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VO: Pädagogische Psychologie für Schule und

Unterricht

1. Einführung in die Pädagogische Psychologie

Ursprung → 19./20. Jahrhundert (erste Wurzeln der Psychologie im 19.Jh. – Begründer:


Willhelm Wund); Pädagogische Psychologie → Teildisziplin der Psychologie bzw.
Subdisziplin der Pädagogik; Herbart (1841) → Pädagogik soll auf Erkenntnisse von
Psychologie und Philosophie zurückgreifen

Gegenstandsbereiche der Pädagogischen Psychologie:

− 2 Zugänge: Orientierung am/an…


o Konzept der Erziehung (weniger sinnvoll)
o Komponenten der „pädagogischen Situation“
− Aufgabe der Pädagogischen Psychologie (Aloys Fischer, 1917) → wissenschaftliche
Erforschung der psychologischen Seite der Erziehung

Was ist Erziehung?

Brezinka, 1981: jene Handlungen mit der Menschen versuchen, Persönlichkeit anderer in
irgendeiner Hinsicht zu fördern

− unabhängig von Alter/Gruppe


− zentral: positive Veränderung des Wissens/Können/Wollens
− Förderungsabsicht steht im Vordergrund
− Dauerhaftigkeit
− genügt normativen Ansprüchen (gesellschaftlich festgelegt)

Pädagogische Psychologie → Auftrag der Optimierung dieser Förderung

Beispiel I: Energieerhaltungssatz wird


demonstriert; Gefahr: man macht etwas, ohne zu
wissen was man macht!
Metakognitives Training

(Denkprozesse über eigenes Denken/man reflektiert das eigene Denken)

− passiert vor der Lernphase


− 3x papierbasiertes Training (meta-)kognitiver Lernstrategien

Das könnte so aussehen: „Wenn viele Informationen auf dich einfließen, ist es oftmals nicht leicht,
dieses neue Wissen zu ordnen. Lehne dich zurück und verschaffe dir zuerst einmal einen Überblick über
das Lernmaterial, so dass du eine grobe Orientierung über Art und Umfang der dargestellten Information
hast. z.B.:

− Was ist das zentrale Thema der Einheit?


− Welche Begriffe kommen vor?
− Habe ich das schon einmal wo gehört?“

Schreibe für dich nochmals in eigenen Worten auf, was du soeben an Information gelesen hast (mind. 4
Sätze):

Metakognitive Unterstützung

− während der Lernphase


− 4x papierbasiertes Prompting (meta-)kognitiver Lernstrategien

Das könnte so aussehen: Während des Lernens gibt es verschiedene Strategien, damit Du dir den
Lernstoff besser merken kannst. Bitte nutze mindestens eine der folgenden Strategien und formuliere
Deine Gedanken in dem Kasten. Kreuze bitte an, welche der Strategien Du verwendest:

− Lehne dich zurück und verschaffe dir zuerst einmal einen Überblick über das Lernmaterial.
Wie sieht dieser aus?
− Überlege dir, welche Inhalte du gut verstanden/nicht verstanden hast.
− Gib zentrale Aspekte, die du bisher im Physikunterricht kennen gelernt hast, mit eigenen
Worten wieder.
− Versuche, inhaltliche Zusammenhänge herzustellen.
− Verknüpfe die zentralen Aspekte und inhaltlichen Zusammenhänge des neuen Lernstoffs und
gib an, wie diese in Beziehung stehen.

Schreibe mind. 4 Sätze dazu auf:“

Ergebnisse Wissensnachtest

Training Ausfüllen Ausfüllen


Ja Nein
Ja ++ +
Nein + / (Kontrollgruppe)
Das Design überdenken?!

Nicht einfach „Prompting“ sondern


tatsächliche Nutzung

nur wenige haben das ernsthaft


ausgefüllt

Ergebnisse Wissensnachtest

Lernen fördern, indem man während dem


Lernen unterstützt → Schüler müssen das
annehmen sonst funktioniert das nicht

Beispiel II:

− kooperatives vs. individuelles Lernen beim gemeinsamen Problemlösen


− Feedback vs. kein Feedback (keine Effekte der Sozialform, aber positiver Effekt von
Feedback (Feedback ist wesentlicher Motor für Lernerfolg; Hausübung ohne Feedback
→ kein Effekt)

Beispiel III: zeigt wichtige


Merkmale, die eine
Lehrperson für Mathematik
mitbringen sollte
Nähere Begriffsbestimmung

− A {Erziehung} B (2 Aspekte, die in wechselseitiger Beziehung steht)


− Möglichkeiten, den Begriff aufzufassen:
o zielt auf nachhaltige Veränderung + bewirkt diese
o zielt auf nachhaltige Veränderung + bewirkt diese nicht
o ohne Veränderungsabsicht, bewirkt dennoch nachhaltige Veränderung
(implizites Lernen oder Sozialisation)

Aufschlüsselung von Erziehung (zentral für Zumbach!)

Förderung von Erziehung – Beispiele

Erziehung konkret: Komponenten der pädagogischen Situation

− lernende Person: unterschiedliche Motivation; kognitive Fähigkeiten; Vorwissen;


verschiedene Ziele; Pubertät; variieren stark
− Medien: verschiedener Einsatz von Medien im Unterricht; gut/schlecht gelaunt
− natürliche Umwelt: Schüler ausgeschlafen? Eltern; sozio-ökonomischer Status nimmt
immer noch Einfluss
− Erziehende/Lehrende: Fachwissen; didaktisches Wissen; Motivation; Selbstreflexion;
Charisma; pädagogische Haltung; Engagement; Organisationskompetenz; Welcher Typ
Lehrer? Werthaltung; Freude am eigenen Fach
− pädagogisch-arrangierte Umwelt: pädagogische Situation; Schule; Uni;
Unterrichtsphilosophie; Sitzordnung

Aufgabenfelder der pädagogischen Psychologie

− zwei wissenschaftliche Aufgaben und deren Verbindungen (Handlungsempfehlungen)


o Erweiterung & Systematisierung des allgemeinen und grundlagenorientierten
Wissens
o Bereitstellung praxisrelevanten Wissens zur Verbesserung und Optimierung
praktischen Handelns in pädagogischen Situationen

Güte pädagogisch-psychologischer Forschung

− Vielzahl von Einflussfaktoren macht es der Psychologie unmöglich → aufgedeckte


Zusammenhänge zu beschreiben + auf deren Basis sich zukünftige Ereignisse mit hoher
Trefferquote vorhersagen lassen. → nie kausale Aussagen
− Vorhersagen sind von höherer/geringerer Wahrscheinlichkeit
− Vorhersage → gültig für den Durchschnitt, muss im Einzelfall nicht zutreffen.
− Objektivität
− Vergleich mit „harten“ Wissenschaften:
o Physik: Replizierbarkeit in Teilchenphysik nicht größer als in PÄPS (Hedges, 1987)
o Medizin (Gage, 1985): 30 Mio. Mark-Studie zu einem Schlaganfallpräparat (Placebo mit 9,5 %
vs. Medikament 7%) an 3800 Vpn
− Replizierbarkeit: Forscher in Kanada sollten zum gleichen Ergebnis kommen, wie
Forscher in Salzburg
Beispiel I

völlig diffus!

z.B. Pflaster: einmal gezeigt und


man kanns

Beispiel II

„Wir nutzen nur 10% unseres Gehirns.“

Gegenargumente: Hirnschäden führen meistens zu funktionalen Einbußen; Energieverbrauch


wäre viel zu hoch; fMRIs; funktionale Bereiche; Abstoßung inaktiver Bereiche

Flipped Classroom ist effektiv

Konzept: Grundlagen zuhause; Vertiefung im


Unterricht

Gegenargumente: mangelhafte Studien und


Versuchsleitungseffekt; didaktische
Monotonie (Standardisierung durch Videos;
Frage des Transfers; Verantwortung der Lehr-
oder der Lernperson); erhöhter
Ressourcenbedarf (Vorbereitung; Verlagerung
des Lernens in die Freizeit)

Kritik: bei solchen Studien machen meistens


motivierte Lehrer mit; didaktische Monotonie
(Frage der Lehrperson); Lernen wird in die
Freizeit verlagert; mangelnde Motivation
Weitere Mythen

− Lernstile – jeder hat andere Präferenzen


− Hausaufgaben – sind nur wirkungsvoll, wenn sie sinnvoll gestaltet sind)
− Multitasking
− Lehrevaluation und Lehrqualität – ist nicht objektiv; Lehrer ist sympathisch aber
Lerneffekt = 0
− Schule tötet Kreativität

Aufgabenfelder der PÄPS

− Vermittlung pädagogisch-psychologischen Wissens an Experten unterschiedlicher


Fachrichtungen
− Handlungswissen in den Bereichen
o Diagnose & Prognose
o Beratung und Intervention
o Evaluation

Aufgabenfelder der PÄPS bei der Wissensvermittlung

− Beteiligung der PÄPS an der Bestimmung von Lehrzielen


o Bestimmung der Lehr – und Erziehungsziele → („normativen“) Pädagogik
(erfolgt im Auftrag des Ministeriums → Lehrplan)
o Psychologie befasst sich mit dem, was ist und weniger dem, was sein soll.
o PÄPS überprüft, ob geforderten Ziele (z.B. durch Schule) erreicht werden.
▪ Positives Bsp.: Doktrin der formalen Bildung falsifiziert
▪ Negative Bsp.: Diskrepanz der Vermittlung von Grundlagenwissen und
real-life-Anforderungen
− Schule & Alltag haben sich zunehmend entfernt
− Erforschung des Lernens und seiner Bedingungen in pädagogischen Situationen
o Lernen hängt von äußeren/inneren Bedingungen des Lernenden ab (Motivation,
Anstrengung, Unterrichtsgestaltung)
o Fokus: Lernerverhalten (Lehrender versucht das zu beeinflussen; Lehren)
▪ Lehrerfolg nur über Lernerfolg wahrnehmbar (was tatsächlich hängen
bleibt)
▪ interaktive Betrachtung aller Beteiligten notwendig
▪ Bsp.: Verkäufer vs. Lehrer
Grundlegende Positionen zum Begriff „Lernen“

Lernen als Veränderung von Verhaltensweisen


(Behaviorismus)

− Behaviorismus: Wir beschränken uns auf


die Dinge, die wir beobachten können!
(Watson, 1925)
− Stimulus-Response-Psychologie
o Vorhersage der Reaktion auf
einen Reiz
o Erklärung eines vorangegangenen Reizes bei einer bestimmten Reaktion
o Mensch als tabula rasa (John Locke)
o Bewertung von Lernergebnissen durch Ausmaß der Verhaltensänderung
bestimmt
o zumeist Tierversuche
− Beispiel: Pawlowscher Hund

Lernen als passives Aufnehmen von Wissen (Behaviorismus)

− Lernen als Informationsverarbeitung (analog zum Computer)


− Programmierte Unterricht (Skinner, 1954)
o Aufteilung des Lernstoffes in Frames (jeder Frame bearbeitet und überprüft
(dann bestraft/belohnt), dann folgt der nächste Frame)

Beispiele programmierter Unterricht:


− Linear
− Lehrer bietet den Schülern Informationen (Daten) zur Verarbeitung an
− Direkte Instruktion
− Prozess-Produkt-Paradigma
− Wissen existiert „unabhängig“ vom Wissenden (objektivistische Sichtweise)

Kognitivismus

− ab ca. 1970er
− Vergleich menschlichen Informationsverarbeitung/Funktionsweise von Computern
o Input
o Verarbeitung
o Output
− Computer-Modellierung kognitiver Prozesse – Simulation der Befunde „realer“ Welt
(z.B. Entscheidungsprozesse können sehr gut modelliert werden)
− „valide“ Betrachtungsweise

Lernen als Konstruktion von Wissen

→ Schülervorstellung

pädagogischer Konstruktivismus: jeder bringt


unterschiedliche Voraussetzungen mit;
verschiedene
Informationsverarbeitungsprozesse

− Lernen → aktiver, zielgerichteter und höchst konstruktiver Prozess. (Schüler werden


nicht mehr als passive Wesen betrachtet)
− Verbreitung von Misskonzeptionen in den Naturwissenschaften (Klimawandel)

Transfer der PÄPS in den Unterricht

− Schule → Produktionsstätte/Stätte des Lernens


− Transfer des PÄPS-Wissens in den Alltag
o Rolle des induktiven Denkens & des confirmation bias (durch diese Bestätigung
- etwas neues beweisen – lassen andere Meinungen nicht zu)
o Rolle des Vorwissens - 10.000 Stunden (Zeit in der Schule verbracht)
o Akzeptanz wissenschaftlicher Ergebnisse (z. T. unreflektiert herausgenommen)
Beispiele zum confirmation bias

− In ersten bis neunten Schuljahren fand man, dass Schüler mit besseren Leistungstestergebnissen
aus Klassen stammten, in denen Lehrer unterrichteten, die ein verhältnismäßig geringes Maß an
Kontrolle ausübten und die ihren Schülern ziemlich viel Freiheit bei der Wahl ihrer
Unterrichtsaktivitäten boten.
− In ersten bis neunten Schuljahren fand man, dass Schüler mit besseren Leistungstestergebnissen
aus Klassen stammten, in denen Lehrer unterrichteten, die ein verhältnismäßig hohes Maß an
Kontrolle ausübten und die ihren Schülern ziemlich wenig Freiheit bei der Wahl ihrer
Unterrichtsaktivitäten boten.

→ etwas kommt aus einer wissenschaftlichen Publikation – es muss stimmen – NEIN – immer
hinterfragen!

Transfer der PÄPS in den Unterricht

− Erfolgreiches Unterrichten – Kunst oder Anwendung wissenschaftlicher Erkenntnisse?


− Merkmale erfolgreicher LehrerInnen:
o Implizite & explizite Theorien
o Wissensvoraussetzungen
▪ 1926: Gutes Urteilsvermögen, Selbstkontrolle, Besonnenheit;
Begeisterungsfähigkeit, Ausstrahlungskraft und Anpassungsfähigkeit →
Charaktermerkmale (davon geht man heute auch noch minimal aus)
▪ heute: Fundiertes Fachwissen und Bedeutung für die
Wissensvermittlung; allgemeines Pädagogisches Wissen,
o Positives Klassenklima
▪ mitmenschliches Interesse an den Lernenden
▪ eindeutige Erwartungen an die Lernenden in einer verständnisvollen
Atmosphäre
▪ Classroom Management

Ziel der PÄPS

− Bereitstellung von Wissen zur Gestaltung pädagogisch erwünschter Veränderungen


o Voraussetzung: Man kennt die Grenzen und Möglichkeiten, psychische
Veränderungen herbeizuführen und zu gestalten. (Was kann ich als Lehrperson
machen?)
o Theorie bzw. Forschungsparadigma beeinflussen Praxis
2. Entwicklungspsychologische Grundlagen

Eine Frage der Perspektive

− Idiografisch
o individuelle Sichtweise, die den einzelnen Menschen im Verlauf seiner
Entwicklung nur mit sich selbst vergleicht
− Nomothetisch
o universelle Sichtweise, die vom Einzelfall abstrahiert und allg. Gesetze
beschreibt
− Idiothetisch (Kombination der beiden)
o differenzierte Sichtweise: Abweichung des Einzelnen von der universellen
Entwicklung

Entwicklung

− explicare/évoluer = das sich allmählich herausbildet/entfalten


− Veränderung; „Fortschreiten von einem Zustand zum anderen, wobei der frühere
Zustand als Vorstufe des nächsten aufgefasst wird“ (Bertelsmann Universallexikon, 1997)
− Lebenslanger Prozess (life-span development)

Entwicklungsphasen
Bereiche der Entwicklung

Grundfragen

− Verläuft Entwicklung kontinuierlich/diskontinuierlich?


