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Weiterbildung Lerntherapie

DYSKALKULIE I:

Theoretische Grundlagen und diagnostische


Erfassung von Dyskalkulie

(Dipl.-Psych. Dr. Konstanze Schardt)

1 IWLP Weiterbildung Lerntherapie 2012


Inhalte zur Theorie

1 Theoretische Grundlagen zur Dyskalkulie


1.1 Definitionen, Klassifikation, Verlauf und Epidemiologie
1.2 Unterscheidung Rechenschwäche, Rechenstörung
1.3 Entwicklung rechnerischer Fähigkeiten
1.4 Aktueller Forschungsstand zur Dyskalkulie
Neuropsychologie, basale Defizite, Ursachen
1.5 Erkennungsmerkmale
1.6. begleitende Wahrnehmungsstörungen
1.7 Sekundärproblematik
1.8 Erklärungsmodelle einer Dyskalkulie

2 IWLP Weiterbildung Lerntherapie 2012


Definition Dyskalkulie

 Umschriebene Beeinträchtigung grundlegender


Rechenfertigkeiten
 Partielle Entwicklungsverzögerungen schon im
Vorschulalter (Mengen-, räumliche Vorstellung)
 Diskrepanz zwischen Rechenleistungen und
anderen Leistungsbereichen
 Problematik in Wechselwirkung mit Schule/Familie
 Ausschlusskriterium (ICD 10): Ursachen nicht nur
in Entwicklungsverzögerung, unzureichender oder
unangemessener Beschulung oder Erkrankung

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Unterscheidung zweier Formen

Kombinierte Störung
Isolierte Rechenstörung
1
(verbunden mit LRS)
• Mengen- und Zahlenvor-
stellung eingeschränkt • Rechenstörung in allen
Bereichen
• Probleme vor allem bei
Addition und Subtraktion • Gleichzeitiges Vorliegen einer
• Störung trotz normaler
Lese-Rechtschreibstörung
oder überdurchschnittl. • Störung trotz normaler oder
Intelligenz überdurchschn. Intelligenz
• Keine Probleme in anderen • Häufiger in Begleitung von
Schulfächern Aufmerksamkeitsstörungen
• Häufiger mit Angst-
störungen verbunden

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Auftretenshäufigkeit, Komorbidität

• Epidemiologische Studien
 Gross-Tsur u.a. 1996, Klauer 1992, von Aster 1996 / 2007
 Vorkommen: 4 – 6%, etwas häufiger Mädchen
• Verlauf
 unbehandelte Dyskalkulie sehr stabil
 Beeinträchtigungen in Schule und Beruf
• Komorbidität
 Dyskalkulie und LRS: 17 – 50%
 Dyskalkulie und ADS: 25%
 Dyskalkulie und Angststörung: 28%
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Verlauf von Dyskalkulie

Eine Rechentherapie
soll auf die Umschulung
vorbereiten.

Für Sandy sind mathematische


Formeln wie Hierogylphen.

Sandy ist schleierhaft, was


der Lehrer gerade erklärt.

Quelle: www.zdf.de - Zum Rechnen zu dumm (Sendung 37 Grad vom 26.09.2006)

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Begrifflichkeit

• Rechenschwäche
 Fließender Übergang zur Rechenstörung
 Richtwert: Testergebnis PR 10-25

• Rechenstörung
 Prozentrang Rechentest > PR 10
 Diskrepanz zu Intelligenztest
(Richtwert 12 TW Diff.)

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Entwicklung von Rechenfertigkeiten

• Basale quantitative Fähigkeiten:


 Sensitivität für Mengenveränderungen
 Protoquantitative Schemata
 Zahlwortverständnis und Zählprinzipien

• Sekundäre quantitative Fähigkeiten


 Stellenwertsystem, Zahlenschreibweise
 Operationsanwendungen

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Entwicklungskomponenten

• Protoquantitative Schemata und Zahlwortverständnis:


protoquantitative Begriffe, Erwerb der Zahlwortreihe,
Zunahme-Abnahme-Schema, Teil-Ganzes-Konzept
• Zählprinzipien: 1:1-Zuordnung, Stabile Reihenfolge,
Irrelevanz der Reihenfolge, Abstraktion des Zählens
• Rechenstrategien: Summenstrategie, Weiterzählen,
Aufzählen, Minimalstrategie, Zerlegungsstrategie, Abruf
• Strategiewahlmodell: Wellenmodell sich überlappender
Strategien (Siegler 1984)

9 IWLP Weiterbildung Lerntherapie 2012


Modell der math. Kompetenzentwicklung

 nach Fritz, Ricken und Gerlach 2007

• Stufe 1: Mengenvergleich, Zahlwortreihe

• Stufe 2: Zählzahlen, Ordinaler Zahlenstrahl

• Stufe 3: Zahlen als Anzahlen, Kardinalaspekt

• Stufe 4: Teil-Ganzes-Schema, Zerlegbarkeit

• Stufe 5: Relationaler Zahlbegriff, Zahlentriade

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Math. Kompetenzmodell: Stufen 1 und 2

11 IWLP Weiterbildung Lerntherapie 2012


Math. Kompetenzmodell: Stufe 3

Enthaltensein

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Math. Kompetenzmodell: Stufe 4

13 IWLP Weiterbildung Lerntherapie 2012


Math. Kompetenzmodell: Stufe 5

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Neuropsychologie des Rechnens
(Quelle: Kucian 2005 nach Dehaene 2003)
Linke Hemisphäre Rechte Hemisphäre

vorne

 Horizontaler Teil des Intraparietalen Sulcus: hinten


mentaler Zahlenstrahl, bei allen Formen der
Zahlverarbeitung aktiviert
 Linker Gyrus angularis:
Rechnen mit sprachlicher Verarbeitung z. B. Multiplikation
 Posterior-superiore Parietallappen:
Größenvergleich, Überschlag, auch bei visuell-räuml. Aufg.

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Entwicklung von Rechenfertigkeiten

(Quelle: von Aster 2003, Verstehen wie sie rechnen)

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Zahlverarbeitung und Rechnen bei Kindern

 Distanzeffekte (weiter auseinander liegende Zahlen können


schneller unterschieden werden) bereits ab 5 Jahren nachweisbar
allerdings zunächst beschränkt auf kleinere Zahlen (bis 5),
vgl. Girelli et al. 2000.

 SNARK-Effekt (Orientierung an einem inneren Zahlenstrahl bei


Paritätsentscheidungen) entwickelt sich zunehmend im Verlauf
der Grundschulzeit, vgl. Berch et al. 1999.
Rechnen mit sprachlicher Verarbeitung z. B. Multiplikation

 Weniger Aktivität im Parietallappen als bei Erwachsenen,


dafür stärkere Beteiligung des Frontalhirns (Aufmerksamkeit,
Arbeitsgedächtnisleistungen), s. Kucian 2005.

