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1.

Theorie
und

Empirie des Unterrichts


1.1Lerntheorien
1.1.1 Theorien des Lernens – Folgerungen für das Lernen
 Eine einzige Definition von Lernen gibt es nicht  der jeweilige lerntheoretische
Hintergrund beeinflusst Sichtweise und Schwerpunktsetzung
 Lernen unter kognitivem Aspekt (Ausblenden von motivatorischen, ethischen, sozialen
Belangen): Lernen ist ein Prozess, bei dem es zu einer relativ überdauernden Änderung im
Verhaltenspotenzial als Folge von Erfahrung kommt
 Potenzial: Lernen ist nicht unbedingt an konkret beobachtbares Verhalten gekoppelt
 Prozess: Wegen Notwendigkeit von Erfahrungen im Lernprozess
 eine Instanz muss vorhanden sein: Gedächtnis

 Lernen: Wissensaneignung: Gehirn baut Modell der Umwelt  Grundlage für weitere
Handlungsplanung
 Hippocampus (Neocortex/Großhirnrinde)  fungiert als Neuigkeits- und
Aufmerksamkeitsdetektor, beurteilt alle einkommenden Informationen auf
Neuigkeitswert/Relevanz  nimmt in Kurzspeicher auf
 Bei Schädigung: Unfähigkeit neues Wissen auf Dauer zu lernen
 Fähigkeit, erworbenes Wissen abzurufen: Gedächtnis (KZG, LZG)
 Bei LZG: Neuronale Netzwerke haben bessere synaptische Verbindungen von
Nervenzellen

1.1.2 Klassische Lerntheorien


Lerntheorien = Konstrukte, die Lernen psychologische beschreiben  Ideengeber,
Bewertungsmaßstäbe, Leitlinien für praktisches Handeln

Behaviorismus: 1920  Pawlow, Watson, Thorndike, Skinner


 Beschreibung und Steuerung von Lernen durch Hinweisreize und Verstärkung
erwünschten Verhaltens  Lernen durch Belohnung und Bestrafung
 Lernen als Bilden von Assoziationen  es kommt zu einer Stärkung/Abschwächung von
Assoziationen  wegen Belohnung/Bestrafung
 Elementarste Form der Assoziationenbildung: räumliche/zeitliche Nähe
 Lernender als „Black Box“ (passive Rolle)
 Bedeutung für die Schule: Sinnvoll bei Erwerb von Faktenwissen (Vokabeln,
Einmaleins)  wichtig: zeitnahe Belohnung/positives Feedback
 Kritik: Eingeschränkte Auffassung über Natur des Lernens; individuelle Faktoren)
ausgeblendet; Lernen als „Nürnberger-Trichter“; kleinschrittiges Vermitteln von Wissen;
reine Wiedergabe vorgegebener Lerninhalte/Faktenwissens
 programmierte Instruktion: Skinner: Unterrichtsstoff durch Fragen und Antworten 
zeitnahes Feedback/Belohnung nötig
 Unterrichtsmaterialien = Programme
 Erweiterung  tutorielle Systeme: programmierte Instruktion auf Lernsoftware auf PC
 biologische Aspekte: Bildung eines LZG durch plastische Veränderungen des neuronalen
Netzwerks  beim Lernen: verbinden sich zu höheren Einheiten  auf Dauer: erhöhte
Effizienz des Synapsen/Stabilisierung der Verbindungen
 zelluläre Grundlage: chemischer Prozess = Langzeit-Potenzierung (LTP)  wenn ein
prä- und ein postsynaptisches Neuron gleichzeitig elektrisch gereizt werden 
Struktur/Form/Funktionsweise verändern sich
 je öfter etwas geübt wird, desto intensiver wird die Synapsenverbindung zwischen
Nervenzellen

Kognitivismus: 50er Jahre  Piaget, Bandura, Gagné (Gegenbewegung zum Behaviorismus)


 Konzentration auf intern ablaufende Prozesse  in der Black Box
 Lernen als Internalisierung/Aufbau von Modellen/Schemata
 Informationsverarbeitung im Gehirn: Gehirn nimmt Info auf, verbindet sie mit
vorhandenem Wissen im KZG, ergänzt sie ggf., speichert sie schließlich dauerhaft im LZG ab
 Piaget: Wissen wird in Schemata abgespeichert (=verallgemeinerte Erfahrungen, nicht nur
Definitionen)  hier wieder: Subschemata/übergeordnete Schemata
 zwei grundlegende Lernprozesse:
- Assimilation: aktive Einordnung von Ereignissen vor dem Hintergrund bekannter
Schemata  Gehirn nimmt nur wahr, was in bekannte Strukturen passt  Assimilation =
Reduzierung neuer Erfahrungen auf Bekanntes
- Akkomodation: ein bestehendes Schema wird durch neue Erfahrungen der Umwelt
angepasst  das Neue in vorhandene kognitive Strukturen eingefügt
 Bedeutung für die Schule: L sorgt bewusst für Einbettung/Verankerung des Neuen in
vorhandene Kenntnisse  Muss Rangfolge festlegen + sinnvoll sequenzieren + Unterricht
entsprechend gestalten
 Sinnvoll sind Aufgaben die mit hohem Maß an kognitiver Aktivität viele Verknüpfungen
zu bereits Bekanntem ausbilden (Vergleichen, Argumentieren, Strukturieren...)
 L = Didactic Leader: Lehrer als Tutor, bietet Hilfestellungen an (Advanced
Organizer/Überbrückungshilfen)  SuS können Beziehungen zwischen neuem und bereits
gelerntem herstellen
 SuS = kann seinen Lernprozess aktiv und individuell gestalten
 Kritik: es fehlen Elemente eines eigenverantwortlichen/selbstgesteuerten Lernens
 Biologische Aspekte: Hippocampus beurteilt Neuigkeitswert und wo Info angefügt
werden muss  zu welchen Nervenzellen Synapsen gebildet werden müssen  Vorteil:
eröffnet den Zugang zu bereits bestehenden Gedächtnisinhalten
Konstruktivismus: Mitte des 20. Jahrhunderts  Geht zurück auf Piaget: Dewey, Reich,
Watzlawick
 Wissenserwerb als individueller Aufbauprozess
 L als zielgerichtet handelnde Person, die aktiv nach Informationen sucht, diese vor
Hintergrund des Vorwissens interpretiert und daraus neue Auffassungen und Konzepte von
der Wirklichkeit ableitet  vermeintlich objektive Wirklichkeit wird subjektiv konstruiert
und auf Basis bereits bestehender Wissenselemente interpretiert
 K nimmt an: Vermittlung von Wissen unmöglich, weil Wissen immer wieder individuell
konstruiert, reorganisiert und erweitert werden muss
 Bedeutung für die Schule: L als Coach/Moderator  regt an zu individuellen
Konstruktionsprozessen, bietet reiche/authentische Lernumgebung an
 Lerner: hohes Maß an Freiheit, Themengebiet selbst zu erschließen  erhält vom L
Anregungen, Hilfen, Hinweise, Feedback
 Cognitive-Apprenticeship-Model: Verwendung bedeutsamer, komplexer Situationen der
Realen Welt  L demonstriert Lösung der Zielaufgabe modellhaft; bietet Lernhilfen an
(Scaffolding), leitet zum üben an (Coaching), zieht sich dann mit Hilfestellungen aus
Lernprozess zurück (Fading)  Abschließend: gemeinsame Reflexion des Gelernten
 aktuell: Konstruktivismus angesagt wegen Eigenverantwortung, selbstgesteuertes Lernen,
individuelle Förderung
 Kritik: es gibt Sachverhalte, die durch Instruktion schneller/effektiver vermittelt werden
 Durchgehender Konstruktivismus unmöglich
 Biologische Aspekte: LZG wird weiter aufgegliedert:
- episodisch-autobiografisches Gedächtnis
- semantisches Gedächtnis
- prozedurales Gedächtnis
- Priming-System

1.1.3 Zusammenfassender Überblick


Behaviorismus Kognitivismus Konstruktivismus
Auffassung - Bilden von - Lernen = - Lernen = individueller
über Lernen Assoziationen  durch zielgerichtet/systematisch Konstruktionsprozess
pos. Verstärkung - Interne kog. Prozesse: - Wissen kann nicht durch
gefestigt Verstehen, Denken, Vermittlung nach innen
- Wissen von außen  Problemlösen transportiert werden
kleinschrittig erworben - Lernen von außen
- Lernergebnis: steuerbar
Wiedergabe
granularisierten
Wissenseinheiten
Rolle des - Lerner als Black Box - Lerner: aktiv  weil: - Lerner konstruiert selbst
Lerners (passiv) verarbeitet/interpretiert/ve auf Basis von
- Gibt Wissen nur wieder rnetzt Wissen vorhandenem Wissen
 nicht verstehen - Wissen vom L Auffassung von
- Wissen vom L oder systematisch angeboten Wirklichkeit
medial aufbereitet - Lerner holt sich Info selbst
Rolle des - L = Bereitsteller von - L = didactic leader/Tutor - L = Coach/Moderator
Lehrers Wissen - stellt Wissen bereit, die - Stellt authentische
- Gibt sich an Lerngelegenheiten bereit,
Feedback/Belohnung Vorwissen/Kompetenzen die für Lerner relevant sind
orientieren und ihn zum
- L legt Lernstoff in eigenständigen Lösen von
zeitlicher Reihenfolge fest Problemen anregen
- L reflektiert Wissen mit S

1.1.4 Folgerung für Didaktik und Methodik


 Auswahl der Methode erfolgt nach Lernzielen
 wichtig: Wechselspiel zwischen konstruktivistischen Phasen und Phasen strukturierten
Lernens  Verankert z.B. im LP
 Lehrpläne: betonen Schüleraktivität  es gibt zunehmend Freiräume für eine am
Lernenden und seinen Lernvorausetzungen orientiere Unterrichtsgestaltung
 Auch Aufgabenkultur/Prüfungsformen: zunehmend offene/variantenreiche Aufgaben
 Bildungsstandards: Zusammenhang zwischen Wissen und Können  im Unterricht:
realitätsnaher Schulunterricht mit bedeutsamen Anwendungssituationen
 das dient nicht nur Aneignung von Methoden/Fachkompetenzen  stärken Selbst-und
Sozialkompetenz

1.2Veränderte Kindheit und Jugend


1.2.1 Verlust der Primärerfahrungen
 das unmittelbare Erleben der Wirklichkeit geht immer mehr verloren  Anstatt dessen:
künstliche und sinnlich verkümmerte Begegnungen
 Freizeitverhalten: weniger Gelegenheiten für alle Sinne/Leib-Seele-Geist-Einheit  Mehr
Medienkonsum
 Realität aus zweiter Hand/Sekundärerfahrung

1.2.2 Gesteigerter Medienkonsum


 in 98% der Haushalte: Fernseher  gesteigerter Fernsehkonsum  ø-Sehdauer: 1,5 h bei
3-13-jährigen
 50% der 12-19-jährigen: eigener PC  ø-Dauer: 1,5h
 Insgesamt: 4-5 Stunden Medienkonsum am Tag

1.2.3 Reizüberflutung
 Überlastung der Sinne durch permanente Verarbeitung von akustischen und visuellen
Reizen
 Kann auch zu Abstumpfung/Destruktion der Sinneswahrnehmungen führen

1.2.4 Verfrühung
 Programme, die nicht für Kinder geeignet sind  Gewalt, Sex etc.
 Werbung: Kind als Konsument: dem Kind werden Wünsche aufgezwungen  nicht
kindgemäß/von der Erwachsenenwelt auf Kinderwelt übertragen
 führt bei Kindern zu Abhängigkeit/Unselbstständigkeit/Orientierungslosigkeit  bei
Erwachsenen zu Druck/Zwang  Wollen Kinderwünsche erfüllen
1.2.5 Verlust der Gemeinschaft
 Einkindfamilien  Vereinzelung nimmt zu
 Verlust von Miteinander, Freundschaft, Zusammengehörigkeit, Zusammenhalt, Mitgefühl,
Konflikt, Konfliktbewältigung, Versöhnung
 Anstatt dessen: Individualismus, Emanzipation, Unabhängigkeit
 bildet Kommunikationsmangel/Vereinsamung aus: kann sich in Gewalt/Sucht entwickeln
 verstärkt durch Medienkonsum  zerstört Kommunikationsstrukturen

1.2.6 Verschlechterung der körperlichen Verfassung


 Haltungsschwächen, Übergewicht, Kreislaufregulationsstörungen, Rückenschmerzen,
anormale Blutfettwerte, Bluthochdruck
 bei Erstklässlern: oft: schwache Bauchmuskulatur, können keine 30sek auf einem Bein
stehen, auffällig schlechte Ausdauer, mangelnde Beweglichkeit + Beschwerden im
psychosomatischen Bereich

1.2.7 Verlust überdauernder Werte


 Durch veränderte Umwelt: Werte/Normen werden häufig nicht mehr erkannt
 Anstrengung, Leistung über längeren Zeitraum, Verzicht/Askese werden kaum in ihrer
Bedeutung erkannt
 überdauernde Werte aber wichtig für Identitätsbildung  im heutigen Wertepluralismus
wird es den Jugendlichen erschwert, einen Stand im Leben zu gewinnen

