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B 2 829 978
BERKELEY ለA
LIBRARY
UNIVERSITY OF
CALIFORNIA
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ueber die
mendlichen Geifte 8 .
Ein Verſuche
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U. B. a y B ( er ,
Doktor und proferite der Philosophica
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Meine Freunde
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Berlin ,
im März 1804
Der Verfaſſers
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11
3
I. 1
Der Menſch.
Wie die Blume aus dem zufällig vom Wins
de geſtreuten Saamenkorn hervorkeimt , ſo geht
der einzelne Menſch , ſeiner Zeugung unbewußt,
aus dem Schooße der Natur hervor ; aber eins
mal da, verherrlicht er die Gattung, Beren Bild
er trågt , offenbart er die Natur , deren Geiſt
ihn belebt. Als Pflanze und Thier lebt er in
der Natur ; ſie als ſeine Mutter nicht kennend ,
iſt er ein Zweig des großen Baumes, und fångt
ſchon in ſeinem Entſtehen an, wieder zu ſchwins
den , um neuen Erzeugniſſen Plaß zu machen.
Aber er wiro Mend) , der Allgeiſt der Natur
erwacht in ihm , die Natur unterwirft fich ihm ,
huldigend in ſeiner Geſtalt ihrem eigenen Gela
ſte, und er waltet als Herr der Natur ; möge
: , ſie das hinſinkende Thier , als ihren organiſchen
Theil zurückfodern , um ſich in neuen Darſtel:
lungen zu verjüngen vor ihrem Geiſte , der
im Menſchen hervortritt, geheri alle dieſe Verán :
derungen, wie wechſelnde Schatten vorüber, und
einmal erwacht, finkt er nie in Schlaf zurück.
In allen ihren, in ſtufenweiſer Organiſa:
5
tion fich erhöhenden Produkten , zeigt die Nas
tur ihr Emporſtreben zum Geiſte , zum Sedans
ken , zum reinen , von den Feffeln der Materie
befreiten Bilde , um ſo dem ewigen Weſen fich
wieder zu geben , in dem ſie als Urbild ewig
wohnet ; aber nur in ihrer vollendetſten Organi:
ſation , nur im Menſchen erreicht fie ihr Ziel,
nur im Menſchen offenbart fie als Bild ihr Urs
bild, und mit ihm zugleich das ewige Beſen :
welche Wunder ſtellt ſie dar in dieſer Offenbas
rung ? welche Geheimniſſe enthüllt ſie ?
Nicht iſt es des Menſchen ſchönes Loos , in
dem Geiſte, den die Natur in ihm frei machte
von der Hülle , die ihn. in der Pflanze , im
Chiere noch gefeſſelt hält , die ganze Natur als
ſeinen organiſchen Leib zu ſehen ; nicht erſcheinet
die Menſchheit felbft als Geiſt der Natur : ſon:
dern als Einzelweſen trägt der Menſch nur das
Bild der Menſchheit , und indem er ſich in dies
ſem Bilde als Herrn der Natur erkennt, fühlt
er fich als Einzelweſen , als wohnend in der
thieriſchen Hülle, der Natur unterworfen , als
einen unendlich kleinen Theil des Ganzen, einen
Augenblick der endloſen Zeitreihe. Dieſer Wis
derſpruch, welcher das Innerſte des menſdlichen
Werens durchſchneidet , iſt jedoch der frucht:
6
ſchwangere Boden , aus dem Teine ihm eigens
thümliche Würde hervorſprießt : das mühvolle
Emporklimmen aus dem gefühlten Nichts zu
dem erkannten 21 , das innige Gefühl der ſchds
nen, vertrauten, kindlichen Abhängigkeit von dem
allebenden , alwaltenden Geiſte, der frohe Rück :
blick auf das Errungene , und der hoffnungsvolle ,
dunkle Hinblick auf das noch zu Erringende
dies allein giebt dem Menſchen Teine Würde, vers
herrlicht , befeligt ihn , und dies ſind die Früchte
des in Zwieſpalt getheilten Saamenkorns .
; Iſt dieſes Werk der menſchlichen Natur
dem Zufall preis gegeben ? oder befolgt die Nas
tur in der Enthüllung ihres Geiſtes eben ſo eis
ne nothwendige Stufenfolge , wie in der Dars
ſtellung ihres Leibes als Organiſation ?
Im Geifte iſt nidts , vielmeniger ſeine eigene
Darſtellung, zufällig, aber das Geheimniß liegt
darin, daß die Natur ihren Geiſt nur in Einzels
weſen offenbaren kann , indem ſie ſelbſt nur in
Gott als Ein Ganzes, als ewiges Weſen ruhet,
und um das Einzelne wieder in das Ganze zus
růckzubilden , um ſich mit Freiheit , als Geiſt,
dem ewigen Weſen wieder zu geben , aus dem
fie herausgeſeßt , in den unendlidhen Kreis der
Vereinzelung in Raum und Zeit fiel , daju
1
7
1
II
1
1
13
macht ; und wenn er gendthigt iſt, auf irgend
einem Punkte die Freiheit einzuräumen , ſo ift
es vergebliche Mühe; die Reihe der Sjandlun's
gen aus der Natur zu erklären , denn giebt es
eine Freiheit, ſo iſt ſie auch immer und überall
da , und der Determinift kann zwar beweiſen ,
daß jede Handlung in der Natur vorgehe, aber
nicht, daß fie aus der Natur , als threm Prints
zip , hervorgehe.
Doch der Determinismus kann auch als
Skepticismus angeſehen werden , und ſo ſteht er
unüberwindlich gegen den dogmatiſchen Indiffe:
Gentismus; der Gutes und Böſes objektiv , und
zwiſchen beiden eine abſolut frete Wahl arts
nimmt. Im Sinne des Indifferentismus iſt
die Freiheit etwas Poſitives , und wenn der Des
terminiſt nur beweiſen will , daß die Freiheit
nichts poſitives, kein wirkliches Handeln rey , ro
hat er volles Recht. Poſitive Freiheit iſt nicht
menſchliche Freiheit, Tondern Befreiung, die von
Oben kommt, der gåttliche Strahl, der den Mens
fdjen aus der Sphåre der Wirklichkeit, aus dem
Kreiſe der Natur und der Vorſtellungen heraus:
hebt , ihn unmittelbar ari das Kabre und an
Gott anſchließt , ſo daß er mit göttlicher Kraft
nicht diefe oder jene einzelne Handlung beſtimmt,
14
ſondern die ganze Sphäre der Wirklichkeit , die
reale und ideale Natur, aus der Erſcheinnng, die
das Einzelne an das Einzelne durch Nothwens
digkeit feſſelt, herausreißt , ſo ſich ſelbſt eben ſo
von dem ſcheinbar Guten , als ſcheinbar Bdſen ,
das nicht er, in der Welt ſtebend , ſondern das
ihn , je nachdem Verfaſſung, Erziehung und Ums
ſtånde es fügen , ergreift, frei fühlt , und nur
darin ſeine Tugend, die einzige, die ohne Egoiss
mus denkbar iſt, findet, daß er ſich und die Nas
tur Gott zum Opfer bringt. Die poſitive Freis
heit iſt, um es mit einem Worte zu ſagen, Res
ligion , und dieſe keine natürliche, ſondern eine ges
geoffenbarte, deren Begriff ich aber weiter, als
es noch gewöhnlich iſt, auszudehnen bitte , ohne
fie mit der ſogenannten natürlichen Religion zu
vermiſchen. ' Religion iſt dic Folge der Erſcheis
nung der Gottheit im Anfange der Geſchichte,
und obgleich dieſe Erſcheinung unter den Juden
durch beſondere fügungen und Symbolen unters
.
A.
Das Denken.
Das Ich tft nach dieſer erſten Beſtimmung
bloß der Uebergang der realen Natur in die
ideale , und inſofern für den Menſchen negatis
ves Prinzip , denn auf dieſem Punkte rekt die
Natur den Menſchen nieder. Man darf ſich
aber dieſen Uebergang nicht als einen Sprung
der Natur vorſtellen , ſondern , da die reale
und tdeale Natur im Weſen ganz gleich und
daſſelbe find , ſo iſt das Ich nur für den Mens
ſchen negativer Anfangspunkt ſeines Dareyns,
als Menſchen ; an ſich iſt es die Naturthårigs
keit , die nur für den Menſchen , als aus der
Natur hervorſtrebendes Einzelweſen , negativ, und
ſo leidende Thåtigkeit, Ich , wird.
Dieſe Eigenheit des Ichs iſt der Grund der
Miglichkeit und Nothwendigkeit des Denfens.
Das Denken iſt möglich , denn es iſt eine freie
Sphäre im Menſchen , das ich als negative
Thåtigkeit , oder Beſtimmbarkeit ; und es iſt
nothwendig , denn das Ich tft urſprünglich Na:
turthårigkeit, und iſt nur negativ, um poſitiv zu
werden , um die zuvor reale Naturthåtigkeit in
ideale zu verwandeln .
31
Das Denken iſt alſo, ſubjektiv , das iſt, für
den Menſchen betrachtet, das Poſitivwerden des
Ichs - objektiv , oder für die Natur betrachtet,
das gdeolwerden der Natur. Das Denkent
hängt nicht vom Menſchen ab , denn das gifs
iſt nur Beſtimmbarkeit ; denken kann aber aud)
nur der Menſch , denn die Natur kann nur
durch das ich ideal werden .
Die Philoſophen ſprechen von einem reinen
Denfakt, und allerdings muß es eine allgemeine
Form geben, in welcher die Maturcijätigkeit, wie
in ihrem Organ , als ideal erſcheint. Dieſe Form
iſt objektiv , inwiefern dieſelbe Thátigkeit , wels
die in der realen Natur ſich zeigt , hier alb
ideal erſcheint , und ſie iſt ſubjektiv , inwiefern
ſie nur im Ich als ideal erſcheint. Auf dieſen
Gegenſaß des Subjektiven und Objeftiven in
dem Einen, in der Dentform , muß in der Auf:
ſtellung der nothwendigen Elemente des Deuts
kens, überall Rückſicht genommen werdeni , ja die
Wechſelbeſtimmung des Subjektiven und Objeks
tiven in der Dentform , ift Telbſt die beſtimmte
Art des Uebergange $ der Naturthårigkeit aus
dem Realen in das Ideale , oder die nothwens
dige Beſtimmung des negativen ydis , wenn es
poſitiv wird , das iſt, das , was wir Denegelene
32
Etivas
$
33
Etwas kann nicht zugleich ſeyn , und zugleich
nicht ſeyn. -
Durch Abſtraktion ven allem beſtimmten Obs
jektiven, von aller Beſtimmung des Gegenſages ,
kommen wir auf den rein formellen Gegenſas
des Seyns und Nichtſeyns , ſo daß Seyn und
Nichtſeyn in dieſem Grundſaß als Prädikate
des Etwas , folglich als bloße Form deſſelben érs
ſcheinen . Durch jede beſtimmte Verknüpfung oder
Syntheſis , kommt ein beſtimmtes Etwas , Vors
ſtellung, Begriff oder Gegenſtand , zu Stande;
abſtrahiren wir aber von allem Beſtimmten der
Verknüpfung, ſo bleibt uns das Etwas, als reta
ne Form der Syntheſis übrig , was ſchon dars
aus zu erſehen iſt, daß das Etwas , im anges
wendeten Denken , der hdchſte Gattungsbegriff,
das iſt, die legte und höchſte Verkniipfung, folge
lich nichts weiter als Verknüpfung, der formelle
Schlußſtein alles beſtimmten Verknüpfens iſt.
Nach dieſer Erläuterung hat der Grundſak
folgende Bedeutung. Die Syntheſis liegt in
keinem der beiden Glieder des Gegenſakes , oder
-
der Gegenſak iſt als ſoldier nicht zugleich
Syntheſis.
