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queer/feministische Positionen
zur Medialität
herausgegeben von
Julia Bee und Nicole Kandioler
b_books
GM differenzen juli_divid 31.07.2020 00:48 Seite 4
Gestaltung: p=press
ISBN 978-3-942214-34-6
Erste Auflage 2020 © b_books Verlag, Berlin 2020
www.bbooks.de
INHALTSVERZEICHNIS
2 Vgl. Sabine Hark, Paula Irene Villa: Unterscheiden und Herrschen. Ein
Essay zu den ambivalenten Verflechtungen von Rassismus, Sexismus und
Feminismus in der Gegenwart. Bielefeld: transcript 2017.
3 Diese Reflektion wurde dennoch nicht rein als emanzipativ verstanden,
sondern auch als Abwehr einer tiefergehenden Auseinandersetzung und als
Vermischung „feministischer und postfeministischer Diskurse“, wie Rosalind
Gill schreibt: „In der postfeministischen Medienkultur hat sich Ironie zu
einem Modus entwickelt, in dem sexistische und homophobe Äußerungen
ausgedrückt werden können, ohne ‚es eigentlich so zu meinen‘“, Rosalind
Gill: „Postfeministische Medienkultur. Elemente einer Sensibilität“, in:
Kathrin Peters und Andrea Seier (Hrsg.): Gender & Medien Reader. Berlin,
Zürich 2016, S. 541–556, hier, S. 555 und 552.
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Einleitung 11
Einleitung 13
Differenzen
Im Folgenden möchten wir daher Differenzierungen affir-
mativ als Thema der Gender Media Studies verstehen und
betonen, wie unabgeschlossen das Projekt des Feminismus aus
medialer Sicht ist – und wie relevant und wichtig dies ist, um
zeitgenössische Medienpraktiken zu verstehen. Die Affirma-
tion bejaht nicht etwa den Status quo, sondern die offene
Differenzierung. Affirmation spricht sich als queere Zeitlich-
keit und situierende Methode für die Differenz aus, die
gleichzeitig Geschlecht und Medien de-essentialisiert.9 Denn
beide, Geschlecht und Medium, sind im Werden und entfalten
keine Substanz.
Einleitung 15
Einleitung 17
Einleitung 19
Einleitung 21
Prekäre Ontologien
Es mag überraschen, aber Affirmation geht mit einer Posi-
tion der Anerkennung grundlegender Prekarität einher, wie
sie in der sozialen Ontologie Judith Butlers konzeptualisiert
wurde, die scheinbar, da auf dem hegelschen Prinzip der
Anerkennung beruhend, häufig als Gegenposition eines Femi-
nismus in der Folge von Deleuze/Guattari genannt wird.30
Redecker. Zürich und Berlin: Diaphanes 2009; Die Macht der Geschlech-
ternormen. Aus dem Amerikanischen von Karin Wördemann und Martin
Stempfhuber. Frankfurt a.M.: Suhrkamp 2009; „Außer sich: Über die Gren-
zen sexueller Autonomie“, in: dies.: Die Macht der Geschlechternormen.
Aus dem Amerikanischen von Karin Wördemann und Martin Stempfhuber.
Frankfurt a.M.: Suhrkamp 2009, S. 35–69.
31 Vgl. Luce Irigaray: Ethik der Sexuellen Differenz. Aus dem Französi-
schen von Xenia Rajesky. Frankfurt a.M.: Suhrkamp 1991; Judith Butler:
„Das Ende der Geschlechterdifferenz?“, in: dies.: Die Macht der Geschlech-
ternormen. Aus dem Amerikanischen von Karin Wördemann und Martin
Stempfhuber. Frankfurt a.M.: Suhrkamp 2009, S. 281-324.
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Einleitung 23
Einleitung 25
39 Vgl. Rosi Braidotti: Politik der Affirmation. Aus dem Englischen von
Elisa Barth. Merve: Berlin 2018.
40 Vgl. z.B. Pierre Bourdieu: Die männliche Herrschaft. Aus dem Fran-
zösischen von Jürgen Bolder. Suhrkamp: Frankfurt 2005, S. 43ff.
