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Das Turm- oder Zapfenrechnen: Eine beliebige Startzahl wird gewählt, beispielsweise das heutige
Datum als 7- oder 8-stellige Zahl oder die eigene Matrikelnummer. Die Startzahl wird mit 2
multipliziert, das Ergebnis dann mit 3, 4 usw. bis 9. Anschließend soll wiederum der Reihe nach durch
2, 3, usw. bis 9 dividiert werden. Das Schlussergebnis sollte sich mit der Startzahl decken.
Der Schwierigkeitsgrad kann beliebig gesteuert werden, indem eine mehr oder
weniger große Startzahl gewählt wird. Alle Ergebnisse zusammen aufeinander-
geschichtet ergeben gleichsam die Gestalt eines Turms (Abb. 1) oder gebauchten
Zapfens (Abb. 2), dessen unterste Zahl gleich der obersten sein sollte. Ist dies nicht
der Fall, hat man sich verrechnet.
Die meisten Themen der Schulmathematik lassen sich auf zwei grundsätzlich
verschiedene Arten im Unterricht einbringen. Stellt man die perfekte Rechenleistung
in der Vordergrund, so sind Schnelligkeit und Korrektheit das Ziel der Übung. Nicht
selten bleiben dann die Langsameren und Unsicheren auf der Strecke. Dann ist auch
der Schritt zur Stigmatisierung und Ausgrenzung nicht mehr weit. Der Mathematik-
unterricht erzeugt so eine Schädigung, die ein Leben lang bestehen bleiben kann.
Dieser Gefahr will das Dialogische Lernen begegnen, indem es versucht, den
zweiten Aspekt der Schulmathematik den Schülerinnen und Schülern
nahezubringen: Sie sollen die Gelegenheit erhalten, zu Gesetzen und Strategien,
welche einer mathematischen Fragestellung innewohnen, sich in Ruhe Gedanken
machen zu können.
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Von Steffen Zahn - originally posted to Flickr as Zschornewitz, CC BY 2.0,
https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=12405417
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Aus: Gallin, P. & Ruf, U.: Neu entdeckte Rätselwelt. Silva Verlag, Zürich 1981, S. 36
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Prof. Dr. Peter Gallin gedruckt am 3. April 2018 Seite 2 von 4
Im Konzept des Dialogischen Lernens stellt man den Kindern – nicht nur im Fach
Mathematik – zuerst Aufträge, bei denen es primär nicht um das Lösen einer
Aufgabe geht, sondern darum, seine eigenen Gedanken zu verschiedenen
Möglichkeiten der Bearbeitung des Themas zu Papier zu bringen. Werden solche
Beiträge, die vorzugsweise in einem Lernjournal festgehalten werden, innerhalb einer
Lerngruppe ausgetauscht und diskutiert, beispielsweise mit dem Instrument der
„Autographensammlung“, dann entfaltet das (mathematische) Thema sein
eigentliches Potenzial und kann einen spannenden und nachhaltigen Beitrag zur
Bildung leisten, ohne Stress oder Panik aufkommen zu lassen. Weil alle Kinder der
Lerngruppe einen Beitrag auf ihrem Niveau leisten können, profitieren nicht nur die
Lauten und Schnellen, sondern auch die Gemächlicheren und Stillen.
So soll gerade am Beispiel vom Turm- oder Zapfenrechnen gezeigt werden, wie
echte mathematische Bildung mit diesem Thema möglich gemacht werden kann. Als
reine Übung im schriftlichen Rechen verzeiht das Turm- oder Zapfenrechnen keinen
einzigen Rechenfehler. Ist das Resultat falsch, ist kaum auszumachen, wo und
warum ein Fehler passiert ist. So kann gerade dieses alltägliche Phänomen, nämlich
Rechenfehler zu machen, zum zentralen Thema der Beschäftigung mit dem Zapfen-
oder Turmrechnen erhoben werden.
••• Nehmen wir an, du hast eine Turm- oder Zapfenrechnung einmal mit Erfolg
durchgeführt und möchtest die Zunahme von der Startzahl über alle
Zwischenergebnisse bis zum Maximum in einem xy-Koordinatensystem
graphisch darstellen. Wie musst du die y-Achse beschriften, damit alle Werte
auf dem Papier Platz haben? Gibt es eine Möglichkeit für eine unkonventionelle
Beschriftung der y-Achse, damit ein sanfter Anstieg der Kurve sichtbar wird
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Prof. Dr. Peter Gallin gedruckt am 3. April 2018 Seite 3 von 4
anstelle des explosionsartigen Anstiegs, der sich mit einer normal beschrifteten
y-Achse ergibt? Beschreibe und zeichne!
Wichtig ist, dass nach der Bearbeitung eines solchen Auftrags – sei es zuhause oder
in der Schule – alle Journaltexte von der Lehrperson eingesammelt und gesichtet
werden. Aus besonders interessanten Beiträgen – das können durchaus auch solche
mit Fehlern sein – stellt sie eine Autographensammlung her, verteilt diese in der
nächsten Unterrichtsstunde der ganzen Lerngruppe, bespricht die aufgetretenen
Aspekte und hält auch wichtige Einsichten schriftlich für alle fest. Vielleicht kann sie
sogar aufgrund dieser Beiträge einen „Folgeauftrag“ formulieren und den Kindern
stellen.
Die Kernidee der ersten Aufträge liegt im Kommutativ- und Assoziativgesetz der
Multiplikation: Die höchste Zahl kann direkt aus der Startzahl gewonnen werden
durch Multiplikation mit 9! (sprich „9-Fakultät“: 9! = 1·2·3·4·5·6·7·8·9 = 362'880). Man
darf also zuerst die gewünschten Faktoren miteinander multiplizieren, um erst
anschließend mit der Startzahl zu multiplizieren. Auf diese Weise lässt sich jedes
Zwischenergebnis einzeln überprüfen. Schließlich zeigt Abb. 4 eine Darstellungs-
möglichkeit der in Abb. 3 berechneten Zwischenergebnisse mit einer logarithmisch
skalierten y-Achse, welche die rasante Zu- resp. Abnahme der Werte dämpft.
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Prof. Dr. Peter Gallin gedruckt am 3. April 2018 Seite 4 von 4
Abb. 4: Darstellung der Zu- resp. Abnahme der Zwischenergebnisse mit logarithmischer Skala
Wenn man in Abb. 3 genau hinschaut, dann erkennt man, dass im oberen, blauen
Teil die linke Kontur der rechtsbündig notierten Zahlen auch in der Art gebogen ist,
wie es die linke Graphik von Abb. 4 zeigt, – sofern man diese vertikal spiegelt und
mit 90° im Uhrzeigersinn dreht –, während der untere, bräunliche Teil anders herum
gekrümmt ist, nämlich so wie die ebenso gespiegelte und gedrehte rechte Graphik
von Abb. 4. Dies rührt daher, dass die Länge der im Dezimalsystem geschriebenen
Zahlen auch logarithmisch mit ihrem Wert wächst, so wie in Abb. 4 in y-Richtung
auch die Logarithmen der eigentlichen Werte der Zwischenergebnisse aufgetragen
werden. Der im dritten Teilauftrag erwähnte sanfte Anstieg resp. Abfall kann also
bereits direkt im Turm- oder Zapfenbild aufgrund der Länge der Zwischenergebnisse
gesehen werden.
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