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Buch

11 drohende Kriege
Künftige Konflikte um Technologien, Rohstoffe, Territorien und Nahrung
Andreas Rinke und Christian Schwägerl
C. Bertelsmann, 2012 
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Bewertung  Qualitäten

8 Analytisch
Unterhaltsam
Rezension
Krieg bedeutet heutzutage nicht mehr nur Waffen und Blut. Das Internet, die
Neurotechnologie und der Klimawandel sind dabei, sein Auftreten und sein
Erscheinungsbild drastisch zu verändern. Daher sind potenzielle Konflikther-
de oft nicht auf den ersten Blick ersichtlich. Aus der Vogelperspektive haben
die beiden Journalisten Andreas Rinke und Christian Schwägerl die Auslöser
und Ursachen für drohende kriegerische Auseinandersetzungen gesammelt.
In den verschiedensten Teilen der Erde könnte bald um Land, Rohstoffe oder
Nahrung gekämpft werden. Damit der Leser mit den durch das Buch
geweckten Ängsten nicht ganz allein gelassen wird, liefern die Autoren auch
gleich Maßnahmen zur Lösung mit. Die setzen allerdings voraus, dass die
höchsten politischen Ebenen einbezogen sind. Während manche der elf
Szenarien relativ nachvollziehbar sind und damit ein mulmiges Gefühl hinter-
lassen, wirken andere etwas weit hergeholt. Ausgezeichnet recherchiert und
packend dargestellt sind sie jedoch alle. getAbstract empfiehlt dieses Buch
daher allen politisch Interessierten, insbesondere Unternehmern, die
außerhalb des Heimatlandes expandieren wollen.

Take-aways
• Kriege werden heutzutage nicht mehr nur auf dem Schlachtfeld geführt,
sondern mit Informationstechnologie und Wissenschaft.
• Die demografische Entwicklung, der Klimawandel, neue Technologien
und die ungeklärten Besitzverhältnisse im All oder den Ozeanen
könnten Konflikte auslösen.
• China und Indien streiten sich über den Zugang zu Wasser.
• In Kalifornien wachsen Latinos zur größten Bevölkerungsgruppe an,
was zu Spannungen führt.
• China will sich Australiens Rohstoffe und Afrikas Getreide sichern.
• Die Massentierhaltung macht Pandemien wahrscheinlicher, weil
Menschen dadurch Antibiotikaresistenzen bilden.
• Die Ozeane sind überfischt und deren Fauna wird bei der Suche nach
Rohstoffen gestört.
• Die Migration innerhalb Europas und die Einwanderung bergen Kon-
fliktpotenzial.
• Satelliten im Weltall und Erfolge in der Gehirnforschung können
kriegsentscheidend sein.
• Eine Stärkung der UNO, Regeln für das Weltall und die Ozeane sowie
die Förderung von Bildung, Transparenz und Forschung tragen zu einer
friedlicheren Welt bei.
Zusammenfassung
Krieg im neuen Gewand
Krieg hat eine lange Tradition. Sein Erscheinungsbild verändert sich jedoch
zunehmend. Zum einen liegt das daran, dass sich die Interessen privater und
staatlicher Akteure verändern, zum anderen gibt es neue technische Entwick-
lungen wie das Internet oder die Neurotechnologie. Daher dürfen sich die
Entscheidungsträger nicht einfach auf die Lehren der Vergangenheit
verlassen. Ein derartiger Tunnelblick würde ihnen die Sicht auf die Gefahren
von morgen verstellen. Zu den neuen, sich gegenseitig beeinflussenden
Stressfaktoren gehören die folgenden:

• Demografie: 2050 werden voraussichtlich 2 Milliarden Menschen


mehr die Erde bevölkern als heute. Die begrenzten Ressourcen unseres
Planeten müssen möglichst gerecht auf viel mehr Personen aufgeteilt
werden.
• Technologien: Neue Technologien erhöhen den Bedarf an
bestimmten knappen Rohstoffen, etwa zur Herstellung von Batterien
oder Geräten. Computer ermöglichen gänzlich neue Formen der Krieg-
führung, was Staaten mit hoher IT-Kompetenz Vorteile verschafft.
• Umwelt und Klimawandel: Der Mensch betreibt Raubbau an der
Umwelt. Wenn sich der Lebensstil in den Schwellenländern dem
westlichen angleicht, wird dies noch verstärkt. Die Folgen für die
Umwelt reichen von Dürren bis zu Überschwemmungen; Klimaflücht-
linge und der Streit um Lebensmittel sind eine weitere Konsequenz.
• Geopolitik: China muss wirtschaftlich weiter wachsen, um die Armut
bekämpfen zu können. Europa und Amerika dagegen müssen sparen.
Dies schürt Feindseligkeit.
• Privatisierung und Sicherheit: Weil sich die Staaten immer mehr
verschulden, Private aber zugleich reicher werden, liegen öffentliche
Aufgaben zunehmend in den Händen privater Unternehmen. Damit
verschmelzen Dinge wie die öffentliche Sicherheit mit privatwirtschaft-
lichen Interessen.
• Verteilung von Gemeinschaftsgütern: Das All, das Internet und
die Ozeane gehören zu den Bereichen, die durch neue Technologien
räumlich und wirtschaftlich zugänglich gemacht, aber noch nicht unter
den Menschen, Völkern oder Regierungen aufgeteilt wurden. Es fehlt an
verbindlichen Regeln und überregionalen Schlichtungsstellen.
• Sinkende Gewaltschwellen: Der einfache Zugang zu Waffen und die
Möglichkeit, Krieg ohne physische Präsenz zu führen, senken die
Hemmschwelle für kriegerische Auseinandersetzungen. Zweck der
Angriffe werden politische Dominanz, Zugang zu Ressourcen und die
Störung der gegnerischen Wirtschaft sein.
Elf Szenarien
Dies sind die elf denkbaren Kriege, die uns – in ganz verschiedenen Erdteilen
– in Zukunft bevorstehen könnten:

1. Klimawandel – der Wasserkrieg: Die Gletscher des Himalaja-Ge-


birges versorgen China, Indien und Pakistan über Flüsse mit Wasser
und bilden damit die Voraussetzung für eine fruchtbare Landwirtschaft
und die Ernährung für ca. 1,5 Milliarden Menschen. Obwohl sich die
Wasserwege über mehrere Staaten erstrecken, sind Kriege über die
Verteilung des Wassers bisher ausgeblieben. Dies könnte sich jedoch
ändern, wenn der Klimawandel fortschreitet und die Gletscher weiter
schrumpfen. Bereits heute lösen Staudammprojekte in Indien oder
China hitzige Debatten aus. Die Dämme zweigen Wasser ab und
berauben damit die Bewohner, die in einem anderen Staatsgebiet leben,
ihrer Lebensgrundlage. Zudem könnten die Staaten zu einer unkonven-
tionellen Methode zur Eindämmung des Klimawandels greifen: dem
„Geo-Engineering“. Dabei wird das Klima durch freigesetzte Gase oder
durch die Düngung der Ozeane mit Eisenspänen direkt beeinflusst –
mit unklaren Folgen für die Menschheit.
2. Demografie – Kalifornien den Mexikanern: Im US-Bundesstaat
Kalifornien werden die Latinos Schätzungen zufolge im Jahr 2020 zur
größten Bevölkerungsgruppe angewachsen sein. Die Geburtenrate der
Latinos übersteigt jene anderer ethnischen Gruppen in Kalifornien
deutlich. Vielfach kommen Mexikaner – häufig illegal und unter Le-
bensgefahr – auf der Flucht vor Drogenkriegen und der Suche nach
besseren Lebensbedingungen in die USA. Sie arbeiten dann in Billigjobs
und bilden starke Submilieus. Die Erinnerung an das 19. Jahrhundert,
als der Südwesten der USA noch Teil Mexikos war, sowie die hohen
Schulden Kaliforniens tragen nicht gerade zu einem integrationsfreund-
lichen Umfeld bei. Rechtsradikale Gruppierungen machen Stimmung
gegen die Einwanderer. Immer wieder hört man den Ruf der Mexikaner
nach einer Abspaltung der Südstaaten von den USA und der
Formierung einer Hispanischen Republik.
3. Rohstoffe – Beuteland Australien: Die Welt braucht Eisenerze,
Kohle und Seltene Erden, um Hochtechnologieprodukte produzieren zu
können. Australien ist durch seinen Rohstoffreichtum ein begehrter Ge-
schäftspartner, etwa für China. Das Reich der Mitte ist nicht nur ein
mächtiger Abnehmer von Rohstoffen, der Australien in die Abhängig-
keit führt. Es investiert auch direkt in Unternehmen vor Ort und baut
selbst Eisenerze ab. Das ruft den Widerstand sowohl der Australier als
auch der USA hervor, die sich mit China um die Vorherrschaft im
Pazifik streiten. Schon mehren sich die Nachrichten, dass die
chinesische Marine massiv aufrüstet und womöglich auch Gebiete
fernab der Heimat militärisch verteidigen wird.
4. Pandemie – Fluch des Wissens: Die Massentierhaltung ermöglicht,
dass die weltweit steigende Nachfrage nach Fleisch befriedigt wird. Sie
bringt aber die Notwendigkeit mit sich, Tieren Antibiotika gegen
Krankheiten zu verabreichen. Das führt dazu, dass Krankheitserreger
Resistenzen gegen bestimmte Antibiotika entwickeln. Breitet sich dann
ein Erreger aus, ist eine weltweite Pandemie zu befürchten. Es käme zu
Hamsterkäufen und Plünderungen, zur Unterbindung des internationa-
len Flug- und Schiffsverkehrs und schließlich zum Erliegen der
Wirtschaft. Womöglich würde das Militär gar zu den Waffen greifen, um
zu verhindern, dass Menschen flüchten. Findet eine Nation ein
Gegenmittel, hat sie die Macht, über Leben und Tod zu entscheiden,
und bringt sich somit selbst in Gefahr, zum Angriffsziel anderer zu
werden, die nach dieser Macht streben.
5. Informationstechnologie (IT) – Angriffe aus dem Netz: Spezia-
lisierte Firmen sammeln über soziale Netzwerke und Suchmaschinen
Daten über Milliarden von Menschen. Das leistet der Cyberkriminalität
Vorschub, hilft aber auch den Regierungen, Verdächtige auszuspionie-
ren. Geheimdienste auf der ganzen Welt unterhalten Abteilungen für
Cyberkriminalität, da quasiterroristische Angriffe aus dem Internet –
auch auf Atomkraftwerke und öffentliche Infrastruktur – bereits
vorkamen. Solche Angriffe könnten mit konventionellen Waffen
vergolten werden; ein Verhaltenskodex wie für klassische Kriege fehlt.
6. Überfischung – Proteinkrieg im Nordatlantik: Der Fisch, für die
menschliche Ernährung ein wichtiger Eiweißlieferant, wird rar, da die
Meere überfischt sind und die Verschmutzung der Gewässer zunimmt.
Die Ernährung der Menschen ist in Gefahr, vor allem wenn die Weltbe-
völkerung weiter wächst. Besonders im Nordatlantik und an der
Westküste Afrikas hat sich die Lage zugespitzt. Fangschiffe aus
Russland, China und Europa haben dort den einheimischen Fischern
die Lebensgrundlage entzogen. Diese haben sich teilweise auf den Men-
schenschmuggel und auf die Piraterie verlegt.
7. Migration – Europa entzweit: Angesichts der wirtschaftlichen
Spannungen rund um die Schuldenkrise droht Europa in einen Nord-
und einen Südteil zu zerbrechen. Es könnte zu einer Migrationswelle
innerhalb Europas kommen; die Grenzen, die durch das Schengener
Abkommen 1990 zu Fall gebracht wurden, könnten wiederhergestellt
werden. Neben der innereuropäischen Migration macht der EU die
illegale Einwanderung, etwa aus Nordafrika, zu schaffen. 2011
flüchteten Tausende Tunesier auf die italienische Insel Lampedusa.
Italien stellte Touristenvisa aus, statt die Fälle korrekt zu bearbeiten,
sodass die Flüchtlinge in die Schengen-Länder weiterreisen und unter-
tauchen konnten. Das veranlasste Frankreich, die Grenze zu Italien
zeitweilig zu schließen.
8. Welternährung – Afrika als Kornkammer Chinas: Die
Nachfrage nach Fleisch, Milch und Getreide steigt mit der Zunahme der
Weltbevölkerung. Damit nehmen auch der Bedarf an Land und die
Konflikte über den Ressourceneinsatz zu: Soll etwa Weizen für die
menschliche Ernährung, als Tierfutter oder zur Verarbeitung zu
Kraftstoff genutzt werden? Solche Fragen werden gestellt, obwohl so
viele Menschen hungern wie nie zuvor. Unterernährung entsteht durch
Bodenerosion, fehlenden Zugang zu Saatgut, unterentwickelte Infra-
struktur oder westliche Subventionssysteme, durch die die Produzenten
in anderen Weltregionen in die Knie gezwungen werden. China hat sich
bereits Teile Afrikas für die Versorgung der eigenen Bevölkerung
gesichert. Wie lange werden andere Nationen dem zusehen?
9. Tiefsee – Kampf um Knollen und Schlamm: Die Kolonisation der
Ozeane steht bevor. Auf dem Meeresgrund liegen nämlich Schätze wie
die so genannten Manganknollen aus Eisen und Kupfer; in der Arktis
sind Öl und Gas zu holen und im Tiefseeschlamm wurden Seltene Erden
entdeckt, die man für viele Technologieprodukte benötigt. Zwei Kon-
fliktpotenziale ergeben sich daraus: Erstens schädigen die Geräte zur
Ausbeutung der Rohstoffquellen die Meeresfauna. Die Umweltkosten
wird die ganze Welt zu tragen haben, obwohl nur ein eingeschränkter
Kreis von den Rohstoffen profitiert. Zweitens fehlen verbindliche
globale Regeln für den Abbau und die Verteilung des wirtschaftlichen
Nutzens.
10. Weltraum – Herrschaft von oben: Im Weltall herrscht ein
Gedränge der Satelliten. Regierungen nutzen sie zur Aufklärung – auch
Spionage genannt – und zur Steuerung von Waffen. Satelliten leiten Na-
vigationssysteme an und werden zur Wettervorhersage und fürs
Fernsehen gebraucht. Dass sich die USA aus dem Gebiet der bemannten
Raumfahrt zurückgezogen haben, sagt wenig mehr aus, als dass das
Geld dafür fehlt. Für die Kriegsführung ist die Beherrschung des Alls
über Satelliten nämlich essenziell. Daher investiert z. B. China massiv in
die Satellitentechnik und in die Forschung im Bereich Cyberwar – etwa,
um mithilfe der IT die Steuerung von Satelliten auf der Erde zu stören.
11. Neurotechnologie – Schlachtfeld Gehirn: Neurobiologen
erforschen, wie sich Traumata auf das Gehirn auswirken. Die Erkennt-
nisse werden in der Rekrutierung von Militärs genutzt. Ein mögliche
Innovation der Zukunft könnte so aussehen: Kampfanzüge, die die Ge-
hirnströme messen und die den Soldaten im Kampfeinsatz chemische
Substanzen injizieren, die zur Situation passen.