− Gibt es verschiedene Möglichkeiten, wie Entwicklung vor sich gehen kann oder ist ein
Entwicklungsprozess für alle Menschen gültig?
− Welche Rolle spielen Umweltfaktoren und genetische Anlagen?

Merkmale von Entwicklung – traditionelle Auffassung

− zielgerichtet (Unidirektionalität) → nur in eine Richtung


− universal gültig
− qualitativ-strukturell (nicht nur quantitativ) z.B. Wissensstruktur
− nachhaltig (Irreversibilitätskriterium) z.B. Sprache verlernt man nicht → irreversibel

Wie habe ich mich in den letzten 3 Jahren entwickelt? → nicht so eindeutig wie vorherige
Definition; Entwicklung beinhaltet sowohl Gewinne als auch Verluste; häufiges Abwägen von
Vor-/Nachteilen nötig; Entwicklung geschieht passiv und aktiv

Entwicklung des Menschen – moderne Auffassung

− Multidimensionalität: unterschiedliche Merkmale verändern sich auf unterschiedliche


Weise und zu unterschiedlichen Zeitpunkten
− Multidirektionalität: Keine universell gültigen Zielzustände
− Multikausalität: Veränderungen haben multiple, nicht singuläre Ursachen (z.B. wenn
jemand sehr groß wird → genetisch bedingt, hängt aber auch von der Umwelt ab)

Moderner Entwicklungsbegriff in der Psychologie: sämtliche Veränderungen im Rahmen der


Individualentwicklung (Ontogenese), die relativ überdauernd sind, einen inneren
Zusammenhang aufweisen und mit dem Lebensalter in Zusammenhang stehen

Entwicklungspsychologie

− Beschreibung, Erklärung und Vorhersage von Veränderungen im Lebenslauf


− 2 Ziele:
o Bereitstellung von Basiswissen über Entwicklungsgeschehen
(Grundlagenforschung)
o Ableitung von Maßnahmen zur Optimierung von Entwicklungsprozessen
(Anwendungsforschung)/Vermeidung von Entwicklungsbeeinträchtigungen
(Präventionsforschung)

Entwicklungsverlauf

− Kontinuierlicher (quantitativer) oder diskontinuierlicher (qualitativ-struktureller)


Entwicklungsverlauf?

Modelle der Entwicklung:


unterschiedliche Ansätze:

− Wachstumsmodelle: fortschreitende, aufbauende Entwicklung


− Stufentheorien: abschnittweises Geschehen, abrupter Übergang zwischen den Stufen;
Reifung
− Phasentheorien: asynchrones Hinaufschaukeln, wiederkehrender Zustand von immer
höherem Niveau; Reifung z.B. Sprachentwicklung
− wellenförmige Aufgipfelung: Nebeneinander von verschiedenen
Entwicklungsbereichen unterschiedlichen Niveaus
− Fließgleichgewichte: momentaner Zustand als Verhältnis von Auf- und Abbau;
Gleichgewicht

Grundbegriffe

− Wachstum: quantitativer Entwicklungsverlauf, z.B. Volumen-, oder mengenmäßige


Zunahme von Entwicklungs-/Verhaltensmaßen
− Reifung: fortwährender Einfluss der Gene im Laufe der Entwicklung → altersbezogene
Veränderungen von Körper/Verhalten (welche für eine Spezies typisch sind) z.B.
körperlicher Entwicklung in früher Kindheit und Pubertät
− Prägung (Konrad Lorenz): primitive Form des Lernens, irreversible Spezialisierung
eines Auslöseschemas für Instinkthandlungen

Stufen- und Phasenmodelle

− Veränderungsreihe mit mehreren Schritten


− nur in eine Richtung (End- bzw. Reifezustand)
− je höherwertige Stufen
− unumkehrbar/irreversibel
− qualitativ/strukturelle Veränderungen anstatt quantitativem Wachstum
− frühere Stufen als Voraussetzung folgender
− Korrelation mit dem Lebensalter
− universell (für den Homo sapiens)

Entwicklungsphasen des Jugendalters

Grenzen von Stufenmodellen

− erklären nicht alle Entwicklungsprozesse, z.B.: Wie entsteht ein Leistungsmotiv?


Persönlichkeit?
− „Höherentwicklung“ problematisch (Was ist mit „negativer“ Entwicklung? (motorische
Fähigkeiten gehen zurück); Was ist mit wertfreien Kategorien (z.B. Persönlichkeit))
− universelle Reifezustände fraglich – Veränderung findet immer statt
− nicht nur qualitative Veränderung, auch quantitativ
− Universalismus → Problem

Erweiterung der Stufenmodelle

− Entwicklungspsychologie der Lebensspanne (negative Entwicklung berücksichtigen)


− allgemeine Entwicklung vs. spezielle individueller Entwicklung
− von der Norm abweichende Entwicklung (z.B. Mobbing, Hochbegabung etc.)
− Reifezustände → Gewinne + Verluste
− Einfluss des Individuums auf seine Entwicklung vs. Einfluss der Umwelt auf
Entwicklung

Anlage vs. Umwelt?

meistens Prozess aus beiden;


interagieren miteinander

Experimente mit Zwillingen, die in


anderen sozialem Umfeld
aufgewachsen sind →
Adoptionsstudien

kein Determinismus!

Beispiel ADHS – Umwelt + Erbe

Reifung im Alter

− Erklärungsansätze für kognitive Entwicklung:


o Defizitmodell: Entwicklung im Alter → mit biologisch determiniertem
Nachlassen körperlicher/geistiger Funktionen verbunden
o Disuse-Modell: Nachlassen körperlicher/geistiger Funktionen → Folge
mangelnden Gebrauchs/Trainings
o Kompetenz-Modell: personen- und umgebungsspezifische Anpassung der
individuellen Kompetenzen an Erfordernisse der Lebensumwelt

Sensible Phasen

− zeitlich begrenzte Enzwicklungsabschnitte → spezifische Umwelteinflüsse gelangen zu


besonderer Wirkung (z.B. Graugans)
− Entwicklung in Kindheit (z.B. Spracherwerb – z.B. Wolfskinder, Mogli – Sprache in
Kindheit nicht gelernt – schwer Sprache zu lernen)
o kumulatives Defizit
− Sensible Phase in der Intelligenzentwicklung?
o Bloom: „Ja, im 5.-8. Jahr“(Basis für Schulentscheidung)
o Aber: Expertise anstatt Intelligenz (Fluide Intelligenz nimmt im Alter ab,
kristalline zu) Fluide I: generelle Fähigkeit
Probleme zu lösen
− Kritik: Nicht nur „sensible Phasen“ sind sensibel.
kristalline I: was gelernt
wird, um durch Alltag zu
kommen
Das Werk Piagets

− Assimilation (neue Infos werden assimiliert)& Akkommodation


− Aufbau von Schemata (im Langzeitgedächtnis)
− Reifung nur in Interaktion mit Umwelt möglich
o Kinder warten nicht ab, bis etwas passiert → setzen sich aktiv mit ihrer Umwelt
auseinander
o treten in soziale Interaktionen.
o stoßen auf etwas, das sie nicht assimilieren (in Schemata einordnen) können →
Ungleichgewicht (Disäquilibrium)
o im erfolgreichen Fall → Akkommodation (Veränderung des Schemas)

Piagets Theorie der kognitiven Entwicklung

− Schweizer Entwicklungspsychologe (1896- 1980)


− Beobachtung von Kindern in natürlicher Interaktion mit der Umwelt
− Konfrontation mit Problemen/Aufgaben
− 4 Phasen-Modells der kognitiven Entwicklung: (jede Folge-Phase umfasst quantitativ &
qualitativ mehr Wissen; Abfolge invariant: Phase kann nicht übersprungen/
vorverschoben werden)
o Sensu-motorische Phase
▪ ersten beiden Lebensjahren
▪ Kind agiert mit Umwelt und bekommt über Sinnesorgane
Rückmeldungen; Aktivitäten, die interessante Effekte auslösen →
wiederholt → Kreisreaktionen
▪ primäre Kreisreaktionen (0;1-0;4) auf Körper beschränkt (z.B.
Daumenlutschen)
▪ sekundäre KR mit Umwelt (0;4-0;8; z.B. Glockenschlag – Kind dreht
Kopf Schallquelle)
▪ tertiäre KR: Ursachen finden (1-1;6; z.B. Wasserspritzen)
▪ Objektpermanenz (Objekt nicht verschwunden, nur weil es nicht mehr
sichtbar ist)(nach Piaget 0;8; andere 0;3,5) - Repräsentation
o voroperationale Phase
▪ zwischen 2. & 7. Lebensjahr
▪ Operationen → gedankliche Ereignisabläufe nach einfachen logischen
Regeln
▪ „voroperational“, weil noch Fehler vorhanden sind
▪ stark von Wahrnehmung beeinflusst: (Kind würde sagen, dass auf der
rechten Seite mehr Münzen sind)

o Phase der konkreten Operationen



o Phase der
formalen
Operationen
▪ ab 11 Jahren
▪ z.B.
systematisches
Experimentieren

▪ Gedankenexperimente
▪ hypothetisch-deduktives Denken (ableitendes Denken)
▪ Problem: Die Rolle des Kontextes sollte keine Rolle spielen
▪ z.B. Wason‘scher
Selection Task

Piaget & der Unterricht

− weg vom passiven Wesen (Behaviorismus) hin zum aktiven Lernenden


− „Problem der Passung“: Aufgaben & Darstellungen, die bekannt & zu einfach sind,
sind langweilig; Überforderung führt zu Frust → mittlerer Grad an Disäquilibrium
− Bsp.: Mathematik – zunächst konkret, dann formal
− Problem: Erreichen formalen Denkens nicht auf alle Bereiche transferierbar
− Kritik: von der Wirklichkeit abgehobene Denken höher bewertet als praktisches Tun

Die Arbeiten Lev Vygotskis

− Verständnis sozialer & kultureller Prozesse vor dem Studieren; kognitiver Prozesse →
mediated Learning
− Interaktion Kind, soziale Umwelt UND kulturelle Historie
− jede Funktion zunächst interpsychisch → dann intrapsychisch
− Ggs. Zu Egozentrismus bei Piaget am Beispiel Sprache – zunächst soziales Vorbild
(Sprache nach und nach vom Kind internalisiert), dann eigene Sprachakte (Rückgang
im Lauf der Entwicklung ist auf Verinnerlichung zurückzuführen)
− Was zählt, ist nicht der tatsächliche Leistungsstand, sondern der potenzielle! (Zone der
nächstmöglichen Entwicklung – zone of proximal development) – Was kann mit ein
bisschen Hilfe NOCH erreicht werden?
− Umsetzung z.B. im Cognitive Apprentiveship-Ansatz
3. Lern- und kognitionspsychologische Grundlagen

An Sachverhalte erinnert man sich, wenn sie

− irgendwie herausragen
− von starken Emotionen begleitet sind
− zuerst/zuletzt genannt werden oder auftreten
− mit anderen Sachverhalten verknüpft sind
− wiederholt werden

Das Gedächtnis (vereinfacht)

− Mehrspeichermodell (überprüft, ob wir Infos behalten und verstanden haben)


− kognitiver Apparat Wahrnehmung und Denken (Sensorisches Register,
Arbeitsgedächtnis, Langzeitgedächtnis)
− Sensorisches Gedächtnis (Ultrakurzzeitgedächtnis)
o Speicherdauer zeitlich begrenzt (ms-Bereich)
o Aufmerksamkeit, um Info ins Arbeitsgedächtnis weiterzuleiten
− Arbeitsgedächtnis (Kurzzeitgedächtnis)
o wir arbeiten mit den Informationen
o wechselseitiger Prozess zw. KZG und LZG
o Speicherdauerumfang sehr beschränkt 7(+/- 2 Einheiten) können gespeichert
werden (Was sind Informationseinheiten → hängt von Vorwissen ab)
▪ 0512 (4 Gedächtniseinheiten → Chunking → 05 + 12 (2 Einheiten) →
05.12 – Krampustag (1 Einheit)
− Langzeitgedächtnis (Wissensgedächtnis)
o Informationen werden verfestigt
o Infos werden nicht vergessen → Dornröschenschlaf

Boom der CLT-Theorie

“In the last decade, Cognitive Load Theory (CLT) has become an authoritative theory in the field of
learning and instruction.”

Arbeitsgedächtnis: Cognitive Load Theory

irrelevante Belastung: böse; z.B.


schlechter Text, Lärm

CGL: Inhalte bewusst im


Arbeitsgedächtnis haben

inadäquates Instruktionsformat: ungünstige


Gestaltung von Lernmaterialen
unterschiedliche Lernbelastungen (Bild in
der Mitte – Ressourcen reichen nicht zum
Lernen aus)

viele Instruktionsmaßnahmen

− berücksichtigen nicht die Besonderheiten der kognitiven Architektur, v.a. begrenzte


AG-Verarbeitungskapazität
− überlasten unnötig die Lernenden und behindern Lernen anstatt es zu fördern

ICL - Fazit

− Aufgabenschwierigkeit wird durch Anzahl


der Element- Interaktionen bestimmt
− abhängig vom Vorwissen (Schemata)
− ICL ist nicht manipulierbar, sondern durch
Aufgabe gegeben (Beispiel Turm von Hanoi)
Extraneous Cognitive Load/ECL

− ECL manipulierbar durch Art der Informationsdarbietung


− entsteht z.B. durch unnötige Such- oder Integrationsprozesse
− ECL erschwert mentale Integration der relevanten Elemente
− hohe zusätzliche Belastung ist zu vermeiden

ECL-Reduktion

− Split-Attention Effect (geteilte Aufmerksamkeit)

integriertes Format → mehr Ressourcen


vorhanden, weil Zuordnung wegfällt (für
Menschen mit wenig Vorwissen)

o Simultane Aufmerksamkeit auf verschiedene Informationsquellen erhöht


unnötig ECL
o Physikalische Integration unterstützt mentale Integration und reduziert ECL

ABER: Redundancy Effect

• Bei redundanter Information: Elimination (statt Integration) (bereits bekannte


Information muss bewusst ausgeblendet werden, was wiederum ECL erzeugt)
• Redundante Information erhöht ECL für Experten, da auch diese mit der neuen
Information mental integriert werden muss
• daher sollte redundante Information für Experten reduziert werden.
− Split-Attention vs. Redundancy Effect
o “The same presentation format may facilitate performance or interfere with
performance either through split-attention or redundancy effects, depending on
learners‘ expertise.”
o Expertise-Reversal Effect

Vorwissen gering Vorwissen hoch


Integriert niedriger ECL hoher ECL
Separiert hoher ECL niedriger ECL

− Modality Effect

Einseitige Auslastung des AGs erhöht


unnötig CL (=ECL)

Nutzung beider AG-Komponenten


(visuell + auditiv) entlastet + reduziert
ECL
− Worked-Example Effect

− Konventionelle Problemvorgabe erhöht


unnötig CL (= ECL)
− ausgearbeitete Lösungsschritte
unterstützen Verständnis, entlasten und
reduzieren ECL

Traditionelle CLT - Fazit

− ECL-Reduktion bei Novizen → damit mehr kognitive Kapazität für Verstehensprozesse


o Split-Attention Effect
o Modality Effect
o Worked-Example Effect
− Effekte zeigen sich nur bei hohem ICL
− Performanz - Effizienz (Zeitbegrenzung)
Germane Cognitive Load - GCL

− Worked examples → nicht immer wirksam – abhängig von Bearbeitungsgüte!


