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Kindeswohlgefährdung Modul HSA/PHF Tom Kleber

Kindeswohlgefährdung
Delinquenz im Elternhaus, Drogen oder Alkohol Abhängigkeit von Eltern, physische oder psychische
Gewalt durch Sorgeberechtigte, Vernachlässigung oder fehlende Grundversorgung, Demütigungen,
Misshandlung und fehlender Schutz vor Unfallgefahren, besonders im Kleinkindbereich… können
Anzeichen von Kindeswohlgefährdung sein. Hauptbestandteil der sogenannten Trias bilden die
Vernachlässigung, die Misshandlung und der sexuelle Missbrauch. Kindern und Jugendlichen wird in
solchen Fällen besonders großes Leid zugefügt.

Auch immer wieder haben schwerwiegende Fälle den Gesetzgeber, auch über die darauffolgende
öffentliche Empörung, dazu aufgefordert, schneller einzugreifen (etwa frühe Hilfen (KKG) 2012),
Strafmaße zu erhöhen (Gesetzesentwurf Okt. 2020), Handlungsabläufe rechtssicher zu gestalten
(etwa KKG 2012, § 8aSGB VIII 2007 und 2012) usw.

Eindrücklich etwa ist die Langzeitbegleitung von Charly Kowalczyk, der Angelika (anonymisiert),
mittlerweile 30 Jahre alt, in der Bewältigung ihres Leidenswegs begleitet hat. Angelika wurde von
ihrem Vater, Onkel und Bruder regelmäßig sexuell missbraucht und in allen Belangen vernachlässigt,
bevor sie im Alter von neun Jahren in eine Pflegefamilie kam, welche trotz großer Bemühungen mit
der Bewältigung von Angelikas Traumafolgen überfordert waren. Wie Angelika, die derzeit inkognito
in einer Einrichtung für Behinderte lebt, selbst die Zeit im Nachhinein reflektiert, berichtet der
eindrückliche Podcast: Leben nach dem Missbrauch-eine Langzeitbeobachtung. Lust auf Leben
(www.deutschlandfunkkultur.de)

1. Staatliches Wächteramt!?
Anders als in § 27 SGB VIII, die Grundlage für den freiwilligen Leistungsanspruch
Personensorgeberechtigten zur Hilfe zur Erziehung, in dem von der „Nichtgewährleistung des Wohls“
des Kindes die Rede ist, bezieht sich das staatliche Wächteramt eindeutig auf die Gefahrenabwehr.
Das staatliche Wächteramt im Familienrecht ist in § 1666 BGB geregelt und wird über die
Jugendämter von den Familiengerichten ausgeübt bzw. überwacht und handelt, wenn das Wohl des
Kindes oder des Jugendlichen in Gefahr ist.

Generell ist das Jugendamt dazu verpflichtet, jeder Meldung einer KWG nachzugehen, denn der
Kinderschutz steht an erster Stelle, um Kinder und Jugendliche vor etwa Missbrauch und Gewalt zu
bewahren. Dies geschieht zwischen 40.000- 60.000 mal (2019 wurden 55.000 Fälle festgestellt
(Dunkelziffer höher) pro Jahr in Deutschland. Häufig muss das Kind vor den Gefahren der eigenen
Familie geschützt werden. In solchen Fällen wird der Verdacht, die Nachfragen des Jugendamtes vor
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Ort, eine Herausnahme des Kindes aus der Familie, dass Benennen von Schuld von den Beteiligten als
gravierend erlebt. Selbst das geschützte Kind oder der/ die Jugendliche müssen im Anschluss nicht
selten psychotherapeutisch begleitet werden.

In dem Begriff der Kindeswohlgefährdung spitzt sich die sozialpädagogisch lebensweltliche


Orientierung des Kinder- und Jugendhilfegesetzes mit allen Vor- und Nachteilen zu. Formal ist die
„Kindeswohlgefährdung“ ein nicht näher bestimmter Rechtsbegriff (unbestimmter Rechtsbegriff),
der das gesamte Wohlergehen eines Kindes auf körperlicher, geistiger und seelischer Ebene und
seines Vermögens umschreibt (vgl. § 1666 BGB (1)) und im Eintrittsfall eine Handlungsfolge in Gang
setzt.“ Akteurbezogen wird das staatliche Wächteramt vor allem durch den Schutzauftrag des
Jugendamtes nach § 8a SGB VIII konkretisiert sowie durch die Befugnis des Familiengerichtes nach
§§ 1666, 1666a BGB und nicht zuletzt durch besondere Befugnisse des Jugendamtes nach § 8 Abs. 2
und § 42 SGB VIII. Die Betätigung der Akteure setzt einen objektiven Gefahrenzustand für die
Kindesentwicklung und das Kindeswohl voraus.

Zunächst aber ist andererseits „jede Person“ 1 berechtigt, einen Verdacht


auf Kindeswohlgefährdung der Kinder- und Jugendhilfe zu melden. Bereits diese Definition zeigt,
dass die Beurteilung auf ein „öffentliches Bauchgefühl“ für Notlagen von Kindern angewiesen ist und
Verdachtsmomente begründet oder unbegründet sein können. Einem entsprechend begründeten
Verdacht muss das Jugendamt vor Ort nachgehen.

Weiterhin ist der Begriff Kindeswohlgefährdung an sich, wie oben bereits erwähnt, unbestimmt (
zwar aufgrund der sozialpädagogisch lebensweltlichen Orientierung der Jugendhilfe durchaus
sinnvoll), dennoch fehlt begriffsjuristisch in diesen Spannungsbereich, mit, wie oben berichtet,
gravierenden Folgen, eine berechenbare Rechtssicherheit welche lediglich zuerst durch
Eingriffshoheit von Institutionen (Jugendamt und Familiengericht) ersetzt wird.

Inobhutnahmen durch das Jugendamt (§ 42 SGB VIII) schaffen trotz beschränkter Macht durch das
Familiengericht zunächst Fakten, die auch für den Familienrichter eine Überprüfung notwendig
machen und gegebenenfalls erst durch ein länger andauerndes Gutachten beurteilt werden können
und das Kind somit oft in Fremdunterbringung verbleibt.

Auch für die Mitarbeitenden im Kinderschutz der Jugendämter ist zwischen Garantenpflicht (dieser
Begriff resultiert in erster Linie aus dem Strafrecht – Garant dafür, dass das Kindeswohl geschützt
wird, ist immer eine Einzelperson – keine Institution), Datenschutz und Elternrecht eine gewisse
Handlungssicherheit notwendig. Denn Familien dürfen nicht unbegründet verdächtigt und mit
unbegründeten Interventionen bedroht werden, die Eigenart (§ 9 SGB VIII) von Familien muss
berücksichtigt werden!

Wiesner unterstreicht: „Die staatliche Wächterfunktion bezieht sich nicht auf die Gewährleistung
optimaler Entwicklungsbedingungen für jedes Kind, sondern ist auf Gefahrenabwehr begrenzt. Sie
legitimiert keine eigenständige öffentliche Erziehungsbefugnis unterhalb der Gefahrenschwelle, die
durch § 1666 BGB definiert wird“.

Somit ist der Verdacht auf Kindeswohlgefährdung ein starker Vorwurf, der nicht leichtfertig geäußert
werden darf und alle Beteiligten in Anspannung und Ängste versetzen kann, andererseits jedoch
Kinder und Jugendliche vor schlimmen Schicksalen bewahren kann.

