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Urhane, D., Dresel, M., Fischer, F. 2019. Psychologie für den Lehrberuf.

Springer

Psychologie für den Lehrberuf

Zusammenfassung
Kapitel 1

Lernen, Gedächtnis, Wissenserwerb

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Inhaltsverzeichnis
1. Lernen, Gedächtnis und Wissenserwerb ....................................... 3
1.1 Lernen und Verhalten .................................................................... 3
1.1.1 Einleitung ..................................................................................... 3
1.1.2 Begriffsbestimmung Lernen ................................................... 3
1.1.3 Klassische Konditionierung .................................................... 4
1.1.4 Operante Konditionierung .................................................... 10
1.1.5 Beobachtungslernen ............................................................... 15

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1. Lernen, Gedächtnis und Wissenserwerb
1.1 Lernen und Verhalten
1.1.1 Einleitung

→ Kapitel enthält verhaltenstheoretische Erklärungen für das Lernen 

Hierzu zählen:

- Klassisches Konditionieren
- Operantes Konditionieren
- In Ansätzen Beobachtungslernen

Verschiedene Ansichten des Lernens:

Behaviorismus:

- John B. Watson → Black Box (Subjektives aus Psychologie verbannen)


- Iwan P. Pawlow → Prinzip klassischer Konditionierung an Hunden entdeckt,
Darbietung von Futter und Glockenton
- Edward L. Thorndike → Katze – Problemkäfig,
- Burrhus F. Skinner → operantes Konditionieren an Ratten und Tauben,
Vermeidung von Stromschlägen

➔ Behavioristische Lerntheorien erklären einige in der Schule bedeutsame


Lernprozesse gut
➔ vor allem einfache Lernvorgänge

1.1.2 Begriffsbestimmung Lernen

Definition (nach Bodenmann, Perrez & Schärr, 2011):

- Prozess, der zu
- Relativ dauerhaften Veränderung von Verhalten oder Verhaltenspotentialen
aufgrund von Erfahrungen
- Führt

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Hieraus drei Punkte:

1. Lernen beruht auf Erfahrungen


- Austausch zwischen Person und Umwelt
- Durch Erfahrungen erhalten Reize in Umwelt Bedeutung
- Führen zu erfahrungsbedingten Reaktionen

2. Lernen führt zu Veränderung von Verhalten oder


Verhaltenspotentialen
- Nicht beobachtbarer Prozess
- Beobachtbare Veränderungen sind direkter Beleg für Lernen
- Auch bei teilnahmslosem Kind Lernvorgänge

3. Lernen sorgt für dauerhafte Veränderung


- Lernen muss reproduzierbar sein (z.B. mit Messer & Gabel essen)
- Bei schulischem Wissen weit weniger zeitlich stabil

1.1.3 Klassische Konditionierung

Iwan P. Pawlow

➔ Klassisches Konditionieren ist Art des Lernens


➔ Ein Verhalten (konditionierte Reaktion, CR) wird durch Stimulus
(konditionierter Stimulus, CS) hervorgerufen; dieser CS erlangt Wirkung durch
Assoziation mit biologisch bedeutsamen Stimulus (unkonditionierter Stimulus,
UCS)
➔ NS = Neutraler Stimulus (Reiz, keine bestimmte Reaktion)
➔ UCS = Reiz, natürlicher Weg eine Reaktion
➔ UCR = nicht gelernte, biologisch vorgeformte Reaktion (Kind Donner → Donner
= UCS, Blitz = CS, Angst = UCR wird zu CR)
➔ CS = konditionierter Stimulus
➔ CR = konditionierte Reaktion

Überblick:
Natur gibt Assoziation vor: UCS – UCR

Klassisches Konditionieren: CS – CR

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NS wiederholt mit UCS gepaart → nach einigen Wiederholungen folgt UCR (jetzt CR)
vorhersagbar dem NS (jetzt CS)

Vor Konditionierung: Nach Konditionierung:

