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Axel Doll, In der Pflege gewinnt das Thema Beratung immer mehr an Bedeutung. Durch
Diplom Pflegepädagoge,
Fachkrankenpfleger für den Wandel des Krankheitsspektrums hin zur Dominanz chronischer Erkran-
Onkologie kungen liegt der Fokus der Pflege, gerade auch in der Onkologie, auf der Unter-
stützung des Patienten in seiner Krankheitsbewältigung. Um Tumorpatienten
und ihre Bezugspersonen in ihrer Anpassung an die durch Krankheit ausgelöste
veränderte Lebenssituation zu unterstützen, ist es besonders für onkologische
Fachpflegekräfte unerlässlich, über Beratungskompetenzen zu verfügen. Die Vor-
teile des in der Berufspädagogik etablierten Lernfeldkonzeptes werden für die
curriculare Entwicklung onkologischer Fachweiterbildungen genutzt, um eine
Grundlage zu schaffen, Beratungshandeln in der onkologischen Pflege lehr-/
lernbar zu machen. In einem ersten Schritt wird das Handlungsfeld „Beratung in
Sonja Hummel-Gaatz, der onkologischen Pflege“ untersucht. Dazu wird eine Befragung (Fragebogen)
Diplom Pflegepädagogin,
Krankenschwester von 200 onkologischen Pflegekräften und eine Analyse deutschsprachiger Pflege-
literatur durchgeführt. Aus der Synthese dieser Ergebnisse wird ein systemisches
Beratungsmodell entwickelt. Mit Hilfe dieses Modells wird das Lernfeld „Beratung
in der onkologischen Pflege“ abgeleitet. Dafür werden Feld-, Methoden-, System-
Korrespondenzadresse: und Selbstkompetenzen, Lerninhalte und der Zeitrichtwert festgelegt.
Axel Doll
Wannseeschule e.V.
Zum Heckeshorn 36
D-14109 Berlin Einleitung
Tel.: 030 80686 412
adoll@wannseeschule.de In der Pflege gewinnt das Thema Beratung, beeinflusst durch gesellschaftliche, gesundheits-
ökonomische und berufspolitische Faktoren, immer mehr an Bedeutung. Es wird sowohl
von verschiedenen Wissenschaftlern der Pflege- und Gesundheitswissenschaften als auch
von Pfl egepädagogen und Pfl egepraktikern als wichtiges neues Handlungsfeld gesehen
(Schaeffer/Moers 2000, Müller-Mundt 2000, Reibnitz von/Schnabel/Hurrelmann 2001). Der
steigende Bedarf an Beratung in der Pflege resultiert u.a. aus der konsequenten Forderung
nach und Förderung von mündigen und informierten Patienten, die mit deutlich mehr Ei-
genverantwortung und Mitbestimmung an ihrem Krankheitsbewältigungsprozess beteiligt
werden sollen (WHO 1986, Schröck/Drerup 2002, Abt-Zegelin 2003). Für die Pflege wird es
in Zukunft deutlich mehr zum Aufgabenspektrum gehören, einerseits Patienten und deren
Bezugspersonen (Familie, Partner, Freunde, Nachbarn, Betreuer) durch Beratung aktiver in
den stationären Behandlungs- und Pflegeprozess einzubeziehen und andererseits voraus-
schauend und professionell auf die Entlassung und die potentiellen Probleme im häuslichen
Umfeld vorzubereiten (Koch-Straube 2001).
Berufspolitisch schlagen sich diese Veränderungen in aktuellen Gesetzesnovellierungen (Al-
tenpflegegesetz 2003, Krankenpflegegesetz 2004) und nationalen Leitlinien zur Qualitäts-
sicherung nieder, wie z. B. in den nationalen Expertenstandards zum Schmerz- und Entlas-
sungsmanagement (Deutsches Netzwerk für Qualitätsentwicklung in der Pflege 2004). Durch
den Wandel des Krankheitsspektrums hin zur Dominanz chronischer Erkrankungen liegt der
Fokus nicht mehr nur auf der Heilung von Krankheiten, sondern auch auf der Unterstützung
der Patienten in ihrer Krankheitsbewältigung. Insbesondere bei Krebserkrankungen kommt es
zu Auseinandersetzungen mit existenziellen Bedrohungen und dadurch zu Lebensbruchkrisen
und traumatischen Erfahrungen (Schaeffer/Moers 2000). Diese krisenhafte Auseinanderset-
zung der Patienten mit ihrer Tumorerkrankung erfordert von der Pflege Beratungsangebote,
die den Patienten zur Anpassung an seine Erkrankung befähigen und die Integration seiner
Schlüsselwörter veränderten Lebenssituation in den Alltag fördern (Rennecke 2000).
