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Einführung in die pädagogische Psychologie

VL 1 – Lernen I
Anforderungen an Lehrkräfte
• Lehrkräfte sind Fachleute für Lehren und Lernen
• üben Erziehungsaufgaben in Zusammenarbeit mit Eltern aus
• üben Beurteilungs- und Beratungsaufgaben aus
• entwickeln ihre Kompetenzen ständig weiter
• beteiligen sich an der Schulentwicklung

Was ist pädagogische Psychologie?


Untersucht Voraussetzungen, Prozesse, Ergebnisse von Bildung & Erziehung auf Grundlage von psychologischen Theorien & Methoden → Fragen des Lehren &
Lernens, Lernen in unterschiedlichen Lernumgebungen & Einfluss der pädagogischen Maßnahmen auf die individuelle Entwicklung (empirische Wissenschaft →
Erkenntnisgewinn aus theoriegeleiteten Beobachtungen); untersucht psychologische Seite von Bildungsprozessen
Welche Faktoren spielen bei Bildungsprozessen eine Rolle? Angebot-Nutzungsmodell als Orientierungshilfe (Helmke 2003)
Zentrale Aussagen des Modells
- Wirkung ist davon abhängig, wie intensiv & wie gut zur Verfügung stehende Lerngelegenheiten genutzt werden → ist von Potenzial der Lernenden
abhängig (z.B. Vorwissen, kognitive Fähigkeiten, Motivation, Ausdauer etc.)
- Qualität des Lernangebots & Lernmaterialien, Vermittlungsprozesse im Unterricht
Lernen
Ziel pädagogischen Handelns sind Veränderungen
• Förderung von Fertigkeiten oder Kompetenzen
• Unterstützung sozialer, motivationaler und emotionaler Entwicklung
→ dauerhafte Veränderungsprozesse = Lernprozesse (klassischer Wissenserwerb & beobachtbare Verhaltensregeln)
Lernen = überdauernde Änderung im Verhaltenspotenzial als Folge von Erfahrung
➢ Dauerhafte Veränderung im Verhalten, Wissen, Einstellungen
➢ Erfordert speichernde Instanz
➢ Erfahrung kann selbsterlebt oder wahrgenommen sein
➢ Es erfolgt beabsichtigt oder unbeabsichtigt
➢ Muss nicht direkt beobachtbar sein
➢ Angeborenes Potential
Lernprozesse können absichtlich oder nebenbei (Herdplatte nicht anfassen, wenn sie heiß ist) erfolgen
Menschen verändern sich aufgrund von Reifungsprozessen oder Lernprozessen
Perspektiven
1. Behavioristisch: Lernen als Aufbau von Assoziationen
a. Klassisches Konditionieren
b. Operantes Konditionieren
2. Sozial-kognitiv: Beobachtungslernen
3. Informationsverarbeitung: Aufbau von Wissensstrukturen

1a → klassisches Konditionieren (reaktive Reiz-Reaktions-Verbindungen)


Pawlow: untersuchten Hunde schon Speichelfluss – eine Reaktion auf die Darbietung von Futter – zeigten, bevor überhaupt Futter für die Tiere zu sehen war.
Allein der Anblick des Versuchsleiters, der ihnen das Futter sonst brachte, erzeugte schon den Speichelfluss. Die Tiere hatten gelernt: Versuchsleiter = Futter.
Daher speichelten sie schon, wenn sie nur den Versuchsleiter sahen.
Ein biologisch signifikanter Reiz/Stimulus (Futter) löst eine reflexhafte (unkonditionierte) Reaktion (Speicheln) aus.
Ein neutraler Reiz, z.B. der Versuchsleiter oder ein Klingelton wird mit dem biologisch signifikanten Reiz verbunden (assoziiert).
Durch Lernen löst der neutrale Reiz allein den Reflex aus. Der Reflex wird zur bedingten (konditionierten) Reaktion.
Wichtig sind:
- neutraler und unkonditionierter Stimulus müssen in zeitlicher oder räumlicher Nähe gegeben werden (Glocke unmittelbar vor Futter)
- Die beiden Reize müssen in hoher Zahl gemeinsam präsentiert werden
Prinzipien:
• Bekräftigung durch Wiederholung
• Löschung = Aufhebung des konditionierter Stimulus (CS) - unkonditionierter Stimulus (UCS)-Paarung führt allmählich zum Ausbleiben der
konditionierte Reaktion (CR)
• Spontane Erholung = CS-CR-Verbindung kann nach längerer Pause spontan wieder auftreten
• Ersparnis = Wiederlernen nach Löschung benötigt weniger Durchgänge als erstes Lernen
• Reiz-Generalisierung (auf ähnliche Reize, z.B. Pfeifton)
• Emotional-motivationale Reaktionen oft nicht leicht löschbar (z.B. Angst und Furcht)
• Gegenkonditionierung: Systematische Desensibilisierung = eine langsame, schrittweise Annäherung an den Reiz. z.B in Therapie
Versuch: Albert (weiße Ratte mit lautem Geräusch = Furcht & Schrecken → seine Furcht hat sich auch auf andere Tiere übertragen (Stimulusgeneralisierung)

Durch das Prinzip des Klassischen Konditionierens können gelernte,


unwillkürliche Reaktionen gut erklärt werden (Speichelfluss, Ekel, Angst).
Angewendet werden die Prinzipien aber auch
- in der Werbung: Produkt wird mit Reiz (attraktive Menschen, Urlaub)
verbunden, der positive Emotionen auslöst
- Oder in der Verhaltenstherapie: Im Zentrum steht „therapeutisches
Lernen“; meist werden ungünstige Lernerfahrungen durch
Gegenmaßnahmen aufgehoben (Desensibilisierung)
Auch in der Schule und Erziehungskontexten findet Klassisches Konditionieren
statt. Z.B. kann die Angst vor der Schule oder bestimmten Lehrkräften so gelernt
werden.

1b) operantes Konditionieren (assoziatives Lernen)


Verhalten wird durch erlebten bzw. erwarteten Konsequenzen verändert & nicht durch die Darbietung zweier Reize → Veränderung des Verhaltens durch Lob
oder Tadel
• Spontanes Verhalten wirkt auf die Umwelt und ruft dort bestimmte Konsequenzen hervor
• Die Auftretenswahrscheinlichkeit eines Verhaltens ändert sich als Funktion der nachfolgenden Reaktion
• Operantes Konditionieren: Beziehung zwischen Verhalten und Konsequenz
Burrhus F. Skinner (1904-1990): Skinner Box: auf Suchtverhalten erfolgt Konsequenz (Lernen durch trial & error) → In der Skinner Box befanden sich Ratten.
Diese Ratten konnten in der Box einen Hebel drücken (= Verhalten), woraufhin sie Futter (= Konsequenz) erhielten. Die Ratten lernten, dass es einen
Zusammenhang gab, zwischen dem Drücken des Hebels (= Verhalten) und der Futtergabe (= angenehme Konsequenz).
4 Arten von Konsequenzen

1)Es kann eine angenehme Konsequenz auf ein Verhalten folgen: Lob, ein
Lächeln, ein Geschenk, Aufmerksamkeit….Wichtig: Es muss von der
empfangenden Person wirklich als angenehm empfunden werden. Dies erhöht
die Wahrscheinlichkeit, dass das entsprechende Verhalten öfters gezeigt wird.
2)Es erfolgt eine unangenehme Konsequenz. Es wird geschimpft, eine Extra-
Arbeit muss gemacht werden…Dies verringert, zumindest theoretisch, die
Auftretenshäufigkeit eines Verhaltens.
3) Auf ein Verhalten folgt als Konsequenz, dass etwas Angenehmes entzogen
wird, z.B. eine Verabredung, Medienzeit, ein Ausflug.
4) Etwas Unangenehmes wird als Konsequenz eines Verhaltens weggenommen,
z.B. ein Geräusch nach dem Anschnallen…
Verstärker(pläne)
Verstärker = Konsequenz, die Häufigkeit eines Verhaltens erhöhen
- Können materiell, sozial, aktivitätsbezogen, informativ sein
- Wirkung, nur wenn Verstärker motivationsäquivalent sind (Wenn jemand z.B. satt ist, wird der Verstärke „Eis essen gehen“ nicht besonders
wirksam sein – der Verstärker passt dann nicht zu den momentanen Bedürfnissen. Auch ein gut gemeintes Lob der Lehrkraft, muss nicht als
positiv vom Schüler aufgenommen werden, wenn z.B. ein Vergleich zu anderen Schüler/innen dabei ist, womit der/die gelobte Schüler/in
sich nicht wohlfühlt. Auch bei negativen Verstärkern gilt das: Wenn ein Tadel der Lehrkraft dazu führt, dass Schüler/in Anerkennung von
den Mitschüler/innen erhält und dies als positiv empfindet, dann war der Verstärker nicht motivationsäquivalent.)
Verstärkerpläne = Wie werden Verstärker dargeboten?
1. Kontinuierlich: immer, wenn gewünschtes Verhalten gezeigt wird → in Anfangsphase sinnvoll, rasches Lernen, aber auch rasche Lösung
2. Intermittierend: es wird nach jedem Verhalten verstärkt
→ Für die Darbietung von Verstärkern gilt:
- In der Aufbauphase von wünschenswertem Verhalten sollte jedes Verhalten belohnt werden.
- Anschließend kann auch unregelmäßig verstärkt werden, was sehr wirkungsvoll sein kann. Im Positiven wie im Negativen: Ein Kind, das ab und zu
Erfolg hat mit seiner Bitte nach Süßigkeiten an der Supermarktkasse, wird über einen sehr langen Zeitraum nach Süßigkeiten fragen.

Bestrafung: Pädagogische Eignung?


Kritik an Pädagogischer Eignung, „Nebenwirkungen“:
• Abneigung und Angst
• Flucht und Vermeidung
• Aggressionen
• Negative Selbstwahrnehmung
• Erlernte Hilflosigkeit (wenn Alternativen fehlen)
→ Belohnung ist wesentlich wirkungsvoller und sollte immer vorgezogen werden! Um positives Verhalten aufzubauen, gibt es viel sinnvolleres als Strafe
anzudrohen oder anzuwenden.
Ich erinnere mich an den Fall eines 13jährigen Schülers, der ein 6. Schuljahr besuchte. Im Durchschnitt blieb dieser Junge etwa jeden dritten Tag unentschuldigt
dem Unterricht fern. Das „normale“ Verhalten der meisten Lehrkräfte dürfte folgendes sein: Kommt der Schüler wieder einmal zum Unterricht, wird er getadelt,
erhält einen Eintrag in das Klassenbuch und muss nachsitzen. Dem operanten Verhalten „Schulbesuch“ folgt also eine ganze Serie von aversiven Konsequenzen.
In dem geschilderten Fall verhielt sich der Lehrer völlig anders. Möglichst jede noch so kleine schulische Leistung (hat einen Teil der Hausaufgaben erledigt)
wurde sofort positiv verstärkt. Nach wenigen Wochen war der Schulbesuch regelmäßig.
Aus Edelmann (2000)

2) sozial-kognitiv: Beobachtungslernen
Das klassische Konditionieren und das operante Konditionieren können das Auftreten vieler Verhaltensweisen erklären. Sie sind - auch auf der Verhaltensebene -
aber nicht die einzigen Lernprinzipien geblieben. Im Zuge der kognitiven Wende der Psychologie gelangten innere kognitive Prozesse in den Fokus
(1960/1970er) des Interesses. Pionierarbeit leistete hier der kanadische Psychologe Albert Bandura in Bezug auf die Bedeutung sozialer Faktoren beim Lernen. Er
entdeckte das sognannte Beobachtungslernen oder Lernen am Modell. Demzufolge lernen wir Menschen insbesondere auch durch die Beobachtung anderer
und müssen nicht alles direkt selbst erfahren. Klassische Ausgangsbeispiele sind z.B. Schwimmen lernen oder giftige Nahrung erkennen etc.“ (aus: Dorsch,
2018). Wir lernen vor allem auch durch die Beobachtung von Eltern, Lehrkräften, Geschwistern und Mitschülern.
Grundannahmen von Bandura:
- Nicht nur die Umwelt direkt, sondern auch die Wahrnehmung der Umwelt ist wichtig
- Lernen kann nicht nur in beobachtbarem Verhalten stattfinden, sondern auch in der Veränderung von Kognition
- Verstärkung muss nicht direkt erfahren werden, kann auch beobachtet werden.
Bobo Puppe → Das Verhalten einer Modellperson wird beobachtet. Durch die Beobachtung wird das Potential für die Ausführung des Verhaltens erworben. Wird
das Modell belohnt, erhöht das die Auftretenshäufigkeit (=stellvertretende Belohnung)
Experiment: Ergebnis
Kinder der Gruppe a) und c) zeigten mehr aggressives Verhalten als Kinder der Gruppe b)
Nachfolgend bekamen alle Belohnung für jede erinnerte Szene. Im Anschluss alle vergleichbar im Verhalten.
Unmittelbare Verstärkung ist nicht unbedingt erforderlich.
Unterscheidung zwischen Aneignung und Ausführung des Verhaltens.
Modelle wirken
▪ wenn sie ähnlich sind,
▪ wenn sie positiv gesehen werden,
▪ wenn das Verhalten der Person machbar erscheint.
Pädagogische Verhaltensmodifikation
Definition: systematische Methode zur Analyse & Behandlung von Problemverhalten in der Schule
Wichtige Komponenten:
a. Verhaltensbeobachtung und Modifikationsplanung
b. Techniken zur Erhöhung der Verhaltensstärke
c. Techniken der Reduzierung von Verhalten
d. Tokensysteme in der Schule
Nur wenn Störverhalten in bestimmter Weise gelernt ist, können Verfahren zum Umlernen eingesetzt werden (mangelnder IQ nicht möglich).
Aufgrund von Verhaltensbeobachtung werden
• Ist-Zustand ermittelt
• Ziele festgelegt
• Verstärker erkannt
• Modifikationstechniken ausgewählt und umgesetzt
• die Modifikation bewertet.
→ Ganz wichtig ist eine systematische (wenn es geht, objektive, d.h. auch durch eine andere Person) Beobachtung des störendenden Verhaltens: Wie häufig ist es
eigentlich, wie oft tritt es auf, wie tritt es auf? Können wir Rückschlüsse auf typische Situationen ziehen.
Wichtig: Ist die Beobachtung vorurteilsfrei? Sind die Normen angemessen, z.B. können die Grundschüler in der ersten Klassen lange ruhig sitzen? Muss es immer
still sein?
Erhöhung der Verhaltensstärke
1) Positive Verstärkung: Vom Schüler ausgeführtes gewünschtes Verhalten wird positiv verstärkt.
2) Selbstregulation: Schüler lernen, ihr Verhalten selbst zu beobachten und zu regulieren, indem Verstärker für angemessenes Verhalten festgelegt
werden.
3) Kontingenzverträge: Übereinkommen zwischen Lehrer und Schüler, demzufolge der Lehrer den Schüler mit einem besonderen Ereignis belohnt, sofern
der Schüler ein bestimmtes Ziel erreicht.

4) Modell-Lernen: Schüler imitieren das Verhalten positiv bewerteter anderer Personen – Mitschüler/Lehrer als Modell
Techniken zur Reduzierung der Verhaltensstärken
1) Löschung, d.h. kontingentes Zurückhalten von Verstärkung für eine ehemals verstärkte Verhaltensweise
2) Kombination mit anderen Techniken
− Positive Verstärker für alternatives Verhalten des Schülers
− Verstärkung alternativen Verhaltens eines Modells
3) Prinzip der Folgekosten = klares Regelwerk
Der Haupteffekt von Löschung ist die allmähliche Reduzierung der Intensität der (ehemals verstärkten) Verhaltensweisen (Beispiel: “Geräuschvolles Melden” von
Schülern soll reduziert werden; Lehrer reagiert durch Nichtbeachtung).
Zu 3) Kosten, die bestimmte Verhaltensweisen haben, müssen klar und transparent sein. Sie dürfen nicht ad hoc in einer Situation eingeführt werden.
Tokensysteme in der Schule
Tokens = generalisierter Verstärker
können Papier-(Spiel-)Geld, Goldsterne, Wertmarken, etc. sein.
Sie haben keinen Wert an sich, sondern ihr Wert besteht in dem, was man mit ihnen eintauschen kann (sekundäre Verstärker).
Tokensysteme haben folgende Vorteile:
a) Tokens erlangen Verstärkerwirkung durch Assoziation mit einer Vielzahl von Verstärkern.
b) Tokens sind ökonomisch einsetzbar.
c) kaum Sättigung
Ich habe ein neues Punktesystem in meiner Klasse eingeführt. Jeder Schüler bekommt pro Tag drei Punkte in Form von Magneten an der Wand. Für jeden
Regelverstoß wird ein Punkt abgezogen. Wenn alle Punkte weg sind, gibt's Zusatzhausaufgaben.
Jeden Tag schreibe ich die verbliebenen Punkte pro Schüler auf eine Karte (für jeden S gibt's eine eigene). Wenn ein Schüler 20 Punkte angesammelt hat, darf er
sich bei einer "Klassenkonferenz" am Freitag (letzte Unterrichtsstunde) aus der Schatzkiste etwas aussuchen.
Bei mir ist die Schatzkiste mit Kleinigkeiten (Nützliches und Firlefanz) gefüllt.
Grundregeln für die Anwendung
1) Regeln für die Vergabe müssen von allen akzeptiert werden, einfach und klar sein
2) Verhalten muss klar beschrieben sein
3) Verstärker müssen für Kinder auch attraktiv sei
4) Nur am Anfang sollte die Möglichkeit bestehen, Token schon nach kurzer Zeit in Primärverstärker umzutauschen. Da die Token mit der Zeit selbst zu
Sekundärverstärkern werden, können später längere Umtausch-Intervalle gewählt werden.
5) Um das System für den Lehrer ökonomischer werden zu lassen, können Gruppenkontingenzen eingeführt werden. Hierbei wird die Schülergruppe als
Einheit betrachtet; es werden entweder alle Gruppenmitglieder verstärkt oder überhaupt kein Mitglied.
6) Anwendbar vor allem bei jüngeren Klassen
Kritik: Kinder dann nur noch bestimmte Verhaltensweisen zeigen, wenn sie eine Verstärkung/Belohnung dafür erwarten.
Aber: Gerade bei jüngeren Kindern ist ein gut überlegtes, transparentes Belohnungssystem wirkungsvoll.
Zusammenfassung
• Lernen als eine dauerhaft Veränderung im Verhalten und/oder Wissen aufgrund von Erfahrung
• Drei zentrale auf das Verhalten konzentrierte Lernprinzipien
− Klassisches Konditionieren: Es wird die Assoziation von zwei Reizen gelernt
− Operantes Konditionieren: die positiven oder negativen Konsequenzen eines bestimmten Verhaltens erhöhen bzw. verringern die
Auftretenswahrscheinlichkeit dieses Verhaltens
− Beobachtungslernen: Verhalten ändert sich auch durch die Beobachtung anderer. Konsequenzen für Verhalten müssen nicht
selbst erlebt werden, auch beobachtete Konsequenzen können das eigene Verhalten ändern
→ Belohnungssystemen in der Schule basieren auf den Prinzipien des Operanten Konditionierens und des Beobachtungslernens

VL 2 - Lernen II
1.Wie funktioniert das
Gedächtnis?
− Sensorischer Speicher
− Arbeitsgedächtnis
− Langzeitgedächtnis
2.Wissenserwerb in der Schule
− Prozesse erfolgreicher Informationsverarbeitung
− Lernstrategien

• Nicht mehr nur beobachtbares Verhalten, sondern um Wissen und Fertigkeiten


• überdauernde Veränderungen implizieren einen Ort der Speicherung
• Gedächtnis als die Fähigkeit Infos zu speichern und abzurufen
Gedächtnisprozesse (3 Prozesse, um Wissen zu speichern & nutzbar zu machen)
1. Enkodierung: Bildung mentaler Repräsentationen
(bilden mentale Repräsentation. Stellen wir uns vor, Sie beschreiben uns, was Sie in den letzten fünf Wochen am meisten vermisst haben. Sie können uns davon
erzählen, Sie können es beschreiben, es malen, etc. Wir würden uns dann eine eigene mentale Vorstellung davon machen, die aber nie ihrer Erfahrung/ihrem
Originalerlebnis entsprechen wird)
2. Speicherung: Aufrechterhaltung der Info
(Informationen teilweise kurzfristig aufrechterhalten (sie wiederholen eine Nummer, die sie sich schnell merken wollen, weil sie nichts zu schreiben haben)
und/oder es werden Informationen aufbereitet und längerfristig abgespeichert. Die längerfristige Speicherung bedarf der Strukturierung einer Information,
Wiederholung und/oder eine gute Anknüpfen an bereits gespeicherte Infos)
3. Abruf: Zugang zu den gespeicherten Infos
(erfolgt oft automatisch (z.B. Wortverständnis), bedarf manchmal Hinweisen und Hilfen.)
Sensorischer Speicher: hier kommen die Informationen von allen Sinnesorgane an,
Gedächtnis: 3 Speicher Modell vermutlich getrennt in visuelle, akustische und haptische Reize. Der Speicher hat eine enorme
Kapazität. Vieles nehmen wir gar nicht bewusst war. Die Reize werden nur
Sekunden/Sekundenbruchteile gehalten. Wenn wir nicht unsere Aufmerksamkeit darauf
richten, gehen Infos auch wieder verloren. Der sensorische Speicher erlaubt die selektive
Wahrnehmung der verschiedenen, fortwährend auf uns einströmenden Reize.
Arbeitsgedächtnis ist der „Ort“, an dem die Infos verarbeitet werden, hier findet das
eigentliche Lernen statt. Das AG sorgt dafür, dass die Reize aus dem sensorischen Speicher so
aufbereitet werden, dass sie geeignet sind für die Speicherung im Langzeitgedächtnis. Die
neuen Infos werden zu Einheiten verkettet und geordnet. Es gibt nur ein großes Problem: die
Verarbeitungskapazität ist begrenzt! Je mehr Inhalte einströmen, desto weniger Platz bleibt
für Assoziation, Organisation und Gruppierung der neuen Infos

Langzeitgedächtnis ist der Ort der „strukturierten Aufbewahrung“. Es hat prinzipiell eine unbegrenzte Kapazität und Haltbarkeit. Man kann sich das
Langzeitgedächtnis wie eine riesige Bibliothek vorstellen, in der das Wissen in Netzwerken gespeichert ist. Dabei wird das LZ noch weiter differenziert nach der
Art der Inhalte, die gespeichert sind. So sind im episodischen Gedächtnis unsere persönlichen Erfahrungen (wo habe ich meine Kindheit verbracht?) gespeichert,
es sind Erlebnisse und Dinge, die wir gesehen und gehört haben. Der semantische Speicher enthält unser (schulisch/akademisch) erlerntes Wissen, die Fakten,
Konzepte und Prinzipien, es wird auch oft als das „was“ des Wissens bezeichnet. Das prozedurale Gedächtnis enthält Wissen über Prozeduren und Fertigkeiten
(z. B. Fahrradfahren), das meistens nicht verbalisiert werden kann. Episodisches und semantisches Gedächtnis werden häufig unter dem Begriff deklaratives
Gedächtnis zusammengefasst, während das prozedurale Gedächtnis nicht deklarativ ist.
→Die Informationen im AG in Wissen umzuwandeln und mit den bisherigen Wissensbeständen im Langzeitgedächtnis zu verknüpfen ist das Ziel jedes
beabsichtigten Lernprozesses.
Prozesse erfolgreicher Infoverarbeitung Selegieren: Infos ausgewählt, Aufmerksamkeit wird ihnen zugewendet → zentrale Aspekte
auswählen
ohne Aufmerksamkeit auf die zentralen Aspekte findet kein Lernen statt.
Interpretieren: Wichtig: für Lernprozesse muss das Vorwissen aktiviert werden, damit die
einkommenden Reize interpretiert werden können – das findet nicht automatisch statt,
sondern muss gelenkt werden.
Damit die Information vom AG ins Langzeitgedächtnis → Prozesse = eigentliche Lernen
Organisieren: Infos müssen organisiert, in Einheiten geteilt werden, sie bekommen eine
Strukturierung (z.B. wichtige Dinge unterstreichen, ein Schaubild erstellen).
Elaborieren: neue Infos werden mit altem Wissen, das bereits im Langzeitgedächtnis ist,
verbunden. Aktivitäten: eigene Bsp. überlegen, Analogien ziehen, etwas in eigene Worte fassen
Stärken: Die Verbindungen im Langzeitgedächtnis müssen gestärkt → Wiederholung & Übung
Generieren: durch Lernen können ganz neue Schemata im Langzeitgedächtnis erworben werden,
wenn deutlich wird, dass das neue Wissen nicht in die vorhandenen Schemata passt.
Modell des Arbeitsgedächtnis (modifiziert nach Baddeley)
Differenziertere Struktur des Arbeitsgedächtnis
→ besteht aus 3 Speichern und einer Steuerung (zentrale Exekutive)
Wichtig: getrennte Verarbeitung von visuell-räumlichen Strukturen
& sprachlichen Strukturen (phonologische Schleife)
Infos, die wir aufnehmen sind in Konkurrenz zueinander -> d.h
wenn sie etwas hören & lesen kann das schlechter verarbeitet
werden als wenn sie etw. hören und ein Bild vor sich haben
Phonologische Schleife = alles was sie hören & lesen → lesen wird
erst umkodiert in etw. akustisches (Umkodierung für Lese-
Rechtschreibschwäche → können sie nur 2 sek. halten und können
das nicht verarbeiten → haben dann schon vergessen, was sie am
Anfang gelesen haben)
Zentrale Exekutive: Steuerungsmechanismus & Aufmerksamkeit
gesteuert →komplexere Lernprozesse, Reaktionstendenzen werden
gehemmt (ADHS → haben da Schwierigkeiten)

Die artikulatorischen/phonologische Schleife ist ein Hilfssystem zur Memorierung phonologischer und verbaler Infos, die gelesen und gehört wurden.
Gesprochenes/Gehörtes geht direkt in die passive Schleife, dort erfolgt die Lautspeicherung. Gelesenes muss phonologisch umkodiert werden. In der phonologischen
Schleife können so viele Infos gehalten werden, wie in einer best. Zeitspanne (1,5–2,0 s) memorierbar sind, d. h. der Umfang ist nicht auf die Gedächtnisspanne von
7 (± 2) Items beschränkt, sondern abhängig von der Aufnahmegeschwindigkeit. Einer der wichtigsten Belege hierfür ist der sog. Wortlängeneffekt (kürzere Wörter
werden besser erinnert als längere). Durch den subvokaler artikulatorischer Kontrollprozess, kann durch eine Art inneres Sprechen erreichen, dass die Infos länger
als 2 Sekunden im phonetischen Speicher bleibt und dass visuell gebotene Information phonetisch umkodiert wird.
Der visuell-räumliche Notizblock ist für die Memorierung von Bildern verantwortlich. Die zentrale Exekutive kontrolliert und integriert die beiden Hilfssysteme,
indem sie Informationen und Aufmerksamkeit gezielt verteilt. Sie beinhaltet einen Übergangsspeicher, der benötigt wird, um Entscheidungen bzgl. der Kontrolle
der Hilfssysteme zu treffen. Sie richtet die Aufmerksamkeit auf zentrale Infos, verteilt Aufmerksamkeit bei mehreren Zielen, entscheidet, wann zwischen Aufgaben
gewechselt werden muss, ist die Schnittstelle zum Langzeitgedächtnis
Im Arbeitsgedächtnis konkurrieren nur verbal-akustisch Infos mit verbal-akustisch und visuell-räumlich mit visuell-räumlich
Erhöhung der Kapazität durch
- Reharsal: Wiederholung während des Einprägens
- Chunking: Gruppierung der Einzelreize
Serielle Positionseffekte
• Primacy-Effekt: Wörter zu Beginn der Liste werden besonders gut erinnert. (Übertragung in LZG durch rehearsal)
• Recency-Effekt: Wörter am Ende der Liste werden besonders gut erinnert. (Verfügbarkeit im KZG)
Übergang ins Langzeitgedächtnis
• Wiederholung eines Lerninhaltes führt zu seiner dauerhaften Abspeicherung
• Elaboration: gelingt besser bei „tiefer“ und „reichhaltiger“ Kodierung der Information im Arbeitsgedächtnis
• Isolierungseffekt: Wenn ein Element aus einer Merkreihe besonders heraussticht (z. B. ein Buchstabe in einer Zahlenreihe), wird es besser behalten.
Freie Reproduktion (free recall) → Wie heißt der Bundespräsident?
Wiedererkennen (cued recall) → Heißt der Bundespräsident Christian Wulff, Joachim Gauck oder Frank-Walter Steinmeier?

Wie wird Wissen im Langzeitgedächtnis repräsentiert?


Im Langzeitgedächtnis gibt es drei „Speichermöglichkeiten“
Proposition: sind die kleineste Einheit und enthalten Information über eine Gegebenheit oder einen Gegenstand und geben Beziehungen wieder
Schema sind organisierte Wissenskomplexe, sind verallgemeinerte Erfahrungen (irrelevante singuläre Details weggelassend, auf wiederkehrende Regelmäßigkeit
fokussiert), können Subschema (Schulklasse) enthalten und in übergeordnete Schemata gehören (Bildungssystem). Sie sind fundamental wichtig für die begrenzten
Kapazitäten im Arbeitsgedächtnis.
Skripts sind Handlungsmuster und Ereignisabfolgen in wohldefinierten Situationen.
→als „Semantischen Netzwerken“ gespeichert. Die Schemata und Skripte sind die Knoten. Zur meisten Zeit sind die jeweiligen Knoten inaktiv. Aktiviert ist, was
einem gerade durch den Kopf geht. Die Aktivierung eines Knoten führt zur automatischen Aktivierung der mit ihm verbundenen Konten. Wobei die Stärke der
Aktivierung von der Qualität und Stärke der Verbindungen abhängt
Entwicklung des Gedächtnis bei Kindern & Jugendlichen
Verarbeitungskapazität verändert sich über die Lebensspanne. Es gibt eine stetige Verbesserung von der frühen Kindheit bis zur Adoleszenz. Ab dem Jugendalter
vermutlich keine Verbesserung mehr
Im höheren Alter nimmt die Gedächniskapazität ab, allerdings nur
bei der Verarbeitung neuer, unvertrauter Informationen.
Informationen, die im Wissensgebiet der Person liegen, können
immer noch gleichbleibend gut verarbeitet werden.

Fazit I
• Gedächtnisprozesse: Enkodierung, Speicherung, Abruf
• Drei-Speicher-Modell:
Sensorisches Gedächtnis, Arbeitsgedächtnis und Langzeitgedächtnis
• Arbeitsgedächtnis mit beschränkter Kapazität (Rehersal & Chunking; Primacy &
Recency-Effekte)
• Struktur des Langzeitgedächtnis als semantisches Netzwerk
• Wiederholung und tiefe Verarbeitung erleichtern Abruf des Wissens
• Stetige Verbesserung der Gedächtnisleistung von der Kindheit bis in die Jugend
• Keine Abnahme der Gedächtnisleistung über die Lebensspanne bei Informationen, die
an Vorwissen andocken können

Wissenserwerb in der Schule


- Prozesse erfolgreicher Infoverarbeitung
- Lernstrategien
Deklaratives Wissen: „Wissen, dass“
Prozedurales Wissen: „Wissen, wie“
Metakognitives Wissen: „Wissen über Wissen“, kann deklarativ und prozedural sein
Schema: abstrakte Wissensstruktur
Kompetenz: Funktionalität von deklarativem und prozeduralem Wissen
Deklaratives Wissen „Wissen, dass“ Wissen über Fakten, Daten, Gegenbenheiten.
Prozedurales Wissen „Wissen, wie“ darüber „Wie“ etwas gemacht wird. Z.B. wie gehe ich vor, wenn ich einen neuen wissenschaftlichen Artikel
benötige. Was sind meine ersten Schritte bei einer Quellenanalyse? Häufig ist dieses Wissen schwerer zu
verbalisieren als das deklarative Wissen.
Metakognitives „Wissen über kann deklarativ und prozedural sein: Sie wissen eigentlich, dass sie es wissen, auch wenn es ihnen gerade nicht
Wissen Wissen“ einfällt. z.B. über Lernstrategien: Beispiel für deklaratives Metawissen: Bei Textaufgaben neige ich dazu die
Aufgabe nur oberflächlich zu lesen. Prozedurales Metakognitives Wissen bezieht sich auf die Planung und
Überwachung des eigenen Vorgehens
Schema abstrakte
Wissensstruktur
Kompetenz Funktionalität von Kompetenz verbindet das deklarative und prozedurale Wissen um in einer bestimmten Situation ein
deklarativem & Problem/eine Aufgabe erfolgreich lösen zu können.
prozeduralem
Wissen

Prozesse erfolgreicher Infoverarbeitung


Interpretieren
abhängig vom Vorwissen → Vorwissen aktivieren
Selegieren
Auswahl von Informationen → zentrale Aspekte betonen
Organisation
Kategorien oder Hierarchien → Anstreichen, Mindmaps
Elaborieren
Verbinden mit Vorwissen → eigene Worte/Bsp., Analogien
Stärken
die geknüpften Verbindungen stärken → Wiederholen und Übung
Generieren
Es bilden sich neue Schemata

Damit der Lernprozess erfolgreich ist und wir langfristiges Wissen aufbauen können, laufen die schon im ersten Teil beschriebenen Prozesse ab. Hier sehen sie diese
noch einmal mit noch mehr Beispielen, wie man diese Prozesse anregen und unterstützen kann.
Selegieren: Lernen sollen wichtige Informationen auswählen (kann schon auf Ebene des sensorischen Speichers stattfinden) und im Arbeitsgedächtnis
weiterverarbeiten. für Qualität wichtig, dass die zentralen Dinge ausgewählt werden und dass die Aufmerksamkeit gezielt darauf gelenkt wird. Dies kann man
unterstützen, in dem die Information einen Bezug zum Adressaten hat, dass das wichtige hervorgeben wird, das etwas überraschendes auftaucht.
Interpretieren: wir interpretieren einkommende und brauchen ein aktiviertes Vorwissen. Es wird nicht immer automatisch aktiviert, muss oft aktiv von Lehrkraft
gelenkt werden. Was wissen die Adressaten bereits? Was haben sie für eine Meinung zu einem bestimmten Thema?
Organisieren: Lernen sollten sich Zusammenhänge zwischen einzelnen Informationen bewusst machen. Zentrale Aussagen anstreichen, Was ist über- und
untergeordnet; Schaubild machen bzw. machen lassen
Elaborieren: diese Funktion bezieht sich darauf, dass neue Information mit vorhandenem Vorwissen in Verbindung gebracht wird. Kann altes Wissen, aber auch
Alltagserfahrung sein. Aktivitäten: eigene Beispiele überlegen, Analogien ziehen, etwas in eigene Worte fassen oder etwas kritisch vor dem Hintergrund eigenen
Vorwissens bewerten.
Stärken: gleich, ob im Kontext eines einfachen Wiederholens, oder bei Anspruchsvolleren Lerninhalten. Assoziationen stärken, kann auch zu Automatisierung
führen – Beispiel Rechnen Erstklässler
Generieren: durch Lernen wird neues Wissen geschaffen. Z.B. wirkliches verstehen beim Lesen erfordert auch Interferenzen, es werden neue Schemata (z.B. aus
mehreren Beispielen) gebildet
Je jünger die Lernenden und je geriner das Vorwissen, desto starker müssen diese Prozesse gelenkt und unterstützt warden!
→ B und C waren A deutlich überlegen.
Was erleichtert den Erwerb von Wissen?
Unterschied zwischen B und C marginal
a) Notizen der VL anschauen
→ Anregung produktiver kognitiver Prozesse
b) Eigene Zusammenfassung schreiben
c) Auf Basis der Notizen Fragen generieren

Lernstrategien
Als Lernstrategien bezeichnet man mental repräsentierte, situationsübergreifende Schemata oder Handlungspläne zur Steuerung des eigenen Lernverhaltens, die
sich aus einzelnen Handlungssequenzen zusammensetzen und situationsspezifisch abrufbar sind.

Kognitiv: wiederholen, organisieren, Ressourcenmanagement: (Zeitplanung, Planung, Überwachung/Kontrolle, Bewertung


elaborieren Materialplanung etc.)

Kognitive Strategien:
Wiederholung: Memorieren, Schlüsselwortmethode, Wort und Bild verwenden – funktioniert besser wegen der getrennten Verarbeitung im Arbeitsgedächtnis
Organisation: Was ist wichtig? Was sind die Hauptpunkte? Wie stehen die Inhalte zueinander im Verhältnis?
Elaborieren: einen (Sinn) konstruieren, auf andere Kontexte übertragen
Ressourcenmanagement:
wie gestalte ich meinen Tag, meine Umgebung, wie schotte ich mich auch von konkurrierenden Angeboten ab?
Intern: Anstrengung, Aufmerksamkeit, Zeiteinsatz planen und investieren
Extern: Lernumgebung, Kooperation, Medien gestalten
Metakognitiv:
Je höher der Anspruch, desto eher kommen kognitiven Strategien an ihre Grenzen
Wichtig: Steuerung und Kontrolle der Kognitiven Strategien
(wie will ich vorgehen, wie viel Zeit habe ich? Was ist mein Ziel? Wie erreiche ich das Ziel? Wie weit bin ich gekommen? Habe ich mein Ziel erreicht? Was muss
ich ändern in meinem Vorgehen?