UCS → UCR UCS → UCR

NS → keine Reaktion CS → CR

➔ Motivation und Einsicht spielen keine Rolle bei klassischem Konditionieren


➔ Keine neue Reaktion gelernt, lediglich neue Reiz-Reaktions Verbindung

Phasen klassisches Konditionieren


anhand
Pawlowscher Hund
1. Kontrollphase (vor Versuch) / Vor-Konditionierungsphase:

Futter (UCS) → Speichelfluss (UCR)

Glockenton (NS) → kein Speichelfluss

2. Erwerbsphase (während Versuch) / Konditionierungsphase:

Paarung NS und UCS → UCR

3. Nachkonditionierungsphase:

Glockenton (CS) → Speichelfluss (CR)

➔ Timing ist entscheidend


➔ CS und UCS müssen zeitlich eng beieinander liegen (Kontiguität), damit als
zeitlich verbunden wahrgenommen

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Phasen klassisches Konditionieren
Kontrollphase:

- Es wird überprüft, ob UCS UCR zuverlässig auslöst


- Kleiner Albert (Versuch Watson und Rayner)
o UCS → Hammerschlag auf Eisenstange
o UCR → Angst
o NS → weiße Ratte, keine Anzeichen von Furcht

Konditionierungsphase:

- NS und UCS werden gemeinsam dargeboten und verkoppelt


- Räumliche und zeitliche Nähe → optimal ist Kontiguität

Löschungsphase/Extinktion:

- Alleinige Darbietung CS ohne UCS löscht konditioniertes Verhalten

Spontanerholung:

- Nach Löschung konditionierten Verhaltens kann Spontanerholung kommen


- CS kann CR wieder auslösen, Wirkung nicht mehr so stark wie zuvor

Ersparnis:

- Erneutes Konditionieren nach Löschung, CR gewinnt schneller an Stärke

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Einflussfaktoren:

Eigenschaften klassischer Konditionierung:


Bekräftigung:

- Erwerb CR an wiederholte Koppelung von NR und UCR gebunden


- Kleiner Albert 7 Durchgänge
- Intensität UCR entscheidend

Generalisierung:

- CR sollte auch bei anderen Stimuli auftreten


- Reizgeneralisierung
- Kleiner Albert → nach Konditionierung auch Angst vor anderen haarigen
Objekten

Diskrimination:

- Umgekehrter Vorgang zu Generalisierung


- CR kann nicht bei Stimuli, die von CS verschieden sind, nicht verzeichnet
werden
- Kleiner Albert Bauklötze spielen zwischen Durchgängen

Konditionierung höherer Ordnung:

- CS beständig mit weiteren NS gekoppelt diese bald selbst CR hervorrufen


- Schreiben Klassenarbeit → gekoppelt Misserfolg
- Wissensprüfung = CS löst Furcht = CR aus
- Vorher NS können selbe Qualität gewinnen (z.B. Lehrkraft holt Stapel Blätter
raus)

Anwendung klassische Konditionierung


➔ Außerhalb des Labors schwer nachweisbar, weil beiläufig

„Formelphobie“ kann durch klassische Konditionierung erworben werden

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- Schwierige Inhalte (UCS) + mathematische Symbole (NS) → ungutes Gefühl
UCR; Lehrkraft schreibt etwas an Tafel (CS) → Unbehagen/Gefühle des
Versagens (CR)
- Wechsel auf weiterführende Schule → neue Stimuli (Fächer, Lehrkräfte)
- Lehrkraft neues Fach sympathisch (UCS), SuS mögen (UCR), Eindruck Fach
zum Guten hin verändert, zusätzliche Lernangebote in diesem Bereich (CS) →
positive Einstellung (CR)
- Dasselbe gilt für negative Erlebnisse:
o Erzeugung von Schulangst: 1) Lehrer; 2) Unterrichtsfach; 3)
Unterrichtsmaterialien; 4) Schule als Institution