Beratung Auf diese Beratungsaufgaben sind Pflegekräfte bisher nur unzureichend vorbereitet. Beratung
wird meist ohne entsprechende qualifikatorische Basis durchgeführt (Abt-Zegelin 2002, Kne-
Lernfeld
lange/Schieron 2000). Deswegen wird von Experten gefordert, Beratung als Lerngegenstand
Handlungsfeld sowohl in die Aus- aber auch in Weiterbildungen stärker zu integrieren und gezielt Kompe-
tenzen zum Beratungshandeln zu entwickeln. Um Tumorpatienten in ihrer Anpassungsleis-
Handlungskompetenzen
tung zu unterstützen, ist es besonders für onkologische Fachpflegekräfte1 unerlässlich, über
Onkologische Pflege Beratungskompetenzen zu verfügen.
Ergebnisse
Auf der Basis einer Vielfalt von Beratungskonzepten in der Pflege – wie beispielsweise sys-
temtheoretische, verhaltensorientierte oder humanistische Ansätze – wurde von den Autoren
die folgende Definition von Beratung entwickelt. Sie liegt der empirischen Untersuchung
bzw. der gesamten Arbeit zu Grunde:
Beratung in der Pflege ist ein Beziehungsprozess zwischen Pflegenden und Patienten bzw.
seinen Bezugspersonen mit dem Ziel, sie bei der Krankheits- und Krisenbewältigung zu
unterstützen. Dies geschieht durch:
• Unterstützen beim Bewältigen von Problemen
• Unterstützen beim Finden von Entscheidungen
• Fördern, Entdecken und Erhalten von Ressourcen
• Unterstützen beim Auseinandersetzen mit veränderten Lebensumständen und den
daraus resultierenden Emotionen.
Im Folgenden wird das Handlungsfeld „Beratung in der onkologischen Pflege“ anhand des
entwickelten Analyserasters beschrieben.
Patienten Bezugspersonen
Voruntersuchung (Gaatz/Doll 2003) erstellter
Mittelwerte: 1= nie;
3
der Mittelwerte (Abb. 1) lässt sich ablesen, dass
zu bestimmten Themen sowohl Patienten als
2 auch Bezugspersonen häufiger beraten werden
1
(z. B. Angst, Ernährung, Übelkeit/Erbrechen,
Schmerz und Umgang mit Medikamenten) als
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Mit zwei offenen Fragen wurde nach weiteren relevanten Pflegethemen gefragt. Ein wichti-
ges Ergebnis der Untersuchung ist, dass sich durch die Auswertung der offenen Fragen ein
breites – nicht antizipiertes – Spektrum von Beratungsanlässen ergeben hat, die in sechs
Beratungsprozess
Die Analyse von fünfzehn Be-
Beratung als Problemlöseprozess ratungsmodellen zeigt, dass
Beratungshandeln als ein Ar-
beitsprozess mit aufeinander
aufbauenden Handlungsschrit-
Phase 6: Beratung beenden Phase 1: Beziehung herstellen ten (nach dem Modell der
vollständigen Handlung) iden-
tifi ziert werden kann. Einige
Theoretiker kritisieren jedoch,
Phase 5: Beratungsprozess Phase 2: Beratungsbedarfe/
dass Beratung kein an linearen
reflektieren -bedürfnisse erfassen Phasen orientiertes Geschehen
ist, sondern eher zirkulär und
verschränkt verläuft. Für die
Beratung in der onkologischen
Phase 4: Lösungen Phase 3: Beratungsziele
Pflege stellt ein am etablierten
entwickeln aushandeln Pflegeprozess orientiertes Pha-
senmodell ein sinnvolles Glie-
derungsinstrument dar, das
Abb. 2 hilft den Beratungsprozess zu
strukturieren.
Zu Beginn des Beratungsprozesses stellt die Kontaktaufnahme und der Aufbau einer sym-
metrischen Beziehungs- und Vertrauensbasis eine Grundvoraussetzung für eine ge-
lingende Beratung dar. Abhängig davon, ob die Beratung eingebettet in eine bereits beste-
hende Pflegebeziehung oder losgelöst in einem strukturierten Beratungsangebot stattfindet,
muss diese Phase unterschiedlich intensiv und bewusst gestaltet werden.
