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die von den Bðrgern Aufklrung ðber ihr Tun verlangen. Diese stellen sich
jedoch ahnungslos, und die Boten kehren unverrichteter Dinge zu ihrem Kçnig
zurðck. Und in der darauf folgenden Nacht werden Kçnig und Belagerungsheer
Zeugen einer Erscheinung, zu deren Erklrung sie noch weniger fhig sind: ein
großer Feuerball steigt ðber die Huser in den Himmel empor, obwohl nirgends
ein Brand auszumachen ist.12 Wiederum schickt der Kçnig Boten in die Stadt
mit dem Auftrag herauszufinden, was es mit der Feuerkugel auf sich habe. Die
so Befragten wollen wiederum nichts gesehen haben, und so bleibt die Ursa-
chenforschung erneut ergebnislos. Der Kçnig nimmt den Belagerten ihre Un-
kenntnis ab und zieht daraus den ðberraschenden Schluss, dass ihnen ihr Gott –
Deus eorum – Beistand leiste, und bricht die Belagerung ab. „Gregor macht den
Kçnig in seiner Nðchternheit fast zu einem Rationalisten“,13 der nach Ursachen
forscht und aus den erhaltenen Informationen und aus eigener Anschauung
seine (zunchst ðberraschenden) Schlðsse zieht. Den standhaften Bewohnern
von Bazas wird unmittelbar anschließend ein weiteres Wunder teilhaftig. Von
der Kirchendecke fallen drei gleichgroße kristallklare Tropfen auf den Altar, die
sich schließlich in einer silbernen Patene zu einer kostbaren Gemme vereini-
gen.14 Vor der in ein goldenes Kreuz spter eingearbeiteten Gemme geschehen
dann viele Wunder, auf die einzugehen sich bei unserer Fragestellung erðbrigt.
Fðr das Verstndnis der Geschichte von den drei Tropfen gibt Gregor von
Tours selbst die Deutung. Sie sind Symbol und Versinnbildlichung der Einheit in
der Trinitt und damit auch ein Zeugnis fðr die Orthodoxie der von den Bar-
baren bedrohten Bevçlkerung von Bazas. Die Rechtglubigkeit der Bewohner
von Bazas wird der iniquam et Deo odibilem Arrianam heresim gegenðberge-
stellt, die sich damals ðberall ausgebreitet habe.15 Aus dieser Feststellung ergibt
sich nun ein klarer Fingerzeig zu einer genauen Identifizierung der Hunnen/
Barbaren unter dem Kçnig Gausericus, die die Belagerung aufgegeben hatten.
Denn auch das goldene Kreuz mit der die Dreieinigkeit in der Einheit sym-
bolisierenden Gemme wird fðr die Flucht der Barbaren verantwortlich ge-
macht.16 Die Hunnen waren ein Synonym fðr Barbaren, aber sie waren keine
arianischen Christen, sondern Heiden. Mit der Anspielung auf die arianische
Hresie und der Namennennung Gausericus kçnnen wir die Belagerer vielmehr
eindeutig als Vandalen identifizieren.
Die Wundererzhlung lsst sich noch weiter historisch auswerten, unge-
achtet dessen, dass es ðberhaupt nicht die Absicht derer war, die am Anfang
12 Gregor v. Tours, ed. Krusch (s. Anm. 7), S. 46, 13: Alia vero nocte vidit quasi globum
magnum ignis super urbem discendere.
13 Scheibelreiter (s. Anm. 8), S. 247.
14 Gregor v. Tours, ed. Krusch (s. Anm. 7), S. 46, 23 – 25.
15 Gregor v. Tours, ed. Krusch (s. Anm. 7), S. 46, 26 – 27.
16 Gregor v. Tours, ed. Krusch (s. Anm. 7), S. 46, 33: Nec mora, fugato, ut diximus, hoste
civitas liberata est.
