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EWS-Examen
Psychologie
Herbst 2021
Quellen
Haag, L. & Streber, D. (2020). Klassenführung. Erfolgreich unterrichten mit Classroom
Management (2. Aufl.). Weinheim:Beltz.
Mägdefrau, J. (2010). Schulisches Lehren und Lernen: pädagogische Theorie an
Praxisbeispielen. Bad Heilbrunn: Klinkhardt (S. 49-67).
Loicht, G. (2016). Pädagogische Psychologie des Lehrens und Lernens. Münchner Skript 2.0.
Loicht, G. (2016). Pädagogische Psychologische Diagnostik. Münchner Skript 2.0.
Urhahne, D., Dresel, M. & Fischer F. (Hrsg.). (2019). Psychologie für den Lehrberuf. Berlin:
Springer.
Inhaltsverzeichnis
1 DEFINITION LERNEN..................................................................................................................................... 6
6 GEDÄCHTNIS .............................................................................................................................................. 27
7 WISSENSERWERB ....................................................................................................................................... 32
8 LERNSTRATEGIEN ....................................................................................................................................... 46
1
8.2 QUALITÄT DER STRATEGIENUTZER........................................................................................................................ 49
8.3 TRAINING ....................................................................................................................................................... 49
8.4 UNTERRICHTLICHE MAßNAHMEN ........................................................................................................................ 50
9 PROBLEMLÖSEN ........................................................................................................................................ 51
11 TRANSFER ................................................................................................................................................ 61
13 UNTERRICHTSQUALITÄT .......................................................................................................................... 78
2
15.1 ANFORDERUNGEN DES LEHRBERUFS ................................................................................................................... 97
15.2 EINE GUTE LEHRKRAFT – WIE WIRD MAN DAS? ..................................................................................................... 97
15.3 KOMPETENZMODELLE ZUR BESCHREIBUNG DER „GUTEN LEHRKRAFT“ ....................................................................... 98
3
21.8 NIVEAUEBENEN DES MESSENS ........................................................................................................................ 130
24 INTELLIGENZDIAGNOSTIK....................................................................................................................... 153
4
28 FORSCHUNGSMETHODEN ...................................................................................................................... 190
5
1 Definition Lernen
Eine Definition, die alle Aspekte des Lernens umfasst, ist nicht bekannt!
Lehren und Lernen stehen in unmittelbarem Zusammenhang. Man kann keinen der beiden Prozesse
einzeln für sich behandeln!
6
2 Theorien des Lernens
Lerntheorien Grundannahmen Konkrete Theorien
Klassisches Konditionieren: Behandeln von Schulangst,
Betonung äußerer Einflüsse (Belohnung, Bestrafung) als Ursache Prüfungsangst
Behavioristisch
für Verhaltensänderungen Operantes Konditionieren: Aufmerksamkeitsstörungen,
aggressives Verhalten
Betonung der Interaktion von Individuum & Einflüssen der
Sozial-kognitiv sozialen Umwelt als Ursache für Veränderungen von Kognition & Modelllernen
Verhalten
Gedächtnis
Kognitiv- Verständnis von Lernen als kognitive Konstruktion von Wissen
konstruktivistisch und Verständnis, die von den Lernenden selbst ausgeht
Wissenserwerb
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Nach-Konditionierungsphase Klingelzeichen (CS) à Speichelfluss (CR)
- Verhalten kann durch äußere Reize in eine bestimmte Richtung verformt werden
Voraussetzungen für KK
- Kontiguität (NS + US in zeitlicher & räumlicher Nähe)
o Zeitliche Anordnungsmöglichkeiten – Gerrig 2018
- Kontingenz (Wahrscheinlichkeitsbeziehung)
o Kontiguität alleine nicht ausreichend à CS muss US auch zuverlässig voraussagen
- Informativität à Reiz wird eher bemerkt, wenn er intensiver ist & sich von anderen abhebt -
Kamin 1969
Eigenschaften der KK
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Erwerb einer CR ist an die wiederholte Koppelung von NS + US gebunden.
Bekräftigung Entscheidend ist Intensität des US (z.B. bei Geschmacksaversion kann einmaliger
Verzehr ausreichen)
Reizgeneralisierung CR tritt auch bei anderen Stimuli auf, die CS ähnlich sind; je ähnlicher
Gerrig & Zimbardo 2008 Stimuli desto höher Generalisierungsgradient (automatische Erweiterung)
CR kann nicht bei Stimuli verzeichnet werden, die vom CS verschieden
Reizdiskrimination sind à wichtig: Schärfung dieser Fähigkeit mittels Erfahrungen, um
Gerrig & Zimbardo 2008 differenzieren zu können (z.B. keine Angst vor Bauklötzen; L mit schwarzen Haaren
machen Furcht à nicht alle L)
Wird CS beständig mit weiteren NS gekoppelt, sind diese bald selbst in
Konditionierung der Lage, CR auszulösen. Dieser Prozess wird als Konditionieren höherer
höherer Ordnung Ordnung bezeichnet (z.B. Furcht vor Klausur, da mit Misserfolg verbunden -
Ankündigung der Klausur allein führt zu Furcht)
„Little Peter“ (Mary Cover-Jones 1924) – Gegenkonditionierung von Angst (Gegenteil zu „Little Albert“)
- Ziel: Gegenkonditionierung = Abbau der Angst durch Kopplung einer angenehmen Situation
Kaninchen (CS) à Furcht (CR)
Vor-Konditionierungsphase
Gebäck (US) à angenehme Gefühle (UR)
Konditionierungsphase Kaninchen (CS) + Gebäck (US) à angenehme Gefühle (UR)
Nach-Konditionierungsphase Kaninchen (CS) à angenehme Gefühle (CR)
Reizüberflutung = Flooding
- Überstrapazierung des Angstreflexes à Hemmung der Reflexionsbereitschaft (aufgrund von
Erschöpfung)
à Ausweichreaktion muss vermieden werden
- Effektivität: Flooding-Verfahren erfolgreich bei Prüfungsangst - Malleson 1959
Aversionstherapie/Angstreflexe
- Anstreben einer systematischen Ausbildung von Angstreflexen, um unerwünschte
Verhaltensweisen zu blockieren
- Z.B. Alkoholiker greift zum Alkohol à Strafreiz (Elektroschock)
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à Metaanalytische Befunde: umwertendes Konditionieren funktioniert gut beim Menschen (Hofmann, De
Houwer, Perugini, Baeyens & Crombez 2010)
Weitere Beispiele: L (NS) können Angst konditionieren z.B. durch Schreien (US); Wechsel zur
weiterführenden Schule – unbekannte Fächer (NS), neue L (US) à je nachdem gute/schlechte
Assoziation mit Fächern
à Lernen durch Konsequenzen – Verhalten (R) ist durch vorangegangenen Reiz kontrollierbar
Hinweisreiz (s) = Licht an à R = Hebel drücken à Konsequenz:
s + Verstärkung/Bestrafung
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1. Bestimmung der Basisrate
a. Grundrate: wie häufig tritt das zu konditionierende Verhalten spontan auf
b. Voraussetzung für Vgl: Grundrate in KG & EG ungefähr gleich
2. Verstärkung des Verhaltens
a. Versuch unerwünschtes Verhalten zu konditionieren
b. z.B. auf unangemessenes Reden sollte LK in Versuchsklasse mit direkten, verbalen
Zurechtweisungen reagieren und die Jugendlichen dabei nach Möglichkeit mit
Namen ansprechen, jedoch keine Androhung weiterer Konsequenzen wie
Nachsitzen.
c. Wenn sich Klasse eine Weile ruhig verhalten hatte, verstärkte LK das Verhalten mit
Lob.
d. Unerwünschtes Verhalten ging in Experimentalgruppe stark zurück
3. Löschung des Verhaltens
a. Um Verhalten zu löschen, wird es nicht weiter verstärkt
b. z.B. wenn Klasse ungefragt redet und LK nicht mit Lob und Tadel verstärken würde,
würde das konditionierte Verhalten gelöscht werden.
c. Durch Löschung lässt Kraft der Maßnahme allmählich nach, bis überhaupt kein Effekt
mehr feststellbar ist.
4. Spontanerholung
a. Bei Spontanerholung tritt das gewünschte Verhalten erneut zutage, sobald die
Konditionierungssituation wiederhergestellt ist
→ Verhalten wurde nicht verlernt
à Effekt weniger aber ausgeprägt als am Ende der Konditionierungsphase.
Verstärkerpläne
Definition Verstärkerpläne - Seidl & Krapp 2014
Hiermit werden Versuchspläne bezeichnet, in denen die Häufigkeit bzw. Regelmäßigkeit von
Verstärkungen als Konsequenz für bestimmte Verhaltensweisen nach bestimmten Prinzipien
festgelegt ist
Kontinuierliche Verstärkung
-jede richtige Verhaltensweise wird verstärkt
- in frühen Stadien des Fertigkeitserwerbs unterstützend wirken
- z.B. jedes halbwegs richtig geschriebenes Zeichen gelobt
Fix
Quoten (nach einem festgelegten Schema, jede x-te
Verstärkung nach einer Verhaltensweise verstärkt)
festgelegten Anzahl Variabel
richtiger (nicht genau, sondern im Durchschnitt jede x-te
Verhaltensweisen Verhaltensweise verstärkt; besonders löschungsresistent à
Intermittierende
ersichtlich z.B. bei Spielsucht)
Verstärkung
Fix
- nur einige, aber (gewünschtes Verhalten nach festgelegten Zeitschema
nicht alle korrekten Intervall
Verhaltensweisen verstärkt → das Wunschverhalten in dem Zeitintervall
immer nur ein
werden verstärkt relativ selten gezeigt wird, aber kurz vor der Verstärkergabe
- löschungsresistenter passendes Verhalten
umso häufiger)
innerhalb eines
Variabel
bestimmten
(innerhalb eines bestimmten Zeitabschnitts wird ein
Zeitabschnitts wird
Verhalten zu einem unbestimmten Zeitpunkt verstärkt à
verstärkt
z.B. Exen in Schule, zwar gleichmäßiges Lernen, aber
Beeinträchtigung der emotionalen Komponente des
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Lernens)
Hinweisreize/Diskriminativer Reiz
Definition Hinweisreiz – Woolfolk 2014
Reiz, der auf erwünschtes Verhalten hinweist
Verhaltensformung (Shaping)
- Spontan gezeigtes Verhalten wird differentiell verstärkt, um es schrittweise dem
gewünschten Verhalten anzunähern
- Problem: nicht jedes V, das man verstärken will, tritt natürlich auf à Lösung: Ausnutzung der
Variabilität des Vs
- Jeder kleine Fortschritt in Richtung erwünschtes Verhalten wird verstärkt
- Z.B. jede Aussprache die „th“ aus dem Englischen näher kommt verstärken
Verhaltensverkettung (Chaining)
- Meist V nicht einzelnes Ereignis, sondern Verkettung von Verhaltensweisen
- Diese Verhaltenskette wird über Verstärker in Verbindung mit diskriminativen Stimuli erlernt.
- Bsp.: In Mathe soll komplexes Problem gelöst werden und LK bricht es in mehrere Teilprobleme auf, zu denen
bereits Grundlagenwissen vorhanden ist. SuS arbeiten selbstständig an Teilproblemen und suchen nach deren
Lösungen. LK verstärkt Annäherung an Lösung durch Lob. Wenn alle Teilprobleme gelöst, werden sie zur Lösung
der Gesamtaufgabe zusammengefügt.
Generalisierung bedeutet, dass eine zuvor erlernte Verhaltensweise auf eine ähnliche Situation
übertragen wird (Bsp.: Aufstehen zur Begrüßung aller LK)
Diskrimination
- Aufgrund unterschiedlicher situationaler Gegebenheiten wird verschiedenartig reagiert.
- Diskriminationslernen hilft, sozial angepasstes Verhalten zu entwickeln.
- Bsp.: Ruhe im Klassenzimmer aber Lärm auf den Pausenhof
Möglichkeiten Verhaltensaufbau
- Soziale Verstärker (durch Person)
- Materielle Verstärker (durch Objekte, Token)
o Wichtig nach O’Leary & Drabman 1971: verständliche Erklärung, welches Verhalten
verstärkt wird und klare, jeder Zeit ersichtliche Regeln
o Vorteile: kaum Sättigung, leichte Anwendbarkeit, universeller Einsatz
o Nachteile: Beeinträchtigung des Us durch Registrieren & Austeilen, „materielle“
Motivation & Steigerung von Konkurrenzverhalten, autoritäre Lenkung
- Aktivitäten als Verstärker (Premack-Prinzip)
- Informationelle Verstärker (Explorationsverhalten/Lerntätigkeit)
- Kontingenzverträge (Übereinkommen von 2 Vertragsparteien)
o Positive Formulierung, selbst gesetzte Regeln, transparent & gerecht - Lischke &
Lischke-Naumann 1978
Möglichkeiten Verhaltensabbau
Stimuluskontrolle: Verhalten durch Hinweisreize steuerbar
Operante Löschung (Ignorieren): auf zuvor verstärktes Verhalten keine Konsequenz mehr
- Problem: andere SuS können auf Störverhalten reagieren
- Konsequenz: Löschung nur mit Methoden des Verhaltensaufbaus einsetzen
- Schule: auffällige SuS eher ignorieren à Ermahnen kann auch verstärkend wirken
Bestrafung
Definition Bestrafung – Woolfolk 2014 Verhaltensabbau
Prozess, der zur Schwächung oder Unterdrückung von Verhalten führt.
- Bestrafung häufig nicht effektiv, da Verhalten oft nur unterdrückt wird und auftritt, wenn
Bestrafung ausbleibt (z.B. Schule unerwünschtes V kann bei anderem L gezeigt werden)
o Abhängig von Strafreiz, Intensität, Kontiguität und Kontigenz
- Bedingungen
o Mägdefrau 2010
§ S weiß, wofür er bestraft wird
§ Bestrafung nicht, wenn S aufgeregt ist
§ Nach Bestrafung wieder in U integrieren, kein Bezug zu Regelverstoß
§ V bei seinem Beginn bestrafen
§ Regelkonformes V verstärken
o Azrin & Holz 1966
§ Keine Möglichkeit zum Ausweichen
§ Möglichst intensiver & kontinuierlicher Strafstimulus
§ Maximale, nicht graduell ansteigende Intensität des Strafstimulus von
Anfang
§ Vermeidung ausgedehnter Bestrafungsphasen
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§ Einsatz von Strafstimuli, die nicht verstärkend wirken
o O’Leary et al. 1970: leises Tadeln, das nur der betreffende SuS mitbekommt
- Mögliche Nebeneffekte
o Estes 1944: zeitweises Unterdrücken (in d. Schule) anstatt Löschen
o Seligman & Maier 1967: erlernte Hilflosigkeit
o Bandura 1977: inkonsequente Bestrafung à negative Verstärkung durch Entgehen
der Strafe
o Jenson et al. 1988: intendierte Bestrafung à unerwünschte Verstärkung
(Aufmerksamkeit)
o Straus & Kantor 1994: L als erfolgreiches Modell aggressiven Verhaltens à
Nachahmung
o Smith & Smoll 1997
§ Negative Emotionen: z.B. erwünschtes V nur aus Angst gezeigt
§ Vermeidungsverhalten: z.B. Unaufmerksamkeit
o Schermer 2010: psychosomatische Beschwerden, Entw. & Verfestigung einer neg.
Selbstwahrnehmung
o Skinner 1989: keine Förderung der Selbstverantwortlichkeit & Problemlösefähigkeit
- Bestrafung Typ 1 (positive) – Lukesch 2001
o Grundregeln: Strafreiz sofort in adäquater Intensität, Begründung zur Strafe,
Variation des Reizes, Alternativvorschläge zur zukünftigen Vermeidung,
Voraussetzung gute S-L-Beziehung
o Wichtig: nach Bestrafung wieder verstärken
- Bestrafung Typ 2
o Humaner als Typ 1
o Response-cost-Verfahren: Verstärker- oder Privilegienentzug (Vorteil: keine emot.
Nebenwirkung)
o Time out of reinforcement: Verstärkerausschluss, Herausnehmen aus Situation
§ Problem: bei langweiligem U kann dies verstärkend wirken
§ Studie – Lewis, Remi & Roche 2012
• 7 Schulen, 302 Selbstberichtsfragebögen von SuS ausgefüllt, die eine
Auszeit bekamen
• Gründe für Auszeit: 71% L wütend gemacht; 45% mit L angelegt; 44%
Anweisungen nicht befolgt
• Verantwortung fördern: Strafe vorher aussprechen; Notwendigkeit
der Auszeit erklären; danach Gespräch suchen
o Bedingungen: Identifikation aller Verstärker, kontinuierliche Anwendung,
Transparenz
→ Strafen als letzter Ausweg zur Reduktion falscher Verhaltensweisen
à bei bedachter Anwendung sehr effektiv
Gedankenstopp: unerwünschte Gedanken durch Zeichen melden und durch selbst artikuliertes
„Stopp“ unterbrechen
Lernprogramme
- Skinner (1958) schlug Einsatz von Lehrmaschinen (Teachingmachines) vor.
o Multiple-Choice-Tests über Druckknöpfe einer Maschine beantworten
o Antwort richtig, wurde vom Gerät die nächste Frage vorgegeben.
o Antwort falsch, wurde sie aufgezeichnet und weitere Antworten mussten gewählt
werden, bis eine davon korrekt war à stärkere Individualisierung des Unterrichts
- Im Idealfall: Lernen so lange, bis Stoff sicher beherrscht à „Mastery Learning“ – Bloom 1971
- bis heute im Einsatz (Clicker)
Token-Programme
- Token = Smileys/Punkte etc, die später in echte Verstärker wie Essen, Spielzeug etc. umgewandelt werden
- durch Einsatz von positiven Verstärkern soll schnelle Veränderung des Lern- oder
Sozialverhaltens erreicht werden.
- Für kontingent gezeigtes Zielverhalten werden von LK Token vergeben
- Empfehlenswert ist, dass Token nicht nur hinzugewonnen, sondern auch verloren gehen
können
- Bei schulischen Verhaltensproblemen in Metaanalyse auf Einzelfall- & Klassenebene signifikante Verbesserung des
SuS-Verhaltens festgestellt (Maggin, Chafouleas, Goddard & Johnson 2011), auch bei Kindern mit
Beeinträchtigungen und Autismus (Matson & Boisjoli 2009), bei AD(H)S als verhaltenstherapeutische Alternative
miteinzubeziehen (O’Leary, Pelham, Rosenbaum & Price 1976)
Time out
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- = Ausschluss aus Klassenverband
- Vorher Mahnungen aussprechen
- Notwendigkeit des Time outs erklären
- Danach Gespräch mit Betroffenem suchen
- Problem: geeigneten Raum finden, nur bei sehr starker Störung anwenden, Verstärkung nicht
ausgeschlossen (langweiliger U)
Ethische Probleme
- Durch gezielte Manipulation von Hinweisreizen und Verhaltenskonsequenzen kann
menschliches Verhalten unter Kontrolle gebracht werden.
- Gefahr ist, dass sich Mensch zu einer Lernmarionette entwickelt.
- V möglich, die der Freiheit und Würde des selbstständigen Wesens entgegenstehen
Vergleich KK und OK
KK OK
Reflexe, die nach der Konsequenzen bzw. Verstärker und
Konditionierung auch durch einen Emotionen, die nach der
Kernpunkt
zuvor neutralen Stimulus ausgelöst Konditionierung eine Reaktion
werden wahrscheinlich machen
Physiologische Reaktion, die durch Beliebige Reaktion, die ohne inhaltlich
Ausgangspunkt einen bestimmten festgelegten Reiz zwingenden Bezug vorangehender
ausgelöst wird Reize ausgelöst wird
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Prinzip Kontiguität plus Signalfunktion Kontingenz
Reiz-Reaktion: Dreifachkontingenz:
US – UR à CR - CR Reiz-Reaktion-Konsequenz
Lernprozess …auf die Reaktion bzw. das
…auf den Reiz ab
zielt… Zielverhalten ab
…durch US bzw. CS hervorgerufen …vom Organismus selbst
Reaktion…
(elicit) hervorgerufen (emit)
Zentral für das Vorausgehende Bedingungen des Auf ein Verhalten folgende
Lernen Verhaltens Bedingungen
Expositionstherapie
- Vermeidung vermeiden
- Strategien im Umgang mit der angstauslösenden Situation trainieren à Prüfungssituationen
simulieren/proben
Empirie
- Ross 1977: fundamentaler Attribuierungsfehler – internal-stabile Attribution von Misserfolg
- Dweck 1973: Hilflosigkeitsüberzeugungen therapierbar
- O’Brien 1067: Übertragung Theorie auf Schule
- Seligman & Hiroto 1975: Übertragen der Theorie auf Menschen
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- Vertreter: Albert Bandura 1963
- Hat sich aus der Kritik an der verhaltenstheoretischen Sichtweise entwickelt
- Allein Beobachtung einer Person genügt, um ein Verhalten zu erwerben und zu zeigen.
o Fehlendes Verhalten (zuvor nie benutzt), fehlende Verstärkung, fehlende Hinweisreize aus Sicht der OK
- Kognitive (beobachtetes V dauerhaft speichern) und soziale Elemente
- Spiegelneuronen, die an Wahrnehmung & Ausführung von V beteiligt sind – Rizzolatti &
Craighero 2004
1. Aufmerksamkeitsphase
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a. SuS müssen Aufmerksamkeit auf relevante Reize der Lernsituation richten.
b. Aus großer Fülle von Modellreizen müssen sie die wichtigsten Informationen
herausfiltern
c. Förderung: kompetente, authentische L; begeisterungsfähiger L
2. Behaltensphase
a. Speicherung: sprachlich oder bildlich wh = symbolische Kodierung à nötig, um
effizient Lernen zu können durch Beobachtung (Abspeicherung im LZG)
b. Empfohlen: Einsatz von Lernstrategien, um sich bedeutsame Modellinformationen
besser zu merken:
i. kognitive Organisation: Lernstoff in leicht merkbare Teile zergliedern
ii. symbolische Wiederholung: modelliertes Verhalten wiederholen, geistiges
Vorstellen des Bewegungsablaufs
iii. motorische Wiederholung: konkretes Üben der Handlungsschritte
c. Förderung: mentales Training, Wh/symbolische & motorische Wh
3. Nachbildungsphase
a. Beob. V muss selbst ausgeführt werden
b. verschiedene Fehlerquellen, die das Nachbilden verhindern, erfassen
c. SuS benötigen
i. körperliche Fähigkeiten
ii. Verfügbarkeit der Teilreaktionen
iii. Selbstbeobachtung bei den Reproduktionen
d. Förderung: informatives Feedback
4. Motivationsphase
a. Motivation nötig, um beob. V zeigen zu wollen
b. Förderung: Einsatz von pos. Verstärkung, Anleiten zur Selbstreflexion
c. Drei Arten von Verstärkung, die Personen zu Verhalten motivieren – Bandura:
äußere Quelle ist für das Verhalten der Person verantwortlich wie
externe Verstärkung materielle Belohnung, soziale Reaktionen, sensorische Stimulation
(Schulterklopfen), Kontrollerleben
nicht die eigene, sondern eine beobachtete Person wird für ihr
Verhalten verstärkt
stellvertretende Verstärkung Welleneffekt – Kounin: ein S wird durch Zurechtweisung einer LK
bestraft → Welle schwappt auf die Klassenkameraden über und
sorgt dafür, dass die Klasse sich in Folge ruhig verhält
Lernende kann sich selbst verstärken, wenn etwas Anspruchsvolles
Selbstverstärkung gelingt und daraus Motivation für neue Aufgaben schöpfen
à Unterschied zum operanten Konditionieren
Stellvertretende Konsequenzen
- Vorteil des Beobachtungslernens: man muss kein eigenes Verhalten zeigen, um
herauszufinden, ob es von Vorteil ist.
à Es genügt, wenn jemand anderes die Konsequenzen des Handelns erfährt.
- Von Bedeutung ist, ob Modellperson (Miss-)Erfolg hat und Ähnlichkeit zu sich selbst
Ergebniserwartungen
- = persönliche Vorstellungen über spätere Ergebnisse eines Verhaltens.
- Z.B. Wenn LK oder Eltern erklären, dass fleißiges Lernen gewiss zu guten Noten führt, werden sich viele SuS diese
Vorstellung zu Eigen machen (auch wenn tatsächliche Ergebnisse mal nicht sehr gut)
Zielsetzungsverhalten kann durch signifikante Andere wie LK, Eltern oder SuS beeinflusst werden
à Voraussetzung: feste Bindung an das Ziel, sonst schnell verfallen
Selbstwirksamkeit
- Nur wenn Person von eigenen Handlungskompetenzen überzeugt ist, wird sie diese
verwenden
- Modelle sind wichtige Informationsquellen für eigene Selbstwirksamkeit
Empirie
- Schunk & Hanson 1985: höchste Lerneffizienz bei Ähnlichkeiten zwischen Modell &
Beobachter
- Anderson et al. 2010: Konsum aggressiver Videospiele à verstärktes Auftreten agg.
