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Mobilität in Deutschland − MiD

eine Studie des:

Zeitreihenbericht
2002 – 2008 – 2017
durchgeführt von:

In Kooperation mit:
Ergebnisbericht für das/eine Studie des:
Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur
Referat G 13 – Prognosen, Statistik und Sondererhebungen
Robert-Schuman-Platz 1
53175 Bonn
FE-Projektnummer 70.904/15

vorgelegt von:
infas Institut für angewandte
Sozialwissenschaft GmbH
Friedrich-Wilhelm-Straße 18
53113 Bonn

in Kooperation mit (hauptverantwortlich für den vorliegenden Bericht):


Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt e. V.
Institut für Verkehrsforschung
Rutherfordstraße 2
12489 Berlin

IVT Research GmbH


M 4, 10
68161 Mannheim

infas 360 GmbH


Ollenhauerstraße 1
53113 Bonn

Projekt:
5431
Bonn, Dezember 2019
Version 1.1

Folgende Zitierweisen werden empfohlen:


Langform:
Nobis, Claudia. Kuhnimhof, Tobias. Follmer, Robert. Bäumer, Marcus (2019):
Mobilität in Deutschland – Zeitreihenbericht 2002 – 2008 – 2017. Studie von infas, DLR, IVT und infas 360
im Auftrag des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur
(FE-Nr. 70.904/15). Bonn, Berlin. www.mobilitaet-in-deutschland.de
Kurzform:
infas, DLR, IVT und infas 360 (2019): Mobilität in Deutschland (im Auftrag des BMVI)
 3

Vorbemerkung

Unterwegssein und Mobilität prägen unseren Alltag. Was hat sich in dem Zeitraum zwischen 2002 und 2017
Sie gehören in unterschiedlichem Umfang zum sozia- verändert? Dieser Frage geht der vorliegende Bericht
len Leben bei Arbeit und Ausbildung, Freizeitaktivitä- in umfassender Form nach. Er ergänzt die einzelnen
ten und der täglichen Versorgung. Das genaue Wissen Jahresberichte, überträgt wo möglich 2017 entwickel-
um diese Mobilitätsbedürfnisse und das tägliche Ver- te Neuerungen auf die bisherigen Ausgaben, setzt aber
kehrsgeschehen ist eine Voraussetzung zur Bereitstel- vor allem ein einheitliches Hochrechnungskonzept
lung der erforderlichen Ressourcen. Während in den auf Basis der zensuskorrigierten Bevölkerungszahlen
vergangenen Jahrzehnten eine ­stetig wachsende Au- rückwirkend auch für die Jahre 2002 und 2008 um. In
to-Mobilität zu verzeichnen war, konzentrieren sich einem getrennten Dokument liegt eine ausführliche
inzwischen viele Bemühungen darauf, den weiteren Dokumentation der methodischen Vorgehensweise
Verkehrsangeboten wie dem öffentlichen Verkehr, vor. Insgesamt wird damit ein zuverlässiger Ergebnis-
dem Fahrradfahren und dem Zufußgehen wieder vergleich über alle drei Zeitpunkte hinweg möglich.
mehr Aufmerksamkeit zukommen zu lassen. Nicht
nur in Deutschland ist erkennbar, dass ein kontinuier- In diesem Sinn wünschen wir eine spannende Lektüre!
lich wachsender Autoverkehr an Grenzen stößt. Trotz-
dem wird er ein prägender Bestandteil des Verkehrs Ihr MiD-Projektteam
bleiben und muss aktiv gestaltet werden.

Doch wo stehen wir auf diesem Weg? 2002 hat die


Studie „Mobilität in Deutschland“ (MiD) den Perso-
nenverkehr erstmalig differenziert untersucht. Mit
zwei weiteren Erhebungen für die Jahre 2008 und
2017 liegen inzwischen drei Ausgaben vor.

Mobilität in Deutschland 2002 – 2008 – 2017


5

Inhaltsverzeichnis

Ergebnistelegramm..................................................................................................................................... 11

1 Einleitung......................................................................................................................................................... 15

2 Hintergrund: Datenharmonisierung 2002 – 2008 – 2017......................................................... 17

3 Rahmenbedingungen: Veränderung außerhalb des Verkehrs.................................................. 19

4 Entwicklung der absoluten Werte: steigende Verkehrsleistung trotz sinkendem


Verkehrsaufkommen................................................................................................................................... 25

5 Mobilitätskenngrößen des Personenverkehrs: ein Zuwachs an Zeit und Distanzen....... 29

6 Mobilitätsoptionen: eine Erweiterung der Möglichkeiten......................................................... 35

7 Verkehrsmittelnutzung: ein deutliches Plus beim Radverkehr................................................. 49

8 Wegezwecke: Zunahme arbeitsbedingter Mobilität..................................................................... 59

9 Mobilitätsverhalten ausgewählter Altersgruppen: Jung und Alt in Bewegung................ 67

10 Verkehrsnachfrageentwicklung: Stabilität in jungen Jahren versus Wachstum im


mittleren und hohen Alter........................................................................................................................ 75

11 Exkurs: Internationale Kennwerte zur Alltagsmobilität.............................................................. 81

12 Einordnung der Ergebnisse...................................................................................................................... 85

Mobilität in Deutschland 2002 – 2008 – 2017


7

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1 Entwicklung von Verkehrsaufkommen und Verkehrsleistung nach Verkehrsmitteln ......................18

Abbildung 2 Entwicklung der Altersverteilung der Bevölkerung..........................................................................................20

Abbildung 3 Anteil der Haushaltstypen und Anteil Personen in Familienhaushalten nach Alter..........................20

Abbildung 4 Anteil der Personen nach Tätigkeit und Alter......................................................................................................21

Abbildung 5 Anteil der Personen mit Wohnort in einer Stadtregion, ländlichen Region und
in Metropolen...................................................................................................................................................................22

Abbildung 6 Verbraucherpreisindex für Deutschland nach Verwendungszweck des


Individualeinkommens ................................................................................................................................................23

Abbildung 7 Entwicklung von Verkehrsaufkommen und Verkehrsleistung nach Verkehrsmitteln ......................26

Abbildung 8 Mobilitätsquote, Unterwegszeit, Tagesstrecke, durchschnittliche Wegelänge und


Wegeanzahl nach Wochentag...................................................................................................................................29

Abbildung 9 Mobilitätsquote, Unterwegszeit, Tagesstrecke, durchschnittliche Wegelänge und


Wegeanzahl nach Alter................................................................................................................................................31

Abbildung 10 Mobilitätsquote, Unterwegszeit, Tagesstrecke, durchschnittliche Wegelänge und


Wegeanzahl nach Stadtregionstypen....................................................................................................................31

Abbildung 11 Mobilitätsquote, Unterwegszeit, Tagesstrecke, durchschnittliche Wegelänge und


Wegeanzahl nach ländlichen Regionstypen........................................................................................................32

Abbildung 12 Durchschnittsgeschwindigkeit nach Raumtyp .................................................................................................33

Abbildung 13 Pkw pro 1.000 Einwohner nach Raumtyp sowie West- und Ostdeutschland ......................................36

Abbildung 14 Pkw-Besitz nach Raumtyp...........................................................................................................................................37

Abbildung 15 Pkw-Besitz nach Haushaltstyp..................................................................................................................................38

Abbildung 16 Pkw-Besitz nach Raumtyp – Personen aus jungen Haushalten


(alle unter 35 Jahren, keine Kinder).........................................................................................................................38

Abbildung 17 Anteil Personen mit Pkw im Haushalt und mit eigenem Pkw nach Alter...............................................39

Abbildung 18 Fahrräder pro 1.000 Einwohner nach Raumtyp sowie West- und Ostdeutschland............................40

Abbildung 19 Fahrrad-Besitz nach Raumtyp....................................................................................................................................41

Abbildung 20 Fahrrad-Besitz nach Haushaltstyp...........................................................................................................................42

Abbildung 21 Anteil Personen mit Fahrrad im Haushalt und mit eigenem Fahrrad nach Alter................................43

Abbildung 22 Nutzung von ÖPNV-Fahrkartenarten.....................................................................................................................43

Abbildung 23 Anteil Personen mit ÖPNV-Zeitkarten nach Raumtyp und Anzahl Pkw im Haushalt........................45

Abbildung 24 Anteil Personen mit ÖPNV-Zeitkarten nach Geschlecht und Alter............................................................46

Abbildung 25 Besitz von Pkw, Fahrrädern und ÖPNV-Zeitkarten nach ökonomischem Status..................................47

Mobilität in Deutschland 2002 – 2008 – 2017


8

Abbildung 26 Entwicklung des Modal Split des Verkehrsaufkommens von 1982 bis 2017
(Personen ab 10 Jahren)...............................................................................................................................................50

Abbildung 27 Entwicklung des Modal Split der Verkehrsleistung von 1982 bis 2017
(Personen ab 10 Jahren)...............................................................................................................................................50

Abbildung 28 Modal Split des Verkehrsaufkommens nach Alter............................................................................................51

Abbildung 29 Wegeanteil von MIV als Fahrer, zu Fuß und Fahrrad nach ökonomischem Status..............................52

Abbildung 30 Modal Split des Verkehrsaufkommens nach Distanzklassen.......................................................................53

Abbildung 31 Modal Split des Verkehrsaufkommens in Metropolen und sehr ländlichen Regionen
in niedrigen Distanzklassen.......................................................................................................................................54

Abbildung 32 Tagesstrecke nach Verkehrsmittel und Raumtyp..............................................................................................55

Abbildung 33 Tagesstrecke nach Verkehrsmittel und Pkw-Besitz...........................................................................................56

Abbildung 34 Tagesstrecke nach Verkehrsmittel und Alter.......................................................................................................57

Abbildung 35 Entwicklung von Verkehrsaufkommen und Verkehrsleistung nach Wegezweck................................60

Abbildung 36 Anteil der Wegezwecke am Verkehrsaufkommen nach Raumtyp.............................................................61

Abbildung 37 Mittlere Wegelänge in Kilometern nach Wegezweck.....................................................................................62

Abbildung 38 Mittlere Wegelänge in Kilometern ausgewählter Wegezwecke nach Raumtyp..................................63

Abbildung 39 Verkehrsmittelnutzung von 6- bis 10-Jährigen nach Wegezweck.............................................................64

Abbildung 40 Verkehrsmittelnutzung von Studierenden nach Wegezweck......................................................................65

Abbildung 41 Verkehrsmittelnutzung von Vollzeiterwerbstätigen nach Wegezweck...................................................65

Abbildung 42 Verkehrsmittelnutzung von Rentnern nach Wegezweck...............................................................................66

Abbildung 43 Pkw-Führerscheinbesitz nach Alter.........................................................................................................................67

Abbildung 44 Pkw-Führerschein nach Geschlecht........................................................................................................................68

Abbildung 45 Personen ab 65 Jahren nach Pkw-Anzahl im Haushalt und Geschlecht.................................................69

Abbildung 46 Verkehrsaufkommen der ab 65-Jährigen nach Verkehrsmitteln und Pkw-Besitz................................70

Abbildung 47 Tagesstrecke der ab 65-Jährigen nach Verkehrsmitteln und Pkw-Besitz.................................................70

Abbildung 48 Personen von 18 bis 34 Jahre nach Pkw-Anzahl im Haushalt und Geschlecht.....................................71

Abbildung 49 Verkehrsaufkommen der 18- bis 34-Jährigen nach Verkehrsmitteln und Pkw-Besitz.......................72

Abbildung 50 Mittlere Tagesstrecke der 18- bis 34-Jährigen nach Verkehrsmitteln und Pkw-Besitz......................73

Abbildung 51 Pkw-Verfügbarkeit (Führerschein und Pkw im Haushalt) nach Alter und Jahrgangskohorten.....76

Abbildung 52 Insgesamt zurückgelegte Tagesstrecke nach Alter und Jahrgangskohorten.........................................77

Abbildung 53 Tagesstrecke als MIV-Fahrer nach Alter und Jahrgangskohorten...............................................................78

Abbildung 54 Tagesstrecke mit dem Fahrrad nach Alter und Jahrgangskohorten..........................................................78

Abbildung 55 Tagesstrecke mit dem ÖV nach Alter und Jahrgangskohorten....................................................................80

Abbildung 56 Modal Split im Ländervergleich................................................................................................................................82

Mobilität in Deutschland 2002 – 2008 – 2017


9

Tabellenverzeichnis

Tabelle 1 Entwicklung der Erwerbstätigkeit..................................................................................................................................21

Tabelle 2 Entwicklung von Nettolöhnen, Kraftstoffverbrauch und Kraftstoffpreisen..................................................23

Tabelle 3 Entwicklung von Bevölkerung, Verkehrsaufkommen und Verkehrsleistung nach Raumtyp.................27

Tabelle 4 Veränderung der Bevölkerungsanzahl und der Verkehrsleistung im Jahr 2017 gegenüber
2002 nach Raumtyp..............................................................................................................................................................28

Tabelle 5 Pkw-Besitz und Verkehrsleistung im Ländervergleich............................................................................................83

Mobilität in Deutschland 2002 – 2008 – 2017


Personenverkehr 2002 bis 2017

3.214 Mio. Personenkilometer


pro Tag in 2017 / +18% seit 2002

Verkehrsleistung 2017 in Mio. Personenkilometern Veränderte Rahmenbedingungen 2017


mit Veränderungen gegenüber 2002 gegenüber 2002

MIV: 2404 / +11%

+ 12%
Anzahl der
2404
Erwerbstätigen
ÖPNV: 332 / +36%

3.214 Mio. 65
+ 50%
ÖPFV: 273 / +92% Anteil der Haushalte
pro Tag
mit Personen ab 65
Fahrrad: 112 / +37%

+ 8%
Anzahl der
Zu Fuß: 93 / +6%
Haushalte

Bevölkerung in
Verkehrsaufkommen 2017 in Mio. Wegen

MIV: 147 / -6%


den Metropolen
gemäß BBSR + 10%
ÖV: 26 / +4%

257 Mio. Pkw-Führerschein Männer


56 pro Tag 90%
Fahrrad: 28 / +13% ab 17 Jahre / +3 Prozentpunkte seit 2002
56
Zu Fuß: 56 / -13%

Pkw-Führerschein Frauen 84%


ab 17 Jahre / +12 Prozentpunkte seit 2002
pro Person 2002 2008 2017

Anzahl der Wege 3,3 3,4 3,1


pro Tag

mittlere Tagesstrecke 33 km 38 km 39 km 78% Autobesitz in den Haushalten


+1 Prozentpunkt seit 2002
mit Unterwegszeit pro Tag 72 Min. 79 Min. 80 Min.
Anzahl der Pkw / Fahrräder in den Privathaushalten

Wegezwecke 2017 in Mio. Wegen pro Tag


% Veränderungen gegenüber 2002
2002: 38 Mio. 2008: 40 Mio. 2017: 43 Mio.
Arbeit / Ausbildung 87 + 17%
Einkauf / Erledigung / 98 - 12%
Begleitung
Freizeit 72 - 15% 2002: 70 Mio. 2009: 75 Mio. 2017: 77 Mio.

Datenbasis: infas, DLR, IVT: Mobilität in Deutschland 2002 – 2008 – 2017, im Auftrag des BMVI
 11

Ergebnistelegramm

Veränderte Rahmenbedingungen: demografische und Methodische Veränderungen: Anpassung der MiD-Da-


sozioökonomische Verschiebungen ten zur Erhöhung der Vergleichbarkeit

ʯʯ Der in der betrachteten Zeitspanne von 2002 bis ʯʯ Bei der MiD 2002 und 2008 erfolgten eine Neu-
2017 zwischenzeitliche leichte Bevölkerungs- kalibrierung und Anpassungen in der Datenaufbe-
rückgang besteht nicht mehr. Aufgrund des reitung. Das ursprüngliche Gewichtungsverfahren
positiven Saldos der Außenwanderung liegt die bestand aus Designwicht, Anpassung an damals
Bevölkerungszahl 2002 wie auch 2017 bei rund jeweils bekannte Randverteilungen der Grund-
82 Millionen Menschen. Allerdings ist in dieser gesamtheit sowie einem Korrekturfaktor auf
Zeit die Anzahl der Haushalte von 38 Millionen auf Wegeebene. Für die Neugewichtung wurden aktu-
41 Millionen angewachsen. alisierte Randverteilungen basierend auf neu ver-
fügbaren zensuskorrigierten Bevölkerungsdaten
ʯʯ Der eigentliche Alterungseffekt steht Deutschland benutzt.
noch bevor, zeichnet sich aber bereits ab. Der An-
teil der Menschen ab 65 Jahren fällt mit 21 Prozent ʯʯ Bei der Neukalibrierung wurden zusätzlich
im Jahr 2017 vier Prozentpunkte höher aus als Merkmale zur Pkw-Ausstattung der Haushalte be-
2002. rücksichtigt. Die sich so ergebenden neuen Schät-
zungen des Pkw-Bestands in Privathaushalten
ʯʯ Die geänderte Altersstruktur schlägt sich in einer reihen sich gut in externe Referenzwerte ein.
Verschiebung der Haushaltstypen nieder. Haushal-
te, in denen alle Personen 65 Jahre und älter sind, ʯʯ Weiterentwicklungen zur Anpassung an erwei-
haben um 50 Prozent zugenommen. Alle anderen terte Fragestellungen haben zu neuen Variablen
Haushaltstypen, insbesondere aber Familienhaus- geführt. Dies erforderte Anpassungen in der
halte, haben anteilig an Bedeutung verloren. formalen Datenaufbereitung. Das neue gepoolte
Datensatzpaket ermöglicht auf Ebene von Haus-
ʯʯ In den Jahren 2002 und 2017 leben jeweils rund halten, Personen und Wegen eine einheitliche
zwei Drittel der Personen in Stadtregionen und ein Auswertung aller drei Erhebungen. Für die Jahre
Drittel in ländlichen Regionen. Innerhalb der Kate- 2002 und 2008 berücksichtigt es neue Gewichte
gorie der Stadtregionen ist jedoch die Bevölkerung und Hochrechnungsfaktoren. 2017 bleibt gegen-
der Metropolen in den betrachteten 15 Jahren über bisherigen Publikationen unverändert.
stark angestiegen. Dies ist vor allem auf die dortige
Zuwanderung junger Menschen zurückzuführen Entwicklung der absoluten Werte: steigende Verkehrs-
(zu den Regionstypen siehe auch die Erläuterun- leistung trotz sinkendem Verkehrsaufkommen
gen in Kapitel 2).
ʯʯ Zwischen 2002 und 2017 ist das Verkehrsauf-
ʯʯ Anteil und Anzahl der Erwerbstätigen nehmen kommen zurückgegangen – also die Summe der
in den mittleren Altersjahren zu. Die Phase der zurückgelegten Wege. Dagegen hat die Verkehrs-
Erwerbstätigkeit dehnt sich zudem ins höhere leistung zugenommen – also die Summe der
Alter aus. Kaum Veränderungen zeigen sich beim dabei bewältigten Personenkilometer. Entgegen
Anteil der Schüler als auch der Studenten und diesem Trend ist die Anzahl der Wege mit dem
Auszubildenden. Fahrrad und mit öffentlichen Verkehrsmitteln
jeweils angestiegen. Bei der Zunahme der Ver-
kehrsleistung entfallen absolut gesehen die
zusätzlichen Personenkilometer vor allem auf
den Pkw und die Verkehrsmittel des öffentlichen
Personenfernverkehrs.

Mobilität in Deutschland 2002 – 2008 – 2017


12 

ʯʯ Die Pro-Kopf-Wegeaufkommen in der Stadt und Mobilitätsoptionen: eine Erweiterung der Möglichkei-
auf dem Land sind weitgehend identisch. Der ten
Anteil an der Verkehrsleistung fällt in den länd-
lichen Regionen jeweils etwas höher aus als in ʯʯ Die Gesamtzahl der in deutschen Haushalten
den Stadtregionen. Das rund 10-prozentige Be- verfügbaren Pkw steigt stetig an: von rund 38 Mil-
völkerungswachstum geht in den Metropolen mit lionen Fahrzeugen im Jahr 2002 auf etwa 43 Mil-
einem weitaus höheren prozentualen Anstieg der lionen im Jahr 2017. Dies bedeutet einen Anstieg
Verkehrsleistung einher. von einem auf 1,1 Pkw pro Haushalt.

Mobilitätskenngrößen des Personenverkehrs: ein Zu- ʯʯ In den Metropolen stagniert die Zahl der Pkw pro
wachs an Zeit und Distanzen 1.000 Einwohner, auf dem Lande steigt sie deut-
lich. Ohne die Metropole Berlin ergibt sich für den
ʯʯ Die Mobilitätsquote variiert stärker zwischen den Osten Deutschlands in den untersuchten 15 Jah-
Wochentagen als zwischen den Erhebungsjahren. ren mit 15 Prozent ein stärkeres diesbezügliches
Sie zeigt ein einheitliches Muster, in dem sich die Wachstum als im Westen.
Tage des Wochenendes deutlich von den übrigen
Tagen unterscheiden. ʯʯ Der Anteil der Haushalte ohne Pkw ist in den Jah-
ren 2002 bis 2017 stabil geblieben, während der
ʯʯ Die für Mobilität benötigte Zeit und die ent- Anteil mit mehr als einem Pkw leicht zugenom-
sprechenden Distanzen haben zugenommen. Die men hat. In Metropolen nimmt der Pkw-Besitz
durchschnittliche pro Tag zurückgelegte Wegean- leicht ab, in ländlichen Regionen steigt er dagegen
zahl ist dagegen leicht rückläufig. deutlich an.

ʯʯ Während Kinder, Jugendliche und junge Erwach- ʯʯ In Haushalten mit jungen Personen hat der Anteil
sene im Schnitt seltener aus dem Haus gehen und ohne Auto in den 15 Jahren um 13 Prozentpunkte
im Jahr 2017 gegenüber dem Jahr 2002 weniger zugenommen, während in Haushalten mit Per-
Wege zurücklegen, steigt die Mobilität bei den sonen über 65 Jahren der Anteil ohne Pkw um
älteren Personen insgesamt an. Gleichzeitig ver- 24 Prozentpunkte gesunken ist. Der Trend zum
lagert sich der altersbedingte Rückgang der Mobili- Zweit-Pkw in mittleren und älteren Haushalten
tät in die Altersgruppen ab etwa 80 Jahren. dominiert den Pkw-Zuwachs.

ʯʯ Die durchschnittliche Tagesstrecke hat in allen ʯʯ Junge Menschen unter 35 Jahren leben in den Me-
Altersklassen zugenommen, bei den Jüngeren in tropolen und Regiopolen zunehmend ohne einen
geringem Umfang, bei den Älteren dagegen um eigenen Pkw. In den Metropolen ist der Rückgang
rund 50 Prozent. des Anteils der Personen mit Pkw im Haushalt
bei jungen Erwachsenen stärker ausgeprägt, in
ʯʯ Die mittlere Unterwegszeit ist bei Kindern und sehr ländlichen Regionen ist ein Rückgang nicht
jungen Menschen um etwa vier Minuten gestie- erkennbar.
gen, bei den mittleren und hohen Altersklassen
um bis zu 14 Minuten pro Tag. Auch bei den Hoch- ʯʯ Die Ausstattung der bundesdeutschen Haushalte
betagten fällt die Steigerungsrate hoch aus. mit Fahrrädern hat von 70 Millionen im Jahr 2002
auf etwa 77 Millionen im Jahr 2017 zugenommen.
ʯʯ Menschen in Metropolen benötigen zunehmend Im Jahr 2017 entspricht dies 0,9 Fahrrädern pro
mehr Zeit für ihre täglichen Wege. Aber auch jene Kopf oder 1,9 Fahrrädern pro Haushalt, Elektrorä-
in zentralen Städten und in den kleinstädtisch der jeweils eingeschlossen.
dörflichen Räumen innerhalb der Stadtregion be-
nötigen täglich zehn Minuten mehr. Die Tagesstre- ʯʯ In allen Regionen gibt es nahezu gleich viele Fahr-
cke der Metropolenbewohner hat in den Jahren räder bezogen auf 1.000 Einwohner. Die Anzahl
von 2002 bis 2017 um acht Kilometer zugenom- der Fahrräder pro 1.000 Einwohner hat seit dem
men, in anderen Regionen nur um durchschnitt- Jahr 2002 insgesamt um acht Prozent zugenom-
lich fünf Kilometer. men. Die Unterschiede zwischen den Bundes-
ländern im Osten und im Westen sind nicht sehr
groß.

Mobilität in Deutschland 2002 – 2008 – 2017


 13

ʯʯ Die Anteile der Haushalte mit und ohne Fahrrad ʯʯ Personen unter 20 Jahren und über 49 Jahre gehen
haben sich im Gesamtblick in den Jahren 2002 bis häufiger zu Fuß.
2017 kaum verändert. Im räumlichen Detail zeigt
sich jedoch: In Metropolen-Haushalten kommt es ʯʯ Beim Fahrrad verteilt sich das Wachstum
zur Zunahme, in ländlichen Regionen auf weitaus an Wegen und Personenkilometern auf alle
höherem Niveau zur Abnahme des Fahrradbesit- Altersgruppen.
zes – trotz des 2017 dort höheren Pedelec-Besitzes.
ʯʯ Der MIV-Fahrer-Anteil geht bei Personen aus
ʯʯ Auch aufgrund der Pedelec-Nachfrage sind vor al- Haushalten mit hohem ökonomischem Status zu-
lem Haushalte mit älteren Menschen ab 65 Jahren rück, der des Fahrrads steigt.
heute deutlich häufiger im Besitz von Fahrrädern
als vor 15 Jahren. In fast allen Altersklassen leben ʯʯ Im urbanen Raum verliert das Auto etwas an Be-
heute mehr Personen in einem Haushalt mit min- deutung, in den sehr ländlichen Regionen baut es
destens einem Fahrrad pro Kopf als noch 2002. seine Vorherrschaft weiter aus.

ʯʯ An den Anteilen der genutzten Fahrkartenarten Wegezwecke: Zunahme arbeitsbedingter Mobilität


für den öffentlichen Personennahverkehr hat sich
in den untersuchten 15 Jahren wenig verändert. ʯʯ Der Rückgang des Verkehrsaufkommens geht vor
Die Zeitkarten im ÖPNV verzeichnen einen leich- allem auf die starke Abnahme der Einkaufswege
ten Zuwachs. und in geringerem Maß der Freizeit- und Be-
gleitwege zurück. Die Verkehrsleistung ist in den
ʯʯ In den Metropolen und Großstädten nimmt die letzten 15 Jahren hingegen bei den Dienstwegen
Zahl der ÖPNV-Zeitkarten unter den jungen Per- und privaten Erledigungen überproportional
sonen und jenen ohne Pkw deutlich zu. Studenten angestiegen.
und Frauen nutzen ÖV-Zeitkarten in zunehmen-
dem Maße. ʯʯ Die Anteile der Wegezwecke variieren stärker
zwischen den Erhebungszeitpunkten als zwischen
ʯʯ Personen aus Haushalten mit hohem ökonomi- den Raumtypen. In allen Räumen kommt es in
schem Status stehen häufiger Pkw und Fahrräder den Erhebungsjahren zu einer Abnahme des Ein-
zur Verfügung. Der im Jahr 2002 bestehende Un- kaufsverkehrs und der Freizeitwege. Die Anzahl
terschied, dass Personen mit niedrigem ökonomi- an Dienstwegen nimmt in allen Räumen zu, ihre
schem Status häufiger im Besitz einer ÖV-Zeitkarte Länge hat sich aber nicht verändert.
waren als Personen mit hohem ökonomischem
Status, hat sich 15 Jahre später fast aufgehoben. ʯʯ Der Weg zur Schule wird von Kindern zunehmend
im Auto der Eltern zurückgelegt. Studierende fah-
Verkehrsmittelnutzung: ein deutliches Plus beim Rad- ren seltener Auto und nutzen häufiger das Fahrrad
verkehr und den öffentlichen Personennahverkehr. Voll-
zeitbeschäftigte steigen vom Auto auf das Fahrrad
ʯʯ Der zunehmende Autoverkehr geht vor allem und den ÖV um. Rentner gehen seltener zu Fuß
zulasten von Wegen zu Fuß. Aufgrund der gestie- und nutzen häufiger das Auto.
genen Entfernungen und des höheren Anteils des
MIV als Fahrer ist ein erheblicher Zuwachs der Ver- Mobilitätsverhalten ausgewählter Altersgruppen:
kehrsleistung mit dem MIV festzustellen. Jung und Alt in Bewegung

ʯʯ Die Verkehrsmittel des Umweltverbunds konnten ʯʯ Der Anteil der Personen mit Führerschein ist vor
ihre Anteile am Wegeaufkommen bis 2017 stei- allem bei den älteren Frauen stark gestiegen und
gern. Der Anteil öffentlicher Verkehrsmittel an der wird voraussichtlich weiter zunehmen.
Verkehrsleistung ist aufgrund des erhöhten Per-
sonenfernverkehrs stark gestiegen. Dem teilweise ʯʯ Der Anteil der älteren Männer und Frauen in
deutlichen Anstieg des ÖV-Anteils bei jungen Haushalten ohne Auto sinkt in den Jahren von
Personen steht ein abnehmender ÖV-Anteil der ab 2002 bis 2017 um die Hälfte.
70-Jährigen gegenüber.

Mobilität in Deutschland 2002 – 2008 – 2017


14 

ʯʯ Veränderungen des Mobilitätsverhaltens älterer


Menschen gehen auf den zunehmenden Anteil der
Personen mit Pkw zurück. Die Gruppenanteile der
älteren Pkw-Besitzer und Nicht-Pkw-Besitzer ver-
ändern sich; das Verhalten innerhalb der Gruppen
ist aber vergleichsweise stabil.

ʯʯ Heute leben mehr junge Personen in Haushalten


ohne Auto. Geschlechtsspezifische Unterschiede
gibt es in dieser Gruppe keine.

ʯʯ Der Wegeanteil des MIV verliert auf unterschiedli-


chem Niveau sowohl bei jungen Personen mit Pkw
als auch ohne Pkw an Bedeutung.

ʯʯ Die Tagesstrecke steigt vor allem bei jungen Perso-


nen ohne Pkw stark an, bei den jungen Personen
mit Pkw bleibt sie mehr oder weniger stabil.

Kohortenanalyse: Stabilität in jungen Jahren versus


Wachstum im mittleren und hohen Alter

ʯʯ Die Zunahme der Verkehrsleistung vom Jahr 2002


bis 2017 geht vor allem auf die Jahrgangskohorten
des mittleren Alters (1960 bis 1979) zurück.

ʯʯ Der Rückgang der Mobilität hat sich deutlich ins


höhere Alter verschoben, so dass die Mobilität von
Seniorinnen und Senioren insgesamt stark ange-
stiegen ist.

ʯʯ Bei den jungen Personen zeigt sich eine nur


geringfügige Veränderung der Mobilität. Bei Per-
sonen im Alter unter zehn Jahren wirkt sich die
gestiegene Tagesstrecke der Elterngeneration auf
die Kinder aus.

ʯʯ Entgegen der Verkehrsleistung insgesamt und als


MIV-Fahrer, die bereits bei den in den 1950er Jah-
ren geborenen Personen zurückgeht, nimmt die
Tagesstrecke mit dem Fahrrad altersbedingt erst
bei den in den 1930er Jahren geborenen Personen
ab. Erwachsene mittleren Alters fahren im Jahr
2017 so viel Fahrrad wie Jugendliche.

ʯʯ Die ÖV-Tagesstrecke fällt nur in jungen Jahren


hoch aus, steigt aber in fast allen Kohorten.