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Entwicklungsprozess der Zahlverarbeitung
Quelle: Girelli et al. 2000

2200 numerisch physikalisch


2000

1800
Rekationszeiten in ms

1600

1400

1200

1000

800

600
1. Klasse 2. Klasse 3. Klasse

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Neurolog. Auffälligkeiten bei Dyskalkulie

• Studie von Isaacs et al. (2001):


 Frühgeborene entwickeln häufiger Dyskalkulie
 Reduktion der grauen Masse im linken PS

• Studie von Rotzer et al. (2007):


 Gehirnphysiologische Unterschiede zwischen
Dyskalkulie- und Kontrollgruppe

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Reaktionszeit beim Zählen
5.0 s x
4.8 s
4.6 s Charles
4.4 s
4.2 s
Kontrollgruppe x

4.0 s
3.8 s x
3.6 s
3.4 s
3.2 s X
3.0 s
2.8 s
2.6 s x
2.4 s
2.2 s
2.0 s x x
1.8 s x
1.6 s x
1.4 s x x
1.2 s x
1.0 s x
0.8 s x x
0.6 s x
(nach Butterworth 1999
0.4 s xx x x
0.2 s in: Landerl/Butterworth 2002)
     

    
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Mengenerfassung bei Drittklässlern

Punkteerkennen Subitizingbereich Punkteerkennen Zählbereich


1700 8500

1600 7500

R eaktionszeiten in ms
R eaktionszeiten in ms

1500 6500

1400 5500

1300 4500

1200 3500
Kontrolle Kontrolle
Legasthenie Legasthenie
1100 Dyskalkulie 2500 Dyskalkulie
Dyskalk.+ Legasth. Dyskalk.+ Legasth.
1000 1500
1 2 3 4 5 6 7 8 9 10
Punkteanzahl Punkteanzahl

(nach Landerl et al. 2004, 120)

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Defizite rechenschwacher Kinder (1)

• Mengenerfassung:
 Unterschiede bereits im Subitizingbereich
 Mentaler Zahlenstrahl (Distanzeffekt) noch nicht
so gut ausgebildet (Landerl & Butterworth 2004)

• Zahlerfassung:
 Zählen: anfangs Probleme Beliebigkeit der
Reihenfolge zu erkennen (Geary 1992)
 ab der 3. Klasse nur noch bei komplexen Zähl-
leistungen auffällig, Zeit! (Gaupp, Landerl 2004)
 Zahlbenennen, -schreiben, -vergleichen auffällig

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Rechenstrategien bei Dyskalkuliekindern

Verwendete Rechenstrategien nach Ostad 1997 (S. 350)

100 Zählende
Strategien KG
80
Zählende
Prozent

60 Strategien RS
Abruf-/Zerleg.-
40
strategien KG
20 Abruf-/Zerleg.-
strategien RS
0
Klasse 1 Klasse 3 Klasse 5 Klasse 7

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Rechnen mit und ohne Zeitbegrenzung
Einfache Sachaufgaben Einfache Zahlenaufgaben

10 nicht beeinträchtigt 10 nicht beeinträchtigt


(Jordan 1997)
spezifische RS spezifische RS
9 9
genererelle RS genererelle RS
8 8

7 7

6 6

Mittelwert

Mittelwert
5 5

4 4

3 3

2 2

1 1

0 0
unlimitierte Bedingung zeitbegrenzt unlimitierte Bedingung zeitbegrenzt

Komplexe Sachaufgaben Komplexe Zahlenaufgaben

10 nicht beeinträchtigt 10 nicht beeinträchtigt


spezifische RS spezifische RS
9 9
genererelle RS genererelle RS
8 8

7 7

6 6
Mittelwert

Mittelwert
5 5

4 4

3 3

2 2

1 1

0 0
unlimitierte Bedingung zeitbegrenzt unlimitierte Bedingung zeitbegrenzt

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Defizite rechenschwacher Kinder

• Rechenfertigkeiten
 Verharren auf unreifen Rechenstrategien (vor allem
zählende Strategien), Ostad 1997
 Besondere Schwierigkeiten bei zeitbegrenzten
Aufgabenstellungen (Jordan & Montadi 1997)
 Unterschiede je nachdem ob zusätzliche sprach-
liche Defizite vorliegen oder nicht (Landerl 2004),
generell bzw. spezifische Schwierigkeiten
 Besondere Probleme im Umgang mit Größen
(Daiber 1998)

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Rechnen und andere kognitive Leistungen

GRUPPENARBEIT
• Erarbeiten Sie in 3er-Gruppen Gemeinsamkeiten
von:
 Rechnen und visuell-räumlichen Fähigkeiten
 Rechnen und Gedächtnis
 Rechnen und Sprache

• Schätzen Sie jeweils den Einfluss dieser


kognitiven Leistungen auf Rechenfähigkeiten
 sehr schwach – schwach – mittel – stark – sehr stark

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Arbeitsgedächtnismodell (Baddeley 1986)

Zentrale
Exekutive
Visuell- Phono-
räumlicher logische
Skizzen- Schleife
block
Zahlen oder
Wörter
nachsprechen
3-7-4-6-9

27 IWLP Weiterbildung Lerntherapie 2012


Multikausales Erklärungsmodell
N
E
U Genetische Lehrer- Kind - G
Disposition A
R Interaktion
T
Hirnreifungs- Eltern-Kind - I
S
störungen Interaktion V
A Dyskalkulie E
Psychologische Erfahrungen mit
C Faktoren Gleichaltrigen E
H I
Psychosoziale Psych. Störungen N
E Faktoren des Kindes F
Didaktische
N Faktoren L
Ü
S
nach Jakobs & Petermann 2003 S
E
28 IWLP Weiterbildung Lerntherapie 2012
Ursachen einer Dyskalkulie

 Psycho-soziale Verursachungsfaktoren
(Schule, soziales Umfeld, Anregung)
 Genetische Verursachungsfaktoren
(42% Verwandte 1. Grades, Zwillingsforschung)
 Arbeitsgedächtnisdefizite
(spezifisch für Zahlen)
 Mengenwahrnehmung (Subitizing)

29 IWLP Weiterbildung Lerntherapie 2012


NEUROBIOLOGISCHE URSACHEN EINER DYSKALKULIE
? ?
Subitizing – simultane ?
Mengenerfassung

Geringerer Arbeits-
Genetische speicher (Merkfähigkeit)
Disposition Störungen
(Vererbung, des
40%) Probleme in der Rechnens
räumlich-visuellen
Wahrnehmung
Störungen
des Lesens
Auditiv – sprachliche (PB)
Wahrnehmungsstörungen Störungen des
Rechtschreibens
vgl. Landerl/Butterworth 2002, von Aster 1996, Rourke 1993

