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BMZ-PAPIER 02 | 2016
STRATEGIEPAPIER
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BMZ-PAPIER 02 | 2016
RELIGIONEN ALS PARTNER IN DER ENTWICKLUNGSZUSAMMENARBEIT
Inhalt
ZUSAMMENFASSUNG 4
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RELIGIONEN ALS PARTNER IN DER ENTWICKLUNGSZUSAMMENARBEIT
Zusammenfassung
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RELIGIONEN ALS PARTNER IN DER ENTWICKLUNGSZUSAMMENARBEIT
5. MENSCHENRECHTE STÄRKEN –
NEUE DIALOGE ÖFFNEN. 9. KONZEPTIONELLE GRUNDLAGEN ER-
Menschenrechtsverletzungen erfolgen nicht WEITERN – DEN „FAKTOR“ RELIGION
selten im Namen der Religion. Gerade deshalb BERÜCKSICHTIGEN.
wollen wir verstärkt den Dialog mit religiösen Bereits bei der Erstellung von Länder- und
Akteuren – auch den Menschenrechtskriti- Sektorstrategien werden wir die Rolle von Reli-
kern unter ihnen – suchen. Wir fördern gezielt gion stärker berücksichtigen. Dazu werden wir
diejenigen, die sich in ihren Religionen für die bestehende Analyseinstrumente ausbauen.
Menschenrechte einsetzen und daher beson-
ders als „Vermittler“ eignen.
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RELIGIONEN ALS PARTNER IN DER ENTWICKLUNGSZUSAMMENARBEIT
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1.2 BEDEUTUNG VON RELIGION FÜR → Oft sind es religiöse Autoritäten, die den Armen
NACHHALTIGE ENTWICKLUNG, FRIEDEN und Benachteiligten eine Stimme geben. Sie sind
UND GERECHTIGKEIT damit wichtige Stützen einer oft noch schwa-
chen Zivilgesellschaft. Religiöse Versamm-
Die Zusammenarbeit mit den Religionen birgt beson- lungsstätten bieten zudem häufig Raum für
dere Potentiale: gesellschaftliche Debatten.
→ Religion ist eine zentrale WerteRessource und In der Tat erinnern uns der Terror des sogenannten
gibt Orientierung für ethische und rechtliche Islamischen Staates, von Boko Haram und der Lord’s
Normen; sie ist eine eigene Form der Verge- Resistance Army oder die religiös begründete Unter-
meinschaftung von Menschen. Religionen drückung und systematische Verletzung der Rechte
sind sogar zur Quelle von Rechtssammlungen von Frauen oder Minderheiten daran, dass Religion
geworden. Religion entwickelt häufig eine poli häufig auch zur Legitimation von Gewalt und Men-
tische Gestaltungskraft. schenrechtsverletzungen missbraucht wird.
→ In vielen Entwicklungsländern genießen Re- Religion ist ambivalent – sie birgt sowohl positives als
ligionsvertreter zum Teil ein deutlich höheres auch negatives Potential:
Vertrauen als der Staat. Das führt dazu, dass in
Notsituationen oft religiöse Einrichtungen die → Religion kann identitätsstiftend wirken und
erste Anlaufstelle für die Menschen sind. Menschen unterschiedlicher Hintergründe über
Grenzen und Kontinente zusammenbringen.
→ Religion kann die individuelle und gesellschaft- Gleichzeitig können durch sie andere Menschen
liche Widerstandsfähigkeit stärken, da sie ausgegrenzt werden.
Erklärungsmuster und Rituale bereithält, um
mit Verlust, Leid, Niederlagen und Katastrophen → Religiöse Autoritäten können Brandlöscher
umzugehen. und Brandbeschleuniger in Konflikten sein.
