrespondenzadresse
BDI-II) korreliert. Dabei wurde ange- könnte ein noch umfassenderes Bild
nommen, dass es positive Korrelationen ergeben. Zweitens beinhaltet der TFI-19 Dr. J. Mander
zwischen dem Anstieg der TFI-19-Fak- einige Items, die mehrere Inhalte gleich- Zentrum für Psychologische Psychotherapie,
toren und der Abnahme der Symptom- zeitig erfassen (z. B. Anhang – Item 7: Psychologisches Institut, Universität Heidelberg
belastung über den Therapieverlauf hin- Es ist unklar, ob „trifft überhaupt nicht Bergheimer Str. 58a, 69115 Heidelberg,
Deutschland
weg geben würde. Die Hypothese konnte zu“ bedeutet, Patient war nicht wütend johannes.mander@zpp.uni-hd.de
partiell bestätigt werden: Für die TFI-19- oder für den Patienten war es nicht
Skala soziales Lernen zeigten sich mittlere okay, wütend zu sein). In zukünftigen
Danksagung. Wir danken den kooperierenden
Effekte mit 0,31 ≤ r ≤ 0,39. Für die anderen Studien sollte eine revidierte TFI-19- Einrichtungen des Zentrums für psychologische
Skalen ergaben sich niedrige Korrelatio- Fassung formuliert werden, die diesen Psychotherapie (ZPP) für die Hilfe bei der Daten-
erhebung, insbesondere dem Zentrum für Psycho-
nen mit 0,06 ≤ r ≤ 0,19. Im Gegensatz zum Aspekt adressiert. Drittens befanden
soziale Medizin (ZPM) des Universitätsklinikums
englischen Original (MacNair-Semands sich die ambulanten Patienten parallel in Heidelberg, der Klinik in der Plöck in Heidelberg, der
et al. 2010) fanden sich in unserer Stu- Einzeltherapie, wodurch Prozess-Out- Vogelsbergklinik Grebenhain, dem Alexianer
Krankenhaus in Aachen sowie dem Sigma-Zentrum
die nur tendenzielle Assoziationen zum come-Assoziationen eingeschränkt sein
Bad Säckingen. Weiterhin bedanken wir uns bei Prof.
IIP. Im Kontext der wissenschaftlichen könnten. In zukünftigen Studien sollten Annette Kämmerer und Prof. Peter Fiedler sowie
Literatur sind die Prozess-Outcome-Ef- Patienten untersucht werden, die sich Georg Schaller und Barbara Zanger für ihre
Unterstützung. Unser besonderer Dank gilt den
fekte der Skala soziales Lernen im oberen exklusiv in Gruppentherapie befinden.
Patientinnen und Patienten sowie den Thera-
Bereich anzusiedeln: Eine vielzitierte Me- Viertens soll aufgrund der Vielzahl an peutinnen und Therapeuten, ohne deren Hilfe diese
taanalyse zur therapeutischen Beziehung statistischen Tests auf eine potenzielle Untersuchung nicht möglich gewesen wäre.
berichtet die Effektstärke r = 0,27 (Hor- α-Fehler-Kumulierung aufmerksam ge-
vath et al. 2011). Die Befunde der übri- macht werden. Bei der Interpretation gilt Einhaltung ethischer Richtlinien
gen Skalen sind vergleichbar mit Befun- es daher weniger, einzelne signifikante
den aus anderen Prozessstudien (Mander Korrelationen einzubeziehen, sondern Interessenkonflikt. Johannes Mander, Eva Vogel,
et al. 2013, 2015). Insgesamt ist allerdings vielmehr das allgemeine Muster der Valerie Wiesner, Paul Blanck und Hinrich Bents geben
einschränkend festzuhalten, dass die Be- Korrelationsmatrizen zu berücksichti- an, dass kein Interessenkonflikt besteht.
funde unsererStudie geringere Outcome- gen. Zuletzt soll erwähnt sein, dass die Die lokale Ethikkommission der Fakultät für Verhal-
Zusammenhänge aufwiesen als im engli- Patienten an einem universitären Aus- tens- und Empirische Kulturwissenschaften der Uni-
schen Original. Zukünftige Replikations- bildungsinstitut für kognitive Verhal- versität Heidelberg hat der Studiendurchführung
gemäß der aktuellen Fassung der Deklaration von
studien sollten erforschen, ob sich dies tenstherapie und dessen universitären Helsinki zugestimmt. Von allen Patienten liegt eine
bestätigt. Kooperationskliniken in Behandlung Einverständniserklärung vor.
