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Welche Praxisanleitung eignet sich für wen? Heterogene


Lernvoraussetzungen berücksichtigen. Teil 2

Article in Pflegezeitschrift · September 2021


DOI: 10.1007/s41906-021-1109-4

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3 authors:

Katharina Lüftl Andrea Kerres


Technische Hochschule Rosenheim Katholische Stiftungshochschule München
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Christiane Wissing
Berufsfachschule für Pflege Erding der Schwesternschaft München vom BRK
28 PUBLICATIONS 13 CITATIONS

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PFLEGE PÄDAGOGIK

Welche Praxisanleitung
eignet sich für wen?
Heterogene Lernvoraussetzungen berücksichtigen (Teil 2) Praxisanleitende
treffen in der Anleitungssituation auf Lernende mit unterschiedlichen Lernvor-
aussetzungen. Wie die Hochschulen mit primärqualifizierenden Studiengängen
sie dabei unterstützen können, diese Lernvoraussetzungen aufzugreifen, ver-
deutlicht der zweite Teil des Beitrags zur Gestaltung von Praxisanleitung. Das
Stichwort: Adaptive Praxisanleitung. Katharina Lüftl, Andrea Kerres, Christiane Wissing

unterschiede der Lernenden erfassen und bei der Gestaltung von


ZUSAMMENFASSUNG Lernprozessen berücksichtigen. Strategien des adaptiven Unter-
richtsstils bestehen beispielsweise darin, bei Stillarbeit Aufgaben-
Um einen adaptiven Stil der Praxisanleitung umzusetzen, be- stellungen zu variieren, um Lernenden unterschiedlicher Leis-
nötigen Praxisanleitende Unterstützung. Im vorliegenden tungsstärke gerecht zu werden (Helmke 2015). Analog dazu lässt
Beitrag wird deshalb exemplarisch aufgezeigt, welchen Bei- sich der Begriff der adaptiven Praxisanleitung für einen Anlei-
trag Hochschulen im Rahmen der Lernortkooperation leisten tungsstil verwenden, der die Empfehlungen der Expert*innen auf-
können, damit Praxisanleitende aus dem Curriculum der greift (Kasten).
hochschulischen Pflegeausbildung Schlussfolgerungen für Es würde den Rahmen des Beitrags sprengen, zu allen genann-
die Gestaltung von Anleitungssituationen ziehen können. ten Merkmalen aufzuzeigen, wie Praxisanleitende bei deren Um-
Auch Rahmenbedingungen für einen konstruktiven Umgang setzung unterstützt werden könnten. Nachfolgend sollen deshalb
mit Heterogenität werden aufgezeigt. nur anhand eines Beispiels Vorschläge dazu entworfen werden, wie
sich aus dem Curriculum der hochschulischen Pflegeausbildung
Schlüsselwörter: Adaptive Praxisanleitung, Schlussfolgerungen für die Anleitung ziehen lassen.
Heterogenität, Lernvoraussetzungen
Beispiel Modul Ernährungsmanagement
Der Bachelorstudiengang Pflegewissenschaft der TH Rosenheim
enthält im zweiten Semester das Modul Ernährungsmanagement.

