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Osternacht 15.4.

2017

Hinführung zur Liturgie der Osternacht und der zugehörigen Lesungen


Liturgietheologische Vorüberlegung
Keine andere Feier im Jahresverlauf enthält eine so eindringliche Zuspitzung auf Gottes Zuwendung zu den
Menschen und setzt diese auf so sinnenfällige Weise ins Bild wie die Liturgie der Osternacht. Sie ist sowohl
die Mitte des Kirchenjahres als auch die Quelle, aus der alle anderen Feiern und Feste ihren Sinn beziehen.
Die Lichtfeier macht die Spannung von Licht und Dunkel deutlich, in die das menschliche Leben
eingebunden ist und setzt mit dem Zeichen der Osterkerze ein deutliches Signal für das Wirken Gottes, das
die Finsternis besiegt. Im Wortgottesdienst mit seinen neun biblischen Lesungen geht die Liturgie den
wichtigsten Stationen der Geschichte Gottes mit den Menschen nach, die mit der Schöpfung ihren Anfang
nimmt und mit der Auferstehung Jesu ihren Gipfelpunkt erreicht. Die Schrifttexte vergegenwärtigen, was
Gott in der Vergangenheit an Gutem gewirkt hat. Zugleich wollen sie die Hoffnung stärken, dass er auch
künftig Heil schenken wird. Die anschließende Tauffeier ist mit den beiden vorangegangenen Teilen
insofern eng verbunden, als sie die Symbole von Licht und Wasser wieder aufgreift. Wenn die Gläubigen
ihre Taufe erneuern, kommt darin zum Ausdruck, dass sie auf den Tod und die Auferstehung getauft sind
und darin Anteil haben am Licht, d.h. am neuen Leben Gottes. Der eucharistische Teil greift in seinen
Gebeten die in den Schrifttexten eingespielten Motive wieder auf und wendet sie auf die Eucharistie an. In
den Gaben von Brot und Wein tritt der Auferstandene in die Mitte seiner Gemeinde, stärkt sie in der
Hoffnung auf das österliche Leben und zeigt sich als treuer Wegbegleiter. Nimmt man die Feier zusammen,
besitzt jeder Abschnitt zwar sein eigenes Gepräge. Dennoch sind die Einzelteile durch ein gemeinsames
Thema zu einer Einheit verbunden: Der Sieg Gottes über den Tod.
Unbestreitbar wirft die Komplexität der Osternacht die Frage auf, inwieweit sie in Zeiten nachlassender
Gottesdienstpraxis überhaupt noch verständlich ist. Um den Zugang zu erleichtern, hat man sich vielerorts
für Straffungen entschieden. So wird etwa die Zahl der Lesungen verringert oder auf einzelne Zeichen
verzichtet. Ohne ein Urteil über Einzelheiten treffen zu wollen, liegen solche – zweifellos gut gemeinten −
Eingriffe zwar nahe, sie sind aber nicht unproblematisch. Jede Kürzung hat immer auch Auswirkungen auf
die gesamte Feier und ihre Aussagekraft. Die Osternacht bietet die Chance, anhand zentraler Bibeltexte und
der Ursymbole von Licht, Wasser und Mahl das Heilshandeln Gottes nicht nur erinnernd ins Gedächtnis zu
rufen, sondern auch als gegenwärtig wirksam zu erfahren. Im Zusammenspiel von Wort und Zeichen bringt
die Feier zum Ausdruck, dass wir auch heute aus den Quellen der österlichen Hoffnung schöpfen dürfen.
Es wäre einen Versuch wert, auf die Kraft der Lesungen und Zeichen zu vertrauen und sie so sprechen zu
lassen, dass sie den Mitfeiernden genau diese Quelle öffnen. Wenn beispielsweise die elektrischen Lampen
in der Kirche ausgeschaltet bleiben, allein das Licht der Kerzen die Feier prägt und die Lesungen von guten
Lektorinnen und Lektoren vorgetragen werden, ist ein Schritt in die richtige Richtung getan. Nützlich ist
eine ausführliche Vorbereitung im Vorfeld, etwa in Form von Bibelarbeit oder thematischen Predigten in
der Fastenzeit.

