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Der Jüngling

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Dieser Artikel behandelt den Roman. Siehe auch: Der Jüngling (Konrad von Haslau), Lehrgedicht
bzw. Der Jüngling und der Greis.

Der Jüngling (auch: Ein grüner Junge, Junger Nachwuchs, Werdejahre, Ein
Werdender; russisch: Подросток, Podrostok) ist ein 1875 in Russland veröffentlichter
Roman von Fjodor Dostojewski. Neben Schuld und Sühne, Der Idiot, Die Dämonen und Die
Brüder Karamasow zählt die Arbeit zu den fünf „großen“ Romanen, die im Zentrum von
Dostojewskis literarischem Werk stehen. Von diesen ist er der am wenigsten gelesene.[1]

Inhaltsverzeichnis
• 1 Inhalt
o 1.1 Personen
o 1.2 Handlung
o 1.3 Nebenhandlungen
o 1.4 Erzählsituation
• 2 Interpretation
• 3 Entstehung und Veröffentlichung
• 4 Ausgaben
• 5 Verfilmung
• 6 Literatur
• 7 Weblinks
• 8 Einzelnachweise

Inhalt
Personen

Wie in anderen Romanen (Die Brüder Karamasow, Die Dämonen) thematisiert Dostojewskij
auch in „Der Jüngling“ den Vater-Sohn-Konflikt und die Frage nach den wahren und den
falschen Vätern.

Arkadij Makarowitsch Dolgurukij:

Der zum Erzählzeitpunkt 19-jährige Protagonist ist der außereheliche Sohn des adligen
Gutsherren Andrei Wersilow mit dem Dienstmädchen Sofia. Diese ist aus
Versorgungsgründen mit dem viel älteren, ehemaligen Leibeigenen Makar Dolgorukij
verheiratet, der seine Frau an ihren Liebhaber freigibt und auf Pilgerschaft geht. Arkadij lebt
als Kind und Jugendlicher von seinen Eltern getrennt in Moskauer Pensionen und besucht ein
Gymnasium. Der von ihm empfundene Makel seiner „niederen“ Geburt und damit seiner
gesellschaftlichen Außenseiterrolle und seiner familiären Isolation führen immer wieder zu,
teilweise von ihm selbst durch Preisgabe seiner Situation provozierten, Demütigungen durch
seine Mitschüler und Lehrer. Obwohl er intelligent ist und an der Universität studieren
könnte, verwirft er diese Möglichkeit, weil er eine „Idee“ verfolgt: Da ihn
entwicklungsbedingt der Umgang mit anderen Menschen verstört und er sich nach Einsamkeit
sehnt, glaubt er diese nur durch Macht und Reichtum erlangen zu können und ist überzeugt,
„reich wie Rothschild“ werden zu können, wenn er seinen Willen nur stark genug anstrengt
und Kopeke für Kopeke spart. Dabei ist für ihn das Geld nur Mittel zum Zweck: Es geht ihm
vor allem um Autonomie und Freiheit und nicht um den kommerziellen Aspekt oder die
Nutzung des Geldes für einen gehobenen Lebensstandard. Reichtum und Macht als solche
interessieren ihn eigentlich gar nicht. Nach Erlangung des Ziels würde er sein Vermögen
verschenken:

„Ich brauche das Geld nicht, oder sagen wir richtiger, ich brauche nicht das Geld, und nicht
einmal die Macht; ich brauche nur das, was man durch Macht erwirbt und was man auf keine
Weise ohne Macht erlangen kann; und das ist das einsame und ruhige Bewusstsein der Kraft.
Das ist die erschöpfteste Bezeichnung dessen, was man ‚Freiheit‘ nennt und um die sich die
ganze Welt so abquält. ‚Freiheit!‘ Endlich habe ich es hinausgeschrieben, dieses großes Wort
…“

– Der Jüngling, S. 112[2]

Nach der Rückkehr zu seiner Familie nach Petersburg gerät er in ein privates und
gesellschaftliches Spannungsfeld und seine Lebensvorstellungen ändern sich durch einen
Lern- und Reifungsprozess, den er in seinen Aufzeichnungen darstellt.

Andrei Petrowitsch Wersilow:

Arkadijs und Lisas Vater ist ein verarmter Adliger, der sich als 25-jähriger Witwer in Sofia
verliebt. Aus seiner Ehe hat er zwei Kinder (Anna, Andrei). Er hat sein halbes Leben im
europäischen Ausland verbracht und sich dort die „Genfer Ideen“ angeeignet, d. h. die
Gedanken Voltaires und der Aufklärung, die die menschliche Vernunft an die Stelle Gottes
gesetzt haben. Diese Ideen haben Wersilow zu einem einsamen Menschen gemacht.