W
ie Praxisanleitende heterogene Lernvoraussetzungen
aufgreifen können, wurde anhand von Experteninter- Ziele des Moduls: Die Studierenden sollen unter anderem
views im ersten Teil des Beitrags zur Heterogenität von _ am Beispiel des Expertenstandards Ernährungsmanagement
Lernvoraussetzungen aufgezeigt (Lüftl, Kerres, Wissing 2021). Im und ernährungsrelevanter Leitlinien erkennen, welche Bedeu-
zweiten Teil soll nun veranschaulicht werden, wie Praxisanleiten- tung diese Instrumente für eine evidenzbasierte Pflegepraxis
de dazu befähigt und dabei unterstützt werden können. Dabei wird haben
auch darauf eingegangen, welche Basisqualifikation Praxisanlei- _ erkennen, wie sich die Ernährungssituation Pflegebedürftiger
tende für die Ausübung ihrer Tätigkeit benötigen. Um die Vorschlä- anhand wissenschaftsbasierter Methoden ermitteln lässt
ge zum konstruktiven Umgang mit Heterogenität zu realisieren, _ anhand von Fallbeispielen geeignete evidenzbasierte Ernäh-
benötigen Praxisanleitende zudem geeignete Rahmenbedingungen rungsinterventionen recherchieren
in den Einrichtungen. _ ein Verständnis für die Bedeutung der Patientenedukation im
Es hat sich gezeigt, dass eine Herausforderung für Praxisanlei- Kontext des Ernährungsmanagements entwickeln
tende darin besteht, mittels verschiedener Handlungsansätze auf _ erkennen, dass pflegebedürftige Menschen verdeckte, hoch-
die heterogenen Lernvoraussetzungen der Lernenden einzugehen. komplexe Ernährungsbedarfe haben können.
In der Unterrichtsforschung wird von einem adaptiven Unterrichts- In dem Modul werden die Studierenden exemplarisch daran her-
stil gesprochen, wenn Lehrende in ihrem Unterricht Kompetenz- angeführt, wie sie aus Expertenstandards und Leitlinien relevante

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Wichtiges Weiterbildungsthema: Die Adaptive Praxisanleitung setzt


eine Analyse der unterschiedlichen Bedarfe der Lernenden voraus.

Informationen gewinnen können. Da im Studiengang das Konzept nahmen planen, um einer drohenden oder bestehenden
verfolgt wird, edukative Kompetenzen stufenweise aufzubauen, Mangelernährung entgegenzuwirken
wird außerdem – ebenfalls exemplarisch am Thema Ernährung – _ Essen und Trinken bei pflegebedürftigen Personen mit unter-
mit der Patienteninformation begonnen. Praxisanleitende sollten schiedlichen Unterstützungsbedarfen wie beispielsweise einer
diese curricularen Überlegungen kennen und verstehen. Schluckstörung unter Anleitung anreichen
_ eine pflegebedürftige Person mit bestehendem Risiko für eine
Fortbildungsformat für Praxisanleitende: Hierfür lässt sich an der Mangelernährung sowie deren Angehörige über Entstehung
TH Rosenheim das Forum Praxisanleitung nutzen, das für die und Folgen von Mangelernährung informieren.
Lernortkooperation zwischen Hochschule und Praxiseinrichtun- Zu diesen Themen lassen sich dann Lernaufgaben entwickeln. Eine
gen ins Leben gerufen wurde. Dabei handelt es sich um ein kosten- Aufgabe könnte darin bestehen, für eine demenzielle erkrankte
freies, ein- bis zweimal pro Jahr stattfindendes Fortbildungsformat pflegebedürftige Person ein geeignetes Screeningtool auszuwählen
für Praxisanleitende. Hier werden Schwerpunktthemen des Studi- und damit ein Risiko für eine Mangelernährung abzuklären. Auf-
enganges vorgestellt und begründet. Es wird auch aufgezeigt und gabe könnte zudem sein, für die pflegebedürftige Person den Ener-
gemeinsam erarbeitet, wie diese in die praktische Ausbildung der giebedarf zu berechnen und auf Grundlage eines Gesprächs mit ihr
Studierenden transferiert werden können. Damit dies gelingt, wer- sowie ihren Angehörigen zu planen, wie eine zusätzliche Nah-
den nicht nur berufspädagogische, sondern auch pflegefachliche rungsaufnahme bedürfnisgerecht gestaltet werden könnte.
Inhalte vermittelt oder aufgefrischt.
Ein Forum Praxisanleitung zur Anleitung Studierender im Er- Fortbildungsbedarf zum Umgang mit Heterogenität
nährungsmanagement ließe sich wie folgt gestalten: Auf pflegefach- Die befragten Expert*innen schlagen darüber hinaus vor, dass Pra-
licher Ebene könnte zunächst der Expertenstandard Ernährungs- xisanleitende im beruflichen Alltag begleitet und beobachtet wer-
management (Bartholomeyczik et al. 2017) im Mittelpunkt stehen. den, um das Eingehen auf Lernvoraussetzungen zu üben und zu
Außerdem bietet sich die Darstellung einer exemplarischen Ernäh- reflektieren:
rungsleitlinie wie beispielsweise der S3-Leitlinie Klinische Ernäh- „Schließlich sollte für jeden Praxisanleiter die Möglichkeit von
rung in der Geriatrie (Volkert et al. 2013) an, die derzeit aktuali- […] Vor-Ort-Konsultationen durch pädagogische Fachkräfte sicher-
siert wird. Des weiteren ließen sich zu Kerninhalten der vorgestell- gestellt sein. Die Betrachtung des eigenen pädagogischen Handelns
ten Instrumente in verschiedenen Arbeitsgruppen Anleitungsthe- durch eine externe Fachperson ermöglicht die persönliche Weiterent-
men erarbeiten. wicklung.“ (Wolfgang Lau, Fachkinderkrankenpfleger für Pädiat-
rische Intensivpflege und Neonatologie, Praxisanleiter der Stiftung
Anleitungsthemen und Lernaufgaben: Arbeitsergebnisse könnten ICP München)
unter anderem sein, dass Studierende Anknüpfend daran besteht auch die Möglichkeit, Anleitungs-
_ bei einer pflegebedürftigen Person mithilfe eines geeigneten szenarien im Skillslab durchzuführen. Die Rolle der Auszubilden-
Screeningtools systematisch Anzeichen und Ursachen einer den oder Studierenden ließe sich dabei von (Laien)Schauspieler*­
drohenden oder bestehenden Mangelernährung erfassen innen übernehmen. Ein Szenario könnte sich beispielsweise mit der
_ für und mit einer pflegebedürftigen Person geeignete Maß- Erhebung des Lernstandes im Erstgespräch befassen. Im Rahmen