Beide aber, das Seyn und Nichtſeyn , wers
Ben auf das Etwas bezogen , und es wird nur
5
34
geſagt, daß ſie nicht zugleich in dem Etwas
liegen können, das heißt, die Syntheſis und der
Gegenſaß ſind nur nicht identiſch , denn waren
fie das, ſo wäre das Etwas zugleich Seyn und
Nichtreyn ; aber eben deswegen , weil Etwas
nicht zugleich ſeyn und nicht ſeyn kann , iſt es
immer Etwas , das heißt , der Gegenſat des
Seyns und Nichtſeyns wird - eben dadurch ,
daß er aus dem Etwas herausgeſekt wird , auch
nothwendig auf daſſelbe bezogen , ſo daß die
Syntheſis , welche das Etwas bezeichnet , nur
durch den von ihm ausgeſchloſenen Gegenſas
möglich iſt , dieſer aber ; nicht als identiſch mit
dem Etwas , ſondern nur in ſeiner Beziehung
auf daffelbe, fich als Gegenſak behauptet. Der
Sag des Widerſpruchs ſpricht alſo in der noths
wendigen Trennung des Objektiven und Subs
jektiven in der Denkform , jugleich" ihrè noths
wendige Verbindung, in der Aufhebung der
Identitåt zugleich die nothwendige Koeriſtenz
beider aus , und ſo iſt er der Grundſak alles
Denkbaren .
Dieſe nothwendige Beziehung des Objektiven
und des Subjektiven , in der Dentform , wird
aber noch beſonders durch den Sag des hinreis
chenden Grundes ausgedrückt. Der Grund alles
35
ſubjektiven , oder ſyntheſiſchen Denkens , iſt der
ebjektive Gegenſalz , und der Grund alles objeke
tiven oder analytiſchen Denkens , iſt die ſubjek.
tive Syniheſis. Der Sak des Widerſpruchs
ſpricht den nothwendigen Gegenſaß der realen
und idealen Natur , das iſt; ihre Wendung, im
ich der Sak des Grundes ', die nothwendige
Verbindung dieſes Gegenſaßes züm gdealen,
als Aufgabe des Ichs aus und ſo iſt jener,
Grundſak des möglichen', siefer des wirklichen
Denkens.
Hier muß wiederholt erinnert werden , daß
es die Natur ſelbſt iſt , die in Menſchen Ich
:wird, und daß nur die Wendung , welche die als
real geſchloſſene Matur auf dieſem Punkte nimmt,
den Schein erzeugt, als ſey das Ich die dem
Menſchen eigenthümliche, und der Natur entges
gengeſekte Kraft, ſo wie aus dem Saamenkorn ,
in welches, als die Frucht der frühern Pflanze,
die Natur ihre jugendliche Kraft verſchloß , die
neue Pflanze mit eigener Kraft hervorzuheimen
ſcheint. Wenn wir alſo in der Denkform .ein
Objektives und Subjektives unterſcheiden , ſo iſt
das nicht ſo . zu verſtehen , daß der Gegenſatz,
als das Objektive , in das Jch als ein ihin
Fremdes eingebe , und daß nur das Subjektive,
36
ole Syntheſis, das ich Tey. Der Gegenſas iſt
eben ſo das ich , wie die Syntheſis ,: aber die
Natur kann nur als Objektives und Subjektia
ves, nur als Gegenſaß und Syntheſis , poſitives
Ich werden , ſie tritt nur im Entgegenſegen und
Verbinden zugleich, als ideale Thårigkeit auf.is
Das Objektive der Dentform, ben Gegenſa,
oder das Entgegenſeken , kann man die Eröffs
nung des Bewußtſeyns nennen , das Sabjektive,
oder die Syntheſis , dasjenige, wodurch es Bes
wußtſeyn des Menſchen wird, der ſelbſt die ideal
dargeſtellte Natur werden ſoll. " Wir ſeheni, daß
die Natur auch als ich , auch im Bewußtſeyn,
ſich wieder trennt. Der Grund iſt, weil die
Natur überhaupt Offenbarung tit , folglich nur
als Gegenſaß erſcheinen kann , und da das Dens
fen keine andere Beſtimmung hat, als die reale
Narur als ideal zu offenbaren , ſo kann auch
dies nur durch den Gegenſatz geſchehen .
Wir laſſen den urſprünglichen Gegenſak des
Objektiven und Subjektiven, als poſitive Baſis des
Bewußtſepns indeß zurück, um ihn am Ende
dieſer Unterſuchung wieder aufzunehmen , wo er
uns in eine höhere Region des Geiftes führen
wird, und wenden unſere Aufmerkſamkeit auf die
getrennt gehaltenen Glieder dieſes Gegenſages,
37
denn nur fo fönnen wir die Natur des Denkens
kennen lernen , und um dieſe Kenntniß iſt es
uns, hier zu thun .
Das Objektive der Denkform , oder der Ges
genſaß , iſt die doppelte objektive Sphåre des
Bewußtſeyns, Seyn und Wiſſen . Von dieſem
objektiven Gegenſake des Bewußtſeyns, geht
das Denken aus , und die nothwendigen Bezie:
hungen dieſes Gegenſakes auf das Subjektive,
oder die nothwendigen Formen der Syntheſis find
die Denkgeſebe, oder die einzelnen Denkformen .
Dreifach iſt die Beziehung des objektiven Ges
genſages auf das Qubjektive , und ſo iſt auch
die Syntheſis , oder das Subjektive, folglich die
Dentform überhaupt dreifach. Entweder das
Seyn wird durch das ihm entgegengefokte Wils
ſen , oder dieſes durch das thm entgegengeſekte.
Seyn , oder beide werden in gleicher Entgegens
Tegung, gegenſeitig zugleich beſtimmt.
Wenn das Seyn durch das ihm entgegenges
febte Wiſſen beſtimmt wird , ſo begreifen wir
das Seyn, die erſte Syntheſis if das Begreifen .
Wenn das Wiſſen durch das ihm entgegens
gerekte Seyn beſtimmt wird, ſo wird die Realts
tåt des Wiffer:s prádizirt , wir urt& eiten . Das
Urtheilen iſt die zweite Syntheſis, i
38
1. Werden aber Seyn und Wiſſen wechſelſeitig
entgegengeſeßt und beſtimmt, ſo wird das Wiſs
ſen ſelbſt ein Seyn , und das reale Seyn iſt
nur ein Wiffen , és tritt das Produkt des Dens
kens , der Gedanke hervor , die Syntheſis des
Gegenſalles iſt vollendet , geſchloffen zum Gans
zen . Die dritte Syntheſis iſt das Schließen.
Di dreifache Denkforin iſt alſo der Begriff,
das Urtheil und der Schluß.
Die Forinel für die Denkform überhaupt iſt
der Saß der Identitát, A ift A. Nun leuchtet
von ſelbſt ein , daß es in dieſer Formel zuerſt
auf die Beſtiminung des A = dem Begriff
zweitens auf die Beſtimmung des Gegenſakes
des A = dem Urtheil , unið dritten 6 , auf die
Beſtimmung der Verbindung beider Entgegens
gefekten = dem Schluß, ankommt. !
Man darf die Beſtimmungen , die hier von
dem Begriffe, dem Urtheil , und dem Schlüſſe
gegeben worden ſind, nicht mit der Beſtimmuns
gen verwechſelt , die von dieſen Denifformen ges
wöhnlich in der Logik gegeben werden ; denn dies
Te ſofferi nur die Qualitäter dieſer Denkformen ,
oder die Form ihrer Anwendung bezeichnen , ſie
ſelbſt werden als beſtimmte Denkformen vore
ausgelebt, und ſo fragt die Logik nicht , was
1
39
43
tft jekt ein geſchlofienes Ganze , und wandelt
ſo ſeinen eigenen Weg des Gedankens und der
Sprache. Dieſe Erſcheinung iſt es , die wir
oben durch die Schlußform bezeichneten , und
?
mit Recht Vernunft genennt , als durch. , den
Schluß das ich zur Selbſtſtändigkeit des Ges
dankens; die tym die Sprache ſichert, gelangt.
B.
Erkennte 11.
1
48
ſeine Objektivität: Die lebendige Wirklichkeit des
Begriffs wird alſo durch ſein Objektivwerden in
bloße Form verwandelt , und als ſolche ſteht ſie
im nothwendigen Gegenſaß mit der Möglichkeit,
denn die Natur iſt urſprünglich als Offenbarung
Doppelform. ' Das heißt , ich kann unmöglich
einen beſtimmten , begrenzten Raum außer mir
denken , ohne zugleich mehrere, unendlich viele
begrenzte Räume mit ihm zugleich zu denken ,
durch das objektive Seßen Eines beſtimmten
Raumes kommt Differenz , Spaltung , Theilung
in den Raum überhaupt , aber immer nur der
Eine iſt Form der Wirklichkeit, die unendlich
vielen außer ihm , umgeben ihn als ſeine Mögs
lichkeit , ſo daß der Raum nie erſch &pft , aber
in jedem Gegenſtand immer nur Einer iſt.
Die Syntheſis dieſer beiden Entgegengeſeks
ten iſt die Einheit in der unendlichen Mannig:
faltigkeit , und unendliche Mannigfaltigkeit in
Der Einheit , in Einem Gegenſtande iſt mir die
Form von Alen , der Raum für Alle gegeben,
und alle Gegenſtände tragen die Form des Eis
nen ; in der Einheit iſt die Vielheit, und in dies
ſer die Einheit gegeben , aber in beiden zugleich
die Alheit.
Die erſte Elementarform der Erkenntniß iſt
alſo
. 49
alſo die Quantitåt , und dieſe beſteht in dem
Gegenſatze der Einheit und Vielheit, und in der ,
Syntheſis der Auheit.
Die zweite Dentform iſt das Urtheil, das in
ſeinem Organ verſchloſſen , ne, die durch das
Seyn beſtimmte Wahrnehmung, oder die Realis .
tåt der Wahrnehmung, das iſt, bloße Unterſchels
dung der Wahrnehmungen iſt; dieſe linterfchets
dung wird im Erkennen objektiv , folglich Uns
terſchejdyng der Gegenſtånde.
Das im Gedanken verſchloſſene Seyn wird
durch die erſte Erkenntnißform ein objektiv ber
grenzterromerter , leerer Raum , ein bloßes
Quantum . ; . of
-
50
Man kann nicht zwei reale Punkte denken,
ohne einen leeren Zwiſchenraum , in welchen 'wiez
der unendlich viele Punkte gedacht werden fons
nen. Dieſer leere Zwiſchenraum iſt die Ber Reas
Attåt entgegenſtehende Negation , und die Syns
theſis beider Entgegengeſekten zur Form der
Qualitåt iſt die gegenſeitige Begrenzung.
Durch das Objektivwerden der Empfindung
entſteht dem Ich der Raum , durch das Objeks
tivwerden der Wahrnehmung die Seiti Da aber
Empfindung und Wahrnehmung , in der finnlis
chen Vorſtellung ( im Gedanken ) ungetrennt ents
halten ſind, ſo wird mit der Empfinning zugleich
die Wahrnehmung , und mit dieſer jene objektiv ;
und ſo wird der Eine Raum durch die Zeit in
uuendlich viele Räume getheilt, das iſt ein
Quantum , und die Wahrnehmung (urtheil) als
geit, durch den Raum eine Folge , das iſt, ein
dnrch leere Zwiſchertråume beſtimmtes Reale.
Für die Reflerion ift in Beziehung auf die
Empfindung der Raum das Wirkliche, und die
Zeit das mögliche, in Beziehung auf die Wahrs
nehmung, die Zeit das Wirkliche und der Raum
das Magliche , die Syntheſis aber , als Hands
lung des reflektirenden Ichs, das Nothwendige. I
1 Durch dieſe beiden Erkenntnißformen ift det
51
Teben muß.