Er visualisiert die wichtigsten Ideen eines Textes durch Begriffsnetze, wichtige Passagen fasst er in eigenen Worten zusammen. Zu allgemeinen Aussagen denkt er
sich Beispiele aus oder er kramt in seinen persönlichen Erinnerungen, ob er Ähnliches schon erlebt hat. Um sich selbst zu testen, was er verstanden und behalten
hat, versucht er nach ein paar Tagen die wesentlichen Begriffe und Ideen aus dem Gedächtnis zu rekonstruieren. Zum Glück sind seine Notizen und Mitschriften
aus den Vorlesungen ziemlich ausführlich und stellen für ihn eine große Hilfe dar, auf die er immer zurückgreift.
Lernstrategien: Erwerb
Lernstrategien werden selten zufällig oder beiläufig erworben. Es ist Arbeit die Lernstrategien zu
erwerben. Das merken sicherlich auch gerade viele Kinder, die zu Hause ihre Aufgaben alleine
bewältigen müssen.
Ein differenziertes Repertoire kann man erst mit 15-16 Jahren (vor allem, komplexe und
metakognitive) erwarten. Simple Behaltensstrategien (Vokabeln und das 1*1 lernen) auch schon im
Grundschulalter möglich. Sollte aber auch hier angeleitet werden. Dabei gibt es einen verschiedene
Phasen bzw. Schwierigkeiten, die beim Erwerb der Strategien durchlaufen werden können:

Mediationsdefizit – die Lernenden können die Strategie noch nicht anwenden


Produktionsdefizit – sie können und wissen um die Strategie, würden sie aber nicht spontan einsetzen
Nutzungsdefizit – die Strategien werden spontan gezeigt, zeigen aber noch keine optimale Wirkung (hier ist es wichtig, dass die Strategien weitergeübt werden und
nicht die Erkenntnis kommt, die Strategien würden nichts bringen
→Gründe in unzureichender Automatisierung, mangelndes Wissen, wie und wann am besten einsetzbar
→ in Schule vermutlich wichtig- beim Einüben: Motivationstal (es bringt nicht gleich etwas)
Lernstrategien sind erzielt erlernbar und unter dem Schlagwort „Selbstreguliertes Lernen“ gibt es dazu viele Untersuchungen.
Kognitive & metakognitive Strategien in PISA
• Nutzungshäufigkeit
• Elaborationsstrategien („Wenn ich lerne, versuche ich neue Informationen auf das zu beziehen, was ich bereits in anderen Fächern gelernt
habe“)
• Wiederholungsstrategien („Wenn ich lerne, versuche ich mir so viele Einzelheiten wie möglich zu merken“)
• Kontrollstrategien („Wenn ich lerne, überprüfe ich, ob ich das Gelesene auch verstanden habe“)
• Wissen über Strategien sowie die Bedingungen ihrer effektiven Nutzung
Bsp. Für Messung des Lernstrategiewissens (Artelt, Naumann, Schneider)

Die Ergebnisse der Auswertungen in der PISA Studie zeigten:


- Mädchen haben höhere Werte bei Wiederholung, Kontrolle und Wissen. Jungen bei der Häufigkeit der Elaboration
- Je höher das Lernstrategiewissen desto höher war die Lesekompetenz
- Kontrollstrategienutzung korreliert mit .25 mit Lesekompetenz
- Insgesamt zeigte sich, dass das Wissen über Lernstrategien auch über die Lesemotivation und sozioökonomische Faktoren hinaus einen positiven Effekt
auf die Leseleistung der Schüler/innen hatte.
Fazit II
• Wissensarten: Deklaratives, prozedurales und Metawissen, Schema, Kompetenz
• Wissenserwerb abhängig von "hochwertigen” Lernprozessen: Interpretation, Selegieren, Organisieren, Elaborieren, Stärken, Generalisieren
• Lernstrategien unterstützen den Wissenserwerb: kognitiv, meta-kognitiv, Ressourcenmanagement
− Lernstrategien zeigen die meisten Lernenden spontan nicht in hinreichendem Ausmaß.
− Lehrer können den Lernenden dabei helfen, diese Prozesse zu zeigen.
VL 3 Wissenschaftstheorie
1. Was ist Wissenschaftstheorie
2. Qualitätskriterien von Theorien

Wissenschaftstheorie & Erkenntnistheorie → spezifizieren, wie Theorien entstehen, welche Kriterien erfüllbar sein müssen & wie sie sich überprüfen lassen
Moderne Psychologie = empirische Studien (Messinstrumente reale Phänomene zu beschreiben, mit Daten gestützt) → Schnittbereich Sozial-, Geistes- &
Naturwissenschaft

Hypothetische Konstrukte als Gegenstände psychologischer Theorienbildung


- Wenn-Dann-Relationen zwischen Eigenschaften (Personenmerkmale), die nicht der Wahrnehmung oder Erleben unmittelbar zugänglich sind
- Gedankliche Konstruktionen => hypothetische Konstrukte (Intelligenz, Motivation → durch beobachtbares Verhalten erschließen: Anstrengung bei
Aufgabe = halten ihn für besonders motiviert)
Operationale Definition von Konstrukten
-theoretische & praktische Wert von theoretischen Begriffen (=Konstrukt) → abhängig von Anbindung an Realität
-Zuordnungsregeln (=operationale Definitionen) stellen Zusammenhang zwischen hypothetischen Konstrukten & Verhaltensbeobachtungen her (Intelligenz mit
Intelligenztest gemessen)
-in empirisch ausgerichteten psychologischen Forschung (empirisch bedeutet „aus der Erfahrung“ bzw. „auf Beobachtungen beruhend“. In
der empirischen Forschung können empirische Beobachtungen die Grundlage für neue Hypothesen und Theorien bilden)→ Güte der Theorienüberprüfung hängt
von Güte der Operationalisierung der Konstrukte ab
Qualitätskriterien von Theorien (Was zeichnet eine gute psychologische Theorie aus?)
1) Implikationen & Quantifizierbarkeit
a. Implikative Struktur „Wenn-Dann-Beziehung“
b. Quantitative Aussage über Zusammenhänge (qualitativen Forschung geht es darum, Einzelfälle ausführlich zu untersuchen und diese
interpretativ auszuwerten. Hier wird oft mit offenen Fragestellungen gearbeitet. Quantitative Forschung hingegen ist auf die Sammlung
möglichst vieler Ergebnisse ausgerichtet, um diese statistisch auszuwerten)
2) Informationsgehalt
a. Ist umso größer, je mehr Denkmöglichkeiten sie darüber, wie Zusammenhänge beschaffen sein könnten, ausschließt
3) Empirische Überprüfbarkeit
a. Wenn Merkmale wahrnehmbar bzw. der Messung zugänglich sind
4) Wahrheitsfähigkeit & Falsifizierbarkeit
a. Theorien können auch falsch sein
b. Theorien müssen falsifizierbar sein (d.h. müssen überprüfbar sein) → Formulierung so, dass nach Überprüfung als falsch erweisen können
c. Nicht verifizierbar (Kritischer Rationalismus nach Popper)
d. Theorie scheitert an Realität, wenn sie etw. aussagt, was in Realität nicht der Fall ist
5) Wertfreiheit & Intersubjektivität
a. Müssen wertfrei sein
b. Sollen auch unabhängig vom Schöpfer der Theorie Gültigkeit haben (hohes Maß an Intersubjektivität)
Reflexionsaufgabe
-Wie kommt man in Ihren Fächern zu Erkenntnissen?
-Experimente, Studien, Literaturvergleiche
-Wo sind Gemeinsamkeiten?
-Wo sind Unterschiede?

Empirische Forschungsmethoden & Statistik (Wie man sie durchführt & Daten auswerten)
Empirische Forschungsmethoden
Vorgehen in der empirischen Forschung Warum benötigen angehende Lehrkräfte Grundkenntnisse über
Experimentelle Forschungsstrategien pädagogisch-psychologische Forschungsmethoden?
Nicht-experimentelle Forschung a) Um selbstständig psychologische Fachtexte lesen und
Statistik verstehen zu können.
Statistik bei experimentellen Studien b) Um aktuelle Schulleistungsstudien wie VERA, TIMSS oder
Statistik bei quasi-experimentellen Studien PISA besser verstehen zu können.
Statistik bei Korrelationsstudien c) Um eventuell mal selbst kleinere Projekte durchführen zu
Statistik bei Längsschnittstudien können.
Meta-Analyse
Vorgehen in empirischer Forschung
1. Theorie → Literaturrechereche, Stand der Forschung
2. Ableitung der Fragestellung → Formulierung der inhaltlichen & statistischen Hypothesen
3. Planung der Untersuchung
4. Durchführung der Untersuchung
5. Auswertung der Daten
6. Interpretation der Ergebnisse
Formulierung von Hypothesen:
Aufstellen eines Hypothesenpaares: Null- vs. Alternativhypothese
- Alternativhypothese (H1): „Innovative Aussage“, postuliert Effekte, Unterschiede, Zusammenhänge
„Kooperatives Lernen (KL) bringt einen höheren Lernzuwachs als individuelles Lernen (IL)“
Statistisch formuliert: Der Mittelwert der Leistungen der Gruppe, die kooperativ lernt, ist größer als der Mittelwert der Gruppe, die individuell lernt (MKL > MIL).
- Nullhypothese (H0): Komplementäre Aussage zur Alternativhypothese (nicht nur das Gegenteil)
„Kooperatives Lernen bringt keinen höheren Lernzuwachs als individuelles Lernen“
Statistisch formuliert: Mittelwert der Leistungen d. Gruppe, die kooperativ lernt, ist nicht größer als der Mittelwert der Gruppe, die individuell lernt. (MKL </= MIL)
Aufgrund der erhobene Daten wird dann mit Methode der schließenden Statistik entschieden, ob Nullhypothese beibehalten wird oder nicht

→2 unterschiedliche Arten von Fehlern möglich (alpha beta Fehler)


α -Fehler: H0 wird fälschlicherweise verworfen; kooperatives Lernen hat eigentlich keine
positive Wirkung, in dieser Studie tritt zufällig eine Wirkung auf
(Gerichtsverfahren: Unschuldiger geht ins Gefängnis)
ß-Fehler: H0 wird fälschlicherweise angenommen, kooperatives Lernen hat eigentlich eine
positive Wirkung, sie zeigt sich nur in unserer Studie nicht.
(Schwangerschaftstest → negativer Schwangerschaftstest trotz Baby im Bauch)

Gezinkter Würfel: Hypothesentesten


Inhaltliche Hypothesen:
• Alternativhypothesen (H1): Der Würfel ist gezinkt, die 6 fällt überzufällig häufig
• Nullhypothese (H0): Der Würfel ist nicht gezinkt, die 6 fällt nicht überzufällig häufig
Statische Hypothesen:
• H1: Die 6 fällt mit einer Wahrscheinlichkeit von über ein 1/6: p > 1/6
• H0: Die 6 fällt mit einer Wahrscheinlichkeit von kleiner oder gleich 1/6: p ≤ 1/6

• α-Fehler: Risiko, einen normalen Würfel als „gezinkt“ zu bezeichnen


• ß-Fehler: Risiko, einen gezinkten Würfel nicht als solchen zu identifizieren
• Je höher das α-Fehler-Risiko, desto geringer das ß-Fehler-Risiko
• Welcher Fehler gravierender ist, hängt von der Fragestellung ab
Beispiel:
1. Theoretische Quellen: Lernpsychologie: Forschungen zum kooperativen Lernen
2. Ableitung der Fragestellung: Bringt Kooperatives Lernen einen höheren Lernzuwachs als individuelles Lernen?
- Inhaltliche Hypothesen:
Alternativhypothese: „Kooperatives Lernen bringt einen höheren Lernzuwachs als individuelles Lernen“
Nullhypothese: „Kooperatives Lernen bringt keinen höheren Lernzuwachs als individuelles Lernen“
- Statistische Alternativhypothese
Der Mittelwert der Leistungen der Gruppe, die kooperativ lernt, ist größer als der Mittelwert der Gruppe, die individuell lernt (MKL > MIL).
- Statistische Nullhypothese
Der Mittelwert der Leistungen der Gruppe, die kooperativ lernt, ist nicht größer als der Mittelwert der Gruppe, die individuell lernt.(MKL </= MIL)
3. Planung der Untersuchung
- Auswahl der Stichprobe:
• Stichprobe sollte repräsentativ für die Population sein, über die Aussagen gemacht werden sollen
• Stichprobe sollte groß genug sein (Beispiel: N = 137 Studierende einer Vorlesung).
• Stichprobe sollte zufällig gezogen sein, zumindest aber sollten die Personen zufällig den Stufen der UV zugeordnet werden
- Variable
• Definition
Symbol für eine Menge von Merkmalsausprägungen, über die Hypothesen formuliert und geprüft werden
• Unabhängige Variable (UV)
. Die in der Untersuchung planmäßig variierte Variable
Beispiel: Kooperatives vs. individuelles Lernen
• Abhängige Variable (AV)
Die Variable, die als Funktion der unabhängigen Variablen gemessen wird und über die Vorhersagen getroffen werden
Beispiel: Verständnistest zu einem Hypertext
• Störvariablen:
Variablen, die nicht beachtet oder übersehen werden und damit einen unkontrollierbaren Einfluss auf die AV ausüben
Beispiel: Computererfahrung der Schüler
• Kontrollvariablen:
Variablen, die vorsorglich erfasst werden, damit ihr Einfluss auf die AV kontrolliert werden kann
Beispiel: Interesse der Schüler am Thema des Hypertextes
4. Durchführung der Untersuchung
• Durchführung des Unterrichts
• Erhebung der Daten
5. Auswertung der Daten
• Deskriptive Statistik (Mittelwerte etc.), um Beziehungen und Unterschiede zwischen Variablen quantitativ (in Zahlen) beschreiben zu können
• Schließende Statistik, um theoretisch abgeleitete Hypothesen zu überprüfen, also die Fragestellung zu untersuchen.
• Auswahl des geeigneten statistischen Verfahrens
6. Interpretation der Ergebnisse
Fazit:
Nach der Entscheidung für die H0 bleibt man bei den bisherigen Annahmen (und geht damit das Risiko eines ß-Fehlers ein).
Nach der Entscheidung gegen die H0 geht man von der Wirksamkeit kooperativen Lernens aus (und geht damit das Risiko eines α-Fehlers ein).
Die Entscheidung für oder gegen die H0 trifft man mit Hilfe der prüfenden Statistik (Inferenzstatistik)

VL 4 – empirische Forschungsmethoden & Statistik

Was ist ein Experiment?


- planmäßig ausgelöster und wiederholbarer Vorgang, bei dem beobachtet wird, in welcher Weise sich unter Konstanthaltung anderer
Bedingungen mindestens eine abhängige Variable ändert, nachdem mindestens eine unabhängige Variable geändert worden ist.
- lassen sich immer ein Zustand vorher, eine Änderungsphase (Treatment) und ein Zustand nachher unterscheiden
- in Experimenten manipuliert Versuchsleiter immer unabhängige Variable
- Randomisierung (zufällige Personenverteilung)
- Interessant: Wie Ausprägungen sich auf abhängige Variable auswirken
→ Das Experiment ist die einzige Methode, um Bedingungszusammenhänge oder gar Kausaleinflüsse nachzuweisen.
Bsp. Für Experiment
Untersucht werden sollte, wie sich die Sozialform des Unterrichts beim Lernen in einer Computerbasierten Lernumgebung auswirkt. Die Sozialform war also die
erste unabhängige Variable. Verglichen wurden Lernergebnisse von Schülern, die allein arbeiteten mit den Lernergebnissen von Schülern, die kooperativ in Dyaden
arbeiteten (UV 1: Lernform: Individuelles Lernen vs. Kooperatives Lernen). Gleichzeitig wollte man untersuchen, ob und wie sich Feedbackmaßnahmen bei diesen
Lernprozessen auf das Lernergebnis auswirken. Die Lerner in Dyaden und in der Individualbedingung mussten zur Manipulation dieser zweiten unabhängigen
Variable einen Verständnistest bearbeiten und erhielten zur Hälfte ein ausführliches Feedback, während die andere Hälfte kein Feedback bekam (UV 2: Feedback:
vorhanden vs. nicht vorhanden).
→ zweifaktorielles Design -Auffälliger Unterschied zwischen beiden Bedingungen mit & ohne Feedback → die Personen mit Feedback waren
deutlich besser als die ohne Feedback => Bezeichnung der Effekte der einzelnen UV als Haupteffekt
-Der Unterschied zwischen den Organisationsformen des Lernens war hier deutlich geringer. Beide Gruppen schneiden
annähernd gleich ab, die Autoren fanden keinen Haupteffekt der UV-Sozialform.
-Dass bei vorhandenem Feedback besser gelernt wurde als bei fehlendem Feedback (Haupteffekt Feedback), gilt aber
nicht in gleicher Weise für die beiden Sozialformen. Die Untersuchungsteilnehmer in der individuellen Situation
profitierten stärker vom vorhandenen Feedback als solche in einer kooperativen Lernsituation.
-Diese Wechselwirkung – also die unterschiedlichen Auswirkungen einer unabhängigen Variablen auf den Stufen
einer anderen unabhängigen Variablen – nennt man einen Interaktionseffekt („Sozialform x Feedbackmaßnahme“).
Was ist ein Quasi-Experiment?
randomisierte (zufällige) Zuordnung von Personen zu Experimentalbedingungen nicht möglich ist. → Will man beispielsweise die Wirksamkeit kooperativen
Lernens in Schulen untersuchen, können kaum die Schüler einer Klasse per Zufall auf die beiden Bedingungen verteilt werden. Meist hat man das Problem, dass
bspw. in Klasse 1 das kooperative Lernen durchgeführt wird, Klasse 2 dient als Kontrollgruppe mit individuellem Lernen.
• Die Klassen können sich bereits prä-experimentell hinsichtlich der abhängigen Variablen (Leistung im Test) unterscheiden (entgegenwirken durch ein
Vortest-Nachtest-Design). (Vortest-Werte mit Nachtest-Werte zu vergleichen)
• Die Klassen können sich hinsichtlich anderer Merkmale unterscheiden, die die Wirksamkeit des kooperativen Lernens unterdrücken (entgegenwirken
durch Erhebung möglichst vieler zusätzlicher Störvariablen und Kovarianzanalysen, die den störenden Einfluss der Kovariaten eliminieren).

Was sind Korrelationsstudien?


In Korrelationsstudien wird nicht manipulierend eingegriffen, dagegen werden existierende Zusammenhänge zwischen zwei Variablen untersucht → ob 2 Variablen
miteinander zusammenhängen
• Bsp: Man erhebt in einer Stichprobe von Schülerinnen und Schülern mit den entsprechenden Verfahren zwei oder mehr Variablen, z. B. Leselust und
Leseleistungen in einem Test. Dann will man feststellen, ob und wie sehr die beiden Variablen miteinander zusammenhängen.
Bsp: Korrelationsstudie: Lesen in der Sek (LISA)
Entwicklung der Lesemotivation und der Lesekompetenz längsschnittlich vom Beginn der fünften Klasse an untersucht werden. Dabei wurde im Herbst 2004 eine
für das Bundesland Schleswig-Holstein repräsentative Stichprobe von 5. untersucht. Zu diesem Zeitpunkt liegen also Querschnittsdaten vor, auf die sich hier bezogen
wird. In LISA wurden neben Lesetests viele weitere Variablen mit Hilfe von Schüler-, Eltern- und Lehrerfragebögen erfasst.
Man kann jetzt berechnen, wie groß beispielsweise die Mittelwerte der Leseleistungen und der Lesemotivation sind (deskriptive Statistik).
Man kann auch die Alternativhypothese aufstellen, dass die Leseleistungen und die Lesemotivation positiv korreliert sind, d.h., dass die Leseleistung hoch ist, wenn
die Lesemotivation auch hoch ist, bzw. dass die Leseleistung niedrig ist, wenn auch die Lesemotivation niedrig ist.
Man kann auch ein Maß für den Zusammenhang der beiden Variablen berechnen, den Korrelationskoeffizienten. Der Korrelationskoeffizient weist mit einer
bestimmten Irrtumswahrscheinlichkeit p auf einen existierenden Zusammenhang hin (Inferenzstatistik).

Was sind Längsschnittstudien?


Damit wir herausfinden, ob die Lesemotivation und Lesekompetenz zusammenhängen, sondern auch, wie sie sich gemeinsam über die Zeit hin entwickeln, müssen
wir eine Längsschnittstudie durchführen.
• Um eine Längsschnittstudie handelt es sich, wenn die gleichen Personen einer Stichprobe in Zeitabständen mehrmals untersucht werden.
• Längsschnittstudien sind immer dann nötig, wenn es Untersuchern um langfristige Einflüsse oder Veränderungen geht.
• Kausalitätsschlüsse werden durch die zeitliche Vor- und Nachordnung der untersuchten Variablen möglich.
• Mit Längsschnittstudien lässt sich beispielsweise die Frage beantworten, ob Merkmal A Merkmal B beeinflusst, ob der Einfluss umgekehrt ist oder gar
reziprok.
• Längsschnittstudien stellen den Königsweg dar, wenn es um die Beschreibung von Entwicklungsprozessen (bsp. der Leseleistungen in der Sek) geht.
→ in Querschnittstudien geht das nicht
Nicht-experimentelle Forschung - Probleme von Längsschnittstudien
• Stichprobenmortalität: Zu späteren Erhebungszeitpunkten sind nicht mehr alle ursprünglichen Untersuchungsteilnehmer anwesend.
• Einflüsse durch (nicht erhobene Drittvariablen) können oftmals nicht ausgeschlossen werden.
• Die Berücksichtigung von Kontrollgruppen ist in Längsschnittstudien in der Regel unmöglich.
Statistik
Ziel:
- Aussagen über die Ausprägungen der UV (Mittelwerte, Streuung = deskriptive Statistik)
- Aussagen über Unterschiede zwischen Gruppen (z.B. mit vs. ohne kooperatives Lernen für bestimmte Populationen im Experiment)
- Aussagen über Zusammenhänge zwischen Variablen (z.B. zwischen Leseleistung und Lesemotivation in der Korrelationsstudie)
Idee der schließenden Statistik:
- Untersuchung von Stichproben &
- Schlussfolgerung von Stichproben auf Populationen
Aufgrund der konkret vorhandenen Stichprobe zu bestimmten Ergebnissen zu kommen und sich anzuschauen, ob diese Ergebnisse auf die Gesamtheit aller
Schülerinnen und Schüler beispielsweise eine Altersgruppe generalisierbar sind.
Statistik bei experimentellen Studien
Vorgehen in der empirischen Forschung
1. Formulierung von Hypothesen, die an den Stichproben überprüft werden
2. Entscheidung aufgrund der erhobenen Daten, ob die Hypothese angenommen oder verworfen wird
Typisches Design eines Experiments
Mind. 2 Gruppen (UV1)
1. Koorperatives Lernen
2. Individuelles Lernen
Mind. 2 Messzeitpunkte (UV2) → Leistungstest
1. vor dem Lernen
2. nach dem Lernen
Mindestens 2-faktorieller Versuchsplan → 2 UV mit jeweils 2 Ausprägungen
Vorher (t1) Nachher (t2)
Koorperatives Lernen
Individuelles Lernen
→ das geeignete inferenzstatische Verfahren für Auswertung bei diesem Design = Varianzanalyse
Varianzanalyse = überprüft 3 versch. Effekte
Situation:
-Überprüft werden soll, ob sich der Lernerfolg der Gruppe, die kooperativ gelernt hat von der Gruppe, die individuell gelernt hat, signifikant unterscheidet. -
Prozeduren der so genannten schließenden Statistik werden verwendet, um theoretisch abgeleitete Hypothesen zu überprüfen.
UV1: Kooperatives Lernen vs. individuelles Lernen
UV2: Messwiederholungsfaktor (vorher vs. nachher; Messung zu 2 Zeitpunkten t1 und t2)
AV: Lernzuwachs der Lernenden
Bei Varianzanalyse wird das Vorhandensein versch. Effekte überprüft
• Haupteffekt der UV1 (Zeilenhaupteffekt):
Dieser Effekt würde bedeuten, dass die kooperativ Lernenden über beide Zeitpunkte im Mittel deutlich bessere (oder schlechtere) Leistungen im Lerntest aufweisen
als die individuell Lernenden.
Zeilenhaupteffekt – Mittelwerte im Lerntest vor und nach dem kooperativen Lernen und dem individuellen Lernen
Vorher (t1) Nachher (t2)
Koorperatives Lernen 70 70
Individuelles Lernen 50 50
• Haupteffekt der UV2 (Spaltenhaupteffekt):
Dieser Effekt würde bedeuten, dass die Leistungen im Lerntest über alle Personen zu Zeitpunkt t2 deutlich besser (oder schlechter) sind als zu Zeitpunkt t1
Spaltenhaupteffekt: Mittelwerte im Lerntest vor und nach dem kooperativen Lernen und dem individuellen Lernen
Vorher (t1) Nachher (t2)
Koorperatives Lernen 50 75
Individuelles Lernen 50 75
• Interaktionseffekt (Wechselwirkung von UV1 und UV2):
Dieser Effekt würde bedeuten, dass die Veränderung der Leistungen im Lerntest von t1 zu t2 bei den kooperativ Lernenden deutlich größer (oder geringer) ist als
bei den individuell Lernenden
Interaktionseffekt – Mittelwerte im Lerntest vor und nach den kooperativen Lernen und dem individuellen Lernen → nur bei koorperativen Lernen = Lernzuwachs
Vorher (t1) Nachher (t2)
Koorperatives Lernen 50 75
Individuelles Lernen 50 50
Statistische Kennwerte der Varianzanalyse (z.B. ANOVA = analysis of variance) →ob sich Gruppen von Merkmalsträgern in einem oder mehreren
Merkmalen signifikant unterscheiden)
F-Wert (Maß der Unterschiede zwischen 2 Gruppen)
Der F-Wert ist ein Maß dafür, wie sehr sich die Mittelwerte zwischen den Gruppen unterscheiden, relativiert an der Streuung innerhalb der Gruppen
➨ Der F-Wert wird groß, wenn sich die Gruppenmittelwerte stark differieren, wenn also die Gruppen der kooperativ Lernenden sich insgesamt deutlich
unterscheiden von den individuell Lernenden. & sich innerhalb der beiden Gruppen keine großen Schwankungen zeigen (die Gruppen also sehr homogen sind).
➨ Je höher der F-Wert, desto geringer die Wahrscheinlichkeit p, dass der Unterschied nur zufällig zustande gekommen ist.
➨ Ein hoher F-Wert spricht demnach für einen Effekt des Variablen! (für Stufen der unabhängigen Variablen)
(geringe Streuung => sehr nah am Mittelwert)
p-Wert:
Der p-Wert gibt die Wahrscheinlichkeit für das Auftreten der erhobenen Ergebnisse an, unter der Bedingung, dass die Nullhypothese zutrifft (alpha-Fehler)
➨ Bei einem sehr geringen p-Wert (gängiges Kriterium < .05) geht man davon aus, dass die Nullhypothese verworfen werden kann
➨ Man entscheidet sich damit für die Alternativhypothese.
Strategie bei quasiexperimentellen Studien unterscheidet sich geringfügig von der statistischen Strategie, bei experimentellen Studien im Wesentlichen achtet man
darauf, dass man kontrollvariable erhebt und deren Einfluss rechnerisch kontrolliert. → Statistisch wird der Einfluss von Kontrollvariablen eliminiert (etwa in
Kovarianzanalysen)

Statistik bei Korrelationsstudien (Zusammenhang zwischen 2 Variablen untersucht → z.B. Lesemotivation & Lesekompetenz)
Korrelationskoeffizient
• Der Korrelationskoeffizient r drückt die Stärke des linearen Zusammenhangs zwischen zwei Maßen aus.
• Er kann theoretisch zwischen –1 und +1 schwanken.
• Zusammenhang von r = +1 das eine Maß lässt sich exakt durch andere vorhersagen, und zwar, je höher Werte in Maß A, desto höher Werte in Maß B.
• Koeffizient von r = -1 beschreibt ebenfalls perfekten linearen Zusammenhang, allerdings gehen jetzt mit kleineren Werten auf A größere auf B einher.
• Bei einem Zusammenhang von r = 0 sind beide Maße voneinander linear unabhängig.

1 → perfekte Korrelation ca. 1


2 → sehr starke Korrelation (wenn x steigt, dann steigt auch y) => gerade würde Punktewolke sehr
gut beschreiben aber nicht genau 0,9
3 → negative Korrelation, da große Werte auf der x Achse gehen mit kleinen Werten auf y-Achse
einher (Steigung von rechts unten nach links oben) -0,85 ca
4 → positive Korrelation von links oben von rechts unten ca. 0,6
5→ positive aber geringe Korrelation
6→ keinen Zusammenhang: x Werte, mit hohen y-Werten und hohe x-Werte mit hohen y-Werten
Überm Bruchstrich: Differenz des individuellen Werts von
n

å (x - x )( yi - y )
Mittelwert in der gesamten Gruppe (Abweichung der
i einzelnen Personen vom Mittelwert) wird multipliziert mit
rXY = i =1
n n den y Wert
(xi - x )2 × å ( yi - y )2
Berechnung des Korrelationskoeffizienten
Visuelle Beurteilung genügt nicht, wir brauchen eine Maßzahl. å → summiert von sämtlichen Personen
i =1 i =1 d.h. Zähler wird umso größer, wenn die Abweichung der
Der Korrelationskoeffizient ist eine solche normierte Maßzahl.
Einzelwerte vom Mittelwert
Der Korrelationskoeffizient ist ein deskriptives Maß und eine statistische Prüfgröße.
r Wert wird größer, wenn die Sachen überm Bruchstrich
Statistik bei Korrelationsstudien
abweichen
• Untersucht wird der Zusammenhang zwischen 2 Variablen.
• Man erhebt in einer Stichprobe von Schülerinnen und Schülern mit den entsprechenden Verfahren zwei oder mehr Variablen, z. B. Leselust und
Leseleistungen in einem Test.
• Anschließend wird als Zusammenhangsmaß der Korrelationskoeffizient bestimmt. Der Korrelationskoeffizient weist mit einer bestimmten
Irrtumswahrscheinlichkeit p auf einen existierenden Zusammenhang hin.
Bsp:
• Untersucht wird der Zusammenhang zwischen zwei Variablen.
• Man erhebt in einer Stichprobe von Schülerinnen und Schülern mit den entsprechenden Verfahren zwei oder mehr Variablen, z. B. Leselust und
Leseleistungen in einem Test.
• Anschließend wird als Zusammenhangsmaß der Korrelationskoeffizient bestimmt. Der Korrelationskoeffizient weist mit einer bestimmten
Irrtumswahrscheinlichkeit p auf einen existierenden Zusammenhang hin.
Korrelationsmatrix in LISA Studie → da mehrere Variablen (Bildungsniveau Eltern, Lesemenge der SuS, Leseselbstkompetenz, Leselust, Leseleistung)

Bildungsniveau korreliert mit Lesemenge & Leseleistung


→ man sieht nur positive Werte
Hohe Korrelation zwischen 2 & 4 (Lesemenge & Leselust)
Probleme von Korrelationsstudien
• Ursache-Wirkungs-Relationen lassen sich anhand dieses Vorgehens nicht festmachen, d.h. die Korrelation kann dadurch zustande gekommen sein, dass
selbstbewusste Schüler in Leistungssituationen besser sind, aber auch dadurch, dass leseschwache Schüler aufgrund ihrer Misserfolge weniger
selbstbewusst sind. (man benötigt dafür theoretische Annahmen (A→B, B→A, A & B, A&B&C (also dritte Variable)
• Korrelationen sind grundsätzlich mehrdeutig.
• Offen bleibt, ob Merkmal A Merkmal B beeinflusst, der Wirkmechanismus genau umgekehrt ist oder gar eine wechselseitige Beziehung besteht.
• Auch ist denkbar, dass die Korrelation zwischen A und B nur deshalb zustande kommt, weil beide durch ein drittes Merkmal C beeinflusst werden (bspw.
könnten weniger intelligente Schüler sowohl schlecht lesen als auch wenig selbstbewusst sein).

Statistik bei Längsschnittstudien Regressionsanalyse (sind mit 2 Variablen mit Korrelationsanalysen identisch -> nur andere Begriffe: Kriterium
(Matheleistung) aus Intelligenz (Prediktor) → In welchem Maß Prediktor Kreterium bestimmt)
• Die Regressionsanalyse ist ein Verfahren, bei dem auf der Basis erhobener Daten der lineare Zusammenhang zwischen einer abhängigen Variablen und
mindestens einer unabhängigen Variable bestimmt wird.
• Die Regressionsanalyse findet vor allem bei nicht-experimenteller Forschung Anwendung.
• Ein Beispiel wäre die Fragestellung: Mit Hilfe welcher Funktion lässt sich die Mathematikleistung aus der Intelligenz der Schülerinnen vorhersagen?
• Die abhängige Variable Y (in diesem Fall Mathematikleistung) heißt auch Kriterium, die unabhängige Variable X (in diesem Fall Intelligenz) heißt auch
Prädiktor.
Der Koeffizient b1 heißt auch Regressionskoeffizient oder Regressionsgewicht.
Die Regressionsanalyse wird auch gern wie folgt graphisch dargestellt:
Merke:
-Wenn b1 negative Werte annimmt (b1 < 0), so besteht ein Zusam-menhang der Form: Je größer X,
desto kleiner Y (z. B. je höher die Prüfungsangst, desto schlechter die Schulleistung).
-Wenn b1 positive Werte annimmt (b1 > 0), so besteht ein Zusam-menhang der Form: Je größer X,
desto größer Y (z. B. je höher die Intelligenz, desto besser die Schulleistung).
Multiple Regressionsanalyse → sie können mehr
• Gegeben seien eine abhängige Variable Y und m viele unabhängige Variablen X1, X2, ... Xj, ..., Xm.
• Gesucht sei eine lineare Funktion, die beschreibt, wie sich Y durch die Prädiktoren vorhersagen lässt, also:
Beispiel: Vorhersage der Rechenleistung am Ende der 2. Klasse (Y) durch die Rechenleistung 1. Klasse (X 1), die Intelligenz (X2), das Gedächtnis (X3) und die
Unterrichtsform (immersiv vs. monolingual; X4) der Schülerinnen und Schüler

Y = β0 + β1 X1 + β 2 X2 + β3 X3 + β 4 X4 .. + β m Xm + ε
Auch der Regressionskoeffizient weist mit einer bestimmten Irrtumswahrscheinlichkeit p auf einen existierenden Zusammenhang hin
Multiple Regressionsanalyse: reales Bsp.: Vorhersage von Rechenleistung → Immersiver Unterricht = englischer Unterricht (Unterrichtsform) => führt zu besseren
Unterricht
Pfadanalyse
-Die Pfadanalyse stellt eine Erweiterung der Regressionsanalyse dar, indem komplexere
Zusammenhangsmuster zwischen Variablen untersucht werden können. Beispielsweise
kann man mehr als eine abhängige Variablen analysieren.
-Die Pfadanalyse lässt es vor allem zu, Mediatorhypothesen zu testen, bei denen
angenommen wird, dass der Einfluss eines Prädiktors auf das Kriterium durch eine
Drittvariable vermittelt ist.
-Die vermittelnde Variable heißt Mediator.

