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Einführung in Erziehungswissenschaftliches Denken III

Unterrichtsqualität- Wodurch zeichnet sich gute und erfolgreicher Unterricht aus?


Performanz: was in der Klasse geschieht,
-> hat Einfluss auf die Motivation und den Lernerfolg von Schüler*Innen
Aktuelle Studien belegen, dass die Lehrperson als Faktor einen großen Einfluss auf die
Unterrichtsqualität und den Lernerfolg. Hattie Studie gibt an: „Teachers make a difference“
Die Schule, in die ein Schüler geht, hat einen geringen Einfluss auf den Lernerfolg und die
Unterrichtsqualität. Vielmehr hat die Klasse und die Lehrerauswahl einen Einfluss.

Was ist Lernen?


Ein Sammelbegriff für eine Vielzahl von Prozessen, die es Menschen ermöglichen, die in
ihrem Lebensumfeld gestellten Anforderungen immer besser zu bewältigen. Es besteht aus
der Gesamtheit de Prozesse der Aufnahme, der Kodierung und der Speicherung von
Informationen

Was ist Lehren?


Als Lehren wird das didaktisch geplante Handeln einer Lehrperson verstanden, dass zu
einem Wissens- und Könnens-Erwerb von Schülern führt.

Definition 1: Unterricht
Nach Terhart ist Unterrichten ein Vorgang, in dem ein Lehrer, den der Versuch unternimmt,
die Erweiterung des gegebenen Wissens und der gegebenen Kenntnisse von Schülern
hervorzurufen. Von Unterricht wird nur gesprochen, bei Situationen:
1) mit pädagogischer Absicht
2) In planmäßiger Weise
3) innerhalb eines institutionellen Rahmens
4) Wenn durch Lehrer eine Erweiterung des Wissens- und Fähigkeitsstandes angestrebt wird
Definition 2: Unterricht:
Unterricht ist eine Form systematischen pädagogischen Handelns, die darauf abzielt,
Lernenden ein Verständnis von Lerninhalten („Gegenständen“) zu vermitteln, damit
zugleich in unterschiedliche (fachliche) Modi des Denkens und Handelns einzuführen, den
Erwerb fachlicher und fächerübergreifender Kompetenzen zu fördern und Bildung – als
Aneignung von Kultur und als Entfaltung einer mündigen Persönlichkeit – zu ermöglichen.
Von anderen Formen der Erziehung hebt sich Unterricht ab durch seinen institutionellen
Kontext, durch die Professionalität der Erziehenden, durch spezifische, häufig ritualisierte
Handlungs- und Interaktionsformen und nicht zuletzt durch seinen Gegenstandsbezug

Definition von Unterrichtsqualität:


Die gängigste Definition des Begriffs Unterrichtsqualität stammt von Weinert, Schrader und
Helmke, die darunter jedes stabile Muster instruktionalen Verhaltens verstehen, das als
Ganzes oder durch einzelne Komponenten eine bedeutsame Vorhersage und/oder
Erklärung schulischer Leistung erlaubt. (1988) -> Kritik: geht stark auf die Schülerleistung
Unterrichtsqualität wird hier also verstanden als Gesamtheit der empirisch beobachtbaren
Merkmale des Unterrichtsgeschehens, die nachweislich mit einer Entwicklung der
Lernenden im Sinne der Realisierung von Bildungs- und Erziehungszielen einhergehen.
(2019)

Das Angebot-Nutzungs-Modell:
Das Modell stellt systematisch dar, welche Aspekte einen Einfluss auf die Leistungen der
Lernenden nehmen. Es gibt auch an, wie Motivation und Emotionen von Schülern zustande
kommen können. Innerhalb dieses Wirkungsgeflechts von Einflussfaktoren, stellt der
Unterricht ein Angebot dar, das von den Lernenden – in Abhängigkeit von ihren
Voraussetzungen – unterschiedlich wahrgenommen und genutzt wird. Lehrer und ihr
Angebot haben einen Einfluss auf das, was Schüler nutzen. Schüler haben einen Einfluss
darauf, was Lehrer anbieten. (Wechselwirkung)

Leistung von Schüler*Innen hängt


von sehr vielen Faktoren ab.
Die Leistungen der Lehrpersonen
sind als Angebot zu verstehen. Wie
sie mit diesem Angebot umgehen,
hängt davon ab wie sie es nutzen.
Die Nutzungsbereitschaft der
Schüler*Innen hängt auch von vielen
Faktoren ab:
Sozio-ökonomischer Hintergrund,
Motivation, Intelligenz, Klassenlima,