Behandlungstechniken Angst- und Furchtstörungen


- Gegenkonditionierung nach Jones: der kleine Peter
o Angst vor Kaninchen → Gegenkonditionierung mit Süßigkeiten
o Gebäck (UCS) → angenehme Reaktion (UCR)
o Kaninchen (CS) → Furcht (CR)
o Immer, wenn Gebäck → Kaninchen näher zu Peter
- Systematische Desensibilisierung nach Wolpe:
o Ausgangspunkt: bestimmte Reaktionen unvereinbar → Mensch nicht
entspannt und Furchterlebnisse gleichzeitig
o Menschen geeignete Übungen führen zu völliger Entspannung, dann
furchtauslösenden Reiz konfrontieren → Überwindung der Furcht

Kritik klassische Konditionierung:

Mechanistische Lernauffassung:

- Mechanistische (=von außen steuerbar) Auffassung von Lernen


- Nur geeignete Umweltbedingungen nötig, dann gewünschte Verhaltensweisen
- Jedoch sehr unterschiedliche Reaktionen auf gleiche Umweltbedingungen
(unterschiedliche Noten trotz gleichen Unterrichts)

Fehlende Erklärung neues Verhalten:

- Kann nicht erklären, wie neues Verhalten entsteht und Handlungskompetenzen


vergrößern
- Kein Erlernen neuer Verhaltensweisen, lediglich stärken von Verbindung mit
verhaltensauslösendem Reiz

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Beschränkte Anwendbarkeit:

- Nur auf eingeschränktes Spektrum von Verhaltensweisen anwendbar


- Feststehende Reiz-Reaktions-Verbindungen
- z.B. Sportlehrkraft anhand Kniesehnenreflex Schuss bei Fußball → wenig
Ähnlichkeit mit Fußballspiel

Fehlende Generalisierbarkeit:

- Befunde von Watson & Rayner bisher nicht repliziert

Alternative Erklärungsansätze:

- Kognitionswissenschaftler Befunde klassische Konditionierung einfacher und


prägnanter deuten
- Hiermit erklärbar, warum Rückwärtskonditionierung – UCS vor NS – schlecht
funktioniert

Schulangst:
1) Lehrkraft
2) Unterrichtsfach
3) Unterrichtsmaterialien
4) Schule als Institution

diese NS erleben SuS häufig mit Maßnahmen (Lob, Tadel) diese führen zu Stolz,
Freude oder Unzufriedenheit → mehrfache Wiederholung → NS werden zu CS

Erklärung:

- Angst vor Lehrperson (Klassisch konditioniert)


- Kann durch weitere Konditionierung auf Schulfächer und andere Lehrkräfte
übertragen werden
- Übertragung Schulangst auf Fächer (=Konditionierung höherer Ordnung)
- Übertragung Schulangst auf andere Lehrkräfte (=Generalisierung)

Prävention und Maßnahmen:

- im Unterricht:
o Klassenzimmer immer mit positiven Gefühlen versuchen zu verknüpfen
o Positives Klassenklima
o Misserfolge nicht generalisieren, sondern nur auf konkrete
Aufgabenstellungen beziehen

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- Behandlungstechnik:
o Hierarchie von Angstauslösern aufschreiben
o Schüler*in völlig entspannen, dann jeden Punkt durchgehen
o Pausen mit Entspannungsübungen zwischen jeder Stufe

1.1.4 Operante Konditionierung

Operantes (=instrumentelles) Konditionieren = Lernen durch Konsequenzen von


Verhalten

Ist Lernform, bei der Auftretenswahrscheinlichkeit eines Wirkverhaltens unter


bestimmten Zuständen ab- bzw. zunimmt

➔ Verhalten steht in Verbindung mit Ereignissen, die nachfolgen

Instrumentelle Konditionierung → Aktivität ist Mittel / Instrument zur Erreichung


einer bestimmten Konsequenz

Edward L. Thorndike → erfolgreiche Verhaltensweise mit zufriedenstellenden


Konsequenzen werden zukünftig häufiger gezeigt

➔ Grundlegend ist des Prinzip der Verstärkung


➔ Wirksamkeit eines Verstärkers erst im Nachhinein feststellbar

Phasen der operanten Konditionierung

1)Bestimmung der Basisrate:

- Messen einer Grundrate, wie häufig zu konditionierendes Verhalten spontan


auftritt

2)Verstärkung des Verhaltens

- Versuch unerwünschtes Verhalten zu konditionieren

3)Löschung des Verhaltens

- Keine weitere Verstärkung des Verhaltens

4)Spontanerholung

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- Gewünschtes Verhalten tritt erneut auf, sobald Konditionierungssituation
wiederhergestellt ist

Eigenschaften der operanten Konditionierung


Verstärkungsformen:
- Operante Konditionierung basiert auf Verstärkung und Bestrafung von
Verhalten

- Positive Verstärkung → Hinzufügen eines angenehmen Reizes als Antwort auf


Verhalten erhöht Wahrscheinlichkeit für Auftreten Verhalten (Anerkennung
Lehrkraft für gute Mitarbeit macht zukünftige Beteiligung wahrscheinlicher)
- Negative Verstärkung → Wegnahme unangenehmer Reiz als Antwort auf
Verhalten (Befreiung von Hausaufgaben für konzentrierte Mitarbeit der SuS)
- Bestrafung dient Unterdrückung eines Verhaltens
- Positive Bestrafung = Hinzufügen unangenehmer Reiz als Antwort auf Verhalten
(Ordnungsrufe Lehrkraft)
- Negative Bestrafung = Wegnahme angenehmer Reiz als Antwort auf Verhalten
(Entzug Smartphone bei Benutzung im Unterricht)

➔ Mit positiver und negativer Verstärkung gleichgerichtete Wirkungen, in beiden


Fällen Wahrscheinlichkeit für Verhalten größer
➔ Lob der Lehrkraft bietet effektive Orientierungshilfe
➔ Häufigkeit des Lehrkraftlobs praktisch keinen Einfluss auf Leistungsfortschritt
von SuS, sondern Qualität
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Wichtig:
- SuS immer wissen, wofür bestraft
- Bestrafung erst, wenn SuS wieder beruhigt
- Nach Bestrafung nicht mehr darauf eingehen / nicht bloßstellen
- Bereits in den Anfängen intervenieren
- Regelgerechtes Verhalten systematisch verstärken

Primäre und sekundäre Verstärkung

Primäre Verstärkung:
- Befriedigung physiologischer Bedürfnisse (Kuchen, freie Getränke)
- Problem der Sättigung
Sekundäre (konditionierte) Verstärkung:
- Wirkung durch assoziative Paarung mit Primärverstärkern (Geld, Noten)
- Menschliches Verhalten meist von konditionierten Verstärkern beeinflusst, v.a.
materiell und sozial
- Konditionierte Verstärker leichter zu verwenden als primäre (transportabel,
leicht zu verteilen)
- Setzen Lerngeschichte voraus

➔ Durch Wahl passender Verstärker für jede Klasse Möglichkeit der Lehrkraft
Verhalten SuS zu lenken

Premack-Prinzip:
- Reihenfolge der Tätigkeiten beachten (erst Hausaufgaben, dann spielen)
- Beliebte Tätigkeiten als Belohnung für weniger beliebte Tätigkeiten

Verstärkerpläne:
- Kontinuierliche Verstärkungsprogramme:
o Verhalten immer (Verhaltensaufbau) oder nie (Extinktion) verstärkt
o Schneller Auf- bzw. Abbau
- Intermittierende Verstärkungsprogramme:
o Zu lernendes Verhalten nicht jedes Mal verstärkt → hohe
Löschungsresitenz (nach Bittermann 1975)