Pfadanalyse - Beispiel für eine Längsschnittstudie (LISA)


Beeinflusst die Leseleistung die spätere Lesemotivation? („Wer gut lesen kann, hat auch mehr Lust
dazu?“) oder beeinflusst die Leselust die Leseleistung? („Wer gern liest, liest auch gut?“).
Kausaler Zsmhang-> da nur die Leselust von Kl. 5 nur Einfluss auf Kl. 6
Einfluss der Leseleistung auf Leselust in 8
Höhere Lesemotivation führt zu bessere Leseleistung (wechselseitige positive Beinflussung)

Metaanalyse
„Liegen schon viele Untersuchungen zum gleichen Problem vor und macht jemand nicht die Originaldaten, sondern die Ergebnisse dieser Untersuchungen zum
Gegenstand einer umfassenden Analyse, so spricht man seit Glass (1976) von einer Metaanalyse.“ (Krapp & Weidenmann, 2001, S. 93).
Bsp:
-Hattie, Marsh, Neill und Richards (1997): Zur Rolle von Outdoor-Erfahrungen für verschiedene Persönlichkeitsvariablen (Führungsstärke, Selbstbewusstsein); Hat
Outdoor-Erfahrung (Abenteuererziehung) einen positiven Effekt?
-Reanalyse von 151 publizierten Studien
-Feststellung, dass über alle 151 Studien gemittelt ein positiver Effekt besteht, d.h. Abenteuererziehung erhöhte Persönlichkeitsmaße wie Führungsstärke und
Selbstbewusstsein. Lehrerurteil & SuS-Leistungen→→→
Empirische Befunde zur Genauigkeit der Leistungsbeurteilung durch Lehrkräfte
-Korrelationen zwischen Lehrereinschätzungen und objektiv gemessenen
Schülerleistungen liegen im mittleren Bereich
(Begeny, Eckert, Montarello & Storie, 2008; Feinberg & Shapiro, 2009)
-Metaanalyse (Hoge & Coladarci, 1989)
-Median der Korrelationen: r = .66 (r = .28 - .92)

Übliches Vorgehen
• Prognose des Merkmals
• Erfassung des Merkmals
• Berechnung der Komponenten
Um Urteilsgenauigkeit von Lehrkräften messen will braucht man also ein Lehrerurteil. Der Lehrer wird aufgefordert, die mathematische Kompetenz eines Schülers
einzuschätzen. Man muss dieses Merkmal, das der Lehrer vorhergesagt hat, erfassen, mit einem objektiven Leistungstest in der Mathematik und man berechnet dann
die Korrelation zwischen diesen beiden Merkmalen.
Methode: Literaturrecherche bei Metaanalyse
• Elektronische Datenbanken: the Education Resources Information Center (ERIC), EBSCOhost (PsycARTICLES, PsycINFO), Web of Science
• Such-Begriffe: z.B. „teacher judgment“, teacher expectations“, „classroom assessment“
• Hand-Recherche

Methode: Codierung der Studien


• Studienbezogene Merkmale (z.B. Korrelation, Stichprobengröße, Jahr der Publikation)
• Lehrermerkmale (z.B. Berufserfahrung, Alter, Geschlecht)
• Urteilsmerkmale (z.B. indirekte vs. direkte Urteile, Abstufungen auf der Rating-Skala)
• Schülermerkmale (z.B. Geschlecht, Klassenstufe, Alter)
• Testmerkmale (z.B. Domäne, Domänenspezifität)
• Übereinstimmung zw. Urteils- und Testmerkmalen (z.B. Kongruenz in der Domänenspezifität)
Zusammenfassung & Diskussion
• im Mittel zufrieden stellende Urteilsgenauigkeit der Lehrkräfte, aber: Spielraum für Verbesserungen
• große Varianz in den Effektstärken zwischen den Studien
• Identifikation von Moderatoren:
• Direkte vs. Indirekte Urteile
• Domäne
• Kongruenz in der Domänenspezifität von Lehrereinschätzungen und Testverfahren
• geringe Aufklärung der Varianz zwischen den Studien
• wenige Informationen zu den Lehrkräften in den Stichproben
• wenige/kaum vergleichbare Informationen zu den Schülern in den Stichproben
• mehr Studien zum Einfluss von Moderatoren auf die diagnostische Kompetenz notwendig

VL 5 – Intelligenz
Zentrale Voraussetzungen für Lernprozesse: dem kognitiven Potenzial bzw. kognitiven Fähigkeiten = Intelligenz
1. Was versteht man unter Intelligenz? Definitionen
2. Theorien & Strukturen von Intelligenz
3. Wie kann man Intelligenz messen?
4. Wodurch wird Intelligenz bestimmt? Anlage & Umwelt
5. Welche Rolle spielt Intelligenz für die schulische Karriere
1. Intelligenz: versch. Definitionen aber alle gemeinsam: dass es um das Denken und die Vernunft geht und dass Intelligenz ein situationsübergreifendes Potential
darstellt, welches besonders bei der Konfrontation mit neuen, unvertrauten Herausforderungen zum Tragen kommt.
- Binet & Simon (1905) „Art der Bewältigung einer aktuellen Situation „gut urteilen, gut verstehen, gut denken“
- Wechsler (1944): „die zusammengesetzte oder globale Fähigkeit des Individuums, zweckvoll zu handeln, vernünftig zu denken & sich in seiner
Umgebung wirkungsvoll aneinander zu setzen“
- Stern (1950): „die personale Fähigkeit, sich unter zweckmäßiger Verfügung über Denkmitel auf neue Forderungen einzustellen“
Heutzutage: Intelligenz ist eine sehr allgemeines geistiges Potential, das unter anderem die Fähigkeit zum schlussfolgernden Denken, zum Planen, zur
Problemlösefähigkeit, zum abstrakten Denken, zum Verständnis komplexer Ideen, zum schnellen Lernen und zum Lernen der Erfahrung umfasst. Es ist nicht reines
Bücherwissen, keine akademische Spezialbegabung, keine Testerfahrung. Vielmehr reflektiert Intelligenz ein breites und tiefes Vermögen, unsere Umwelt zu
verstehen, zu kapieren, Sinn in Dingen zu erkennen oder herauszubekommen, was zu tun ist.
2.Theorien zur Struktur von Intelligenz
Wie lässt sich Intelligenz beschreiben? Als ein einheitliches Merkmal?
1. das General Faktor Modell (g) von Spearman (1904)
→ häufig wird Intelligenz als eine einzige Eigenschaft betrachtet, die alle Aspekte kognitiver Leistungsfähigkeit beeinflusst → postuliert, dass es einen Generalfaktor
(g) gibt

Intelligenzleistung auf 2 Faktoren beruht nämlich auf der general intelligence (g-
Faktor) und eine spezifische Komponente (s-Faktor) für diese Vorstellungen spricht,
dass die Leistungen fast aller geistiger Aufgaben positiv miteinander korrelieren.
Personen, die zum Beispiel sehr gut Wortanalogien lösen, können sich mit hoher
Wahrscheinlichkeit auch gut Zahlenfolgen merken. Die Testergebnisse werden deutlich
miteinander zusammenhängen. Der g Faktor der Intelligenz, d.h., der Gesamtwert in
einem Intelligenztest wird in der Psychologie sehr häufig verwendet und kann sehr gut
vorhersagen, wie sich Personen zum Beispiel in der Schule der Hochschule oder einen
Beruf entwickeln werden.

2. …zusammengesetzte Eigenschaften aus wenigen Komponenten?


-Modell mit 2 Faktoren von Cattell (1971)
Es gibt 2 Arten von Intelligenz. Zum einen die allgemeine Fluide Intelligenz (gf) und
die allgemeine kristallisierte Intelligenz (gc). Die allgemeine Fluide Intelligenz soll
die von Lernerfahrungen weitgehende abhängige, stark erblich bedingte Fähigkeit
repräsentieren, neue Probleme zu lösen. Dagegen stellt die allgemeine kristallisierte
Intelligenz die Repräsentanz aller bisherigen Lernerfahrungen, da, die sich in
einer Person zu intellektuellen Fertigkeiten gefestigt hätten. Da beide
Intelligenzkomponenten intellektuelle Fähigkeiten beeinflussen, hängen die
Ergebnisse aus Intelligenztests von beiden Komponenten ab und bedingen, dass die
Komponenten selbst hoch miteinander korrelieren. Cartell nimmt an, dass während
der ersten Lebensjahre Intelligenz fast nur aus der fluiden Intelligenz bestehe und
diese die Voraussetzungen für die Entwicklung der kristallisierten Intelligenz
darstelle. Geht weiter davon aus, dass den Entwicklung der Fluiden Intelligenz mit ca.
14 - 15 Jahren abgeschlossen sei, während diejenige der kristallisierten Intelligenz
abhängig von den Lebens- und Anregungsbedingungen → erst viel später.

-das Modell mehrerer (unabhängiger) Faktoren von Thurstone (1938)


Die Intelligenz setzt sich aus 7 primären geistigen Fähigkeiten
zusammen.
- Sprachverständnis
- Wortflüssigkeit
- Rechenfähigkeit
- Räumliches Vorstellungsvermögen
- Merkfähigkeit
- Wahrnehmungs- & Auffassungsgeschwindigkeit
- Schlussfolgerndes Denken
-
Auch wenn sich gezeigt hat, dass im Sinne eines
Generalfaktors die Leistungen in verschiedenen Fähigkeitstest
hoch korrelieren, korrelieren die Ergebnisse in 2 Tests zur
Rechenfertigkeit noch einmal höher miteinander als ein Test
zum Sprachverständnis und zur Merkfähigkeit. Dies spricht
für die Existenz verschiedener trennbare Faktoren.

3. …als komplexe Eigenschaft aus vielen Komponenten?


-3-Schichten-Modell (Caroll, 2005)

Einen dritten Ansatz zufolge umfasst Intelligenz zahlreiche voneinander getrennte Prozesse dazugehören, erinnern, wahrnehmen, Aufmerksamkeit, verstehen etc.
Wenn man Intelligenz als vielschichtige Eigenschaft beschreibt, dann lassen sich die Prozesse, die an intelligentem Verhalten beteiligt sind, viel genauer beschreiben,
als wenn man Intelligenz als eine einheitliche Eigenschaft beschreibt. Carol hat sich an einer Integration der verschiedenen Ansätze versucht und ein hierarchisches
Modell vorgeschlagen, welches alle vorherigen Ansätze berücksichtigt. An der Spitze steht die Allgemeine Intelligenz (g), in der Mitte befinden sich 8 Fähigkeiten
mittlerer Allgemeinheit, die sowohl fluide als auch kristalline Intelligenz, sowie auch spezifischer Fähigkeiten umfassen. Ganz unten sind spezifische Prozesse
angeordnet, alle 3 Ebenen tragen zum Verständnis intelligenten Handelns bei. So kann man mit allgemeinen Intelligenz einer Person vorhersagen, wie gut zum
Beispiel die allgemeine Gedächtnisfähigkeit sein wird. Kennt man beide Ausprägungen, kann man gut die Gedächtnisspanne prognostizieren.
Nach Expertinnen: => wichtige Element von Intelligenz = abstrakte, logische Denken & Problemlösefähigkeit
Hierarchisches Modell mit g-Faktor hat hohe Akzeptanz

3.Wie kann Intelligenz gemessen werden?


Ist eine nicht direkt beobachtbare Fähigkeit => muss fast wie alle psychologischen Konstrukte aus beobachteten Verhalten (Fähigkeitstest) → Test muss Facetten
umfassen, die dem theoretischen Konstrukt entsprechen; Test muss objektiv (gleiches Testergebnis bei Nutzung mehrerer Testern), reliabel (Werte möglichst genau)
& valide (misst Test das, was getestet werden soll? – Intelligenz?) → verschiedene Aufgabentypen aus versch. Leistungsbereichen, altersentsprechend, an großer
Stichprobe an Personen normiert sein, damit man weiß, wie gemessener Wert eingeordnet werden kann

Intelligenzquotient (IQ) → William Stern (1911/12)


IQ = Gesamtwert aller Leistungen einer Person in allen
Untertests bestimmt
-ist kein absoluter Messwert der Intelligenz, sondern statistisch
ermittelter Normwert, der immer auf Alters- oder
Jahrgangsgruppe bezogen ist
-gibt Auskunft darüber, wie weit individuelle gesamtleistung in
einem Intelligenztest von einer Vergleichgruppe
(Normstichprobe) abweicht (Abweichungsquotient)
-bezieht sich immer auf soziale Norm (wichtig: aktuelle
Normierung)
Wodurch wird Intelligenz bestimmt? Anlage (Gene) & Umwelt (Schule, Familie, Peers)
Intelligenz, wie alle menschlichen Eigenschaften, durch die fortwährende Interaktion zwischen Genen und Umwelt entsteht.. Auch bei der Intelligenzentwicklung
spielen sowohl die Anlage als auch die Umwelt eine wichtige Rolle und entscheiden, ob das angelegte Potential auch zur Entfaltung kommt.
Mittlerweile kann die Forschung berechnen, wie groß der Anteil der Gene ist bei der Erklärung von Intelligenzunterschieden. Wichtig ist hier, dass wir nicht
ausrechnen können, wie groß Anlage und Umwelt zum IQ-Wert einer Person beitragen. Wir können das nur über eine ganze Gruppe von Personen betrachten und
schauen, wie stark Umwelt und Anlage die Unterschiede in der Intelligenz innerhalb der Gruppe erklären können. Dazu wird der sogenannte Erblichkeitsindex
berechnet.

Erblichkeit von Merkmalen zu bestimmen werden weltweit Familienstudien


durchgeführt. Hier vergleicht man den Zusammenhang z.B. der Intelligenzwerte von
Geschwistern, eineiigen und zweieiigen Zwillingen. Durch den unterschiedlichen
Anteil gemeinsamer Gene und der geteilten Umwelt kann man Schlüsse ziehen, wie
deutlich Umwelt und Gene mit der Ausprägung der Intelligenz zusammen hängen.
Diese Studien werden noch ergänzt durch Adoptionsstudien, wo man Geschwister
und Zwillinge untersucht, die nicht gemeinsam aufgewachsen sind und auch nicht
verwandet Kinder und ihre Adoptiveltern untersucht. So zeigt die höhere
Korrelation der Intelligenzwerte von eineiigen und zweieigen Zwillingen, die
gemeinsam aufgewachsen sind, dass es einen deutlichen Einfluss der Gene gibt.
Aber auch die Korrelation der Werte zwischen nicht biologisch verwandten, aber
gemeinsam aufgewachsenen Geschwistern (r = .32), dass die Umwelt einen
substantiellen Anteil hat.
Aus den Korrelationen zwischen den eineiigen und zweieiigen Zwillingen kann man
dann einen sogenannten Erblichkeitsindex errechnen.

Verschiedenen Studien schätzen den Erblichkeitsindex auf etwa .50,


d.h. dass in einer untersuchten Population etwa 50% der IQ
Ausprägungsvariation auf genetische Unterschiede zwischen den
Mitgliedern der Gruppe zurückgeht.
Der Index ist aber stark abhängig von der Gruppe selbst. Bei Kindern
ist der Umwelteinfluss größer als bei Erwachsenen. Hier setzen sich
stärker die Gene durch, während die Kindheit stark von den Eltern und
der oft nicht selbst gewählten Umwelt bestimmt wird. Auch ist es so,
dass bei niedrigen sozioökonomischen Hintergrund der Eltern der
Umwelteinfluss stärker ist, während in den Familien mit höherem
sozioökonomischen Hintergrund stärker die Gene für die Unterschiede
verantwortlich sind.

Rolle der Umwelt: Was ist relevant?


- Familie: Sicherheit, intellektuelle Stimulation, emotionale Unterstützung
- Schulbuch: allein die Länge ist förderlich für IQ; so steigen IQ Werte in Tests über das Schuljahr aber nicht während den Sommerferien (besonders bei
Familien mit wenig Bildungshintergrund)
- Gesellschaft (Wie gut ist das Gesundheits- & Bildungssystem aufgebaut?)
- Risikofaktor Armut: mangelnde Ernährung, Gesundheit & Konflikte in Familie – je mehr Risikofaktoren, desto schlechter für IQ Entwicklung
Welche Rolle spielt Intelligenz für schulische Karriere
- Als Schlüsseldeterminante für Erwerb von Wissen (effektivere Problemlösung, Regelerkennung, Verarbeitungskapazitäten)
- Mit keiner Persönlichkeitsvariable können Bildung & beruflicher Erfolg so gut vorhergesagt werden
- Neben Vorhersagen künftiger Schulleistungen, auch Ausbildungs- und Berufserfolg sowie psychischen Wohlbefinden & Gesundheitsverhalten
- Intelligenztests weisen deutlich positive Zusammenhänge mit Schulleistungen aus
- Selbst wenn Drittvariablen wie Motivation oder soziale Herkunft kontrolliert werden, leistet Intelligenz noch einen Erklärungsbeitrag für Schulleistungen
- Mit zunehmenden Schuljahren sinkt Einfluss der Intelligenz auf Schulleistung
Intelligenz
- Ist wichtig bei neuen, unvertrauten Dingen/Fächern
- Ist allein kein Garant für Bildungserfolg
- Prädiktiv, wenn alle Fächer gemittelt werden
- Wird auch durch Schulbesuch gefördert
Spezifisches Vorwissen
- Ist in spezifischen Bereichen prädikativer als IQ
- Wird im Laufe des Lebens immer bedeutsamer
Zusammenfassung
Intelligenz = wird als Denkfähigkeit verstanden
Verschiedene Modelle: gibt es DIE Intelligenz oder mehrere Aspekte?
Verschiedene Testverfahren weisen große Gemeinsamkeiten auf & korrelieren substanziell (hohe psychomotorische Qualität)
Intelligenzquotient beschreibt relative Position in Vergleichspopulation
Intelligent hat eine angeborene Komponente, wird aber durch Lernangebote & Erfahrung beeinflusst

VL 6 Hochbegabung
1. Hochbegabung
a. Was ist Hochbegabung
b. Eigenschaften & Entwicklung
c. Underachievement
d. Fördermöglichkeiten
Hochbegabte Kinder können sehr unterschiedlich sein & sich unterschiedlich verhalten → nicht immer leicht sie zu entdecken
Meist über IQ definiert → IQ muss höher als 130 sein (ca. 2% der Population)
Hochbegabung = weit überdurchschnittliche intellektuelle Begabung/kognitive Fähigkeit; allegemeine Intelligenz ab M+2SD Population; IQ >130 bzw. PR> 98;
kein natürliches Kriterium => willkürlich festgelegt; 130 wird in der Forschung genutzt: im Alltag wenig Sinn
Münchner Hochbegabungsmodell von Heller et al. (1994)
Wie aus seiner Begabung ein Potential eine sichtbare
Leistung wird, ist ein komplexer Entwicklungsprozess. Es
beschreibt die intellektuellen Fähigkeiten als einen von
mehreren möglichen Begabungsfaktoren. Daneben
beschreibt es noch kreative, soziale, praktische,
künstlerische, mythische und psychomotorische
Begabung. Ob sich die Begabung, das heißt das Potenzial
einer Person tatsächlich auch in einer besonderen Leistung,
die dem entsprechenden Bereich zeigt, hängt er aber doch
noch da. Von weiteren Merkmalen Eigenschaften der
Personen selbst sowie der Umwelt ab. Leistung auf
höchstem Niveau werden. Aber 8 wenn der zu hohe
Intelligenz zum Beispiel auch Vertrauen in die eigenen
Fähigkeiten, Durchsetzungsfähigkeit und die
Unterstützung durch die soziale Umwelt hinzu kommen
verschiedene Studien zeigen, dass die Unterstützung durch
die Eltern, das Umfeld und das Erziehungssystem
entscheidend für die Begabungsentwicklung ist. Man kann
also sagen Hochbegabte haben ein besonderes Potential.
Das sich aber nicht automatisch in der Leistung
widerspiegelt.
Differenziertes Begabungs- und Talentmodell (Gagné, 2008)
Angeborene Begabung = Wechselspiel mit Personen &
Umweltfaktoren zur sichtbaren Leistung (Talent) →
Notwendigkeit von Lernen, Training oder Übung, um
Begabungen zu fördern oder auszubilden; inkludiert Zufall
Bsp.
in Armut aufgewachsen => keine Möglichkeit auf Bildung;
schlechtes Schulsystem
Faulheit => keine Lust sich mit Thematiken
auseinanderzusetzen

Marburger Studie: ausgewählte Befunde


Hochbegabte Gruppe zeigte im Vergleich zu den durchschnittlich begabten
- Hervorragende schulische Leistung
- Keine ungünstigere psychische & soziale Entwicklung
- Hohe Lebenszufriedenheit & Wohlbefinden
- Allerdings: Gruppe von Underachievern mit Bündel ungünstiger Merkmale
Sehr positive Einschätzungen für hochbegabte Kinder
-emotional reifer eingeschätzt, konnten negative Emotionen besser regulieren, waren weniger schnell
wütend
-Leistungsfähigkeit wurde sehr viel höher eingeschätzt
-L. schätzten sie als sozial kompetenter ein (beliebter & konnten Konflikte besser regeln) → Eltern
wichen ab (wieso?)
Auch andere Studien zeigen -Hochbegabte als weniger sozial ängstlich eingeschätzt
1. Leistung
a. Intelligenz & Schulleistung = stark assoziiert, aber Teil schöpft Potentiale nicht aus
2. Psychosoziale Merkmale
a. Weniger ängstlich, hohes Selbstkonzept
b. Keine Unterschiede in Anstrengungsbereitschaft
c. Höheres Interesse an Mathe, Literatur, Musik
d. Keine Häufung psychischer Probleme (Disharmoniehypothese)
e. Sozial-emotionale Anpassung = gut
f. Probleme durch ungünstige soziale Interaktion oder fehlende Förderung
→ jedoch Kritik an Forschungsmethoden (Beratungsklietel, keine Kontrolle von Drittvariablen, korrelatives Design)

Underachievement
- Längerfristig andauernde negative Diskrepanz zwischen intellektueller Begabung (Potential) & angezeigter Leistung
- Kein einheitliches Verständnis über Größe der Diskrepanz
- Jungen doppelt so häufig betroffen, wie Mädchen
- Syndrom: geringeres Wohlbefinden, negative Einstellung, geringerer Selbstwert
- Teils schwerwiegende Verläufe mit Schulwechsel, Sitzenbleiben oder sozialen Problemen
→ gibt also auch Kinder, die hohes Potential nicht entfalten können & deutlich schlechtere Schulleistungen zeigen als man aufgrund ihrer Begabung erwarten kann
= Underachiever
Wieso? Aus Hochbegabten-Modell ableiten → ungünstige individuelle Merkmale & ungünstige Umweltbedingungen
- Individuell: Defizite in Lern- & Arbeitstechniken
- Familiäre Faktoren: Konflikte, großer Leistungsdruck, ungünstige Eltern-Kind-Interaktion, ungünstige SES (sozioökonomischer Status)
- Schulische Faktoren: wenig Differenzierung, fehlende Passung von Unterrichtsangebot & Fähigkeiten & Lernbedürfnissen, zu niedrige Erwartung der
L., Konformitätsdruck → Förderung oft nur bei sehr guter Leistung, daher oftmals für Underachiever keine explizite Förderung
(z.B. durch schnelle Auffassungsgabe keine Lerntechniken erworben → Umfang & Komplexität des Lernstoffes zu → führt dies zu Problemen
Zwischenfazit: Entwicklung Hochbegabter
- Hochbegabung nicht per se als Stressor oder mit Vulnerabilität assoziiert
- Spez. Herausfrderungen sind aber NICHT ausgeschlossen
- Interaktion mit Umwelt
- Dauerhafte schulische Unterforderung
- Mangelnde Anerkennung vorhandener Fähigkeiten
- Vermutete Vorurteile
→ Probleme nicht als direkte Konsequenz der Hochbegabung, sondern als ungünstiges Resultat der Umwelt
Diagnostik:
- Per Checklisten
- Problem: Eigenschaftslisten sind nicht empirisch gestützt
- Per Lehrkraftsurteil (Lehrernomination)
- Problem: orientieren sich an Klassenkontext, an gezeigten Leistungen statt zugrunde liegenden Potential, übersehen hochbegabte
Underachiever
- Per Tests
- Übliche Intelligenztests → differenziert gut im weit überdurchschnittlichen Bereich
→ müssen psychometrisch verlässliche Intelligenztests sein (Kurztests im Internet sind keine gute Diagnostik → gute Intelligenztestung = sehr umfangreich)
Förderung
„the idea is to teach students only what they don’t already know“ → Gleichschrittmethode beeinträchtigt insbesondere die intellektuell Begabten, die ihrer
Jahrgangsstufe oft deutlich voraus sind
→ Zile ist es, Wege zu finden, hochbegabte SuS angemessen zu unterstützen & herauszufordern
Kinder benötigen für gesunde Entwicklung → gute Passung zwischen Entwicklungsanforderungen, Angeboten der sozialen Umwelt & eigene Entiwcklungspot.
Bei dauerhafter Fehlpassung = Motivationsverlust & Leistungsabfall
Hochbegabung = Kinder sind Gleichaltrigen weit voraus & Wachstum kognitiver Fähigkeiten = schneller (Schereneffekt) → Vorsprung wird mit der Zeit immer
größer (enorme Frustration) Akzeleration = Beschleunigung: Passung zwischen Pot. der Kinder & Anforderungen der
Überblick über Fördermöglichkeiten Umwelt: wenn Kinder aufgrund hoher Fähigkeiten eingeschult werden, dann haben sie
positive Leistungsentwicklung, sonst nicht; Schuleingangsphasen → kaum Studien dazu
Überspringen einer Klasse: sehr selten. 2006/2007 nur 0,05% der Kinder überspringen
eine Klasse. Wenn dann in Primarstufe, nur selten Leistungsprobleme als Konsequenz,
positive Impulse für Entwicklung. Eher positive Befunde zu sozialer und emotionaler
Entwicklung bei Springer/innen, aber es gibt auch negative soziale Effekte- negativere
Bewertung von Klassenkameraden, besonders bei Jungen + Einstellung der
aufnehmenden Lehrkraft wichtig (Heinbokel, 1996, 2004; Hoogeveen et al., 2009)
 Rogers (2004) zieht aufgrund seiner Meta-Analyse insgesamt positive Bilanz für
Überspringer (wenn best. Voraussetzungen erfüllt sind)
Enrichment:
Schülerakademie (bekannteste in Deutschland: Deutsche SchülerAkademie, 16- tägig):
positive Auswirkungen
Arbeitsgemeinschaften:
auch positiv – Lernfreude und Interesse werden gefördert
Meta-Analysen bestätigen generell Wirksamkeit von Enrichment (Walberg, 1995; Kulik
& Kulik, 1997; Kulik, 2004), besonders wirksam sind langfristig angelegte Programme

Zusammenfassung
VL 7 Motivation
1. Motive & Motivation
2. Entwicklung der Leistungsmotivation
3. Diagnostik von Motiven & Motivationen
4. Intrinsische Motivation
5. Extrinsische Motivation
6. Zielorientierung
7. Motivationsstrings
8. Bezugsnormorientierung

1. Motive & Motivation


3 wichtige Motive
Motive = überdauernde Persönlichkeitsmerkmale, Motivationen sind auch situativ determiniert
1. Leistungsmotiv: Bestreben eine Sache besonders gut zu machen (besser als bisher, besser als andere) etwas Anspruchsvolles zu schaffen, stolz auf das
Geschaffte & eigene Kompetenz sein zu können (gibt auch situatives Leistungsmotiv)
2. Anschlussmotiv: Bestreben, freundschaftliche Beziehungen zu anderen aufzunehmen, aufrecht zu erhalten oder gestörte Beziehungen wieder
herzustellen
3. Machtmotiv: Bestreben, sich durch den Einfluss auf andere persönlich stark, bedeutsam & „groß“ zu fühlen
Motivation: psychische Kräfte, die der Zielrichtung, der Intensität & Persistenz (Ausdauer) von Verhalten zugrunde liegen (nicht direkt beobachten aber von
Verhalten erschließen)
Leistungsmotivation: Streben, Erfolg in Auseinandersetzung mit einem Gütemaßstab zu erzielen
Entstehung einer konkreten Motivation (bzw. Absicht) geht im Erwartungs-Wert-Modell der Motivation auf 2 Komponenten zurück:
- Auf die Erwartung (bzw. die subjektive Wahrscheinlichkeit) die in Frage stehende Handlung erfolgreich durchführen zu können (kann ich Handlung
durchführen?) &
- Den Wert (bzw. subjektive Bedeutsamkeit), der der Handlung und ihren Folgen zugemessen wird (ist das bedeutsam?)
Erwartungs-Wert-Modell der Leistungsmotivation
Subjektive Verarbeitung = subjektive Wahrnehmung, gleiche Situation unterschiedlich attribuieren
Fachbezogene Selbstkonzept: habe ich eine Begabung das zu lernen?

Selbstbewertungsmodell der Leistungsmotivation nach Heckhausen: Wie beurteile ich, was ich geleistet habe (Um eigene Leistung zu bewerten)
- Zielsetzung/Anspruchsniveau: Welchen Schwierigkeitsgrad hatte die Aufgabe? Was wollte ich erreichen?
- Ursachenzuschreibung: Lag es an mir, dass ich es (nicht) geschafft habe oder an der Situation/Anderen?
- Selbstbewertungsaffekt: Kann ich stolz sein? Muss ich mich schämen?

Was zählt? Motivation oder Intelligenz?

Motivation ist deutlich wichtiger als Kognition z.B. auch für Note
→ zeigen wie wichtig Motivation ist

2. Entwicklung der Leistungsmotivation


1.Freude am Effekt (3. Lebensjahr): absichtliches Herbeiführen von Effekten führt zum Ausdruck von Freude
2.Selbermachen (2. Lebensjahr): ausgeprägte Tendenz etw. selber machen zu wollen → sobald Sprachentwicklung dies zulässt, drückt Kind Wunsch verbal aus
3.Verknüpfung des Handlungsergebnisses mit eigener Tüchtigkeit (3 Jahren) Kind drückt Freude & Stolz übern Erfolg, Enttäuschung, Scham über Misserfolg aus
→ Ergebnis wird mit eigener Tüchtigkeit erklärt
4.Unterscheidung von Tüchtigkeit & Schwierigkeit (4-5 Jahren): Tüchtigkeit (internale Ursache) wird von Schwierigkeit einer Aufgabe (externale Ursache)
unterschieden. Erfolg trotz hoher Schwierigkeit wird auf hohe Tüchtigkeit attribuiert
5.Anspruchsniveausetzung (4 Jahren). Die Kombination von Tüchtigkeit und Schwierigkeit führt zu Erfolgs- und Misserfolgs-erwartungen. Die Kinder fangen an,
sich auf Grund früherer Erfolge bzw. Misserfolge Ziele zu setzen, es wird ein Gütemaßstab definiert. Als Bezugsnorm dient zunächst das bisherige Können
(individuelle Bezugsnorm). Im Grundschulalter kommt der Vergleich mit anderen hinzu (soziale Bezugsnorm).
6.Anstrengung als Ursache von Leistung (ab 5. Lebensjahr). Die sichtbare Anstrengung wird jetzt das wichtigste Erklärungskonzept für erbrachte Leistungen. Die
unsichtbare Fähigkeit spielt noch keine Rolle (haben aber noch kein ausgeprägtes Fähigkeitskonzept)
7.Fähigkeit als Ursache von Leistung (ab dem 10. Lebensjahr). Fähigkeit als Ursache muss erschlossen werden (bsp. Erfolg durch geringe Anstrengung - hohe
Fähigkeit). Die Kombination von Anstrengung und Fähigkeit gelingt.
8.Glück vs. Anstrengung als Leistungsursachen. Ab dem 12. Lebensjahr können Kinder eindeutig (richtig) ihre Leistungen auf Anstrengung bzw. Glück/Zufall
zurückführen.

3. Diagnostik von Motive & Motivationen


Projektives Verfahren zur Erfassung implizierter Motive: Der TAT
Bilder zeigen & Fragen beantworten
• Was geschieht gerade? Wer sind die dargestellten Personen?
• Was geschah zuvor? Wie begann die Geschichte?
• Was denken die Personen auf dem Bild und wie fühlen sie sich?
• Was geschieht als nächstes? Wie geht die Geschichte zu Ende?
Äußerungen werden von zwei unabhängigen Beurteilern nach einem vorgegebenen Auswertungsschlüssel kodiert
Üblicherweise wird nach den Vorgaben von Winter kodiert mit drei Maßen
• Leistungsmotiv
• Machtmotiv
• Affiliationsmotiv
Messung des Leistungsmotivs (LM) (andere Verfahren →)
LM-Gitter erfasst drei Faktoren:
HE: Hoffnung auf Erfolg
FM1: Aktive Misserfolgsmeidung: niedriges Selbstkonzept (FM = Furcht vor Misserfolg)
FM2: Furcht vor sozialen Folgen des Misserfolgs.

Items aus der AMS (Achievement Motivation Scale)


Hoffnung auf Erfolg
1. Es macht mir Spaß, an Problemen zu arbeiten, die für mich ein bisschen schwierig sind
2. Situationen, in denen ich von meinen Fähigkeiten Gebrauch machen kann, machen mir Spaß
3. Mir gefällt es, etw. Neues zu lernen, auch wenn es gerade nicht nützlich ist
4. Ich möchte gern vor eine schwierige Aufgabe gestellt werden
Furcht vor Misserfolg
1. In schwierigen Situationen, in denen viel von mir selbstständig abhängt, habe ich Angst, zu versagen
2. Schon wenn ich daran denke, vor neue & unbekannte Probleme gestellt zu werden, werde ich ängstlich
3. Es beunruhigt mich, wenn ich nicht sicher bin, dass ich es kann
4. Arbeiten, die ich nicht schaffen kann, machen mir Angst, auch dann, wenn niemand meinen Misserfolg bemerkt

4.intrinsiche Motivation
Ob jemand motiviert ist oder nicht, sagt noch wenig über Beweggründe aus → Verhalten kann intrinsisch oder extrinsisch motiviert sein:
Intrinsische Motivation:
Wunsch, den Lerngegenstand selbst zu erkunden
- Interesse, Neugier, Freude
- Flow-Erleben (Erleben vollkommen in einer Handlung aufzugehen)
- Lernzielorientierung, Bewältigungsorientierung
- Selbstbestimmung
Interesse
Interesse am Lerngegenstand ist Voraussetzung für intrinsische Motivation
Interesse als Person-Gegenstandsbezug hat
a) Emotionale Komponente („Ich mag Biologie“)
b) Wertbezogene Komponente (Bio ist wichtig für mich)
c) Kognitive Komponente (ich weiß viel über Bio)
Interesse – Leistungs(Note)-Korrelation (unterteilt nach Fachgebiet, Klassenstufe, Geschlecht)

(r = durchschnittl. gewichtete Korrelation;


k = Zahl unabh. Korrelationen;
SD = Populationsstandardabweichung)

Effekte des Interesses auf schulische Leistung


- Signifikante positive korrelative Bezüge zu Noten und Leistungstests
- Längsschnittstudien: Wechselseitige Beeinflussung von Interesse und schulischer Leistung über die Zeit
- Besonders bedeutsame Effekte des Interesses auf akademische Wahlentscheidungen (z.B. Kurswahlen in der Oberstufe), unabhängig von
Selbstwirksamkeitsüberzeugungen und Fähigkeit → Wo kann ich bessere Noten erzielen, wo bin ich begabt?
- Lernumwelten mit höheren Graden an Selbstbestimmung verstärken die Wirkung von Interesse
Rekursiven Zusammenhang → Interesse mehr Leistung, mehr Leistung mehr Interesse
Abnahme von Interesse & intrinsischer Motivation im Laufe der Schulzeit kann verursacht sein durch…
- Bestimmte Unterrichtsmerkmale, wie z.B. Vernachlässigung von Alltagserfahrungen & Interesse der SuS & restriktive, wenig Raum für
Selbstbestimmung bietende Charakter schulischer Lernumwelten
- Entwicklung zunehmend stabiler außerschulischer Interessen, Konkurrenz zu Schulfächer treten
- Wahrnehmung der eigenen Fähigkeiten, die wiederrum zu Interessenschwerpunkten führt, die die Aufgabe oder Abwertung anderer Interessensbereiche
bedingen
4 Interventionsbereiche, um der Abnahme von Interessen & intrinsischer Motivation entgegenzuwirken
- Förderung der Kompetenzwahrnehmung (eigene Lernfortschritte betonen, Erfolgserlebnisse, gerade bei den Leistungsschwächeren)
- Förderung der Selbstbestimmung (welche Aufgaben, in welcher Reihenfolge, in welcher Intensität)
- Förderung der sozialen Bezogenheit (Gruppenarbeiten, wenn diese gut vorbereitet sind)
- Förderung der Bedeutsamkeit des Lerngegenstandes (Alltagsbezüge auch für abstrakte Thematiken)

Was ist Flow-Erleben?


-völliges Aufgehen in einer Tätigkeit
-Passung zwischen Anforderung & Fähigkeit
-glatter & unterbrechungsfreier Funktionsablauf
-schnelle Folge von Aktionen & Effekten (bekommt direkt Feedback)
Bsp. Computerspiele, Sport, Musizieren mit anderen. aber auch Textlerne (wenn Lesen neugierig macht auf nächsten Satz)
Auszug aus einem Fragebogen zum Flow-Erleben
Items:
1. Ich muss mich nicht willentlich konzentrieren; die Konzentration kommt von selbst.
2. Ich bin frei von Gedanken, ob ich das besser oder schlechter mache als andere.
3. Ich lebe ganz im Augenblick; Vergangenheit und Zukunft sind mir kaum bewusst.
4. Ich vergesse, was um mich herum geschieht.
5. Ich vergesse die Zeit, habe kein Gefühl mehr, wie lange ich schon dabei bin.
6. Ich erlebe nicht mehr deutlich, dass ich es bin, der/die etwas tut; ich gehe in der Tätigkeit auf.