Kognitionen/Emotionen/Verhaltensweisen
Ethische Probleme
- Lernmechanismus z.B. für die Entstehung aggressiven Verhaltens überschreitet ethische
Richtlinien
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4 Kognitive Lerntheorien
Definition kognitive Lerntheorie = Wissenserwerb
Lernen als aktiver, geistiger Prozess des Erwerbs, Behaltens, Abrufens & Anwendens des Wissens
- Lerner erweitert selbst sein Wissen
o Aktiv: Lerner wählt aus, trifft Entscheidungen
- Untersuchung verschiedenster Lernsituationen
o Ziel: Bestimmung von individuellen & Entwicklungsdifferenzen
- Verstärkung wichtig als Rückmeldung über Folgen von Lernen
Kognitionswissenschaft: Wissenschaft vom Denken à von der Sprache à zunehmend auch vom
Gehirn
5 Konstruktivistische Lerntheorien
Definition Konstruktivismus – Woolfolk 2008
„Der Konstruktivismus ist eine Lernauffassung, nach der Lernen nicht nur als das Empfangen und
Verarbeiten von Informationen gesehen wird, Lernen ist vielmehr die aktive und individuelle
Konstruktion von Wissen“ à selbstgesteuertes Lernen + Selbstkontrolle
Kognitiver Konstruktivismus – Piaget: Umwelt wichtig, aber nicht zu einer Änderung des
Denkens
- Radikaler Konstruktivismus: kein eindeutiges Wissen von der Welt, jeder konstruiert sich
seine eigene Wirklichkeit
- Gemäßigter Konstruktivismus: Lerngemeinschaft beeinflussen sich beim Aufbau von Wissen
gegenseitig
o Lernen auch extern initiiert und motiviert (nicht nur intern)
6 Gedächtnis
Definition Gedächtnis – Zimbardo, Gerrig & Graf 2008:
„Die mentale Fähigkeit, Information aufzunehmen, zu speichern und bei Bedarf wieder abzurufen“
à dynamisches, aktives Informationsverarbeitungssystem
„Transformierung von Informationen aller Sinnesorgane, dass sie vom System Gedächtnis
aufgenommen und verarbeitet, verändert und gespeichert werden können“
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- Definition Speicherung:
„Mehr oder weniger dauerhaftes Halten von Informationen im System, um sie abrufen oder
weiterverarbeiten zu können“
- Definition Abruf:
Annahmen
- Verschiedene Ebenen der Kodierung & Verarbeitung von Infos
o Tief vs. Flach à Differenzen der Gedächtnisleistung darauf zurückzuführen
o Je tiefer, desto höher Wsk der Einprägung
o Je größer Speicheraufwand, umso dauerhafter Info gespeichert
- nur Langzeitgedächtnis, KZG nur aktuell aktivierter Teil des LZGs
- 2 grundlegend unterschiedliche Ansätze: ACT-R-Theorie und Prozessmodell der Verarbeitungstiefe
Mehrspeichermodelle
Annahmen
- separate Speicher je nach Behaltensdauer
- 3 miteinander interagierende Speichersysteme
Vorteile Nachteile/Kritik
29
Craik & Lockhardt 1972: Unterschiede der
Gestützt durch Primacy-Recency-Effect
Speicherkapazität des KZG nicht erklärbar
Grundzüge noch aktuell Oft keine eindeutige Zuordnung in KZG oder LZG
Aufmerksamkeitsprozesse
- Filtermodell - Broadbent 1958: Selektionsfilter im Kommunikationskanal wählt eine Info aus
& verarbeitet diese weiter (Flaschenhalsprinzip)
- Verdünnungs- oder Abschwächungsmodell - Treisman 1964: irrelevante Botschaften werden
auf niedrigem Niveau verarbeitet. Analyse dann beendet, wenn zwischen relevanter &
irrelevanter Botschaft unterschieden wurde
- Späte-Selektions-Modell - Deutsch & Deutsch 1963: Selektion erfolgt erst auf Stufe des KZG
- Aufmerksamkeitsmodelle mit multiplen Ressourcen - Sanders 1986: mehrere Aufgaben
können gleichzeitig durchgeführt werden
à Unterricht: Abwechslung bringen durch Medien, Bewegung, Veränderung der Stimme
Arbeitsgedächtnis/Kurzzeitgedächtnis
- Speicherung und Verarbeitung von Informationen, Verarbeitung über Abgleich mit neu
eingehenden oder mit bereits im LZG abgespeicherten Informationen, Funktion als
Schnittstelle, Gedächtnisstrategien helfen zur Wiederauffrischung
- begrenzte Speicherdauer und -kapazität & Informationen werden wenige Sekunden gehalten
(20-30 Sek)
- Mittlerrolle zwischen eingehenden Informationen und Abruf aus dem LZG
30
- KZG und Arbeitsgedächtnis relativ unabhängig voneinander
o KZG: Teil des AGs, welche Infos im System passiv zwischengelagert
o bloße Speicherung von Informationen, Gedächtnisstrategien helfen Informationen
länger halten zu können
- Strategien (bewusst, intentionale Aktivitäten):
o Enkodierungsstrategien: Rehearsal (erhaltende primäre Wh), Kategorisieren nach
Oberbegriffen, Elaborieren (Eselsbrücken) à v.a. für Einspeicherung von Infos
bedeutsam
o Abrufstrategien: Clustern (Abruf nach Oberbegriffen) à Erinnern
- Kapazität von 7±2 Informationseinheiten/ Chunks - Miller 1956
o Heute angezweifelt: Vermutung 4 Infoeinheiten und mehr Chunkingprozesse
- „Chunking“: Zusammenfassen von Informationen in größere, bedeutungstragende
Informationseinheiten unter Einbezug des Vorwissens, um den Speicher effizienter nutzen zu
können
- Experiment – Wickens 1973: Wickens zeigte proaktive Hemmung im KZG
Langzeitgedächtnis
- durch Wh übertragene Informationen aus dem AG
- unbegrenzte Speicherkapazität und Behaltensdauer
- Ausmaß der Verarbeitungstiefe als Mechanismus für die dauerhafte Abspeicherung im LZG
- Squire 1992: LZG besteht aus unterschiedlichen Teilsystemen
o Deklaratives/ explizites Gedächtnis: episodisch-autobiographische Ereignisse,
„Weltwissen“, verbalisierbar, bewusste Erinnerungen
§ Tulving 1972
• episodisch (Ereignisse zu bestimmter Zeit an bestimmten Ort, kontextabhängig,
persönliche Ereignisse)
• semantisch (allgemeine Fakten zu Sachverhalten, Wissen zu komplexen Zhs,
Wortbedeutungen)
à Diskussion: separate oder einheitliche Gedächtnisteile?
o Nicht-deklaratives/ implizites Gedächtnis:
§ Prozedural: Erinnern verhaltensbezogene Phänomene,
wahrnehmungsbezogene, motorische und automatisch ablaufende kognitive
Fähigkeiten, nicht oder unzureichend verbalisierbar
§ Priming: erhöhte Wsk von Wiedergabe/Wiedererkennung eines Inhaltes bei
Aktivierung eines damit assoziativ verbundenen Reizes
§ KK & OK à Prozesse ohne zutuendes Bewusstsein
Klassische/Operante Konditionierung
7 Wissenserwerb
7.1 Modellannahmen zu Erinnerungs- und Vergessensprozessen
Erinnerungsprozesse
Gelingen eines Abrufs vom Ausmaß der Ähnlichkeit von Enkodierungs- und Abrufsituation abhängig,
da neben Enkodierung immer weitere Informationen gespeichert, welche als zusätzliche
Hinweisreize beim Abruf der Zielreize fungieren können. Je mehr zusätzlich relevante Hinweisreize
kodiert, desto besser abrufbar. Enkodierung hängt von innerer Befindlichkeit einer Person und
außerhalbliegende Bedingungen ab.
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- V.a. beim Wiedererinnern und weniger beim Wiedererkennen wichtig
- Prinzip der Verbesserung des Abrufens durch ähnlichen Lern- & Erinnerungskontext
- Studie
o Godden & Baddeley 1975: Unter Wasser gelerntes lässt sich unter Wasser besser
abrufen → Umgebungsvariable
o Eich, Macaulay & Ryan 1994: Lernen in gehobener Stimmung führt zu besserem
Abruf in gehobener Stimmung → Stimmungskongruenz
- Kritik: Im Labor erhobene Befunde haben die Rolle der assoziativen Verknüpfung von neuem
mit bereits bestehendem Wissen nicht adäquat eingeschätzt
à Bildung von Assoziationen als Verknüpfen von neu gelernter Info mit bereits vorhandener Info für
Lernen substantiell = strukturelle Verbindungen zwischen Gedächtnisspuren (Stärke variabel)
Vergessensprozesse
Definition Vergessen
Der Abruf kann nur teilweise oder gar nicht gelingen, da die Information aktuell nicht verfügbar ist.
Speicher des LZG zwar unbegrenzt, jedoch scheint Abrufkapazität begrenzt.
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- Konzept des Spurenzerfalls (fading-theory): Gedächtnisspuren zerfallen mit der Zeit
à schwer nachzuweisen: je öfter/tiefer enkodiert wird, desto weniger Zerfall
- Kritik: Keine psychologischen Mechanismen identifiziert, warum es zu diesem Zerfall kommt
- Für (U)KZG gut belegt, LZG uneinheitlich
- Vergessen als passiver Prozess
- Konsolidierung
o Neue Infos auf Nervenebene einen Erregungskreis à Zirkulation gestört keine
Langzeitspeicherung
o unterschiedlich lang (einige Stunden bis Tage)
o Schlaf als ideale Phase für Erregungszirkulation diskutiert à jedoch Aktivierungslevel für Konsolidierung
(Inhalte setzen sich) und damit Güte der Lernleistung entscheidend
- Prävention: WH/Rehearsal
- zwei relevante Aspekte zur Gewährleistung einer möglichst dauerhaften Lernleistung
o Lernen in Phasen der höchsten Aktivierung mit Möglichkeit auf hohe Enkodierstärke
§ Zeit der höchsten Aktivierung individuell
§ Zusammen mit geeigneter Portionierung des Stoffes & aktive, konstruktivistische Lernform
o Ausreichend Konsolidierung nach entsprechenden Lerndurchgängen
§ Schlaf dennoch gut, da Wsk für eine ungestörte Konsolidierung am höchsten
Verdrängung
- Psychoanalytisches Konzept nach Siegmund Freud
- Infos als angstauslösende Reize
- Bewusstes Fernhalten dieser Info mit Verdrängung
Verzerrung
- Wissen im Gedächtnis nicht stabil, sondern verzerrt sich
- Je länger Abstand zwischen Lernphase und Wiedergabe, desto eher ist Erinnertes Schema
und nicht tatsächlich erlebte Tatsache
Expertiseforschung:
- Analyse von Vorwissenseffekten beim Lernen/Behalten neuer Infos mittels Vergleich von
Experten und Novizen
- Studie - Schneider, Gruber, Gold & Opwis 1993: Auswirkung des Vorwissens auf Lernerfolg
o G1: Ki & Erw. – Experten; G2: Ki & Erwa. – Novizen à 4 Aufgaben zu
Problemlösestrategien beim Schach
o Vorwissen besonders wichtig
o Alter nicht relevant
o Expertenvorteil verringert sich bei sinnlosen/widersprechenden Regeln à besser bei
sinnvollen Stellungen
- 6 Prinzipien der bereichsspezifischen Wissensquali von Experten – Bransford et al. 2000
o Bemerken von Merkmalen & Bedeutungsmustern
o Umfangreicheres domänen-spezifisches Wissen
o Vorwissen spiegelt eine Vielzahl von Anwendungskontexten wider
o Wichtige Aspekte ihres Wissens können ohne große Anstrengung abgerufen werden
o Variable & flexible Reaktionsmuster im Umgang mit neuen Situationen
o Weitergabe von Kenntnissen nichts mit Expertenstatus zu tun
35
Intelligenz und Vorwissen
- Studie – Schneider, Körkel & Weinert 1989/90: Untersuchungen zu Wissen über Fußball &
allg. Intelligenz bei mehr als 500 SuS der 3./5./7. Klasse à Geschichte zum Verlauf eines
Fußballspiels vorgelesen
o Alterseffekte: zunehmend bessere Reproduktion, angemessenere
Schlussfolgerungen, mehr Widersprüche & Ungereimtheiten entdeckt
o Expertenvorteil unabhängig vom Alter: bessere Leistungen als Novizen
o reichhaltiges Vorwissen kann Mangel an I kompensieren
- auch bei hoher I Vorwissen wichtig
- Kognitive Wende: Behaviorismus Wissen = verhaltensorientiert à mehr innere Prozesse des Lernenden (z.B.
konstruktivistische Perspektive Piaget)
- Heute: Lernen als Wissenskonstruktion mit situativem Charakter durch aktive Verarbeitung von Information
36
Wissensarten – Ryle 1949
- Deklaratives Wissen: explizites Faktenwissen (semantisch und episodisch)
- Prozedurales Wissen: implizites Handlungswissen, automatisierte Fertigkeiten (psychomotorisch
und kognitiv; z.B. SSE, Lesen)
à Lernen findet vielfältig statt: eingehender Lernstoff wird anhand Vorwissen interpretiert, selektiert, organisiert,
elaboriert; auch bedeutsam Stärkung des Wissens, Generierung neues Wissens, metakognitive Steuerung des Lernens
à Aufbereitung der Infos nötig, wenn sie von sensorischen Register in LZG übertragen werden sollen
Begriffe
Definition Begriffe
Elementare Wissenseinheiten, welche ein klassifizierendes Erkennen ermöglichen.
à kognitive Strukturen: Bedeutungen über einzelne Aspekte der Wirklichkeit darin abgelegt/organisiert (z.B. in Netzwerken)
37
à bezeichnet mit Wort/Symbol; Bedeutung entsteht durch Unterscheidung verschiedener Aspekte eines Sachverhalts & über
Erkennen der Relationen zwischen Elementen
- Bieten überschaubare Einheit & Ordnung
- Repräsentieren Objekte, Aktivitäten, Eigenschaften, Beziehungen und Abstraktionen
- Merkmale des Begriffswissens
o Hierarchische Struktur: Pflanze = Blume & Baum, Blume = Rose & Tulpe usw.
o Kreuzklassifikation: gleiches Objekt kann verschiedenen Begriffen zugeordnet
werden: Herz = Liebe oder Organ
o Typikalität: einige Objekte sind charakteristische Vertreter des Begriffs (z.B. Rose für
Blumen)
- Kategorisierungsmöglichkeiten nach eindeutig definierten Merkmalen, charakteristischen
Merkmalen (besonders bei Alltagsgegenständen), Prototypenansatz (meist unscharf zu definieren,
Mittelwert von sämtlichen Beispielen), zahlreichen Musterbeispielen (mehrere Prototypen)
- Förderung im U
o Frühe Prototypenbildung: mit klass. Bsp. Beginnen à herausarbeiten
o Herausarbeiten von Netzwerkstrukturen: z.B. durch Concept-Maps; SuS bringen
Inhalte in Verbindung
o Regeln zum Umgang mit Begriffen - Ditsch 1978: regelmäßige Wh, Beschränkung auf
einen prototypischen Anwendungsbereich, später Transfer
Propositionen
- Definition Proposition – Schunk 2004
Kleinste Wissenseinheit, die eine selbständige Aussage bilden kann. […] lässt sich logisch als
wahr oder falsch beurteilen.
- Bsp.: Kilian kauft ein neues Heft. Kilian kauft ein Heft. Das Heft ist neu.
- Studie – Sachs 1967: Statt exakter Wortlaute von Sätzen, werden die enthalten
Propositionen gespeichert
- sinngemäße Wiedergaben zeigen im Vergleich zu wörtlichen eher eine erfolgreiche
Verarbeitung
- Assoziationen zwischen Begriffen durch Lernerfahrungen
- Mindestens 1 Argument = Begriff & 1 Relation = Verb/Adjektiv
- Erwerb – Gagné et al. 1993
o Darstellung neuer Infos durch L
o Lernender muss Aussage in eine Proposition übersetzen
o Begriffe der Proposition aktivieren Erinnerungen an gespeicherte Zhs
o Aktivierungserweiterung à neue Proposition aktiviert Vorwissen
o Durch schlussfolgerndes Denken neue Proposition = elaborative Proposition
Schemata
Definition Schema – Woolfolk 2014
Abstrakte Wissensstrukturen, die eine sonst unübersichtliche Menge von Infos strukturieren &
dadurch reduzieren
- Objekte oder Konzepte in abstrakter, allgemeiner Form gespeichert
- Beruht auf vorausgegangenen Erfahrungen
- enthaltenes Wissen in Form von Leerstellen oder Slots organisiert
- Eigenschaften
o Kontextspezifisch: erfahrungs-/kulturbedingt (z.B. Kind aus Alltag Schema zur Form der Erde)
o Emotionsbesetzt: negative Erfahrungen, da Auseinandersetzung mit etwas
unangenehme Gefühle auslöst – Claxton 1990
- Standard- bzw. Defaultwerte: bilden ab, was Dingen, Objekten oder auch Ereignissen
gemeinsam ist, Ausnahmen sind zugelassen à typische Ausprägung
o Ausnahmen/Abweichungen, wenn mehr als ein Exemplar zu einem Schema existent
- Frames: Schemata zu visuellen Bereichen und stellen diese über Gegebenheiten in der
physischen Welt dar (z.B. Bestandteile eines Gebäudes & entsprechende Slots)
- Z.B. Schema Vögel
o Exemplar/Attribut: Amsel
§ Slot: Erscheinungsbild à Merkmale = Standard-/Defaultwerte: Federn, Schnabel
§ Slot: typische Fortbewegung à Merkmale: Fliegen
§ Slot: zugeordnet zu Tieren
§ Slot: Lebensregion à Merkmale: z.B. Mitteleuropa
o Exemplar: Pinguin
§ Slot: Erscheinungsbild à Merkmale = Standard-/Defaultwerte: Federn, Schnabel
§ Slot: typische Fortbewegung à Merkmale: Schwimmen/Gehen
§ Slot: zugeordnet zu Tieren
§ Slot: Lebensregion à Merkmale: z.B. Küste der Antarktis
- Funktionen
o ermöglichen Vorhersagen über Ausprägung von Attributen eines Gegenstandes, auch
wenn dieser nicht verfügbar
o ermöglichen, fehlende Information auf Basis der vorhandenen Information zu
ergänzen und adäquat in den Kontext zu rücken (nicht nur in Alltagssituationen, auch in
Problemlöseprozessen)
§ Z.B. – Rumelhart & Ortony 1977: Sarah hört Eisauto à erinnert sich an das Taschengeld; läuft
ins Haus
- Studie – Brewer & Treyens 1981: Büroraum eines Hochschuldozenten beschreiben.
o Typische Gegenstände wurden gut behalten
o untypische hingegen schlecht
o Zusätzlich wurden mit Büroraum assoziierte Gegenstände fälschlicherweise genannt
(z.B. Aktenregal)
- Relevanz für die Schule
39
o Falsche Nacherzählungen, da z.B. Standardwert „fliegen“ für Fortbewegung der
Vögel bei Pinguin eingesetzt à Unterschiede/Ausnahmen deutlich machen
Skripts
Definition Skript – Woolfolk 2014
Schemata, die typische Abfolge von Ereignissen in einer alltäglichen Situation repräsentieren – auch
Ereignis-Schemata genannt
- Arten: situational (soziale Situationen, z.B. Restaurantbesuch), personal (Erwartungshaltung, z.B. Ablauf
einer Freundschaft), instrumentell (gewisses Ziel, z.B. Schulweg)
- individuelle prototypische Ereignisfolgen als verallgemeinerbare Handlungschemata
- Studie – Bower, Black & Turner 1979: Ereignisfolge/ Ablauf Restaurantbesuch.
Versuchspersonen nannten teilweise übereinstimmende Tätigkeiten des Standardablaufs
(Platz nehmen, Essen bestellen, Zahlen usw.)
- fehlende Informationen werden ergänzt und Erwartungen über die nächste Teilhandlung
werden abgeleitet à Gefahr, dass Infos abgeleitet werden, die in Handlung/Text in Realität nicht vorhanden
waren
- ressourcenschonende Bewältigung alltäglicher Handlungsabläufe und entsprechend
angemessene Verhaltensweisen
- neuartige Handlungsabläufe werden auf Basis ähnlicher leichter internalisiert, indem
vergleichbare vorhandene Teilhandlungen übernommen werden
- Relevanz für die Schule
o Über sie können fehlende Infos im Text ergänzt werden
o Gefahr: Ableiten von Infos, die so nicht im Text/Handlung vorhanden waren
§ Lesestrategien als Skript aufbauen
o Skripte im Schulalltag in Form von Routinen wichtig, um Ressourcen für
Unterrichtsinhalte frei zu halten
Vorstellungsbilder
Definition Vorstellungsbilder – Anderson 2010
Bilderartige Informationsstrukturen von Merkmalen der äußeren Erscheinung von Gegenständen
oder Personen
- Dual-Encoding-Theory - Paivio 1971
o Experiment – Shepherd 1967: 600 Kärtchen mit Wörtern, Sätzen, Bildern à 1 neu &
1 aus dem Stapel gezeigt à Karte aus Stapel benennen à Bilder 100%, Sätze 89%,
40
Wörter 88%
- Prinzip der dualen Kodierung - Paivio 1971 & 1986
o Verbal (symbolisch-sprachlich) + imaginal (anschaulich-bildhaft – deklaratives Wissen) =
Repräsentation im LZG
o Höhere Wsk sich zu erinnern
Metakognitives Wissen
- „Denken über das Denken“; „Wissen über das Wissen“
- Definition Metakognition – Flavell 1979
Wissen einer Person über kognitive Zustände und Prozesse, wenngleich diese Zustände
und Prozesse der Person nicht notwendigerweise bewusst sein müssen.
Organisation
41
Definition Kognitive Organisation – Woolfolk 2014
Geordnetes und logisches Netzwerk von Verbindungen zwischen Begriffen
- Organisationsprozess: Ordnen der Lerninhalte (Clustering) à Reduktion auf Wesentliches à
Transfer
- Erwerb komplexer Texte: Aufbau von semantischen Strukturen durch wh Anwendung von
Weglassen, Selektion, Generalisierung, Konstruktion, Rückgriff auf bereits Bekanntes
- Ausubel 1963: Verständnis bei SuS durch aktives Interpretieren einer Erfahrung à L muss
Erfahrung mitgestalten
o Kennzeichen geordneten Us
§ Klarheit der L-Darstellung durch Anwendung von Beispielen
§ Abbildungen
§ Ordnung des Lernmaterials nach logischen Gesichtspunkten & Strukturierung
des Lernstoffes
§ Lernen mit Vgl, da neue Infos besser vorstellbar sind
Schemabildung
- Schemata wirken als Rahmen, der die Integration neuen Wissens in bestehende
Wissenselemente erleichtert
- Anpassung = Assimilation und Akkomodation
Enkodierspezifität: Abruf einer Info ist leichter, wenn Kontext beim Abruf der gleiche ist, wie beim
Speichern
… ist Wissen, das vorgeführt wird, wenn Aufgaben ausgeführt werden à „wissen wie“
- Aus deklarativem Wissen gewonnen
- Ohne Übung verbessert
- Ohne große Anstrengung abrufbar
- Einfacher anzuwenden als zu beschreiben
- Kann auch nach Jahren wieder schnell erworben werden
- Unterscheidung: psychomotorisch & kognitiv (z.B. Bruchrechnen)
Unterscheidung in 3 Gedächtnissysteme
- Deklarativ: Propositionen, Reihenfolgen, räumliche Bilder
o Lernvorgang: direkt
o Abruf: auf vielfältige Weise
- Prozedural: Wenn-dann-Verknüpfung
o Lernvorgang: indirect, Schwächung/Stärkung
o Abruf: Richtig vorgegeben à Wenn > Dann
- AG: Bewusstsein im Moment (Sinneseindrücke)
42
Prozesscharakteristika für Wissenserwerb der Gedächtnissysteme
Deklaratives Gedächtnis Prozedurales Gedächtnis
Lernvorgang Direkt & abrupt Indirekt & allmähliche Schwächung
à kog. Einheiten im AG werden zu Spuren im alter bzw. Stärkung neuer Prozeduren
LZG z.B. Umlernen auf Schreibmaschine
Abruf Auf vielfältige Weise mgl Richtung vorgegeben: wenn > dann
„deliberate practice“-Ansatz – Ericsson, Krampe & Tesch-Römer 1993; van Gog, Ericsson, Rikers &
Paas 2005
45
Während Übungsphasen immer wieder auf die basalen Prinzipien eingehen,
Reflektierte
hinsichtlich der Arbeitsgedächtnis- und Aufmerksamkeitsressourcen
Übung besonders fordernd
8 Lernstrategien
Definition Lernstrategien – Götz & Nett 2017
Lernstrategien umfassen ein Bündel an Kognitionen und Verhaltensweisen, die vom Lernenden
gezielt eingesetzt werden können, um den Lernprozess zu initiieren, aufrecht zu erhalten und zu
verbessern.
Kognitive Lernstrategien
- Organisation
o Zusammenfassung von Infos: informationsreduzierend
o Gliederung anfertigen/Diagramme/Mindmaps
- Elaboration
o Konstruktion: mit eigenen Worten wiedergeben
o Integration: Stoff mit gespeichertem Wissen vernetzen
o Transfer: Übertragung auf andere Kontexte
- Wiederholung (= Wissen auswendig lernen)
o Schreiben/Unterstreichen; laut/still Wh (Highlighting, Erklären)
o Gelerntes im Arbeitsspeicher behalten
o Unterstützung des Übergangs ins LZG
- Kritisches Prüfen
Beispiele
- Organisationsorientierte Verfahren (durch Lernenden)
o Hierarchisches Zusammenfassen & Rekonstruieren: Gliederung des Stoffes à
Kategorien bilden; Strukturieren
o Organisation von Texten – Ausubel 1951
§ Für Behalten förderlich
§ Advanced Organizer
46
o Effektivität – Bower et al. 1969
§ Versuchspersonen bekommen Begriffshierarchie (als Baumdiagramm) à
anschließend Reproduktion
§ KG identische Wörter nach Zufall geordnet
§ Versuchspersonen 3x mehr Wörter repräsentiert à Effektivität hoch
- Mehrschrittige Lernstrategie
o Selbstrezitationstechniken: Fragen stellen an sich selbst; geeignet für
Definitionen/Vokabeln/Rechtschreiben – Gates 1917
o SC3R-Methode – Robinson 1961: zur Bewältigung umfangreicher & semantisch
bedeutungsvoller Texte
§ Günther, Heinze & Schott 1977
Survey: Überblick verschaffen
Question: Fragen an Stoff stellen
Read: Lesen
Recite: Wiedergeben des Gelesenen
Review: Rückschau
Zusatz: Reflect
o Technik des gezielten Us: Überblick/Absatz kurz lesen, unterstreichen, Wh,
Einprägen des Unterstrichenen; keine eindeutig positiven Effekte – Dumke & Schäfer
1986
o Erstellen eigener Texte: Schreiben – Wissen muss abgerufen & modifiziert werden –
Friedrich 1995
o Technik der Notizen: Aufmerksamkeitslenkung auf Vortrag; wesentliche Notizen als
Hilfe zur späteren Rekonstruktion
§ Formulierung in eigenen Worten – Peverly et al. 2003
§ Anregen durch Hervorheben der Schlüsselbegriffe
- Graphische Methoden
o Visualisierung von Sachverhalten: Bebilderte ABs, Folien, Tafelbilder etc.