Erste Lesung (Gen 1,1 – 2,2)


Die ersten Zeilen der Bibel sind keine wissenschaftliche Abhandlung über die Entstehung des Kosmos. Sie
sprechen davon, worin das Besondere von Mensch und Welt besteht und entfalten die grundlegendste
Aussage des Glaubens schlechthin: Alles Lebendige verdankt Gott sein Dasein, alles geht auf sein
schöpferisches Wirken zurück. Dieses Anliegen ist in das Gewand eines Lobliedes gekleidet. Schritt für
Schritt wird berichtet, wie Gott aus dem Chaos die Ordnung, aus dem Dunkel das Licht und aus der Wüste
einen Lebensraum für Menschen, Tiere und Pflanzen schafft. Der Kehrvers „Gott sah, dass es gut war“ hat
dabei eine doppelte Funktion: In literarischer Hinsicht unterstreicht er einerseits den Charakter des
Berichtes als Gedicht bzw. Lied, das den Schöpfer und seine Macht besingt. Andererseits dient er der
Vertiefung, ja der eindringlichen Meditation des Handelns Gottes, der die todbringenden Kräfte in die
Schranken weist und Raum schafft für das Leben. Gott drängt den Tod zurück, weil er ein Gott des Lebens
ist. So legt die Schöpfungsgeschichte offen, dass Gott den Sinn seiner Schöpfung darin sieht, dass sie lebt
und seine Liebe wiederspiegelt. Dem Menschen kommt dabei eine besondere Rolle zu. Zwar muss er sich
mit allen anderen Lebewesen die Welt teilen, doch nur von ihm wird ausgesagt, dass er das Ebenbild Gottes
sei. Dies zeichnet ihn aus, nimmt ihn aber auch in die Pflicht. Als Ebenbild Gottes ist er dazu beauftragt,

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seine Zuwendung weiterzutragen, man darf wohl sagen: stellvertretend den entscheidenden Sinn zu
bezeugen, den Gott in seine Schöpfung gelegt hat: das Leben. Wenn wir den Schöpfungsbericht im
Zusammenhang mit dem Osterevangelium lesen, wird rasch deutlich, dass sich hier der später begangene
Sieg des Lebens schon ankündigt. Insofern ist die erste Lesung der Osternacht ein deutlicher Verweis auf
die Auferstehung Jesu und enthält bereits das entscheidende Motiv der ganzen Feier.

Zweite Lesung (Gen 22,1−19)


An den Schöpfungsbericht schließt sich eine Lesung an, die auf den ersten Blick irritierend wirkt und das
zuvor vermittelte Bild eines gütigen Gottes in Frage stellt. Man hat sogar davon gesprochen, der Bericht
vom Sohnesopfer Abrahams sei heutigen Ohren nicht mehr zumutbar, was dazu führt, dass diese Lesung
in der Praxis häufig übergangen wird. Ist Gott doch nicht der lebensschaffende Gott, als der er sich am
Anfang erwiesen hat? So irritierend diese Geschichte ist, so sehr reiht sie sich in die Erfahrungen ein, die
das Volk Israel mit seinem Gott gemacht hat. Hier geht es nicht darum, einen fordernden, ja sogar
blutrünstigen Gott darzustellen, der selbst das Liebste, das ein Mensch hat, für sich beansprucht. Sie steht
stellvertretend für die vielen Zwiespalte, die das Volk erfahren hat und die Menschen auch heute immer
wieder in ihrem Glauben erleben. Oftmals entzieht Gott sich allen Erwartungen, und die Wege, die er
einschlägt, erscheinen unverständlich und fremd. Wer ehrlich seinen eigenen Glaubensweg betrachtet, wird
um solche Momente der Gottesferne wissen und sie vielleicht schon schmerzlich durchlebt haben. Die
Lesung stellt Abraham als einen Menschen dar, der selbst in einem solchen Augenblick in aller Konsequenz
und Radikalität an seinem Vertrauen auf Gott festhält, weil er davon überzeugt ist, dass Gott in der
ausweglosesten Situation der Lebendige und Gütige bleibt. Am Ende behält Abraham Recht mit diesem
Vertrauen und bekommt Gottes reichen Segen geschenkt. Worin dieser Segen besteht, klingt an in dem
Namen, den Abraham schließlich diesem Ort gibt: Er nennt ihn „Jahwe-Jire (Der Herr sieht)“. In dieser
Bezeichnung leuchtet eine zutiefst österliche Botschaft auf: Gott weiß um die dunklen Strecken des Lebens
und führt sie ins Licht, auch wenn dieser Weg von Fragezeichen gesäumt ist.