Für Arkadij ist Wersilow bisher eine geheimnisvolle, interessante Persönlichkeit, die er immer
idealisiert hat. In seinen Aufzeichnungen beschreibt er die Entdeckung des ambivalenten
Charakters des Vaters: Er hat neben dem vernünftigen einen unkontrollierten, von
Leidenschaften besessenen „Doppelgänger“, was sich in seiner Hass-Liebe zu Katerina
Achmakow und der zwischen Trennungen und Rückkehr schwankenden Beziehung zu Sofia
zeigt. Einerseits ist er liebevoll und großzügig zu seiner illegalen Familie, andererseits
vergisst er sie immer wieder, geht seine eigenen Wege und verfolgt seine Interessen.

Auf der Suche nach einer Vaterfigur begegnet Arkadij einem ganzen Spektrum verschiedener
Persönlichkeiten, die charakterlich und ideologisch im Kontrast zu Wersilow stehen:

Nikolai Semjonowitsch:

Bei ihm, seinem väterlichen Freund, und seiner Frau Marja wohnt der Gymnasiast in seiner
Moskauer Zeit. Ihm gibt er seine Aufzeichnungen zu lesen und bittet um seine Meinung, die
ihm dieser in den im letzten Romanabschnitt, gewissermaßen dem Schlusswort, abgedruckten
Briefauszügen mitteilt. In Arkadijs „zufälliger“ Familie sieht er keinen Einzelfall, sondern
einen Typus seiner Zeit der sich auflösenden Ordnung und des falschen Fortschritts durch
„dumme und lächerliche Utopien“.
Fürst Nikolai Sokolskij:

Bei ihm ist Arkadij anfänglich als Privatsekretär, eigentlich jedoch als Gesprächspartner und
junger Freund angestellt. Er repräsentiert das großherzige aristokratische Mäzenatentum,
indem er z. B. junge Mädchen mit Mitgift ausstattet, damit sie standesgemäß heiraten können.
Zeitweise führt ihn die Großzügigkeit in verschwenderische Grenzsituationen, die dazu
führen, dass seine Tochter erwägt, ihn für unmündig erklären zu lassen.

Makar Dolgorukij:

Sofias Ehemann kehrt nach langer Pilgerschaft todkrank zu ihrer Familie zurück und
beeindruckt Arkadij durch sein orthodoxes Christentum der Nächstenliebe, der Vergebung
und der Bedürfnislosigkeit, das frei ist von den materiellen äußerlichen Ansprüchen und
Normen der Gesellschaft. Er beeinflusst Arkadij zu einer Revision seiner Idee, durch
Reichtum Autonomie und Freiheit zu erreichen.

Die sich im Romanverlauf zunehmend differenzierende Vater-Sohn-Beziehung ist beeinflusst


durch das Spektrum der dabei beteiligten Frauen, das typisch ist für Dostojewskis Romane:

Sofia Dolgorukij und ihre Tochter Lisa:

Sofia ist Vertreterin der Dienstpersonalschicht, deren Vorfahren Leibeigene waren. Sie und,
in Wiederholung ihres Schicksals, Lisa haben eheähnliche Verhältnisse mit Adligen und sind
in deren Kreisen nicht als gleichwertig anerkannt. Als Dostojewski'scher Frauentypus zählen
sie dagegen zu den moralisch am höchsten stehenden Menschen, denn sie verkörpern als
aufopferungsbereite, alles verstehende und verzeihende Liebende die Form der Agape. Sofia
erträgt alle Demütigungen und ist sogar bereit, einer Ehe Wersilows mit Katerina bzw. deren
kranker Stieftochter Lydia zuzustimmen. In ähnlicher Weise steht Lisa auch nach seiner
Verhaftung zu ihrem Geliebten, dem durch seine Spielsucht verschuldeten und wegen Betrugs
angeklagten jungen Fürsten Serjosha Sokolskij, und kümmert sich um dessen Kind aus der
Affäre mit Lydia Achmakowa.