- Mnemotechniken: systematische Ansätze zur Verbesserung der Behaltensleistungen; wenn
Infos keine Bedeutung für einen haben, bauen diese Techniken eine auf – Woolfolk 2014
o Bilderorientiert: Loci Methode
§ Erinnerte Einzelheiten mit vertrauten Orten verbunden – Woolfolk 2014
§ Lernen von Listen, aber nicht zum Vertiefen von Wissen
§ Vorgehen – Bower 1970
Vorstellung eines gut vertrauten Ortes
Finden von eindringlich-mentalen Bildern für zu merkende Inhalte
Während Inhalt gelernt, muss Verknüpfung mit Bild und Ort stattfinden à
Gleichzeitigkeit
bei Wiedergabe kann Ort in Gedanken abgelaufen werden à Reihenfolge
gleiche Ort immer wieder genutzt werden
§ Effektivität
• 2-7x höhere Reproduktionsleistungen – Bower 1970
• 25 Begriffe in 4 Min. lernen; nach 1 Woche 92%, nach 5 Wochen 80%
Reproduktion – Adams 1976
§ Bilderorientiert: Dual Codierung
• Infos in bildhafter und/oder sprachlicher Weise gespeichert
47
§ Sprachorientiert: Schlüsselwortmethode
• Klangähnlichkeit mit Teilen eines Wortes/anderen Sprachen –
Attkinson 1975
§ Sprachorientiert: Rhythmus & Reim
• Reim aus zu merkenden Wörtern & Zhs bilden (Eselsbrücken)
• Gut für Merkaufgaben
§ Sprachorientiert: Akronyme/Merkwörter
• Aus Anfangsbuchstaben mehrerer Wörter ein neues Merkwort
• z.B. SMART bei Zielen
• Akrostichone: Satz (z.B. bei Planeten oder Quintenzirkel)
§ Sprachorientiert: narrative Verknüpfungen
• Zu lernende Wörter in Geschichten einkleiden à Verknüpfung &
Reihenfolge beibehalten
Metakognitive Lernstrategien
- Definition Metakognitive Lernstrategien – Flavell 1979
Spezieller Teil des Weltwissens eines Menschen, der sich auf seine Kognition und
Anwendung des Wissens bezieht
Ressourcenbezogene Strategien
- Interne Ressourcen: Kontrolle von Anstrengung & Aufmerksamkeit; Zeitmanagement;
motivationale Maßnahmen (Person selbst)
- Extern: geeignete Lernumgebung; Lernen mit Arbeitsgruppen; Nutzen von Literatur (Hilfe von
außen)
48
8.2 Qualität der Strategienutzer
Gut Schlecht
Glauben an persönliche Ressourcen Inaktive Lerner à Produktions-/Anwendungsdefizit
Wertschätzung systematischen Vorgehens Überwachen ihr Lernen seltener, Bemerken deshalb
Überzeugung von Nützlichkeit von Lernstrategien Fehler seltener
Vermeiden Anstrengung, auf Strategien
zurückzugreifen
Kennen wenige Strategien, die in Problemfällen
weiterhelfen können
8.3 Training
Trainingsprogramme für Erwerb
Schräder-Naef 1987
1. Persönliche Arbeitstechniken 8. Denken und Problemlösen
2. Lesen 9. Konzentration
3. Zuhören und Mitschreiben 10. Motivation
4. Zusammenarbeit 11. Zeiteinteilung
5. Physiologische Voraussetzungen 12. Durchführung größerer Arbeiten
6. Ordnen von Wissen 13. Prüfungsvorbereitung
7. Hilfsmittel
Indirektes Strategietraining
- Kontextgebundene Anregung zur Nutzung von Lernstrategien, ohne deren expliziter
Thematisierung à Gestaltung einer konstruktivistischen Lernumgebung mit Anregung zu
Selbstregulation
- Z.B. Lernpartnerschaft
- Otto 2007
o Schaffung günstiger Lernbedingungen
o Modellverhalten
o Ideal: Kombi direkt und indirekt à direkten dem indirekten Überlegen
50
Lernstile – Rogowsky, Calhoun & Tallal 2014
Kein Effekt nachgewiesen, dass auditive/ visuelle Lerner von auditiven/ visuellen Materialien
profitieren. → Kategorisierung bestimmter Lerntypen nicht empirisch gestützt
à Schule: möglichst breites Spektrum an Lernstrategien und deren effektive Anwendung vermitteln,
um individuellen Voraussetzungen gerecht zu werden
9 Problemlösen
- In Bezug auf SuS misst z.B. PISA (Programme for International Student Assessment)
Problemlösefähigkeit als eigenständige Kompetenz und betrachtet diese als
fächerübergreifende Grundfähigkeit der SuS
o Nach PISA-Schock 2000 wurden Gründe für schlechtes Abschneiden gesucht:
mangelnde Fähigkeit deutscher SuS, ihr in Schule gelerntes Wissen in
Anwendungssituationen umzusetzen à träges Wissen à Kompetenzorientierung
soll dies verhindern
o Folge: Formulierung bundesweiter BS mit Unterrichtsziel, Fähigkeit zur kompetenten
Anwendung von Wissen z.B. Problemlösen in Mathematik
o Wichtig ist aber, dass Kompetenz auf Wissen basieren muss, da sonst der Eigenwert
von Fachinhalten, also von „Bildung“ entfällt
- DAS Wissen gibt es nicht: immer Übergangsbereiche, in denen Situationen bewältigt werden können und in
anderen Problemlöseprozesse erforderlich
- Problemlösen als Lernen/Infoverarbeitung
o Vertreter: Max Wertheimer (Studien zum produktiven Denken) oder Wolfgang Köhler
(„Lernen durch Einsicht“)
o Studie – Köhler 1921/63: Beim Bearbeiten komplexer Aufgaben sind erstaunliche
Leistungen möglich, wenn günstige Kombination aus allgemeinen
Problemlösefähigkeiten und förderlichen Umweltbedingungen vorliegt, die das
Entstehen von Einsicht unterstützen und „gute Gestalt“ wirksam werden lassen
§ 6 Phasen: Auftauchen eines Problems; Probierverhalten; Umstrukturierung
„Versuch und Irrtum“; Einsicht und Lösung „Aha-Erlebnis“; Anwendung;
Übertragung
- Wissen allein ist nutzlos, sofern Person nicht intelligent genug ist, es sinnvoll einzusetzen.
- hohe Intelligenz nützt wenig, wenn Person nicht weiß, welchen Nutzen man daraus zieht
Definition Problemlösen
Die durch bewusste Denkprozesse und intelligentes Handeln geleitete - dabei Hindernisse
überwindende - Überführung eines Ist-Zustands in einen Soll-Zustand
Problemtypen
Klarheit der Zielkriterien
hoch gering
Bekanntheitsgrad der Hoch Interpolationsbarriere Dialektische Barriere
Mittel gering Synthesebarriere Dialektische & Synthesebarriere
z.B. Brettspiele
Ziel: bekannt (Gegner besiegen)
Interpolationsbarriere Mittel: bekannt (einzelne Spielzüge)
Problem: richtige Anordnung der einzelnen Operationen finden
à wegen Vielfalt der möglichen Züge = Problem
z.B. Versuch der Alchemisten, „Stein der Weisen“ herzustellen
Ziel: bekannt (Blei zu Gold machen)
Synthesebarriere
Mittel: unbekannt
Problem: Mittel für Zielerreichung nicht bekannt
z.B. Absicht eines Historikers, Lücken eines unlesbaren Fragments zu füllen
Dialektische Barriere
Ziel: unbekannt
52
Mittel: bekannt (Vgl mit anderen Entwürfen/Lsgentwürfe generieren/Prüfung auf
Widersprüche)
Problem: Ziel nicht genau bekannt
z.B. politische Entscheidungen
Dialektisch & Ziel: unbekannt
53
5 Merkmale eines Experten
Merkmale Beschreibung
Fundiertes Experten: gut aufgearbeitetes & somit hochgradig geordnetes Wissen
Grundlagenwissen Umfasst: deklaratives, prozedurales und konditionales Wissen
verwenden machen
Automatisierung vieler Großer Teil des prozeduralen Wissens bei Experten hochgradig
Kontrolle eigener
Experten im Vgl zu Novizen bessere Kontrolle der kognitiven Prozesse
Metakognition
54
Funktionale Gebundenheit gegebener Objekte
- Problem immer auf gleiche Art gelöst à nicht sinnvoll, wenn sich Problem verändert hat &
trotzdem gleiche Lösungsmethode angewandt
Überprüfung des sprachlichen Verständnisses (z.B. Aufgabenstellungen in Büchern müssen verständlich formuliert
sein)
Darstellen einer Vielzahl ausgearbeiteter Beispiele: ausgearbeitete Aufgaben vorlegen à SuS alles
alleine erarbeiten lassen
Verbesserung der Qualität von Verständnisfragen: Fragen als Voraussetzung für Gewinnung eines
tieferen Verständnisses
10 Selbstreguliertes Lernen
- selbstreguliertes = selbstgesteuertes = selbstorganisiertes Lernen Frühjahr 21
- Teil der sozial-kognitiven Sichtweise/konstruktivistisch
Definition selbstreguliertes Lernen – Götz & Nett 2017
Selbstreguliertes Lernen ist eine Form des Erwerbs von Wissen und Kompetenzen, bei der Lerner sich
selbstständig und eigenmotiviert Ziele setzen sowie eigenständig Strategien auswählen, die zur
Erreichung dieser Ziele führen und durch Bewertung von Erfolgen bezüglich der Reduzierung Ist-Soll-
Differenz Ziele und Aktivitäten im Hinblick auf eine Erreichung des Soll-Zustands prozessbegleitend
modifizieren und optimieren.
- SuS müssen eigenes Handeln und eigene Fähigkeiten möglichst objektiv einschätzen können
55
Ebenen, auf die sich SRL bezieht – Hasselhorn & Gold, 2013: Kognition, Metakognition, Motivationen,
Emotionen
- weiter innen liegende Ebenen sind notwendige Voraussetzungen für die jeweils umfassende Ebene
- beschreibt Kompetenzen/Inhalte SRLS, kein zeitlicher Einblick
- Regulation des Verarbeitungsmodus
o Kennenlernen und Einsatz kognitiver Strategien
o Bevorzugte Herangehensweisen („Lernstile“)
o Thematisiert Ebene der kognitiven Prozesse & der auf sie einwirkenden kognitiven Prozesse & Strategien
der Infoverarbeitung
- Regulation des Lernprozesses
o Korrekte Wahl kognitiver Strategien
o Metakognitive Strategien (Strategien, die der Regulation des Lernprozesses und damit
insbesondere der Organisation und der sinnvollen Anwendung kognitiver Lernstrategien dienen):
Planung, Monitoring und Regulation
§ In Schule meist Lernplan vorgegeben; besser: individuelle Lernpläne bzw. SuS selbst einen
erstellen lassen
- Regulation des Selbst
o Festlegung von Zielen und Einteilung der eigenen Ressourcen
o Nutzung unterschiedlicher Strategien zur Regulation der eigenen Motivation und der
Emotionen
o Soll verdeutlichen, dass der gesamte Lernprozess in das kognitive & motivationale SK & die
selbstbezogenen Überzeugungen einer Person eingebettet sind
Metaanalyse – Donker-Bergstra, De Boer, Kostons, Dignath-van Ewijk und van der Werf 2014
- Förderprogramme im Durchschnitt einen positiven (nach Unterrichtsfach schwankenden)
Effekt auf akademische Leistung
- hohe Bedeutung metakognitiven Wissens bzw. metakognitiver Strategien
o Motivation und metakognitive Strategie-Planung wichtig (z.B. Bedeutung einer Aufgabe hervorheben)
à Fazit: bereits in GS positive Effekte und L in der Lage Selbstregulation bei SuS zu fördern
Interview
- detailliertes Bild des Lernverhaltens durch Mischung aus geschlossenen und offenen Frageformaten
- Kritik: aufwändige Durchführung
Lerntagebücher
- Lerneinheiten festhalten, offene und geschlossene Fragen beantworten
- erfasst wird Planung des Lernprozesses, der Lernfortschritt und die Anpassung und
Verwendung von Strategien
- nicht nur Diagnoseinstrument, sondern auch Intervention durch Reflexion beim Führen des
Lerntagebuchs
Lautes Denken
- Gedanken während eines Lernprozesses laut aussprechen
- kurze Lernphasen sind detailliert beobachtbar (während über zuvor genannte Methoden lange Phasen)
- Studie – Veenman, Prins & Verheij 2003: größerer Zusammenhang zu Lernleistung als bei
Fragebögen
- Kritik: im Unterricht zu störend → höchstens in PA; fehlende Fähigkeiten zur angemessenen
Formulierung der Gedanken; inwieweit wird Lernprozess dadurch beeinflusst?
Individuelle Voraussetzungen:
- positive Emotionen beim Lernen,
- motiviert sein,
- über notwendige Ressourcen verfügen und
- Wissen über funktionieren effizienter Selbststeuerung
→ Wechselwirkung zwischen den vier Bereichen kann zu gegenseitiger Verstärkung aber auch
Behinderung führen
11 Transfer
Definition Transfer – Hasselhorn & Gold 2013
Die erfolgreiche Anwendung des zuvor angeeigneten Wissens bzw. der erworbenen Fertigkeiten im
Rahmen einer neuen, in der Situation der Wissens- bzw. Fertigkeitsaneignung noch nicht ersichtlichen
Anforderung wird in der Lernpsychologie als Transfer bezeichnet.
Wenn es gelingt, erworbenes Wissen in neuen Situationen erfolgreich anzuwenden, spricht man von
Transfer.
61
Lernaufgaben des gleichen Typs Fertigkeiten/Kenntnisse auf gänzlich
neuartige Problemstellungen
Spezifisch vs. unspezifisch Spezifisch Unspezifisch
Übertragung eng umgrenzter neu Nutzung von Erkenntnissen in
erworbener Fertigkeiten auf neue anderen Kontexten oder anderen
Situation Lernfeldern
Proximal vs. distal Grad der Unähnlichkeit zwischen ursprünglicher Lernsituation und späterer
Transfersituation:
Proximal: naher Transfer Distal: weiter Transfer
Automatisch vs. bewusst Automatisch Bewusst
Benötigt keine bewusste Bewusste Anstrengung
Aufmerksamkeit/zusätzliche
Anstrengung
11.2 Transfertheorien
Transfer durch Analogiebildung – Holyoak 1985
Definition Analogie – Hasselhorn & Gold 2013
Von Analogie spricht man, wenn zwei Probleme oder Anforderungen eine ähnliche Tiefenstruktur
besitzen.
Voraussetzung für Lerntransfer: Lerner hat Inhalt so gut verstanden, dass ganz unterschiedliche
Aufgaben gelöst werden können
Kritik
- White 1993: Möglichkeit des negativen Transfers bei unangemessenen Analogien
- Greeno et al. 1993: unklar, ob Wissen in Form de-kontextualisierter
Bedeutungsrepräsentationen gespeichert wird
Methoden
- Vermittlung metakognitiver Fertigkeiten zur Überwachung/Regulation der eigenen
Infoverarbeitung
- Erläuterung des Gebrauchs von Hilfsmitteln/Arbeitstechniken
- Demonstration & Erprobung von Anwendungen & Beispielen des Gelernten in möglichst
realistischen Situationen
- Explikation möglichst vielseitiger Übungsvarianten & Vorgehensweisen
63
12 Lehren und Unterrichten
Überblick
Eher lehrerzentriert Eher schülerzentriert
Direkte Instruktion Cognitive Apprenticeship
Four-Components/Instructional Design Forschendes Lernen
Mastery Learning Anchored Instruction
Programmierter U Konzept der Situiertheit
64
12.2 Kognitivistische Lerntheorien – Instructional Design
Definition Instruktion – Edelmann & Wittmann 2012
Situationen, in denen Lehrprozesse absichtsvoll & institutionalisiert zum Zweck des Lernens bzw. der
Auslösung & Beeinflussung von Lernvorgängen hergestellt werden (Unterricht, Ausbildung,
Training), werden als Instruktion bezeichnet.
Rolle des Lehrenden: „didactic leader“ – Leinhardt Rolle des Lernenden: passiv
1993
Funktionen:
- Wissensinhalte repräsentieren & erklären
- Lernende anleiten
- Lernfortschritte überwachen
Direkte Instruktion
- LK steht im Zentrum des Geschehens und bestimmt in hohem Maße, was gelernt wird, in
welche Phasen sich der Unterricht gliedert und welche Aktivitäten die SuS dabei zeigen sollen
- gelungene Umsetzung – Slavin 2015:
1. LK benennt Lernziele der Unterrichtsstunde, Überblick über den Stundenablauf
→ erleichtert SuS, ihre Aufmerksamkeit im weiteren Verlauf der Unterrichtseinheit auf
lernrelevante Inhalte zu lenken
2. LK versucht kognitive Lernvoraussetzungen zu schaffen, die für Erwerb neuen Wissens
notwendig sind
→ Vorwissen bei SuS zu aktivieren (wahrscheinlicher, dass neue Informationen effektiv verarbeitet
und in Vorwissen integriert werden)
3. LK präsentiert neu zu lernende Inhalte (klare, strukturierte und effiziente Stoffdarbietung erleichtert
den Wissenserwerb)
→ Vermeidung einer Überlastung des kapazitätsbeschränkten AGs, indem SuS geeignete
Präsentations- und Demonstrationstechniken verwenden
4. Kurze Verständnisüberprüfung während Stoffpräsentation (z.B. kurze Fragen)
→ SuS erhalten Informationen zu eventuellen Wissenslücken, die es zu schließen gilt; LK
erhält diagnostische Informationen, um Lehrtempo ggf. anzupassen oder spezifische
Lerninhalte noch einmal auf andere Art und Weise zu präsentieren
5. selbständiges Üben: S. erhalten Gelegenheit, zuvor präsentierte Inhalte selbständig auf
neue Inhalte anzuwenden (z.B. ausgearbeitete Lösungsbeispiele entwickeln)
→ erst wenn SuS deklaratives Wissen über Lösungsstrategie aufgebaut haben, nach und
nach selbständig neue Aufgaben bearbeiten
6. verzögertes Üben und Wiederholen (z.B. HA): weitere Elaboration der Lerninhalte sowie
Automatisierung der angezielten Fertigkeiten (fördert das Speichern und Abrufen des Gelernten
weiter)
7. Bewerten der Schülerleistungen & darauf aufbauende Rückmeldung: SuS über ihren
Leistungsstand und Qualität ihres Lernprozesses informiert
→ neue Lernprozesse werden ausgelöst
65
à im deutschsprachigen Raum dominante Methode: überwiegend in schlechter Ausführung
Empfehlungen für Planung & Durchführung von U (Instructional Design) – Weinert 1974
- Lernziele konkretisieren
- Individuelle Lernvoraussetzungen diagnostizieren
- Lernvoraussetzungen vor Beginn des Us möglichst angleichen
- Lernaufgaben in Lernzielkomponenten zerlegen & diese in Voraussetzungsrelationen
anordnen
- SuS motivieren
- Individuelle Lernprozesse anleiten, steuern & unterstützen
- Individuelle Lernfortschritte überprüfen
- Wo nötig, zusätzliche Lernhilfen bereitstellen
→ Studie - Sarfo & Elen 2007: 4C/ID-Ansatz erwies sich gegenüber anderen Instruktionsansätzen als
überlegen, günstigere Effekte auf den Wissenserwerb gezeigt (in Hochschul- und Weiterbildungskontext)
Grundidee
- Selbstgesteuerter Lernprozess
- Beruht auf Eigenständigkeit
- Lernprozesse verlaufen individuell, d.h. unterschiedlich & kontextgebunden
- Meist in sozialen Kontexten verankert
- Nicht von außen planbar & kontrollierbar
Anchored Instruction – CTGV (Cognition and Technology Group at Vanderbilt) 1997/ Haag &
Streber 2020
- Ausgangspunkt: Anker (= komplexe Problemsituation) als zentrales Kennzeichen der Theorie
- Verschiedene Gestaltungsmöglichkeiten des Ankers – Reimann & Mandl 2006
o Videobasiert, narrativ (abenteuerliche Geschichten), generativ (offenes Ende)
o Eingebettet (alle Daten zur Lösung in Geschichte), Problemkomplexität, Transfer (mehrere
Geschichten zum Thema; Flexbilisierung)
- Wissen wird von SuS aktiv in einem bestimmten Kontext selbst konstruiert
- Empfohlen: Bearbeitung in Gruppen: soziale Gemeinschaft à Austausch individueller Konstruktionen
- Bsp: Jasper Woodbury Problemlöseserie – CTGV 1991 à Protagonist mit alltäglichen, nicht klar definierten
Problemen konfrontiert
- Empirie
o Hickey, Moore & Pellegrino 2001: höhere Problemlösekompetenz
o CTGV 1991: Motivation, Ausdauer, überdurchschnittliche Leistungen, Transfer auf
68
außerschulische Probleme
o CTGV 1997: Notwendigkeit einer höheren Lenkungskomponente gerade bei
schwächeren SuS à z.B. vorstrukturierte ABs
Forschendes Lernen
- Ausgangspunkt für das Lernen: wissenschaftliches Problem, das die SuS lösen bzw. für das sie
eine Erklärung erarbeiten sollen.
- Schritte:
o Forschungsfragen entwickeln
o Hypothesen aufstellen
69
o Daten sammeln
o Daten interpretieren
o auf Basis dieser Daten Schlussfolgerungen ziehen
o Erkenntnisse im Klassenkontext berichten
- LK muss Durchführung anleiten
o durch Modellierung entsprechender Strategien
o durch elaboriertes Feedback
o Einsatz von vorstrukturierten Materialien
o SuS in Kleingruppen arbeiten lassen
o Kleingruppenarbeit instruktional anleiten
o direkte Instruktion auch möglich in einzelnen Phasen (bei mangelndem Vorwissen)
o PS-basierte Lernprogramme (z.B. Go-Lab)
- Komplette Selbststeuerung des Lernprozesses durch SuS meist nicht sinnvoll, auch wenn
Kritikerinnen und Kritiker dies häufig anzunehmen scheinen
- LK kann und soll sich an verschiedenen Punkten in den Lernprozess einschalten und für die
Lernenden vor allem als Coach und Begleiter, in Einzelfällen aber durchaus als Vermittler von
neuen Informationen fungieren
- Metaanalyse – z.B. Lazonder & Harmsen 2016: Effektivität forschenden Lernens kann durch
zusätzliche Strukturierung von Lernaktivitäten deutlich gesteigert werden
70
12.5 Lernen in Gruppen
à es ist wichtig eine Gruppe zu verstehen und beschreiben zu können, um sie besser steuern zu können, z.B. durch
Classroom Management
In der Klasse
- zufällige Gruppe von Kindern
- unterschiedliche Grade an Kontakt und Intimität unter den Gruppenmitgliedern
- immer mindestens einen „Anführer“ der Gruppe
- Interaktionen zwischen SuS: aufgabenbezogen, beziehungsbezogen, beides gleichzeitig
- Pseudogruppe: Schulklasse
o Diese Gruppe gibt es außerhalb der Schule nicht
o Normen herausfordernd aufgrund der Gruppengröße
o kein gemeinsames Ziel vorhanden (keine Kollektivnote) → kollektive Zielen, wie
Klassenklima und Zusammenhalt der Gruppe etablieren
Liegt vor, wenn ein Individuum eine Meinung äußert, die der öffentlichen Meinung entspricht, nicht
aber seiner eigenen Meinung.
71
- Nicht nur kognitive, sondern auch motivationale & emotionale Lernziele erreichbar
- Qualität & Anwendbarkeit des Wissens verbessern
- Sozialintegrative & gesellschaftspolitisch präventive Wirkung, auch Bewältigung von
Konflikten
Kooperative Arbeitstechniken: Fähigkeit zur Kommunikation & zur Gestaltung eines förderlichen
Klimas sowie zur Bewältigung von Konflikten
Motivationale Perspektive
- Gruppenbelohnungen als extrinsische Motivation
- Anreiz zur Kooperation durch Notwendigkeit der Kooperation
- Optimal: Verknüpfung von individuellen mit Gruppenbelohnungen
72
Perspektive der sozialen Kohäsion
- Zusammenhalt der Gruppen aus eigenem Antrieb (intrinsische Motivation)
- Strikte Ablehnung von Belohnungen
Beispiel: Gruppenpuzzle
Ablauf – Aronson, Blaney, Stephan, Rosenfield & Snapps 1977
- Stammgruppen
o Gms. Folgen der Einführung in neues Themengebiet durch LK
o Einführung Teilthemen: Unterteilung der SuS à sind dann Experten für jenes Thema
o Min. 1 Experte in jeder Gruppe
- Expertengruppen: 4-5 SuS beschäftigen sich intensiv mit Teilthema
- Rückkehr in Stammgruppen
o Aufgabe aller SuS: Thema dem Rest vorstellen & auf Fragen antworten
o Möglichkeit viel über Expertengebiete der anderen zu erfahren
Phasen – Clarke
1. Einführungsphase: heterogen zsmgesetzte Stammgruppen (4-6 P)
a. Jedes Stammgruppenmitglied übernimmt Verantwortung für ein Teilgebiet
2. Erarbeitungsphase: Themenspezialisten treffen sich zur Erarbeitung in Expertengruppen =
eigentliche Erarbeitung
3. Vermittlungsphase: Experten geben ihr Wissen in Stammgruppe weiter
4. Phase der Evaluation & Integration: Bearbeitung von Aufgaben zur Integration der Teile
Empirie
73
- Borsch et al. 2002: an 8 Schulen, je 3. Oder 4. Klasse 2 Wochen Gruppenpuzzle als U-
methode, Kontrollgruppe herkömmlich
o Ergebnisse
§ Höherer Wissenszuwachs von EG als KG à alle SuS profitieren unabhängig
von Vorwissen
§ SuS lernen am meisten in Gebieten, in denen sie selbst Experten waren
§ Besonders erfolgreich bei flexibler Organisationsform & pos. Klassenklima
- Wecker & Fischer 2014
o Positiver Einfluss auf Expertenthema
o Keine bis negative Effekte auf übrige Teilgebiete
Kooperationsskripts
à Vgl. Lernen mit Medien
Succer-Effect à „Ja-bin-ich-denn-der-Depp-Phänomen“
- Folge des Free-rider-effects
- Diejenigen, die Hauptlast der Arbeit haben, verärgert und verlieren Motivation
- Daher Projektplanung auf sorgfältige Verteilung der Aufgaben achten
Scheren-Effekt à „Da-mach-ich-es-doch-gleich-lieber-selbst-Phänomen“
- SuS mit höherer Motivation und besseren Eingangsvoraussetzungen übernehmen oft
Hauptarbeit, da Beiträge anderer nicht gut genug oder zu langsam
74
- Folge: diese arbeiten mehr und lernen mehr
„Das-kann-und-mag-ich-nicht-mach-du-Phänomen“
- Arbeit oft so aufgeteilt, dass diejenigen, die etwas Bestimmtes können, auch diese Arbeit
ausführen
- Folge: Vertiefen ihre Kenntnisse; was sie nicht können, lernen sie auch nicht
„Ich-habe-meinen-Teil-erledigt-Phänomen“
- Manche Gruppenmitglieder weigern sich, weitere Beiträge zu leisten, da sie der Meinung
sind, ihren Teil bereits geleistet zu haben
Empirie
- Hattie 2009: Effektstärke von d= .54 = mittel
- Rohrbeck et al 2003: v.a. schwächere SuS profitieren
- Rohrbeck et al. 2006: positive Auswirkungen auf soz. Komp., koop. V. & FSK
Personen bewältigen einfache und/ oder gut gelernte Aufgaben in Gruppen erfolgreicher, als wenn
sie alleine sind.
Bereits erlerntes und gut eingeübtes Verhalten kann in der Gegenwart anderer Menschen leichter
ausgeführt werden, wohingegen Verhalten, welches nicht eingeübt, besonders komplex oder
gänzlich neu ist, bei Anwesenheit vieler weiterer Personen weniger gut ausgeführt werden kann.