1
zu den Einschränkungen später
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2. Kindeswohl (-gefährdung) als inhaltliche und verfahrensrechtliche


Maxime
Kindeswohl (-gefährdung) gilt als sowohl inhaltliche als auch verfahrensrechtliche Maxime.

Unter Kindeswohl versteht man die Gesamtheit der Lebensbedingungen, die ein Kind für seine
gesunde Persönlichkeitsentwicklung hin zu einer eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen
Persönlichkeit benötigt (vgl. §1 SGB VIII ): der Schutz gilt dem körperlichen, dem geistigen und
seelischen Wohl des Kindes sowie dem Schutz seines Vermögens. Der Arbeitsgemeinschaft
Jugendhilfe (AGJ) nach, muss auch der Wille des Kindes berücksichtigt werden. Der gesetzlich
unbestimmte Begriff bedarf daher vor allem im Fall der Gefährdung des Wohls einer
Normenkonkretisierung im Einzelfall.

Gerichtlich relevant ist seit dem Urteil des Bundesgerichtshofes von 1956 (bestätigt 2006 vom
Oberlandesgericht Hamm) folgende Richtlinie: „Kindeswohlgefährdung ist „eine gegenwärtige, in
einem solchen Maße vorhandene Gefahr, dass sich bei der weiteren Entwicklung eine erhebliche
Schädigung mit ziemlicher Sicherheit voraussagen lässt“.

Gemäß dieser Definition müssen drei Kriterien gleichzeitig erfüllt sein, damit von einer
Kindeswohlgefährdung auszugehen ist:

• die Gefährdung des Kindes muss gegenwärtig gegeben sein


• die gegenwärtige oder zukünftige Schädigung muss erheblich sein
• die Schädigung muss mit ziemlicher Sicherheit vorhersehbar sein sofern sie noch nicht
eingetreten ist.

Je gravierender die zu erwartende Schädigung ist, desto begründeter und ggf. schneller kann eine,
das Wohl und die Sicherheit des Kindes garantierende Intervention veranlasst werden. „An die
Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts sind dabei umso geringere Anforderungen zu stellen, je
schwerer der drohende Schaden wiegt (BGH NJW 2017, 1032)“.

Voraussetzung für eine Eingriffsnotwendigkeit ist also nicht die Beeinträchtigung des Kindeswohls
durch ein gegebenenfalls einmaliges (Fehl-) Verhalten oder Unterlassen, sondern vor allem die
nachhaltig negative (oder zu erwartende) Wirkung dieses Handelns bzw. Unterlassens.

„Gewichtige Anhaltspunkte sind das auslösende Moment für die Wahrnehmung des Schutzauftrags.
Nach Wiesner (Kommentar zu § 8a SGB VIII RdNr. 14) soll mit diesen unbestimmten Rechtbegriffen
zum Ausdruck gebracht werden, dass das Jugendamt (und der Träger) eine Kindeswohlgefährdung
nicht „erahnen“ müssen, sondern dass im Hinblick auf den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit der
Mittel konkrete Hinweise auf eine Gefährdung bzw. auf eine Dynamik, die eine solche Gefährdung
auslösen kann, vorliegen müssen. Damit wird eine bestimmte Risikoschwelle als
„Eingangsvoraussetzung“ für die Wahrnehmung des Schutzauftrags beschrieben. Informationen, die
nach Einschätzung der zuständigen Fachkraft unterhalb dieser Schwelle bleiben, lösen nicht die in §
8a SGB VIII geregelten Handlungspflichten aus“ (Landratsamt Böblingen- AG Kinderschutz)

Das Vorliegen einer das Kindeswohl gefährdenden Situation allein ermächtigt nicht zum Eingriff in
die elterliche Sorge durch das Familiengericht (etwa Aufenthaltsbestimmungsrecht). Für die
Einleitung familiengerichtlicher Maßnahmen ist die in die Zukunft gerichtete Feststellung: 1. einer
Gefährdungslage 2. Eltern wollen oder können die Gefahr nicht abwenden erforderlich (siehe § 8a
(2) SGB VIII bzw. § 1666 (1))
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Besonders die oben erwähnte Trias (Vernachlässigung, Misshandlung und Missbrauch) spielen bei
der Beurteilung einer Kindeswohlgefährdung eine entscheidende Rolle.

Die Ausführungen des Arbeitskreises zum Kinderschutz des Jugendamts Böblingen hierzu:

„Vernachlässigung - ist die andauernde oder wiederholte Unterlassung fürsorglichen Handelns


sorgeverpflichteter Personen (Eltern), welches zur Sicherstellung der physischen oder psychischen
Versorgung des Kindes notwendig wäre. - geschieht selten aktiv, sondern zumeist passiv aufgrund
unzureichender Einsicht oder unzureichenden Wissens. - stellt eine chronische Unterversorgung des
Kindes durch nachhaltige Nichtberücksichtigung, Missachtung oder Versagung seiner
Lebensbedürfnisse dar und hemmt, beeinträchtigt oder schädigt seine körperliche, geistige oder
seelische Entwicklung. - betrifft in erster Linie Kinder, die aufgrund ihres Alters oder aufgrund von
Behinderung auf Förderung, Fürsorge und Schutz in besonderer Weise angewiesen sind. - stellt eine
basale Beziehungsstörung zwischen Eltern und ihren Kindern dar. (nach Schone 2006)“

Psychische Misshandlung- Die Definition psychischer Misshandlung hat sich in der Praxis der
Jugendhilfe als schwierig erwiesen. Kindler nennt fünf verschiedene Unterformen, die einzeln oder in
Kombination auftreten können und als psychische Misshandlung angesehen werden müssen, wenn
sie die Beziehung eines Elternteils zum Kind kennzeichnen:

- feindselige Ablehnung (z.B. ständiges Herabsetzen, Beschämen, Kritisieren oder Demütigen eines
Kindes)

- Ausnutzen und Korrumpieren (z.B. Kind wird zu einem selbstzerstörerischen oder strafbaren
Verhalten angehalten oder gezwungen bzw. ein solches Verhalten des Kindes wird widerstandslos
zugelassen);

- Terrorisieren (z.B. Kind wird durch ständige Drohung in einem Zustand der Angst gehalten);

- Isolieren (z.B. Kind wird in ausgeprägter Form von altersentsprechenden sozialen Kontakten
ferngehalten);

- Verweigerung emotionaler Responsivität (z.B. Signale des Kindes und seine Bedürfnisse nach
emotionaler Zuwendung werden anhaltend und in ausgeprägter Form übersehen und nicht
beantwortet). (Kindler H. 2006 in Handbuch Kindeswohlgefährdung des DJI)

Körperliche Misshandlung - Unter körperlicher Kindesmisshandlung können nach Kindler im Kontext


der Prüfung und Bearbeitung von Fällen einer möglichen Kindeswohlgefährdung alle Handlungen von
Eltern oder anderen Bezugspersonen verstanden werden, die durch Anwendung von körperlichem
Zwang bzw. Gewalt für einen einsichtigen Dritten vorhersehbar zu erheblichen physischen oder
psychischen Beeinträchtigungen des Kindes und seiner Entwicklung führen oder vorhersehbar ein
hohes Risiko solcher Folgen bergen. 2