Merkmale guten Unterrichts
Schon seit Jahrzenten wird versucht, festzustellen welche Merkmale einen guten und
qualitätvollen Unterricht ausmachen. Beispiele:

Sichtstrukturen vs. Tiefenstrukturen:


Sichtstrukturen: Methodische Unterrichtselemente
-> alles was bei der Beobachtung des Unterrichts wahrnehmbar ist:
Methodenvielfalt, Öffnung des Unterrichts, Schülerzentrierung Klassengröße,…
Tiefenstrukturen: Betreffen den Lehr-Lernprozess
-> nicht direkt beobachtbar, höherer Zusammenhang mit Lernerfolg als Sichtstrukturen
Qualität der Lehrer-Schüler Beziehung, Aufgabenqualität, Klassenführung, …

Die Hattie-Studie 2009:


Das Ziel war es, zu versuchen, verschiedene Unterrichtsmerkmale und ihren Effekt auf die
Leistungen der Schüler sichtbar zu machen.
Ergebnis: Tiefenstrukturelle Merkmale haben eine deutlich stärkeren Effekt.

Kritik: zu sehr auf Leistungen fokussiert

3 generisch Basisdimensionen von Unterrichtsqualität:


generisch: universal wichtig für jedes Unterrichtsfach
Im Rahmen der TIMS-Videostudie wurde eine Reihe von Einzelmerkmalen in den
Unterrichtsstunden beobachtet und anschließend mithilfe von Faktorenanalysen verdichtet.
Bei Faktorenanalysen werden Einzelmerkmale rechnerisch zu einem Faktor
zusammengefasst. Dabei wurde auf drei Faktoren geschlossen, die wichtig sind:
Kognitive Aktivierung, gute Klassenführung & unterstützendes Unterrichtsklima
Wenn all diese Faktoren ineinanderfließen, fördert dies Unterrichtsqualität
1. Kognitive Aktivierung:
angemessen schwierige Aufgaben sollen die Verarbeitungstiefe und das Denken anregen
2. Gute Klassenführung:
sorgt für weniger Störung und resultiert in mehr Zeit, die für das Lösen von Aufgaben zu
Verfügung steht -> mehr Motivation & bessere Leistungen
3. Unterstützendes Unterrichtsklima:
fördert die Motivation durch das Erfüllen der
drei Grundbedürfnisse (Autonomie, Kompetenz und soziale Einbettung der Schüler)
Ebenfalls wichtig: fachlich-inhaltliche Qualität des Unterrichts

Je höher die Zahl zwischen 0 & 1 desto fördernder für den Unterricht

1. Kognitive Aktivierung:
eng verbunden mit inhaltlicher und struktureller Klarheit
Lernende werden zu einem vertieften Nachdenken und zur Elaboration angeregt.
Muss abgegrenzt werden von aktivierende Methoden, wie z.B. Gruppenarbeit
(Diese sind Sichtstruktur und nicht Tiefenstruktur)
Möglichkeiten zur Förderung der kognitiven Aktivierung:
 Anspruchsvolle Problemlöseaufgaben und Fragen ->Auslösen von kognitiven Konflikten
 Aufgreifen von Schülermeinungen, -ansichten &-lösungen
 Anregungen zum Vergleichen, Analysieren
 Hilfestellung gibt Anregung; nimmt aber nicht zu viel vorweg
 Einfordern von Schülerbegründungen
 Bearbeitungswege/Vorgehensweisen vergleichen

2. Effektive Klassenführung:
Eine effektive Klassenführung sorgt für einen zügigen und gut organisierten & strukturierten
Stundenablauf, indem die Lehrperson die Geschehnisse im Klassenzimmer überblickt und
auftretende Störungen effektiv begegnet
Wird befürwortet durch:
 Angemessene Disziplinierung bei Störungen, Allgegenwärtigkeit, überlappender
Unterricht, Abwechslungsreichtum, Herausforderungen, …
 Proaktives & reaktives Classroom-Management
Bei Störungen des Unterrichts ist es wichtig:
„den Ball flach zu halten“ um den Unterrichtsfluss aufrecht zu erhalten

3. Unterstützendes Unterrichtsklima (= konstruktive Unterstützung)


Definitionen:
 Eder (2006)
(1) emotionale Grundtönung und Qualität der Beziehungen
(2) Grundorientierungen und Werthaltungen (Schulkultur)
(3) subjektiv wahrgenommene Lernumwelt und Erleben in der Klasse

 Gruehn (2000)
humorvolle Lernatmosphäre, Anerkennung, Fürsorglichkeit/Herzlichkeit/Wärme,
Einsatz von Lob und Ermutigung; sachlich konstruktive Rückmeldungen