Die vollendete, den Gegenſtand beſtimmende
Erkenntnißform , iſt dem zufolge nichts anders ,
als die Objektivirung der urſprünglichen Ems
pfindung, oder des außern Sinnes, der urſprüngs
lichen Wahrnehmung , oder des innern Sins
nes , und Objektivirung der Wechſelbeſtimmung
des äußern und innern Sinnes . Dieſe Objektis
vitåt, als Form des erkennenden Ichs , iſt es
denn auch , in welcher wir die Welt, als ein gès
ordnetes Ganze , als ein durch Subſtanz und
Afzidenz, durch Urſache und Wirkung , und
durch Wechſelwirkung beider Beſtimmtes erkens
nen. Was die Welt an ſich Tev , Fagt uns dieſe
Erkenntnis freilich nicht, denn ſie wird ganz
durch die Form des Ids beſtimint ; aber um
die Erkenntniß der Welt an ſich kann es uns
auch gar nicht da , zu thun Teyn , wo nur von
dem effennenden Ich die Rede iſt , nur von
dem , was im Wenchen , auf dem Wege ſeiner
* natürlichen Geichichte vorkoinmt, nid )t von dem ,
das auber igm in der Belt vorgeht.
$
57
li
62
أن " : 3.
$ a n o el n.
Durch das Denken , das eben ſo THåtigkeit
der Naturform iſt , wie die Produktion der
Pflanze, mit dem Unterſchiede, daß dieſe reale,
jene ideale Chårigkeit iſt , erhält das Id ſeine
Eriſteniß, und man kann das Sch in dieſer ſete
Her erſten Organiſation , die Selbſterkenntniß der
Natur nennen . Es wird nun auch Erkenntnis
der Matur , indem es ſich auf den Punkt der
Reflexion zurückzieht ( Der Akt der Abſtraktion ),
um objektiv , und als ſolches Erkenntniß zu wers
den . Das zurückgezogene 3d iſt nun auch Subs
jekt geworden, und alle Erkenntniß wird durch
dieſe Subjektivitåt , als Syntheſis , zuſammens
gehalten .
Das erkennende Ic , und ſo die Erkenntnis
ſelbit, iſt aber nicht die Natur ſelbſt, ſondern
nur das Ich der Natur , oder die Beziehung
des Ichs auf die Natur, der eine Arm der Zeit,
der aus der ewigen Natur fich bervorſtreckt.
)
1
64
Damit, daß ich weiß , daß alles in der Natur
unter der Form der Subſtanzialicet und Raufalis
tåt, und der Wechſelbeftimmung beider ſteht, er:
kenne ich nicht die Natur , ſondern nur die Bes
ziehung eines Idhs auf die Natur. Es iſt die
eine Hälfte der Erſcheinungswelt, ihre zweite .
Hålfte wird durch den zweiten Arm der Zeit
gebildet , der von dem Punkte der Reflexion ,
von der Subjektivitåt des Ichs ausgeht, "tre
welchem Punkte ſich die erſte Hälfte ſchließt. Die
Reflexion iſt eben ſo der Wendepunkt der Ers
ſcheinungswelt , wie das in der Natur ftehende
negative ich , die Freiheit der Natur, dei Bens
depunkt der Natur ſelbſt. 7 .
Das Ich geht alſo bier den entgegengeſet
ten ég. In der erſten Hälfte der Erſchels
nungswelt wird' es, als objektis von der Subs
jektivitat, in der zweiten als ſubjektiv von der
Objektivität gehalten . Durch die Objektivitåt
wird dort die Erſcheinung ſubjektiv , hier durch
die Subjektivitåt objektiv. Die Erſcheinung,
welche aus der Objektivitat in die Subjektivität
leuchtet , nennen wir Erkenntniß , die Erſchets
nung, welche aus der Subjektivität in die Dbs
jektivitát übergeht - Handlung ; in dem Haus
deln offenbart ſich alſo der zweite Arm der Zeit.
1
Auch
65
Auch hier müſſen wir wiederholt daran eri
innern , daß , ſo wie alle bisherigen Evolutionen
des Ichs , ſo auch dieſe , urſprünglich auf dem
negativen Ich , der Baſis der Menſchheit rube,
und daß der Menſch , und mit thm die ganze
Erſcheinungswelt, durch das negative Ich in
die ewige Matur eingewurzelt iſt , wodurch wir
auch nur allein in den Stand geſetzt werden ,
uns über die Erſcheinungswelt zur ewigen Wahrs
heit und zum ewigen Leben in ihr zu erheben,
Diefer urſprüngliche gåttliche Funke , aus dem
die Zeit im Menſchen als Erſcheinung ſich ents
zündet, und der ihn dann wieder über die Zeit
in die Sphäre des ewigen Lichts und des ewis
gen Lebens erhebt, leuchtet denn auch auf jedem
. Uebergange des Ichs von der niederen Organi.
fation zur höheren hervor ; nur durch dieſen
hervorbrechenden Strahl det ewigen Natur wird
das ich im Gedanken objektiv , erkennbar , nur
durch ihn wird es in der Reflexion ſubjektiv,
erkennend , und, fo wird es auch nur durch thn,
nicht mehr an fich , ſondern für ſich, für das rer
flektirende, ſubjektive Ich objektiv , handelnd,
Denken , Erkennen und Wollen ſind die alges
meinen Ausdrůde für die breifache Erſcheinung
hide - 66
des negativen Ichs in der Zeit, und die Elemens
te derſelben .
Das Wollen iſt es demnach , worin fich das
nothwendige Streben der Subjektivitåt zur Ob:
jektivitåt offenbaret , und den Uebergang vom
Erkennen zum Haudein macht , es iſt das, was
das Erkannte als Zweck ſegt, um es durch Hands
lung objektiv zu firiren , zu realiſiren .
Auch dieſe legte erſcheinende Organtſation
des Ichs iſt, wie die beiden vorhergehenden ,
durch einen objektiven Gegenſan bedingt, nur mit
dem Unterſchied , daß in der erſten , dem Dens
ken , nicht der Gegenſaß , ſondern nur die Syns
theſis'i der Gedanke , zur Erſcheinung kommt,
dieſer Gegenſab aber in der Erkenntniß in die
Erſcheinung tritt, und zwar mit der zugleich ers
ſcheinenden Syntheſis , in der Handlung hinges
gen nur der Gegenſak ohne die Syntheſis ers
ſcheinet. Das Denken iſt alſo Syntheſis ( ein
Verbinden ) , das Erkennen Gegenſa und Syns
theſis ( Erkennbares und Erkennendes ) , das Hans
deln Gegenſaß . Es verſteht ſich , daß hier von
dieſen Acußerungen nur inſofern die Rede iſt,
inwiefern ſie als Produkte in die Erſcheinung
treten , denn in ihrem innern Getriebe ſind übera
67
all Gegenſak unb Syntheſis nothwendig vera
bunden .
Wenn aber auch in der Handlung nur der
Gegenſaß erſcheint, fotſt doch die Syntheſis
ihre zweite nothwendige Bedingung,, und der
Grund, warum nicht auch die Syntheſis in der
Handlung erſcheint, iſt , weil ſie die Baſis der 1
70
i
75
gen in der endlichen Vernunft geſchieht einer
doppelten Aufgabe zufolge, deren eine dem Mens
ſchen von der Natur , die andere von der Ges
Ichichte gegeben wird . In der Natur liegt das
Allgemeine überall im Beſondern verborgen, det
Menſch iſt ſelbſt ein Befonderes, iſt Einzelweſen
der Natur , und es liegt auch in ihm das Alls
gemeine verborgen. Aber in ihm iſt zugleich das
zweite Beſondere, als unmittelbare Offenbarung
der Freiheit der ewigen Vernunft niedergelegt,
und durch dieſes , als das wahre Subſtanztelle
ſeiner endlichen Vernunft , iſt er in Stand ges
Teßt, aus dem Beſondern der Natur das Auges
meine herauszufinden . Was alſo die Natur in
jedem andern ihrer Produkte vergebens ſtrebt,
nehmlich ihre Augemeinheit als Allgemeinbett
zur Erſcheinung zu bringen , ſo ihr Weſen , und
damit zugleich das nothwendige Weſen der ewis
gen Vernunft zu offenbaren , das erreicht fie im
Menſchen , aber nur durch Anfoberung an fets
ne Fretheit', die als beſondere Offenbarung der
ewigen Vernunft, ihr ſelbſt, als allgemeiner
Offenbarung , ganz freind iſt. Aus dieſem
Grunde wird die Offenbarung der emigen Vers
nunft in der Natur, mit Recht die mittelbare
genannt.
76 -
Die Aufgabe, welche die Gefchichte, als uns
mittelbare Offenbarung der ewigen Vernunft ,
dem Menſden zu Idſen porlegt , iſt: das in
ihm als göttliche Freiheit verborgene Beſonde:
re zur Erſdeinung zu bringen , um es in die
Geſchichte , in der ſich die göttliche Freiheit
als Zügemeinheit, reell darſtellt, übergeben , zu
laſſen .
L , Ueber dieſe doppelte Uufgabe und ihre Lds
ſung , wird weiter unter ein Mehreres geſagt
werden ; hier wollen wir nur die Subjektivität
des menſchlichen Geiſtes , als in der Einrich: .
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wir wir
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87
Die bisher entwickelten Thätigkeiten des
gchs werden in allgemeiner Sprachgebrauch ,
gemeinſchaftlich durch den Ausdruck. Verſtand
bezeichnet ; der Verſtand iſt alſo die Subjeks
tivität des menſchlichen Geiſtes , uad To iſt
er thm nicht weſentlich , obgleid) eine weſentli:
die Anſialt der Natur , um ihren Zweck zu er :
reichen , ſich nehmlich als Allgemeinheit , als
Geiſt, in ihrer Weſenheit darzuſtellen . Als Vers
ſtand iſt der menſchliche Geiſt nichts für fich
ſelbſt , wohl aber iſt der Verſtand ſehr viel får
den Geiſt, denn er befreiet ihn von , der Mates
1
rie, in die er verſchloſſen , aus der Natur als
Menſch hervorgeht.
Um ſich von allem hier Geſagten zu übers
zeugen, iſt es vorzüglich n8thig , ſich eine richtis
ge Vorſtellung von der Geiſtigkeit der realen
Natur zu machen , die uns das Denken , Erken:
nen, und Handeln, als eine ideale Wiederholung
deſſen, was in der Natur real vorgeht, folglich
den Verſtand als idealen Abdruck der realen
Natur kennen lehrt. Als eine, vielleicht mißlun:
gene Probe dieſer Parallele der Natur und des
Verſtandes mag noch folgende Charakteriſtik der
Subjektivität des menſchlichen Geiſtes, hier eine
Stele finden .
i
88
Das Saamenkorn , als verſchloſſener Keim der
Pflanze , iſt uns eben ſo unbegreiflich , wie das
Jch , das ſich zuerſt im Gedanken darſtellt, und
wir mifen, um uns die Entſtehung der Pflanze
zu erklären , eben ſo eine organiſche Kraft , das
iſt, einen Akt des Naturgeiſtes vorausſetzen , wie
wir das Ich nur als Akt der Freiheit begreiflich
finden. Uver wie das Jch im Gedanken , ſo ſtellt
ſich die organiſche Kraft der Natur in der
Pflanze objektiv dar, Im Gedanken liegt , wie
oben gezeigt worden iſt , das ich als Begriff
( Empfindung ) uns Urtheil ( Wahrnehmung ),
beides verſihloſſen , und der Gedanke ſelbſt, oder
das Ich als Gedanke iſt der Schluß , der Bes
1
griff und Urtheil zum Ganzen verbindet, folglich
das ich zur objektiven Erſcheinung bringt. Im
Gedanken iſt ferner der Menſch bloß objektives
goh , die Reflexion iſt noch nicht entwickelt , das
1
Ich iſt noch nicht pom Objekt geldſet , ſondern
mit ihan identiſch , der Menſch iſt noch bloß ſinus
liche VorſtaUung ohne Selbſtbewußtſeyn.