Das diagnostische Denken des Beraters ist von zentraler Bedeutung. Mehr oder weniger
explizit stehen zu Anfang des Beratungsprozesses eine gemeinsame Exploration des Pro-
blems und eine Identifikation sowohl des objektiven Beratungsbedarfes als auch des
subjektiven Beratungsbedürfnisses. Hierbei ist eine theoriegeleitete Hypothesenbildung
des Beraters notwendig; durch strukturiertes Beobachten, waches Analysieren der Gesamt-
situation (durch Fragen und Spiegeln) und gemeinsames Bewerten kann das Problem als
Ausgangspunkt der Beratung identifiziert werden.
Kontextbedingungen
Bei der Analyse der Beratungsliteratur zu Aussagen, die sich auf die Kontextbedingungen
von Beratungssituationen in der Pflege beziehen, sind vor allem zwei große Argumentati-
onsstränge bezogen auf die zeitlichen und räumlichen Bedingungen von Beratung in der
Pflege zu erkennen: Es wird eine kontroverse Auseinandersetzung zwischen formeller, insti-
tutionalisierter Beratung und informeller, spontaner Beratung geführt.
Viele Autoren betonen, dass es für die Beratung in der Pflege typisch ist, dass es kein klar
definiertes Beratungssetting (Beratungsraum, klare Terminvereinbarungen und abgesteckter
Zeitrahmen) gibt, sondern dass die große Chance der Pflege darin besteht, alltagsnah bera-
ten zu können und zwar immer dann, wenn vom Patienten Signale zu einem Beratungsbe-
dürfnis ausgehen. Beratung ist dann keine Spezialtätigkeit, sondern wird als Pädagogisierung
der stattfindenden Pflege in den alltäglichen Pflegeprozess bzw. den Arbeitsablauf integriert
(Koch-Straube 2000; 2003; Abt-Zegelin 2003). Dass sich Beratungsgespräche in der Pflege
ungeplant und unvorhersehbar entwickeln, hängt auch damit zusammen, dass Patienten in
ihrer Not mit ihren Anliegen sozusagen „herausplatzen“ und einer „zeitnahen interaktions-
orientierten Zuwendung“ (Stratmeyer 2001) bedürfen. Der Pflege kommt die besondere
Aufgabe zu, den pädagogisch günstigen Moment zu erkennen, d.h. auch indirekte und
implizite Anspielungen als Beratungsbedürfnis zu identifizieren und angemessen darauf zu
reagieren (London, 2003).
Einige Autoren hingegen plädieren dafür, gezielt geplante und strukturierte Beratungsan-
gebote in die Pflege zu implementieren. Nur wenn ein klarer zeitlicher Rahmen und ein ge-
schützter Raum zur Verfügung stehen, kann dem Beratungsbedarf von Patienten und ihren
Bezugspersonen ihrer Meinung nach entsprochen werden (Stratmeyer 2001, Koch-Straube
2003). Die Vorteile solcher institutionalisierten Angebote, wie z. B. Pflegebüros, Beratungs-
stellen, Angehörigensprechstunden und geplante eher alltagsdistanzierte Beratungsgesprä-
che in einem Beratungsraum auf Station, bestehen darin, dass Vorbedingungen (Kenntnisse,
Motivation des Patienten, individueller Stand der Krankheitsbewältigung), unterstützende
Medien (Broschüren, Infoblätter, Modelle) mit in die Beratung einbezogen werden können
und alle Beteiligten ausreichend Zeit mitbringen. Damit erhöht sich die Wahrscheinlichkeit,
dass umfassend und vollständig unter Einbeziehung verschiedener Perspektiven beraten
werden kann (Stratmeyer 2001, London 2003; Abt-Zegelin 2002).
Auffallend ist, dass in der Literatur kaum Aussagen bezüglich der Bezugspersonen gemacht
werden. Es wird lediglich darauf verwiesen, dass im Rahmen der Pflegeversicherung eine
Beratung der Bezugspersonen bei alleinigem Bezug von Pflegegeld vorgesehen ist (George/
George 2003, 2004).
Die Literaturanalyse verdeutlicht, dass bei Beratung sowohl formelle, institutionalisierte als
auch informelle, spontane Beratungssituationen eine wichtige Rolle spielen. Die empirische
Untersuchung zeigt auf, dass Beratungsgespräche mit Patienten zum überwiegenden Teil
spontan stattfinden, nämlich zu knapp 70% meistens spontan und zu 15% fast immer spon-
tan. Onkologische Pflegekräfte planen ihre Beratungsgespräche mit Patienten lediglich zu
knapp 13% (meistens geplant: 8,6%; fast immer geplant: 4,3%). Bei den Bezugspersonen
werden Beratungsgespräche noch seltener geplant, insgesamt knapp 7%. Der Anteil der fast
Synthese: Beratungsmodell
Um die vielschichtigen Aspekte des Handlungsfeldes „Beratung in der onkologischen Pfle-
ge“ darzustellen, entwickeln die Autoren das Systemische Beratungsmodell HUGADO3
(Abb. 4). Es dient dazu die komplexen Interaktionen und Interdependenzen aller Beteilig-
Dabei sind die Dimensionen nicht starr voneinander abgegrenzt in gleich große Teile, viel-
mehr stehen sie in einem Fließgleichgewicht und korrespondieren miteinander.