1.2.8 Zusammenfassung
 Alle Aspekte haben negativen Einfluss auf die Persönlichkeitsentfaltung der KuJ
 zudem hängen die Aspekte voneinander ab und bedingen sich gegenseitig

1.2.9 Schlussfolgerung für die pädagogische Praxis


 Ziel der Pädagogik: Menschen in seiner Leib-Seele-Geist-Einheit zu fördern und zu
fordern  ganzheitlich sehen/individuelle Gegebenheiten berücksichtigen
1. Kind mit spezifischen, entwicklungspsychologischen Fragen und existenziellen
Bedürfnissen ist im Mittelpunkt der Erziehung  Seine Fragen, Wünsche, Ängste,
Hoffnungen, Träume  Ausgangspunkt jeder erzieherischen Hilfestellung in Schule
und Elternhaus  Voraussetzung für Persönlichkeitsentfaltung
 Öffnung des Unterrichts/Rhythmisierung des Schultags/Spiel/Bewegung
2. Wegen Verlust de Primärerfahrungen: Leben erfahrbar machen  Vielfalt und
Dynamik des Lebens erfahrbar machen
 Nicht möglich in 45 Minuten und steriler Unterrichtsgestaltung  Begegnung der
Wirklichkeit, abstrakte Begriffe mit Leben gefüllt, begreifbar/erfahrbar machen 
fördert auch Verantwortungsfähigkeit
3. Religiöse Erziehung (in Zusammenarbeit mit Familie)  Lehrer muss stets wertende
Entscheidungen treffen und seine Vorbildrolle annehmen  die SuS zur
Urteilsbildung und zum sittlichen Handeln befähigen
4. Spiel/Spielfreude beachten  Spiel ist Motor des Lebens  Gemeinschaftserlebnisse
ermöglichen (hier erlernen SuS wichtige Fähigkeiten)  Freizeiterziehung
5. Musische/künstlerische Fächer berücksichtigen und Aufwerten
6. Förderung der wert- und sinnorientierten Dimensionen des Lernens  bei der
Auseinandersetzung mit der Sinnfrage fördern und belgeiten  den SuS Sinn- und
Orientierungswissen geben

1.3Lehrerprofessionalität
1.3.1 Alles eine Frage der Technik
 Fachkompetenz hat in der Hattie-Studie nur mit einem d-Wert von 0,09  fast ein
Nulleffekt auf die Leistung der SuS
 Fachkompetenz muss begleitet werden von didaktischer und pädagogischer Kompetenz
 erst in dieser Trias wirksam

 IQB Ländervergleich: Lehrer die Fach studiert haben, sind erfolgreicher im unterrichten,
als Lehrer, die das nicht haben  weil: Fachkompetenz schon hoch, so dass im Referendariat
die pädagogische und didaktische Kompetenz ansteigen kann
 Aber: es kommt nicht so sehr darauf an, was wir machen, sondern v.a. wie und warum 
Kompetenz in Form von Wissen/Können nicht so wichtig wie Haltung in Form von
Wollen und Werten  letztere bestimmt ob erstere zum Einsatz kommt

 Nach „Good Work Project“ beruht beruflicher Erfolg auch Exzellenz, Engagement und
Ethik  erst wenn drei Aspekte erkennbar sind und auftreten, sind Menschen in ihrem Tun
erfolgreich = K3W+ Modell
 gutes Lehren besteht aus Wissen/Können (=Erfolg), Wollen (=Engagement) und Werten
(=Ethik)  Können (K); Wissen, Wollen, Werten (3W) = K3W+ Modell
 es besteht ein innerer Zusammenhang: Können basiert auf Wissen, das erst aufgerufen
wird, wenn Wollen vorhanden ist. Dafür gibt es immer Gründe  Werten

1.3.2 Unterrichtsstörungen angemessen begegnen


Präventivmaßnahmen (nach Kounin)
1. Allgegenwertigkeit/Überlappung: Immer im Klassenzimmer präsent sein 
Hauptaufmerksamkeit auf Unterricht, trotzdem  gleichzeitig auf zwei Sachverhalte
eingehen
2. Reibungslosigkeit und Schwung: Tempoverlust und Leerläufe vermeiden  lässt die
SuS abschweifen  Folge: Unterrichtsstörungen
 Hierfür: Regeln/Rituale von Arbeitsformen und Handlungsmustern gemeinsam mit
den SuS erarbeiten
3. Aufrechterhalten des Gruppenfokus: alle SuS gleichzeitig ansprechen, selbst wenn
man mit einzelnen SuS spricht  andere SuS sollen eine Aufgabe haben (z.B.
Motivierungsmaßnahmen, die Aufmerksamkeit, Relevanz, Zuversicht und
Zufriedenheit ansprechen sind sinnvoll
4. Überdrussvermeidung: Unterricht anregend, abwechslungsreich, gewinnbringend
und freudvoll gestalten  Erfolgssituationen, keine Kränkungen, Bloßstellungen,
Überforderungen
Interventionsmaßnahmen
1. Bewusstes ignorieren
2. Belohnung
3. Zeichen geben
4. Verringern der körperlichen Distanz
5. Humor zeigen
6. Aktivierung der störenden Schüler
7. Umgruppierung der SuS
8. Verbote/Strafen

1.4 Didaktische Modelle


1.4.3 Allgemeine Didaktik als Berufswissenschaft von (angehenden) Lehrern
 Allgemeine Pädagogik stellt Fragen: zu Ziel-, Inhalts-, Prozess-, und Handlungsebenen im
Kontext von Lehr/Lernsituationen  Werden mittels Theorie beschrieben und erforscht
 Wer soll was, wann, mit wem, wo, wie, womit, warum und wozu lernen?

1.4.4 Didaktische Modelle als Kern der Allgemeinen Pädagogik


 Inhaltlicher Kern der allgemeinen Pädagogik: didaktische Modelle  bieten theoretisch
fundierten Rahmen für Planung und Analyse von Unterricht

1.4.5 Die lerntheoretische Didaktik: das Berliner Modell: 60er (Schulz, Otto,
Heimann)
 wissenschaftlich begründete Analyse und Planung von Unterricht vor dem Hintergrund der
praktischen Anwendung in der Lehrerbildung
 Ausbildung soll befähigen, ein eigenes didaktische Bezugsfeld zu entwickeln  bedarf
Strukturierung, Analyse von Unterricht  Erst dann können didaktische Entscheidungen
getroffen werden

 Einordung in zwei Analyse und Reflexionsebenen


1. Strukturanalyse  untersucht unveränderliche, formale Baugesetzlichkeiten
 vier Entscheidungsfelder: Intention/Ziele des Unterrichts (Zielsetzung), Inhalt (setzt U-
Fach/Thema vor); Methodik (Art/Weise der Vermittlung); Medien
 Zwei Entscheidungsfelder: anthropologisch-psychologische Voraussetzungen
(individuelle Merkmale der SuS), situativ-sozial-kulturelle Voraussetzungen: Einflüsse der
Kultur/Umwelt
 L muss Entscheidungen treffen, die an die Bedingungen gebunden sind

2. Faktorenanalyse
 Gründe für Motivation der didaktischen Entscheidungen und für tatsächliche Verlaufsform
Einteilung in:
- Normenbildende, zielsetzende, ideologische Faktoren: Schulgesetze, normierende
Richtlinien
- Bedingungssetzende, konditionierende Sachfaktoren: Einfluss bestehender
wissenschaftlich bestätigter Auffassungen (Fakten) über jeweiligen Sachverhalt
- Formschaffende, organisierende Faktoren: zeitabhängige didaktische Methodensysteme
 aktuell vorherrschende Meinungen zur methodischen Ausgestaltung
 Sind nicht absolut gültig/immer zeitabhängig

1.4.6 Die lehrtheoretische Didaktik: Das Hamburger Modell (1980 Schulz)


 Weiterentwicklung Berliner Modell  Verbesserung der Lehrerbildung
 Strukturmomente der Unterrichtsplanung:
- Unterrichtsziele: Intention/Inhalt;
- Ausgangslage der SuS und Lehrkraft,
- Vermittlungsvariablen: Medien/Methodik
- Erfolgskontrolle als Selbstkontrolle der L und SuS
 + Einfluss gesellschaftlicher Felder wie Arbeit, Herrschaft, Kultur
 + Einwirken gesellschaftlich bedingter Produktions- und Herrschaftsverhältnisse
 + Einwirken von Selbst- und Wertverständnis der jeweiligen in der Schule handelnden
Person
 Erreichung emanzipatorischer Mündigkeit der SuS als übergeordnetes Ziel
 Insgesamt: Wechselseitige Beziehung  dynamischer, nicht starrer Unterricht

1.4.7 bildungstheoretische/kritisch-konstruktive Didaktik (Klafki): 1958


 Fundiert auf Annahme der Unterteilung von Bildung in materiale Bildung
(Wissensaneignung einer Person innerhalb eines Kulturkreises) und formale Bildung
(Entwicklung eigener Talente durch Erlernen/Nutzen entsprechender Methoden, die die
eigenständige Weiterentwicklung des eigenen Wissens unter funktionalem Nutzen von
Inhalten ermöglichen)
 Entwicklung der didaktischen Analyse = Kern der Unterrichtsvorbereitung, -planung
- Exemplarität: Welche übergeordneten Zusammenhänge/Problemstellungen können mit
Unterrichtsinhalt dargestellt werden
- Gegenwartsbedeutung: Wert für aktuelle Lebenswelt
- Zukunftsbedeutung: Wert für zukünftige Lebenswelt
- Struktur: Einbettung in vorherige und nachfolgende Unterrichtsstunde
- Zugänglichkeit: passende methodisch-didaktische Ausgestaltung
Kritik: Zu sehr auf Lerninhalt und dessen Legitimation ausgerichtet
 Weiterentwicklung: + zwei weitere Faktoren: Erweisbarkeit/Überprüfbarkeit und Lehr-
Lern-Prozessstruktur (= variables Konzept notwendiger oder möglicher Organisations- und
Vollzugsformen des Lernens und entsprechenden Lehrhilfen zugleich als Interaktionsstruktur
und Medium sozialer Lernprozesse
1.4.8 Zusammenfassung
 Man muss die Modelle sinnvoll miteinander verknüpfen  didaktische Modelle geben im
Zusammenspiel wichtige Ansatzpunkte für eine stetige reflektierte Weiterentwicklung des
Unterrichts
 Unterricht verändert sich selbst stets weiter  muss auch immer hinterfragt und
weiterentwickelt werden
 Modelle geben Möglichkeit, das eigene Lehrerhandeln und den Anspruch der
Professionalisierung des Lehrerberufs fundiert zu begründen

1.4.9 Didaktische Modelle – Wofür?


 Um wesentliche Elemente von Unterricht zu erfassen
 sind Explikations- und Handlungsmodelle
 sind formal und beschreiben Rahmen in dem didaktisches Handeln begründet und
strukturiert werden kann
 stellen Übersicht und Ordnung her
 Verringern Komplexität durch richtungsweisende Funktion für pädagogische Forschung
 Mittlerposition zwischen Theorie und Praxis

1.4.10 Der Status-Quo: Vielfalt


 Vier Theoriefamilien:
- Bildungstheoretische Ansätze: Auswahl, Anordnung und Explikation der Inhalte des
Unterrichts
- Lehrtheoretische Ansätze: Perspektive einer planenden und analysierenden Lehrkraft 
Eingepasst in Ausgangslage der Lerngruppe  Entscheidungen zu Zielen, Inhalten,
Methoden und Medien
- Kommunikations- und interaktionstheoretische Ansätze: Interaktionsstrukturen im
Klassenzimmer
- Konstruktivistische Ansätze: Lernen als aktiver und konstruierender Prozess  L erzeugt
nicht sondern regt Lernen an
 Fazit: Diskussion um allgemeine Didaktik ist nicht abschließbar  neue Denk- und
Diskussionsanstöße
 Neues knüpft immer am Alten an

1.4.11 Von Vielfalt zur Einheit: Versuch der Neuausrichtung der Allgemeinen Didaktik
 „Orientierungsverallgemeinerung: Integration der Ansätze: Eklektische Vorgehen: Alles
prüfen: das Beste behalten