− GCL „passiert“ nicht von selbst, sondern entsteht bei aktiver lernprozessbezogener
mentaler Belastung z.B. Elaboration, Selbsterklärung
− Schemaerwerb fördernde Prozesse erhöhen im positiven Sinne CL (Arbeitsgedächtnis
wird besser ausgenutzt).

auch motivationale + emotionale Prozesse können sich auf Lernergebniss

Lernen als Wissenserwerb

− Lernen → bereichsspezifischer, komplexer und mehrstufiger Prozess (beinhaltet:


Verstehen, Speichern & Abrufen von Informationen)
− Wie wird Wissen gespeichert? (Info im Langzeitgedächtnis → erfolgreich gelernt)
− Lernen als Aufbau und Veränderung von Wissensrepräsentationen

Speicherung von Wissen

− Schemata, semantische Netzwerke & mentale Modelle


− Schemata: Der Vorgang ist eigentlich ganz einfach. Man bildet zunächst aus sämtlichen
Stücken mehrere Haufen. Selbstverständlich kann auch schon ein Stapel hinreichen; das hängt
ganz davon ab, wieviel zu tun ist. Wenn man selbst keine geeigneten Geräte im Hause hat, ist
der nächste Schritt, dort hinzugehen, wo sich solche finden. Ansonsten kann man sich sofort an
die Arbeit machen. Es ist wichtig, daß man einen Gang nicht überfrachtet. Das heißt, es ist
besser, eher zu wenig als zu viele Stücke auf einmal zusammenzupacken. Auf kurze Sicht mag
man die Notwendigkeit nicht einsehen, aber es können leicht Komplikationen auftreten.
Unaufmerksamkeit bei den Vorbereitungen kann auch teuer werden. Zu Anfang mag der ganze
Vorgang etwas kompliziert erscheinen. Sehr bald wird so etwas jedoch zu den Erfordernissen
des alltäglichen Lebens gehören. Es fällt einem schwer, sich vorzustellen, daß sich die
erforderliche Sorgfalt für diese Aufgabe in naher Zukunft einmal erübrigen könnte; aber wie
das später einmal aussehen wird, weiß man jetzt noch nicht. Wenn die gesamte Angelegenheit
erledigt ist, wird man die Stücke wieder nach Kategorien ordnen. Man kann sie an den dafür
vorgesehenen Platz bringen. Irgendwann wird man dann alle Stücke wieder benutzen und dann
beginnt der ganze Zyklus wieder vorn vorne. Aber das ist nun einmal eines der Erfordernisse
des Lebens (Bransford & Johnson, 1972).
− Ökonomische Speicherung und Verbindung von Informationen durch Propositionen
− Propositionen als grundlegende Wissenseinheiten
− Textverarbeitung:
o Nach etwas Zeit → nur Bedeutung, nicht Satzstruktur gespeichert
o Sätze mit weniger Propositionen → besser behalten

− Bildhafte Speicherung: (Speicherung von mentalen Modellen nach wie vor gültig)
o Studie von Shepard (1967): 88-89 % verbales Material und 100% bildhaftes
Material wurde wieder erkannt
o keine wirklichkeitsgetreue Abbildung wie z.B. Photos (z.B. Geldscheine)
o Gespeichert →vermeintlich Wichtige
Skripts (Ereignisschemata)

Beispiel Uni (Ereignisschemata): Ich gehe pünktlich in den Hörsaal; suche mir eine Platz;
klappe das Pult runter; bereite meine Materialien vor; Vorlesung beginnt und endet wieder; ich
gehe zur nächsten Vorlesung → AUTOMATISCHER Prozess (gespeichert im
Langzeitgedächtnis)

− Schank & Abelson


− auch z.B. physikalische Ereignisschemata

Vernetzung von Wissen Erwerb neuen Wissens

Förderung von Behaltensleistungen

− Präinstruktionale Maßnahmen
o Vortests (Vorwissen aktivieren
und Aufmerksamkeit generieren)
o Vorausgehende Übersichten
o Advance Organizer (Bekanntes
aktivieren, neue Informationen
darüberlegen)

Beispiel: In einer Physikstunde beginnt der Lehrer seine Unterrichtsstunde zum Ohmschen Gesetz mit
folgender Einordnungshilfe: Das Ohmsche Gesetz lässt sich mit einem Jungen vergleichen, der eine
Karre über eine schlammige Straße zu schieben hat. Die Schubkraft, die der Junge aufzuwenden hat, ist
mit der Spannung vergleichbar. Die Schlammtiefe der Straße entspricht der Stärke des Widerstandes,
und die Geschwindigkeit der Karre hat Ähnlichkeiten mit dem Strom im elektrischen Kreis (Eggen &
Kauchak, 1994).

− Aktive Informationsverarbeitung
o Unterstreichen
o Notizen anfertigen
o Zusammenfassungen
o Fragen stellen
o Concept Mapping
o SQ3R (Survey, Question, Read, Recite, Review)
o Lernstrategien: 6R
▪ Record (eine Mitschrift anfertigen)
▪ Reduce (die Kernpunkte herausarbeiten)
▪ Recite (Wiederholen der wichtigen Punkte)
▪ Reflect (Reflektieren der Inhalte, Herausarbeiten der Bedeutung)
▪ Review (die eigenen Notizen überdenken)
▪ Recapitulate

Metakognition (diese Prozesse stehen über allem/Denken über das Denken)

− Wissen & Kontrolle über die Umwelt (Wo lerne ich? Wann?)
− Wissen & Kontrolle über Aufmerksamkeit (diagnostische Funktion; Stundenplan
anders planen, um Aufmerksamkeit in allen VOs zu garantieren)
− Wissen & Kontrolle über eigene Gedächtnisprozesse: Nutzung von Lernstrategien
− Wissen & Kontrolle über den eigenen Fortschritt und Erfolg

Vergessen?

− weniger Verschwinden als eher fehlende Aktivierung


− verschiedene Theorien
o Spurenverfall
o Überlappung
o Inferenz
▪ Inhalte hemmen einander
o Fehlende Aktivierungsenergie
Erklärungsansätze für Vergessen

Inferenztheorie: ,,Als A König war und ihm B als General diente, war Krieg C auszufechten.
Aber als A König und D sein General war, fand Krieg E statt“

Theorie des Spurenverfalls: Zeitlicher Faktor; jedoch bislang keine physikalischen Korrelate
gefunden

Fehlende Abrufreize: Wissen ist vorhanden, aber in der Situation nicht abrufbar
4. Lernen und Problemlösen

Probleme

− Well‐defined problems: klares Ziel, lösungsrelevante Informationen vorhanden (Bsp.:


Turm von Hanoi, Matheaufgaben) → Ausgangslage klar – Zielzustand klar
− Ill‐defined oder ill‐structured problems: (unklares Ziel bzw. mehrere Zielzustände; nicht
klar, welche Informationen relevant sind; nicht zwangsläufig alle relevanten
Informationen vorhanden; Bsp.: Wie halte ich eine erfolgreiche Vorlesung?)

Problemlösen

− Algorithmen
o z.B. Kochen nach Rezept
o Anagramme lösen (z.B. BLO (Lob) mit 3x2x1 Lösungen; WAMRANO
(Manowark) mit 7x6x5…x1=5040)
− Heuristiken
o geringer Zeitaufwand
o Lösung nicht garantiert
o Primär → ill‐structured problems: z.B. Referat schreiben
o Strategien zur Zielerreichung: Mittel‐Ziel‐Analyse (Newell & Simon):
Verringerung des Abstands zwischen Ziel und ggw. Situation

Expertise & Problemlösen

− Schachstudien (Newell & Simon):


o ExpertInnen (10.000‐50.000) benötigen weniger Zeit als Laien oder
NovizInnen, um sich Figurenkonstellation zu merken
o wird Zufallskonstellation gewählt, verschwindet Vorsprung
o ExpertInnen verfügen NICHT über ein allgemein überdurchschnittliches
Gedächtnis – sie haben nur mehr Übung
o Übungszeit mind. etwa 10 Jahre

Merkmale von Expertise

− umfangreiches Bereichswissen
− schnelles Erkennen bedeutender Gegebenheiten (Schemata)
− bessere Leistungen im AG (durch Chunking & Schemata)
− viele Prozesse laufen gleichzeitig + automatisiert ab

NovizInnen vs. ExpertInnen

− ExpertInnen fokussieren schneller relevante Aspekte, NovizInnen auch irrelevante.


− ExpertInnen nutzen mehr Zeit, um sich mit einer schwierigen Problemsituation vertraut
zu machen.
− ExpertInnen und NovizInnen unterscheiden sich in der Auswahl ihrer
Lösungsstrategien. (Experte kann auf Bestehende zurückgreifen)
− ExpertInnen können ihre eigenen kognitiven Prozesse besser kontrollieren als
NovizeInnen.

Förderung von Problemlösen im Unterricht

− Problemorientiertes Lernen (Problemlöseaufgaben + Beispiel dazu)


− Problembasiertes Lernen (in Kleingruppen)
− Entdeckendes Lernen (z.B. mit Stationenbetrieb) → Forschendes Lernen
− Cognitive Apprenticeship‐Ansatz (Collins, Brown & Newman, 1989)
o Modelling (Modell vorgeben)
o Coaching (hilfreiche Tipps vom Lehrer)
o Scaffolding (Gerüst anbieten)
o Fading (Lehrkraft nimmt sich zurück)
o Articulation (Lehrer + Schüler artikulieren was sie machen)
o Reflection (Prozess reflektieren)
o Exploration (explorieren)

Transfer von Wissen

− Träges Wissen (nicht anwendbar) und anwendbares Wissen


− Merkmale der Lernenden
o Deklaratives & prozedurales Wissen (muss vorhanden sein)
o Speicherkapazität des KZG
o Strategien & Anwendung lösungsrelevanten Wissens
− Aufgabenmerkmale
o Ähnlichkeit mit bereits verwendeten Aufgaben
o Oberflächen‐ vs. Tiefenmerkmale
− Kontext
o Theorie identischer Merkmale

Vier‐Stufen‐Modell nach Holyoak (1985)

für den Transfer von Wissen

− Kodieren der Aufgabenmerkmale (erkennen)


− Abrufen alter Informationen der Basisaufgabe
− Auswählen und Abbilden möglichen brauchbaren Wissens auf das Ziel
− Abstrahieren und Integrieren

Erhöhung der Transferwahrscheinlichkeit

− Intensives Üben von Grundfertigkeiten (Überlernen)


− Anwenden verschiedener Strategien in ähnlichen Situationen
− Entkontextualisieren
− Problemorientierung
5. Emotion und Kognition beim Lernen

Warum & wo sind Emotion und Motivation relevant?

− Selbstgesteuertes Lernen als Voraussetzung und Ziel von Erziehung

Emotionen

− Fünf Komponenten von Emotionen (universell für alle Emotionen gültig)


o Affektiv
o Kognitiv
o Expressiv
o Physiologisch
o Motivational
− 3 Dimensionen lernrelevanter Emotionen (spezifisch fürs Lernen)
o Valenz: positive oder negative Emotionen
o Zeitlicher Bezug: dauerhaft oder kurzfristig
o Art der Energetisierung: hemmt oder fördert
Rolle von Emotionen beim Lernen

− Auswirkungen auf Lernmotivation


o Prüfungsangst reduziert Lernfreude und dadurch intrinsische Lernmotivation
o Extrem: Fluchtverhalten (z.B. Prüfung verschieben oder nicht antreten)
o Keine Flucht möglich: Anstrengungsbereitschaft
o letztlich vom Individuum abhängig
− Auswirkungen auf kognitive Prozesse
o Angstbedingte Kognitionen verringern die Aufmerksamkeit
o Wine (1971): Aufmerksamkeitshypothese
− Auswirkungen auf Lernverhalten & Lernstrategien
o Freude: Elaborationsstrategien (intensiv mit Inhalten auseinandersetzen)
o Angst: oberflächliche Wiederholstrategien (so schnell wie möglich)
o Stimmung & Gedächtnis: Positive Stimmung & holistisches Denken; Negative
Stimmung & analytisches, eingeschränktes Denken

Entstehung von Emotionen

− Kognitives Modell stressbezogener Emotionen: Transaktionales Stressmodell nach


Lazarus
o Annäherungsstrategien
▪ Primary appraisal
▪ Secondary appraisal
▪ Reappraisal
− Wahrnehmung & Bewertung hängen von den personellen & sozialen Ressourcen ab

Prüfungsangst

− Erwartung‐mal‐Wert‐Modell der Angst nach Pekrun:


o Situations‐Folge‐Erwartung: Misserfolg, wenn kein Handeln (Misserfolg, wenn
ich nicht lerne)
o Einschätzung der subj. Bedeutung des Misserfolgs
o Einschätzung möglicher Handlungskontrollen (Habe ich Zeit? Ressourcen?)
o Einschätzung der Handlungsfolgen
− Personenbezogene Bedingungen: Ausgang einer Prüfung hat hohen Stellenwert;
Misserfolgswahrscheinlichkeit sehr hoch und keine Handlungsmöglichkeiten zur
Gefahrenabwehr werden wahrgenommen → Angst
− Familiale & schulische Bedingungen:
o Erzeugung dispositionaler Angst
o Leistungsdruck (kann von Eltern ausgehen)
o Nichterfüllung von Leistung wird als starker Konflikt erlebt
o misserfolgskontingente Bestrafung (+ für Erfolge nicht belohnt)
o inkonsistenter Umgang mit Regeln
o elterliche Strenge & elterliche Überforderung
o Klassenklima (Wettbewerb) → subjektive Bedeutung steigt

Formen der Lernmotivation

− Leistungsmotivation (Ich
möchte besser als die anderen sein)
− Interesse (Person‐
Gegenstandtheorie des Interesses)
− Intrinsische
− extrinsische Motivation
− Lern‐ oder
Aufgabenorientierung
− Performanzorientierung (Ich möchte gut abschneiden)
− Soziale Motivation (Ich möchte gut dastehen)
Auf was führe ich das
Abschneiden der Prüfung
zurück?

Selbstwertdienliche Tendenzen

− Attributionen zur Erhaltung eines positiven Selbstbildes


o z.B. tendentiell internal‐variabel bei Erfolg, external bei Misserfolg
o Tendenzen verzerren Realität ein wenig, aber gesund für Motivation.
o Bei manchen Personen sind diese Mechanismen beschädigt → erlernte
Hilflosigkeit (man braucht dann Hilfe von außen)

Erlernte Hilflosigkeit als Problem

− kann z.B. entstehen durch


o Überforderung (ungünstige Passung des Schwierigkeitsgrades)
o soziale Einflüsse
− Bewältigungsstrategien
o Wahrnehmung eigener Kontrollmöglichkeiten
o Wahrnehmung eigener Kompetenz
− ABER: Gerade Zweiteres schwierig, da Erfolge external attribuiert werden.