Ganz daſelbe gilt von der Pflanze. Das
Saamenkorn , als verſchloſener Keim, entſpricht
der Empfindung, dem Begriff - das Aufbrechen
deffelben der Wahrnehmung, dem Urthetl ; aber
nur inwiefern der Saame zur Wurzel, und der
89
hervorbrechende Reim zum Stengel rich bildet,
erſcheint ſelbſt die Pflanze als geſchloſſenes Gans
je, ſo daß man mit gleicher Wahrheit die Pflan :
ze das reale Denken , und das Denken die ideas
le Pflanze des Naturgeiſtes nennen kann.
Das Thier Idſet fich vom Boden los , und
genießet der åußern Freiheit ; ſo 18ſt fich auch
das ich , als Reflerion , vom Objekt los , und
genießet im Selbſtbewußtſeyn einer natürlis
chen Freiheit, das iſt, bloß freie Bewegung des
Naturgeiſtes , der übrigens im Erkennen eben ſo
den nothwendigen Geſetzender formellen Objek:
tivitát folget , wie das Thied im Inſtinkt , den
nothwendigen Geſeken der materiellen Objektivis
tåt. Und ſo kommen wir durch tiefere Analyſis
der thieriſchen Natur , inwiefern ſie von der
Pflanzennatur unterſchieden iſt, auf daſſelbe Res
ſultat, daß nehmlich das Thier das reale Erkens
nen , und das erkennende Ich das ideale Thier
der Natur iſt. Es kann uns, dieſem zufolge,
nicht mehr befremden , wenn wir Erſcheinungen
in den Thieren Teben , die durchaus einen Ber:
ſtand vorauszuſeken ſcheinen ; und wenn wir mit
dem Maaßſtab der Erkenntnißform des menſch:
lichen Verſtandes in der Hand , noch ſchårfere
Beobachtungen über die thleriſchen deußerungen
90
anſellen werden , ſo werden wir auch die Pas
rallele immer treffender finden.
* Man iſt ferner darüber einig, das der Menſch
nid )t bloß durch den Geiſt , ſondern auch ſchon
in ſeiner førperlichen Organiſation weſentlich von
dem Thiere unterſchieden iſt , und die Natur :
forſcher beſtimmen die unterſcheidenden Merk:
male ; z. B. das Emporſtrebende ſeiner Rich :
tung, das hervorſtrebende Kinn u. a. ' Die Hus
fe , Klauen , Zehen der Landthtere , haben noch
viel wurzelartiges an fich - dem Menſchen die:
nen die Zeben nur zur freien Stellung, die Fins
ger zur freien Haltung. Der gånzliche Mangel
des Kinnes bei den meiſten Thiéren , und das
ſehr zurückgedrängte bei den wenigen , wo es
ſich zeigt, verråth noch den Stengel der Pflan:
je, auf dem die Blüthe Tenkrecht ſitt - das her:
vorſtrebende Kinn des Menſchen iſt wahrſchein :
lich , wenn auch nur mittelbar , das Hauptorgan
ſeiner artikulirten Tduie , 'während er die Natur:
tåne mit dem Thiere gemein hat. Wenigſtens
[dyeint die analogie der Singvögel für dieſe Bes
hauptung zu ſprechen , denn ihr Schnabel iſt eben
ſo eine feſte Verlängerung des Mundes in forts
laufender, wie das Kinn in ſenkrechter Richtung;
durch jene Richtung iſt der Naturton zugleich
91
artikulirter , durch dieſe iſt er von dem Naturs
ton getrennt, und ruhet auf ſich ſelbſt.
Dieſe unterſcheidenden Merkmale der menſch :
lichen Organiſation haben wieder ihr entſprechen :
des Jdeale im Verſtande – das Handeln nach
Zwecken, das auch im Jdealen das lekte Empor:
und Hervorſtreben des Ichs aus der Objektivis
tåt iſt. Eine philoſophiſche Vergleichung der phy:
fiſchen Organiſation und der natürlichen Sit:
ten oder Handlungsweiſe verſchiedener unkuls .
tivirter Balker würde gewiß auch von dieſer
1
Seite auf ſehr intereſſante Reſultate führen.
II.
1
103
Rich die allgemeine Naturkraft als Einbildungs,
fraft frei bewegen kann ; das Id aber, das aus
dein Geheimniſſe der menſchlichen Freiheit , das
ſich erſt in der Vernunfthandlung enthüllt , als
Schatten hervorgeht, vertritt in dieſem Zwiſchens
zuſtande der allgemeinen Natur die Stelle der
Naturkraft, und beweiſet ſich als bloßer Stella
vertreter hinlänglid dadurch , daß, es nur als
negatives Ich erſcheint, das erſt durch das Dens
ken , Erkennen, und Handeln, das iſt, durch die
Beziehungen des Beſondern der Natur auf die
bloße Form der Allgemeinheit, welche ſich in dem
negativen Ich als Aufgabe darſtellt, eine ſubs
jektive Realität erhalt.
Da die allgemeine Naturkraft auf dem Wens
depunkt der Subjektivität und Objektivität im
Menſchen, als Einbildungskraft gleichſam wieders
geboren wird : To iſt es natürlich , daß dieſe im
Menſchen verjüngte Kraft , in ihm zuerſt als
Spielfraft erſcheint, und nur dann als allges
meine Naturkraft fich geltend macht, wenn ſie
mit vorzüglicher Energie durch das Beſondere
bindurchdringt. 30 dieſer Energie heißt ſie
Genie , das iſt, der Genius der Natur , der
die in der realen Natur verſchloſſene Augemeins
1
beit hervorgaubert, und als, Jdee darſtellt.
!
104
Das Genie erzeugt die Kunſt, und jedes
wahre Kunſtwerf iſt ein Bild der allgemeinen
Natur, das perſonifizirte Ideal des allgemeiuen
Naturgeiſtes. Daher hat die Kunſt eigentlich
Fein Prinzip , und die Prinzipe der Theorie bes
zeichnen nur die allgemeinen Beziehungen des
Kunſtwerks auf die Subjektivitát. Man hat des
ren drei a
1
1
105
ben des Scho , fich von dem Objekt, als einem
Seſondern, oder von der, in und durch Materie
vereinzelten Natur loszuwinden , ſich mit dem
allgemeinen , in allem Beſondern verborgenen
Naturgeiſt zu identifiziren , und ſo ihn ſelbſt, als
die ewige, nothwendige Beſenheit der Natur, in
der Idee darzuſtellen ,
Im Denken wird das ich ſelbſt Objekt, und
der Gedanke, die ſinnliche Vorſtellung iſt, wie
an einem Orte gezeigt worden iſt , eben ſo die
Naturaliſirung, die erſte Organiſation des Ichs ,
wie die erſte Stufe der Jdealiſirung , der im
Beſondern dargeſtellten Natur.
In dieſen Kreis der Subjektivitåt fällt das
Prinzip der Nachahmung der Natur, denn durch
daſſelbe wird der Künſtler angewieſen , ſich des
Beſondern der Natur , es rey ein äußerer Ges
genſtand , oder eine innere Handlung , als des
Realen , ganz zu bemeiſtern , um es als Fdeales
darzuſtellen. Es iſt alſo nur für die erſte Stufe
der Organiſation des Sche, für den Naturſtand
des Menſchen berechnet, wo noch das Ich mię
der Natur im Objekt identifiziret erſcheint ; und
dies iſt auch der Grund , warum die Homeris
ſchen Dichtungen dieſes Prinzip zu rechtfertigen
1
ſchetnen ; denn wenn man ſie bloß als eine Sammy
106
1
III
113
zugleich die ganze Natur , nnd er iſt die noths
wendige Natur, die Anſchauung der ewigen Vers
nunft , das Ilniverſum , die erſte Offenbarung
der Gottheit.
)
iii.
Vernunft und Beſtimmung.
Das
as Weſen der Offenbarung der ewigen Vers:
nunft beſteht in vierfacher Einheit, in einer dops
pelten Allgemeinheit und einer doppelten Beſons
derheit , beider als unendlich und endlich.
Die unendliche Allgemeinheit iſt die verbors
gene nothwendige Natur der ewigen Vernunft,
und ſie erſcheint nur in endlicher Beſonderheit;
die unendliche Beſonderheit iſt die verborgene
frete - Natur der ewigen Vernunft , und ſie ers
ſcheint nur in endlicher Augemeinheit. Die in
endlicher Beſonderheit erſcheinende , unendliche
Allgemeinheit , oder nothwendige Natur, iſt die
Natur in engerer Beneutung als offenbarend
die ewige nothwendige Natur ; die in endlicher
117
Allgemeinheit erſcheinende, unendliche Befonder's
Heit, oder freie Natuv, iſt die Geſchichte , ale
offenbarend die ewige freie Natur.
• Die ewige nothwendige Natur iſt nicht allein
ein Gleich fern , ſondern auch ein zugleich
ſein ; in die nothwendige Natur ſelbſt fällt nicht
die 3 eit , denn dieſe bedingt das Mothwendige,
ſtellt es als Augeineines im Beſondern dar,
bringt es zur Erſcheinung. Die ewige freie Nas
tur iſt ſelbſt die urſprüngliche ewige Zeit, oder
die Ewigkeit ; fie wird , Telbft als ewige Zeit
unbedingt , nur durch das im Beſondern fich
darſtellende Nothwendige bedingt , endtlihe Zeit ;
und kann fich als ſolche, das iſt, nicht mehr als
urſprüngliche und ewige, ſondern als geoffenbars
te Zeit oder Fretheit, nur in endlicher Allgemeins
heit, als Geſchichte Carſtellen .
Da die nothwendige Natur der ewigen Vers
nunft als unendliche Allgemeinbeit , als ein 1
1
124
zurück, und hier wirft ſich wieder die zweite vor,
wie dieſe möglich ſey ; die zweite Frage führt
den Denker auf die Einrichtung der- aügemeinen
Satur, und dieſe mag a priori oder a poste .
Tiori aufgeſtellt werden“, ſo erſcheint ſie immer
als ein Gegebenes, nad deſſen Grund man wie:
der Fragen muß, und fo kommen wir auf die ers
fte Frage zurúd . Aber ſchon dieſer unvermeids
liche Zirkel läßt uns wenigſtens vermutben , daß
die algemeine Natur und die allgemeine Vers
nunft urſprünglich identiſch reyen , und zwingt
uns, dieſe Identitåt vorauszuſeßen , wenn wir
nod ferner an Philofophie glauben wollen , oder
dem Skeptizismus zu buldigen. Mit dieſer Vors
ausſekuug erhålt die Frage , das Problem der
Philoſophie, eine Geſtale, die wenigſtens von ins
nerem Widerſpruche frei iſt , und wenn eine
wahre Philoſophie möglich iſt , ſo kann ſie nur
auf dieſem Wege realiſiret werden .
Die Vorausſegung der Identitåt der Natur
und Vernunft führt den Philoſophen zunächſt
auf den Saß, daß dasjenige, worin Natur und
Vernunft gleich ſind , das gleiche Weſen beider,
ihre urſprüngliche Identität, worin fie aber vers
ſchieden ſind, nur das Zufällige Tery, und der Ers
ſcheinung angehör:. Gleich ſind Natur und Ber:
/
125
nunft darin , daß fie beide allgemein find , vers
ſchieden darin , daß die Natur im, Realen , die
Bernunft im Idealen ſich darſtellt, daß folglich
die Allgemeinheit der Natur in dem Realen, als
dem Beſondern, verſchloſſen iſt, die Algemeinheit
der Vernunft hingegen in der idealen Darſtellung
offenbar wird. Die Allgemeinheit iſt demnach
das gleiche Weſen der Natur und Bernunft,
aber das Reale oder Beſondere, in dem fid , die
Natur, und das gdeale oder Allgemeine, in dem
ſich die Vernunft darſtellt , ihre verſchiedene
form .