 COACTIV-Studie gibt an, dass die Lernumgebung abhängig von:


Haltungen, Wertorientierungen und Interesse der Lehrperson an den Schülern ist
Drei Grundbedürfnisse werden in solch einer Lernumgebung besser erfüllt:
Autonomie, Kompetenz, Soziale Eingebundenheit
Auch sehr wichtig scheinen: fachdidaktisches Wissen und pädagogisches Wissen zu sein

Feedback, Inhaltliche Klarheit & Üben


Diese 3 Faktoren sind ebenfalls wichtig, um Unterrichtsqualität fördern können:
Feedback:
(setzt sich aus Kognitiver Aktivierung & unterstützendem Unterrichtsklima zusammen)
Gutes Feedback soll auf 3 Fragen eine Antwort liefern können:
1. Was ist mein Ziel? Wo will ich hin? -> Feed-Up
2. Wie komme ich voran? Was habe ich schon erreicht -> Feed-Back
3. Was sind die nächsten Schritte -> Fed-Forward

Inhaltliche Klarheit:
Unterricht, der das Verstehen der Schüler fördern soll, muss durch eine möglichst hohe
Klarheit gekennzeichnet sein. Helmke gibt dabei Vier Komponenten an:
 akustische Klarheit (Verstehbarkeit)
 sprachliche Klarheit (Prägnanz)
 inhaltliche Klarheit (Kohärenz)
 fachliche Klarheit (Korrektheit

In einem inhaltlich klaren Unterricht erläutert die Lehrperson die Sachverhalte verständlich
und nutzt dazu sinnvolle Veranschaulichungen und unterschiedliche, angemessene
Repräsentationen. Wichtige Aspekte, Konzepte und Kernideen des Unterrichtsinhalts
werden ausführlich im Unterricht behandelt und hervorgehoben, weniger wichtige Aspekte
werden weggelassen oder kommen nur kurz vor. Insbesondere schwierige Aspekte werden
wiederholt thematisiert und bei auftauchenden Verständnisschwierigkeiten unter
Verwendung von variantenreichen Beispielen erläutert, um den inhaltlichen Kern
herauszuarbeiten.

Dies lässt sich durch die Cognitive-Load Theorie erklären. Sie besagt in vereinfachter Form,
dass die Kapazität des Arbeitsgedächtnisses begrenzt ist und das Lernen daher erleichtert,
werden kann, wenn bedeutsame Aspekte betont und irrelevante Informationen weggelassen
werden. Es gibt 3 Arten von Cognitive Load: (siehe Bild)

Üben:
Das Üben, das Training und die Automatisierung von Fähigkeiten und Informationen ist
sehr wichtig. Damit Wissensbausteine und Kompetenzen dauerhaft zur Verfügung stehen
und ohne großen kognitiven Aufwand abgerufen bzw. angewandt werden können, spielen
Übungsprozesse in schulischen Kontexten eine wichtige Rolle.
Durch Üben können nicht nur prozedurale Fertigkeiten gefördert werden, es kann auch das
konzeptuelles Verständnis gesteigert werden.
Möglichkeiten um Erfolgreich Üben zu können:
- verteiltes Üben, bei dem die Übungsinhalte auf einen längeren Zeitraum verteilt werden
- verschiedene Wissensbereiche sollen beim Üben miteinander verschachtelt werden
- es effektiver ist, nach einer Erarbeitungsphase sein Wissen (selbst) zu testen als die Inhalte
noch einmal durchzuarbeiten und zu wiederholen
- Übungsaufgaben sollen Herausfordernd sein, und Variation beinhalten

Zusammenfassung: Wichtig für die Unterrichtsqualität sind:


 eine fachlich korrekte, kohärente und begrifflich gut strukturierte Auswahl und
Aufbereitung von Unterrichtsinhalten
 Unterricht ist nicht denkbar und kann vor allem nicht systematisch trainiert werden ohne
gut bewährte Unterrichtsmethoden, die flexibel eingesetzt werden. z.B.:
Scaffolding explizites Lehren von Strategien, Formen des strukturierten kooperativen
Lernens, lernbegleitende Diagnostik und Feedback
 Unterrichtqualität entscheidet sich aber letztlich daran, WIE Inhalte und Methoden im
Unterricht ausgewählt, sequenziert und umgesetzt werden. Die „Orchestrierung“ dieser
Komponenten ist eine hoch komplexe Tätigkeit, deren Qualität im Kern von den
generischen Grunddimensionen bestimmt wird: Klassenführung, Konstruktive
Unterstützung und Kognitive Aktivierung.

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