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Wo Lebensglück zur allseits erwarteten Norm erhoben wird, haben es die weniger
Glücklichen im Durchschnitt schwerer
https://www.derstandard.de/story/2000133539559/die-schattenseiten-der-gluecklichsten-
laender-der-welt
Manchmal kann Glücklichsein als Zwang empfunden werden. Wer da nicht mithalten
kann, fühlt sich an den Rand gedrängt.
Foto: imago images / Westend61
Seit mittlerweile zehn Jahren präsentieren die Vereinten Nationen einmal im Jahr
den World Happiness Report. Der Bericht erfasst in gewisser Hinsicht die
Lebenszufriedenheit der Bevölkerung eines Landes und die Ursachen für die jeweiligen
Werte. Grundlage der Berichte sind vor allem Daten des Gallup World Poll. Auch wenn
der Titel einen das glauben machen könnte, in Wahrheit basiert der vom Sustainable
Development Solutions Network der UN herausgegebene Report keineswegs
ausschließlich auf dem subjektiven individuellen Glücklichsein der Menschen.
Zu den insgesamt recht komplizierten Bewertungskriterien zählen vor allem auch der
soziale Zusammenhalt, die Lebenserwartung, das Bruttoinlandsprodukt und der
Korruptionswahrnehmungsindex. Dagegen werden das politische System und
geografische oder klimatische Einflüsse in deutlich geringerem Ausmaß berücksichtigt.
In dem alljährlichen Ranking begegnen einem auf den vorderen Plätzen fast immer
dieselben Länder.
Die Finnen haben mit "onni" sogar ein eigenes Wort für Lebenszufriedenheit, und der
dänische "Hygge"-Lebensstil hat nicht zuletzt wegen der hervorragenden Performance
des Landes auf der alljährlichen Glücksrangliste auch anderswo an Popularität
gewonnen. Was auf den ersten Blick durchaus erstrebenswert erscheint und da und dort
vielleicht sogar Neid erzeugt, birgt für einige freilich auch Schattenseiten: In einer der
glücklichsten Nationen der Welt zu leben hat durchaus seinen Preis.
Für ihre Studie haben die Forschenden 7.443 Menschen aus 40 Ländern bezüglich ihres
emotionalen Wohlbefindens, ihrer Lebenszufriedenheit und allfälliger psychischer
Beschwerden befragt. Dem stellten sie den von den Probandinnen und Probanden
wahrgenommenen sozialen Druck, sich glücklich zu fühlen, gegenüber. Das Ergebnis
bestätigte bisherige Untersuchungen: Menschen, die subjektiv unter dem Druck stehen,
möglichst glücklich zu wirken, neigen signifikant häufiger zu Defiziten in ihrer
psychischen Gesundheit. Mit anderen Worten: In den "glücklichsten Ländern" der Welt
erleben viele Menschen, die beim allgemeinen "Happy-Sein" nicht mitmachen, eine
deutlich geringere Zufriedenheit mit ihrem Leben.
Was also tun? Dejonckheere und sein Team plädieren dafür zu überdenken, wie
nationales Befinden gemessen wird. Immerhin, so die Forschenden, gehe es im Leben
nicht allein um positive Emotionen, sondern auch darum, gut mit negativen Gefühlen
umgehen zu können. Vielleicht sei es an der Zeit, Länder nicht nur nach dem
allgemeinen Glück einzustufen, sondern vielmehr danach, wie offen die Bevölkerung für
die gesamte Bandbreite menschlicher Erfahrungen ist. (tberg, 21.2.2022)
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