Dritte Lesung (Ex 14,15−15,1)


Mit der dritten Lesung begegnet ein Schlüsselereignis der Geschichte Gottes mit seinem Volk, das im
weiteren Verlauf der Osternacht sowohl im Exsultet als auch im Gebet zur Taufwasserweihe wieder
aufgegriffen wird. Auch dieser Text muss sorgfältig gelesen werden, um nicht als Tatsachenbericht über
einen kriegerischen und blutrünstigen Gott missverstanden zu werden. Was für unsere Ohren befremdlich
klingt, setzt der biblische Autor als Stilmittel ein: Im Gewand der Auseinandersetzung mit den Ägyptern
wird erzählt, dass Gott ein waches Ohr für die Nöte und Ängste der Menschen hat, die ihm vertrauen und
auf ihn alle Hoffnung setzen. Er weiß um ihre Bedürftigkeit, er empfindet tiefes Mitleid mit den
Unterdrückten und Verfolgten und nimmt sich ihrer an. Das Entscheidende der Lesung liegt also nicht in
den äußeren Umständen des Durchzugs durch das Rote Meer, schon gar nicht im drastischen Schicksal der
Ägypter, sondern in der Erfahrung eines liebevollen und zupackenden Gottes, der sein Volk rettet. In
diesem Licht betrachtet ist die Streitmacht der Ägypter ein Bild für alle zerstörerischen Kräfte, die sich
einem Menschen in den Weg stellen können. Natürlich bleibt der Text anstößig und bedarf der weiteren
Erschließung, auch wenn wir ihn in dieser Weise lesen. Dennoch bleibt festzuhalten, dass er letztlich den
in den ersten beiden Lesungen gelegten Faden weiterspinnt. Gott führt zum Leben – diese österliche
Erfahrung ist hier wie dort die Pointe. Die Osternachtfeier nimmt dies wieder auf und deutet die Taufe als
den Moment, in dem der Mensch ein für alle Mal die Rettung Gottes erfährt.

Vierte Lesung (Jes 54, 5−14)


Mit diesem Text beginnt eine Reihe von vier Lesungen aus den Prophetenbüchern. Der Abschnitt aus Jesaja
ist vor dem Hintergrund der babylonischen Gefangenschaft entstanden und knüpft an die Erschütterungen
an, die das Volk Israel hier erlebt hat. Eindrucksvoll ist insbesondere das Bild der ehelichen Liebe, mit dem
das Verhältnis Gottes zu seinem Volk beschrieben wird. Der Adressat des Textes ist Zion, die von den
Babyloniern zerstörte Stadt Jerusalem: Wie ein von Liebe getriebener Ehemann umwirbt Gott das
heimgekehrte Volk, er will bei ihm sein und verspricht ihm eine ausgezeichnete Zukunft. Schritt für Schritt
wird die Zeit des Exils als eine Krise der Beziehung Gottes mit seinem Volk gedeutet. Nun aber ergreift er
selbst die Initiative, um dem Schrecken ein Ende zu setzen und einen neuen Anfang auf den Weg zu
bringen. Dieser neue Anfang wird in anziehenden Bildern umschrieben, die darin gipfeln, dass Gott das
gute Verhältnis zu den Menschen erneuert und auf ein solides Fundament stellt. Wenn er sich schließlich

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an den Schwur erinnert, den er einst Noah gegeben hat, zeigt sich darin, wie ernst es ihm mit dem Neuanfang
ist und wie tief seine Zuwendung reicht. Im Zusammenhang mit den vorangegangenen Lesungen betrachtet,
wird rasch deutlich, dass auch hier wiederum der zentrale Gedanke der Osternacht zum Ausdruck kommt.
Der Abschnitt aus Jesaja ist ihrem Sinn nach eine Auferstehungsgeschichte, die bezeugt, dass Gott den
Menschen nicht der Ausweglosigkeit überlässt, sondern in ein neues Leben führen will.