5. Extrinsische Motivation
Wunsch, konkrete Ziele außerhalb der Lernsituation zu erreichen (Note, Lob etc.)
- Gedanken über Bewertung eigenen Handelns (hoffentlich schaffe ich die Aufg.)
- Bemühen um soz. Anerkennung (L. wird enttäuscht sein, wenn ich das nicht schaffe)
- Wettbewerb (beste sein)
- Materielle Belohnung (Geld bei einer 1)
- Wahrgenommener Druck von anderen Personen (Mama wird schimpfen)
Korrumpierungshypothese oder ist extrinsische Motivation schädlich für Lernmotivation?
Typisches Bsp.
Lernender arbeitet ausdauernd & mit Freude an einer Aufgabe?
• Was passiert nun, wenn Lehrer oder Eltern die Erledigung dieser Aufgabe belohnen?
• Schüler nimmt an, die Aufgabe mindestens teilweise wegen der extrinsischen Verstärker bearbeitet zu haben.
• Schüler geht davon aus, dass seine intrinsische Motivation nicht ausgereicht hat zur Ausführung der Handlung; nimmt eine externale Verursachung seiner
Handlung durch die Belohnung an.
• In der Folge sinkt die Wahrscheinlichkeit des Auftretens des erwünschten Verhaltens, wenn der Schüler keine Belohnung mehr erwarten kann.
• Empirische Evidenz: Aus Experimenten, bei denen Personen Geld für bereits intrinsisch motivierte Tätigkeiten erhielten. Personen, die eine Belohnung
erhielten, brachen die Tätigkeit anschließend schneller ab als Personen, die keine Belohnung bekamen.
• Meta-Analysen zeigen, dass Korrumpierungseffekte dann auftreten, wenn die Belohnung deutlich wahrnehmbar dargeboten ist (wie bsp. bei
finanziellen Verstärkern), dass hingegen verbale Bekräftigung und Kompetenzrückmeldung eher zu einer Steigerung der Motivation führen.
• Korrumpierungseffekt ist eher Ausnahme als Regel!
• Insbesondere verbale Verstärkung ist geeignet, die Lern- und Leistungsbereitschaft zu erhöhen!
Wie wirkt also extrinsische Motivation? Durch Internalisierung von Handlungszielen, die außerhalb der Lernsituation bestehen
Stufen der Internalisierung äußerer Handlungsziele:
Vorstufe: Externale Regulation (externe Belohnung oder Bestrafung: äußerer Druck)
1. Stufe: Introjizierte Regulation (innerer Druck: z.B. schlechtes Gewissen)
2.Stufe: Identifizierte Regulation (Ziele werden persönlich wichtig)
3. Stufe: Integrierte Regulation (Integration der Ziele ins Selbstkonzept)
Extrinsisch motiviertes Verhalten kann also sehr zentral für Personen sein!
Zielorientierung = Teilbereich motivationaler Variablen: ähnlich wie bei intrinsischer bzw. extrinsischer Motivation geht es um Aufgaben- oder Folgeorientierung.
Welche Ziele verfolgen SuS in Leistungssituationen?
• Lernzielorientierte Personen sind am Lernzuwachs interessiert (aufgabenorientiert) (Aufgabe selbst oder Handlung macht Spaß)
• Leistungszielorientierte Personen sind daran interessiert, Leistung zu demonstrieren bzw. zu verbergen (folgenorientiert also bei Misserfolg verbergen)
• Anstrengungsvermeider wollen keinen Aufwand treiben

Lernzielorientierte Personen (gehen proaktiv mit Lernsituationen um)


• suchen Lernsituationen auf,
• suchen Rückmeldung über die Angemessenheit ihres Vorgehens
• bewältigen Misserfolg durch Anstrengung
Leistungszielorientierte Personen
• sehen Aspekte der Bewertung im Vordergrund,
• suchen Belohnung (demonstrieren Kompetenz),
• meiden Bestrafung (verbergen geringe Fähigkeit)
• reagieren hilflos auf Misserfolg
Operationalisierung der Zielorientierung (Messinstrumente)
Lernzielorientierung
„Ich fühle mich im Unterricht wirklich zufrieden, wenn...
... die Aufgaben von mir wirkliches Nachdenken verlangen,
... der Unterricht mich zum Nachdenken bringt,
... ich die ganze Zeit intensiv beschäftigt bin.“
Leistungszielorientierung
„Ich fühle mich im Unterricht wirklich zufrieden, wenn...
... ich mehr Aufgaben richtig habe als meine Klassenkameraden,
... ich zeigen kann, dass ich ein schlauer Typ bin,
... ich bessere Noten bekomme als die anderen.“
(von 1 = trifft überhaupt nicht zu bis 4 = trifft völlig zu)
Fazit:
• Intrinsische und extrinsische Motivationen können lernförderlich sein.
• Interesse zu wecken/zu erhalten ist Aufgabe von Unterricht.
Motivationstrainings
3 Ziele von Motivationstrainingsprogrammen (entsprechen Bewertungsmodell von Heckhausen)
1. Realistisches Anspruchsniveau (Ziele zu setzen bzw. Aufgaben zu suchen, die mit Anstrengung zu schaffen sind, ohne jedoch nicht („mittelschwere
Anforderungen“)
a. Zielsetzung/Anspruchsniveau: Welchen Schwierigkeitsgrad hatte die Aufgabe? Was wollte ich erreichen?
b. Ursachenzuschreibung: Lag es an mir, dass ich es (nicht) geschafft habe oder an der Situation/Anderen?
c. Selbstwertungsaffekt: Kann ich stolz sein? Muss ich mich schämen?
2. Motivationsgünstige Ursachenklärungen: Erfolge eigener Anstrengung & Kompetenz zuschreiben bei Misserfolgen nach kontrollierbaren Ursachen
zu suchen (z.B. zu geringe Anstrengung; falsches Vorgehen; zu hohes Ziel) evtl. auch noch „Pech“ als Ursache)
3. Selbstbewertung
a. Freude/Stolz über eigene Erfolge soll größer sein als Niedergeschlagenheit/Beschämung nach Misserfolgen
b. Bewertung des eigenen Abschneidens soll sich an eigenen früheren Leistungen ausrichten (individuelle Bezugsnorm), ohne das Abschneiden
von anderen (=soziale Bezugsnorm) oder sachinhärente Standards (=sachliche Bezugsnorm) zu ignorieren
Richard de Charms (1979) Origin-Pawn Konzept = Training der Leistungsmotivation
→ Konzept der kausalen Autonomie
Origin = Urheber von Ereignissen „Meister“ Origins haben Erwartung, das Ergebnis beeinflussen zu können
Pawn = passives Opfer „Marionette“ Pawns haben Erwartung, dass das Ergebnis durch die Situation bestimmt ist und sie es nicht
→ Ziel in SuS: sie sollen das Gefühl vom Origin erfahren beeinflussen können
SuS….
1. lernen, sich realistisch, aber anspruchsvolle Ziele zu setzen
2. lernen eigene Stärken & Schwächen kennen
3. gewinnen Vertrauen in die Wirksamkeit eigenen Handelns
4. im Vorhinein konkrete Verhaltensweisen zu bestimmen, mit denen sie ihr Ziel erreichen wollen
5. erwerben Strategie, sich präzise Rückmeldungen einzuholen, ob sie ein Ziel erreicht haben
6. übernehmen Verantwortung für ihr eigenes Verhalten & dessen Folge

Gegenüberstellung von Merkmalen der Origins & Pawns


Struktur des Origin-Trainings:
Lehrer-Training
Übungen: Wurfringspiel, Bauklötzchenspiel, Blindenführerspiel, Rollenspiele,
Meister- und Marionetten-Spiel
Schüler-Training
Rechtschreibspiel, Behandlung als Marionette, Rollenspiele
Grundbedingungen der Motivationsförderung & zugehörige Übungen
1. Selbstbeobachtung
Beispielübung: „Wie ich wirklich bin“
2. Leistungsmotivation
Beispielübung: „Geschichten zum Thema Leistung“
3. Zielgerichtetes Verhalten
Beispielübung: „Rechtschreibspiel“

Selbstbeobachtung „Wie ich wirklich bin“ Ziel: Selbsterfahrung zu machen


Ziel: Selbsterfahrung; über sich selbst nachdenken Dauer: 10 Wochen Was? Schülernotizen zum Thema jeweils am Anfang und Ende der Woche in ein Extraheft
Zudem: 1 Thema pro Woche:
• Wovon ich am liebsten träume
• Wenn ich drei Wünsche frei hätte
• Die ideale Familie
• Ich bin irgendwie anders
• Worüber ich mich ärgere
• Mein größter Erfolg
• Wenn ich mutlos bin, dann...
• Wozu soll ich mir Mühe geben?
• Auch aus Fehlern kann man lernen
• Der Mensch, der ich gern sein möchte

Leistungsmotivation: Geschichte zum Thema Erfolg


Ziel: Stärkung der Leistungsmotivation ohne Konkurrenz Dauer: 10 Wochen
Vorgehen: Schüleraufsätze zu einem von vier Oberthemen, die mit Unterthemen verknüpft wurden und so das Gerüst für den Aufsatz vorgaben.
Oberthemen:
• Wettbewerb mit anderen
• Wettbewerb mit eigenem Leistungsstandard
• Einmalige Leistung
• Langfristiges Engagement
Unterthemen, z.B:
• Äußerung des Wunsches, Erfolg zu haben
• Äußerung eines Hilfeersuchens an andere
• Äußerung der Vorfreude auf Erfolg
• Äußerung der Furcht vor Mißerfolg
Zielgerichtetes Verhalten: Rechtschreibe-Spiel
Ziel: Fähigkeit zur realistischen Zielsetzung Dauer: 5 Wochen
Montags jeweils: Rechtschreibe-Worttest: Lehrer notiert falsch geschriebene Wörter
Dienstags und Mittwochs: Üben neuer Wörter
Donnerstags: Mannschaftsspiel, in dem Schüler leichte (vorher richtig geschriebene), mittelschwere (vorher falsch geschriebene, aber geübte) und schwere (neue)
Wörter für sich zum Schreiben auswählen konnten., Bei richtiger Schreibweise gibt es 1,2 oder 3 Punkte.

Projekt: wurde Längsschnittliche Studie → unmittelbare Effekte des Trainings; Versuchsgruppe schnitt in einem Leistungsvergleich auch besser ab
Bezugsnormorientierung - alltägliches Motivationstraining
3 SuS mit A,B,C → unterschiedliche Leistungsniveaus mit 3 verschiedenen Bezugsnormen
1 → alle SuS haben einen Leistungsfortschritt
2 → produziert Verlierer & Gewinner; zu jedem Zeitpunkt wird die Leistung der 3 SuS verglichen → es
gewinnt immer A und C verliert immer
3 → das Kriterium zum inhalt erreichen und das alleine zählt → also hier kein Vergleich

Schema idealtypischer Unterschiede der Bezugsnormorientierung

Sanktionsstrategie = Lob oder Tadel


Sozialer Vergleich: setzt Angebungsgleichheit voraus → wenn man
unterschiedliche Aufgaben gibt, wie schneiden sie ab
Individueller Vergleich: Prinzip der Passung → Aufgaben, die ans
Leistungsniveau
motivational bessere → individuelle Bezugsnorm-Orientierung

Items aus Fragebogen zur Erfassung der BZNO


Leistungsvergleich
Beispielitems:
„Ehe ich bei einem Schüler von einer „Leistungsverbesserung“ sprechen kann, muss der Schüler wiederholt Leistungen zeigen, die über dem Klassendurchschnitt
liegen.“
„Wenn ich die Leistung eines Schülers beurteilen will, so vergleiche ich sein erzieltes Ergebnis nicht so sehr mit entsprechenden Ergebnissen seiner
Klassenkameraden, sondern stärker mit den Ergebnissen, die dieser Schüler zuvor bei vergleichbaren Aufgaben erzielt hat.“

Items aus dem FEBO


Kausalattribuierung → Annahmen des Lehrers über Begabung
Beispielitems:
„Ich wäre mir meist recht unsicher, wenn ich die Begabung oder Intelligenz eines Schülers einschätzen sollte.“
„Ich finde es meist recht schnell heraus, wie begabt ein Schüler ist.“
Individualisierungstendenz → Aussagen zur intendierten Schwierigkeitsdosierung sowie Aussagen zur Unterrichtsorganisation.
„Ich halte es für gerecht, allen Schülern einer Klasse Aufgaben vom gleichen Schwierigkeitsgrad zu stellen.“
„Ich sorge in meinen Stunden oft dafür, dass verschiedene Schüler verschieden schwierige Aufgaben bearbeiten.“
Erwartung → Aussagen zur Vorhersage bzw. Vorhersagbarkeit von Schulleistungen
„Nach meinen Erfahrungen bleiben Leistungen, die SuS im Laufe eines Jahres zeigt, abgesehen von kurzfristigen Schwankungen meist auf dem gleichen Niveau.“
„Meistens haben sich meine Vermutungen darüber, wie ein Schüler am Schuljahresende abschneiden wird, in meinen Fächern bestätigt.“
Sanktionierungsstrategie.
„Wenn ich mich zur Leistung eines Schülers lobend oder tadelnd äußere, so hängen Lob und Tadel vornehmlich davon ab, ob diese Leistung über oder unter dem
Klassendurchschnitt liegt.“
„Wenn ich mich zur Leistung eines Schülers lobend oder tadelnd äußere, so hängen Lob und Tadel vornehmlich davon ab, ob diese Leistung über oder unter seinen
vorherigen Leistungen liegt.“
Fragebogen zur Erfassung der von SuS wahrgenommenen BZNO der Lehrer
Skala SPLB – Beispielitems
1. Wenn ich mich besonders angestrengt habe, lobt mich der Lehrer meistens, auch wenn viele Schüler noch besser sind als ich.
2. Unser Lehrer bemerkt immer sofort, wenn sich meine Leistungen verbessern oder verschlechtern.
3. Wenn ein schwacher Schüler sich verbessert, bedeutet das bei unserem Lehrer eine „gute Leistung“, auch wenn der Schüler immer noch unter dem
Klassendurchschnitt liegt.
4. Unser Lehrer achtet bei der Leistungsbeurteilung nie darauf, ob sich ein Schüler verbessert oder verschlechtert hat.
5. Der Lehrer lobt einen Schüler nur, wenn er sich im Vergleich zu seinen Klassenkameraden verbessert hat.
Ergebnisse empirischer Untersuchungen
Fazit
- Intrinsische Motivation ist ein Bildungsziel an sich
- Interesse zu fördern als zentrale Aufgabe der Schule
- Extrinsisch Information kann ggf. positiv wirken
- Lehrkräfte können Motivation fördern

VL 8 – Attribution = Ursachenzuschreibung
-Die Attributionsforschung befasst sich mit den von Personen (z.B. Lehrern, Schülern,
Eltern) wahrgenommenen Ursachen von Ereignissen (z.B. Schulnoten)
(es geht nicht um tatsächliche Ereignisse, sondern um von Personen wahrgenommene
Ursachen von Ereignissen
(z.B. 3 in Klassenarbeit kann von den personen auf versch. Ursachen zurückzuführen sein)

-Leistungsergebnisse können auf Fähigkeit, Anstrengung oder die Umstände (Schwierigkeit


der Aufgabe & Glück/Pech) zurückgeführt werden
-Bedürfnis, Ereignisse zu erklären – insbesondere negative oder unerwartete (Funktion:
Misserfolge vermeiden, Affekte regulieren)

Kovariationsprinzip (Kelley) → Aussagen darüber welchen Faktoren Personen Ereignisse zuschreiben sollten, wenn sie rational vorgehen (ist nicht immer der Fall)
→ bestimmte Ursachen sollten im Vordergrund gesehen werden wenn bestimmte Infos vorliegen

Konsistenz = S. der best. Leistungen erbracht war → war das vorher schon
vorhanden (Konsistenz hoch) oder ob es sich um einen Ausreißer handelt
Distinktheit: ob ein SuS, der bsp. Klassenarbeit zurückbekommen hat → ob er
in ähnlichen Fächern, Aufgaben ähnliche Leistungen erzielt
Distinktheit hoch, wenn SuS nur in diesem fach gut ist und nicht in anderen,
Distinktheit = niedrig, wenn es in anderen Fächern auch so ist
Konsensus: Wie Leistung des einzelnen im Vergleich zu anderen ist → wenn
übereinstimmt, dann Konsensus hoch

Ursachen lokalisiert in
1.Entität (zum Fach oder Aufgabe zählen) → wenn alles hoch, dann ist SuS nur in diesem Fach gut; das Fach ist als nicht so schwer zu beurteilen → rationale
Attribution wäre also eine auf das Fach
2.Umstände (wenn Konsistenz niedrig (Ausreißer), Konsensus ist niedrig (nur dieser S. ist gut) → besondere Umstände: ggf Klassenarbeit zu leicht nur für
spezifischen SuS (besser als seine SuS, weil Konsenus niedrig war
3.Personen (Attribution auif die Personen → Begabung der Person, sehen L. als Ursache für Leistung, wenn Konsensus & Distinktheit niedrig ist & Konsitenz hoch
(also S. immer gut im Gegensatz zu anderen)
Bsp. Warum bin ich in der Klausur durchgefallen?
Fall I:
• „Nur in dieser Klausur war ich schlecht“ (Distinktheit hoch)
• „Andere sind auch durchgefallen“ (Konsens hoch)
• „Bei dieser Klausur sind auch früher viele durchgefallen“ (Konsistenz hoch)
• Attribution: Die Klausur ist schuld, Attribution auf die Entität
Fall II:
• „Nur in dieser Klausur war ich schlecht“ (Distinktheit hoch)
• „Nur ich bin durchgefallen“ (Konsens niedrig)
• „Bei dieser Klausur ist auch früher kaum jemand durchgefallen“ (Konsistenz niedrig)
• Attribution: Besondere Umstände sind schuld.
.Fall III:
• „Sonst bin ich auch nicht gut in Klausuren“ (Distinktheit niedrig)
• „Nur ich bin durchgefallen (Konsens niedrig)
• „Ich bin schon mal durchgefallen“ (Konsistenz hoch)
• Attribution: „Ich bin schuld“, Attribution auf die Person
Leistungskontext: 4-Felder-Schema der Kausalfaktoren (Weinert 1971)
Die 4 Faktoren unterscheiden sich auf 2 Dimensionen
1. Stabilität: unterscheiden, ob Ursachenfaktor stabil oder variabel ist
2. Lokation: ob Faktor innerhalb der Person oder außerhalb der person (external)
Klassifikation internaler Ursachen anch Stabilität & Kontrollierbarkeit

Vielzahl
unterschiedlicher
Dimensionen für
Klassifikation von
Kausalfaktoren →
kontrollierbar & nicht-
kontrollierbar
Korrelate & Effekte von Attributionen (Sader & Weber 2000)
• Tendenz nur eine Ursache zuzuschreiben
• Fundamentaler Attributionsfehler: Bei Erklärung von Verhalten wird Bedeutung von Persönlichkeitsmerkmalen überschätzt und situative Faktoren
unterschätzt --> besonders kritisch für professionelles Verhalten in Erziehungskontexten
• Handelnder vs. Beobachter: als Handelnder (Ursachen sieht man eher außerhalb von dem Handelnden z.B. Lehrerschuld) eher Attribution auf Situation
als Beobachter (Beobachter sehen eher auf Person → SuS-Schuld)
• Gefühle von Hilflosigkeit bei Attribution auf stabile, nicht kontrollierbare Ursachen
• Bedeutsame Effekte auf Verhalten in Leistungssituationen (emotionale Verarbeiten von Leistungssituationen: besser externale Ursachen als internale
(z.B. Begabung), bei Erfolg (besser liegt es bei einem → Begabung als Glück)
→ Relevanz für Lernen & Leistungssituation: also Situationen wählen, wo die Ergebnisse nicht auf der mangelnden Begabung von SuS fokussiert

Spezifisches Attributionsmuster (geschlechtsspezifische Unterschiede)


Jungen
• sehen sich stärker als Urheber ihres Erfolges = self-serving bias (sich überschätzen Personen, die eigene Verantwortung an Erfolgen verstärkt, Misserfolge
eher unterbewerten)
• profitieren von Fähigkeitszuschreibungen
• zeigen mehr Stolz
Mädchen
• stabile Misserfolgszuschreibungen
• variable Erfolgsattributionen
• attribuieren ungünstig besonders in Mathematik
• profitieren von Anstrengungszuschreibungen (können von Anstrengung besser profitieren und sehen das auch als Grund für Leistungen)
Insgesamt:
• Überschätzung im Vorschulalter
• Übergang zur Sekundarstufe verändert Muster in Anhängigkeit der Leistungszusammensetzung
Zusammenfassung
• Motivation entsteht aus Zusammenspiel von Personen- und Situationsmerkmalen
– Auf beide Aspekte kann Einfluss genommen werden
– Training des Leistungsmotivs zu mehr „Hoffnung auf Erfolg“
– Bezugsnormorientierung als Maßnahme im Unterricht
• Attributionen spielen im Leistungskontext eine große Rolle
– Haben Effekte auf Lernverhalten, Motivation und Leistung
– Lokalisation innerhalb und außerhalb der Person, stabil/variabel/Kontrollierbar/unkontrollierbar
• Intrinsische Motivation ist ein Bildungsziel an sich
• Interesse zu fördern als zentrale Aufgabe der Schule
• Extrinsische Info kann ggf. positiv wirken
• Lehrkräfte können Motivation fördern
• Attribution beeinflusst Motivation & Emotion
• Leistungsrückmeldungen, besonders negative, sollten internal & variabel attribuiert werden
• Attribution sind oft selbstverdienlich

VL 9 - Selbstkonzept – Was kann ich? → Selbstbild – Verzerrung?!


Selbstkonzept: Relevanz in Pädagogischer Psychologie
Vermittlung eines positiven Selbstkonzepts = wichtiges Erziehungsziel = positive Selbstbewertung wichtig für psychisches Wohlbefinden & schulische Leistung ist
Was versteht man unter Selbstkonzept
• Selbstkonzept = Vorstellungen, Einschätzungen und Bewertungen, die die eigenen Person betreffen
• Kann sich auf einzelne Facetten beziehen (ich bin gut in Mathematik)
• Kann sich auf die gesamte Person beziehen (ich wünschte ich wäre jemand anderes)
• Fast synonym Begriffe: Selbstwertgefühl, schulbezogene Selbstkonzepte: Fähigkeitsselbstkonzept, Selbstkonzept der Begabung
→ Wo im Erwartung-Wert-Modell → Erwartung „Kann ich das lernen?“ (kognitive Bewertung von Möglichkeiten, Kapazität (wird gespeist aus Attribution/von
anderen Leistungen)
Modell von Shavelson et al. 1976 Modell von Marsh et al. 1988

Hierarchisches Selbstkonzept: Struktur oben sehr fest und unten sehr variabel → fachspez. Selbstkonzept variabel: jedoch Forschung hat das widerlegt: Stabilität
steigt nicht mit Hierarchiestufe, sondern eher absinkt
Marsh: akademisches Selbstkonzept: nicht als einheitlichen Block einteilbar → sondern in verbales & mathematischen Selbstkonzept
− Multidimensionale Struktur
• Zunehmende Differenzierung im Laufe der Entwicklung
- Hierarchische Struktur
• An der Spitze ist g-Faktor
• Hierarchische Struktur wurde über die Zeit gelockert
• Verbales und mathematisches Selbstkonzept sind unkorreliert
Determinanten des Selbstkonzepts (Wie entstehen die Selbsteinschätzungen der eigenen Fähigkeiten → durch 3 Vergleiche)
• Soziale Vergleiche: Wie gut bin ich im Vergleich zu anderen?
• Temporale Vergleiche: Wie gut bin ich im Vergleich zur letzten Arbeit?
• Dimensionale Vergleiche: Wie gut bin ich in einem Bereich im Vergleich mit einem anderen Bereich?
Aufwärtsvergleiche (mit Besseren, auch bessere eigene Leistungen) wirken negativ auf das Selbstkonzept, Abwärtsvergleiche (mit Schwächeren, auch schwächere
eigene Leistungen) positiv
Soziale Vergleiche
Big-Fish-Little-Pond Effekt
- Soziale Vergleichsprozesse (in Abhängigkeit von der Leistungsstärke der Bezugsgruppe z.B. Schulklasse)
- Selbstkonzept ist vom mittleren Niveau der Klasse abhängig (kleiner Fisch im großen Teich oder großer Fisch im kleinen Teich
- Beispiel: Übergang Grund- und Sekundarschule
- Selbstkonzept steigt, wenn Umgebung leistungsschwächer ist
- Leistung profitiert allerdings von leistungsstarker Umgebung

2 SuS als Fische dargestellt


-beide haben gleiche Fähigkeiten, jedoch sieht der eine S. sich
als eher unterdurchschnittlich, weil die Klasse sehr
leistungsstark ist
-der S. aus Klasse B ist in einer leistungsschwachen Klasse und
hat daher ein verstärktes Selbstkonzept
→ Leistungsstärke der Umgebung hat ein Einfluss auf das
Selbstkonzept = steigt, bei Leistungsschwächeren Umgebungen
Leistungstechnisch profitiert man von leistungsstärkeren
Schulformen
Auf Gemeinschaftsschule jedoch besseres Selbstkonzept &
bessere Noten aber leistungsstarke werden da nicht so gefördert

Temporaler Vergleich
− Vergleich der aktuellen Leistungen mit früheren Leistungen
− anfängliche Dominanz temporaler Vergleiche
• durch schulische Sozialisation verdrängt
• temporale Vergleiche liefern Anhaltspunkte zur Einschätzung der eigenen Leistungsentwicklung
temporale Vergleiche bei begabten Kindern: bei hoher Fähigkeit ist Vergleich
Dimensionale Vergleiche
Dimensionale Vergleiche sind Vergleiche der eigenen Leistung in einem Fach mit der eigenen Leistung in einem anderen Fach. Sie beeinflussen ebenfalls das
Selbstkonzept der Begabung. Sie führen zur Ausdifferenzierung von Leistungen und Interessen.
Bsp: Stellungnahme von Günther Grass
„Bei anhaltender Schieflage stand ich permanent auf der Kippe. Der Eins in Deutsch stand die Fünf in Mathematik gegenüber. Die Eins in Zeichnen konnte die stets
drohende Fünf in Latein nicht aufwiegen. Gerade noch schaffe es die Zwei in Geschichte & Erkunde, die Vier in Englisch zu relativieren.“
→ Sport ist eines der Fächer, wo es keine Korrelation zu den Leistungen in anderen Fächern gibt
Internal/external-Frame of Reference
Stammt auch von Marsh → komplexer Zusammenhang (zwischen Mathe & Sprache → schneiden gut in beidem ab), wer gute Leistungen im einen Bereich zeigt,
dann wird auch eine gute Leistungen im anderen Bereiche erbracht habe
Gute Leistungen in dem Fach → hohes Selbstkonzept wird gebildet → soziale Vergleiche (Leistungen zwischen Mitschülern → Leistungen korrelieren hoch positiv
mit entsprechenden Selbstkonzepten
Dimensionale Vergleiche = sind Vergleiche mit z.B, Matehleistung mit verbalen Leistungen (nehmen Unterschiede ziemlich deutlich wahr → sehr gute verbale
leistung führt zu einem schlechten Selbstkonzept in Mathe; sehr gute Matheleistung führt dazu, dass man ein schlechteres verbales Selbstkonzept hat)
Folge der sozialen Vergleiche: Korrelation liegen eher bei 0, sehr mysteriös, da ja die leistungen hoch positiv korreliert sind

Phänomen: Selbstkonzepte im Mathe und Deutsch sind nur gering korreliert, aber Leistungen sind deutlich korreliert
Prozesse:
Vergleich mit anderen Schülern: Soziale Vergleich führen dazu, das gute Schüler auch ein hohes Selbstkonzept haben
Dimensionaler Vergleich: Mathe und Deutschleistung vergleichen: Unterschiedliche Bewertung der Leistung in den Domänen
→ soziale Vergleiche stärker als dimensionale
Selbstkonzept & Leistung
• Skill-Development Ansatz: (Also wie Leistung das Slebstkonzept beeinflusst)
- Leistung → Selbstkonzept
- „objektive“ Leistung übersetzt sich nicht direkt in „objektives“ Selbstkonzept, wirkt aber stark in die Richtung
• Self-Enhancement Ansatz
- Selbstkonzept → Leistung (auch zukünftige Leistung beeinflusst, da gutes Selbstkonzept auch zu guten leistungen führt)
- Effekt in vielen empirischen Studien gesichert
- Höheres Engagement und Anstrengungsbereitschaft
Zusammenfassung
• Attribution
– Ursachenzuschreibung mit wichtiger motivationaler Funktion
– Misserfolg: internal, variabel und kontrollierbar sagt spätere Motivation vorher
– Misserfolg: internal, stabil und nicht kontrollierbar führt zu weniger Anstrengungsbereitschaft
• Selbstkonzept als Ziel schulischer Bildung
– Soziale Vergleichsprozesse: Big-Fish-Little-Pond
– Temporale Vergleiche
– Dimensionale Vergleiche: I/E-Modell
– Selbstkonzept hat Effekt auf Leistungsentwicklung
Ursachenbeschreibung haben Einfluss auf Selbstkonzept

VL 10 – Emotionen
Wir wissen, dass Lehrkräfte, die ihre eigenen Emotionen kennen und regulieren sowie die Emotionen ihrer Schülerinnen und Schüler verstehen und nachvollziehen
können, zufriedener mit ihrem Beruf sind und eine bessere Beziehung zu ihren Schülerinnen und Schülern aufbauen können. Daher beschäftigen wir uns in dieser
Vorlesung mit den Emotionen.
1. Emotionen: Was macht sie aus und wie entstehen sie?
2. Emotionsregulation: Welche Strategien gibt es, die das Erleben verändern können?
3. Emotionen im schulischen Kontext: schulische Ängste
4. Fazit
1.Emotionen: Was mach sie aus?

Emotionen bestehen aus verschiedenen Komponenten:


• Affektiver Kern: Emotionen spürt man, denn sie sind keine reinen
Gedankeninhalte und jede Emotion wird durch ein typisches psychisches
Erleben gekennzeichnet. In der Forschung wurde der affektive Kern bzw.
das subjektive Erleben von Emotionen häufig über Metaphern erfasst, die
von Probanden geäußert wurden (z.B. Ärger – Hitze, Druck; „I was very
angry, and if steam could come out of my nose and ears...“).
− Barnow (2015, S.63): „Mit der subjektiven Erfahrung ist die emotionale
Tönung gemeint, also das, was Sie ganz persönlich empfinden. Nicht immer
ist das subjektive Erleben wirklich so eindeutig benennbar. Oft fühlt es sich
einfach nur schlecht an oder Sie fühlen sich angespannt oder gar leer.“

• Physiologische Erregung: Körperreaktion, die sich z.B. in Herzklopfen, Ausbruch von Schweiß, Weitung der Pupillen, Atmung äußert.
Zusammengefasst kann man sagen, dass sich die allgemeine Anspannung oder der Erregungszustand verändern.
• Gedankeninhalte: Es werden emotionstypische Gedankeninhalte generiert – bei Angst sind dies beispielsweise Gedanken an die Konsequenzen eines
möglichen Scheiterns („Was werden meine Eltern sagen, wenn ich wieder mit einer schlechten Note nach Hause komme?“ „Wie erkl äre ich der
Schulleitung, dass meine Klasse im Vergleich zur Parallelklasse viel schlechter abschneidet?“)
• Ausdrucksverhalten: verbales und nonverbales Ausdrucksverhalten, welches die Emotion nach Außen trägt und für andere sichtbar werden lässt
(sozialer Aspekt).
• Handlungsimpuls: Emotionen lösen Verhaltensweisen aus. Das kann durchaus unangenehm sein, wenn man unter einer Emotion quasi fremdgesteuert
handelt und dieses Verhalten im Nachhinein bereut. Allerdings sind Emotionen in der Regel ein guter Hinweisgeber für das richtige Verhalten in der
entsprechenden Situation (der Nutzen von Emotionen wird in der 4. Sitzung genauer angesprochen, deshalb würde ich hier noch nicht genauer darauf
eingehen, dass sie evolutionspsychologisch gesehen ein überlebensförderliches Werkzeug sind).
Die Emotionskomponenten sind mit verschiedenen Funktionen verbunden:
• Der affektive Kern/das subjektive Empfinden geht primär mit der Funktion der Überwachung einher. Wenn man z.B. Angst empfindet, erlaubt dies,
Maßnahmen einzuleiten, die Angst zu reduzieren (und sich selbst somit zu schützen) und wenn man dann weniger Angst empfindet, wird ein Feedback
gesendet, dass die Angstregulation erfolgreich war. Der affektive Kern/das Subjektive Empfinden ist neben der Überwachung wichtig für die
Koordination von Emotionen in sozialen Interaktionen.
• Gedankeninhalte/die Bewertungskomponente ist mit der Bedeutungszuschreibung assoziiert. Kognitiv eine emotionale Situation zu durchlaufen,
erlaubt dem Individuum zu erkennen, ob es sich um eine relevante oder irrelevante Situation handelt, die Gründe und Konsequenzen einer Situation zu
verstehen und emotionales Wissen mit anderen Menschen zu kommunizieren. Zum Beispiel kann ein Schüler/eine Schülerin einem anderen Schüler/einer
anderen Schülerin erklären, dass Lernen vor einer Klausur sehr hilfreich sein kann, um die Angst vor der Klausur zu verringern (wenn gelernt wurde, ist
die subjektiv gefühlte Kontrollierbarkeit der
Prüfungssituation vermutlich stärker ausgeprägt – „Ich habe mich gut vorbereitet und kann die Fragen bestimmt gut beantworten“ – und sorgt für eine
Abschwächung der Angst).
• Emotionen mobilisieren unseren Körper für bestimmte Handlungen, die unter einer Emotion favorisiert werden, z.B. Kampf oder Flucht in Situationen
des Ärgers oder der Angst.
• Das Ausdrucksverhalten/die motorische Komponente dient als Informationsquelle für Interaktionspartner. Sofern sie Emotionen gut deuten können,
können Sie auf Basis der gegebenen Informationen (zusammengezogene Augenbrauen, starrer Blick) darauf schließen, wie man am besten mit dem
Interaktionspartner umgeht (sieht nach Wut aus – lieber vorsichtig agieren).
Wie entstehen Emotionen?

Appraisal-Ansatz:
Schon Epiktet stellte heraus, dass unsere Interpretation der Ereignisse
maßgeblich für das Emotionserleben sind. Was er nur auf
„Beunruhigung“ bezogen hat, lässt sich allgemein auf alle möglichen
Emotionen beziehen.
Ereignisse führen also über die Bewertung zur Emotion.

In Übereinstimmung mit dem oben angeführten Zitat zeigen aktuelle


Erkenntnisse aus der Emotionsforschung, dass nicht die Ereignisse
selbst, sondern die individuelle Interpretation bzw. Bewertung der
Ereignisse maßgeblich für unser Emotionserleben sind. Deshalb
reagieren Personen auf ein und dasselbe Ereignis oftmals mit
unterschiedlichen Emotionen (Frenzel, Götz & Pekrun, 2015).

Im Rahmen der Bewertung werden unterschiedliche Aspekte des Ereignisses getrennt voneinander eingeschätzt. Die Konstellation dieser sogenannten Appraisals
(=Bewertung) definiert in der Folge, welche Emotion man erlebt. Lazarus‘ Modell (Lazarus, 1991; Smith & Lazarus, 1993) zur Systematisierung von Appraisals
hat dabei weite Verbreitung gefunden. Er unterscheidet primäre von sekundären Appraisals:
Primäre Appraisals → wird Beurteilung der persönlichen Bedeutsamkeit einer Situation (wichtig vs. unwichtig) sowie eine Beurteilung der Valenz (positiv
vs. negativ bzw. im Einklang/nicht im Einklang mit den eigenen Bedürfnissen) vorgenommen.
Sekundäre Appraisals → wird beurteilt, wie die Situation zustande gekommen ist (fremdverursacht vs. selbstverursacht), ob man über geeignete und ausreichende
Ressourcen verfügt, um mit der Situation umzugehen und ob zu erwarten ist, dass sich die Situation ändert.
Emotionskonzept – Wie entstehen Emotionen?

Je nachdem, wie man eine Situation einschätzt, wird man emotional reagieren,
wobei spezifische Konstellationen von Appraisals definieren, welche Emotion
man erlebt (z. B. Scherer, Schorr & Johnstone, 2001).
Beispiele (Frenzel, Götz & Pekrun, 2015)
• Emotion Dankbarkeit in Situationen auf, die wir als persönlich
relevant, positiv und
durch andere Personen verursacht erleben
• Ärger entsteht, wenn wir den Eindruck haben, dass etwas
persönlich Bedeutsames, Negatives eingetreten ist, das vermeidbar
gewesen wäre
• Angst erleben wir, wenn etwas Negatives, persönlich Relevantes
mit gewisser Wahrscheinlichkeit auftreten kann, wir aber nur über
wenige Ressourcen verfügen, um es abzuwenden.