30 IWLP Weiterbildung Lerntherapie 2012


Triple-Code-Modell der Zahlverarbeitung
Subitizing Schätzen

Analoge Repräsentation
der Mächtigkeit von Zahlen

1 20

Vergleichen, Überschlagsrechnen

Visuell-arabische Auditiv-sprachliche
Repräsentation Repräsentation

13 Dreizehn

Mehrstellige Zahlen, Zahlenwörter, Zählen,


Teilbarkeit durch 2 Faktenwissen

(Ziffernform) (Wortform)
Lesen Schreiben Hören, Lesen Sprechen

Quelle: von Aster 2002 nach Dehaene 1992

31 IWLP Weiterbildung Lerntherapie 2012


Subgruppen rechenschwacher Kinder

 Von Aster (1996) tiefgreifender Subtyp (schwergradig,


auch andere Bereiche, sprachlicher Subtyp (v.a.
Zählfertigkeiten, STW, 50% auch LRS), arabischer Subtyp
(Zahlenlesen, Zahlenschreiben, Zahlvergleich)
 Rourke (1993) Nonverbal Learning Disability Syndrome,
Reading and Spelling (RS)

 Geary (2003) prozeduraler Subtyp, semantischer Subtyp,


räumlich-visueller Subtyp

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Erkennungsmerkmale

 Häufiges Verrechnen um 1 (Fingerrechnen)


 Zehnerübergang stellt große Hürde dar
 Ziffern werden bei mehrstelligen Zahlen vertauscht
 Verwendung der falschen Rechenart
 Alltagsleben: Probleme beim Schätzen und
Vergleichen, beim Umgang mit
Geldwerten und der Zeit
 Fach Mathematik ist extrem angstbesetzt
 Hausaufgaben im Fach Mathematik nehmen kein Ende

33 IWLP Weiterbildung Lerntherapie 2012


Typisches Merkmal

Quelle: Watterson, Calvin & Hobbes

34 IWLP Weiterbildung Lerntherapie 2012


Definition nach Wolfersberger 1981

Es gibt auch nicht die Rechenschwäche, sondern so


viele verschiedene Rechenschwächen, als es rechen-
schwache Kinder gibt.
Keine gleicht exakt der anderen. Die Rechenschwäche
ist ein abstrakter Sammelbegriff.
Im konkreten Falle haben wir es mit der individuellen
Rechenschwäche eines bestimmten Schülers (einer
bestimmten Schülerin) zu tun.

35 IWLP Weiterbildung Lerntherapie 2012


Begleitende Wahrnehmungsstörungen

 Visuo-motorische Koordination
 Figur-Grund-Wahrnehmung
 Auditive Wahrnehmungsprobleme
 Gedächtnis: Kurzspeicherschwäche
 Wahrnehmungskonstanz
 Raum-Lage-Wahrnehmung

36 IWLP Weiterbildung Lerntherapie 2012


Sekundärsymptome einer Dyskalkulie

• Teufelskreis Lernstörungen
 Verunsicherung und sinkendes Selbstwertgefühl
 Streben nach sozialer Aufmerksamkeit oder
 Sozialer Rückzug, Verweigerung, Blockade

• Soziale Unsicherheit, Rückzug, Angststörung


• Aggressives Verhalten
• Aufmerksamkeitsstörungen
 Entspannungsverfahren, Aufbau des Selbstwertgefühls

37 IWLP Weiterbildung Lerntherapie 2012


Begleit- und Folgeerscheinungen

 Lern- und Leistungsstörungen: Ausweitung der Lern-


störung auf andere Fächer, generalisiertes Leistungs-
versagen, Motivationsverlust, Schulverweigerung
 Emotionale/psychosomatische Symptome: Schulangst,
Versagensangst, depressive Symptome, Kopf- und Bauch-
schmerzen, Schlafstörungen, Störungen im Sozialverhalten
 Familiäre Belastungen: Versagensängste der Eltern =>
mehr Druck oder Resignation, hoher zusätzlicher
Zeitaufwand, Hausaufgabenkonflikte
 Schulische Auswirkungen: direkte Auswirkungen in
Mathematik (Zeit, Übertritt), sekundär in anderen Fächern

38 IWLP Weiterbildung Lerntherapie 2012


Erklärungsmodelle einer Dyskalkulie
„Mathehaus“
Theorie mathematischer
Operationsstufen (Aebli): Höhere Mathematik

1. Konkrete Operation
2. Bildliche Darstellung
3. Symbolische Darstellung Bausteine

4. Automatisierung im der

Symbolbereich
Mathematik

Fundament oder Basis:


Wahrnehmung, Motorik, sensorische Integration, ...

39 IWLP Weiterbildung Lerntherapie 2012


Weitere Erklärungsmodelle
• Didaktischer Ansatz nach Lorenz
 Ausgangspunkt: direkt beobachtbare Rechenfehler
 Analyse prozeduraler (Rechenoperationen), konzeptueller
Probleme (Verständnis Dezimalsystem) und weiterer
Einzelfaktoren (sozial, neuropsychologisch, didaktisch)
 Ableitung spezifischer Fördermaßnahmen

• Kognitionspsychologischer Ansatz nach Stern


 Unterscheidung intuitive vs. kulturelle Mathematik
 Bedeutung des relativen Zahlaspekts in der kult. Mathemat.
 entsprechend Schwierigkeiten bei Vergleichstextaufgaben
 früher Einbezug v. Textaufgaben (entdeck.), rel. Zahlaspekt

40 IWLP Weiterbildung Lerntherapie 2012


Inhalte zur Diagnostik von Dyskalkulie

2 Diagnostik von Rechenleistungen

2.1 Grundsätzliches zur Diagnostik (Leistungs- vs. Förderdiagnostik)

2.2 Erfassung von Rechenleistungen


Überprüfung mathematischer Basisfähigkeiten, standardisierte
Verfahren, Intelligenztestverfahren und Dyskalkulie, informelle T.

2.3 Quantitative Diagnostik von Rechenfehlern (praktische Übung)

2.4 Vorstellung der Bamberger Dyskalkuliediagnostik

2.5 Erstellung eines Therapieplans

41 IWLP Weiterbildung Lerntherapie 2012


Diagnostik von Rechenleistungen

• Leistungs- vs. Förderdiagnostik


• Überprüfung von Basisfertigkeiten
 Erfassung von Vorläuferfertigkeiten:
 Mengen- und Zahlerfassung

• Standardisierte Verfahren
 Schulleistungstests
 Dyskalkulietests

• Informelle Verfahren

42 IWLP Weiterbildung Lerntherapie 2012


Multiaxiale Diagnostik nach ICD-10

 Achse 1: Überprüfung des Vorliegens einer


Aufmerksamkeits- o. Anpassungsstörung
 Achse 2: Eltern-, Lehrerurteil, spezifische Diagnostik
(Rechentests, ZAREKI, Zahl- und
Mengenerfassung, Grundrechenarten)
 Achse 3: Intelligenzniveau (bestimmte Untertests
werden beeinträchtigt durch Rechenstörung)
 Achse 4: motorische Fertigkeiten, Wahrnehmung,
taktilkinästhetisches Empfinden
 Achse 5/6: Überprüfung psychosozialer Begleitbeding.