Lösungsansätze: Kooperation, Erneuerung, Langfristigkeit


Die Politik muss die folgenden Maßnahmen – von denen einige in der Praxis
jedoch bereits missglückt sind – umsetzen, damit die Konflikte beigelegt
werden können:
• Der Westen muss eine friedliche, demokratische Vorgehensweise
vorleben.
• Die Regierungen müssen Schulen exportieren, statt neue Truppen zu
stationieren.
• China und Indien müssen die Rechte großmächtiger Entscheidungsträ-
ger verliehen und die entsprechenden Pflichten auferlegt werden.
• Die Uno soll gestärkt werden, der Weltsicherheitsrat als Schiedsgericht
der Welt dienen.
• Es braucht allgemeingültige Regeln für die Nutzung des Alls und der
Meere.
• Das Militär soll dafür eingesetzt werden, sich Gedanken über
ökologische Fragen, etwa über das Klima, zu machen.
• Saatgut und Technologie müssen gemeinschaftlicher genutzt werden.
• Politiker müssen langfristig denken statt in Legislaturperioden.
• Bildung, Transparenz, Forschung und Wissen sollen gefördert werden.

Über die Autoren


Andreas Rinke ist promovierter Historiker und berichtet als politischer
Chefkorrespondent der Nachrichtenagentur Reuters aus Berlin.
Christian Schwägerl hat zunächst Biologie studiert. Der preisgekrönte
Journalist verwertet sein Wissen in Artikeln über den ökologischen und wis-
senschaftlichen Wandel.

Dieses Dokument ist für den persönlichen Gebrauch von Amina Abderrahmane
(0810@bluewin.ch) bestimmt.

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