Sexueller Missbrauch Sexueller Missbrauch ist jede sexuelle Handlung, die an oder vor einem Kind
entweder gegen den Willen des Kindes vorgenommen wird oder der das Kind aufgrund körperlicher,
psychischer, kognitiver oder sprachlicher Unterlegenheit nicht wissentlich zustimmen kann. Der Täter
nutzt seine Macht- und Autoritätsposition aus, um seine eigenen Bedürfnisse auf Kosten des Kindes
zu befriedigen.“

2
Das Recht auf gewaltfreie Erziehung nach § 1631 BGB schließt körperliche, seelische Verletzungen und andere
entwürdigende Maßnahmen mit ein (seit 2000 in der BRD)
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3. Beispiele rechtlicher Relevanz des Kindeswohls


(die „fett markierten“ Beispiele werden später im Text näher behandelt)

• zum Schutz des Kindes und zur Strafverfolgung


• zur Begründung von Inobhutnahme/Kinderschutz (Jugendamt)
• familiengerichtliche Anordnungen
• gegebenenfalls bei Sorgerechts- und Umgangsfragen
• Verfahrensablauf bei Eingriff des Jugendamtes (§ 8a und § 42 SGB VIII)
• Ablauf und Verfahren für Einrichtungen
• Vorgehensbestimmungen für BerufsgeheimnisträgerInnen
• Sicherheit in Bezug auf den Datenschutz
• Abgrenzung zur unterlassenen Hilfeleistung

Als Bsp. familiengerichtlicher Klärung und Anordnungen


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Wird nach § 1666 BGB das körperliche, geistige oder seelische Wohl des Kindes oder seines
Vermögens gefährdet und sind die Eltern nicht gewillt oder nicht in der Lage die Gefahr abzuwenden,
so hat das Familiengericht die Maßnahmen zu treffen, die zur Abwendung der Gefahr erforderlich
sind. Das Gericht schafft sich zunächst über ggf. verschiedene Gutachten einen Überblick zur
Urteilsfindung.

In schwerwiegenden Ausnahmefällen betrifft dies auch Maßnahmen mit freiheitsentziehender


Wirkung:
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Als Ablauf des Schutzauftrags für das Jugendamt nach § 8a und § 42 SGB VIII

§ 8 a SGB VIII konkretisiert die Umsetzung des Auftrags des § 1 SGB VIII

Das Jugendamt ist nach § 8a Abs. 1, 2, 3 und 5 verpflichtet bestimmte Verfahrensregelungen im


Kinderschutz einzuhalten:
(1) Werden dem Jugendamt gewichtige Anhaltspunkte für die Gefährdung des Wohls eines Kindes oder
Jugendlichen bekannt, so hat es das Gefährdungsrisiko im Zusammenwirken mehrerer Fachkräfte
einzuschätzen. Soweit der wirksame Schutz dieses Kindes oder dieses Jugendlichen nicht in Frage gestellt wird,
hat das Jugendamt die Erziehungsberechtigten sowie das Kind oder den Jugendlichen in die
Gefährdungseinschätzung einzubeziehen und, sofern dies nach fachlicher Einschätzung erforderlich ist, sich
dabei einen unmittelbaren Eindruck von dem Kind und von seiner persönlichen Umgebung zu verschaffen. Hält
das Jugendamt zur Abwendung der Gefährdung die Gewährung von Hilfen für geeignet und notwendig, so hat es
diese den Erziehungsberechtigten anzubieten.
(2) Hält das Jugendamt das Tätigwerden des Familiengerichts für erforderlich, so hat es das Gericht anzurufen;
dies gilt auch, wenn die Erziehungsberechtigten nicht bereit oder in der Lage sind, bei der Abschätzung des
Gefährdungsrisikos mitzuwirken. Besteht eine dringende Gefahr und kann die Entscheidung des Gerichts nicht
abgewartet werden, so ist das Jugendamt verpflichtet, das Kind oder den Jugendlichen in Obhut zu nehmen.
(3) Soweit zur Abwendung der Gefährdung das Tätigwerden anderer Leistungsträger, der Einrichtungen der
Gesundheitshilfe oder der Polizei notwendig ist, hat das Jugendamt auf die Inanspruchnahme durch die
Erziehungsberechtigten hinzuwirken. Ist ein sofortiges Tätigwerden erforderlich und wirken die
Personensorgeberechtigten oder die Erziehungsberechtigten nicht mit, so schaltet das Jugendamt die anderen
zur Abwendung der Gefährdung zuständigen Stellen selbst ein
(5) Werden einem örtlichen Träger gewichtige Anhaltspunkte für die Gefährdung des Wohls eines Kindes oder
eines Jugendlichen bekannt, so sind dem für die Gewährung von Leistungen zuständigen örtlichen Träger die
Daten mitzuteilen, deren Kenntnis zur Wahrnehmung des Schutzauftrags bei Kindeswohlgefährdung nach § 8a
erforderlich ist. Die Mitteilung soll im Rahmen eines Gespräches zwischen den Fachkräften der beiden örtlichen
Träger erfolgen, an dem die Personensorgeberechtigten sowie das Kind oder der Jugendliche beteiligt werden
sollen, soweit hierdurch der wirksame Schutz des Kindes oder des Jugendlichen nicht in Frage gestellt wird.

Die Inobhutnahme regelt § 42 SGB VIII (siehe Textdatei Inobhutnahme)

Das Jugendamt hat weiterhin nach § 8a (4)SGB VIII Vereinbarungen zur Wahrnehmung des
Schutzauftrags bei Kindeswohlgefährdung mit den Trägern von Einrichtungen und Diensten, die
Leistungen nach diesem Buch erbringen, zu treffen. Deren spezifischer Schutzauftrag ist in § 8a Abs. 4
eigenständig geregelt.

Weitere Regelungen betreffen etwa auch den überörtlichen Träger (das Landesjugendamt) ( §§ 8b,
85 (6), 47 SGB VIII etc.)

Als Vorschriften für Einrichtungen und Dienste, die Leistungen „nach diesem Buch“ (SGB VIII)
erbringen

Nach § 8a Abs. 4 gilt, dass das Jugendamt sicherstellen muss, dass die angesprochenen Einrichtungen
und Dienste folgende Aufgaben erledigen:
(4) In Vereinbarungen mit den Trägern von Einrichtungen und Diensten, die Leistungen nach diesem Buch
erbringen, ist sicherzustellen, dass
1.
deren Fachkräfte bei Bekanntwerden gewichtiger Anhaltspunkte für die Gefährdung eines von ihnen
betreuten Kindes oder Jugendlichen eine Gefährdungseinschätzung vornehmen,
2.
bei der Gefährdungseinschätzung eine insoweit erfahrene Fachkraft beratend hinzugezogen wird sowie
3.
die Erziehungsberechtigten sowie das Kind oder der Jugendliche in die Gefährdungseinschätzung
einbezogen werden, soweit hierdurch der wirksame Schutz des Kindes oder Jugendlichen nicht in Frage
gestellt wird.
In die Vereinbarung ist neben den Kriterien für die Qualifikation der beratend hinzuzuziehenden insoweit
erfahrenen Fachkraft insbesondere die Verpflichtung aufzunehmen, dass die Fachkräfte der Träger bei den
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Erziehungsberechtigten auf die Inanspruchnahme von Hilfen hinwirken, wenn sie diese für erforderlich halten,
und das Jugendamt informieren, falls die Gefährdung nicht anders abgewendet werden kann.