Religionsgemeinschaften können Verfolgte und
→ Religiöse Überzeugungen sind eine wesentli Verfolgende sein.
che Motivation für viele Menschen, sich für
eine umfassende und nachhaltige Entwicklung → Religion wird manchmal zur Absicherung
einzusetzen. Viele religiöse Institutionen tragen von Macht, zur Unterdrückung von kritischen
seit jeher zu Wohlfahrt bei. Insbesondere im Bil Meinungen und zur Vermeidung von de
dungsbereich waren und sind Religionsgemein- mokratischen Reformen instrumentalisiert.
schaften wesentliche Träger von Einrichtungen
und Programmen. → Aus religiösen Überlieferungen werden immer
wieder gesellschaftliche Regeln abgeleitet, die
→ Religionsgemeinschaften bilden Netzwerke, die im Widerspruch zu den Menschenrechten ste-
auf lokaler Ebene oft bis in die abgelegensten hen und Diskriminierung begründen.
Gebiete reichen. Sie erreichen die Menschen oft
auch dort noch, wo es keine staatlichen Struktu- → Von religiösen Organisationen angebotene
ren mehr gibt. Dienstleistungen, z.B. im Bildungswesen,
erreichen zwar Menschen, die von staatlichen
→ Die Bewahrung der Schöpfung ist ein zentrales Leistungen ausgeschlossen sind, können jedoch
Anliegen der meisten Religionen. zu Radikalisierung und Intoleranz beitragen.
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Religion ist seit jeher fester Bestandteil jeder Gesell- Die hier vorliegende Strategie soll dafür den Rahmen
schaft. Sie ist einerseits Privatsache, hat aber ande- setzen. Sie baut auf den wesentlichen Aussagen der
rerseits oft eine öffentliche Dimension. Religion Zukunftscharta5 (Kapitel 6) auf, die 2014 gemeinsam
ist nicht nur Sache des Individuums und des indivi- mit der Zivilgesellschaft in einem breiten gesell-
duellen Lebensstils, sondern findet ihren Ausdruck schaftlichen Dialog entwickelt wurde.
im öffentlich gelebten Glauben, in gemeinsamen
Ritualen, in Kunst und Kultur bis hin zu Architektur
und Stadtplanung.
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Die Agenda 2030 bildet den Rahmen unserer inter- grundlage wird möglich, wenn wir an dem ansetzen,
nationalen Zusammenarbeit. Sie leitet auch unsere was den meisten Menschen wichtig ist und alle Reli-
Zusammenarbeit mit religiösen Akteuren. Diese Zu gionen in der Goldenen Regel verbindet: Menschen-
sammenarbeit ist also nicht Selbstzweck, sondern würde, Empathie, Toleranz, Gleichberechtigung und
dient der Erreichung gemeinsamer Ziele. Das hat die Freiheit, ein eigenes Leben führen zu können.
Auswirkungen auf die Auswahl der Partner und die
Prinzipien der Zusammenarbeit. Deshalb kommt es darauf an, eine Balance zu finden
zwischen der Anwendung von klaren Auswahlkrite-
Wir wollen mit Change Agents kooperieren – mit rien und dem Zugehen auf Akteure, deren Weltsicht
denjenigen, die vor Ort eine Veränderung im Sinne und Wertesystem sich von unserem unterscheiden.
einer nachhaltigen Entwicklung befördern können.
Das sind nicht nur diejenigen, die einen guten Zu-
gang zur internationalen Gebergemeinschaft haben, 3.1 AUSWAHLKRITERIEN
weil sie gut organisiert sind und die Sprache der
Entwicklungs-Community sprechen. Es sind auch die Die Auswahl religiöser Akteure als Partner in Vor-
Kritiker sogenannter „westlicher Werte“. Nicht der haben der deutschen Entwicklungszusammenarbeit
Dialog ist die Gefahr, sondern die Verweigerung des orientiert sich grundsätzlich an folgenden Kriterien:
Dialogs. Die Stärkung einer gemeinsamen Werte-
a. Achtung menschenrechtlicher Standards
und Prinzipien, d.h. ein klares Bekenntnis zur
Universalität, Unveräußerlichkeit und Unteil-
Die Art und Organisationsform der religiösen barkeit der Menschenrechte – einschließlich der
Akteure, mit denen wir zusammenarbeiten, un- Prinzipien der Nichtdiskriminierung, Chancen-
terscheidet sich je nach Ziel und Handlungsfeld. gleichheit und Partizipation.