Funktion von Emotionen


Emotionale Reaktionen sind im Laufe der Evolution entstanden, um uns zu helfen, unsere Bedürfnisse zu schützen und unsere Ziele möglichst gut zu erreichen.
(Berking 2007)
Warum haben wir Emotionen?
• Emotionen sind ein evolutionärer Mechanismus, um unser Überleben zu sichern. Früher war es so, dass die emotionaleren (Ur-)Menschen besser und
schneller in der Lage waren, auf die Anforderungen der Umwelt zu reagieren und dementsprechend durch ihr längeres Überleben mehr (emotionale)
Nachkommen großziehen konnten.
• Sie geben uns Hinweise auf die mit der aktuellen Situation verbundenen Sicherheit oder Gefahr und bereiten unseren Körper darauf vor, entsprechend
so zu handeln, dass die Situation möglichst schadlos und zum eigenen Vorteil bewältigt wird.
Zeitlicher Verlauf negativer Emotionen
Bezüglich negativer Emotionen:
• Unterscheidet man nun einen gesunden Umgang von der ungesunden Variante des
Umgangs mit Emotionen, lässt sich Folgendes festhalten:
• Emotionen tragen uns Informationen durch das charakteristische Erleben
(affektiver Kern) zu.
• Da es sich um ein Signal handelt, welches uns eine Information übermitteln
soll, liegt es in der Natur einer Emotion schnell abzuklingen – ansonsten
verliert sich der Signalcharakter: Ein Signal, welches immer blinkt, hilft mir
nicht.
• Selbst starke Emotionen (Wut, Ärger, Angst und Furcht) sind für unseren
Körper unbedenklich, ansonsten hätten sie sich in der Evolution nicht
durchgesetzt.
• Langanhaltende negative Gefühle bzw. Stressreaktionen sind dahingegen
mit negativen Folgen für Körper und Geist verbunden.
• Auf körperlicher Ebene können sich die Folgen ungesunden Umgangs mit
den eigenen Emotionen in Verspannungen äußern. Aber auch verschiedene
Arten von Schmerzen können auftreten, z.B. Kopf- und
Rückenbeschwerden.
• Auf psychischer Ebene können sich neben dem Ausgebranntsein auch
noch
Intensität von Ängste bzw. Angststörungen oder Depressionen entwickeln.
Emotionen
Neben•demDiese Störungen
zeitlichen Verlaufwirken sich natürlich
von Emotionen wiederum
spielt auch die auf das soziale
Intensität Leben
von Emotionen
aus.
eine entscheidende Rolle für den Nutzen bzw. den Schaden, der aus ihnen hervorgeht.
Intensität von Emotionen
Positivbeispiel: mittelmäßige – Intensitätsmodell (Yerkes
Anspannung vor einer & Dodson
Prüfung, 1908, Siebert
Lehrprobe (z.B. hoher
2013) hohe Kontrolle)
Wert,
Negativbeispiel: starke Leistungs- bzw. Prüfungsangst (z.B. hoher Wert, wenig
Kontrolle)

2.Emotionsregulation: Welche Strategien gibt es, die das Erleben verändern können?
Emotionsregulation

Der bekannteste Ansatz zur Emotionsregulation kommt von James. Gross. Nach Gross (1998) lassen sich Emotionsregulationsstrategien in zwei Kategorien
einteilen:
1. präventive Regulationsstrategien
2. responsive Regulationsstrategien (wenn die Emotion schon spürbar ist).
Sie setzen wiederum an verschiedenen Stufen des Entstehungs- und Verarbeitungsprozesses von Emotionen an. Hier gibt es die Möglichkeit, bestimme
Situationen auszuwählen bzw. zu vermeiden, eine bestehende Situation zu verändern, in einer Situation die Aufmerksamkeit zu verschieben, das Ereignis/die
Situation gedanklich umzudeuten (=Kognitive Umbewertung), oder die eingetretenen Emotion nicht entsprechend zu zeigen (Reaktionsveränderung).
Beispiele aus dem Schulkontext:
Situationsauswahl: Längerfristig gesehen kann schon die Wahl der zu unterrichtenden Klassen als präventive Emotionsregulation angesehen werden, wenn man
der Meinung ist, insgesamt mit jüngeren Schüler/innen (Grundschule) besser auszukommen als mit Heranwachsenden (weiterführende Schulen). Doch häufig hat
man im beruflichen Kontext häufig nicht die Möglichkeit bestimmte Situationen zu meiden.
Situationsmodifikation: Auseinandersetzen von bestimmten Schüler/innen (z.B. beste Freunde), weil man sich im Klaren darüber ist, dass sie mit Sicherheit
permanent miteinander reden würden und das zu Ärger führen könnte. Sich in einer Konferenz neben eine/n nette/n Kollegin/Kollegen setzen.
Aufmerksamkeitsverschiebung: Auch wenn Sie sich möglicherweise ausgelaugt fühlen und stressige Tage hinter sich hatten können Sie sich in Vorbereitung auf
den Schultag auf Ihren Enthusiasmus und die positiven Seiten der heutigen Unterrichtsaufgaben konzentrieren.
Kognitive Umbewertung: Das Verhalten eines Schülers, das eigentlich zu Ärger führen würde, kann auf bestimmte Gründe (z.B. Ärger in der Familie, Tod eines
nahen Angehörigen) zurückgeführt. Das Schülerverhalten ruft in der Folge bei Ihnen eher Mitgefühl hervor.
Reaktionsveränderung: kurzer Stopp oder Selbstgespräch, um den gefühlten Kern zu verändern, Durchatmen zur Regulation der körperlichen Erregung, Kontrolle
des Gesichtsausdrucks. Responsive Emotionsregulation kann auch längere Zeit nach Erleben der Emotion noch eingesetzt werden, z.B. in Gesprächen mit Freunden
über das betreffende Thema

Situationsauswahl: Auswahl von Situationen kann sowohl kurzfristig als auch langfristig vorher geschehen.
- Längerfristig zum Beispiel durch Entscheidungen für oder gegen ein bestimmtes Studienfach.
- Kurzfristig zum Beispiel durch das zugehen auf oder das Vermeiden von bestimmten Personen nerviger Nachbar Orten oder Dingen
- Im beruflichen Kontext oft nicht anwendbar.
→ Wichtig für eine angemessene Anwendung dieser Strategie ist die Kenntnis der Situationsalternativen und ihrer kurz- und langfristigen Folgen. Ferner ist eine
ausgeprägte Selbstkenntnis wichtig – welche positiven/negativen Folgen hat es für mich, die eine oder andere Situation zu wählen?

Situationen, die bereits eingetreten sind, können in vielen Fällen noch modifiziert werden, um Emotionsqualität bzw. Intensität zu verändern
Bsp:
2 Schülerinnen stören durch ihre Gespräche den Unterricht → z.B. Auseinandersetzung der beiden → womöglich Vermeidung weiterer Störungen und weniger
intensiver Ärger bzw. Vermeidung der Entstehung von Ärger.
Sie wollen schlafen, aber nebenan wird laute Musik gehört, zum Nachbar gehen und Bescheid sagen, Musik wird eventuell leiser gedreht. Also wir können
einschlafen, Ärger vergeht Stresslevel (evtl. hervorrufen durch Gedanken an den nächsten Tag und wie man alles schafft, wenn man doch die halbe Nacht nicht
schlafen konnte) sinkt.

Aufmerksamkeitsverschiebung
Aufmerksamkeit und Situationen auf Aspekte fokussieren, die nicht bzw. weniger emotionsauslösend sind. Die Aufmerksamkeitsverschiebung stellt somit eine Art
der „internen Situationsauswahl“ dar
3 Form der Aufmerksamkeitsverschiebung
1. Ablenkung: sie werden wenden ihre Aufmerksamkeit von einem Emotion auslösenden. Stimulus ab
2. Konzentration: auch hier geschieht eine Art der Ablenkung. Die Werkzeuge hierbei sind jedoch kognitiv oder körperlich fordernde Tätigkeiten, die
möglichst viele ihrer Ressourcen binden und von der emotionalen Färbung der Situation ablenken.
3. Rumination: Fokus auf die Situation, Gefühle und ihre Folgen nicht zu empfehlen. Daraus depressive Tendenzen bzw. Ängste resultieren können
Kognitive Umbewertung:
Wenn eine Situation samt ihrer Aspekte vorliegt, wird eine Bewertung vorgenommen (vgl. Appraisal-Theorie). Durch kognitive Umbewertung werden diese
Bewertungen verändert, lösen entsprechend andere Emotionen aus.
Beispiele
Einbezug von weiteren Infos: das Verhalten einer anderen Person ist vielleicht durch einen anderes Erlebnis begründet
Relativierung der Bedeutung ist vielleicht nicht so schlimm wie gedacht.
Sozialer Abwärtsvergleich: andere waren noch viel schlechter als ich.
Reaktionsveränderung
Wenn die Emotionen erst einmal voll entwickelt ist, können noch Strategien zur Reaktionsveränderung angewandt werden. z.B.
- kurzer, mentaler, Stopp oder Selbstgespräch zur Veränderung des affektiven Kerns
- Durchatmen zur Regulation der körperlichen Erregung
- Kontrolle des Gesichtsausdruck
→Responsive Emotionregulation kann auch längere Zeit nach Erleben der Emotion eingesetzt werden - in Gesprächen mit Freunden über betreffende Thema.
3.Emotionen im schulischen Kontext: Schulische Ängste (prospektiv, retrospektiv)
In der Schule Wirkung von Emotionen: Leistungskontext

Wirkung von Emotionen: Ein Modell

Emotionen in Leistungskontexten
Leistungsemotionen ab Schuleintritt
- Ausmaß an negativen Emotionen steigt an, positive Emotionen sinkt.
- Prüfungsangst steigt vor allem in Grundschulen und bleibt konstant.
- Lernfreude sich mit der Einstellung bis zur Sekundarstufe, stabilisiert sich in Klasse 8
- Zwischen Jahrgangsstufen 5 und 8 steigen Ärger und Langeweile, Freude, Stolz und Interesse sinken.
Angst in der Schule Arten und Häufigkeiten
- Prüfungsangst: Typisch sind größere Prüfungen verrate Abfragen an der Tafel. Diese Angst hat starke soziale Komponenten Angst vor
anderen Schüler, Lehrkraft Eltern zu versagen 10 - 20% der Kinder und Jugendlichen erleben Prüfungsangst.
- Angst vor bestimmten Fächern
• am stärksten ausgeprägt Angst vor Mathematik; 33% der 15 Jährigen berichteten gestresst, angespannt und hilflos zu sein, wenn
sie mit Mathematik konfrontiert sind. (OECD 2013) Beinhaltet Angst vor Prüfungen. Aber nicht nur
• Kinder mit Lese- Rechtschreibschwächen haben häufig Angst vor dem Lesen & Schreiben, besonders vor anderem
• Fremdsprachen, Musik und Kunst, ebenfalls häufig mit Ängsten belegt.
- Schulangst umfasst den Besuch der Schule insgesamt hat häufig soziale Ursachen wie Bullying von Mitschüler.
→Prüfungsangst und Mathe, Angst, korrelieren? Das heißt, wir hängen zusammen, aber sind nicht identisch.
Ängste zeigen sich in…

- Typischen Angstgedanken („Ich kann das nicht“)


- Körperlichen Symptomen (Herzrasen, schwitzen) & „Fluchtgefühl“ (Situation vermeiden)
- Besonders die Matheangst hängt eng mit Leistung zsm. (PISA 2013)
- Erklärungsansätze
• Disruption Hypothese = Angst reduziert Leistung, weil durch Angst das Arbeitsgedächtnis belastet wird
• Reduced Competence Hypothese = geringe Kompetenz führt zu Angst
→ empirische Studien sprechen für wechselseitigen Einfluss
Entstehung von Ängsten Entstehung:
Es gibt bestimmte Schülermerkmale, die das Erleben von Ängsten wahrscheinlicher machen.
So sind Mädchen häufiger betroffen als Jungen, tendenziell weniger Fähigkeiten in einem
Bereich erhöhen die Chance für die Entwicklung von Ängsten. Wichtig: es können aber
auch sehr gute, kluge Kinder eine hohe Angst in Prüfungssituationen oder einem bestimmten
Fach erleben. Auch Kinder, die generell ängstlicher sind und sich weniger zutrauen
(Selbstwirksamkeit) neigen eher zu schulischen Ängste.
Auch bestimmte Umweltmerkmale machen das Auftreten von Ängsten wahrscheinlicher.
Beispielsweise durch einen Unterricht, in dem Fehler negativ sanktioniert werden, ein wenig
unterstützendes Klima in der Klasse, ein deutlicher Fokus auf die Vergleiche zwischen den
SuS, zu hohe oder zu niedrige Erwartungen von Lehrkräften und Eltern, eigene Ängste von
Lehrkräften und Eltern.
Die Ängste selbst entstehen durch Lernerfahrungen, Misserfolge, negative Konsequenzen,
Reaktionen auf Leistungsergebnisse von Erwachsenen und Mitschülern
Wichtig ist dabei wie hoch das Kontrollerleben und der Wert des entsprechenden Leistungsbereiches bei dem Kind/Jugendlichen ist. In einem wichtigen Bereich
(Mathematik- wie es immer wieder betont wird) und bei dem Gefühl wenig Kontrolle über das Ergebnis in dem Fach zu haben. Ein geringes Kontrollerleben wird
verstärkt durch: Intransparente Anforderungen, wenig Wissen darüber wie man sich vorbereiten kann, was das Kind tun kann, um ein gutes Resultat zu erzielen
und durch einen zu hohen Schwierigkeitsgrad.
3 Ansätze zur Intervention aus der Forschung
1. Förderung von Fähigkeiten & Exposition
a. Ein 8-wöchiges. 1-1 Tutoring in Mathe hat nicht nur die Leistung erhöht, sondern auch substanziell die Angst reduziert,
b. spielerisches Üben zu Hause reduziert Angst. und Vermeidungstendenzen
2. Bewertung der Appraisals modifizieren
a. physiologische Symptome als Leistungssteigernd interpretieren.
b. Worry-Gedanke regulieren lernen. Erfolgreiche Intervention mit einer Schreibübung zu den aktuellen Gedanken vor einer Testsituation hat
Angst substanziell reduziert.
3. Mindset-Interventionen
a. SuS lernten über schulische Schwierigkeiten berühmter Wissenschaftler anstelle von deren Leistungen → führte zu weniger Angst & hoher
Anstrengung
b. Lerneffekt: Fehler sind normal & wichtig für Entwicklung
Was hilft gegen schulische Angst?
- Situation nicht vermeiden (Vermeidung verstärkt Ängste)
- Positive Erwartung formulieren – aus niedrigen Erwartungen werden häufig Rückschlüsse über das Zutrauen durch andere Personen
getroffen
- Sorgenvolle Gedanken hinterfragen: Was kann wirklich passieren?
- Eltern & L. sollen sensibel für Thema sein: Ängste nicht wegreden („ist doch gar nicht so schlimm“) aber die Situation nicht noch
verschärfen
- Erwerb & Üben von Lernstrategien
- Trennung von Lern- & Übungszeiten
Zusammenfassung
Emotionen
- Affektiver Kern, Kognition, Ausdruck, physiologische Erregung, Handlungsimpuls
- Bewertungsprozesse als zentrale Verursacher
- Emotionsregulationsprozesse können das Erleben von Emotionen verändern
Emotionen im schulischen Kontext
- +/- Emotionen sind relevant für Qualität kognitiver Prozesse & Motivation sich zu engagieren
- Prüdungsangst als relativ häufiges Phänomen
- Stabiler Zusammenhang mit Leistung
Schulische Ängste
- Häufigste Angst von Kindern & Jugendlichen
- Entstehen bei hohem Wert & geringerem Kontrollerleben
- Beeinflussen Leistung in dem Fach negativ sowie die Motivation, sich mit dem Fach zu beschäftigen
- L. als zentrale Akteure: Erknnen der Angst, Ziele klar formulieren, positive Fehlerkorrektur

WS VL 1 – Was wirkt in der Schule?


1. Was ist pädagogische Psychologie?
2. Was wirkt? Befunde einer Forschungsthese

1.Was ist pädagogische Psychologe?


- Psychologie: Untersuchung vom Erleben & Verhalten in pädagogischen Kontexten
- pädagogischer Kontext: Untersuchung pädagogischer Fragestellungen (Bildung & Erziehung) auf Grundlage psychologischer Konzepte, Theorien & empirischen
Forschungsansätzen
-zentral: Gesetzmäßigkeiten des Lernens & Lehrens in unterschiedlichen Lernumgebungen
-trägt mit empirisch gestützten Wissen (i.d.R. über quantitative Forschung zusammengetragen ist) zu einem evidenzbasierten Optimierung von Lehr-
/Lernprozessen bei
Unterschied Pädagogik & Psychologie
Thematische Nähe zur Pädagogik; diese ist historisch-methodisch stärker geisteswissenschaftlich geprägt, eher normativ als empirisch.
Beide setzen sich mit Theorie und Praxis von Erziehung und Unterricht auseinander.
Verantwortliches Handeln in der Pädagogischen Praxis ist ohne gehaltvolle Theorien [Kurt Lewin: Nichts ist so praktisch, wie eine gute Theorie], die Verhalten
beschreiben, erklären und vorhersagen können, unmöglich. Zudem bietet theoretisches Wissen ein tiefergehendes Verständnis und damit eine Erweiterung des
Handlungsspielraums. Denn ohne theoriegeleitetes Handeln, handeln Sie auf gut Glück nach dem Prinzip Trial and Error. Je besser/elaborierter Ihre Theorien
sind, desto besser können Sie Handlungsweisen daraus ableiten.
schulische Lehr-Lernprozesse nehmen großen Raum ein, deutlich breiteres Spektrum an Kontexten (Lernen in Schule, Hochschule, Kita, Familie,
Erwachsenenbildung, Weiterbildung etc.)
→ Anwendungsfach (vs. Grundlagenfach): Päda Psy bereits sehr früh/von Beginn an bestrebt, Erkenntnisse der Psychologie nutzbar zu machen: wie erziehungs-
und Unterrichtsgeschehen durch die Berücksichtigung psychologischer Gesetzmäßigkeiten verbessert werden kann.
Nachweislich lernwirksame Prozesse, belastbare Daten, wissenschaftliches Fundament - statt unbelegter Behauptungen, Ideologie, Heilslehren, Spekulation
Anforderungen an (angehende) Lehrkräfte (KMK 2004)
Standards für die Lehrerbildung entsprechen dem Berufsbild von Lehrkräften, wie sie in den Bildungs- und Erziehungszielen der Schulgesetze formuliert werden:
• Lehrkräfte sind Fachleute für Lehren und Lernen
• üben Erziehungsaufgabe in Zusammenarbeit mit Eltern aus
• üben Beurteilungs- und Beratungsaufgaben aus
• entwickeln ihre Kompetenzen ständig weiter
• beteiligen sich an der Schulentwicklung
Vereinfachtes Angebots-Nutzungs-Modell (Lipowsky, Helmke)

Schulisches Lernen
Angebot, das den SuS gemacht wird:
gesellschaftliche Rahmenbedingungen
(Lehrerausbildung, Schulsystem etc.), wie Unterricht
sich auswirkt, hängt von der jeweiligen Nutzung des
Angebots ab

VL fokussiert auf der Angebotsseite: Lehrerverhalten,


Aspekte des Unterrichts (im SS steht der SuS stärker
im Vordergrund)

→ : Lehrer und Schüler interagieren


selbstverständlich, wechselseitige Einflüsse: auch
SuS machen Angebote an Lehrkraft; Lernen aus
Schülerfehlern: als Angebot an die Lehrperson
verstehen, Inhalte und Methoden ihres Unterrichts zu
überdenken

Forschungssynthese: Meta-Meta-Analyse von Hattie (2009)


Was hat Hattie gemacht?
• Forschungsbilanz aus über 50.000 empirischen Studien, in denen 83 Mio. SuS untersucht wurden
• Synthese empirischer Befunde zu Einflussfaktoren auf (kognitiven) akademischen Lernerfolg
• 138 Einflussfaktoren in den Bereichen:
-Lehrkraft (10)
− Schüler_in (19)
-Curriculum (25)
− familiärer Hintergrund (7) -Unterrichtsstrategien (49)
− Schule (28)
• Meta-Analyse (Synthese) von > 800 Meta-Analysen
→ Lernen = Leistung (achievement) als outcome
Kognitive Zielvariablen (affektiv-motivationale Zielvariablen ausgeblendet) = Grenzen
Meta-Analyse = Zusammenfassung vieler empirischer Einzelstudien zu einem Befund
• Keine inhaltsanalytische Zusammenfassung, sondern über statistische Analysen. → Mittelung von Effektstärken (größe der Effekte einzelner Variablen
messen) aus vielen Studien:
• → Wie stark wirkt (im Mittel) Einflussgröße A auf das Ergebnis B?
Interpretation: Effektstärke
zur Überführung eines gemessenen Unterschieds in eine Metrik, die unabhängig von der Metrik der Messinstrumente ist, die in einer bestimmten Studie
eingesetzt wurden. (jede Studie, die 2 Variablen vergleicht, hat Effektstärke d → Wie stark hängt A von B ab? → quantifizierbar durch d)
Häufig genutzte Effektstärke: d
d für Mittelwertsunterschiede: Unterschiede in den Mittelwerten von Interventions- und Kontrollgruppe gemessen an der Standardabweichung (wird relativiert
durch Streuung)
d = .40 heißt: SuS mit Maßnahme um 0,4 Standardabweichungen besser als SuS ohne Maßnahme.
Grundlegendes zur Orientierung (vgl. Cohen, 1988): (Konvention)
d<0 Maßnahme hat negativen Effekt
d = .20 kleiner Effekt
d = .50 mittlerer Effekt
d > .80 großer Effekt
Bezugspunkt zur Interpretation nach Hattie et al. > .40 (durchschnittlicher Effekt aller Einflüsse auf Lernen)
Bsp: Ergebnisse dieser Zusammenfassung (negative Einflüsse auf das Lernen→ positive Einflüsse)
• Mobilität (Umzüge) d = -.34
• Chronische Krankheit d = -.20 Schulwechsel: schadet wegen Anpassungsproblemen, Verlust von Freunden (auch als Lernpartner).
• Fernsehen d = -.18 Jeder Schulwechsel schadet – nicht die Häufigkeit war negativ korreliert mit Leistung. Schulen müssen
• Sitzenbleiben d = -.16 Newcomer willkommen heißen, dafür sorgen, dass frühzeitig neue Kontakte zu peers geknüpft werden.
• Sommerferien d = -.09 Chronische Krankheiten: (Krebs, Diabetes, Darmkramheiten…) – auch wegen Abwesenheitszeiten von
Schule.
Fernsehen: kurvilinearer Effekt: bis 10 Std/Woche positive Effekte, danach negative, mit besonders
negativen Effekten über 35-40 Std.
Erklärungen kreisen um mangelnde Freizeit mit Lesen, Sport, Freunden oder: Eltern dieser unbegrenzt
schauenden Kinder haben niedrigere Erwartungen und Bildungsaspirationen für ihre Kinder.
Sitzenbleiben: Kinder lernen nicht mehr dadurch, dass sie eine Klasse wiederholen!
Sommerferien: einige Leistungsgewinne gehen durch sie verloren – aber vergleichbar geringe negative
Effekte.
Zone of desired effects = über dem hinge-point/benchmark von
.40, dem Durchschnitt aller einbezogener Einflussfaktoren.
Teacher effects = was typischerweise von einem Lehrer in
einem Schuljahr erreicht wird.
Developmental effects = was wohl typischerweise erreicht
würde, wenn es keine Beschulung gäbe; Reifungseffekte.
Reverse effects = Einflüsse, die zur Abnahme/Reduzierung von
Leistung führen.
Alles über 0,4 → zeigt Effekt
TV = -0,18 → die, die viel TV gucken, hat es einen schädlichen Effekt auf die Schule → Rank (was ist am besten für schulisches Lernen)
Stichprobe (number of people) liegt bei über 1 Mio
Jahrgangsübergreifenden Unterrichts: gegenüber den Einzelklassen nicht überzeugend.
Was hilft & schadet nicht?
A/B/C-Kurse für versch. Fächer bringen es nicht: ob Klassen dadurch homogener bzgl. Leistung
• Offener Unterricht d = .01
sind, gg. den heterogeneren Ausgangsklassen hat scheinbar keinen großen Effekt auf die Leistung.
• Jahrgangsübergreifender Unterricht d = .04
Problembasiertes Lernen: selbstbestimmtes Lernen in Kleingruppen mit Lehrer als Moderator;
• Leistungsgruppierung d = .12
Ausgangspunkt: Präsentieren eines authentischen Problems; soll Problemlösefähigkeiten und
• Problem-basiertes autonomes Lernen d = .15
Wissensaneignung bringen. Kann positive Effekte haben, wenn SuS bereits oberflächliches Wissen
• Interne Differenzierung d = .16
haben, da Problembasiertes Lernen mehr Bedeutung und Verständnis befördert als Wiederholung…
• Web-basiertes Lernen d = .18
Interne Differenzierung innerhalb der Klasse durch Kleingruppenbildung.
• Team Teaching d = .19
Webbasiertes Lernen: geringe Effekte – aber noch recht neu, vgl. wenige Studien (45).
Team Teaching: 2 Lehrer vor einer Klasse (viele Varianten, einer Assistent, abwechseln….) –
wenig Studien (136), vermutlich, da auch wenig praktiziert – aber die sprechen eher gegen große
Gewinne.
Offener Unterricht
hoher Grad an Selbstbestimmung, großes Ausmaß an Wahlfreiheiten; SuS bestimmen Ziele und Mittel, wählen sich bestimmte Aufgaben selbsttätig, bewerten
selbständig untereinander die Leistung, arbeiten zusammen.
großes Ausmaß an Wahlfreiheit:
− SuS bestimmen Ziele und Mittel des Unterrichts
− wählen sich bestimmte Aufgaben selbsttätig
− bewerten selbständig untereinander die Leistung
→Offener Unterricht ist nicht wirksam, ist in Untersuchungen sehr schwierig umzusetzen, Lehrpersonen sind nicht ausreichend für offene Unterrichtsformen
geschult oder motiviert, Klassen sind noch zu sehr den konventionellen Unterricht gewohnt, Kinder können leichter Arbeit vermeiden.
Was hilf ein wenig?
• Reduzierung der Klassengröße d = .21 Religiöse Schulen: mehr Augenmerk auf Schüler-Lehrer-Beziehung, Eltern-Schule-Interaktionen,
• Konfessionelle Schulen d = .23 geteilte Werte, höhere Arbeitsmoral.
• Finanzielle Ausstattung d = .23 Finanzielle Ausstattung: Geld macht nicht viel aus. Möglicherweise ist nicht das Finanzvolumen
• Summer Schools d = .23 ausschlaggebend, sondern wie es genutzt wird. Frage nicht so sehr: Macht Geld einen Unterschied,
• Hausaufgaben d = .29 sondern Wie macht Geld einen Unterschied.
Klassengröße
• Kleinere Klassen können zu höherem Lernerfolg führen
• Lehrerverhalten, aber wichtiger als Klassengröße
• Lehrkräfte machen in kleineren Klassen den gleichen Unterricht wie in größeren: sie nutzen die möglichen Vorteile oft nicht.
Möglichkeiten in Gruppen im Normalbereich (20-30 Schülerinnen und Schüler) wären z.B. gut gemachte Gruppenarbeit oder reziprokes Unterrichten statt, was in
großen Gruppen (30-80) gut funktioniert: direkte Instruktion bzw. Gruppierung ist dann nicht mehr so gut nutzbar.
Kleiner Effekt lohnt sicher nicht die Millionen von Euro, die in eine entsprechende Reform gesteckt werden müssten.
Experiment von Shapson (1980):
Anzahl der Schüler pro Klasse variiert Externe Differenzierung für Leistungsstarke: spezielle Klassen für Hochbegabte.
Resultate: Induktives Unterrichten: vom speziellen Beispiel zum Allgemeinen vorgehen, allg.
Lehrer erleben Unterricht positiver (Klassenführung, Unruhe etc.) Prinzipien ableiten. Gegensatz zu deduktivem Unterrichten – umgekehrtes Vorgehen:
kein Zusammenhang zum Leistungsniveau und zu Einstellungen der Schüler allg. Prinzip, danach Beispiele – Reihenfolge macht aber keinen Unterschied.
• Externe Differenzierung für Leistungsstarke d = .30 Regelmäßige Tests: Effekt evtl. durch höhere Lernabsichten, spezifischere Lernziele.
• Regelmäßige Tests/Leistungskontrollen d = .34 Auch Effekt von Lernen durch Test: am effektivsten, wenn Testen mit Feedback
• Reduktion störenden Verhaltens d = .34 verknüpft wird. Häufiges Testen ist auch eine Form von Feedback; nur effektiv, wenn
das Feedback an die Lehrkraft zurückgeht, so dass sie ihren Unterricht an den
Kenntnisstand der SuS anpassen kann
Was hilft schon mehr? Störendes Verhalten kann negative Effekte auf die Leistung eines Schülers haben
• Angstreduktion d = .40 und auf die gesamte Klasse. Schulung von Lehrerfähigkeiten, mit diesen umzugehen
• Hohes Selbstvertrauen der Schüler d = .43 bringen ein bisschen was für die Leistung.
• Vorschulische Fördermaßnahmen d = .45
• Classroom Management d = .52
• Peer Tutoring d = .55
• Herausfordernde Ziele setzen d = .56
• Concept Mapping d = .57
• Direkte Instruktion d = .59
Angst involviert Vermeidung von Schule/Kursen/Lernen, Prüfungsangst…
Allgemein hohes SK förderlich für Leistung; stärker für Fähigkeits-SK; Selbstwirksamkeitserwartungen, „can-do“ Überzeugungen starke Effekte.
Vorschulische Fördermaßnahmen: Ganztags-Kindergarten, frühe Förderung
Peer Tutoring: Peers als Co-Lehrer: von Schüler zu Lehrern werden; lernen so viel wie diejenigen die sie unterrichten, wenn sie selbst unterrichten (schulisch und
sozial).
Zielsetzung ist wichtig, um Leistung zu verbessern; sie regulieren Lernaktivitäten; am besten: herausfordernde (angemessen schwierige – etwas über bisher
Erreichtem) Ziele gemessen an den derzeitigen Kompetenzen - versus „tu dein bestes“. Herausfordernde Ziele legen Fokus mehr auf relevante Verhaltensweisen
und Ergebnisse.
Concept mapping: grafische Zusammenfassung des Lernstoffs über zentrale Aspekte, Themen, deren Zusammenhänge – das große Ganze/Zusammenhänge
verstehen (nicht so sehr Details): Organisieren und Zusammenfassen von Lernstoff.

Direkte Instruktion – Lehrkraft (Gegenstück zum offenen Unterricht) → klassische Unterricht


• …legt Lernziele der Stunde fest, macht Erfolgskriterien transparent, stellt Aufmerksamkeit her,
• bietet Input, prüft, ob SuS verstehen, bevor es weitergeht,
• fasst zusammen, setzt Inhalte zueinander in Bezug.
→ ähnliche Effekte für durchschnittlich (d = 0.99) sowie unterdurchschnittlich begabte und Sonder-SuS (d = 0.86)
Direkte Instruktion: stark lehrergelenkt, Zielvorgaben, Darstellung von Inhalten, schrittweises Vorgehen, Lehrerfragen, Überprüfung der Lernfortschritte,
Lehrerfeedback.
Auch wenn SuS bei lehrerzentriertem Unterricht relativ passiv erscheinen können sie kognitiv aktiv sein und tragfähiges Wissen aufbauen/Wissensbestände
umstrukturieren/elaborieren!
Nicht einfach gleichsetzen mit „Frontalunterricht“… Input kann versch. Materialien beinhalten.
Häufige Kritik: wirke am besten für low-level students/SuS mit geringeren Fähigkeiten…
Gleiche Effekte für elementary und high school students Lernen lernen: Strategien die Lernprozess begleiten lernen: Planen, wie man das Lernen angeht,
Was hilft richtig? → konkrete Übungsmaßnahmen sich selbst fragen, ob alles verstanden, das Lernen selbst überwachen, den Fortschritt bewerten…
• Vorwissen d = .67 Lehrer-Schüler-Beziehung (personen-zentriert; Sorge um Lernen eines jeden einzelnen,
• Leseförderung d = .67 Empathie…)
• Training metakognitiver Strategien d = .69 Klarheit der Instruktion: Lernabsichten klar äußern, klar verständliche Erklärungen.
• Verteiltes statt massives Üben d = .71 Micro-Teaching in der Aus- und Weiterbildung → dass Studierende (Mini-) Lektionen für eine
• Lehrkraft-Schüler-Beziehung d = .72 kleine Gruppe von Lernenden durchführen, und dann diese Lektionen in nachfolgenden
• Feedback d = .73 Besprechungen durchgehen. Von den Lektionen wird meist ein Video aufgenommen, das in der
• Klarheit der Instruktion d = .75 darauffolgenden Diskussion analysiert wird.
• Micro-Teaching d = .88 Formatives Assessment = Feedback an die Lehrkraft! Große Stärke von Feedback an die
• Formatives Assessment d = .90 Lehrkraft über das, was in ihrem Klassenraum passiert:
„It is the feedback to the teacher about what students can and cannot do that is more powerful
than feedback to the student“ (Hattie, 2009, p. 4).
Feedback: den Lernstand und Lernfortschritt von Schülerinnen und Schülern während des Lernprozesses zu
• Hauptzweck: Reduktion der Lücke zwischen bestimmen: Was ist das Ziel? Wo stehst du gerade? Was musst du noch tun, um die Lücke zu
Leistung und Lernziel. füllen?
• Effektivste Form (vs. schwächste: Lob und Strafe):
– Gabe von Hinweisen
– Feedback mit Bezug zu Zielen
Elemente gelungenen Feedbacks: Welches Ziel soll S. erreichen? Wie sieht die Leistung bisher aus? Was ist als nächstes zu tun?
Zusammenstellung von Faktoren zur Rolle der L. (Hattie 2009)
Regisseur = lehrerzentriert
Moderator = SuS-geleitet
Lehrergelenkte Methoden sind den weniger gelenkten nicht zwangsläufig
unterlegen!
Auch Frontalunterricht kann konstruktivistisch wirken, wenn er entsprechende
Lernprozesse anstößt
(Lernen als konstrktiver, selbstgesteuerter, situativer, individuell unterschiedlicher
Prozess des Wissens und der Konstruktion).
Nicht die Methode (als konstruktivistisch ausgewiesen) ist relevant, sondern
ob der Unterricht (mit welcher Methode auch immer) den Lernenden eine
aktive Wissenskonstruktion ermöglicht!
Kein falsch verstandener Konstruktivismus: auch direkte Instruktion kann
zielführend sein – dagegen muss dies nicht bei Problembasiertem Unterricht sein.

Schlussfolgerung aus Hatties Befunden


- Lehrkraft und Unterricht (statt Strukturen) wichtig: z.B. klare Lernziele, direkte Instruktion, Feedback, kognitive Aktivierung, Lehrer-Schüler-Interaktion
- Methoden nicht als Selbstzweck verstehen
- Bloße Aktivität ist kein Indikator für Lernen
- Kognitive Aktivierung (Lernen als mentale Wissenskonstruktion) führt zum Erfolg
- Kritisch sein gegenüber didaktischen Moden („pseudo-konstruktivistische Beobachterhaltung“)
→ Diskussionen um Unterrichtsqualität an Stelle von Diskussionen um Strukturen
Grundsätzlich können sich mentale Konstruktionsvorgänge in jeder Art von Unterricht vollziehen: Methoden sind dann lernwirksam, wenn sie kognitiv aktivieren.
Nicht eine bestimmte Unterrichtsmethode als Erfolgsrezept.
Keinen falsch verstandenen Konstruktivismus im Unterrichtsgeschehen.
Methoden sind nicht Selbstzweck, sondern Werkzeug – nur als solche brauchbar.
- SuS müssen ihr eigenes Lernen mental begleiten, als wären sie ihre eigene Lehrkraft.
- Im Zentrum des Unterrichts steht eine Lehrkraft, für die ihre SuS im Zentrum stehen.
– Lehrkräfte wissen, was die einzelnen SuS können, um auf Basis ihres professionellen Wissens Feedback geben zu können.
– Was sind die Lernziele/Erfolgskriterien für meinen Unterricht? Hat ein/e Schüler/in diese erreicht? Was tun angesichts einer Diskrepanz,
damit der/die Schüler/in das Angestrebte erreicht?
→ L. müssen Perspektivwechsel vornehmen
…Holen Sie sich Feedback
„Der wichtigste Aspekt besteht darin, im Klassenzimmer Situationen zu schaffen, in denen die Lehrpersonen mehr Feedback über ihren Unterrichtsstil erha lten
können.” (Hattie, 2013, S. 15)
Die eigene Unterrichtsqualität durch Unterrichtsdiagnostik optimieren.
z.B. Fragebögen und Checklisten aus EMU (Evidenzbasierte Methoden der Unterrichtsdiagnostik und -entwicklung; Helmke et al.);
Kritik zur Meta-Synthese von Hattie (2009)
• „Meilenstein in der Debatte um Bedingungen erfolgreichen Lernens in der Schule“ (Terhart, 2011)
• „Holy Grail” (Times Education Supplement, 2008)
• Mittlere Ergebnisse der Meta-Synthese: z.T. große Varianz in Effektstärken und Anzahl Studien pro Faktor, z.B.:
– Vorwissen: 17 Meta-Analysen, > 3000 Einzelstudien, > 300.000 SuS → sehr gut belegt
– Unmittelbarkeit der Lehrerrückmeldung: 1 Meta-Analyse, 16 Einzelstudien, > 5000 SuS → Evidenzen ist wackeliger
• Schulischer Lernerfolg ist nur ein Zielkriterium (Schule verfolgt noch weitere Aspekte)
• Unterrichtsqualität ist durch das Zusammenspiel von mehreren Variablen beeinflusst.
→ Anzahl der Studien beeinflusst die Aussagesicherheit des mittleren Effekts, Nicht alle Faktoren sind voneinander abgegrenzt, überlappen teilweise stark. →Effekte
mehrerer Merkmale addieren sich nicht einfach.
Es gilt nicht: je mehr Merkmale hoch erfüllt, desto besser der Unterricht. →es gibt unterschiedliche Merkmalskonfigurationen/Kombinationen, die auf verschiedene
Weise zu Lernerfolgen führen.