Die in Abs. 4 Nummer 1 angesprochene Gefährdungseinschätzung geschieht nach fachlichen


Handlungsleitlinien, wozu nach §8 b SGB VIII der überörtliche Träger der Jugendhilfe (somit also das
Landesjugendamt) die Einrichtungen berät. Erst nach Durchlauf dieses Prozesses, mit dem Ergebnis,
dass eine Kindeswohlgefährdung vorliegt und auch die Personensorgeberechtigten davon in
Kenntnis gesetzt wurden, darf das Jugendamt darüber informiert werden.

Verstöße gegen das Datengeheimnis können mit hohen Kosten verbunden sein oder sogar mit
Freiheitsstrafe bestraft werden.

Nach § 8b (2) SGB VIII Träger von Einrichtungen, in denen sich Kinder oder Jugendliche ganztägig
oder für einen Teil des Tages aufhalten oder in denen sie Unterkunft erhalten, und die zuständigen
Leistungsträger, haben gegenüber dem überörtlichen Träger der Jugendhilfe Anspruch auf Beratung
bei der Entwicklung und Anwendung fachlicher Handlungsleitlinien

1. zur Sicherung des Kindeswohls und zum Schutz vor Gewalt sowie

2. zu Verfahren der Beteiligung von Kindern und Jugendlichen an strukturellen


Entscheidungen in der Einrichtung sowie zu Beschwerdeverfahren in persönlichen
Angelegenheiten.

Der überörtliche Träger der Jugendhilfe (das Landesjugendamt) KVJS Baden-Württemberg führt
hierzu aus:

„Das Landesjugendamt ist nach § 85 SGB VIII Abs. 2 Nr. 6 zuständig für die Wahrnehmung der
Aufgaben zum Schutz von Kindern und Jugendlichen in Einrichtungen (§§ 45-48 SGB VIII).
Kinderschutz ist im Bereich der Kindertagesbetreuung eine wichtige Aufgabe.
Kindertageseinrichtungen und deren Träger haben einen ausdrücklichen gesetzlichen Schutzauftrag
das Wohl der Kinder zu schützen. Dieser Schutzauftrag wurde mit dem am 1.1.2012 in Kraft
getretenen Bundeskinderschutzgesetz verdeutlicht.

Das örtlich zuständige Jugendamt hat gemäß § 8a SGB VIII den Schutzauftrag bei
Kindeswohlgefährdung zu gewährleisten. Dieses schließt mit den Trägern eine Vereinbarung zum
Schutzauftrag bei Kindeswohlgefährdung gemäß § 8a SGB VIII ab.“

Außerdem muss der Träger einer erlaubnispflichtigen Einrichtung dem Landesjugendamt nach §
47 SGB VIII unverzüglich Ereignisse und Entwicklungen, die das Wohl der Kinder beeinträchtigen
können, anzuzeigen. Gegenüber der bisherigen Rechtslage handelt es sich um eine wesentliche
Erweiterung der Meldepflicht. Nun sind bereits Entwicklungen anzeigepflichtig, die nicht sofort
Folgen haben (wie z.B. eine personelle Unterbesetzung) aber zu einer Beeinträchtigung führen.

Im Betriebserlaubnisverfahren nach § 45 SGB VIII sind die Einrichtungsträger gemäß § 45 Abs. 3 Nr.
1 SGB VIII ausdrücklich zur Vorlage der Konzeption im Betriebserlaubnisverfahren verpflichtet.
Bestandteile einer Konzeption sind unter anderem die Qualitätsentwicklung und -sicherung. Hierzu
gehört das altersgerechte Beteiligungs- und Beschwerdemanagement für Kinder und Jugendlichen
zur Sicherung ihrer Rechte in der Einrichtung.“
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Relevanz als Beispiel bei BerufsgeheimnisträgerInnen und Vertrauensschutz

Für BerufsgeheimnisträgerInnen gilt ein ähnliches, wie für Einrichtungen und Dienste, wenn es um
die Klärung einer Kindeswohlgefährdung, derer man sich im Dienst gewahr wird, geht. Auch hier
muss die Abklärung dokumentiert und in Absprache mit den Personensorgeberechtigten, soweit
hierdurch der wirksame Schutz des Kindes oder des Jugendlichen nicht infrage gestellt wird,
erfolgen. Die Vorschrift des § 4 (3) KKG sieht eine Befugnis zur Information des Jugendamtes vor.

Keinesfalls dürfen BerufsgeheimnisträgerInnen einen ersten Anfangsverdacht auf


Kindeswohlgefährdung ohne Erlaubnis der Personensorgeberechtigten dem Jugendamt
unmittelbar melden.

Auch die Erlaubnis zur Information anderer Personen oder Institutionen (zum Beispiel Ärztinnen und
Ärzte, oder Fachdienste oder mitarbeitende einer sozialpädagogischen Einrichtung (!)) wird von der
Norm § 4 KKG somit nicht erteilt. Dies kann nur mit einer Einwilligung, der sogenannten Entbindung
von der Schweigepflicht oder gegebenenfalls auf Grundlage eines rechtfertigenden Notstandes nach
§ 34 StGB erfolgen.

Die Bereitschaft zur Einwilligung ist nach Anette Rabe abhängig von… Vertrauen, dem Wissen über
vorhandene Angebote, dem Wissen über die Aufgaben und Handlungslogiken der anderen
Beteiligten, der Aufarbeitung eigener Vorurteile, einer wertschätzendenden Haltung gegenüber
anderen Beteiligten!

In diesem Zusammenhang spielt nach § 4 (2) KKG die Hilfe bei der Abschätzung einer
Kindeswohlgefährdung durch eine insoweit erfahrene Fachkraft eine entscheidende Rolle, welche im
Folgenden behandelt wird.

Insoweit erfahrene Fachkräfte (Isofa)

Nach Möller (2013 : 34) geht der Gesetzgeber davon aus, „dass die Kompetenzen [zur Beurteilung
einer Kindeswohlgefährdung] bei den genannten Berufsgruppen3 vorhanden sind. Dennoch so
beschreibt er weiter, gibt es keinen einheitlichen Leitfaden, denn die Folge wäre, „eine gesetzliche
Definition, die so allgemein und abstrakt ausfallen müsste, um allen möglichen Konstellationen
gerecht zu werden, dass sie wenig brauchbar wäre “ (ebd.). Darum ist davon auszugehen, dass sich
die fachliche Einschätzung der KW-Beurteilung lediglich annähern kann.

Was Möller beschreibt, könnte allerdings auch missverständlich aufgefasst werden. Die allgemeine
Befähigung zur Beurteilung einer ernsten Kindewohlgefährdung ist tatsächlich von den im Rahmen
der Jugendhilfe (insbesondere HZE) tätigen Professionen zu erwarten, ersetzt aber nicht den
erfahrenen, besonnenen, rechtlich sicheren und weitergebildeten Weitblick der im Kinderschutz
tätigen Fachkräfte insbesondere der (externen) sog. „insoweit erfahrenen Fachkräfte“.

Der Gesetzgeber stärkt die in der Jugendhilfe Tätigen durch die Unterstützung einer „insoweit
erfahrenen Fachkraft“, mit Zusatzqualifikation (§ 8a (4) Nr 3 Satz 2 SGB VIII).