43 IWLP Weiterbildung Lerntherapie 2012


Grundsätzliches zur Diagnostik
• Differential- oder Leistungsdiagnostik
 Ermittlung des Leistungsstandes mit objektiven Testverfahren
 Prozentrang / T-Wert: Vergleich der individuellen Testleistung
mit einer Normgruppe
• Förderdiagnostik
 Qualitative Erfassung der individuellen Leistung
 Erfassung von Fehler-/Problemschwerpunkten
 Basis der Förderplanerstellung

• Verhaltensbeobachtung
 Methode des „lauten Denkens“
 Hinweise auf Rechenstrategien, Anspannung, Aufmerksamkeit

44 IWLP Weiterbildung Lerntherapie 2012


Überprüfung mathemat. Basisfertigkeiten

• Entwicklungsgemäße Überprüfung
 Zunächst Ausbildung der ordinalen Reihenbildung
 Ende des KiGa-Alters: kardinaler Zugang zur Zahl

• Mathematische Vorläuferfertigkeiten (Krajewski)


 Mengenwissen: Seriation bzgl. Mengenmächtigkeit,
Mengenvergleich, Längenvergleich
 Zahlenvorwissen: Zählfertigkeiten, Zahlvergleich,
Zahlen benennen, Rechnen mit Murmeln

45 IWLP Weiterbildung Lerntherapie 2012


Tests zu mathemat. Basisfertigkeiten

• Osnabrücker Test zur Zahlbegriffsentwicklung


(van Luit, van de Rijt & Hasemann 2000)
 Früherkennung im Alter von 5 – 7,5 Jahren
 OTZ überprüft Zahlbegriffsentwicklung und
Zählfertigkeiten im Vorschulalter, teilweise sprachlastig

• ZAREKI-K (von Aster u.a. 2009)


 Vorschulalter 4 bis 5 Jahre, erfordert gute Konzentration
 ZAREKI-K überprüft Zahlverständnis, Zahlverarbeitung und
erstes Rechnen entsprechend Triple-Code-Modell
 Schweizer Normierungsstichprobe, als Screening geeignet

46 IWLP Weiterbildung Lerntherapie 2012


Tests zu mathemat. Basisfertigkeiten 2

• TEDI-MATH (Kaufmann, Nuerk u. a. 2009)


 Kindergartenalter bis Grundschule (4 – 8 Jahre)
 Erfassung numerischer und rechnerischer Fähigkeiten,
verschiedene Kombinationen je nach Entwicklungsstand
(Zählen, Zählprinzipien, Zahlverarbeitung, Rechnen)

• Diagnose- und Trainingsprogramm Kalkulie


(Fritz, Ricken & Gerlach 2007)
 Schuleingangsstufe bis in 3. Klasse (Förderschule)
 Kalkulie überprüft differenziert Mengen- und
Zahlerfassung im Zahlenraum bis 20

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Mathematikleistungstests

• Deutsche Mathematiktests (DEMAT-Reihe)


 neue Schulleistungstests für Mathematik
 aktuelle Normen aufgrund großer Eichstichproben
 gut zur Erkennung, keine differenz. Diagnose bei RS

• Heidelberger Rechentest (HRT)


 Schulleistungstest zur Erfassung math. Basiskompetenzen
 prüft auch numerisch-logische / räumlich-visuelle Fertigk.
 Speedtest, große Bandbreite

48 IWLP Weiterbildung Lerntherapie 2012


Standardisierte Verfahren zur Dyskalkulie

• Subtests (RD, MOS, ZN)


andere Intention, nur Teilb.
aus Intelligenztests
• Untertests allgemeiner beschränkt auf aktuellen
Schulleistungstests Schulstoff, nicht differenz.

• Rechentests für vorw. veraltete Normierung


best. Klassenstufen neue DEMAT-Serie, HRT 1-4
• Tests zur Erfass. Früherkennung mit OTZ,
grundl. Fähigkeiten Abklärung basaler Defizite
• Dyskalkulietests

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Verfahren zur Dyskalkulie

• Verfahren: ZAREKI (von Aster 2001)


 neurobiol. Testbatterie für Zahlenverarbeitung u. Rechnen
 basiert auf Triple-Code-Modell von Dehaene
 ökonomisches Messinstrument zur Erkennung rechen-
schwacher Kinder, erfasst jedoch nur Teilbereiche

• RZD 2-6 (Jacobs & Petermann 2005)


 orientiert sich an den Leitlinien der Kinder- u. Jugendps.
 erfasst Zahl- u. Mengenerfassung, sowie Grundrechenarten
 fundiertes Verfahren, Normen nur norddt., Basales fehlt

50 IWLP Weiterbildung Lerntherapie 2012


Weitere Testverfahren

• Eggenberger Rechentest (Lenart u. a. 2008)


 Verfahren zur Erfassung von Rechenschwäche/Dyskalkulie
 erfasst 4 Faktoren: kogn. Math. Grundfertigkeiten, math.
Ordnungsstrukturen, algebraische Strukturen, angew. M.
 differenziert v. a. im unteren Leistungsbereich, Grundschule

• Ältere Testverfahren
 Schweizer Rechentest: für höhere Klassenstufen
 MT 2, DRE 3: veraltete Normen
 Mathematiktest: Grundkenntnisse für Lehre und Beruf

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Intelligenztestverfahren und Dyskalkulie
• HAWIK-IV (Petermann & Petermann 2007)
 Mehrdimensionales Intelligenztestverfahren: wahrnehmungsgeb.
logisches Denken, Sprachverständnis, Arbeitsgedächtnis, Ver.g.)
 Dyskalkulie beeinflussende Subtests: Rechnerisches Denken,
Zahlennachsprechen, Mosaiktest+Figurenlegen+Bilderergänzen
• K-ABC (Kaufman & Kaufman 1991)
 Mehrdimensionales Intelligenztestverfahren, das intellektuelle
Fähigkeiten und erworbene Fertigkeiten getrennt erfasst
 Rechnen geht nicht in Intelligenzwert ein,aber vis.-räuml. Leist.

• CFT 1 / CFT 20-R (Catell u.a. 1997 / Weiß 2008)


 Nonverbales Einzeltestverfahren; CFT 1 veraltete Normierung
 Einfluss visuell-räumlicher Fähigkeiten, rechenunabhängig

52 IWLP Weiterbildung Lerntherapie 2012


Informelle Diagnostik

• Storath: informelle Schulleistungsdiagnostik


 1. – 6. Jahrgangsstufe, viele Beobachtungshinweise
(Schulleistung)
• Heuer: Diagnose- und Therapiematerialien-
sammlung (Förderdiagnostik)
 Sehr umfangreich und detailliert

• ALFONS Diagnostikprogramm (Fehleranalyse)

53 IWLP Weiterbildung Lerntherapie 2012


Qualitative Fehleranalyse

 Praktische Übung: Erkennst du die Fehlerart?