VL 2 – Klassenführung
.Klassenführung
- Einstieg: Herausforderungen in der Klasse
- Elemente & Wirkungen der Klassenführung
- Der Klassiker: Kounin’s Techniken der Klassenführung
-Asymmetrische Beziehung zwischen Lehrkraft und SuS
-Maximierung von Lernzeit ist evtl. nicht immer Ziel aller SuS: eher soziale Ziele… …viele
Interaktionsmöglichkeiten in Klasse: Freundschaften, Animositäten
1. Multidimensionalität: Viele Personen mit unterschiedlichen Zielen; interagieren, jede Aktion hat Wirkungen
Herausforderungen in der Klasse auf viele andere – Dynamik, Wechselwirkungen.
Unterrichtssituation als komplexe soziale Situation: 2. Simultanität: Viele Ereignisse gleichzeitig. Lehrkraft muss diese koordinieren, Übersicht behalten, zentrale
- Multidimensionalität von weniger wichtigen Ereignissen unterscheiden Bsp.: Lehrkraft will Lehrfilm zeigen und bittet 2 SuS beim
- Simultanität Aufbau zu helfen, einer springt gleich zur Hilfe, einer weigert sich, eine fragt nach Lösungen der Hausaufgaben
- Unmittelbarkeit aus letzter Stunde, einer ruft „Streber“…
- Unvorhersehbarkeit 3. Unmittelbarkeit: Unterricht in ständigem Fluss, Schülerhandlungen erfolgen schnell, Situation kann sich fix
- Öffentlichkeit ändern. Erfordert hohe Aufmerksamkeit und schnelle Reaktion.
- Geschichte 4. Unvorhersehbarkeit: begrenzt planbar; Unterrichtszeit für anderes als Umgang mit Störungen vorgesehen;
Schülereinwurf nimmt evtl. Fazit der Stunde vorweg. Erfordert großes Repertoire und Flexibilität. Schwer zu
antizipieren, wie eine bestimmte Aufgabe an einem bestimmten Tag mit einer bestimmten Gruppe funktioniert.
Reflexion 5. Öffentlichkeit: Jede Handlung von Klasse beobachtet, registriert, beurteilt. Fehler, Unsicherheiten werden evtl.
Souveräne Umgang mit Herausforderungen im sofort erkannt.
Unterricht eher eine Frage der Persönlichkeit oder 6. Geschichte: Gemeinsame Geschichte von Klasse und Lehrkraft; einzelne Ereignisse nicht losgelöst voneinander
von erlernbaren Kompetenzen? betrachtbar. In Interpretation einer Unterrichtssituation wirken vergangene Ereignisse rein, z.B. hilft jemand, der
sonst eher aggressiv ist oder jemand, der ohnehin immer hilfsbereit ist.
Grundsätzlich gehen wir davon aus, dass pädagogisch-psychologische Kompetenzen, die zur Gestaltung effektiven Unterrichts und auch zur Klassenführung gehören
erlernbar/trainierbar sind. (Techniken nach Kounin)
Aber: kaum situationsübergreifende Patentrezepte oder Techniken, die immer funktionieren. D.h. aber nicht, dass Unterricht überhaupt nicht steuerbar ist.
Zentrale Dimension von Unterrichtsquali → Angebots-Nutzungsmodell (Helmke)

Unterrichtsführung = Schlüsselfunktion, da störungsarm, schnell &


undramatische Unterbindung der auftretenden Störungen, Klasse zu
motivieren sich möglichst lange mit Lernaktivitäten
auseinanderzusetzen, störungspräventive Unterrichtssteuerung →
Vorbeugung von Störungen
→ aktive Lernzeit

→ Präventive, proaktive und reaktive


Elemente
→ Fokus: Vorbeugung
Vorbedingung für anspruchsvollen Unterricht
→ meint also nicht absolute Ruhe und rigide Konformität

Klassenführung (Seidel)
1. Umgang mit Störung
2. Maximale Bereitstellung von Lernzeit
3. Unterstützung von Lernaktivitäten
(noch breiter als bei Kounin – seine Techniken beziehen sich auf classroom management i.S.v. Umgang mit und Vermeidung von Störungen und zT auf Management
von Lernzeit – aber wenig letzte Säule).
1. Umgang mit Störungen
in engl. Literatur Begriff „classroom management“
a. Herstellen/Aufrechterhalten von Ordnungsstrukturen im Klassenzimmer (Konflikte lösen, für Disziplin zu sorgen)
b. Ziel: störungsarmer Unterricht
Lehr-Handlungen zur Reduzierung von Störungen:
c. Regeln und Routinen etablieren…
d. Erwartungen deutlich kommunizieren
e. Verhalten beobachten und regelmäßig Feedback geben
f. souveräne Klassenführung (Regelklarheit und Flexibilität/Adaptivität an Situationen
classroom management i.e.S.: Umgang mit Störungen für einen störungsarmen Ablauf: Konflikte lösen, für Disziplin sorgen.
Die Schule ist voller Regeln, teilweise aber implizit… es gibt Regeln, die im Schulvertrag von der Schulkonferenz verabschiedet werden, aber es liegt auch viel in
der Hand der Lehrkräfte: Zu welchen Zwecken darf man von seinem Platz aufstehen? Darf man nur sprechen, wenn man aufgerufen wurde? Welche Folgen hat die
Nichterledigung von Aufgaben? Was tun, wenn man mit der Stillarbeit fertig ist? Ist leises Schwatzen erlaubt?
Routinen: „Gong“ für Einstellen von Gesprächen, Abläufe/Prozeduren einüben, wie bei Bilden eines Stuhlkreises, Verteilen von Material…
Regeln ernst nehmen: auf Einhaltung achten, konsequent sein.
Kein starres Verhaltenssystem, sondern souveräner Umgang: angesichts der Komplexität von sozialen Unterrichtsprozessen in verschiedenen Situationen adaptiv
und flexibel verhalten. Wenn Lehrpersonen in verschiedenen Unterrichtssituationen flexibel reagieren, erhalten sie in der Wahrnehmung der Schülerinnen und
Schüler höhere Akzeptanz und die Schülerinnen und Schüler erbringen bessere Leistungen (Helmke & Weinert, 1997).
Bsp. Items:
- Ich kontrolliere sehr konsequent die Einhaltung der Regeln. Für optimale Nutzung der Unterrichtszeit sorgen; durch
- Ich reagiere sofort, wenn eine Regel verletzt wird. reibungslosen Ablauf.
- In der Unterrichtsplanung lasse ich verschiedene Möglichkeiten für den Unterrichtsverlauf offen. Eng mit Umgang mit Störungen verbunden.
- Ich kann mit Leichtigkeit von meiner Stundenpräparation abweichen, wenn Situation erfordert. Schwerpunkt: Prävention statt Umgang mit Störungen: präventiven,
2. Management von Lernzeit proaktiven, vorausschauenden Umgang mit Störungen.
• maximale Bereitstellung von Zeit für aktive Auseinandersetzung mit Lerninhalten Organisation des Unterrichtsablaufs, z.B. alle Materialien, die
• Hpts. durch präventive, vorausschauende Handlungsweisen der Lehrenden benötigt werden vorzubereiten, damit Übergänge smooth verlaufen.
• Lehr-Handlungen zur Erhöhung der aktiven Lernzeit: Befunde größtenteils aus SCHOLASTIK-Studie von Helmke &
− Organisation des Unterrichtsablaufs Weinert, 1997: Auswertungen von Videoaufzeichnungen des
− klar strukturierte Darbietung Unterrichts und Einschätzungen der SuS per Fragebögen. Auch
− klare Zielstellungen und Arbeitsanweisungen Videoanalysen von Seidel und KollegInnen.
− strukturierte und kohärente Wissensdarbietung proaktiv = durch differenzierte Vorausplanung und zielgerichtetes
→ Klarheit und Transparenz des Unterrichts Handeln die Entwicklung eines Geschehens selbst bestimmend und
3. Begleitung aktiver Lernprozesse eine Situation herbeiführend
• Unterricht soll intensive kognitive Auseinandersetzung und intrinsische
Lernmotivation für vertieftes Verständnis von Lerninhalten unterstützen.
• Nähe zu kognitiver Aktivierung
• Lehr-Handlungen zur Erhöhung kognitiver Auseinandersetzung und Internalisierung:
− Lernzielorientierung (vs. Leistungszielorientierung)
− Wertschätzende, positive Beziehungen zwischen Lehrkräften und SuS
− wahrgenommene Autonomie
− kompetenzunterstützendes, konstruktives Feedback
Wie?
Begleitung/Überwachung des gesamten Lernprozesses: Zielklärung, Orientierung hin zu den Zielen, Lernaktivitäten, Bewertung von Lernergebnissen.
Unterstützung von aktiven Lernprozessen der SuS.
Kognitive Aktivierung: zur Erinnerung: eine der Basisdimensionen von Unterrichtsqualität: berührt Tiefenstruktur des Unterrichts.
Bei lernzielorientierten Lehrkräften zeihen SuS mehr kognitives Engagement; bei Leistungszielorientierung war Verhalten der SuS wechselhaft, zT störend.
Positive Beziehungen: soziale Eingebundenheit sowie
wahrg. Autonomie und Kompetenzunterstützung → konstruktives Feedback
Wirkungen von Klassenführung
Zusammenfassung empirischer Befunde:
• Störungsarmer Unterricht hat positive Wirkungen auf kognitive und motivational-affektive Komponenten des Lernens
• Optimale Nutzung der Unterrichtszeit durch Organisation und Strukturierung des Unterrichts hängt positiv mit der Qualität der Lernprozesse sowie
längerfristigen Lernentwicklungen zusammen
• Qualität der Lernbegleitung fördert v.a. motivational-affektive Komponenten des Lernens; kognitiv aktivierender Unterricht hat auch positive Wirkungen
auf die Lernleistung der SuS.
Wie?
Störungsarmer Unterricht:
- z.B. hohe Intensität kognitiver Aktivitäten und positives Kompetenzerleben, positive emotionale Erfahrungen, erlebte Herausforderung
Maximierung von Lernzeit:
- Z.B. Aufmerksamkeit (s. SCHOLASTIK-Studie), Instruktionsqualität, Autonomie- und Kompetenzunterstützung, Wahrnehmung von Relevanz,
intrinsische Motivation, tiefer gehende Lernaktivitäten
- längerfristige kognitive outcomes: Leistungsentwicklung
Qualität der Lernbegleitung:
- motivational-affektive Komponenten des Lernens: wertschätzende Beziehungen, Qualität der Lehrer-Schüler Interaktion, Klima in der
Klassengemeinschaft, kognitives Engagement, positivere Einstellungen gegenüber Schule und Unterricht
- kognitive Aktivierung: z.B. Leistungsentwicklung (in Mathe)
Befunde SCHOLASTIK-Studie (Helmke, Weinert) Klassenführung durch Aufmerksamkeit der SuS oder L. bestimmt
Schulorganisierte Lernangebote und Sozialisation von Talenten, Interessen und Kompetenzen
Längsschnittuntersuchung (Cross-lagged-panel design) zur kognitiven & motivationalen
Entwicklung
Klassenführung“ hier als Maximierung von Lernzeit und Aufmerksamkeitsprozesse bei SuS
(könnte ja in beide Richtungen gehen).

Erfasst wurden Leistungen in Mathematik und Deutsch (Lesen, Rechtschreiben (Schreiben))


und verschiedene motivationale Schülermerkmale (Lernfreude, Selbstkonzept eigener
Fähigkeit (Fähigkeitsselbstkonzept)), ergänzt durch Lehrerbefragungen und -einschätzungen
(Fremdbeurteilungsverfahren). Der Unterricht wurde systematisch beobachtet und beurteilt,
ergänzt durch differenzierte Verhaltensbeobachtungen (Beobachtung) einzelner Schüler.

Nach 2. Klasse = Lehrerwechsel


Klassenführung in 3. Klasse → auf Aufmerksamkeit in 4. Kl. (Klassenführung beeinflusst
Aufmerksamkeit der SuS
Ausgangspunkt für Kounin’s Studien → Ripple effect/Wellen-Effekt
„Anschreien“ mal effektiv, da prompter Zurechtweisungseffekt wie bei Ripple-Effekt: beeindruckende Einzelerfahrung – Zurechtweisungen waren aber nicht
regelmäßig wirksam!
Und was wird erreicht durch heftige Zurechtweisungen: emotionales Unbehagen, Peinlichkeit, Erleichterung, nicht selbst betroffen zu sein… nicht wünschenswert.
Kam zu dem Schluss, dass Zurechtweisungen für eine effektive Unterrichtsführung wenig günstig sind.
Zurechtweisungen wurden daher als Mittel zur Beseitigung von Disziplinproblemen im Klassenzimmer verworfen.
Kounin’s Techniken der Klassenführung
1. Disziplinierung
2. Allegenwärtigkeit & Überlappung
3. Reibungslosigkeit & Schwung
4. Gruppenmobilisierung
5. Abwechslung & Herausforderung
1.Disziplinierungsmaßnahmen & Art der Disziplinierung als Reaktion auf Störungen
Bei Störungen klar, fest und nicht zu hart reagieren
− Klarheit: konkretes Fehlverhalten benennen oder alternative Verhaltensweise aufzeigen
„Sprich nicht mit deinem Nachbarn!“, „Bitte sieh nach vorne!“ statt „Lass das!“
− Festigkeit: Ernsthaftigkeit der Disziplinierung
Schüler ansehen, bis störendes Verhalten eingestellt ist
− Härte: Aggressionen ausdrücken
Zorn, böse Blicke, Androhung von Strafe

→ Beobachtungs- und exp. Studien: keine systematischen Effekte für reaktive Disziplinierungsmaßnahmen…
→ Videostudien: …Lehrkräfte reagieren zu spät auf Fehlverhalten!
Beobachtungsstudien und exp. Studien erbrachten verwirrende Ergebnisse.
…Videostudien: Zurückspulen! Lehrkräfte reagieren meist erst dann wenn es richtig schlimm wird und sich bereits ausgebreitet hat: wenn es zu spät ist/die Falschen
trifft (Zeit- & Personenfehler). Im Folgenden daher von Kounin fallengelassen. → sinnvoller sei eine Unterrichtssteuerung, die das Entstehen störenden Verhaltens
von vornherein verhindert.
Generell empfiehlt sich durchaus, nicht zu hart/nicht negativ zu reagieren: z.B. Wentzel, 2002: v.a. negatives Lehrerverhalten -> mehr Unterrichtsstörungen!
Durchgesetzt hat sich: klare Regeln + Wärme = weniger Unterrichtsstörungen.
2.Allgegenwärtigkeit
Allgegenwärtigkeit (With-it-ness):
-„Augen im Hinterkopf“ (Kounin, 1976, S. 90)
-Verdeutlichen, dass über Situation im Klassenzimmer stets informiert, Geschehen auch an der ”Peripherie” wahrnimmt und ggf. einschreiten wird.
-Beispiel: Während der Instruktion an die ganze Klasse nimmt der Lehrer Augenkontakt mit einem Schüler auf, der gerade Papierknöllchen in einem Röhrchen
wegblasen will.
-Zentral: rechtzeitiges Einschreiten und Ermahnung der richtigen Schüler_innen („Zeit- und Objektfehler“, Kounin, 1976, S. 91)
Beispiel: Der Lehrer ermahnt einen mit dem Hintermann flüsternden Schüler mit den Worten: „Johnny, lass die Unterhaltung und beschäftige dich mit deinen
Additionsaufgaben!“ Kurz vor dieser Zurechtweisung begannen sich im anderen Teil des Zimmers – unbeachtet vom Lehrer – zwei Jungen Papierflugzeuge
zuzuwerfen (vgl. Kounin, 1976, S. 90)
Objektfehler: Falsche/r Schüler/in: Zuschauer/in statt Initiator/in
Zeitfehler: Ausbreitung von Fehlverhalten vor der Zurechtweisung
Aktuelle Befunde (Hattie)
Einige Komponenten:
• With-it-ness → d = 1.42
• Disziplinarisches Eingreifen → d = 0.91
• Gruppenvertstärkerpläne → d = 0.98
• Moderator: Lehrer-Schüler-Beziehung
Nächsteffektive Methode: disziplinarische Interventionen (nicht unbedingt negative Zurechtweisung!): verbale und Verhaltensgesten der Lehrkraft, die den SuS
anzeigen, dass ihr Verhalten un/angemessen war.
Moderator: Lehrer-Schüler Beziehung: besonders hohe Wirksamkeit bei kooperativen (vs. dominanten) Lehrer-Schüler-Beziehungen: Lehrkraft sorgt sich um
Bedürfnisse und Meinungen aller.
Überlappung
-bei 2 gleichzeitig auftretenden Problemen („überlappende Situation“) die Aufmerksamkeit simultan auf mehrere Dinge richten zu können
Beispiel 1: In einem Unterrichtsabschnitt kümmert sich der Lehrer um eine Lesegruppe. In einer anderen Gruppe rangeln wie Schüler spielerisch. Der Lehrer
verlässt die Lesegruppe, um die beiden Störer heftig zurechtzuweisen („Schluss mit dem Unfug! Aber auf der Stelle! Du bist noch nicht fertig mit deinen Aufgaben.
Mach sie jetzt sofort, und zwar richtig! Und du genauso!“), und geht danach wieder zur Lesegruppe.
Beispiel 2: In einer ähnlichen Situation sagt eine Lehrerin: „Lies weiter Mary, ich höre zu“, und fast gleichzeitig ermahnt sie zwei Schwätzer an einem anderen
Tisch („Dreht euch um und macht eure Arbeit“).
Beiden Ereignissen gerecht werden, statt sich von einem vollkommen in Anspruch nehmen zu lassen und das andere vernachlässigen. Überlappung unterstützt die
Allgegenwärtigkeit.Fast beiläufig reagieren, nicht zu viel Raum geben/Zeit investieren. „Aufmerksamkeit“ kann durch Bemerkungen, Anweisungen oder auch nur
durch Blicke geschehen. Ein Fall von mangelnder Überlappung.
3.Reibungslosigkeit & Schwung
• „smootheness and momentum (Dynamik, Schwung, Impuls)“ → klingt nach „lebendigem“ Unterricht – aber gemeint: speziell Übergänge. Mögliche
Verzögerungen im Unterrichtsfluss beim Übergang zwischen zwei Aktivitäten.
• für flüssigen Unterrichtsverlauf & fortgesetzte Aktivität sorgen
• speziell an Übergängen im Unterrichtsgeschehen
• Eine gute Einhaltung ist unauffällig, kaum beobachtbar; erst bei Mängeln zu erkennen:
− Überproblematisierungen von Fehlverhalten
− abrupte Wechsel/Sprunghaftigkeit
− thematische Unentschlossenheit
Beispiel 1:Während einer Rechenübung ermahnt der Lehrer einen Schüler, der sich auf die Ellenbogen stützt, aufrecht zu sitzen, und zeigt ihm die „richtige“
Körperhaltung.
Beispiel 2: Mitten in der Unterrichtsstunde fragt die Lehrerin unvermittelt: „Wo ist denn Susi? Weiß jemand, warum sie fehlt?“
Beispiel 3: Die Kinder sollen von Einkaufserlebnissen berichten. Ein Kind erzählt sein Erlebnis. Ohne darauf einzugehen und ohne drei weitere Meldungen zu
beachten, geht die Lehrerin an die Tafel und zeigt ihnen neue Wörter für die nächste Lektion.
4.Gruppenmobilisierung
• Klasse als Ganzes, gleichzeitig jede/n einzelne/n „bei der Stange“ halten, Aufmerksamkeitsspannung erzeugen. → breite Leistungskontrolle (Wer von
euch, weiß das→ alle haben das Gefühl dranzukommen)
• Kollektive Mobilisierung und „Rechenschaftsprinzip“: alle müssen mit Aufrufen/Leistungskontrolle rechnen.
• Beispielaktivitäten:
− Ungewissheit lassen, wer als nächstes aufgerufen wird
− vor dem Aufrufen „Spannung“ erzeugen: Pausieren, in die Runde blicken/mit Blick durch die Reihen gehen
− häufiges Aufrufen möglichst vieler verschiedener SuS
− Aufforderungen, sich zu melden, bevor Aufruf ergeht
− den nicht Aufgerufenen zu verstehen geben, dass sie ebenfalls im Fokus der Aufmerksamkeit stehen
5.Abwechslung & Herausforderung
• „Überdrussvermeidung“, um Arbeitsbereitschaft zu erhalten, Sättigung und Langeweile vorzubeugen ( bzw. < optimale Motivierung).
• besonders in Stillarbeitsphasen relevant
• Lernaktivitäten so gestalten, dass sie als abwechs-lungsreich und herausfordernd erlebt werden:
– Intellektuell herausfordernde Aufgaben wählen
– Abwechslung in der Darbietungsweise
– stimulierende Anstöße
– unterschiedliche Arbeitsmittel
– variierende Gruppenanordnungen
Wie?
Arbeitsbereitschaft aufrechterhalten. Damit ist NICHT das Spektrum „motivierenden“ Lehrerverhaltens ausgeschöpft! Weniger als Motivationsstrategien! → in
Stillarbeitsphasen als wirkungsvoll erwiesen, darauf zu achten. Stimulierende Anstöße an Überleitungsstellen: „Aufgepasst, jetzt kommt etwas Lustiges“ Aufgaben
intellektuell herausfordernd, aber bewältigbar!
Fazit:
• Klassenführung bezieht sich auf den Umgang mit und die Vermeidung von Störungen, die zum Lernen bereitgestellte Zeit und die Lernbegleitung.
• zentral: Störungsprävention!
• Kounin als Klassiker bis heute:
– Allgegenwärtigkeit und Überlappung
– Reibungslosigkeit und Schwung
– Gruppenmobilisierung
– Abwechslung und Herausforderung

VL 3 - Lehrer
1. Kognitive Merkmale
a. Wissen
b. Überzeugung & Erwartung
2. Motivational-emotionale Merkmale
a. Berufswahlmotive & Berufseignung
b. Enthusiasmus & intrinsische Motivation
c. Beanspruchungserleben

Professionelle Kompetenz
-Was ist eine gute L.?
-Welche Effekte hat die Kompetenz auf Unterricht?
-Wie gut sind deutsche L. im internationalen Vergleich

Die Suche nach dem „guten Lehrer“


Welche Kompetenzen braucht eine Lehrkraft?
- Fächer souverän beherrschen & lieben → motiviert SuS, muss junge Leute mögen, ohne deren Kumpel sein zu wollen, gerecht, konsequent, solides
Nervenkostüm
- Fachwissen → verleiht Respekt, sonst unruhig; witzig, menschlich
- Motivationskünstler, Fach perfekt beherrschen, darf uns nicht kleinmachen, muss uns Selbstvertrauen & Orientierung geben, sollte sich selbst nicht so
fürchterlich ernst nehmen
- Braucht Autorität, gerecht & streng (Typ Halbgott – Genie an der Tafel), ist fordernd, stachelt unseren Ehrgeiz an & fördert den Wettbewerb, ohne uns
die Motivation zu nehmen
Frühe Lehrerforschung (1960-70er Jahre)
− Welche Persönlichkeitsmerkmale sind wichtig für Lehrer?
− Wenig Erkenntnisse, die konstruktiv nutzbar waren (vgl. Bromme, 1997; Bromme & Haag, 2004)
Prozess-Produkt-Paradigma (ab 1970er Jahre)
− Verlagerung des Fokus: Betrachtung von Unterrichtsprozessen (z. B. Brophy & Good, 1986)
Expertise-Forschung (ab 1990er; z. B. Ericson & Smith, 1991)
− Domänenspezifisches Wissen als erklärungsmächtiger Faktor für erfolgreiches Handeln in vielen Bereichen
− Übertragung auf Lehrerkräfte: Diskussion um die Rolle von fachspezifischem Wissen (Shulman, 1986, 1987; Bromme, 1992)
Lehrerkompetenzen (Baumert &Kunter, 2006) im Projekt COACTIV

Professionswissen:
Fachwissen („content knowledge“):
-tiefes Verständnis des zu unterrichtenden
Schulstoffes
Fachdidaktisches Wissen („pedagogical content
knowledge“):
-Wissen darüber, wie fachliche Inhalte durch
Instruktion vermittelt werden können.
Curriculares Wissen („curricular knowledge“):
-Wissen über die Anordnung von Inhalten in
Lehrplänen und über verfügbare Lehrmaterialien
Allgemeines Pädagogisches Wissen („pedagogical
knowledge“):
-Wissen über die Schaffung und Optimierung von
Lehr-Lern-Situationen sowie
entwicklungspsychologisches und pädagogisch-
psychologisches Grundwissen

→ Organisationswissen
→ Beratungswissen

Test zum pädagogischen-psychologischen Wissen Kounin Hattie


- Aspekte der Kompetenz erfasst → es war möglich, zeigt, dass Unterrichten
keine verstecktes Talent, sondern messbare Merkmale sind
- Direkte Erfassung möglich und mittlerweile Batterie an Instrumenten,
Kompetenz von Lehrkräften solide zu erfassen entwickelt
- Notwendig, um überhaupt interindividuelle Unterschiede zu beschreiben
und auch Gruppenunterschiede zu beschreiben
- Dies ist Grundbedingung zur Beschreibung und nur wenn das möglich ist,
auch Ansatzpunkte für Intervention
- Ausblick: Bisherig stark auf der deklarativen Seite, Wissen abfragen,
weniger Aspekt des „Könnens“

Wissen über individuelle Besonderheiten


Lese-Rechtschreib-Störung (Nennen sie viele Merkmale, die ihnen als L. Hinweise auf eine mögliche Lese-Rechtschreib-Störung liefern (beim Lesen &
Schreiben) → liest Buchstabe für Buchstabe ohne Zusammenziehen zu Wort, kein Sinn entnehmendes Lesen
Wissen über Unterrichtsmethoden (Beim Einsatz von Gruppenarbeit wird häufig beobachtet, dass einzelne Personen innerhalb der Gruppe sich nicht optimal
anstrengen → Nennen von möglichen Gründen für Phänomen & Möglichkeiten, wie man Gruppenarbeit strukturieren kann, damit dieses Problem vermindert wird
Welche Maßnahmen können ergriffen werden, um die Vergleichbarkeit der Noten zwischen den verschiedenen Klassen zu erhöhen?
- Erwartungshorizont für die Klausuren
- Vergleichbare Aufgaben & Arbeiten
- Vergleichstests
- Bewertungsraster
Lerntheoretische Überzeugungen & Motivation
Konstruktivistische Orientierung „Es hilft Schüler(inne)n Mathematik zu begreifen, wenn man sie ihre eigenen Lösungsideen diskutieren lässt“
Transmissive Orientierung„Schüler(innen) lernen durch die Vorführung von Beispielaufgaben am besten Mathematik“
Enthusiasmus für das Unterrichten„Ich unterrichte mit Begeisterung.“
Enthusiasmus für Mathematik „Ich finde Mathematik spannend.“

Erfassung der Selbstregulation


-Berufliches Engagement:
Bedeutsamkeit der Arbeit, beruflicher Ehrgeiz, Verausgabungsbereitschaft, Perfektionsstreben
„Bei der Arbeit kenne ich keine Schonung“
- Widerstandsfähigkeit:
Distanzierungsfähigkeit, geringe Resignationstendenz, offensive Problembewältigung, innerer Ausgleich
„Nach der Arbeit kann ich ohne Probleme abschalten“
Kompetenz: Mehr als Wissen?
Kunter, M., Klusmann, U., Baumert, J., Richter, D., Voss, T. & Hachfeld, A. (2013). Professional competence of teachers: Effects on instructional quality and student development. Journal of Educational Psychology,
105(3), 805-820.

Einfluss des fachd. Wissens auf den Unterricht → Unterricht


ist erfasst in kognitive Aktivierung, soz. Unterstützung (Hilfe
bei Verständnisprobleme), Klassenführung →
fachdidaktisches Wissen hat Einfluss auf kognitive
Aktivierung → positiv auf Leistung
Fachd. Wissen → Unterstützung (mehr
Handlungsmöglichkeiten auf Verständnisproblemen)

Einfluss von Überzeugungen (eher in kosntruktivistischer


Richtung) → besser für Klassenführung → Leistung Mathe
& Freude

Selbstregulation → mit Belastungen umgehen


Alles Aspekte der professionellen Kompetenz haben
positiven Einfluss auf Schule
Fachwissen → besser für Leistung
Motivationalen Aspekte → besser für Freude

Zusammenfassung COACTIV
1. Was versteht man unter professioneller Kompetenz?
- Voraussetzung für die erfolgreiche Bewältigung der schulischen Anforderungen
- Professionswissen, Überzeugungen, Motivation, Selbstregulation
2. Hat die professionelle Kompetenz der Lehrkräfte einen Effekt auf die Schüler(innen)?
- Fachdidaktisches Wissen, Motivation und berufliche Selbstregulation als wichtige Prädiktoren für Unterrichtsqualität und Schülerleistung/Schülermotivation
TEDS-M: Teacher Education & Development Study
• Internationale Vergleichsstudie (The International Association for the Evaluation of Educational Achievement, IEA). 2006-2010
• als Reaktion auf “PISA” Untersuchung der Wirksamkeit der Lehrerausbildung
• Erhebung des fachlichen, didaktischen und pädagogischen Wissens angehender Mathematiklehrer der Primarstufe und Sekundarstufe I aus 17
Ländern (Asien, Europa, USA)
• In Deutschland Stichprobe aus 2000 angehenden Mathematiklehrkräften (letztes Ausbildungsjahr) aus allen 16 Bundesländern
• Rücklaufquote über 80%
Zusammenfassung: Internationaler Vergleich
• Vergleichsstudie zum fachlichen und fachdidaktischen Wissen angehender Mathematiklehrkräfte
• Deutschland insgesamt leicht überdurchschnittlich
• Bedeutsame Schulformunterschiede
• Erklärungsansätze.
– Zweifach-Ausbildung international eher unüblich
– Weniger Stunden für fachliche Ausbildung bei Nicht-Gymnasiallehrkräften
Überzeugungen & Erwartungen
• „teacher beliefs“:
– Vorstellungen und Annahmen von Lehrkräften über schul- und unterrichtsbezogene Phänomene und Prozesse
– bewertende Komponente
• per se nicht als richtig oder falsch zu beurteilen
• Falls auf falschen Prämissen beruhend, starke Einschränkungen des Handelns möglich
• →Reflektierte Auseinandersetzung gilt als wichtige Komponente der Professionalität von Lehrkräften (Bromme, 1997; Woolfolk Hoy, 2006)
• Dazu viel Forschung im Bereich der Pädagogischen Psychologie
Überzeugungen von Lehrkräften: Bezugssystem, Inhalt & Bsp. (Woolfolk)

Lehrerbezogene Erwartungen: Selbstwirksamkeit


• Überzeugungen einer Lehrperson, effektiv unterrichten zu können (auch wirksam sein zu können)
• Unterscheidung: Persönliche vs. Allgemeine vs. kollektive Wirksamkeitsüberzeugung
– Persönlich: „Ich weiß, dass ich es schaffe, selbst den problematischsten Schülern den prüfungsrelevanten Stoff zu vermitteln.“ (Schmitz &
Schwarzer, 2000)
– Allgemein: „Für eine Lehrkraft ist es schwierig, etwas zu erreichen, weil der familiäre Hintergrund eines Schülers/einer Schülerin seine/ihre
Leistungen so stark beeinflusst.“ (Gibson & Dembo, 1984)
– Kollektiv: „An meiner Schule kommen wir auch mit den schwierigen Schülern zurecht.“
• Zusammenhänge mit Unterrichtsqualität, Engagement, Berufszufriedenheit und geringerer Beanspruchungssymptomatik
(z. B. Tschannen-Moran & Hoy, 2001; Wolters & Daugherty, 2007; Somech & Drach-Zahavy; Schmitz & Schwarzer, 2000)
Schülerbezogene Erwartung
• Pygmalioneffekt (sich selbst erfüllende Prophezeiung)
– speziell auf die Interaktion zwischen Lehrern und Schülern bezogene Form der sich selbst erfüllenden Prophezeiung
– Historische Studie „Pygmalion in the Classroom“ (Rosenthal & Jacobson, 1967)
• Schüler wurden zufällig auf zwei Gruppen aufgeteilt
• Lehrer bekamen Information, dass für den einen Teil der Schüler auf Grund eines Intelligenztests eine günstige
Intelligenzentwicklung zu erwarten ist
• Nach einem Schuljahr zeigten die Schüler mit vermeintlich hohem Potential in einem Intelligenztest tatsächlich bessere
Leistungen als die andere Gruppe (also experimentell belegen können, dass die Erwartung deer L. sich auf das
Verhalten/Intelligenz der SuS → schöechte Einschätzung → führt dazu, dass S. weniger lernt)
– Viele Nachfolgestudien, die nach Belegen für oder gegen die Existenz suchen (Babad, 1993; Jussim & Harber, 2005, Rosenthal, 1991)
• Begriff der „Erwartungseffekte“ wird häufiger verwendet, umfasst unterschiedliche Auftretensformen (z.B. Geschwisterkind-Phänomen) (bei
Geschwistern assoziiert man deren Verhalten mit dem Jüngeren → man projiziert das)
• Erwartungseffekte treten auf, insbesondere als sich selbst erhaltende Prophezeiungen, allerdings eher kleine Effekte (Jussim & Harber, 2005;
Tenenbaum & Ruck, 2007; Ritts, Patterson, Tubbs, 1992)

VL 4 – Lehrer
1. Motivational-emotionale Merkmale
a. Berufswahlmotive & Berufseignung
b. Beanspruchungserleben
Berufswahlmotive & Berufseignung
• Gründe, weshalb das Lehramtsstudium aufgenommen wird?
• Untersuchungen an deutschen Studierenden (Pohlmann & Möller, 2007)
– Pädagogisches Interesse, fachliches Interesse, berufsbezogene Fähigkeitsüberzeugung, extrinsische Motive (Vereinbarkeit von Familie und
Beruf, Arbeitsplatzsicherheit, hoher Freizeitanteil), soziale Einflüsse
– Eher unwichtig: geringe Schwierigkeit des Lehramtsstudiums
• Probleme
– Erfassung durch geschlossene, reaktive Antwortformate (nur das antworten, was da im Fragebogen angegeben ist)
– Einflüsse sozialer Erwünschtheit möglich
PaLea Studie für Entschiedung zum Lehramtsstudium
Leistungsindikatoren nach Lehramtszugang

Zusammenfassung
• Frauen wählen fast 4 Mal häufiger ein GS-Lehramt als ein Sek II-Lehramt
• Leistungsindikatoren: Eine schlechtere Abitur-Note erhöht die Wahrscheinlichkeit
ein GS- oder Sek I-Lehramt zu wählen (im Vergleich zu Sek II)
• Persönlichkeit: kaum Effekte

Intrinsische Berufswahlmotive unterschieden nach Lehramtszugang

Pädagogische Interesse ist auf Gymnasium geringer –


Fachwissen verhält sich umgekehrt

Extrinsische Berufswahlmotive unterschieden nach Lehramtszugang


Extrinsischen Motiven: relativ geringe Unterschiede
zwischen Schulformen, spielen nicht so die. Rolle, wie
die intrinsischen Motive
→ geringe Schwierigkeit ist nur für Sek I &
Grundschullehramt ein etwas höhes Berufswahlmotiv

Zusammenfassung
• Berufswahlmotive:
– Pädagogisches Interesse: eher Grundschul- oder Sek I-Lehramt
– Fachliches Interesse: eher Gym
– Geringe Schwierigkeit: eher Grundschul- oder Sek I-Lehramt
– Finanzielle Nützlichkeit: eher Gym
Berufseignung
Durch Self-assessment (Selbsttests)
Funktionen:
• Informationsfunktion: Die Anwender/innen werden mit den vielfältigen Anforderungen des Studien- und Berufsfeldes vertraut gemacht.
• Diagnostische Funktion: Die persönlichen Voraussetzungen werden mit dem beschriebenen Anforderungsprofil verglichen.
• Selektionsfunktion: Es erfolgt die Selbstselektion bei abweichendem Anforderungsprofil und damit die Erhöhung der Basisrate geeigneter
Studienbewerber/innen.
Eignung & Eignungsdiagnostik
• Eignung = Passung zwischen Merkmalen der Person und den Bedingungen/Anforderungen einer Tätigkeit (vgl. Wottawa, 2000; Frieling & Sonntag,
1999)
• Berufseignung = Erfolgswahrscheinlichkeit für eine Tätigkeit/einen Beruf (Schuler & Höft, 2004)
• Eignungsdiagnostik = Entwicklung, Prüfung und Anwendung psychologischer Verfahren zum Zwecke eignungsbezogener Erfolgsprognosen im
beruflichen Kontext (Schuler & Höft, 2004)
Eignungsfeststellung

Eignungsdebatte
Pro contra
Hohe Anforderung des Lehrerberufs -gibt nicht mehr Bewerber als Plätze
„ungeeignete“ abhalten Kein geeignetes Verfahren
Gut für SuS Kann man alles lernen
Ansehen des Lehrerberufs erhöhen
Neues Betätigungsfeld
Eignungsdiagnostische Verfahren für L.
• Self-Assessments zu Personenmerkmalen (Interessen, Eigenschaften): CCT (Mayr, 2010) und FiT (Herlt & Schaarschmidt, 2007)
• Auswahlgespräche (Trapmann et al., 2008)
• Assessment-Center (Schweiz; Bieri Buschor et al., 2006) → lehrertypische Unterrichtssituationen (z.B. Rollenspiele)
→ Career Counselling for Teachers (CCT) von Mayr et al. (2010) & „Fit für den Lehrerberuf?!“ (Herlt & Schaarschmidt, 2007)

Verfahren CCT
• Das CCT ist als Self-Assessment für 4 Zielgruppen konzipiert: (1) für potenzielle Lehramtsstudierende, (2) für Lehramtsstudierende, (3) für
Berufseinsteiger/innen und (4) für erfahrene Lehrkräfte.
• Das online zu bearbeitende Verfahren für die Zielgruppe Studieninteressierte enthält Informationstexte über das Lehrerstudium und den Lehrerberuf,
Selbsterkundungsverfahren, eine Auswahl solcher Verfahren im Rahmen einer „Geführten Tour“, Reportagen aus dem Leben von
Lehramtsstudierenden und Lehrer/innen sowie Links zu den Webseiten von Lehrerbildungseinrichtungen, Schulbehörden und Beratungsstellen.
• Für Lehramtsstudierende ist die Durchführung des CCT u. a. in Baden-Württemberg seit 2010 und in Hamburg seit 2009 Pflicht. Für die
Immatrikulation ist nur die Teilnahmebescheinigung vonnöten, das Testergebnis ist irrelevant.
• Bearbeitung: Im Rahmen der „Geführten Tour“ bearbeiten die Interessenten 3 Fragebogen: die „Lehrer/innen-Persönlichkeits-Adjektivskalen“ (LPA),
die Lehrer/innen-Interessen-Skalen (LIS) sowie Items zu pädagogischen Vorerfahrungen.
• Auswertung: Die Auswertung erfolgt online.
• Interpretation: Die Interpretation der Daten erfolgt ebenfalls online. Die individuellen Skalenwerte werden in den drei Fragebogen mit denen einer
Normstichprobe verglichen. Liegen die Selbsteinschätzungen im unteren Verteilungsquartil, so wird dies jeweils als Risikofaktor für eine gelingende
Berufspraxis gewertet und den potenziellen Studieninteressierten wird dazu geraten, den Beruf des Lehrers nicht zu ergreifen.
Grundlegende Annahmen von Myr et al.
• Persönlichkeitsmerkmale & soziale Fähigkeiten sind entscheidend für eine erfolgreiche Berufsausübung einer Lehrkraft.
• Zusammen mit dem Interesse am Lehrerberuf sowie fachlichen, didaktischen und pädagogisch-psychologischen Wissen bilden sie die Basis einer
erfolgreichen Professionalisierung.
Lehrer-Persönlichkeits-Adjektivskalen (LPA)