1.4.12 Bausteine einer Eklektischen Didaktik


 Drei allgemeindidaktische Orientierungs-Verallgemeinerungen: Didaktisches Dreieck,
Didaktisches Sechseck + ADDIE
1. Didaktisches Dreieck: Schüler, Stoff, Lehrkraft + unterrichtlichen Kontext (äußeres
Umfeld: gesellschaftliche, politische und kulturelle Bedingungen, inneres Umfeld:
situative Gegebenheiten, Raumsituation, Zeitliche Vorgaben etc.)
 = gleichseitiges Dreieck: Gleichgewicht/Wechselwirkung
 Kritik: wenig detailliert, reduziert  trotzdem: Grundstruktur von Unterricht
2. Didaktisches Sechseck:
 Zielperspektive: Wer und Wozu?
 Inhaltsperspektive: Was?
 Methodenperspektive: Wie, mit wem, von wem?
 Medienperspektive: Womit?
 Raumperspektive: Wo?
 Zeitperspektive: Wann?
 Wechselwirkung; zentrale Dimensionen von Unterricht
3. ADDIE: Prozess des Unterrichts
 Analyze: Lehr-Lern-Situation analysieren  Lernausgangslage der SuS;
Voraussetzungen der L, Rahmenvorgaben etc.
 Design: Konkrete Festlegung der Lehrziele, Auswahl der Medien/Methoden,
Festlegung einzelner Lernschritte
 Develop: Materialien für die Umsetzung
 Implement: Umsetzung des geplanten Unterrichts in konkreter Situation
 Evaluate: Evaluation des Unterrichts  Durchführung/Ergebnis
1.4.13 Lehrprozesse planen und analysieren mithilfe einer Eklektischen Didaktik
 Alle Theorieelemente zusammen: Ein Arbeitsmodell:
Grundgerüst: ADDIE
- Analyze: didaktisches Dreieck + Kontext: Ausgangslage von Unterricht: SuS
(Entwicklungsstand, Vorwissen, Vorerfahrung); L (Ziele, Wünsche, Bedürfnisse); Stoff
(Bildungsstandards, LP, Curricula); Kontext (GPS-Bedingungen)
- Design/Develop: Didaktisches Sechseck: Basierend auf Ausgangslage: Ziele, Inhalte,
Medien, Methoden, Raum, Zeit
- Implement: Didaktisches Dreieck: Interaktion zwischen SuS, L und Stoff
- Evaluate: Didaktisches Dreieck + Kontext: Korrekturschritte  formale Evaluation:
Unterrichtsprozess (kritische Reflexion der Durchführung  eventuelle Korrekturen des
Ablaufes der Lehr-Lern-Situation); summative Evaluation: Ergebnis (alle Bestandteile des
DD + Kontext evaluieren)

1.5 Ziele und Inhalte


1.5.3 Wie bestimmt man Unterrichtsziele als Lernziele?
 Ziele so formulieren, dass man an beobachtbarem Verhalten erkennen kann, ob die
Lernziele erreicht wurden
 drei Abstraktionsebenen (Hierarchie)
1. Richtziel: allgemeine Ziele schulischen Lehren und Lernens: Bildungsbegriff oder
Präambeln der Lehrpläne und Curricula
2. Grobziele: Gemeinsames Ziel mehrerer Unterrichtsstunden: Von Richtzielen
abhängig: direkte Überprüfung durch Fachlehrpläne
3. Feinziele: Ziele einer einzelnen Unterrichtsphase (=auch Teilziele)  detaillierteste
Lernzielebene  dem Grobziel untergeordnet und dienen seiner Operationalisierung
 Komplexität von Richtziel zu Feinziel nimmt ab + Kontextgebundenheit nimmt zu +
Anzahl der Ziele verändern sich
 Ein Grobziel: höchstens 3-6 Feinziele (KZG: 7+-2 Informationen)
 statt Lernziele Lehrziele?: Nein, weil: SuS sollen Ziel erschließen und haben somit
Lernprozess hinter sich + Lehrziele, formuliert von L, sollen von Lernziele der SuS werden
 Stundenziel: Immer an Tafel oder von SuS erschlossen/zu Beginn des U formuliert

1.5.4 Welche Typen von Zielen gibt es?


 Viele L sehen vorangestellte Formulierung von Zielen vor der Planung als nicht wichtig
 Verschiedene Taxonomien:
1. Nach Bloom (1956):
 Lernziel unterscheiden nach: Ausrichtung (Persönlichkeit) und Niveau
Ausrichtung:
- Kognitive Aspekte (Wissen über Fakten, Konzepte, Prinzipien)
- Affektive Aspekte: Interessen, Bedürfnisse, Einstellungen, Wertungen, Haltungen
- Psychomotorische Aspekte: Beherrschung von Bewegungsabläufen und komplexen
Verhaltensweisen
Niveau:
- Kenntnisse: Info erinnert
- Verstehen: Info verarbeitet + in Kontext integriert
- Anwenden: Info in Situation genutzt
- Analyse: Info zerlegt
- Synthese: Einzelinfo zu größerem Ganzen zusammenfassen
- Evaluation: Urteile über Sachverhalte/Info fällen

2. Taxonomie nach Deutschem Bildungsrat (1970)  Vereinfachung


- Reproduktion: Wiedergabe
- Reorganisation: Anwendung in vertrautem Zusammenhang
- Transfer: Anwendung in nicht grundsätzlich neu aber variiertem Zusammenhang
- Problemlösendes Denken: Anwendung in unbekanntem Zusammenhang

3. SOLO-Modell (Structure of observed learning outcomes) Biggs und Collis (1982)


- prästrukturell: kein Wissen ( Oberflächenverständnis)
- uni-strukturell: Wissen zu relevantem Aspekt ( OV)
- multi-strukturell: Wissen zu mehreren, unverknüpften Aspekten ( OV)
- relational: Wissen zu mehrere, verknüpften Aspekten ( Tiefenverständnis)
- erweitert abstrakt: auf neuen Sachverhalt übertragenes Wissen ( TV)
Fazit: Lieber eine Taxonomie kennen als keine  Welche T liegt beim L

1.5.5 Wie formuliere ich Ziele?


 Nach Mager (1962) (=Operationalisierung/Teiloperationalisierung)
- beobachtbare Verhaltensweisen des Schülers sollen beschrieben werden, die er nach
Ablauf des Unterrichts beherrschen soll
- Bedingungen sollen genannt werden, unter denen das Verhalten des Schülers kontrolliert
werden soll
- Bewertungsmaßstab soll angegeben werden, nach dem entschieden werden kann, ob und
in welchem Ausmaß der Schüler das Ziel erreicht hat

 Weiterentwicklung nach Gagné, Briggs und Wagner (1992)  Lernzielformulierung


sollte angeben
- Die Situation, in der Leistung gezeigt werden soll
- Nicht direkt beobachtbar zu erlernende Fähigkeit
- Objekt, an dem Leistung gezeigt werden soll
- Beobachtbare Aktion, die S vornehmen soll
- Hilfsmittel, Beschränkungen, spezielle Bedingungen

Prinzip des Exemplarischen:


 Weniger ist mehr, Mut zur Lücke
 Lernen an illustrativen Beispielen
 Beispiel, an dessen Analyse und wissen Erkenntnisse erworben werden können 
Transferlernen  Übertragbarkeit
 Gefahr: Falsche Analogieverwertung/Analogiebildung

1.6 Methoden und Medien


1.6.3 Welche Methoden wähle ich?
 Sozialformen, Arbeits- und Aktionsformen, Unterrichtsprinzipien, Lernformen,
Lehrformen

1. Sozialformen: Art und Weise, wie SuS und L miteinander agieren


- Einzelarbeit
- Partnerarbeit
- Gruppenarbeit
- Frontalunterricht
 Mischformen sind möglich, in einer Unterrichtsstunde oft mehrere Sozialformen

2. Arbeits- und Aktionsformen


- darbietend: alles was vorgetragen, erklärt, vorgeführt, präsentiert oder gezeigt wird 
häufig L zugeschrieben  auch von SuS möglich
 erfordert von den Zuhörenden Aufnehmen als Aktionsform  = darbietend-
aufnehmende Arbeits- und Aktionsform
- erarbeitend: diskutieren, experimentieren, zusammentragen, lesen, schreiben, rechnen 
Ausrichtung der Arbeitsform auf das Erarbeiten kann mit Blick auf die Aktionsform in
zwei Richtungen gehen
 in eine Interaktion, in der die SuS die ihnen aufgegebene Sache bearbeiten 
aufgebend-ausführende Arbeits- und Aktionsform
 in eine Interaktion, in der die SuS die ihnen aufgegebene Sache zusammen angehen 
zusammenwirkende Arbeits- und Aktionsform

Arbeits- und Aktionsform


Arbeitsform A
darbietend a
erarbeitend aufgebend-ausführend

3. Unterrichtsprinzipien
 Grundsätze der Gestaltung von Lehr-Lern-Prozessen  optimieren den Lehr-Lern-
Prozess
 Einteilung in fundierte und regulierende Unterrichtsprinzipien
- fundierte: müssen immer berücksichtigt werden, wenn von Unterricht die Rede ist
- regulierte: kann situativ und kontextspezifisch zurückgegriffen werden: Motivierung (z.B.
Einstiegsmotivierung, Verlaufsmotivierung), Strukturierung, Aktivierung, Übung,
Veranschaulichung, Differenzierung
 Wechselwirkungsverhältnis: Prinzipienverbund (z.B. Beziehung zwischen
Differenzierung und Motivierung: wenn ein leistungsschwächerer S die gleichen
Aufgaben bekommt, wie der Rest der Klasse, kann er leicht überfordert sein, was sich auf
der Motivation niederschlägt  Differenzierte Aufgaben ermöglichen, dass er sich wieder
motiviert fühlt
 Die Wahl eines Unterrichtsprinzips ist auch abhängig/nimmt auch Einfluss auf
Entscheidungen auf der Ziel-, Inhalts-, Medien-, Raum- und Zeitebene

4. Lernformen
 z.B. kooperative Lernformen: basiert auf Think-Pair-Share
z.B. Fishbowl, Gruppenpuzzle, Placemat Activity

5. Lehrformen
 Induktiv: von Beispiel zur Regel/ Vom Besonderen zum Allgemeinen  Vorteile:
fördert Kreativität und Vorstellungsvermögen, Gestaltungsfreiheit
 Deduktiv: von der Regel zum Beispiel/ Vom Allgemeinen zum besonderen 
Vorteile: ökonomischer, effektiver

1.6.4 Artikulation
= Phasierung des Unterrichts  zeitliche Strukturierung einzelner Lehr-Lern-Schritte
 eine sinnvolle und durchdachte Artikulation entscheidet über Lern- und
Leistungsmotivation und Lernerfolg
 Herbart (1806): U: abwechselnd Vertiefung und Besinnung
- Vertiefung: Klarheit: Einzelheiten werden vor Augen geführt; Assoziation: Gelerntes wird
mit bekanntem verknüpft
- Besinnung: System: Gelerntes in größeren Zusammenhang; Methode: Gelerntes wird
angewandt und geübt
 Merill (2002): First principles of Instruction
- Problem aus Lebenswelt des SuS
- Vorwissen über Unterrichtsgegenstand aktivieren
- Neues Wissen demonstrieren durch Veranschaulichung, reales Handeln oder Simulation
- U-Verlauf so gestalten, dass SuS wissen auf variierende Probleme anwenden können
- Anregen, neues Wissen außerhalb des U zu demonstrieren, einzusetzen und zu verteidigen
 Städerli (2010): AVIVA-Schema
- Ankommen und einstimmen: Aufmerksamkeit der SuS auf Lerngegenstand 
Einstiegsmotivation
- Vorwissen aktivieren: z.B. mittels Brainstorming oder Mindmap
- Informieren: Einzelheiten zum Lerngegenstand aufnehmen  Einzel- oder
Gruppenarbeit; darbietend-aufnehmende oder zusammenwirkende Arbeits- und
Aktionsform
- Verarbeiten: Gelerntes sichern  Üben und Überprüfen
- Anwenden: Lernprozess reflektieren  metakognitive und selbstregulative Überlegungen
 Fazit: Für Aufbau einer U-Stunde: Flexibilität

1.6.5 Mit welchen Medien strebe ich das an?


 enaktives Material: Realia
 ikonisches Material: stellt konkrete Handlung bildhaft dar
 symbolisches Material: überführt konkrete Handlung in Zeichen

 Für Lernen von Vorteil, den U-Gegenstand mittels verschiedener Repräsentationsformen


zu erarbeiten (abhängig vom Leistungsstand)
 es gibt verschiedene optische, haptische, und akustische Lernertypen
 10% wird behalten bei lesen, 20% bei hören, 30% bei sehen, 50% bei sehen+hören, 70%
bei selber vorstellen 90% bei selbst ausführen

1.6.6 Cognitive-Load-Theory: Chandler, Sweller 1991


 Lernprozesse generieren neue Schemata  mit bestehenden Schemata verknüpft
 Lernen mit Lernmaterialien ist mit einer kognitiven Belastung des Arbeitsgedächtnisses
verbunden: drei Aspekte
- intrinsische Belastung: je schwieriger das Lernmaterial aus inhaltlicher Sicht, desto größer
die intrinsische Belastung  Vorwissen hat großen Einfluss
- extrinsische Belastung: Lernmaterial mit unnötigen Informationen/Querverweisen:
kognitive Belastung steigt
- lernbezogene Belastung: Bemühen, sich mittels Lernmaterialien Wissen anzueignen  je
größer intrinsische und extrinsische Belastung, desto höher lernbezogene Belastung
- Ziel: extrinsische Belastung gering halten  größerer Anteil an Belastungen in
Generierung von Schemata und somit Wissensaneignung zu investieren