Mobilität in Deutschland 2002 – 2008 – 2017


1 Einleitung 15

1 Einleitung

Im Jahr 2002 wurde die große bundesweite Quer- Zudem haben sich die Rahmenbedingungen für Haus-
schnittserhebung „Mobilität in Deutschland“ (MiD) im haltsbefragungen vom ersten Erhebungsjahr der MiD
Auftrag des Bundesverkehrsministeriums zum ersten in 2002 bis zum dritten Erhebungsjahr in 2017 erheb-
Mal durchgeführt. Sie knüpft in ihren Kernelementen lich verschlechtert. Es wird vor allem für bundesweite
an die KONTIV (Kontinuierliche Erhebung zum Ver- Befragungen zunehmend schwieriger, Personen und
kehrsverhalten) an, die in den Jahren 1976, 1982 und Haushalte für die Teilnahme zu gewinnen. Um die
1989 für das Gebiet der alten Bundesrepublik durch- Rücklaufquote zu erhöhen, wurde bei der MiD 2017
geführt wurde. Nach der zweiten Erhebung im Jahr sowohl bei der Rekrutierung als auch bei der Bereit-
2008 folgte die aktuelle Erhebung im Jahr 2017. Damit stellung von Möglichkeiten, an der Erhebung teilzu-
liegt eine Reihe an Daten für die Beschreibung des Per- nehmen, auf Methodenvielfalt gesetzt. So basieren
sonenverkehrs in Deutschland vor. die Stichproben von 2002 und 2008 ausschließlich
auf Einwohnermeldeamtsstichproben, im Jahr 2017
Besondere Kennzeichen der MiD sind die umfassende wurden zusätzlich Telefonstichproben, bestehend aus
Stichprobengröße und ein hoher Anspruch an Reprä- Mobil- und Festnetznummern, eingesetzt. Während
sentativität. In den Jahren 2002 und 2008 wurden für die Personeninterviews im Jahr 2002 weitgehend und
die vom Bundesministerium für Verkehr und digitale im Jahr 2008 ausschließlich telefonisch durchgeführt
Infrastruktur (BMVI) beauftragte Bundesstichprobe wurden, wurde im Jahr 2017 der Methodenmix der
mit jeweils rund 60.000 Personen aus 26.000 Haus- vorangehenden Phase der Haushaltsbefragung auch
halten ähnlich große Stichproben erzielt. Durch die bei den Personeninterviews beibehalten. Selbst inner-
– im Vergleich zu den Jahren 2002 und 2008 – sehr halb eines Haushalts konnten sich die Personen für
hohe Beteiligung von über 60 regionalen Vertiefungs- unterschiedliche Modi – schriftlicher Fragebogen, On-
stichroben, deren Fälle erstmals für die gemeinsame line- oder Telefoninterview – entscheiden.
Auswertung mit den Fällen der Bundesstichprobe be-
reitstehen, konnte die Stichprobengröße der MiD 2017 Weitere Unterschiede zwischen den Erhebungen er-
gegenüber den Vorgängererhebungen deutlich erhöht geben sich durch die Weiterentwicklung bei der Stich-
werden. Insgesamt wurden aus über 150.000 Haus- probenziehung. Für diese wurde mittels Kombination
halten mehr als 300.000  Personen befragt, die für der Lagetypen der innerstädtischen Raumbeobach-
einen fest vorgegebenen Stichtag fast eine Million tung (IRB) und der Stadt- und Gemeindetypen des
Wege berichtet haben. Bundesinstituts für Bau-, Stadt- und Raumforschung
(BBSR) eigens ein MiD-Gemeindetyp gebildet und als
Die Daten der MiD decken einen Zeitraum von 15 Jah- Schichtungsmerkmal berücksichtigt.
ren ab. Die Rahmenbedingungen für Verkehr haben
sich in dieser Zeit stark verändert. Die Digitalisierung Darüber hinaus wurden Innovationen bei der Daten-
und der damit verbundenen technologische und ge- aufbereitung und -gewichtung im Jahr 2017 einge-
sellschaftliche Wandel sind ein wichtiges Themenfeld führt. So wurden bei der MiD 2017 erstmals fehlende
in diesem Zusammenhang. Doch auch grundlegenden Angaben bei den Kernvariablen Hauptverkehrsmittel,
Kennwert sind davon betroffen. So lebten im Jahr Dauer und Entfernung des Weges durch Imputations-
2017 mehr ältere Menschen in Deutschland als im verfahren mit Werten gefüllt und der vom BMVI in
Jahr 2002. Die Zahl der Haushalte hat zugenommen, Zusammenarbeit mit dem BBSR konzipierte regional-
ebenso die Zahl der Erwerbstätigen. Auch wenn sich statistische Raumtyp („RegioStar“) für die Analyse
die Anzahl der Stadtbewohner insgesamt kaum ver- des Zusammenhangs von Raumstruktur und Ver-
ändert hat, verzeichnen gerade die großen Metropolen kehr bereitgestellt (siehe Erläuterungen in Kapitel 2).
einen deutlichen Bevölkerungszuwachs. Diese techno- Mit der Berücksichtigung des erstmals erhobenen
logischen, räumlichen und sozioökonomischen Ver- Mieter- und Eigentümer-Verhältnisses konnte bei der
änderungen haben Auswirkungen auf den Verkehr Datengewichtung eine gegenüber den Vorgängerer-
und können durch zusätzliche Verhaltensänderungen hebungen deutliche Verbesserung bei der Abbildung
verstärkt oder abgeschwächt werden. des Pkw-Besitzes in Deutschland erzielt werden.

Mobilität in Deutschland 2002 – 2008 – 2017


16 1 Einleitung

Wohnungseigentümer sind häufiger im Besitz von Der Bericht startet mit einer Beschreibung der außer-
Pkw als Mieter. Ursächlich hierfür sind Einkommens- halb des Personenverkehrs stattfindenden Verände-
unterschiede, die in Befragungen aufgrund der hohen rungen von demografischen und sozioökonomischen
Antwortverweigerung bei der Einkommensfrage Rahmenbedingungen. Im Anschluss werden die Auf-
nicht kontrolliert werden können. Da die Teilnahme- bereitungsschritte bei der Erstellung des MiD-Zeit-
bereitschaft von Eigentümern höher ist als die von reihendatensatzes beschrieben.2 Kern des Berichtes
Mietern, war der Pkw-Besitz in der MiD 2002 und der ist der Ergebnisvergleich unterschiedlicher Mobili-
MiD 2008 überschätzt. Ein Ausgleich über das Eigen- tätskenngrößen. Der Bericht startet mit aggregierten
tümer-Mieter-Verhältnis war mangels Information Kennwerten des Verkehrsaufkommens und der Ver-
nicht möglich. kehrsleistung und endet mit der spezifischen Analyse
ausgewählter Altersgruppen und einer kohortenspezi-
Die Ergebnisse des Zensus 2011 brachten zudem die fischen Betrachtung der Entwicklung des Mobilitäts-
Erkenntnis, dass die Bevölkerungszahlen Deutsch- verhaltens. Darüber hinaus werden in einem Exkurs
lands in den Jahren 2002 und 2008 geringer ausfallen die Ergebnisse für Deutschland im internationalen
und teilweise eine andere räumliche Verteilung auf- Vergleich betrachtet. Im Schlusskapitel werden die
weisen als damals in der amtlichen Statistik berichtet weitgehend neutral beschriebenen Veränderungen
wurde. zusammenfassend eingeordnet.

Aufgrund dieser vielen Faktoren war die Vergleich-


barkeit der drei, nahezu identisch durchgeführten Er-
hebungen nur bedingt gegeben. Um die Entwicklung
des Personenverkehrs dennoch mit hoher Qualität
auf Basis der MiD-Zeitreihe untersuchen zu können,
wurde vom BMVI ergänzend zu den im Ergebnis-
bericht1 bereits im November 2018 veröffentlichten
Auswertungen für das Jahr 2017 die Erstellung eines
konsistenten Zeitreihendatensatzes beauftragt. Diese
Aufgabe umfasste neben der Bildung neuer Gewich-
tungs- und Hochrechnungsfaktoren die analoge Auf-
bereitung eines Großteils der Variablen für alle drei
Erhebungszeitpunkte.

Diese konsolidierte Zeitreihe bildet die Grundlage


für den vorliegenden Bericht. Die Zuverlässigkeit des
Zeitreihenvergleichs konnte durch die rückwirkenden
Anpassungen der 2002er und 2008er Daten deutlich
verbessert werden. Bei vielen Mobilitätskenngrößen
sind klare Entwicklungslinien zu erkennen. In Teilbe-
reichen ergeben sich dennoch Datenreihen, die ange-
sichts von drei Messzeitpunkten kein ganz klares Bild
ergeben. Zum einen verlaufen Entwicklungen nicht
immer linear, zum anderen handelt es sich bei der
MiD trotz gleichen Studiendesigns um drei separat
durchgeführte Querschnittserhebungen. Der Fokus
des vorliegenden Berichts liegt daher auf den großen,
klar zu erkennenden Entwicklungslinien.

1 Auf der Homepage der MiD stehen umfangreiche Berichte und Präsentationen zum Download bereit. Hierzu gehören der Ergebnisbericht
der MiD 2017, der Kurzreport, der Bericht mit Analysen zum Radverkehr und Fußverkehr, der Methodenbericht, das Nutzerhandbuch, der
Tabellenband und Hinweise sowie der Link zum online zur Verfügung stehenden Tabellierungstool MiT 2017
http://www.mobilitaet-in-deutschland.de/publikationen2017.html
2 Eine detaillierte Beschreibung der Datenanpassungen können dem Methodenbericht zum MiD-Zeitreihenbericht entnommen werden.
http://www.mobilitaet-in-deutschland.de/publikationen2017.html

Mobilität in Deutschland 2002 – 2008 – 2017


2 Hintergrund: Datenharmonisierung 2002 – 2008 – 2017 17

2 Hintergrund: Datenharmonisierung
2002 – 2008 – 2017

Die drei MiD-Erhebungen aus den Jahren 2002, 2008 die Kalibrierung auf den jeweiligen zensuskorri-
und 2017 wurden als repräsentative Erhebungen gierten Eckwert der Haushalte normiert und für
konzipiert, um belastbare Ergebnisse für das jeweils beide Bezugsjahre mittels „iterative proportional
erhobene Jahr zur Verfügung zu stellen. Um hiermit fitting“ (IPF) an die zwei Randverteilungen „Anzahl
die Verkehrsnachfrage auch im Zeitverlauf mit ver- Pkw im Haushalt“ gemäß EVS und „Haushaltsgrö-
lässlicher Kontinuität messen zu können, basieren ße“ gemäß Zensuskorrektur angepasst. Zusätzlich
alle drei Querschnittserhebungen auf einem weit- wurden die Einteilungen des neuen regionalstatis-
gehend identischen Studiendesign. Trotzdem sind tischen Raumtyps („RegioStaR“, siehe Abbildung 1)
die Ergebnisse nicht ohne Weiteres vergleichbar. in die Erhebung 2002 und 2008 integriert.
Dies gilt aufgrund der rückwirkend korrigierten
Bevölkerungszahlen und des weiter entwickelten Die Anwendung der neuen Hochrechnungsfaktoren
Hochrechnungsverfahrens, aber auch aufgrund führt dazu, dass der sich aus den MiD-Daten erge-
einer verbesserten Aufbereitung der erhobenen bende Pkw-Bestand 2002 und vor allem 2008 gegen-
Daten. Um die Vergleichbarkeit der drei MiD-Quer- über der ursprünglichen Gewichtung deutlich sinkt
schnittserhebungen zu optimieren, wurden des- (2008 zum Beispiel von 46,85 auf 39,98 Millionen
halb für die Daten der Erhebungen der Jahre 2002 Pkw). Der MIV-Fahrer-Anteil am Verkehrsaufkom-
und 2008 rückwirkend Anpassungen sowohl hin- men nimmt im Vergleich zur „alten“ Gewichtung
sichtlich des Gewichtungsverfahrens als auch der um zwei bis drei Prozentpunkte ab, die anderen
Datenaufbereitungsroutinen vorgenommen. Damit Verkehrsmittelanteile nehmen entsprechend zu.
werden die unmittelbaren Vergleichsmöglichkei-
ten noch einmal deutlich erleichtert. Trotzdem soll Im Rahmen der Datenaufbereitung wurden mehre-
an dieser Stelle darauf hingewiesen werden, dass re Arbeitsschritte zur Erhöhung der Vergleichbarkeit
alle MiD-Ergebnisse aus Stichprobenerhebungen vorgenommen. Die bei der MiD 2017 erstmals zum
resultieren und damit statistisch bedingten Zu- Einsatz gekommenen statistischen Imputationsver-
fallsschwankungen unterliegen. Hinzu kommen fahren zum Auffüllen von Datenlücken, die durch
externe Unsicherheiten wie etwa die Genauigkeit fehlende oder unplausible Angaben entstanden
der Angaben zur Bevölkerungsstruktur, illustriert an sind, wurden auf die Daten der Jahre 2002 und 2008
der jetzt erforderlichen Zensuskorrektur. Dies muss angewendet. Darüber hinaus wurden analytische
insbesondere bei der Interpretation von Verände- Variablen, die erstmals im Jahr 2017 gebildet worden
rungen im Zeitverlauf berücksichtigt werden. sind, rückwirkend auch für die 2002er und 2008er
Daten erstellt. Dabei handelt es sich um Variablen,
Im Rahmen der Neugewichtung wurde eine An- die nicht unmittelbar aus der Befragung stammen,
passung der Bevölkerungszahl und der Anzahl der sondern aus verschiedenen erhobenen Angaben
Haushalte an die neuen Bevölkerungseckwerte abgeleitet wurden (zum Beispiel das Merkmal „öko-
(Zensuskorrektur) vorgenommen sowie ein Ver- nomischer Status“). Abschließend wurden formale
fahren entwickelt, um der bisherigen Überschät- Datenaufbereitungsschritte wie Filtersetzung, Ma-
zung des Pkw-Bestands in privaten Haushalten ximal- und Extremwertbereinigungen vereinheit-
entgegenzuwirken. Hierzu konnte zum einen auf licht, so dass sich die Datenauswertung jeweils auf
kleinräumig zensuskorrigierte Bevölkerungsdaten denselben klar umrissenen Personenkreis bezieht.
des BBSR sowie auf Ergebnisse einer Sonderaus-
wertung der Einkommens- und Verbrauchsstich- Eine ausführliche Darstellung des methodischen
probe (EVS) zur Pkw-Ausstattung privater Haushalte Vorgehens enthält eine getrennt vorliegende
durch das Statistische Bundesamt zurückgegriffen Dokumentation.
werden. Die EVS-Randverteilungen (Anzahl Pkw x
Anzahl Personen im Haushalt) wurden dabei für

Mobilität in Deutschland 2002 – 2008 – 2017


18 2 Hintergrund: Datenharmonisierung 2002 – 2008 – 2017

Abbildung 1
Kap 2, Abb 1

Zusammengefasster Regionalstatistischer Raumtyp (RegioStaR 7)

Szczecin

Enschede

Arnhem

Nijmegen

Venlo

Luxembourg

Strasbourg

Mulhouse
Salzburg

Basel

Stadtregionengrenze
Stadtregionen Ländliche Regionen Name
Grenznahe Großstadt mit stadtregionaler
Metropole
Verflechtung zu Deutschland
Regiopolen, Großstädte Zentrale Städte
Mittelstädte, städtischer Raum Mittelstädte, städtischer Raum
Kleinstädtischer, dörflicher Raum Kleinstädtischer, dörflicher Raum

Der in der Karte dargestellte Regionalstatistische Raumtyp (RegioStaR7) wurde vom BMVI und BBSR entwickelt. Die Typisierung wurde
erst 2018 bereitgestellt und war in keiner der drei MiD-Erhebungen Bestandteil der Stichprobenkonzeption. Für die Jahre 2002 und 2008
wurden die Wohngemeinden der Befragten rückwirkend einem RegioStaR-Typ zugewiesen. Während die Entwicklung von
Durchschnittswerten und relativen Anteilen darüber relativ gut abgebildet werden können, stellen auf Absolutzahlen hochgerechnete
Werte nur eine ungefähre Orientierung dar und sind mit Vorsicht zu interpretieren.

MiD 2017 | Mobilität in Deutschland 2002 – 2008 – 2017 | Quelle: BMVI, BBSR 2018

Mobilität in Deutschland 2002 – 2008 – 2017


3 Rahmenbedingungen: Veränderung außerhalb des Verkehrs 19

3 Rahmenbedingungen: Veränderung
außerhalb des Verkehrs

Verkehr ist in hohem Maß von den demografischen Alterszusammensetzung der Bevölkerung, die Dauer
und sozioökonomischen Rahmenbedingungen ge- von Ausbildungsphasen, der Zeitpunkt für die Fami-
prägt. Unterschiede in der Personenverkehrsnach- liengründung oder für den Einstieg ins Rentenalter
frage über die Zeit können daher grundsätzlich zwei haben daher unmittelbare Auswirkungen auf die
Ursachen haben. Zum einen kann es sich um tatsächli- Verkehrsnachfrage.
che Verhaltensänderungen von Personengruppen bei
gleichbleibenden Rahmenbedingungen handeln. Zum In Abbildung 2 ist für die drei Erhebungsjahre der MiD
anderen können demografische oder sozioökonomi- die Verteilung der Bevölkerung nach Alter dargestellt.
sche Verschiebungen stattfinden, die trotz gleichblei- Da die Altersstruktur bei der Datengewichtung be-
benden Verhaltens der Teilgruppen zu Veränderungen rücksichtigt wird, entsprechen die Werte an dieser
der Verkehrsnachfrage im Aggregat führen. Oft über- Stelle denen der amtlichen Statistik. Die Abbildung
lagern sich beide Entwicklungen. Die Zuordnung be- verdeutlicht den in Deutschland stattfindenden Al-
obachteter Veränderungen zu den beiden genannten terungsprozess. Die geburtenstärksten Jahrgänge der
Prozessen ist für das Verstehen der Zusammenhänge Babyboomer-Generation waren im Jahr 2002 Mitte 30
und das Ziehen von richtigen Schlussfolgerungen und im Jahr 2017 entsprechend 50 Jahre alt. In höhe-
von essenzieller Bedeutung. Welche Veränderungen ren Altersklassen sind die Spuren des zweiten Welt-
sich seit der Jahrtausendwende ergeben und damit kriegs zu sehen. Der Anteil der Menschen ab 65 Jahren
Einfluss auf die Messergebnisse der MiD haben, ist fällt mit 21 Prozent im Jahr 2017 vier Prozentpunkte
Gegenstand dieses Kapitels. höher aus als 2002. Der eigentliche Alterungseffekt
steht Deutschland also noch bevor.
Babyboomer-Generation war zu Beginn des Betrach-
tungszeitraums Mitte 30, am Ende 50 Jahre alt Haushalte, in denen alle Personen 65 Jahre und älter
sind, haben um 50 Prozent zugenommen
Die grundlegenden demografischen Trends in
Deutschland können mit den Stichworten Alterung Die geänderte Altersstruktur schlägt sich in einer Ver-
und Schrumpfung umschrieben werden. Letztere schiebung der Haushaltstypen nieder (Abbildung 3).
hat sich jedoch aufgrund des positiven Saldos der Besonders auffällig ist der hohe Anstieg der Haushalte,
Außenwanderung, bedingt durch Migration und in denen alle Personen 65 Jahre und älter sind. Dass
Flüchtlingsströme, vorerst umgekehrt. In dem von der der Anteil der ab 65-Jährigen weit weniger stark zu-
MiD abgedeckten Zeitraum ist es zu einem leichten genommen hat als der Anteil dieses Haushaltstyps,
Anstieg der Bevölkerung gekommen. Im Jahr 2002 ist darauf zurückzuführen, dass im Betrachtungszeit-
lebten 81,6 Millionen Menschen in Deutschland, im raum die kriegsbedingt geburtenschwachen Jahrgän-
Jahr 2017 waren es 82,2 Millionen. Da die Anzahl der ge das Rentenalter erreicht haben. Der Anteil der ab
Haushalte in dieser Zeit von 38 Millionen auf 41 Mil- 65-Jährigen weist daher nur ein moderates Wachs-
lionen angewachsen ist, leben heute durchschnittlich tum auf. Gleichzeitig hat der Anteil der Hochaltrigen
weniger Menschen in einem Haushalt als zu Beginn deutlich zugenommen. Dadurch leben in immer mehr
des Jahrtausends. Haushalten ausschließlich ältere Menschen. Alle an-
deren Haushaltstypen, insbesondere aber Familien-
Nicht nur die Gesamtanzahl der Bevölkerung, auch haushalte, haben anteilmäßig an Bedeutung verloren.
ihre Zusammensetzung nach Alter und Lebenspha-
se ist entscheidend. Die Lebensphasen eines Men- In Abbildung 3 wird darüber hinaus der Anteil der
schen sind durch spezifische Anforderungen und Personen nach Alter dargestellt, die in einem Fami-
Tätigkeiten gekennzeichnet, die meist ein charakte- lienhaushalt leben. Als Familienhaushalte werden
ristisches Mobilitätsverhalten nach sich ziehen. Die alle Haushalte bezeichnet, in denen mindestens eine

Mobilität in Deutschland 2002 – 2008 – 2017


20 3 Rahmenbedingungen: Veränderung außerhalb des Verkehrs

Abbildung 2
Kap 2, Abb 1
Personen

Entwicklung der Altersverteilung der Bevölkerung

MiD 2002 Prozent


10
MiD 2008
9
MiD 2017

0
Alter in Jahren 0 10 20 30 40 50 60 70 80 90

MiD 2017 | Mobilität in Deutschland 2002 – 2008 – 2017

Abbildung 3
Kap 2, Abb 2
Haushalte

Anteil der Haushaltstypen und Anteil Personen in Familienhaushalten nach Alter

junge Haushalte (unter 35 Jahren)

Familien-Haushalte 2002 11 26 43 20

Haushalt mit Erwachsenen

Haushalt mit Personen ab 65 Jahre


2017 9 20 41 30

0 25 50 75 100

Prozent
Personen

MiD 2002 100


MiD 2017

75

50

25

0
Alter in Jahren 0 10 20 30 40 50 60 70 80 90
Angaben in Prozent

MiD 2017 | Mobilität in Deutschland 2002 – 2008 – 2017

Mobilität in Deutschland 2002 – 2008 – 2017


3 Rahmenbedingungen: Veränderung außerhalb des Verkehrs 21

Person jünger als 18 Jahre ist. Die Abbildung lässt eine In Tabelle 1 wird dargestellt, wie sich der zunehmende
deutlich nach hinten verlagerte Phase der Familien- Anteil der Erwerbstätigen in absoluten Zahlen aus-
gründung erkennen. Im Jahr 2017 steigt der Anteil der drückt. Danach ist die Anzahl der Erwerbstätigen von
Personen aus Familienhaushalten nach dem Tiefstand knapp 40 Millionen im Jahr 2002 auf gut 44 Millio-
im Alter von Mitte 20 später an als 2002 und nimmt nen im Jahr 2017 angestiegen. Obwohl die Gruppe der
entsprechend später ab. Die Eltern sind somit sowohl Personen im arbeitsfähigen Alter von 15 bis 65 Jahren
bei der Geburt als auch bei Erreichen der Volljährigkeit im betrachteten Zeitraum leicht abgenommen hat,
des jüngsten Kindes – nach der die Zugehörigkeit zu arbeiten im Jahr 2017 damit vier Millionen Menschen
einem Familienhaushalt nach der hier vorgenomme- mehr und verursachen berufsbedingten Verkehr. Die
nen Definition endet – im Jahr 2017 im Durchschnitt Erwerbstätigenquote ist im betrachteten Zeitraum
etwas älter als im Jahr 2002. von 65 Prozent auf 75 Prozent angestiegen.

Die Zahl der Erwerbstätigen steigt, der Einstieg in die Tabelle 1 Entwicklung der Erwerbstätigkeit
Rente verlagert sich ins höhere Alter Erwerbstätige* Erwerbstätigenquote**

Auch nach Tätigkeit und Alter differenziert, erge- Anzahl in Tsd. %


ben sich Änderungen über die Zeit (Abbildung 4). 2017 44.269 75
Der Anteil der Erwerbstätigen hat in den mittleren 2008 40.856 70
Altersgruppen zugenommen. Da sich die Phase der 2002 39.630 65
Erwerbstätigkeit zudem ins höhere Alter ausdehnt, *Basis Volkswirtschaftliche Gesamtrechnungen des Bundes
findet der Einstieg ins Rentenalter im Jahr 2017 spä- **Erwerbstätigenquoten in der Altersgruppe 15 bis unter 65 Jahren auf
Basis des Mikrozensus
ter statt als 2002. Wenig bis keine Änderungen zeigen Quelle: https://www-genesis.destatis.de/genesis/online/data
sich dagegen in jungen Jahren. Sowohl der Anteil der
MiD 2017 | Mobilität in Deutschland 2002 – 2008 – 2017
Schüler als auch der Studenten und Auszubildenden
fällt in den Jahren 2002 und 2017 mehr oder weniger
identisch aus.

Abbildung 4
Kap 2, Abb 3
Personen

Anteil der Personen nach Tätigkeit und Alter

Schüler(innen) Prozent
100
MiD 2002
MiD 2017

Studierende/Azubis
MiD 2002
75
MiD 2017

Erwerbstätige
MiD 2002
MiD 2017 50
Rentner(innen)
MiD 2002
MiD 2017

25

0
Alter in Jahren 0 10 20 30 40 50 60 70 80 90

MiD 2017 | Mobilität in Deutschland 2002 – 2008 – 2017

Mobilität in Deutschland 2002 – 2008 – 2017


22 3 Rahmenbedingungen: Veränderung außerhalb des Verkehrs

Ältere Menschen leben heute häufiger in ländlichen dagegen gerade bei jungen Personen Veränderungen.
Regionen als vor 15  Jahren, der Anteil junger Men- Besonders ausgeprägt ist der Zuwachs bei den 29- bis
schen nimmt vor allem in den Metropolen zu 39-Jährigen. Da es sich hierbei um die Phase der Fa-
miliengründung handelt, hat entsprechend auch der
Von entscheidender Bedeutung für das Mobilitäts- Anteil der Großstadtkinder zugenommen.
verhalten ist schließlich die Lage des Wohnorts. In
städtischen Räumen fallen die Dichte an Nahversor- Preise im Verkehr entwickeln sich unterschiedlich
gungs- und Infrastruktureinrichtungen sowie die
Angebotsqualität des öffentlichen Verkehrs höher Abschließend wird die Preisentwicklung beispielhaft
aus als in ländlichen Gebieten. Im Durchschnitt le- anhand der Kraftstoffpreise sowie für den öffentlichen
ben in den Jahren 2002 und 2017 jeweils rund zwei Verkehr betrachtet. Beides kann zu der Entwicklung
Drittel der Personen in Stadtregionen – also Groß- der allgemeinen Lebenshaltungskosten in Beziehung
städte und deren Umland – und ein Drittel in länd- gesetzt werden. Werden zunächst die rein nomi-
lichen Regionen. Obwohl die Metropolen als Teil der nalen Kostensteigerungen der Kraftstoffpreise be-
Stadtregionen in den betrachteten 15 Jahren einen trachtet, zeigt sich ein deutliches Plus (Tabelle 2). Sie
deutlichen Bevölkerungsgewinn aufweisen, hat sich sind sowohl für Benzin als auch für Diesel von 2002
der Anteil der Bevölkerung in den Stadtregionen ins- bis 2017 um 32 Prozent bzw. 38 Prozent gestiegen.
gesamt nur leicht erhöht. Für diese drei Raumtypen Bei der Bewertung müssen jedoch weitere Faktoren
– Stadtregion, ländliche Region und Metropolen als berücksichtigt werden. So ist der durchschnittliche
Teil der Stadtregion – zeichnet sich eine deutliche Kraftstoffverbrauch von Pkw und Kombi in den be-
Verschiebung der Altersstruktur ab (Abbildung 5). Der trachteten 15 Jahren zurückgegangen. Zudem ist der
Anteil der ab 50-Jährigen, die in Stadtregionen leben, Anteil von Dieselfahrzeugen im Fahrzeugbestand
ist deutlich zurückgegangen, während der Anteil der deutlich gestiegen. In Kombination mit den günsti-
Landbevölkerung in dieser Altersklasse entsprechend geren Kraftstoffpreisen für Diesel wirkt dies auf den
zugenommen hat. Die Anteile in den unteren Alters- mittleren Kraftstoffpreis insgesamt entlastend. Wird
klassen bleiben stabil. In Metropolen zeigen sich außerdem eine inflationsbereinigte Betrachtung

Abbildung 5
Kap 2, Abb 4
Personen

Anteil der Personen mit Wohnort in einer Stadtregion, ländlichen Region und in Metropolen

Stadtregion Prozent
100
MiD 2002
MiD 2017 90

ländliche Region
80
MiD 2002
MiD 2017 70
Metropolen
(Teil der Stadtregion) 60
MiD 2002
50
MiD 2017

40

30

20

10

0
Alter in Jahren 0 10 20 30 40 50 60 70 80 90

MiD 2017 | Mobilität in Deutschland 2002 – 2008 – 2017

Mobilität in Deutschland 2002 – 2008 – 2017


3 Rahmenbedingungen: Veränderung außerhalb des Verkehrs 23

Tabelle 2 Entwicklung von Nettolöhnen, Kraftstoffverbrauch und Kraftstoffpreisen


Nettolohn Steigerungs- Durch- Steigerungs- Kraftstoff- Steigerungs- Kraftstoff- Steigerungs-
pro Arbeit- rate gegen- schnittlicher rate gegen- preis – rate gegen- preis – Diesel rate gegen-
nehmer über 2002 Kraftstoff- über 2002 Benzin über 2002 über 2002
verbrauch
€ % Liter/100 km % € % € %
2017 22.652 29% 7,4 -9% 1,37 32% 1,16 38%
2008 18.479 5% 7,5 -7% 1,40 35% 1,34 60%
2002 17.550 / 8,1 / 1,04 / 0,84 /
Quelle Einkommen: Statistisches Bundesamt nach Statista,
https://de.statista.com/statistik/daten/studie/74510/umfrage/nettogehalt-im-jahr-je-arbeitnehmer-in-deutschland/
Quelle Kraftstoffpreise und Durchschnittsverbrauch: Verkehr in Zahlen 2018/2019, S. 308f.,
https://www.bmvi.de/SharedDocs/DE/Publikationen/G/verkehr-in-zahlen_2018-pdf.pdf
MiD 2017 | Mobilität in Deutschland 2002 – 2008 – 2017

angestellt sowie die Entwicklung der Nettolöhne be- Steigerungen bezogen auf den Luftverkehr – das
trachtet, ergeben sich keine steigenden Belastungen höchste Plus für schienengebundene Angebote des
bei den Kosten für den mittleren Pkw-Kilometer. öffentlichen Verkehrs, gefolgt von straßengebunde-
nen Angeboten. Die Werte für den Pkw-Bereich liegen
Dies bestätigt ein Blick auf die Preisindices im Bereich dagegen bezogen auf die Anschaffung sogar unterhalb
der Verbraucherpreise, die das Statistische Bundes- der allgemeinen Steigerung der Lebenshaltungskosten
amt regelmäßig berichtet. Aus dieser Quelle kann und für den Betrieb etwas darüber. Zusammengefasst
die allgemeine Steigerung der Lebenshaltungskosten lässt sich daran eine überproportionale Steigerung für
in Beziehung gesetzt werden zu verkehrsbezogenen Kunden des öffentlichen Verkehrs und ein relativ be-
Preisentwicklungen nicht nur in der Autonutzung, trachtet etwa gleichbleibendes Kostenniveau für die
sondern auch bei der Inanspruchnahme von Leistun- Autofahrerinnen und Autofahrer ablesen.
gen des öffentlichen Verkehrs (Abbildung 6). Indiziert
anhand des Preisniveaus im ersten MiD-Jahr 2002
zeigt sich dabei – abgesehen von den noch höheren

Abbildung 6
Kap 3, Abb 6_neu
Personen

Verbraucherpreisindex für Deutschland nach Verwendungszweck des Individualeinkommens im Verkehr


180
Verbraucherpreise
gesamt
Verkehr gesamt 160
Betrieb Pkw
Kauf Pkw 140
Kauf Fahrräder
Personenbeförderung 120
Luft
Personenbeförderung
100
Schiene
Personenbeförderung
Straße 80

60

40

20

Verbraucherpreisindex für Deutschland nach Verwendungszweck des Individualeinkommens (2002=100);