à Studie – Wolff et al. 2016: erfahrenere L können besser Aufmerksamkeit auf U-geschehen richten
bzw. dabei Wichtiges von Unwichtigem unterscheiden; weniger erfahrene L Aufmerksamkeit eher auf
Problem-SuS
13 Unterrichtsqualität
13.1 Modelle der Unterrichtsqualität
Definition Unterrichtsqualität – Weinert, Helmke & Schrader 1989
Metakonstrukt: jedes stabile Muster von Instruktionsverhalten, das als Ganzes oder durch einzelne
Komponenten die substantielle Vorhersage von Schulleistung erlaubt
78
- Multikriterialität (Unterricht verfolgt
unterschiedliche Ziele)
Ziele des Unterrichtens:
- Erwerb von Faktenwissen konzeptueller
Verstehensprozesse (= Erreichen kognitiver
Ziele)
- motivationale, volitionale und soziale Ziele:
Persönlichkeitsbildung und
fachübergreifende Ziele (Motivation,
Lernfreude, Interessensentwicklung,
positives FSK, Förderung von Kooperation
und Fairness)
- SCHOLASTIK-Studie – Helmke & Weinert 1997: Zielkonflikt (nicht automatisch alle Ziele im Einklang
miteinander) → LK bietet nur unzureichende Bedingungen für die beiden Aspekte
Kompetenzerwerb und Lernfreude (nur eins von beidem oder beides, aber auf unterschiedliche Weise)
→ Unterrichtsqualität nicht als DER richtige Weg zum Ziel
- Unterricht als Angebot von LK an SuS, das aber nicht automatisch in idealer Weise genutzt
wird
o Beeinflussung durch (meta-)kognitive, motivationale, soziale und kulturelle
Voraussetzungen der SuS
o SuS verantwortlich für Nutzung des Unterrichtsangebots und somit
mitverantwortlich für die Konstruktion ihres Wissens
- schulischer Erfolg als Produkt aus Zusammenspiel vieler Faktoren
- Erträge des Unterrichts (Stichwort: Multikriterialität)
o mehrdimensionale Lernergebnisse: fachliche Ergebnisse (Wissen und Können
bezüglich eines Faches) und überfachliche Ergebnisse (Lern- und
79
Problemlösestrategien)
o Persönlichkeits- und motivational-affektive Entwicklung
Definition Tiefenstrukturen:
Stärkere Interpretation des Unterrichtsgeschehens nötig. Fragen, die sich dem Betrachter hier stellen
sind z.B.: Wie kognitiv anregend ist der Unterricht? Gibt es eine „Fehlervermeidungskultur“? Wie
wertschätzend ist der Umgang miteinander?
- Sichtstrukturen und Tiefenstrukturen variieren oft unabhängig voneinander
- Studie – Hattie 2008: Erfolgreicher Unterricht hängt weniger von Merkmalen der Sicht- als
von Merkmalen der Tiefenstruktur ab
Studie: „One lesson is all you need?“ – Praetorius, Pauli, Reusser, Rakoczy & Klieme 2014
- Wie viele Unterrichtsbeobachtungen sind für eine verlässliche Aussage über Ausprägung der
drei Basisdimensionen nötig?
o Videobeobachtungen von Mathe-LK
o Anzahl der Beobachtungen nach Generalizability Theory - Shavelson 2004
- Ergebnisse
o Kognitive Aktivierung: gelungene kognitive Aktivierung kann in Folgestunde nicht
unbedingt erneut realisiert werden → 9 Beobachtungen notwendig
o Klassenführung: LK unterscheiden sich in hohem Maß an Qualität; wer
Klassenführung einmal erfolgreich umsetzt wird dies mit hoher Wahrscheinlichkeit
auch in Folgestunden tun → 1 Beobachtung
80
o Konstruktive Unterstützung: Verhalten der LK sehr stabil → 1 Beobachtung
- Klassenführung und Konstruktivistische Unterstützung unterliegen höherer Stabilität als
Kognitive Aktivierung
- Kognitive Aktivierung stärker stundenspezifisch
Klassenführung
Definition Klassenführung – Weinert 1996
Beschreibung, inwiefern die Lehrperson für einen strukturierten, klaren und störungspräventiven
Unterricht sorgt, um maximal mögliche Unterrichtszeit zur Auseinandersetzung mit Lerninhalten zu
gewährleisten.
- Zentrales Element für Berufszufriedenheit
- Mehr als Disziplinieren von Verhalten
- Maßnahmen der LK, damit SuS möglichst viel Lernzeit zur Verfügung steht (z.B.
Störungsprävention)
Lernförderliches Klassenklima
- LK sollte
o externe (sichtbare) Lernaktivitäten beobachten können
o interne (nicht sichtbare) Lernaktivitäten diagnostizieren können → Einräumen der
Möglichkeit, Lernprozesse öffentlich zu machen (aktives Beteiligen, Ideen äußern,
Erklärungen/ Fragen/ Probleme einbringen)
- Walshaw & Anthony 2008: Verantwortlichkeiten der SuS klären, Erwartungen transparent
machen
- wechselseitige wertschätzende Beziehung zwischen LK und SuS führt zu störungsarmem
Unterricht
- Lern- von Leistungssituationen trennen
82
- Informationsarm („Lass das“)
- Verhaltensbenennend („Nicht mit dem Nachbarn
sprechen“)
- Konstruktiv („Bitte konzentriere dich“)
Festigkeit: mit welcher Ernsthaftigkeit die LK die
Maßnahme vornimmt
→ „je mehr desto besser“ bei Klarheit und Festigkeit
Härte: gezeigtes Maß an Aggressivität
→ nur so weit, wie nötig Härte gebrauchen
Empirie
- Kunter et al. 2007: effiziente Klassenführung à günstige Lern-/Leistungsentwicklung
Kognitive Aktivierung
Definition Kognitive Aktivierung – Klieme et al. 2006
All diejenigen Maßnahmen, welche die Lehrperson unternimmt, um die SchülerInnen zur aktiven und
tiefergehenden Auseinandersetzung mit Lernmaterialien anzuregen.
à Qualitätsmerkmale:
Strukturiertheit
- systematisch organisierte und nachvollziehbar präsentierte Lerninhalte können schnell und
effizient verstanden und an Vorwissen angeknüpft werden
- Studien – Rakoczy et al. 2007, Seidel & Shavelson 2007: positiver Zusammenhang der
83
Strukturiertheit des Unterrichts mit der Leistungsentwicklung sowie dem motivationalen
Erleben der SuS
- Studie – Rakoczy, Klieme, Lipowsky & Drollinger-Vetter 2010: auf Klassenebene keine
Effekte, auf Individualebene: SuS mit wenig Vorwissen profitieren, kognitive Aktivität als
Prädiktor der Leistungsentw.
- Strukturierungsmaßnahmen – Lipowsky 2007
o Klarheit von Lernmaterial (z.B. Sprechgeschwindigkeit und -lautstärke, angemessenes Vokabular,
lesbar und übersichtliche Tafelanschriften)
o Explizite Orientierung an Lernzielen ermöglichen (Transparenz, Alltagsbezug)
à an Alter der SuS anpassen
o Gliedern, Zusammenfassen und Sichern (Teilschritte und -ergebnisse zusammenfassen und
explizit sichern)
Lehrerfragen
- Studie – Seidel 2011: Etwa ¾ der Unterrichtszeit ist fragend-entwickelndes Klassengespräch
(Muster – Mercer & Dawes 2014: Initiation - Response - Follow-up à nicht per se problematisch,
Lernförderlichkeit von Qualität abhängig, die maßgeblich durch Quali der L-Frage gesteuert)
- geschlossene Fragen: Erzwingt ein bestimmtes Stichwort → geringe Beteiligung, negative
Auswirkungen u.a. auf Lernmotivation
- offene, herausfordernde, verknüpfende Frage: regt SuS an, kognitive Aktivierung,
Verknüpfung mit Vorwissen
Fehlerkultur
- Trennung von Lern- und Leistungssituation
- konstruktives Fehlerklima – Steuer, Rosentritt-Brunn & Dresel2013
o Fehlertoleranz der Lehrkraft: Fehlertolerante Haltung verinnerlichen und
kommunizieren, dass Fehler nichts Schlimmes sind
o Bewertungsirrelevanz von Fehlern und Abwesenheit negativer Lehrkraftreaktionen:
Sicherheit, Fehler machen zu dürfen, ohne dass Bestrafung droht
o Das Risiko des Fehlers eingehen
o Analyse von Fehlern und Kommunikation über Fehler: LK sollte Fehler analysieren,
nachvollziehen und Lehrfunktionalität von Fehlern nutzen
o Lehrkraftunterstützung bei Fehlern: inhaltliche Hilfestellung und Strategievermittlung
o Abwesenheit negativer Mitschülerreaktionen: Unterbinden von Auslachen oder
herabsetzendes Kommentieren der Mitschüler nach Fehlern durch LK
84
Konstruktive Unterstützung
Definition Konstruktive Unterstützung – Klieme et al. 2006
Inwiefern Strukturen im Klassenzimmer implementiert sind, welche SuS für ihr Lernen Hinweise,
Begleitung und Hilfestellungen geben.
- Herstellung einer positiven L-S-Beziehung & S-S-Beziehung
- Herstellung eines lernförderlichen Klimas: individuell & kollektiv
- Empirie
o Helmke 2009: positive Fehlerkultur à lernförderliche Wirkung
o Helmke 1998: „Langsamkeitstoleranz“ = angemessenes U-tempo & Geduld der L
§ DESI-Studie – Helmke et al. 2008: 2 Tests, 9. Kl à 10% der L-fragen im Sinne
der Langsamkeitstoleranz
85
→ Veränderung von Unterrichtsqualität ist möglich, aber mit gewissen Herausforderungen
verbunden (Routine verändern)
Helmke 2006
Klassenführung Lernförderliches Klima
Klarheit & Strukturierung SuS-orientierung
Konsolidierung & Sicherung Kompetenzorientierung
Akitivierung Umgang mit Heterogenität
Motivierung Angebotsvariation
Aktivierung
- Kognitiv: tiefe Verarbeitung durch anspruchsvolle Lernstrategien; Formen kooperativen
86
Lernens
- Sozial: kooperatives Lernen
- Aktive Teilhabe der SuS
- Körperlich: Kontrast zu passiv-sitzender Lernhaltung
Kompetenzorientierung
Definition Kompetenz – Weinberg 2004
Umfasst, was ein Mensch wirklich kann und weiß, d.h. alle Fähigkeiten, Wissensbestände &
Denkmethoden, die ein Mensch in seinem Leben erwirbt und zur Verfügung hat. Damit impliziert der
Begriff auch ein individuelles Vermögen, Befähigung & Potenzial
- Output-Orientierung mit Einführung nationaler Bildungsstandards und Lehrplan PLUS an Bedeutung gewonnen
- Kompetenzorientierte Wissensprozesse ermöglichen es, SuS anwendbare & anschlussfähige
Kenntnisse und Fähigkeiten zu erwerben.
- viele Voraussetzungen zum Kompetenzerwerb erfüllt, wenn Basisdimensionen von
Unterricht umgesetzt werden
o Zielklarheit
o Selbstreguliertes Lernen
o Unterstützendes Klassenklima
- Wissen allein keine Kompetenz, aber Basis für Kompetenzerwerb
14 Medien im Unterricht
- 3 Funktionen wichtig bzgl. Erwerb von Wissen und Kompetenzen:
1) Informationen bereitstellen
2) individuelle Lernaktivitäten ermöglichen und unterstützen
3) Kommunikation und Kooperation ermöglichen und unterstützen
- Vermittlung von Wissen und Kompetenzen in zwei Phasen:
a) Phase der Erarbeitung, in der die Lernenden Informationen über die zu lernenden Inhalte
erhalten bzw. neue Handlungsweisen kennen lernen und erstmalig selbst ausführen
b) Phase der Festigung, in der diese Inhalte etwa angewandt oder wiederholt bzw. diese
Handlungsweisen geübt werden
- 5 relevante Aspekte
o Hardware (z.B. Beamer)
o Software (z.B. Videoform)
o Symbolsystem (Form der Vermittlung, z.B. Text)
o Angesprochene Sinnesmodalitäten
o Botschaft, die im Symbolsystem vermittelt wird
→ für jede Funktion können unterschiedliche Technologien eingesetzt werden z.B. Computer,
Smartphone
Metaanalyse – Clark 1983: Effekte des Einsatzes von Medien auf Lernerfolg
- Ergebnis
o Medieneffekte oft nicht feststellbar, wenn in Untersuchungen die eingesetzte U-
methode konstant gehalten wird
o Bei kurzer Intervention mit neuen Medien größer
à Vermutung: Effekt der Neuheit
- Argumentation nicht haltbar, aber bleibt bestehen, dass sich Medien auf Lernergebnisse
auswirken (auch wenn nur gering)
à Medien dürfen Lernende nicht zu anderen Aktivitäten anregen
90
- In Anlehnung an Cognitive Load Theory - Unterscheidung drei Arten kognitiver
Anforderungen – Mayer 2009
o Inhaltsbedingte kognitive Verarbeitung (essential cognitive processing):
§ Information wird im AG gehalten und entspricht vor allem dem
Verarbeitungsvorgang der Auswahl von Informationen.
§ Kognitive Belastung ist abhängig von der Komplexität des Lernmaterials und
dem themenbezogenen Vorwissen einer Person.
o Sachfremde kognitive Verarbeitung (extraneous cognitive Processing: jeder
Verarbeitungsvorgang, der nicht dem Lehrziel dient und auf mangelhafte
instruktionale Gestaltung des Lernmaterials zurückzuführen ist.
o Lernrelevante kognitive Verarbeitung (generative cognitive processing) umfasst alle
Verarbeitungsvorgänge, die der Sinnentnahme aus dem Lernmaterial dienen und vor
allem der Organisation und Integration entsprechen.
- Wenn einer der Kanäle durch die Gesamtheit dieser drei Arten von Verarbeitung überlastet
wird, wird weniger gelernt, als eigentlich möglich wäre.
- Weiteres Modell mit starker Ähnlichkeit: Integrierte Modell des Text- und Bildverstehens – Schnotz 2014
92
- Effektivität unterschiedlicher Kombinationen aus Text und Bildern:
Spielbasiertes Lernen
à besser: Einsatz von Medien, um Lernenden bei Lernaktivitäten zu unterstützen bzw. einfache
spielerische Komponenten zur Erweiterung der Lernaktivitäten
Group-Awareness-Tools
- Ziel: Steuerung und Koordination der Kooperationsaktivitäten der Gruppenmitglieder
- Definition Group-Awareness – Bodemer, Janssen & Schnaubert 2018:
Die Informationen, die Gruppenmitglieder über Aspekte einer Gruppe oder der übrigen
Gruppenmitglieder haben, z.B. deren Aufenthaltsort, Aktivitäten, Emotionen, Interessen oder
Wissen.
Kooperationsskripts
- geeignet, wenn unangemessene Steuerung und Koordination von Kooperationsaktivitäten
auf mangelnde Fähigkeiten in angemessenen Kooperationsaktivitäten beruhen
- Unterstützungsmaßnahme
96
- Definition Kooperationsskript aus Fischer, Kollar, Stegmann & Wegemann 2013
Aptitude Treatment Interaction (ATI) – Cronbach & Snow 1977: (Wirksam für wen?)
à Vgl. U-quali
Professionswissen
= konzeptueller Hintergrund, vor dem Lehrerhandeln eingeordnet und bewertet werden kann
- Inhalte des professionellen Wissens explizit in den Curricula der Lehramtsstudiengänge zu
finden
- Unterteilung in fachbezogene und fachunabhängige Aspekte des Professionswissens
98
o Fachbezogen: fest im Curriculum verankert
Berufliche Überzeugungen
Definition Professionelle Überzeugungen aus Urhahne, Dresel & Fischer 2019
Schul- und unterrichtsbezogene Vorstellungen und Annahmen, die eine bewertende Komponente
beinhalten. Der übergeordnete Begriff der Überzeugungen (engl. beliefs) beinhaltet auch
Einstellungen und Werthaltungen, die sich auf Schule und Unterricht beziehen. Überzeugungen sind
subjektiv; dennoch sind Personen, die eine bestimmte Überzeugung haben, von ihrer Gültigkeit
bzw. Angemessenheit überzeugt.
- hohe Stabilität alter, tief verankerter Überzeugungen
- leichte Veränderbarkeit neu erworbener, isolierter Überzeugungen
- beeinflussen die Wahrnehmung und das Verhalten professionellen Handelns einer LK
- problematisch: Überzeugungen auf falschen Prämissen à stets Reflexion
- Unterscheidung – Fives & Buehl 2012
o Explizite Überzeugung: Bewusstheit der Überzeugung, Produkt gedanklicher
Auseinandersetzung mit einem Thema und entsprechenden Argumenten
o Implizite Überzeugung: individuelle Sozialisation und Lerngeschichte von Bedeutung,
eher stabil und schwer zu ändern
- Drei Funktionen von Überzeugungen – Fives & Buehl 2012
1. Überzeugungen als Filter für die Wahrnehmung (je nach Überzeugung nehmen LK Ereignisse
unterschiedlich wahr und gehen mit neuen Informationen anders um)
99
2. Überzeugungen liefern Rahmen, um beruflich Situationen einzuordnen und zu
bewerten
3. Überzeugungen können sich direkt auf das Verhalten der LK auswirken (mehr Zeit
investieren, wenn Überzeugung vom Nutzen)
Motivationale Orientierungen
- Motivation nötig, um Wissen und kompetente Handlungen zu äußern
- Beeinflusst Beurteilungen, Unterrichtsvorbereitung usw.
Selbstwirksamkeit
Einschätzung deiner LK darüber, wie gut es ihr gelingen kann, das Lernen und Verhalten ihrer SuS zu
unterstützen und zu fördern, und zwar auch bei vermeintlich schwierigen oder unmotivierten SuS.
Selbstregulative Fähigkeiten
100
Definition selbstregulativen Fähigkeiten von Lehrkräften – Klusmann 2011
Fähigkeiten, um im beruflichen Kontext effektiv mit den eigenen Ressourcen haushalten zu können.
Eine adaptive Selbstregulation wird dabei als Kombination aus hohem beruflichen Engagement (=
grundlegende Bereitschaft einer Person, Ressourcen in die Arbeit zu investieren) und hoher beruflicher
Widerstandsfähigkeit (Fähigkeit eines Individuums, sich von beruflichen Belangen zu distanzieren und
erfolgreich mit Misserfolgen umzugehen, d.h. Ressourcen zu schützen) gesehen
- Gesundheitstyp
o hohe selbstregulative Fähigkeiten
o anforderungsgerechtes Niveau beruflichen Engagements
o Fähigkeit sich von beruflichen Belangen zu distanzieren, um
Ressourcen zu schonen
→ optimaler Verhaltenstyp
- Risikotyp B: ungünstige Selbstregulation
- Schontyp: fehlendes nötiges Engagement macht es unmöglich berufliche Anforderungen langfristig zu meistern
- Risikotyp A: auf lange Sicht zum Erleben von Stress
- Empirische Befunde:
o Klusmann et. al. 2008: Risikotyp A und B höchste emotionale Erschöpfung und
geringste Arbeitszufriedenheit
o Klusmann et. al. 2008: Gesundheitstyp günstigsten Werte im beruflichen
Wohlbefinde
o Klusmann & Richter 2014: Emotionale Erschöpfung der LK zeigt negative
Auswirkungen auf Leistung der SuS
Studien: Wirksamkeit von Lehrerfortbildungen – Hattie 2009, Timperley et al. 2007, Yoon et al. 2007:
1. Ebene: Reaktionen der teilnehmenden LK → meist positive Einschätzungen von praxisnahen,
unterrichtsbezogenen Fortbildungen
2. Ebene: Wirkung einer Fortbildung, tatsächliche Änderungen in Kognition und Motivation →
entscheidend sind Qualitätsmerkmale der Fortbildung
3. Ebene: Veränderungen des Unterrichtsverhaltens → weniger große Effekte
4. Ebene: Wirkungen von Lehrerfortbildungen auf die Entwicklung der unterrichteten SuS →
mittelgroße Effekte
16 Emotionen
16.1 Was sind Emotionen?
à Emotionen wie Angst und Ärger haben großen Einfluss auf das Erleben und Verhalten
à Emotionen Teil der drei Steuerungsmechanismen für unser Verhalten
à Exkurs: 3 Arten der Verhaltenssteuerung (haben sich im Laufe der Evolution entwickelt mit Vergrößerung des Gehirns)
- Stammhirn: Steuerung durch Grundbedürfnisse, z.B. Hunger à wenig flexibel, eher mechanisches Aktivieren eines
Vs auf einen Reiz
- Limbisches System: Steuerung durch Emotionen, macht Situationen bewusst erlebbar, „Gefühle“, ermöglicht
Abschätzen des zukünftigen Ergebnisses (gut/schlecht) à flexibler, Gefühl nicht an bestimmte eine Situation
gekoppelt, sondern an sehr viele
- Neocortex: Steuerung durch kognitiv repräsentierte Ziele, erlaubt Auslösen von Emotionen durch bloße mentale
101
Vorstellung, Bewertung von Ereignissen
à Emotionen lösen Verhaltenstendenzen aus, der Knackpunkt ist differenzieren zu können, diese Tendenz in tatsächliches
Verhalten umzusetzen oder nicht à genau dies wird oft bei Förderung der emot. Komp. Trainiert (z.B. PFADE Programm –
Ampel Metapher)
Definition Affekt
Emotionszustand von kurzer intensiver Zeitdauer, der durch eine starke Verhaltenstendenz
charakterisiert ist.
à Emotion, welche nicht benannt werden kann
à gemeinsamer Kern, wenn viele Emotionswörter als ähnlich treffend eingeschätzt werden; Emotionswörter eigtl recht
unscharf
Basisemotionen
- emot. Gesichtsausdrücke kulturell übergreifend, Gesten nicht
- Gesichtsausdrücke evolutionären Hintergrund: bei Angst – Augen und Mund aufreißen à möglichst große
102
Sauerstoffzufuhr für optimale Reaktion; bei Ekel alle Öffnungen verschließen
Bewertungsemotionen
Selbstwertbezogene Emotionen
- emotionale Reaktion, je nachdem, ob selbstwertbezogener Standard erreicht wird oder nicht
- Neues Bedürfnis, sich als kompetent und tüchtig zu erleben (Leistungsmotiv)
- Standard nicht erreicht
o hätte erreicht werden können → Schuld (Aktivierung, Anschluss durch Wiedergutmachung)
o war unerreichbar → Scham (Deaktivierung, sozialer Rückzug)
- Entwicklung der Standards entweder übernommen ohne Reflexion (birgt Gefahren) oder reflektierend nach
eigenen Interessen erarbeitet (besser)
- Standard erreichen oder übertreffen → Stolz
- weder interne noch externe persönlich bedeutsame Standards → Langeweile à freie
Ressourcen nutzen für Kompetenzerweiterung zukünftiger Situationen
Individuelle Lerngeschichte
- Emotionale Lerngeschichte
= welche emotionalen Erfahrungen eine Person bisher mit Reizen gemacht hat (in
Alarmdatenbank mittels KK gespeichert)
- Kognitive Lerngeschichte
= welche Bewertungsgewohnheiten eine Person entwickelt hat
o emotionale Reaktionen sind abhängig von den subjektiven Überzeugungen, die eine
Person im Laufe ihres individuellen Lebens erworben hat, gespeist durch Übernahme
von Überzeugungen (Freunde oder Familie)
o Schule: bei Schuleintritt keine Prüfungsangst, durch empfundene Unkontrollierbarkeit und negativer
Bewertung entsteht Angst vor Prüfungen; Angst steigt im Laufe der Schulkarriere, da zu nehmend
negativer Wert und Unkontrollierbarkeit wahrgenommen
Themenbezogene Emotionen
104
- bezüglich Lerngegenstand
- Interesse und Ausmaß empfundener Autonomie, Kompetenz und sozialer Eingebundenheit
ausschlaggebend à negative Emotionen umso intensiver, je weniger diese erfüllt sind
- Aber auch vom Interesse unabhängiges Auslösen von Emotionen möglich, z.B. beim Lesen einer Geschichte
Soziale Emotionen
- Bsp.: Verachtung, Ärger, Zuneigung, Empathie
- Soziale Emotion und Leistung: Beurteilung eigener Leistung in Bezug auf die Leistungen
anderen → Stolz, Neid
- typischerweise entstehen soziale Emotionen eher unabhängig von Leistung
- Schule: relativ unabhängig vom Unterrichtsziel der Wissensvermittlung auch soziale Ziele in
den Fokus nehmen à sogar in Verfassung Bayerns festgeschrieben, Art. 131 Abs. 1 BV: „Die Schulen sollen
nicht nur Wissen und Können vermitteln, sondern auch Herz und Charakter bilden“
Schulunabhängige Emotionen
- Ursprung in außerschulischen Quellen (z.B. familiäre Probleme: Tod, Scheidung, Gewalt)
- deutliche, meist beeinträchtigende Wirkung auf Lernen und Leistung
Sobald die Vorbedingungen erfüllt sind, müssen vier Verarbeitungsstufen durchschritten werden:
1. Sensorisches Gedächtnis und Kurzzeitgedächtnis
a. Auswählen einiger weniger Rohdaten zur Weiterverarbeitung und Speicherung im
KZG
2. Auslösung automatischer Verhaltenstendenzen
= Emotionen beeinflussen, welcher der 2 Verarbeitungswege genutzt wird:
a. positive Stimmung → kein Problem existiert → automatischer Verarbeitungsweg (mit
ausgewählten Reizen bisher verknüpfte Verhaltenstendenzen werden automatisch aktiviert)
b. negative Stimmung → ein Problem existiert → reflexiver Verarbeitungsweg (Reize
werden unter Einbezug des bestehenden Wissens und rationaler Ziele genauer analysiert und bewertet)
3. Aktivierung und Modifikation von Wissen
= bisher wahrnehmungsnah repräsentierte Reize werden sprachlich rekodiert und in Bezug
auf bestehendes Wissen interpretiert
a. 2 durch Emotionen beeinflusste gegenläufige Tendenzen:
i. positive Stimmung → konvergentes Denken → wissensgetriebene
Verarbeitung (bestehendes Wissen aktivieren und die aktuellen Reizinformationen
diesbezüglich interpretieren)
ii. negative Stimmung → divergentes Denken → reizgetriebene Verarbeitung
(von bereits bestehendem Wissen absehen und die aktuelle Reizinformationen neu
abspeichern)
4. Umsetzung von Verhaltensintentionen
= Entwicklung bewusster Verhaltensintentionen und Umsetzung mittels planerischer und
kontrollierender Prozesse
a. Schulisches Beispiel: selbstregulatorisches Anwenden von Lernstrategien
b. 2 gegenläufige Anforderungen denen kognitives System optimal gerecht werden
muss:
i. Abschirmung im Moment (Verhaltensintention gegenüber aktuell ablenkenden Reizen
abschirmen)
ii. steigender Erregungsgrad der positiven und negativen Stimmung führt dazu,
dass ablenkende Reize weniger gut ausgeblendet werden können
iii. Abschirmung über die Zeit (Abschirmung darf über Zeit hinweg nicht zu stark
aufrechterhalten werden, um flexibel zu bleiben und rigides Verhalten zu vermeiden)
iv. je negativer die Stimmung, desto länger kann die Abschirmung über die Zeit
hinweg aufrechterhalten werden
Beispiel: Prüfungsangst
- Vorbedingung 1: erhöht wegen drohenden Misserfolgs
- Vorbedingung 2: mehr Angst à mehr irrelevante Gedanken à weniger verfügbare Ressourcen
- Phase 1: zwar genauere Verarbeitung, was Fehler vorbeugt; jedoch Fokus auf wenige Details à erschwert später
Ableiten von Zhs
106
- Phase 3: schneller neue Infos abgespeichert zu Ungunsten des vorhandenen; bei großem Vorwissen von Nachteil
Prüfungsangst
- Emotionen vor & während einer Leistungssituation
- Lern-/Leistungsemotionen wirken sich über 3 Wirkmechanismen auf Ergebnisse aus:
Kognitive Ressourcen, Lernstrategien, Motivation
Förderung
- Worry: kognitive Umstrukturierung, Gedankenkontrolle, Lern-/Prüfungsstrategien
- Emotionality: Entspannung, systematische Desensibilisierung
17 Motivation
17.1 Grundvorstellungen zur Motivation von Lernenden
Was ist Motivation?