1.6.7 Feedbackmodell nach John Hattie


 Feedback greift auf vier Ebenen: Aufgabe, Lernprozess, Selbstregulation (und Person)
 Effektives Feedback beantwortet drei Fragen: Was ist mein Ziel? (Feed up), Wie geht es
voran? (Feed back), Was kommt als nächstes? (Feed forward)
 Dient der Verbesserung von Unterricht
 Feedback zu Person am wenigsten effektiv für Leistungsverbesserung
Fazit: Feedback muss qualitativ hochwertig sein, die Anforderungen die bewertet werden
sollen müssen transparent sein und die vier Bereiche abdecken, nur so verbessert sich die
Leistung; Wenn L dem S permanent Feedback gibt (durch die Kurzen Zeitabstände hat sich
meist eh nichts verändert), das ihm aber qualitativ nichts nutzt, verbessert das nicht die
Leistung

2 Bildung, Erziehung, Unterricht


2.4 Wer ist der Mensch?
 Nach Hartwig Schröder (1999)  Mensch = Person mit Personalität und Individualität
 Personalität:
- invariable Größe, hat jeder Mensch von Beginn an
- existentiell und unterschiedslos
- Würde, Geistbetroffenheit, Gerichtetheit, Leib-Seele-Geist-Einheit, Selbstbestimmung,
Reflexivität, Sinnverwiesenheit, Freiheit, Interpersonalität, Leiblichkeit, Transzendieren...
 Individualität:
- umfasst alle leiblichen, seelischen und geistigen Besonderheiten
- Unterscheidet Mensch von seiner Mitwelt
- = das Veränderliche, Einmalige, Zufällige des Menschen  Fundament/Ergebnis der
Einzigartigkeit
- entwickelt sich das ganze Leben  Wandlung durch Erfahrung/Handlung  Erreicht
einen bestimmten, ständig variierenden Reifegrad
- Wissen, Können, Fähigkeiten, Fertigkeiten, Wertungen, Haltungen, Einstellungen...
 Reifegrad = Persönlichkeit
 Personalität + Individualität erfordern und ermöglichen Erziehungsbedürftigkeit und
Erziehungsfähigkeit

 Mensch und Umgebung:


 Mensch befindet sich in Umfeld mit Regeln/Ritualen, Erwartungen/Geboten,
Werten/Normen (Familie, Sprache, Kultur, Land, Zeitgeist, Epoche)
+ Mensch beeinflusst auch Umfeld und kann sie verändern  Wechselwirkungsgeflecht

 Mensch und Lernen


 Mensch, wie er lernt/sich entwickelt  Lernen als relativ dauerhafte Veränderung
einzelner Bereiche der Persönlichkeit aufgrund von Erfahrungen  = aktiver,
selbstgesteuerter, konstruktiver, situativer und sozialer Prozess  Lehren = Anregen,
Unterstützen, Beraten  Gestalten der Lernumgebung
2.5 Bildung
 Terminologie: Bildung hat ein breites Spektrum von Bedeutungen:
- Entstehung, Entwicklung, Form, Struktur
- Erziehung, Ausbildung Wissen
 Begriffswirrwar/Facettenreichtum des Wortes: Chance und Gefahr
- Chance: durch breites Spektrum an Denotationen  Spielraum, in dem Fachterminus
eingegrenzt und fixiert werden kann
- Gefahr: Durch breites Feld an Möglichkeiten wird Konsensfindung erschwert/unmöglich
 Bildung ist ein menschliches Phänomen, das von unterschiedlichen Perspektiven
beleuchtet werden muss und äußerst vielschichtig ist

2.5.3 Die Frage nach dem Menschen: Zur Wesensgemäßheit der Bildung
 Versuche den Bildungsbegriff zu bestimmen: Robert Spaemann (1994):
- ein gebildeter Mensch ist interessiert, wie Welt aus anderen Augen aussieht/Blickfeld zu
erweitern
- tut dies bewusst  nichts ist ohne Interesse, wenig ist wirklich wichtig
- ist strukturiert
- hat eine differenzierte, nuancenreiche Umgangssprache
- ist genussfähig und hat Konsumdistanz
- kann sich mit etwas identifizieren ohne naiv blind zu sein (Vaterlandsliebe ohne andere
Vaterländer zu verachten  Fremdes ist Bereicherung)
- kann bewundern, sich begeistern, ohne Angst sich etwas zu vergeben  Selbstwertgefühl
nicht aus Vergleich mit anderen
- Werturteil ist mehr als der Ausdruck subjektiver Befindlichkeit  er ist wahrheitsfähig
aber nicht unfehlbar
- Bildung ist nicht das wichtigste
- Liebt Freundschaft, v.a. mit anderen gebildeten Menschen
 Hartmut von Hentig
- Abscheu und Abwehr von Unmenschlichkeit
- Wahrnehmen von Glück
- Fähigkeit und der Wille sich zu verständigen
- Bewusstsein von der Geschicklichkeit der eigenen Existenz
- Wachheit für letzte Fragen
- Bereitschaft zur Selbstverantwortung und Verantwortung in der res publica
 „Was für ein Volk die Kultur ist, ist für den Einzelnen die Bildung (Hentig 1996)
 Bildung = der Vorgang, in dem der Mensch zu dem wird, was er ist  wesensgemäße
Verwirklichung des Menschen  Streben des Menschen, die Gabe seines Menschseins zu
nutzen, umzusetzen, zu leben  Aufgabe seiner Menschwerdung
 Bildung = das alles, was den Menschen zu einer Person macht (Hentig 1996)
 Buber: Der Mensch wird am Du zum Ich: Erst im Bezug zum Anderen erkennt er sich als
Individuum  Kooperation und Akzeptation
- Kooperation: Hilfe annehmen/anbieten
- Akzeptation: Mensch radikal und um seiner selbst Willen annehmen
 Wechselseitige Wirkung zwischen den Wesensmerkmalen

2.5.4 Die Frage nach dem Individuum: Zur Seinsgerechtheit der Bildung
 Paulsen 1903: Kein Mensch ist wie der andere, keine Zeit, wie die andere, kein Raum wie
der andere
 Heidegger: Geworfenheit des Seins
 bedeutet: Bildung ist in enger Verbindung zur Gesellschaft, zur Mit- und Umwelt, also zu
seinem ganzen Lebensraum
 Schröder 1999: Bildung = wachsende Teilhabe an Kultur mit dem Ziel einer
wertgeleiteten harmonischen Persönlichkeit  Hineinwachsen in eine Gemeinschaft,
Auseinandersetzung mit der Gesellschaft, Bereitschaft und Fähigkeit zur Gestaltung und
Weiterentwicklung des Lebensraumes
 d.h. Raum/Zeit sind von vornherein festgelegt  unterschiedliche Sitten/Gebräuche,
Werte/Normen, Regeln des Zusammenlebens  müssen aufgenommen werden bevor sie
kritisch und konstruktiv weiterentwickelt werden  d.h. es werden unterschiedliche
Fähigkeiten und Fertigkeiten, verschiedene Wertungen und Haltungen im Laufe des Lebens
abverlangt

 Bildung orientiert sich an den Anlagen und am Umfeld des Menschen  an der
individuellen und weltlichen Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft

Fazit: Bildung umfasst:


- Streben nach den Eigentümlichkeiten menschlicher Seins- und Lebensweisen, die für alle
Menschen gelten (wesensgemäß)  Wesen des Menschen allgemein
- Hineinwachsen in eine Gemeinschaft, die Auseinandersetzung mit der Gesellschaft, die
Bereitschaft und Fähigkeit zur Gestaltung und Weiterentwicklung des Lebensraumes 
bei jedem Menschen unterschiedliche Aufgaben (seinsgerecht)  Dasein des einzelnen
 = wesensgemäße und seinsgerechte Verwirklichung des Menschen  enges
Wechselwirkungsverhältnis

Gefahren:
- steht die Wesensgemäßheit zu sehr im Mittelpunkt  unzeitgemäße Erziehung  wird
Anforderungen der Gesellschaft nicht gerecht, bereitet nicht auf Zukunft vor weil sie
gegenwärtige und zukünftige Fragen, Problemstellungen und Herausforderungen nicht
erkennt/nicht berücksichtig
- zu starke Gewichtung der Seinsgerechtheit: Vernachlässigung der conditio humana (Natur
des Menschen)  Mensch als Humankapital/Faktor der Produktion  „Ökonomisierung
von Bildung“: Mensch/SuS als Maschinen  SuS werden überfordert, sollen nur Wissen
haben, Abitur bekommen etc.  Man richtet deswegen das Bildungssystem auf das aus,
was man für die Bedürfnisse der Wirtschaft hält. Bildung wird funktional verstanden und
ökonomischem Nutzendenken untergeordnet

Klafki 1996: Bildung = selbsttätig erarbeitete und personale verantworteter Zusammenhang


dreier Grundfähigkeiten
- Selbstbestimmungsgfähigkeit: über individuelle Lebensbeziehungen und Sinndeutungen
zwischenmenschlicher, beruflicher, ethischer, religiöser Art selbst zu bestimmen
- Mitbestimmungsfähigkeit: Gestaltung der kulturelle, gesellschaftlichen und politischen
Gegebenheiten  jeder hat dafür Anspruch, Möglichkeit und Verantwortung
- Solidaritätsfähigkeit: Anspruch auf Selbst- und Mitbestimmung auch bei anderen
Menschen anerkennen bzw. unterstützen, wenn diese nicht gewährt werden (gesell./pol.)

2.5.5 Weitere Bestimmungsmerkmale des Bildungsbegriffes


 Wissen ist nicht ausschlaggebend für Bildung  Wissen leistet erst dann Beitrag, wenn es
im Sinn einer wesensgemäßen und seinsgerechten Verwirklichung des Menschen Anklang
findet
 Nur das Wissen, das für die Selbstverwirklichung des Menschen bedeutsam ist =
Bildungswissen
 Bildung: Lebenslange Aufgabe: keinen Abschluss, Ohne Vollendung  Bildung als
Ergebnis = Momentaufnahme des Reifegrads de Individualität/Persönlichkeit hinsichtlich
einer wesensgemäßen uns seinsgerechten Ausprägung
 Bildung vs. Ausbildung: Bildung: Intrapersonal  wesensgemäße Verwirklichung =
Selbstbildung; Ausbildung: Interpersonal: nimmt Eigentümlichkeiten menschlicher Seins- und
Lebensweisen nicht wahr/berücksichtigt sie nicht  Fremdbildung  Aber: Ausbildung kann
Beitrag zu Bildung leisten oder dem entgegen stehen
 Ausbildung: standardisiert, spricht viele Menschen an; Bildung: auf einen Menschen

Fazit: Bildung ist ein intrapersonaler, lebenslanger (dynamisch, statisch) Prozess, der den
ganzen Menschen als „Leib-Seele-Geist-Einheit“ umfasst und in dem er seine Persönlichkeit
wesensgemäß und seinsgerecht entfaltet: Als Ergebnis bezeichnet sie den so erreichten,
vorübergehenden Zustand. Sie ist dem Weg zu einem wesensgemäßen und seinsgerechten
Leben

2.6 Erziehung
2.6.3 Erziehung als Lebenshilfe
Was ist Erziehung?  Enorme Begriffsverwirrung
 Rousseau 1985: „alles was uns bei der Geburt fehlt und was wir als Erwachsene brauchen
gibt uns die Erziehung
 Kant: „Der Mensch kann nur Mensch werden durch Erziehung, er ist nichts als das, was
die Erziehung an ihm macht

2.6.4 Etymologischer Ursprung und alltagssprachlicher Gebrauch


 erziehen: „aufziehen, großziehen, bilden“
 bedeutet:
- Einwirken auf die Kinder und Jugendlichen  hat also nach Kindheit/Jugend einen
Abschluss
- Das daraus resultierende Ergebnis
 Tätigkeit, die einen Menschen positiv beeinflussen soll
 wird gleichgesetzt mit an sozialen Regeln angepasst Manieren  normenkonformes
Verhalten  so verhalten, wie Erwachsene es für angenehm empfinden  Ausrichten des
Verhaltens der jüngeren Generation auf die Bedürfnisse, Werte und Erwartungen der
Erwachsenen

2.6.5 Wissenschaftlicher Sprachgebraucht und Begriffsexplikation


 zwei Grundauffassungen vom Wesen des Erziehungsvorganges
- handwerkliche Konzeption: Erzieher: wie Handwerker nach vorgefassten
Plan/vorgegebenem Material und geeignetem Handwerkszeug (Ethik: Ziele, Psychologie:
Kenntnis des Materials)  bring eine bestimmte Form nach vorschwebendem Ziel des
Menschen hervor  Mensch = beliebig planbar/machbar
 Erziehen = Machen  Man braucht nur Willen
- organische Konzeption: natürlicher Mensch  Erzieher verhindert das
Schädliche/Störungen  Wachsenlassen, Pflegen, Beschützen des organischen Vorgangs
+ bereitstellen von entwicklungsfördernden Verhältnissen

 beides verfehlt Kern + vernachlässigt/missachtet entscheidende Kennzeichen: Mensch als