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PFLEGE PÄDAGOGIK

Eine Expertin hält die Bachelorqualifikation zwar für wichtig,


CHECKLISTE: zweifelt jedoch an der Realisierbarkeit:
EXPERT*INNENEMPFEHLUNG „Werden Praxisanleiter*innen nach den verschiedenen Ausbil-
dungsarten qualifiziert, geraten wir evtl. in eine große Kleinteiligkeit.
ADAPTIVE PRAXISANLEITUNG Dann müssten für die Spezialbereiche z.B. in der Neo drei verschiede-
Um die unterschiedlichen Voraussetzungen von Ler- ne Praxisanleiter*innen zur Verfügung stehen: für berufsschulisch
nenden zu berücksichtigen, sollten Praxisanleitende ­Ausgebildete, Studierende und Fachweiterbildungs-Teilnehmende.
Ist das realistisch?“ (Pascale Hilberger-Kirlum, Pflegepädagogin
✓ aus den Curricula der verschiedenen Ausbildungs-
(B.A.), Stabstelle Pflegepolitik, Schwesternschaft München vom BRK
gänge Schlussfolgerungen für die Gestaltung von (e.V.)
Anleitungssituationen ziehen An der größten Kooperationseinrichtung der TH Rosenheim,
✓ im Erstgespräch zu Beginn des Praxiseinsatzes die dem RoMed-Klinikum, wird deshalb erprobt, wie die Anleitung
Lernvoraussetzungen erheben und Anleitungsthe- von Studierenden durch zwei zentral angestellte Praxisanleitende
men, Anleitungsziele und Anleitungsmethoden dar- gelingen kann, die ein duales Pflegestudium und in dieses integ-
an ausrichten riert die Praxisanleiterqualifikation absolviert haben. Studierende
✓ Lernende in den Prozess der Lernzielformulierung erhalten im Stationsalltag auch Anleitung durch herkömmlich aus-
miteinbeziehen gebildete Praxisanleitende. Für Themen, die diesen nicht geläufig
sind – wie beispielsweise den Prozess der Pflegediagnostik – sind
✓ der Wahl der Anleitungsmethode einen hohen Stel-
die zentralen Praxisanleiter*innen zuständig.
lenwert einräumen (diese beinhaltet Lern- und Ar-
beitsweisen, die bei Lernenden analog zu ihren Rahmenbedingungen für die Praxisanleitung
Lernvoraussetzungen gefördert oder weiterentwi-
Als Voraussetzung für eine Praxisanleitung, die heterogene Lernvor-
ckelt werden können)
aussetzungen berücksichtigt, betrachten die Expert*innen eine Hal-
✓ Patient*innenfälle für Anleitungssituationen nach tung der Praxisanleitenden, die Vielfalt befürwortet. Sie beobachten
Komplexitätsgrad der pflegerelevanten Phänomene in der Pflege jedoch Abwehrhaltungen gegen die generalistische und
auswählen insbesondere gegen die hochschulische Pflegeausbildung, die einen
konstruktiven Umgang mit Heterogenität verhindern:
„Hier ist ein Perspektivwechsel durch […] Praxisanleitende zwin-
des Debriefings ließe sich reflektieren, welche Lernvoraussetzun- gend erforderlich. Die Angst vor Veränderung scheint mir bei unserer
gen sich zeigten und wie deren Erhebung weiterentwickelbar ist. Berufsgruppe tief verankert zu sein. Die Möglichkeit auf verschiedenen
Einer Untersuchung von Lehmann et al. (2020) zufolge sollte die Ebenen in der Pflege seinen Karriereweg einzuschlagen, stößt […] auf
