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Lernen
1. Nicht-assoziatives Lernen
- Beispiel 1: Ratte sitzt im Käfig, lauter Ton, Ratte erschrickt, Ausmaß der Schreckreaktion wird gemessen, Ton
wird erneut präsentiert, Reaktion nimmt ab
Wie kann man diese Verhaltensänderung erklären?
a) Muskelermüdung (Ausschluss: andere Reaktionen funktionieren noch)
b) Sensorische Adaption (Ausschluss: anderer Ton produziert immer noch Reaktion)
c) Veränderung im ZNS, die zwischen Sensorik und Motorik vermittelt
→ Habituation = ein vermeintlich bedeutsamer Reiz ist in Wirklichkeit unbedeutend, weshalb sich die Stärke
darauf verringert
- Beispiel 2: Ratte sitzt im Käfig, lauter Ton mit lauterem Hintergrundgeräusch, Ratte erschrickt, Ausmaß der
Schreckreaktion wird gemessen, Ton wird erneut präsentiert, Reaktion verstärkt sich
2. Lernen
= ist ein Prozess einer relativ überdauernden Veränderung unseres Verhaltenspotenzial aufgrund von
Erfahrung
→ Prozess: Zeit ist notwendig, um etwas zu lernen
→ Verhaltenspotenzial: Man könnte es, muss es aber nicht zwingend tun
→ Erfahrung: Grenzt Lernen von Reifungsprozessen ab
- Nicht-assoziatives Lernen: Veränderung reflektorischer Reaktionen auf einen sich wiederholenden Reiz
→ reflektorische Reaktion ändert sich im Laufe des Lebens
- Assoziatives Lernen: Verknüpfung zwischen 2 Ereignissen (Reize, nicht-reflektorische Reaktion) gebildet
→ genauer: es wird eine Verknüpfung zwischen den mentalen Repräsentationen zweier Ereignisse gebildet
3. Klassische Konditionierung
Begriffe:
a) Neutraler Reiz: ist bedeutungslos für Individuum
→ Beispiele: Objekte, Personen, Licht, Ton, taktile Reize, Gerüche
b) Orientierungsreaktion: Reaktion beim Präsentieren des neutralen Reizes
c) Unkonditionierter Reiz (US): löst reflektorische, unkonditionierte Reaktion aus
(unbewusst, angeboren)
d) Unkonditionierte Reaktion (UR): Reaktion, die durch Konfrontation des Organismus mit dem
unkonditionierten Reiz hervorgerufen wird
→ Blinzeln, Niesen, Würgen
e) Konditionierter Reiz (CS): ehemals neutraler Reiz; Reiz, der nach gemeinsamer Präsentation mit dem
unkonditionierten Reiz eine Reaktion auslöst
f) Konditionierte Reaktion (CR): oft ähnlich mit UR; gelernte Reaktion auf einen zunächst neutralen Reiz
g) Trial: einmalige Präsentation von Ton & Futter (Lerndurchgang)
h) Test-Trial: einmalige Präsentation des Tons (Testdurchgang)
Typisches Vorgehen:
Innerhalb von 5 Minuten: Trial (Ton & Futter), nach 5
Minuten wieder und wieder usw. (zuerst CS, dann US)
Jeder 10. Trial: Test-Trial
Links: Testtrials dargestellt
Pawlows Analyse
- Mentale Repräsentation des Futters + reflektorische Verbindung zu Speicheldrüsen
- Verbindung der mentalen Repräsentation des Tons zur mentalen Repräsentation des Futters ausgebildet
→ Lernprozess (=klassische Konditionierung)
4. Zusammenfassung
- Reflexartige Verbindung vor dem Lernen (Futter → Speicheln)
- Paarung des neutralen Reizes (z.B. Ton) mit unkonditionierten Reiz (z.B. Futter)
- Nach Lerndurchgängen führt die Präsentation des ehemals neutralen Reizes zur konditionierten Reaktion
5. Löschung
= Verringerung/Elimination der CR durch wiederholte Darbietung des CS ohne US
- Lässt sich eine konditionierte Reaktion wieder verlernen?