Dies gilt nach § 8a (4) Nr. 2 SGB VIII für Einrichtungen der Jugendhilfe, welche dort selbst eine
beauftragte und qualifizierte Isofa vorhalten müssen (§79 a SGB VIII). Auch Berufsgeheimnisträger
haben nach § 4 KKG (2) beim JA auf die Unterstützung einer insoweit erfahrenen Fachkraft Anspruch
bzw. ebenso „Personen, die beruflich in Kontakt mit Kindern oder Jugendlichen stehen“ nach § 8b (1)
SGB VIII.

3
Siehe etwa Aufzählung in § 4 KKG (1) Nr. Sozialpädagoginnen und Sozialpädagogen
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Auch die MitarbeiterInnen des öffentlichen Trägers der Jugendhilfe (Jugendamt) haben die
Möglichkeit, eine „insoweit erfahrene Fachkraft“ zum Zwecke der Risikoeinschätzung im Sinne des
Zusammenwirkens mehrerer Fachkräfte hinzuzuziehen.

Diese spezielle Rolle der „insoweit erfahrenen Fachkraft“ in der Einschätzung einer
Kindeswohlgefährdung bedarf einer besonderen Qualifizierung, zudem einen gewissen Neutralität,
indem etwa die Fachkraft nicht Teil des Kinderschutzteams des Jugendamtes sein soll.

Die Weiterbildung mit Zertifikat zur Kinderschutzfachkraft (Isofa) bei Wohlfahrtsverbänden umfasst
etwa folgende erweiterte Vorqualifikationen (diese werden nur indirekt über Paragrafen zur
Qualitätssicherung in der Jugendhilfe das SGB VIII abgeleitet):

• Eine sozialpädagogische, psychologische oder Jugendhilfe-spezifische Berufsausbildung


oder eine abgeschlossene berufliche Qualifikation
als SozialarbeiterIn, SozialpädagogIn oder PsychologIn.

• Einschlägige, mehrjährige Praxiserfahrung in kinderschutzrelevanten Arbeitsbereichen,


bevorzugt mit Beratungstätigkeit und mehrjähriger Fall- Verantwortung (gegebenenfalls
Leitungsverantwortung)

Nach der Fachstelle Kinderschutz im Land Brandenburg (Stand: 01.08.2019) können durch die
Beteiligung einer insoweit erfahrenen Fachkraft u. a. folgende Wirkungen erzeugt werden:

• Verbesserung der Handlungsfähigkeit der zu Beratenden,


• verbessertes Fallverstehen insbesondere unter dem Aspekt der ursächlichen Entstehung
bei den handelnden Fachkräften,
• Strukturierung von Beobachtungen und Informationen,
• Strukturierung der Erarbeitung von Handlungs- bzw. s. g. Schutzplänen,
• Rollenklärung,
• Klärung individueller Verantwortung und Beteiligung,
• Versachlichung insbesondere emotional belasteter Prozesse,
• Offenlegung personenbezogener und institutioneller Verdrängungsmechanismen,
• Reflexion und Aufarbeitung von abgeschlossenen Fallverläufen im Sinne eines
Verstehens- und Lernprozesses,
• Qualitätssicherung und -entwicklung in Bezug auf die Weiterentwicklung von
Verfahrensabläufen und der Optimierung von Entscheidungsprozessen,
• Klärung fachlicher Positionen und Erarbeitung von fallübergreifenden Standards.
(www. fachstelle-kinderschutz.de : 6)

In den Einrichtungen und Diensten die Jugendhilfeleistungen erbringen, ist die Hinzuziehung der
einrichtungsinternen „Isofa“ verpflichtend (§ 8a (4) Nr. 2 SGB VIII). Die Hinzuziehung der Isofa
initiiert die fallzuständige Fachkraft. Die Form der Anfrage bzw. Beauftragung ist gesetzlich nicht
vorgeschrieben, dennoch empfiehlt es sich, dies entweder unmittelbar schriftlich zu beantragen bzw.
die persönliche oder telefonische Anfrage aktenkundig zu dokumentieren.

Die Anfrage läuft in der Regel in drei voneinander abgrenzbaren Stationen ab:

• Vorbereitung der Beratung, • Beratung, • Reflexion und Nachbereitung der Beratung.

Um die Fallberatung leisten zu können, benötigt die insoweit erfahrene Fachkraft keine
personenbezogenen Daten zur Familie (Kinder, Eltern, Angehörige) oder zum HelferInnensystem
(MitarbeiterInnen, Träger) und wird diese auch nicht selbst erheben. „Die Ratsuchenden sind zu
Beginn der Beratung darauf hinzuweisen, dass Beratung und Dokumentation aus
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datenschutzrechtlichen Gründen gemäß § 65 (1) Nr. 4 SGB VIII (Besonderer Vertrauensschutz in der
persönlichen und erzieherischen Hilfe) in Verbindung mit § 64 Abs. 1 und 2a SGB VIII
(Datenübermittlung und -nutzung) grundsätzlich anonymisiert bzw. pseudonymisiert4 durchzuführen
ist, wenn nicht gemäß § 65 Abs. 1 Nr. 1 SGB VIII eine entsprechende Schweigepflichtentbindung der
Personensorgeberechtigten vorliegt“ (: 18).

Muss etwa beim Jugendamt die Unterstützung einer insoweit erfahrenen Fachkraft nachgefragt
werden, so sollte die Anfrage lediglich formal erfolgen (also keine Informationen zum Sachverhalt
bzw. gewichtige Anhaltspunkte oder personenbezogene Daten). In diesem Sinn kann das Jugendamt
ohne weitere inhaltliche Nachfrage oder Prüfung eine entsprechende Fachkraft vermitteln. Die
Anfrage durch die Fall- zuständige Betreuungsperson bei der insoweit erfahrenen Fachkraft sollte
eine Fallzusammenfassung, Problemstellung und spezifische Fragestellungen (in Vorarbeit)
beinhalten.

Die Ergebnisse einer Bewertung zielen in der Regel, neben den vielfältigen Wirkungen (siehe oben),
auf folgende Einschätzungsoptionen ab: • akute Gefährdung mit unmittelbarem Schutzbedarf, •
Gefährdung mit dringendem Hilfebedarf, • keine Gefährdung aber unmittelbarer Hilfebedarf, • keine
Gefährdung und kein Hilfebedarf.

Die Anhaltspunkte hierzu bilden § 1666 BGB und § 8a SGB VIII

• Sind die Personensorgeberechtigten bzw. die Erziehungsverantwortlichen mit Verweis auf §


1666 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) bereit, die (möglicherweise) bestehende
Kindeswohlgefährdung abzuwenden?
• Sind die Personensorgeberechtigten bzw. die Erziehungsverantwortlichen mit Verweis auf §
1666 Abs. 1 BGB in der Lage, die (möglicherweise) bestehende Kindeswohlgefährdung
abzuwenden?
• Reicht die zum Zeitpunkt der Gefährdungseinschätzung mit Verweis auf § 8a (4) (letzter Satz)
SGB VIII bzw. § 4 KKG Abs. 1 (letzter Absatz) bestehende bzw. angebotene Hilfe aus, die
(möglicherweise) bestehende Kindeswohlgefährdung abzuwenden?