Interessanterweise bestanden gerin- waren. Eine Generalisierung der Ergeb-
gere TFI-19-Outcome-Assoziationen, nisse aufandere Settings istinzukünftiger
wenn die Veränderungen in den Sym- Forschung zu analysieren.
ptommaßen mit den TFI-19-Wirkfaktor-
Intensitäten zu t1 korreliert wurden. Also Fazit für die Praxis
scheint weniger die absolute Wirkfak-
torintensität, sondern das Erleben eines Mit dem TFI-19 liegt nun auch in deut-
Anstiegs der Wirkfaktorintensität über scher Sprache ein theoretisch fundiertes
den Therapieverlauf mit Symptomver- Instrument zur ökonomischen Erfas-
besserungen verbunden zu sein. Um sung gruppentherapeutischer Wirkfak-
diesen Aspekt genauer zu analysieren toren vor. Aufgrund des nichtoptimalen
und die Kausalität des hier beobachteten Modell-Fit sollte das Instrument mit
Phänomens besser klären zu können, Vorsicht eingesetzt werden, und zu-
sollten zukünftige Studien die TFI-19- künftige Replikationsstudien scheinen
Faktoren in höherer Frequenz, z. B. nach sinnvoll. Es kann eingesetzt werden, um
jeder Sitzung, erfassen. gruppentherapeutische Prozesse eng-
maschig zu monitorieren. Zukünftige
Limitationen Arbeiten sollten auch prozessbezogene
Unterschiede verschiedener Gruppen-
Die Studie weist einige Limitationen auf: konzepte (manualisierte Gruppen, of-
Erstens wurde bislang nur eine Pati- fene interaktionelle Gruppen) mit dem
entenperspektive auf die TFI-19-Fakto- TFI-19 untersuchen.
ren entwickelt. Eine multiperspektivi-
sche Erfassung gruppentherapeutischer
Wirkfaktoren, die auch Therapeuten-

390 Psychotherapeut 5 · 2016


Anhang Instruktionen. Im Folgenden (. Tab. 5) Manche Fragen klingen ähnlich, sie erfas-
finden Sie Aussagen über Erfahrungen, sen aber jeweils leicht unterschiedliche
Subskalen und Items des die Patienten mit ihrer Gruppenthera- Aspekte. Beantworten Sie diese bitte so
therapeutischen Faktoreninventars pie machen können. Denken Sie an Ihre gut wie möglich. Ihre Antworten blei-
heutige Therapiesitzung und entscheiden ben anonym und werden nicht an Ihren
Der fertige Fragebogen kann beim kor- Sie, welche Antwortmöglichkeit (0 bis 4) Therapeuten weitergegeben.
respondierenden Autor angefordert wer- am besten Ihre Erfahrungen beschreibt.