Quelle: eigene Berechnung nach Statistischem Bundesamt (Destatis), 2019

MiD 2017 | Mobilität in Deutschland 2002 – 2008 – 2017

Mobilität in Deutschland 2002 – 2008 – 2017


4 Entwicklung der absoluten Werte: steigende Verkehrsleistung trotz sinkendem Verkehrsaufkommen 25

4 Entwicklung der absoluten Werte:


steigende Verkehrsleistung trotz
sinkendem Verkehrsaufkommen

Die Veränderung der Verkehrsmittelanteile an den Auch bei den Verkehrsmitteln des Umweltverbundes
zurückgelegten Wegen und Kilometern gibt interes- unterscheidet sich die Entwicklung je nach betrach-
sante Einblicke in die Entwicklung des Verkehrs. Für tetem Verkehrsmittel. Die Anzahl der Wege zu Fuß
die Umweltbilanz entscheidend sind jedoch die ab- fällt im Jahr 2017 niedriger aus als 2002. Dagegen
soluten Kennwerte. Wie sich die Welt des Verkehrs in hat die Anzahl der Wege mit dem Fahrrad und mit
absoluten Zahlen von 2002 bis 2017 entwickelt hat, öffentlichen Verkehrsmitteln entgegen dem Trend um
ist Gegenstand dieses Kapitels. Die Entwicklung der 13 Prozent bzw. 4 Prozent zugenommen.
Anteilswerte ist Gegenstand von Kapitel 7.
Von der Zunahme der Verkehrsleistung sind alle Ver-
In Deutschland werden pro Tag weniger Wege, aber kehrsmittel betroffen. Die mit dem Fahrrad und den
mehr Kilometer zurückgelegt als 15 Jahre zuvor Verkehrsmitteln des öffentlichen Personennahver-
kehrs zurückgelegten Personenkilometer wachsen
Die beiden zentralen Kennwerte Verkehrsaufkom- mit 37  bzw. 36  Prozent weit überproportional. Die
men und Verkehrsleistung, das heißt die Anzahl der Zuwachsrate beim MIV beträgt demgegenüber nur elf
insgesamt an einem durchschnittlichen Tag zurück- Prozent. Absolut entfallen die zusätzlichen Personen-
gelegten Wege und Personenkilometer, haben sich kilometer aber vor allem auf den Pkw und die Ver-
zwischen 2002 und 2017 gegenläufig entwickelt (Ab- kehrsmittel des öffentlichen Personenfernverkehrs:
bildung 7). Während das Verkehrsaufkommen ins- Von den rund 500 Millionen Personenkilometern, die
gesamt um fünf Prozent zurückgegangen ist, hat die an einem durchschnittlichen Tag im Jahr 2017 mehr
Verkehrsleistung im selben Zeitraum um 18 Prozent zurückgelegt werden als im Jahr 2002, geht rund die
zugenommen. Wurden an einem durchschnittlichen Hälfte auf das Konto von Pkw-Fahrten, 130 Millionen
Tag im Jahr 2002 auf 270 Millionen Wegen 2,7 Mil- gehen auf den öffentlichen Personenfernverkehr,
liarden Personenkilometer zurückgelegt, so liegt die 90 Millionen auf den öffentlichen Personennahverkehr
Wegeanzahl im Jahr 2017 bei nur knapp 260 Millionen und 30 Millionen auf das Fahrrad zurück. Mit einem
Wegen, aber 3,2 Milliarden Personenkilometern. Zuwachs von 92 Prozent ist der Fernverkehr das mit
Abstand am stärksten zunehmende Verkehrssegment.
Von dieser Entwicklung sind nicht alle Verkehrsmit-
tel gleichermaßen betroffen. Der Anteil der Wege mit Generell ist die Entwicklung des Personenfernver-
dem MIV hat mit sechs Prozentpunkten zwar ähnlich kehrs auf Basis der Stichtagserhebung mit Vorsicht
stark abgenommen wie das Gesamtverkehrsaufkom- zu interpretieren. Zum einen sind Wege im Fernver-
men; der Rückgang geht aber ausschließlich auf die kehr in Stichtagserhebungen unterrepräsentiert. Zum
sinkenden MIV-Mitfahrer-Wege zurück. Das Aufkom- anderen findet aufgrund des Inlandsprinzips bei der
men der MIV-Fahrer-Wege ist im Jahr 2017 dagegen MiD eine Kappung der Wege bei 1.000  Kilometern
ebenso hoch wie im Jahr 2002. Die absolute Anzahl an statt. Mit diesen Einschränkungen kommt die MiD zu
Pkw-Fahrten ist somit nicht gesunken, wohl aber der folgendem Ergebnis: Sowohl beim Wegeaufkommen
Besetzungsgrad. Dieser ist von 1,5 im Jahr 2002 auf 1,4 als auch der Verkehrsleistung haben alle Verkehrs-
im Jahr 2017 gesunken. mittel des Personenfernverkehrs einen deutlichen
Zuwachs zu verzeichnen. Besonders hoch fällt der Zu-
wachs beim Flugzeug aus. Aber auch im Bahnverkehr
wurden hohe Steigerungsraten erzielt.

Mobilität in Deutschland 2002 – 2008 – 2017


26 4 Entwicklung der absoluten Werte: steigende Verkehrsleistung trotz sinkendem Verkehrsaufkommen

Abbildung 7
Kap 4, Abb 8
Wege

Entwicklung von Verkehrsaufkommen und Verkehrsleistung nach Verkehrsmitteln

gesamt

Zu Fuß Fahrrad MIV-Fahrer MIV-Mitfahrer ÖPNV ÖPFV

Verkehrsaufkommen Verkehrsleistung
Anzahl Wege in Mio. pro Tag Personenkilometer in Mio. pro Tag
400 4.000

350 3.500
3.214
3.080
300 3.000
273
252
270 275 2.717 332
25 257 142 302
250
24 2.500
25 245
45 40 650
36 735
200 2.000 665

150 110 1.500


111 111

1.754
100 1.000 1.598
1.496
29
25
28
50 500
64 69
56 82 96 112
88 98 93
0 0
MiD 2002 MiD 2008 MiD 2017 MiD 2002 MiD 2008 MiD 2017

Entwicklung von 2002 nach 2017 in Prozent

-5 18

0 92

4 36

-20 -2

0 17

13 37

-13 6

-100 -75 -50 -25 0 25 50 75 100 -100 -75 -50 -25 0 25 50 75 100

Angaben Anzahl bzw. Kilometer

MiD 2017 | Mobilität in Deutschland 2002 – 2008 – 2017

Mobilität in Deutschland 2002 – 2008 – 2017


4 Entwicklung der absoluten Werte: steigende Verkehrsleistung trotz sinkendem Verkehrsaufkommen 27

Tabelle 3 Entwicklung von Bevölkerung, Verkehrsaufkommen und Verkehrsleistung nach Raumtyp


Bevölkerung
MiD 2002 MiD 2008 MiD 2017
Personen Anzahl in Mio. % Anzahl in Mio. % Anzahl in Mio. %

Raumtyp
Stadtregionen 54 66 47 58 52 64
Metropole 12 15 13 17 15 18
Regiopole und Großstadt 14 17 11 13 12 15
Mittelstadt, städtischer Raum 22 27 18 22 21 25
kleinstädtischer, dörflicher Raum 6 8 5 6 5 6
Ländliche Regionen 28 34 34 42 30 36
zentrale Stadt 6 7 5 6 5 6
Mittelstadt, städtischer Raum 11 14 13 17 12 14
kleinstädtischer, dörflicher Raum 11 14 16 19 13 16
gesamt 82 100 81 100 82 100
Verkehrsaufkommen
MiD 2002 MiD 2008 MiD 2017
Wege Anzahl Wege % Anzahl Wege % Anzahl Wege %
in Mio. pro Tag in Mio. pro Tag in Mio. pro Tag
Raumtyp
Stadtregionen 179 66 160 58 166 64
Metropole 38 14 45 16 48 19
Regiopole und Großstadt 47 17 37 14 39 15
Mittelstadt, städtischer Raum 74 27 62 22 64 25
kleinstädtischer, dörflicher Raum 20 7 15 6 16 6
Ländliche Regionen 91 34 116 42 92 36
zentrale Stadt 19 7 18 6 15 6
Mittelstadt, städtischer Raum 37 14 46 17 37 14
kleinstädtischer, dörflicher Raum 36 13 52 19 40 15
gesamt 270 100 275 100 257 100
Verkehrsleistung
MiD 2002 MiD 2008 MiD 2017
Wege Personenkilo- % Personenkilo- % Personenkilo- %
meter in Mio. meter in Mio. meter in Mio.
pro Tag pro Tag pro Tag
Raumtyp
Stadtregionen 1.774 65 1.730 56 2.034 63
Metropole 346 13 455 15 558 17
Regiopole und Großstadt 417 15 402 13 434 14
Mittelstadt, städtischer Raum 769 28 683 22 820 26
kleinstädtischer, dörflicher Raum 242 9 189 6 222 7
Ländliche Regionen 943 35 1.350 44 1.180 37
zentrale Stadt 164 6 182 6 174 5
Mittelstadt, städtischer Raum 363 13 500 16 437 14
kleinstädtischer, dörflicher Raum 416 15 669 22 569 18
gesamt 2.717 100 3.080 100 3.214 100
Der in der Tabelle verwendete zusammengefasste Regionalstatistische Raumtyp (RegioStaR7) wurde vom BMVI und BBSR entwickelt. Die Typisierung wurde
erst 2018 bereitgestellt und war in keiner der drei MiD-Erhebungen Bestandteil der Stichprobenkonzeption. Für die Jahre 2002 und 2008 wurden die Wohn-
gemeinden der Befragten rückwirkend einem RegioStaR-Typ zugewiesen. Aufgrund der geringeren Stichprobengröße in 2002 und 2008 und dem nicht direkt
vergleichbaren räumlichen Gewichtungskonzept sind die nach dem RegioStaR7 unterteilten, kursiv dargestellten Werte für 2002 und 2008 lediglich als un-
gefähre Orientierung zur besseren Einordnung der Ergebnisse zu verstehen.
MiD 2017 | Mobilität in Deutschland 2002 – 2008 – 2017

Mobilität in Deutschland 2002 – 2008 – 2017


28 4 Entwicklung der absoluten Werte: steigende Verkehrsleistung trotz sinkendem Verkehrsaufkommen

Die Verkehrsleistung nimmt vor allem in den Metropo-


len zu

Zwei Drittel der Bevölkerung Deutschlands lebt in Me-


tropolen und Stadtregionen. Somit entsteht dort auch
mehr Verkehr als in ländlichen Regionen (Tabelle 3).
In allen drei Erhebungsjahren entsprechen die Anteile
der städtischen und ländlichen Region am Verkehrs-
aufkommen jeweils genau ihrem Bevölkerungsanteil.
Das Pro-Kopf-Wegeaufkommen ist in der Stadt und
auf dem Land damit weitgehend identisch. Dagegen
fallen die durchschnittlich zurückgelegten Personen-
kilometer in der ländlichen Region etwas höher aus
als in den Stadtregionen. Hier spiegeln sich die entfer-
nungsintensiveren Strukturen der ländlichen Räume
wider.

Nach Raumtyp unterschieden zeigt sich: Die Verkehrs-


leistung wächst in allen Räumen deutlich an. Eine be-
sonders starke Veränderung hat in den Metropolen
stattgefunden (Tabelle 4). Während die Bevölkerung
in den Metropolen laut BBSR um zehn Prozent gestie-
gen ist, weist die Verkehrsleistung der Metropolen-
bevölkerung ein Wachstum von 40 Prozent auf. Auch
in den anderen Raumtypen der Stadtregion wird die
Zunahme der Bevölkerung von einem überproportio-
nalen Anstieg der Verkehrsleistung begleitet. In der
ländlichen Region nimmt die Bevölkerung ab. Die
Verkehrsleistung wächst zumeist trotzdem deutlich
an. Die Zunahme der Verkehrsleistung ist damit ein
raumübergreifendes Phänomen, das in den Metropo-
len jedoch besonders stark ausgeprägt ist.

Tabelle 4 Veränderung der Bevölkerungsanzahl


und der Verkehrsleistung im Jahr 2017
gegenüber 2002 nach Raumtyp
Entwicklung in Prozent
Bevölke- Verkehrs-
rung* leistung**
Personen bzw. Wege % %
Raumtyp
Stadtregionen
Metropole 9,8 40
Regiopole und Großstadt 3,8 22
Mittelstadt, städtischer Raum 2,8 18
kleinstädtischer, dörflicher Raum 0,6 12
Ländliche Regionen
zentrale Stadt -0,4 21
Mittelstadt, städtischer Raum -3,7 11
kleinstädtischer, dörflicher Raum -5,1 13
*berechnet auf Basis von Angaben des BBSR zur Bevölkerungsanzahl
**abgeleitet aus der Tagesstrecke und der Bevölkerungsanzahl
MiD 2017 | Mobilität in Deutschland 2002 – 2008 – 2017

Mobilität in Deutschland 2002 – 2008 – 2017


5 Mobilitätskenngrößen des Personenverkehrs: ein Zuwachs an Zeit und Distanzen 29

5 Mobilitätskenngrößen des Personen-


verkehrs: ein Zuwachs an Zeit und
Distanzen

Wie viele Personen gehen an dem vorgegebenen Be- verlassen mehr Personen das Haus als am Samstag
richtstag außer Haus, wie viele Wege legen sie zurück, und insbesondere am Sonntag. Der Außer-Haus-An-
wie viel Zeit benötigen sie dafür und welche Distanz teil liegt am Sonntag im Durchschnitt sieben bis neun
legen sie zurück? Dies sind typische Kennwerte zur Be- Prozentpunkte unter dem Anteil vom Samstag. Im
schreibung des Mobilitätsverhaltens. Die Entwicklung Jahr 2008 ist insgesamt ein etwas höheres Mobilitäts-
dieser Kenngrößen ist Gegenstand des vorliegenden niveau zu erkennen, und der Unterschied zwischen
Kapitels. Samstag und Sonntag ist weniger stark ausgeprägt.
Während der Außer-Haus-Anteil vom Jahr 2002 zum
Die Mobilitätsquote variiert in allen Erhebungsjahren Jahr 2008 steigt, sinkt er vom Jahr 2008 zum Jahr 2017
stark mit dem Wochentag ab. Er liegt in 2017 geringfügig unter dem Ausgangs-
wert von 2002. Generell variiert die Mobilitätsquote
Die Mobilitätsquote, also jener Anteil der Personen, stärker zwischen den Wochentagen als zwischen den
die am Berichtstag das Haus verlassen, zeigt in den Erhebungsjahren.
Erhebungsjahren zwischen 2002 und 2017 das glei-
che Muster (Abbildung 8): Von Montag bis Freitag

Abbildung 8
Kap 5, Abb 10
Personen bzw. Wege

Mobilitätsquote, Unterwegszeit, Tagesstrecke, durchschnittliche Wegelänge und Wegeanzahl


nach Wochentag
100
Mobilitätsquote
in Prozent 90 90 92
87 89 87
85 83 82
Unterwegszeit (ohne rbw*) 82
in Min. pro Person und Tag 81 73
79 80 80 80 76 79
78
75 75
Tagesstrecke in Kilometer 72 73 72
pro Person und Tag 68
mittlere Wegelänge
in Kilometer

Wegeanzahl 50
pro Person und Tag
38 39 38 39 39 38 38
36
33 33 34
30
25
19
16
13 12 13 14
10 11 9 10 11 11
3,3 3,4 3,1 3,6 3,6 3,4 3,0 3,1 2,9 2,2 2,3 2,1
0
2002 2008 2017 2002 2008 2017 2002 2008 2017 2002 2008 2017

gesamt Di bis Do Samstag Sonntag

Angaben in Prozent bzw. Minuten bzw. Kilometer bzw. Anzahl; *rbw = regelmäßige berufliche Wege

MiD 2017 | Mobilität in Deutschland 2002 – 2008 – 2017

Mobilität in Deutschland 2002 – 2008 – 2017


30 5 Mobilitätskenngrößen des Personenverkehrs: ein Zuwachs an Zeit und Distanzen

Die für Mobilität benötigte Zeit und entsprechende Bei der durchschnittlichen Wegeanzahl zeigt sich ein
Distanzen haben zugenommen ähnliches Bild: In den Altersklassen bis 39 Jahre wer-
den im Jahr 2017 weniger Wege zurückgelegt als 2002.
Die Unterwegszeit, das heißt die Zeit, die Menschen Besonders hoch fällt der Rückgang mit 0,4 Wegen pro
täglich für das Zurücklegen ihrer Wege benötigen, ist Tag bei den 10- bis 19-Jährigen und den 20- bis 29-Jäh-
zwischen 2002 nach 2017 um insgesamt acht Minuten rigen aus. In den darauffolgenden Altersgruppen zeigt
gestiegen (Abbildung 8). Das Mobilsein nimmt damit sich entweder nur ein leichter Rückgang oder sogar
mehr Zeit im Alltag ein. In allen drei Erhebungsjahren eine leichte Zunahme der Wegeanzahl. Bei den ab
fällt die durchschnittliche Unterwegszeit am Sonntag 80-Jährigen fällt der Anstieg der Wegeanzahl mit
am niedrigsten aus. Grund dafür ist allerdings die 0,2 Wegen besonders hoch aus.
niedrige Mobilitätsquote an Sonntagen. Werden nur
die mobilen Personen betrachtet, fallen die Werte am Die Tagesstrecke steigt vor allem bei den ab 50-Jähri-
Sonntag jeweils am höchsten aus. Im Jahr 2002 waren gen überproportional stark an
mobile Personen an Sonntagen im Durchschnitt eine
Stunde und 31 Minuten unterwegs, im Jahr 2017 liegt Die Tagesstrecke zeigt sowohl im Jahr 2002 als auch
der Wert bei einer Stunde und 43 Minuten. 2017 den gleichen nach Altersgruppen differenzier-
ten Verlauf: In jungen Jahren werden pro Tag nur
Parallel zur Unterwegszeit hat auch die Tagesstrecke geringe Entfernungen zurückgelegt. Diese steigen
zugenommen. Im Jahr 2017 legen die Menschen in im jungen Erwachsenenalter stark an, verharren im
Deutschland durchschnittlich 39 Kilometer pro Tag mittleren Alter auf hohem Niveau und sinken im Al-
zurück und damit sechs Kilometer mehr als noch ter ab. Die durchschnittliche Tagesstrecke hat in allen
15 Jahre zuvor. Werden nur mobile Personen betrach- Altersklassen zugenommen. Ein weit überpropor-
tet, liegt die durchschnittliche Tagesstrecke bei 46 Ki- tionales Wachstum zeigt sich jedoch ab einem Alter
lometern und damit acht Kilometer höher als 2002. von 50 Jahren. Während der Zuwachs der Tagesstre-
Dieser deutliche Anstieg kommt ausschließlich durch cke insgesamt bei 18 Prozent liegt, ergeben sich hier
eine gestiegene mittlere Wegelänge zustande. Die Wachstumsraten von über 30 Prozent, bei Personen
durchschnittliche pro Tag zurückgelegte Wegeanzahl ab 80 Jahren sogar von rund 50 Prozent. Die ältesten
ist rückläufig. Menschen in Deutschland legen zwar auch heute die
geringsten Tagesstrecken zurück. Die starke Zunahme
Während die Jungen seltener aus dem Haus gehen verdeutlicht aber nochmals die Zunahme der Mobili-
und weniger Wege zurücklegen, steigt die Mobilität tät im Alter.
bei den älteren Personen an
Ein ähnliches Bild ergibt sich bei der Unterwegszeit.
Nach Altersgruppen differenziert, fallen die Unter- Diese hat sich bei Kindern und jungen Menschen (bis
schiede in den Mobilitätskennwerten größer aus als 30 Jahre) nur wenig geändert. Während bei den Per-
im Mittel (Abbildung 9). Insgesamt zeigen sich an bei- sonen dieser Altersgruppen die Zeit für Wege in den
den Enden der Altersskala Veränderungen: So verlas- Jahren 2002 bis 2017 nur um maximal vier Minuten
sen die Jungen das Haus seltener, die altersbedingte gestiegen ist, zeigen sich bei den mittleren und hohen
Reduktion der Mobilität verlagert sich hingegen ins Altersklassen Steigerungen um bis zu 14 Minuten pro
höhere Alter. In den Jahren 2002 bis 2017 ist der An- Tag. Auch wenn die Hochbetagten im Vergleich zu den
teil der jungen Personen (der unter 30-Jährigen), die Jüngeren ca. 15 Minuten weniger Unterwegszeit auf-
an einem durchschnittlichen Tag das Haus verlassen weisen, so fällt auch hier die Steigerungsrate wie bei
haben, um vier bis fünf Prozentpunkte zurückgegan- der Tagesstrecke besonders hoch aus.
gen. In den mittleren Altersklassen bleibt der Anteil
stabil. In den höheren Altersklassen ist dagegen ein
Anstieg zu verzeichnen: bei den 70- bis 79-Jährigen
um drei Prozentpunkte, bei den ab 80-Jährigen um
fünf Prozentpunkte.

Mobilität in Deutschland 2002 – 2008 – 2017


5 Mobilitätskenngrößen des Personenverkehrs: ein Zuwachs an Zeit und Distanzen 31

Abbildung 9
Kap 5, Abb 11
Personen bzw. Wege

Mobilitätsquote, Unterwegszeit, Tagesstrecke, durchschnittliche Wegelänge und Wegeanzahl


nach Alter
100
Mobilitätsquote
92 89 89 87
in Prozent
88 90 89 86 91 89 88 83
85 89 88 88
Unterwegszeit (ohne rbw*) 85 82
81 83 79
in Min. pro Person und Tag 76
75 75 75 77 77 75
Tagesstrecke in Kilometer 74 72
67
pro Person und Tag
61
mittlere Wegelänge 61 61
58
in Kilometer 54
50 50 51 50
Wegeanzahl
44 46 44 42
pro Person und Tag 40
38 36
29 28
25 24 26 25
18 19
15 14 14 14 14
12 11 11 11 12
9 8 10 9 7 9 10 7
6 6
3,0 2,8 3,2 2,8 3,5 3,1 3,8 3,6 3,7 3,7 3,4 3,5 3,1 3,1 2,5 2,6 1,7 1,9
0
2002

2017

2002

2017

2002

2017

2002

2017

2002

2017

2002

2017

2002

2017

2002

2017

2002

2017
Alter in Jahren 0 bis 9 10 bis 19 20 bis 29 30 bis 39 40 bis 49 50 bis 59 60 bis 69 70 bis 79 80+

Angaben in Prozent bzw. Minuten bzw. Kilometer bzw. Anzahl; *rbw = regelmäßige berufliche Wege

MiD 2017 | Mobilität in Deutschland 2002 – 2008 – 2017

Abbildung 10
Kap 5, Abb 12
Personen bzw. Wege

Mobilitätsquote, Unterwegszeit, Tagesstrecke, durchschnittliche Wegelänge und Wegeanzahl


nach Stadtregionstypen
100
Mobilitätsquote 86
in Prozent 90 88 89 89 90
87 91 86 87
87 85 85 85
Unterwegszeit (ohne rbw*)
in Min. pro Person und Tag
83 82
79 79 78 80
75 76 77
Tagesstrecke in Kilometer 73
pro Person und Tag 70

mittlere Wegelänge
in Kilometer
50
Wegeanzahl
pro Person und Tag 44
40 39 41
37 37 36 35 37
34
29 31
25

12 13 12 12 14
9 10 9 11 11 10 11
3,2 3,4 3,2 3,4 3,5 3,2 3,4 3,4 3,1 3,2 3,3 3,1
0
2002 2008 2017 2002 2008 2017 2002 2008 2017 2002 2008 2017

Stadtregion Metropole Regiopole und Mittelstadt, kleinstädtischer,


Großstadt städtischer Raum dörflicher Raum

Angaben in Prozent bzw. Minuten bzw. Kilometer bzw. Anzahl; *rbw = regelmäßige berufliche Wege

MiD 2017 | Mobilität in Deutschland 2002 – 2008 – 2017

Mobilität in Deutschland 2002 – 2008 – 2017


32 5 Mobilitätskenngrößen des Personenverkehrs: ein Zuwachs an Zeit und Distanzen

Abbildung 11
Kap 5, Abb 13
Personen bzw. Wege

Mobilitätsquote, Unterwegszeit, Tagesstrecke, durchschnittliche Wegelänge und Wegeanzahl


nach ländlichen Regionstypen
100
Mobilitätsquote
in Prozent 91 90 89
87 86 86 85 86
Unterwegszeit (ohne rbw*)
84
in Min. pro Person und Tag 81 80
75 76 74 75
Tagesstrecke in Kilometer 73
pro Person und Tag 70 68 67
mittlere Wegelänge
in Kilometer
50
Wegeanzahl
pro Person und Tag 43 44
37 36 37 37 37
30 32
25

12 12 13 14
9 10 11 10 11
3,5 3,5 3,2 3,3 3,4 3,1 3,2 3,3 3,1
0
2002 2008 2017 2002 2008 2017 2002 2008 2017

ländliche Region zentrale Stadt Mittelstadt, kleinstädtischer,


städtischer Raum dörflicher Raum

Angaben in Prozent bzw. Minuten bzw. Kilometer bzw. Anzahl; *rbw = regelmäßige berufliche Wege

MiD 2017 | Mobilität in Deutschland 2002 – 2008 – 2017

Vor allem in den Metropolen haben die Unterwegszeit Die Durchschnittsgeschwindigkeit hat in den Metro-
und die Tagesstrecken zugenommen polen abgenommen

Menschen, die in Metropolen und Städten leben, be- In Abbildung 12 wird die beim Zurücklegen der Wege
nötigen mehr Zeit für Wege als jene in ländlichen erreichte Durchschnittsgeschwindigkeit dargestellt.
Gebieten (Abbildung 10 und Abbildung 11). Über die Diese hat sich im betrachteten Zeitraum von 15 Jahren
15 Erhebungsjahre hinweg zeigt sich besonders in den im Aggregat kaum verändert, wohl aber innerhalb der
Metropolen und den zentralen Städten, aber auch in Raumtypen. Während die Durchschnittsgeschwin-
den kleinstädtisch dörflichen Räumen innerhalb der digkeit in den Metropolen und großen Städten abge-
Stadtregion ein besonders hoher Anstieg der täglichen nommen hat, kommen die Bewohner der ländlichen
Unterwegszeit um 10 Minuten und mehr. Region im Jahr 2017 schneller voran als im Jahr 2002.
Das überproportionale Verkehrswachstum aber auch
Die Tagesstrecke von Personen, die in Metropolen eine geänderte Verkehrsmittelwahl haben in den Me-
leben, hat in den Jahren von 2002 bis 2017 um acht tropolen und Großstädten somit zu einer Verlangsa-
Kilometer zugenommen, während in den anderen mung des Verkehrs beigetragen.
­Regionen die Steigerung nur bei durchschnittlich
fünf Kilometern liegt (siehe Abbildung 10 und Abbil-
dung 11).

Mobilität in Deutschland 2002 – 2008 – 2017


5 Mobilitätskenngrößen des Personenverkehrs: ein Zuwachs an Zeit und Distanzen 33

Abbildung 12
Kap 5, Abb 11
Wege

Durchschnittsgeschwindigkeit nach Raumtyp

MiD 2002
23
gesamt 22
MiD 2008 23
Raumtyp
MiD 2017 18
Metropole 17
17
20
Stadtregion

Regiopole und Großstadt 21


19
20
Mittelstadt, städtischer Raum 18
19
20
kleinstädtischer, dörflicher Raum 20
23
22
zentrale Stadt 21
ländliche Region

24
25
Mittelstadt, städtischer Raum 24
25
28
kleinstädtischer, dörflicher Raum 26
29

Angabe in Kilometer pro Stunde

MiD 2017 | Mobilität in Deutschland 2002 – 2008 – 2017

Mobilität in Deutschland 2002 – 2008 – 2017


6 Mobilitätsoptionen: eine Erweiterung der Möglichkeiten 35

6 Mobilitätsoptionen:
eine Erweiterung der Möglichkeiten

Zwischen der Art, wie Menschen ihre Wege zurück- allerdings mit 15 Prozent ein stärkeres Wachstum als
legen, und dem Besitz von Autos, Fahrrädern und im Westen. Mit 518 Pkw auf 1.000 Einwohner liegt der
Zeitkarten für den öffentlichen Verkehr besteht ein Wert für Ostdeutschland aber immer noch unter dem
enger Zusammenhang. Welche Entwicklung die Aus- im Westen von 541 Pkw.
stattung der bundesdeutschen Haushalte mit diesen
„Mobilitätswerkzeugen“ und den damit verbundenen Bei Betrachtung der Raumtypen ist ein erheblicher
Mobilitätsoptionen von 2002 bis 2017 genommen ha- Stadt-Land-Unterschied festzustellen. Während sich
ben, ist Gegenstand dieses Kapitels. die Anzahl mit 372 Pkw pro 1.000 Einwohner in den
Metropolen in 15 Jahren nahezu nicht geändert hat
Die Anzahl der Pkw steigt stetig an und in den Regiopolen und Großstädten nur gering-
fügig von 432  auf 455  Pkw pro 1.000  Einwohner
Der Pkw-Bestand in Deutschland steigt kontinuierlich angestiegen ist, ist in den ländlichen Regionen ein
an. Nach der MiD standen den deutschen Haushalten deutliches Wachstum um teilweise mehr als 100 Pkw
im Jahr 2002 rund 38 Millionen Fahrzeuge zur Verfü- pro 1.000 Einwohner in 15 Jahren zu verzeichnen (Ab-
gung. Dieser Wert ist über 40 Millionen im Jahr 2008 bildung 13).
auf 43 Millionen im Jahr 2017 angestiegen. Der Anteil
der privat zugelassenen Pkw beträgt in allen drei Er- In Metropolen nimmt der Pkw-Besitz leicht ab, in länd-
hebungsjahren 92 bzw. 93 Prozent. Die in deutschen lichen Regionen steigt er dagegen deutlich an
Privathaushalten zur Verfügung stehenden gewerb-
lich zugelassenen Fahrzeuge belaufen sich im Jahr Der Pkw-Besitz wird in der MiD über die Frage, wie
2002 auf zwei Millionen, im Jahr 2008 und 2017 auf viele Autos dem eigenen Haushalt zur Verfügung
drei Millionen. stehen, ermittelt. Der Großteil der so erfassten Pkw
wird in unmittelbarem Besitz des befragten Haus-
Umgerechnet auf die Anzahl der Pkw pro Haushalt, halts sein. Es kann sich aber auch um Pkw handeln,
gibt es in den Jahren 2002 und 2008 jeweils genau die bspw. auf die Eltern zugelassen sind und von Kin-
einen Pkw pro Haushalt, während es im Jahr 2017 dern, die in einem eigenen Haushalt leben, dauerhaft
1,1 Pkw pro Haushalt sind. Werden nur Haushalte mit genutzt werden. Hier unterscheidet sich die MiD von
Pkw betrachtet, ergeben sich für die Jahre 2002 und anderen Statistiken, bei denen die Halterschaft und
2008 1,3 Pkw pro Haushalt und ein leichter Anstieg nicht der Nutzungsort eines Pkw ausschlaggebend
auf 1,4 Pkw pro Haushalt für das Jahr 2017. ist. Auf dieser Basis kommt die MiD zu folgendem Er-
gebnis: Der Anteil der Haushalte ohne Pkw ist in den
In den Metropolen stagniert die Zahl der Pkw pro Jahren 2002 bis 2017 stabil geblieben, während der
1.000 Einwohner, auf dem Lande steigt sie deutlich Anteil mit mehr als einem Pkw leicht zugenommen
hat (Abbildung 14). Auch beim Pkw-Besitz zeigt sich
Wird die Anzahl der Pkw auf die Einwohnerzahl be- ein Unterschied zwischen Stadt und Land. Während
zogen, zeigt sich in den betrachteten 15 Jahren ins- in den Metropolen und großen Städten der Anteil der
gesamt eine Erhöhung von 469 Pkw auf 527 Pkw pro Haushalte ohne Auto um zwei Prozentpunkte zuge-
1.000 Einwohner (Abbildung 13). Im Westen Deutsch- nommen hat, ist in den ländlichen Regionen eine Ab-
lands ist die Pkw-Ausstattung pro 1.000 Einwohner nahme der Haushalte ohne Auto von drei bis zu sechs
nach wie vor höher als im Osten. Im Westen ist der Prozentpunkten zu verzeichnen. In diesen Regionen
Wert in den Jahren 2002 bis 2017 um 13  Prozent wächst zudem der Anteil der Haushalte mit zwei und
angestiegen, im Osten nur um 10 Prozent. Wird der mehr Pkw, während der Anteil mit einem Pkw leicht
Wert nur für den Osten Deutschlands ohne die Met- sinkt.
ropole Berlin berechnet, ergibt sich in den 15 Jahren