Die Frage : wie wird die allgemeine Natur
allgemeine Bernunft ? oder , wie geht der allges
meine Naturgeiſt in den allgemeinen menſchlichen
Geiſt über , beſchränkt ſich alſo auf die Form,
und es fragt ſich jeßt nur : wie wird die beſons
dere 'Naturform allgemeine Vernunftform , das
mit die , nur vorausgeſekte gleiche Weſenheit,
audy in gleicher Form erkannt werde?
Dieſe Aufgabe wird durch die Wiſſenſchaft
geldſet, denn dieſe iſt nichts anders , als ein
Gleichſeßen des Ungleichen . Mit der Gleichheit
der Naturform und Vernunftform tritt zugleich
die Identität der Form und des Weſens hers
-vor, und dies vollendet den Beweis der voraust
126
gelegten dentität der allgemeinen Natur und
der allgemeinen Vernunft.
Identität der Form und des Weſens ( der
Erkenntniß und des Seins ) fſt Wahrheit,
ſubjektiv angeſehen , die wiſſenſchaft alſo , welche
die Gleichheit der Form erzeugt, offenbart damit
zugleich die Wahrheit.
Es iſt die Wiſſenſchaft der Natur und Vers
nunft , oder des in dieſer Doppelform erſcheir
nenden Einen Geiſtes, durch welche dieſe Doppels
form als ſolche aufgehoben, und dem Einen
Geiſt ſeine eigenthümliche, mit dem Weſen idens
tiſche Form angeblidet wird , wodurch ſein Bes
ſen , das gleiche Weſen der Natur und Vers
nunft, zur Erfenntniß kommt , und als ewige
Wahrheit im menſchlichen Geiſte feſtſteht.
Daß dieſe Wiſſenſchaft die höchſte iſt , der
alle andern untergeordnet ſind, leuchtet von ſelbſt
ein ; denn auf Augemeinheit macht jede beſonde:
re Wiſſenſdhaft Anſpruch , dieſe aber iſt ſelbſt
die Organiſation des allgemeinen menſchlichen
Geiftes , folglich die Bedingung aller Wiſſens
ſchaftlichkeit des Geiſtes. Ob ſie aber Wiſſen :
ſchaft der Vernunft , oder der Natur zu nens
nen iſt ?
Als wiffenſchaft iſt ſie Eigenthum der
>
127
Vernunft, als Wiſſenſchaft des allgemeinen
Geiſtes gehort fie der Natur an ; denn in der
Natur wohnt die lebendige Wahrheit, der Geiſt
Gottes, als ſeine geoffenbarte nothwendige Nas
tur, ewig ſich ſelbſt gleich , während der Menſch,
als allgemeine Vernunft, nur in dieſen Geift
ſich hineinbildet; und da man die Wiſſenſchaften
mit Recht nach ihrem Objekt bezeichnet, ſo iſt
die Philoſophie als Wiſſenſchaft, die Wiſsens.
ſchaft der Natur, oder die Erkenntniß der
ewigen Weſenheit der Natur, der nothwendigen
Natur Gottes .
Der Zweck der Philoſophte als Wiſſenſchaft
tft, die allgemeine Vernunft in fich ſelbſt zit
gründen und zu befeſtigen , ſie als ein ewiges in
Ganze darzuſtellen, und gegen zufällige Umſtals
tungen einer ſubjektiven Zeitkultur zu fichern.
Dieſen ihren, nicht midkårlichen , Tondern noth:
wendigen Zweck, kann ſie nur dadurch erreichen,
daß fie die weſentliche und urſprüngliche Iden:
tität der Vernunft und allgemeinen Natur, we:
nigſtens als Wiſſenſchaft aufſtellt , da ſie aus
dem Leben verſchwunden iſt. Zwar liegt die Aufs
hebung dieſer Identitåt nothwendig in dem
Plan der Offenbarung der ewigen Vernunft,
Natur und Vernunft werden getrennt durch den
128
133
gation wird das Reale ein beſchränktes ); und
da ' das Ich überall die ſubjektiv nothwendige
Synthefis des objektiven Gegenſaßes iſt, ſo ruht
der Gegenſatz in der Quantität auf der Sinns
theſis der Alheit , und der Gegenſakt der
Qualität auf der Syntheſis der Befchränkung.
Dieſe doppelte Syntheſis ſteht wieder , wie
Alles im Ich , im Gegenſate des Beſondern
und Augeineinen , mit dem Unterſchied, daß hier
das ich nicht mehr die Natur im Einzelneu ,
ſondern als ein Ganzes zum Segenſtand hat,
die Alheit iſt das Algemeine der Natur , die
Beſchränkung das , wodurch ſie eine beſondere;
beſtimmte wird.
Dieſer höhere Gegenſaß durch die Reflexion ,
als Syntheſis , bezogen auf die Quantitat der
Natur , låßt den Gegenſaß des Beſondern und
Allgemeinen zugleich mit ſeiner Syntheſis objek:
tiv erſcheinen , es entſteht die Erkenntniß Eines
beſtimmten Naturgegenſtandes , das Allgemeine
nennen wir Subſtanz, das Beſondere Afzidenz ;
ihre Syntheſis aber iſt das , wodurch Subſtanz
und Akzidenz ein Ding, ein Gegenſtand find:
die Subſtanz iſt Alheit, das AEjidenz Beſdråns
kung , beides in einem beſtimmten Gegenſtande
dargeſtellt.
134
Derſelbe Gegenſaß durch die Reflexion auf
die Qualität bezogen, giebt die Albeit als Grund
der Realität des Beſondern , oder als Urſache,
die Beſchränkung als die beſtimmte erſcheinende
Realitåt, als Wirkung ( denn Wirkung iſt nichts
anders als erſcheinende Selbſtbeſchränkung der
Realitat als Urſache ) ; pie Syntheſis aber iſt
wieder das ich oder die Reflerion , wodurch der
Gegenſaß auf den Gegenſtand übergetragen wird :
To daß Subſtanz und 2€zidenz eben ſo die wes
ſentliche innere , als Urſache und Wirkung die
weſentliche außere Beziehung des Gegenſtandes
qusmachen.
So erhält das Ich durch die Doppelform
pes Beſondern und Allgemeinen , welche das
Weſen des Bewußtſeyns ausmacht, die algemets
nen Beztehungen der Natur als des Realen auf
ein Jdeales , und indem es den letzten Gegens
ſatz der Subſtanzialität und Kauſalität wieder
ſynthetiſch verbindet : To entſteht ihm in der
Wechſelwirkung, als Ausbruck dieſer Syntheſis ,
die Erkenntniß der Natur als Eines Gangen ,
ſo daß jekt die Natur als ein geſchloſſenes Reas
le, dem Ich als Bewußtſeyn gegenüber ſteht.
Aber auch dieſer Gegenſaß wird von der
Reflexion wieder aufgenommen , und als Mog 1
i
135
lichkeit und Wirklichkeit in der Nothwendigkeit
gehalten . Die ganze reale Natur fteht hier vor
dem Id als Wirklichkeit, das ganze Bewußtſeyn
als die Miglichkeit ; und da das Wirfliche im
mer ein Beſonderes , das Magliche immer ein
Allgemeines ift : ſo iſt durdy das Ich und für
das ich eine Trennung zu Stande gekommen ,
welche Die erſte Bedingung der offenbarung des
Urbildes als Idee iſt. Denn wenn die Natur
des Gegenbildes darin beſteht, daß das Auges
meine ( das Bild ) im Beſondern (Gegenis
bild ) fich ausdrückt ; To fiebt man wohl, daß das
Allgemeine und Beſondere in der realen Natur,
denn dieſe iſt das Gegenbild , fo verbunden ſind,
daß die Natur nur durch die Einheit beider die
reale Natur iſt ; das Beſondere ohne das Auges
meine wåre todte Materiis folglich nicht Gegens
bild , das allgemeine , ohne das Beſondere ,
wäre das Urbild, die Idee ſelbſt, folglich wieder
nicht Gegen bitd . Und doch iſt dieſe Trennung
nothwendig , da es in dem nothwendigen Plane
der Offenbarung der ewigen Vernunft liegt, daß
fich auch das Urbild oder die Joee offenbare,
indem die Offenbarung der ewigen Vernunft
nur die endliche Bernunft zum Ziele baben
tatin .
V
136
Dieſes , than darf wohl ſagen , Wunder der
Offenbarung Gottes in der allgemeinen Natur , i
wird durch das ich , durch das Bewußtſeyn als
Subjektivität bewirkt. Das ganze ſubjektive
Sewußtſeyn iſt Allgemeinheit , iſt Bild ; und
doch weder Urbild, Idees-noch Gegenbild , Nas
tur : eben ſo ift die dem fubjektiven Bewußtſeyn
entgegenſtehende Natur, aber nur als entges
genſtehend, weder Urbild , noch Gegenbild ,
noch Bild ; fondern bloßer Gegenſatz des Ichs ,
todte Wirklichkeit, blinde Materie , bloßer Ans
froß des Bewußtſeyns, Ding an fidh ; alſo reine
Beſonderhelt, wie das Bewußtſeyn reine Auges
meinbeit, doch beides nur formell , dieſe eben To
wenig Idee, als jene wirkliche todte Materie. ;
Die todte Materie, oder die reine Beſonders
belt formell ausgedruckt , ſchwebt im Ich als
Raum ohne Zeit , und die Allgemeinheit., oder
das Id), die Reflexion , formell ausgedruckt, als
Zeit ohne Raum. Durch die Syntheſis dieſes
Gegenſates *) wird der Raum durch die Zeit,
und dieſe durch jenen beſtimmt, ſo daß map
aud) von hier aus , wie man ſagt, a priori, die
Erfenntnißformen , oder die Kategorien entwers
feir fann.
*) Yad cant die Zeit, als Band der reinen Sinnlichkeit
und des reinen Verftandes.
1
1
8
( 137
Der Kaum burdh die Bett beſtimmt, iſt dle
Form der Beſonderheit ( Abſonderung von der
allgemeinen Natur , tobté Materie ) mit Ems
pfänglichkeit für die Form der Allgemeinheit;
die Zeit durch den Raum beſtimmt, iſt die Form
aber Ullgemeinheit ( der allgemeinen Naturthå:
tigkeit ) , mit Empfånglichkeit für die Form der
Beſonderheit (Ruhe , Oleichgewicht der Kräfte,
belebte, organiſche Materie. ) In dieſem Wech :
ſelverhältniß find Raum und Zeit die hschſten
Formen der Erfahrung , oder Berſtandeser:
fenntniß.
Abſtrahiren wir auch noch von dieſer Wechs
ſelwirkung, ſo wird der Raum die reine Form
der Beſonderheit, bloße Beziehung des Ichs auf
die reale Natur , und die Zeit , die reine Form
der Algemeinheit , bloße Beziehung des Ichs
auf die ideale Natur. Dies iſt die reine Form
des Ichs, als Subjekdivität , die doppelte Richs
tung der allgemeinen Naturkraft auf ihrem
1
Wendepunkte.
Die urſprüngliche Identität dieſer Zwiefachen
Form der Einen Naturkraft zu demonſtriren,
‘ und in dieſer Identitåt zugleich das Weſen der
allgemeinen Natur, als identiſch mit der Form ,
darzuſtellen . dies iſt , wie ſchon geſagt woes
138
den , die Dufgabe der Philoſophie als stiffens
Tchaft.
ܟܐ
1
140
Ober das Weſen wird als feine Formt ,' ſubs
jektiv, ( abſoluter Jch, reine Thätigkeit) vorausi
gefeßt , die philofophiſche Reflerion ( hier die
reine Form ) feigt ſich ſelbſt als Doppelform ,
und identifiziret fich , als ſolche, mit dem Objete
in der Vorſtellung , als Produkt des abſoluten
gche , oder der abſoluten ( reitt formellen ) Res
flerion ; dieſes Verfahren beißt philoſophiſches
Seben, oder Konſtruirent , und ſein Probuft ift
eine vorgeſtellte Natur.
