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Internationales Studien- und Sprachenkolleg der Johannes Gutenberg-Universität Mainz

06131-3937411 Frühjahrshalbjahr 2020


FESTSTELLUNGSPRÜFUNG
SOZIALKUNDE

Bitte bearbeiten Sie die Aufgaben und Fragen der Klausur in vollständigen Sätzen!

1. Bitte lesen Sie den Text. Bearbeiten Sie dann die folgenden Aufgaben.

Bürgerräte
Viele Menschen sind von der Politik der Parteien sehr enttäuscht. Oft sehen Bürger ihre Inte-
ressen zu wenig berücksichtigt. Ihr Misstrauen gegen „die da oben“ führt auch zu Zweifeln an
der Demokratie selbst. Das ist gefährlich, weil es Demokratiegegner stark macht. Aber was
kann man tun? Eine Antwort: Bürger besser beteiligen. Das ist das Ziel des ersten nationalen
5 Bürgerrats, den es seit letztem Jahr gibt. 160 Deutsche, per Los (wie bei einer Lotterie) ermittelt,
erarbeiten dort Empfehlungen zur Stärkung der Demokratie. Sie diskutieren über Lobbyismus,
Plebiszite, Formen der Politikberatung durch Bürger.
Es ist höchste Zeit, die liberale Demokratie weiterzuentwickeln. Viele Bürger wünschen sich
mehr Möglichkeiten der politischen Beteiligung – auch außerhalb der Parteien. Dialogorien-
10 tierte Formen wie Bürgerräte stoßen auf besonders großes Interesse, gerade auf kommunaler
Ebene. Die Grundidee: Wenn Bürger genügend Informationen und Zeit haben, schwierige Fra-
gen intensiv zu diskutieren, entstehen gute Lösungen – und das wichtige Gefühl, einbezogen
zu werden.
Wie gut Bürgerräte funktionieren können, ist in Irland zu sehen. Dort haben sie die Plebiszite
15 zur „Ehe für alle“ und zum Abtreibungsrecht vorbereitet. Emotionalisierte Debatten wurden
versachlicht und gesellschaftliche Konflikte entschärft. Voraussetzung dafür ist, dass sämtliche
Teile der Bevölkerung repräsentiert sind. Deshalb wurden auch in Irland die Teilnehmer in
einem lotterieähnlichen Verfahren ausgelost. Politische Losverfahren haben Tradition, Aristo-
teles lobte sie als Inbegriff der Demokratie.
20 In Bürgerräten erfahren sich Menschen ganz unmittelbar als wirksame Mitglieder der Gesell-
schaft – vorausgesetzt, politische Entscheidungsträger nehmen die erarbeiteten Ergebnisse
ernst. Parlament und Regierung müssen auf die Vorschläge reagieren und begründen, wenn sie
nicht umgesetzt werden. Daher ist wichtig, dass ein Bürgerrat eng an die Politik angebunden
oder von ihr beauftragt ist.
25 Bei vielen Bundespolitikern herrscht Skepsis: Schwächt ein nationaler Bürgerrat das Parla-
ment? Ist direkte Demokratie das Ziel? Doch darum geht es nicht: Bürgerräte sollen die reprä-
sentative Demokratie ergänzen und stärken, nicht ersetzen. Entscheidungen erhalten zusätzli-
che Legitimation.
nach: Süddeutsche Zeitung, 28./29.09.2019

1.1 Erklären Sie, was man - ganz grundsätzlich - unter Bürgerräten versteht. (3 P.)
1.2 Erläutern Sie, was Plebiszite und Bürgerräte gemeinsam haben und was sie unterschei-
det. (6 P.)
1.3 Welche möglichen Vorteile von Bürgerräten werden im Text genannt? (6 P.)
1.4 Welche Voraussetzungen müssen erfüllt sein, damit Bürgerräte gut funktionieren
können? (4 P.)

1.5 Nennen Sie die Gründe für die Skepsis vieler Bundespolitiker gegenüber Bürgerräten.
(4 P.)

2. Zum Thema Parteien:

2.1 Definieren Sie den Begriff Partei. (4 P)

2.2 Erklären Sie, was man unter dem Parteienprivileg versteht. (4 P)

2.3 Diskutieren Sie die These: Parteienverbote darf es in einer Demokratie nicht geben
(12 P)

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