Mobilität in Deutschland 2002 – 2008 – 2017


36 6 Mobilitätsoptionen: eine Erweiterung der Möglichkeiten

Abbildung 13
Kap 6, Abb 14
Haushalte

Pkw pro 1.000 Einwohner nach Raumtyp sowie West- und Ostdeutschland

MiD 2002 469


gesamt 494
MiD 2008 527
480
West 507
MiD 2017 541
429
Ost (inkl. Berlin) 441
Raumtyp 472
373
Metropole 380
372
432
Stadtregion

Regiopole und Großstadt 442


455
495
Mittelstadt, städtischer Raum 528
584
528
kleinstädtischer, dörflicher Raum 564
649
477
ländliche Region

zentrale Stadt 500


527
498
Mittelstadt, städtischer Raum 528
556
498
kleinstädtischer, dörflicher Raum 537
607

Pkw pro 1.000 Einwohner

MiD 2017 | Mobilität in Deutschland 2002 – 2008 – 2017

Während junge Haushalte seltener einen Pkw besit- Pkw als 2002. In diesen Räumen steigt der Anteil der
zen, verfügen ältere Haushalte weitaus häufiger über Pkw-losen Personen um sieben bzw. zehn Prozent-
einen Pkw als früher punkte. Aber auch in vielen anderen Räumen ist der
Anteil der jungen Personen in Haushalten ohne Pkw
Der Vergleich des Pkw-Besitzstandes mit Blick auf um zwei bis fünf Prozentpunkte gestiegen. Lediglich
die Haushaltstypen zeigt in den Jahren 2002 bis 2017 in den sehr ländlichen Regionen ist dieser Trend nicht
sehr deutliche Veränderungen (Abbildung 15). In festzustellen.
Haushalten mit jungen Personen (alle unter 35 Jahre,
keine Kinder) hat der Anteil der Haushalte ohne Auto Der Trend zum Zweit-Pkw in mittleren und älteren
in den betrachteten 15 Jahren um 13 Prozentpunkte Haushalten dominiert den Pkw-Zuwachs
zugenommen. Gegenläufig ist die Entwicklung bei
Haushalten, in denen alle Personen 65 Jahre oder älter Abbildung 17 erklärt zusammenfassend die Entwick-
sind. Hier ist der Anteil der Haushalte ohne Pkw um lung auf deutschen Straßen: Die zunehmende Anzahl
24 Prozentpunkte gesunken. Familienhaushalte ha- an Pkw geht auf eine Zunahme der Pkw in Haushalten
ben im untersuchten Zeitraum häufig einen zweiten mit älteren Personen zurück. Daneben spielt die Zu-
Pkw angeschafft. satzmotorisierung in den Haushalten der mittleren
und höheren Altersklassen eine deutliche Rolle. Im-
Junge Menschen leben nicht nur in den Metropolen mer mehr Einzelpersonen steht hier ein eigener Pkw
zunehmend ohne einen eigenen Pkw zur Verfügung; seltener wird ein Pkw mit anderen
Personen geteilt. Der Rückgang des Pkw-Besitzes in
Über 50 Prozent der jungen Menschen leben 2017 in den jungen Altersklassen wiegt den Zuwachs an Pkw
Metropolen und Regiopolen. Abbildung 16 zeigt die in den älteren Haushalten bei weitem nicht auf.
Entwicklung des Pkw-Besitzes junger Erwachsener
unter 35 Jahren differenziert nach Raumtypen. Gerade In den Metropolen fällt der Anteil der Haushalte mit
in den Metropolen und Regiopolen leben junge Per- Pkw generell geringer aus. Der Rückgang des An-
sonen im Jahr 2017 häufiger in einem Haushalt ohne teils der Personen mit Pkw im Haushalt bei jungen

Mobilität in Deutschland 2002 – 2008 – 2017


6 Mobilitätsoptionen: eine Erweiterung der Möglichkeiten 37

Abbildung 14
Kap 6, Abb 15
Haushalte

Pkw-Besitz nach Raumtyp

kein Auto 1 Auto 2 Autos 3 Autos und mehr

2002 23 55 19 3

gesamt 2008 23 55 19 3

2017 22 53 21 3

Raumtyp
2002 40 50 9 1

Metropole 2008 41 48 9 1

2017 42 48 9 1

2002 29 55 14 2

Regiopole und Großstadt 2008 30 55 14 2


Stadtregion

2017 31 53 15 2

2002 17 57 23 3
Mittelstadt,
städtischer Raum
2008 17 57 23 3

2017 15 56 25 4

2002 14 53 29 4
kleinstädtischer,
dörflicher Raum
2008 11 59 26 4

2017 11 52 31 6

2002 23 57 17 2

zentrale Stadt 2008 22 58 17 3

2017 24 57 17 2
ländliche Region

2002 18 56 23 4
Mittelstadt,
städtischer Raum
2008 17 57 23 4

2017 15 56 24 4

2002 16 56 24 4
kleinstädtischer,
dörflicher Raum
2008 16 56 23 4

2017 10 53 30 6

0 25 50 75 100

Angaben in Prozent; Abweichungen von 100%: Rundungsdifferenzen

MiD 2017 | Mobilität in Deutschland 2002 – 2008 – 2017

Mobilität in Deutschland 2002 – 2008 – 2017


38 6 Mobilitätsoptionen: eine Erweiterung der Möglichkeiten

Abbildung 15
Kap 6, Abb 16
Haushalte

Pkw-Besitz nach Haushaltstyp

kein Auto
2002 29 59 12
1 Auto Junge Haushalte
( jünger als 35 Jahre)
2 Autos 2017 42 46 11
3 Autos und mehr
2002 8 54 34 4
Familienhaushalte
2017 9 43 43 5

2002 17 59 20 4
Haushalte
mit Erwachsenen
2017 20 52 23 5

2002 51 47 3
Haushalte mit
Personen ab 65 Jahre
2017 27 65 7

0 25 50 75 100

Angaben in Prozent; Abweichungen von 100%: Rundungsdifferenzen

MiD 2017 | Mobilität in Deutschland 2002 – 2008 – 2017

Abbildung 16
Kap 6, Abb 17
Haushalte

Pkw-Besitz nach Raumtyp - Personen aus jungen Haushalten (alle unter 35 Jahren, keine Kinder)

kein Auto Raumtyp


2002 47 44 9
Metropole
1 Auto 2017 54 39 7
2 Autos 2002 32 54 13
Regiopole und Großstadt
Stadtregion

3 Autos 2017 42 44 12 2
und mehr
2002 16 59 24
Mittelstadt, städtischer Raum
2017 18 50 31
2002 5 43 51
kleinstädtischer, dörflicher Raum
2017 10 53 30 7
2002 21 64 14
zentrale Stadt
24 56 19
ländliche Region

2017

2002 14 64 21
Mittelstadt, städtischer Raum
2017 9 54 35
2002 11 59 29 2
kleinstädtischer, dörflicher Raum
2017 11 42 42 5
0 25 50 75 100

Angaben in Prozent; Abweichungen von 100%: Rundungsdifferenzen

MiD 2017 | Mobilität in Deutschland 2002 – 2008 – 2017

Mobilität in Deutschland 2002 – 2008 – 2017


6 Mobilitätsoptionen: eine Erweiterung der Möglichkeiten 39

Abbildung 17
Kap 6, Abb 18
Personen

Anteil Personen mit Pkw im Haushalt und mit eigenem Pkw nach Alter

Mindestens ein Pkw Prozent


100
im Haushalt
MiD 2002
90
MiD 2008
MiD 2017 80
Mindestens ein Pkw pro
Erwachsenen im Haushalt 70 gemeinsam genutzter Pkw
MiD 2002
MiD 2008 60

MiD 2017
50
Lesebeispiel:
In der MiD 2017 leben von 40
den Befragten z. B. im Alter
von 50 Jahren 50 Prozent in
einem Haushalt, in dem pro 30
erwachsener Person
mindestens ein Pkw zur
20
Verfügung steht. Insgesamt eigener Pkw
verfügen jedoch 90 Prozent
der Personen in diesem Alter 10
über mindestens einen Pkw
im Haushalt unabhängig von
0
der Pro-Kopf-Ausstattung.
0 10 20 30 40 50 60 70 80 90
Alter in Jahren

MiD 2017 | Mobilität in Deutschland 2002 – 2008 – 2017

Erwachsenen ist stärker ausgeprägt. Die Zusatzmoto- Im Jahr 2017 wurde bei der MiD erstmals nach her-
risierung spielt hier eine geringere Rolle. kömmlichen Fahrrädern und Pedelecs differenziert.
Mit Pedelecs waren 2017 bereits acht Prozent aller
In den sehr ländlichen Regionen leben die Personen Haushalte ausgestattet. Genutzt werden Pedelecs vor
der jungen und mittleren Altersklassen zu nahezu allem von älteren Personen außerhalb von Metropo-
100 Prozent in einem Haushalt mit Pkw. Ein Rückgang len und großen Städten.
des Anteils an Personen aus Haushalten mit Pkw bei
den 20- bis 30-Jährigen zeigt sich hier nicht. Die Zu- In allen Regionen gibt es nahezu gleich viele Fahrräder
satzmotorisierung ist hier stärker ausgeprägt. auf 1.000 Einwohner

Die Ausstattung der bundesdeutschen Haushalte mit Die Anzahl der Fahrräder pro 1.000 Einwohner hat seit
Fahrrädern nimmt zu dem Jahr 2002 insgesamt um acht Prozent zugenom-
men und liegt im Jahr 2017 bei 932 (Abbildung 18). Die
Der Gesamtbestand an Fahrrädern hat sich in Deutsch- Unterschiede zwischen den Bundesländern im Osten
land von 70 Millionen im Jahr 2002 auf 77 Millionen (einschließlich Berlin) und im Westen sind nicht sehr
im Jahr 2017 gesteigert. Pro-Kopf waren das 0,86 Fahr- groß. Die Regionen im Osten sind im Jahr 2002 mit
räder im Jahr 2002, während in den Jahren 2008 und 779 Fahrrädern auf 1.000 Einwohner etwas geringer
2017 die Anzahl bei jeweils 0,93 lag. An der Anzahl ausgestattet als die Regionen im Westen mit 882 Fahr-
von 1,9 Fahrrädern pro Haushalt hat sich trotz Fahr- rädern. Im Westen hat dieser Wert um sieben Prozent
radzunahme aufgrund der wachsenden Anzahl an zugenommen, im Osten um 14 Prozent, sodass sich die
Haushalten in Deutschland nichts geändert. Auch Regionen in der Anzahl der Fahrräder pro 1.000 Ein-
unter Ausschluss der fahrradlosen Haushalte blieb wohner deutlich angeglichen haben. Auch ohne Ber-
die Anzahl der Fahrräder pro Haushalt konstant. Sie lin liegt die Wachstumsrate im Osten mit 12 Prozent
lag durchschnittlich bei 2,4 Fahrrädern pro Haushalt. noch deutlich über der des Westens.

Mobilität in Deutschland 2002 – 2008 – 2017


40 6 Mobilitätsoptionen: eine Erweiterung der Möglichkeiten

Abbildung 18
Kap 6, Abb 19
Haushalte

Fahrräder pro 1.000 Einwohner nach Raumtyp sowie West- und Ostdeutschland

MiD 2002 861


gesamt 938
MiD 2008 932
882
West 945
MiD 2017 943
779
Ost (inkl. Berlin) 908
Raumtyp 887
808
Metropole 909
927
808
Stadtregion

Regiopole und Großstadt 842


886
883
Mittelstadt, städtischer Raum 985
973
927
kleinstädtischer, dörflicher Raum 978
1036
866
ländliche Region

zentrale Stadt 896


983
875
Mittelstadt, städtischer Raum 982
882
884
kleinstädtischer, dörflicher Raum 934
900

Fahrräder pro 1.000 Einwohner

MiD 2017 | Mobilität in Deutschland 2002 – 2008 – 2017

Im Gegensatz zur Pkw-Ausstattung gibt es bei der Metropolen der Anteil der Haushalte ohne Fahrrad in
Ausstattung mit Fahrrädern keine großen Unter- den betrachteten 15 Jahren um 4 Prozent gesunken ist,
schiede zwischen den Raumtypen (Abbildung 18). Die ist er in den Mittelstädten und den kleinstädtischen
Anzahl der Fahrräder pro 1.000 Einwohner ist in allen dörflichen Räumen der Stadtregion sowie der länd-
Räumen recht ähnlich und hat in den untersuchten lichen Region um drei bzw. vier Prozent angestiegen.
15 Jahren in allen Räumen zugenommen. Lediglich die
Mittelstädte und kleinstädtischen dörflichen Räume Vor allem Haushalte mit älteren Menschen sind heu-
in den ländlichen Regionen verzeichnen eine sehr te deutlich häufiger im Besitz von Fahrrädern als vor
geringe Zunahme. Besonders hoch fällt die Zunahme 15 Jahren
der Fahrräder pro 1.000 Einwohner in den Metropolen
aus: von 808 im Jahr 2002 auf 927 im Jahr 2017. In Abbildung 20 zeigt den Fahrrad-Besitz nach Haus-
allen drei Erhebungsjahren sind die kleinstädtischen haltstypen differenziert für die Jahre 2002 und 2017.
dörflichen Räume, die innerhalb von Stadtregionen Hier werden deutliche Veränderungen bei Haushal-
liegen, am besten mit Fahrrädern ausgestattet. ten mit Personen ab 65  Jahren sichtbar. Verfügten
diese Haushalte im Jahr 2002 mit 46 Prozent fast zur
In Metropol-Haushalten kommt es zur Zunahme, in Hälfte über kein Fahrrad, sind dies im Jahr 2017 nur
ländlichen Regionen auf weitaus höherem Niveau zur noch 38 Prozent. Dass die Anteile im Fahrradbesitz
Abnahme des Fahrradbesitzes über alle Haushalte trotz dieser Veränderung nahezu
gleichbleiben, lässt sich durch Verschiebungen in den
Die Anteile der Haushalte ohne Fahrrad, mit einem, Haushaltsstrukturen erklären. Der Anteil von Famili-
zwei, drei oder vier und mehr Fahrrädern haben sich enhaushalten, deren Ausstattung mit Fahrrädern weit
in den Jahren 2002 bis 2017 kaum verändert (Abbil- über dem Durchschnitt liegt, hat zwischen 2002 und
dung 19). Wird nach Raumtypen differenziert, fallen 2017 von 26 Prozent auf 20 Prozent abgenommen. Die
jedoch deutliche Unterschiede auf. In den Metropo- Zahl der Haushalte älterer Menschen hat dagegen um
len, Regiopolen und Großstädten sowie den zentralen acht Prozentpunkte zugenommen.
Städten der ländlichen Region ist in den Haushalten
häufiger kein Fahrrad vorhanden. Während in den

Mobilität in Deutschland 2002 – 2008 – 2017


6 Mobilitätsoptionen: eine Erweiterung der Möglichkeiten 41

Abbildung 19
Kap 6, Abb 20
Haushalte

Fahrrad-Besitz nach Raumtyp

keine Fahrräder 1 Fahrrad 2 Fahrräder 3 Fahrräder 4 Fahrräder und mehr

2002 21 24 27 13 15

gesamt 2008 19 25 27 13 16

2017 22 25 25 12 16

0
Raumtyp
2002 28 28 25 10 10

Metropole 2008 29 26 10 12

2017 24 29 24 11 13

2002 25 26 26 12 11

Regiopole und Großstadt 2008 25 27 24 11 13


Stadtregion

2017 27 23 11 13

2002 18 21 29 15 17
Mittelstadt,
städtischer Raum
2008 15 23 29 14 18

2017 21 24 25 13 18

2002 13 22 30 16 19
kleinstädtischer,
dörflicher Raum
2008 15 20 31 14 19

2017 16 23 27 14 19

2002 25 24 23 12 15

zentrale Stadt 2008 21 26 28 12 14

2017 24 27 23 10 15
ländliche Region

2002 20 22 26 14 18
Mittelstadt,
städtischer Raum
2008 15 23 28 15 19

2017 24 23 25 12 17

2002 16 22 29 15 18
kleinstädtischer,
dörflicher Raum
2008 16 26 26 13 18

2017 20 22 26 13 18

0 25 50 75 100

Angaben in Prozent; Abweichungen von 100%: Rundungsdifferenzen

MiD 2017 | Mobilität in Deutschland 2002 – 2008 – 2017

Mobilität in Deutschland 2002 – 2008 – 2017


42 6 Mobilitätsoptionen: eine Erweiterung der Möglichkeiten

Abbildung 20
Kap 6, Abb 21
Haushalte

Fahrrad-Besitz nach Haushaltstyp

keine Fahrräder
2002 21 46 24 5 3
1 Fahrrad Junge Haushalte
( jünger als 35 Jahre)
2 Fahrräder 2017 20 43 25 8 5
3 Fahrräder

4 Fahrräder 2002 5 7 20 27 41
und mehr Familienhaushalte
2017 5 5 16 24 50

2002 19 27 34 12 8
Haushalte
mit Erwachsenen
2017 19 29 30 12 10

2002 46 27 21 32
Haushalte mit
Personen ab 65 Jahre
2017 38 28 24 5 5

0 25 50 75 100

Angaben in Prozent; Abweichungen von 100%: Rundungsdifferenzen

MiD 2017 | Mobilität in Deutschland 2002 – 2008 – 2017

Familien, das heißt Haushalte, in denen mindestens 39-Jährigen, bei denen die Fahrradanzahl pro Kopf na-
eine Person jünger als 18 Jahre alt ist, sind am häufigs- hezu gleichgeblieben ist.
ten im Besitz eines Fahrrades. Die durchschnittliche
Anzahl an Fahrrädern hat bei diesem Haushaltstyp in Nach städtischen und ländlichen Regionen unter-
den letzten 15 Jahren zugenommen und beträgt im schieden, zeigt sich, dass in den Metropolen in fast
Jahr 2017 3,6 Fahrräder pro Haushalt. Auch in jungen allen Altersgruppen der Anteil der Personen aus Haus-
Haushalten mit Personen zwischen 18 und 35 Jahren halten mit mindestens einem Fahrrad in den unter-
hat die durchschnittliche Ausstattung mit Fahrrädern suchten 15 Jahren gestiegen ist. In den sehr ländlichen
zugenommen. Regionen liegt der Anteil im Jahr 2017 dagegen teil-
weise unter dem Wert von 2002. Allerdings ist in die-
2017 verfügen in fast allen Altersklassen mehr Perso- sem Zeitraum in sehr ländlichen Regionen der Anteil
nen über ein eigenes Fahrrad als 2002 der Personen aus Haushalten mit mindestens einem
Fahrrad pro Haushaltsmitglied stärker gestiegen als
Der Anteil der Personen, die in einem Haushalt mit in den Metropolen.
Fahrrad leben, hat sich in den Jahren 2002 bis 2017 bis
zur Altersgruppe der 60- bis 69-Jährigen nicht verän- Der Anteil der Personen mit ÖPNV-Zeitkarten steigt
dert Abbildung 21). Die Werte sind nahezu identisch.
Lediglich in den höheren Altersgruppen ist der Anteil Ob Einzelfahrschein, Monatskarte oder Wochenkar-
der Personen, die in einem Haushalt leben, in dem te, an den Anteilen der genutzten Fahrkartenarten
mindesten ein Fahrrad verfügbar ist, gestiegen. für den öffentlichen Personennahverkehr hat sich
in den untersuchten 15 Jahren nur wenig verändert
Darüber hinaus hat in fast allen Altersklassen der (Abbildung 22). Etwa ein Viertel der Befragten nutzt
Anteil der Personen, die in Haushalten leben, in de- die Verkehrsmittel des öffentlichen Nahverkehrs gar
nen pro Kopf mindestens ein Fahrrad zur Verfügung nicht. Am häufigsten werden in den Erhebungsjahren
steht, zugenommen. Eine Ausnahme bilden die 30- bis mit rund 43 Prozent Einzelfahrscheine, Tageskarten

Mobilität in Deutschland 2002 – 2008 – 2017


6 Mobilitätsoptionen: eine Erweiterung der Möglichkeiten 43

Abbildung 21
Kap 6, Abb 22
Personen

Anteil Personen mit Fahrrad im Haushalt und mit eigenem Fahrrad nach Alter

Mindestens ein Fahrrad Prozent


im Haushalt 100

MiD 2002
90
MiD 2008

MiD 2017 80

Mindestens ein Fahrrad pro 70


Erwachsenen im Haushalt

MiD 2002 60

MiD 2008
50
MiD 2017
40

30

20

10

0
Alter in Jahren 0 10 20 30 40 50 60 70 80 90

MiD 2017 | Mobilität in Deutschland 2002 – 2008 – 2017

Abbildung 22
Kap 6, Abb 23
Personen

Nutzung von ÖPNV-Fahrkartenarten

Einzelfahrschein, Tageskarte,
Kurzstrecke
Mehrfachkarte, Streifenkarte
Wochenkarte, Monatskarte
2002 43 12 5 8 4 25 4
ohne Abonnement
Monatskarte im Abonnement,
Jahreskarte (Umweltabo etc.)
Jobticket, Semesterticket etc.
(Firmenabo, Studententicket)
fahre nie mit öffentlichen 2008 47 12 3 10 5 18 4
Verkehrsmitteln in meiner Region
anderes

2017 43 9 3 9 6 26 4

0 25 50 75 100

Angaben in Prozent; Abweichungen von 100%: Rundungsdifferenzen

MiD 2017 | Mobilität in Deutschland 2002 – 2008 – 2017

Mobilität in Deutschland 2002 – 2008 – 2017


44 6 Mobilitätsoptionen: eine Erweiterung der Möglichkeiten

und Karten für Kurzstrecken genutzt. Der Anteil der ÖPNV-Zeitkarten als Männer. Dieser Unterschied geht
Personen mit einer ÖPNV-Zeitkarte (Monatskarte im auf einen höheren Anteil an normalen Monatskarten
Abonnement, Jahreskarte, Semesterticket, Jobticket) bei Frauen zurück. Der Anteil der Personen mit Semes-
ist dagegen von 12 Prozent im Jahr 2002 auf 15 Pro- tertickets oder Jobtickets ist bei beiderlei Geschlecht
zent in den Jahren 2008 und 2017 gestiegen. Der Kun- identisch. Zugenommen hat der Anteil der Personen
denstamm häufiger ÖPNV-Nutzer ist damit um rund mit ÖPNV-Zeitkarte bei Männern und Frauen gleicher-
ein Viertel gestiegen. maßen um drei Prozent. Dies ist vor allem auf den An-
stieg des Anteils der Personen mit Semesterticket und
In den Metropolen und Großstädten nimmt die Zahl Jobticket zurückzuführen.
der ÖPNV-Zeitkarten unter den Personen ohne Pkw
deutlich zu Ein Blick auf die Altersverteilung in Abbildung 24
zeigt, dass vor allem junge Personen häufig im Besitz
Differenziert nach Raumtypen zeigt sich in den drei einer ÖPNV-Zeitkarte sind. In diesen Gruppen ist der
Erhebungsjahren bei der Nutzung des ÖPNV: Je urba- Anteil mit ÖPNV-Zeitkarte besonders stark angestie-
ner die Menschen leben, umso häufiger sind sie im gen, auch aufgrund der Zunahme von Semestertickets
Besitz einer ÖPNV-Zeitkarte. Der Anteil der Personen und Jobtickets. Bei den 14- bis 19-Jährigen stieg der
mit ÖPNV-Zeitkarten ist besonders in den Metropolen Anteil von 32 Prozent im Jahr 2002 auf 42 Prozent im
und den Großstädten angestiegen, also in Regionen, Jahr 2017. Der Großteil dieser Gruppe wird im Besitz
die bereits im Jahr 2002 einen sehr hohen Anteil hat- eines Schülerabonnements sein. Der Anteil der Perso-
ten (Abbildung 23). nen mit einem Semester- bzw. Jobticket hat sich bei
dieser Altersgruppe im betrachteten Zeitraum verdrei-
26 Prozent der ab 14-Jährigen in Metropolen waren facht. Auch in der Altersgruppe der 20- bis 29-Jährigen
im Jahr 2002 im Besitz einer ÖPNV-Zeitkarte. Im Jahr ist der Anteil mit Semester- bzw. Jobticket deutlich
2017 ist der Wert auf 35 Prozent angestiegen. Der An- angestiegen. Dies könnte auf die vermehrte Integra-
stieg in den Metropolen und den anderen urbanen tion von ÖPNV-Zeitkarten in die Semestergebühren
Raumtypen ist überproportional auf den Zuwachs eines Studiums zurückzuführen sein. Der sehr hohe
bei Semestertickets und Jobtickets zurückzuführen. In Anstieg der Zahl der Semestertickets bei den 14- bis
den kleinstädtischen dörflichen Räumen sowohl der 19-Jährigen dürfte auf die Einführung des Abiturs
Stadtregion als auch der ländlichen Region bleiben die nach 12 Schuljahren zurückzuführen sein, die in den
Werte dagegen konstant. Erhebungszeitraum fällt. In allen anderen Altersgrup-
pen hat das Semester- bzw. Jobticket eine nachrangige
Abbildung 23 stellt den Bezug zwischen Pkw-Be- Bedeutung.
sitz im Haushalt und Anteil der Personen mit einer
ÖPNV-Zeitkarte her. Personen aus Haushalten ohne Personen aus Haushalten mit hohem ökonomischem
Pkw sind in allen drei Erhebungsjahren sehr viel Status stehen häufiger Pkw und Fahrräder zur Verfü-
häufiger im Besitz einer ÖPNV-Zeitkarte als Personen gung
aus Haushalten mit Pkw. Der Anteil der ÖPNV-Zeit-
karten-Besitzer ist bei Personen aus Haushalten Abschließend für dieses Kapitel wird der Einfluss
ohne Pkw zwischen 2002 und 2017 von 22 Prozent des ökonomischen Status auf die bestehenden
auf 35 Prozent angestiegen. Bei Personen aus Haus- ­Mobilitätsoptionen von Personen betrachtet (Abbil-
halten mit einem Pkw fällt der Zuwachs mit drei Pro- dung 25). Der ökonomische Status leitet sich aus dem
zentpunkten dagegen gering aus. Bei Personen aus Haushaltsnettoeinkommen und der gewichteten
Haushalten mit zwei, drei und mehr Pkw verharren Haushaltsgröße ab, bei der die Anzahl und das Alter
die Anteile auf niedrigem Niveau. der Haushaltsmitglieder berücksichtigt werden. Das
Prinzip ist jeweils das gleiche: Je höher der ökonomi-
Studenten und Frauen nutzen ÖPNV-Zeitkarten in zu- sche Status des Haushalts einer Personen ist, umso
nehmendem Maße häufiger stehen Pkw und Fahrräder zur Verfügung.
Auffällig ist vor allem die Mehrfachausstattung mit
Wird die Verteilung der Nutzung von ÖPNV-Zeitkar- Pkw bei ökonomisch gut situierten Haushalten. Be-
ten zwischen Männern und Frauen in Abbildung 24 sonders beim Fahrrad haben sich die Unterschiede in
betrachtet, zeigt sich nur ein geringer Unterschied der Ausstattung in Abhängigkeit des ökonomischen
von zwei Prozentpunkten, der auch 15  Jahre nach Status verstärkt.
2002 noch besteht. Frauen besitzen etwas häufiger

Mobilität in Deutschland 2002 – 2008 – 2017


6 Mobilitätsoptionen: eine Erweiterung der Möglichkeiten 45

Abbildung 23
Kap 6, Abb 24
Personen

Anteil Personen mit ÖPNV-Zeitkarten nach Raumtyp und Anzahl Pkw im Haushalt

Monatskarte im Abonnement Jobticket, Semesterticket etc.

2002 8 4
gesamt 2008 10 5
2017 9 6
Raumtyp
2002 19 7
Metropole 2008 23 10
2017 22 12
2002 11 6
Regiopole und Großstadt 2008 16 9
Stadtregion

2017 12 10
2002 6 3
Mittelstadt,
städtischer Raum
2008 8 4
2017 7 5
2002 6 2
kleinstädtischer,
dörflicher Raum
2008 6 3
2017 5 3
2002 5 3
zentrale Stadt 2008 6 6
2017 5 4
ländliche Region

2002 4 2
Mittelstadt,
städtischer Raum
2008 4 2
2017 3 2
2002 3 2
kleinstädtischer,
dörflicher Raum
2008 4 2
2017 3 2
Pkw-Besitz
2002 16 6
kein Auto 2008 20 10
2017 23 12
2002 7 3
1 Auto 2008 8 4
2017 8 5
2002 5 3
2 Autos 2008 6 4
2017 5 4
2002 5 4
3 Autos und mehr 2008 5 7
2017 4 5

Angaben in Prozent

MiD 2017 | Mobilität in Deutschland 2002 – 2008 – 2017

Mobilität in Deutschland 2002 – 2008 – 2017


46 6 Mobilitätsoptionen: eine Erweiterung der Möglichkeiten

Abbildung 24
Kap 6, Abb 25
Personen

Anteil Personen mit ÖPNV-Zeitkarten nach Geschlecht und Alter

Monatskarte im Abonnement Jobticket, Semesterticket etc.

Geschlecht
2002 7 4
Männer 2008 10 6
2017 8 6
2002 9 4
Frauen 2008 10 5
2017 10 6

Alter in Jahren
2002 28 4
14 bis 19 2008 34 9
2017 30 12
2002 7 16
20 bis 29 2008 10 24
2017 10 23
2002 6 4
30 bis 39 2008 10 4
2017 9 8
2002 6 2
40 bis 49 2008 8 2
2017 7 4
2002 7 2
50 bis 59 2008 9 2
2017 8 3
2002 7
60 bis 69 2008 7
2017 7 1
2002 7
70 bis 79 2008 9
2017 8
2002 7
80 + 2008 9
2017 10

Angaben in Prozent

MiD 2017 | Mobilität in Deutschland 2002 – 2008 – 2017

Mobilität in Deutschland 2002 – 2008 – 2017


6 Mobilitätsoptionen: eine Erweiterung der Möglichkeiten 47

Abbildung 25
Kap 6, Abb 26
Personen

Besitz von Pkw, Fahrrädern und ÖPNV-Zeitkarten nach ökonomischem Status

Pkw-Besitz Prozent
100
MiD 2002
MiD 2017 90

Fahrradbesitz
80
MiD 2002
MiD 2017 70
Besitz ÖV-Zeitkarte
60
MiD 2002
MiD 2017
50

40

30

20

10

0
ökonomischer Status sehr niedrig niedrig mittel hoch sehr hoch

MiD 2017 | Mobilität in Deutschland 2002 – 2008 – 2017

Demgegenüber besitzen Personen aus Haushalten


mit niedrigem ökonomischem Status häufiger eine
ÖPNV-Zeitkarte. Dieser Unterschied hat sich über
den Zeitraum von 15  Jahren jedoch deutlich abge-
schwächt. Stand im Jahr 2002 16 Prozent der Perso-
nen mit sehr niedrigem ökonomischen Status und elf
Prozent mit sehr hohem ökonomischen Status eine
ÖPNV-Zeitkarte zur Verfügung, so liegen die Werte mit
17 und 16 Prozent im Jahr 2017 fast gleichauf.