 Fehlerarten können Hinweise auf den aktuellen
Stand des Kindes geben
 Methode des „lauten Denkens“ als wichtiges
Diagnoseinstrumentarium

 Mögliche Fehlerkategorien:
Fehler um 1, Stellenwertfehler, falsche Rechenart,...

54 IWLP Weiterbildung Lerntherapie 2012


Ausgangslage für BADYS

 Erfahrungen mit unterschiedlichsten Störungsbildern


 Bedarf einer differenzierten Förderdiagnostik, als
Ausgangspunkt remedialer Maßnahmen
 Aktueller Forschungsstand zu Bedingungsvariablen

55 IWLP Weiterbildung Lerntherapie 2012


Ausgangspunkt: Symptomatik

• Fehler um 1 Keine Simultanerfassung,


zählendes Rechnen Zergliederung gelingt nicht
• Zahlendreher Gedächtniskapazität
Stellenwertfehler Probl. Stellenwertverständnis

• Orientierung im Mangelnde Zahlvorstellung


Zahlraum fällt schwer Kein struktur. Zahlenraum

• Vertauschung von Mangelndes Verständnis


Rechenoperationen für Zahloperationen
• Maße abschätzen Defizite in der räumlichen
gelingt nicht Vorstellung

56 IWLP Weiterbildung Lerntherapie 2012


Zielsetzung der empirischen Untersuchung

 Entwicklung eines standardisierten Diagnosever-


fahrens, das Hinweise auf Förderansätze ermöglicht

 Entwicklung von Aufgaben, die sowohl quantitativen


als auch qualitativen Ansprüchen genügen können.
 Identifizierung von Aufgaben aus dem basalen, pränu-
merischen und rechnerischen Bereich, die besonders
gut zwischen Kindern mit Dyskalkulie und vergleich-
baren Gleichaltrigen differenzieren.

57 IWLP Weiterbildung Lerntherapie 2012


Aufgabenkonstruktion

• Ausgangspunkt:
 Aktueller Forschungsstand
 Analyse von Lehrplänen verschiedener Bundesländer
 Analyse vorhandener Testverfahren
 Konzipierung geeigneter Aufgaben

• Kriterien für Aufgabenauswahl/-erstellung:


 Inhaltliche Validität für festgelegte Teilbereiche
 Ökonomie und Durchführbarkeit
 Möglichkeit unterschiedlicher Schwierigkeitsgrade

58 IWLP Weiterbildung Lerntherapie 2012


Bestimmung von Inhaltsbereichen

1) Überprüfung grundlegender Voraussetzungen


rechnerischer Fähigkeiten (Pränumerik, visuelle-räumliche
Wahrnehmung, Gedächtnisleistungen, Verständnis math. Begriffe)

2) Erfassung mengen- und zahlenbezogener Ausgangs-


punkte numerischen Rechnens (Mengenerfassung,
Zählfertigkeiten, Stellenwertsystem, Orientierung im Zahlenraum)

3) Differenzierte Erfassung rechnerischer Fertigkeiten


(Operationsverständnis, Addition, Subtraktion, Multiplikation,
Division, Umgang mit Maßen)

59 IWLP Weiterbildung Lerntherapie 2012


Aufgabenbeispiele: Räumliche Vorstellung

Beispiel

Wie verteilt sich der Saft in der Flasche, wenn man sie kippt? Zeichne ein!

60 IWLP Weiterbildung Lerntherapie 2012


Aufgabenbeispiel: Gedächtnis

Beispiel: Würfel vorwärts

Beispiel: Würfel rückwärts

61 IWLP Weiterbildung Lerntherapie 2012


Aufgabenbeispiel: Mengenerfassung

62 IWLP Weiterbildung Lerntherapie 2012


Beispiel: Orientierung um Zahlenraum

2. Zeichne die Zahl 8 ein!

3. Auf welche Zahl, zeigt der Pfeil?

10 15 20 25 30

Davor kommt die Zahl und danach kommt die Zahl

63 IWLP Weiterbildung Lerntherapie 2012


Aufgabenbeispiel: Plus/Minus
ADSU – 2a/b Löse die Aufgaben und achte dabei auf + und - !
3+

k) 32 + 7 = o) 42 36 s) 739 15
l) 68 - 6 = p) 74 61 t) 273 28
m) 46 + 9 = q) 28 35 u) 376 50
n) 53 - 8 = r) 93 46 v) 920 37

ADSU – 3 Welche Zahl gehört in die Lücke? Setze ein!

j) m)

k) n)

l) o)

64 IWLP Weiterbildung Lerntherapie 2012


Beispiel: Operationsverständnis „mal“
1. Schreibe die und ihr Ergebnis

Beispiel 1: Aufgabe: _________ =

Aufgabe: _________ =

65 IWLP Weiterbildung Lerntherapie 2012


Methode

• Pilotstudie/Voruntersuchung zur Überprüfung der


entwickelten Aufgaben (Durchführung, Schwierigkeit)
• Hauptuntersuchung Ende des Schuljahres 2003:
Stichprobenumfang: je 10 Dyskalkuliekinder im Ver-
gleich zu ca. 100 Kindern aus Klassenuntersuchungen
• Statistische Aufgabenanalyse zur Gewinnung
möglichst trennscharfer Items, Faktorenanalysen
• Normierungsuntersuchung Anfang des Schuljahres 2004:
Eichstichprobe: je ~ 400 SchülerInnen der Jahrgangs-
stufen 2 bis 4, je ~ 220 SchülerInnen der Klassen 5 / 6

66 IWLP Weiterbildung Lerntherapie 2012


Untersuchungsergebnisse

 Signifikante Unterschiede zwischen den beiden


untersuchten Gruppen in folgenden Bereichen:
• Mengenerfassung • Gedächtnisleistungen
• in allen rechnerischen • Teilbereiche räumlicher
Aufgabenbereichen Vorstellung

 In den höheren Klassenstufen spielen basale


Leistungen eine unbedeutendere Rolle.

• Individuell unterschiedliche Ergebnisprofile!