Motivation & Ziele & Leistung

− Darstellungsorientierung vs Lernzielorientierung (nach Dweck)


o Darstellungsorientierte SchülerInnen nehmen ihr Fähigkeiten als stabil wahr
o Lehrende sind nicht Fördernde, sondern Beurteilende
o Unterricht: extrinsisch motiviert – gute Noten erzielen, schlechte Noten
vermeiden
o SchülerInnen mit hohen Fähigkeitsattributionen wählen herausfordernde,
mittelschwere Aufgaben, um ihre Leistungen zu demonstrieren (Scheitern →
externale Attribution)
o SchülerInnen mit niedrigen Fähigkeitsattributionen wählen leichte oder schwere
Aufgaben.

Kontextbedingungen der Leistungsmotivation

− Familie
o Erwartungen
o Kontrolle
o Belohnung/Bestrafung
− Schule
o Klassenstufeneffekte (Orientierung an oberer/unterer Stufe)
− Bezugsgruppe

Motivationale Theorie der Selbstbestimmung

− Ryan & Deci: Akzeptanz externer Handlungsziele für sich selbst und deren
Weiterverfolgung aus eigenen Interessen
− 4‐Stufen‐Modell der Internalisierung und Integration
o Extrinsische Handlungsregulation (mit Noten extrinsische Motivation
vorgeben)
o Introjektion (Ziele werden gepflanzt)
o Identifikation (man identifiziert sich mit den Zielen → innere Verarbeitung)
o Integration (ich verfolge Ziele eigenständig)

Entwicklungstrends der Motivation (unterliegt Zeit)

Pekrun (1993):

− Intrinsische Motivation (hohe Lernfreude)


− Kompetenzmotivation (Eigene Fähigkeit verbessern)
− Leistungsmotivation (Streben nach Erfolg/Vermeiden von Misserfolg
− Soziale Aufgabenmotivation (Wunsch nach positiver Reaktion anderer)

Nur Leistungsmotivation über Jahre stabil!!


Erklärungsansätze

− Stage‐Environment‐Fit Theorie: (Eccles et al (1989; 1993))


o Im Lauf der Schulzeit verschlechtert sich die Passung von Schülerbedürfnissen
und Kontextbedingungen der Schule
o Lehrer‐Schüler‐Beziehung ändert sich (keine emotionale Zuwendung und
Unterstützung Frühadoleszenter)
o strengere Notenpraxis
o Noten werden nach sozialen Vergleichsmaßstäben vergeben
o In höheren Klassen ist der Unterricht eher lehrerzentriert

Spaß fällt nach und nach weg!!


6. Erziehende und Lehrende

Eltern als Erzieher

− Eltern sind in der Familie für die Erziehung verantwortlich.


− Familie ist eine auf Kontinuität angelegte Lebensgemeinschaft.
− Formen von Elternschaft: Leiblich, Stiefeltern, Adoptiveltern, Pflegeeltern; Großeltern,
gleichgeschlechtliche Gemeinschaften
− Wie sehen die Familen‐/Kindschaftsverhältnisse in Österreich aus?

Transitionen

− Die wichtigsten Transitionen:


o Zusammenziehen mit einem Partner
o Übergang zur Elternschaft
o Übergang des ersten Kindes in den Kindergarten
o Übergang des ersten Kindes in die Schule (massive Implikationen für das Leben z.B.
Urlaub kann nur in Schulferien stattfinden)
o Auszug der Kinder
o Trennung/Scheidung (bringt ganzes System der Familie durcheinander)
o Tod eines Elternteils
− Normativ, altersnormiert oder unerwartet, gesellschaftliche Normen
− Anforderungen an das ganze System Familie

Anpassung an Transitionen

− Reorganisation von Beziehungen (neue Rollen wenn Eltern)


− Reorganisation von Rollen
− Restrukturierung personaler Kompetenzen
− Das Bild vom Ich und seiner Stellung in der Welt
− Affektregulierung
Klassifikation familiärer Einflussfaktoren

− Soziokultureller Hintergrund (Woher? Aus welcher Kultur? Wie viel Geld?)


− Familienstruktur (Ein Elternteil? Mehrfamilienhaus?)
− Funktionstüchtigkeit jedes Elternteils (Inwieweit nehmen Eltern wirklich Einfluss? z.B.
Beeinträchtigung durch Alkoholsucht)
− Kognitionen der Eltern (Förderungsabsicht?)
− Verhalten der Eltern
− Viele Studien haben gezeigt:
o Je niedriger sozioökonomischer Status & Schulbildung der Eltern,
o je niedriger die Erwartungen an das Kind,
o je eher die Eltern psychologisch oder psychiatrisch auffällig geworden sind,
o desto niedriger ist der Schulerfolg der Kinder.
o SOZIAL NICHT GERECHT
− Elterliche Einstellungen & Attributionen wirken sich hier konkret auf das elterliche
Verhalten aus, das dann die Qualität der Eltern‐Kind‐Beziehung bestimmt.

Der Einfluss von Eltern auf ihre Kinder

− Gibt es überhaupt einen Einfluss? Die Thesen von Harris


o Kritik: Einfluss an Genetik wird überschätzt
o Varianzaufklärung ist keine Kausalität
− Einfluss von Eltern auf das schulische Lernen
o Eltern haben auf das Lernen selbst ggf. einen größeren Einfluss als die Schule.
(Verballeistung kann gesteigert werden, wenn zuhause vorgelesen wird)
o Voraussetzungen werden gelegt: Sprachliche Fähigkeiten, Einstellung zum
Lernen, Anspruchsniveau, Selbstkontrolle & soziale Kompetenz
Wert von Kindern

− Familiensoziologie & kulturvergleichende Forschung: Wert des Kindes


o Ökonomischer Nutzen (Rentenzahlung; Kinder für Feldarbeit; Kind
erwünscht?)
o Status‐Nutzen
o Psychologischer Nutzen
− Stark abhängig von der Gesellschaftsform
o Agrargesellschaft versus Industriegesellschaft
− Erwünschtheit von Kindern

Ist das Kind da: Erziehung

− Erziehungsstile
o Früher verschiedene Typen: demokratisch, autoritär, laissez‐faire
o Heute Dimensionen: Unterstützung versus Kontrolle (bzw. Monitoring)

Ansätze zur Verbesserung der Erziehungskompetenz

− Woher kommt das Erziehungswissen?


o eigene Erfahrung (Modeling‐ vs. Kompensationshypothese)
o Bücher & Zeitschriften
o Webseiten
o Elterntrainings
▪ primär‐präventiv und sekundär‐präventiv
▪ zumeist in Gruppen
▪ zeitlich begrenzt
▪ z.T. schon vor der Geburt (Beziehungsebene)
zum Teil wirklich nur
geringe Übereinstimmung

(höchster Wert .57)

je nah dem wen man fragt


→ immer unterschiedliche
Antworten

Der/die gute LehrerIn

3 Paradigmen

− Persönlichkeitsparadigma
o Zusammenhang zwischen Persönlichkeitsmerkmalen, Führungsstil, Intelligenz,
didaktischer Kompetenz (…) und Lehrerfolg
o inkonsistentes Bild, geringe Zusammenhänge zwischen den unterschiedliche
Ansätzen (oben geschildert)
o Allerdings: Mindestausprägungen (nicht ausreichend, um Lehrperson zu
beschreiben; sollten aber vorhanden sein) im Bereich einiger
Persönlichkeitsvariablen:
▪ Kontaktbereitschaft (Extraversion; Offenheit; auf Schüler zugehen)
▪ emotionale Stabilität/Belastbarkeit (geringer Neurotizismus)
▪ Selbstkontrolle
o Entscheidungshilfe durch Selbstassessment: Lehrer werden? http://www.cct‐
austria.at/
− Prozess‐Produkt‐Paradigma
o Eng umgrenzte Auswirkungen bestimmten Lehrerverhaltens, z.B. durch
experimentelle Untersuchungen oder systematische Beobachtungen.
o Ergebnisse : Ein erfolgreicher Lehrer
▪ setzt ein reichhaltiges Repertoire an Unterrichtsmethoden flexibel ein
(breites didaktisches Repertoire; an Situation anpassen)
▪ aktiviert die Schüler
▪ nutzt Unterrichtszeit vornehmlich zur Stoffbehandlung (anstatt
Organisatorischem)
▪ stimmt Tempo und Stoffsequenz auf Schüler ab
▪ teilt angemessene Aufgaben zu
▪ drückt sich klar und konsistent aus und verfolgt ebensolche Ziele
▪ erkennt rechtzeitig Störungen und wirkt ihnen entgegen
▪ schafft weiche Übergänge von einem Inhalt (Methode) zum nächsten
▪ ist optimistisch
▪ Lehrer sind in der Lage, entsprechend ihres Wissens, auf die Schüler zu
zugehen und Mittel einzusetzen.
o In der Volksschule ist ein straffer Unterricht eher lernförderlich
o Probleme beim Prozess‐Produkt‐Paradigma
▪ zu neutrale Operationalisierung von Variablen, z.B. Angemessenheit der
Aufgaben → je nach Fach sehr unterschiedlich
▪ wechselseitige Abhängigkeit von Variablen (kaum kausale
Zusammenhänge)
▪ ATI‐Forschung (Welche Eigenschaften bringt jemand mit?): Was dem
einen nützt, kann dem anderen schaden.
▪ einseitige Betrachtung: LehrerInnen beeinflussen SchülerInnen
− Experten‐Paradigma
o Ensemble von Fertigkeiten und Wissen (wenn lange genug im Dienst)
o Z.B. durch wissensgeleitete Wahrnehmung (Berliner 1992) (wissen sofort wer
stört und ob eingegriffen werden muss oder nicht)
o Experten sehen „ganzheitliche Unterrichtsepisoden“
o Putnam (1987) spricht von curriculum scripts

Ziele von LehrerInnenn

− stark abhängig von Kultur


− zumeist allgemeinere Aussagen (Oberziele)
− Großbritannien: Glück, Ehrlichkeit, Förderung natürlicher Anlagen, Rücksicht
− Schweiz: Selbständigkeit im Denken & Handeln, Selbstvertrauen, Eigeninitiative
− Frankreich: Leistung
− Deutschland: Leistung, Kooperationsfähigkeit, Hilfsbereitschaft, Toleranz gegenüber
Minoritäten
(linke Seite Österreich; rechte Seite Taiwan)

Erziehungsziele und ihre Umsetzung

SekundarstufenlehrerInnen wurden befragt,

− wie wichtig ihnen bestimmte Erziehungsziele sind;


− wie häufig sie im Unterricht etwas speziell zur Erreichung dieser Ziele tun;
− welche konkreten Maßnahmen zur Erreichung dieser Ziele sie überhaupt kennen.

Korrelationen: (1) & (2) = ‐ .72; (1) & (3) = ‐ .86

Für die wichtigsten Ziele (vernünftige Lebensauffassung) kannten sie keine einzige
Maßnahme!!! → zu abstrakt → Oft ist das Ziel klar, der Weg aber unbekannt!

Was bestimmt die Handlungen von Lehrerinnen und Lehrern?

− Pygmalioneffekt bzw. Rosenthaleffekt


− Rosenthal & Jacobson
o IQ‐Tests an Grundschule
o 19 LehrerInnen wurde mitgeteilt, dass Test die zukünftigen Leistungen
vorhersagen kann (innehrhalb der nächsten Monate/Jahre)
o 20 % SchülerInnen wurden zufällig ausgewählt. Den Lehrern wurde mitgeteilt,
dass diesen Schülern ein ungewöhnliches intellektuelles Wachstum bevorsteht.
o In den Klassen 1 & 2 hatten ein Jahr später genau die 20 % einen signifikanten
Zuwachs in den Leistungsergebnissen gegenüber ihren MitschülerInnen. (sich
selbst erfüllende Prophezeiung – Schüler haben bessere Förderungen
bekommen; Lehrer wohlwollender bei der Korrektur von Prüfungen)

Pygmalion reexamined

− Problem: methodische Unzulänglichkeiten des ersten Experiments


− Nur in 1/3 der Folgeuntersuchungen konnte das Ergebnis repliziert werden.
− Stabile Befunde:
o LehrerInnen kommunizieren ihre Erwartungen zum Teil recht subtil
o Bei schwachen SchülerInnen wird nicht so lange auf eine Antwort gewartet, sie
erhalten weniger Lob, werden weniger beachtet etc.
− Damit sich willkürlich erzeugte Erwartungen auswirken müssen nach Heckhausen
folgende Punkte erfüllt sein:
o SchülerInnnen leistet zur Zeit weniger, als er kann (underachievement).
o LehrerIn unterschätzt Fähigkeit von SchülerIn bislang und macht dies auch
deutlich
o SchülerIn hat Einschätzung von Lehrperson übernommen (internalisiert – meine
Lehrkraft denkt ich bin nicht gut genug in Mathe – ich bin nicht gut genug in
Mathe)

Was für Wissen braucht ein Lehrer?

− fachliches Wissen (auch darüber hinaus; nicht nur das, was verlangt wird)
− curriculares Wissen
− Philosophie des Faches (Welche Methoden?)
− allgemeines pädagogisch‐didaktisches Wissen (Welche Unterrichtsmethoden?)
− fachspezifisches pädagogisch‐psychologisches Wissen (spezifische Inhalte mit
geeigneten Methoden vermitteln)
− (jetzt auch technologisches Wissen)

Von der Kognition zur Emotion

− positive Emotionen: Wann freut sich ein/e LehrerIn?


− negative Emotionen
− Zufriedenheit?

Funktionen von Emotionen für Lernen

− kommunikative Funktion von Emotionen (z.B. Gesichtsausdruck des verärgerten


Lehrers) → kann sich durchaus negativ/positiv auf Schüler auswirken
− motivationale Funktion verhaltenssteuernd (Lust versus Unlust)

Burn‐Out bei LehrerInnen

− Vier Typen (Fischer, 2000)


o Reaktionstyp Gesundheit (11‐17%):
Beruflicher Ehrgeiz; Erfolg, innere Ruhe,
Distanzfähigkeit
o Reaktionstyp Schonung (13‐27%): Innere
Ruhe, Distanzfähigkeit, jedoch wenig
berufliches Engagement
o Risikotyp A (26‐41%): Hohes Engagement & Ehrgeiz, jedoch geringe
Distanzierungsfähigkeit & wenig innere Ruhe
o Risikotyp Burnout (28‐36%): Geringes Engagement, wenig Ehrgeiz,
Unausgeglichenheit & Lebensunzufriedenheit

Bereits im Studium!!!
Was kann man tun?