Sie kann umfassen:
b. Entwicklungsorientierung, d.h. ein Interesse
• Religiöse Würdenträger/ Autoritäten an der Verbesserung der Lebensbedingungen
aller Menschen unter Berücksichtigung der
• Traditionelle Führer Grenzen unseres Planeten und somit der Um-
setzung der Ziele für nachhaltige Entwicklung.
• Religionsgemeinschaften und ihre Dachver-
bände c. Kompetenz und Kapazität, d.h. die (techni-
sche, organisatorische) Fähigkeit, im jeweiligen
• Religiöse Organisationen (faith-based orga- Kooperationsfeld vereinbarte Maßnahmen
nisations, FBOs) umzusetzen.
• Interreligiöse Netzwerke und Räte d. Netzwerk und Reichweite, d.h. die Anzahl der
Menschen, die Bereiche der Gesellschaft oder
• Engagierte Gläubige auf Gemeindeebene die regionalen Gebiete (z.B. in fragilen Staaten),
die tatsächlich erreicht werden können.
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e. Moralische Autorität und Vertrauen, d.h. der → Das staatliche Gewaltmonopol ist für uns ge-
tatsächliche Einfluss auf das Denken und Han- nauso Grundlage einer Kultur des Dialogs wie
deln der Menschen vor Ort. die Anerkennung der Eigenständigkeit religiö-
ser Vorstellungen und Systeme.
Diese Kriterien sind maßgebend bei der Suche nach
neuen Partnern. Die Bewertung und Anwendung der Ausschluss von Diskriminierung und Missionierung:
Kriterien muss im jeweiligen Kontext erfolgen.
→ Die deutsche Entwicklungspolitik ist welt-
anschaulich neutral – sie ist allerdings nicht
3.2 PRINZIPIEN DER ZUSAMMENARBEIT Werte-neutral. Deshalb akzeptieren wir auch in
der Zusammenarbeit mit religiösen Akteuren
Die Zusammenarbeit erfolgt auf Augenhöhe und keine Form der Diskriminierung z.B. gegenüber
soll von nachfolgenden Prinzipien geleitet sein. Eine anderen religiösen Akteuren oder gegenüber
gegenseitige Instrumentalisierung ist unbedingt zu säkularen Organisationen.
vermeiden:
→ Die deutsche Entwicklungspolitik bevorzugt
Respekt und Offenheit: keine Religionsgemeinschaft.
→ Wir erkennen den wichtigen Beitrag der → Im Rahmen der Zusammenarbeit sind Aktivi-
Religionen zu nachhaltiger Entwicklung und täten, die der Verkündung und Verbreitung der
Frieden ausdrücklich an. Dazu gehört auch die Religionen dienen, ausgeschlossen.
Erkenntnis, dass das Engagement religiöser
Gemeinschaften meist lange vor der staatlichen Transparenz, Rechenschaft und Fokus auf Wirkung:
Entwicklungszusammenarbeit bestand und
auch lange nach Beendigung von Projekten vor → Internationale Standards der Transparenz und
Ort bestehen bleiben wird. Rechenschaft gelten auch für die Kooperation
mit religiösen Akteuren. Allerdings müssen
→ Wir respektieren die Spiritualität unserer Part- die begrenzten Kapazitäten gerade kleinerer
ner und akzeptieren, dass diese nicht einfach Religionsgemeinschaften – analog zur Zusam-
„an der Garderobe“ abgelegt werden kann, bevor menarbeit mit der Zivilgesellschaft insgesamt
Gespräche zu Kooperationen beginnen. Gleich- – berücksichtigt werden (vgl. Kapitel 3.2.4).
zeitig machen wir deutlich, dass das BMZ und
seine Durchführungsorganisationen staatliche → Im Fokus der Kooperation steht die Wirkung
und damit säkulare Einrichtungen sind. der gemeinsamen Vorhaben. Bei der Formu-
lierung der Indikatoren wird darauf geachtet,
→ Religionsfreiheit schließt auch das Recht ein, dass der spezifische Beitrag der Religionen auch
keiner Religion anzugehören und keinen abgebildet werden kann (z.B. Beitrag zu Einstel-
Glauben zu praktizieren. Respekt gilt daher lungs-/Verhaltensänderungen, Steigerung des
gleichermaßen für religiöse wie nicht-religiöse Sozialkapitals).