Mobilität in Deutschland 2002 – 2008 – 2017


7 Verkehrsmittelnutzung: ein deutliches Plus beim Radverkehr 49

7 Verkehrsmittelnutzung:
ein deutliches Plus beim Radverkehr

Im Jahr 2017 verfügen die bundesdeutschen Bürge- wobei sich der Wert für 1982 nur auf Westdeutsch-
rinnen und Bürger über mehr Verkehrsmitteloptionen land bezieht. Die starken Auswirkungen der geänder-
als im Jahr 2002: Pro Kopf gibt es mehr Fahrräder, ten Rahmenbedingungen in Ostdeutschland seit der
mehr ÖPNV-Zeitkarten und mehr Pkw. Dabei zeigen Wiedervereinigung lassen sich damit nicht abbilden.
sich regionale und altersspezifische Unterschiede. In
diesem Kapitel wird analysiert, welche Änderungen Die Zunahme des MIV-Anteils am Verkehrsauf-
sich – zumindest teilweise bedingt durch die geänder- kommen führt vor allem zu einer Reduktion des
te Verkehrsmittelausstattung – in der Verkehrsmittel- Fußwegeanteils. Die anderen Verkehrsmittel des Um-
nutzung ergeben. weltverbunds – Fahrrad und öffentliche Verkehrsmit-
tel – konnten ihre Anteile am Wegeaufkommen nach
Der zunehmende Autoverkehr geht vor allem zulasten einer Abnahme von 1982 bis 2002 wieder steigern.
von Wegen zu Fuß Der Fahrradanteil liegt 2017 auf demselben Niveau
wie 1982. Die öffentlichen Verkehrsmittel liegen mit
Der Modal Split, der prozentuale Anteil der Verkehrs- einem Anteil von elf Prozent noch zwei Prozentpunkte
mittel an den insgesamt zurückgelegten Wegen und unter dem Wert von 1982.
Personenkilometern, ist ein wichtiger Kennwert zur
Beschreibung des Verkehrs. Während der Kennwert, Bei der Verkehrsleistung stellt sich die Entwicklung
nach Personengruppen und Teilräumen differenziert, etwas anders dar (Abbildung 27): Während der Anteil
durchaus dynamische Entwicklungen aufweisen des MIV als Fahrer an der Verkehrsleistung um acht
kann, stellt er im Aggregat, das heißt bezogen auf die Prozentpunkte zugenommen hat, ist der Anteil des
Gesamtheit aller in einer bestimmten räumlichen MIV als Mitfahrer um sieben Prozentpunkt zurückge-
Einheit zurückgelegten Wege und Kilometer, zumeist gangen. Der Gesamtanteil des MIV liegt damit sowohl
eine recht stabile Größe dar. Dies zeigt die Gegenüber- im Jahr 1982 als auch im Jahr 2017 bei 74 Prozent. Der
stellung der Werte auf Basis der KONTIV3 aus dem Jahr Unterschied zwischen den beiden Jahren beträgt le-
1982 und den Werten der MiD aus den Jahren 2002, diglich einen halben Prozentpunkt. Aufgrund der ge-
2008 und 2017 für das Verkehrsaufkommen (Abbil- stiegenen Entfernungen und des höheren Anteils des
dung 26) und die Verkehrsleistung (Abbildung 27). MIV als Fahrer verbirgt sich hinter dem vermeintlich
stabilen Bild dennoch ein enormer Zuwachs der mit
In dem betrachteten Zeitraum von 35 Jahren ist der dem MIV zurückgelegten Personenkilometer (siehe
Pkw-Bestand von 27 Millionen Pkw im Jahr 19824 auf Kapitel 4).
43 Millionen Pkw im Jahr 2017 und damit um 63 Pro-
zent angewachsen. Im Vergleich dazu ist der Anteil des Der Anteil öffentlicher Verkehrsmittel an der Ver-
MIV am Wegeaufkommen mit neun Prozentpunkten kehrsleistung ist von 2002 bis 2017 um fünf Prozent-
– dies entspricht einem Wachstum von 18 Prozent – punkte gestiegen. Während der Anteil des öffentlichen
nur moderat gestiegen. Acht Prozentpunkte gehen Personenfernverkehrs am Verkehrsaufkommen
dabei auf das Konto des MIV als Fahrer. Der MIV-Mit- marginal ist, nimmt er bei der Verkehrsleistung eine
fahrer-Anteil fällt mit elf Prozent im Jahr 2017 nahe- bedeutende Rolle ein. Zudem entfallen vier Prozent-
zu identisch aus wie 35 Jahre zuvor mit zehn Prozent, punkte des Zuwachses auf ihn. Dies entspricht einer

3 Die KONTIV (Kontinuierliche Erhebung zum Verkehrsverhalten) wurde in den Jahren 1976, 1982 und 1989 für das Gebiet der alten
Bundesrepublik durchgeführt. Da die MiD in ihren Kernelementen an diese Erhebung anknüpft, bilden die KONTIV-Daten unter der
Einschränkung, dass sie nur den Verkehr in Westdeutschland repräsentieren eine gute Möglichkeit für die Darstellung der langfristigen
Entwicklung im Personenverkehr.
4 ADAC (ohne Jahr): Wir machen mobil. https://www.adac.de/_mmm/pdf/statistik_1_2_kfz-bestand_z_43067.pdf
Bei dem für 1982 dargestellten Wert handelt es sich um die Summe der Pkw für Ost und West.

Mobilität in Deutschland 2002 – 2008 – 2017


50 7 Verkehrsmittelnutzung: ein deutliches Plus beim Radverkehr

Abbildung 26
Kap 7, Abb 27
Wege

Entwicklung des Modal Split des Verkehrsaufkommens von 1982 bis 2017 (Personen ab 10 Jahren)

Zu Fuß Fahrrad MIV-Fahrer MIV-Mitfahrer ÖV

100
13 9 10 10

14 12 11
10
75

39 44 47
44
50

11
9 11
11
25

27 23 24 21

0 KONTIV 1982 MiD 2002 MiD 2008 MiD 2017


(nur Westdeutschland)
Angaben in Prozent, Personen ab 10 Jahren; Abweichungen von 100%: Rundungsdifferenzen

MiD 2017 | Mobilität in Deutschland 2002 – 2008 – 2017

Abbildung 27
Kap 7, Abb 28
Wege

Entwicklung des Modal Split der Verkehrsleistung von 1982 bis 2017 (Personen ab 10 Jahren)

Zu Fuß Fahrrad MIV-Fahrer MIV-Mitfahrer ÖPNV ÖPFV

100
5 8 9
20 9
10 10

75 22
20 17
24

50

58 55 58
50
25

3 3 3 3
3 3 3 3
0 KONTIV 1982 MiD 2002 MiD 2008 MiD 2017
(nur Westdeutschland)

Angaben in Prozent, Personen ab 10 Jahren; Abweichungen von 100%: Rundungsdifferenzen

MiD 2017 | Mobilität in Deutschland 2002 – 2008 – 2017

Mobilität in Deutschland 2002 – 2008 – 2017


7 Verkehrsmittelnutzung: ein deutliches Plus beim Radverkehr 51

Steigerungsrate von 63  Prozent. Beim öffentlichen Bei den 10- bis 19-Jährigen fällt der MIV-Fahrer-An-
Personennahverkehr fällt diese mit 15 Prozent deut- teil aufgrund des zu erreichenden Mindestalters bei
lich kleiner aus. Wie in Kapitel 4 dargestellt, handelt es Führerscheinerwerb naturgemäß niedrig aus. Auf
sich beim Personenfernverkehr um das mit Abstand diesem niedrigen Niveau kommt es jedoch zu einer
am stärksten wachsende Segment des Personenver- Steigerung, die zu Teilen auf die zwischen 2005 und
kehrs, das mit herkömmlichen Stichtagsbefragungen 2008 nach und nach in allen Bundesländern ein-
und angesichts der Kappung der Wegelängen bei geführte Möglichkeit, den Führerschein bereits mit
1.000 Kilometern aufgrund des Inlandsprinzips der 17 Jahren zu erwerben, zurückzuführen ist. Bei den 20-
MiD allerdings nur eingeschränkt erfasst werden bis 29-Jährigen hat der MIV-Fahrer-Anteil dahingegen
kann. stark abgenommen. Der sehr deutlichen Reduktion
der MIV-Fahrer-Wege von 52 Prozent aller Wege im
Ältere Menschen legen heute weitaus mehr Wege mit Jahr 2002 auf 43 Prozent im Jahr 2017 steht allerdings
dem Auto zurück als vor 15 Jahren eine nur sehr geringfügige Abnahme der Personenki-
lometer mit dem Pkw von einem Prozent gegenüber.
In Abbildung 28 ist der Modal Split des Verkehrsauf- Hintergrund sind die deutlich gestiegenen Wegelän-
kommens nach Alter dargestellt. Im Gegensatz zu den gen der MIV-Fahrer-Wege bei den 20- bis 29-Jährigen.
beiden vorangehenden Abbildungen sind auch Kinder
unter 10 Jahren berücksichtigt. In der Abbildung zeigt Die Gruppe der 40- bis 49-Jährigen weist den höchsten
sich in fast allen Altersklassen eine starke Dominanz Anteil an MIV-Fahrer-Wegen auf. Gleichzeitig ist dies
des Autos. Bereits Kinder bis neun Jahre werden auf die Gruppe mit der höchsten Stabilität. In beiden Erhe-
der Hälfte ihrer Wege mit dem Auto gefahren. Dieser bungsjahren werden von dieser Altersgruppe jeweils
Wert ist in den betrachteten 15 Jahren mehr oder we- 58 Prozent aller Wege mit dem Auto als Fahrer zurück-
niger konstant geblieben. gelegt. In den beiden davor liegenden Altersgruppen

Abbildung 28
Kap 7, Abb 29
Wege

Modal Split des Verkehrsaufkommens nach Alter

Zu Fuß Fahrrad MIV-Fahrer MIV-Mitfahrer ÖPNV

100
9 10 6 7 11 7 10 6 8 7 8 7 7 10 8 11
16 13
21 22 11 10 7 12 7 11
8 15 14
17 14 12 15 16
10 17
75
51 50 26 26
38 31 17
52 58 50 56 49 40 32
41 43 43 55 58
50 9 52 7
12
8 11 9 8
17 10 11
9 18
25 11 11 10 9 10
7 8 10 10 46
7
35 31 30 35 34
24 22 27 22 22 28
17 19 19 21 17 17 21 19
0
2002

2017

2002

2017

2002

2017

2002

2017

2002

2017

2002

2017

2002

2017

2002

2017

2002

2017

2002

2017

gesamt 0 bis 9 10 bis 19 20 bis 29 30 bis 39 40 bis 49 50 bis 59 60 bis 69 70 bis 79 80+
Alter in Jahren

Angaben in Prozent, Abweichungen von 100%: Rundungsdifferenzen

MiD 2017 | Mobilität in Deutschland 2002 – 2008 – 2017

Mobilität in Deutschland 2002 – 2008 – 2017


52 7 Verkehrsmittelnutzung: ein deutliches Plus beim Radverkehr

nimmt der Anteil des Autos an den Wegen ab, in allen Das Fahrrad ist das einzige Verkehrsmittel, bei dem
nachfolgenden Altersgruppen und insbesondere bei sich das in den vergangenen Jahren zu beobachtende
den Hochbetagten steigt er deutlich an. Lag der Anteil Wachstum an den Wegen auf alle Altersgruppen ver-
der MIV-Fahrer-Wege bei den ab 80-Jährigen im Jahr teilt. Lediglich bei den 60- bis 69-Jährigen entspricht
2002 noch bei 17 Prozent, fällt er 15 Jahre später mit der Fahrradanteil im Jahr 2017 dem von 2002. Beson-
32 Prozent fast doppelt so hoch aus. ders hoch fällt der Zuwachs bei den 20- bis 39-Jährigen
aus.
Der Anteil der nur zu Fuß zurückgelegten Wege fällt
bei den 20- bis 49-Jährigen niedriger aus als bei den Der MIV-Fahrer-Anteil geht bei Personen aus Haushal-
anderen Altersklassen und weist in diesem mittleren ten mit hohem ökonomischem Status zurück, der des
Alterssegment in den betrachteten 15 Jahren kaum Fahrrads steigt
eine Veränderung auf. Personen unter 20 Jahren und
über 49 Jahre gehen im Jahr 2017 dagegen häufiger In Abbildung 29 wird der Einfluss des ökonomischen
zu Fuß. Insbesondere bei den älteren Personen hat Status auf den zu Fuß, mit dem Fahrrad und dem MIV
der Fußwegeanteil jedoch erheblich an Bedeutung als Fahrer zurückgelegten Wegeanteil dargestellt. Im
verloren. Jahr 2002 gab es einen klaren Zusammenhang: Je hö-
her der ökonomische Status des Haushalts ist, umso
Den höchsten Anteilswert an den Wegen erreichen mehr Wege legen die Personen mit dem Auto als
die öffentlichen Verkehrsmittel bei den 10- bis 19-Jäh- Fahrer und umso weniger mit dem Fahrrad und zu
rigen mit etwas mehr als 20 Prozent in den Jahren Fuß zurück. Auch im Jahr 2017 fahren Personen mit
2002 und in 2017. Dem teilweise deutlichen Anstieg hohem ökonomischen Haushaltsstatus mehr Auto,
des ÖV-Anteils bei jungen Personen steht ein abneh- die Unterschiede gegenüber Personen mit niedrigem
mender ÖV-Anteil der ab 70-Jährigen gegenüber. Haushaltsstatus haben sich jedoch deutlich verrin-
gert. Beim Fahrrad sind sie ganz verschwunden und
das Fahrrad damit ein Verkehrsmittel, das unabhängig
vom Status gleiche Wegeanteile erzielt. Lediglich zu

Abbildung 29
Kap 7, Abb 30
Personen

Wegeanteil von MIV als Fahrer, zu Fuß und Fahrrad nach ökonomischem Status

MIV als Fahrer Prozent


100
MiD 2002
MiD 2017 90

Fahrrad
80
MiD 2002
MiD 2017 70
zu Fuß
60
MiD 2002
MiD 2017 50

40

30

20

10

0
ökonomischer Status sehr niedrig niedrig mittel hoch sehr hoch

MiD 2017 | Mobilität in Deutschland 2002 – 2008 – 2017

Mobilität in Deutschland 2002 – 2008 – 2017


7 Verkehrsmittelnutzung: ein deutliches Plus beim Radverkehr 53

Fuß gehen Personen mit hohem ökonomischem Sta- Die Verkehrsmittelnutzung nach Distanzklassen zeigt,
tus so selten wie bereits 15 Jahre zuvor. dass das Auto auf den kurzen Distanzen bereits hohe An-
teile erreicht, die im betrachteten Zeitraum von 15 Jah-
Der Wegeanteil mit öffentlichen Verkehrsmitteln ren allerdings abgenommen haben (Abbildung 30):
erreicht in Abhängigkeit des ökonomischen Status In den Distanzklassen ein bis unter zwei Kilometer
ähnliche Werte wie das Fahrrad und wurde aufgrund sowie zwei bis unter fünf Kilometer hat der ­Anteil
sich überlagernder Linien nicht in Abbildung 29 dar- des Autos von 2002 bis 2017 um acht bzw. sieben
gestellt. In diesem Fall sinkt der Wegeanteil des ÖV in Prozentpunkte zugunsten des Fahrrads und Wegen
beiden Erhebungsjahren mit zunehmenden ökono- zu Fuß abgenommen.
mischen Status ab. Eine dem Fahrrad vergleichbare
Entwicklung hat beim ÖV damit nicht stattgefunden. Diese in der Gesamtheit zu beobachtende Entwick-
lung findet jedoch nicht in allen Regionen Deutsch-
Im urbanen Raum verliert das Auto an Bedeutung, in lands gleichermaßen statt. In Abbildung 31 ist die
den sehr ländlichen Regionen baut es seine Vorherr- Entwicklung beispielhaft für zwei Raumtypen dar-
schaft weiter aus gestellt. In den Metropolen hat der Fahrradanteil in
allen Distanzklassen bis zehn Kilometer sehr stark
Bei einem Großteil der alltäglichen Wege werden nur zugenommen, der des Autos abgenommen. In den
kurze Distanzen zurückgelegt: Im Jahr 2017 waren sehr ländlichen Regionen werden im Jahr 2017 jedoch
36 Prozent aller berichteten Wege unter zwei Kilome- in allen kurzen Distanzklassen mehr Wege mit dem
ter lang, 59 Prozent waren kürzer als fünf Kilometer. Auto zurückgelegt als im Jahr 2002. Angesichts des
Generell ist der Anteil der kurzen Wege zurückgegan- zusätzlichen Rückgangs von kurzen Wegen findet ein
gen. Im Jahr 2002 entfielen noch jeweils fünf Prozent- zweifacher Effekt statt: Auf kurzen Distanzen wird
punkte mehr in die Gruppe der Wege unter zwei bzw. mehr Auto gefahren, und die kurzen, potenziell für
fünf Kilometer. die Nutzung anderer Verkehrsmittel geeigneten Wege
werden weniger.

Abbildung 30
Kap 7, Abb 31
Wege

Modal Split des Verkehrsaufkommens nach Distanzklassen

Zu Fuß Fahrrad MIV-Fahrer MIV-Mitfahrer ÖPNV* ÖPFV

100 2 2 4 4
6 5 5
7 11 11 14 15 12 14 12 14 13
12 11 13 17
16 17
16 15
19
75 22 18 23 19 22 18
25 22 32
14 14 29
35
38
50 45
48
20 55
54 61 62 62 65
62 62 16 59 59
25 55 54
15
10
24 28
12 14 5 7
0 4 5 3 4 2 2 2
2002

2017

2002

2017

2002

2017

2002

2017

2002

2017

2002

2017

2002

2017

2002

2017

unter 1 1 bis unter 2 2 bis unter 5 5 bis unter 10 10 bis unter 20 20 bis unter 50 50 bis unter 100 100 und mehr
Distanzklassen in Kilometer

Angaben in Prozent; Abweichungen von 100%: Rundungsdifferenzen; *inkl. Taxi, anderes

MiD 2017 | Mobilität in Deutschland 2002 – 2008 – 2017

Mobilität in Deutschland 2002 – 2008 – 2017


54 7 Verkehrsmittelnutzung: ein deutliches Plus beim Radverkehr

Abbildung 31
Kap 7, Abb 32
Wege

Modal Split des Verkehrsaufkommens in Metropolen und ländlichen Regionen in niedrigen Distanzklassen

Zu Fuß Fahrrad MIV-Fahrer MIV-Mitfahrer ÖPNV* ÖPFV

Metropolen kleinstädtischer, dörflicher Raum in ländlicher Region


100 2 2
4 4 8 8 6 4 8 7
4 3 15 12 12
8 7 24 24 17 15
8 31 35 20 18
10 15 12 20 24
75 27
20 16 11
24 15 17 42 49
13 13
50 31 58
26 54
17 36 67
74 72 59
44 36
20 13
25 54 52
20
31 34 12 7 8
12 20 24
12 13 6 13 14 4 4
0 4 4 5 5
2002

2017

2002

2017

2002

2017

2002

2017

2002

2017

2002

2017

2002

2017

2002

2017
unter 1 1 bis unter 2 2 bis unter 5 5 bis unter 10 unter 1 1 bis unter 2 2 bis unter 5 5 bis unter 10
Distanzklassen in Kilometer Distanzklassen in Kilometer

Angaben in Prozent; Abweichungen von 100%: Rundungsdifferenzen; *inkl. Taxi, anderes

MiD 2017 | Mobilität in Deutschland 2002 – 2008 – 2017

Das Leben in den Metropolen ist heute entfernungs- Mittelstädten der ländlichen Region. Das Segment mit
intensiver als vor 15 Jahren dem höchsten Wachstum ist damit in beiden Raum-
typen, Stadtregion und ländliche Region, jeweils in
Die von Menschen in Deutschland durchschnittlich den dichter besiedelten Gebieten stärker ausgeprägt
pro Tag zurückgelegte Entfernung hat im betrachte- als in den weniger dicht besiedelten. Denkbar wäre,
ten Zeitraum von 15 Jahren um sechs Kilometer zuge- dass in den ländlichen Regionen stattdessen der An-
nommen (siehe Kapitel 5). Nach Räumen differenziert teil der weiten Wege mit dem Pkw zunimmt. Dies ist
zeigt sich: Die Tagesstrecke ist in allen Raumkatego- jedoch nicht der Fall. Stattdessen sind es auch hier
rien angestiegen (Abbildung 32). Besonders stark war die Metropolen und größeren Städte, bei denen die
der Zuwachs jedoch in den Metropolen. Auch in den weiten Strecken mit dem Pkw überproportional zu-
zentralen Städten der ländlichen Region ist ein über- genommen haben, in den sehr ländlichen Regionen
proportionales Wachstum zu verzeichnen. Zwar ist die ist dagegen keine oder nur eine geringe Veränderung
Raumstruktur in sehr ländlichen Gebieten aufgrund zu verzeichnen. Dies führt dazu, dass der Anteil weiter
der dortigen Versorgungsstruktur immer noch die Wege an allen Pkw-Wegen in den Metropolen im Jahr
entfernungsintensivste; die Unterschiede zwischen 2017 am höchsten ausfällt. Im Jahr 2002 lagen hier
den dicht und weniger dicht besiedelten Gebieten noch die sehr ländlichen Regionen vorne.
der Stadtregion und der ländlichen Region sind jedoch
kleiner geworden.

In den Metropolen konnte vor allem das Fahrrad


seinen Anteil steigern, aber auch mit dem Auto wer-
den im Jahr 2017 pro Person und Tag zwei Kilometer
mehr zurückgelegt als noch 15 Jahre zuvor. Besonders
stark angewachsen ist der öffentliche Personenfern-
verkehr: sowohl in den Metropolen, Regiopolen und
Großstädten als auch in den zentralen Städten und

Mobilität in Deutschland 2002 – 2008 – 2017


7 Verkehrsmittelnutzung: ein deutliches Plus beim Radverkehr 55

Abbildung 32
Kap 7, Abb 33
Personen

Tagesstrecke nach Verkehrsmittel und Raumtyp

Zu Fuß Fahrrad MIV-Fahrer MIV-Mitfahrer ÖPNV ÖPFV Tagesstrecke


in km

2002 11 18 8 3 2 33

gesamt 2008 11 20 9 4 3 38

2017 11 21 8 4 3 39

Raumtyp

2002 11 13 6 5 3 29

Metropole 2008 11 14 7 6 5 34

2017 12 15 7 6 6 37

2002 11 15 8 3 2 31
Regiopole und
2008 11 18 9 4 4 37
Großstadt
Stadtregion

2017 12 17 7 4 4 36

2002 11 20 9 3 2 35
Mittelstadt,
städtischer Raum
2008 11 20 8 4 3 37

2017 11 23 9 4 3 40

2002 11 24 9 3 2 39
kleinstädtischer,
dörflicher Raum
2008 11 24 10 4 1 41

2017 11 26 9 5 2 44

2002 11 17 8 21 30

zentrale Stadt 2008 11 20 9 3 3 37

2017 12 19 8 3 3 36
ländliche Region

2002 11 19 9 21 32
Mittelstadt,
2008 11 20 9 3 3 37
städtischer Raum

2017 11 22 8 3 3 37

2002 11 22 8 3 2 37
kleinstädtischer,
2008 11 24 11 3 3 43
dörflicher Raum

2017 11 29 8 3 2 44

Angaben in Kilometer

MiD 2017 | Mobilität in Deutschland 2002 – 2008 – 2017

Mobilität in Deutschland 2002 – 2008 – 2017


56 7 Verkehrsmittelnutzung: ein deutliches Plus beim Radverkehr

Die Tagesstrecke ist nur bei Personen aus Haushalten verloren. Sein Anteil liegt aber nach wie vor bei hohen
mit Pkw angestiegen 74 bis 89 Prozent.

Der Pkw hat einen sehr hohen Einfluss auf die zu- An beiden Enden der Altersskala nimmt die Tagesstre-
rückgelegte Tagesstrecke (Abbildung 33). Personen cke stark zu
aus Haushalten ohne Pkw legen mit durchschnittlich
15 Kilometern die mit Abstand geringste Entfernung Wird die Tagesstrecke getrennt nach Verkehrsmittel
zurück. Bei dieser Gruppe hat sich im betrachteten und Alter betrachtet, zeigt sich der typische Kurven-
Zeitraum weder an der Tagesstrecke noch an deren verlauf mit niedrigen Tagesstrecken in der Kindheit
Verteilung auf die Verkehrsmittel etwas verändert. und Jugend gefolgt von hohen Tagesstrecken in den
Acht Kilometer werden mit öffentlichen Verkehrs- mittleren Altersklassen, die im höheren Alter stark
mitteln, dem Fahrrad oder zu Fuß zurückgelegt, sechs abnehmen (Abbildung 34). Im betrachteten Zeitraum
Kilometer entfallen – zumeist als MIV-Mitfahrer – auf von 15  Jahren zeigt sich in allen Altersklassen ein
den Pkw. Anstieg der Tagesstrecken. Die stärkste absolute Zu-
nahme weisen mit sechs bzw. sieben Kilometern die
Die Tagesstrecke der Personen aus Haushalten mit 0- bis 9-Jährigen und die Altersgruppen der 20- bis
Pkw fällt dagegen um ein Vielfaches höher aus. Je 49-Jährigen auf. Die geringsten Zuwächse zeigen sich
mehr Pkw im Haushalt vorhanden sind, umso höher mit zwei Kilometern bei den ab 70-Jährigen. Aufgrund
ist die Tagesstrecke. Der Großteil entfällt dabei jeweils des niedrigeren Ausgangsniveaus an beiden Enden
auf das Auto. Auf diesem hohen Niveau ist im betrach- der Altersskala fällt das prozentuale Wachstum mit
teten Zeitraum von 15 Jahren ein Anstieg der Tages- über 30 Prozent bei den 0- bis 9-Jährigen und den Per-
strecke um jeweils drei Kilometer zu verzeichnen. sonen ab 80 Jahren am höchsten aus. In allen anderen
Dieser verteilt sich auf das Auto und den öffentlichen Altersgruppen liegen die Wachstumsraten der Tages-
Personennah- und -fernverkehr. Anteilmäßig hat das strecken zwischen 12 und 16 Prozent.
Auto in allen Gruppen mit Pkw leicht an Bedeutung

Abbildung 33
Kap 7, Abb 34
Personen

Tagesstrecke nach Verkehrsmittel und Pkw-Besitz

Zu Fuß Fahrrad MIV-Fahrer MIV-Mitfahrer ÖPNV ÖPFV Tagesstrecke


in km
2002 11 2 4 5 1 15
kein Auto 2008 2 2 3 5 6 5 23
2017 1 2 5 4 8 7 27
2002 11 18 8 3 2 33
1 Auto 2008 11 20 9 3 3 37
2017 11 19 8 4 3 36
2002 11 26 10 2 2 42
2 Autos 2008 11 26 12 3 2 45
2017 11 28 10 3 3 45
2002 11 33 9 2 2 47
3 Autos und mehr 2008 11 35 11 3 2 52
2017 11 34 8 3 3 50

Angaben in Kilometer

MiD 2017 | Mobilität in Deutschland 2002 – 2008 – 2017

Mobilität in Deutschland 2002 – 2008 – 2017


7 Verkehrsmittelnutzung: ein deutliches Plus beim Radverkehr 57

Abbildung 34
Kap 7, Abb 35
Personen

Tagesstrecke nach Verkehrsmittel und Raumtyp

Zu Fuß Fahrrad MIV-Fahrer MIV-Mitfahrer ÖPNV ÖPFV Tagesstrecke


in km
Alter in Jahren
2002 11 15 1 18

0 bis 9 2008 11 20 11 24

2017 111 19 21 24

2002 11 4 13 6 1 26

10 bis 19 2008 12 3 14 7 3 29

2017 12 4 13 6 3 29

2002 11 27 8 5 2 44

20 bis 29 2008 11 27 11 8 3 50

2017 11 25 8 7 4 46

2002 11 29 7 3 3 44

30 bis 39 2008 11 32 8 4 5 51

2017 12 31 6 5 5 50

2002 11 30 7 3 2 42

40 bis 49 2008 12 33 7 3 3 49

2017 12 34 6 4 4 51

2002 11 24 7 3 2 38

50 bis 59 2008 11 7 28 3 2 42

2017 12 33 6 4 3 50

2002 11 14 7 2 2 28

60 bis 69 2008 21 16 7 2 4 32

2017 11 22 7 3 3 36

2002 11 8 5 2 2 19

70 bis 79 2008 11 9 4 2 3 21

2017 11 12 6 2 3 25

2002 1 3 3 11 10

80 + 2008 1 4 4 1 3 12

2017 11 6 4 21 14

Angaben in Kilometer

MiD 2017 | Mobilität in Deutschland 2002 – 2008 – 2017

Mobilität in Deutschland 2002 – 2008 – 2017


8 Wegezwecke: Zunahme arbeitsbedingter Mobilität 59

8 Wegezwecke: Zunahme arbeits-


bedingter Mobilität

Die Gründe, warum Menschen das Haus verlassen, Die Anteile der Wegezwecke variieren stärker zwischen
sind vielfältig und variieren nach Lebensphase. In den Erhebungszeitpunkten als zwischen Räumen
diesem Kapitel wird der Frage nachgegangen, wie sich
die Anteile der Wegezwecke an Verkehrsaufkommen Nicht nur die Anteile der Wegezwecke sind in allen
und Verkehrsleistung entwickelt haben und welche Raumtypen sehr ähnlich, auch ihre Veränderung
Veränderung es bei einer wegezweckspezifischen über die Zeit läuft flächendeckend gleich ab. Dabei
Betrachtung von Wegelängen und Verkehrsmittel- zeigt sich in allen Regionen Deutschlands ein deut-
nutzung gibt. Das Kapitel endet mit der Betrachtung licher Unterschied zwischen 2002 und 2017. In allen
der Verkehrsmittelnutzung nach Wegezwecken für Räumen kommt es zu einer Abnahme des Einkaufs-
einzelne Tätigkeitsgruppen. verkehrs zwischen drei und sieben Prozent. Besonders
stark fällt diese in den Metropolen aus. Gründe hierfür
Privater Einkaufsverkehr ist deutlich reduziert, dienst- dürften u. a. die Strukturänderungen im Einzelhandel
licher Verkehr stark angestiegen sein. Viele innerörtlichen Bäckereien, Metzgereien und
kleinen Einzelhandelsgeschäfte wurden geschlossen.
In Abbildung 35 ist die Entwicklung von Verkehrs- Die lokale oder regionale Nahversorgungsfunktion
aufkommen und Verkehrsleistung nach Wegezwe- wird inzwischen häufig von kleinen oder größeren
cken dargestellt. Entgegen dem leicht rückläufigen Einkaufszentren am Stadtrand übernommen. In wie
Verkehrsaufkommen zwischen 2002 und 2017 hat weit die Abnahme der Einkaufswege auch auf den
vor allem die Anzahl der Dienstwege, aber auch der Online-Handel zurückzuführen ist, kann auf Basis
Ausbildungs- und sehr leicht der Arbeitswege zuge- der MiD nicht beantwortet werden. Die Auswertun-
nommen. Ebenfalls zugenommen haben Wege mit gen der MiD 2017 zeigen, dass Personen, die häufig
dem Zweck Erledigung. Der Rückgang des Verkehrs- Produkte im Online-Handel erwerben, nicht seltener
aufkommens geht daher vor allem auf eine recht stark physische Einkaufswege zurücklegen als Personen mit
ausgeprägte Abnahme der Einkaufswege und in ge- keiner oder geringer Online-Aktivität. Zudem werden
ringerem Maß der Freizeit- und Begleitwege zurück. im Online-Handel überwiegend Produkte für den mit-
telfristigen und längerfristigen Bedarf erworben, die
Die Veränderungen der Verkehrsleistung zeigen dem- im physischen Einkaufsverkehr aufgrund der Selten-
gegenüber einen nahezu einheitlichen Trend in der heit der Einkäufe eine untergeordnete Rolle spielen.
Erhöhung der Personenkilometer. Überproportional
gestiegen sind in den letzten 15  Jahren die Entfer- Auch die leichte Abnahme des Anteils der Freizeitwe-
nungen bei Dienstwegen und privaten Erledigungen. ge ist ein raumübergreifendes Phänomen, ebenso der
Lediglich bei den Einkaufswegen geht der Rückgang leichte Anstieg des Wegeaufkommens für Ausbildung
der Wegeanzahl auch mit einer Abnahme der zurück- und Arbeit. Lediglich die im Aggregat festzustellende
gelegten Distanzen einher. Trotz einer abnehmenden Abnahme der Begleitwege zeigt sich nur in den jeweils
Anzahl von Freizeit- und Begleitwegen nehmen die ländlichen Gebieten der Stadtregion und der ländli-
zurückgelegten Distanzen zu. chen Region. Darüber hinaus sind alle Räume von der
zunehmenden Anzahl an Dienstwegen betroffen. Mit
bis zu sechs Prozent ist dies besonders stark in den
sehr dicht besiedelten Räumen der Stadtregion aus-
geprägt, aber auch in den sehr dünn besiedelten Räu-
men der ländlichen Räume mit bis zu acht Prozent in
15 Jahren. Ein Grund hierfür wird die höhere Beschäf-
tigungsquote im Jahr 2017 gegenüber dem Jahr 2002
sein (siehe Kapitel 3). In wie weit der Online-Handel