Fünfte Lesung (Jes 55,1−11)


Der zweite Abschnitt aus Jesaja schließt an den vorangehenden unmittelbar an. Jetzt kommt die andere
Seite zu Wort: Hatte dort Gott um das Volk Gottes geworben, geht es nun um die Antwort des Volkes auf
diese Zuwendung. Wiederum begegnet dem Leser eine Fülle von Bildern, die das Gemeinte umschreiben
und anschaulich machen wollen. Auch wenn nicht ganz klar ist, wer hier das Wort ergreift, ist die Botschaft
dennoch eindeutig: Es ergeht die Einladung zu einem prächtigen Festmahl, das keine Wünsche offen lässt.
Wein, Milch, Brot und Fett stehen symbolisch für ein neues, von Sorgen und Angst befreites Leben. Zu
diesem Leben lädt Gott sein Volk ein, er bietet ihm das Beste vom Besten an, wenn es sich denn auf ihn
einlassen will. Dafür ist es nötig, die falschen Wege zu verlassen und auf seinen Weg einzuschwenken.
Dass dieser Weg so verheißungsvoll ist, dass er alle menschliche Logik übersteigt, zeigt die Tatsache, dass
er völlig ohne Vorleistung („Geld“, V. 1) gegangen werden kann. In der zweiten Hälfte nimmt der Abschnitt
schließlich das auch an anderen Stellen verwendete Motiv des Bundes wieder auf. Hier spielt Jesaja auf
den Bund Gottes mit David an. Diesen für die Geschichte Israels maßgeblichen Bund weitet Gott jetzt, am
Ende des Exils, auf das ganze Volk aus, wenn es sich denn einladen lässt, ihm zu folgen. Nehmen wir die
zwei Jesaja-Lesungen der Osternacht zusammen, zeigen sie die beiden entscheidenden Seiten des Glaubens
an den lebensspendenden Gott. Wie Gott sich den Menschen zuwendet und ihnen Leben schenkt, so sind
die Menschen umgekehrt dazu gerufen, dieses Geschenk anzunehmen.

Sechste Lesung (Bar 3,9−15.32−4,4)


Den Gedanken vom neuen Weg Gottes nimmt die sechste Lesung wieder auf und führt ihn zugleich weiter.
Sie ist dem Prophetenbuch Baruch entnommen, einem der jüngsten Texte des Alten Testaments. Im
Hintergrund steht wiederum das babylonische Exil. Baruch versucht an dieser Stelle, die schlimmen
Erfahrungen des Exils zu deuten und kommt dabei zu einer ernüchternden Einsicht. Für ihn ist es
offensichtlich, dass die Schrecken eine logische Konsequenz aus der Tatsache sind, dass das Volk die
Gebote Gottes missachtet hat. Weil es sich von Gott und damit von der entscheidenden Quelle der Weisheit
abgewandt hat, ist es nun „den Toten gleich“ (V. 11) geworden. Es sucht nach eigener Einsicht, muss aber
jetzt feststellen, dass diese Suche ins Leere läuft und zum Scheitern verurteilt ist. Von diesem Weg will
Baruch das Volk wieder abbringen, weil die lebensrettende und wirklich tragfähige Weisheit allein bei Gott
gefunden werden kann. Dabei ist vom Volk keine große Leistung verlangt. Es braucht sich bloß
zurückzuerinnern an das Gesetz Gottes, das er bereits als Lebensprogramm geoffenbart hat und das dem
Volk schon lange zur Verfügung steht. Im Gesetz der Thora ist die Weisheit Gottes aufgehoben und steht
allen, die glauben, offen. Wer sein Leben daran ausrichtet, findet Weisungen für die Lebens- und
Sozialordnung, die den Weg in ein geglücktes Leben ebnen. Indem das Volk das Gesetz Gottes hält, ist die
Grundlage für dieses Leben gelegt. Es wäre falsch, dies als schlichten Gesetzesgehorsam zu verstehen, dem
es allein auf die Befolgung von Vorschriften ankommt. Die Thora einzuhalten, ist keine Pflichterfüllung,
sondern macht die besondere Gottesbeziehung des Volkes anschaulich. Letztlich handelt es sich bei Baruch
also wieder um eine Antwort auf die Frage, wie der Weg aus dem Tod ins Leben gelingen kann.

