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Wer an einem Gottesdienst einer östlichen Kirche teilnimmt, taucht in eine andere Welt ein:
Gesänge, Prozessionen, Weihrauchschwaden, eine Fülle von Symbolen, vergoldete Ikonen,
Priester, Diakone und Kantoren in festlichen Gewändern … in der Liturgie bleibt der Alltag
zurück. Die Feiernden begeben sich für einige Stunden in die Sphäre Gottes. Für westliche
Augen ist die Verschiedenheit von vertrauten Gottesdienstformen verwirrend. Doch manche
Gedanken und Formen der östlichen Kirchen stellen auch Fragen an unser traditionelles Bild
von Kirche und regen an, Neues zu entdecken. Von Hans-Jürgen Feulner
Typisch ostkirchlich
I
n der altrussischen Nestorchronik (1113–1118)
wurde die in der Hagia Sophia gefeierte Li- Es gibt eine Reihe gemeinsamer Merkmale, die
turgie als „Himmel auf Erden“ bezeichnet. östliche Liturgien von den römisch-katholischen
Aufgrund der Schönheit dieser Gottesdienstform und den protestantischen Gottesdienstfeiern
wandte sich das mittelalterliche Großreich Kie- stark unterscheiden. Zunächst fallen der Kirchen-
ver Rus zur oströmischen (byzantinischen) statt raum und seine Ausstattung bzw. Aufteilung so-
zur weströmischen (lateinischen) Glaubens- und wie die Feierlichkeit der stets gesungenen Litur-
Liturgieform. Es gibt vielerlei Gestalten von Ost- gie auf (keine Orgelmusik, außer im armenischen
kirchen. Ritus), dann das Vorhandensein entweder einer
Am bekanntesten dürfte der byzantinische mit Ikonen geschmückten „Bilderwand“ (Ikono-
Ritus sein, gehören doch über 80 % aller Ost- stase), die den Altar von den Gläubigen abtrennt,
christInnen einer Kirche an, die diese Form oder eines Altarvorhangs, der den (erhöhten)
des gottesdienstlichen Lebens pflegt (z. B. grie- Altarraum während der Feier der Eucharistie an
chisch-, russisch-, serbisch-, bulgarisch- und bestimmten Stellen den Blicken der Gläubigen
rumänisch-orthodoxe oder ukrainische, melki- entzieht. Auch die wichtige Rolle der Diakone
tische und ruthenische griechisch-katholische und anderer liturgischer Dienste (Psalmist, Kan-
Kirche). Aber durch die gegenwärtigen Flücht- tor …) ist auffällig. In den orientalischen Liturgi-
lingsmigrationen kommt man in West- und Zen- en zelebriert der Priester grundsätzlich nur nach
traleuropa zunehmend auch in Kontakt mit ara- Osten gewandt (und nie zum Volk gerichtet), also
bischen ChristInnen aus dem Nahen Osten, die in Richtung der aufgehenden Sonne, denn von
einer uns wenig oder gar nicht bekannten östli- dort erwartete man in der Antike die Wiederkunft
chen Kirche angehören. Christi (vgl. Mt 24,27.30).