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ihrer mðndlichen Fixierung standen, der Nachwelt ein historisches Ereignis als
solches zu ðberliefern. Es wird allgemein angenommen, dass die Vandalen nach
ihrem Rheinðbergang und auf ihrem Durchzug durch Gallien mit dem Ziel
Spanien auch Bazas berðhrt haben werden.17 Das mag im Jahr 408 oder im
Frðhjahr 409 gewesen sein.18 In den Jahren davor sollen die gentes nach dem
Zeugnis des Hieronymus19 eine Vielzahl von Rçmerstdten jenseits des Rheins
zerstçrt bzw. eingenommen haben. Die Aufzhlung der betroffenen Stdte bei
Hieronymus ist so unsystematisch, dass daraus keine wirkliche Marschrichtung
der Verbnde erschlossen werden kann. Die Invasoren mçgen sich dabei zu-
nchst auf die nordostgallischen Regionen konzentriert haben, bevor sie dann
die sðdwestgallischen Gebiete in Richtung Pyrenen durchzogen und in Spanien
ankamen. Deutliche Zerstçrungs- und Brandhorizonte lassen sich jedenfalls
nicht feststellen,20 beim Fehlen einer fðr Belagerungen effektiven Ausrðstung
dðrften Objekt der Begierde vorrangig die von den Kommunen eingelagerten
17 Verf., Die Vandalen. Etappen einer Spurensuche, Stuttgart 2007, S. 54 f. mit Karte 2 u.
58 (vgl. auch dens., Art. „Wandalen“, RGA 33, 2006, S. 181). Berndt (s. Anm. 4), S. 159
spricht bezðglich der von Gregor von Tours geschilderten Belagerung von Bazas von
einer Verwechslung, wobei nicht klar wird, ob Berndt dabei an eine Dublette denkt und
von zwei verschiedenen Schilderungen ein und derselben Belagerung von Bazas aus-
geht. Eine Verwechslung kann jedenfalls nur den Namen des Kçnigs betreffen, die
Situationen sind hingegen so verschieden, dass es sich nicht um eine Dublette handeln
kann.
18 Fðr das Jahr 409 sind 2 Pyrenenðbergnge der gentes – am 28. 9. und am 13. 10. – przis
datiert (Hydatius 42). Das rechtfertigt die Annahme – allerdings unter der Vorausset-
zung, dass die gentes whrend ihres gesamten Gallienaufenthalts zusammengeblieben
sind –, dass der bergang ðber die Pyrenen eine lngere Phase in Anspruch nahm,
eben den Zeitraum von gut zwei Wochen (so Berndt [s. Anm. 4], S. 101 – 103). Geht man
davon aus, dass die gentes sich sptestens nach den Rheinðbergngen getrennt hatten
und Gallien auf verschiedenen Routen durchzogen, dann machen die beiden Daten fðr
den bergang ðber die Pyrenen bzw. die Ankunft in Spanien durchaus Sinn (so Verf.
[Die Vandalen, s. Anm. 17], S. 58 f.). Auch der Rheinðbergang der gentes erfolgte nicht
an einem einzigen Ort und zur gleichen Zeit, vielmehr wird man von zwei Rhein-
ðbergngen am Ende des Jahres 405 ausgehen kçnnen (Verf. [Die Vandalen, s.
Anm. 17], S. 46 – 53 mit Karte 2, S. 55 u. A. Alemany Vilamajý, Sources on the Alans. A
Critical Compilation, Leiden–Boston–Kçln 2000 [Handbook of Oriental Studies –
Handbuch der Orientalistik VIII 5], S. 58). Ende 405 statt 406 auch bei L. Schumacher,
Mogontiacum, in: M.J. Klein (Hrsg.), Die Rçmer und ihr Erbe, Mainz 2003, S. 23 f.
19 Hieronymus, ep. 123, 15 gibt einen regelrechten Vçlkerkatalog wieder, der sich auf die
Vçlkerlawine bei ihrem bergang ðber die Donau beziehen muss und die Situation bei
den Rheinðbergngen nicht wiedergibt; so gehçrten Ende des Jahres 405 die Burgunder
ebenso wenig dazu wie Sarmaten, Gepiden, Heruler, Sachsen (!) und Alemannen, je-
denfalls nicht als gentile Einheiten, wie Hieronymus vorgibt (vgl. F. Lotter/R. Bratož/
Verf., Vçlkerverschiebungen im Ostalpen-Mitteldonau-Raum zwischen Antike und
Mittelalter 375 – 600, Berlin–New York 2003, S. 32 f. u. S. 90 – 92).
20 Berndt (s. Anm. 4), S. 96 f.; Verf. („Wandalen“, s. Anm. 17), S. 179 f. u. ders. (Die
Vandalen, s. Anm. 17), S. 53.
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21 Vgl. Krusch (s. Anm. 7), S. 46 Anm. 1. Zu den Namenvarianten des Vandalenkçnigs vgl.