Menschen.
→ Die Zusammenarbeit folgt dem ganzheitlichen
→ Wir sehen im Dialog mit religiösen Akteuren die Ansatz der Agenda 2030, d.h. alle Dimensionen
Chance, das eigene Entwicklungsverständnis von nachhaltiger Entwicklung müssen berück-
und die eigenen Ansätze immer wieder kritisch sichtigt werden.
zu hinterfragen. Diese Offenheit erwarten wir
auch von Religionsvertretern.
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Zur Erreichung der in Kapitel 2 genannten Ziele e. Zu diesem Fachwissen zählt auch die Frage nach
werden wir den „Faktor“ Religion systematischer als der Wirksamkeit. Wir werden daher die Koope
bisher in unsere bilaterale Zusammenarbeit einbezie- ration mit religiösen Akteuren in regelmäßi
hen. Das gilt sowohl für die Konzeption und Durch- gen Abständen evaluieren, um mehr über den
führung unserer Vorhaben als auch die Aus- und Einfluss von Religion auf nachhaltige Entwick-
Fortbildung unseres Auslandspersonals. lung herauszufinden und die Evidenzbasis zu
verbreitern.
a. Wir werden die Anzahl der Vorhaben, in denen
religiöse Akteure einbezogen sind, erhöhen. f. Insgesamt werden wir die Religious Literacy,
Dabei setzen wir nicht auf isolierte Projekte, d.h. das kontextspezifische Wissen zum pro
sondern verfolgen einen integrierten Ansatz. fessionellen Umgang mit Religion und die
D.h. religiöse Akteure werden – wo sinnvoll und entsprechende Sensibilität bei den Mitar-
möglich – in bestehende Vorhaben zu Bildung, beiterinnen und Mitarbeitern der deutschen
Gesundheit, Wasser etc. eingebunden. Entwicklungspolitik erhöhen. Bestehende
Angebote der Akademie für Internationale
b. Bereits bei der Erstellung von Länder und Zusammenarbeit (AIZ) werden ausgebaut, um
Sektorstrategien werden wir die Rolle von Re Auslandspersonal noch besser vorzubereiten.
ligion stärker berücksichtigen. In Partnerlän- Die WZ-Referentinnen und -Referenten werden
dern, in denen religiöse Akteure eine besonders wir zukünftig mit einer Sammlung von Beispie-
einflussreiche Stellung einnehmen, soll dies len/Best Practices zum Umgang mit religiösen
explizit abgebildet werden. Akteuren in ihrer Arbeit unterstützen.
c. Als Grundlage dafür werden wir Analyseinstru g. Um entscheiden zu können, mit welchen Ak-
mente wie die politisch und sozioökonomi teuren sinnvoll vor Ort zusammengearbeitet
sche Kurzanalyse und den Kriterienkatalog werden kann, führen wir in Zukunft Mappings
ausbauen. Sie sollen fundierte Informationen der religiösen Akteurslandschaft durch. Diese
zu Religion sowie der Gewährleistung von Mappings werden wir gemeinsam mit unseren
Religions- und Weltanschauungsfreiheit im Partnerländern sowie anderen Gebern konzipie-
jeweiligen gesellschaftlichen und politischen ren und umsetzen.
Kontext liefern und Handlungsempfehlungen
ermöglichen. h. In Partnerländern, in denen Religion ein beson-
ders sensibles Thema ist, führen wir nach Be-
d. Mittel- und langfristig soll dafür auch das Fach darf Portfolioanalysen zur religionssensiblen
wissen bei den staatlichen Durchführungsor Ausrichtung durch. Dabei werden wir analog zu
ganisationen ausgebaut werden. Nur so kann bestehenden Verfahren vorgehen, beispielsweise
ein professioneller Umgang mit den Religionen der konfliktsensiblen Kontext-Analyse.
gelingen. Mit dem Sektorvorhaben „Religion
und Entwicklung“ bei der Deutschen Gesell-
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4.2 INTERRELIGIÖSE UND INTRARELIGIÖSE schaften herrscht, ist nur dann möglich, wenn die
DIALOGE FÖRDERN politischen und rechtlichen Rahmenbedingungen
richtig gesetzt sind.