den. Bitte lassen Sie keine dieser Fragen aus Literatur
Skalierung: 0: trifft überhaupt nicht und entscheiden Sie sich immer nur für
zu, 1: trifft etwas zu, 2: trifft halbwegs zu, eine der vorgegebenen Antwortmöglich- Bakali JV, Baldwin SA, Lorentzen S (2009) Modeling
groupprocessconstructsatthreestagesingroup
3: trifft überwiegend zu, 4: trifft genau zu. keiten. Antworten Sie möglichst spontan. psychotherapy. Psychother Res 19:332–343
Beck AT, Steer RA, Brown GK (1996) Manual for
the Beck depression inventory-II. Psychological
Tab. 5 Items des deutschen TFI-S/19 (Itemnummern in Klammern) Corporation, San Antonio
Berzon B, Pious C, Farson RE (1963) The therapeutic
Einflößung von Hoffnung event in group psychotherapy: a study of
Dinge erscheinen mir nach der heutigen Gruppensitzung hoffnungsvoller. (2) subjective reports by group members. J Individ
a Psychol 19:204–212
In der heutigen Gruppe habe ich gelernt, dass ich mehr Gemeinsamkeiten mit anderen habe, als Bormann B, Burlingame GM, Strauß B (2011) Der
ich angenommen hätte. (6) Gruppenfragebogen (GQ-D). Instrument zur
Die heutige Gruppe half mir dabei, ein positiveres Gefühl gegenüber meiner Zukunft zu haben. Messung von therapeutischen Beziehungen in
(10) der Gruppenpsychotherapie. Psychotherapeut
a
56:297–309
Die heutige Gruppe hilft mir zu erkennen, wie viel ich mit anderen gemeinsam habe. (14) Brockmann J, Kirsch H, Hatcher R, Andreas S, Benz
Die heutige Gruppe hat mich hinsichtlich der Zukunft inspiriert. (17) S, Sammet I (2011) Skala Therapeutische
Allianz-Revised – deutsche Fassung. Psychother
Die heutige Gruppe befähigt mich dazu, mein Leben besser zu gestalten. (20) Psychosom Med Psychol 61:208–215
Sicherer emotionaler Ausdruck Burlingame GM, Fuhriman A, Mosier J (2003) The diffe-
rential effectiveness of group psychotherapy: a
Ich empfand heute ein Zugehörigkeitsgefühl zu dieser Gruppe. (3) meta-analytic perspective. Group Dyn 7:3–12
Heute war es okay für mich, in der Gruppe wütend zu sein. (7) Burlingame GM, McClendon DT, Alonso J (2011)
Cohesion in group therapy. Psychotherapy
Heute hat es mich berührt, dass sich die Leute in dieser Gruppe gegenseitig beistehen. (11) 48:34–42
In der heutigen Gruppe hatten die Mitglieder mehr Gemeinsamkeiten als Unterschiede. (15) Burlingame GM, Strauss B, Joyce AS (2013) Change
mechanisms and effectiveness of small group
Obwohl wir heute Meinungsverschiedenheiten hatten, fühlt sich unsere Gruppe für mich sicher treatments. In: Lambert MJ (Hrsg) Bergin and
an. (18) Garfields handbook of psychotherapy and
In der heutigen Gruppe bekam ich die Gelegenheit, meinen Gefühlen freien Lauf zu lassen. (21) behavior change, 6. Aufl. Wiley, New York,
S 640–689
Ich konnte in der heutigen Gruppe „alles rauslassen“. (23) Byrne B (2010) Structural equation modeling with
Erkenntnis von beziehungsbezogenem Einfluss AMOS. Taylor & Francis, London
Corsini RJ, Rosenberg B (1955) Mechanisms of
Ich habe heute beobachtet, dass ich während der Gruppensitzung überraschend viel über meine group psychotherapy: processes and dynamics.
Familie nachdenke. (4) J Abnorm Soc Psychol 51:406–411
In der heutigen Gruppe ist mir wirklich klargeworden, welchen sozialen Einfluss meine Familie Franke GH (2000) BSI - Brief Symptom Inventory
- deutsche Fassung (PSYNDEX Tests Review).
auf mein Leben gehabt hat. (8)
Göttingen, Beltz
a
Heute habe ich darauf geachtet, wie andere in meiner Gruppe schwierige Situationen bewälti- Hautzinger M, Keller F, Kühner C (2006) Beck Depres-
gen, damit ich diese Strategien in meinem eigenen Leben anwenden kann. (12) sions Inventar II (BDI II).Deutsche Bearbeitung
und Handbuch zum BDI II. Harcourt Test Service,
Es ist überraschend, aber obwohl ich die Unterstützung meiner Familie brauche, habe ich heute Frankfurt
auch gelernt, unabhängiger zu sein. (16) Horvath AO, Del Re AC, Flückiger C, Symonds D
Durch die heutigen Rückmeldungen von Mitgliedern und Gruppenleiter habe ich viel über mei- (2011) Alliance in individual psychotherapy.