Katerina:

Die Tochter des alten Fürsten Sokolskij und junge Witwe des Generals Achmakow
repräsentiert als elegante Gesellschaftsdame die Kategorie des Eros. Sie genießt die Formen
des standesgemäßen adligen Lebens und wird lange Zeit von Arkadij, unter dem Einfluss
seines Vaters, ohne dessen Motive zu kennen, einerseits als substanzloses, am Geld des
Vaters interessiertes Wesen angesehen, andererseits wegen ihrer edlen Erscheinung geliebt.
Die zügellose leidenschaftliche Liebe Wersilows weist sie vernunftorientiert als für beide
zerstörerisch und lebensbedrohend ab. Ebenso erkennt sie die finanziellen Interessen, die
hinter Baron Bjorings Werbung stecken und bereut ihren Brief an ihren Bekannten
Andronikow, in dem sie um Rat für eine eventuelle Entmündigung ihres damals geistig
verwirrten Vaters gebeten hat.

Anna:

Wersilows eheliche Tochter bleibt für Arkadij lange ein Rätsel. Er sieht sie, Katerina ähnlich,
als vorwiegend materiell orientiert und vermutet, allerdings zu Unrecht, dass sie zielgerichtet
und intrigant, zusammen mit ihrem Bruder Andrei und dem Betrüger Lambert, eine
Versorgungsehe mit dem alten Fürsten ansteuert. Hintergrund ihrer Versuche, das Dokument
von Arkadij zu erhalten, ist jedoch die Befürchtung, dass Sokolskij von seiner durch Baron
Bjoring beeinflussten Tochter in einem Pflegeheim isoliert und entmündigt wird.

Handlung

Die von Arkadij in seinen Aufzeichnungen erzählte, ca. drei Monate dauernde Haupthandlung
beginnt mit der Rückkehr des 19-jährigen, bisher in Moskau lebenden Gymnasiasten zu seiner
Familie, die in einem Dauerzustand von ihrer Wohltäterin und entfernten Verwandten Tatjana
Prutkowa finanziell gestützt wird, nach Sankt Petersburg. Wersilow möchte seinen Sohn
kennenlernen, Arkadij begegnet ihm in einer Mischung aus Ablehnung und Bewunderung.

Der Jüngling ist nicht nur auf der Suche nach seinem Vater, den er durch eine einmalige
Begegnung in seiner Kinderzeit als strahlende Märchenfigur in Erinnerung hat, die ihn erlösen
könnte, sondern auch nach seinem Lebensziel. In dieser Zeit der Orientierungslosigkeit
kommt er in Kontakt mit verschiedenen gesellschaftlichen und ideologischen Gruppen: ein
Kreis von Anhängern der Revolution (Wassin, Dergatschow, Krafft), großspurige
Verschwender und Spieler (Fürst Serjosha), adlige Wohltäter (Fürst Sokolskij, Tatjana
Prutkowa), auf Mieteinnahmen angewiesene Wirtsleute (Pjotr Ippolitowitsch) bzw. verarmte
Witwen (Darja) und ihre Kinder (Olga), Lamberts Bande. V. a. Arkadijs gemischte Familie ist
ein Abbild der verschiedenen sozialen und persönlichen Konfliktfelder und gesellschaftlicher
Strukturen.

Arkadij interessiert sich für die vernunftorientierten, aufgeklärten Ideen des Vaters, die im
Gegensatz stehen zu dessen aufwändigem Lebenswandel und der Vernachlässigung seiner
Familie. Zur Zeit prozessiert er wegen einer Erbschaft gegen Namensverwandte seines
früheren Freundes Fürst Sokolskij, mit dessen Tochter Katerina ihn ein Hass-Liebesverhältnis
verbindet. Durch zwei ihm übergebene Briefe wird Arkadij in beide Konflikte hineingezogen.
Das eine Dokument, das den Anspruch der Prozessgegner Wersilows stützt, übergibt er dem
Vater, worauf dieser, trotz seiner finanziellen Nöte, auf das inzwischen ihm vom Gericht
zugesprochene Geld verzichtet und dadurch die Bewunderung des idealistischen Sohnes
erreicht. Den anderen Brief, der Katerina belastet, ihren alten und verschwenderischen Vater
evtl. für unzurechnungsfähig erklären zu lassen, hält er dagegen zurück und ist, wegen der für
ihn undurchschaubaren personalen Beziehungen, unsicher, ob er ihn als Kampfmittel
einsetzen soll. Sowohl Wersilow als auch dessen legale Tochter Anna sind an diesem Brief
interessiert, denn wenn Nicolai Sokolskij von den Überlegungen seiner Tochter erführe,
könnte er sie in seiner Enttäuschung und seinem Zorn enterben. Im Besitz des Briefes kann
Anna also Katerina drohen, sich nicht ihrer Heirat mit dem alten Fürsten entgegenzustellen,
und der eifersüchtige Wersilow wäre in der Lage, eine Vermählung Katerinas mit Baron
Bjoring zu verhindern.