Analyse der Lernvoraussetzungen auch in der Weiterbildung zur Skepsis und Unsicherheit. Dabei stellen sich Pflegefachkräfte häufig die
Praxisanleitung mehr Raum einnehmen. Frage, wie viel ist ihre Ausbildung und Berufserfahrung noch wert. Der
Sinneswandel, hin zu einer Profession, die […] angehende Pflegefach-
Basisqualifikation für Praxisanleitende kräfte bei ihren gewählten Ausbildungswegen unterstützt, wird eine
Die Expert*innen äußerten außerdem, dass die Qualifikation der herausfordernde Aufgabe der nächsten Jahre.“ (Eva-Maria Zehetmair,
Praxisanleitenden auf dem gleichen Level liegen sollte wie das Qua- Absolventin des Bachelorstudienganges Pflege an der TH Rosen-
lifikationsziel der von ihnen angeleiteten Lernenden: heim, zentrale Praxisanleiterin RoMed Kliniken Rosenheim)
„Ziel sollte sein, dass Praxisanleitende mindestens den Abschluss „Die größte Herausforderung ist, diese Diversität zuzulassen und
haben, welcher vom Lernenden angestrebt wird.“ (Prof. Dr. rer. me- nicht sie zu bekämpfen.“ (Prof. Dr. rer. medic. Christa Mohr)
dic. Christa Mohr, Studiengangleiterin Bachelorstudiengang Pfle- Heterogenität muss also willkommen sein, um auf dieser
ge, OTH Regensburg) Grundlage individuelle Förderung von Lernenden zu ermöglichen.
„Ein Praxisanleiter mit dreijähriger Pflegeausbildung wird den Hattie (2017) legt in seinem viel beachteten Werk „Lernen sichtbar
Studierenden des Pflegestudiengangs in vielerlei Hinsicht nicht aus- machen“ dar, dass es sehr positive Effekte auf die Lernleistung hat,
reichend abholen können, wenn es z. B. um pflegewissenschaftliche wenn Unterricht an den spezifischen Bedarfen der Lernenden aus-
Erörterungen geht. Hier wäre eine Pflegefachkraft schlichtweg über- gerichtet ist. Von der Groeben (2014) warnt davor, dass eine man-
fordert.“ (Wolfgang Lau) gelnde Ausrichtung pädagogischen Handelns an den Lernvoraus-
Dass Praxisanleitende über einen Bachelorabschluss verfügen setzungen eine Unter- oder Überforderung verursachen und die
sollten, wenn sie Studierende anleiten, bestätigt eine Untersuchung Anstrengungsbereitschaft der Lernenden vermindern kann, so dass
von Nick et al. (2020) zu Qualitätskriterien hochschulischen Pra- ihre Leistung selbst trotz hervorragender Lernvoraussetzungen ab-
xislernens. Dabei wurden Vertreter*innen aller an der Pflegeaus- fällt. Dass Gleiches für die Praxisanleitung gilt, ist anzunehmen.
bildung beteiligten Personengruppen in einem dreistufigen Delphi- Für die Pflege von morgen wäre es verheerend, wenn sich leistungs-
Verfahren befragt, wobei hierzu unter anderem Pflegende, Praxis- starke Lernende dort nicht entwickeln können oder leistungs-
anleitende, Lehrende von Pflegeschulen und Hochschulen, Studie- schwache Lernende nicht die nötige Förderung bekämen.
rende und Studienabsolventen sowie Führungspersonen aus Pfle- Die Expert*innen verweisen außerdem darauf, dass Praxisan-
geeinrichtungen zählten. leitende ein angemessenes Deputat für die Ausübung ihrer Anlei-