Eine weitere wichtige Komponente im System „Lebenswelt Patient“ stellt die Bezugsperson
dar. Auch bei ihr hat die Tumorerkrankung des Patienten Auswirkungen auf die eigene kör-
perliche, psychische, soziale sowie spirituelle Dimension. Für ihre eigene Krisenbewältigung
benötigen Bezugspersonen deswegen Unterstützung und Beratung durch Pflegekräfte. Anläs-
se sind beispielsweise Schlafstörung (körperliche Dimension), Trauer (psychische Dimension),
Rollendiffusion (soziale Dimension) und Sinnfragen (spirituelle Dimension). Darüber hinaus
brauchen Bezugspersonen aber auch Kompetenzen, um ihre veränderte Rolle auszufüllen.
Die Krankheit verändert das Interaktionsspektrum zwischen Bezugsperson und Patient, und
die Bezugspersonen müssen dazu befähigt werden, Pflege- und Betreuungsaufgaben ge-
genüber dem Patienten zu übernehmen. Beratungsanlässe sind beispielsweise Hintergrund-
wissen zum Thema Schmerz, Umgang mit Port, Fähigkeit, sich Unterstützung von z. B.
Selbsthilfegruppen oder Hospizdiensten zu holen und die Fähigkeit, seine eigenen Grenzen
zu erkennen. Bei der Beratung von Bezugspersonen ist es darum wichtig, dass Pflegende die
Doppelrolle der Bezugspersonen erkennen und berücksichtigen.
Die Interaktionen zwischen der Pflegekraft des „Betreuungssystems“ und dem System „Le-
benswelt Patient“ stellt der Beratungsprozess dar. Dieser Prozess ist zu verstehen als dyna-
misch und interdependent und nicht als statisch vorgegeben, linear und eindimensional.
Da die Pflegekraft im Beratungsprozess Informationen über die Beratungsbedürfnisse des
Patienten/der Bezugsperson bekommt, weitere Einflussfaktoren auf den Beratungsgegen-
stand erfasst und die Gesamtsituation mit dem Patienten/der Bezugsperson exploriert, ist
der Beratungsprozess mit einem Doppelpfeil dargestellt. Dabei durchläuft er unterschiedliche
aufeinander folgende, teilweise ineinander übergehende Phasen (vgl. Abb. 2). Der Bera-
tungsprozess wird beeinflusst von der Wechselbeziehung zwischen den Kompetenzen der
Pflegekraft auf der einen Seite und der im Vordergrund stehenden körperlichen, psychischen,
sozialen oder spirituellen Dimension des Patienten auf der anderen Seite.
Beratungsanlässe resultieren nicht nur aus originären Pflegehandlungen zwischen Pflegekraft
und Patient/Bezugsperson. Es gibt Beratungsanlässe, die sich auf Interaktionen zwischen Mit-
gliedern des therapeutischen Teams (vor allem den Ärzten) und den Patienten und ihren Be-
zugspersonen beziehen. Pflegekräfte nehmen wegen ihrer Lebens- und Alltagsweltnähe zum
Patienten/zur Bezugsperson eine Dolmetscherfunktion bezogen auf Diagnose und Therapie
Voraussetzungen: Fachkenntnisse zur onkologischen Pflege bezogen auf alle sechs Kategorien
Feldkompetenz
• Fachkenntnisse in den sechs Kategorien (körperliche, psychische, soziale, spirituelle Dimen-
sionen der Patienten und ihrer Bezugspersonen), Dolmetscherfunktion Diagnose/Therapie,
Entlassungs- und Versorgungsmanagement anwenden
• Die Doppelrolle von Bezugspersonen im System „Lebenswelt Patient“ verstehen und die Be-
zugspersonen in den Beratungsprozess einbeziehen
Lerninhalte
• Inhalte anderer Lernfelder z. B. das Phänomen „Schmerz“ werden genutzt, um daran exem-
plarisch das Beratungshandeln und die Zusammenhänge aufzuzeigen:
o zum fachlichen Wissen bezogen auf die körperliche, psychische, soziale und spirituelle
Dimension des Patienten und seiner Bezugspersonen
o zu Kenntnissen bezogen auf die Dolmetscherfunktion Diagnose/Therapie und das Entlas-
sungs-/Versorgungsmanagement
Tab. 2
Die Pflegekraft muss im Bereich der onkologischen Pflege Fachwissen über die Auswirkungen
von onkologischen Erkrankungen auf die vier Dimensionen des Patienten und seiner Be-
zugspersonen haben. Die fachlichen Inhalte hierzu müssen an anderer Stelle im Curriculum
erworben werden. Innerhalb dieses Lernfeldes werden diese Inhalte genutzt um sie an ex-
emplarischen Lernsituationen z. B. „Eine Patientin mit Tumorschmerzen“ mit Beratungshan-
deln zu verknüpfen. Anhand des Phänomens „Schmerz“ können dann die Auswirkungen für
Patient und Bezugspersonen und die Beratungsbedarfe in allen vier Dimensionen analysiert
werden. Die Übersetzungsleistung bezogen auf Schmerztherapie und die Entlassungsbera-
tung können am Beispiel der Schmerzpatientin bearbeitet werden.