ne Wirkung auf andere gelernt. (19) Psychotherapy 48:9–16
Hu L, Bentler PM (1999) Cutoff criteria for fit indexes
Die heutige Gruppe hat mir die Wichtigkeit anderer in meinem Leben gezeigt. (22) in covariance structure analysis: conventional
Soziales Lernen criteria versus new alternatives. Struct Equ
Modeling 6:1–55
Weil ich heute mit anderen Gruppenmitgliedern viel gemeinsam hatte, beginne ich zu denken, Johnson JE (2014) Integrating psychotherapy research
dass ich mit Leuten außerhalb der Gruppe auch Gemeinsamkeiten haben könnte. (1) with public health and public policy goals
a
Heute bemerkte ich, dass ich in der Gruppe dieselben Reaktionen oder Gefühle habe, die ich for incarcerated women and other vulnerable
populations. Psychother Res 24:229–239
gegenüber meiner Schwester, meinem Bruder oder einem Elternteil hegte. (5)
Johnson JE, Burlingame GM, Olsen JA, Davies DR,
Meine heutige Gruppe war wie ein Stück einer größeren Welt, in der ich lebe; ich sehe dieselben Gleave RL (2005) Group climate, cohesion,
Muster und sie in einer Gruppe zu verstehen, hilft mir, sie in meinem Leben draußen zu verste- alliance, and empathy in group psychotherapy:
hen. (9) multilevel structural equation models. J Couns
Psychol 52:310–321
In der heutigen Gruppe habe ich manchmal durch Zuschauen und späteres Imitieren von dem Joyce AS, MacNair-Semands R, Tasca GA, Ogrodniczuk
gelernt, was passiert. (13) JS (2011) Factor structure and validity of the
a
Items 5, 6, 12, 14 aus dem TFI-S werden im finalen TFI-19 nicht verwendet.

Psychotherapeut 5 · 2016 391


Fachnachrichten

therapeutic factors inventory–short form. Group


Dyn 15:201–219
Wo die Angst sitzt Effekt auf die Angst. Die Art der Zellpopula-
Kivlighan DM, Multon KD, Brossart DF (1996) Helpful tion scheint also entscheidend für die Ent-
impacts in group counseling: development of a Stress kann Angst erhöhen. Der Glucocor- stehung von Stress-induzierter Angst.
multidimensional rating system. J Couns Psychol ticoidrezeptor für das Stresshormon Cor- In einem zweiten Schritt betrachteten die
43:347–355
Lei M, Lomax RG (2005) The effect of varying degrees tisol vermittelt verstärkte Angst. Spielen Forscher einen kleineren Bereich im Gehirn,
of nonormality in structural equation modeling. unterschiedliche Zelltypen, in denen er sich nämlich ausschließlich die Amygdala. Hier
Struct Equ Modeling 12:1–27 findet, dabei eine Rolle? Forscher des Max- konnten die Ergebnisse noch weiter aufge-
Lese KP, MacNair-Semands R (2000) The therapeutic
factors inventory: development of a scale. Group Planck-Instituts für Psychiatrie konnten schlüsselt werden und eine Funktion des
(New York) 24:303–317 erstmals nachweisen, dass nicht nur die Glucocorticoidrezeptors speziell auf das
MacNair-Semands RR, Ogrodniczuk JS, Joyce AS (2010) Hirnregion, sondern auch die Art der Neu- Furchtgedächtnis nachgewiesen werden.
Structure and initial validation of a short form
of the therapeutic factors inventory. Int J Group ronenpopulation eine entscheidende Rolle Besonders interessant war es für die For-
Psychother 60:245–281 spielt. Diese Erkenntnis liefert einen neuen scher am Max-Planck-Institut für Psychia-
Mander J, Wittorf A, Schlarb A, Hautzinger M, Zipfel Ansatzpunkt zur Behandlung von Angst- trie, dass die Effekte von Stress-induzierter
S, Sammet I (2013) Change mechanisms in
psychotherapy: multiperspective assessment störungen. Angst und Furcht unterschiedlichen Hirnre-
and relation to outcome. Psychother Res Rund 20 Prozent der Bevölkerung erkran- gionen zugeordnet werden können. Diese
23:105–116 ken irgendwann in ihrem Leben an einer Erkenntnis liefert wertvolle Hinweise für
Mander J, Schlarb A, Teufel M, Keller F, Hautzinger M,
Zipfel S, Wittorf Sammet AI (2015) The individual Angststörung. Sehr häufig ist eine erhöh- eine differenzielle Behandlung von Angst
therapy process questionnaire: development te Ängstlichkeit auch Begleiterscheinung und Furcht.
and validation of a revised measure to evaluate anderer psychiatrischer Erkrankungen. So Noch wichtiger ist das gewonnene Ver-
general change mechanisms in psychotherapy.