Leib-Seele-Geist-Einheit mit Eigentümlichkeiten seiner Seins- und Lebensweisen
 organische übersieht dialogische Struktur des Daseins  Mensch nicht bloße Natur
 handwerkliche übersieht Freiheit und Selbstbestimmung  Mensch nicht beliebig formbar
Erziehung  Begegnung vom Mensch zum Mensch  Mensch wird am Du zum Ich 
Erzieherisches Verhältnis ist dialogisch
 Mensch ist auf den anderen angewiesen und verwiesen  gelangt durch den anderen, der
hilft, sich selbst zu finden zu seiner Erfüllung
 Selbstfindung/Selbstverwirklichung erst im Dialog mit Mitmenschen und jeweiliger Welt

 Erziehung = Versuch, auf Mensch einzuwirken  Versuch  Wer etwas versucht, hat
nicht notwendig Erfolg  Erziehung + Erziehungserfolg: unberechenbar, unkalkulierbar,
unplanbar  Erzieher kann hoffen, dass Versuche glücken
 Erziehung als Hilfe hat stets Förderung im Blich  Bereitschaft und Einsatz von beiden
Seiten des Erziehers und des Zöglings notwendig

 Ziel des Erziehens: Persönlichkeit  Persönlichkeitsentfaltung:


- vorhandene (angeborene) wertvolle Dispositionen ausbauen, stabilisieren, differenzieren
- nicht vorhandene wertvolle Dispositionen auf Grundlage der vorhandenen allgemeinen
oder spezifischen Dispositionen schaffen, hervorbringen, erzeugen
- vorhandene schädliche Disp. beseitigen, abbauen, auflösen, schwächen, ausschalten
 Erziehung ist auf die Wertung des Erziehers angewiesen (wenn möglich in
Übereinstimmung mit Zögling)  welche Kennzeichen den Persönlichkeit gefördert, kreiert,
verändert, beseitigt werden sollen  es gibt keine wertneutrale Erziehung
 Werte beeinflusst von anthropologischen, politischen und historischen Gesichtspunkten

 Erziehung kann zum gewünschten Ergebnis beitragen  muss nicht; Ergebnis kann
auch erreicht werden, ohne dass Erziehung beteiligt war  Ergebnis der Erziehung, darf nicht
den Begriff Erziehung tragen
 Helmut Heid: „Erziehung sind solche Handlungen, die eine erzieherische Absicht
verfolgen und im Sinne dieser Absicht erfolgreich sind.“
 Erziehung findet aber statt, auch wenn kein Ergebnis zu sehen ist
 Erziehung findet auch statt, wenn Kind die Maßnahme nicht erkennt
 Scheitern ist möglich, wie Gelingen, trotzdem Dialog  Erziehung

 Erziehung beginnt mit der Geburt, endet mit Tod  Nicht nur Kindheit/Schulzeit 
Mensch kann in jedem Alter lernen, verlernen, umlernen
 Viele Autoren widersprechen: Kant, Schröder etc.  Erziehung endet mit
Erwachsenensein/Mündigkeit/wenn der Mensch sich in Mit/Umwelt eigenverantwortlich
zurechtfindet
 kann relativ enden: Wenn z.B. Lehrer den Schüler erzieht  der geht von Schule ab
 Nicht nur Erwachsene können erziehen  Auch umgekehrt (z.B. neue Medien)  setzt
besondere Fähigkeiten/Fertigkeiten, Wissen, Können, Wertungen, Haltungen etc. voraus 
Reifegrad der Individualität/Persönlichkeit

FAZIT: es gibt keine allumfassende allgemeingültige Definition


Erziehung ist ein interpersonaler Akt, in dem ein Mensch absichtlich und wertorientiert einem
anderen seine Hilfe anbietet mit dem Ziel, ihn in seiner Persönlichkeitsentfaltung zu
unterstützen und diese von ihm auch (ablehnend oder annehmend) wahrgenommen wird 
nie abgeschlossen/hab aber relatives Ende
 Erziehung = Lebenshilfe von Mensch zu Mensch

2.7 Unterricht
2.7.3 Etymologischer Ursprung und alltagssprachlicher Gebrauch
 zwei Bedeutungsgruppen
- sich Kenntnis verschaffen
- lehren/benachrichtigen  informieren
 Unterricht: Aus Sicht des Schülers und des Lehrers
 Unterrichten UND Erziehung  Beide Einwirken eines Menschen auf den Anderen
 Unterrichten: Vermittlung von Wissen  Vereine/Organisationen/Institutionen / Erziehen:
Beibringen eines normenkonformen Verhaltens  Schule/Familie
 wirkt von einander trennbar  aus pädagogischer Sicht ist Differenzierung nicht haltbar

2.7.4 Wissenschaftlicher Sprachgebrauch und Begriffsexplikation


 Unterricht ist auch Begegnung von Mensch zu Mensch  Unterricht hat bestimmte
Aufgabe  Sachverhalt/Unterrichtsstoff vermitteln = Bindeglied zwischen Lehrer und SuS 
U-gegenstand = Brücke
 didaktisches Dreieck  alle Faktoren gleichwertig + voneinander abhängig + beeinflussen
sich gegenseitig
 + inneres und äußeres Umfeld (GSP Bedingungen + situative Gegebenheiten)

 Unterricht ist planmäßig  planmäßiges Handeln


- Unterrichtszeiten, Regeln, Lerninhalte (Lehrplan)
- Kontrolle des Grades der Zielerreichung  schriftliche/mündliche/praktische Leistungen
- Methodik  wie wird vermittelt
 Planmäßigkeit in sachlicher und zeitlicher Struktur
 ABER: Unterricht = nur Versuch
 Lehrkraft = Spezialist in Sachen „Unterricht  professionelles handeln
 Unterricht = Institutionalisiert  (=institutionalisiertes Handeln) Schulsystem
organisiert schulische Strukturen  klare Rollenverteilung der unterrichtenden und der zu
unterrichtenden Menschen  garantiert (relative) Chancengleichheit für SuS, eine
Gleichwertigkeit der Abschlüsse und eine Sicherheit der Ausbildung
 Unterricht als erzieherisches Handeln: bayerisches Gesetz über das erziehungs- und
Unterrichtswesen:  U soll Wissen, können vermitteln + Herz und Charakter bilden
 Erziehung ist auch Aufgabe des Unterrichts + Voraussetzung für ihn, weil er ohne
Mitverantwortung aller Beteiligten nicht funktionierten kann
 Unterricht kann sich nicht auf eine wertfreie Vermittlung von Kenntnissen, Einsichten,
Fähigkeiten und Fertigkeiten beschränken  muss erzieherisch bedeutsame Lerninhalte
auswählen und die SuS anregen, sich mit ihnen unter Sinn- und Wertgesichtspunkten
auseinanderzusetzen
 Forderung an L: erzieherische Möglichkeiten/Wirkungen nicht unbeachtet/ungenutzt
lassen  im Hinblick auf Förderung der Persönlichkeitsentfaltung der SUS fruchtbar machen

 U hebt sich von Erziehung durch Akzentuierung in den vier Bereichen ab  in Praxis:
beide miteinander verwoben  Unterricht ist Sonderform der Erziehung

2.7.5 Resümee und Definition


 Unterricht: ausgezeichnete Erziehung  Planmäßigkeit, Intentionalität, Professionalität,
Institutionalisierung
 dient Vermittlung von Wissen, Können, Fertigkeiten, Fähigkeiten von L an SuS durch U-
Gegenstand  hat Ziel den ganzen Menschen in seiner Leib-Seele-Geist-Einheit positiv zu
beeinflussen
 ist ein erzieherischer, interpersonaler, planmäßiger, professionalisierter,
institutionalisierter Lehr-Lern-Prozess zur Förderung der Persönlichkeitsentfaltung
 Lebenshilfe von Mensch zu Mensch

2.8 Beratung
2.8.3 Beratung als Hilfe zur Selbsthilfe
 L muss SuS auch außerhalb des U unterstützen  Beratung als wesentliche Aufgabe der
Lehrertätigkeit
 L als Berater für SuS oder Eltern  auch Gespräche über Lernfortschritt/Lernentwicklung
 Beratung in vielen Kontexten/Situationen  Bedarf Kompetenz

2.8.4 Etymologischer Ursprung und alltagssprachlicher Gebrauch


 Interaktion zwischen Individuen  ratsuchende Person (auch Gruppe möglich) bekommt
Vorschlag zur Lösung des Problems

2.8.5 Wissenschaftlicher Sprachgebrauch und Begriffsexplikation


 verschiedene Möglichkeiten der Definition  kommt auf Perspektive bzw.
Fachwissenschaft an
 Gemeinsam: Problem/Lösung/Hilfestellung/Bewältigung  Bei Beratung wird versucht,
ein Problem zu lösen  wie im Detail: hängt von Ratsuchendem, Problem und Berater ab
 schulische Beratung: Erziehung zur Lebenshilfe, Hilfe zur Selbsthilfe

2.8.6 Arten der Beratung


 Verschiedene Beratungen für jeden einzelnen Lebensbereich (Ehe, Jugend, Sucht, Studien)
 Schule: eine L hat mehrere Beratungen beherrschen (Familie, Beruf, Jugend, Bildung...)

2.8.7 Merkmale schulischer Beratung


 Schule per se keine Beratungseinrichtung  pädagogischer Auftrag/Ethos
 Schnebel: Neun Charakteristika:
- L  semi-professionelle Berater  keine Ausbildung
- Beratende in der Schule  Teil des Systems  immer Teil der Schule  keine Distanz
- Themen der Beratung von dem System: Themen der Schule
- Freiwilligkeit als wichtiges Element von Beratung nur teilweise gegeben  Zwang
- Eindeutige/verdeckte Hierarchien  SuS fühlen sich gezwungen weil L höhergestellt
- Verantwortlichkeit/Zuständigkeit in vielen Fällen nicht von vornherein klar: L rät muss
aber wenn Rat nicht eingehalten wird auch sanktionieren wegen Lehrauftrag
- Zeitlicher Rahmen meist begrenzt
- Rollenkonflikte der L: Lehrende als Hauptaufgabe  geben Lösung vor, die umgesetzt
werden sollen  Ratsuchender kann Ideen nicht selbst einbringen; L kann auch von oben
(Hierarchie) vorgeschrieben bekommen
- Zielsetzungen der Beteiligten divergieren: S wollen ihre Ruhe, Eltern Ärger ablassen 
als L angemessen reagieren
 einige Merkmale systemabhängig, andere selbst erzeugt/änderbar  Fort/Weiterbildung

2.8.8 Beratung als Tätigkeit von L


 Arten und Merkmale von schulischer Beratung bewusst machen, Grenzen kennen, auf
Hilfe anderer zurückgreifen  Kultusministerium, Amts- und Schularzt,
Berufsberatungsstelle, Schulpsychologen, Beratungslehrkräfte etc.  Grenzen kennen
 Adressaten: SuS, Eltern, Kollegen  Hauptadressat: SuS: Probleme bei der Entwicklung
der Fach-, Sach-, Sozial- und Selbstkompetenz  Beraten

2.8.9 Beratungskompetenz und die Anforderungen an den Beratenden


 Neben kultureller, fachwissenschaftlicher, berufspraktischer, personaler, organisatorischer,
didaktischer Kompetenz  Beratungs- und Beurteilungskompetenz
- Fähigkeit eigene Ressourcen aktivieren, Begeisterung zeigen  dadurch: konstruktive
Beziehung zwischen Beratendem und Ratsuchendem
- Empathie, Frustrationstoleranz, Offenheit, kommunikative Kompetenz
- Vertrauen/Vertraulichkeit  ohne Einwilligung keine Weitergabe
- Sachkompetenz
- Offenheit  Problem respektieren
- Ratsuchender im Mittelpunkt
- Unabhängigkeit, Parteilosigkeit, keine festen Strukturen/vorgegebene Lösungen
- Dem SuS Gefühl geben, dass er sie versteht und zur Lösungsfindung antreibt  keine
Lösungen/Ratschläge vorgeben sondern in gemeinsamer Arbeit die Sichtweise ändern und
neue Möglichkeiten entdecken

2.8.10 Felder und Aufgaben von Beratung in Schulen


Einzelberatung, Gruppenberatung, Institutionsberatung/Origanisationsberatung
mögliche mögliche Themen mögliche Beratenden
Ratsuchende
Einzelberatung S, Eltern, einzelne Lern- und Lehrkraft
L Bildungsprozesse Schulleitung
Gruppenberatung Schülergruppe, Lern-, Leistungs- und Schulpsychologe
Klasse, Verhaltensprobleme Beratungslehrkraft
Kollegium(- Entscheidungen Schulsozialarbeitende
sgruppe) Entwicklungsaufgaben/ Beratende für
Institutionsberatung Einzelschule, Krisen spezielle Aufgaben
Einheiten des Konflikte, (z.B. LRS-Beratung)
Bildungssystem Interaktionsprobleme,
(Schulaufsicht, Beziehungsprobleme
Studienseminare Innovationen
etc.) Evaluation

Beratung selbst: sieben Aufgabenfelder: vier Bereiche:


- allgemeine Präventionsberatung: Gewalt, Drogen, Nachhaltigkeit
- Schullaufberatung: Bildungsangebote, Schulabschlüsse, Fächerwahlen, Ausbildung,
Aufnahmeverfahren
- pädagogisch-psychologische Beratung: Probleme beim Lernen, Leistungen, Verhalten 
auch Betrachtung von Schule, Organisationen, Peers, Sozialräume
- Kollegenberatung/schulische Systemberatung: ggs. Unterstützen, motivieren, austauschen
 Supervision

2.8.11 Ziele und Funktionen der Beratung


Hauptziel: Hilfe zur Selbsthilfe  Vermittlung von Strategien, Probleme zu lösen/potenzielle
Probleme frühzeitig zu erkennen und diese zu vermeiden
 Mit Hilfe der Beratung: selbstständig und eigenverantwortlich ausgerichtete
Persönlichkeitsentwicklung
folgende Ziele:
- Ratsuchende soll eigenes Problem bestimmen, erreichbare Ziele definieren, reflektierte
Entscheidungen treffen, Handlungsabläufe entwerfen, Ressourcen entdecken/nutzen,
eingeleitete Handlungen auf Effektivität hin prüfen können
- Im schulischen Kontext: Verbesserung der Bildungschancen, Informationen über
Bildungsreformen/Innovationen, Hilfe bei Schullaufbahnentscheidungen, Unterstützung
bei Persönlichkeitsentwicklung, Vermittlung entsprechender Lern- und
Leistungsbereitschaft, Anregung für die Entwicklung eines verantwortlichen
Sozialverhaltens, Aufbau von Kenntnissen von
Handlungszusammenhängen/Handlungsstrategien, Förderung der Zusammenarbeit von
Elternhaus und Schule, Kompetenznutzung des gesamten Beratungssystems,
Unterstützung von Kolleginnen und Kollegen im schulischen Alltag, Hilfen bei der
Entwicklung von Schulprofilen
- Präventivmaßnahmen: zur Problemvermeidung  Inhalte: Fördermöglichkeiten des
Lernenden, Einschulungszeitpunkt, Vorstellung der verschiedenen Schularten, Wahl der
Schulart, Mithilfe/Diagnose/Förderung bei Lern- und
Leistungsproblemen/Verhaltensauffälligkeiten/Störungen (ADS, ADHS, Legasthenie etc.)
 Damit Beratung funktioniert:
- verschiedene Handlungsmöglichkeiten mit den jeweiligen Vor- und Nachteilen aufzeigen
- Möglichkeiten gegenüberstellen, abwägen
- Berater spricht Empfehlung aus + Gründe dafür  Keine Entscheidung fällen (Klient)
- Gemeinschaftliche, diskursive, besinnliche Stimmung
- Berater  sach- und fachgerechte Auseinandersetzung mit Problem
- Verantwortung für Entscheidung/Konsequenzen  Klient

2.8.12 Verschiedene Beratungsansätze


1. Psychoanalytisch und tiefenpsychologisch orientierte Ansätze  Sigmund Freud
 dreischichtiges Menschenmodell: Ich, Es, Über-Ich  Mensch gesteuert von unbewussten
Trieben  beeinflussen/kontrollieren bewusste Verhaltensweisen
 In Schule ungeeignet  hohes Maß an geschulter Kompetenz von Nöten
2. Verhaltenstheoretische-kognitiv orientierte Ansätze  Konditionieren
(Pawlow/Skinner)
 Reiz-Reaktion  Beratung: Interventionsmaßnahmen: Verhaltensweisen sollen
modifiziert werden
 stark erforscht/in Lerntheorien verankert  besonders bedeutend für Beratung in der
Schule; ABER: emotionale Prozesse dürfen nicht außer Acht gelassen werden

3. Ansätze der humanistischen Psychologie


 Carl Rogers: Mensch als Einheit von Körper, Geist und Seele: personenzentrierte
Beratung: Beziehung zwischen dem Ratsuchenden und der Beratungsperson steht im
Vordergrund  drei Grundhaltungen:
- Empathie: gedankliches und emotionales Hineinversetzen
- Akzeptanz: Klient und dessen Zustand annehmen  Wertschätzung/Verständnis
- Echtheit: echt, ehrlich, authentisch sein und nach außen zeigen
 subjektive Erfahrungen im Fokus, weil diese kognitive Einsichten und Erkenntnisse
blockieren können  wenn durchleuchtet: Veränderung/Entwicklung
 eignet sich für die Schule  Beziehungsebene/geht über kognitives hinaus
4. Systemische Ansätze der Systemtheorie
 Versuch der Erklärung von Probleme über Systeme, z.B. soziales System  über
Fragetechniken werden Muster, Regeln aufgedeckt, um sie veränderbar zu machen
Fragetechniken:
- zirkuläre Fragen: Fokus auf Perspektive innerhalb des Beziehungsgeschehens  wie
wirken sich Verhaltensweisen auf Beziehungen aus  Info, die nicht kognitiv ist
- Fragen zur Wirklichkeitskonstruktion: Muster im jeweiligen (wirklichen) Kontext
- Fragen zur Möglichkeitskonstruktion: zielen auf Zukunft ab, wie man dort zur Lösung
kommen kann
- Frageformen, die Unterschiede verdeutlichen: Um Unterschiede/Gemeinsamkeiten in
Sichtweisen zu gewinnen
- Fragen zum Beginn und Abschluss der Beratung: geben Rahmen
 Berater nicht Instrukteur sondern bietet prozessorientiert Ideen/Anstöße  ergebnisoffen
 Orientiert sich am Konstruktivismus  eignet sich so für die Schule
 Kritik: Komplex
5. Ressourcen- und lösungsorientierte Beratungsansätze
 Lösungsfindung im Zentrum: 4 Fragen
- Ausnahmefragen: Wann tritt Problem nicht auf
- Hypothetische Fragen: Wunderfrage: Was müsste passieren, dass Problem beseitigt
- Ressourcenfragen: was tut Klient, wenn sich etwas ändert  wie fühlt er sich, was denkt
er?
- Pre-Session-Chance-Fragen: Frage vorneweg: Was hat sich verändert, seit Entscheidung
zu Beratung?
 + Komplimente für Motivation zur Lösungsfindung  schnelle Lösung
 eignet sich somit für Schule wegen zeitliche Begrenzung
 oft Kombination der Ansätze

 Fazit: es gibt nicht den einen Ansatz  Ziel: Hilfe zur Selbsthilfe  immer individuell
betrachten  Wohl des Ratsuchenden im Fokus

2.8.13 Phasen der Beratung


1. Kreislauf: Kontaktphase  Zielsetzungsphase  Analysephase 
Handlungsstrategieentwicklungsphase und Entscheidungsphase  Umsetzungsphase 
Bewertung- oder Evaluationsphase
 Wenn Problem nicht beseitigt  erneuter Kreislauf, ansonsten  Beratungsende
2. Kanfer, Reinecker, Schmelzer: Schaffung günstiger Ausgangsbedingungen  Aufbau von
Änderungsmotivation und vorläufige Auswahl von Änderungsbereichen 
Verhaltensanalyse  Zielvereinbarung  Planung, Auswahl, Durchführung spezieller
Methoden  Evaluation der Fortschritte  Erfolgsoptimierung und Abschluss
 lange Vorlaufszeit  Beschäftigung mit Problem
3. Bamberger: Vier-Phasen-Modell: Synchronisation  Lösungsvision 
Lösungsverschreibung  Lösungsevaluation

2.8.14 Resümee und Ausblick


 Beratung: Bedeutender Bereich in der schulischen Erziehung und Bildung  viele
Facetten
 Beratung als Hilfe zur Selbsthilfe  keine vorgefertigten Lösungen sondern Ratsuchender
soll sich selbst reflektiert in den Blick nehmen, selbst auf Lösung/Lösungsstrategien kommen
 Kontrast zum Schulalltag  Lehrer kommt oft nicht aus seiner Lehrerrolle raus
 politisch/gesellschaftliche Themen wie Inklusion, Flüchtlingskrise, soziale/finanzielle
Ängste  Schule rückt mehr und mehr ins Feld der Beratung  Lehrer können nur gewissen
Teil an professioneller Beratung bieten und leisten  Personal zu wenig/selten

2.9 Sozialisation
 gibt es in nahezu allen sozialwissenschaftlichen Disziplinen  Anthropologie,
Kommunikationswissenschaften, Pädagogik, Philosophie, Psychologie etc.

2.9.3 Etymologischer Ursprung und alltagssprachlicher Gebrauch


 „socius“  Begleiter, Gefährte  macht gesellschaftliche und zwischenmenschliche
Dimension deutlich

2.9.4 Wissenschaftlicher Sprachgebrauch und Begriffsexplikation


 Emil Durkheim: Sozialisation = Prozess der Vergesellschaftung des Menschen
 Verallgemeinerung: 5 Punkte
- Sozialisation = begriffliches Konstrukt, bündelt theoretische Fragestellungen
- = Mitglied werden in einer Gesellschaft
- drei Perspektiven: subjektbezogene (Rolle des einzelnen), institutionenbezogene (Rolle
der Institution), kulturbezogene Perspektive (Rolle der Kultur und Gesellschaft)
- unterschiedliche Phasen: primär (Familie), sekundär (Peers, Schule), tertiär (Beruf)
- unterschiedliche Felder (Familie, Peers, Schule, Beruf)
 Klaus-Jürgen Tillmann: Sozialisationsbedingungen

 Mikro-, Meso- und Makroebene

 ältere Auffassungen: Sozialisation schreibt Subjekt eher passive Rolle zu + betonen


Anpassung des Menschen an die Gesellschaft + Verinnerlichung der herrschenden Werte
 neue Ansätze: Eigenaktivität des Subjekts  Sozialisation als ein dynamischer und
lebenslanger Prozess

2.9.5 Resümee und Definition


Sozialisation = Gesamtheit aller Prozesse, in denen der einzelne Mensch zum Mitglied einer
Kultur und Gesellschaft wird  umfassen intentionale und nicht-intentionale Prozesse,
unterschiedliche Phasen (primär, sekundär, tertiär) und unterschiedliche Felder (Familie,
Peers, Beruf)  Mitgliedwerden erfordert nicht nur passive Rolle sondern auch Eigenaktivität

2.9.6 Sozialisationstheorien:
- psychologische Sozialisationstheorien
 Persönlichkeitstheorien z.B. genetische Faktoren und Triebe (Freud, Erikson)
 Lerntheorien z.B. Erwerb durch Fähigkeiten/Anstrengung vs. mechanische Anpassung,
Reiz/Reaktion (Watson, Thorndike, Skinner)
 Entwicklungstheorien z.B. kognitive Entwicklungspsychologie (Piaget)  fortschreitende
Differenzierung: Veränderung von vorhandenen Strukturen durch neue Strukturen
- soziologische Sozialisationstheorien
 Systemtheorien z.B. Talcott Parson: Strukturfunktionale Systemtheorie
 Handlungstheorien z.B. Georg Herbert Mead: Theorie des symbolischen Interaktionismus
 Gesellschaftstheorien z.B. Bourdieu: Theorie des sozialen Habitus

2.9.7 Über das Verhältnis von Sozialisation, Erziehung, Unterricht und Bildung
 Alle sind Grundlagen der Pädagogik
 Bildung: Intrapersonal: angewiesen auf Hilfe einer andere Person (DU), der begleitet
 Bildungsvorgang zwar Verwirklichung meiner selbst, ein anderer gibt aber immer Hilfe
 erst im Dialog von Mensch zu Mensch, vom Ich zum Du erfährt der Mensch, was es
bedeutet, sich wesensgemäß und seinsgerecht zu verwirklichen  bekommt Unterstützung,
seine Persönlichkeit positiv zu entfalten  Beziehung zu Erziehung: Erziehung =
interpersonaler Akt  jemand bietet absichtlich und wertorientiert Hilfe an, die
Persönlichkeit zu entfalten, der andere nimmt (ablehnend/annehmen) wahr
 Erziehung versuch Bildung zu ermöglichen/unterstützen  Bildung ist auf Erziehung
angewiesen
 Erziehung ist erforderliche Hilfe von Mensch zu Mensch auf dem Weg zu einem
wesensgemäßen und seinsgerechten Leben
 gleiches gilt für Unterricht  = eine ausgezeichnete Art der Erziehung  Erziehung und
Unterricht = besondere Formen der Sozialisation  solche, die intentional und beabsichtigt
von statten gehen

 alle Formen spannen das Feld des pädagogischen Denken und Handelns auf  sind zu
bedenken vor der Unterrichtsplanung
 welche elementaren Strukturen im U-Stoff dienen einer wesensgemäßen und
seinsgerechten Persönlichkeitsentfaltung/wie kann ich in methodischer Sicht, die SuS auf
gegenwärtige und zukünftige Aufgaben vorbereiten und in ihrer Leib-Seele-Geist-Einheit
fördern und fordern?