Das besondere Verständnis des ostkirchlichen
Gottesdienstes ist charakteristisch zusammenge-
Äthiopischer Priester in Jerusalem. Viele fasst in dem Satz, mit dem Patriarch Germanos I. Prof. Dr. Hans-Jürgen
Kerzen und das Gold der Ikonen, Schwaden von (650/60–730) von Konstantinopel die ihm zuge- Feulner ist Professor
für Liturgiewissen-
Weihrauch und feierliche Gesänge verleihen den schriebene Liturgieerklärung beginnt: „Die Kir-
schaft und Sakramen-
östlichen Kirchen eine Atmosphäre des Trans- che ist ein irdischer Himmel.“ Im östlichen Den- tentheologie an der
zendenten. Mitten in die düstere Welt bricht der ken gilt nicht nur der Kirchenbau als Abbild des Katholisch-Theolo-
Himmel ein und breitet sich aus. Liturgie ist Himmels, auch in dem in ihm gefeierten Gottes- gischen Fakultät der
Feier des Göttlichen auf der Erde. dienst senkt sich symbolisch der Himmel auf die Universität Wien
Erde herab. Der irdische Gottesdienst stellt ge- nur ohne Schuhe betreten, wie z. B. im äthiopi-
wissermaßen den schwachen Abglanz der himm- schen Ritus. Aber da der Mensch das göttliche
lischen Liturgie dar. Diese Sicht von Himmel und Wirken nur begrenzt mit seinen Sinnen wahr-
Erde, besonders in der Feier der „Göttlichen Li- nehmen kann, nähert sich Gott auf besondere
turgie“, d. h. der Eucharistiefeier im byzantini- dem Menschen zugängliche Weise: z. B. in feierli-
schen Ritus, gibt allem, was dort geschieht, eine chen Prozessionen, in den Gesängen, in den Ge-
eminent symbolische Bedeutung, da jede Hand- rüchen des Weihrauchs, im Kerzenglanz, in den
lung und jeder liturgische Gegenstand in den mit Gold belegten Ikonen, in den vergoldeten
Kosmos des göttlichen Handelns einbezogen ist. und reich verzierten liturgischen Geräten, in den
In diesem „Mysteriendrama“ wird alles in enger prächtigen farbigen Gewändern der Zelebranten
Verbindung mit der Heilsgeschichte, vor allem (es gibt allerdings keinen strengen liturgischen
mit dem Leben Jesu von seiner Geburt bis zur Farbkanon wie im Westen) usw.
Auferstehung, gesehen. Gott selbst ist in der Li-
turgie am Werk, der Altarraum daher ein beson-
ders heiliger Ort. Deshalb tragen in einigen orien- Der Kirchenraum als irdischer
talischen Kirchen die Liturgen dort keine oder
besondere liturgische Fußbekleidung, wie z. B. Himmel
im armenischen oder koptischen Ritus, oder die
Gläubigen dürfen den Kirchenraum überhaupt
In dieses stark symbolgeladene Verständnis ist
auch der Kirchenraum mit einbezogen: Vor al-
lem im byzantinischen und äthiopischen Ritus
ist er zumeist reich mit biblischen und außerbib-
DIE BIBEL IM OSTKIRCHLICHEN GOTTESDIENST lischen Szenen ausgemalt. Das Gotteshaus ist
nämlich Abbild des himmlischen Jerusalem und
zugleich der Ort, an dem die himmlische Welt auf
D er eigentümliche Zug aller ostkirchlichen Gottesdiensttra-
ditionen besteht in der ungemein reichen Symbolwelt des
irdischen Geschehens, das immer die himmlische Herrlichkeit
Erden gegenwärtig wird. Dies spiegelt sich auch
in der Gliederung des Kirchenraums wider: Der
widerspiegeln soll. Demgegenüber spielen Verkündigung und Vorraum (Nárthex) war ursprünglich für diejeni-
Predigt eine relativ untergeordnete Rolle (die Predigt wird in gen bestimmt, die sich auf die Taufe vorbereite-
manchen Ostkirchen oftmals erst am Ende der Eucharistiefeier ten oder Buße tun mussten. Im Kirchenschiff
gehalten, wenn möglichst viele Gläubige anwesend sind). Das (Naós) feiern die Gläubigen den Gottesdienst. In
heißt aber nicht, dass die Bibel in den orientalischen Kirchen dem in der Regel durch eine Bilderwand oder ei-
ein Schattendasein führt. Der biblische Kanon ist in manchen
nen Vorhang abgetrennten Altarraum (Hierón)
halten sich nur die Liturgen auf.
Kirchen sogar noch weiter gefasst als in den westlichen Kirchen
(so z.B. durch die Aufnahme apokrypher und nachapostolischer
Schriften; bei den Äthiopiern hat v. a. das apokalyptische erste Eigenart der östlichen Liturgie
Henochbuch einen hohen Stellenwert).
Außer in der assyrischen Kirche des Ostens hat
Das Alte Testament spielt in den meisten östlichen Riten
die Bilderverehrung einen recht hohen Stellen-
zumindest während der Eucharistiefeier eine geringe bzw. gar wert. Ikonen sind sakrale Bilder der Ostkirchen
keine Rolle. Allerdings sind natürlich liturgische Hymnen und und eher mit den katholischen Gnadenbildern
Oden sowohl vom Neuen wie vom Alten Testament inspiriert. als mit deren „normalen“ religiösen Bildern ver-
gleichbar, die im orthodoxen Verständnis auf das
sinnlich unwahrnehmbare Urbild hinweisen und
es mystisch vergegenwärtigen. Jede Verehrung
Bibel in einer eines auf der Ikone dargestellten Heiligen gilt
orthodoxen daher direkt dem Urbild, dem/der dargestellten
Kathedrale. Heiligen.