Die Feldkompetenz wird von der Methodenkompetenz (Tab. 3) unterschieden. Sie bezieht
sich auf die Gestaltung des Beratungsprozesses und seiner Kontextbedingungen. Diese Ein-
teilung wird dem besonderen Charakter von Beratung gerecht, der sich dadurch auszeich-
net, dass es zu einer Verschränkung von Fachkenntnissen (Beratungsinhalt) und interaktiven
Fähigkeiten (Beratungsmethoden) kommt.
Kernelement der Methodenkompetenz ist das Verständnis, dass Beratung ein prozesshaftes
Geschehen ist und dazu – orientiert an den Phasen des Beratungsprozesses bzw. der voll-
ständigen Handlung – Teilkompetenzen notwendig sind, um diese Schritte ausgerichtet am
individuellen Bedarf bzw. Bedürfnis zu gestalten. Herausgehoben werden soll an dieser Stelle
die Fähigkeit zum diagnostischen Denken. Mehrere Theoretiker (Bartholomeyczik 2001a-c,
Koch-Straube 2001) haben betont, dass diese Kompetenz zentral ist, um überhaupt Bera-
tungsbedarfe bzw. -bedürfnisse identifizieren zu können und durch hermeneutisches Fallver-
stehen erst gesichert ist, dass die Ausgangssituation und die Umstände des Beratungsanlasses
in ihrer Komplexität und Wechselwirkung erkannt werden können. Pflegekräfte sollten sich
mit unterschiedlichen Beratungsmodellen und den Beratungsprozessen mit den unterschied-
lichen Phasen und deren Bedeutung beschäftigen. Neben der Einführung der Basisvariablen
von Beratung nach Rogers geht es vor allem um das Vertiefen und Üben unterschiedlicher
Gesprächstechniken im Beratungsgespräch. Zum Erwerb von beraterischer Methodenkompe-
tenz reicht eine rein inhaltliche Vermittlung bei Weitem nicht aus. Hier ist eine methodische
Umsetzung in handelndes Tun in simulierten Anwendungssituationen und die Reflexion
des Handelns im Lernprozess nötig (Simulation, Übung, Training, Handlungsorientierter
Unterricht). Zur Entwicklung von diagnostischen Kompetenzen ist fallbasiertes Arbeiten von
zentraler Bedeutung. Die Verzahnung von Theorie und Praxis durch Praxisaufträge wird als
wichtig angesehen.
Mit der Bezeichnung Systemkompetenz (Tab. 4) betonen Lay und Haas-Unmüßig, dass
es in der Beratung nicht nur um die Kommunikation zwischen zwei Individuen geht, son-
dern um interdependente Interaktionen von Mitgliedern von Systemen. Als Pflegekraft ist
es deshalb unabdingbar diese Verflechtungen verstehen, analysieren und mitgestalten zu
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Anmerkungen
1 Pflegekräfte, die sich in einer zweijähriger berufsbegleitenden Fachweiterbildung auf die Pflege von Patienten
mit Tumorerkrankungen spezialisiert haben. (Onkologie = Lehre der Tumorerkrankungen)
2 Das komplette Lernfeld beinhaltet Gesprächsführung, Anleitung und Beratung; in dieser Arbeit wird nur
das Teilhandlungs- bzw. Teillernfeld „Beratung in der onkologischen Pflege“ bearbeitet. Zur sprachlichen
Vereinfachung werden in der ganzen Arbeit jedoch die Begriffe Handlungs- bzw. Lernfeld verwendet
3 benannt nach den Autoren HUmmel-GAatz/DOll