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PFLEGE PÄDAGOGIK

tungsaufgaben benötigen, wobei konzeptionelle Aufgaben der Pra-


xisanleitung wie beispielsweise Entwicklung eines vielseitigen FAZIT
Lernangebotes, Konzeption unterschiedlicher Lernaufgaben sowie
Vor- und Nachbereitung von Anleitungssituationen mitzuberück- Mittels einer adaptiven Praxisanleitung lassen sich Kompe-
sichtigen sind. Auch geeignete Arbeitsräumlichkeiten und Medien tenzunterschiede von Lernenden erfassen und bei der Gestal-
wie beispielsweise Fachliteratur und der Zugang zu Datenbanken tung von Lernprozessen berücksichtigen.
müssten in den Praxiseinrichtungen für die Anleitungsarbeit vor- Dabei gilt es, Vielfalt zu befürworten. Abwehrhaltungen ver-
handen sein. Die Befragten betonen auch, dass die Rolle der Pra- hindern den konstruktiven Umgang mit Heterogenität.
xisanleitenden innerhalb der Praxiseinrichtungen mehr anerkannt
werden sollte, was sich in einer höheren Vergütung äußern sollte. Damit Praxisanleitende ihre Anleitungsaufgaben erfolgreich
ausüben können, benötigen sie ein angemessenes Deputat,
Vision Zukunft der Praxisanleitung geeignete Räumlichkeiten und Zugang zu Informationen.
Als Zukunftsvision der Expert*innen erweist sich die Implemen-
tierung sogenannter Lern- oder Ausbildungsstationen.
„Schülerstationen, die von erfahrenen Pflegepädagogen und Pra- Literatur
xisanleitenden betreut werden; nicht nur für pflegerisches Personal, _ Bartholomeyczik S, et al. (2017) Der Expertenstandard Ernäh-
sondern hier wird das multiprofessionelle Team mit einbezogen.“ rungsmanagement zur Sicherung und Förderung der oralen
(Claudia Marx, Pflegepädagogin (B.A.) der Berufsfachschulen Kli- Ernährung in der Pflege. DNQP, Osnabrück
niken Dritter Orden am Klinikum Dritter Orden München-Nym- _ Hattie J (2017) Lernen sichtbar machen. Schneider, Hohengehren
phenburg) _ Helmke A (2015) Unterrichtsqualität und Lehrerprofessionalität.
In derartigen Stationen lässt sich den Expert*innen zufolge auf- Diagnose, Evaluation und Verbesserung des Unterrichts. Klett /
Kallmeyer, Seelze-Velber
grund eines höheren Personalschlüssels ein Lernklima schaffen,
_ Jäger S, Maier M (2020) Die Lernstation im Krankenhaus: Ein
das von intensiver Betreuung geprägt ist. Es lassen sich regelmäßig
neues, zukunftsweisendes Ausbildungskonzept. In: Sahmel K-H
Lernziele formulieren und evaluieren sowie Handlungsprozesse re- (Hrsg.) (2020) Die praktische Ausbildung auf dem Prüfstand.
flektieren. Auch individuelle Lernangebote werden ermöglicht. Herausforderungen und Perspektiven., Kohlhammer, Stuttgart
Dies bestätigen Jäger und Maier (2020), die die Lernstationen als _ Nick C, Helmbold A, Latteck Ä-D, Reuschenbach B (2020) Quali-
zukunftsweisendes Ausbildungskonzept beschreiben. Anzumerken tätskriterien für hochschulisches Praxislernen in der Pflege. Zf
ist, dass sich auf interprofessionellen Ausbildungsstationen die He- Evidenz, Fortbildung und Qualität im Gesundheitswesen, 13