41 Muñoz: Cruising Utopia.
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42 Vgl. zu den „tausend kleine[n] Geschlechter[n]“ Gilles Deleuze und Félix Guat-
tari: Tausend Plateaus. Kapitalismus und Schizophrenie II.Aus dem Französischen von
Gabriele Ricke und RonaldVoullié. Berlin: Merve 1992, S. 291 sowie Elisabeth Grosz:
„A Thousand Tiny Sexes. Feminism and Rhizomatics“, in: Constantin Boundas und
Dorothea Olkowski (Hrsg.): Deleuze and the Theatre of Philosophy. New York und
London: Routledge 1994, S. 187-210, hier, S. 196.
43 „So sind die Wunschmaschinen, ist das unmenschliche Geschlecht also
nicht ein, nicht zwei, sondern n... Geschlechter in einem Subjekt, jenseits der
anthropomorphen Repräsentation, die die Gesellschaft ihm aufzwingt“. Gilles
Deleuze und Félix Guattari: Anti-Ödipus, Kapitalismus und Schizophrenie I.Aus
dem Französischen von Bernd Schwibs. Frankfurt a.M.: Suhrkamp 1977, S. 381.
44 Wie bereits Teresa de Lauretis in Technologies of Gender dachte, ist
nicht nur Geschlecht Inhalt der Medien, sondern auch Technologie dieser;
vgl. Seier: Remediatisierung, S. 25–32, Teresa de Lauretis: Technologies of
Gender. Essays on Theory, Film, and Fiction. Indiana UP Bloomington 1987.
45 Deleuze: Nietzsche, S. 14.
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Einleitung 27
Wille zur Macht als differentielles Element ist es, der die Dif-
ferenz in der Bejahung erzeugt und entfaltet, der die Differenz
in der Bejahung der Bejahung reflektiert, der sie in die selbst
bejahte Bejahung zurückkehren lässt.“46
Einleitung 29
„Die Scham und die Schmach waren lediglich die Stütze und der
Ausgangspunkt für eine Neubestimmung des Selbst, für eine Ästhe
tik des Selbst. […] Die Scham und die Schmach werden zu Werkzeu
gen für die transformativen Praktiken. Es sind Wege, die irgendwo
hin führen, auch wenn man nicht genau weiß, wohin.“54
Einleitung 31
„Ja, ein Gefühl! Denn wenn das kritische Denken sich nicht auslö
schen lässt, so liegt das daran, dass es nicht darauf beschränkt ist,
Analysen zu produzieren und dadurch die objektive Realität offen
zulegen. Es vermittelt auch die Affekte, die uns in die Lage verset
zen, die Kraft der in diesen Analysen enthaltenen Wahrheit unmit
telbar zu begreifen und uns –im Namen dieser Affekte, die unser
Verstehen und Begreifen ermöglichen – dem Versuch zu widerset
zen, all jene Konzepte der sozialen Welt auszulöschen, die von Klas
sen, Herrschaft und Gewalt handeln“.56
Zu den Beiträgen
Das differenzierende Gefüge der Affirmation, wie wir sie
in unserer Vortragsreihe gedacht haben, geht über das Modell
der Intersektionalität hinaus. In der Verfugung von Körpern
und Medien werden auch neue Differenzen produziert. Und
dies zu affirmieren, bringt Neues hervor – nicht, weil das
Neue automatisch gut ist, sondern weil es Flucht aus dem
Bestehenden sein kann und damit potentiell die Möglichkeit
des Anders-Werdens impliziert.
Gender Media Studies sind unmittelbar mit dieser Denk-
weise verbunden, da sie das Gefüge aus Geschlecht und
Medium konzeptualisieren und transversale Praktiken studieren,
die Menschen und Medien durchlaufen und hervorbringen.
Die Affirmation einer relationalen Ontologie bedeutet,
auch Infrastrukturen der Sorge zu denken. Hier sind wie-
derum Fragen der Gender Media Studies relevant, die die
Verwiesenheit auf Über/Lebensbedingungen durch Apparate
denken.57 Und sie denken diese als Praxis und Prozess, der
Kontinuitäten zwischen sozialen Praktiken und materiellen
56 Eribon: Grundlagen eines kritischen Denkens, S. 140.
57 Judith Butler: Notes Toward a Performative Theory of Assembly.
Cambridge: Harvard UP 2015.
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Einleitung 35