Zu beachten ist: Die insoweit erfahrene Fachkraft übernimmt fallverantwortlich keine Aufträge in
der Fallbearbeitung und schon gar nicht das gesamte Fallmanagement. Hat andererseits auch keine
Entscheidungskompetenz im zu beratenden Kontext, keine Dienst- und Fachaufsicht und damit auch
keine Weisungsbefugnis gegenüber dem zu Beratenden. Bei Dissens wird auf den Träger internen
Ablauf (erarbeitete fachliche Handlungsleitlinien) verwiesen. Sollte eine trägerinterne Lösung
aufgrund dieser Statuten bei Dissens nicht möglich sein und eine akute Kindeswohlgefährdung
bestehen oder drohen, kann die insoweit erfahrene Fachkraft gegen den Willen des Beratenden,
aber mit Wissen des Trägers, das Jugendamt informieren.

Die Verantwortung für die Falldokumentation liegt ausschließlich bei der ratsuchenden bzw.
fallzuständigen Fachkraft!

Nach Abschluss und Reflexion muss die Abrechnung der erbrachten Beratungsleistungen über den
Träger ggf. an das Jugendamt nach dem vorher vereinbarten Verfahren veranlasst werden.

4
Pseudonymisierung und Anonymisierung bedeuten, dass personenbezogene Daten in der Weise verändert
werden, dass diese keiner Person mehr zugeordnet werden können. Es handelt sich dabei um eine Maßnahme
des Datenschutzes. Bei der Pseudonymisierung wird der Name durch ein Pseudonym ersetzt. Im Gegensatz zur
kompletten Anonymisierung bleibt bei der Pseudonymisierung ein relativer oder mittelbarer Bezug zu den
personenbezogenen Daten erhalten. Die Anonymisierung hingegen ist also das komplette Verändern
personenbezogener Daten. Ggf. verwendete Codelisten sind getrennt von den Herkunftsdaten aufzubewahren.
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4. Annäherung an die Beurteilung einer Kindeswohlgefährdung und


Abschätzungsbogen zur Kindeswohlgefährdung (Checklisten)
Der Vorwurf einer ungerechtfertigten Kindeswohlgefährdung kann für Familien ebenso gravierend
sein, wie das Übersehen einer tatsächlichen Bedrohungslage und eine ggf. unterlassene Hilfeleistung.

Noch einmal sei dieser Stelle erwähnt: Familien dürfen nicht unbegründet verdächtigt und mit
unbegründeten Interventionen bedroht werden, die Eigenart (§ 9 SGB VIII) von Familien muss
berücksichtigt werden.

In der Praxis existieren zur Beurteilung einer Kindeswohlgefährdung einschlägige regional


unterschiedliche Beurteilungsbögen für den fachlich qualifizierten Kinderschutz des Jugendamtes.
Auch haben Einrichtungen (z.B. Heime der stationären Jugendhilfe oder Tagesgruppen), welche nach
§§ 8a (4) und 8b (2) SGB VIII eigene fachliche Handlungsleitlinien im Umgang mit und der
Dokumentation einer im Raum stehenden Kindeswohlgefährdung vorweisen müssen, derlei
Abschätzungsbögen, welche vor allem eine sachgerechte und wesentliche Aspekte berücksichtigende
Dokumentation ermöglichen sollen. Die Dokumentation sowie die Hinzuziehung der
einrichtungsinternen „Isofa“ in den Einrichtungen und Diensten, die Jugendhilfeleistungen vorhalten,
sind verpflichtend.

Dennoch kann Kindeswohlgefährdung nicht allein aufgrund von Punktescores diagnostiziert5 werden.
Checklisten ergeben zunächst wichtige Hinweise worauf geachtet werden könnte.

Diagnostische Kenntnisse und Fähigkeit zum Erfassen und Bewerten riskanter Lebenssituationen

Für eine erweiterte, erste Annäherung können die entwicklungsfördernden und beeinträchtigen
Lebensbedingungen für Kinder und Jugendliche näher. betrachtet werden.„ In der psychologischen
und erziehungswissenschaftlichen Forschung ist intensiv untersucht worden, welche sozialen Impulse
ein Kind für seine gesunde körperliche, seelische und geistige und soziale Entwicklung braucht und
welche Einflüsse ihm schaden“ (Harnach 2010 : 72). Diese Beurteilung unterteilt Harnach in
fördernde und beeinträchtigende Bedingungen im Eltern-Kind-Subsystem, in fördernde und
beeinträchtigende Bedingungen im Partnersubsystem, in fördernde und beeinträchtigende
Bedingungen im Gesamtsystem Familie sowie außerfamiliäre und umweltbezogene Einflüsse (: 74-
88). Eine Übersicht (auch anschließend über die Symptome von Vernachlässigungen) wurde von
Sonja Reichert und Bettina Bottesch auf der Grundlage dieser Ergebnisse von Viola Harnach (2011)
im Rahmen eines Handouts dargestellt:

Entwicklungsfördernde und Entwicklungsbeeinträchtigende


Lebensbedingungen

5
Siehe hier auch noch mal das Zitat von Möller: Nach Möller (2013 : 34) geht der Gesetzgeber davon
aus, „dass die Kompetenzen [zur Beurteilung einer Kindeswohlgefährdung] bei den genannten
Berufsgruppen vorhanden sind. Dennoch so beschreibt er weiter, gibt es keinen einheitlichen
Leitfaden, denn die Folge wäre, „eine gesetzliche Definition, die so allgemein und abstrakt ausfallen
müsste, um allen möglichen Konstellationen gerecht zu werden, dass sie wenig brauchbar wäre “
Kindeswohlgefährdung Modul HSA/PHF Tom Kleber

Eltern-Kind-Subsystem

Entwicklungsfördernde Bedingungen Entwicklungsbeeinträchtigende Bedingungen


- Positive emotionale Beziehung - Vernachlässigung der körperlichen Pflege
- Sicherheit und Geborgenheit gebende und Vorsorge für die Gesundheit
Zuwendung zum Kind - Fehlen psychischer Hinwendung und
- Beständiges Interesse an der Person sozialer Anregung
- Wahrnehmung der Bedürfnisse und - Kälte, Gleichgültigkeit, Feindseligkeit,
angemessene Reaktion darauf Ablehnung, Erniedrigung, Abwertung
- Schaffung von „Urvertrauen“ - Übermäßiges Strafen
- Anregung der kognitiven, emotionalen und - Einschränkung der Autonomie des Kindes,
sozialen Fähigkeiten des Kindes durch Überbehütung
Kontakt mit Menschen, Situationen und - Chaos, Überstimulierung, Überforderung
Dingen - Übermäßige Bindung des Kindes
- Angemessene Herausforderungen zur - Fehlen von
Aufgabenbewältigung und gleichzeitig Orientierungshilfen/Grenzsetzungen
Reizschutz - Eltern als schlechtes Vorbild
- Stabilität der Lebensbedingungen, - Körperliche, seelische, psychische
geordnete Abläufe, Berechenbarkeit des Misshandlung, Sexueller Missbrauch
Umfelds - Unangemessene Rollenerwartung
- Anerkennung der Leistungsbemühungen - Trennungserfahrung bei Fehlen
- Rückhalt durch Erwachsene, Wertmaßstäbe ausreichender Ersatzbetreuung
- Erklärte Grenzen - Überforderung der Eltern /
- Vorbildwirkung der Eltern Beeinträchtigung der Erziehungsfähigkeit
- Mitbestimmungsmöglichkeiten und - Ständig wechselnde Betreuungspersonen
Verantwortungsübernahme