Mobilität in Deutschland 2002 – 2008 – 2017


60 8 Wegezwecke: Zunahme arbeitsbedingter Mobilität

Abbildung 35
Kap 8, Abb 36
Wege

Entwicklung von Verkehrsaufkommen und Verkehrsleistung nach Wegezweck

Arbeit dienstlich Ausbildung Einkauf Erledigung Freizeit Begleitung gesamt

Verkehrsaufkommen Verkehrsleistung
Anzahl Wege in Mio. pro Tag Personenkilometer in Mio. pro Tag
400 4000

350 3500
3.214
3.080 179
300 3000 185
270 275 2.717
24 257 158
23
250 21 2500 1.098
1.178
84 84 1.005
200 71 2000

376
268
150 34 35 37 1500
217
256
264 131
268 147
56 55 41
100 1000 111 539
345
18 300
17 19
50 16 17 28 500
620 694 674
42 42 42
0 0
MiD 2002 MiD 2008 MiD 2017 MiD 2002 MiD 2008 MiD 2017

Entwicklung von 2002 nach 2017 in Prozent

-5 18

-9 13

-15 9

7 47

-27 -19

8 18

79 80

1 9

-100 -75 -50 -25 0 25 50 75 100 -100 -75 -50 -25 0 25 50 75 100

Angaben Anzahl bzw. Kilometer

MiD 2017 | Mobilität in Deutschland 2002 – 2008 – 2017

Mobilität in Deutschland 2002 – 2008 – 2017


8 Wegezwecke: Zunahme arbeitsbedingter Mobilität 61

Grund für die Zunahme der dienstlichen Wege ist, zu Dienstwege nehmen zu, haben sich in ihrer Länge aber
denen auch die Fahrten der Kurier- und Postdienste nicht verändert
zählen, kann im Rahmen der hier vorgelegten Grund-
auswertung nicht beantwortet werden. Da der Trend zur Zunahme der Personenkilometer in
fast allen Fällen die Veränderung bei der Wegeanzahl
In Abbildung 36 ist der Anteil der Wegezwecke am übersteigt, kommt es zwangsläufig zu einer Erhöhung
Verkehrsaufkommen differenziert nach Raumtypen der Wegelängen (Abbildung 37). Dies betrifft vor al-
jeweils für die beiden Erhebungsjahre 2002 und 2017 lem die Erledigungs-, Freizeit- und Begleitwege. Bei
dargestellt. Für beide Erhebungsjahre zeigt sich: Die den arbeits- und ausbildungsbedingten Wegen sowie
Gründe, warum Menschen das Haus verlassen und den Einkaufswegen kommt es dagegen nur zu einer
Wege zurücklegen, sind unabhängig davon, wo sie geringfügigen Erhöhung der Wegelänge. Die mittlere
leben, im Jahr 2002 und 2017 die gleichen. In beiden Länge von Dienstwegen fällt mit 19 Kilometern da-
Erhebungsjahren gibt es wenig raumspezifische Un- gegen in den Jahren 2002 und 2017 identisch aus. Die
terschiede. Lediglich bei den Einkaufswegen zeigt sich, Zunahme der Verkehrsleistung geht hier ausschließ-
dass in den Metropolen und großen Städten der Anteil lich auf das Konto des steigenden Wegeaufkommens.
der Einkaufswege etwas höher ausfällt als auf dem
Land. Ein Grund hierfür wird die gute nahräumliche In allen drei Erhebungsjahren fällt die durchschnitt-
Versorgungsstruktur in Städten sein, die dazu einlädt, liche Wegelänge von Dienstwegen am höchsten aus,
öfter einzukaufen. gefolgt von Arbeits- und Freizeitwegen. Ausbildungs-,
Einkaufs- und Begleitwege finden dagegen im nähe-
ren Wohnumfeld statt.

Abbildung 36
Kap 8, Abb 37
Wege

Anteil der Wegezwecke am Verkehrsaufkommen nach Raumtyp


100
Arbeit 7 8 8 8 7
8 9 8 10 9 9 9 8 9
dienstlich

Ausbildung 31 28 26 27
75 31 28 28 30 26 30 28 31 30
31
Einkauf

Erledigung 14 14 15 14
12 13 13 15 15 13 13
13 13 12
Freizeit 50
14
16 16 15 15
Begleitung 23 16 18 20 17 20 18
22 20 7
7 7 7
7 7
25 6 6 6 6 6 14
11 11 9 11 9 12
6 8 7 6 6
5 5

15 16 15 16 15 16 15 17 15 16 16 16 17 17
0
2002 2017 2002 2017 2002 2017 2002 2017 2002 2017 2002 2017 2002 2017
Metropole Regiopole und Mittelstadt, kleinstädt- zentrale Mittelstadt, kleinstädt-
Großstadt städtischer ischer, dörf- Stadt städtischer ischer, dörf-
Raum licher Raum Raum licher Raum
Stadtregion ländliche Region

Angaben in Prozent; Abweichungen von 100%: Rundungsdifferenzen

MiD 2017 | Mobilität in Deutschland 2002 – 2008 – 2017

Mobilität in Deutschland 2002 – 2008 – 2017


62 8 Wegezwecke: Zunahme arbeitsbedingter Mobilität

Abbildung 37
Kap 8, Abb 38
Wege

Mittlere Wegelänge in Kilometern nach Wegezweck

MiD 2002 10
gesamt 11
MiD 2008 13
MiD 2017

15
Arbeit 17
16
19
dienstlich 20
19
7
Ausbildung 8
7
5
Einkauf 5
5
7
Erledigung 8
10
12
Freizeit 14
15
7
Begleitung 8
9

Angaben in Kilometer

MiD 2017 | Mobilität in Deutschland 2002 – 2008 – 2017

Freizeitwege werden in allen Räumen länger, Wege zur vier Kilometern in den Metropolen und einem Kilo-
Arbeit nur im ländlichen Raum meter in den ländlichen Mittelstädten.

Betrachtet man die einzelnen Wegezwecke nach Da sich die Gründe, warum Menschen das Haus ver-
Raumtypen (Abbildung 38), werden deutliche Unter- lassen, im Laufe ihres Lebens und in Abhängigkeit von
schiede im Untersuchungszeitraum sichtbar. Arbeits- ihrer Tätigkeit verändern, wird hier die Verteilung der
wege steigen in der ländlichen Region deutlicher Verkehrsmittel nach Wegzwecken für verschiedene
an als in der Stadtregion. In den dichter besiedelten Tätigkeitsgruppen betrachtet.
Räumen der Stadtregion ändern sich in den Jahren
2002 bis 2017 die Arbeitswegelängen nicht. Bei den Der Weg zur Schule wird von Kindern zunehmend im
Dienstwegen zeigt sich eine andere Entwicklung. In Auto der Eltern zurückgelegt
den Metropolen und den zentralen Städten der länd-
lichen Region steigen die Wegelängen der Dienstwege Bei Kindern im Alter von 6 bis 10 Jahren kann zwi-
um fünf bzw. sieben Kilometer an. In den dünner be- schen 2002 und 2017 insgesamt ein leichter Anstieg
siedelten Gebieten nehmen die dienstlichen Wegelän- des MIV-Mitfahrer-Anteils um zwei Prozentpunkte
gen dagegen um bis zu fünf Kilometer ab. Die Längen festgestellt werden (Abbildung 39). Überproportional
der Einkaufswege bleiben zwischen 2002 und 2017 angestiegen ist der MIV-Mitfahrer-Anteil bei Frei-
in den Stadtregionen gleich, in ländlichen Regionen zeitwegen und Erledigungen. Auch auf dem Weg zur
sind sie leicht gestiegen. Grundsätzlich fallen die Schule stieg dieser Anteil um fünf Prozentpunkte.
Wegelängen von Einkaufswegen in der Stadt und auf Hierbei handelt es sich um einen sehr häufigen Wege-
dem Land trotz unterschiedlicher Versorgungsstruk- zweck, bei dem aus ökologischen Gründen eine ande-
tur sehr ähnlich aus. Lediglich in den kleinstädtischen re Entwicklung wünschenswert wäre. Einkaufs- und
oder dörflichen Räumen sind die Distanzen höher. Die Begleitwege sind stark durch das Auto geprägt. Diese
Länge der Freizeitwege ist in allen Raumtypen im be- machen in dieser Altersgruppe aber einen sehr gerin-
trachteten Zeitraum deutlich gestiegen: zwischen gen Anteil am Verkehrsaufkommen aus.

Mobilität in Deutschland 2002 – 2008 – 2017


8 Wegezwecke: Zunahme arbeitsbedingter Mobilität 63

Abbildung 38
Kap 8, Abb 39
Wege

Mittlere Wegelänge in Kilometern ausgewählter Wegezwecke nach Raumtyp

MiD 2002 MiD 2017

Raumtyp
Arbeit Metropole 13
13
Stadtregion

Regiopole und Großstadt 14


14
Mittelstadt, städtischer Raum 16
18
kleinstädtischer, dörflicher Raum 20
21
ländliche Region

zentrale Stadt 12
14
Mittelstadt, städtischer Raum 14
17
kleinstädtischer, dörflicher Raum 17
20
Metropole 16
dienstlich 19
Stadtregion

Regiopole und Großstadt 17


16
Mittelstadt, städtischer Raum 21
22
kleinstädtischer, dörflicher Raum 21
19
ländliche Region

zentrale Stadt 12
19
Mittelstadt, städtischer Raum 22
17
kleinstädtischer, dörflicher Raum 22
20
Metropole 4
Einkauf 4
Stadtregion

Regiopole und Großstadt 4


4
Mittelstadt, städtischer Raum 5
5
kleinstädtischer, dörflicher Raum 8
7
ländliche Region

zentrale Stadt 4
5
Mittelstadt, städtischer Raum 5
6
kleinstädtischer, dörflicher Raum 6
7
Metropole 12
Freizeit 16
Stadtregion

Regiopole und Großstadt 12


15
Mittelstadt, städtischer Raum 13
16
kleinstädtischer, dörflicher Raum 12
15
ländliche Region

zentrale Stadt 12
14
Mittelstadt, städtischer Raum 12
13
kleinstädtischer, dörflicher Raum 12
15

Angaben in Kilometer

MiD 2017 | Mobilität in Deutschland 2002 – 2008 – 2017

Mobilität in Deutschland 2002 – 2008 – 2017


64 8 Wegezwecke: Zunahme arbeitsbedingter Mobilität

Abbildung 39
Kap 8, Abb 40
Wege

Verkehrsmittelnutzung von 6- bis 10-Jährigen nach Wegezweck

Zu Fuß Fahrrad MIV-Mitfahrer ÖV


100 3 3
8 4 6 5 4
10 10
20 18

75 42
41 43 23 28 58 58 49
60 68 70 68

50 10
13
13 18
13 16
12 9
25
8 7
47 7 6
36 41
34 31 35 30
27 24 22
21 20
0
2002 2017 2002 2017 2002 2017 2002 2017 2002 2017 2002 2017

gesamt Ausbildung Einkauf Erledigung Freizeit Begleitung

Angaben in Prozent; Kinder von 6 bis 10 Jahren; Abweichungen von 100%: Rundungsdifferenzen

MiD 2017 | Mobilität in Deutschland 2002 – 2008 – 2017

Studierende fahren seltener Auto und häufiger mit Vollzeitbeschäftigte steigen vom Auto auf das Fahrrad
Rad und ÖV und den ÖV um

Bei Studierenden zeigt sich insgesamt eine deutliche Bei Vollzeiterwerbstätigen hat die Bedeutung des MIV
Abnahme des MIV-Wegeanteils von 44 auf 31 Prozent leicht abgenommen (Abbildung 41). Der MIV-Fah-
(Abbildung 40). Die Nutzung des ÖV und des Fahr- rer-Anteil bleibt dabei mehr oder weniger konstant,
rades haben in den Jahren 2002 bis 2017 um sechs zeigt aber unterschiedliche Entwicklungen je nach
bzw. vier Prozentpunkte zugenommen. Entgegen Wegezweck. Während er bei Begleitwegen zunimmt,
dem bundesweiten Trend haben in dieser Gruppe geht er bei allen anderen Wegezwecken, vor allem
auch die Wege zu Fuß zugenommen, beim Einkauf den dienstlichen Wegen, zurück. Der Umweltverbund
sogar um neun Prozentpunkte. Die Verkehrsmittel des gewinnt bei dieser Personengruppe leicht an Bedeu-
Umweltverbundes haben in dieser Gruppe damit ein tung. Vollzeiterwerbstätige sind generell eine Gruppe
deutliches Plus erzielt. mit nur geringen Änderungen der wegezweckspezi-
fischen Nutzung der Verkehrsmittel.

Rentner gehen seltener zu Fuß und nutzen häufiger


das Auto

Die Gruppe der Rentner zeichnet sich durch einen


­deutlichen Anstieg des MIV-Wegeanteils aus, der
vor allem zulasten von Wegen zu Fuß geht (siehe
Abbildung 42). Bei den Veränderungen in den Jah-
ren zwischen 2002 und 2017 sind besonders bei
den Einkaufs- und Erledigungswegen die Wege-
anteile mit dem Auto gestiegen: um 10 bzw. sieben
Prozentpunkte.

Mobilität in Deutschland 2002 – 2008 – 2017


8 Wegezwecke: Zunahme arbeitsbedingter Mobilität 65

Abbildung 40
Kap 8, Abb 41
Wege

Verkehrsmittelnutzung von Studierenden nach Wegezweck

Zu Fuß Fahrrad MIV-Fahrer MIV-Mitfahrer ÖV


100
10 11 14
21 21 20 22
27 13
33 37 10
43 47 18
75
12 11 14 15
10 19
3
5 32
21 4 20
50 32 2 17 32 27 34
35 23 14
21
13
16
18
14 14 16 13
25 22 15 22
15 42
33 28
21 24 21 22 21
14 13 17 15
0
2002 2017 2002 2017 2002 2017 2002 2017 2002 2017 2002 2017

gesamt Arbeit Ausbildung Einkauf Erledigung Freizeit

Angaben in Prozent; Abweichungen von 100%: Rundungsdifferenzen

MiD 2017 | Mobilität in Deutschland 2002 – 2008 – 2017

Abbildung 41
Kap 8, Abb 42
Wege

Verkehrsmittelnutzung von Vollzeiterwerbstätigen nach Wegezweck

Zu Fuß Fahrrad MIV-Fahrer MIV-Mitfahrer ÖV


100 3 2
7 9 10 3 4 5 5 8 5
12 14 11 7
11 10 9 15
9 6 16 12
5 4
75

55 40
60 57 59 57 46 75
50 61 63 76
66 83 73

11
9 8
25 7 6 8
7 9
12 25 25 29 6
9 4 22 20 21 2
15 16 12
7 7 4 9 9
0
2002 2017 2002 2017 2002 2017 2002 2017 2002 2017 2002 2017 2002 2017

gesamt Arbeit dienstlich Einkauf Erledigung Freizeit Begleitung

Angaben in Prozent; Abweichungen von 100%: Rundungsdifferenzen

MiD 2017 | Mobilität in Deutschland 2002 – 2008 – 2017

Mobilität in Deutschland 2002 – 2008 – 2017


66 8 Wegezwecke: Zunahme arbeitsbedingter Mobilität

Abbildung 42
Kap 8, Abb 43
Wege

Verkehrsmittelnutzung von Rentnern nach Wegezweck

Zu Fuß Fahrrad MIV-Fahrer MIV-Mitfahrer ÖV


100
9 8 8 5 9 4
11 10 8 12 9
14 13 13
15 14 13 17 15
75

33 32 27 31
40 42 35 43
50 72 76
11 10 10
10
10 11 9
10
25

34 36 37 35
28 28 31
24 2
14 9
0
2002 2017 2002 2017 2002 2017 2002 2017 2002 2017

gesamt Einkauf Erledigung Freizeit Begleitung

Angaben in Prozent; Abweichungen von 100%: Rundungsdifferenzen

MiD 2017 | Mobilität in Deutschland 2002 – 2008 – 2017

Mobilität in Deutschland 2002 – 2008 – 2017


9 Mobilitätsverhalten ausgewählter Altersgruppen: Jung und Alt in Bewegung 67

9 Mobilitätsverhalten ausgewählter
Altersgruppen:
Jung und Alt in Bewegung

Die bisherigen Ergebnisse haben gezeigt: An beiden erfasst, nicht jedoch für die Personen mittleren und
Enden der Altersskala kommt es zu deutlichen Ver- höheren Alters, die ihren Führerschein vor dem Jahr
änderungen des Mobilitätsverhaltens. In diesem 2002 erworben haben. Die Werte des KBA zeigen, dass
Kapitel werden diese Entwicklungen bei den jungen der Führerscheinbesitz bei der MiD in den jungen
und den älteren Menschen nochmals differenzierter Jahrgängen um ca. zehn Prozent überschätzt wird.
betrachtet. Dafür liegen mit den drei MiD-Querschnittserhebun-
gen Angaben zu allen Altersklassen vor und lassen
Der Anteil der Personen mit Führerschein ist vor allem Entwicklungen wie in Abbildung 43 erkennen.
bei den älteren Frauen stark gestiegen
Die Möglichkeit, die Führerscheinprüfung im Alter
Im Zentralen Fahrerlaubnisregister des Kraft- von 17 Jahren abzulegen, wurde ab dem Jahr 2005
fahrt-Bundesamtes (KBA) werden alle erteilten Fahr- nach und nach in den verschiedenen Bundesländern
erlaubnisse registriert. Diese Statistik stellt ab dem eingeführt. Entsprechend liegt im Jahr 2002 der Anteil
Jahr 2002 eine verlässliche Datenquelle dar. Für jun- der 17-Jährigen mit Führerschein bei null Prozent, im
ge Personen sind daher alle erteilten Fahrerlaubnisse Jahr 2008 bei 22 Prozent. Im Jahr 2017 misst die MiD

Abbildung 43
Kap 9, Abb 44
Personen

Pkw-Führerscheinbesitz nach Alter

MiD 2002 Prozent


100
MiD 2008
90
MiD 2017
80

70

60

50

40

30

20

10

0
17

85 +
18 bis 19

20 bis 24

25 bis 29

30 bis 34

35 bis 39

40 bis 44

45 bis 49

50 bis 54

55 bis 59

60 bis 64

65 bis 69

70 bis 74

75 bis 79

80 bis 84

Alter in Jahren

MiD 2017 | Mobilität in Deutschland 2002 – 2008 – 2017

Mobilität in Deutschland 2002 – 2008 – 2017


68 9 Mobilitätsverhalten ausgewählter Altersgruppen: Jung und Alt in Bewegung

einen Anteil von 31 Prozent. Für die jungen Jahrgänge Bei älteren Frauen fällt der Anteil der Personen mit
weist die MiD für das Jahr 2017 einen leichten Rück- Führerschein dagegen auch heute noch deutlich nied-
gang des Anteils der Personen mit Führerschein aus. riger aus als bei jungen Frauen. Auch hier hat sich der
Die Daten des KBA bestätigen dies bislang nicht. In Unterschied zwischen den Altersgruppen verkleinert.
den höheren Altersklassen ist dagegen eine deutliche Besaßen im Jahr 2002 nur 18 Prozent der ab 85 Jah-
Zunahme des Anteils der Personen mit Führerschein re alten Frauen einen Führerschein, sind es im Jahr
zu verzeichnen. Nahm im Jahr 2002 bereits im Alter 2017 bereits 37 Prozent. Werden die heute bekannten
ab 50 Jahren der Anteil der Führerscheinbesitzer ab, Zahlen fortgeschrieben, zeigt sich: Das Schließen der
so hat sich dies im Jahr 2017 entsprechend ins höhe- „Führerschein-Lücke“ zwischen jungen und älteren
re Alter verlagert. Besaßen im Jahr 2002 Personen ab Frauen wird noch rund 30 Jahre dauern. Gerade bei
85 Jahren nur zu 31 Prozent einen Führerschein, so älteren Frauen ist daher auch zukünftig eine weitere
liegt der Wert im Jahr 2017 bereits bei 59 Prozent. Veränderung des Mobilitätsverhaltens zu erwarten.

In Abbildung 44 ist der Führerscheinbesitz nach Alter Der Anteil der älteren Männer und Frauen in Haushal-
und Geschlecht für die Jahre 2002 und 2017 darge- ten ohne Auto sinkt um die Hälfte
stellt. Während bei den Personen bis zum Alter von
35 Jahren keine geschlechtsspezifischen Unterschie- In Kapitel 6 wurde bereits gezeigt, dass die Haushal-
de bzgl. des Führerscheinbesitzes bestehen, liegen te, in denen alle Personen älter als 65 Jahre sind, im
die Werte in den höheren Altersklassen zunehmend Jahr 2017 weitaus häufiger über ein Auto verfügen als
weiter auseinander. Ältere Männer besitzen mit über 15 Jahre zuvor. In Abbildung 45 wird der Pkw-Besitz
90 Prozent bereits heute genauso oft einen Führer- für alle Personen ab 65 Jahren differenziert nach Ge-
schein wie jüngere Männer. Die diesbezüglich im Jahr schlecht dargestellt. Bei beiden Geschlechtergruppen
2002 noch bestehende „Lücke“ hat sich weitgehend hat der Anteil der Personen ohne Pkw im Haushalt
geschlossen. um die Hälfte abgenommen, allerdings jeweils auf
sehr unterschiedlichem Niveau. Lebten im Jahr 2002
noch 50 Prozent der Frauen in einem Haushalt ohne

Abbildung 44
Kap 9, Abb 45
Personen

Pkw-Führerschein nach Geschlecht

Männer Prozent
100
MiD 2002

MiD 2017 90

80
Frauen
MiD 2002 70
MiD 2017
60

50

40

30

20

10

0
17

85 +
18 bis 19

20 bis 24

25 bis 29

30 bis 34

35 bis 39

40 bis 44

45 bis 49

50 bis 54

55 bis 59

60 bis 64

65 bis 69

70 bis 74

75 bis 79

80 bis 84

Alter in Jahren

MiD 2017 | Mobilität in Deutschland 2002 – 2008 – 2017

Mobilität in Deutschland 2002 – 2008 – 2017


9 Mobilitätsverhalten ausgewählter Altersgruppen: Jung und Alt in Bewegung 69

Auto, so waren es im Jahr 2017 nur noch 24 Prozent. Fahrrad und dem ÖV unterwegs. Vor allem der Anteil
Ab 65 Jahre alte Männer lebten bereits 2002 nur zu des MIV verändert sich jedoch kaum.
21 Prozent in einem Haushalt ohne Pkw, im Jahr 2017
waren es 11 Prozent. Die Tagesstrecke hat bei beiden Gruppen zugenom-
men, besonders stark jedoch bei den Personen ohne
Die Gruppenanteile der älteren Pkw-Besitzer und Auto im Haushalt. Im Jahr 2017 fällt die Tagesstrecke
Nicht-Pkw-Besitzer verändern sich; das Verhalten in- bei dieser Gruppe mit 14 Kilometern um die Hälfte hö-
nerhalb der Gruppen ist vergleichsweise stabil her aus als 2002. Die Zunahme geht auf die Steigerung
der mit öffentlichen Verkehrsmitteln zurückgelegten
Mit Blick auf die deutliche Zunahme des Pkw-Anteils Kilometer zurück, während die mit dem Auto zurück-
an allen Wegen und Wegelängen bei älteren Men- gelegten Kilometer stabil bleiben. Bei den Personen
schen stellt sich die Frage: Kommt diese Zunahme mit Pkw im Haushalt hat die Tagesstrecke demgegen-
ausschließlich durch den Anstieg des Pkw-Besitzes zu- über nur um elf Prozent – von 24 auf 27 Kilometer
stande oder verändert sich auch innerhalb der Gruppe – zugenommen. Grund sind hier die gestiegenen
der Pkw-Besitzer und Nicht-Besitzer das Mobilitäts- Pkw-Kilometer.
verhalten? Abbildung 46 und Abbildung 47 zeigen das
Verkehrsaufkommen und die Verkehrsleistung der Werden die Ergebnisse differenziert nach dem Ge-
ab 65-Jährigen nach Verkehrsmitteln und Pkw-Besitz schlecht betrachtet, zeigt sich, dass Männer und
differenziert. Frauen unterschiedliche MIV-Fahrer- und MIV-Mit-
fahrer-Anteile aufweisen. In der Summe unterscheidet
Der Anteil der Verkehrsmittel an den Wegen ist über sich der MIV-Anteil jedoch nicht. Männer ohne Pkw
die Jahre 2002 bis 2017 sowohl bei den Personen mit verhalten sich genauso wie Frauen ohne Pkw (kurze
als auch ohne Pkw im Haushalt weitgehend stabil. Tagesstrecken, gleiche Verteilung der Verkehrsmittel);
Zwar sind Personen aus Haushalten ohne Pkw im auch Männer mit Pkw verhalten sich so wie Frauen
Zeitvergleich seltener zu Fuß und häufiger mit dem mit Pkw. Daraus lässt sich schlussfolgern: Nicht der

Abbildung 45
Kap 9, Abb 46
Personen

Personen ab 65 Jahren nach Pkw-Anzahl im Haushalt und Geschlecht

kein Auto gesamt


2002 37 54 8
1 Auto

2 Autos 2008 30 60 9

3 Autos
und mehr
2017 18 66 14 2

Männer
2002 21 67 11

2008 17 70 12

2017 11 70 17 2

Frauen
2002 50 43 6

2008 40 53 7

2017 24 63 11 2

0 25 50 75 100

Angaben in Prozent, Personen ab 65 Jahren; Abweichungen von 100%: Rundungsdifferenzen

MiD 2017 | Mobilität in Deutschland 2002 – 2008 – 2017

Mobilität in Deutschland 2002 – 2008 – 2017


70 9 Mobilitätsverhalten ausgewählter Altersgruppen: Jung und Alt in Bewegung

Abbildung 46
Kap 9, Abb 47
Wege

Verkehrsaufkommen der ab 65-Jährigen nach Verkehrsmitteln und Pkw-Besitz

Zu Fuß Fahrrad MIV-Fahrer MIV-Mitfahrer ÖV


100
4 4 4
22 24 17 13 14
27

75
12 9 10
11 11 2 45
43 47
14
50

8 9
54 54 9
25 47
28 29 25

0
2002 2008 2017 2002 2008 2017

kein Auto im Haushalt ein oder mehr Autos im Haushalt

Angaben in Prozent, Personen ab 65 Jahren; Abweichungen von 100%: Rundungsdifferenzen

MiD 2017 | Mobilität in Deutschland 2002 – 2008 – 2017

Abbildung 47
Kap 9, Abb 48
Personen

Tagesstrecke der ab 65-Jährigen nach Verkehrsmitteln und Pkw-Besitz

Zu Fuß Fahrrad MIV-Fahrer MIV-Mitfahrer ÖPNV ÖPFV Tagesstrecke


in km

kein Auto
im Haushalt
2002 1 4 3 1 9

2008 1 1 2 4 4 12

2017 1 1 1 3 5 3 14

ein oder mehr


Autos im Haushalt
2002 1 1 13 6 1 2 24

2008 1 1 14 6 1 3 26

2017 1 1 15 6 1 2 27

Angaben in Kilometern, Personen ab 65 Jahren

MiD 2017 | Mobilität in Deutschland 2002 – 2008 – 2017

Mobilität in Deutschland 2002 – 2008 – 2017


9 Mobilitätsverhalten ausgewählter Altersgruppen: Jung und Alt in Bewegung 71

Geschlechtsunterschied bedingt ein unterschiedliches Personenebene moderater aus als auf der Haushalts-
Mobilitätsverhalten, sondern der Pkw-Besitz. In Bezug ebene. Hierfür gibt es folgende Erklärung: Nur 35 Pro-
auf die einleitend gestellte Frage kann festgehalten zent der jungen Personen leben in einem Haushalt
werden, dass die aktuellen Veränderungen des Mobili- mit ausschließlich jungen Personen, und damit einem
tätsverhaltens älterer Menschen fast ausschließlich Haushaltstyp, bei dem der Pkw-Besitz stark abgenom-
auf den zunehmenden Anteil der Personen mit Pkw men hat. Damit bleibt festzuhalten, dass junge Perso-
zurückgehen. nen heute weitaus häufiger in einem Haushalt ohne
Pkw leben. Geschlechtsspezifische Unterschiede gibt
Heute leben mehr junge Personen in Haushalten ohne es in dieser Gruppe keine.
Auto
Der Wegeanteil des MIV verliert auf unterschiedlichem
Mit Abbildung 48, Abbildung 49 und Abbildung 50 Niveau sowohl bei jungen Personen mit Pkw als auch
wird nun auch für junge Personen im Alter zwischen ohne Pkw an Bedeutung
18 und 34 Jahren der Frage nachgegangen, ob es zu
Veränderungen beim Pkw-Besitz kommt und wie sta- Der Anteil der Verkehrsmittel an den Wegen variiert
bil das Verhalten der Gruppen mit und ohne Pkw ist. wie bei den älteren Personen erheblich in Abhängig-
keit davon, ob ein Pkw im Haushalt vorhanden ist oder
In Kapitel 6 konnte gezeigt werden, dass in Haushal- nicht (Abbildung 49). Während die Wege der Personen
ten mit nur jungen Personen der Anteil ohne Pkw von mit Pkw im Haushalt vom MIV dominiert werden,
29 Prozent im Jahr 2002 auf 42 Prozent im Jahr 2017 sind es bei den Personen ohne Pkw im Haushalt die
angewachsen ist. Für die Gesamtheit aller jungen Per- Verkehrsmittel des Umweltverbundes. Bei beiden
sonen fällt die Abnahme des Pkw-Besitzes allerdings Gruppen zeigt sich im betrachteten Zeitraum von
geringer aus. Der Anteil junger Personen ohne Auto 15 Jahren eine Zunahme des Wegeanteils mit dem
liegt im Jahr 2017 mit 19 Prozent vier Prozentpunkte Fahrrad und dem ÖV. Der MIV-Fahrer-Anteil nimmt
über dem Wert von 2002. Dies entspricht einer Zunah- bei beiden Gruppen um fünf Prozentpunkte ab. Dies
me von 25 Prozent. Dennoch fällt die Zunahme auf stellt bei den jungen Personen ohne Auto, aufgrund

Abbildung 48
Kap 9, Abb 49
Personen

Personen von 18 bis 34 Jahre nach Pkw-Anzahl im Haushalt und Geschlecht

kein Auto gesamt


2002 15 48 30 8
1 Auto

2 Autos 2008 18 44 29 9

3 Autos
und mehr
2017 19 36 31 13

Männer
2002 15 47 29 10

2008 18 43 28 10

2017 18 36 31 15

Frauen
2002 15 49 30 6

2008 18 44 30 8

2017 19 37 32 12

0 25 50 75 100

Angaben in Prozent, Personen von 18 bis 34 Jahre; Abweichungen von 100%: Rundungsdifferenzen

MiD 2017 | Mobilität in Deutschland 2002 – 2008 – 2017

Mobilität in Deutschland 2002 – 2008 – 2017


72 9 Mobilitätsverhalten ausgewählter Altersgruppen: Jung und Alt in Bewegung

Abbildung 49
Kap 9, Abb 50
Wege

Verkehrsaufkommen der 18- bis 34-Jährigen nach Verkehrsmitteln und Pkw-Besitz

Zu Fuß Fahrrad MIV-Fahrer MIV-Mitfahrer ÖV


100
7 10 11
26 12
30 33 12 11
75
10
8 6
12 8 7
50 58 52 53
18 16 23

25
6 7 8
34 37
31
17 19 17
0
2002 2008 2017 2002 2008 2017

kein Auto im Haushalt ein oder mehr Autos im Haushalt

Angaben in Prozent, Personen von 18 bis 34 Jahren; Abweichungen von 100%: Rundungsdifferenzen

MiD 2017 | Mobilität in Deutschland 2002 – 2008 – 2017

des geringen Anteils des Autos an allen Wegen, eine Demgegenüber bleibt die Tagesstrecke bei den jungen
sehr viel größere Veränderung dar. Letztlich gewinnen Personen mit Pkw über die Jahre 2002 bis 2017 stabil,
die Verkehrsmittel des Umweltverbundes aber bei bei- mit leicht abnehmender Tendenz der Pkw-Kilometer.
den Gruppen. Der leichte Rückgang der mit dem MIV zurückgeleg-
ten Personenkilometer fällt zugunsten der erhöhten
Die Tagesstrecke steigt vor allem bei jungen Personen Kilometerzahl bei der Nutzung des ÖV aus.
ohne Pkw stark an
Abschließend kann festgehalten werden, dass immer
Wie bei den älteren Personen legen auch die jungen mehr ältere Personen in einem Haushalt mit Pkw le-
Personen ohne Pkw in den Jahren 2002 bis 2017 sehr ben und das dafür typische Mobilitätsverhalten mit
viel kürzere Tagesstrecken zurück als junge Personen hohen Tagesstrecken, die zu weiten Teilen mit dem
mit Pkw (Abbildung 50). Durch eine starke Zunah- Pkw zurückgelegt werden, aufweisen. Grund für die
me der Tagesstrecke bei jungen Personen ohne Pkw zunehmende Pkw-Nutzung älterer Menschen ist
haben sich die Unterschiede zwischen den Gruppen daher der zunehmende Anteil der Personen in Haus-
im Betrachtungszeitraum verringert. Der Anstieg um halten mit Pkw.
13 Kilometer auf eine mittlere Tagesstrecke von 41 Ki-
lometern ist zum größten Teil auf die Zunahme der Junge Personen im Alter zwischen 18 und 34 Jahren
Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel zurückzuführen leben demgegenüber seltener in einem Haushalt mit
und nur geringfügig auf die Zunahme der mit dem Pkw als 15 Jahre zuvor. Während der Anteil des MIV
MIV zurückgelegten Personenkilometer. an den Wegen bei jungen Personen sowohl mit als
auch ohne Pkw abnimmt, wirkt sich dies auf die mit
dem Pkw gefahrenen Kilometer kaum aus. Bei der ent-
scheidenden Kenngröße der Verkehrsleistung nimmt
der MIV in dieser Gruppe daher kaum ab.