Dies iſt der Charakter der Fichteſchen Philo:
fophie.
Der gemeinſchaftliche Fehler dieſer Philoſos
pheme iſt , daß fie das Weſen der allgemeinen
Natur, das an fich Wahre, von der philoſophia
chen Refterton nicht unterſcheiden , ſondern durch
Selbſitåudung' dieſe für jenes nehmen . Sie
find folglich nur als Demonſtrationen der philos
Fophtichen Reflexion anzuſehen ; aber das objektiv
sabre , das Weſen können ſie nicht darſtellen ,
weil ſie durch die Reflexion in dem Kreiſe der
1
Sabjektivitåt zurückgehalten werden .
• fm Beſondern aber können weder Locke die
Vorausſetzung der Natur , als des Weſens in
der Form der Beſonderheit, noch Leibniß die
Borausſetung der Monas , als des Weſens in
141
der Form der Allgemeinheit aus ihren Syſtés
men ſelbft rechtfertigeu ;' und wenn Lode :noth :
wendig den Skeptizismus herbeiführte, lo fonnt
te Leibnik die objektive Realitåt nur durch den
Zauberſchlag ber pråſtabilirten Harmonie poſtur
liren, aber keinesweges beweiſen . a to je
Eben ſo iſt das Ding au : fich der Kantiſchen
Philoſophie, bloß ein von der philoſophiſchen
Reflexion willkürlich genommener Standpunke,
auf den alle Erkenntnisformen als eine Fora
men , ruhen , uno der nur durch seinen Street
wieder aus dieſer Prioritat , als : nothwendige
Vorausſckung in der Qualität des; Dinges an
ſich, erwieſen werden kann . :-D
Uber auch das Fichteſche Schrift i focald es
auf Abſolutvelty auf Weſenheit Anſpruch macht
nichts als willkürliche Vorausſebung und dieſes
Syftem hat yox jeren ;tiur dosjuoraus , daß fich
die philoſophiſche Reflerion hier auf Ihrem eiges
nen Standpunkte feſtlegt , wodunds fierzwar dem
Widerſpruche der ſubjektiven form mit der ob ;
jektiven Weſenbeit ausweicht , aber auch der
Scattert der lebtern , welchen obige Syſteme
noch übrig laſſen , vollends tilgt....
Die Wifenſchaftslehre iſt die vollendete Re:
flexionsphiloſophie; aber eben deswegen fang
!
112
ftë nicht die Wiſſenſchaft des allgemeinen Geis
ftes , intcht Darſtellung der objektiven Wahrheit
ſeyn. Aber als wiffeuſdaftliches Organon ; als
Mechanismus dev Philoſophie hat ſie eben fo
einen bleibenden Werth , wie die Kantiſche Phis
loſophie als Kritik des Berffandes , oder der
Subjektivttåt. Aber audy foute wird immer
Muffer bteiben für die Anwendung des Vers
ftandes auf die Erfahrung , und Leibniß das
große Beiſpiel, daß die objektive Wahrheit, das
Weſen der allgemeinen Natur , nur in der Vers
nunft: erkannt werde; obgleich fie, ro-wenig als
jene, daraufUnſpeach machen können, die_Wiſs,
ſenſchaft des Geiſtes felbft aufgeſtelle zu haben.
1 Dieſe iſt inut durch und in abſoluter Idens
titåt der Form des Beſondern und Allgemeinen
möglich, denn nur mit dieſer Foentitat offenbas
ret fich zugleich das Weſen, der allgemeine Geiſt,
und iſt felbſt dieſe Identität. Aber ift es viels
leicht dem Menſchen nicht vergönnt, dle abſos
lute Identität, und mit ihr die objektive Babes
heit, das ewige Weſen der Natur, die nothwens
dige Natur der Gottheit, den allgemeinen Geift,
das Univerſum zu erkennen ? Fft vielleicht die
Philoſophie, nothwendig auf die Refierion bes
fdyrånft ?
143
€8 iſt ſchwer , vielleicht nicht thöglich , dieſe
Frage anders , als durch die That felbft zu bei
antworten ; indeſſen glaube ich doch die Bedins
gung flar zu ſehen , unter welcher die Erfennts
niß des objektiv Wahren möglich iſt. Dieſe will
ich dem Leſer vorlegen , und es Shm dann ſelbſt
überlaſſen, an eine Wiſſenſchaft des menſchlidhen
Geiſtes , als Offenbarung des allgemeinen Nas
turgeiſtes zu glauben , oder ſie für einen ſchönen
Traum der ſpekulirenden Phantaſie zu halten.
Fichte macht zur Bedingung der Philoſophie.
als Wiſſenſchaft , einen Akt der Freiheit durch
welchen allein man ſich zur intellektuellen Ann
ſchauung erheben könne ; aber , felbft fein Bets
ſpiel beweiſet ſchon , daß die Spekulation auf
frejer Erhebung des Geiftes nicht ruhen . Dúrs
fe, wenn ſie Wiſſenſchaft erzeugen Toll ; Denn die
intellektuelle Anſchauung -kann auch in den Dienſt
der Reflekton treten , was in der Wiſſenſchaftss
lehre wirklich
1
der Faltſt.
Giebt es eine Wiſſenſchaft des Geiftes , fo
muß fie quf einem ewigen , nothwendigen Giça
rebe des Getſtes ruben , und dieſes Gerek halte
ich für die nothwendige Bedingung der Wiſſens
fichaft des Geiſtes , oder der Erkenntniß des
Wahren . daßt fich alſo im menſchlichen Geile
2
14:
1
heit ( Selbſtbewußtſeyn ) das Geſek der Spes
fulation .
Das Prinzip , der Lockeſchen : Philoſophie iſt
alſo das Beſondere als Erſcheinung, das iſt,
Materie , und nach ihr wäre der Geiſt in der
That nur Modifikation der Materie ;
das Prinzip der Leibnißiſchen Philoſophie iſt
das Allgemeine als Erſcheinung , Vorſtellungss
fraft, und nach ihr wäre der Geiſt bloße Vors
ſtellung , das iſt , nicht weſen , ſondern Ers
fcheinung. Nach Locke giebt es nur eine Orgas
7
niſation der Natur, aber nicht des Geiſtes , der
nur ein fragmentariſcher Abdruck der Natur ift ;
nach Leibnik giebt es eine Organiſation des
Geiftes , aber nur eine Bildliche ohne Weſen , es
iſt keine Natur, ſondern nur Erſcheinung. Die
Geſeke dieſer beiden Syſteme ſind alſo nicht das
zu geeignet, die wahre , weſentliche Organiſation
des Geiſtes, das iſt, ſeine allgemeine Natur als
Wiſſenſchaft darzuſtellen .
Das Prinzip der Kantiſchen Philoſophie iſt
weder das Beſondere , noch das Allgemeine als
Erſcheinung, ſondern das Beſondere als erſeis
nungsloſes Ding an ſich , und das Augemeine
als reine Erkenntnißformen , die zwar der Er
147
ſcheinung zuin Grunde liegen , aber 'nicht ſelbſt
erſcheinen ; nach ihr were alſo der allgemeine
Geiſt die auf einem fremden Grunde rus
bende Form , folglich weder Erſcheinung noch
Weſen , ſondern Form mit einer ihm ſelbſt un.
bekannten Beſtimmung , weder bloße Modifikas
tion der Materie, noch bloße Vorſtellung , aber
auch nur vorſtellen ein Etwas, das nicht er
ſelbſt iſt. Nach dem Geſek der Kantiſchen Phis
loſophie iſt keine Wiſſenſchaft des Geiſtes nach
ſeiner weſentlichen Natur , ſondern nur eine
Theorie ſeiner Vorſtellbarkeit, das iſt, einë Wira
ſenſchaft ſeiner Form für die Erſcheinung mögs
tid.
Dieſe Wiſſenſchaft , oder Theorie , wird das
durch realiſiret, daß die Form von ihrem unbes
kannten Grunde losgeldſet, und als ſelbſtthätige
Form , das iſt, als die das Beſondere produzis
rende Allgemeinheit in die Spekulation verſekt
wird. Das produzirte Beſondere tft die Vors
ſtellung , und das produzirende Allgemeine die
Selbſtthåtigkeit der Form , oder das Selbit's
bewußtſeyn , das nicht als Produkt, als Vors
ſtellung, ſondern nur als produzirend, als reine,
1
von allem Objekt unabhångige Thätigkeit, bet
griffen werden kann. **
148
Dies iſt das Prinzip der Fichteſchen Philo:
ſophie , nach welcher der Geiſt abſolut ſubs
jeftive und ſubjektiv abfolüte Thätig .
feit wäre ; diere Thätigkeit aber mteber nicht
ein Anſich, nicht Geiſt für den Geiſt, nicht Wer
ſen des Geiſtes , ſondern nur das Prinzip ſet:
ner Form für die Erſcheinung ; der Grund der
Vorſtellung. Es iſt alſo nicht die Wiſſenſchaft
des Geiſtes ſelbſt, welche nach dieſem Geſeß der
Spekulation aufgeſtellt wird , nicht Darſtellung
ſeiner weſentlichen Organiſation ; ſondern nur
die tſenſchaft ſeiner ſubjektiven Form , die
Wiſſenſchaft der unweſentlichen , bloß Formels
len Subjektivität , nicht der weſentlichen Objets
tivitåt , die allein Geiſt ſeyn kann , wenn es eis
nen giebt.
Die Syſteme, welche von den , ſo eben auf:
geſtellten Geſeßen der Spekulation beherrſcht
werden , ſind , wie oben gezeigt worden , ſåmmts
lich Reflexion sphiloſophie , und es zeigt
! fich hier nur noch beſtimmter , daß aus dieſer
Philoſophie , oder aus dieſer Art zu philoſos
phiren , die Wifenſchaft des Geiſtes nicht gebos
ren wird. Die Reflexion ift ſchon an ſich ein
Herausgehen aus dem Getſt; als reflektirend
iſt der Philoſoph nicht ſelbſt der allgemeine Geiſt ,
749
ſondern nur Zuſchauer , und ſo kann er nur die
Beziehungen des allgemeinen Gelftes auf die
Reflexion , das iſt, Teine Subjektivität, aber nicht
ſeine wahre Natur , ſeine Objektivitát fennen
lernen. - Wir können paher auch die Geſeke der
Spekulation, welche die Reflexionsphiloſophie in
ihren verſchiedenen Geſtalten beherrſchen , unter
den allgemeinen Ausdruck des Gerekes der
Subjektiviţát bringen ; und ſo folgt aus
dem Bisherigen , daß im menſchlichen Geiſt ein
objektives Beren der Spekulation , ein Gerek
der Objeftipitåt da reyn múſie , wenn eine
Wiſſenſchaft des Geiſtes , eine Darſtellung ſeis
nes wahren Weſens möglich ſeyn ſoll,
Die richtigeAnſicht der frühern , und der noch
herrſchenden Syſteme, die auf das Geſel der
Subjektivitåt gebauet ſind, låßt uns die negative
Bedingung deutlich einſehen , ohne welche die
Erkenntniß der Weſenheit, oder die Wiſſenſchaft
des Geiſtes nicht möglich iſt. Die Spekulation
muß nehmlich von dem Einfluß der Reflexion
gånzlich fret ſeyn ; und da die philoſophiſche Res
flerton nothwendig entſteht, wenn eine Weſens
heit vorausgeſeßt wird , ja dieſe Vorausſegung
ſelbſt der erſte 2ft der Reflerion tft : ſo muß der
wiſſenſchaftliche Philoſoph, vor allem Andern , ſich
150
über jede Vorausſekung erheben ." Wie ift das
aber möglich, wie eine Wiſſenſchaft möglich , die
weder Grund noch Gegenſtand hat ?