- Prinzip: konditionierter Reiz wird wiederholt ohne unkonditionierten Reiz
a) CS → CR
b) Wiederholung: CS
c) Test: CS → keine CR
- Konditionierte Reaktion nimmt mit wachsender Zahl von Lösungsdurchgängen ab
- Speichelfluss nimmt ab
- Wie ist die Löschung zu erklären?
→ Nicht: Abschwächen der Verbindung durch Lösung, denn: Spontanerholung
- Durchführung von Löschungsvorgängen: Hund reagiert nach einiger Zeit wieder auf Ton
(= Verbindung nicht vollständig abgebaut)
7. Generalisierung
= Tendenz auf Reize, die dem CS ähnlich sind, ebenfalls mit CR zu reagieren
- Prinzip:
a) Wiederholt: CS + US → UR
b) Test: CS → CR
c) Ähnlich: CS → ähnlich CR
8. Diskrimination
= Ergebnis einer Konditionierung, um zwischen ähnlichen Reizen zu differenzieren
- Prinzip:
a) Wiederholt: CS1 + US, CS2 + kein US
b) Test: CS1 → CR; CS2 → keine CR
10. Angstkonditionierung
→ conditioned emotional response
- Versuchstier drückt Hebel, um Futter zu bekommen
- Messen, wie oft Hebel in bestimmter Zeitspanne gedrückt wird
- Dann wird Versuchstier verängstigt
- Erneut messen, wie oft Hebel gedrückt wird
→ Versuchstier wird seltener drücken
Prinzip:
1. Instrumentelles Konditionieren (Hebeldrücken für Futter)
2. Klassisches Konditionieren
US: Elektroschock
UR: Verharren (weniger Hebeldrücken)
NS / CS: Licht
CR: Verharren (Weniger Hebeldrücken)
→ suppression ratio
- Abhängige Variable: suppression ratio
- A: Anzahl Hebeldrücke vor CS (Konditionierung bereits abgeschlossen)
- B: Anzahl Hebeldrücke während CS
- Suppression ratio: B / (A+B)
→ 0 ≤ B/(A+B) ≤ 1
→ bei gleich viel A & B kommt 0,5 raus, das heißt keine Angst
→ bei 1 würde angstmachender Reiz keine Angst machen
- Einfach zu messen, sehr genau und kein großer Aufwand (s. Elektroden)
- Maximale Angst: 0
Rechen-Beispiel: CS Kein CS
Kontingenz = p(US I CS) – p(US I kein US) = 0,46 (mittelmäßig)
US 15 5 20
15 25
P(US I CS) = p(US und CS) / p(CS) = - Kein US 10 30 40
60 60
25 35 60
5 35
P(US I kein CS) = p(US und kein CS) / p(kein CS) = -
60 60
12. Kontiguität
Von bester zu schlechtester Methode
(oben bereits wenige Durchgänge gut, unten
auch viele Durchgänge schlecht)
13. Kontingenz
Rescorlas Experiment:
- Gruppe 1: zu zufälligen Zeitpunkten einen 2-Minuten Ton + zu zufälligen Zeitpunkt Elektroschock
- Gruppe 2: zu gleichen Zeitpunkten wie Gruppe 1 Ton + Schock während Ton
→ Kontinuität ist bei beiden gleich (Raum-Zeit)
→ Kontingenz ist unterschiedlich
Ergebnis:
Suppression ratio gegen 0, das heißt die
Konditionierung in Gruppe 2 war
erfolgreich; in Gruppe 1 dagegen 0,5 also
keine Angst
Preparedness (Bereitschaft)
Geschmacks-Aversions-Lernen /
Nahrungs-Vermeidungs-Lernen
- Erklärung: klassische Konditionierung
- Beispiel:
a) US: Nahrungsaufnahme
b) UR: Übelkeit
c) CS: Geschmack/Geruch der Nahrung
d) Assoziation zwischen Geschmack/Geruch (CS) und Übelkeit (UR) → ungewöhnlich
→ zweifelhafte Darstellung
Wieso gibt es eine Assoziation zwischen
Geschmack/Geruch und Übelkeit, nicht aber
zwischen Fressort und Übelkeit
- Garcia & Koellings Experiment
Zwei möglichen Interpretation:
- Unterschied zwischen Geschmack und Licht/Ton