− Trainings (nur dann hilfreich, wenn man sich darauf einlässt; meisten nehmen diese
Trainings nicht an)
o zur Bewältigung von Belastungssituationen
o zur Erweiterung der Handlungskompetenz
o zur Förderung der Unterrichtskompetenz
o zur Verbesserung der Lernmotivation im Unterricht

Von der Schule zur Hochschule

− Was charakterisiert gute Dozierende?


o HILVE: Struktur; Auseinandersetzung; Lehrkompetenz; Engagement;
Interessantheit
7. Diagnostik

Professionelle Diagnostik

− knüpft an eine Alltagsdiagnostik an (im Alltag hat man einen Verdacht und auf Basis
dessen setzt man Professionelle Diagnostik ein)
− Verbesserung in zweierlei Hinsicht
o wissenschaftliche Verankerung bringt Verringerung von Mess‐ und
Prognosefehlern
o größere Transparenz von Fehlerquellen und Grenzen des Diagnostizierbaren

Grundlagen der Diagnostik

− Klassische Testtheorie
o möglichst fehlerfreie Diagnostik
▪ Reliabilität
▪ Objektivität
▪ Validität
− Probabilistische Testtheorie

Testverfahren

− Entwicklungstests (z.B. Wiener


Entwicklungstest)
− Schulreifetests (z.B. Mannheimer Schuleingangsdiagnostikum)
− Intelligenztests (z.B. Hamburg‐Wechsler‐Intelligenztests)
− Spezifische Tests (z.B. der Lesefertigkeit)
− Beratungstests (z.B. Berufs‐Orientierungs‐Test)
− Eignungstest (z.B. TMS)
− Schulleistungstests

Schulleistungen

− standardisierte Schulleistungstests
− informelle Tests
− mündliche Prüfungen
− Aufsatzprüfungen
− Selbstbeurteilung
− Zensuren & deren Objektivität

Methoden zur Erfassung von Umweltmerkmalen

− Familienfragebögen (familiendiagnostisches Testsystem)


− Befragung
− Beobachtung
− Computerbasiertes Testen
− Simulationen
8. Beratung
− Beratung ist ein zentrales Feld der Pädagogischen Psychologie; bezieht sich auf
Personen wie Institutionen; findet im Kontext von Erziehung, Unterricht und
Ausbildung statt (Wen kann ich in der Schule beraten? → Schüler, Eltern (z.B.
Fördermaßnahmen) und Schule selbst); ist stets „Hilfe zur Selbsthilfe“; ist eine
Sonderform der sozialen Interaktion; findet zwischen mindestens 2 Personen (oder
Institutionen) statt (einer braucht Rat – anderer gibt Rat); ist weder in Funktion noch in
Zeit eindeutig festgelegt
− Ziel ist Hilfe für eine der beiden Parteien
− In der Regel soll ein Entscheidungsproblem gelöst werden (z.B. Schwerpunktfachwahl)
− Primäres Ziel: Ein problematisch erlebter Zustand (man kann sich nicht entscheiden)
soll geklärt und Entscheidungsunsicherheit reduziert werden

Intervention

− aktiv in das Geschehen eingegriffen, um ein unerwünschtes Phänomen zu


beseitigen/verhindern
− zentral: Handlungs‐ nicht Entscheidungsproblem

Prävention

− soll erstmaliges Auftreten/Verschlimmerung eines Problems verhindern.


− Fließender Übergang zw. Intervention & Prävention:
o Primäre Prävention: bevorstehendes negatives Ereignis bewältigen/verhindern
→ eigentliche Prävention
o Sekundäre P.: Behandlung bereits eingetretener Störungen (korrektiv) →
Intervention
o Tertiäre P.: Stabilisierung und Vermeidung einer Verschlechterung →
Rehabilitation

Beratung als Problemlöseprozess

− Allgemeine Orientierung (Was ist das Problem?)


− Problemanalyse (Welche Faktoren führen zum Problem?)
− Erzeugung & Bewertung von Alternativen (Welche Konsequenzen bringen
Alternativen mit?
− Entscheidung, Planung & Durchführung
− Durchführung der Lösungsstrategie
− Evaluierung

Adressaten von Beratung

− Einzelberatung (Coaching (auf die Person zugeschnitten); Supervision (Beratende


werden beraten)
− Gruppenberatung
− System‐ und Institutionsberatung
− Organisations‐ und Personalentwicklung

Der Berater/die Beraterin

− Allgemeine Kompetenzen
o Wissenschaftliche Basis
▪ theoretisches Wissen
▪ empirisch gesicherten Befunden
▪ systematischen Handlungsroutinen
▪ systematisch erworbenen subjektiven Erfahrungen (Fallwissen)
o Künstlerische Seite bzw. soziale Kompetenzen
▪ Auswahl, Verwertung und Umsetzung von Konzepten und Methoden im
Einzelfall
▪ soziales Fingerspitzengefühl
▪ Kommunikationskompetenz + Kulturverständnis
Spezifische Beraterkompetenzen

− Prozesskompetenz:
o Auftauen (unfreezing)
o Ändern (moving)
o Wiederherstellen der Stabilität (refreezing)
− Beraterkompetenz
o sich in jemanden hineinversetzen können
o analytisches Herausarbeiten des Problems
o Klären von Zielen & Erwartungen
o Strukturierung des Beratungsablaufs
o definieren der Interventionsebenen
o aktives Zuhören
o variable Gesprächstechniken
o Erkennen & Vermeiden von Verstrickungen
o didaktisches Aufbereiten von Lösungsstrategien
o teamorientiertes Arbeiten
− Bewältigungskompetenz

Weiterentwicklung & Qualitätssicherung

− Supervision (z.B. durch Rollenspiele)


− Qualitätsmanagement
o Strukturqualität (Voraussetzungen)
o Prozessqualität (Durchführung)
o Ergebnisqualität (Klienten)

Kontextuelle Bedingungen von Beratung

− Gesellschaftlich‐kulturelle Lebensbedingungen in der modernen Gesellschaft


o Komplexität
o Veränderungsgeschwindigkeit
− Gewalt in den Medien
− Politische Umwälzungen
− Regionale Besonderheiten (z.B. Flüchtlinge in der Region)
Theoretischer Rahmen und Methoden von Beratung

− Professionelle Beratung orientiert sich im Gegensatz zur Alltagsberatung an rationalen


Kriterien:
o planvoll
o kontrolliert
− Problem: für ein konkretes Problem liegt kaum eine elaborierte und unmittelbar
anwendbare Theorie vor
− im Gegenteil: Meist ein Problemlöseprozess
− Wissenschaftlicher Hintergrund gibt Bausteine, die in das Problemlösemuster
eingestrickt werden müssen.

Wichtigste Theorien der Beratungspraxis

− Psychodynamische Ansätze (eher irrelevant)


− Humanistische Ansätze (spielen gewisse Rolle; wertschätzender Umgang)
− Lern‐ und verhaltenstheoretische Verfahren (relevant)
− Systemtheoretische Konzepte (relevant)
− Die meisten dieser Ansätze wurden primär für die Psychotherapie entwickelt.

Verhaltensbezogene Beratung

− Alles Verhalten (auch das fehlangepasste) ist gelernt


− kann systematisch wieder verlernt werden
− systematische Verhaltensanalyse
− Verstärkung, systematische Desensibilisierung & Selbstkontrolltechniken (wird
angestrebt)
− Entwicklung eines Plans zur systematischen Kontrolle & Behebung
verhaltensauslösender Reizkonstellationen

Systemisch orientierte Beratung

− Betrachtung des Ratsuchenden im Kontext der sozialen Beziehungen (Kontext wird


miteinbezogen)
− Symptome sind Folge von Störungen im sozialen Netzwerk einer Person
− Individuelle Beratung reicht hier nicht z.B. in Familien (systemische Beratung bei
Familien)
− Systematische Einzelberatung: Erfassung der Beziehungen und Bedeutungen aus der
Wahrnehmungsperspektive des Ratsuchenden
− Merkmale systemischer Beratung & Therapie:
o Berücksichtigung der Autonomie und Eigendynamik des Klientensystems
o Veränderung konstruierter Wirklichkeiten (Vater sieht Dinge anders als die
Kinder)
o Berücksichtigung der Systemumwelt
o Wechselseitiger Bezug von Problem und interpersonaler Kommunikation
9. Psychologie des Unterrichts

Angebot (Lehrer) an Möglichkeiten zu lernen – Was machen die SuS daraus?


Rahmenbedingungen aus kulturellem Kreis; Kontext (Stadt/Land); Lehrer bringt
unterschiedliches Wissen und Überzeugungen mit; Lehrer haben Motivation und können
Selbstregulation; Unterricht → Angebot; Welche Methoden? Zeitfaktor?

Möglichkeit, sich motivational weiterzuentwickeln → Interesse (motivationales


Lernpotenzial); kognitives Lernpotenzial; Familie wirkt sich auf das Potenzial aus

Wenn Angebot entsprechend genutzt wird → Wirkung

Kombi aus good und effective teaching →


quality teaching
Motivationale Prozesse

Wichtigste Faktoren zur Motivation:

− Kompetenzerleben (Ich kann was → steigert Motivation) I


− Interessenerfahrung (Ich bin interessiert an etwas) I
− Erleben von Bedeutsamkeit (Warum ist etwas relevant?) I
− Erleben von sozialer Eingebundenheit I
− Nützlichkeitsüberzeugungen (Das, was ich mache ist nützlich) I
− Belohnung und Bestrafung E

Eine Studie zum Interesse von Schülerinnen und Schülern

Wie interessiert sind S/S in den unterschiedlichen Fächern, wie stark wechselt ihr Interesse und
von welchen Unterrichtsfaktoren hängt das Auftreten von Interesse ab?

− Situationale Interesse: kurzfristig


− Individuelle Interesse: langfristig (positiv geprägt)

Untersuchungsfächer:

− Mathematik
− Deutsch
− Fremdsprache

Ergebnisse dieser Studie:

− Situationale Interesse schwankte deutlich


− S/S mit generell hohem individuellem Interesse fanden mehr Stunden interessant
− Identifikation bestimmter Unterrichtsmerkmale, die systematisch mit höherem
situationalem Interesse einhergingen

Je mehr Unterstützung → desto mehr Interesse


Sichtstrukturen → was man auf den ersten Blick gut beobachten kann; nicht immer kann jede
Methode angewandt werden: Methoden nicht unabhängig voneinander

Studie zum Unterschied von Tiefen- und Sichtstrukturen

Veenman und Kollegen untersuchten die Verarbeitung von kooperativen Lernformen

− Gruppenarbeit = Sichtstruktur des Unterrichts


− Strukturierungen der Gruppenarbeit nach bestimmten Prinzipien
− Durch Prinzipien → Schwachstellen der Gruppenarbeit vermieden
− Variation der Unterrichtsmerkmale innerhalb der gleichen Sozialform (=Gruppenarbeit)
− → Merkmale der Tiefenstruktur
− Ergebnisse
o Schüler/innen: häufiges Erleben kooperativer Lernformen → Zufriedenheit
o Lehrer/innen: häufiges Einsetzen kooperativer Lernformen (4mal/Woche) →
positiver Effekt, aber Unzufriedenheit mit der Methode
o Unterrichtsbeobachtung: häufiger Einsatz der Gruppenmethode, aber:
▪ implementierte Methoden erfüllen kaum die Bedingungen
▪ Vernachlässigung der individuellen Verantwortlichkeit und der
gemeinsamen Gruppenaufgabe

beobachtete Kooperation wies geringe Qualität auf (unvorteilhafte Arbeitsteilung, geringe


Rate an Zuhörern, negatives Klima und suboptimale Entscheidungsprozesse)
Gruppenarbeit dann effektiv, wenn → hohes Maß an Strukturiertheit; Schüler individuell und
die Gruppe als solche bewertet wird → wenn nicht keine Effizienz

Unterrichtsforschung

Ergebnisse

Japanische Schüler weisen in


der Studie gute mathematische
Leistung auf

problemlösender japanischer
Unterricht gilt seitdem als der
Musterunterrichts für
Mathematik

Nachfolgestudie (von Hiebert et al, 2003)

Das einheitliche Bild eines guten Mathematikunterrichts lässt sich nicht finden!

− Niederlande: selbstständiges Schülerarbeiten (>55%)


− Hongkong: lehrergeleiteter Unterricht (3/4 der Unterrichtszeit)
− Australien: wenig komplexere Aufgabenstellung (77%)
− Tschechien: großer Anteil an Wiederholungsaufgaben (58%)

Normative Setzungen, wie „guter Unterricht“ auszusehen hat, sind kaum möglich. Stattdessen
führen unterschiedliche Wege zu guten Schülerergebnissen.

Klassenführung: Unterricht
steuern, sodass keine
Störungen auftreten
(konsequent vorgehen, gute
Planung)

kognitive Aktivierung: mit


Vorwissen arbeiten

konstruktive Unterstützung:
Fehler nicht sanktionieren;
Geduld, angemessenes Tempo,
freundliche Beziehung zu SuS
Wie kann effektive Klassenführung im Unterricht umgesetzt werden?

− Etablieren von Regeln und Routinen


o Klare Vermittlung d. erwünschten(unerwünschten Verhaltensweisen
o Klare Regeln und Vorschriften
o Routine: Einüben bestimmter Verhaltensweisen in spez. Situationen
− Angemessene disziplinäre Maßnahme
o Reaktion auf Verstoße
o wirkungsvolle disziplinäre Maßnahmen:
▪ Unmittelbare verbale Reaktion der LK (Lob, Tadel)
▪ Tokenpläne (Smileyliste)
▪ direkte negative Konsequenzen (Umsetzen der S/S,..)
▪ gruppenbezogene Konsequenzen (Privilegien für Arbeitsgruppen)
▪ Einbeziehung der Familie
− Konstruktive Schüler‐Lehrerbeziehung
o Dominanz: Verkörperung der Führungsposition → klare Formulierung der
Erwartungen; Vermittlung des Durchsetzungsvermögens, Selbstbewusstseins,
Körpersprache und Stimme
o Kooperation: flexible Einstellung, Interesse an S/S, „Auge‐Zudrücken“ bei
kleinen „Vergehen“
− Eigene Geisteshaltung
o Bewusstseinsentwicklung für emotionale Höhen und Tiefen
o Regulation der eigenen Gefühle
− Richtiger Anfang
o Gute Vorbereitung (Materialien, Klassenzimmer, etc.)
o Besprechung der Regeln und Prozeduren mit den S/S
Wie kann konstruktive Unterstützung im Unterricht umgesetzt werden?

− Feedback (Dimensionen)
− Fehlerkultur (Fehlerfreundlicher Unterricht)
− Tempo (Wartezeit: 3‐5 Sekunden)
− eigene Geisteshaltung (Angemessenes Feedback, Langsamkeit tolerieren und Geduld
zeigen)

Inwieweit tragen Sichtstrukturen zum


Interesse in Mathematik bzw. zur Leistung
bei?
Sichtstrukturen des Unterrichts: Von der Lehrkraft angeleitetes Lernen

Lehrergesteuerte Unterrichtsmethoden: Sollte Frontalunterricht abgeschafft werden?

− Tradierte bildungs‐ und lerntheoretische Vorstellung: Lehrerrolle= Anleiter, Experte,


Informationsvermittler
− Effektivität der Methode: Erreichen großer Schülergruppen und Lernziele ohne viel
Aufwand
− Forschung bestätigt die Effektivität: Lehrerzentrierter Unterricht kann in der Tat eine
höchst effektive Methode sein

Der Lehrervortrag Der Doktor‐Fox‐Effekt: Forschung zur Expressivität von Lehrenden

Studie zeigte:

− charismatisches, expressives Auftreten → großen Einfluss auf die Beurteilung von


Lehrenden
− ausdrucksstarke Vortragsweise kann von fachlichen Defiziten abweichen
− lebhafte und ausdrucksstarke Vortragsweise kann S/S motivieren
− Aber: Keine eindeutigen Belege, dass Lernende sich bei expressiven Lehrkräften stärker
anstrengen, tiefere Verarbeitungsstrategien wählen oder letztendlich mehr lernen.