Mobilität in Deutschland 2002 – 2008 – 2017


9 Mobilitätsverhalten ausgewählter Altersgruppen: Jung und Alt in Bewegung 73

Abbildung 50
Kap 9, Abb 51
Personen

Mittlere Tagesstrecke der 18- bis 34-Jährigen nach Verkehrsmitteln und Pkw-Besitz

Zu Fuß Fahrrad MIV-Fahrer MIV-Mitfahrer ÖPNV ÖPFV Tagesstrecke


in km

kein Auto
im Haushalt
2002 12 6 6 9 3 27

2008 2 2 7 6 12 8 36

2017 1 3 6 8 12 11 41

ein oder mehr


Autos im Haushalt
2002 11 9 31 4 2 47

2008 11 11 31 6 3 52

2017 11 8 29 5 3 47

Angaben in Kilometer, Personen von 18 bis 34 Jahren

MiD 2017 | Mobilität in Deutschland 2002 – 2008 – 2017

Mobilität in Deutschland 2002 – 2008 – 2017


10 Verkehrsnachfrageentwicklung: Stabilität in jungen Jahren versus Wachstum im mittleren und hohen Alter 75

10 Verkehrsnachfrageentwicklung:
Stabilität in jungen Jahren versus
Wachstum im mittleren und hohen
Alter

Die vorangegangenen Kapitel haben gezeigt, dass sich Die Pkw-Verfügbarkeit hat bei jungen Personen abge-
das Mobilitätsverhalten in Abhängigkeit des Alters nommen, bei älteren deutlich zugenommen
zum Teil unterschiedlich entwickelt. Dieser Abschnitt
setzt den Fokus auf Veränderungen der Verkehrsnach- In Abbildung 51 wird die Pkw-Verfügbarkeit nach Al-
frage, die sich im jungen, mittleren und hohen Alter ter und Jahrgangskohorte dargestellt. Nach der hier
ergeben. Dabei sind grundsätzlich zwei Effekte zu verwendeten Definition steht einer Person ein Pkw
unterscheiden: für die eigene Mobilität zur Verfügung, wenn sie im
Besitz eines Pkw-Führerscheins ist und der Haushalt
Lebensphaseneffekt: Die verschiedenen Phasen des mit mindestens einem Pkw ausgestattet ist.
Lebens sind durch charakteristische Anforderungen
und Aufgaben sowie sich ändernde körperliche und Für die beiden Erhebungsjahre ergibt sich ein sehr
geistige Fähigkeiten von Menschen gekennzeichnet. ähnlicher Kurvenverlauf: Im Alter zwischen 20 und
Entsprechend weist das Verhalten – so auch das Mo- 30 Jahren nimmt die Pkw-Verfügbarkeit stark zu. Es
bilitätsverhalten – im Verlauf des Lebens meist deut- folgt eine Phase mit hoher Pkw-Verfügbarkeit, die je-
lich voneinander zu unterscheidende Muster auf. Da weils für Personen in hohen Altersklassen wieder ge-
typischerweise die Lebensphasen Kindheit, Jugend, ringer ist. Trotz ähnlichem Kurvenverlauf zeigen sich
frühes, mittleres, spätes und hohes Erwachsenenalter deutliche Unterschiede zwischen den Erhebungsjah-
unterschieden werden, können Lebensphaseneffekte ren: Im Jahr 2017 verfügen junge Menschen seltener
auch als Alterseffekte bezeichnet werden. über einen Pkw als im Jahr 2002. Ab einem Alter von
ca. 50 Jahren können sie dagegen weitaus häufiger
Kohorteneffekt: Personen, die im selben Jahr geboren auf einen Pkw zugreifen, als dies 15 Jahre zuvor der
sind, werden im Laufe ihres Lebens durch dieselben Fall war. Ausschlaggebend für diese Entwicklung ist
gesellschaftlichen und umweltbezogenen Ereignisse die bereits im Jahr 2002 hohe Pkw-Verfügbarkeit der
geprägt. Menschen eines Geburtsjahres oder Geburts- 1940 bis 1979 geborenen, die in den nachfolgenden
jahrzehnts können daher typische Verhaltensweisen 15 Jahren beibehalten bleibt. Erst ab der Jahrgangs-
entwickeln, die sich von früheren oder späteren Ko- kohorte 1930 bis 1939 zeigt sich ein Rückgang der
horten unterscheiden. Pkw-Verfügbarkeit zwischen den Jahren 2002 und
2017. Wie in Kapitel 6 gezeigt, handelt es sich in den
In den nachfolgenden Abbildungen sind jeweils bei- mittleren Lebensjahren nicht nur um ein Beibehalten
de Effekte dargestellt. Die durchgezogenen Linien der Pkw-Verfügbarkeit. Vielmehr ist es in dieser Al-
stellen die Pkw-Verfügbarkeit bzw. die zurückgelegte tersspanne auch zu einer Zusatzmotorisierung und
Tagesstrecke in Abhängigkeit des Alters und damit höheren Pro-Kopf-Ausstattung der Haushalt mit Pkw
für Menschen in verschiedenen Lebensphasen in den gekommen, so dass die Motorisierung insgesamt im
jeweiligen MiD-Querschnitten 2002 und 2017 dar. mittleren Lebensalter zugenommen hat.
Die Pfeile weisen die Veränderungen aus, die sich für
jeweils zehn zusammengefasste Jahrgangskohorten
zwischen dem Jahr 2002 und dem Jahr 2017 ergeben
haben.

Mobilität in Deutschland 2002 – 2008 – 2017


76 10 Verkehrsnachfrageentwicklung: Stabilität in jungen Jahren versus Wachstum im mittleren und hohen Alter

Abbildung 51
Kap 10, Abb 50
Personen

Pkw-Verfügbarkeit (Führerschein und Pkw im Haushalt) nach Alter und Jahrgangskohorten

Pkw-Verfügbarkeit 100

Prozent
nach Alter
90 1960-69
MiD 2002 1950-59
MiD 2017
80
Jahrgangskohorten 1970-79 1940-49

MiD 2002 70

MiD 2017
60 1980-84 1930-39

50

1920-29
40

30

20

10

0
Alter in Jahren 0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100

Angaben in Prozent

MiD 2017 | Mobilität in Deutschland 2002 – 2008 – 2017

Die Zunahme der Verkehrsleistung vom Jahr 2002 bis Altersgruppen 15  Jahre zuvor. Bezeichnend ist der
2017 geht auf die Kohorten mittleren und höheren Al- Umstand, dass im Jahr 2002 die höchste durchschnitt-
ters zurück liche Tagesstrecke mit ca. 30 Jahren erreicht wurde,
während sie 15 Jahre später zwischen dem 30. und
In wieweit sich die veränderte Pkw-Verfügbarkeit auf 50. Lebensjahr weiter anwächst und erst ab einem
die mit dem MIV als Fahrer zurückgelegte Tagesstrecke Alter von Mitte 50 zurückgeht. Demgegenüber zeigt
auswirkt, ist Gegenstand von Abbildung 53. Zunächst sich bei den jungen Personen eine nur geringfügige
wird jedoch dargestellt, wie sich die gesamte Tages- Veränderung. Zwar legen auch junge Personen im Jahr
strecke, das heißt die mit allen Verkehrsmitteln an 2017 weitere Tagesstrecken zurück als gleichaltrige
einem durchschnittlichen Tag zurückgelegte Distanz, Personen im Jahr 2002. Die Tagesstrecke der 10- bis
in den betrachteten 15 Jahren für unterschiedliche 19-Jährigen fällt im Jahr 2017 neun Prozent, die der
Altersgruppen entwickelt hat (Abbildung 52). Nach 20- bis 29-Jährigen fünf Prozent höher aus als jene
Alter unterschieden ergibt sich auch hier der gleiche der Gleichaltrigen im Jahr 2002. Im Vergleich zu den
Kurvenverlauf für beide Erhebungsjahre: In der Kind- anderen Gruppen ist dies jedoch ein sehr moderates
heits- und Jugendphase bis zu einem Alter von Mitte Wachstum. Der Anstieg der Tagesstrecke bei Kindern
20 nimmt die durchschnittliche Tagesstrecke stark zu. unter 10 Jahren ist im Wesentlichen auf die gestiege-
Im Alter nimmt die Tagesstrecke mit jedem weiteren ne Tagesstrecke der Elterngeneration zurückzuführen,
Lebensjahr deutlich ab. Das Mobilitätsniveau, hier ge- die sich auf die Kinder auswirkt.
messen in Form der Tagesstrecke, weist damit in bei-
den Jahren den gleichen lebenszyklischen Verlauf auf. Auch auf Ebene der Kohorten werden deutliche Ver-
änderungen sichtbar. Der Anfang eines Pfeils gibt die
Die Höhe der Tagesstrecke unterscheidet sich dabei Tagesstrecke der jeweiligen Kohorte für das Jahr 2002,
deutlich zwischen den Erhebungsjahren. In fast allen das Ende des Pfeils den Wert für das Jahr 2017 an. Wird
Altersgruppen legen die Personen im Jahr 2017 wei- beim Ausgangspunkt eine Pfeils jeweils dem Kurven-
tere tägliche Distanzen zurück, als die vergleichbaren verlauf der Tagesstrecke für das Jahr 2002 gefolgt,

Mobilität in Deutschland 2002 – 2008 – 2017


10 Verkehrsnachfrageentwicklung: Stabilität in jungen Jahren versus Wachstum im mittleren und hohen Alter 77

Abbildung 52
Kap 10, Abb 51
Personen

Insgesamt zurückgelegte Tagesstrecke nach Alter und Jahrgangskohorten

Tagesstrecke nach Alter 60

Tagesstrecke in Kilometer
MiD 2002
MiD 2017
50
Jahrgangskohorten
1970-79 1960-69
MiD 2002

MiD 2017 40
1990-99 1980-89 1950-59
Lesebeispiel:
Die Jahrgangskohorte 2000
bis 2009 war zum Erhebungs- 1940-49
30
zeitpunkt 2002 im Mittel
3 Jahre alt und hat eine
durchschnittliche Tagesstrecke 1930-39
von 19 km zurückgelegt. 2017 2000-09
war dieselbe Kohorte im Mittel 20
12 Jahre alt und die
durchschnittliche Tagestrecke
betrug 26 km.
3-Jährige zum Messzeitpunkt 10 1920-29
2017 legten im Mittel eine
durchschnittliche Tagesstrecke
von etwa 25 km zurück.
0
Alter in Jahren 0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100

Angaben in Kilometer

MiD 2017 | Mobilität in Deutschland 2002 – 2008 – 2017

kann die Höhe der Tagesstrecke abgelesen werden, die eine Tagesstrecke zurücklegen, die ungefähr jener von
sich im Jahr 2017 ergeben hätte, wenn sich die Ko- acht bis fünf Jahre jüngeren Personen im Jahr 2002
horten gleich verhalten würden. entspricht. Die Mobilität von Seniorinnen und Senio-
ren ist damit stark angestiegen.
Das Ergebnis zeigt, dass der hohe Anstieg der Ver-
kehrsleistung im mittleren Alter auf die Jahrgangsko- Demgegenüber zeigt sich bei den jungen Personen
horten 1960 bis 1979 zurückgeht. Besonders drastisch eine nur geringfügige Veränderung. Die Kurvenver-
fällt die Veränderung bei den 1960 bis 1969 geborenen läufe der Tagesstrecke nach Alter liegen dicht bei-
Personen aus. Im Jahr 2002 waren sie zwischen 33 und einander. Entsprechend entwickeln sich die Werte
42 Jahre alt. Ihre durchschnittliche Tagesstrecke lag der jungen Kohorten entlang der Werte aus dem Jahr
bei 43 Kilometern. Im Jahr 2017, inzwischen im Alter 2002.
von 48 bis 57 Jahren, legen sie mit durchschnittlich
51 Kilometern acht Kilometer mehr zurück. Dies liegt Die Tagesstrecke als MIV-Fahrer nimmt bei jungen Er-
deutlich über der Entfernung, die im Jahr 2002 von wachsenen leicht ab
Personen dieser Altersgruppe zurückgelegt wurde.
Inwieweit die Entwicklung der insgesamt zurück-
Auch bei den älteren Jahrgangskohorten zeigt sich gelegten Tagesstrecke von der Nutzung einzelner
eine deutliche Veränderung. Zwar nimmt bei den Ko- ­Verkehrsmittel beeinflusst ist, zeigen Abbildung 53
horten von 1920 bis 1959 die Mobilität im betrach- bis Abbildung 55. Aufgrund des hohen Anteils des
teten Zeitraum von 15  Jahren entsprechend dem MIV an der Tagesstrecke ist sein Einfluss auf die
beschriebenen lebenszyklischen Effekt des Mobilitäts- ­Gesamtentwicklung wie zu erwarten groß. In Abbil-
rückgangs im Alter ab, allerdings bei weitem nicht so dung 53 sind die Ergebnisse für die Tagesstrecke mit
stark, wie die Entwicklung der mittleren Tagesstrecke dem MIV als Fahrer dargestellt. Der Kurvenverlauf und
nach Alter im Jahr 2002 nahegelegt hätte. Der Rück- die Entwicklung der kohortenspezifischen Werte ent-
gang der Mobilität hat sich deutlich ins höhere Alter sprechen weitgehend der Entwicklung der Gesamt-
verschoben, sodass die älteren Menschen im Jahr 2017 tagesstrecke, nur auf niedrigerem Niveau. Lediglich

Mobilität in Deutschland 2002 – 2008 – 2017


78 10 Verkehrsnachfrageentwicklung: Stabilität in jungen Jahren versus Wachstum im mittleren und hohen Alter

Abbildung 53
Kap 10, Abb 52
Personen

Tagesstrecke als MIV-Fahrer nach Alter und Jahrgangskohorten

Tagesstrecke nach Alter 40

Tagesstrecke in Kilometer
MiD 2002
MiD 2017
1970-79
Jahrgangskohorten 1960-69
MiD 2002 30
1950-59
MiD 2017
1980-89

20

1940-49
1990-99

10
1930-39

1920-29
2000-09

0
Alter in Jahren 0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100

Angaben in Kilometer

MiD 2017 | Mobilität in Deutschland 2002 – 2008 – 2017

Abbildung 54
Kap 10, Abb 53
Personen

Tagesstrecke mit dem Fahrrad nach Alter und Jahrgangskohorten

Tagesstrecke nach Alter 2,0


Tagesstrecke in Kilometer

MiD 2002
1,8
MiD 2017

Jahrgangskohorten 1,6
MiD 2002 1960-69
1,4
MiD 2017 1980-89 1950-59
2000-09 1940-49
1,2
1970-79
1990-99
1,0

1930-39
0,8

0,6

0,4

1920-29
0,2

0,0
Alter in Jahren 0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100

Angaben in Kilometer

MiD 2017 | Mobilität in Deutschland 2002 – 2008 – 2017

Mobilität in Deutschland 2002 – 2008 – 2017


10 Verkehrsnachfrageentwicklung: Stabilität in jungen Jahren versus Wachstum im mittleren und hohen Alter 79

bei den jungen Erwachsenen zeigt sich eine andere Die ÖV-Tagesstrecke fällt nur in jungen Jahren hoch
Entwicklung: Entgegen dem sonstigen Trend und der aus, steigt aber in fast allen Kohorten
auch in dieser Gruppe leicht zunehmenden gesamten
Tagesstrecke, nehmen die mit dem Pkw als Fahrer zu- Wird die mit dem ÖV zurückgelegte Tagesstrecke
rückgelegten Kilometer leicht ab. Der Rückgang der ­betrachtet, so zeigt sich auch hier ein typischer Ver-
Pkw-Verfügbarkeit geht in dieser Altersgruppe mit lauf in Abhängigkeit des Alters sowie ein deutlicher
einem Rückgang der MIV-Nutzung einher. Im mitt- Zuwachs im betrachteten Zeitraum von 15 Jahren (Ab-
leren und hohen Erwachsenenalter ist dagegen ein bildung 55). In beiden Erhebungsjahren legen junge
sehr deutlicher Anstieg der mit dem Pkw als Fahrer Personen jeweils die höchste Tagesstrecke zurück.
zurückgelegten Kilometer zu verzeichnen. Während die Tagesstrecke mit dem ÖV im Jahr 2002
bereits nach dem Teenageralter absinkt, kommt es im
Erwachsene mittleren Alters fahren heute so viel Fahr- Jahr 2017 erst im jungen Erwachsenenalter zum Ab-
rad wie Jugendliche fall des Kurvenverlaufs.

Das Fahrrad trägt aufgrund seiner geringen Reich- Im Gegensatz zu den anderen Verkehrsmitteln hat die
weite nur einen kleinen Teil zur Gesamtverkehrsleis- Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel mit Ausnahme
tung und deren Entwicklung bei. Mit durchschnittlich bei den in den 1920er Jahren Geborenen in allen Ko-
1,4 Kilometern pro Person und Tag im Jahr 2017 ge- horten zugenommen. Damit können öffentliche Ver-
genüber 1,0 Kilometer im Jahr 2002, handelt es sich kehrsmittel – hier des öffentlichen Personennah- und
jedoch um ein Verkehrsmittel mit einer sehr hohen -fernverkehrs – lediglich bei den Hochbetagten, die im
Steigerungsrate. Der Kurvenverlauf der Tagesstrecken Jahr 2002 bereits ca. 80 Jahren alt waren, keine Zunah-
und die Werte der Kohorten unterscheiden sich deut- me mehr verzeichnen. Trotz lebenzyklisch bedingter
lich von den vorherigen Ergebnissen (Abbildung 54). Mobilitätsabnahme weisen die älteren Kohorten beim
Mit Erreichen des Führerscheinalters nimmt die Be- ÖV eine Zunahme der durchschnittlichen mit diesen
deutung des Fahrrads in beiden Erhebungsjahren ab. Verkehrsmitteln zurückgelegten Tagesstrecke auf.
Die Konkurrenz des Autos scheint sich hier deutlich
bemerkbar zu machen. Während die Tagesstrecke Zusammengefasst lässt sich die Entwicklung wie folgt
mit dem Fahrrad im Jahr 2002 in den nachfolgenden beschreiben:
Altersgruppen nicht mehr die gleiche Bedeutung ge-
winnt, fällt die Tagesstrecke im Jahr 2017 nur in der ʯʯ Im jungen Erwachsenenalter kommt es nur zu
Gruppe der 20- bis 29-Jährigen gering aus. Bereits in einem moderaten Anstieg der Tagesstrecke. Dieser
der darauffolgenden Altersgruppe wird wieder so viel geht auf die Verkehrsmittel des Umweltverbundes
gefahren wie von den 10- bis 19-Jährigen. Im Jahr zurück. Die mit dem MIV als Fahrer zurückgelegte
2017 haben die Erwachsenen mittleren Alters damit Tagesstrecke ist leicht rückläufig.
so viele Kilometer mit dem Fahrrad zurückgelegt wie
Jugendliche und deutlich mehr als die vergleichbare ʯʯ Das mittlere Erwachsenenalter ist durch einen
Altersgruppe 15 Jahre zuvor. sehr hohen Anstieg der Tagesstrecke gekennzeich-
net, der zu weiten Teilen auf eine Zunahme der
Unterschiede ergeben sich auch für die Kohorten. Pkw-Nutzung zurückzuführen ist.
Entgegen der Verkehrsleistung insgesamt und als
MIV-Fahrer, die bereits bei den in den 1950er Jahren ʯʯ Auch im späten und hohen Erwachsenenalter
geborenen Personen zurückgehen, nimmt die Tages- nehmen die Tagesstrecken insgesamt und die mit
strecke mit dem Fahrrad erst bei den in den 1930er dem Pkw zurückgelegten Kilometer zu. Die alters-
Jahren geborenen Personen ab. Der Zuwachs der Ver- bedingte Abnahme der Mobilität hat sich deutlich
kehrsleistung mit dem Fahrrad zieht sich damit bis ins höhere Alter verschoben.
ins hohe Alter.

Mobilität in Deutschland 2002 – 2008 – 2017


80 10 Verkehrsnachfrageentwicklung: Stabilität in jungen Jahren versus Wachstum im mittleren und hohen Alter

Abbildung 55
4Kap 10, Abb 55
Personen

Tagesstrecke mit dem ÖV nach Alter und Jahrgangskohorten

Tagesstrecke nach Alter 12

Tagesstrecke in Kilometer
MiD 2002 11
MiD 2017 1990-99
10
Jahrgangskohorten
MiD 2002 9 1980-89

MiD 2017 8

7 1960-69
1970-79
6
1950-59
2000-09
5
1940-49
4 1930-39

2 1920-29

0
Alter in Jahren 0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100

Angaben in Kilometer

MiD 2017 | Mobilität in Deutschland 2002 – 2008 – 2017

Mobilität in Deutschland 2002 – 2008 – 2017


11 Exkurs: Internationale Kennwerte zur Alltagsmobilität 81

11 Exkurs: Internationale Kennwerte zur


Alltagsmobilität

Der viel gerühmte Blick über den Tellerrand kann Modal Split im Ländervergleich
auch in der Auseinandersetzung mit Zeitreihen-
daten zur Alltagsmobilität hilfreiche Impulse geben. Da in der deutschen Diskussion der Modal Split,
Obwohl bei der Vergleichbarkeit verschiedener nati- also die Aufteilung der Verkehrsmittel ausgehend
onaler Studien vieles zu beachten und nicht alles auf von den zurückgelegten Wegen, oft an erster Stelle
den ersten Blick Vergleichbare auch vergleichbar ist, steht, soll mit diesem Vergleich begonnen werden.
sollen in diesem kleinen Exkurs ausgewählte Kenn- Zusammengefasst nach vier Fortbewegungsoptio-
zahlen aus anderen Ländern dargestellt werden. nen und deren Anteilen ordnet sich Deutschland in
der Mitte der abgebildeten Länder ein. Wir liegen
Voraussetzung dafür sind ähnlich angelegte und hinter den USA in der mittleren Gruppe hinsichtlich
regelmäßig durchgeführte nationale Surveys. Diese des Anteils des motorisierten Individualverkehrs
sind in immer mehr Ländern verfügbar. An dieser (MIV), der zu großen Teilen durch den Pkw-Verkehr
Stelle soll aber der Blick auf fünf ausgewählte Län- gebildet wird und etwa sechs von zehn Wegen um-
der mit einer besonders guten Datenlage genügen. fasst. Damit liegt Deutschland etwa gleichauf mit
Dies sind die europäischen Nachbarn Österreich, Österreich und England, hat aber höhere Anteile als
Schweiz, Niederlande und England sowie zusätz- die Schweiz oder die Niederlande. In diesen beiden
lich die USA. Zwar wären für einen systematischen Ländern entfällt nur etwa jeder zweite Weg auf den
Vergleich weitere Länder denkbar, doch liefern be- Autoverkehr. Besonders auffällig sind Unterschiede
reits diese fünf einen guten Einblick in gemeinsame hinsichtlich der Anteile, die das Fahrrad auf sich
Trends, aber auch unterschiedliche Bedingungen vereinen kann. In den USA verzeichnet das Fahrrad
und Erscheinungsbilder. Hierzu wurden als Quelle lediglich einen Anteil von einem Prozent an allen
aktuelle Veröffentlichungen ausgewählt, die auf den Wegen. In den Niederlanden dagegen wird jeder
Online-Plattformen der dortigen nationalen Surveys vierte Weg auf diese Weise zurückgelegt. Auch hier
verfügbar sind und bei Interesse im Detail nachge- ordnet sich Deutschland mit einem Wert von elf
lesen werden können.5 Wiederum ohne Anspruch Prozent in der Mitte ein. Etwas näher beieinander
auf Vollständigkeit konzentriert sich die getroffene liegen die Anteile des öffentlichen Verkehrs. Sie be-
Auswahl in diesem kleinen Exkurs auf wenige hin- tragen oft zwischen 10 und 15 Prozent. Nur in den
sichtlich der Trends oder der aktuellen Ergebnisse USA lässt der hohe Auto-Anteil prozentual gese-
besonders interessante Inhalte. hen wenig Platz für andere Verkehrsmittel. Der ÖV
kommt dort nur auf einen Wert von fünf Prozent. In
den Niederlanden ist es dagegen eher das Fahrrad,
das dem ÖV wenig belässt. Der öffentliche Verkehr
erreicht bei unserem Nachbarn im Nordwesten
einen Anteil von sechs Prozent. Es bleibt das Zu-
fußgehen. Hier ist die Schweiz mit 28 Prozent nur
zu Fuß zurückgelegten Wegen der Vorreiter. Doch
auch die übrigen europäischen Länder einschließ-
lich Deutschland bringen es hinsichtlich des Fuß-
weganteils noch auf ein knappes Fünftel bis ein
Viertel der Wege. Deutschland verzeichnet erneut
eine mittlere Position.

5 In Österreich unter https://www.bmvit.gv.at/verkehr/gesamtverkehr/statistik/oesterreich_unterwegs/, in der Schweiz unter https://


www.bfs.admin.ch/bfs/de/home/statistiken/mobilitaet-verkehr/erhebungen/mzmv.html, in den Niederlanden unter https://www.sur-
veydata.nl/netherlands-mobility-panel, in Großbritannien unter https://www.gov.uk/government/statistics/national-travel-survey-2017
und den USA unter https://nhts.ornl.gov/.

