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Anfangen
Unterwegs sein
Ankommen
15 Jahre
«Lehrer 24
um die 40»
Das Seminar war gedacht
als Standortbestimmung, unter
anderem auch im Sinn einer
Aus der Optik des Mathematiklehrers, Fachdi- sogar die bauliche Einteilung der Schule lassen das vermehrte Testen, um zu überprüfen, ob
daktikers und Mitbegründers des Dialogi- einen leicht resignieren. Zum anderen betref- gewisse Kompetenzen erzielt worden sind. Da-
schen Lernens beobachte ich, was in den fen die Vorschläge immer nur ein verbessertes bei betreffen diese Tests in aller Regel nur Wis-
Medien, den Schulbüchern und offiziellen Pu- Angebot, das von Seiten der Lehrenden für die sen und Können und blenden die von Franz E.
blikationen über das zeitgemässe Lernen und Lernenden gemacht werden kann. Helmut Weinert 2 vorgesehenen personalen und sozia-
die moderne Schule gesagt wird. Bis auf we- Fend, emeritierter Professor der Universität len Kompetenzen aus, die aber nach Lehrplan
nige Leserbriefe und Äusserungen von Politi- Zürich, hat das Verdienst, die Begriffe «Ange- 21 3 mit den fachlichen Kompetenzen zusam-
kerinnen und Politikern sind die gängigen bot» und «Nutzung» mit seinem Angebot-Nut- men das Ziel der Schule ausmachen.
Ideen zur Verbesserung der Schule gut und oft zungs-Modell in die Erziehungswissenschaft
innovativ. Man nimmt auch Erkenntnisse von eingeführt zu haben 1. Unter Nutzung versteht Der zentrale Auftrag:
Hirnforschung und Erziehungswissenschaft man das, was die Schülerinnen und Schüler «Sag mir, wie du die Sache siehst.»
ernst, diskutiert in Foren, hat hervorragende tatsächlich aus dem Unterricht machen, was Die beiden angesprochenen Probleme, nämlich
Lehrmittel und tauscht sogar Materialien für sie lernen und was zu ihrer Bildung geworden › das Ohnmachtsgefühl gegenüber vielen
guten Unterricht aus. ist. Praktisch alle Bemühungen um eine Ver- Neuerungen und Schlagwörtern und
Dabei entstehen aber zwei Probleme. Zum besserung der Schule betreffen aber das Ange- › die wenig hilfreiche und einseitige
einen erzeugt allein die Fülle der Ideen ein bot. Die Nutzung bleibt oft im Dunkeln. Überprüfung der Nutzung durch Tests,
Ohnmachtsgefühl des Einzelnen, besonders Darum wird unter dem Schlagwort «Out- können so angegangen werden, dass die Lehr-
wenn die Vorschläge jenseits der real vorgege- putorientierung» postuliert, dass man eher person regelmässig den Lernenden ein paar
benen Rahmenbedingungen liegen. Man darauf schauen soll, was im Unterricht erzielt ungewohnte Fragen oder Aufträge stellt und
könnte dies und könnte jenes tun, aber Stun- wird, als darauf, was in den Unterricht einge- so etwa wöchentlich verlässliche Informatio-
denplan, Klassengrössen, Heterogenität und geben wird. Ein Nebeneffekt dieser Absicht ist nen zur aktuellen Nutzung ihres Angebots er-
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hält. Das Dialogische Lernen stellt dazu ein Ir Ysebahn sitze die Einte ä so
Konzept zur Verfügung, mit dessen Methoden Dassi alles was chunt scho zum Vorruss gseh cho
die meisten der modernen Anforderungen er- Und dr Rügge zue cheere dr Richtig vo wo
füllt werden können. Gleichzeitig wird der Dr Zug chunnt
Unterricht für Lehrende und Lernende trans-
parent und interessant. Die Andre die sitze im Bank wisawi
Dassi lang no chöi gseh, wo dr Zug scho isch gsi
Kernpunkt eines Dialogs ist der Austausch von Und dr Rügge zue cheere dr Richtig wo hi
Informationen zwischen zwei gleichberechtig- Dr Zug fahrt
ten Dialogpartnern. Dabei wollen beide etwas
vom Gegenüber erfahren und möglicherweise Itz schtellet nech vor, jede bhouptet eifach Peter Gallin (Prof. Dr. sc. math.) studierte
etwas Neues lernen. Der dem Austausch zu- So win ärs gseht, sigs richtig und scho heisi Krach Theoretische Physik an der ETH. Er war Mathematik-
grunde liegende zentrale Auftrag heisst also Si gäbe enander mit Schirme ufds Dach lehrer an der Kantonsschule Zürcher Oberland und
im Prinzip immer: «Sag mir, wie du die Sache Dr Zug fahrt Dozent für Fachdidaktik der Mathematik an der
siehst.» Es geht nur um die Darlegung des je Universität Zürich. Sein Anliegen ist die Verbrei-
eigenen Standorts und der je eigenen Perspek- Und ou wenn dr Kondüktör itze no chunnt tung des Dialogischen Lernens auf allen Schul-
tive, nicht um Richtig und Falsch. Wer nämlich So geit dr däm Sachverhalt nid ufe Grund stufen. Aktuell läuft ein von ihm und
die eigene Perspektive als richtig setzt, gerät Är seit nume was für ne Ortschaft itz chunnt – Prof. em. Dr. Urs Ruf betreutes Projekt zum
leicht in einen Streit, wie es Mani Matter so Sisch Rorschach! Dialogischen Lernen in der Volksschule und der
treffend und poetisch ausgedrückt hat 4: Neuen Mittelschule für das ganze Bundesland
Steiermark in Österreich.
Wie siehst
am Schluss wird daraus mithilfe der Wie würden Sie, liebe Leserinnen und Leser,
Lehrperson in der ganzen Lerngruppe die diese Fragen beantworten? ■
Theorie zusammengestellt.
› Echte und begleitende formative
Beurteilung wird durch die häufige und
Für die mit Fussnotenzeichen angezeigten Ergänzungen
und Literaturangaben verweisen wir auf profil-online.ch. du das?
systematische Rückmeldung in den Lern-
journalen ermöglicht. Neben die summative
Beurteilung in Prüfungen und Tests tritt
damit eine – sogar numerisch handhabbare –
zweite Dimension der Leistungsbewertung
und kann so zu einer Gesamtbewertung
führen.
› Verstehensorientierter Unterricht
beginnt bei singulären Standorten und
Perspektiven der Lernenden. Er entwickelt
daraus die regulären Einsichten und stülpt
diese nicht einfach den Lernenden über.
Die Botschaft an die Lehrperson heisst
deshalb: «Du musst anschauen, was die
Lernenden machen, und zwar bei allen!
Gib ihnen eine möglichst knappe Rückmel-
dung und besprich die Autografensamm-
lung in der Lerngruppe!»