Die Entscheidung, wem er das Dokument überlässt, liegt nun allein bei Arkadij. Anna fühlt er
sich verbunden, weil sie seine Halbschwester ist, aber in Katerina verliebt er sich. Diese
punktuelle Freiheit und Macht, in deren Genuss er so unerwartet gelangt ist, versetzt ihn in
Ekstase: Genau diesen Zustand hatte er mit seiner „Idee“ erreichen wollen (die für ihn damit
hinfällig wird). In der Gesellschaft, in der er nun lebt, erweist Geld sich aber als eine die
Menschen korrumpierende Gefahr. Arkadij lässt sich in seiner Entwicklungsphase davon
anstecken, borgt Geld (Serjosha), lebt über seine Verhältnisse (Kleidung, Mietskutsche), gerät
unter Gauner (Stebeljkow, Lambert) und gibt sich dem Glücksspiel hin.

Am Ende verliert Arkadij das Dokument an den Dieb Lambert, der es erst Anna, dann
Katerina zum Kauf anbietet. In einem turbulenten Finale wird jedoch die Intrige entlarvt und
dadurch die allgemeine Katastrophe aufgehalten: Lambert und seine Helfer müssen fliehen,
Arkadij hindert den wahnsinnigen Wersilow an der Tötung Katerinas, dieser verletzt sich bei
seinem Selbstmordversuch und wird von seiner Frau Sonja und seiner Tochter Lisa, die
sowohl ihren Freund Serjosha als auch ihr gemeinsames Kind verloren hat, gepflegt. Anna
und Katerina zeigen sich nach dem Tod des Fürsten als edle Menschen in Großzügigkeit bzw.
Verzicht. Arkadij findet mit Hilfe seiner Aufzeichnungen zu sich selbst, beginnt ein Studium
an der Universität und wird sich wohl eher an den Ideen seines Namensgebers Makar
Dolgorukij als an denen seines biologischen Vaters Wersilow orientieren.

Nebenhandlungen

In der komplexen Romanstruktur verbinden Motive, z. B. des Wahnsinns, der Duellforderung,


des Selbstmords aus Ehre und Verzweiflung, Haupt- und Nebenhandlungen. Beispiele dafür
sind Personen, denen Arkadij im Laufe der Handlung begegnet: der Selbstmörder Kraft, der
sich erschießt, um seine obsessive Idee zu beweisen, dass der Russe ein zweitrangiges Wesen
sei, oder die junge, mit ihrer Mutter Darja in Petersburg gestrandeten Olja (Olä), die ihr Leben
verzweifelt durch Nachhilfestunden zu finanzieren sucht und sich aus Ehrgefühl erhängt,
nachdem der mitleidige Wersilow ihr Geld gegeben hat, das sie, in einem Missverständnis, für
einen Vorschuss auf Liebesdienste hält.

Erzählsituation

Der Protagonist Arkadij erzählt in der Ich-Form die Geschichte seiner Entwicklung vom
naiven Jugendlichen zum durch seine Fehler und Fehleinschätzungen der gesellschaftlichen
Strukturen geläuterten neuen Menschen und legt somit selbstkritisch Rechenschaft ab. Dieser
Prozess von einem sich selbst überschätzenden, sprunghaften und in seinen unreifen
Anschauungen (seine „Idee“ und ihre Realisierung) und Beurteilungen der Menschen (z. B.
Wersilows, Serjoshas, Lamberts und seiner Kumpane) widersprüchlichen Adoleszenten zu
einer charakterlich gefestigten Persönlichkeit mit einem ethisch-selbstverantwortlichen
Lebensziel (Studium, Religion) wird auch durch die unterschiedlichen Sprachebenen der
Aufzeichnungen gespiegelt. Aber das ist nur die eine Seite seiner Versuche, die Situation
angemessen zu erfassen. Die andere Seite ist sein Kampf mit der Stofffülle. Immer wieder
unterbricht er die Handlungswiedergabe, um den Leser über ihm zum damaligen Zeitpunkt
unbekannte Biographien, Beziehungsgeflechte und ihm von den Personen verschwiegenen
Zusammenhänge (z. B. Lisas Verhältnis zu Serjosha und ihre Schwangerschaft, Wersilows
ambivalente Leidenschaft für Katharina Achmakow und seine verschiedenen Heiratspläne) zu
informieren. Wie Fürst Myschkin, die Hauptfigur des Romans „Der Idiot“, verstrickt sich
Arkadij in der etwa drei Monate dauernden Haupthandlung in Petersburg in eine
unüberschaubare labyrinthische Welt mit schwer durchschaubaren Vorgängen und nicht
beeinflussbaren schicksalhaften Entwicklungen, doch er findet nach einer Situationsanalyse
einen Zukunftsaspekt, den zu realisieren ihn Nikolai, sein Pensionsvater aus der Moskauer
Gymnasialzeit, in seinem als Schlussabschnitts des Romans abgedruckten Brief ermutigt.