Durch Be- Unter abendländischem Einfluss hat sich seit
rührung oder
Jahrhunderten in den meisten Ostkirchen die
Küssen wird
Siebenzahl der Sakramente (Mysteria) allmäh-
sie verehrt.
lich durchgesetzt, ohne dass sie jedoch förmlich
dogmatischen Charakter besäße. Die Eucharistie
wird in den Ostkirchen an einem Tag nur einmal
auf einem Altar gefeiert. In vielen Klöstern wird
Ignatius Ephräm II. Karim ist seit dem östlichen Kirchen in Rumänien, Albanien und
31. März 2014 der 123. „Patriarch von in etlichen Ländern Ost- und Nordeuropas die
Antiochien und dem ganzen Orient“ der jeweilige Gegenwartssprache, einige Ostkirchen
syrisch-orthodoxen Kirche. Er war Schüler im Nahen Osten teilweise auch das Arabische.
des 2013 in Aleppo entführten Metropoliten. Viele andere östlichen Kirchen verwenden die
im Mittelalter konservierten Sakralsprachen,
nämlich Altgriechisch, Altkirchenslawisch, Alt-
georgisch, Altarmenisch (Grabar), Altsyrisch
(ostaramäischer Dialekt), Altäthiopisch (G ‘ z)
ee
und koptisch (bohairischer Dialekt).
Die Stellung der Priester in den orientalischen
Kirchen, zumindest in ihren Ursprungsgebie-
ten (Süd- und Osteuropa, Naher Osten, Indien),
muss besonders in den ländlichen Gegenden
als sehr hoch angesiedelt werden, nicht nur im
liturgischen, sondern auch im gesellschaftlichen
Bereich. Sie sind meistens verheiratet oder zäh-
len zum Mönchsstand, wenn sie zölibatär leben.
Außer in der assyrischen Kirche des Ostens müs-
sen die Priester jedoch bereits vor ihrer Diako-
nenweihe geheiratet haben, danach ist es nicht
mehr möglich. Bei manchen sakramentalen
Feiern, wie z. B. bei der Krankensalbung, sind
in den meisten orientalischen Kirchen mehrere
Priester liturgisch eingebunden, im Idealfall so-
gar sieben.
Der koptische Ritus Die unierte koptisch-katholische Kir- äthiopische Ritus, der eine ausgeprägte
In Alexandrien und Unterägypten wur- che folgt dieser Liturgieform, hat aber Marien- und Engelverehrung aufweist
de der Gottesdienst zunächst in griechi- seit dem II. Vatikanischen Konzil, wie und etwa 254 Fasttage kennt, zeigt heute
scher Sprache gefeiert; in Oberägypten auch andere katholische Ostkirchen, noch ein ganz eigentümliches Gepräge.
hingegen wahrscheinlich bereits in den eine freiwillige „Latinisierung“ ihrer Li- Die eucharistische Liturgie muss auf der
koptischen Dialekten. Seit dem 9. Jh. turgie durchgeführt (Zelebration zum auf dem Altar liegenden Gesetzestafel
wurde der bohairische Dialekt die offi- Volk hin, tägliche Eucharistiefeiern, vollzogen werden. Dieses sogenann-
zielle liturgische Sprache. Heute nimmt meist keine Ikonostase usw.). te Tabo-t (eine Holztafel, auf der oft der
die Landessprache Arabisch einen wei- Dekalog und ein Abschnitt aus Mt 25
ten Raum ein. In der Eucharistie gibt es Der äthiopische Ritus eingeschnitzt sind) gilt als Nachbildung
drei verschiedene Anaphoren (eucharis- Noch besser als die koptische Liturgie der Bundeslade. Dieser Ritus kennt auch
tische Hochgebete). hat ihre „Tochter“, die äthiopische Li- liturgische Trommeln und Handrasseln
In der Sakramentenspendung ha- turgie (in Äthiopien und Eritrea), das (Sistren) sowie eine Art von liturgischem
ben sich weitgehend syrische Bräuche syrische Erbteil bewahrt (siehe dazu Tanz in den gottesdienstlichen Feiern.
durchgesetzt, ein Beweis für den starken den Beitrag in WuB 3/2015, S. 20). Die Neben Ostern und Weihnachten hat das
syrischen Einfluss in Ägypten. Auch der ersten Missionare Äthiopiens kamen Fest der Taufe Jesu, Timkat (am 6. Jan.),
Einfluss der Mönche auf die koptische aus dem römischen Teil Syriens und große Bedeutung.