Das fragend‐entwickelnde Unterrichtsgespräch

Für S/S stellt sich ein solches Unterrichtsgespräch dann als ein Versuch‐und‐Irrtum‐Spiel mit
unbekannten Regeln dar, bei dem sie sich anhand der Reaktionen der Lehrkraft in Richtung
eines ihnen unbekannten Ziels hinbewegen. Das Hauptproblem nicht etwa die zu deutliche
Lenkung durch die Lehrkraft, sondern der Versuch durch eine scheinbare Offenheit die
Lehrerlenkung zu minimieren.

eine der effektivsten Methoden


Welche Faktoren machen gemeinsames Arbeiten und Lernen effektiv?

− Verwendung echter Gruppenaufgaben (Aufgaben, die man nicht alleine lösen kann)
o Additive Aufgaben (Ergebnisse addieren)
o Konjunktive Aufgaben (gemeinsam zum Ergebnis)
▪ Positive Interdependenz (Kompatible Ziele)
▪ Individuelle Verantwortlichkeit
Individualisiertes Lernen: Problemorientierte Unterrichtsmethoden

− offene Methoden erreichen in vielen Fällen diese Ziele nicht


− S/S, die mit offenen Methoden unterrichtet wurden → höheres Interesse und mehr
Lernfreude (nicht durchgängig in allen Studien zu beobachten)
− Vorteile können selten nachgewiesen werden, wenn es um kognitive Lernziele geht
(Sowohl in Bezug auf die Vermittlung fachlicher Lerninhalte als auch generelle
Problemlösekompetenz) Entscheidender Schlüssel zum Gelingen offener
Unterrichtsmethoden: Strukturierung
Wie viel Strukturierung brauchen Kinder beim Lernen?

Ein Unterrichtsexperiment (Blumberg, Möller, Jonen & Hardy, 2003; Hardy, Jonen, Möller&
Stern, 2006)

− 161 Grundschulkindern (8 Klassen) im Sachunterricht


− Teilnahme aller Klassen an jeweils zwei 8‐stündigen Unterrichtseinheiten zum Thema
„Schwimmen und Sinken“
o vorstrukturierte Lernexperimente (Beobachten bestimmter Lerngegenstände im
Wasser)
o Bearbeitung von Arbeitsblättern
o Tag im Schwimmbad: Schwimm‐ und Sinkverhalten eines Baumstammes und
ihres Körpers
− Experimentelle Manipulation: Umsetzung zweier Unterrichtsformen, die sich darin
unterschieden, wie stark die Lehrkraft den Unterricht strukturierte. Bei einer Hälfte der
Klasse wurde der offene Unterricht umgesetzt, während bei der anderen Hälfte die
Unterrichtseinheit vorstrukturiert(genaue Zeiteinteilung bei den Materialien und
Gesprächsleiter) wurde.
− Ergebnis: deutlicher Vorteil der beiden Experimentalgruppen (größeres konzeptuelles
Wissen) Aber: Nach einem Jahr zeigte sich, dass nur die Kinder in der
hochstrukturierten Gruppe ein deutlich besseres Verständnis aufwiesen.
− Bei der Motivation der Kinder sah man kaum Unterschiede und wenn dann wiesen die
Kinder in der hoch strukturierten Lernumgebung höhere Werte auf

Was macht eine „gute“ Lehrkraft aus?

Professionelle Kompetenz als Grundstein für qualitätvollen Unterricht

Professionelle Kompetenz

− spezielle berufliche Aufgaben notwendig


− Kompetenz → Fähigkeit/Bereitschaft zu handeln
− Professionelle Kompetenz umfasst kognitiv Aspekte (Wissen oder Vorstellungen),
motivationale und affektive Aspekte (Ziele, Motive, Gefühle)
− Fähigkeit und
Bereitschaft, Unterricht
gut und effektiv zu
gestalten
→Zusammenspiel dieser
Aspekte

Die Aspekte der professionellen Kompetenz: Professionelles Wissen

− Fachwissen
− fachdidaktisches Wissen
− pädagogisch‐psychologisches Wissen

Die Aspekte der professionellen Kompetenz: Professionelle Überzeugungen

Forschung zu Erwartungseffekten:

− Lehrkräfte geben den S/S, von denen sie geringere Lernfähigkeit annehmen, oft weniger
anspruchsvolle Aufgaben
− Lehrkräfte verhalten sich diesen S/S weniger freundlich und aufgeschlossen
− Geringere Erwartungen → negativer Effekt auf die Anstrengungsbereitschaft der S/S
− Bildung negativer Erwartungen der Lehrkräfte auf Basis von Informationen (die mit
dem tatsächlichen Potenzial der S/S nichts zu tun haben), wie sozialer Hintergrund oder
psychische Aktivität
− Lerntheoretische Überzeugungen der Lehrkräfte:
o „Sender‐Empfänger‐Modell“: Lehrkraft stellt den Lernstoff zur Verfügung, S/S
merken sich den Stoff → Lernen wie eine Fernsehsendung → weniger kognitiv
aktivierende Aufgaben, weniger konstruktive Unterstützung ‐ Lernen ist ein
sozialer Prozess → Diskussionen, sozialer Austausch
o Problematisch, wenn diese Überzeugungen das Handeln der Lehrkraft deutlich
einschränken und lernförderliche Methoden abgelehnt werden
o Eigene Überzeugungen: nicht immer bewusst und nicht direkt zugänglich
o Bildung eigener Unterrichtsvorstellungen während der eigenen Schulzeit
o Wichtige Komponente der Professionalität von Lehrkräften: reflektierende
Auseinandersetzung

Studie COACTIV:

− Untersuchung der Lehrkräfte in Deutschland, deren S/S 2003 an der Pisa‐Studie


teilgenommen hatten
− Erfassung der professionellen Kompetenz

Befunde der Studie (Kunter & Baumert, 2011; Kunter et al., 2011) zeigen:

− Lehrkräfte, die im fachdidaktischen Test gut abschnitten → höhere kognitive


Aktivierung und bessere Unterstützung im Unterricht → bessere Mathematikleistungen
der S/S
− Lehrkräfte, die ein besseres Fachwissen hatten → kein höheres kognitives
Aktivierungspotenzial, einen hohen Enthusiasmus und höhere Unterrichtsqualität
− Keinen Nachweis dieses Effekts, wenn lediglich der Enthusiasmus für das Fach
Mathematik betrachtet wird
− Positive Wirkung von konstruktivistischen lerntheoretischen Überzeugungen und
adaptiven selbstregulativen Fähigkeiten auf die Unterrichtsqualität
− Mehrere Aspekte professioneller Kompetenzen haben Einfluss auf die
Unterrichtsqualität

Die Aspekte der professionellen Kompetenz: Motivation

Intrinsische Motivation und extrinsische Motivation


Empirische Forschung (Kunter & Holzberger) zeigt: Lehrkraft mit hohem Anteil an
intrinsischer Motivation, erlebt oft Freude und Begeisterung während der Arbeit, ist gesünder,
zufriedener und bietet höhere Unterrichtsqualität an → positiver Effekt auf das Lernen und die
Motivation der S/S

− Selbstwirksamkeitsüberzeugung
− Studien (Caprara, Barbaranelli, Steca & Malone, 2006; Tschannen‐Moran & Woolfolk
Hoy, 2011) zeigen: Lehrkräfte mit hohen Selbstwirksamkeitsüberzeugungen setzen
innovativere und effektivere Methoden ein und zeigen langfristig geringere
Stresssymptome und größere Bereitschaft für Engagement .
− Zielorientierungen:

− Vor allem die Lernzielorientierungen gehen mit größerem Wohlbefinden, mehr


Lernbereitschaft und besserer Unterrichtsqualität einher.

Rahmenbedingung des Unterrichts

1. Unterricht ist immer kontextabhängig


2. Klassenzusammensetzung
− Kompositionseffekt
− „günstige“ Klassenzusammensetzung → erfreuliche Leistungsentwicklung:
o Hauptschule: Einfluss der Klassenkomposition auf Leistungsentwicklung
o Gymnasium: geringe Auswirkung der Klassenkomposition auf
Leistungsentwicklung
− Unterrichten einer „guten“ Klasse → erfolgreiche Lehrkraft
− Unterschiedliche Unterrichtsqualität → großer Effekt auf den Lernerfolg (als
Unterschiede in der Klassenkomposition)
− Erfolgreiche Lehrkräfte sollen sich „schlechte“ Klassen aussuchen, da in diesen
Klassen das Potenzial vieler S/S nicht ausgeschöpft wird
− Bezugsgruppeneffekt: ständiger Kontakt mit leistungsstarken MitS/S kann negative
Konsequenzen auf das Selbstbild haben

Die Klasse als Vergleichsmaßstab:


− „Big‐Fish‐Little. Pond Effect“ (Fisch‐Teich‐Effekt): Schulisches Selbstkonzept
− Bezugsgruppeneffekt: Das Selbstkonzept der S/S hängt nicht nur von den eigenen
Fähigkeiten ab, sondern auch von den Leistungen der MitS/S
− die Bedeutung der Klassengröße wird deutlich überschätzt → geringere positive
Effekte von kleinen Klassen auf den Leistungszuwachs
3. Schulformeffekte
− „Schereneffekt“: an Haupt‐ oder Realschulen treten ungünstigere
Kompetenzentwicklungen als an Gymnasien auf
− Inkonsistente Forschungslage bzgl. Unterscheidung der Lernzuwächse zwischen
unterschiedlichen Schulformen
− Ursache: unterschiedliche Leistungstests bei der Messung des Lernzuwachses
− Weitere Kontextfaktoren:
o Schulklima: Sicherheit (körperlich, sozial‐emotional); Lehren und Lernen
(Unterrichtsqualität, soziale, emotionale und ethische Lernziele,
Weiterbildung, Führung); Beziehungskultur zwischen den Beteiligten
(Respekt für Unterschiedlichkeit); Charakteristika des Schulgebäudes und
außerschulische Angebote
o Regionaler Kontext: Regionen mit hoher Arbeitslosigkeit → Motivation der
S/S kann niedrig ausfallen; durch konfessionelle Zusammensetzung der
Bevölkerung → hohes Leistungsniveau; Anstellung in Städten oder
Gemeinden mit guter wirtschaftlicher Lage
o Curriculum
o Stundenallokationen, Vorgabe für Prüfungen

Das Beispiel der Rütli-Schule

− Von den Lehrkräfte genannte Kontextfaktoren:


− Ungünstige Komposition: deutsche Herkunft und kein entsprechendes Personal
− Schlechtes Schulklima: hohe Gewaltbereitschaft, Zerstörungen, Regelverstöße,
respektloses Verhalten
− Mangelnde Unterstützung der Eltern
− Hoher Krankenstand im Kollegium
− Mangelnde Wertschätzung der Schule im Kiez
− Vorzeigeprojekt: „1. Gemeinschaftsschule“ – Zusammenlegung der Hauptschule,
Realschule, Grundschule und Kindergärten in einem „Rütli‐Campus“
− Ganztagsschule: Mittagessen, Zusatzunterricht, Unterstützungsangebote, zahlreiche
Freizeit‐ und Arbeitsgruppen
− Freundliches Schulklima
− Großteil der S/S erreichten den mittleren Schulabschluss

Ergebnisse:

− Beeinträchtigung des Unterrichten durch Zusammenwirkung mehrerer ungünstiger


Kontextfaktoren
− Gezielte Verbesserung durch geeignete Maßnahmen
− Überschätzung des Kompositionseffekts als Kontextmerkmal (keine Veränderung
der SchülerInnenschaft der Schule)
4. Familiäre Herkunft
− Bildungshintergrund: Interesse der Eltern für schulische Inhalte oder Nachgehen
von Bildungsaktivitäten
− Hausaufgaben: Unnötige Hilfe bei Hausaufgaben → negative Konsequenzen auf
Selbstentwicklung, das Selbstkonzept und selbstregulative Fähigkeiten der Kinder;
Überlegung der Lehrkraft: welche Form der Hausaufgabenunterstützung

Lernumgebungen gestalten

Probleme der schulischen Ausbildung

− Motivationsverlust
− mangelndes Interesse
− Wissenslücken
− „träges Wissen“
− geringe Problemlösefähigkeit
− Defizitäre Handlungskompetenz

"Alle Kinder treten als Fragezeichen in die Schule ein und verlassen sie als Punkt“
Die kognitivistische Position

− Inhalte werden möglichst systematisch und organisiert dargeboten.


− systemvermittelnde oder technologische Lehrstrategie mit dem Ziel, den Gegenstand
des Lehrens und Lernens als fertiges System zu vermitteln (Gegenstandszentriertheit)
− Prozess der objektiven Inhaltsübermittlung („Wissenstransport“)
− Resultat: Wissensausschnitt Lerner = Lehrer
− systematisch geplantes, schrittweise konstruiertes und evaluiertes Vorgehen

Das Primat der Instruktion

− Frage der optimalen Unterrichtsgestaltung zum Erreichen definierter Lehr‐Lernziele


− Lehrender als didactic leader (Leinhardt, 1993)
o Wissensinhalte präsentieren und erklären
o Anleitung von Lernenden
o Sicherstellung von Lernfortschritten
o Lernende verbleiben in einer passiven Position und rezeptiv

Der Instructional‐Design (ID) Ansatz

− Analyse der Anfangszustände:


o Ergebnis: Vorwissen und Fähigkeiten, die die Lernenden bereits mitbringen.
− Analyse der erwünschten Endzustände
o Ergebnis: Ziele bzw. Leistungskonstrukte, die mit der Instruktion angestrebt
werden.
− Analyse der Übergänge zwischen den Anfangs‐ und Endzuständen
o Auf der Grundlage dieser Analyse können entsprechende Instruktionen
erarbeitet werden.