Interpretation
Zentrales Thema des Romans ist eine gestörte Kommunikationssituation, die als Ursache,
Symptom und Folge einer ins Chaos gleitenden Gesellschaft zu verstehen ist. Ihren Ausdruck
findet sie im Schweigen der Figuren (etwa zwischen Wersilow und Sonja) ebenso wie in der
ziellosen Geschwätzigkeit Arkadijs.[3] Die zeitgenössische Gesellschaft befindet sich in einem
Zustand fundamentaler Unordnung und des Verfalls, und der Roman zeigt, wie die junge
Generation in den Wirbel des Chaos gezogen wird.[4] Sämtliche sozialen Bindungen lösen
sich auf, am augenfälligsten die Institution der Familie: Arkadij hat einen biologischen und
einen juristischen, aber keinen sozialen Vater; Vater (Wersilow) und Sohn (Arkadij) werben
um dieselbe Frau (Katharina); Wersilows Tochter möchte Katharinas Vater heiraten und
würde dadurch potenziell zur Schwiegermutter ihres eigenen Vaters.[5] Alle Figuren der
Handlung sind isoliert.[6]

Wie alle fünf großen Romane ist auch für den Jüngling eine hohe Intertextualität
charakteristisch. Der Geständnischarakter, den die Erzählung streckenweise hat, bezieht sich
zum Beispiel auf Rousseaus Confessions.[7]

Entstehung und Veröffentlichung


Dostojewski schrieb den Roman in Sankt Petersburg im Anschluss an Die Dämonen und die
Erzählung Bobok. Er bereitete ihn bereits seit Februar 1874 vor und legte, um sich ganz auf
diese Arbeit konzentrieren zu können, im April die Schriftleitung der Zeitung Graschdanin
nieder. Der Jüngling erschien in Fortsetzungen, d. h. als Feuilletonroman, vom Januar 1875
an in der liberalen Monatszeitschrift Otetschestwennye Sapiski.[8] Dostojewski schloss die
Arbeit Ende 1875 ab und wandte sich Anfang 1876 wieder seinem „Tagebuch“ zu.[9]

Die erste Übersetzung des Romans ins Deutsche besorgte W. Stein (Junger Nachwuchs,
1886).

Ausgaben
• Junger Nachwuchs. Wilhelm Friedrich, Leipzig 1886 (3 Bände. Übersetzt von W.
Stein).
• Der Jüngling. Piper, München 1922 (Übersetzt von E. K. Rahsin).
• Ein Werdender. Martin Maschler, Berlin, S. 423 (ohne Jahresangabe um 1925,
Übersetzt von C. Hartz).
• Der Jüngling. 2. Auflage. Deutscher Taschenbuch Verlag, München 1981, ISBN 3-
538-05049-X (Erstausgabe: 1979, Übersetzt von Marion Gras-Racić).
• Der Jüngling. 1. Auflage. Insel, Frankfurt am Main 1997, ISBN 3-458-33590-0
(Übersetzt von Hermann Röhl).
• Werdejahre, vollst. Ausg. Gütersloh (o. J.) übertragen von Hermann Röhl
• Ein grüner Junge. Amman Verlag, Zürich 2006 (Übersetzt von Swetlana Geier).

Verfilmung
• Podrostok (Fernseh-Mehrteiler, UdSSR 1983), Regie: Jewgeni Iwanowitsch
Taschkow, mit Andrei Jewgenjewitsch Taschkow in der Hauptrolle

Literatur
• Horst-Jürgen Gerigk: Versuch über Dostoevskijs »Jüngling«. Heidelberg 1964
(Doktorarbeit).
• Rudolf Neuhäuser: Nachwort. In: Fjodor M. Dostojewski: Der Jüngling. 2. Auflage.
Deutscher Taschenbuch Verlag, München 1981, ISBN 3-538-05049-X, S. 747–772.

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