Liturgie, besonders das Tagzeiten-/Stun- dem Kloster der Syrer (Dair as-Surya-n)
dengebet, darf nicht unterschätzt werden. in Unterägypten (im Wa-dı- Natru-n). Der
Syrisch-
katholische
Christen
in der Paulus-
kirche von
Damaskus.
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DEN HIMMEL AUF DIE ERDE HOLEN
dieser Ritus heute am meisten latinisiert Griechischen übersetzt, teils ursprüng- Der byzantinische Ritus
und hat nur einen kleinen Rest seiner lich syrisch waren. In der zweiten Hälf- Dieser Ritus stammt eigentlich ur-
Überlieferung bewahrt. Die Wiederher- te des 12. Jh. erhielt er sein endgültiges sprünglich vom Presbyter Johannes von
stellung der ostsyrischen Tradition ist Gepräge. Dieser Ritus besitzt außer der Antiochien ab. Ihm wurde im 6. Jh. der
noch immer im Gange. Die Liturgiespra- alten Jakobus-Anaphora etwa 70 ande- Beiname Chrysostomus („Goldmund“)
che ist die Landessprache Malayalam. re Anaphoren. Ein charakteristisches verliehen, wahrscheinlich wegen seiner
Merkmal ist das Überwiegen hymnischer berühmten Predigten. Der Ritus erhielt
Elemente im Stundengebet, sodass die jedoch in Konstantinopel (Byzanz; heu-
Der westsyrische Typ Psalmen fast ganz verdrängt wurden. te: Istanbul) seine endgültige Ausgestal-
Der syrisch-antiochenische Ritus Altsyrisch ist die Liturgiesprache geblie- tung. Er spiegelt in vielen seiner Zere-
Nach Jerusalem war Antiochien die ers- ben, wenn auch in Syrien und im Liba- monien den Prunk des byzantinischen
te Gemeinde, von der das Christentum non die Lesungen und andere Gebete in Kaiserhofes wider.
seinen Ausgang nahm. Als römische arabischer Landessprache gesprochen Drei Hochgebete sind im Gebrauch:
Provinz mit griechischer Kultursprache werden. Im 17. Jh. vereinigte sich ein Teil die Anaphora des hl. Basilius; die am
entwickelte Westsyrien eine Liturgie in der Westsyrer mit Rom. Sie bilden seit- häufigsten verwendete Anaphora ist die
griechischer Sprache; nur das Gebiet um her ein syrisch-katholisches Patriarchat, des hl. Johannes Chrysostomus; und
Edessa (Adiabene) bildete das Zentrum in dem bis heute der syrisch-antiocheni- manche Kirchen benutzen gelegentlich
sche Ritus mit lateinischen Elementen in die Anaphora des hl. Jakobus. An Tagen
Kraft ist. ohne Messfeier wird die „Liturgie der
vorgeweihten Gaben“ verwendet, die der
Der malabarische und der malan- römisch-katholischen Karfreitagsliturgie
karische Ritus mit Kommunionfeier ähnelt.