67 IWLP Weiterbildung Lerntherapie 2012


Ergebnisse der vergleichenden Untersuchung
Anteil der Kinder mit Dyskalkulie (n=41) Anteil der par.Vergleichsgruppe (n=219)
Bereich Aufgabengruppe
mit unterdurchschn. Ergebnissen mit unterdurchschn. Ergebnissen
Räumliche Vorstellung 49% 22%
Raumlagebeziehungen 44% 21%
Basale Seriationsleistungen * 30% 18%
Grundfertig- Gedächtnis vorwärts 32% 15%
keiten Gedächtnis rückwärts 56% 21%
Zahl-/Operationsbegriffe 78% 22%
Positionsbegriffe 29% 22%
Zeitliche Abfolgebegriffe 39% 23%
Mengenschätzen 51% 19%
Mengen- und Wahrnehmungskonst. 61% 20%
zahlbezogene Strukturierte Mengenerf. 49% 11%
Grundfertig- Zählfertigkeiten 54% 24%
keiten Stellenwertsystem 51% 21%
Orientierung im Zahlenraum 63% 11%
Ungleichungen 42% 18%
Operationsverständnis +/- 81% 11%
Addition 54% 18%
Subtraktion 69% 15%
Grundfertig- Ergänzungsaufgaben 73% 16%
keiten im Operationsverständnis */: 48% 16%
Rechnen Multiplikation 71% 22%
Division 71% 22%
Zeitliche Orientierung 71% 18%
Maße 61% 21%

68 IWLP Weiterbildung Lerntherapie 2012


Ergebnis der vergleichenden Untersuchung (2)

Anteil der Kinder mit Dyskalkulie (n=41) Anteil der parallel. Vergleichsgruppe
Aufgabenbereich mit unterdurchschnittlichen Ergebnissen (n=219) mit unterdurchschn. Ergebnissen
% Grafische Veranschaulichung % Grafische Veranschaulichung
Basale
63 15
Grundfertigkeiten

Mengen- und zahlbezogene


76 10
Grundfertigkeiten
Gesamtwert
Rechnerische
95 13
Grundfertigkeiten

alle Aufgabengruppen 87 9

 In den Gesamtwerten aller Aufgabenbereiche zeigt die


Dyskalkuliegruppe durchwegs deutlich mehr auffällige Ergebnisse.

69 IWLP Weiterbildung Lerntherapie 2012


Praktische Übung zur BADYS

 Gruppe 1: GED (Gedächtnisleistungen) und


VRG (visuell-räumliche Grundfertigkeiten)
 Gruppe 2: MB (Mathematische Begriffe) und
ZE (Zahlerfassung)
 Gruppe 3: ME (Mengenerfassung) und
ADSU (Addition, Subtraktion)
 Gruppe 4: MUDI (Multiplikation, Division)
UMA (Umgang mit Maßen)
KVB (Kontrollvariable Bearbeit.geschwind.)

70 IWLP Weiterbildung Lerntherapie 2012


Aufgaben- und Protokollheft

71 IWLP Weiterbildung Lerntherapie 2012


BADYS - Versionen

Langformen BADYS 1 – 4+, 1 – 2+


 nur Einzeltestung, adaptive Vorgehensweise möglich
 beinhaltet alle Subtests
 Grundlage einer differenzierten Förderplanung auffälliger
SchülerInnen mit Rechenschwächen, -störungen

Kurzformen BADYS 1+, 2+, 3+, 4+, 5+


 auch Gruppentestung möglich
 Screeningverfahren: enthält nur Subtests, die besonders
gut zwischen Dyskalkulie- u. Vergleichgruppe differenzieren
 erste Einschätzung, welche Kinder Auffälligkeiten zeigen

72 IWLP Weiterbildung Lerntherapie 2012


Durchführung von BADYS

Anwendungszeitraum:
Jeweils Ende und Anfang eines Schuljahres (6 Wochen),
z. B. BADYS 3+ Ende der 2., Anfang der 3. Klasse

Durchführungsdauer:
BADYS Langform beansprucht ca. 90 Minuten (2 Testteile)
BADYS Kurzformen benötigen 50 bis 60 Minuten

Testmaterialien:
Aufgaben- und Protokollheft für Testleiter
Testheft für schriftlich zu bearbeitende Aufgaben
Bildvorlagenbuch mit Beispielen, mündlichen Aufgaben

73 IWLP Weiterbildung Lerntherapie 2012


Auswertung: Bewertungsbogen BADYS
Roh- Prozentrang T - Wert Profil Prozentrang
Subskalen
wert (N ormenheft) (N ormenheft) 0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100

Visuell-Räuml. Grundfert. VRG 9 38 45 X

Gedächtnisleistungen GED 5 20 40 X
Mathematische Begriffe MB 4 23 41 X

Mengenerfassung ME 3 6 32 X

Zahlerfassung ZE 11 19 40 X

Addition/Subtraktion ADSU 13 12 38 X

Multiplikation/Division MUDI 6 7 34 X
Umgang mit Maß en UMA 2 6 33 X

PR ges. 5 X
Gesamtwert RW ges. 53 T-Wert ges. 34 Besonders auffällig:
T-Band Mengenerfassung, MUDI, Maße
PR ges. 8 X
Gesamtw ert Kurzform RW ges. 33 T-Wert ges. 35
T-Band

Kontrollvariable
Bearbeitungsgeschw.
KVB 10 50 48 X

Dyskalkulie 1. Im Gesamtw ert beträgt der Prozentrang kleiner oder gleich PR 10.
PR  10 2. Im Gesamtw ert Kurzform beträgt der Prozentrang kleiner oder gleich 10.

Rechenschwierigkeiten 1. Im Gesamtw ert beträgt der Prozentrang kleiner oder gleich PR 25.
PR  25 2. Im Gesamtw ert Kurzform beträgt der Prozentrang kleiner oder gleich 25.

74 IWLP Weiterbildung Lerntherapie 2012


FALLBEISPIEL FÖRDERBEDARF VRG

BADYS - Untertests Klasse 1+ Klasse 2+ Klasse 3+


Summenwerte max krit. RW max krit. RW max krit. RW

Visuell-Räuml. Grundfertigk. 19 10 13 8 9 12 6
Räumliche Vorstellung 6 3 7 4 5 6 3
Raumlagebeziehungen 6 3 6 4 4 6 3
Seriationsleistungen 7 4

Visuell-Räumliche Grundfertigkeiten Qualitative Bewertung Max. Rohwert Erreichter


VRG und Beobachtungen pro JGS Rohwert
1+ 2+ 3+ 4+
Räumliche Vorstellung
VRG - 1 Muster ergänzen sicher 3 3 2 2 2
VRG - 3 Figur-Grund-Wahrnehmung 1 1 1
VRG - 5 Körpernetze 4
VRG - 7 a Teilfiguren ergänzen zögernd 2 2 2 2 1
VRG - 7 b W ürfel ergänzen 1 2 2 1
Raumlagebeziehungen
VRG - 2 Volumen einzeichnen 2 2 2 2 2
VRG - 6 a Linienmuster - nachzeichnen 2 2 2 2
VRG - 6 b Linienmuster - spiegeln unsystemat., hilflos 2 2 2 2 0

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FALLBEISPIEL FÖRDERBEDARF GED