Lehrer-Interessen-Skalen (LIS)
• Die LIS enthalten 33 Items verteilt auf sechs Skalen
- Unterricht gestalten (Bsp.: den Schüler/innen einen Sachverhalt erklären)
- Soziale Beziehungen fördern (Bsp.: Schüler/innen aus unterschiedlichen Kulturen zusammenführen)
- Auf spezifische Bedürfnisse eingehen (Bsp.: begabten Schüler/innen zusätzliche Anregungen vermitteln)
- Verhalten kontrollieren und beurteilen (Bsp.: darauf achten, dass möglichst alle Schüler/innen mitarbeiten)
- Mit Eltern und KollegInnen zusammenarbeiten (Bsp.: Eltern in den Unterricht einbeziehen)
- Sich fortbilden (Bsp.: mich über das Weltgeschehen auf dem Laufenden halten)
• Die Reliabilität der Skalen liegt zwischen r = .67 (Soziale Beziehungen fördern) und r = .79 (Verhalten kontrollieren und beurteilen).
Prognostischer Aussagen
• Zufriedenheit mit den eigenen Studienleistungen bzw. mit der Berufsentscheidung: Brandstätter und Mayr (1994) zufolge weisen die Vorzeichen der
Korrelationskoeffizienten der LPA in die erwartete Richtung, die Zusammenhänge sind allerdings nur hinsichtlich des Faktors Stabilität signifikant.
• Berufliche Zufriedenheit: Die signifikanten Zusammenhänge mit den LIS-Skalen liegen zwischen .12 (Mit Eltern und Kollegen zusammenarbeiten)
und .27 (Soziale Beziehungen fördern).
• Selbstberichtete Belastung durch die pädagogische Arbeit: Die signifikanten Zusammenhänge liegen zwischen -.14 bis -.22 mit den LIS-Skalen.
Kritk an Self-Assessments für Lehrkräfte
• Keine empirische Evidenz für die prognostische Validität der Verfahren.
• Keine Unterscheidung von Studien- und Berufserfolg.
• Keine Differenzierung nach Schulformen.
Zusammenhänge zwischen Urteilne in CCT & FIT

Korrelation von 0,38 → Übereinstimmung ist vorhanden aber nicht


richtig groß (also eigentlich nicht geeignet)

VL 5 – Motivation III
2. Motivtional-emotionale Merkmale
a. Beanspruchungserleben
Überforderung → Burnout
Syndrom mit 3 Symptomen (Maslach & Kollegen) → soziale Arbeit
• Emotionale Erschöpfung
– Durch meine Arbeit bin ich gefühlsmäßig am Ende.
– Am Ende des Schultages fühle ich mich erledigt.
– Ich fühle mich schon müde, wenn ich morgens aufstehe und wieder einen Schultag vor mir habe.
• Depersonalisierung
– Ich glaube, ich behandle Schüler zum Teil ziemlich unpersönlich.
– Seit ich Lehrer bin, bin ich gleichgültiger gegenüber Menschen geworden.
• Gefühl verminderter Leistungsfähigkeit
– Ich fühle, dass ich durch meine Arbeit das Leben anderer Menschen positiv beeinflusse.
– Ich habe viele wertvolle Dinge in diesem Beruf geleistet. (trifft zu → wenig Burnout)
– Maslach Burnout Inventory
• Wird in der Mehrheit der Arbeiten verwendet
• 1981 entwickelt und 1996 in der dritten Version (MBI, Maslach, Jackson, Leiter, 1996)
Burnout-Fragebogen (Auszug)
1. Ich habe allgemein zu viel Stress in meinem Leben.
2. Durch meine Arbeit muss ich auf private Kontakte und Freizeitaktivitäten verzichten.
3. Auf meinen Schultern lastet zu viel.
4. Ich leide an chronischer Müdigkeit.
5. Ich habe das Interesse an meiner Arbeit verloren.
6. Ich handle manchmal so, als wäre ich eine Maschine. Ich bin mir selbst fremd.
7. Früher habe ich mich um meine Mitarbeiter und Kunden gekümmert – heute interessieren sie mich nicht.
8. Ich mache zynische Bemerkungen über Kunden und Mitarbeiter.
9. Wenn ich morgens aufstehe und an meine Arbeit denke, bin ich gleich wieder müde.
10. Ich fühle mich machtlos, meine Arbeitssituation zu verändern.
11. Ich bekomme zu wenig Anerkennung, für das was ich leiste.
12. Auf meine Kollegen und Mitarbeiter kann ich mich nicht verlassen, ich arbeite über weite Bereiche für mich allein.
Kritik am Begriff Burnout
- Bisher existiert keine allgemein akzeptierte Definition
- Keine klinische Diagnose nach DSM-V, unspezifisch in ICD-10
- Wirklich abgrenzbar von Depression? (schwierig zu sagen, ob das Umfeld zu viel will oder man selbst nicht damit umgehen kann)
Belastung & Beanspruchung
Über Lehrkräfte wird einerseits gesagt, sie hätten viele Ferientage, andererseits sollen sie vermehrt an Stress und Burnout leiden. Wie erklären sie sich diesen
vermeintlichen Widerspruch?
- müssen in den Ferien arbeiten
- Schwierig zu trennen Arbeit – Freizeit
- Soziale Verworrenheit mit SuS
- Konferenzen
- Unterricht vorbereiten
Medien berichten von hoher Beanspruchung
Wissenschaftliche Artikel begründen Relevanz ihrer Forschung mit hoher Beanspruchung der Lehrkräfte
Aber: Empirische Befundlage nicht eindeutig und belastbar→ Mangel an Studien: wenig repräsentativ, kaum bewährte Instrumente, meist keine Referenzgruppe
Hinweise auf Beanspruchung

Körperliche & psychische Symptome

Vermehrt körperliche Symptome im Durchschnitt der


Erwerbstätigen → bei Lehrkräften sind psychische
Krankheiten/Beschwerden vermehrt → da hohe
psychische Belastung

Berufszufriedenheit
→ Belastung nimmt im Alter zu, Zufriedenheit nimmt mit den Jahren immer ab (selbst im Ref ist Berufszufiredenheit hoch)
Frühpensionierung & Dienstunfähigkeit
Dienstunfähigkeit = sind zurückgegangen (3% Gehaltseinbuße, umso früher man in den Ruhestand geht) → versuchen Belastungen durch Stundenanzahl &
Ruhestandseintritt zu regulieren
Wie beansprucht sind Lehrkräfte? Fazit I
• Lehrkräfte sind nicht per se gefährdet für langfristige Beanspruchungsfolgen wie Stress und Burnout
• ABER: Hinweise auf eine stärker psychische und weniger physische Beanspruchung
• Dennoch: hohe mittlere Berufszufriedenheit
Beanspruchungserleben
• Belastungen: berufsbezogene Umweltfaktoren, die auf die Person einwirken und zu positiven oder negativen Reaktionen führen können.
– objektive Belastungen (psychophysiologisch nachweisbare Umweltmerkmale wie z.B. Lärm oder organisatorische Strukturen)
– subjektive Belastungen (individuelle Wahrnehmung und Interpretation von Umweltbedingungen).
• Beanspruchung: individuelle Reaktionen auf Belastungen
– kurzfristigen Beanspruchungsreaktionen (z.B. positives/negatives Empfinden, verminderte Konzentration)
– langfristigen Beanspruchungsfolgen (chronischer Stress, Burnout).
• Burnout: langfristige Beanspruchungsfolgen
– psychologisches Syndrom
– Symptome: emotionale Erschöpfung, Depersonalisierung und ein Gefühl verminderter Leistungsfähigkeit (Maslach, Schaufeli & Leiter,
2001).
Belastungsfaktoren & ihre Bedeutung
• Häufig genannte Belastungsfaktoren
– Institutionelle Faktoren: z.B. große, heterogene Klassen, hohe Stundenzahlen
– Soziale Faktoren: schwierige Schüler, fehlende Unterstützung der Eltern
– „politische“ Faktoren: Erleben von Fremdbestimmung durch Bürokratisierung, bildungspolitische Maßnahmen
• Individuelle Unterschiede im Umgang mit den Belastungsfaktoren
• Unterscheidung in personale und soziale Ressourcen
• Unterschiedliche Bewältigungsmuster bei Lehrern (Schaarschmidt & Fischer, 1997)
• Erste empirische Befunde von negativen Folgen des Beanspruchungserlebens auf die Unterrichtsqualität (Klusmann et al., 2008)
Selbstregulation – typologischer Ansatz (Schaarschmidt & Fischer, 2001)
Fragebögen → dadurch zuordenbar
2 psychologische Dimensionen:
1. Engagement
2. Widerstandsfähigkeit

Gesundheitstyp = vorzeige Lehrkraft (kann mit Belastungen sehr gut umgehen und kann
auch engagiert sein)

VL 6 – Motivation VI
Forschungsfragen in COAKTIV
1. Lassen sich die vier Regulationsstile empirisch identifizieren?
2. Zeigen sich Unterschiede im Beanspruchungserleben zwischen den vier Regulationsstilen?
3. Zeigen sich Unterschiede im Unterrichtsverhalten zwischen den vier Regulationsstilen?
Datengrundlage COAKTIV-Studie
Mathematiklehrkräften in dieser Studie also zu Beginn der Studie in Burnout Fragebogen vorgelegt und hat dann andere Fragebögen ebenfalls vorgegeben, um zu
gucken, ob die 4 Typen sich auf diesen Merkmalen unterscheiden, hat den Unterricht der Lehrkräfte beobachtet
Forschungsfragen
1. Lassen sich die 4 Regulationsstile empirisch replizieren? Viele sind den beiden ungünstigen Typen zuzuordnen
Typ G = Gesundheitstyp
Typ S = Schontyp

Selbstregulation & Alter

Männlich = mehr Schontypen

Gesundheitstypen = am jüngsten

2. Zeigen sich Unterschiede im Beanspruchungserleben zwischen den 4 Regulationsstilen?


Selbstregulation & Beanspruchung
- Längsschnittliche Bestätigung der Querschnittsbefunde
- Typ G hat günstigste Entwicklung auf den Beanspruchungsindikatoren
Gesundheitstyp = kognitiv aktivierenderen
- Arbeitszufriedenheit ebenfalls bei den Gesundheitstypen am höchsten ist; bei A & B deutlich reduziert
Unterricht; bei der Klassenführung = keinen
3. Zeigen sich Unterschiede im Unterrichtsverhalten zwischen den 4 Regulationsstilen?
Unterschied
Dimension der Unterrichtsqualität

Gesundheitstypen = lassen SuS mehr Zeit zum Nachdenken,


um Antwort sich zu überlegen
→ ragt auch bei sozialer Unterstützung raus
→ Burnout Lehrkräfte unterscheiden sich nicht so sehr von
anderen Lehrkräften

Burnout Fazit II
- Lehrergesundheit ein wichtiges Thema
- Vorsicht bei öffentlich diskutierten Diagnosen des Berufsstands
- Kein entweder-oder von Person- oder Umweltmerkmalen bei der Ursachensuche für Beanspruchung
- Umgang mit beruflichen Belastungen als Teil der Ausbildung und Teil des professionellen Selbstverständnis
- Burnout wirkt sich negativ auf die Lehrkraft und auf den Unterricht aus.
- Burnout hat sehr ähnliche Symptome wie die Depression
Depression (ICD-10).
-Klinische Diagnose; Symptome: gedrückte Stimmung, Verminderung von Antrieb und Aktivität, Freude, Interesse und Konzentration, ausgeprägte Müdigkeit,
Schlaf ist meist gestört, Selbstwertgefühl ist beeinträchtigt
Erklärungsansätze von Burnout
• Gesellschaftliche Bedingungen
• Generelle Merkmale des Lehrerberufs (kann teilweise belastend sein)
• Arbeitssituation an bestimmten Schulen: Häufungen an bestimmten Schulen?
• Persönlichkeitsmerkmale
Ressource & Stressoren (Risikofaktoren)

Neurotizismus: Tendenz, Emotionen (besonders negative)


intensiver wahrzunehmen → Impulsivität & Ängstlichkeit

Persönliche Ressource wirken gegen Burnout & Stress

Welche Umweltfaktoren wirken sich protektiv aus?

Die Faktoren sind nicht so sehr lehrerspezifisch → ist in jedem


anderen Beruf auch so
Der schulische Kontext
Empirische Studien haben sich auch mit der Frage beschäftigt, ob eigentlich schulische Häufungen von emotionaler Erschöpfung und von beruflicher Unzufriedenheit
auftreten oder ob er die einzelne Lehrkraft verantwortlich ist für das Entstehen dieser ungünstigen Begleitaspekte beruflicher Tätigkeiten. Wir sehen hier in einer
Studie von Uta Klusmann, dass tatsächlich der größte Teil der emotionalen Erschöpfung und auch der beruflichen Zufriedenheit in der Person zu verordnen ist. Das
einfach ausgedrückt heißt das, dass das sehr. Ungünstige schulische Umwelten gibt, an denen sehr viele Lehrkräfte sehr gut zurechtkommen und einzelne Schaden
nehmen und sehr gut geführte Schulen in sehr privilegierten Lagen. An denen kann es trotzdem zu emotionaler Erschöpfung und beruflicher Unzufriedenheit bei
einzelnen Lehrkräften kommen. Das heißt die persönlichen Voraussetzungen bestimmen hier viel stärker das Auftreten ungünstigen beruflichen Erlebens als die
schulische Umwelt.

Präventiv:
Man verändert etwas an dem verhältnisoder an dem
Verhalten
→ lassen sich in primäre Prävention
(Gesundheitserhaltung: Entspannungstrainings)
Sekundäre Prävention (Risikogruppen, die bereits
Symptome haben)
Tertiäre Personen: an bereits erkrankten Personen,
Rückfallprofilaxe

Stressbewältigungsprogramme
• Psychoedukation (Wo Personen darüber aufgeklärt werden, welche bedingungen zu Stress führen)
– Was ist Stress, wie entsteht er, wie kann man Stressoren identifizieren?
• Problemlösetraining
– Analyse und Veränderung individueller Stressoren; Bewältigungsmöglichkeiten im Alltag; Maßnahmen zur Vorbeugung
• Kognitionstraining (stressverschäfenden Gedanken zu identifizieren & sie dann zu ändern → Gedanken zur Stressreduktion)
– Identifikation und Veränderung stressverschärfender Kognitionen
• Entspannung
– Progressive Muskelentspannung, autogenes Training
• Organisationale Bedingungen (inwifern kann man seinen Arbeitsalltag umorganisieren)
Stressbewältigungsprogramme für Lehrkräfte

Prestige → Lehrerberuf genießt in der Öffentlichkeit einen guten Ruf


Zusammenfassung
Begriffsklärung: Belastung, Beanspruchung, Stress, Burnout, Depression
• Stress & Burnout (Vorsicht Modediagnose!)
Situation der Lehrkräfte: Wie belastet ist die Berufsgruppe?
• Frage nach der relativen Gesundheit nicht beantwortet. Aber Hinweise auf vermehrt psychische Belastung
Was sind mögliche Ursachen für Beanspruchung?
• Individuelle Bewertungs- und Bewältigungsprozesse wichtig bei Entstehung
Was kann man dagegen tun? Prävention und Intervention
• Verhaltensbezogene kognitiv-behaviorale Stressbewältigungsprogramme wirksam

VL 7 – pädagogisch-psychologische Diagnostik
Pädagogisch-Psychologische Diagnostik
• Anwendungsgebiete und Begriffliches
• Messen und Gütekriterien
Trotz unterschiedlicher Voraussetzungen werden gleiche Prüfungsaufgaben gestellt
Anwendungsgebiete & Begriffliches
Alltags- vs. Wissenschaftliche Diagnostik
Kriterien wissenschaftlicher Diagnostik
• Präzisierung der zu messenden Konstrukte
• Operationalisierung der Konstrukte (wie misst man das Konstrukt? → z.B. Intelligenz mit Intelligenztest)
• Standardisierte Messung diagnostisch relevanter Daten (eigene Beobachtungen/Messinstrumente oder standardisiert?)
• Orientierung an Gütekriterien (Objektivität → Anwender zum selben Urteil kommen würden)
• Bereitstellen von Maßstäben zur Beurteilung individueller Messergebnisse
• Analyse der Randbedingungen
• Empirische Prüfung und Integration zu diagnostischem Urteil
(nach Hesse & Latzko, 2011)
Pädagogisch-psychologische Diagnostik
• soll bei Lösung praktischer bildungsbezogener Probleme helfen → auch Klassenklima diagnostizieren

„Arbeitsfeld, das sich mit der Beschaffung und Bewertung von Informationen befasst, die zu einer möglichst akkuraten Einschätzung von
Personenmerkmalen
• Informationen …aus
oder Merkmalen
versch. der(z.B.
Verfahren Lern- und Entwicklungsumwelt
Fragebögen, … führen Beobachtungen)
Interviews, Leistungstests, und zu einer besseren Erklärung und Prognose in
pädagogisch
• relevanten werden
Informationen Problemfeldern beitragen.“Urteil verdichtet
zu diagnostischen
• Urteil mit Entscheidungen bzw. Prognosen verbunden
→ Merkmale von Personen, die in der pädagogischen Psychologie häufig diagnostiziert werden, sind etwa die Persönlichkeit, die Intelligenz,
Verhaltensstörungen, die Fähigkeiten von Schüler*innen ihre Einstellungen und Motivationen, vieles davon diagnostizieren auch Lehrkräfte, insbesondere
natürlich die. Gezeigten Leistungen in ihren jeweiligen Fächern.
Anwendungsgebiete
• Feststellen von Lernvoraussetzungen → Vorkenntnisse, Methoden
• Leistungsüberprüfung → schulischen Leistungen (Test, Klassenarbeit & bewertet → Zensurenbewertung; andere Staaten objektive Leistungstests eine
viel stärkere Rolle als in Deutschland)

• Lernschwierigkeiten
• Teilleistungsstörungen (Lese-Rechtschreib-Schwäche)
• Verhaltensauffälligkeiten
• Hochbegabung

• Einschulung (Diagnostik zwischen den einzelnen Phasen)


• Schullaufbahnberatung
• Hochschulzugang
• Berufsberatung und berufliche Weiterbildung
Diagnostische Strategien

Je nach dem Ziel der Diagnostik


-Statusdiagnostik hat zum Ziel, feststehende, mindestens
mittelfristig stabile Eigenschaften von Personen zu
messen. Dispositionen sind bsp. überdauernden
Eigenschaften (z.B. Intelligenz) → dient oft der
Eignungsfeststellung, z.B. für ein bestimmtes
Hochschulstudium, also der Medizinertest
-Prozessdiagnostik: eher veränderbare Merkmale
(Mitarbeitsbereitschaft der SuS → geringe Stabilität)

Eher zum Selektions- oder Modifikationszweck


Statusdiagnostik = meist Selektionsdiagnostik, da
Intelligenz diagnostizieren, um Zugang zu
Förderschule/Hochbegabteninternat → nach Merkmalen
wird Person bestimmten Bildungsorten zugeteilt
Modifikationsdiagnostik: wenn man Verhalten, das
veränderbar ist zu messen → Wissenslücken, Lese-
Rechtschreibschwäche

-Diagnostisches Urteil
Entscheidungsfehler bei Diagnose
- z.B. Person ist „geeignet“
- z. B. Schüler „leidet an Dyskalkulie“
-2 Arten von Fehlern

z.B. Rechenschwäche feststellen oder nicht → können beide falsch sein


Dyskalkulie wird z.B. festgestellt aber ist gar nicht gegeben

Basisrate: richtig positiven & falsch negativen →


Selektionsrsate: richtig positiven & falsch positiven (alle, die jetzt Dyskalkulie
nach Test aufweisen
Effizienz: korrekten Einschätzung, richtig positiven & richtig negativen, ob jemand
bsp eine Dyskalkulie hat oder nicht

• Sensitivität (Richtig-positiv an Basisrate, Empfindlichkeit, Trefferquote)


= 30/42 = .71 → welche SuS richtig als nichtbetroffen erkannt werden
• Spezifität (Ausfallrate): RN an Nichtbetroffenen = 48/58 = .83 → Wie
viele SuS korrekt erkannt werden
Mit diesen beiden Maße => Auskunft über Güte unseres Urteils
Höhere Wahrscheinlichkeit Nichtbetroffene korrekt zu erkennen (83%) Betroffene
(73%) → Risiko geringer jemanden falsch zu identifizieren, der das gar nicht ist
Sensitivität & Spezifität
• Sensitivität: Wahrscheinlichkeit, Betroffene/ Erkrankte/Geeignete korrekt zu identifizieren.
• Spezifität: Wahrscheinlichkeit, Nichtbetroffene/ Gesunde/Ungeeignete korrekt zu identifizieren.
Reflexionsaufgabe
Bevorzugen Sie einen niedrigen oder hohen Schwellenwert für die Gymnasialempfehlung?
→ Was sollte bevorzugt werden: eine hohe Sensitivität oder eine hohe Spezifität? → beide sollen hoch sein: Spezifität & Sensitivität (sehr selektiv: das
Gymnasium sehr hoch halten → Schweiz: insgesamt niedrigere Sensitivität: viele geeignete kommen nicht rein: wenig positive → wahrscheinlich auch die besten
(Ausgesuchte sind wahrscheinlich auch geeignet) → Sensitivität muss hoch: bei Förderkursen (auch nicht schlimm, wenn jemand fälschlicherweise da ist aber
wenn jemand vergessen wird → schlimm)
Spezifität: bei Eignungsfragen: Beste auswählen für best. Studienfächer z.B.
Messen psychologischer Konstrukte
• Problemstellung:
• Wie kommen wir an Informationen über intrapsychische Vorgänge, die nicht direkt beobachtbar (latent) sind?
→ beobachtbare (manifeste) Indikatoren, die Rückschlüsse über die Ausprägung eines nicht-beobachtbaren Konstrukts erlauben (z.B. Aufgabenfeld messen →
dazu bastelt man Indikatoren, um auf das verständnis einer bestimmten Aufgabenart schließen zu können)
Messung festlegen: welche beobachtbaren Indikatoren wähle ich aus → Wie bastel ich meine Klassenarbeiten zusammen

Psychologische Merkmale als Konstrukt


• Eine Kernfrage der Diagnostik:
– Operationalisierung („Messbarmachung“) theoretischer Konstrukte
– Schlussfolgerungen von einzelnen Verhaltensweisen auf Konstrukte häufig unzulässig
• Alternative:
– Beobachtung vielfältiger Verhaltensweisen
– Konstruktion von Messverfahren
Bsp. Lesemotivation → Fragebogen, der aus versch. Items besteht (hier: 5)

Lesemotivation geht auf die Beantwortung der Items zurück


Ich lese gern => trifft nicht zu → niedrige Lesemotivation

Gütekriterien → für jedes diagnostische Verfahren/Urteil (also bei Schulnoten aber auch bei Intelligenztests)

Gütekriterien: Objektivität
• Messergebnis hängt nur vom Merkmal ab, nicht von der messenden Person
• Verschiedene Formen der Objektivität → Testleiter ganz konkrete Handlungsguides, Vorschriften, Zeiten (Testleitermanuale)
– Durchführungsobjektivität (Testleiter/Lehrer bei Schulleistungsmessung dazu beiträgt, wenn Versuchsbedingungen nicht gleich sind)
– Auswertungsobjektivität (2 Beurteiler zu 2 unterschiedlichen Ergebnissen kommen > Vorwissen einer konkreten Leistung beeinflussen)
– Interpretationsobjektivität (wie Ergebnisse interpretiert wird → Leistung üder oder unter dem Strich; Intelligenztest durch bestimmte Grenzen)
• Voraussetzung für Reliabilität und Validität
Gutekriterien: Reliabilität
• Zuverlässigkeit oder Genauigkeit einer Messung (Messinstrumente, Messungen = schwanken, nicht immer gleiches Ergebnis)
– misst ein Test, was er messen soll, möglichst fehlerfrei?
– Messungen von pädagogisch-psychologischen Merkmalen sind stets mit Messfehlern behaftet
Formal: xtj = wtj + etj x = beobachteter Wert einer Person j im Test t, w = wahrer Wert, e = Fehler (setzt sich aus wahrer Wert & Fehler zusammen)
• Anteil der Varianz der wahren Werte an der Varianz der beobachteten Werte sehr hoch (dann sind Fehler klein)
– Reliabilitätskoeffizienten zur Bestimmung der Größe dieses Anteils (Range von 0 bis 1)
– Verschiedene Reliabilitätskoeffizienten
Retest-Methode
• Wiederholungsreliabilität
• Wiederholung eines Tests/Fragebogens an derselben Stichprobe in angemessenem Zeitabstand → Zusammenhang zwischen beiden Messungen
• Schätzwert der zeitlichen Stabilität eines Merkmals
• Annahme zeitlich stabiler Merkmale
• Problematisch bei Veränderungsmessung
(z.B Intelligenztest 2 Mal → berechnen die Korrelation der Ergebnisse beider Messungen (Stabilität & Wert für Reliabilität → Intelligenz ist ziemlich stabil)
Paralleltest-Methode (2 ähnliche Fragebögen mit ähnlichen Items & berechnet Korrelation zwischen Testergebnissen)
• Konstruktion eines vergleichbaren Tests/Fragebogens
• Korrelation beider Tests
• Problem: Herstellung vergleichbarer Tests
• Ähnliches Prinzip: Testhalbierungsmethode (Split-half)
Reliabilität: interne Konsistenz (Maß für den inneren Zusammenhang einer Skala → Wie sehr messen Items dasselbe?)
• Überprüfung des inneren Zusammenhangs der Items einer Skala
– Wie sehr messen die einzelnen Items dasselbe?
– Prüfung der Homogenität
• Test wird in so viele „Untertests“ zerlegt, wie er Items oder Aufgaben besitzt
• Berechnung erfolgt auf Basis von Itemstreuungen, Korrelationen oder Kovarianzen
• Anwendung ist sinnvoll, wenn homogene Merkmalsbereiche erfasst werden sollen
→ Verallgemeinerung der Split-half-Idee → Test wird in ganz viele (Anzahl der Items) Subtests zerlegt, die dann miteinander korreliert werden
Gütekriterien: Validität (misst Fragebogen, das, was er messen soll → gültig?)
• Validität = Gültigkeit
– Misst ein Test/Fragebogen das, was er messen soll?
– Verschiedene Aspekte
• Inhaltsvalidität
• Kriteriumsvalidität
• Konstruktvalidität
• Prognostische Validität
Inhaltsvalidität
• Decken Aufgaben/Items das theoretische Konstrukt ab? (repräsentieren sie theoretische Konstrukt? Zentrale Merkmale des latenten Konstrukts erfasst?)
• Urteil per Augenschein oder durch Expertenbefragungen (Aufgaben geeignet für Unterrichtseinheit → Kollegen werden gefragt)
Kriteriums- & prognostische Validität
• Kriteriumsvalidität: Test/Fragebogen hängt mit einem vorgegebenen externen Kriterium zusammen (Inwiefern die Ergbenisse mit externen Kriterium
zusammenhängen → Intelligenztests mit Schulnoten korrelieren => Kriteriumsvalidität des IG-Tests, da es wirksam, um Intelligenz mit Schulnoten in
Verbindung zu bringen)
• Kriterien können sein
– objektive Maße
– andere Tests/Fragebogenverfahren
• Prognostische Validität: Test/Fragebogen sagt Ergebnis in einem relevanten zukünftigen Test/Fragebogen voraus
– z.B. Vorhersage von Berufserfolg mit der Abiturdurchschnittsnote (Ist NC geeignet um Berufserfolg vorauszusagen, wenn ja, dass hat es eine
hohe prognostische Validität)
Einige Nebengütekriterien
• Normierung: (wie bei IQ-Tests, wie viele Aufgaben man für welchen Wert bescheinigt bekommt → Was Rohwert in dieser Einordnung bedeutet)
Bezugssystem für die Einordnung des individuellen Testergebnisses
• Ökonomie: (nationalen & internationalen Studien eher ungewöhnlich bei Noten)
(1) kurze Durchführungszeit und wenig Material
(2) einfach zu handhaben
(3) als Gruppentest durchführbar
(4) schnell und bequem auszuwerten
• Nützlichkeit:
misst eine Merkmal, das von wissenschaftlichem oder praktischem Interesse ist

VL 8 Diagnostik II
Beispiele diagnostischer Daten
– Fragebogen
– Tests
(zu Intelligenz, Schulleistungen, Konzentration)
– [Zensuren… in der nächsten Sitzung]
Fragebogen
• Selbstberichtsinstrumente (Personen geben über ihr eigenes Verhalten Auskunft → Einschätzung der eigenen merkmale)
• keine objektiv richtigen Antworten
• Bereiche z.B.:
– Persönlichkeit
– Interessen
– klinische Symptome
• Probleme:
– Verfälschbarkeit der Antworten
– bei Selektionsdiagnostik eher nicht verwenden (weil Personen sich nach gewünschten Antworten verhalten)
Regeln für Formulierung von Items (in Fragebögen)
• Formulieren Sie klar und verständlich
• Nutzen Sie einfache, unzweideutige Begriffe – vermeiden Sie unbekannte Ausdrücke
• Passen Sie sich der Sprache der Befragten an
• Beziehen Sie die Fragen immer nur auf einen Sachverhalt
• Vermeiden Sie doppelte Verneinungen
• Vermeiden Sie Unterstellungen und Suggestivfragen (eine bestimmte Antwort darf nicht impliziert sein)
• Vermeiden Sie hypothetische Fragen
• Verwenden Sie Fragen mit eindeutigem zeitlichen Bezug
Persönlichkeitsstrukturfragebogen
• mehrere Dimensionen (die Struktur) der Persönlichkeit i.S.v. Dispositionen erfasst
• z.B. NEO-PI-R (Ostendorf & Angleitner, 2004)
– fünf breite Dimensionen: Neurotizismus, Extraversion, Offenheit, Verträglichkeit, Gewissenhaftigkeit
– Anwendungsbereich: v.a. in Forschung verbreitet, in geringem Maße Individualdiagnostik
Interessenfragebogen
• z.B. Hexagonmodell RIASEC (Holland, 1997)
• sechs Berufsinteressen-Domänen
(technische, intellektuelle,
künstlerische, realistische, unternehmerische, konventionelle Interessen)
• Allgemeiner Interessen-Struktur-Test
(AIST; Bergmann & Eder, 1999)
– interne Konsistenz α = .82 bis .87
– Validitätshinweise: Korrelationen zu vgl. Dimensionen anderer Interessenverfahren in erwartungsgemäßer Höhe.
Gute Diskrimination zwischen Angehörigen verschiedener Berufsgruppen
– Normen: gesamt und nach Geschlechtern differenziert
(N = 2.496; 14- bis 28-Jährige)
Fragebogen
- Geschlossene Antwortformate
- Offene Antwortformate
- Einfachwahl → nur eine Antwort ist richtig
- Ratingsskelen (Mehr als zwei Antwortalternativen, die so abgestuft sind, dass sie eine Rangordnung darstellen (trifft von überhaupt nicht zu bis trifft
sehr zu → Einschätzung von Qualität eines Merkmals) → Dienen zur Quantifizierung von individuellen Merkmalsausprägungen (Ausprägung des
Konstrukts), Unipolare vs. bipolare Skalen, Numerische, verbale, optische/symbolische Skalen)
Bipolar: Im Augenblick fühle ich mich…angespannt 1 – 2 – 3 – 4 – 5 gelöst. (beide Enden der Eigeschaftskalen werden mit Eigenschaftswort benannt)
Unipolar: Im Augenblick fühle ich mich angespannt. → trifft nicht zu 1 – 2 – 3 – 4 – 5 trifft voll zu
Ratingskalen Marken (mit numerischen, verbalen oder symbolischen (Smileys, +,-,o) Markern)

Verbale Marken: Antwortvorgaben müssen in


Übereinstimmung mit dem zu erfassenden Merkmal
(Konstrukt) gewählt werden
• Intensität
• Zustimmung
• Häufigkeit
• Wahrscheinlichkeit
• Bewertung
• …

Fragebogen – Ratingskalen: Zahl der Abstufungen


• Informationsgehalt:
– Steigt mit größerer Stufenzahl
– Feinere Differenzierung der individuellen Einschätzungen (jüngere sind damit überfordert; kann zu Ungenauigkeiten führen)
• Kognitive Anforderung:
– Steigt mit größerer Stufenzahl
– Überforderung von Individuen, da besonders feine Abstufungen häufig nicht gegeben werden können
• Gerade/ungerade Anzahl:
– Ungerade Anzahl: „Tendenz zur Mitte“ ist möglich (wenn man sich bei Entscheidungen nicht entscheiden kann, ungerade sinnvoll, da viele
Menschen bei der Ausprägung eines Merkmales in der Mitte sind)
– Gerade Anzahl: Polarisierung der Urteile
• Typische Anzahl der Stufen
– Balance zwischen Informationsgehalt und kognitiver Anforderung
– 5 ± 1 Abstufungen
– 4-stufig bei niedrigem bis durchschnittlichem Reflexionsniveau und geringem Differenzierungsvermögen bzw. geringer Vertrautheit mit dem
Gegenstandsbereich
– 6-stufig bei durchschnittlichem bis hohem Reflexionsniveau und hohem Differenzierungsvermögen bzw. hoher Vertrautheit mit dem
Gegenstandsbereich
Fragebogen: geschlossene Formate pro & contra
Fragebogen – demographische Daten
• Zentrale Merkmale (z.B. Geschlecht, Schulform, Alter) sollten immer erfasst werden erfasst, aber…
– sensibler Umgang mit demographischen Daten notwendig
– nur die erforderlichen demographischen Daten erfragen
– Anonymität der Daten?
– Bilden von Kategorien (z.B. für Altersgruppen, Einkommensgruppen)
• Demographische Fragen können am Anfang oder Ende des Fragebogens platziert sein (am Ende besser → könnte Antworttendenzen beeinflussen z.B.
Geschlecht)
Allgemeine Hinweise zur Gestaltung
• Gibt es vorhandene Fragebögen, die (z.T.) übernommen werden können?
– http://daqs.fachportal-paedagogik.de
– www.fachportal-paedagogik.de
– http://scholar.google.de
• Der Fragebogen sollte folgende Angaben enthalten:
– Zweck der Befragung
– Zeitaufwand für die Bearbeitung
– Hinweis auf Freiwilligkeit
– Ggf. Einsendeschluss
– Ansprechpartner für Rückfragen
– Zusicherung der Anonymität
– Bearbeitungsinstruktionen
Fragebogen – Skalenbeispiele
• Selbstkonzept in Deutsch/Mathematik
– Mit Deutsch/Mathematik würde ich mich lieber beschäftigen, wenn es nicht so schwer wäre. (-)
– Deutsch/Mathematik liegt mir nicht besonders. (-)
• Interesse am Fach Deutsch/Mathematik
– Ich freue mich auf den Deutsch-/Mathematikunterricht.
– Mein Interesse am Fach Deutsch/Mathematik ist hoch.
• Lehrer-Selbstwirksamkeit
– Selbst wenn mein Unterricht gestört wird, bin ich mir sicher, die notwendige Gelassenheit bewahren zu können.
– Ich traue mir zu, die Schüler für neue Projekte zu begeistern.
• Kooperation in der Schule
– Es kommt bei uns oft vor, dass Unterricht gemeinsam vorbereitet wird.
– Gemeinsame Planungen und Behandlung von Unterrichtsthemen sind bei uns eher eine Ausnahme. (-)
Diagnostik mit Intelligenztests
• messen allgemeine kognitive Leistungsfähigkeit
• über die Zeit hinweg relativ stabiles Merkmal
• Synthese aus weitgehend anerkannten Inteligenzstrukturmodellen (dem nachfolgenden Test zugrundeliegend):

Struktur des Intelligenzstrukturtests


→ 3 Faktoren
-schlussfolgerndes Denken
-Wissen
-Gedächtnis
→ lassen sich weiter aufgliedern in die Teilfaktoren

Es gelten auch die Gütekrieterien


-Reliabilität
-Validität
Validitätsbelege aus der Überprüfung
der Struktur sowie Korrelationen mit verschiedenen z.B.
Intelligenztestverfahren, Persönlichkeits-dimensionen, Schulnoten
etc.
→ konvergente und diskriminante Gültigkeit

-Normen

D2-R
• Aufmerksamkeits- und Konzentrationstest
• Anzahl bearbeiteter Zielobjekte pro Zeile → Indikator für Geschwindigkeit
• Anzahl bearbeiteter Zielobjekte – Fehler (= ausgelassene Zielobjekte sowie markierte Distraktoren) → Indikator für Genauigkeit

Schulleistungstests
• Als diagnostisch präziser Ansatz zur Erfassung von (objektiver) Schulleistung
• auf spezifische Fächer/Jahrgangsstufen zugeschnitten, z.B.
– Deutschtests (z.B. Leseverständnis, Rechtschreibung, Grammatik, Wortschatz)
– Mathematiktests (z.B. DEMAT, Hasselhorn & Schneider [Hrsg.])
– Fremdsprachentests (Englisch, Französisch)
– Naturwissenschaftstests (Biologie, Chemie, Physik)
• häufig curricular valide konstruiert bzw. an den Bildungsstandards der KMK orientiert
• Vergleich mit Alters-/Jahrgangsnormen und Schulnormen

VL 9 Diagnostik III
• Zensuren & Zeugnisse
• Gütekriterien von Noten
• Urteilsgenauigkeit & Diagnostische Kompetenz
Als Heuristik oder heuristisches Vorgehen
• Kompetenzraster, Ziffernzeugnisse & Berichtszeugnisse bezeichnet man in der Psychologie eine einfache
– Grundschule Denkstrategie für effizientere Urteile und
– Gemeinschaftsschule Problemlösungen, die meist schneller, aber auch
• Überfachliche Kompetenzen fehleranfälliger ist als ein Algorithmus. Eine
Heuristik ist demnach eine kognitive Daumenregel,
die ein Urteil und eine Entscheidung auf der Basis
von nur wenigen Informationen ermöglicht