Definition Motivation – Dresel & Lämmle 2001
Ein psychischer Prozess, der die Initiierung, Ausrichtung und Aufrechterhaltung, aber auch die
Steuerung, Qualität und Bewertung zielgerichteten Handelns beeinflusst.
- Handlungsantrieb als Motivation bezeichnet
- theoretisches Konstrukt, nicht direkt beobachtet, sondern nur durch Indikatoren erschließbar
- Im ganzen Handlungsverlauf von Relevanz: Initiierung, Ausrichtung, Ausführung und Bewertung
- Handlungsverlauf durch Rubikon-Modell der Handlungsphasen beschreiben – Achtziger &
Gollwitzer 2010
108
- Motivation im Handlungsverlauf ist beeinflusst von Merkmalen der Person (sind zeitlich stabile
motivationale Tendenzen und Überzeugungen) und der Situation (Bsp.: konstruktives Fehlerklima)
Aktuelle Motivation
- Umfasst eine Erwartungs-/Wertkomponente
- Bezieht sich auf kompletten Handlungsverlauf
- Hat Funktion, Handlungen zu initiieren, auszurichten, zu steuern, qualitätsvoll zu regulieren,
aufrechtzuerhalten & zu bewerten
- Ist beeinflusst von Merkmalen der Person & Situation & wirkt auf diese zurück
Ziele
- sind für das Lernverhalten und die Leistungen hoch bedeutsam
110
- Definition Ziele
Vorwegnahmen von Handlungsfolgen, die mehr oder weniger bewusst zustande kommen. Sie
beziehen sich auf zukünftige, angestrebte Handlungsergebnisse und beinhalten zugleich auch
eine kognitive Repräsentation dieser Handlungsfolgen
- Unterschiedliche Funktionen:
o initiieren Handlungen, mit denen sich die angestrebten Ergebnisse erreichen lassen;
geben dem Handeln eine Richtung
o strukturieren den Einsatz von Wissen, Fähigkeiten und Fertigkeiten
o stellen einen Maßstab zur Überwachung des Handlungsfortschritts und zur
Bewertung des Ergebnisses bereit
- Unterscheidung in:
o Lernziele: Lernprozess steht im Vordergrund
§ Annäherungslernziele: SuS strengen sich mehr
an und setzen verstärkt tiefenorientierte
Lernstrategien ein, reagieren angemessener
auf Fehler und Misserfolge und wählen
herausfordernde Aufgaben
o Performanzziele (Leistungsziele): antizipierte Wirkung auf
andere und der Vergleich eigener Leistungen mit der
Leistung anderer wirkt motivierend (meist konkrete
Adressaten, denen Kompetenz dargestellt werden soll)
§ Annäherungsperformanzziele: positiven
Selbsteinschätzungen, kurzfristig gute Leistungen (im Gegensatz zu
Annäherungslernzielen ungünstiger)
§ Vermeidungsperformanzziele: besonders ungünstig, da sie mit geringerer
Anstrengung, der Nutzung von oberflächlichen Lernstrategien, dem Erleben
von Prüfungsangst, Hilflosigkeit nach Misserfolg einhergehen
o Arbeitsvermeidungsziele: mit möglichst wenig Anstrengung vorgegebenen
Anforderungen zu genügen
§ Arbeitsvermeidungsziele verfolgen, weniger Interesse an Lerninhalten,
nutzen weniger effektive Lernstrategien und zeigen niedrigere Leistungen
→ SuS können gleichzeitig mehrere und in verschiedenen Fächern unterschiedliche Ziele verfolgen
- Leistungsmotiv
o am bedeutendsten für Lern- und Leistungssituationen
o Subkomponenten:
111
Hoffnung auf Erfolg: SuS wählen häufiger herausfordernde Aufgaben,
§
engagieren sich stärker und reagieren auf erbrachte Leistungen eher mit
Stolz → bessere Leistungen
§ Furcht vor Misserfolg: SuS sind darauf bedacht, sich nicht beschämt oder
blamiert zu fühlen; wählen häufiger einfach lösbare oder unlösbare
Aufgaben, um beschämende Misserfolge zu vermeiden
- Machtmotiv: an Einfluss gewinnen
o Präferenz für Kontrolle über soziale/gegenständliche Umwelt
o Ausgeprägt: Führung anderer
- Anschlussmotiv: neue Kontakte finden/Kontakte pflegen
o Ausgeprägt: präferieren Nähe, kooperieren, eher loyal
Attributionale Prozesse
- am Ende eines Handlungsverlaufs bewerten SuS ihr Handlungsergebnis und schreiben diese
bestimmten Ursachen dafür zu
- Ursachenzuschreibungen (Attributionen) beeinflussen, welche Emotionen erlebt werden und
Motivation für anschließende Handlungen wie z.B. nachfolgendes (Lern-)Verhalten
- Definition Attribution aus Urhahne, Dresel & Fischer 2019
Ursachen, die Individuen zur Erklärung von Ereignissen, Handlungen und Erlebnissen
(genereller: Effekten) in verschiedenen Lebensbereichen heranziehen.
zeitlich variabel
- Kontrollierbarkeit: Ursachenfaktor ist durch eigenes
& FSK
Setzen von Zielen und Herstellen einer motivations- und lernförderlichen Zielstruktur im Unterricht
- SMARTe Ziele zeigen besonders motivationale Wirkung
o Spezifisch: Ziele sollten konkret formuliert sein
§ Z.B. Heute Nachmittag wiederhole ich die Vokabeln aus Kapitel 3 des Englischbuches besser als
Heute Nachmittag lerne ich Englisch
o Messbar: Ziele sollten einen messbaren Standard enthalten
§ Z.B. Heute Nachmittag wiederhole ich die Vokabeln aus Kapitel 3 des Englischbuches, bis ich
eine bestimmte Anzahl an Vokabeln kann
o Anspruchsvoll: Ziele sollten individuell anspruchsvoll sein
§ Z.B. Heute Nachmittag wiederhole ich die Vokabeln aus Kapitel 3 des Englischbuches, bis ich
alle Vokabeln kann
o Realistisch: Ziele sollten individuell realistisch sein
§ Z.B. Heute Nachmittag wiederhole ich die Vokabeln aus Kapitel 3 des Englischbuches, bis ich
maximal 3 Vokabeln nicht kann
o Terminiert: Ziele sollten sich auf einen begrenzten zeitlichen Horizont beziehen
§ Z.B. Heute Nachmittag wiederhole ich die Vokabeln aus Kapitel 3 des Englischbuches, bis ich
maximal 3 Vokabeln nicht kann & zwar direkt nach den Hausaufgaben
- verschiedene Dimensionen instruktionalen Handelns von LK, die die Klassenzielstruktur
charakterisieren – Epstein & Ames: TARGET
o Forschung zwar noch lückenhaft, jedoch Einigkeit, dass hilfreich, U
motivationsförderlich zu gestalten
- abwechslungsreich, persönlich bedeutsam
Task (Aufgabenstellung) - individuell herausfordernd à leicht über Niveau, dennoch zu
bewältigen
- Strukturierung von Lernaktivitäten
- Entwicklungsbezogene Übertragung der Verantwortung
Authority (Autorität & Autonomie) - Möglichkeit für SuS, Entscheidungen zu treffen
- Möglichkeit die Wahl für Lernziele, -materialien etc.
- Von Anstrengung
Recognition (Anerkennung) - Von indiv. Verbesserungen
- Nicht leistungsstarke SuS bevorzugen
- Verwendung kooperativer Lernmethoden
Grouping (Gruppierung) - Leistungsheterogene Gruppen fördern gms. Erreichen von Zielen
- Kooperativ statt wettbewerbsorientiert
- Ausreichende Bearbeitungszeit
Timing (Zeit) - Lernzeit an Leistungsschwächeren orientieren
- Auch: eigenverantwortliche Zeitplanung bei Lernaktivitäten
Reattributionstrainings
- SuS lernen Erfolge und Misserfolge motivational günstig
zu erklären
- Motivationsabträgliche werden durch
motivationsförderliche Attributionen ersetzt
- Bsp. attributionales Feedback: Hausaufgaben,
Prüfungsergebnisse werden schriftlich/ mündlich (nicht in
Öffentlichkeit) mit günstigen Ursachenerklärungen
kommentiert
- Wirksamkeit empirisch belegt (z.B. Dresel & Ziegler 2006)
- unterrichtsbegleitende Kleingruppentrainings (zusätzlich
zum Unterricht) sind effektiver als unterrichtsintegrierte
- Im Erfolgsfall sind sowohl Anstrengungs- als auch
Fähigkeitsrückmeldungen nötig (bei Neuem erstere, wenn
hinreichen Wissen/Kompetenzen erworben zweitere)
18 Persönlichkeit
18.1 Selbstkonzept
Definition Selbstkonzept aus Urhahne, Dresel und Fischer 2019
Im weitesten Sinne selbstbezogenes Wissen, Überzeugungen und Bewertungen.
116
Hierarchisches Selbstkonzeptmodell – Shavelson, Hubner und Stanton 1976
Wie kompetent bin ich in der Wie gut fühle ich mich?
Schule?
- Bewertungen des Verhaltens in spezifischen Situationen wirken sich auf das zugehörige
Selbstkonzept aus, welche wiederum zu Veränderungen im allgemeinen Selbstkonzept
führen
- Selbstkonzeptbereiche nicht für alle Menschen gleichermaßen bedeutsam
- Auswirkung auf das allgemeine Selbstkonzept stärker, wenn dieser Bereich für die Person
besonders wichtig oder zentral
Studie – Gerlach 2006: Zunahme des sozialen Selbstkonzeptes von Klasse 3 bis 6.
- Das schulische Selbstkonzept sank beim Übergang zum Gymnasium, während es beim
Übergang zur Hauptschule stieg. → soziale Vergleiche beeinflussen Bewertung eigener
Leistungen (Big-Fish-Little- Pond-Effekt)
117
Studie – Cole et al. 2001
- Selbstkonzept des Aussehens Verbesserung des Selbstkonzepts bei Jungen und zeitweise
Absinken während der Pubertät bei Mädchen (Klasse 3 bis 11).
- Korrelative Stabilität bereichsspezifischer Selbstkonzepte in Grundschulalter recht hoch und
nimmt während der Schulzeit weiter zu
- Schul- oder Klassenwechsel, also Änderung der Vergleichsgruppe, führt zu vorübergehender
Abnahme der korrelativen Stabilität.
Fähigkeitsselbstkonzept
118
Definition FSK aus Urhahne, Dresel & Fischer 2019
beschreibt kognitive Repräsentationen eigener Fähigkeiten und Begabungen
Neurotizismus ↓ ↓
Extraversion ↑ ↑
Gewissenhaftigkeit →(unverändert) → ↑
Verträglichkeit → → ↑
Umwelteinflüsse
- Elternverhalten (Grenzen, Sensibilität und Wärme)
o Ungünstiges Elternverhalten dann negative Auswirkung, wenn Kind bereits
ungünstige Temperamentsmerkmale hat
- positive und negative Lebensereignisse als Vorhersage von Veränderungen à geringer
Zusammenhang und Lebensereignisse nur zum Teil fremdbestimmt
120
19 Kreativität
Definition Kreativität – Berk 2005
Fähigkeit, Arbeit zu produzieren, die originell, aber doch angemessen und natürlich ist.
- z.B. Finden einer Lösung einer Matheaufgabe, die L noch nicht in Sinn kam; Umfunktionieren eines Kartons zu
einem Auto
- Kreativität nicht nur Teilbereich der Intelligenz (im Sinne kreativen Problemlösens)
- Merkmale der Kreativität: Ideenreichtum, Improvisationstalent, Gedankenflüssigkeit und -
flexibilität, kreativen Problemlösern, Sensitivität für Probleme
- Bsp.: möglichst viele Verwendungszwecke für Alltagsgegenstände finden
Diagnostik
KVS-P (Kreativitätstest für Vorschul- und Schulkinder) – Krampen et al. 1996
- 4-12 Jahre
- Dauer: ca. 45 Min
- Einzeltest
- Inhalte: z.B. alternative Verwendungen, Bilderraten, Bewegungsimitationen etc.
- Probleme hinsichtlich der Gütekriterien
122
Überblick Diagnostik
Objektivität
Reliabilität
Gütekriterien
Validität
Nebengütenkriterien (Fairness etc.)
Schulleistungstest
Schulleistungsmessung,
Mündliche Prüfungen
Zensurengebung &
Schriftliche Prüfungen
Lernerfolgskontrolle
Beurteilen, Zensuren & Zeugnisse
Testmethoden
Beobachtungsverfahren
Gesprächsmethoden
Diagnostische Verfahren Dokumentanalyse
Beurteilungsverfahren
Fragebogen
Soziometrie
Intelligenztests
Schulfähigkeitsdiagnostik Einschulungdiagnostik
für versch. Schularten Lernfähigkeit
Konzentration & Aufmerksamkeit
Evaluation
123
20 Diagnostik und Schule
20.1 Zielsetzung des Schulsystems und Berufsaufgaben von L
3 Aufgaben des Schulsystems – Fend
1. Qualifikationsfunktion: Vermittlung von Fertigkeiten und Kenntnissen
2. Selektionsfunktion: Reproduktion der Sozialstruktur einer Gesellschaft (Schulabschluss à
gesell. Pos.)
3. Integrationsfunktion: Reproduktion von Normen und Werten etc.
à Stichwort: Chancengleichheit!
124
Prozessen und Schulleistungen familiären Kontext
Empirie
- Ingenkamp 1992/71: oft Hauptgütekriterien nicht erfüllt à zu sehr klassenintern bezogen
- Wild & Rost 1995: Genauigkeit unabhängig von Klassengröße
- Helmke & Schrader 1987: Kombi von hoher diagn. Kompetenz & guter Einsatz von
Strukturierungshilfen à positive Lerneffekte
125
21 Grundlagen und Kriterien der Diagnostik
Definition Diagnostik – Zimbardo 1988
Teilbereich der Psychologie, der sich mit der Theorie, der Konstruktion und der Analyse von
Diagnoseverfahren befasst. Diagnose ist dabei die Fragestellung des Vorhandenseins oder der Ausprägung
von psychologischen Merkmalen.
Rahmenbedingungen PPD
- Rechtlich: L dazu berechtigt SuS-Leistungen mittels Noten zu bewerten
o I-test: Sonderpädagogen, Beratungs-L, Psychologen
o Persönlichkeitstests: Psychologen
- Ethisch: Werkzeuge nur anwenden, wenn eigene diagnostische Kompetenz ausreicht
- Methodisch: Verfügbarkeit diagnostischer Erhebungs-/Auswahlverfahren
- Individueller & gesellschaftlicher Nutzen: vgl. Notengebung
126
21.2 Der diagnostische Prozess
Definition diagnostischer Prozess – Jäger 1986
Ablauf von Maßnahmen, um mit deren Hilfe – unter Anwendung diagnostischer Methoden – eine mit
diagnostischer Zielsetzung vorgegebene Fragestellung über eine Anzahl von Zwischenschritten so zu
beantworten, dass für einen Auftraggeber eine Entscheidungshilfe/ Entscheidung herbeigeführt wird
c. Auswahl von Indikatoren zum Prüfen der Hypothesen (z.B. Tests) ethisch vertretbar,
2. Durchführungsphase beantwortbar
a. eigentliche Untersuchung
b. Untersuchungsplan sinnvoll: Reihenfolge der eingesetzten Verfahren, Testzeiten,
Testleiter, Rückmeldungen
c. Auswertung der Verfahren und Bewertung der Ergebnisse
3. Integrationsphase
a. Nicht-Verwerfung (= Annahme) oder Verwerfung der Hypothesen auf Basis zuvor
festgelegter Kriterien
i. Bei psychischen Störungen Kriterien/teils Hypothesen durch ICD-10 oder DSM V gegeben
b. bei Widerspruch der Ergebnisse verschiedener Verfahren: höhere Gewichtszumessung eines Verfahrens
oder erneute Prüfung mit anderen Verfahren
c. abschließende Beantwortung der übergeordneten Fragestellung
i. falls Beantwortung nicht möglich: unter Berücksichtigung finanzieller und zeitlicher Ressourcen
neue Hypothesen generieren und überprüfen
Prozessdiagnostik
Normorientierte Diagnostik
- Ausprägung eines Merkmals in Bezug zu einer Vergleichsgruppe
- zentral: sozialen Bezugsnorm (Vergleich mit statistischen Bezugswerten)
- Bsp.: IQ-Werte (normierte Werte, da Vergleich von Testwerten mit Vergleichsgruppe)
Selektionsdiagnostik
Modifikationsdiagnostik
- Ziel: Einholen von Informationen über notwendige Veränderungen
- Modifikation von Verhalten:
o z.B. Gebrauch ungeeigneter Lernstrategien (diese Info wurde durch Modifikationsdiagnostik eingeholt)
- Veränderung von Bedingungen:
o Z.B. Lehrmethode für SuS nicht geeignet à Modifikationsdiagnostik bildet Grundlage für
Bedingungsselektion
- Verhaltensmodifikation = an Person ansetzen
- Bedingungsmodifikation = an äußeren Bedingungen ansetzen
Kriteriumsorientierte Diagnostik
128
- Ausprägung eines Merkmals wird in Bezug zu einem Kriterium gesetzt
- zentral: sachliche oder kriteriale Bezugsnorm (Kriterium wird in der Sache selbst begründet)
- Bsp.: PISA (Kriterien: Kompetenzen zum Anwenden von Wissen und Lösen von Problemen in Mathe,
Naturwissenschaften und Lesen); Erreichen bestimmter Punktzahl notwendig
Standardisierte Dia: Diagnoseverfahren auf alle Personen einer ausgewählten, genau beschriebenen
Stichprobe in gleicher Weise und unter vergleichbaren Bedingungen angewendet (hohe Objektivität)
Nicht-standardisierte Dia: Personen werden subjektiv bewertet (z.B. mdl. Prüfung); keine große Gruppe,
keinen gleichen Bedingungen, nicht in gleicher Weise
21.7 Bezugsnormen
Drei Arten von Bezugsnormen - Rheinberg 2006
- kriteriale (sachliche): genügt Messwert von SuS einem vorher bestimmten inhaltlichen
Kriterium
o sachlich, lernzielorientiert, objektiv, vorher definierter Anforderungskatalog
o BayEUG Art. 52: durch Staat geforderte Bezugsnorm à vom Gesetzgeber vorgeschrieben
- soziale: ist Messwert im Vergleich zu einer Bezugsgruppe verortet
o Bei standardisierten Tests oder Verfahren
o Empirie:
§ Möller 2004: Big-Fish-Little Pond-Effekt
§ Krampen 1987: ungünstige motivationale Entwicklung bei
Leistungsschwächeren
- individuelle: hat Messwert sich im Vergleich zu früheren Messungen verändert
o päd. Norm, Anwendung FS, LRS
129
o Empirie:
§ Hanel & Krug 1976: erfolgszuversichtliche Leistungsmotivationsentwicklung
§ Köller 2004: bessere Selbsteinschätzung, besseres FSK
Forderungen an Gütekriterien
- Testdurchführung: Transparenz, Zumutbarkeit, Störanfälligkeit, Verfälschbarkeit
- Testauswertung: Auswertungsobjektivität, Reliabilität, Validität, Bandbreite,
Änderungssensitivität, Informationsausschöpfung
- Testevaluation: Ökonomie, Fairness, Akzeptanz, Vergleichbarkeit, Bewährung
22. 1 Objektivität
Definition Objektivität – Lienert 1967
Grad, in dem die Ergebnisse eines Tests unabhängig vom Testleiter sind.
- formales Kriterium, sagt nichts über Inhalt aus
Durchführungsobjektivität
- Gleiche Bedingungen für alle Prüflinge & die Untersuchung soll unabhängig von zufälligen &
130
systematischen Verhaltensvariationen des Untersuchers sein
- Inwieweit Ergebnisse eines Tests von der Person des Versuchsleiters unabhängig sind
- Einflussfaktoren
o Situative Faktoren: Tageszeit, Hilfsmittel, Instruktion, Lärm
o Personale Faktoren: Ermüdung, vorherige Beschäftigung
- Positiv: wenn Testleiter vertraute Person & angenehme Atmosphäre
- Herstellen von Durchführungsobjektivität
o Vereinheitlichung der Aufgabenstellung: Bearbeitungszeit, Erläuterung der Aufgabe,
zulässige Hilfsmittel
o Gleiche Instruktionen für alle Prüflinge
o Strikte Beachtung von Verfahrensregeln
- Schwierigkeiten
o Personale Faktoren schwer beeinflussbar (z.B. Prüfungsangst) à nicht alles
standardisierbar
o Verstehensprobleme beim Vortragen der Anweisungen
à schriftliche Anweisungen besser als mündliche Anweisungen
o Mündliche Prüfung: Durchführungsobjektivität automatisch geringer
- Bsp.: mehrere LK geben unterschiedliche mündliche Hilfestellungen → Durchführungsobjektivität verringert
Auswertungsobjektivität
Definition Auswertungsobjektivität – Lienert 1967
Grad, in dem die Ergebnisse eines Tests unabhängig vom Testleiter sind.
Interpretationsobjektivität
- jede auswertende Person soll die Ergebnisse gleich interpretieren
- Herstellung von Interpretationsobjektivität
o Erleichterung durch Normtabelle einer Vergleichsstichprobe
o Daumenregel zur Notengebung: Punkte zusammenzählen, dass sich für Noten
Normverteilung ergibt/positive Bewertung ab Erreichung von min. 50%
o Möglichst umfassende Dokumentationen von Datenerhebung/-analysen
o Feste Regeln für Schlussfolgerungen (z.B. normierte Leistungstests, Fragebögen etc.)
- Schwierigkeiten
o Je unterschiedlicher & zahlreicher Infos sind, desto schwieriger ist es, sie objektiv zu
interpretieren
131
o Entschluss eines Testleiters aufgrund von Intuition & Erfahrung
- z.B. 2 LK interpretieren Leistung eines S in einem Test als überdurchschnittlich (weil sie Vergleichsstichprobe als
Bezugssystem haben)
22.2 Reliabilität
Definition Reliabilität – Lienert 1967
Grad der Genauigkeit, mit der ein Test ein bestimmtes Persönlichkeits- oder Verhaltensmerkmal misst.
- formales Kriterium, sagt nichts über Inhalt aus
- Zuverlässigkeitskoeffizient r: gibt an, in welchem Maß unter gleichen Bedingungen die
gewonnenen Messwerte einer Person übereinstimmen - Lienert & Raatz 1998
o r = +1 à positive Korrelation (je größer, desto größer)
o r = 0 à kein Zusammenhang
o r = -1 à negative Korrelation (je größer, desto kleiner)
- Reliabilität wird geschätzt nicht gemessen!
Retestmethode
- Merkmal wird zu 2 Messzeitpunkten gemessen und die Korrelation der Messwerte als
Schätzung für die Reliabilität genutzt
- hohe Korrelation bedeutet hohe Reliabilität
- Messwert – Koeffizient der zeitlichen Stabilität: gibt Auskunft über die Stabilität der
Testergebnisse über die Zeit hinweg
- Gleiche Aufgabe von gleichen Personen zu verschiedenen Zeitpunkten bearbeiten lassen
- Schwierigkeiten
o Gedächtniseffekte möglich (Erinnerung)
o Anwendung bei Leistungsmessung selten, da Übungseffekte die Messung verfälschen
o Zeit zwischen beiden Tests
o Merkmal sollte dafür allerdings auch stabil sein! (gut: Intelligenz, schlecht: Stimmung)
Paralleltestmethode
- Min. 2 Paralleltests zu einem Messzeitpunkt
o Gleichzeitig, unmittelbar nacheinander oder mit zeitlichem Abstand
- Korrelation zwischen den Gesamttestwerten der beiden Formen wird berechnet
- Messwert – Äquivalenzkoeffizient: gibt an, wie gleichwertig die beiden Tests sind
- Unterschiedliche Items hinsichtlich der Formulierung, nicht jedoch bezüglich des zu
messenden Merkmals
- Voraussetzung: Parallelformen eines Verfahrens verfügbar
- Schwierigkeiten:
o mehr Aufwand
o kaum 2 Tests möglich wegen Behaltenseffekt
o Gleichwertigkeit mehrerer verschiedener Tests kaum möglich
132
- Z.B. Gruppe A und B bei Schulaufgaben
Konsistenzmethode
- Zusammenhänge (Kovarianzen oder Korrelationen) zwischen einzelnen Items zu einem
Messzeitpunkt werden betrachtet
- Zerlegung eines Tests in einzelne Items
o Sinnvoll, wenn diagnostisches Verfahren aus mehreren Items besteht, welches
dieselben Fähigkeiten misst
o Nicht sinnvoll, wenn Verfahren aus strukturähnlichen, heterogenen Items besteht
(Retest eher geeignet)
- Messwert - Homogenitätskoeffizient
- Reliabilität sehr hoch, wenn viele Items mit nur unterschiedlichen Formulierungen
verwendet à Gefahr, dass nur ein Ausschnitt des Merkmals abgebildet wird à geringere
Inhaltsvalidität
- Schwierigkeit: Instrument muss homogen sein (keine unterschiedlichenThemen/Lernzielhierarchien)
Testhalbierungsmethode = Split-Half-Methode
- Spezialfall der Konsistenzmethode
- 1 Test wird auf bestimmte Art in 2 Teil aufgeteilt (z.B. Odd-Even-Aufteilung: gerade und ungerade
Reihungsnummer)
- 1 Testdurchgang, halbierte und getrennte Auswertung
o Z.B. Speedtest – erste Viertelstunde (Geschwindigkeit wichtig) vs. Zweite; Powertest – Odd-even-
Methode (Aufgaben mit Schwierigkeitsgrad)
o Korrelation zwischen den Testhälften wird berechnet und mit Korrekturformel
ausgewertet (da nur halb so lang wie Gesamttest)
- Messwert – Koeffizient der internen Konsistenz: Überprüfung, ob beide Testhälften
gleichwertig
- Schwierigkeiten
o Items müssen homogen sein, d.h. keine Staffelung nach Schwierigkeit
o Aufmerksamkeitsschwankungen über längere Zeit führen jedoch dazu, dass
Fehlerkomponenten beider Testhälften miteinander korrelieren (Widerspruch zur klass.