Ehe- bzw. Partnersubsystem

+ -
- Gegenseitige Unterstützung der Partner - Langdauernde Ehekonflikte/-krisen,
- Offene Kommunikation Trennungsdrohungen
- Konstruktive Formen der - Inkonsistente, verwirrende Beziehungen
Konfliktaustragung (Hassliebe)
- Harmonie, Zuneigung, Stabilität der - Körperliche und psychische Gewalt
Beziehung - Trennung, Scheidung
- Wiedergefundenes Gleichgewicht nach - Tod eines Partners
Trennung/Scheidung - Häufig wechselnde Partner

Gesamtsystem Familie

+ -
- Gute Organisation, funktionale Regeln - Mangelnde Organisation, dysfunktionale
- Klare Grenzen Regeln
- Flexibilität, Adaptabilität - Grenzenstörungen
- Fähigkeiten zur Bewältigung von Stress - Unfähigkeit zur Stressbewältigung
- Emotionale, Materielle, Kognitive - Fehlen von Ressourcen
Ressourcen - Zurücksetzung im Geschwistersubsystem
- Unterstützendes, akzeptierendes - Krankheit, Behinderung, abweichendes
Geschwistersystem Verhalten eines Familienmitgliedes
- Genug materielle Bedingungen - Armut, Überschuldung
- Angemessene Wohnungsgröße/- - Unzureichende Wohnungsbedingungen
ausstattung
Kindeswohlgefährdung Modul HSA/PHF Tom Kleber

Außerfamiliäre Systeme

+ -
- Unterstützungsmöglichkeiten der Familie - Fehlen eines Netzwerks, Isolierung
durch ein Netzwerk von Verwandten, - Konflikte mit Dritten/Einmischung von
Freunden, Nachbarn, Institutionen Dritten
- Gute soziale Stellung im Umfeld - Diskriminierung durch das Umfeld
- Adäquate Organisation des Sytems - Außenseiterposition
- Überschaubare Größe der Bezugsgruppe - Pädagogische Fehlleistungen
- Gute pädagogische Qualifikation der - Stark konträre Erziehungsstile
Lehrperson
- Gute Beziehungen zu Schule/KiGa - Konflikte zwischen Familie und Schule/KiGA

Umwelt

+ -
- Ungefährliches, anregendes Wohnumfeld - Straßenverkehr
- Möglichkeiten der Aneignung des - Lärm
Lebensraums - Einengung des Bewegungsraums
- Sauberkeit von Luft, Wasser, Boden, - Belastung von Luft, Wasser, Boden,
Nahrungsmitteln Nahrungsmitteln

Diese Tabellen geben einen ersten Hinweis, in welchen Bezügen sich ein Ungleichgewicht in Bezug
auf das Wohl des Kindes ergeben können, geben jedoch noch kein klares Bild für dessen Gefährdung
insbesondere in Bezug auf unterschiedliche Altersstufen (Säugling- Kleinkinder- Kinder- Jugendliche),
ebenso wenig wird ein etwaiger Heimkontext in Fremdunterbringung ausreichend berücksichtigt.

Sensible Wahrnehmung

Chronologisch liegt meist die sensible Wahrnehmung von Äußerungen, Verhalten oder Indizien, die
auf eine Belastung des Kindes hindeuten könnten vor, ehe es zum Gespräch mit den Kindern oder
Jugendlichen und deren Sorgeberechtigten kommt. Wie oben bereits angesprochen können gefahren
auch vom Einrichtungspersonal oder von MitbewohnerInnen (also etwa anderen Kindern oder
Jugendlichen der Wohngruppe) ausgehen.

Die Symptome körperlichen Missbrauches können etwa sein: blaue Flecken, Striemen, Narben,
Verbrennungen, Brüche, innere Organverletzungen, Vergiftungserscheinungen

und ebenso bemerkt werden können die Bewältigungsstrategien von Kindern und Jugendlichen
durch

- Aggressivität, Hyperaktivität, Störung der Nähe-Distanz-Regulation, Verängstigung, Folgsamkeit,


reflexartige Schutzreaktionen, Verlust der Bindungsfähigkeit
- Langfristig Beeinträchtigung in der Persönlichkeitsentwicklung

Symptome eines sexuellen Missbrauchs nach Harnach sind etwa: Angst und Furchtsamkeit,
Albträume, generelle posttraumatische Belastungsstörung, Rückzugsverhalten, neurotische
Störungen, Grausamkeit, verfrühtes/ unangemessenes sexuelles Verhalten, Depressionen,
Selbstverletzungen, Anpassungsschwierigkeiten.

Die kindlichen Bewältigungsstrategien kann in Phasen abflaufen:

1. Geheimhaltung
Kindeswohlgefährdung Modul HSA/PHF Tom Kleber

2. Hilflosigkeit
3. Phase der Akkommodation
4. Phase der Enthüllung

Stärkere Zeichen geistiger oder (psychischer) Vernachlässigung, wie Sprach- oder


Entwicklungsstörungsstörungen auf aktiv erlebte Zurückweisungen, Herabsetzungen,
Terrorisierungen, Isolierungen, Korrumpieren (das Kind zu kriminellen Handlungen,
Drogenmissbrauch oder rassistischen Überzeugungen verleiten), Ausbeutung oder Verweigerung
emotionale Zuwendung können wahrgenommen werden, schwächere Zeichen sind schwieriger zu
entdecken. Auch hier benötigt es altersgemäße Differenzierungen, wobei im Kleinkinderbereich
Schmutz, Unterentwicklung, unbehandelte Krankheiten usw. (Harnach 2011 : 215) einen anderen
Stellenwert besitzen, als etwa bei Jugendlichen.

Ein auftretendes Symptom ist niemals deterministisch zwangsläufig ein Zeichen einer
Kindeswohlgefährdung und ersetzt niemals das Gespräch und die Erfassung der Sachverhalte in
einer Krisensituation.

In der Anschließenden Konfrontation des Verdachtes mit den Eltern spielt folgend
Einschätzungsgrundlage ein maßgebliche Rolle

Eine erste wichtige


Einschätzungsgrundlage liefert
Viola Harnach auf der Grundlage
von Informationsbasis
schaffender Kommunikation:

Da die Sozialdaten vor Ort zu erheben sind muss sich bei Verdacht auf Kindeswohlgefährdung der
Kindesschutz des Jugendamts einen unmittelbaren Eindruck von dem Kind unsere persönliche
Umgebung verschaffen (§ 8a SGB VIII (1)).

Somit kommt dem Gespräch eine bedeutende Rolle zu:

Hier geht es zunächst in der Phase der Erfassung der Krisensituation um die Information der Familie
worum es geht, warum die Fachkraft auf die Familie zukommt, wozu ist die Fachkraft befugt, etwa
wie kann sie helfen und welche Informationen sind bereits vorhanden. Auch die
Eingangserwartungen der Klienten (welche Ängste und Befürchtungen bestehen bei der Familie in
Bezug auf das Jugendamt? Gibt es den Wunsch nach Unterstützung von außen?) gehören nach der
genaueren Erörterung der Problemlagen und der Klärung der Motivation zum Vorgehen. In der Phase
der Klärung von Bedingungen und Folgen geht es in einem größeren Kontext um die gegenwärtige
Lebenssituation der Familie, um die Persönlichkeiten, um das konkrete Verhalten zu den
Bezugspersonen, die bisherige Entwicklung und Krankheiten sowie um die Ressourcen
Kindeswohlgefährdung Modul HSA/PHF Tom Kleber

gegebenenfalls zur Überwindung einer Gefährdungslage durch die Familie (vgl. Harnach 2011: 218-
219)

Im Jugendamt

Bei der Einschätzung des Gefährdungsrisikos müssen sich mindestens zwei Fachkräfte beraten;
zumindest eine Person sollte über spezifische Kompetenzen für die Risikoeinschätzung verfügen.
Bestehende Teamstrukturen, Fachberatungen sollten wo möglich eingebunden/genutzt werden.