Beispiele für ID‐Ansätze

− Mastery Learning (Bloom)


− Component Display Theory (Merill)
− Elaboration Theory
o 1. Schritt (Entscheidung über die Organisation):
▪ Entsprechend der Instruktionsziele inhaltliche Organisation
(konzeptionell, prozedural oder theoretisch) wählen.
o 2. Schritt (Inhaltsanalyse):
▪ Organisationsstruktur entwickeln. Inhalte (Konzepte, Verfahren oder
Prinzipien) werden in der jeweils notwendigen Detailliertheit und
Komplexität dargestellt
o 3. Schritt (Schaffung des Instruktionsgerüsts):
▪ Sequenzierung der Komponenten
o 4. Schritt: Gerüst mit Inhalten füllen und alle notwendigen Lernvoraussetzungen
identifizieren.
o 5. Schritt: alle Inhalte auf verschiedene Elaborationsniveaus und einzelne
Unterrichtsstunden verteilen
o 6. Schritt: Binnengestaltung einer Unterrichtsstunde
▪ Motivation, Analogien, Erweiterung bereits vermittelter Informationen

Wissenschaftliche Probleme der kognitivistischen Auffassung

− Mangel an empirischen Befunden zur Rechtfertigung einer rationalen Durchgestaltung


von Lehr‐Lernprozessen
− Mangel an Replizierbarkeit der Effekte einzelner Instruktionsmaßnahmen
− Mikropsychologische Betrachtung fernab ökologischer Validität
− Reduktionistisches Vorgehen der Wissensvermittlung: Teil vs. Ganzes
Praktische Probleme der kognitivistischen Auffassung

− Rezeptive Lernerhaltung bedingt:


o Mangel an Eigeninitiative und Selbstverantwortung für den Prozess und Erfolg
des Lernens
o Erhöhte Wahrscheinlichkeit, dass sich Lernende in eine eher passive Position
begeben, sich demotiviert oder allenfalls extrinsisch motiviert fühlen
o Unlust, Disziplinproblemen und Leistungsverweigerungen
− Systematisiertes und logisch aufbereitetes Wissen wird den komplexen und wenig
strukturierten Anforderungen in Alltagssituationen nicht gerecht
− „Träges Wissen“ wird zwar erworben, aber in realen Situationen nicht angewendet

Das Primat der Konstruktion: Grundlegende Annahmen

− Konstruktivismus sowohl als Wissenschafts‐ als auch Erkenntnistheorie (radikaler


Konstruktivismus)
− Ebenfalls als Paradigma in der Soziologie, Kognitionswissenschaft und Psychologie
("neuer" Konstruktivismus)
− Im Gegensatz zum radikalen Konstruktivismus beschäftigt sich der neue
Konstruktivismus stärker mit dem denkenden und handelnden Subjekt
− Wissen ist keine Kopie der Wirklichkeit, sondern Konstruktion von Menschen, somit
weder ein äußerer Gegenstand, der sich von Lehrenden zu Lernenden "transportieren"
lässt, noch eine getreue internale Abbildung desselben

Ansätze: Anchored Instruction

− narrativer Anker in Form von authentischen Problemsituationen („anchor“) zur


Interessensgenerierung
− Am Anker werden Probleme eigenständig identifiziert, definiert und letztlich selbst
gelöst.
− Die Präsentation der authentischen Problemsituationen erfolgt video‐basiert, Lernende
können ein mentales Situationsmodell aufbauen und werden zudem motiviert
− Unterstützung durch Lehrer oder Computerprogramm
7 Design Prinzipien

− Video‐basiertes Format
o Video reichhaltiger als Text
▪ Informationen besser in komplexe Geschichte
▪ Leseschwierigkeiten behindern nicht beim Lernen
▪ Motivierender als Text
▪ Reichhaltigeres mentales Modell
o Videodisc
▪ Schneller und sichtbarer Vorlauf zur Informationssuche
▪ Einfrieren von Bildern/Slow motion
− Narratives Format
o Sinnvoller/bedeutungsvoller Kontext
o Verständliche Textstruktur
▪ Mentales Modell der Situation
▪ Authentische Verwendungsmöglichkeiten von Mathe
− Generatives Lernformat
o Lösung muss von Kindern durch komplexe (Mathe‐) Aufgaben selbst gefunden
werden
o Motivation
▪ Eigene Problemstellung
▪ Wissensdurst
o Aktive Teilnahme (konstruktivistische Basis)
− Embedded Data Design
o Detektiv‐Metapher
▪ Keine explizite Formulierung des mathematischen Problems zu Beginn
▪ Alle Daten, die zur Lösung notwendig sind, befinden sich im Video
• Gedächtnistraining
• Rückspulen am Video liefert die nötigen Informationen
− Problemkomplexität
o „Schüler können nicht mit Komplexität umgehen lernen, wenn sie nicht die
Gelegenheit haben, es zu tun.“ (Schoenfeld, 1985)
o Komplexe mathematische Probleme
▪ z.B. 15 Schritte zur Lösung
▪ z.B. Vergleich multipler Lösung und Begründung einer Wahl
o Videoformat hilft
▪ beinhaltet multiple Informationen
▪ Lehrer können komplexe Probleme oft nicht eindeutig und verständlich
erklären
− Paare verwandter Probleme
o Transfer
▪ Lösen des Gelernten vom Kontext
▪ Anwendbarkeit in vielen Situationen
− Querverbindungen über das Kurrikulum
o Fächerübergreifender Unterricht
▪ Bearbeiten von anderen Gebieten, die in der Geschichte vorkommen
(z.B. Biologie, Geschichte, etc.)
o Referate vor der Klasse

Empirische Ergebnisse (Cognition and Technology Group at Vanderbilt (1992))

− Methode:
o Fünft‐/Sechstklässler
o Kontrollgruppen (nach standardisierten Mathe‐ und Lesewerten eingeiteilt)
o mind. 3 Jasper‐Geschichten (2 über komplexes Planen, 1 über Business‐Plan‐
Erstellen)
o Pro Geschichte insgesamt ca. 1 Woche Unterrichtszeit → Gesamtdauer 1
Schuljahr
− Unabhängige Variable: Normaler Matheunterricht vs. Anchored‐Instruction‐Ansatz
− Abhängige Variable
o gemessen:
▪ T1= 3 Monate nach Beginn des Schuljahres
▪ T2= 3 Monate vor Ende des Schuljahres
o Einstellung
o Lösen von Textaufgaben
o Planungsfertigkeiten
o Wissen über basale mathematische Konzepte
o Lehrerfeedback über das Programm und die Bewertungsinstrumente
Ergebnisse

− Veränderung der Einstellung über Mathematik


o Jasper > Kontrollgruppe
− Textaufgaben ( Problemlösen)
o Jasper > Kontrollgruppe (für alle drei Arten: One‐step‐, Twostep‐ und Multistep‐
Textaufgaben)
− Planungsaufgaben
o Jasper > Kontrollgruppe (Planen, Subziele verstehen)
− Veränderung des Wissens über basale mathematische Konzepte
o Jasper = Kontrollgruppe

Die Cognitive Flexibility Theory (Spiro & Jehng, 1990)

− Ziel: Übervereinfachungen vermeiden + Komplexitäten/ Irregularitäten aufzeigen


− Falldarstellungen & Landscape Criss‐Crossing:
o Dasselbe Konzept → zu verschiedenen Zeiten in verschiedenen Kontexten unter
veränderter Zielsetzung +aus verschiedenen Perspektiven beleuchtet
o Lernen → multidirektional und multiperspektivisch
o erworbenes Wissen → facettenreich
o Gelerntes kann flexibel angewendet werden
o Fehlkonzepte + Schubladendenken vermieden
− v.a. bei fortgeschrittenem Wissenserwerb in wenig strukturierten Gebieten effektiv

Der Cognitive Apprenticeship‐Ansatz

− Meister‐Lehrling‐Verhältnis
− Modeling
− Coaching
− Scaffolding
− Fading
− Articulation
− Reflection
− Exploration
Probleme

− viele Freiheitsgrade bei Gestaltung


− Vage Begrifflichkeit; z. B. Situiertheit, Authentizität
− Schlechtes Kosten‐Nutzen‐Verhältnis
− Gefahr → Überforderung von Lernenden
− Orientierung/eher niedriges Leistungsniveau reichen aus → kognitivistisch geprägte
Wege gangbar + ökonomischer.

Gestaltung integrierter Lernumgebungen

− Leitlinie 1: Situiert, anhand authentischer Probleme lernen


− Leitlinie 2: In multiplen Kontexten lernen
− Leitlinie 3: Unter multiplen Perspektiven lernen
− Leitlinie 4: In einem sozialen Kontext lernen
− Leitlinie 5: Mit instruktionaler Unterstützung lernen
10. Lernen mit Medien

Die Wissensexplosion

− Alle 5 Jahre verdoppelt sich das gesellschaftliche Wissen.


− 1/5 dessen, was ElektroingenieurInnen oder BiochemikerInnen heute wissen, ist
innerhalb von 12 Monaten veraltet.
− 50 % der Informationstechnologie des Jahres 2030 ist heute noch nicht erfunden.
− Aktuelle Lage zeigt Bedarf → Konventionelle Lernformen stoßen an ihre Grenzen.

Was muss Lernen heute leisten?

− Just‐in‐time‐learning / Learning on demand


− learning on the job (Transfer!)
− Selbstgesteuertes, autodidaktisches Lernen
− Verteiltes und kollaboratives Lernen, u.a. ermöglicht durch Telekommunikation und
Internet;
− Distanzlernen
− Lebenslanges Lernen (1996 = „Year of life‐long learning“ der EU)

Lernen mit dem Computer ist die Regel


Vorteile des Lernens mit Neuen Medien

− 24/7/365 verfügbar
− geringere Kosten
− weniger gefährlich
− Ortsunabhängigkeit
− Globalität
− Synchronizität

Aber was sind denn nun Neue Medien? → verschiedene Ansatzpunkte und Taxonomien sowie
Begrifflichkeiten.

− „E‐Learning“
− „Online‐Learning“
− „Lernen mit Multimedia“, …

Multimedia

− Informationstechnische Sicht: Computerprogramm, das neben Bild und Text


mindestens ein zeitabhängiges Medium (wie Video, Ton, Animation und Simulation)
enthält sowie Möglichkeiten zur direkten Beeinflussung der Informationsdarbietung
bereitstellt.
− Pädagogisch‐psychologische Sicht: Eine vom Lernenden unmittelbar beeinflussbare
Computeranwendung, die Informationen durch mehrere Symbolsysteme, d.h. bildlich‐
analog oder sprachlichsequentiell vermittelt und dabei verschiedene Sinne anspricht.

Ebenen von Multimedia

− Technische Ebene: Zeichenträger →


Geräte: Computer, Netzwerke, Displays ...
− Semiotische Ebene/Kodalität:
Zeichenarten → Darstellungsformen: Texte,
Bilder,
− Sensorische Ebene/Modalität:
Zeichenrezeption → Sinnesmodalitäten:
Auge, Ohr, ...
Lernen mit Bildern

Steuerungscodes

− impliziter Steuerungscode
(hervorgehobene Adern beim Herz)
vs. expliziter Steuerungscode (Pfeil in
einem Diagramm)
− impliziter Steuerungscode (2.
Beispiel) → Skalierung bei einem
Diagramm

Spezifische didaktische Gestaltungsansätze

Transferförderliches Lernen durch Goal‐Based Scenarios (GBS): Ziele

− Lernen zu handeln (prozedural), nicht nur zu wissen (deklarativ)


− Lernen im Kontext eines zu erreichenden Zieles, welches bedeutungsvoll, relevant und
interessant empfunden wird (intrinsische Motivation)
− Wissen im Zusammenhang mit Aufgaben so zu erwerben, dass es außerhalb der
Lernumgebung anwendbar wird (Transfer)
− Lernen anhand authentischer Fälle

Fallbasiertes Wissen aus kognitionspsychologischer Sicht

− durch Lernen: Novize → Experte


− Experten → umfangreiche mentale „Bibliotheken“ (enthalten Erfahrungen in Form von
Fällen („Cases“))
− Experten greifen beim Problemlösen auf umfangreiche Fallsammlungen und daraus
ableitbare Pläne zurück
− Zielrelevantes Wissen wird mit einem „Index“ versehen und in die entsprechende
„Bibliothek“ eingeordnet
− „Index“ hängt ab von dem Ziel und dem Kontext, wie sie in dem Fall enthalten sind.
− Wissen wird anhand von Cues erinnert

Fazit und Zusammenfassung


− Goal‐Based Scenarios unterstützen kompetenzorientiertes Lernen
− zur Simulation sozial‐kommunikativer Problemsituationen herangezogen
− ermöglichen Lernen anhand authentischer Probleme
o Vermittlung deklarativen Basiswissens
o Geleitetes & „sicheres“ Üben von Verhalten
− Können auch in kollaborativen Szenarien eingesetzt werden (z.B. Problembasiertes
Lernen)
− Wirksamkeit des Ansatzes ist theoretisch wie empirisch fundiert
− Grenzen: Übung und das echte Leben machen den Meister! GBS bilden die Brücke von
der Theorie zur Praxis.

Lernen in Gruppen

Unterrichtsmodelle zum kooperativen Lernen

1. Skript‐Kooperation

− kooperative Dyaden
− beide lesen Textteil
− einer fasst zusammen
− anderer achtet auf Fehler
− Zweiter Textteil: Vertauschen

2. Reziprokes Tutoring

− Paare treffen sich über einen längeren Zeitraum zum Lernen.


− abwechselnd LehrerInnen‐ und SchülerInnenrolle
− SchülerIn muss ein Problem lösen. - LehrerIn kann Hinweise auf die Lösungsschritte
geben.
− abschließend Test für beide
− Belohnung in Abhängigkeit von der Dyadenleistung

3. Gruppenrecherche

− Gliederung eines Problems in Unterthemen


− Einteilung der SchülerInnen in Kleingruppen
− Planung und Durchführung der Recherchen
− Planung und Durchführung der Präsentation in der großen Gruppe
− Evaluation

4. Reziprokes Lehren

− Programm zur Förderung von Kindern mit Problemen beim Leseverständnis


− Diskussion über einen Text
− Verständnisförderung:
o Fragen über die zentralen Punkte des Texts
o Zusammenfassung
o Klärung von Unklarheiten
o Voraussagen über den kommenden Abschnitt

5. Lehren durch Lernen

− Unterrichtsablauf traditionell
− SchülerInnen übernehmen Lehrfunktionen.
− anfangs intensive Unterstützung durch Lehrerperon
− Korrektur durch MitschülerInnen
− Überforderung?

6. Gruppenpuzzle

− Desegregation (1954)
− Kontakthypothese → gegenseitiges Verständnis
− Problem: Frontalunterricht kompetitiv → Integration funktioniert nicht
− Jigsaw Class
o Einführung durch Lehrperson
o Aufteilung des Lernstoffs
o Bildung von Expertengruppen
o Bildung von Lerngruppen
o Integration und Evaluation
− Gruppenpuzzle: Feldstudie
o Schüler mögen ihre Gruppenmitglieder lieber
o Anglo‐ und Afro‐Amerikaner mögen die Schule lieber (im Vergleich zu einer
Kontrollgruppe)
o Mexikano‐Amerikaner mögen die Schule weniger gern
(Sprachschwierigkeiten?)
o höheres Selbstbewusstsein
o Kontrollpersonen fühlen sich von Klassenkameraden stärker gemocht
o Klassenkameraden werden als Lernressource genützt
o weniger Wettbewerbsverhalten
− Problem: schwache SchülerInnen
o Unterstützung durch die „Expertengruppe“
o Coaching durch bessere MitschülerInnen
o Unterrichtsmaterial in unterschiedlichen Schwierigkeitsstufen
o SchülerInnen realisieren, dass unterschiedliche Fähigkeiten normal sind und
lernen, auf Schwächere einzugehen

7. Problembasiertes Lernen

− Authentische, komplexe Probleme


− Kleingruppen (4‐9 Lernende)
− Tutorielle Unterstützung
− Informationsressourcen
− Begleitende Vorlesungen/Seminare
− Literaturangaben
− Expertise von DozentInnen

Problembasiertes Lernen: Ziele

− Strukturierung des Wissens zum anwendungsorientierten Gebrauch


− Erwerb effektiver Problemlösekompetenz
− Selbstgesteuertes Lernen
− Motivationssteigerung
Problemstellungen

− Komplexe Problemstellungen aus dem zu vermittelnden Inhaltsbereich mit zumeist


interdisziplinärer Natur
− Abdeckung der Lehrziele durch Probleme
− Präsentationsformen:
o Papierform
o Darsteller
o medial angereicherte Präsentation (Bild/Video)
o interaktive Simulationen

Stand der Forschung: Vergleichende Forschung

− Vergleichende Forschung zwischen klassischem Frontalunterricht (FU) und


problembasiertem Lernen (PBL)
o In der medizinischen Ausbildung
▪ Vermittlung von Grundlagenwissen: FU ≥ PBL
▪ Klinisch‐medizinisches Wissen: PBL ≥ FU
o Übergreifende Ergebnisse (u .a. aus der Ingenieurausbildung)
▪ Problemlösekompetenz: PBL > FU
▪ Kompetenzen des selbstgesteuerten Lernens: PBL > FU
▪ Soziale/kommunikative Kompetenzen: PBL > FU

Neue Medien und problembasiertes Lernen


− Ansatzpunkt für eigene Forschungsarbeiten in Schule und Hochschule
− Nutzung Neuer Medien für PBL eröffnet weitere Problemräume:
o Wie kann das Internet genutzt werden?
o Welche Konsequenzen ergeben sich aus dem Medienwechsel?