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Hinweisreize oder diskriminative Stimuli
- Dem Verhalten vorausgehende Bedingungen können von Bedeutung sein
- Dreigliedrige Kontingenz = feste Verbindung zwischen vorauslaufenden Reizen,
Verhalten und Verhaltenskonsequenzen (Schüler schlechte Note, fürchtet um
Konsequenzen, sucht günstigen Zeitpunkt, um mitzuteilen, z.B. Abendessen →
wird dann zu diskriminativen Stimulus

Verhaltensformung (Shaping)
- Veränderung verhalten in aufeinanderfolgenden kleinen Schritten
- Jeder bedeutet Annäherung an erwünschte Leistung
- Spontan gezeigtes Verhalten wird differentiell verstärkt

Verhaltensverkettung = Chaining
- Operantes Verfahren
- Jeder Reaktion innerhalb Kette von Einzelreaktionen folgt konditionierter
Verstärker, bis auf letzte Reaktion unkonditionierter oder primärer Verstärker
folgt
- Jedes Glied ist diskriminativer Reiz für nächste Reaktion und konditionierter
Verstärker der unmittelbar vorausgehenden

Generalisierung
- Zuvor gelernte Verhaltensweise wird auf ähnliche Situation übertragen

Diskrimination
- Entgegengesetzt zu Generalisierung
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- Diskriminationslernen hilft, sozial angepasstes Verhalten zu entwickeln

Anwendung des operanten Konditionierens

Verhaltensaufbau

- Soziale Verstärker: Menschen mit positiver sozialer Beziehung


➔ Lob, Zuwendung, Interesse zeigen, Freundlichkeit
- Materielle Verstärker (Süßigkeiten, Geld)
- Token-Programme:

➔ Systematische, symbolische Verstärker z.B. Striche, Stempel


➔ Verständliche Erklärung, strikte Regeleinhaltung, Einsichtigkeit der Regeln,
einfache Möglichkeit der Verteilung, Punktestand leicht überprüfbar

Verhaltensabbau

- Positive Bestrafung: Darbietung aversiver Reize


o Wenig sinnvoll
o Begründung Strafe sofort und angemessen
o Variation der aversiven Reize
o Kein Zielverhalten

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- Unerwünschte Nebeneffekte:
o Auslösen von Gegenaggression
o Angst, Verärgerung, Verletzung des Selbstbildes (Gefahr klassischen
Konditionierens → negative Erfahrungen mit Schule assoziiert)
o Bestrafung ist mit Aufmerksamkeitszuwendung verbunden
o Alternativverhalten aufzeigen
o Bestrafung beeinflusst Beziehung zwischen Strafendem und Bestraftem
- Negative Bestrafung:
o Privilegien Entzug (Entzug erworbener Tokens)
o Time-out-Verfahren (in Schule schwierig)
o Operante Löschung (Verminderung Auftretenswahrscheinlichkeit,
vorübergehende Erhöhung des Verhaltens möglich, Tempo Löschung
hängt von Lernvorgeschichte ab, Löschung allein reicht nicht aus

Anwendung in Schule:

- Auffällige*n Schüler*in ignorieren


- Vorteil: effektive Reduktion, langanhaltende Wirkung, vollständiger Abbau,
Verzicht auf aversive Kontrolle
- Problem: Identifikation bisheriger Verstärker, konsequentes Ausbleiben nötig,
Schulklassenproblem (Mitschüler*innen reagieren auf Störverhalten)
- Vorsicht: Löschung nicht bei aggressivem oder selbstgefährdendem Verhalten
einsetzen
- Dauer Extinktion: wird sehr schnell abnehmen

1.1.5 Beobachtungslernen

➔ Beobachtungslernen nach Albert Bandura entwickelt aus Kritik an


verhaltenstheoretischer Sichtweise
➔ Experimentelle Studien mit einzelnen Personen zum Beleg behavioristischer
Lernprinzipien nicht ausreichend, um Erwerb und Veränderung von Verhalten in
sozialen Beziehungen erklären zu können