Auf dem Standpunkt der Reflexion , der uns
Ter geishnliche iſt , wenn wir über eine Sache
blos nacidenken , låßt es ſich freilich nicht dene
fen , wie man ohne Reflexion, obne alle Vorauss
feßung noch denken könne; aber unendlich viele
Erfahrungen des menſchlichen Lebens, und geras
de die ſchånſten und ledelſten , beweiſen es , daß
der menſchliche Geiſt ohne alle Vorausſekung,
ohne Reflerion nicht allein handeln kann , fons
1
156
der Erfenntniß ; dieſe aber iſt die Syntheſis
des Urtheils , der lebendige Ausdrud ( Organis
ſation ) des Selbſtbewußtſeyns, deſſen noch nicht
erſcheinender Grundpunkt, oder Anlage, die Rex
flerion iſt,
21$ Gedanke iſt das Ich Reflex der Natur,
als Erkenntniß iſt es die Reflexion ſelbſt ; aber
die Erkenntniß ift nuț die Organiſation des
Selbſtbewußtſeyns , in ihr erſcheint das Selbſts
bewußtſeyn verhüllt , und man kann es nur
durch einen Schluß herausfinden. Soll das ich
ſich ſelbſt , als ich , bewußt werden , ſo muß
es fich reflektiren , das ich , als Reflexion , muß
objektiv , rein eigener Refler werden . Es er
ſcheint' alſo ein neuer Gegenſas , Irieb und
Zweck, poep dep Wilte, und die Syntheſis
dieſes Gegenſabes, das iſt , die dritte Organiſas
tion des Scho tft die Handlung. Erſt in der
Handlung wird das Jc Refler von ſich ſelbſt,
wird Selbſtbewußtſeyn.
Der Gebanke ſpaltet ſich im Urthetl in Bes
griff und anſchauung , dic Refterion im Willen
in Trieb und Zweck. Was die Anſchauung in
der Erkenntniß iſt , das iſt der Erieb in der
Handlung, und eben ſo entſprechen ſich Begriff
und Zwed .
157
Im Erkennen iſt das Ich theoretiſch , weil
es nur Etwas ſiebet , im Handeln iſt es prafs
tiſch , well es ſich ſelbſt füblet.
Dieſe dreifache Organiſation des Jchs iſt der
Medyanismus der Subjektivitåt, deren Grund
das Ich, als Wendepunkt der Natur , ihr Wes
ſen aber die Reflexion , und ihre Form das Ers
kennen und Handeln iſt. Das ich iſt das von
der Natur erzeugte Saamenkorn , und die Res
fleflon der darin ruhende Reim, der ſich im Ers
kennen zum Stamm , im Handeln zur Wurzel
bildet.
Die Subjektivitåt iſt das Band der realen
und idealen Natur, das Aufldſungsmittel der
erſten , uud die Werkſtätte der andern ; ſtrebend
nach immer hdherer Algemeinheit, Idſet ſie jedes ""
Beſondere auf, das ſich thr entgegenwirft , und
ſo das Beſondere, die Materie, jerſtdrend, ist ſie
das Gerüſte zum Bau der idealen Welt ; fie ift
das gebrochenė Bild der Dbjektivität, die ſich in
der realen Natur, in der Einheit des Beſondern,
als reines Gegenbild , und in der idealen , in
Der Einheit des Augemeinen , in der Stee, als
relnes Urbild offenbaret. Die Sonne erleuchtet
durch ihren reinen Strahl die Erde , auf ihr
wohnt das Licht nur gebrochen in mannigfaltigen
158
Farben ; aber das reine Bild der Sonne ſtrahlt
von ihr auf die andern Planeten zurück. Der
auf die Erde einfallende Strahl iſt das Bild der
realen Natur ; das in Farben gebrochene Licht
der Erde, das Bild der Subjektivität ; das von
der Erde zurückſtrahlende Sonnenbild, welches der
Menſch nur inſofern erkennt, inwiefern er ſich
auf einen andern Planeten verſekt, iſt das Bild
der idealen Natur, die der Menſch nur durch
Wiſſenſchaft in ihrem- reinen Licht erkennt.
So wie aber der Menſch , wenn die Erde in
Madyt fich gehüllt hat , mit frohem Gefühl die
Quelle des Tages emporfteigen ſieht : ſo erwacht
auch in ihm die lebenſchaffende Naturkraft, wenn
der "matte Farbenſtrahl der Subjektivitåt ſeinen
Geiſt verläßt , und das ſchwerlaſtende Duns
Fel der ſchwindenden Zeit ihn in ein nächtliches
Chaos verſenkt ; fie erwacht, und läßt ihn den Tag
der Objektivität wenigſtens abnen , der den Wis
derſpruch der Subjektivitåt wie ein ångſtliches
Traumbild aufldſet , indem er den Seift ſein ets
genes Leben fühlen läßt.
Wie groß auch die Leiden , und wie unbe
grenzt die Täuſchungen der Einbildungskraft
find , wenn ſie im ſchwachen Menſchen in das
endloſe Gewebe der Reflexion fich verflechtet: ſo
1
159
iſt ſie doch den Geiſt die Quelle des 'wahren
Naturgenuſſes , wenn ſie, frei von der Subjekti.
pität, und ſich ſelbſt treu , als Naturkraft wirkt ;
denn ſie iſt es, welche das unendlich Mannig
faltige dér . beſondern Natur in Ein ſchönes
Ganze zuſammenſchmelzt , die Laſt der Materie
tilgt, nur ihre harmoniſchen Formen in Ein
Bild, Ein Gefühl zuſammenfaßt, und die Fars
ben der Welt , als Geſtalten der Materie , in
Spiele des Lichts verwandelt ; ſie iſt der Hauch
des allgemeinen Naturgeiſtes , in welchem der
Menſch zuerſt ſein eigenes objektives Leben als
Geiſt fühlt.
Die Einbildungskraft giebt den Menſchen
der Natur wieder , die ihn nur in den Zuſtand
der Subjektivität verſekte , um ihn aus dem
Todesi chlaf der Materie, durch einen Traum , in
das Leben der Natur einzuführen . Aber noch
herrlicher erſcheint dieſe Kraft , wenn ſie den
Menſchen nicht blos in die Natur führet , ' ſong,
dern im freien Gebilde ihm ſelbſt eine gange
Natur ſchafft , wenn ſie Kunſt wird. Wenn der
Menſch im Schooße der Natur die Subjektivt:
tåt bloß vergißt, oder leicht mit ihr ſpielt , und
nur der Naturgeift in ihm lebt : ſo ſtellt ihm
dagegen das Kunſtwerk dieſen Helſt im ſchönen
160
1
'|
163 -
B.
Beſondere Vernunft, Beſtimmung.
Das Wort Natur bezeichnet nach dem alls
gemeinen Sprachgebrauch die objektive Nothwens
digkeit , und .die Natur eines jeden Dinges bes
ſteht in ſeiner urſprünglichen, nothwendigen Eins
richtung.; die Natur des menſchlichen Geiſtes ers
klaren, heißt alſo , feine urſprüngliche und noths
wendige Einrichtung entwickeln. Der menſchliche
Geiſt iſt aber nicht ein erſcheinendes Ding , dels
ſen Natur wir dadurch erklären, daß wir ſeine
nothwendige Einrichtung in einem andern Dins
ge , als ſeinem Grunde, nachweiſen ; wir können
ihn alſo auch nicht, wie das Ding, als ein Obs
jekt behandeln , deſſen nothwendige Einrichtung
in irgend etwas anderem gegründet tft ; und da
außer dem Begründeten nur noch der Grund,
die nothwendige Einrichtung ſelbft gedacht wers
den kann : ſo muß der menſchliche Geiſt Gruno
und Gereg an ſich ſeyn. Sit er dteles, ſo iſt er
nicht bloß menſchlicher, ſondern Geiſt überhaupt,
und als Geiſt die Natur ſelbſt. Natur des
Geiſtes, und Getſt der Natur, find alſo nicht als
lein gleichbedeutende , ſondern auch in fich ſelbſt
}
164
identiſche Ausdrücke , und nur unſere Reflexion
macht dieſe Trennung , inwiefern wir entweder
die Natur , als Ding, aus dem Geiſte , oder
den Geift , als Ding, aus der Natur erklås
ren wollen .
Hieraus folgt, daß der Geiſt ebenſo wenig
als die Natur 'er flårt werden kann . Da wir
aber doch unmöglich läugnen können , daß wir
felbft Geiſt ſind , denn woher håtten wir den ,
wenigſtens negativen Begriff des Geiftes, und
woher fåme die Frage nach dem Grunde , nach
der Natur der Dinge : ſo muß der Gelft fich
unmittelbar , und zwar als Natur offen's
bare'n.
Die Reflexion gehört aber ſelbſt dein Geiſte ,
oder der Natur an , und doch Test fie bald die
$ Natur, bald den Geiſt als Ding ; fie tft alfo
der Grund einer Selbſttäuſchung , welche
die unmittelbare Offenbarung des Setſtes hins
dert , und man muß dieſen Grund erſt kennen,
um zur Erkenntniß der Natur zu gelangen .
Natur und Geiſt, an fich Eins , ſind ein
Ideales, daß fich im Realen offenbaret, folglich
nicht abſoluter , ewiger Geiſt, ſondern geoffens
barter , das ift , Geiſt der Erkenntniß . Das
Ideale iſt, als Natur, im Realen verborgen , das,
1
165 -
169
dahingeſtellt, ob die ervige Vernunft aud) als
folche an ſich Ten, oder ob ihr ganzes Weſen
in der Offenbarung , in der Erkenntniß beſtehe,
indem die Erkenntniß, die anſdauung, unmégs
lich über fich ſelbſt hinaus kann ; und wir konns
ten die Erkenntniß nur in Hinſicht auf die zweite
Offenbarung, welche das Objekt gegenwärtiger
Unterſuchung iſt, Offenbarung der pothwendigen
Natur der Gottheit nennen.
Aber das Leben der Vernunft, das ſich eben
To beſtimmt in dem Endzweck, wie die Anſchaus
ung in dem Grunde ausſpricht, beroeiſet es uns
widerſprechtich , daß die ganze Welt , in ihrem
Seyn und in ihrem Werden , Offenbarung der
Gottheit , und daß die menſchliche Vernunft, als
endlich , nur die Einheit der Offenbatung Fey..
Um die doppelte Offenbarung der ewigen Vers
nunft nicht unrecht zu verſtehen , muß bemerkt
werden , daß ſie nur in der Vernunft. fich dars
ſtelle. Die ganze Welt iſt für die anſchauende ,
Vernung .
gâniei
!
* 174
175
melle Einheit.
180
1
C
186
197
Die ewige Zeit iſt das ewige Leben des ewis
gen Seyns; die ewige Handlung, die das Seyn
ins Daſeyn ruft, das Seyn als Daſeyn offens
baret, das Seyn im beſondern Bilde, in realer
1
Form ( Natur ) darſtellt, um es als allgemeines
Bild , als Urbild ( Vernunft ) zu offenbaren ;
ſie iſt die Schöpfung , die freie Handlung
der ewigen Bergunft, durch welche fie thr noths
wendiges Weſen offenbaret: Die Natur
ruht auf dem ewigen Seyn, als ihrem Weſen ,
aber ſie ift, nnr in der Zeit da ; dle Wiffens
ſchaft enthält uns das emvige Seyn , das Wes
.
ſen der Natur , aber der Menſch muß ſich die
Wiſſenſchaft in der Zeit Tchaffen . Die Natur
offenbaret in threm Weſen die civige Vernunft
in ihrer Totalität, aber fie offenbaret ſie in der
Zeit, und da die ewige Vernunft nur ſich ſelbſt
als Natur offenbaren kann : ſo iſt die Zeit ſelbft
der Akt der Offenbarung, tas freie Uyfthun
der ewigen Vernunft.