3 Theorie und Empirie der Schule


3.4 Grundlagen
3.4.3 Auswahl und Integration – Prolog
 jeder Pädagoge: Herausforderung aus breitem Wissensfundus der Pädagogik auswählen
und das Ausgewählte miteinander verbinden  integrieren
 zu nahezu jedem Bereich der Pädagogik: konkurrierende/sich unterscheidende Ansätze 
Ziel der Forschung: keine Konzentration auf eine Theorie  verschiedene Ansätze verbinden

3.4.4 erstes Argument: Pädagogen sind „Zwischenhändler“


 Pädagogik: keine eigenständige Wissenschaft
 bezieht Wissen aus anderen Erkenntnissen, die für die Fragen der Bildung und Erziehung
hilfreich sind  Pädagogik hat zahlreiche Bezugswissenschaften: Philosophie, Psychologie,
Theologie, Soziologie etc.
 Pädagogik = abgeleitete Wissenschaft  Pädagogen müssen auswählen und Ausgewähltes
verbinden, auf ihr Problem/Fragen der Bildung/Erziehung übertragen oder anwenden

3.4.5 zweites Argument: Pädagogik: gekennzeichnet von Pluralität/Vielfalt


 viele, heterogene Richtungen/Strömungen  Geisteswissenschaftliche Pädagogok,
Erziehungswissenschaft, Erlebnispädagogik, Medienpädagogik etc.
 innerhalb der Strömungen weitere Ausdifferenzierungen
 Alle verbinden ein Element: Frage nach Erziehung/Bildung, Frage nach dem
Menschen/Conditio Humana
 jeder Pädagoge muss aus Pluralität der Strömungen auswählen
 Wenn man Ziel verfolgt, Fragen der Bildung/Erziehung von all seinen Facetten zu
beleichten  muss man Komplexität behandeln  mit einseitiger Blickrichtung  kein
Erfolg

3.4.6 drittes Argument: pädagogisches Handeln/Wissen immer in seiner Reichweite


begrenzt/ergänzungsbedürftig
 Pädagoge muss an eine der Theorien anknüpfen und eine entsprechende Methode
anwenden um seine Forschungsfrage untersuchen zu können  Anknüpfung unumgänglich
 pädagogisches Handeln/Wissen ist in seiner Reichweite begrenzt/ergänzungsbedürftig
 Theorie: begrenzt durch Blick auf Untersuchungsgegenstand
 keine Theorie kann 1:1 in Praxis übertragen werden  unterschiedliche Ebenen 
Sprache der Theorie: ein Kanal  Sprache der Wirklichkeit: mehrkanälig
 Fazit: Es gibt immer verschiedene Ansätze/Theorien/Handlungsmuster, die
miteinbezogen/integriert werden müssen um zu ergänzen

3.4.7 Epilog
 „Alles prüfen! Das beste behalten!“  Eklektizismus
1. Auswahl: Fundus an Erkenntnissen auswählen  Pluralität in Griff bekommen 
Auswahl verschiedener, miteinander konkurrierender, sich nicht ausschließender
Auffassungen
2. Integration: Ausgewähltes miteinander verbinden  nicht liquidieren/ausschließen

 Arbeitsschritte:
- alles sammeln, was man braucht um alle Perspektiven auf einen Problembereich hin
abfragen zu können  keine Positionen übersehen, verschiedene Erkenntnisebenen
auseinander halten, kein unangemessenes Urteil fällen
- Verstehen, nachvollziehen der verschiedenen Ansätze
- Argumente finden für Inhalte
- Argumente für Quellenauswahl
- Argumente für Integration
 unterschiedliche Auffassungen Ansätze zu verbinden: Synthese, Addition, Reduktion etc.
Grundhaltungen: Offenheit, Unvoreingenommenheit, Toleranz ggü. Anderen Meinungen,
Konzentration auf Sache, Charakterisierung der eigenen Position neben eine andere,
Transparenz/Offenlegung der eigenen Gedanken, insbesondere der Argumente für Auswahl-
und Entscheidungsprozesse

3.2 Der Bildungs- und Erziehungsauftrag


3.2.1 Einleitung
 Erziehungsauftrag: Artikel 131 der Verfassung des Freistaates Bayern  Schule soll nicht
nur Wissen und Können vermitteln sondern auch Herz und Charakter bilden
 GS/HS/FöS: Artikel 135 BV: diese Schulen sind gemeinsame Schulen für alle
volksschulpflichtigen Kinder  SuS werden nach den Grundsätzen der christlichen
Bekenntnisse unterrichtet und erzogen
 von Lehrern wird immer nachdrücklicher auf Erziehungsleistung eingefordert und
erwartet, v.a. im Hinblick auf gesellschaftliche Veränderungen (Medien, Umwelt, Religionen,
Rauschmittel etc.)  Frage nach Zielen von Bildung/Erziehung hat neue Aktualität/Sinn
 Artikel 131:
- Wissen Können  Herz/Charakter
- Ehrfurcht vor Gott, Achtung vor religiöser Überzeugung und vor der Würde des
Menschen, Selbstbeherrschung, Verantwortungsgefühl und Verantwortungsfreudigkeit,
Hilfsbereitschaft, Aufgeschlossenheit für alles Wahre, Gute und Schöne und
Verantwortungsbewusstsein für Natur und Umwelt
- Im Geiste der Demokratie, in Liebe zur bayerischen Heimat, zum deutschen Volk und im
Sinne der Völkerversöhnung z erziehen
 Zielkatalog des Instituts:
- Ehrfurcht vor Gott, Achtung vor religiösen Überzeugungen
- Achtung vor Würde des Menschen  Entfaltung der eigenen Person/Leben mit anderen,
soziale Verantwortung
- Aufgeschlossenheit für alles Wahre, Gute, Schöne
- Verantwortungsbewusstsein für Natur und Umwelt
- Bekenntnis zum Geist der Demokratie
- Liebe zur bayerischen Heimat und zum deutschen Volk
- Bekenntnis zum Geist der Völkerverständigung
 Wesentliche Elemente eines Menschen- und Weltbildes  Aussagen über Entwicklungen
des einzelnen zur sittlichen Persönlichkeit im Rahmen von Staat, Volk und
Völkergemeinschaft
 ethische Verpflichtungen an Schüler/Lehrer/Ausbilder/Schulen  alle Schularten/Fächer

3.2.2 Ehrfurcht vor Gott, Achtung vor religiösen Überzeugungen


 Es können nach der Glaubens- und Gewissensfreiheit (BV) Spannungen auftreten 
andererseits: kann bedeuten: Tolerant in einer pluralen Gesellschaft, sich gegenseitig die
Freiheit in der Religionsausübung zuzugestehen und kein bestimmtes Bekenntnis
einzufordern
 Gebot der Toleranz: Verzicht auf Indoktrination  kein Aufdrängen religiöser
Überzeugungen

3.2.2 Achtung der Würde des Menschen


 Würde des Menschen unantastbar  nicht verwirkt/eingeschränkt  nur dann geachtet,
wenn Mensch Leben in Freiheit gestalten kann, wenn er jedem anderen diese Freiheit zu
lassen bereit ist
 Entfaltung der eigenen Person  sich selbst erkennen, sich ggü. Aufrichtig sein,
Selbstvertrauen gewinnen, Selbstkontrolle, Selbstbeherrschung, Schuld eingestehen, zu
Überzeugungen gelangen etc.
 Leben mit anderen, soziale Verantwortung  im sozialen Miteinander, würde und Wert
eines jeden achten, andere verstehen versuchen, vorurteilslos sein, wagen anderen zu
vertrauen, Wahrheit sagen, Kritik annehmen, Hilfe annehmen + helfen etc.

3.2.3 Aufgeschlossenheit für alles Wahre, Hute und Schöne


 Bedürfnis nach Werterkenntnis und sittlichem Handeln
 Werte wie: Erkenntnisgewinn, Objektivität in der Darstellung von Sachverhalten,
Tugenden wie Gerechtigkeit, Fairness und Toleranz, ästhetische Qualitäten wie Harmonie
oder Ausdruckskraft
 Vermittlung angesichts Vielfalt von Meinungen, Überzeugungen, Richtungen schwierig
geworden  trotzdem wichtig Werte zu vermitteln  bei aller oberflächlichen Pluralität
muss Schule die wesentlichen Übereinstimmungen der Menschen sichtbar machen
3.3 Das bayerische Schulsystem im (internationalen) Vergleich

3.3.1 Besonderheit 1: Die Dreigliedrigkeit


 Primarstufe (4 Jahre verpflichtend)
 Danach: drei Schulzüge: MS, RS, Gymn
 Abschlüsse:
- MS: MS-A, QA, Mittlerer Schulabschluss (M-Zug)
- RS: Mittlerer Schulabschluss/Mittlere Reife
- Gymn: Mittlerer Schulabschluss nach 10. Klasse; Allgemeine Hochschulreife (Abitur)

 Vor/Nachteile Mehrgliedrigkeit
+ -
- unterschiedliche Lernanforderungen - belastender Selektionsdruck
- Laufbahnperspektiven klar/transparent - soziales Ungleichgewicht
- relativ homogene Gruppen  Lern- und - fehlende schulartenübergreifende Kontakte
leistungsmotivierend und fördernd  mangelnde Sozialerfahrungen und soziale
Integration
- Vielfalt im Bildungsangebot trotzdem - kognitive Leistungsfähigkeit als
Durchlässigkeit vorrangiges Schülermerkmal
- Flexibilität ermöglicht Reaktion auf - Selektionsfunktion auch im Bewusstsein
Veränderungen der Gesellschaft der SuS im Vordergrund
- in Sekundarstufe I  größere Profilierung - Absteigen in andere Schulformen
durch Konkurrenz zu anderen Schulformen produziert Versager
- Inklusion wird erschwert

3.3.2 Besonderheit 2: Mittelschulen – das Festhalten an der Dreigliedrigkeit


 in anderen Bundesländern: Gesamtschulen  in Bayern nur 5 „Schulen besonderer Art“
 integrierte/kooperative Gesamtschulen (Im Rest von D) = Unterricht in Kurssystemen/ alle
Schularten arbeiten in pädagogischer/organisatorischer Hinsicht zusammen 
Bildungsgänge/Abschlüsse bleiben erhalten
 HS/MS  früher Schule für Mehrheit der Bevölkerung: heute noch 27% der SuS
 durch negativen Ausleseprozess: Zahl der sozial belasteten Kinder steigt:  erschweren
Lernklima/lässt Prestige der Schulen sinken
 bleiben erhalten, weil Bayern an Selektion festhält  alle Leistungsklassen sollen
entsprechende Förderung erhalten + Bayern = Flächenland: vielfältige Schullandschaft mit
vielen Schulen im Interesse der Strukturpolitik um Entstehung von Ballungsräumen (auch im
Schulsystem) entgegenzuwirken

3.3.3 Besonderheit 3: Wirtschaftsschulen – Viergliedrigkeit/Vielgliedrigkeit


 bildet Nachwuchskräfte im kaufmännischen Bereich (Berufsfachschule)  neben
allgemeiner Bildung auch vertiefte Grundbildung in Wirtschaft/Verwaltung
 vier-, drei- oder zweistufige Variante
 praxisnahe Pflichtfächer
 geht aus Handelsschule hervor damals: Qualifizierung von Frauen für Industrie
 Heute: Spannungsfeld mit MS und deren M-Zweig  Konkurrenz
 Versuch: „Kooperation Mittelschule und Wirtschaftsschule (2010)“  3-jährige WS nach
MS

3.3.4 Besonderheit 4 – die duale berufliche Ausbildung


 Aufteilung der Ausbildung auf die Lernorte Betrieb und Schule  Lehrpläne:
berufspraktischer Unterricht, berufstheoretischer Unterricht, allgemeinbildender Unterricht
 Vor/Nachteile
+ -
Ausbildung praxisorientiert Merkt deckt nicht immer Nachfrage
Umsetzung von schulischem Lernstoff Ausbildung ist qualitativ und quantitativ
abhängig von Bereitschaft der Betriebe
Übergang von Ausbildung in Beruf Ausbildungsangebot abhängig von
erleichtert Konjunktur
Wechsel der Lernorte begünstigen Kooperationsdefizite zwischen Betrieben und
Motivation Lehrern können erschweren
Abwechslung der Lernorte  praxisnaher Schwierigkeit der passgenauen Umsetzung
Unterricht theoretischer Lerninhalte
Vergütung Wirtschaftliche und gesellschaftliche
Produktive Arbeit kostensenkend auf Veränderungen, die sich auf die Ausbildung
Betriebe auswirken, werden in Betrieb und Schule in
klare Berufsbilder/einheitlicher unterschiedlicher Geschwindigkeit umgesetzt
Ausbildungsstand

3.3.5 Inklusion als aktuelle Herausforderung für das bayerische Schulsystem


 seit 2009: UN-Behindertenrechts-Konvention: Chancengleichheit von Menschen mit
Behinderung
 Inklusion im Schulwesen  in bayern werden unterschiedliche Auswirkungen auf das
Schulsystem verhandelt, die von Erhalt der FöS bis zur Auflösung reichen
3.4 Theorien der Schule
3.4.1 Theorie der Schule nach Helmut Fend
3.4.2 Theorieverständnis