Testtheorie)
- Vorteil: Übungs- und Ermüdungseffekte sind gleichmäßig auf beide Testteile aufgeteilt
Inhaltsvalidität
- Test/Items repräsentieren das zu messende Merkmal optimal à Test selbst optimales Kriterium für
Merkmal
- hohe Inhaltsvalidität: einzelne Items sollen zu erfassendes Merkmal umfassend
repräsentieren
- Überprüfung durch z.B. Arbeitsdefinitionen, genaue Charakterisierung des Merkmals,
Expertenurteile (eingesetzt bei PISA), curriculare Validität (Item- und Testinhalte stimmen
mit Lehrplan überein)
- Zentral in Schule
o Valider Test muss repräsentative Stichprobe derjenigen U-inhalte umfassen, deren
Kenntnis es zu prüfen gilt
o L muss vorher inhaltliche Analyse durchführen
§ Z.B. Diagnostiziert der Test, inwieweit U-ziele erreicht wurden?
- keine numerische Abbildung möglich
- auf Basis der Teilaspekte und Definitionselemente werden Items generiert
- Schwierigkeit: schwer herzustellen (z.B. Leseleistung in Mathe)
- z.B. Test über Groß-/Kleinschreibung à dürfen keine Schwierigkeiten wie Schreibung von i, ie, ieh eingebaut sein
Konstruktvalidität
Definition Konstrukt – Köck & Ott 1997
„Als Konstrukt wird ein angenommener, vermuteter Zustand oder Vorgang bezeichnet, der selbst nicht
unmittelbar beobachtet werden kann, sondern hinsichtlich der Richtigkeit oder Falschheit der Annahme
lediglich aus seiner Wirkung und Folgen erschlossen werden kann.“
- es soll quantifiziert werden, ob Verfahren das Konstrukt misst, was es vorgibt zu messen
- Erfassung nur durch Erstellung von Theorien möglich, die festlegen, wodurch sich Konstrukte
in beobachtbarer Ebene zeigen
- Konstruktvalide, wenn tatsächlich gefundene Beziehungen mit theoretischem Merkmal hohe
Übereinstimmung zeigt
Schwierigkeit
- Konstrukte nicht direkt beobachtbar: typische Kennzeichen schwer festzustellen
- Verfälschungstendenzen (z.B. soziale Erwünschtheit)
- Simulationen (z.B. mit Absicht Rechtschreibfehler)
- Eigenschaften des Messinstruments (z.B. unklare Formulierungen)
Kriteriumsvalidität/empirische Validität
- Vorhersagekraft des Ergebnisses für spätere und andere Leistungen
- Innere Validität: Kriterium selbst ist ein Test
- Äußere Validität: Kriterium ist kein Test, sondern ein anderer Verhaltensaspekt
Schwierigkeit
- ein Test, der Verhalten zu 100% vorhersagen kann, kaum konstruierbar
- z.B. Intelligenzverfahren: Prognose für Schullaufbahn
o Ende Grundschule: gute Validitätskoeffizienten à Stichprobe gesamte SuS-
population
135
o Anfang Gymnasium: keine gute Validitätskoeffzienten à Stichprobe homogen
22.5 Nebengütekriterien
= Qualitätskriterien; Erfüllung nicht notwendig, aber wünschenswert
Normierung
Definition Normierung – Heckhausen 1974
Standard, mit dem ein Resultat verglichen wird, wenn man es als Leistung wahrnehmen & bewerten
will.
- Einordnung in Bezugssystem
- Meist Anwendung einer sozialen Bezugsgruppe (am besten Gleichaltrige oder Gruppe mit gleichem
Level, z.B. Intelligenztests)
- Sollte aktuell sein, randomisierte Stichprobe (verkleinertes Bild der Gesamtheit)
- Erstellung eines Vergleichssystems mittels einer Normstichprobe
o Normierung, um Verhalten vergleichen & objektiv bewerten zu können
136
- wichtige Normwertsysteme/Normskalen:
Vergleichbarkeit
- Übereinstimmung mit ähnlichen Verfahren lässt sich untersuchen
- Tests vergleichbar, wenn
o eine/mehrere Paralleltestformen vorhanden
o validitätsähnliche Tests verfügbar
- z.B. als LK Test mit Gruppe A und B erstellen, um abschreiben zu verhindern, da sich Formulierungen der Items
leicht unterscheiden
Ökonomie
- einfache und schnelle Handhabung
- Lienert 1967
o Kurze Durchführungszeit
o Wenig Materialverbrauch
o Einfachheit der Handhabung
o Als Gruppentest durchführbar
o Schnell/bequem auswertbar
- ökonomische Abwägungen nicht isoliert erfolgen lassen
- z.B. Minimierung der Kosten abhängig von mehreren Faktoren, wie Zweck, Wichtigkeit der Untersuchung,
Verfügbarkeit anderer Verfahren usw.
Nützlichkeit
- Lienert 1967: gegeben, wenn Merkmal gemessen wird, welches für eine Untersuchung
relevant ist
- Praktische Relevanz
- z.B. neuer Intelligenztest kann nützlich sein, wenn er mit den bestehenden verglichen wurde und dadurch besser
zur Vorhersage schulischer Leistungen ist
Zumutbarkeit
- Testkuratorium 1986: wenn getestete Person durch Verfahren nicht unnötig belastet wird –
137
hinsichtlich Zeit, körperlich und psychisch
- z.B. bei vielen zeitintensiven Subtests à Verteilung auf mehrere Tage
Fairness
- wenn gewonnene Messwerte nicht systematisch zur Benachteiligung bestimmter Gruppen
führen
- z.B. Durchführung eines sprachabhängigen Deutschtest bei Nicht-Muttersprachlern
- umgekehrt: vorhandene Gruppenunterschiede nicht automatisch Unfairness, sondern kann
auch tatsächlich bestehende Unterschiede wiederspiegeln à ermöglicht beispielsweise
besseres Umgehen, wenn Unterschiede bekannt
- Schwierigkeit: Kulturunabhängigkeit schwer erreichbar
Akzeptanz
- Verfahren von Öffentlichkeit anerkannt
- Meinungen/Bewertungen/gesellschaftspolit. Überzeugungen gegen/für einen Test
Nicht-Verfälschbarkeit
- zu testende Person darf nicht in der Lage sein, die Ergebnis in eine bestimmte Richtung zu
verfälschen/verzerren
- i. R. jedoch willentliche Beeinflussung durch Testpersonen möglich
o v.a. Verzerrung durch soziale Erwünschtheit bei Fragebögen/Interviews und Co
o soziale Erwünschtheit = Tendenz, auf Selbstberichtsfragen eher konform mit sozialen Normen als authentisch zu
antworten
23 Pädagogisch-diagnostische Verfahren
23.1 Tests
Definition Test – Wierzerkowski & Schumann 1982
Als Test lassen sich allgemein alle kontrollierten Situationen bezeichnen, in denen
- Ein diagnostisch relevantes Verfahren durch standardisierte Reize ausgelöst wird und für die
- Eine Interpretationsvorschrift besteht, die den beabsichtigten Rückschluss von beobachteten
Verhalten auf die Existenz & Ausprägung von Fähigkeiten, Eigenschaften usw. der
Persönlichkeit ermöglicht.
138
- Testmaterial: Papier-/Bleistift, Manipulationstests, Materialbearbeitungstests
- Verwendung der Sprache: verbal/non-verbal
- Einzel-/Gruppentest
- Ein-/mehrdimensionale Verfahren: 1 Test/mehrere Subtests
- Art des provozierten Verhaltens: Test, die zu typischen oder maximalen Verhalten führen
- Strukturiertheitsgrad: hoch/niedrig
- Geschwindigkeits-/Niveautests
- Gebundene/freie Antworttypen
- Inhaltliche Gesichtspunkte: Intelligenz- & Persönlichkeitstests
- Testprinzip; projektiv/psychometrisch
- Apitude/Achievement Tests
- Objektive/subjektive Tests
- Prüfende/entfaltende Tests
- Schulleistungstests: Zielsetzung, Art der Normierung, inhaltliche Unterscheidung
Klassische Testtheorie Konstrukt ist durch Test direkt messbar; zwar mit Messfehlern behaftet, bildet
aber Merkmal ab
- Zentrale Fragen nach Hauptgütekriterien - Langfeldt 1984
o Testwert durch zufällige Einflüsse? Sagt der Test etwas über die Rechtschreibfähigkeit des Schülers aus?
Testwert aufgrund vergleichbarer kontrollierter Umstände?
Item-Response-Theorie
fokussiert auf einzelne Items, nicht Test allgemein
-Probabilistische
ProbalistischeTesttheorie
Testtheorie--> Wahrscheinlichkeit, mit wie hoher Wsk. tritt gemessene Eigenschaft zu
- Fokus auf Zustandekommen von Antworten auf einzelne Fragen (nicht gesamten Test)
- Neuerungen
o Populationsunabhängiges messen
o Computerbasiertes adaptives Testen
o Veränderungsmessung
- Vergleich der Testergebnisse à neue Möglichkeiten für Diagnostik und Erforschung von
Lernvoraussetzungen und -ergebnissen
- Noch nicht in Praxis durchgesetzt
Psychometrische Persönlichkeitstests
Informell
- spezifischere Anliegen (deshalb auch von LK erstellt, z.B. Wissensniveau der SuS)
- nicht normiert
- Erstellung orientiert sich an Konstruktion formeller Tests, genügen deshalb auch oft den
Gütekriterien
- Zugehörig: lehrzielorientierte Tests, die Erreichen eines Lehrziels messen sollen
23.2 Gesprächsmethoden
Definition Gespräch - Fisseni 2004
Vorgehensweise der Informationssuche, bei der der Proband durch gezielte Fragen zu Angaben
über sich und sein Umfeld angregt werden soll
Anamnese
Definition: Anamnese - Schraml 1964
Ist das Insgesamt der Mitteilungen eines Probanden oder einer wesentlichen Bezugsperson über
seine Persönlichkeit, Lebensgeschichte, soziale Bezüge, Erlebnisse, Handlungen, Einstellungen und
Wünsche im Allgemeinen oder in speziellen Bereichen
Exploration
Definition: Exploration - Undeutsch 1983
Interviews
Definition Interview - Scheuch 1962
Unter Interview als Forschungsinstrument versteht man ein planmäßiges Vorgehen mit
wissenschaftlicher Zielsetzung, bei dem die Versuchsperson durch eine Reihe gezielter Fragen oder
mitgeteilter Stimuli zu verbalen Informationen veranlasst werden soll
- Erheben objektive (Fakten, Angaben zur Person) und subjektive Daten (Meinung, Einstellung)
- Explorativer Einsatz möglich à je nach Art des Interviews spezifischere Sammlung an Infos
- Alltägliches Verständnis: zur mündlichen Gewinnung diagnostisch relevanter Informationen
o Im diagnostischen Sinne jedoch Sammlung von diagnostisch relevanten Infos
- Z.B. Bullying- & Viktimierungsfragebogen - Marées & Petermann 2010: ermittelt
Betroffenheit von Bubllying der 4-10 Jährigen
Konstruktionshinweise
142
- Schmidt-Atzert & Amelang 2012: Leitfaden zentral, Fragen generieren (Themenblock à
Fragen), Details; Techniken der Gesprächsführung (z.B. aktives Zuhören)
- Westhoff & Kluck 2014: Bezug zu konkretem Verhalten, möglichst kurz, nur einen Aspekt
ansprechen, keine Fachbegriffe/Fremdwörter à je nach Zielgruppe Abänderungen
Selbstdarstellungstechniken
- Dimensionen - Tedeschi et al. 1985
o Strategisch (Anstreben situationsübergreifender Ziele) vs. Taktisch (kurzfristig, situationsspezifische
Wirkung)
o Assertiv (Aktives Gestalten, Durchsetzungsfähigkeit in soz. Sit.) vs. Defensiv (Verteidigungs-
/Schutztechniken bei Bedrohung über eigene Identität)
- Techniken - Jones & Pittman 1982
o Integration/Einschmeicheln: eigene Kompetenz übertreiben
o Einschüchterung: Androhung neg. Konsequenzen
o Selbstbeförderung: Einschätzung der eigenen Person soll beim anderen besser sein
o Exemplifikation: sich als moralisch besonders integer darstellen
o Demut: eigene Schwäche und Abhängigkeit betonen
Bewusste Lüge
Beobachtungsstichproben
à vor Verhaltensbeobachtung: Festlegung in welchen Einheiten Verhalten analysiert werden soll
Time sampling
- Zeitstichproben
- spezifische Verhaltensweisen in festgelegtem Zeitintervall erfasst
- anschließende Häufigkeitsregistrierung und Interpretation
Event sampling
- Ereignisstichproben
- zusätzlich Dauer des Verhaltens
- insbesondere dann gut, wenn Verhaltensweisen selten sind
Niedrig-inferente Beobachtungsmethoden
- Beobachter muss nur wenig Schlussfolgerungen (Inferenzen) ziehen
- Häufig Zeichen- (nur Auftreten oder Nicht-Auftreten quantifiziert; ggf. Dauer) und Kategoriensysteme
(Zuordnung zu verschiedenen Kategorien; differenzierteres Erfassen von Verhalten)
o Quantifizierung in Codes
Hoch-inferente Beobachtungsmethoden
Unterrichtsbeobachtung/Interaktionsdiagnostik
Definition Interaktion – Mertens & Seiler 1978
Der Begriff „Interaktion“ bezeichnet sowohl direkte Begegnungen als auch indirekte soziale
Beziehungen von Individuen, in denen diese Handlungen wechselseitig aufeinander abstimmten […]
145
Definition Interaktionsanalysen - Lukesch 1998
Beobachtungssystem/Interaktions-Analyse-Systeme
Definition Beobachtungssystem - Krohne & Hoch 2007
Unter einem Beobachtungssystem/Kodierschema versteht man eine Menge von Regeln, die
spezifieren, welche Verhaltensaspekte jeweils beachtet und registriert werden müssen
Kategoriensystem
- Abstrakt, theoriebasiert
- Umfasst gesamtes Verhaltensspektrum à keine Überlappungen/Überschneidungen
- Für jedes auftretende Verhalten ist ein Code vorgesehen
- Man erhält ein vollständiges Protokoll des Geschehens
- FIAC (Flanders Interaction Analysis Categorie) - Flander 1970
o Für Schule
o 10 Kategorien (Dimensionen: L/SuS; aktiv/passiv)
- Akzeptiert Gefühle (L passiv) - Gibt Anweisungen (L aktiv)
- Lobt und ermutigt (L passiv) - Kritisiert/rechtfertigt Autorität (L
- Akzeptiert oder verwendet SuS- aktiv)
Ideen (L passiv) - SuS-Rede: Antwort (SuS passiv)
- Stellt Fragen (L aktiv/passiv) - SuS-Rede: Initiierung (SuS aktiv)
- Lehrervortrag (L aktiv) - Stille und Verwirrung (SuS
aktiv/passiv)
o Timesampling: alle 3 Sek.
o Eintragen der Ergebnisse in 10x10 Matrix à Ablesen des Interaktionsverlaufs
146
o Kritik
§ Ungleichgewicht zwischen L- und SuS-Kategorien
§ Verhaltenskategorien à keine individuelle Auswertung
§ Gutes System, um Rückmeldung über U zu erhalten à geschulte Beobachter
nötig
Zeichensystem
- Konkret, wenig theoretisch fundiert
- Time sampling: 3-5 Min. (relativ kurz)
- Wichtig bei Indexsystem
o Kategorien können mehrmals auftreten
o Müssen nicht alle Kategorien vorkommen
- Umfasst bestimmte Verhaltensweisen, welche für einen ganzen Verhaltensbereich
symptomatisch sind
- Festhalten häufiger Verhaltensweisen durch Striche à Überlappungen möglich
- Begleituntersuchung bei Verhaltensmodifikation
- BASYS (für aggressives V in schulischen Settings) - Wettstein 2008
o Version für L: 8 Subkategorien & Interventionsmöglichkeiten
§ Z.B. Oppositionelles Verhalten gegen L; aktiv gegen Fremdperson, offen-direkt; aktiv gegen
Fremdperson, verdeckt usw.
o Version für Fremdbeobachtung: 8 Subkategorien (gleich zu L) & unterrichtliche
Settings, Funktionen für SuS, Reaktion von L
o Prozentsatz richtig kodierter Ereignisse: L 82%; Fremd 92%
Schätzskala
- Eher eine Form von Beurteilungsverfahren
- Feststellung eines Verhaltens & Einstufung desses Ausprägungsgrades
- Graphische, numerische, verbale Notation à Kontrolle für L-Training; Grundlage für
Beratungsgespräche
- Polaritätenprofil - Tausch & Tausch 1971
o Festhalten des Ausmaßes an Wertschätzung/Geringschätzung im Verhalten des L
gegenüber seinen SuS
o Zuordnung eines Ausprägungsgrades von -3 (verletzend) bis +3 (warmherzig) zu
verschi. Dimensionen
o Nur Fremdbeobachtung
§ Ideal: Beobachtung durch von L unabhängigen Hospitanten - Janowski et al.
1981
Einsatzmöglichkeiten
- Was: Situationen (ein Zeitpunkt), Sequenzen (Verhaltensabfolgen), Vergleiche (zwischen
147
verschiedenen Klassen/Zeitpunkten/L), Verläufe (verschiedene Zeitpunkte)
- Wer: L, SuS (je Selbst-/Fremdbeurteilung)
- Wozu
o Selbstkontrolle für L
o Fördert Bewusstwerdungsprozesse über Methodik
o Ermöglicht Einübung neuer Methoden
o Klärung von L-S-Konflikten
o Klärung von Verhaltensproblemen bei SuS
o Effizienzkontrolle nach Verhaltensänderungen
Tendenz zu
Extreme Positionen bei Bewertungen
Extremurteilen
Reihungs-/rhythmische
Periodisches Absinken/Ansteigen der Bewertungen
Schwankungseffekte
Interferenzfehler/Wahrnehmungsverzerrung
148
„man wird, wie man gesehen wird“
Pygmalion-Effekt z.B. LK denkt, dass ungepflegte Menschen faul sind → ungepflegte SuS von LK
als schlechter eingeschätzt
Primacy-/ Recency-
erster/ letzter Eindruck hat besonders hohen Effekt auf Beurteilung
Effekt
Referenzrahmeneffekte
Beobachtungsbericht
Vermittelt unzutreffendes Bild von beobachteter Person
als Fehlerquelle z.B. durch Verkürzungen
Missachtung von
Bei Beobachtung oder Ausfüllen des Beobachtungsbogens
Hinweisen
Nicht repräsentative
Auswahl der z.B. Zu kurz, in einer außergewöhnlichen U-situation
Beobachtungsperiode
149
Schule
einzelne Fächer gelten nicht gleich (Hauptfächer &
Fächerspezifische Benotung
Nebenfächer)
Platzierung in einer kleinen/großen Klasse kann große
Klassengröße
Bedeutung auf späteres Leben haben
Länderspezifische Differenzierung Abinoten in versch. Bundesländern?
Versetzungsunterschiede beziehen sich auf Rangposition des
Klasseninterne Bezugssysteme
SuS, in welche er zufällig hineingeraten ist
23.4 Dokument-/Werkanalyse
Definition Dokumente - Ballstaedt 1987
Dokumente sind alle Zeugnisse menschlichen Handelns, Denkens und Erlebens, die in natürlichen
Situationen entstanden sind und erst nachträglich zur Beantwortung einer Forschungsfrage
herangezogen werden
23.5 Fragebogen
Definition Fragebogen - Atteslander 2000
Schriftliche fixierte Strategie einer strukturierten Befragung
- Vorteil: wenig Aufwand; objektives & reliables Beobachtungsinstrument, das auch
ökonomisch ist
23.6 Soziometrie
Definition Soziometrie – Bjernstadt 1956
Quantitative Untersuchung zwischenmenschlicher Beziehungen unter dem Aspekt der Bevorzugung,
Gleichgültigkeit & Ablehnung in einer Wahlsituation
- Begründete Methode Morenos der empirischen Sozialforschung
- Dient dazu Beziehungen zwischen Mitgliedern einer Gruppe zu erfassen, darzustellen und zu
analysieren
- Datenerhebungsmethoden
o Soziometrische Beobachtung: Stellung innerhalb der Gruppe feststellen, aber nur
oberflächliche Beobachtung möglich
o Soziometrische Befragung: besser
151
Erhebung: konkrete Wahlfrage (z.B. Neben wem möchtest du sitzen?)
Auswertung
- Soziogramm
o Graphische Darstellung der Beziehungen einer Gruppe,
etwa in Schulklassen (Beziehungen z.B. durch Pfeile dargestellt)
- Soziomatrix
o Gruppenmitglieder horizontal/vertikal am Rand
eingetragen
Code Name Wahl Erhalten
o Wähler längs, Gewählte waagrecht A … B E, F
Gütekriterien
- Objektivität: für alle gleich
- Reliabilität: hohe zeitliche Stabilität bei Wahlen/Ablehnungen des gleichen Geschlechts -
Petillon 1981
- Validität: andere Interaktionsprogramme & Ergebnisvergleich (z.B. Wollknäul werfen)
Anwendung in Schule
- Schuljahresanfang/-ende
- Mobbing à gruppendynamische Methoden
- „Der soziometrische Test“ – Seelmann: Soziographischer Test von Bullis
1. Welchen SuS wählst du als Klassensprecher?
152
2. Wen als Stellvertreter?
3. Wer soll Kassierer und Verwalter der Klassenkasse helfen?
4. Wen würdest du zum Geburtstag einladen?
5. Wer soll dir aus deiner Klasse bei deinen Hausaufgaben helfen?
6. Welcher SuS in deiner Klasse ist besonders begabt und wieso?
7. Wer in deiner Klasse ist am Kameradschaftlichsten?
8. Wer ist am freigiebigsten?
9. Wer in der Klasse ist dein bester Freund?
24 Intelligenzdiagnostik
Definition Intelligenz – Stern 1912
Intelligenz ist die allgemeine Fähigkeit eines Individuums, sein Denken bewusst auf neue Forderungen
einzustellen; sie ist allgemeine geistige Anpassungsfähigkeit an neue Aufgaben und Bedingungen des
Lebens.
Kognitive Modelle
Neuere Ansätze & betrachtet eher Denkprozesse
- untersucht, wie Versuchspersonen bei der Aufgabenbearbeitung vorgehen, welche Strategien sie einsetzen oder
welche Rolle bestimmte Gedächtnisfunktionen dabei spielen
156
Vergleichsgruppe bzw. Altersstufe abweicht
o durchschnittliche Leistung einer Altersstufe als IQ = 100 festgelegt und so verteilt:
o SD: 15
o 68,2 % zwischen 85 und 115
o IQ kein absolutes Maß für Höhe der Intelligenz, sondern Maß für Leistungsvergleich
mit einer festgelegten Bezugsgruppe
- Intelligenz nicht angeboren, sondern prinzipiell trainierbar
- Intelligenzunterschiede stabilisieren sich im Verlauf der Grundschuljahre
Flynn-Effekt
- pro Jahrzehnt Steigerung des durchschnittlichen Intelligenzquotienten von etwa 3 Punkten
zu verzeichnen
- Grund: gewachsene Vertrautheit mit Aufgaben von Intelligenztests, Verbreitung von (Lern-
)Spielzeug und Übungsmaterial in Familie, Kindertagesstätte und Schule gefördert
→ Kompetenzen im Bereich der Intelligenz (v.a. induktives Denken, figural-räumliche
Intelligenzaufgaben) verbessern sich
- In entwickelten Ländern wie D in jüngster Zeit jedoch kaum mehr nachweisbar
Sprachfreie Intelligenztests
157
CFT 1-R Grundintelligenztest Skala 1 – Catell, Weiss & Osterland 2012
- Rahmenbedingungen: Alter 1.-3. Klasse (ab 8, 5 Jahren CFT R-20); Lang-/Kurzversion, Dauer 45-60
Min bzw. unter 45 Min + 5 Min Einführung; Einzelt-/Gruppentest
- Bereiche: ges. 6 Subtests
o Substitutionen, Labyrinthe, Ähnlichkeiten, Reihenfortsetzen, Klassifikation, Matrizen
o Subtest 1-3 = Teil 1 à figurales Wahrnehmen; 4-6 = Teil 2 à figurales Denken
o Wahrnehmungsgebundene Leistung unter Zeitdruck: Ähnlichkeiten
o Mathematisch orientiert à besonders geeignet für SuS mit
Migrationshintergrund/sprachlichen Problemen
- Auswertung: Ermittlung Rohwerte, Umwandlung der Rohwerte in IQ-Wert (g-Faktor) mittels
Normtabellen
- Gütekriterien
o Objektivität: alle 3 gegeben (z.B. Durchführungsinstruktion + Zeitangaben; computergestützte
Auswertung; Normtabelle)
o Reliabilität: Parallel – nicht; Retest – gegeben & sehr gut; interne Konsistenz –
gegeben
o Validität: Konstrukt – gegeben; Kriterium - Angaben mangelhaft; prognostisch -
eingeschränkt gegeben
Weitere
- Vermutung von Hoch-/Minderbegabung
- Fähigkeitsprofil à Stärken, Schwächen
24.6 Hochbegabung
Definition Hochbegabung – Rost 2013
Hochbegabung wird als weit überdurchschnittliche Intelligenzausprägung angesehen; Menschen,
deren IQ mindestens zwei Standardabweichungen (2 x 15 IQ-Punkte) über dem Mittelwert von 100
liegen
à 2% der Bevölkerung IQ ³ 130
- selten
- zeigen Einbußen im Selbstwert und im Selbstkonzept; Defizite in Motivation,
159
Leistungsängstlichkeit, Durchhaltevermögen und in sozialer Kompetenz
- Untergruppe der Hochbegabten → Problem: SuS werden in Schule nicht als hochbegabt
erkannt
Definition Overachievement
Person, die Leistungen oberhalb ihres Potenzials erreichen
- Mehr Erfolg als man aufgrund von Leistungs- & Intelligenztests erwarten würde
25 Schulfähigkeitsdiagnostik
25.1 Schulreife
- Ursprüngliches Konzept: Schulreife als etwas, was man früher oder später entwickelt
- Heute: Zusammenspiel aus 3 Bereichen – Nickel 1990
o Schule (Lehrplan, Anforderungen)
o SuS (kognitiv, körperliche Voraussetzungen etc.)