N. Wagner, Gaisericus und Gesiric, Beitrge zur Namenforschung 37, 2002, S. 259 – 270
u. N. Francovich Onesti, I Vandali. Lingua e storia, Rom 2002, S. 155 f.
22 Zur vandalischen Ethnogenese in Spanien als Folge des Untergangs der Silingen und
Alanen nach deren Niederlagen gegen die im rçmischen Auftrag handelnden Westgoten
unter Valia vgl. Verf. (Die Vandalen, s. Anm. 17), S. 67 – 72. Nach Berndt (s. Anm. 4),
bes. S. 172 – 174 bildete sich die gens Vandalorum erst nach dem bergang nach
Nordafrika heraus. Der Untergang der Silingen und spanischen Alanen als selbstndi-
gen Sozialverbnden und die Kçnigserhebung Geiserichs noch in Spanien und noch zu
Lebzeiten seines Bruders Gunderich spricht fðr eine Konstituierung eines neuen
Großverbands noch in Spanien (vgl. auch Verf. [„Wandalen“, s. Anm. 17], S. 185 – 187 u.
dens. [Die Vandalen, s. Anm. 17], S. 67 – 72). – Zu den Kmpfen mit den in rçmischem
Dienst stehenden Westgoten unter Valia in Spanien vgl. H. Wolfram, Die Goten. Von
den Anfngen bis zur Mitte des 6. Jahrhunderts. Entwurf einer historischen Ethnogra-
phie, Mðnchen 4. Aufl. 2001, S. 176 f.; Berndt (s. Anm. 4), S. 160 u. G. Kampers, Ge-
schichte der Westgoten, Paderborn 2008, S. 109.
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damit auch bei der Ankunft der gens vor Bazas fðhrte sein Vater Godegisel23 die
Vandalen an. Als man vielleicht zwei Generationen spter an die Verschriftli-
chung der Episodenerzhlung vom durch gçttliche Hilfe bewirkten Scheitern
der Vandalen vor Bazas ging, war der – zudem lange regierende – Vandalen-
kçnig Geiserich der bekannteste Barbarenfðrst der Zeit. Ihm, „dem gewaltigs-
ten Kmpfer unter allen Mnnern und dem Kçnig des Landes und des Mee-
res“,24 widerstanden zu haben, war eine besondere, ja geradezu einmalige
Auszeichnung fðr den Beharrungswillen der Einwohner von Bazas und fðr
deren durch Verdienst erworbene Gnade Gottes. Den Namen des weniger be-
kannten Vandalenkçnig Godegisel25 im Zusammenhang des Zeitpunkts der
Verschriftlichung der Wundergeschichte durch den Namen Gausericus/Geise-
rich zu ersetzen, war eher ein kleiner Schritt. Und als Gregor von Tours
ca. 100 Jahre spter sie in seinen Liber de gloria martyrum einfðgte, war ihm
dabei sicher kein Fehler unterlaufen,26 war doch der Name Gausericus/Geise-
rich bereits zu einem festen Bestandteil des Wunders von Bazas geworden.
Wenige Jahre nach der gescheiterten Belagerung von Bazas durch die Vandalen
hatte sich die politische Landkarte in den germanisch-gallischen Provinzen des
westrçmischen Reiches grðndlich verndert. Sowohl nach Absprachen mit der
westrçmischen Zentralregierung in Ravenna als auch durch Vereinbarungen mit
Usurpatorenregimen, dazu in unautorisierten Besitznahmen rçmischen Pro-
vinzialbodens durch barbarische Gruppen erlebte dieser Großraum im 2. Jahr-
zehnt des 5. Jahrhunderts einen gewaltigen Umbruch. Die Vçlkerlawine, die
wohl schon zum Jahresende 40527 den Rhein ðberschritten hatte, war bereits im
23 Es ist vollkommen unverstndlich, dass der Tod Godegisels noch vor den Einfall der
Vandalen in Spanien angesetzt wird (so jetzt wieder Berndt [s. Anm. 4], S. 92). Dem
widersprechen sowohl das Zeugnis des Renatus Profuturus Frigeridus bei Gregor v.
Tours, hist. Franc. II 9 wie die eindeutigen Aussagen bei Prokop, b. V. I 3,2; 3,23 – 25 u.