3.4.3 Grundgedanke der Schultheorie


 Bildungswesen als institutioneller Akteur der Menschenbildung
 Fend stützt sich auf Systemtheorie (Makro- und mikrostrukturelle Systeme)
 Bildungssysteme sind institutionelle Akteure, die im Auftrag externer Akteure handeln und
über Lehren und Lernen als wünschenswert definierte psychische Dispositionen der
nachwachsenden Generation erzeugen“
 Akteure leisten: Humangestaltung, Seelenarbeit, Menschenbildung; Förderung von
Wissen, Kompetenzen, Ressourcen und Werten
 Was die Lehrer in den Bildungsaufträgen erhalten müssen sie den Lernenden „übersetzen“
und in reale Situationen einbetten
 Bildungswirklichkeit ist eine vom Menschen gestaltete Wirklichkeit  man braucht
passende Gestaltungsfaktoren/Instrumente für die weitere Gestaltung des Bildungswesens

3.4.4 Funktion von Schule


 Unterscheidung in gesellschaftliche Funktionen und individuelle Funktionen (stehen in
Wechselwirkung)

- Enkulturationsfunktion: Reproduktion kultureller Systeme: Sprache, Schrift,


Wertorientierung durch Religionen, Schriftlichkeit, Bildungswesen  kulturelle
Teilhabe/kulturelle Identität
- Qualifikationsfunktion: Erzeugung eines Humankapitals  Berufsfähigkeit für
qualifizierte Arbeitskräfte
- Allokationsfunktion: Möglichkeit beruflich aufzusteigen durch eigene Lernanstrengung
und durch schulische Leistung
- Legitimation und Integration: reflektierte Teilnahme und Zugehörigkeit fördern

3.4.5 Zusammenfassung
 Schule = soziokulturelles Phänomen
 Schulsysteme: gesellschaftlich kontrollierte Institutionen  durch Sozialisation bedingt
 Fend ermittelt interdisziplinär und methodenpluralistisch deren Erscheinungsformen,
Entstehungsbedingungen und Folgen

3.5 Schulentwicklung
3.5.1 Was ist ein Schulentwicklungsprogramm?
 in einem SEP bündelt die Schule die kurz-, und mittelfristigen Entwicklungsziele und
Maßnahmen einer Schulgemeinschaft unter Berücksichtigung der Zielvereinbarungen gemäß
Artikel 111 Abs. 1 Satz 2 und Art. 113c Abs.4; dieses überprüft sie regelmäßig und
aktualisiert es, soweit erforderlich
 Programm für die schulische Qualitätsentwicklung und Qualitätssicherung im Dialog mit
der Schulaufsicht
 vor Hintergrund des Schulprofils erkennt die Schule mögliche Handlungsfelder für die
Schulentwicklungsarbeit  Ergebnisse aus drei Feldern:
- interne Evaluation (interne Schwerpunktsetzungen)
- externe Evaluation (Zielvereinbarungen mit der Schulaufsicht)
- bildungspolitische Vorgaben und Schwerpunktsetzungen
 daraus entwickelt die Schule kurz- und mittelfristige Entwicklungsziele und fasst diese in
Zieltableau zusammen
 auf Basis des Tableaus und nach einer Priorisierung: Maßnahmen zur operativen
Umsetzung und entsprechende Indikatoren zur Überprüfung der Zielerreichung werden
entwickelt (Zielvereinbarungen mit Schulaufsicht werden berücksichtigt)
 Danach: Vorlegen vor Gremien (z.B. Elternbeirat) und gemeinsames und einvernehmliches
Verabschieden
 Liegt dann der weiteren schulischen Qualitätsarbeit zugrunde

 Maßnahmen werden schrittweise umgesetzt + regelmäßig überprüft, inwiefern Ziele


erreicht  dementsprechend: evtl. neue Prioritäten/Anpassung
 somit: dynamischer Charakter

3.5.2 Wer ist an der Schulentwicklungsarbeit beteiligt


- Schulleitung: Initiierung und steuert den gesamten Prozess
- Kollegium: konstruktive und aktive Mitwirkung
- Arbeitsgruppe (z.B. Schulentwicklungsgruppe): Koordination der einzelnen
Arbeitsschritte
- Schulaufsicht: Berater im gesamten Prozess; Partner bei Erstellung und Umsetzung der
Zielvereinbarungen; Unterstützung bei der Fortbildungsplanung, Unterstützung bei der
Implementierung
- Schulforum, Schulgemeinschaft: siehe Artikel 69(4) BayEUG: SEP im Einvernehmen mit
Schulforum
 Arbeit als kontinuierlicher, transparenter, kommunikationsintensiver und
beteiligungsoffener Prozess

3.5.3 Wie entsteht ein SEP?


 Mehrere Etappen
- Akzeptanz schaffen: warum ist das SEP nützlich, welche Vorteile hat es, wie schaffen wir
die Umsetzung?  transparentes Vorgehen der Schulleitung für die Klärung der Fragen +
Verständnis für unterschiedliche Sichtweisen und Einstellungen im Kollegium und bei
den Erziehungspartnern; regelmäßige Information während Prozess und bei Umsetzung
- Verantwortlichkeiten definieren: Koordination in Schulentwicklungsgruppe (SE-Gruppe)
legen  kümmern sich um Projektmanagement + koordiniert Gesamtprozess
 bedarf einer klaren Aufgaben- und Kompetenzbeschreibung  Arbeitsweise muss
transparent sein
 weiter wichtig: klare Definition von Rollen/Zuständigkeiten; Rechtzeitige Einladung
mit Tagesordnung, Einhaltung der geplanten Sitzungszeit, Dokumentation konkreter
Verantwortlichkeiten und verbindlicher termingebundener Aufgaben am Ende jeder
Sitzung; verlässliche/zeitnahe Information des Kollegiums/Schulforums, Enge
Zusammenarbeit und Abstimmung mit Schulleitung
- Handlungsfelder identifizieren: innerhalb der in der Schule vorhandenen Strukturen
- Standortfaktoren erkennen und transparent machen: spezifische Stärken/Schwächen,
Herausforderungen und potenzielle Handlungsfelder einer Schule herausfinden  Wissen
über Schulprofil (was charakterisiert unsere Schule?)
- Handlungsfelder identifizieren und priorisieren: Fokussierung auf ausgewählte Themen
und deren Priorisierung  Entscheiden mittels Fragebögen  Auswahl einer
überschaubaren Anzahl von Arbeitsfeldern  Weniger ist mehr
- Ziele finden und formulieren: in Zieltableau: akzeptierte, klare und realistische Ziele 
verabschiedet von schulinternem Abstimmungsprozess  Zieltableau: Überblick über
Inhalt und Umsetzungszeitraum; Formulierung der Ziele: SMART-Regeln:
 spezifisch-konkret
 messbar
 aktionsorientiert
 realistisch
 terminiert
- Maßnahmen und Indikatoren festlegen: angelegt an die Ziele: geeignete Maßnahmen; für
jede Maßnahme geeignete Indikatoren für die Überprüfung, ob Ziel erreicht
- Verabschiedung: im Einvernehmen mit Schulforum  SEP wird zu einer verbindlichen
Qualitätsvereinbarung
 Beschluss in Konferenz vorstellen (Kollegium, Vertreter der Schulgemeinschaft etc.)
 Kommunizieren des SEP innerhalb der Schulgemeinschaft  Jahresbericht o.a.

3.6 Schulqualität: PISA und Co.


3.6.1 Problemlage – warum kann es nicht so bleiben, wie es ist
Bayern  eine der Spitzenpositionen Deutschlandweit
 trotzdem: Anpassung an verändernde Anforderungen in Wirtschaft  Niveau der
Leistungen und Abschlüsse erhalten/steigern
 dafür: Weiterentwicklung des Bildungswesens  Schul- und Unterrichtsentwicklung ist
Voraussetzung

3.6.2 Qualitätsentwicklung und Qualitätssicherung – zwei Seiten einer Medaille


 systematische, zielorientierte und ressourcensparende Maßnahmenplanung setzt
Kenntnisse über aktuelle Situation voraus: gilt für einzelne Lehrer als auch für Schule
 Weiterentwicklung des gesamten Schulwesens
 Qualitätssicherung: Summe aller Maßnahmen, mit denen die Qualität von
Bildungsprozessen und ihrer Ergebnisse festgestellt sind
 Qualitätsentwicklung: alle Maßnahmen zur Weiterentwicklung der Qualität
 ohne Qualitätssicherung keine Qualitätsentwicklung
 Kreislauf: Bestandsaufnahme – Zielklärung – Festlegen von Indikatoren zur Überprüfung
– Planung der Maßnahmen (orientiert an Ziele/Indikatoren) – Durchführung der Maßnahmen
– Überprüfung der Ziele – evtl. neuer Beginn durch Klärung neuer Ziele bei nichterreichen

3.6.3 Qualitätssicherung: Was wird gemacht?


- regelmäßige Schulleistungsuntersuchungen  Deutschland im internationalen Vgl.
- Ländervergleiche zur Überprüfung des Erreichens der Bildungsstandards
- Bildungsberichterstattung: Daten/Info zu Rahmenbedingungen, Prozessen, Ergebnissen
von Bildungsmaßnahmen sammeln/analysieren: „Bildungsbericht Bayern“
- Jährliche zentrale Orientierungsarbeiten/Jahrgangsstufentests orientiert an
Bildungsstandards  Einordnung der Klasse/Schule im größeren Maßstab 
innerschulischer, regionaler, landesweiter Vergleich
- Externe Evaluation durch Evaluationsteams (Pflicht) und interne Evaluation  basieren
auf bayerischen Qualitätstableau  Kernmerkmale einer guten Schule
 Auftrag: Qualitätsagentur am Staatsinstitut für Schulqualität und Bildungsforschung

3.6.4 Datengestützte Qualitätsentwicklung beruht auf Vergleichen


 Sichtung/Analyse der Daten; Daten in Beziehung setzen zu eigenen/vorgegebenen
Erwartungen und Ansprüchen (kriterialer Vergleich), zu früheren Befunden (idiographischer
Vergleich), zu den Ergebnissen vergleichbarer Gruppen (sozialer Vergleich)

3.7 Aktuelle Fragen


3.7.1 missverstandene Bildungsgerechtigkeit
 Bildungsgerechtigkeit: nicht jedes Kind soll das gleiche Bildungsangebot bekommen,
sondern jedes Kind ein Bildungsangebot angepasst auf seine individuellen Fähigkeiten und
Voraussetzungen
3.7.2 Inklusion – eine Utopie?
 ist das in der Praxis möglich? Diskussion: es fehlt an Ausstattung; Fachpersonal,
Lehrkräften
 Inklusion wegen fehlender Ressourcen ablehnen: Falsch: Antwort: Struktur und
Professionalität muss zusammenwirken: Ort der Inklusion ist die Interaktion zwischen
Menschen

3.7.3 Wie alles begann


2009: Unterzeichnung der Rechte von Menschen mit Behinderung (Generalversammlung der
Vereinten Nationen)  Damit: Menschenrechte, Teilhaberechte, Grundfreiheiten ohne
Diskriminierung ohne Barrieren/Segregation geschaffen
 Freiwilligkeit schulischer Inklusion beendet
 nicht der Lernende muss sich anpassen  das Bildungssystem muss auf die individuellen
Stärken und Schwächen der SuS reagieren

3.7.4 Was wissen wir über Gelingensbedingungen


 Im Ländervergleich: Deutsche Lehrer haben negativere Einstellung zu Inklusion 
bestimmt die Weise unterrichtlichen Handelns von Lehrkräften  wichtiger, als das was die
Lehrkräfte machen, ist wie und warum sie es machen

3.7.5 Das Ende der Förderschule?


 Sonderpädagogen haben Thema Inklusion eingebracht + sind stärkste Befürworter 
trotzdem: Vorwurf, dass sie Inklusion entgegen stehen: Vorwurf der Exklusion
 Vorschnelle Abschaffung (Von UN-Behindertenrechtskonvention nicht gefordert)
überschnell und würde nicht zu Inklusion beitragen
 FöS haben ihre Berechtigung: Menschen sind nicht alle gleich  alle SuS von FöS an
anderen Schulen: macht pädagogisch keinen Sinn

3.7.6 Mit Haltung Halt geben


 Durch Inklusion: Transformationsprozesse, die Veränderung im Bildungssystem
hervorrufen  hierdurch ändern sich Gegebenheiten in den Klassenzimmern 
Fazit: L brauchen für erfolgreiche Inklusion:
- Kenntnisse behindertenspezifischer Qualifikationen + Unterrichtsgestaltung für
heterogene SuS  fachliches, pädagogisches und didaktisches Wissen/Können
grundlegend
- Haltungen zum Beruf, zur Lehrerrolle zu den Lernenden  Wissen und Können speist
sich in Wollen und Werten  Haltungen
 respektvolle Einstellung gegenüber dem Recht auf Bildung aller Menschen (mit oder
ohne Beeinträchtigung) auf allen Ebenen des Bildungssystems
 Mensch rückt ins Zentrum der Pädagogik; Wohl des Kindes wird Maßstab;

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