terogenität der Lernvoraussetzungen verstärkt, da unter anderem (153-154), S. 111-118
unterschiedliche berufliche Sozialisationen und Professionenver- _ Lehmann F, Phillipps M, Lehmann Y (2020) Anregungen für die
ständnisse aufeinandertreffen. Straub et al. (2020) beschreiben, dass Gestaltung der Weiterbildung zur Praxisanleitung. Pflegewissen-
auf ihrer interprofessionellen Ausbildungsstation Lerngruppen be- schaft, 23 (3), S. 68-80
stehend aus Lernenden der Pflege und Medizinstudierenden im _ Lüftl K, Kerres A, Wissing C (2021) Wer braucht welche Praxisan-
leitung. PflegeZeitschrift (74) 8, S. 42-45
praktischen Jahr gemeinsam von je einer Anleitungsperson der
_ Straub C, Dürkop A, Bode S (2020) Lernbegleitung auf einer
Pflege und einer ärztlichen Lernbegleiter*in betreut werden.
interprofessionellen Ausbildungsstation. Padua, 15 (2), S. 101-106
Die beschriebenen Handlungsansätze für Praxisanleitende zum
_ Von der Gröben A (2014) Verschiedenheit nutzen. Aufgabendiffe-
Umgang mit Heterogenität können auch hier hilfreich sein. renzierung und Unterrichtsplanung. Cornelsen Scriptor, Berlin
Im Sinne eines optimistischen Ausblicks in die Zukunft soll der _ Volkert D, et al. (2013) Leitlinie der DGEM. Klinische Ernährung
Beitrag mit nachfolgendem Zitat aus den Expert*inneninterviews in der Geriatrie. Aktuel Ernährungsmed, 12 (38), e1–e48
enden:
„In der Zukunft sehe ich die Praxisanleitung in der Pflege in ei-
ner viel stärkeren Verantwortung […] mit geplanten und garantier-
ten Anleiterzeiten und -stellen in Gesundheitsunternehmen. Die Pra-
xisanleitung muss ein eigenes Lehrverständnis, weg von „ich zeig dir Autorenkontakt:
schnell was“ hin zu „wir führen jetzt eine strukturierte Anleitung Prof. Dr. Katharina Lüftl, Studiengangsleiterin des Bachelorstudiengangs
durch“, entwickeln. Dadurch wird klar, dass die Anleitung von Schü- Pflege der TH Rosenheim, Professorin für Pflegewissenschaft mit
lern und Studenten im Pflegeberuf kein alltägliches und zeitrauben- Schwerpunkt Pflegepraxis und -didaktik
des Übel ist, sondern die Möglichkeit bietet, diese zum Nachdenken E-Mail: katharina.lueftl@th-rosenheim.de
anzuregen, das Lernen als Austausch und fortwährende Aufgabe zu Prof. Dr. Andrea Kerres, Studiengangsleitung Bachelor Pflegepädagogik und
etablieren und die Pflege als Profession weiterzuentwickeln.“ (Vin- Masterstudiengang Bildung und Bildungsmanagement im
cent Mühlhammer, Pflegepädagoge (B.A.), Praxisanleiter, Häusli- Gesundheitssystem, Katholische Stiftungshochschule München
che Alten- und Krankenpflege Eva Mühlhammer) E-Mail: andrea.kerres@ksh-m.de
Vor diesem Hintergrund lohnt es sich für die Praxisanleitung, Christiane Wissing, Pflegepädagogin M.A., Berufsfachschule für Pfege
die beschriebenen Herausforderungen des Umgangs mit Heteroge- Erding der Schwesternschaft München vom BRK e. V., Lehrbeauftragte im
nität anzunehmen! Bachelorstudiengang Pfege, TH Rosenheim
E-Mail: christianewissing@gmail.com

PFLEGE Zeitschrift 9.2021 / 74 41


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