Viele unserer Partnerländer sind seit jeher von reli-
giöser Vielfalt geprägt. Über die Jahrhunderte haben a. Wir werden deshalb im Rahmen von Regie
sich ganz unterschiedliche Arten des interreligiösen rungsverhandlungen die Rolle von Religion
Dialogs entwickelt. In vielen Ländern gibt es inter- stärker berücksichtigen. Mit der Ratifikation
religiöse Räte oder andere Formen des institutiona- internationaler Verträge haben sich Deutsch-
lisierten Austauschs. Sie tragen zu gesellschaftlicher lands Partnerländer völkerrechtlich verpflich-
Widerstandsfähigkeit bei, richten sich gegen politi- tet, die darin verankerten Menschenrechte zu
sche Missstände, etablieren Kommunikationsstruk- achten, zu schützen und zu gewährleisten. Dort,
turen zwischen Religionen und bieten eine Plattform wo Angehörige von Religionsgemeinschaften
für die friedliche Austragung von Konflikten. unterdrückt werden, fordern wir das Recht auf
Religionsfreiheit ein. Dort, wo religiöser Ext-
a. Genau hier wollen wir anknüpfen. In Zukunft remismus um sich greift oder sogar von staat-
werden wir gezielt die Rahmenbedingungen lichen Einrichtungen befördert oder aus dem
für den interreligiösen Dialog und die entspre Ausland finanziert wird, machen wir dies zum
chenden Trägerstrukturen (Netzwerke, Räte, Gegenstand des politischen Dialogs8.
Dachverbände etc.) fördern. Einerseits werden
wir sie intensiver als bisher in bilaterale Pro b. Diskriminierungen von religiösen Minderheiten
gramme einbeziehen. und damit gesellschaftliche Konflikte sind oft
bereits in den rechtlichen Regelungen oder der
b. Andererseits sollen ihre Kapazitäten so gestärkt administrativen Praxis angelegt. Im Zusam-
werden, dass sie zu einem langfristigen Partner menhang mit der Rechtsstaatsförderung setzen
für nachhaltige Entwicklung und Frieden wer- wir uns für die Änderung diskriminierender
den. Gesetze ein. Dazu gehören unter anderem Rege-
lungen, die Frauen oder Minderheiten – religiös
c. Dort, wo es keine bestehenden Foren gibt, wer- begründet – benachteiligen oder ihnen den
den wir Dialogräume schaffen – über unsere Zugang zu Ressourcen erschweren, aber auch
Strukturen in den Partnerländern oder durch sogenannte „Blasphemie-Gesetze“, durch die
Dialogveranstaltungen in Deutschland. Meinungsfreiheit in unzulässiger Weise einge-
schränkt wird.
Auch wenn die Rahmenbedingungen durch die
staatliche Entwicklungszusammenarbeit verbessert c. In Beratungsvorhaben zu Verfassungspro
werden können, bleiben der inhaltliche Dialog und zessen werden wir stärker als bisher die guten
die theologische Auseinandersetzung alleinige Aufga- Erfahrungen aus der Kooperation zwischen
be der Religionen. Staat und Kirchen in Deutschland einbringen.
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rer Bildungsprogramme werden wir Reformen gehört auch die Sensibilisierung für Menschen-
der entsprechenden Lehrpläne und die Erstel- rechtsfragen einschließlich der Gleichberechti-
lung von neuen kultur- und religionssensiblen gung der Geschlechter.
Unterrichtsmaterialien unterstützen9. Dort,
wo die deutsche Entwicklungszusammenarbeit
unsere Partnerländer bei der Ausbildung ihrer 4.5 INTERNATIONALE NETZWERKE
Lehrkräfte unterstützt, werden wir ebenfalls auf AUSBAUEN
religiöse Toleranz und Vielfalt hinwirken.