Die Einschätzung des Gefährdungsrisikos erfordert eine fachliche (und rechtliche) Bewertung von
Lebenslagen hinsichtlich - der möglichen Schädigungen, die die Kinder in ihrer weiteren Entwicklung
aufgrund dieser Lebensumstände erfahren können; - der Erheblichkeit der Gefährdungsmomente
(Intensität, Häufigkeit und Dauer des schädigenden Einflusses) bzw. der Erheblichkeit des erwarteten
Schadens; - des Grades der Wahrscheinlichkeit (Prognose) eines Schadenseintritts (Es geht um die
Beurteilung zukünftiger Einflüsse, vor denen das Kind zu schützen ist); - der Fähigkeit der
Eltern(teile), die Gefahr abzuwenden bzw. die zur Abwendung der Gefahr erforderlichen
Maßnahmen zu treffen; - der Bereitschaft der Eltern(teile), die Gefahr abzuwenden bzw. die zur
Abwendung der Gefahr erforderlichen Maßnahmen zu treffen.

Beurteilungsbögen

Beispiele aktueller Beurteilungsbögen im Kinderschutz findet man (Stand 2020) auf der Seite des
Landesjugendamtes KVJS (ebenso zur evaluativen „Skala“ Studie):

Bögen zur Beurteilung der Kindeswohlgefährdung müssen demnach einerseits altersspezifisch und
einrichtungsspezifisch/bedürfnisspezifisch (man denke etwa an die Belange behinderter Kinder) und
institutionenspezifisch (etwa Schule oder Kindergarten) sein, andererseits verstehbar und
handhabbar.

Dem derzeitigen Modellprojekt des KVJS wurde etwa eine zu sensitive Messgenauigkeit vorgeworfen,
worauf das Landesjugendamt explizit im Hinblick auf ihre Einschätzungsbürgern als eine
Beurteilungsgrundlage und kein juristisch aussagekräftiges Instrument hingewiesen hat.

Ein Bsp. eines spezifischen Kinderschutzbogens für die frühen Hilfen und interne Einrichtungen ist im
Anhang.

KVJS: KiWo-Skala: Kinderschutz in Tageseinrichtungen

1.4.1.4_Kopiervorlagen_KiWo-Skala_Kita.pdf (kvjs.de)

Von rein inhaltlichen Beurteilungsbögen müssen Ablaufschemata (fachliche Handlungsleitlinien) für


Einrichtungen unterschieden werden. Als Beispiel eines mit dem Landesjugendamt abgesprochenen
korrekten Vorgehens (in Zusammenarbeit mit dem KV JS entwickelt) könnte folgendes Beispiel
gelten:

2011-07-12_Ablaufschema_zur_KiWo_Skala_ KVJS Online Fassung.pdf

Fachliche Handlungsleitlinien in Einrichtungen kombinieren oft die Einschätzung, den Ablauf und eine
korrekte Dokumentation.

Ein Bsp. eines internen spezifischen Kinderschutzbogens für stationäre Einrichtungen ist im Anhang.

Ebenso existieren spezielle institutionenspezifische Meldeformulare für den Verdacht einer


Kindeswohlgefährdung.
Kindeswohlgefährdung Modul HSA/PHF Tom Kleber

Exkurs Vereinbarungen

Demnach sind insbesondere folgende Einrichtungen und Dienste von §8a (4) angesprochen: •
Einrichtungen und Dienste, die mit der Durchführung von ambulanten, stationären bzw. flexiblen
Hilfesettings im Rahmen der Hilfe zur Erziehung bzw. Eingliederungshilfe f. seelisch behinderte Kinder
und Jugendliche beauftragt sind (z.B. Einrichtungen der Erziehungshilfe, Psychologische /
Erziehungsberatungsstellen, SPFH / Erz. Beistandschaften, soziale Gruppenarbeit, flexible
intensivpädagogische Hilfen im Inland) • Einrichtungen der Kindertagesbetreuung • Einrichtungen
und Dienste der Kinder- und Jugendarbeit / Jugendsozialarbeit (hinsichtlich § 13 Abs. 2 bzw. § 27 Abs.
3 SGB VIII nur dann, wenn die Leistung auf der Grundlage des SGB VIII, nicht jedoch lediglich auf der
Grundlage von SGB II oder III erbracht wird) • Einrichtungen und Dienste der Förderung der
Erziehung in der Familie (z.B.: Erziehungsberatungsstellen, Mutter Kind Einrichtungen, Versorgung
von Kindern in Notsituationen.)

Pflegepersonen: Mit privaten Pflegepersonen (Vollzeitpflege § 33 SGB VIII) wird keine Vereinbarung
getroffen. Wenn Aufgaben des Pflegekinderdienstes durch einen freien Träger wahrgenommen
werden, ist 5 mit diesem eine Vereinbarung zu schließen. Pflegepersonen haben dem Jugendamt
gegenüber gem. § 37 Abs. 3 Satz 2 SGB VIII eine gesetzliche Unterrichtungspflicht über wichtige
Ereignisse, die das Wohl des Kindes betreffen. Diese ist im Pflegevertrag zu konkretisieren. Analog
gilt dies auch für Tagespflegepersonen und Kindertagespflege-Dienste in freier Trägerschaft, z. B.
Tageselternvereine. Mit Tagespflegepersonen wird ebenfalls keine Vereinbarung getroffen.
Vereinbarungen nach § 8a SGB VIII mit Kindertagespflege- Diensten sind nur dann erforderlich, wenn
diese direkt an der Leistungserbringung im Einzelfall beteiligt sind, z.B. durch Vermittlung oder wenn
sie Leistungen im Sinne des § 23 Abs. 4 SGB VIII erbringen. Im Rahmen der Erlaubnis zur
Kindertagespflege hat die Tagespflegeperson nach § 43 SGB VIII das Jugendamt u.a. über gewichtige
Anhaltspunkte zu einer Kindeswohlgefährdung zu unterrichten.

Quellen:

Harnach, Viola. Psychosoziale Diagnostik in der Jugendhilfe Grundlagen und Methoden für Hilfeplan,
Bericht und Stellungnahme. Juventa Verlag, Weinheim und München 2011

Wiesner, Reinhard. SGB VIII Kinder und Jugendhilfe- Kommentar. Fünfte überarbeitete Auflage, Beck
Verlag Nördlingen 2015

Fachstelle Kinderschutz im Land Brandenburg. Die insoweit erfahrene Fachkraft … keine


Beschreibung eines Berufsbildes, sondern ein verbindliches Element der Qualitätssicherung und -
entwicklung in der Kinderschutzarbeit! Stand: 01.08.2019 Start Verlag

Homepage des KVJS Baden-Württemberg

Kinderschutz AG Landratsamt Böblingen

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