32 – 34 als auch die seinem Nachfolger Gunderich gegebenen 18 Regierungsjahre, womit
dessen Herrschaftsbeginn in der Nachfolge Godegisels erst in das Jahr 410 fllt (Isid.,
hist. Wandal. 73; Hydatius 79). Zu erklren ist dies wohl damit, dass man dem von
Gregor v. Tours eingearbeiteten Frigeridusfragment nicht traut und relativ spten
Zeugnissen wie dem von Prokop oder von Isidor von Sevilla die Glaubwðrdigkeit ab-
spricht.
24 Prokop, b. V. I 3,24; Theophanes 5941.
25 Zum Namen Godegisel vgl. Francovich Onesti (s. Anm. 21), S. 159 f. Dass die Namen
Godegisel und Gausericus/Geiserich alliterieren, kçnnte den Namenaustausch ebenfalls
erleichtert haben.
26 So Berndt (s. Anm. 4), S. 159, der den Prozess der Aktualisierung im Zuge der Ver-
schriftlichung der Mirakelgeschichte nicht in Rechnung stellt.
27 Eine Vordatierung des Rheinðbergangs auf Ende 405 wurde mit guten Grðnden von M.
Kulikowski, Barbarians in Gaul, Usurpers in Britain, Britannia 31, 2000, S. 325 – 345
vorgenommen. Der Mainzer Althistoriker L. Schumacher und der Verf. mçchten sich
ihm anschließen, weil dadurch zahlreiche Ungereimtheiten in der berlieferung zu den
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46 Paulin., Eucharistikos 311: regis … Atiulfi (sc. der Westgotenkçnig); ebd. 346 u. 352
kann nur der namentlich ungenannte Alanenkçnig gemeint sein, ebenso 379 f., wo von
uxor regis und regis caro quoque nato die Rede ist, allein schon deshalb, weil in Vers 378
die Alanen genannt werden. Deshalb denkt auch Vogt (s. Anm. 33), S. 572 Anm. 13 zu
Vers 346 an den Alanenkçnig Goar.
47 Paulin., Eucharistikos 377 f., 386 – 389.
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gen, die den Belagerten in der Regel natðrlich einiges kosteten, war immer das
Gebot der Stunde. Und ebenso endete selbst die Einnahme einer Stadt durch
eine Barbarentruppe nicht regelmßig in deren Zerstçrung, sondern sie geschah
auf dem Verhandlungswege und mit gewissen Garantien fðr Leib und Leben der
Bevçlkerung. Dies war auch die entscheidende Voraussetzung dafðr, dass
stdtisches Leben und stdtische Kultur in den frðhmittelalterlichen Reichen
jedenfalls auf dem Boden des Imperium Romanum nicht zum Erliegen kamen.
Die „Danksagung an Gott“ aus der Feder des Paulinus von Pella enthlt
zudem einen besonders wichtigen Hinweis, mit der ein ganz aktueller Streit-
punkt in der Forschung entschieden werden kann. Es geht um das Problem, ob
die Barbaren im Zusammenhang ihrer Reichsgrðndungen wirklich auf echte
Landzuweisungen aus waren und dafðr umfangreiche Landenteignungen in
Gang gesetzt werden mussten. Seit den Forschungen von Goffart hat diesbe-
zðglich eine Richtung an Boden gewonnen, die solche Landzuweisungen ve-
hement bestreitet und ausschließlich von der Zuweisung von Steueranteilen an
die Land nehmenden Barbaren ausgeht.48 Diese ,fiskalistischeÍ These wollen
Goffart und im Anschluss an ihn Durliat auf alle vçlkerwanderungszeitlichen
barbarischen Reichsgrðndungen mehr oder weniger flchendeckend angewandt
wissen. Nun mag sich eine Kriegerschicht in einer bergangsphase mit der
Zuweisung von Steueranteilen zufrieden gegeben haben, aber nur mit der
handfesten Option auf Landbesitz, zumal die Barbaren nie daran dachten, zu
bodenstndigen Ackerbauern zu werden, sondern die ihnen ðbereigneten Gðter
von Pchtern und Sklaven bewirtschaften ließen. Eine solche Erwartungshal-
tung wird an der alanischen Barbarentruppe unter ihrem namentlich unbe-
kannten rex in kaum zu ðberbietender Klarheit deutlich, sofern man die ent-
sprechende Stelle bei Paulinus von Pella richtig ðbersetzt. Die Verse 395 – 398
des Eucharistikos lauten: …Cuius non sero secuti / exemplum et nostri quos
diximus auxiliares / discessere, fidem pacis servare parati / Romanis, quoquo