Im 17. Jh. vereinigte sich an der West- Ein besonderes Merkmal des byzanti-
küste Indiens ein Teil der ostsyrischen nischen Ritus ist die Bedeutung der Bil-
Syro-Malabaren, die keine Union mehr derverehrung (Ikonen). Der Altarraum
mit Rom wollten, mit dem „miaphysiti- ist nicht mehr bloß durch eine Schranke,
schen“ Patriarchat von Antiochien und sondern durch eine Ikonostase abge-
übernahm die westsyrische Liturgie (= schlossen. Diese Bilderwand bildet das
malabarischer Ritus). 1930 schlossen vielleicht auffälligste Ausstattungsstück
sich mehrere Bischöfe dieses nicht ka- in einer byzantinischen Kirche: Auf der
tholischen malabarischen Ritus wieder von drei Türen durchbrochenen Wand
an Rom an; man nennt sie auch „Ma- sind in einer festen Anordnung Ikonen
lankaren“. Sie behielten ihren westsyri- angebracht. Im ostkirchlichen Ver-
schen Typus der Liturgie bei, den sie in ständnis grenzt die Ikonostase zwar den
der Volkssprache Malayalam feiern. himmlischen vom irdischen Bereich ab,
wird aber während der Gottesdienstfeier
Syrisch-orthodoxer Bischof bei der Der (syro-)maronitische Ritus immer wieder geöffnet, um so die Kom-
jährlichen Wasserweihe anlässlich des Dieser Ritus ist eine Variante des syrisch- munikation zwischen Gott und den Men-
Festes der Taufe Jesu antiochenischen Ritus. Er wird von den schen zu symbolisieren. Die Betonung
maronitischen Gemeinden des Libanon der Bilderverehrung ist eine Reaktion auf
verwendet. Seit der Zeit der Kreuzzüge den Bilderstreit des 8./9. Jh. (sog. „Iko-
syrischer Kultur. Das Konzil von Chalze- (11.–14. Jh.) sind die Maroniten eng mit noklasmus“). Die Gebete des byzantini-
don (451 nC) verursachte eine Spaltung Rom verbunden und waren seither star- schen Ritus zeichnen sich durch ihren
innerhalb der Kirche von Antiochien. Ein ken lateinischen Einflüssen ausgesetzt. theologischen Reichtum aus; mehr als
„rechtgläubiges“ Patriarchat blieb zwar Seit dem Mittelalter hat sich auch der der Römische Ritus lassen sie das Bestre-
bestehen, aber es umfasste mit der Zeit Kirchenbau immer mehr den römischen ben erkennen, die Dogmen der großen
vor allem die „Kaisertreuen“ (Melkiten), Bräuchen angepasst, ebenso wie die li- Konzilien zu verkünden.
die schließlich bis zum 9. Jh. die byzan- turgische Gewandung. Erst im Rituale Die ursprüngliche Liturgiesprache ist
tinische Liturgie vollständig annahmen. von 1942 findet man erste Anzeichen ei- das Griechische. Die liturgischen Bücher
Sieger blieben jedoch die „Miaphysiten“. ner Rückwendung zu der authentischen wurden jedoch bei der Bekehrung der
Die sog. „jakobitische“ Kirche Antio- maronitischen Überlieferung. Seit 1992 Slawen ins Altkirchenslawische über-
chiens (heute: syrisch-orthodoxe Kirche) gibt es ein neues Messbuch, das sich der setzt. Die Melkiten in Syrien und Ägyp-
vereinigte Christen griechischer und sy- syrischen Tradition stärker verbunden ten feierten ihre Gottesdienste anfangs
rischer Sprache. Der syrisch-antioche- weiß, wenngleich die arabische Sprache Syrisch bzw. Griechisch, später und be-
nische Ritus wurde aus verschiedenen die altsyrische nach wie vor sehr stark sonders heute in Arabisch.
Bestandteilen gebildet, die teils aus dem verdrängt hat.
Der Priester schneidet aus dem Brot mit einer kleinen Lanze (Bild rechts) ein
Stück in Kreuzesform heraus. Das Stück wird als „Lamm“ bezeichnet und sym-
bolisiert den Opfertod Christi am Kreuz. Dabei wird folgender Dialog gespro- Die Elemente für die Gabenbe-
chen: reitung. Die Prosphoren („Darbrin-
gung“) sind runde Brote, die entspre-
Diakon: Schlachte, Vater! chend den zwei Naturen Christi aus
Priester: Geschlachtet wird das Lamm Gottes, das die Sünde der Welt zwei Teilen bestehen. Auf dem oberen
hinwegnimmt, für das Leben und das Heil der Welt. Teil der Prosphore wird ein Kreuz-
Diakon: Stich, Vater! stempel aufgedrückt, in seinen Ecken
Priester: Einer der Soldaten stieß die Lanze in seine Seite, und sogleich stehen die Abkürzungsbuchstaben
des Namens Jesus Christus „IC XC“
floß Blut und Wasser heraus [...].
und das griechische Wort „NIKA“, was
[aus: Liturgie. Die Göttliche Liturgie der Orthodoxen Kirche, hg. v. A. Kallis, Münster 2005 zusammen bedeutet: Jesus Christus
(6. Aufl.), S. 20 + 22]. siegt.