Für einen globalen Paradigmenwechsel zu nachhalti-
e. Die Medien spielen eine zentrale Rolle für das ger Entwicklung müssen wir die Religionen auch auf
gesellschaftliche Klima. In diesem Kontext internationaler Ebene als Partner gewinnen. Im Rah-
fördern wir mit unseren Projekten zur Medi men der Umsetzung der Agenda 2030 für nachhalti-
enförderung und Journalistenausbildung auch ge Entwicklung ist dies durch den expliziten Multi-
die Religions- und Weltanschauungsfreiheit. Akteurs-Ansatz bereits angelegt. Wir brauchen einen
institutionalisierten Austausch zwischen Gebernati-
f. Zudem unterstützen wir Organisationen und onen, internationalen Organisationen und religiösen
Menschenrechtsverteidiger/innen, die zu Reli- Akteuren zu neuen Kooperationsformen.
gions- und Weltanschauungsfreiheit arbeiten.
a. Wir werden bestehende Erfahrungen und
Initiativen besser vernetzen und gemeinsame
4.4 KAPAZITÄTEN VON RELIGIÖSEN Aktivitäten umsetzen. Dafür wird das BMZ
AKTEUREN STÄRKEN Gründungsmitglied der neuen International
Partnership on Religion and Sustainable Deve
Religiöse Organisationen (faith-based organisations lopment (PaRD).
– FBOs) sind ganz unterschiedlich aufgestellt. Neben
weltweit engagierten, professionellen Organisationen Bei der Umsetzung der Maßnahmen in den fünf
gibt es zahlreiche kleinere, regionale FBOs mit nur Handlungsfeldern wollen wir die Expertise und Er-
sehr rudimentären Strukturen. Gerade diese kleine- fahrung unserer Partner in der Zivilgesellschaft und
ren Akteure sind aber meist besser vor Ort vernetzt, Wissenschaft nutzen. Insbesondere der Austausch
genießen häufig das Vertrauen der lokalen Bevölke- mit Religionsgemeinschaften in Deutschland, die oft
rung und können besonders marginalisierte Gruppen enge Verbindungen zu den Gläubigen in Entwick-
erreichen. lungsländern haben, ist notwendig und gewinn-
bringend. Auch die hier vorliegende Strategie wurde
Eine stärkere Einbeziehung im Rahmen der Entwick- unter Beteiligung von Vertreterinnen und Vertretern
lungszusammenarbeit setzt allerdings ein Mindest- unterschiedlicher Religionen und der Zivilgesell-
maß an Kapazitäten voraus (z.B. für Rechenschaftsle- schaft erstellt. Das nationale Thementeam Religion
gung, Finanzmanagement etc.). und Entwicklung10 soll auch in Zukunft kritischer
Begleiter für die Umsetzung unserer Strategie sein.
a. Um neue Partner zu gewinnen und nicht aus-
schließlich mit großen, gut organisierten Ak-
teuren zu kooperieren, werden wir gezielt den
Kapazitätsaufbau von FBOs unterstützen. Dazu 10 Das nationale Thementeam wurde im Dezember 2014 gegrün-
det, um die Diskussion zu Religion und Entwicklung kritisch
zu begleiten. Mitglieder sind Vertreterinnen und Vertreter reli-
9 Eine Orientierung bieten die „Toledo-Leitlinien für Unterricht giöser Organisationen, säkularer NGOs, politischer Stiftungen
über Religion und Weltanschauung an öffentlichen Schulen“ und der Wissenschaft. Das Thementeam trifft sich ca. 3 mal
(OSZE/ODIHR, 2007). jährlich im BMZ.