Siebte Lesung (Ez36,16−17a. 18−28)


Auch der Prophet Ezechiel steht ganz unter dem Eindruck der babylonischen Gefangenschaft. Ähnlich wie
bei anderen Propheten sind auch für ihn der Schrecken sowie der Verlust des Landes darauf
zurückzuführen, dass das Volk sich von Gott abgewandt hat. Zwar war kann er noch nicht ahnen, dass die
Zerstörung des Tempels in Jerusalem noch bevorsteht, dennoch wagt er schon einen hoffnungsvollen Blick
in die Zukunft. Er zeichnet das Bild eines Gottes, der seinen Zorn über das Volk ausgegossen hat, aber es
nicht endgültig diesem Schicksal überlässt. Gott selbst ergreift die Initiative, um einen neuen Anfang zu
setzen und die gestörte Beziehung zwischen seinem Volk und ihm wieder auf ein gutes Fundament zu
stellen. Er will die Verfehlungen des Volkes vergeben und verheißt schließlich die Rückkehr aus der
Gefangenschaft in die Heimat der Väter. Dieser Neuanfang hat seinen Grund nicht in den Verdiensten oder
gar Ansprüchen des Volkes, sondern allein in der Treue Gottes zu sich selbst. Entscheidend ist, mit welchem

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Rückbezug Baruch diesen Prozess beschreibt. Er knüpft an die Schöpfungsgeschichte an: Wie schon bei
der Schöpfung legt Gott ein Herz in den Menschen hinein und erfüllt ihn mit seinem Geist. Deutlicher lässt
sich nicht ausdrücken, wie ernst es Gott mit den Menschen ist angesichts der Schrecken des Exils. „Ihr
werdet mein Volk sein und ich werde euer Gott sein“ (V. 28) – diese programmatische Formel hebt
schließlich hervor, dass nach dieser Neuschöpfung die Nähe Gottes zu seinem Volk unumstößlich sein
wird. Fasst man die Lesung zusammen, sind die Parallelen zur Osterbotschaft mit den Händen zu greifen:
Gott wird ein neues, unverbrüchliches Leben stiften.

Achte Lesung (Röm 6,3−11)


Die achte Lesung aus dem Römerbrief bildet in der Osternacht in doppelter Hinsicht ein Scharnier. Zum
einen ist sie die Brücke ins Neue Testament und der erste biblische Text im Verlauf der Osternacht, der
ausdrücklich von der Auferstehung Jesu spricht. Zum anderen entfaltet sie ein Verständnis der Taufe, das
wesentliche Gesichtspunkte der vorangegangenen Lesungen zusammenführt. Wiederum ist das
durchlaufende Thema die Neuschöpfung, das von Gott gewirkte neue Leben, dem kein Tod mehr ein Ende
setzen wird. Paulus zeigt auf, dass die gesamte Zuwendung Gottes, die die Menschen im Laufe der
Geschichte erfahren haben, in Jesus Christus ihren Höhepunkt erreicht hat. Sein Tod und seine
Auferstehung stellen unter Beweis, welche Grenzen der lebensspendende Gott zu sprengen in der Lage ist.
In diesem Licht deutet Paulus nun die Taufe: Sie verbindet den Menschen mit dem Tod und der
Auferstehung Jesu, sie schenkt ihm Anteil am rettenden Handeln Gottes. Insofern hat der Getaufte den Tod
gewissermaßen schon hinter sich, denn gemeinsam mit Christus ist er von den zerstörerischen Mächten des
Todes befreit und ein neuer Mensch geworden. Getaufte tragen das neue Leben Gottes bereits in sich, auch
wenn die endgültige Vollendung natürlich noch aussteht. Nach wie vor ist der Mensch in Unheil und Schuld
verstrickt, doch besteht aller Anlass für einen zuversichtlichen Blick nach vorn, denn der Grund für die
Befreiung ist schon gelegt. Es dürfte deutlich sein, dass man diese Lesung mit Recht als ein „geheimes
Zentrum der Osterliturgie“ (E. Ballhorn) bezeichnen kann. Im Gesamt der Feier stellt sie eine unmittelbare
Verbindung zwischen der Heilsgeschichte Gottes und den Gläubigen her, die sich versammelt haben, das
Bekenntnis zu Christus ablegen und sich ihrer Taufe erinnern.

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