160
o Umfeld (vorschulische Bildung in Kita, Familie)
- Kritik – Winship et al. 1997
o Schule trägt v.a. zur kog. Entwicklung bei à früher eingeschulte Kinder profitieren
eigentlich immer
- Diagnostik: Sprache, Wahrnehmung, Motorik, Verhalten, allg. I
- Probleme vieler Tests: unterschiedliche Anforderungen an erreichte Prozentränge à kaum
vergleichbar
- Leistung des Tests: hohe Effizienz à Selektion
161
26 Messen & Bewerten von
Lernergebnissen/Schulleistungsdiagnostik
- durch pädagogisch-psychologische Diagnostik werden Voraussetzungen von Lehr- und
Lernprozessen ermittelt oder Lernergebnisse festgestellt, um individuelles Lernen zu
optimieren
- KMK 2004 – Aufgaben einer Lehrkraft: Beraten, Fördern, Messen und Beurteilen
- LK sammelt Informationen …
o … zu Lernvoraussetzungen - wie beispielsweise Vorwissen, Motivation oder Klassenklima -
durch Fragebögen, Tests, Beobachtung, um mit diesen Daten ihren Unterricht
anzupassen.
o … zu Lernprozessen und Lernergebnissen - beispielsweise mit einer schriftlichen oder
mündlichen Abfrage, mit einer Klausur oder über Beobachtung -, um den Lernerfolg der SuS
während und am Ende einer Lerneinheit überprüfen und Unterricht optimieren zu
können.
162
- Helmke 2008: Vorwissen à Einfluss steigt im Laufe der Schulzeit
- Dochy 1992: Vorwissen als vorhersagestärkstes
Persönlichkeitsmerkmal
Schulleistungsmodelle
Bloom 1976
- Wichtige Rolle: Eingangsvoraussetzung & U-qualität
- Diese bestimmen den Lernerfolg (Art & Ausmaß der Leistung),
die Lernrate & affektive Lernergebnisse
- Anteilsverteilung Schulleistungsdeterminanten
o 50% kognitive Merkmale der SuS
o 25% Qualität des Unterrichts
o 25% affektiv-motivationale Merkmale der SuS
Carroll 1963
- Wichtige Rolle: Lernzeit
- Wird so viel Lenrzeit aufgewendet wie benötigt, wird sich das positiv auf den Lernerfolg
auswirken
163
- Abhängig von Begabung, dem Instruktionsverständnis, der gegebenen Lernzeit im U &
Ausdauer des SuS, welche auch durch U beeinflusst wird
2 Aufgaben formulieren
- unterschiedliche Ausprägungen im Konstrukt werden beschrieben und klären, mit welchen
Fragen oder Aufgaben (Items) diese unterschiedlichen Ausprägungen erfasst werden können
- Unterscheidung Itemformate durch unterschiedliche Grade ihrer „Präspezifikation“ – Wilson
2005
4 Messmodell überprüfen
- Prüfen, ob und wie mit den vergebenen Punkten das Konstrukt erfolgreich messbar
geworden ist
- Messergebnis: Summe der Punkte auf die einzelnen Aufgaben
- In Schulpraxis stehen Methoden zur Überprüfung der Annahmen meist nicht zur Verfügung
- Prinzipien
o Zuvor: alle zu prüfenden Themenbereiche vorab festlegen
o zu jedem inhaltlichen Bereich sind leichte, mittlere als auch schwere Aufgaben zu
verwenden
§ mehr Punkte bei schweren Aufgaben würde diese mehr gewichten, d.h. Stärkere haben Vorteil
- Bildungsstandards als Bsp. für Konstrukt von Testaufgaben verwendbar
165
26.2 Schulleistungstests
Definition Schulleistungstest – Ingenkamp & Lissmann 2008
… sind Verfahren der Päd. Dia., mit deren Hilfe Ergebnisse geplanter & an Curricula orientierten
Lernvorgänge möglichst objektiv, zuverlässig & gültig gemessen & durch Lehrende oder Beratende
ausgewertet, interpretiert & für päd. Handeln nutzbar gemacht werden können
Sozialnormorientiert: Kriteriumsorientiert:
mit Werten verglichen, die
Messwerte können mit den
Normbezug vorab nach inhaltlichen Informelle SLTs
Werten einer Normstichprobe
Gesichtspunkten festgelegt
verglichen werden
werden
Informelle Tests
Konstruktion
1. Analyse der Lehrpläne
2. Generierung von Testitems
3. Aufgaben- & Testanalysen: nach Durchführung in Klasse
Beispiele
- Reading Comprehension Test RCT 1-4 – Neuner et al. 1982
o Unterschiedlich viele Einzeltests
- Informelle Aufgabensammlung Chemie CHTH – Ledig & Jäger 1970
o Test für den Chemieunterricht an Hauptschulen
o 50 Testbögen zu (an)organische Chemie
- 9-Wörter-Diktat – Brügelmann o. J.
o Anfangsunterricht
o Begleitende Dia. Der RS-Entw.
o Durchführung & Auswertung ohne standardisierte Vorgabe & Materialien
Vorteile Nachteil
- Gute Erfüllung der Gütekriterien, besser als bei - u.U. bei gebundenen Antwortformaten Rate-
herkömmlicher Leistungsbeurteilung! Wsk gegeben
- Curriculare Validität & Lerngelegenheit werden - Gütekriterien weniger gut erfüllt als bei
berücksichtigt formellen Schulleistungstest
- Ökonomischer als formelle Schulleistungstests - Aufwändiger zu erstellen als traditionelle
à geringere Konstruktionsaufwand Formen der Leistungsbeurteilung
- Schnelle Korrektur v.a. bei gebundenen - Qualität des Tests ist abhängig von L
Antwortformaten - Manche produktiven Leistungen können mit
à Zeitersparnis bei Auswertung Test nicht erfasst werden
- Sie beziehen sich direkt auf den konkreten - Aufgabenanalyse erst im Nachhinein
durchgeführten Unterricht
Formelle Tests
Gütekriterien
- Objektivität
o Durchführung: bei formellen sehr gut
§ Schriftlich fixiert, vorgegebene Instruktionen
§ Bsp. & Übungsaufgaben
§ Vorgabe des Anwendungszeitraums & Beurteilungsschulung
o Auswertung
§ Bei gebundenen Formaten maximal à Korrektur mit Schablone
§ Bei freien Antwortformaten à Kriterienkatalog
o Interpretation
§ Sehr gut: klare Instruktionen bzgl. Der Interpretation der Ergebnisse
§ Angabe des Objektivitätskoeffizient im Beiheft
- Reliabilität: i.d.R. alle 4 Arten berücksichtigt
o Reliabilitätsmessung auf Basis der Stichprobenerhebung
o Angabe Reliabilitätskoeffizienten im Beiheft
- Validität
167
o Inhalt
§ Sicherung der curricularen Validität durch Analyse des Lehrplans à i.d.R. nur
annäherungsweise erreicht
§ Indiv. Lerngelegenheiten nicht berücksichtigt
§ Expertenrating bei Lehrplananalyse
o Empirisch
§ Vergleich der Ergebnisse aus Stichprobenerhebungen mit Schulnoten etc.
§ Erhebung von Vorhersagevalidität à Tent 1969: besser als bei Noten
§ Angabe des Koeffizienten im Beiheft
Sozialnormorientierte Schulleistungstests
Definition sozialnormorientierter SLT – Lukesch 1998
Wissenschaftliches Routineverfahren zur Feststellung des Kenntnisstandes in einem oder mehreren
inhaltlich spezifizierten kognitiven Lehrzielbereichen. Dabei werden Aussagen über die Leistungshöhe
aufgrund des Vergleichs mit den Leistungen einer für die jeweilige Altersstufe, Schulstufe oder Schulart
repräsentativen Stichproben getroffen.
- Auswertung
o pro Person ergibt sich ein Summenwert der richtigen Lösungen (Rohwert)
o Wert wird mit Hilfe der Tabellen ein Normwert zugeordnet
o Testergebnis mit Durchschnitt verglichen; Ausdruck mit Hilfe von Prozentrang
- An Richt-/Grobzielen orientiert
- Einsatzmöglichkeiten in der Schule
o Vergleich des Leistungsstandes der Klasse mit Eichstichprobe (U-qualität)
o Überprüfung des eigenen Benotungssystems durch den Vgl. mit Testwertklassen
(Bevorzugung oder Benachteiligung einzelner SuS)
o Objektivierung bei Schulartwechsel (Selektions-/Förderschulzuweisung)
o Lehr- & Lernsteuerung (Überprüfung Wissensstand neuer Klassen)
o Unterrichtsdifferenzierung (indiv. SuS mit bestimmten Schwächen)
o Äußere Diff. (Einteilung nach Leistungsgruppen)
o Summative Evaluation (Benotungs- Schulleistungstests als Ersatz für Schulaufgaben)
- Beispiele
o Mehrfächertests
§ HAST 4/5 – Mietzel et al. 2001: 4./5. Klasse, 14 Subtests (z.B. Rechtschreibung,
Mathe etc.)
§ HAT 9 Hauptschulabschlusstest – Ingenkamp 1983: 9. Klassen (2. HJ), 4
Antwortalternativen zum Ankreuzen, Testung der wichtigsten Lernziele in
einigen Kernfächern (z.B. Deutsch, Mathe, Englisch, Physik etc.)
o Deutsch
§ Diagnostischer Test Deutsch 4-6 – Nauck & Otte 1980: 4.-6. Klasse, 6
Basisleistungen (z.B. Wortschatz, Leseverständnis)
§ Rechtschreibtest RST 7-9/A – Damm et al. 1976: 7.-9. Klasse, Lückendiktat
o Mathe
§ BASIS-MATH 4-8 – Opitz Moser et al. 2010: 4.-8. Klassen, Einzeltest, 20-45
Min, mathematische Grundfertigkeiten
168
Vorteile Nachteile
- Gute Erfüllung der Gütekriterien, besser als - Bei mangelnder curricularer Validität &
bei herkömmlichen Leistungsbeurteilung! Lernangelegenheit unfairer Test
à auch in der Forschung Einsatz mgl. - Negative motivationale/soziale Folgen (z.B.
- Normierung erlaubt Überprüfung des Verlust der intrins. Motivation)
eigenen Benotungssystems - Erstarrung d Us & Verarmung der Lehrpläne
à verhindert Anwendung des (L lehren nur Inhalte, die bei solchen Tests
klasseninternen Bezugssystems abgefragt werden)
- Überprüfung des Leistungsstandes der - Häufig veraltet & nicht für alle U-fächer
Klasse & des eigenen Unterrichts verfügbar
- Gerechte Selektion - Eher im kognitiven Bereich
- Hilfe bei Entdeckung individueller - Erfassung von Lernergebnissen & nicht
Schwächen Lernleistungsvoraussetzungen
- Überprüfung von Lernvoraussetzungen - Klassenunabhängige Beurteilung
- Einsatz zur Leistungsdifferenzierung - Unökonomisch/Kosten
- Einsatz von PC-auswertung - Sozialnormorientierte Schulleistungstests
- Überregionaler Vergleich machen Leistungsunterschiede zwischen
- Summative Evaluation (als Ersatz für Schulen für L überdeutlich
Schulaufgaben, wenn inhaltlich & curricular à kann zur Änderung der
valide) Bewertungsstrategie d Ls führen
- Gefahr, dass für die Ergebnisse nur
schulinterne Faktoren verantwortlich
gemacht werden
Kriteriumsorientierter Schulleistungstest
Definition Kriteriumsorientierter SLT – Fricke 1973
Ein wissenschaftliches Routineverfahren zur Untersuchung der Frage, ob und eventuell wie gut ein
bestimmtes Lehrziel erreicht ist.
- während Konstruktion wird inhaltlich definiert, ab welchem Punktwert bestimmte
Ausprägung vorhanden ist
o meist 2/3 der Punkte
- lehrzielorientiert, an Feinziel orientiert
- Prinzipien kriteriumsorientierter Leistungsmessung
o Verwendung sowohl Aufsatztests als auch mit Kurzantworten
§ Aufsatztests für komplexe Leistungen
o Freie Fragen und gebundene Fragen mit Kurzantworten
o Formulierung einer Modellantwort
o Grammatikalische Konsistenz des Tests
o Umfang eher gering, sonst keine Leistungs-, sondern Geschwindigkeitstest
- Einsatzmöglichkeiten in der Schule
o Evaluation
o Überprüfung der ausreichenden Kenntnis der Lerninhalte einer Jahrgangsstufe
169
Verteilung der Messwerte in muss vorhanden sein
Vergleichsgruppe
z.B. Lehrziel: 90% à mit 60% nicht erreicht
z.B. 60% richtig gelöst, im Vgl zur Klasse gut
abgeschnitten
- Analyse der Lehrpläne - Analyse der Lehrpläne
- Testitems generieren - Testitems generieren
(Auswertungsobj)
- Vorerprobung (selten)
- Testdurchführung (kleine Stichprobe)
Konstruktion
- Aufgaben-/Testanalyse (an vorheriger - Empirische Aufgabenanalyse
Stichprobe)
- Testeichung (an repräs. Stichprobe)
- Testauswertung
- Testvalidierung - Testvalidierung
à in Praxis beide gebraucht - Ingenkamp
Mündliche Verfahren
170
Definition mündliche Prüfung – Ingenkamp & Lissmann 2008
Form zielgerichteter Kommunikation zwischen 1 oder mehreren Prüfern & Prüflingen, bei der auf die
Schrittform verzichtet wird
Formen
- Nicht-sprachlich/kognitiv (z.B. erfassen curricularer-Inhalte)
- Sprachlich: mündliche Äußerung selbst ist Messgegenstand (z.B. wird überprüft, wie flüssig,
elaboriert und fehlerfrei man sich auf Englisch unterhalten kann)
- Formell und informell durchgeführt
Gütekriterien - Kritik
- Objektivität: nicht sicher getestet
o Durchführung: mangelhaft à nicht alle gleiche Frage (adaptiv-situativ), nicht zur
selben Zeit
o Auswertung: mangelhaft à situativer Charakter, Kriterien oft nur vage definiert
o Interpretation: hohe Nicht-Übereinstimmung
§ Birkel & Pritz 1980: mündliche Geographieprüfung (Note 3)
• 2 Videoversionen (schnell & flüssig; langsam & stockend)
• Beurteilung durch 100 L mit Infos über vorherige Leistungen
• Objektivitätskoeffizient = .35 à Problem: klasseninternes
Bezugssystem
- Reliabilität
o Retest
§ Prüfer prüft noch einige Zeit erneut
§ Kaum Untersuchungen vorhanden: in Schule nicht vorgesehen,
Messinstrument nicht stabil, grundsätzliches Problem: Prüfer zugleich
Messinstrument
o Parallel: Prüfung durch 2 Prüfer kurz hintereinander à i.d.R. nur bei
Abschlussprüfung
§ Birkel & Pritz 1980: Streuung von Note 1-5 unter allen Bedingungen
- Validität
o Inhalt: beeinträchtigt durch situativen Charakter
§ Fragen z.T. nicht repräsentativ, keine Staffelung nach Schiwerigkeit
§ Aber i.d.R. curriculare Validität/Lerngelegenheit berücksichtigt
171
o Empirisch: Übereinstimmung zwischen mündlichen & schriftlichen Prüfungen nur .30
o Konstrukt: durch Interaktionseffekte beeinträchtigt
§ Birkel & Pritz 1980: Einfluss des Sprechtempos auf Bewertung
§ Birkel 1976
• 2 Videos einer mündlichen Deutschprüfung (harmonisch; überfordert
durch Schwierigkeitsgrad)
• 150 L bewertet
• Vorinfo über frühere Noten & Kontrasteffekt beeinflusst Bewertung
Vorteile Nachteile/Kritik
interaktiver und adaptiver Charakter: objektive Beurteilung fällt schwer
Prüfende können alternative
Aufgabenstellungen verwenden
sich dem Leistungsniveau der Prüflinge
172
anpassen oder Einstieg in die Beantwortung
einer Frage erleichtern
Prüfungsängstlichen SuS kann
entgegengekommen werden
soziale (z.B. Sympathie, Dialekt) und sachliche
Aspekte beeinflussen sich gegenseitig
soziale Situation wird aufgrund des
Machtgefälles von Prüferin zu Prüfling
unterschiedlich interpretiert →
Missverständnisse können auf den weiteren
Verlauf der Prüfung auswirken (Prüfungssituation:
einer definiert Prüfungsnorm, der andere muss sich
anpassen)
sozialpsychologisch: Reihenfolgeeffekte und
Zusammenhangsfehler treten häufiger auf
psychoanalytisch: stark angstbesetzte Situation,
da Ähnlichkeit zur
Initiationsriten/Statuszuweisung (Widerspruch, da
Prüfung Leistung messen soll, aber Angst dies verhindert)
Angstauslöser: Situation der…
- Trennung: Prüfung als Abschluss eines
Lebensabschnitts
- Kränkung: keine Bestätigung der
intellektuellen Leistung mgl
- Bestrafung: Prüfung als jüngstes Gericht
- Versuchung: aggressive Versuchung
Schriftliche Verfahren
Unterscheidung
1. erfassen Wissen zu einem Thema (z.B. Klausur Biologie)
2. erfassen schriftsprachlich darstellende Leistung (Geschriebenes selbst Gegenstand der Messung und
Bewertung, z.B. Essay in Englisch)
Aufgabenformate
- geschlossenen Itemformaten: SC, MC und multiple-true-false-Items (mehrere ja/ nein-
Ankreuzfragen sind in einem Item organisiert)
- offene Fragen: Freitextaufgaben (Aufsätze und Aufgaben, deren Bearbeitung mehrere
zusammenhängende Sätze verlangen), Kurzantworten, Lückentexte
o Formen – Heller & Nickel 1978
§ Aufsatz (Nachteil: mangelnde Auswertungs-/Interpretationsobjektivität, Vielfalt an
Bewertungsmaßstäben beeinträchtigt Validität)
§ Freie Hausarbeit
• Vorteil: differenzierte Erfassung produktiver Denkleistungen, umfassende
Rückmeldung der Prüfer & Prüflinge
• Nachteil: größerer Zeitaufwand bei Korrektur, geringere Objektivität
§ Klassenarbeiten (Nachteil: meist klasseninternes Bezugssystem zur Beurteilung, Kriterien
oft nicht im Voraus festgelegt)
173
- Punktvergabe
o I & II Auszählen der erwartungskonformen Antworten
o III Verwendung von Beurteilungsrastern (Konstrukte werden operationalisiert; Mehrere
Dimensionen erfassbar; z.B. bei Aufsätzen)
Gütekriterien
à Birkel 2003: Studien zeigen, dass auch sie häufig wenig objektiv, reliabel und valide sind
- Objektivität
o Durchführung: günstig aufgrund des Gruppenbezugs; besser als bei mündlichen Prüf.,
schlechter als bei Tests, da keine Standardisierung
o Auswertung: z.T. mangelhaft
§ Storch & Elliot 1912: Variation der Auswertung derselben Matheaufgabe
§ Williams 1933: Beurteilung schwankt durch Vergabe von Punkten
§ Hadley 1995: Beliebtheit von SuS beeinflusst Noten
o Interpretationsobjektivität
§ Storch & Elliot 1913: Bestehensgrenze variiert von Schule zu Schule
§ Weingardt 1964: je höher die Klassenstufe, desto strenger die Benotung
- Reliabilität
o Retest: unzureichend stabil
§ Hartog & Rhodes 1936: Beurteilung zu 2 Zeitpunkten (44% bestehen beim 2. Nicht)
o Parallel: Beurteilung schwankt mit Prüfer
§ Storch & Elliot 1913: Streuung von 25-89 Punkten
- Validität
o Inhalt
§ Curriculares & Lerngelegenheiten i.d.R. berücksichtigt
§ besser als bei mündlichen Prüf., schlechter als bei Tests
o Empirisch
§ kaum Zh zwischen Noten und Berufserfolg
§ Tent 1969: geringere prognostische Validität als Leistungstests
§ Empfehlung der GS-L bestätigt sich zu 60%
§ Roederer 1997: relativ hohe Korrelation zwischen Noten der 4. Kl. & Gym
§ Althoff 1986: kaum Zh zwischen Noten & Berufserfolg
o Konstrukt: Beeinflussung durch sachfremde Faktoren
§ Sympathie – Hadley 1954: beliebte SuS im Vgl besser
§ Geschlecht
§ Klassengröße
§ Vorinfo – Weiss 1965: positiv dargestellte SuS bessere Note usw.
Vorteile Nachteile
Schulaufgaben sind i.d.R. standardisiert (alle Gütekriterien weniger gut erfüllt als bei Tests
erhalten dieselben Aufgaben/Fragestellungen) ßà standardisierte Schulleistungstests
Leistungsfremde Faktoren spielen bei schr. Bei freien Arbeiten hoher Zeitaufwand für die
Prüfungen keine Rolle Korrektur
Blockierung durch Ängste können bei schr.
Prüfung leichter überwunden werden
L kann Leistung in Ruhe mit seinem Maßstab
vergleichen
Vorstellung von Schwierigkeitsgrad einer
Aufgabe
Gütekriterien
- Objektivität: standardisierte Verfahrensdurchführung
o bei formellen sehr hoch
o z.B. Verständigung auf feste Bewertungskriterien; Trainings zur korrekten und vergleichbaren
Verwendung des Beurteilungsrasters; Einigung darüber, welche Punkte welcher Note entsprechen
- Validität: Kompetenzen angemessen und sachlogisch begründet in Bewertungsdimensionen
und diese in direkt beobachtbare Indikatoren übersetzt werden
o Inhaltsvalidität: Bei formellen keine Berücksichtigung der individuellen
Lerngelegenheit
o Konstruktvalidität: sehr hoch
Benotungsmodelle
Definition Benotungsmodelle aus Urhahne, Dresel & Fischer 2019
Regelsysteme, die Lernergebnissen Bewertungen eindeutig (d.h. auf dieselben Leistungen müssen
dieselben Noten vergeben werden) zuweisen. Sie geben an, inwieweit die inhaltlichen
Anforderungen eines Tests oder einer Prüfung erfüllt sind.
Gütekriterien
- Objektivität
o Nur bei standardisierten Formen der Aufgabenstellung/Beantwortung & technischer
Auswertung vollständig gegeben!
o In der Schule gemindert: wäre nur dann objektiv, wenn von mehreren L gleiche Note
178
o Gründe für den Mangel
§ Uneinheitliche Bewertungskriterien aufgrund unterschiedlicher
Vorstellungen der L
§ Kriterien der Beurteilung nicht eindeutig definiert (z.B. Halo Effekt)
§ Persönlichkeit der L, Kennen des Beurteilten (vgl. Beurteilungsfehler)
§ Empirie: unterschiedliche Strengeniveaus usw.
o Verbesserungsmöglichkeiten
§ Erarbeitung eines Kriterienkatalogs vor Bewertung
§ Möglichst viele Leistungsüberprüfungen
§ Mehrere Bewerter
- Reliabilität
o Hoch, wenn Test häufig durchgeführt & mehrmals gleiches Ergebnis erzielt
o Gründe: in Prüfungssituation auch Zufall, Konzentrationsmangel, Leichtsinn,
Motivation und Wohlbefinden relevant
o Schulnoten geben selten genauen Aufschluss über tatsächliches Wissen des SuS,
sondern eher über „in einmaliger Situation reproduziertes Wissen“
- Validität
o Aussage: inwieweit diejenigen Leistungen notengemäß bewertet werden, die vom
Test bewertete werden sollen
o Gründe: Mitbewertung von Schriftbild, äußere Form, Rechtschreibung bei
Aufsatzbeurteilung (keine Kriterien eines guten Aufsatzes)
o Inhalt
§ Aufgabenstellung in dem Maße inhaltlich valide, in dem sie zu
überprüfendem Stoffgebiet entspricht
§ Gründe
• kaum möglich, ausschließlich zu testende Gebiete zu überprüfen
• Nur erreichbar, wenn Test operationalisierbare Lernziele überprüft
(im Lehrplan nicht der Fall)
o Empirisch
§ Schulnoten sollten Prognosen über weiteren schulischen Weg/Bildungsweg
usw. geben können
§ Notengebung erfüllt dieses Kriterium nicht! – Ingenkamp 1976
§ Gründe: auch Entwicklung der Persönlichkeit, Qualität der Vermittlung, neue
Umgebung entscheiden über erfolgreichen Übertritt von GS zur
weiterführenden Schule
o Konstrukt
§ Aussage: inwieweit die Schulnote Aufschluss darüber gibt, ob das
Unterrichtziel erreicht wurde (höher, wenn Lernziel operationalisierbar)
§ Gründe
• Beurteilungskriterien oft nur vage bestimmt
• Bei Aufsatzbeurteilung & im Sport besonders schwierig
• Unterschiedliche Auffassungen fließen in Bewertung mit ein
Vorteile Nachteile
- Praktikabilität (auf handhabbares Format - fragliche Messgüte
verdichtet) - laut Studien: unterschiedliche Strenge je
179
- Kommunizierbarkeit nach Fach - Ingenkamp 1971
- große Akzeptanz - Urteilsverzerrungen durch Stereotype (z.B.
Migranten schlechtere Noten als Nicht-Migranten bei
gleicher Kompetenz)
- keine Rückmeldung über individuelle
Stärke/ Schwäche im Sachbereich (kaum
Ableiten für geeignete Förderung möglich)
- gaukeln durch Exaktheit Scheinobjektivität
vor (z.B. Verwenden sachwidriger Bezugsnormen,
Vgl. Mythen oben)
à Noten = Werturteile, die nur Aussagekraft haben, wenn normativer Standpunkt der wertenden
Person klar
à Noten als fester Bestandteil der Schule mit wichtigen Funktionen
à Notengebung jedoch mit erheblichen Schwierigkeiten belastet (vgl. Gütekriterien, Prüfungsangst usw.)
Lernentwicklungsgespräche
- LK gibt dem Kind (unter Anwesenheit der Eltern) in Relation zu deren Selbsteinschätzung
Rückmeldung in versch. Dimensionen zum Lernerfolg (z.B. Sozial-/Arbeitsverhalten, Lernergebnisse
etc.)
- endet mit Vereinbarung individueller Ziele
Gütekriterien
- diagnostische Qualität im Sinne der Objektivität, Reliabilität und Validität ist zu hinterfragen
181
Definition Evaluationsgegenstand/ -objekt – Döring & Bortz 2016
Untersuchungsgegenstand, auf den sich eine wissenschaftliche Evaluation bezieht. Ein besonders
typischer Evaluationsgegenstand sind einzelne Interventionsmaßnahmen bzw. größer angelegte
Programme, die auf bestimmte individuelle und kollektive Veränderungen abzielen.