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Wir haben bereits gute Erfahrungen in der Zusam In Mauretanien und anderen afrikanischen Ländern
menarbeit mit religiösen Akteuren gemacht. Neben ist es gelungen, muslimische Gelehrte für den Kampf
der über 50jährigen Kooperation mit den beiden gegen weibliche Genitalverstümmelung zu gewin-
kirchlichen Zentralstellen können Projekte von nen. Die Verurteilung dieser Praxis durch religiöse
religiös fundierten Nichtregierungsorganisationen Autoritäten ist wichtig, um Frauen und Mädchen zu
über die Titel für Übergangshilfe, Sozialstrukturträ- schützen.
ger, private Träger und die entwicklungspolitische
Bildungsarbeit im Inland finanziert werden. Beispiele Muslims for Human Rights (Muhuri) ist eine Men-
für eine gelungene Einbeziehung der Religionen gibt schenrechtsorganisation mit Sitz in Mombasa/
es auch in der bilateralen staatlichen Entwicklungs- Kenia. Sie engagiert sich für eine Umsetzung der
zusammenarbeit11. Landreform sowie die Stärkung der Menschenrechte
in der gesamten Küstenregion. Über eine Fachkraft
des Zivilen Friedensdienstes unterstützt das BMZ die
5.1 BEISPIELE AUS DER BILATERALEN EZ konfliktsensitive Umsetzung der Landreform in der
Küstenregion sowie die Integration von Methoden
In Indonesien war der Aufbau eines Personen- der gewaltfreien Konfliktbearbeitung in die Men-
standswesens in Aceh nach dem Tsunami 2004 erst schenrechtsarbeit vor Ort.
möglich, nachdem der Islamische Gelehrtenrat eine
Stellungnahme veröffentlichte, die der staatlichen
Registrierung einen Beitrag zum Gemeinwohl be- 5.2 BEISPIELE AUS DER ZUSAMMENARBEIT
scheinigte. Zuvor wurde die Registrierung in weiten MIT DEN KIRCHEN
Teilen der Bevölkerung als “christliches Konzept”
abgelehnt. Gemeinsam mit ihren Partnern engagieren sich
die Kirchen seit mehr als 50 Jahren in der Entwick-
In Algerien wurden Imame gemeinsam mit staatli- lungszusammenarbeit. Ihr Engagement ist durch
chen Vertretern darin unterstützt, Positionen zum eine besondere Nähe zu den Ärmsten der Armen
Umweltschutz zu erarbeiten. Das daraus entstande- gekennzeichnet. Die kirchlichen Hilfswerke besitzen
ne Handbuch für die Imam-Ausbildung “Rolle der oft noch Handlungsmöglichkeiten, wenn staatliche
Moscheen in der Umwelterziehung” wird im neu Entwicklungszusammenarbeit nicht mehr agieren
eingeführten Unterrichtsfach “Biodiversität” an Ko- kann oder darf – insbesondere unter ungünstigen
ranschulen verwendet und soll im Rahmen einer Süd- politischen Rahmenbedingungen. Über die Evan-
Süd-Kooperation nach Pakistan übertragen werden. gelische und die Katholische Zentralstelle für Ent-
wicklungshilfe unterstützt das BMZ die Arbeit der
In Burundi arbeitet der Zivile Friedensdienst mit den Kirchen jährlich mit über 200 Millionen Euro. Damit
lokalen Kirchen daran, die nach jahrelangem Bürger- werden wichtige Projekte realisiert:
krieg verfeindeten Gruppen wieder zum Dialog an
einen Tisch zu bringen. Auf Kuba setzt sich der dortige Kirchenrat (CIC)
mit Unterstützung von Brot für die Welt dafür ein,
Menschen mit Behinderungen ein selbstbestimmtes
11 Siehe Broschüre „Mehr als alles – Der Beitrag von Religions- Leben zu ermöglichen. Das Projekt ist in zwölf Ge-
gemeinschaften zu nachhaltiger Entwicklung“, www.giz.de/ meinden in den fünf besonders von Armut betroffe-
fachexpertise/downloads/BroschuereonlineDE.pdf nen Ostprovinzen Kubas aktiv und arbeitet mit einer
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Impressum
HERAUSGEBER
Bundesministerium für wirtschaftliche
Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ),
Referat Öffentlichkeitsarbeit, digitale
Kommunikation und Besucherdienst
REDAKTION
BMZ, Referat, Kirchen; Politische Stiftungen;
Sozialstrukturförderung; Grundsätze Religion und
Entwicklung
GESTALTUNG
MediaCompany - Agentur für Kommunikation GmbH
STAND
Januar 2016
DIENSTSITZE
→ BMZ Bonn
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53113 Bonn
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