BADYS - Untertests Klasse 1+ Klasse 2+ Klasse 3+


Summenwerte max krit. RW max krit. RW max krit. RW

Gedächtnisleistungen 8 4 10 6 5 8 5
vorwärts 4 2 6 3 2 4 2
rückwärts 4 2 4 2 3 4 2

Gedächtnisleistungen Qualitative Bewertung Max. Rohwert Erreichter


GED und Beobachtungen pro JGS Rohwert

1+ 2+ 3+ 4+
Gedächtnisleistungen vorwärts zögernd, unsicher
GED - 1 a Würfelpunkte 2 3 2 2 1
GED - 1 b Formen 2 3 2 2 1
Gedächtnisleistungen rückwärts
GED - 2 a Würfelpunkte 2 2 2 2 1
GED - 2 b Formen 2 2 2 2 2

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FALLBEISPIEL FÖRDERBEDARF MB

BADYS - Untertests Klasse 1+ Klasse 2+ Klasse 3+


Summenwerte max krit. RW max krit. RW max krit. RW

Mathematische Begriffe 8 5 7 5 4 7 5
Zahl-/Operationsbegriffe 2 1 3 2 1 3 2
Positionsbegriffe 3 1 2 1 2 2 1
Begriffe der zeitlichen Abfolge 3 2 2 1 1 2 1

Mathematische Begriffe Qualitative Bewertung Max. Rohwert Erreichter


MB und Beobachtungen pro JGS Rohwert

1+ 2+ 3+ 4+
MB - 1 a Zahlbegriffe "ungerade" unbekannt 1 1 1 0
MB - 1 b Operationsbegriffe 2 2 2 3 1
MB - 2 Positionsbegriffe gute Orientierung 3 2 2 2 2
MB - 3 Begriffe der zeitlichen Abfolge 3 2 2 2 1
Gesamtrohwert MB 8 7 7 8 4

77 IWLP Weiterbildung Lerntherapie 2012


FALLBEISPIEL FÖRDERBEDARF ME

BADYS - Untertests Klasse 1+ Klasse 2+ Klasse 3+


Summenwerte max krit. RW max krit. RW max krit. RW

Mengenerfassung 9 5 8 5 3 8 5
Mengenschätzen 4 2 3 2 2 3 2
Wahrnehmungskonstanz 2 1 2 1 0 2 1
strukturierte Mengen 3 1 3 2 1 3 2

Mengenerfassung Qualitative Bewertung Max. Rohwert Erreichter


ME und Beobachtungen pro JGS Rohwert

1+ 2+ 3+ 4+
Mengen Schätzen
ME - 1 a Freies Schätzen 1 1 1 1 1
ME - 1 b Schätzen mit Vorgabe 1 1 1 1 0
ME - 1 c Schätzen konzeptuell 1 1 1 1
Mengen Schätzen 4 3 3 2 2
ME - 3 Wahrnehmungskonstanz optisch größere Menge 2 2 2 2 0
ME - 4 Strukturierte Mengen Struktur nicht nutzend 3 3 3 3 1

78 IWLP Weiterbildung Lerntherapie 2012


FALLBEISPIEL FÖRDERBEDARF ZE
BADYS - Untertests Klasse 1+ Klasse 2+ Klasse 3+
Summenwerte max krit. RW max krit. RW max krit. RW

Zahlerfassung 19 12 21 13 11 22 15
Zählfertigkeiten 3 2 2 1 2 3 2
Stellenwertsystem 5 2 7 3 4 7 5
Orientierung im Zahlenraum 5 3 6 3 2 8 4
Ungleichungen 6 4 6 4 3 4 3

Zahlerfassung Qualitative Bewertung Max. Rohwert Erreichter


ZE und Beispiele pro JGS Rohwert
1+ 2+ 3+ 4+
Stellenwertsystem
ZE - 2 a Tabelle 3 3 3 2 3
ZE - 2 b Schreibweise Stellentausch 2 2 2 2 0
ZE - 2 c Verständnis 2 2 2 1
Orientierung im Zahlenraum
ZE - 3 aNachbarzahlen 1 1 1 2 0
ZE - 3 bNachbarstellen 1 2 2 0
ZE - 3 c Zahlen erkennen 2 2 2 2 1
ZE - 3 d Zahlen einzeichnen 2 2 3 3 1
Ungleichungen
ZE - 4 a Zahlenvergleich 2 2 2
ZE - 4 b Verständnis für Ungleichungen unsicher, wenig Orient. 4 4 4 1

79 IWLP Weiterbildung Lerntherapie 2012


FALLBEISPIEL FÖRDERBEDARF ADSU
BADYS - Untertests Klasse 1+ Klasse 2+ Klasse 3+
Summenwerte max krit. RW max krit. RW max krit. RW

Addition und Subtraktion 20 13 26 17 13 32 21


Operationsverständnis 4 2 5 3 2 9 4
Addition 5 4 6 4 3 7 5
Subtraktion 5 3 6 4 4 7 4
Ergänzungsaufgaben 6 3 9 5 4 9 7

Addition und Subtraktion Qualitative Bewertung Max. Rohwert Erreichter


ADSU und Beobachtungen (RW) pro JGS Rohwert
1+ 2+ 3+ 4+
Operationsverständnis
ADSU - 1 Zahlzerlegung überfordert, nur 18=11+7 2 2 2 2 0
ADSU - 6 Gleichungen 2 3 3 3 2
Addition
ADSU - 2 Kopfrechnen zählend, Zeit! 5 6 6 6 3
Subtraktion
ADSU - 2 Kopfrechnen 5 6 6 6 4
Ergänzungsaufgaben
ADSU - 3 Ergänzungsaufgaben gutes Verst. ohne ZÜ 6 9 9 9 4

80 IWLP Weiterbildung Lerntherapie 2012


FALLBEISPIEL FÖRDERBEDARF MUDI
BADYS - Untertests Klasse 1+ Klasse 2+ Klasse 3+
Summenwerte max krit. RW max krit. RW max krit. RW

Multiplikation und Division 13 9 6 22 16


Operationsverständnis 5 4 2 5 3
Multiplikation 4 3 3 7 6
Division 4 2 1 10 7

Multiplikation und Division Qualitative Bewertung Max. Rohwert Erreichter


MUDI und Beispiele pro JGS Rohwert

1+ 2+ 3+ 4+
Operationsverständnis
MUDI - 1 a Multiplikation - Punktbilder Punktbild falsch 3 3 2
MUDI - 1 b Division - Punktbilder 2 2 2 0
MUDI - 6 a Rechenweg schriftliche Multipl. 1
Rechenweg schrifltiche Division 1
Multiplikation
MUDI - 2 a Verdoppeln 8 ist Lieblingszahl 1 1 1
MUDI - 3 a Kopfrechnen Speicherprobleme 3 3 4 2
Division
MUDI - 2 b Halbieren orientierungslos 1 1 0
MUDI - 3 b Kopfrechnen 3 3 4 1