Mobilität in Deutschland 2002 – 2008 – 2017


82 11 Exkurs: Internationale Kennwerte zur Alltagsmobilität

Abbildung 56
Exkurs Kennwerte Alltagsmobilität – Abb 1

Modal Split im Ländervergleich

Zu Fuß Fahrrad MIV ÖV


100
6 5
14 11 10
15

75
49
51 57
61
61 83
50

7 25
25 2 11
6
28 26
20 1 22
18
11
0
Schweiz 2015* Österreich 2013/14 Niederlande 2015* England 2017 USA 2017 Deutschland 2017

Angaben in Prozent; *Personen ab 6 Jahren

MiD 2017 | Mobilität in Deutschland 2002 – 2008 – 2017

Bereits dieser einfache Blick auf die prozentuale gezeigten Niveaus. Dies belegt die Stabilität von
Verteilung der Verkehrsmittel offenbart deutliche Mobilitätskulturen. In allen betrachteten Ländern
Unterschiede. Obwohl alle einbezogenen Länder ein gibt es seit einigen Jahren mehr Bestrebungen, den
hohes Wohlstandsniveau aufweisen, unterscheiden öffentlichen Verkehr und den Radverkehr zu fördern
sich die Verhältnisse deutlich. In den USA dominiert und mitunter zeigen sich auch Erfolge. Aber diese
noch immer das Auto. In den Niederlanden zeigen benötigen Zeit und erhebliche Mittel, wenn Verän-
Fahrradförderung und Radfahrkultur Wirkung. Der derungen schneller gehen sollen.
Schweiz gelingt wie Österreich ein recht hoher An-
teil im öffentlichen Verkehr. Sie kann mit einem ho- Autoverfügbarkeit in den Haushalten
hen Zu-Fuß-Anteil aber auch bei der Nahmobilität
punkten und trotz des hohen Wohlstandsniveaus Neben strukturellen Wohn-, Lebens- und Arbeits-
den Autoverkehrsanteil bei rund 50 Prozent begren- bedingungen, die die Verkehrsmittelwahl immer
zen. England und die USA wiederum könnten bei mit bestimmen und sich nur langfristig ändern,
entsprechenden Maßnahmen in den nächsten Jah- ist die erreichte Pkw-Ausstattung ein eher stabiler
ren in Sachen Radverkehr beachtliche Steigerungs- Kennwert auf hohem Niveau. In Deutschland steigt
raten realisieren. Deutschland wiederum sollte nach er nach wie vor von Jahr zu Jahr, oft sogar in den
Schweizerischem und Niederländischen Vorbild großen Städten. Doch selbst in Ländern mit gerin-
versuchen, den Autoverkehrsanteil zugunsten von gem und in den letzten Jahren leicht reduziertem
ÖPNV und Rad zu reduzieren. MIV-Anteil wie der Schweiz nimmt der Umfang
der Pkw-Flotte in der Regel nicht gleichermaßen
Wird einige Jahre zurückgeblickt, ergeben sich ab. So ist, mit ein wenig Abstand betrachtet, der
nicht grundsätzlich andere Verhältnisse. Die Auto- Anteil der Haushalte, die über zumindest ein Auto
verkehrsanteile verändern sich nur langsam. Nach verfügen, ein Indikator sowohl für die aktuelle Situ-
unten gehen sie am ehesten in der Schweiz, in den ation als auch das Geschwindigkeitspotenzial von
anderen Ländern stagnieren sie zumeist auf den Veränderungen bei der Verkehrsmittelwahl. Wenig

Mobilität in Deutschland 2002 – 2008 – 2017


11 Exkurs: Internationale Kennwerte zur Alltagsmobilität 83

verwunderlich sind in Sachen Pkw-Besitz schon Ebenso informativ wie diese Kennzahlen bezogen
lange die USA der Spitzenreiter. Dort verfügen ak- auf die Tageswerte sind die ermittelten jährlich
tuell 91 Prozent der Haushalte über ein Auto. In den zurückgelegten Distanzen pro Person. Die MiD be-
einbezogenen europäischen Ländern fallen diese richtet für Deutschland an dieser Stelle ebenfalls die
Werte niedriger aus. Sie liegen zu den jeweilig jüngs- Tageswerte. International üblicher sind auf ein Per-
ten Erhebungszeitenpunkten in England bei 76, in sonenjahr hochgerechnete Angaben für alle Wege
den Niederlanden bei 71, in Österreich bei 79, der innerhalb des jeweiligen Landes. Dabei zeigen sich
Schweiz bei 78 und in Deutschland bei 77 Prozent. unterschiedliche Trends. In England war dieser Wert
Doch auch diese Autos sind vorhanden und werden, lange rückläufig. Erst zuletzt ist er wieder etwas
bei einem durchschnittlichen Flottenalter von etwa angestiegen. Trotzdem ist auf der Insel unter dem
zehn Jahren oder mehr, nicht in Kürze von der Stra- Strich die mittlere jährliche Kilometersumme pro
ße verschwinden. Der hohe Ausstattungsgrad in Person seit 2002 um neun Prozent gesunken. Zuletzt
den Niederlanden – im Vergleich zu dem geringen lag sie bei rund 10.600 Kilometern. In Deutschland
Auto-Anteil an allen zurückgelegten Wegen – legt ergeben sich rund 14.200 Kilometer. Dies stellt ge-
eher nahe, dass das Auto weiterhin ein oft als un- genüber 2002 jedoch, anders als in England, einen
verzichtbar empfundenes Wohlstandskennzeichen deutlichen Anstieg dar. 2002 lag der Mittelwert in
ist. Dies gilt kaum gebremst selbst dann, wenn das Deutschland noch bei gut 12.000  Kilometern. In
Auto etwa in den Niederlanden nicht so häufig ge- die damit abgesteckte Spannweite reihen sich die
nutzt wird wie bei den deutschen Nachbarn oder weiteren Länder bis auf die USA ein. Die Jahres-
gar in den USA. strecken liegen dort pro Person in dem Bereich von
13.000 Kilometern oder wie in den Niederlanden
Mobilitätsquote, Wegeanzahl und Unterwegszeit etwas darunter. Nur in den USA ergibt sich mit fast
23.000 Kilometern pro Person und Jahr ein wesent-
Eine weitere aufschlussreiche Kennzahl auch im in- lich höherer Wert.
ternationalen Vergleich ist der Anteil der Personen,
die an einem zufällig ausgewählten Tag überhaupt Tabelle 5 Pkw-Besitz und Verkehrsleistung im
unterwegs sind. Dieser Kennwert unterscheidet sich Ländervergleich
zwischen den Ländern nur in geringem Umfang. Die Anteile der km im Inland
„Außer-Haus-Anteile“ liegen in der Regel zwischen Haushalte mit pro Person und
85 und 90 Prozent. Sie erweisen sich also als länder- mindestens Jahr
übergreifend nahezu einheitlich. Dies gilt auch für einem Pkw in %
die durchschnittliche Zahl der pro Tag und Person Schweiz 2015* 78 13.400
zurückgelegten Wege. Sie liegt überall bei etwa Österreich 2013/14 79 12.900
drei Wegen. Und auch die tägliche Unterwegszeit Niederlande 2014* 71 11.200
summiert sich in der Regel auf rund 90  Minuten England 2017 76 10.600
täglich. Allerdings zeigen die jüngsten Zahlen zu USA 2017 91 22.900
den Unterwegs-Anteilen in einigen Ländern leich- Deutschland 2017 77 14.200
te Rückgänge. Dies gilt verstärkt für Personen aus *Personen ab 6 Jahren
wirtschaftlich vergleichsweise schlecht situierten MiD 2017 | Mobilität in Deutschland 2002 – 2008 – 2017
Haushalten sowie für Kinder und Jugendliche. Dies
gilt in geringem Ausmaß für Deutschland und aus- Es wird deutlich, dass diese jährliche pro Person im
geprägter für die USA. Dort liegt der aktuelle Kenn- Inland zurückgelegten Kilometersummen wesent-
wert der Unterwegsquote erstmalig etwas unter lich von der flächenmäßigen Größe des Landes, aber
der 85-Prozent-Schwelle. Allerdings unterliegen auch dem Grad der Pkw-Verfügbarkeit und -nutzung
diese Werte nicht zuletzt methodisch bedingten abhängt. Die USA liegen bei beiden Sachverhalten
Einflüssen bei dem Versuch, alle Bürgerinnen und mit Abstand am höchsten, bei den Jahresstrecken
Bürger gleichermaßen zur Teilnahme an den großen gefolgt von Deutschland. Erst danach folgen die aus-
Mobilitätssurveys zu bewegen – und den damit ver- gewählten kleineren Länder. Die Entwicklung der
bundenen Veränderungen der Erhebungsformen. jährlichen im Inland zurückgelegten Kilometer in
Es bleibt also abzuwarten, ob sich dieser in einigen den letzten beiden Jahrzehnten ist dabei nicht ein-
Ländern zu konstatierende kleine Abwärtstrend in heitlich. Während sich in England ein über zahlrei-
Zukunft bestätigt. che Erhebungswellen gut dokumentierter deutlicher

Mobilität in Deutschland 2002 – 2008 – 2017


84 11 Exkurs: Internationale Kennwerte zur Alltagsmobilität

Rückgang mit einem Wiederanstieg in den letzten


Jahren ergibt, stagnieren diese Werte in den übrigen
Ländern oder steigen sogar geringfügig an

Stabile Mobilitätsgewohnheiten

Die Gründe dafür sind vielfältig. Oft überlagern sich


verschiedene Effekte oder heben sich gegenseitig
auf, so dass die eindeutige Ursachenbestimmung
schwer fällt. Zu nennen sind hier Veränderungen
im Beschäftigungsniveau und im Einkaufsverhal-
ten, eine höhere Mobilitätsnachfrage in mittleren
und hohen Altersgruppen gegenüber leichten
Rückgängen in den jungen Jahrgängen, aber auch
Dynamiken bei Wohn-, Arbeits- und Freizeitge-
wohnheiten oder langsame Veränderungen der so-
zio-ökomischen Struktur. Zudem unterscheiden sich
die Entwicklungen selbst innerhalb der Länder, etwa
entlang des Stadt-Land-Unterschieds. Unabhängig
davon zeigen der Ländervergleich und die mit seiner
Hilfe erkennbaren Entwicklungen, dass Mobilitäts-
gewohnheiten der Bevölkerung eine hohe Stabilität
aufweisen. Sie verändern sich nur langsam. Gleich-
zeitig ergibt sich in allen betrachteten Ländern trotz
aller Unterschiede im Detail ein beachtlich hohes
Mobilitätsniveau. Dies ist nicht zuletzt Ausdruck des
Wohlstands in diesen Ländern. Die Beobachtung und
Lenkung der Alltagsmobilität setzt kontinuierliche
Messungen mit Hilfe sensibler Instrumente voraus.
Es wird aber auch deutlich, dass steuernde Eingriffe
und Anreize in Richtung einer weniger automobilen
Alltagsmobilität einen extrem umfassenden, sehr
hohen Aufwand und konsequentes mehrjähriges
Handeln voraussetzen, sollen sie erfolgreich sein.

Mobilität in Deutschland 2002 – 2008 – 2017


12 Einordnung der Ergebnisse 85

12 Einordnung der Ergebnisse

Die Ergebnisse der MiD zeigen ein differenziertes Bild Die Daten der MiD weisen jedoch nicht nur eine zu-
des Personenverkehrs. Da über den betrachteten Zeit- nehmende Bedeutung des Autos, sondern auch des
raum von 15 Jahren je nach Blickwinkel und inhalt- Fahrrades nach. Die Deutschen sind heute besser
lichem Fokus unterschiedliche Entwicklungslinien zu mit Fahrrädern ausgestattet als zu Beginn des Jahr-
sehen sind, greift eine Gesamtbilanz schnell zu kurz. tausends. Die Bereitschaft, mit dem Fahrrad weitere
Im Aggregat erkennbare Trends weisen bei einer Dif- Distanzen zurückzulegen, ist gestiegen. Insbesonde-
ferenzierung etwa nach Raumkategorien oder Per- re in den Metropolen zeigt sich ein deutliches Plus.
sonengruppen oft eine Vielschichtigkeit auf, deren Das Fahrrad erreicht dabei wie kein anderes Ver-
Kenntnis für die Beurteilung der Gesamtentwicklung kehrsmittel gleichermaßen alle Altersgruppen.
wichtig ist.
Die Unterschiede in der Mobilität zwischen Stadt und
Welchen Stand hat der Verkehrsbereich im Jahr 2017 Land haben seit der Jahrtausendwende zugenommen.
erreicht? So steht dem deutlich gestiegenen Anteil des Fahrrads
an den Wegen in Metropolen bspw. eine Abnahme
Zu Beginn der Jahrtausendwende war die Erwar- in ländlichen Gebieten gegenüber. Hat der Anteil
tung groß, dass die Verkehrsleistung auf hohem Pkw-besitzender Haushalte in Metropolen abgenom-
Niveau stagniert und langfristig abnimmt. Mit einer men, nimmt er in ländlichen Regionen zu. Getrieben
Steigerungsrate von 18 Prozent zwischen 2002 und wird diese Entwicklung vor allem von einem geänder-
2017 misst die MiD auf Ebene der insgesamt zurück- ten Mobilitätsverhalten in den großen Städten. Dieser
gelegten Personenkilometer jedoch ein deutliches regional unterschiedliche Trend lässt 2002 noch gerin-
Plus. Dabei steigt der Anteil der Verkehrsmittel des ge Unterschiede gegenüber dem ländlichen Raum bis
Umweltverbundes überproportional stark an. Doch zum Jahr 2017 größer werden. Die Metropolen sind
auch der MIV wächst mit einer Steigerung von elf Pro- dabei die Räume mit dem höchsten Verkehrswachs-
zent nach wie vor. Besonders hoch fällt der Zuwachs tum. Zusätzlich ist das Leben der Metropolbewohner
im Segment des öffentlichen Personenfernverkehrs deutlich entfernungsintensiver als 15 Jahre zuvor.
aus. Dies hängt auch mit dem Bevölkerungszuwachs
in den Metropolen und einer hohen Beschäftigungs- Deutliche Veränderungen zeigen sich an beiden En-
quote zusammen. den der Altersskala. Während das Auto in den höhe-
ren Altersklassen an Bedeutung gewinnt, zeigen sich
Die Bedeutung des Autos für die Alltagsmobilität zeigt deutlich abnehmende Tendenzen bei jungen Perso-
sich auch in dem jährlich wachsenden Pkw-Bestand nen. Junge Menschen legen heute weniger Wege mit
deutscher Haushalte. Dies hat nicht nur zur Folge, dass dem Pkw zurück und nutzen häufiger die Verkehrs-
immer mehr Menschen, insbesondere ältere Männer mittel des Umweltverbundes als 15 Jahre zuvor. Bei
und Frauen, in einem Haushalt mit Pkw leben. Vor al- der Verkehrsleistung, der für die Umweltbilanz ent-
lem im mittleren Alter kommt es zu einer Zusatzmoto- scheidenden Größe, kommt es jedoch auch in dieser
risierung, die dazu führt, dass jedem Erwachsenen ein Gruppe zu einer nur leichten Abnahme der mit dem
eigener Pkw zur Verfügung steht, der unabhängig von MIV als Fahrer zurückgelegten Kilometer.
anderen Haushaltsmitgliedern genutzt werden kann.
Die Erwartung, dass der Pkw-Besitz durch Konzepte
wie Carsharing und andere neue Mobilitätsdienst-
leistungen überflüssig wird, trifft auf Teilgruppen der
Gesellschaft insbesondere im urbanen Raum zwar
zu. Der Gesamtheit der deutschen Haushalte stehen
jedoch immer mehr Fahrzeuge zur Verfügung.

Mobilität in Deutschland 2002 – 2008 – 2017


86 12 Einordnung der Ergebnisse

Welche Entwicklungen haben sich seit dem Jahr 2017 ʯʯ Die Fahrgastzahlen des öffentlichen Verkehrs
ergeben? steigen wie bereits seit 2004 jährlich kontinuier-
lich moderat an, allerdings liegt der Zuwachs
Die damit eingeordneten jüngsten MiD-Ergebnisse unter dem des Pkw-Bestands. Für 2018 wird ein
beziehen sich auf das Jahr 2017. In der seitdem ver- Fahrgastplus von insgesamt 0,6 Prozent berichtet.
gangenen kurzen Zeitspanne ist die „Verkehrswende“ Überproportional fällt mit einem Plus von 4,4 Pro-
zu einem viel diskutierten Stichwort geworden, an zent das Wachstum im Eisenbahn-Fernverkehr
das sich mitunter hohe Erwartungen knüpfen. Auf aus.
Basis der MiD können für den weiteren Verlauf der
Verkehrsnachfrage und mögliche Veränderungen ʯʯ Mehr Dynamik weist der Fahrradmarkt auf. Ins-
kaum Aussagen getroffen werden. Die vorliegen- besondere der Verkauf von E-Bikes steigt stark
den Ergebnisse zeigen jedoch, dass sich vor allem an. Nach Branchenangaben betrug die verkaufte
Größen wie das Verkehrsaufkommen und die Ver- Stückzahl in Deutschland im Jahr 2017 0,72 Mio.
kehrsmittelaufteilung bisher nur langsam verän- Stück. 2018 lag sie bereits bei 0,98 Mio. Stück – ein
dern. Dies gilt insbesondere für den bundesweiten Anstieg um 36 Prozent. Geringer, aber ebenfalls
Querschnitt, aber auch für einzelne Regionen. Hinzu zugenommen hat der Absatz konventioneller
kommt, dass die erkennbaren Veränderungen nicht Fahrräder. Er steigt von 3,13 Mio. im Jahr 2017 auf
unwesentlich von Faktoren außerhalb des Verkehrs- 3,20 Mio. Stück im Jahr 2018. Insgesamt unterstellt
sektors beeinflusst werden – wie dargestellt etwa die Branche ein Wachstum der Fahrradflotte um
durch das steigende Beschäftigungsniveau und das zwei Millionen Räder allein von 2017 auf 2018.
Bevölkerungswachstum in einigen großen Städten.
Diese drei Kennwerte sprechen dafür, dass sich die
Es liegt also nahe, dass auch die weitere kurzfristige in der MiD-Zeitreihe erkennbaren Trends fortsetzen
Entwicklung nicht so dynamisch verläuft, wie manch- werden. Dazu gehören leicht steigende Anteile des ÖV
mal erwartet. Wahrscheinlicher ist, dass Verkehrs- beim Verkehrsaufkommen und noch deutlicher in der
aufkommen und Verkehrsleistung allein aufgrund Verkehrsleistung insbesondere im ÖPFV. Ebenso kann
der wachsenden Bevölkerung und der zunehmenden eine weitere Stärkung des Radverkehrs sowohl im We-
Bedeutung großstädtischer Ballungsräume weiter zu- geanteil wie auch in der Kilometersumme vermutet
nehmen werden. So rechnet die MiD 2017 noch mit werden. Beim Pkw schließlich spricht vieles dafür,
einem regional differenzierbaren Bevölkerungsstand dass die Kilometersumme ebenfalls weiter steigt.
von 82,2 Mio. hoch. Dieser ist zum Jahresbeginn 2019
bereits auf 83,0 Mio. angewachsen. Auch die Zahl der Allerdings belegt die MiD-Zeitreihenbetrachtung, dass
Erwerbstätigen ist in dieser Zeit um rund eine weitere diese Veränderungen Zeit benötigen. Da die Zuwäch-
Million auf 45. Mio. Personen gestiegen. se im Pkw-Bereich sowie die der ÖV-Fahrgastzahlen
zwischen 2017 und 2018/19 ähnlich ausfallen wie in
Bei einer Einschätzung zu möglichen kurz- oder mit- den Vorjahren, wird dies weiterhin der Fall sein. Ver-
telfristigen Veränderungen helfen einige aktuelle sta- änderungen im Modal Split werden sich insgesamt
tistische Angaben zu ausgewählten Verkehrsmitteln: zuverlässig messbar also erst in einer Zeitspanne
von etwa fünf Jahren und nicht kurzfristig ergeben.
ʯʯ Für den Jahresbeginn 2017 wurde durch das Kraft- Und eine nachlassende Attraktivität des Autos ist
fahrtbundesamt (KBA) ein Bestand von 45,8 Mio. nicht erkennbar. Die größte Dynamik in Anteilen
Pkw ausgewiesen. Zwei Jahre später zum Jahres- und Nutzungsmustern könnte dabei vor dem Hinter-
beginn 2019 beträgt dieser 47,1 Mio. Pkw. Davon grund der wachsenden Pedelec-Durchdringung das
stehen schätzungsweise knapp 45 Mio. den pri- Fahrrad aufweisen. Trotzdem wird sein Anteil an den
vaten Haushalten zur Verfügung. Der seit langem zurückgelegten Personenkilometern eher klein blei-
bestehende stetige jährliche Bestandzuwachs um ben. Nichtsdestotrotz kann ein wachsender Fahrrad-
gut ein Prozent ist also unverändert. verkehr Stadt- und Lebensqualitätsvorteile mit sich
bringen.

Mobilität in Deutschland 2002 – 2008 – 2017


12 Einordnung der Ergebnisse 87

Doch wie verhält es sich mit viel diskutierten (eher) entfalten sie kaum Entlastungswirkung. Dies gilt für
neuen Mobilitätsangeboten in Sachen Carsharing, Ri- die Situation der MiD 2017 als auch die Folgejahre
depooling, E-Rollern und mehr? Auch hier sind einige 2018, 2019 und vermutlich darüber hinaus.8
aktuelle Zahlen verfügbar:
Wie kann es in den nächsten Jahren weitergehen?
ʯʯ Ungebrochen starke Zuwächse weist der schon
länger etablierte Carsharing-Markt auf. Hier gibt Neue Mobilitätsangebote werden wie dargestellt al-
die Branche für die Entwicklung vom Jahresbeginn ler Voraussicht nach nur einen kleinen Beitrag leisten
2018 zum Jahresanfang 2019 einen Zuwachs von können. Eine große Herausforderung der Zukunft
16,6 Prozent bei den Fahrberechtigten und ein Plus wird dagegen die in absehbarer Zeit in Rente gehende
bei den Fahrzeugen um 12,5 Prozent auf 20.200 an Gruppe der Babyboomer sein. Bereits heute sind ältere
– stationsbasierte und stationsunabhängige Ange- Menschen in ihrer Alltagsmobilität stärker auf das
bote zusammen betrachtet. Das hier schon in den Auto ausgerichtet als frühere Kohorten. Dabei verhal-
Vorjahren zu beobachtende erhebliche Wachstum ten sich ältere Menschen mit Pkw heute kaum anders
setzt sich also fort. als Menschen mit Pkw vor 15 Jahren. Die Gruppe der
Pkw-Besitzer ist unter älteren Menschen jedoch stark
ʯʯ Ridepooling-Systeme sind erst 2018 oder 2019 steigend. Daran wird sich auch in den kommenden
lokal begrenzt in verschiedenen Städten an den Jahren nichts ändern.
Start gegangen. Hier bleibt die Entwicklung ab-
zuwarten und belastbare statistische Angaben Umso mehr gilt es die vielen positiven Entwicklun-
liegen kaum vor. In jedem Fall ist die Zahl der ein- gen aufzugreifen und zu fördern, um langfristig einen
gesetzten Fahrzeuge im Vergleich zum gesamten Gegentrend zu erzeugen. Die größte Hoffnung liegt
„Mobilitätsmarkt“ selbst bezogen auf die jeweils dabei auf den jüngeren Generationen. Zumindest
begrenzten Marktgebiete aktuell gering.6 derzeit noch – und in den städtischen Räumen – ist
ihr Mobilitätsalltag weniger durch das Auto geprägt
ʯʯ Noch kürzere Zeit am Markt sind E-Roller. Auch als das Unterwegssein der mittleren Altersklassen.
hier bleibt die Wirkung abzuwarten. In jedem Fall Allerdings legen die gezeigten Kohortenanalysen
werden sich auch bei möglicherweise starkem nahe, dass dies nicht so bleiben muss und sie den
Wachstum bezogen auf den Gesamtmarkt kaum automobilen Gewohnheiten der Vorgängergenera-
Effekte ergeben.7 tionen doch folgen, wenn auch einige Jahre verzögert
in den individuellen Lebensverläufen. Zudem dürfen
Diese drei Aspekte belegen beispielhaft, dass von einer sich solche Veränderungen nicht auf die städtischen
Gesamtwirkung dieser neueren Angebote zurzeit Lebensräume begrenzen,
kaum auszugehen ist. Dazu sind vor allem ihre Fahr-
zeugzahlen noch zu klein. Dies gilt selbst für die aktuel- Manche Entwicklungen sind wie erläutert zu neu, um
le Carsharing-Flotte. Auch regional betrachtet werden sie in der MiD-Zeitreihe 2002 – 2008 -2017 zu analy-
sich hierdurch Modal Split-Werte auf absehbare Zeit sieren. Bei der Erhebung der MiD 2017 wurden einige
kaum verändern. Im Gesamtmarkt von rund 260 Mio. zusätzliche Befragungsthemen aufgenommen, um
täglichen Wegen bei 3,2  Mrd. Personenkilometern auch aktuelle Entwicklungen wie die Nutzung von

6 So fahren beispielsweise in Berlin nach Angaben des Betreibers Mitte 2019 rund 150 Fahrzeuge im dortigen Ridepooling-Programm,
gegenüber rund 3 Mio. ÖPNV-Fahrgästen täglich.

7 So sind in Hamburg nach Betreiber-Angaben im August 2019 etwa 2.200 E-Roller im Einsatz, die im Mittel etwa fünfmal täglich für
überwiegend kurze Strecken genutzt werden. Dies entspricht rund 11.000 Nutzungen täglich, darunter zu großen Teilen auch auswärtige
Besucherinnen oder Besucher – gegenüber rund sechs Millionen täglichen Wegen der HamburgerInnen und Hamburger

8 Quellen zu den Weiterentwicklungen seit dem Jahr 2017:


ʯʯ Pkw-Bestand: Bestandsstatistik des Kraftfahrtbundesamts (KBA)
ʯʯ Fahrgastbeförderungen im öffentlichen Verkehr: Destatis Pressemeldung Nr. 131 vom 4. April2019
ʯʯ Fahrradmarkt: Veröffentlichung zur Wirtschaftspressekonferenz des Zweirad-Industrie-Verbands (ZIV) am 21. März 2019
ʯʯ Carsharing: Jahresberichterstattung des Bundesverbands Carsharing (BCS) 2019
ʯʯ Ridepooling: Angaben der BVG (exemplarisch)
ʯʯ E-Roller: Angaben der Betreiber auf Basis einer Zusammenstellung „E-Scooter in Deutschland“, Juli 2019, civity,
abrufbar unter http://scooters.civity.de (13.8.2019)

Mobilität in Deutschland 2002 – 2008 – 2017


88 12 Einordnung der Ergebnisse

Carsharing, Pedelecs und digitalen Mobilitätsdiens-


ten abzubilden. All diese Entwicklungen sprechen
verschiedene Nutzergruppen an und weisen eine
unterschiedliche räumliche Verbreitung auf. Konse-
quent weiterentwickelt, haben diese und weitere ganz
neue Angebote zusammen das Potenzial, zu einem
Wandel der Alltagsmobilität beizutragen. Sie alleine
und selbst ein weiteres Wachstum der Fahrradnut-
zung werden aber nicht genügen, um die Struktur der
Verkehrsleistung – also der bewältigen Strecken und
die damit verbundene Verkehrsmittelwahl – weniger
automobil werden zu lassen. Vor allem der öffentliche
Verkehr muss gestärkt werden, denn er hat größere
Potenziale in der Beförderungsleistung. Zudem sollte
das – nüchtern betrachtet – auf absehbare Zeit weiter
dominierende Auto anders, effizienter und weniger
genutzt werden als gegenwärtig. Dazu gehören ande-
re Antriebsformen und ein bewussterer Umgang mit
dem damit verbundenen Ressourcenverbrauch. Dabei
sind alle gefragt: Städteplanerinnen und -planer bei
der Gestaltung unserer öffentlichen Räume sowie der
Möglichkeiten für Wohnen, Arbeit und Freizeit, An-
bieter bei der Weiterentwicklung ihrer Produkte und
Verkehrsteilnehmerinnen und -teilnehmer in ihren
täglichen Mobilitätsentscheidungen. Bezogen auf in-
zwischen akzeptierte Nachhaltigkeitsziele hat dieser
Prozess gerade erst begonnen.

Mobilität in Deutschland 2002 – 2008 – 2017


89

Erläuterung wichtiger Begriffe

Im Folgenden werden die zentralen Begriffe aus dem Bericht vorgestellt. Dabei liegt der Fokus besonders auf
den Begriffen der Mobilitätsforschung.

Hauptverkehrsmittel
Werden auf einem Weg mehrere Verkehrsmittel genutzt, werden diese im Hauptverkehrsmittel nach einer
Hierarchie zusammengefasst. Als Hauptverkehrsmittel wird das gesetzt, mit dem wahrscheinlich die längste
Strecke des Wegs unternommen wurde. Die Rangfolge lautet dabei ÖV, MIV, Fahrrad und zu Fuß.

KONTIV
Die KONTIV (Kontinuierliche Erhebung zum Verkehrsverhalten) wurde in den Jahren 1976, 1982 und 1989 für
das Gebiet der alten Bundesrepublik durchgeführt. Da die MiD in ihren Kernelementen an diese Erhebung an-
knüpft, bilden die KONTIV-Daten eine gute Möglichkeit für die Darstellung der langfristigen Entwicklung im
Personenverkehr, zumindest für Westdeutschland.

Mobilitätsquote
Anteil mobiler Personen, das heißt von Personen, die am Stichtag mindestens einen Weg außer Haus zurück-
gelegt haben. Personen, die sich am Stichtag ganztägig außerhalb der Bundesrepublik aufgehalten haben,
werden im Rahmen der Studie und bezogen auf die zu messende Mobilität innerhalb Deutschlands, als „nicht
mobil“ betrachtet.

Modal Split
Bildet die Aufteilung des Hauptverkehrsmittels nach Wegen oder nach Personenkilometern in prozentualen
Anteilen oder auch in absoluten Angaben ab.

Motorisierter Individualverkehr (MIV)


Darunter werden das Auto, motorisierte Zweiräder (allerdings keine Pedelecs), Lkw und weitere motorisierte
Fahrzeuge verstanden.

Multimodalität
Nutzung von verschiedenen Verkehrsmitteln bei der Durchführung von Wegen einer Person innerhalb eines
bestimmten Betrachtungszeitraums (häufig eine Woche).

Öffentlicher Personennahverkehr (ÖPNV)


Teil des öffentlichen Verkehrs, der die Beförderung von Personen im Nahbereich sicherstellt. Dazu gehören
unter anderem Straßenbahnen, U- und S-Bahnen, Stadt- und Regionalbusse sowie Taxis.

Öffentlicher Verkehr (ÖV)


Umfasst alle öffentlichen Verkehrsmittel auch auf längeren Strecken (Nahverkehrsbusse, alle Bahnen, Fern-
und Reisebusse, Flugzeuge und Taxis).

Mobilität in Deutschland 2002 – 2008 – 2017


90

Pedelec
Verkehrsrechtlich ist ein Pedelec definiert als ein Fahrrad mit Trethilfe und einem elektromotorischen Hilfs-
antrieb mit einer maximalen Nenndauerleistung von 0,25 kW, dessen Unterstützung sich mit zunehmender
Fahrgeschwindigkeit progressiv verringert und spätestens beim Erreichen von 25 km/h unterbrochen wird.
Umgangssprachlich wird dies auch häufig als Elektrofahrrad bezeichnet. Vielen Verkehrsteilnehmern sind die
begrifflichen Unterschiede von Pedelec gegenüber E-Bikes und Fahrrädern mit Elektroantrieb und Kfz-Kenn-
zeichen (S-Pedelec) nicht hinreichend klar. Im Rahmen der MiD wurde keine Differenzierung der verschiedenen
Arten von elektrisch unterstützten Fahrrädern vorgenommen. Im Bericht wird Pedelec als Sammelbegriff ver-
wendet, der S-Pedelecs und E-Bikes mit einschließt.

Personenkilometer (Pkm)
Maßeinheit der Verkehrsleistung und umfasst die von einer oder allen Personen auf einem Weg oder in einer
Zeiteinheit zurückgelegten Kilometer.

Regionalstatistische Raumtypologie (RegioStaR)


Vom BMVI gemeinsam mit dem BBSR 2018 für Anwendungen im Verkehr neu entwickelte Raumtypologie in
unterschiedlichen Aggregaten (siehe auch www.bmvi.de/regiostar).

Stichtag
Jeder Befragte erhält einen mittels statistischen Zufallsverfahrens ermittelten Stichtag zugewiesen, für den
alle Wege angegeben werden sollen. Insgesamt verteilen sich die Stichtage über zwölf Monate und umfassen
alle Tage von Montag bis Sonntag.

Übliche Verkehrsmittelnutzung
Anders als bei der Berechnung des Modal Splits, der die Verkehrsmittelwahl auf Wegeebene enthält, drückt
die übliche Verkehrsmittelnutzung das durchschnittliche Verhalten einer Person über einen längeren Zeitraum
aus. Während der Modal Split eine statistische Größe zur Beschreibung des Verkehrsaufkommens darstellt,
lassen sich mit der Frage nach der üblichen Verkehrsmittelnutzung individuelle Mobilitätsmuster beschreiben.

Verkehrsaufkommen
Einheit zur Beschreibung von zentralen Verkehrskennzahlen. Es beschreibt die Summe aller Wege in einem be-
stimmten Zeitraum (zum Beispiel pro Tag oder Jahr).

Verkehrsleistung
Einheit zur Beschreibung von zentralen Verkehrskennzahlen. Sie beschreibt die Summe aller zurückgelegten
Personenkilometer in einem bestimmten Zeitraum (zum Beispiel pro Tag oder Jahr).

Weg
Grundeinheit, in der die Mobilität im Rahmen der Studie erfasst wird. Ein Weg besteht dabei aus einer Strecke
vom Ausgangspunkt zum Ziel, egal ob diese zu Fuß oder mit einem Verkehrsmittel zurückgelegt wurde. Beim
Umsteigen zwischen verschiedenen Verkehrsmitteln sowie beim Wechsel vom Fußverkehr auf eine andere
Verkehrsart oder umgekehrt blieb es bei einem Weg. Hin- und Rückwege wurden getrennt berücksichtigt. Bei
längeren Unterbrechungen, größeren Umwegen oder Zweckwechseln auf einer Strecke, wie etwa einem Ein-
kauf, wurden die Wege getrennt angegeben.

Wegezweck
Anlass aus dem der Weg unternommen wurde. Diese wurden im Rahmen der MiD in verschiedenen Haupt-
und Detailzwecken erhoben und zu acht Hauptzwecken verdichtet.

Mobilität in Deutschland 2002 – 2008 – 2017


Studiendurchführung und Auswertung:
Folkert Aust Michael Herter
Marcus Bäumer Zafirios Kiatipis
Marco Berg Katja Köhler
Kerstin von der Burg Brigitte Krämer
Christian Dickmann Tobias Kuhnimhof
Johannes Eggs Karen Marwinski
Markus Eichhorn Claudia Nobis
Bernd Ermes Manfred Pfeiffer
Robert Follmer Christian Prinz
Reiner Gilberg Martina Roggendorf
Dana Gruschwitz Menno Smid
Seline Günther Manuel Trittel
Heinz Hautzinger Barbara Wawrzyniak

Text:
Claudia Nobis, Tobias Kuhnimhof, Hintergrund und Exkurs: Robert Follmer und Marcus Bäumer

Layout und Grafik:


Astrid Blome
Birgit Geisler
Sigrid Phiesel

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