ipsos sors oblata tulisset. In der bersetzung von J. Vogt49 nimmt sich diese
Passage aus dem Eucharistikos so aus: „Diesem Beispiel folgten alsbald auch
die ðbrigen, die wir Hilfstruppen nannten, und rumten das Feld, entschlossen
den Frieden mit den Rçmern treu zu wahren, wohin immer das kommende
Geschick sie bringen wðrde.“ Vçllig unverstndlich ist hierbei die Wiedergabe
von nostri (Vers 396) mit „die ðbrigen“, nicht exakt ist zudem die bersetzung
von sors oblata (Vers 398) mit „kommende(m) Geschick“. Nostri sind die neuen
Verbðndeten, die Alanen des namentlich nicht bekannten rex, die dadurch zu
auxiliares (verbðndete Truppen) des von Paulinus von Pella reprsentierten
Regimes des Priscus Attalus werden. Und sors oblata hat zunchst einmal die
Bedeutung „ðbertragenes, angebotenes Landlos“,50 wobei damit ein schçnes
Wortspiel verbunden ist. Denn ein zugewiesenes, ðbertragenes Landlos – wo
auch immer auf rçmischem Reichsboden – ist auch die Manifestation eines
individuellen wie kollektiven Schicksals. Die Passage sollte in etwa also lauten:
„Diesem Beispiel alsbald folgend zogen auch die Unsrigen, die wir (jetzt)
Hilfstruppen nannten, ab, bereit mit den Rçmern Friedenstreue zu bewahren,
wohin auch immer das (ihnen) angebotene Landlos sie bringen wðrde.“ Es
spricht auf Grund dieser Formulierung einiges dafðr, dass das kurzlebige
Usurpatorenregime des Priscus Attalus im sðdwestlichen Gallien durch seinen
hohen Funktionstrger Paulinus von Pella den Alanen fðr ihren Abzug aus
Bazas auch konkret Ansiedlungsflchen zusagte. Damit fallen die Geschehnisse
von Bazas in eine bisher von der Forschung nicht zur Kenntnis genommene
Phase, in der Priscus Attalus den Versuch unternahm, von der westgotischen
Bevormundung loszukommen und sich vielleicht im Einklang mit der gallorç-
mischen Senatsaristokratie eine eigenstndige Position und Neuorientierung
sowohl gegenðber Ravenna als auch gegenðber den Westgoten aufzubauen.
Dieser – sich aus verschiedenen Grðnden schnell erledigende – Versuch lsst
sich durchaus in die politischen Ereignisse und Konstellationen nach dem Er-
scheinen der Westgoten in Gallien genauer einordnen. Noch im Jahre 414
musste Priscus Attalus zwar in der Rolle des Gefolgsmanns bei der Vermhlung
des Gotenkçnigs mit der kaiserlichen Prinzessin Galla Placidia in Narbonne –
eine Heirat, die als Verbindung der „Kçnigin des Sðdens mit dem Kçnig des
Nordens“ stilisiert wurde – das Hochzeitsgedicht aufsagen.51 Im folgenden Jahr
aber zogen die Westgoten in die im Nordosten Spanien gelegene Tarraconensis
ab, im Sommer 415 fiel ihr Kçnig durch Mçrderhand.52 Der Versuch einer
Neuorientierung des Priscus Attalus und seines politischen Anhangs, sich von
den Westgoten zu lçsen und ,die alanische KarteÍ zu ziehen, gehçrt zeitlich in
diese wenigen Monate, ja Wochen, als sich abzeichnete, dass Ravenna massiv in
die Verhltnisse in Gallien eingreifen wðrde, wie es alsbald auch erfolgreich
geschah.53 Der als Marionette Alarichs mit den Goten nach Gallien gezogene
Usurpator von 409/410 hatte zunchst und erfolglos versucht, die Westgoten
Abstract
and property and being abducted. Only seldom are we hereby provided with
insights on the mindsets, sensitivities, hopes and goals of the barbarians and, if at
all, merely from an exterior vantage point. Evidence authentic to the barbarians
themselves, however, is extremely seldom. Accordingly, for the case of the si-
tuation of Bazas between the year 408 and 415 we likewise only possess the
views of those under threat, in the form of poetry (Paulinus of Pella) and
hagiography (Gregory of Tours). Still, they believably convey a faculty for ra-
tional action on the side of the barbarians. Moreover, Paulinus of Pella offers a
convincing argument against the „fiscalistic“ hypothesis of Goffart and Durliat.