Clin Psychol Psychother 22:328–345 haben 60 bis 70 Prozent aller Menschen, die ständnis, dass außer der Hirnregion auch
Ogrodniczuk JS, Piper WE (2003) The effect of group an einer Depression leiden, auch Probleme der Typ der Zellen entscheidend ist. Auch
climate on outcome in two forms of short-term mit vermehrter Angst. das ist für die Behandlung von Angststö-
group therapy. Group Dyn 7:64–76
Revelle W, R Developmental Core Team (2015) Psych: Forscher wissen, in welchen Hirnregionen rungen wichtig, liefert es doch einen An-
procedures for psychological, psychometrich, die Angst sitzt, zum Beispiel in der Amygda- satzpunkt, welche Schaltkreise konkret für
and personality research. https://cran.r-project. la. Sie wissen auch, dass Stress Angst erhö- Angst zuständig sind, wo also medikamen-
org/web/packages/psych/index.html
Rosseel Y, R Developmental Core Team (2015) Lavaan: hen kann. Eine wichtige Erkenntnis, denn tös am besten angesetzt werden sollte.
latent variable analysis. packager version 0.4. viele der Grunderkrankungen, die mit ver-
http://lavaan.ugent.be. Zugegriffen: 3. Februar stärkter Angst gekoppelt sind, sind eben- Quelle: www.idw-online.de
2016
Thomas A, Brähler E, Strauss B (2011) IIP-32: Ent- falls Stress-bedingt.
wicklung, Validierung und Normierung einer Was bisher nicht bekannt war, ob ein be-
Kurzform des Inventars zur Erfassung Interper- stimmter Zelltyp im Gehirn für verstärkte
sonaler Probleme. Diagnostica 57:68–83
Tschuschke V, Hess H, MacKenzie KR (1991) Der Grup- Ängstlichkeit verantwortlich ist. Der Haupt-
penklima-Fragebogen (GCQ-S) – Methodik und rezeptor für das Stresshormon Cortisol, der
Anwendung eines Meßinstruments zum Grup- Glucocorticoidrezeptor, vermittelt verstärk-
penerleben. Gruppenpsychother Gruppendyn
26:340–359 te Angst. Doch welcher Typ von Nervenzel-
Wittchen H, Zaudig M, Fydrich T (1997) Strukturiertes len vermittelt diesen Effekt? Wird der Bo-
KlinischesInterviewfürDSM-IV(SKID-IundSKID- tenstoff Glutamat von den Nervenzellen
II). Hogrefe, Göttingen
Yalom ID (1995) The theory and practice of group gebildet, agieren diese erregend, während
psychotherapy, 4. Aufl. US Basic Books, New York Nervenzellen mit dem Botenstoff GABA
neuronale Aktivität hemmen. Dieser The-
matik gingen Wissenschaftler um Mathias
Schmidt am Max-Planck-Institut für Psychi-
atrie nach.
Im Mausmodell schaltete Schmidt mit sei-
nem Team den Glucocorticoidrezeptor ent-
weder nur in der erregenden, glutamater-
gen Zellpopulation oder in hemmenden,
GABAergen Nervenzellen aus. Die jetzt in
der renommierten Zeitschrift „Molecular
Psychiatry“ publizierten Ergebnisse zei-
gen: Nur Mäuse, in denen der Glucocorti-
coidrezeptor in glutamatergen Neuronen
ausgeschaltet war, hatten weniger Angst.
Die andere Gruppe mit einer Manipulati-
on in GABAergen Neuronen zeigte keinen

392 Psychotherapeut 5 · 2016

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