2-Prozess-Modell der Urteilsbildung

Merkmal beurteilen → Input (Reiz) → 2 Arten der Infoverarbeitung (automatisch oder/und kontrolliert) → Urteil
Bedeutung von Zensuren & Zeugnissen
„Zensur ist ein in Kurzform (Ziffer, Buchstabe, Adjektiv) gefasstes Urteil des Lehrenden über ein Verhalten des Lernenden. Der Begriff Note wird synonym
benutzt.“(Ingenkamp, 1985)
• Skalierung pädagogisch bedeutsamer Leistungs- und Verhaltensmerkmale
• sollen interindividuelle Unterschiede und intraindividuelle Veränderungen erkennbar machen
• Indikatorvariablen für das Konstrukt Schulleistung
• Schulzeugnisse
– fassen Noten zusammen und beurkunden Leistungsstand
– Grundlage wichtiger privater und öffentlicher Entscheidungen
– Amtspflicht von Lehrkräften
Funktionen von Zensuren & Zeugnissen
• Berichtsfunktion (Informationsfunktion)
– Rückmeldung an SuS und Eltern
– Rückmeldung an Lehrkräfte
• Sozialisationsfunktion
– Normen und Leistungsvergleiche sichtbar (soziale Vergleich in Klasse → gleich gut, besser, schlechter abgeschnitten)
• Anreizfunktion (Motivierungsfunktion) → pädagogischer Funktion (gute SuS: belohnen, schlechte SuS: motivieren sich zu verbessern)
• Berechtigungsfunktion (Selektions-/Allokations-)
– Selektionskriterien zur Verteilung knapper Ressourcen (Zuordnungen von Personen zur Umwelt → Studienplätze zum NC)
• Kontrollfunktion (machen die Einhaltung der Schulpflicht transparent)
• Disziplinierungsfunktion
– mangelnde Disziplin schlägt sich i.d.R. auch in Fachnoten nieder
– Kopfnoten
(- durch Fachnoten ist von ministerieller Seite her in allen Bundesländern untersagt/unzulässig; dafür Kopfnoten, die explizit der Beurteilung von Verhalten dienen→
Fachnoten zur Disziplinierung einzusetzen ist aber möglicherweise kaum zu vermeiden, da mangelnde Disziplin in der Regel auch Leistungsausfälle mit sich bringt)
Kritik an Noten
• Seit langem Debatte um Güte von Noten
• Ingenkamp (1971)
• klassische Lektüre zur Notenkritik
• drei postuliere Hauptschwachpunkte:
• ungenügende Messqualität
• Nichterfüllung pädagogischer Funktionen
• unerwünschte Nebenwirkungen
• Notengebung als „Lotteriespiel“
Heftiges medienecho und Diskussionen in der Lehrerschaft: Noten… (Tent, 2006)
- Objektivität, Reliabilität und Validität seien fraglich
- demotivieren eher als zu motivieren
- liefern keine Informationen über Wege zur Verbesserung (Produkt- vs. Prozessorientierung); im oberen Bereich ist der Informationsgehalt dabei sogar
noch höher, denn man weiß, was man kann, im unteren Bereich problematisch, da man nur weiß, dass man etwas nicht kann, aber nicht genau, was dieses
etwas ist…
- belasten das Verhältnis zwischen LuL und SuS (Noten als Machtinstrument)
- regen zu Vergleichen zwischen SuS und damit zu Konkurrenzdenken an
Fehlerquellen bei Leistungsbeurteilung
• Noten basieren auf Beobachtungen und Einzelleistungen, die von der Lehrkraft gespeichert, auf Normen bezogen und gewichtet werden müssen.
• Subjektivität dieses Beurteilungsprozesses unvermeidbar
• Einschätzung der Leistungen je nach Fach leichter (Sport) oder schwieriger (Sprachen, Religionsunterricht).
• Lehrerurteile können verzerrt werden durch z.B.
– Beobachtungsmängel (man bekommt nicht alles mit, was in Klasse passiert)
– Erinnerungsfehler (falsch erinnern)
– Urteilstendenzen (Mildeeffekte vs. Strengeeffekte)
– Erwartungseffekte (aufgrund von Vorinfo → erwarten niedrige oder hohe Leistungen → Geschwisterkinder: Rosenthal- oder Pygmalioneffekt)
– Sympathie/Antipathie
Zur Objektivität von Noten
• verschiedene Lehrkräfte bewerten dieselbe Leistung sehr unterschiedlich
• ABER: hohe Übereinstimmung bei Ranking von Klassenarbeiten (r .80 bis .90) → Lehrkräfte können besser von mittle und schlechter unterscheiden
• Problem: mangelnde Vergleichbarkeit → kein klassenübergreifender Maßstab (gäbe objektivere Notengebung)
• Klasseninterner Bezugsrahmen: (Schnitt von Parallelklassen, Jahrgang)
Korrelation von Note und Leistungstest
− innerhalb von Klassen recht hoch (.60 bis .70)
− über mehrere Klassen recht niedrig (.30)
Wenn z.B. bei der Aufsatzkorrektur genaue Kriterienkataloge angewendet werden, dann erreicht die Auswertungsobjektivität auch sogar Werte um r = .80-.90. Im
Durchschnitt hohe Übereinstimmungen bzgl. der Rangreihe. Hauptursache für Unterschiede zw. Lehrerbeurteilungen ist Fehlen eines allgemein verbindlichen,
absoluten Maßstabes, an dem die Leistungen gemessen werden können. Aus Mangel eines solchen Maßstabes orientieren sich Lehrkräfte stark am
klasseninternen Bezugsrahmen. Entsprechende Korrelationen innerhalb von Klassen und über Klassen hinweg. Die gängige Praxis, Notendurchschnitt als
Grundlage für Allokations- und Selektionsprozesse zu benutzen (z. B. Studienplatzvergabe) ist problematisch.
Bezugsrahmeneffekte:
Lehrer/innen orientieren sich bei der Leistungsbeurteilung stark am klasseninternen Bezugsrahmen. Dieselbe Leistung wird daher von verschiedenen Lehrer/innen
unterschiedlich bewertet (mangelnde Objektivität von Noten). Obwohl Noten innerhalb einer Klasse gute Indikatoren für die Schulleistungen sein können, sind sie
es meist über Klassen hinweg nicht. Daher können Noten, die in verschiedenen Klassen erzielt wurden, nicht angemessen miteinander verglichen werden.
Standardisierte Leistungstests sind über Klassen hinweg vergleichbar!
TOSCA (Projekt „Transformation des Sekundarschulsystems und akademische Karrieren“) des Max-Planck-Instituts für Bildungsforschung→ Bezugsrahmeneffekte
lassen sich gut mit einem Ergebnis aus der TOSCA-Studie veranschaulichen, wenn hier auch nicht auf Klassenebene, sondern auf Länderebene.
In Hamburg erbrachten die SuS im Grund- und Leistungskurs Mathematik deutlich geringere Leistungen für dieselbe Note. Lehrkräfte orientieren sich bei der
Notengebung nicht an absoluten Standards, sondern primär an den Leistungen der Mitschüler. v.a. unter dem Aspekt der Selektions- und Allokationsfunktion
problematisch (Vergabe von Studien- und Berufschancen) → Englisch ist eine Ausnahme (Hamburger zeigen sehr gute Leistung traditionell → besser als in BaWü)
→ „Big Fish in a little Pond” – Effekt → in leistungsstarken Klassen werden SuS benachteiligt; in leistungsschwachen Klassen werden sie bevorteilt
Urteilsgenauigkeit & diagnostische Kompetenz
Definition: Was ist diagnostische Kompetenz
Unter diagnostischer Kompetenz wird die Fähigkeit eines Urteilers zur Beschaffung und Bewertung von Informationen verstanden, die zu einer möglichst
akkuraten Einschätzung von Personenmerkmalen oder Situationen führt (Schrader, 2006).
→ Beurteilungsfehler ist als ein Ausdruck der nicht hinreichenden diagnostischen Kompetenz.
Urteilsgenauigkeit (von Lehrkräften)
• Niveaukomponente: Lehrkrafturteil wird mit absoluten Werten der Schülerleistung verglichen; klassenweise Mittelwert berechnet: Lehrerurteil –
tatsächliche Leistung.
→ Lehrkräfte tendieren zur Überschätzung der Schülerleistungen; pädagogisch wünschenswert?
• Differenzierungskomponente: klassenweise Streuung der Lehrerurteile & klassenweise Streuung tatsächlicher Leistungen
→ inkonsistente Befunde (Über- und Unterschätzungen); Streuung der SuS-Leistungen unterschätzt & Streuung motivationaler Merkmale eher
überschätzt
• Rangkomponente: mittlere klassenweise Korrelation zwischen Lehrerurteilen und objektivem Leistungsmaß
→ recht hohe Korrelationen zwischen Lehrerurteil und Schülerleistungen (r = .56 in Metaanalyse; Südkamp, Kaiser & Möller, 2013)
Heuristisches Modell zur Genauigkeit der Leistungsbeurteilung durch L.

Durch welche Faktoren wird die Urteilsgenauigkeit


beeinflusst?
Lehrermerkmal: Alter, Geschlecht, Berufserfahrung
(eher ungünstig: oft strenger → auf Niveau der SuS
einzustellen)
SuS-Merkmale: Voreinstellungen → soziale Herkunft
Testmerkmale: in einigen Domänen valide & reliabel
zu messen (z.B. Sport)
Urteilsmerkmale: Unterschiede zwischen
Klassenarbeit der Leistung oder Begabung/Intelligenz
einschätzen sollen (letzteres indirekte Urteile)

Metaanalyse: Wie gut können L. Leistungen beurteilen?


Methode: Auswahl der Studien (Südkamp, Kaiser, Möller)
• Ausgangspunkt: 20.456 Referenzen
• Lesen des Titels und des Abstracts
• Reduktion auf 1.083 Referenzen
• Überprüfung der Einschlusskriterien (Kriterien für Berücksichtigung enthaten?)
• Ausschluss von Studien mit duplizierten Daten
• Endresultat: 77 Studien → 77 Korrelationskoeffizienten mit Berücksichtigugn der Stichprobengröße

→ hohe Signifikanz von SuS-Leistung & Lehrerbeurteilung

Zusammenhang zwischen L-Urteilen & andere Merkmale → kommt auf andere


Werte (Hochbegabung zu diagnostizieren)

Kreativität am schwierigsten

Zusammenfassung
-Beurteilungsgenauigkeit der kognitiven Fähigkeiten ist mit r = .45 substantiell, aber niedriger als bei der Schulleistung (r = .56)
-(Hoch-)Begabung und Kreativität werden weniger genau eingeschätzt
-Höhere Genauigkeit bei relevanter Bezugsnorm
-Niedrigere Genauigkeit in vorselegierten Stichproben (z. B. Gymnasium)
-Intelligenzeinschätzung scheint besser durch Schulleistung als durch Intelligenz vorhergesagt zu werden
-Lehrer übersehen hochbegabte Underachiever (Rost & Hanses, 1997)

Zur Reliabilität von Noten


• erstaunlich hohe Retest-Reliabilität gemittelter Noten:
− Grundschule rtt = .80
− Sekundarstufe rtt = .70
• bei sehr langen Zeiträumen erwartungsgemäß geringere Stabilität
− von Klasse 1 bis Klasse 8: rtt = .20
• Retest-Reliabilität von Einzelnoten etwas niedriger und fächerabhängig
− Sport und Fremdsprachen am Gymnasium am stabilsten
Stabilität in SH (LISA-Studie)
Korrelation von Leistungsindikatoren zwischen Ende der 4., Mitte der 6. & Anfang der 8.

Mit objektiven Leistungstest


Korrelationen der einzelnen Noten
zwischen den Klassen

Zur Kriteriumsvalidität von Noten


• schulischen Leistungen sollten allgemeine kognitive Grundfähigkeiten zugrunde liegen
– Noten unterschiedlicher Fächer korrelieren recht hoch (im Mittel r = .65)
– Gesamtnoten korrelieren mit Intelligenztestwerten (IQ) um .50
• Fachnoten korrelieren hoch mit fachspezifischen Schulleistungstests (um .60 -.70)
→ Noten = zwar mehr als objektive Leistung
→ dennoch stärkster Einzelbeleg für deren Validität
Zur Konstruktvalidität von Noten
• Faktorenanalysen von Zeugnisnoten der Sekundarstufe
– recht stabil 3 Faktoren:
• Fremdsprachen + Deutsch (innerhalb der Fächer sind Noten ähnlich)
• Mathematisch-naturwissenschaftlich
• Sachfächer
– instabile Lösungen für musische Fächer und Sport
→ Zeugnisse differenzieren nach Fächergruppen
Zur prognostischen Validität von Noten (ob Noten eine Vorhersage über zukünftige Leistung geben → dienen eigentlich dazu vergangene Leistungen zu
beurteilen aber oft benutzt um zukünftige Leistungen zu beurteilen)
• Sind Schulnoten dazu geeignet
1) Studienerfolg vorherzusagen?
2) Ausbildungserfolg vorherzusagen?
3) Berufserfolg vorherzusagen?
• Problem: Noten werden nicht direkt erstellt, um Leistungen vorherzusagen, sondern um zurückliegende Leistungen zu beurteilen
(Aber Verwendung für Selektion/Allokation).
Abschlussnoten & Studienerfolg:
• Metaanalysen (Baron-Boldt et al., 1988; Burton & Ramist, 2001; Robbins et al., 2004; Trapmann et al., 2007; Trost & Bickel, 1979):
– mittlere Korrelationen zwischen Abitur-/High-School-Note und Examensnote/Studienleistung: r = .35 bis r = .52
– Studienfächer als Moderator (z.B. Jura r = .38, Wirtschaftswissenschaften r = .56)
– Einzelfachschulnoten korrelieren geringer mit Studienerfolg (Zusammenhang zwischen Studienfach & gute Noten in Schule)
• recht starke Zusammenhänge → Anforderungen in Schule und Studium vermutlich ähnlich
Abschlussnoten & Ausbildungserfolg
• Korrelationen von Schulabschlussnote und theoretischen Abschlussprüfungen r = .41 bis r = .67
• Zusammenhänge mit Einzelfachnoten deutlich niedriger
• wenig Evidenz zu praktischen Prüfungen; Korrelationen r = .21 und r = .29 (wer gut in der Schule gut ist, der schneidet auch besser in den praktischen
Prüfung in der Ausbildung ab)
(Schuler et al., 1984; Schmidtke & Schmale, 1969) → Zusammenhänge für praktische Ausbildung signifikant niedriger
Abschlussnoten & Berufserfolg (Gehalt, berufliche Stellung)
• kaum Studien in Deutschland
• Ausnahme: Zusammenhang Abiturnote und berufliche Position r = .18 (Trost & Kirchner, 1993)
• High-School-Noten mit… (Reilly & Chao, 1982, bzw. Roth & Clarke, 1998)
– …Vorgesetztenurteilen r = .14
– …Gehalt r = .27 bzw. .18
• In Metaanalyse r = .32 zwischen universitärer Abschlussnote und verschiedenen Indikatoren für Berufserfolg (Roth et al.; 1996)
Indikatoren: Produktivitätsratings, Gehaltshöhe, Einstellungsgehälter…? Auch Zeitraum spielt eine Rolle: höhere Werte nach einem Jahr (r = .45) versus 2-5 oder
mehr als 6 Jahre (r = .11) Prognoseintervall.
Fazit zur prognostische Validität von Noten
• Für Studien- und theoretischen Ausbildungserfolg insgesamt mittlere Vorhersagekraft (Lehrerurteile → würfeln nicht & haben eine
Vorhersagekraft)
• Für praktische Ausbildungsprüfungen und Berufserfolg geringere Zusammenhänge
• Gesamtnoten höhere Vorhersagekraft als Einzelnoten
• Insgesamt Noten als gute Indikatoren für Eignung; Testverfahren kommen nicht zu genaueren Prognosen
• Validitätssteigerung durch Tests & Noten (Tests kommen nicht zu genaueren Ergebnisse → in Kombination = im aggregierten Maß
Aufschluss über Leistung)
Ziffernnoten abschaffen?
• Lehrerverbände fordern Abschaffung von Noten (Gewerkschaftstag der GEW, 1980, 1993) zugunsten von Verbalbeurteilungen
• insbesondere in Grundschule Noten als störend
• je nach Bundesland unterschiedlich lange Phasen ohne Ziffernoten (in sozialdemokratisch regierten Bundesländern → Noten später; in konservativen
regierten BL → früher Noten)
• für die Übergangsentscheidung nach der Grundschule müssen Noten vorliegen…
• …Ausnahme: Schleswig-Holstein! (Achtung: Rolle rückwärts!) → da CDU
Kompetenzraster
Kompetenzraster anstatt von Noten → aus Bildungspläne: Kompetenzen werden
differenziert betrachtet → besser, da die Lücken/Stärken des Faches differenzierter
betrachtet werden

Zzgl. Überfachliche Kompetenzen => Arbeitsorga, Anwendung von Methoden,


Konzentration

Verbalbeurteilung (=Berichtszeugnisse)
• KMK-Beschluss (1970) zur Einführung von Verbalbeurteilungen in der Grundschule
• urspr. Ziel: stärkere Individualisierung des Unterrichts beabsichtigt…
– umfassende Beurteilung von Leistungsstand, Arbeits-und Sozialverhalten
– ermutigende Erziehung statt Leistungsdruck (Lernfortschritte)
– Kooperation statt Konkurrenzkampf
– differenzierte Rückmeldung inkl. Förderhinweisen
– Bewertung an Fortschritten statt am Durchschnitt der Klasse
– verbesserte Beziehungen zwischen Lehrkräften und SuS/Eltern
Akzeptanz bei Kindern → Zeugniswünsche am Ende der 6. Klasse
• verbale Beurteilung nur für ersten zwei Schuljahre
• ab Klasse 3 wünscht sich Mehrheit (ca. 90%) ein Zeugnis mit Noten (allerdings nur ca. 20% ein reines Notenzeugnis)
• am positivsten: Zeugnisse mit Noten und kurzer allgemeiner Beurteilung/Kommentar bewertet
→ Wenn du noch einmal von der 1. bis zur 6. Klasse in die Schule gehen könntest, welche Beurteilungsformen würdest du dir für die jeweilige Klassenstufe
wünschen? Problem kann sein, dass die Kinder einfach so antworten, wie sie die Realität kennen
Inhaltsanalyse von Verbalbeurteilungen
Analyse von 450 Berichtszeugnissen → vier Typen:
1. Normatives Zeugnis: misst SuS an feststehenden Zielen und anderen SuS (verbale Beschreibung von Noten)
→ Auskunft über Leistungstand, verbale Noten
2. Schönes Zeugnis: stark ermunternd, sagt wenig über tatsächlichen Leistungsstand
3. Deskriptives Zeugnis: möglichst objektive Beschreibung, was beherrscht wird und was nicht; Mangel an Hinweisen auf Lernfortschritte
4. Entwicklungsbericht: gibt Auskunft über Lernfortschritte und bestehende Lernbedarfe
→ Typ des Entwicklungsberichts als beste Form der Verbalbeurteilungen; allerdings selten realisiert
Vergleich versch. Beurteilungsmodi
Vergleich von Noten (Ziffernzeugnisse) und Verbalbeurteilung:
• Kinder im Verlauf von 2. bis 4. Klasse
• Lernfreude: nimmt gleichermaßen ab
• Fähigkeitsselbstkonzepte: kaum Unterschiede, wenn überhaupt zugunsten der Notenkinder
• Leistungsangst: zu Beginn der 3. Klasse höhere Besorgtheit bei Notenkindern (v.a. mit schlechten Noten), die über die Zeit verschwindet
→ Überlegenheit von alternativen Beurteilungsformen bislang nicht nachgewiesen (schlechte Noten sind jedoch demotivierend: Schwedische Studie)
Fazit zu Noten
• Noten sind nicht so schlecht wie ihr Ruf, aber auch nicht so gut, wie sie sein müssten.
• Lehrkräfte sind gute Leistungsdiagnostiker/innen, insofern sie Leistungen ihrer SuS zueinander gut einschätzen können (nicht aber auf einem absoluten
Maßstab angeben können; z.B., Schrader & Helmke, 1987)
• Problem: Vergleichbarkeit über Klassen hinweg (Bezugsrahmeneffekte)
• Noten als recht gute Prädiktoren für wichtige Entscheidungen (z.B. Studienplatzvergabe)
• ökonomisch, verständlich, allgemein akzeptiert
• Mangel an besseren (und ähnlich gut handhabbaren) Alternativen, aber Kompetenzraster…

VL 10 Lese-Rechtschreibschwäche & Rechenstörung


1. Lernstörungen
2. Lese-Rechtschreib-Störung und Rechenstörungen
• Symptome & Diagnostik
• Ursachen Umschriebende Entsicklungsstörungen laut ICD (International
• Intervention Statistical Classification of Diseases and Related Health Problems)
3. Schulrechtliche Situation F80 …des Sprechens und der Sprache
Artikulationsstörungen
Expressive Sprachstörung
Rezeptive Sprachstörung
F81 …schulischer Fertigkeiten
Lese- und Rechtschreibstörungen
Isolierte Rechtschreibstörung
Rechenstörung
Kombinierte Störung schulischer Fertigkeiten
F82 …der motorischen Funktionen
→ liegt eine klinische Diagnose vor

Definitionskriterien
• Niedrige Leistung in den gestörten Bereichen
• Hohe Differenz zwischen gestörten Bereichen und allgemeiner Denkleistung (IQ) (mindestens durchschnittlich intelligent → mit allgemein reduzierter
Intelligenz → geht man nicht von dieser Störung aus)
• Nicht Ausdruck einer Erkrankung
• Fehlende Sinnesschädigung
• Normale Intelligenz
• Angemessene Förderung
Diagnosekategorien
• kombinierte Lese- und Rechtschreibstörung
• isolierte Rechtschreibstörung
Erscheinungsbild
• Lesen
– Schwierigkeiten mit Identifikation von Buchstabieren
– Auslassen, Ersetzen, Verdrehen oder Hinzufügen von Worten/Teilen
– Verlangsamtes Tempo
– Verlieren der Zeile, falsche Betonung
– Geringes Verständnis des Gelesenen
– Schwierigkeiten mit Konsonantenclustern
• Rechtschreibung
– Fehlerhäufigkeit
– Fehlerinkonsistenz
– Verdrehung (b-d, p-q), Umstellung von Buchstaben (Laus – Luas), Auslassen von Buchstaben (Katze – Kaze),
– Probleme mit der Laut-Buchstaben-Umsetzung
→ Schwere Formen manifestieren sich nach Einschulung
→ Intelligente Kinder kompensieren mit Auswendiglernen
Lese-Rechtschreibstörung: Diagnosekriterien ICD-10
Diskrepanzdiagnose: Lesegenauigkeit und/oder Leseverständnis, der mindestens eineinhalb Standardabweichungen unterhalb der allgemeinen Intelligenz
Normalverteilung → IQ von 100 → Differenz von 1,5 Standardabweichungen → gewisse Wert bei Lese-Rechtschreibschwäche bei ca 80

Lese-Rechtschreibstörung: Diagnosekriterien ICD-10


Diskrepanzdiagnose: Lesegenauigkeit und/oder Leseverständnis, der mindestens eineinhalb
Standardabweichungen unterhalb der allgemeinen Intelligenz
→ die Störung behindert die Schulausbildung oder alltägliche Tätigkeiten, die Lesefertigkeiten
erfordern
→ nicht bedingt durch Seh- oder Hörstörung oder neurologischer Krankheit
→ Beschulung in einem zu erwartenden Rahmen
Diskrepanzdiagnose: Rechtschreibtestergebnis eineinhalb Standardabweichungen unterhalb der
allgemeinen Intelligenz
Die Lesegenauigkeit und das Leseverständnis sowie das Rechnen liegen im Normbereich.
→ in der Vorgeschichte keine ausgeprägten Leseschwierigkeiten
Diagnostik → Beschulung in einem zu erwartendem Rahmen
- Anamnese → die Rechtschreibstörung bestehen seit den frühesten Anfängen des Schreibens
- Verhaltensbeobachtung
- Leistungsdiagnostik
→ frühzeitige Erkennung & Förderung von gefärdeten Kindern
→ präzise Diagnostik der Schwierigkeiten
→ Förderung auf individuelle Defizite zugeschnitten
Primärsymptomatik
• Psychologisch-diagnostische Untersuchung von Lesen und Schreiben
• Screening: Würzburger Leise Lese Probe (1-4, Küsper & Schneider, 1998) → nur den Grobscreening (also bei ganzer Gruppe, um die
Betroffenen herauszufiltern) → erlesen sich still ein Wort & müssen entsprechende Bild ankreuzen
• Einzeldiagnostik: Salzburger Lese- und Rechtschreibtest (1-4, Landers. Wimmer & Moser, 2006)
• Rechtschreibprüfung z.B. Rechtschreibtest DRT 1-5 (Stock & Schneider, 2008) → freie Wörter schreiben
→ Unvertraute und Pseudowörter?
→ Lauttreues und regelgeleitetes Schreiben?
Intelligenzdiagnostik (HAWIK-R, CFT)
Häufigkeit, Verlauf, Komorbidität der LRS (können ganz vernünftig lesen & schreiben lernen)
• 6.9% (Esser, 2002), 2-4% (Gasteiger-Klicpera & Klicpera, 2004)
• 5-10% der Jugendlichen & Erwachsenen kaum Kenntnisse im Lesen und Schreiben (Gasteiger-Klicpera & Klicpera, 2004)
• ¾ der Betroffenen sind Jungen
• Geringer Schulerfolg: 3% wechseln auf Gymnasium → weniger Chancen
• Erhöhte Arbeitslosigkeit
• Sind häufig mit Rechenstörungen verknüpft (kombinierte Schulleistungsstörung)
• 40% zeigen im Schulalter komorbide Störungen (emotionale Probleme, ADHS, dissoziale Störungen, Delinquenz, Rechenstörung)
Komorbide Störung wird eine psychische Störung bezeichnet, die neben einer anderen, primären psychischen Störung vorhanden ist. Das bedeutet, dass auf einen
Patienten mehrere Diagnosen zutreffen
Ursachen: Infoverarbeitung
• Phonologische Informationsverarbeitung fehlerhaft (Einsicht in die Lautstruktur einer Sprache)
– Phonologische Bewusstheit = Einsicht in Lautstruktur
• Einheiten wie Silben und Reime erkennen und unterschieden können
• Phoneme zu Wörtern zu kombinieren (Synthese)
• Wörter in Phoneme zu zerlegen (Analyse)
– Phonologisches Rekodieren funktioniert nicht so richtig = Buchstaben → Laute, Laute → Buchstaben
– Abruf phonologischer Kodes = Speichern und Abrufen von Wörtern schlechter
• Genetische Faktoren
– Familiäre Häufung der LRS → genetische Ursache
– Wahrscheinlichkeit für LRS bei mind. einem Verwandten eines LRS-Kindes = 50% (Schulte-Körne et al., 1996)
• Defizite im Lernverhalten sowie in der familiären und schulischen Förderung
• Als widerlegt gilt: Visuelle Gedächtnisstörung, die sich unter anderem in der Verwechselung formidentischer Buchstaben (b/d) äußere
– Lesefehler basieren eher auf phonetischen als visuellen Verwechslungen
Prävention & Intervention: Aufbau von Lesefertigkeiten
1. Präventive Ansätze
2. Begleitende Fördermaßnahmen
3. Erhöhung der Leseflüssigkeit
4. Erhöhung des Leseverständnisses

1. Prävention
Vorschulische Förderung:
• Hohe Effekte präventiver Förderung der phonologischen Bewusstheit → Reime: phonologische Bewusstheit
• „Phonologische Bewusstheit im weiteren Sinne bezieht sich auf die Fähigkeit, größere Einheiten der Sprache wie Wörter, Silben oder Reime zu
identifizieren. Bei der phonologischen Bewusstheit im engeren Sinne geht es darum, kleinere Einheiten der Sprache – also die Laute (Phoneme) – zu
erkennen.“
„Hören, lauschen, lernen“ (Küspert & Schneider, 1999): 57 Sprachspiele; 20 Wochen; täglich 15-20 Minuten im Kindergarten
Effekte auf das Lesen am Ende des 2. Schuljahres: d = 0.31
Effekte auf das Rechtschreiben am Ende des 2. Schuljahres: d = 0.54

2. Begleitende Fördermaßnahmen
• Phonologisches Rekodieren (Blumenstock, 1997; Findeisen et al., 2000)
• Förderung von Worterkennen und Sicherheit im Lesen
– Kieler Leseaufbau (Dummer-Smoch & Hackethal, 1993)
– Lautgetreue Leseübung (Findeisen et al., 2000)
– Phonemstufen Programm (Reuter-Liehr, 2001)
– Im Erstleseunterricht ab der 1.Klasse
– So früh wie möglich und regelmäßig

3. Erhöhung der Leseflüssigkeit (phonologische Speicher wird sonst überlastet→ schnell Wortbedeutungen erfassen)
• Einsatz von Blitzkarten (im kleinen Zeitintervall Karte erkennen)
• Wiederholtes Lesen (mit Kassette)
• Paired Reading (mit stärkerem Partner)
• Unterstützung der Lesemotivation → Lesen ist aversiv für LRS Kinder (wenn Kinder in etw. schlecht ist, dann sind Kinder demotiviert)
– Schwierigkeitsgrad entscheidend
– Interessensgebiet

4. Erhöhung des Leseverständnisses


• Grundmuster vieler Förderprogramme
– bereichsspezifische Strategien beim Lesen
– Anleitung zum reflektierten, selbstregulierten Einsatz der Strategien
– motivationale Unterstützung des Lernverhaltens
Lesetraining: Leseprogramm: „Textdetektive“ (Gold et al., 2004):
5. & 6. Klasse; 28 Unterrichtsstunden; Motivationsbaustein; 7 Lesestrategien; Regulation des Strategieeinsatzes
Effekte auf das Lesestrategiewissen (d = 0.81), das Leseverständnis (d = 0.51) und die lesebezogene Selbstwirksamkeit (d = 0.49)
• Kognitive Strategien
– Verknüpfung (Elaboration): Verbindung mit Vorwissen
• Überschrift beachten: Was erwarte ich? Was weiß ich bereits?
• Bildlich vorstellen
– Ordnend (Reduktion)
• Wichtiges Unterstreichen: Was ist wichtig?
• Wichtiges Zusammenfassen
• Metakognitive Strategien
• Verstehen überprüfen: sich selbst Verstehensfragen stellen
• Behalten prüfen: eigene Gedächtnisleistung prüfen
• Umgang mit Textschwierigkeiten: Problem erkennen, Lösung suchen
• Kognitive und motivationale Selbstregulation
– Leseziel klären, Lesestrategien auswählen
– Sich realistische Ziele setzen

Rechenstörung (tritt häufig gemeinsam mit LRS auf)


Erscheinungsbild
• Grundlegende Schwierigkeiten bei der Verwendung von Zahlen und bei den basalen Rechenoperationen
– Frühe Defizite in der Zählfunktion
– Schwieriger Erwerb des arabischen Zahlencodes (Inversion von Zehnern und Einern (21), erste Zahlwörter der zweiten Dekade (11, 12),
Dekadennamen
– Zählende Rechner ohne numerisches Faktenwissen → jede Aufgabe ist neues Zählproblem→ Fehler verhindern Speicherung (rechnen
häufig lange mit Fingern)
– Geringes Verständnis für mathematische Prozeduren
Diagnosekriterien ICD-10
• Diskrepanzdiagnose: Wert in standardisierten Rechentest mindestsens zwei Standardabweichungen unter allgemeiner Intelligenz
• Lesen und Rechtschreiben im Normbereich (sonst wird von einer kombinierten LRS mit Rechenstörung gesprochen)
→ In der Vorgeschichte keine ausgeprägten Lese-oder Rechtschreibschwierigkeiten
→ Beschulung in einem zu erwartenden Rahmen
→ Die Rechenschwierigkeiten bestehen seit den frühesten Anfängen des Rechenlernens
→ Die Störung behindert eine Schulausbildung oder alltägliche Tätigkeiten, die Rechenfertigkeiten erfordern
→ Ausschlussvorbehalt: IQ unter 70
• Zählfertigkeiten (Abzählen und Rückwärtszählen)
• Transkodieren (Übertragen von Zahlen aus der Wortform in die arabische Form und umgekehrt)
• Vergleichen der Größe der Zahlen, Einschätzung von Mengen
• Lösen von Rechenaufgaben in den Grundrechenarten sowie Lösen von Textaufgaben
• Schriftliches Addieren, Subtrahieren, Multiplizieren und Dividieren;
• Testverfahren:
• Deutsche Mathematiktests- DEMAT (1-6)
• Heidelberger Rechentest (1-4, Haffner et al. 2005)
Prävalenz (Vorherrschen) & Komorbidität (gemeinsame Auftreten von mehreren Krankheiten/Störungen etc.)
• 4-6% der schulpflichtigen Kinder eines Altersjahrgangs (Lorenz, 2004); 3-8,4% Prävalenz (Landerl & Kaufmann, 2008)
• Rechengestörte Kinder nicht als einheitliche Gruppe – Gemeinsamkeit ist Versagen im Mathematikunterricht
• Geschlechterverteilung 1:1(Landerl & Kaufmann, 2008)
• Komorbidität: Lese-Rechtschreib-Störung (17-50%), ADHS (26-33%) (Landerl & Kaufmann, 2008)
Verlauf & Prognose
• Tritt in der Grundschule auf; erstes Auftreten in Sekundarstufe unwahrscheinlich
• Ohne Behandlung persistent bis in höhere Klassen
• Je höher der Schweregrad, desto stabiler
• Bei kombinierten Störungen schlechtere Prognose
• Studie zur Arbeitslosigkeit (Bynner & Parsons, 1997): 48% mit Rechenschwäche im Alter von 37 arbeitslos
Ursache
• Neurobiologische Grundlage (Auffälligkeiten in Gehirnarealen → Erregungsmuster)
• Mangelnde Vorstellungsfähigkeit (spezifische Problematik in Vorstellen & Abspeichern von Zahlensymbolen)
• Unzureichendes Gedächtnis
Schulrechtliche Situation
KMK Beschluss 2007 → Bundesverbamd Legasthenie & Dyskalkulie
– Diagnose, Beratung und die Förderung der Schüler(innen) mit besonderen Schwierigkeiten ist Aufgabe der Schule
– Maßnahmen der Differenzierung und Förderung sollen in allgemeinbildenden Schulen bis zum Ende der Jahrgangsstufe 10 abgeschlossen sein
– Leistungsbewertung
• Nachteilausgleich (mehr Zeit, Hilfsmittel, didaktische Hilfen)
• Abweichung von allg. Grundsätzen:
– Individueller Lernstand
– Stärkeres Gewicht der mündlichen Leistung
– Verzicht auf Bewertung der Lese-und Rechtschreibleistung (nicht nur in Deutsch)
– Leistungsbewertung bei Abschlusszeugnissen nach einheitlichen Kriterien
– Rechenschwäche ist der LRS nicht gleichzusetzen: hier Fokus auf Förderung
In Schleswig – Holstein
- Aufgabe der Schule die individuellen Schwierigkeiten zu erkennen und SuS zu fördern
- Nachteilsausgleich für alle Stufen und alle Abschlussprüfungen
- Maßnahmen der Differenzierung und Förderung in allen Stufen und Schulformen
- Notenschutz: Grundschule, Sek I und Sek II sowie berufsvorbereitende Maßnahmen
- Ausgleichsmaßnahmen bestimmt die Klassenkonferenz
- Gezielte Bestimmung für die Jahrgangsstufen 1-8.
http://www.schleswig-holstein.de/Bildung/DE/Service/Schulrecht/Data/L_P/legasthenie.html
Zusammenfassung
• Lernstörungen: übergreifend vs. spezifisch, überdauernd vs. vorübergehend
• Lese-Rechtschreibstörung
– Massive Schwierigkeiten beim Lesen und Schreiben
– Unter dem 10. Perzentil und 1 ½ SD unter IQ
– Informationsverarbeitung gestört: Phonologische Bewusstheit, Phonologisches Rekodieren, Abruf aus Gedächtnis
• Rechenstörung
– Grundlegende Schwierigkeiten bei der Verwendung von Zahlen und bei den basalen Rechenoperationen
– Unter dem 10. Perzentil und 1 ½ SD unter IQ
• Schulrechtliche Situation
• Früherkennung und intensive Intervention wichtig

Elaborieren:

Beim Wissenserwerb (in der Schule) ist es essenziell die Informationen vom Arbeitsgedächtnis ins
Langzeitgedächtnis zu übermitteln. Damit die neuen Informationen nachhaltig gelernt werden, sollten diese
mit dem vorhandenen Vorwissen verknüpft werden und einen Sinn konstruieren. Das Vorwissen kann bereits
erlerntes Wissen oder auch Alltagserfahrungen sein. Das Verknüpfen der neuen Information mit dem
Vorwissen wird Elaborieren genannt. Aktivitäten, die das Elaborieren unterstützen sind Beispiele überlegen,
Analogien ziehen, etwas in eigene Worte fassen, auf andere Kontexte übertragen (z.B Biologieinhalte mit
Chemie → thermodynamische Hauptsätze) oder etwas kritisch mit dem Hintergrund des eigenen Vorwissens
bewerten. Alltagsvorstellungen können mit Fehlvorstellungen versehen sein, welche nicht lernhinderlich sein
müssen, sondern genutzt werden sollten, um durch das Erlangen neuer Information, Konzepte umzudenken
und umzulernen. Außerdem sollten die Fachinhalte

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