Phasen des Beobachtungslernens


Aufmerksamkeitsphase:

- SuS müssen Aufmerksamkeit auf relevante Reize der Lernsituation richten


- Wichtigste Informationen herausfiltern
- Situation aufmerksamer wahrgenommen, wenn:
o Modellierungsreize besonders deutlich (Deutlichkeit)
o Emotional berührend (emotionale Valenz)
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o Nicht zu komplex (Komplexität)
o Wert für zukünftiges Handeln (funktionaler Wert)
- Ausreichende Fähigkeiten zu Wahrnehmung der Lehrkrafthandlung
(Wahrnehmungskapazität)
- Beim Lernen weder aufgeregt noch gelangweilt (Erregungsniveau)
- Richtige Einstellung (Wahrnehmungseinstellung)
- Früher bereits positive Erfahrungen mit Erkenntnisgegenstand (frühere
Verstärkung)

Behaltensphase:

- Einzelne Tätigkeitsschritte müssen in Gedächtnis gespeichert werden


- In sprachlicher oder bildlicher Form
- Lernstoff in leicht merkbare Teile zergliedern (kognitive Organisation)
- Geistiges Vorstellen des Bewegungsablaufs (symbolische Wiederholung)
- Konkretes Üben der Handlungsschritte (motorische Wiederholung)

Nachbildungsphase:

- Wenn Modellverhalten gut gespeichert, prinzipiell reproduzierbar


- Fehlerquellen:
o Körperliche Fähigkeiten
o Verfügbarkeit der Teilreaktionen
o Selbstbeobachtung bei Reproduktionen
o Feedback der Genauigkeit

Motivationsphase:

- Externe Verstärkung (äußere Quelle für Verhalten verantwortlich)


o Geld (materiell)
o Lob (sozial)
o Schulterklopfen (sensorisch)
o Erfolgsaussichten (Kontrollerleben)

Eigenschaften des Beobachtungslernens


- Entwicklungsstand:
o Qualität Beobachtungslernen von körperlicher und geistiger Entwicklung
der Kinder abhängig
o Unterschiede in Reife, Konzentrationsfähigkeit, Lernstrategien
- Ansehen und Fähigkeiten des Modells:
o Wenn besonders angesehen und fähig, schneller übernommen
- Stellvertretende Konsequenzen:
o Wesentlicher Vorteil ist, kein eigenes Verhalten zeigen
o Jemand anderes – stellvertretend – erfährt Konsequenz für Handeln

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- Ergebniserwartungen:
o = persönliche Vorstellungen über spätere Ergebnisse eines Verhaltens
- Zielsetzung
- Selbstwirksamkeit
o Persönliche Vorstellungen über Wirksamwerden in der Umwelt
o Person muss von eigener Handlungskompetenz überzeugt sein

Anwendung:
- Mediengewalt
o Beobachten von Mediengewalt kann Risikofaktor für Entstehung
aggressiver Verhaltensweisen darstellen
- Lehrkraft als Modell

Kritik des Beobachtungslernens:


- Breite der Theorie
- Ethische Probleme (Banduras Versuch zu Gewaltverhalten und Vorführen von
Gewaltfilmen vor Kindern heutzutage großer Protest)
- Mangelnde Berücksichtigung von Emotionen
o Aggressive Handlungen oft aus dem Affekt
- Vernachlässigung genetischer Unterschiede
o Trotz selben Unterrichts weisen SuS unterschiede im Lernstand auf
o Dies könnte auf genetische unterschied hinweisen

Zusammenfassung:

- Drei unterschiedliche Ansätze zu Erklärung von Lernen bei Menschen


- Prozesse des Lernens bewirken verhältnismäßig dauerhafte Veränderung von
Verhalten oder Verhaltenspotentialen

Seite 35 PDF Buch

Seite 27 PDF Münchner Skript

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