Studie: PBL in der Grundschule

− Computereinsatz selten und zumeist deskriptiv


− Vergleich „klassischen“ Unterrichts mit einer PBLEinheit „Der Dachs“
− PBL führt zu
o mehr außerschulischen Unterrichtsaktivitäten
o besseren Langzeitleistungen bei Wissenstests
o höherer Unterrichtsmotivation

Nicht‐kognitive Effekte kooperativen Lernens

− soziale Akzeptanz
− soziale Unterstützung
− psychische Stabilität
− Interesse
− positive Einstellung zum Unterricht

Probleme kooperativen Lernens

− Free‐rider‐Effekt („Trittbrettfahrer“)
− Sucker‐Effekt („ich lasse mich nicht ausnutzen“)
− Ganging‐up‐Effekt („Wir nehmen den Weg des geringsten Widerstands“)
− dominante vs. passive Mitglieder

Wann ist kooperatives Lernen effektiv?

− Diskussionskompetenz
o Externalisierung von Denkprozessen
o Zuhören und Verstehen
o Vergleich alternativer Perspektiven
o sachliche Argumentation
− aktive Teilnahme aller Mitglieder
− Struktur!
− Positive Interdependenz
o teambezogene Belohnungen
o individuelle Verantwortlichkeit
o gleiche Erfolgschancen für alle Mitglieder (individuelle Bezugsnorm!)
− Eigenevaluation der Gruppe: Beteiligung, Effizienz, Konflikte…

Lernen in Gruppen im Unternehmen

− Berufliche Ausbildung: Lernstatt


− Organisationsentwicklungsmaßnahmen
o Teamentwicklungstraining
o Qualitätszirkel
− Lernen während des Arbeitsprozesses
Messen und Bewerten von Lernergebnissen

Standards für die Lehrerbildung

− Kompetenzbereich: Beurteilen
o Lehrerinnen und Lehrer üben ihre Beurteilungsaufgabe gerecht und
verantwortungsbewusst aus.
− Kompetenz 7
o Lehrerinnen und Lehrer diagnostizieren Lernvoraussetzungen und Lernprozesse
von Schülerinnen und Schülern.
o Sie fördern Schülerinnen und Schüler gezielt und beraten Lernende und deren
Eltern.
− Kompetenz 8
o Lehrerinnen und Lehrer erfassen Leistungen von Schülerinnen und Schülern auf
der Grundlage transparenter Beurteilungsmaßstäbe.

Definition Messen

− Beziehungen zwischen den Beobachtungen durch die Beziehungen zwischen den


Messwerten abgebildet
− Messen bedeutet also, Beobachtungen in Zahlen zu fassen
Skalenniveaus

− Nominalskala
o drückt lediglich eine Gleichheit bzw. Ungleichheit aus
o 1 = weiblich, 2 = männlich
− Ordinalskala
o drückt zusätzlich eine Rangordnung aus
o Aussagen wie größer/kleiner, besser/schlechter oder mehr/weniger
o 1 = Mittelschule, 2 = Realschule, 3 = Gymnasium
− Intervallskala
o Differenzbildung (A – B) = (C – D) möglich
o Unterschied zwischen Note 1 und Note 3 ist genauso groß wie der Unterschied
zwischen Note 2 und Note 4 (Äquidistanzannahme)
o Summen‐ und Mittelwertbildung möglich

Psychometrische Gütekriterien

− Objektivität
o gegeben, wenn die Messung nicht von der Person des Messenden abhängt
o Verschiedene Personen oder Tester sollen zu demselben Ergebnis kommen
− Reliabilität
o Grad der Genauigkeit, mit dem eine Messung erfolgt
o Testwiederholung zeigt, wie groß der Messfehler ist
− Validität
o Ausmaß, zu dem eine Messung diejenige Eigenschaft erfasst, die sie zu messen
vorgibt
o Intelligenztest soll Intelligenzunterschiede aufzeigen und nicht
Personenunterschiede in z.B. Prüfungsängstlichkeit

Verbesserung der Gütekriterien eines psychodiagnostischen Verfahrens

− Objektivität
o durch Standardisierungsmaßnahmen (z.B. standardisierte Instruktion)
− Reliabilität
o Anzahl der Fragen erhöhen
o Stärkere Homogenität der Fragen erzeugen
− Validität
o Gute und repräsentative Auswahl von Fragen zum zu erfassenden Konstrukt

Messverfahren im Schulalltag

− Messverfahren/Messinstrument stellt die Kombination mehrerer Aufgaben oder Fragen


(Items) zur Messung eines Merkmals (Konstrukts) dar.
− Im schulischen Kontext sind Messverfahren beispielsweise eine Schulaufgabe, ein
Vokabeltest, ein Referat, eine mündliche Prüfung oder ein standardisierter
Schulleistungstest.
− Das Messverfahren liefert wichtige Informationen zur
o Optimierung des individuellen Lernens (was und wie viel Schüler noch tun
müssen, um das Lernziel zu erreichen)
o Optimierung des pädagogischen Handelns (wenn das Ergebnis als Rückmeldung
zur Verbesserung des eigenen Unterrichts genutzt wird)
Teilnehmend‐beobachtendes Itemformat

− Beobachter selbst Teil des zu beobachtenden Geschehens.


− Der Grad der Systematisierung ist gering.
− Das Verfahren dient vor allem der Erkundung.
− Beispiel: Lehrer beobachtet die Interaktionen der Schüler beim Experimentieren in
Kleingruppen

Leitfadengeführtes Itemformat

− liefert Gerüst für Datenerhebung und Datenanalyse


− lässt genügend Spielraum, neue Fragen und Themen einzubeziehen.
− Bei der Auswertung können auch nicht‐antizipierte Themen eine Rolle spielen.
− Beispiel: Schüler werden zu ihrer Einstellung zu eigenem politischen Engagement
befragt.

Offenes Itemformat

− Teilnehmer wird überlassen, wie er Aufgabe löst


− Hoher Stellenwert in Erkundungsstudien
− Materialbasis für zu konstruierende Tests
− Beispiel: Wie gestaltet sich die Arbeit der Zukunft?

Gebundenes Itemformat

− Teilnehmer muss sich für eine der vorgegebenen Antworten entscheiden.


− richtigen Antworten stehen vorher fest → keine Schwierigkeiten bei Auswertung
− Beispiel: Größer, kleiner oder gleich? 1½ m im Vergleich zu 150 cm

Bildungsstandards

− benennen Kompetenzen, welche die Schule ihren Schülerinnen und Schülern vermitteln
muss, damit bestimmte zentrale Bildungsziele erreicht werden.
− Die Bildungsstandards legen fest, welche Kompetenzen die Kinder und Jugendlichen
bis zu einer bestimmten Jahrgangsstufe erworben haben sollen.
− Die Kompetenzen werden so konkret beschrieben, dass sie in Aufgabenstellungen
umgesetzt und prinzipiell mit Hilfe vonTestverfahren erfasst werden können

Schriftliche Prüfung

− Kognitive Lernergebnisse mit Hilfe von offenen und gebundenen Itemformaten erfasst.
o Single‐Choice‐Fragen (eine aus x richtig)
o Multiple‐Choice‐Fragen (mehrere aus x richtig)
o Multiple‐True‐False‐Fragen (ja/nein bei mehreren Optionen)
o Lückentext zur Messung von Faktenwissen
o Kurzantwortaufgaben zur Messung von konzeptuellem Wissen
o Aufsatz zur Überprüfung vielseitigen, vernetzten Denkens
− Schriftliche Prüfungen → häufig weniger objektiv, reliabel und valide als angenommen.
− Abhilfe → Beurteilungsraster zur Objektivierung der Leistung.

Schulleistungstest

− Erhebungsverfahren, die den Gütekriterien in hohem Maße genügen.


− Objektivität in der Durchführung, Auswertung und Interpretation des Tests → durch
Standardisierung der Instruktion, Auswerteschablonen und Normtabellen gewährleistet.
− Reliabilität → durch Paralleltest, Retest, Testhalbierung, Prüfung der internen
Konsistenz sichergestellt
− Validität durch Berücksichtigung des Schulcurriculums und gute Vorhersagekraft in
Hinblick auf Schulerfolg gegeben.

Bekannte Schulleistungstests

− Deutsche Mathematiktests (DEMAT‐Reihe)


o zur Überprüfung der Mathematikleistungen von Hauptschülern, Realschülern
und Gymnasiasten in Bezug auf die Inhalte der Mathematiklehrpläne
− Leseverständnistests (z.B. Elfe II)
o erfasst die Leseverständnisleistung, die Leseflüssigkeit und die Lesegenauigkeit
auf der Wort‐, Satz‐ und Textebene
− Hamburger Schulleistungstest für vierte und fünfte Klassen
o erfasst mit insgesamt 14 Subtests die Bereiche Sprachverständnis,
Leseverständnis, Rechtschreibung, Informationsentnahme aus Karten, Tabellen
und Diagrammen sowie Mathematik

Erstellen eines informellen Schulleistungstests ‐ Teacher‐made test

− Präzisierung der erworbenen Kompetenzen mit Hilfe der Lernzieltaxonomie


− Mehrere Fragen zu den einzelnen Taxonomiezellen entwickeln
− Bewertungsschema für den Test festlegen
− Ergebnisse der Schüler in Tabellenkalkulationsprogramm eingeben
− Summenwerte berechnen und Bestehensgrenze festlegen
− Trennschärfen und Itemschwierigkeiten berechnen
− Fragen mit geringer Trennschärfe, zu hoher/zu niedriger Itemschwierigkeit aussortieren
− Optimierter Test kann wiederverwendet werden

Verfahren zur Messung von Darbietungen

Wie lassen sich vorgetragene Referate, musikalische, künstlerische oder Multimedia‐


Präsentationen, Portfolios, aufgezeichnete Interviews, Projektarbeiten oder Ausstellungen
angemessen bewerten?

− Zur Messung von Darbietungen → Beurteilungsraster mit mehreren


Bewertungsdimensionen
− Jede Dimension beschreibt qualitative Unterschiede in dem Dargebotenen.
− Alle Bewertungskriterien können gewichtet/ungewichtet in ein Gesamturteil einfließen
oder einzeln ausgewertet werden.

Messung nicht‐kognitiver Lernergebnisse

− Veränderung von Einstellungen, Interessen, Selbstkonzept, Werten, Meinungen,


moralischen Urteilen und des Klassenklimas → erwünschte, nicht‐kognitive
Lernergebnisse
− Messverfahren:
o Verhaltensbeobachtung durch die Lehrperson
o Selbstberichte von Schülerinnen und Schülern
o Selbstevaluation durch die Schülerinnen und Schüler
o Peer‐Ratings durch gegenseitige Einschätzungen der Schülerinnen und Schüler

Benotungsmodelle
− Regelsysteme, die Lernergebnissen Bewertungen zuweisen.
− Zuweisungen müssen eindeutig sein: dieselbe Leistung erhält dieselbe Note.
− Nach einer Entscheidung über Mindestanforderungen erfolgt die Abstufung der
restlichen Notenskala.
− Messwerte müssen auf
eine Norm bezogen sein,
sonst sind Aussagen wie
„Clara hat im Diktat acht
Fehler“ bedeutungslos.

Zensurengebung

− Die Notenvergabe in Deutschland muss an der kriterialen Norm orientiert sein.


o Sehr gut: Leistung, die den Anforderungen in besonderem Maße entspricht
o Gut: Leistung, die den Anforderungen voll entspricht
o Befriedigend: Leistung, die den Anforderungen im Allgemeinen entspricht
o Ausreichend: Leistung, die zwar Mängel ausweist, aber den Anforderungen im
Ganzen noch entspricht
o Mangelhaft: Leistung, die den Anforderungen nicht entspricht, die Mängel aber
in absehbarer Zeit behoben werden können
o Ungenügend: Leistung, bei der die Mängel in absehbarer Zeit nicht behoben
werden können

Mythos: Die 50 Prozent‐Regel

− 50 Prozent‐Regel besagt, dass bei der Hälfte der maximal erreichbaren Punkte die Note
4 zugewiesen wird.
− Diese Regel wird jedoch weder in irgendeinem wissenschaftlichen Lehrbuch noch in
irgendeiner Verwaltungsvorschrift genannt.
− Bestehensgrenze von 50% widerspricht der kriteriumsorientierten Bewertungsstrategie.
− Aus statistischer Sicht → zudem die Wahrscheinlichkeit, Antworten zu erraten, zu
berücksichtigen.

Zensuren und Ziffernzeugnisse

− Praktikabilität/gute Kommunizierbarkeit von Noten begründen hohe Akzeptanz


− Noten sind jedoch weniger objektiv, reliabel und valide als erforderlich
− unterschiedlichen Fächern → verschieden streng bewertet und zensiert
− Mädchen im Schnitt bessere Noten als Jungen.
− Kinder mit Migrationshintergrund erhalten bei gleichen Kompetenzen schlechtere
Noten als Kinder ohne Migrationshintergrund
− Ansatzpunkte für eine passgenaue Förderung aus Noten nicht ersichtlich

Berichtszeugnisse

− nutzen bestimmte wertende Begriffe und Umschreibungen, die Lernergebnisse


dokumentieren
− unterschiedliche Kategorien angesprochen:
o soziale Prozesse
o Lernziele und Lerninhalte der Erfahrungsbereiche
o Lernentwicklung
− Lehrkräfte ziehen aus Beurteilungen Rückschlüsse auf Fördermaßnahmen.
− Lern‐ und Leistungsentwicklung → sehr detailliert beschrieben
− Kontextinformationen berücksichtigt

Lernentwicklungsgespräche

− als Alternativen zu Zwischenzeugnissen in


Grund‐ und Mittelschulen
− Lehrkraft gibt in Anwesenheit der Eltern
dem Kind Rückmeldungen zu seinen
Selbsteinschätzungen.
− Lern‐, Arbeits‐ und Sozialverhalten sowie
Lernleistungen beurteilt.
− etwa 30 Minuten → endet mit Vereinbarung
von Zielen

Kompetenzraster

− kriterial orientiert und können statt Benotung bzw. ergänzend dazu eingesetzt werden
− ständigen Leistungsrückmeldung für Schüler und Lehrkräfte
− Formulierungen wie „Ich kann“ oder „Die Schüler können“.
− an Lehrpläne und Bildungsstandards gebunden.
− lassen mit einem Blick erkennen, wie Lernstand in Hinblick bestimmter Lernziele ist.

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