Das Seyn tſt das ideale Weſen der Natur,
únd als ſolches , geoffenbartes Weſen der Gotts
heit , das in ſeiner Realität urſprünglich und
ewig in Gott ſelbſt, und nur in ſeiner Fdealis
tåt , oder Offenbarung , Weſen der Natur ift
Das Weſen der Natur ift nothwendig und ewig,
198
weil es das Urbild der Realität Gottes ift ;
aber es iſt nicht ſelbſt dieſe Realitåt, weil es fich
nur als Idealitåt offenbaret. Das Prinzip der
Offenbarung iſt die ewige Handlung, die ewige
Schöpfung Gottes , die ewige Abbildung ſeiner
Realitåt. Die ewige Vernunft iſt , als Offens
barung, Natur, und das Weſen der Natur ift
die geoffenbarte Vernunft ; die Offenbarung ift
freie Handlung der ewigen Bernunft, und ſo
ruht das Weſen der Natur auf der freien Hands
lung Gottes. Gott offenbaret ſich durch Schopfs
ung , und durch dieſe Offenbarung wird das
reale Gottesweſen , ideales Naturweſen .
Der wiſſenſchaftliche Philoſoph kehrt dieſes
Raiſonnement um , und ſagt. Das Weſen der
Natur ruht allerdings auf einer freien Hands
lung, aber es iſt Erkenntniß , und ſo iſt auch
die freie Handlung nur die erkennende , das ift,
menſchliche Vernunft.
Es iſt wahr, daß ſich dem Menſchen das
Beſen der Natur nur als Erkenntniß offenbas
ret ; es iſt Ferner wahr , daß die Erkenntniß
ſelbſt das Weſen der Natur iſt ; und es iſt ends
fich wahr , daß dieſe Erkenntniß eine abſolute
ift, auf ſich ſelbſt ruhet, ſelbſt die freie Hands
lung ift.
199
Aber daraus folgt doch nur , daß das Weſen
der Natur zwar die Offenbarung des Abs,
ſoluten , und als Offenbarung abſolut, aber
keinesweges, daß es das Abſolute ſelbſt iſt. Oder
wie wil man es befriedigend erklåren , daß die
Natur ihr Weſen in Einzelweſen verſchließt, es
in thnen nur bildlich darſtellt, und erſt im Mens
ſchen als Vernunft offenbaret ; wie befriedigend
erklären, daß die Erkenntniß bloß das Weſen der
Natur , und nicht auch ihre Erſcheinung iſt, daß
der Menſch nicht als Abſolutes in der Natur
daſteht, und dieſe , in ihrer Allgemeinheit, ſein
Organ iſt; wie erklären , daß das Weſen auch
im Menſchen, zwar Totalität und Urbild , aber
doch verſchloſſen iſt, und daß er nur durch freien
Schwung den in ihm ſchlummernden Naturgeiſt
wecken , und die Wahrheit offenbaren fann ; daß
ſelbſt die Wahrheit wieder nur im Einzelnen
ſich offenbaret, und geſchichtlich , als Schickſal,
in das objektive Leben tritt, daß ſelbſt die Wiſs
ſenſchaft, als Erſcheinung, durch die Zeit bes
dingt iſt ?
Auch der wiſſenſchaftliche Philoſoph muß von
der abſoluten Erkenntniß noch den allgemeinen
Naturgeiſt, zwar nicht dem Senn, dem Weſen
nach , aber doch in der Art des Sepns unter:
200
Das Seyn kann alſo nur ideal, das iſt, als '
goee gedacht werden ; ferner als ein Allges
meines , denn als Beſonderes iſt es wieder
Daſeyn ; endlich nur als abſolute. Erkennts
niß , denn dieſe allein iſt ein Seyn ohne Wirks
lichkeit, ift, ohue da zu ſeyn, da ſie keinen Ges
genſtand hat, ſondern ſich ſelbſt hålt, ſich ſelbſt
Meſen und Form iſt. Die abſolute Erkenntniß
iſt Nichts , wenn ſie nicht Ulles iſt, und ſie
iſt nothwendig Alles , ſobald ſie iſt; in ihr iſt
kein Bedingtes, Beſchränktes, Beſonderes, kein
Gegenſtand, kein Daſeyn, ſondern ſie iſt reine
Vernunftanſchauung, dieſe alſo das wahre Seyn
an ſich.
Hieraus folgt, daß das Seyn an fich , als
Weſen der Natur, in ihr nicht wirklich da
rey , und daß die Ausdrücke, deren wir uns
ſonſt in der Erklärung der Natur bedienen,
3. B. das Weſen der Natur iſt in dem Beſons
203
dern verſchloſſen, es waltet in der Natur ein
allgemeiner Geiſt, die Natur ruht auf dem ewis
gen Seyn , als ihrem Grunde, fie lebt in der
Idee, als ihrer Wahrheit u. a. nur für die Era
Elérung Bedeutung haben ; es folgt, daß das
Weſen derNatur nichts anderes als die abſolute
Erkenntniß, daß dieſe nicht der Grund der Nas
tur, ſondern ihre Bollendung Tey , daß wir mit der
Frage nach dem Grund und Weſen der Natur
nur die Nothwendigkeit einer abſoluten Erkennts
niß ausdrücken, und daß wir die abſolute Ere
fenntniß, die gee , das Univerſum , nachdem
wir ſie wiſſenſchaftlich konſtruirt haben, nur hy
pothetiſch der Natur zum Grunde legen ,
um durch die Erklärung der realen Natur aus
der Idee, die Probe auf die Wiſſenſchaft zu mas
chen . Die Natur ruht alſo nicht auf dem ewis
gen Seyn, als ihrem nothwendigen Weſen , aber
fie iſt ein Streben zum nothwendigen , abſoluten
Seyn in der Idee, in der abſoluten Erkennts
niß, in der Wahrheit , ſie hat an ſich kein
Weſen , kein Seyn , ſondern einen Ends
aweď , aber die Wernunftanſchauung
verwandelt denend zweck in den Grund,
well in thr der Endzwed realiſtret
wird.
C
204
Dareyn iſt wirklides , reales Leben
iſt ein Beſonderes , ein Bedingtes ; es
muß alſo einen Grund haben. Dieſer Grund iſt
nicht das Ideale, das Algemeine, das Abſolute
der Anſchauung, nicht die Idee, die abſolute Ers
fenntniß , das Seyn an ſich; denn dieß wåre,
dem Obigen zufolge, - nur ein idealer Grund,
folglich nur für die Anſchauung; für dieſe
aber iſt das Reale, Wirkliche, nur Form , die
Art zu ſeyn , nicht Daſeyn, nicht Leben ; nur
die das allgemeine, als ideales Weſen , befchräns
kende Form des Beſondern, nicht das Beſons
dere ſelbſt; nur die durch das Abſolute bes
dingte Erkenntniß, nicht die Wirklichkeit ſelbſt.
so wenig als die Vernunfterkenntniß, weil ſie
abſolutes ideales Seyn iſt, durch ein todtes mas
terielles Seyn bedingt ſeyn kann : eben ſo wes
nig kann das Daſeyn, weil es wirklichkeit
iſt, durch die abſolute Erkenntniß bedingt ſeyn.
Die abſolute Erkenntniß, die Vernunftanſchauung,
begrenzt zwar ſich ſelbſt durch die reale Form,
weil auch dieſe ein Ideales iſt ; aber die Wirks
lichkeit, das Leben , das Daſeyn ſelbſt, 1
206
207
len wir alſo unſern Endzweck, unſere Beftims
mung erreichen , ſo müſſen wir an Ulgemeinheit
der Vernunfthandlung, an abſolute Nothwens
digkeit glauben, und die Vernunfterkenntnis, die
Bahrbeit zu unſerm Führer wählen ; ſoll uns
aber die Erkenntniß befriedigen , ſuchen wir das
lékté, höchſte und einzig Wahre an ſich, das zus
gleich real , wirklich iſt : ſo mufen wir an eine
Vernunfthandlung in ewiger Zeit, an Gott, als
ewigen Schöpfer der Welt glauben , und Gott,
nicht bloß in der Idee, ſondern als wirkliches
Weſen ( emige Vernunfthandlung ) als den reas
lén Grund aller Wahrheit anſehen.
Wir wollen hieraus nur noch einige Beſtim :
mungen folgern , und blemit das Ganze ber
ſoließen .
1 ) Die wahre Philoſophie ruht , auch als
abſolute Wiſſenſchaft, auf dem Glauben an
Gott, als Schöpfer der Welt , und die Abſok
lutheit der Vernunfterkenntniß wird durch dieſen
Glauben keinesweges aufgehoben ; denn nicht als
Anſchauung , ſondern als Handlung ruht
die Vernunft auf dieſem Glauben , die Hands
lung aber iſt es , welche der , als Einbildungss
kraft freien Spekulation die Richtung glebt.
Dieſe Richtung iſt , wie oben gezeigt wurde,
- 208
nothwendig eine objektive , wenn Wiſſenſchaft
möglich ſeyn ſoll, und dieſe Objektivitåt der
Richtung wird durch den Glauben an Sott
ewig feſt begründet. Der Glaube an Gott greift
alſo nicht in die Wiſſenſchaft ein , ſondern geht
ihr nothwendig voraus .
2 ) Der Menſch iſt durchaus Natur, und
mit ihr das Eine nothwendige Weſen , das iſt,
das Streben zu Einem Endzwecke. Dieſer iſt
die abſolute Erkenntniß, und in ihr wird , nicht
der Menſd ), ſondern die Natur; folglich der
Menſch nur als anſch au endes Weſen frei,
das heißt: als allgemeines Vernunftweſen iſt er
die freie Natur ſelbſt als Individuum
aber, wie jedes Einzelweſen der Natur, bedingt
durch den allgemeinen Endzweck, ein nothwendis
ges Streben zu demſelben , deſſen ſich nur der
Philoſoph frei bewußt wird, ohne jedoch das
durch als Individuum frei zu werden. Die
Individualität kann nur) frei werden, wenn
fie Algemeinheit wird ; dann wird ſie aber abs
ſolute Nothwendigkeit , ſie kann alſo nicht frei,
ſondern nur als beſondere, &ußere Nothwendigs
Feit aufgehoben werden . Dies iſt die Idee des
vollkommenſten Staates , die nur zugleich mit
der
S
209
der vollkommenen Organiſatio: des Pianeten
realifiret werden kann .
3 ) Die Natur ſtrebt nach Freiheit, und dieſe
iſt ihr Endzweck ; fie ruht aber auch als Eire:
lichkeit, als Daleyn , auf Freiheit, und ſie konnte
nicht nach Freiheit ſtreben , wenn ſie nicht aus
ihr hervorgingė. Die wirkliche Welt iſt ewige
Schöpfung Gottes , eriges Wunder , und wenn
j. B. die Pflanze ; als Gattung ; in ih,
rer Organiſation das Streben nad dem Ends
zweck ausdrückt, und dieſe Organiſation das G és
ſet der Produktion jeder einzelnen Pflanze iſt:
ſo iſt die einzelne Pflanze ſelbſt , als
wirkliches Weſen , die Erſcheinung der freien
Handlung Gottes, Gottes Geſchöpf.
4 ) Der Menſch, in welchem die Natur ihren
1
Endzweck erreicht, ruht nicht bloß auf der Freiheit,
ſondern in ihm offenbaret ſich zugleich die freie
Handlung Gottes unmittelbar, er iſt nicht bloß
geſchaffenes Bild der göttlichen Freiheit, ſondern
ſelbſt Schöpfer der erſcheinenden Vernunftwelt,
in ihm offenbaret ſich nicht bloß der Schöpfer,
ſondern ſelbſt die Schdpfung. Sedes reale Nas
turweſen iſt ein erſdeinendes Bild Gottes , der
Menſch aber ; als Vernunfthandlung , iſt ſelbſt
der erſcheinende Gott. Die Erſchaffung des
Menſchen ( ſeiner vernünftigen Seele ) iſt alſe
14
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ไr