- symbolische oder ritualisierte Funktion der Evaluation, wenn Durchführung nur zur Erfüllung
gesetzlicher Vorschriften oder Vorgaben von Geldgebern bzw. Entscheidungsträgern dient
Evaluationsobjekte
- prinzipiell lässt sich alles evaluieren – Cook & Matt 1990
- mögliche Evaluationsobjekte im Bildungsbereich: z.B:
o Forschungsergebnisse (z.B. Bewertung der Forschungsleistung unterschiedlicher Universitäten)
o Gesetze (z.B. Auswirkungen eines neuen Lehrerdienstrechts)
o Interventionsmaßnahmen (z.B. Wirkung von verschiedenen Lernstrategietrainings für
lernschwache SuS)
o Usw.
Evaluationskriterien
- Auswahl der Evaluationskriterien bestimmt späteres in hohem Maße inhaltliches
Evaluationsergebnis
- Zielexplikation grundlegend für jede Evaluation
o Ziele der Maßnahme (z.B. Was soll WiSK bei den SuS erreichen?)
o Ziele der Evaluation (Was soll durch die Evaluation bewertet werden?)
- Diese Kriterien sind von großer Bedeutung:
1. Akzeptanz (z.B. „Wie zufrieden sind die SuS mit der verbalen Leistungsbeurteilung?“)
2. Effektivität (z.B. „Ist die neue Maßnahme zur Verbesserung der sozialen Kompetenz wirksam?“)
3. Effizienz (z.B. „Wie hoch ist der Nutzen von verschiedenen im Unterricht eingesetzten
Motivationsfördermaßnahmen?“)
4. Nachhaltigkeit (z.B. „Verringert sich durch die neue Anti-Bullying-Maßnahme die
Gewaltbereitschaft nachhaltig?“)
182
5. Transfererfolg (z.B. „Können SuS die Inhalte des Physikunterrichts so verwenden, dass sie auch außerhalb
der Schule bestimmte Alltagsprobleme damit lösen können?“)
→ Standards müssen an das jeweilige Umfeld und die Evaluation angepasst werden
Quantitative
qualitative sozialwissenschaftliche
sozialwissenschaftliche Methoden
Untersuchungsmethoden Methoden (z.B. offene Befragung,
(z.B. schriftliche geschlossene
Leitfadeninterview, Tagebücher)
Fragen, strukturiertes Interview)
Evaluationsmodelle
- geben methodologisch & inhaltlich vor, wie eine Evaluationsstudie in der Praxis zu realisieren
ist
- unterscheiden sich in Zielsetzungen, Evaluationsverständnis & Methoden
185
205
Ebenen-Modell von Kirkpatrick & Kirkpatrick 2010
- nutzenorientiertem Evaluationsansatz
- Ziele werden hier in Form von Fragen präzisiert
- Fragen auf 4 hierarchischen Ebenen angesiedelt
o D.h. Frage d. höheren Ebene setzt Beantwortung d. Frage d. niedrigeren Ebene voraus
1. Ebene: Akzeptanz/Reaktion
o Subjektive Bewertung über Zufriedenheit & Nutzen der Maßnahmen
o standardisierte schriftl. Fragen mit offenem o. geschlossenem Antwortformat
• oft kommen sog. happiness sheets (Smileys) zum Einsatz
2. Ebene: Lernen
o Einstellungsskalen, Wissenstest o. Selbsteinschätzungen des Lernfortschritts
3. Ebene: Verhalten
o Übertragung des Gelernten auf andere Situationen (z.B. Alltag) o. Inhaltsbereiche
(Transfer)
o à valide Messungen im Alltag sehr zeitintensiv & aufwändig
• Lösung: Multi-Informant-Multi-Method-Ansatz
§ mehrere Gruppen (z.B. SuS, Eltern, LK) werden mit mehreren
Erhebungsmethoden wie mdl. Befragung & Beobachtung untersucht
4. Ebene: Ergebnisse
o Ergebnisse auf der Organisationsebene
• à am schwierigsten nachweisbar
o z.B. Fragen, ob sich durch Fortbildung für LK & der damit verbundenen erfolgreichen
Umsetzung des Gelernten im U. auch Vorteile für SuS & die Schule als Ganzes ergeben
o Empfehlung für Erfassung: Multi-Informant-Multi-Method-Ansatz
Stockmann 2010
1. Planungsphase
a. Bestimmung/Begrenzung des Vorhabens
b. Entwicklung der Konzeption & Ablauf
2. Durchführung
a. Instrumentenentwicklung
b. Datenerhebung, Strukturierung & Auswertung
3. Verwertung
186
a. Präsentation & Berichterstellung
b. Nutzung der Ergebnisse/Empfehlungen
Offene Befragung
- Kurzbefragung zur Einschätzung des Uns durch SuS
- Befragung zur Selbstbewertung des eigenen Arbeitsprozesses in Freiarbeit
- Befragung zur Projektevaluation
- Fachlehrerbefragung zur Klassenauffälligkeit
- Beobachtungsbogen zur Methodenkomp/Sozkomp/Sachkomp
- Tagebuch für GS
Interpretationsprobleme
- Bewertung der Indikatoren (gut/schlecht, dass SuS 2h HA machen
- Wahrheit über Studie kann abschrecken
Stichprobenprobleme
- Klumpen-Stichproben (ganze Klasse): kein repräsentativer Durchschnitt
187
- Freiwillige Teilnehmende motivierter
- Übliche statistische Auswertung nicht geeignet, da Ergebnisse nicht auf Gesamtpopulation
ausgeweitet werden können
- Stichprobenmortalität: Teilnehmer in Stichprobe nicht mehr enthalten (z.B. durchgefallen)
Nicht-finanzielle Kosten
- Zweifel an Richtigkeit des bisherigen Handelns
- Unruhe bei allen Beteiligten (z.B. bei Einführung neuer Maßnahmen)
- Beeinträchtigung der Lebenssituation der Beteiligten (Selbstwertgefühl)
- Zeitverzögerung
188
Studie: PISA (Programm for International Student Assessment) der OECD
Allgemein
- weltweite Erfassung von SuS-Leistungen (15-Jährige) zum internationalen Vergleich
- Frage nach grundlegenden Kompetenzen in Lesen, Mathematik und Naturwissenschaft:
konkret Anwendung des Wissens
o Abwechselnde Schwerpunkte
- auch nicht-kognitive Aspekte, Kontextfaktoren, demografische, sozial-ökonomische, familiäre
und individuelle Faktoren
- Erhebungen finden seit 2000 alle 3 Jahre
- Gesamtzahl der teilnehmenden SuS steigt stetig, da immer mehr Länder teilnehmen
Ablauf
- Item Konstruktion: basieren auf Item-Response-Theorie
- Testdurchführung: Schwerpunkt nicht auf Messung & Rückmeldung über individuelle
Leistungen, sondern auf Bewertung der Leistung eines Schulsystems
o 2-stündige Bearbeitung
o Ca. 30 Min für Fragebogen
Ziele
- Vergleichende Daten über Leistungsfähigkeit der einzelnen Bildungssysteme
- Hinweis für Erklärung dieser Stärken und Schwächen
- Nützliche Hinweise für Schulpolitik, Fachdidaktik sowie L-Aus- und Weiterbildung
- Wichtiger Beitrag für Qualitätsentwicklung in Schule
Testablauf in Schule
- Für Vorbereitung wird pro Schule ein Koordinator bestimmt à Ansprechperson für alle
- Durchführung von geschulten Testleistern
o Tag 1: Bearbeitung internationaler Aufgaben
o Tag 2: Bearbeitung nationaler Ergänzungen
o Pro Test 120 Min
- Anonyme Bearbeitung
- Teilnahme freiwillig, schriftliche Einwilligungserklärung der Eltern erforderlich
28 Forschungsmethoden
28.1 Wie entsteht empirisch gesichertes Wissen?
Wechselwirkungen zwischen Praxis, Theorie und Empirie
Definition Empirie aus Urhahne, Dresel & Fischer 2019
Eine systematische Sammlung von Informationen, die auf methodisch kontrollierten Datenquellen
basiert
- Ziel: praktische Phänomene beschreiben, ordnen und quantifizieren
→ übergeordnete Regeln und Muster finden; ermöglichen, Beobachtetes mit bestehendem
Wissen zu verknüpfen und Beziehungen zwischen Phänomenen zu verstehen
190
→ Entwicklung von wissenschaftlichen Theorien
Anforderungen an Hypothese
- beziehen sich auf reale, theoretisch begründbare und empirisch zugängliche Sachverhalte
- stellen eine allgemeingültige, über den Einzelfall oder ein einmaliges Ereignis hinausgehende
Behauptung dar
- ihre Aussagen müssen falsifizierbar sein, d.h. auch widersprechende Ereignisse müssen
grundsätzlich denkbar und überprüfbar sein
à bewusst allgemeingültig formulierte Hypothese muss getestet werden, dazu muss sie so konkretisiert (operationalisiert)
werden, dass eine Prüfung in der realen Welt möglich wird
Eine veränderliche Größe, die Objekte anhand von Eigenschaften oder Merkmalen beschreiben, z.B.
Merkmale von Personen (Geschlecht, Intelligenz).
- fungieren als Platzhalter, die während der Durchführung einer Untersuchung für jede Person
mit konkreten Werten gefüllt
28.2 Erhebungsmethoden
Konstrukte und die Schwierigkeiten ihrer Messung
- psychische Merkmale sind häufig nicht direkt beobachtbar, sondern muss durch äußere
Indikatoren erschlossen werden
Definition (hypothetisches) Konstrukt – Wirtz 2017
Ein (hypothetisches) Konstrukt ist ein Begriff, der sich auf ein nicht direkt messbares Merkmal von
Personen oder Gruppen bezieht. Konstrukte sind keine frei erfundenen Gedankengebäude, sondern
werden aus theoretischen Zusammenhängen heraus erschlossen, sie sind Bestandteile von
theoretischen Aussagen. Die Ausprägung eines Konstrukts kann nur indirekt aus messbaren
Indikatoren erschlossen werden.
192
Definition Messen – Wirtz 2017
Unter Messen wird die Zuordnung von Zahlen zu Objekten (z.B. Ausprägungen von Merkmalen)
verstanden; dabei sollen sich in den zugeordneten Zahlen die Relationen, die zwischen den Objekten
bestehen, widerspiegeln.
Beispiel: Konstrukte und deren Messung durch beobachtbare Indikatoren – Hesse & Latzko 2017
Ambulantes Assessment
- Versucht den kontinuierlichen Strom von Erleben und Verhalten in authentischen
Alltagssituationen zu erfassen - etwa um Lern- und Entwicklungsprozesse ökologisch valide
abzubilden
193
- oft mit technischer Unterstützung realisiert, z.B. mit internetbasierten Erhebungssystemen oder
Smartphones
- Experience-Sampling-Methode: ProbandInnen werden zu vielen, zufällig ausgewählten
Zeitpunkten durch einen Signalgeber aufgefordert, Auskunft über ihr momentanes Erleben
oder Verhalten zu geben
- Tagebuchbuchmethode: Individuen werden gebeten, regelmäßig zu festen Zeitpunkten ihr
Erleben und Verhalten zu berichten
- Nachteil: hoher Aufwand für die Versuchspersonen und damit einhergehende
Selbstselektionseffekte, mögliche Urteilsverzerrungen (entstehen durch erhöhte
Selbstaufmerksamkeit)
Psychophysiologische Verfahren
- machen sich zu Nutze, dass psychische Prozesse oft mit biologischen Vorgängen einhergehen
- Aktivitätsmuster können in bestimmten Gehirnarealen, die mittels EEG oder bildgebenden
Verfahren wie fMRT erfasst werden
o Herzschlagrate, die Hautleitfähigkeit, die Spannungsmuster bestimmter Muskeln oder die Konzentration
bestimmter Hormone können genutzt werden um psychische Zustände zu erfassen
- Analyse von Blickbewegungen, Pupillenweite und Lidschlagrate: Eye-Tracking
→ spezifische Aufmerksamkeit auf bestimmte Informationen kann erfasst werden
- Vorteile: hoher zeitlicher Auflösungsgrad (ermöglicht feinmaschige Verlaufsanalyse), geringe
Verfälschbarkeit
- Nachteil: aufwändig, Untersuchungssituation ist oftmals recht künstlich (kann Validität
einschränken)
Reaktionszeitgestützte Verfahren
- werden genutzt um Einstellungen, Stereotype und Persönlichkeitsmerkmale implizit zu
erfassen (d.h. ohne dass vorausgesetzt wird, dass die ProbandInnen darüber zutreffend Auskunft geben können
oder wollen)
- Zweck der Messungen kann nicht leicht durchschaut werden → weniger leicht verfälschbar
weitere Testverfahren
- Analyse von Verhaltensspuren (z.B. Notizen, spontane Zeichnungen oder Markierungen von Textstellen als
Verhaltensspuren des selbstregulierten Lernens)
- Methode des lauten Denkens zur Erfassung kognitiver Prozesse
- Verfahren zur Analyse un- oder halbstrukturiert erfasster Texte (z.B. Essays, Chat-Protokolle) auf
quantitativer oder qualitativer Ebene
- apparative Verfahren (z.B. zur Erfassung psychomotorischer Leistungen oder des kognitiven
Entwicklungsstands)
- Auswertung von Archivdaten (z.B. archivierte Zensuren)
Skalenniveaus
- Psychologische Erhebungsverfahren liefern Daten mit unterschiedlichen Eigenschaften
- Unterschiedliche Konsequenzen für Analyse und Interpretation
- gewonnenen Daten eröffnen Möglichkeiten zur Datenanalyse und damit den Weg zu
unterschiedlichen Aussagen
- Skalenniveaus fassen Aussagekraft
- Unterschieden von vier Skalenniveaus: nominal, ordinal, intervall, Verhältnis
194
o Intervall- und Verhältnisskalierte Variablen können zu metrischen oder
kardinalskalierten Variablen zusammengefasst werden
28.3 Untersuchungsdesigns
- mit Wahl eines Designs sind Festlegungen verbunden, welche Aussagen Ergebnisse einer
Studie letztlich erlauben
195
- Vorgehen bietet sich an, wenn eine randomisierte Zuteilung der einzelnen Versuchspersonen
zu Untersuchungsgruppen nicht möglich oder nicht sinnvoll
ist
- um gute interne Validität zu erreichen: Prätest
- je nach Fragestellung sind auch mehr als zwei
Versuchsbedingungen denkbar oder Follow-up-tests zur
Überprüfung von Langzeiteffekten
- in Unterrichtsforschung das Untersuchungsdesign der Wahl
- Nachteil: aufwändigere Datenerfassung und -analyse sowie den gewissen Abstrichen in der
internen Validität, die gegenüber dem klassischen Experiment in Kauf genommen werden
müssen
- Vorteil: sinnvoller, effektiver und praktikabler Weg, Fragestellungen zu Wirkungen von
Maßnahmen und kausalen Beziehungen zwischen Merkmalen im Bildungsbereich zu
untersuchen
Querschnittuntersuchung
- einmalige Messung von Merkmalen ohne systematische Beeinflussung von Variablen
→ ermöglicht den Nachweis von Zusammenhängen zwischen Merkmalen
- Prinzip: an den natürlicherweise bestehenden Ausprägungen von
Merkmalen von Personen wird angesetzt und untersuchen, wie diese
mit anderen Variablen in Zusammenhang stehen
- Stärke und Richtung der gefundenen Zusammenhänge werden mit
Korrelationen quantifiziert
o bei korrelativen Ergebnissen wichtig: nicht bestimmte
Kausalrichtung interpretieren
- Scheinkorrelation denkbar, da Einfluss einer unberücksichtigten oder unbekannten
Drittvariablen
- Nachteil: Mehrdeutigkeit im Hinblick auf Wirkrichtungen, Einschränkungen der internen
Validität
- Vorteil: Praktikabilität und Effizienz
Längsschnittuntersuchung
- wiederholte Messung von Merkmalen ohne systematische Beeinflussung von Variablen
→ ermöglicht den Nachweis von Veränderungen der Merkmale über die Zeit
- korrelativer Ansatz, bei dem Merkmale in ihren natürlichen Ausprägungen untersucht
werden, ohne sie gezielt zu beeinflussen
- min. 2 Messzeitpunkte
- Vorgehen sinnvoll, wenn Entwicklungen über definierte Zeitspannen (Tagen bis Jahre)
hinweg untersucht werden sollen
- häufiges Vorkommen in Bildungskontexten
- Aussagen dazu möglich, welche Faktoren mit den beobachteten Entwicklungen und
Veränderungen in Zusammenhang stehen oder gar als ursächlich dafür in Frage kommen
- liefern Indizien zu den kausalen Bedingungen von Veränderungen
- gegenläufige Wirkrichtung kann ausgeschlossen werden
Metaanalyse
- keine eigenen Daten werden erhoben, sondern die Ergebnisse bereits vorliegender Studien
196
werden systematisch gesichtet, bewertet und mit Hilfe statistischer Methoden integriert
- arbeiten meist mit Hilfe sogenannter Effektstärken (= statistische Maße, die Aussagen über die Größe
und damit die inhaltliche Bedeutsamkeit von Effekten (z.B. Unterschieden, Zusammenhängen) erlauben)
o bei Bedeutsamkeit von Unterschieden zwischen Gruppen wird Effektstärkemaß d
herangezogen
- wichtiges Effektstärkemaß zur Beurteilung der Enge eines Zusammenhangs zwischen zwei
Merkmalen ist der Korrelationskoeffizient r
- Interpretationshilfen zur Auswertung der Daten – Coe 2002
- Vorteil: schneller Überblick über eine Vielzahl von Befunden, können damit sehr
unterschiedliche und große Stichproben einbeziehen
- Nachteil: Aussagekraft einer Metaanalyse ist untrennbar mit der Qualität jeder einzelnen der
integrierten Primärstudien verknüpft z.B. Studien, die keine Effekte verdeutlichen werden, kaum
veröffentlicht
197
Definition Stichprobe:
Für eine Untersuchung ausgewählte Teilmenge der Grundgesamtheit, welche diese möglichst gut
repräsentieren sollte
- Repräsentativität einer Stichprobe: alle für die Fragestellung relevanten Merkmale der
ausgewählten Personen sind ähnlich wie in der Grundgesamtheit verteilt
- Repräsentativ oder nicht ist Stichprobe in Bezug auf bestimmte Merkmale
- Zufallsstichprobe: zufällige Auswahl aus Population à beste & einfachste Methode
- Quotenstichprobe: bewusst zusammengesetzt à fokussierte Merkmal im ähnlichen
Verhältnis vertreten
- Gelegenheitsstichproben: ohne weitere Vorkehrungen zur Sicherung der Repräsentativität
gewonnen à Generalisierbarkeit?!
- Stichprobenfehler/ Standardfehler: zufällige Abweichung der Gegebenheiten in Stichprobe
zu Grundgesamtheit à Wsk kleiner, je größer Stichprobe
28.4 Analysemethoden
Deskriptive Statistik
Häufigkeitsverteilung
- Darstellbar mit Säulendiagramm
- Säulen auf der x-Achse stehen für die einzelnen Merkmalsausprägungen
- Höhe einer Säule (y-Achse) zeigt an, wie oft das jeweilige Merkmal in der Stichprobe
beobachtet wurde
Streuungsmaße
- hilfreich, um Unterschiede zwischen Personen und Gruppen angemessen zu beschreiben und
zu quantifizieren
- es geht hervor, wie stark die beobachteten Werte voneinander abweichen
- Streuungsbreite: Abstand zwischen der geringsten und der größten Ausprägung des
betrachteten Merkmals (auch: Spannweite) → stark von Extremwerten beeinflusst; erst ab
Ordinalskalenniveau einsetzbar
- Perzentile: Median wird auch als 50. Perzentil bezeichnet, da 50% der Stichprobe gleiche
oder geringere Merkmalsausprägungen haben. Nach derselben Logik lassen sich weitere
Perzentile angeben
- Varianz: geeignet, um Variabilität in einer Stichprobe zu quantifizieren; Berechnung setzt
Intervallskalenniveau voraus; Berechnung: für jeden Wert wird die Differenz zum Mittelwert
berechnet und quadriert (damit sich positive und negative Abweichungen vom Mittelwert nicht gegenseitig
198
aufheben und größere Abweichungen stärker gewichtet werden) und zuletzt der Durchschnitt dieser
quadratischen Abweichungen berechnet
- Standardabweichung: Quadratwurzel der Varianz → Streuungsmaß in der ursprünglichen
Metrik resultiert, ist interpretierbar
- Verteilungen vieler psychischer Merkmale sind näherungsweise normalverteilt, wird als
Kurve dargestellt: Abszisse gibt die Merkmalsausprägung und die Ordinate die Häufigkeit, mit
der die jeweiligen Werte auftreten an
- Standardabweichung spiegelt sich in Breite der Verteilungskurve wider
Zusammenhangsmaße
- zum Analysieren, ob und wie stark zwei oder auch mehrere Merkmale miteinander
zusammenhängen, steht eine große Zahl teils sehr fortgeschrittener Verfahren zur Verfügung
(z.B. Regressionsanalysen, Strukturgleichungsmodelle)
- Berechnung von Korrelation (= Maß, das die gemeinsame Variation zweier Merkmale quantifiziert) zentral
o Korrelationskoeffizient r
o dient dazu, über Stärke und Richtung von Zusammenhängen zwischen zwei Variablen
Auskunft zu geben
- negative Vorzeichen verdeutlicht gegenläufige Beziehung von Variablen
- Korrelation ist Maßzahl, die es erlaubt, den Zusammenhang zweier Merkmale in einer
Stichprobe unabhängig von Skalenmaßstäben zu quantifizieren
o Korrelationskoeffizient kann theoretisch Werte zwischen +1.00 (perfekter positiver
Zusammenhang) und -1.00 (perfekter negativer Zusammenhang) annehmen
o r=0 → kein Zusammenhang besteh
o r=.10 schwacher; r=.30 mittlerer; r=.:50 starker Zusammenhang – Cohen 1988
Inferenzstatistik
- Ziel: zur Überprüfung von Forschungshypothesen von den in einer Stichprobe vorgefundenen
Bedingungen auf die Gegebenheiten in der Grundgesamtheit zu schließen
- Frage, ob aus der Korrelation in der Stichprobe geschlossen werden kann, dass ein
Zusammenhang auch in der Grundgesamtheit besteht
- Zunächst wird eine Nullhypothese H0 formuliert, die keinen Zusammenhang, Unterschied
oder Effekt annimmt
- Komplementär dazu wird eine Alternativhypothese H1 formuliert, die das gegenteilige
Ergebnis postuliert → ist identisch mit der zu prüfenden Aussage
- Ausgangspunkt inferenzstatistischer Hypothesentestungen: Vermutung der Gültigkeit der
Nullhypothese in der Grundgesamtheit → nur wenn Daten der Stichprobe hinreichend
Anlass geben, die Nullhypothese anzuzweifeln, wird sie zugunsten der Alternativhypothese
verworfen
- Irrtumswahrscheinlichkeit (= Signifikanzwert p) lässt sich in Tabellen nachschlagen oder
direkt von der verwendeten Statistiksoftware ausgeben
- vor der Untersuchung ist festzulegen, welche Irrtumswahrscheinlichkeit als gerade noch
ausreichend gering gelten soll, um die Alternativhypothese anzunehmen
o Höchstgrenze wird als Signifikanzniveau oder auch als Alpha-Niveau bezeichnet
§ typischerweise werden Signifikanzniveaus von p < :05 (5 %-Niveau), p < :01
(1 %-Niveau) oder p < :001 (0.1 %-Niveau) angesetzt
o liegt der ermittelte Signifikanzwert unter dem festgelegten Niveau werden die
199
Befunde als „signifikant“ bezeichnet; tut er es nicht, wird von rein zufälligen Effekten
ausgegangen, die keine inhaltliche Bedeutung haben und nicht interpretiert werden
können
- „zweiseitigen“ Hypothese (Alternativhypothese enthielt keine Annahme zur Richtung des Zusammenhangs
der thematisierten Variablen) und „einseitige“ Hypothesen (positiver oder negativer Zusammenhang)
formulierbar
- Inferenzstatistik ermöglicht es, Aussagen zu großen Gruppen zu treffen, obwohl nur ein Teil davon tatsächlich
untersucht wurde → Preis dafür ist die Möglichkeit sich zu irren, die jedoch durch Berechnung des Signifikanzwerts
kalkulierbar wird
- wichtig für die Beurteilung von diagnostischen Entscheidungen, v.a. bei Klassifikation
o Grenzwert (= Cut-Off), bei welchem Grenzwert Person negativer oder positiver Zustand zugeschrieben wird
o Z.B. Hochbegabung: höherer Cut-off Wert minimiert Risiko a-Fehler, aber erhöht gleichzeitig Risiko des b- Fehlers, d.h. das Hochbegabung übersehen wird
o Manchmal Entscheidung nötig, was wichtiger Sensitivität/Spezifität
- Sensitivität
o Wahrscheinlichkeit, mit der tatsächliches Vorliegen eines positiven Zustands (Störung wie LRS, Hochbegabung) durch Anwendung eines diagnostischen Verfahrens erkannt wird
o Gegenwahrscheinlichkeit des b -Fehlers
o umso höher, je größer die Korrelation des Tests mit einem Kriterium (Kriteriumsvalidität)
- Spezifität
o Wahrscheinlichkeit, mit der ein tatsächlich negativer Zustand (keine LRS, keine Hochbegabung) durch Anwendung eines diagnostischen Verfahrens erkannt wird
o Gegenwahrscheinlichkeit des a-Fehlers
- Prädikationswert = mit welcher Wahrscheinlichkeit ein durch ein diagnostisches Verfahren attestierter positiver oder negativer Zustand tatsächlich zutreffend ist
o positiver Prädikationswert
§ Wahrscheinlichkeit, mit der ein positiv diagnostizierter Zustand tatsächlich vorliegt
§ = hit rate: Anteil an Personen mit tatsächlich positivem Zustand von allen, die positiven Zustand diagnostiziert bekommen haben (z.B. tatsächlich Hochbegabte in einer Hochbegabten-Klasse, die dorthin aufgenommen wurden)
o negativer Prädikationswert: Wahrscheinlichkeit, mit der ein negativ diagnostizierter Zustand tatsächlich vorliegt (z.B. Anteil der Nicht-Hochbegabten, die nicht in Hochbegabten-Klasse aufgenommen wurden)
- hängen beide sowohl von Spezifität und Sensitivität ab als auch von Basisrate und Selektionsquote
o Basisrate = Anteil der Personen einer Population mit positivem Zustand (tatsächlicherAnteil)
o Selektionsquote = Anteil an Personen einem richtigerweise und fälschlicherweise positiv diagnostizierten Zustand
200