81 IWLP Weiterbildung Lerntherapie 2012


FALLBEISPIEL FÖRDERBEDARF UMA

BADYS - Untertests Klasse 1+ Klasse 2+ Klasse 3+


Summenwerte max krit. RW max krit. RW max krit. RW

Umgang mit Maßen 5 4 12 6 2 16 9


Zeitliche Orientierung 5 4 9 4 1 7 3
Maße 3 1 1 9 5

Umgang mit Maßen Qualitative Bewertung Max. Rohwert Erreichter


UMA und Beobachtungen pro JGS Rohwert

1+ 2+ 3+ 4+
Zeitliche Orientierung
UMA - 1 Zeitpunkte keine kalender. Orient. 1 2 0
UMA - 2 a Uhrzeit und Tageszeit 2 3 3 2 1
UMA - 2 b Uhrzeit einzeichnen orientierungslos 2 4 4 4 0
Maße
UMA - 3 a Zeiteinheiten umrechnen 1 2 2 0
UMA - 3 b Längen schätzen sehr unsicher 2 4 4 1
UMA - 3 c Einheiten umrechnen 3 4 1

82 IWLP Weiterbildung Lerntherapie 2012


BADYS Bewertungsbogen differenziert

B AD YS - U nte rte sts Kla sse 1+ Kla sse 2+ Kla sse 3+ Kla sse 4+ 5+
S um m enwerte m a x k rit. RW m a x k rit. RW m a x k rit. RW m a x krit4 + krit5 + RW

Visue ll-R äuml. G rundfe rtigk. 19 10 13 8 12 6 14 8 9


Räum lic he V ors tellung 6 3 7 4 6 3 10 6 7
Raum lagebeziehungen 6 3 6 4 6 3 4 2 2
S eriations leis tungen 7 4

G e dächtnisle istunge n 8 4 10 6 8 5 8 4 5
vorwärts 4 2 6 3 4 2 4 2 2
rüc k wärts 4 2 4 2 4 2 4 2 2

M athe matische B e griffe 8 5 7 5 7 5 8 5 6


Zahl-/Operations begriffe 2 1 3 2 3 2 4 2 3
P os itions begriffe 3 1 2 1 2 1 2 1 2
B egriffe der z eitlic hen A bfolge 3 2 2 1 2 2 2 2 2

M e nge ne rfassung 9 5 8 5 8 5 7 4 4
M engens c hätz en 4 2 3 2 3 2 2 1 1
W ahrnehm ungs k ons tanz 2 1 2 1 2 1 2 1 1
s truk turierte M engen 3 1 3 2 3 2 3 1 2

Zahle rfassung 19 12 21 13 22 15 15 7 8
Zählfertigk eiten 3 2 2 1 3 2
S tellenwerts y s tem 5 2 7 3 7 5 6 3 3
Orientierung im Zahlenraum 5 3 6 3 8 4 9 4 5
Ungleic hungen 6 4 6 4 4 3

Addition und Subtraktion 20 13 26 17 32 21 35 21 24


Operations vers tändnis 4 2 5 3 9 4 11 5 6
A ddition 5 4 6 4 7 5 7 5 5
S ubtraktion 5 3 6 4 7 4 8 4 5
E rgänz ungs aufgaben 6 3 9 5 9 7 9 6 7

83 IWLP Weiterbildung Lerntherapie 2012


Bewertungsbogen (Verhaltensbeobachtungen)
Beobachtungen UNTERTEST
VRG GED MB ME ZE ADSU MUDI UMA

Arbeitsverhalten
spontan, sicher X X Mal X
planvoll
zögernd, unsicher X X X X X
unsystematisch Spieg. X X
orientierungslos Spieg. X Teilen X
selbstkorrigierend X
Arbeitstempo
schnell
durchschnittlich X X X
langsam X X X
extrem langsam X X
Zählfertigkeiten
automatisiertes Zählen X X
stockendes Zählen
Umgang mit Mengen
gute Nutzung von
Mengenstrukturen
keine Nutzung von
Mengenstrukturen X
geringe Abweichung beim
Schätzen
deutliche Abweichung beim
Schätzen
Rechenfertigkeiten
automatisiertes Rechnen
offen zählendes Rechnen
verdeckt zählendes Rechnen X
Grafomotorische
Fertigkeiten
ungenaue Linienführung beim
Nachzeichnen / Spiegeln

Sonstiges
Verhalten Das Mädchen verhält sich insgesamt sehr vorsichtig, zögerlich,
Rechnen Ihre Stimme ist kaum zu hören.
Mathematisch fühlt sie sich im größeren Zahlenraum und
Divisionen recht hilflos. Selbst bei kleinen Mengen hat sie
Schwierigkeiten diese simultan zu erfassen.

84 IWLP Weiterbildung Lerntherapie 2012


Computergestützte Auswertung

 Automatische Zuordnung
der Rohwerte zu den
jeweiligen Aufgaben-
gruppen

 Testergebnisse können
grafisch veranschaulicht
und ausgedruckt werden

 Lösungsschablonen für
numerisches Rechnen
und Bearbeitungsgeschwind.

85 IWLP Weiterbildung Lerntherapie 2012


GÜTEKRITERIEN der BADYS

• OBJEKTIVITÄT
 genaue Testinstruktionen
 Auswertungsschema für Testauswertung

• ZUVERLÄSSIGKEIT (RELIABILITÄT)
 Cronbach‘s Alpha .90 bis .92

• GÜLTIGKEIT (VALIDITÄT)
Übereinstimmung des rechnerischen Testteils
 mit Mathenote: r = -.64 bis -.70
 mit Schulleistungstest: r = .61 / .80 (DEMAT 1+/2+)
r = .66 bis .72 (HRT, Klasse 3/4)

86 IWLP Weiterbildung Lerntherapie 2012


Erstellung eines Therapieplans

• Welche Fehlerarten liegen vor? (Grundaufbau


oder Förderung spezifischer Probleme)
• Prioritäten festlegen (Sicherung des Mengen- und
Zahlverständnisses vor Aufbau der Grundrechenarten)
• Schritte der Förderplanung z.B. orientierend am
Aufbau der BADYS (Subtest 4 bis 8)
• Welche Bereiche müssen begleitend berücksichtigt
werden? (Wahrnehmung, Gedächtnis, …)
• Welche Interventionen sind im emotional-motivationalen
Bereich einzuplanen?

87 IWLP Weiterbildung Lerntherapie 2012


Weiterbildung Dyskalkulie I

Herzlichen Dank für eure Aufmerksamkeit


und Mitarbeit !
Einen schönen Abend noch bzw. gute Fahrt.
Ich freue mich auf ein Wiedersehen
am 9./10. März   
zur Veranstaltung Dyskalkulie II

88 IWLP Weiterbildung Lerntherapie 2012

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