hinsichtlich der Konditionierbarkeit der
Nahrungsvermeidung (prepardness)
- Für Ratten ist Geschmack besser konditionierbar
als Licht/Ton
Kontrollbedingung: keine Bestrahlung und
Übelkeit, sondern Schock ausgelöst durch Trinken
Spekulation: krankmachendes Futter wird von
Ratten vermieden, um Überlebenschancen zu
erhöhen
Probleme:
- Bestrahlung kein Reiz, da Reiz wahrgenommen werden
- Geschmacks-Aversions-Lernen: wird nicht mehr klassischen Konditionierung zugeordnet → one-trials
- Verzögerungen von bis zu 24h möglich
14. Blocking
= Die Tendenz, dass ein Stimulus beim Konditionieren verhindert, dass ein weiterer Stimulus auf den gleichen
US konditioniert wird
- Experiment von Kamin: Furchtkonditionierung der Ratten
- US: Schock
- CS1: Licht, CS2: Ton
- UR: Furcht (suppression-ratio)
Kontrollgruppe:
- CR auf Licht → suppression-ratio = 0,05 (Angst)
Experimentalgruppe:
- Suppression-ratio = 0,45 (keine Angst)
Gruppe Phase 1 Phase 2 Testtrial (suppression ratio)
15. Rescorla-Wagner-Modell
= Modell, das fast alle Befunde zum klassischen Konditionieren erklären kann, also Konditionierung, Löschung,
blocking, Kontingenz mit einer Formel: ΔV = c* (Vmax – Vn) (c muss zwischen 0 und 1 liegen)
- Vorüberlegungen:
- Nach Kamin: Lernen (=klassisches Konditionieren) findet nur statt, wenn der US unerwartet kommt (dann
betreiben wir Gedächtnissuche → Suche des Prädiktors)
- Problem: Im Behaviorismus existieren keine Erwartungen
- Rescorla-Wagner: Ausmaß des Lernens ist abhängig vom Ausmaß der Überraschung
(Je überraschender, umso mehr Lernen findet statt)
Terminologie:
- Kamin: Erwartungen, Gedächtnissuche
usw. → kognitiv
- Rescorla-Wagner: Begrifflichkeiten der
Behavioristen, z.B. Assoziationsstärke
Lernkurve:
- Bei wiederholter Darbietung von CS und
US wird Assoziation gebildet, die immer
stärker wird
- Assoziationsstärke: V
- Maximale Assoziationsstärke: Vmax
- In jedem Durchgang wird Assoziationsstärke erhöht
- Ausmaß der Erhöhung: ΔV
- Lernkurve (Maß der y-Achse kann variieren; 0% - 100%)
Größe der Überraschung:
- Wenn der Lernzuwachs (ΔV) vom Ausmaß der Überraschung abhängt, gilt: ΔV proportional zu V max – Vn
- Vn ist Assoziationsstärke zu Beginn von trial n
- ΔVn ist Änderung der Assoziationsstärke nach trial n
- c: Lerngeschwindigkeit (manches Konditionieren, wie Speichelfluss, langsam; anderes schnell)
→ wir versuchen nicht, quantitative Vorhersagen zu generieren, sondern begnügen uns mit qualitativen Vorhersagen
Konditionierungsbeispiel: Pawlows Hund
- wollen Vorhersagen: speichelt mehr / weniger
- Vmax = 1.0 und c = 0.3
V1 = 0.00
V2 = V1 + ΔV1
Blocking
- CS1: Ton in erster Phase; maximale Assoziationsstärke erreicht, daher: V(CS1) = 1
- Kombination von CS1 (Ton) und CS2 (Licht) in zweiter Phase; V(CS1,CS2) = V(CS1) + V(CS2) = 1 + 0 = 1
- CS2 (Licht): in dritter Phase alleine; ΔV(CS2) = c*(Vmax – V(CS1,CS2)) = 0,3 * (1-1) = 0
compound stimulus (min. 2 Reize zur selben Zeit)
- Addition der Assoziationsstärke ΔVa = ΔVb = c* (Vmax(ab) – Vn(ab)) → CSa und CSb (Va = Vb)
→ Overexpectation (Übererwartungseffekt)
Was kann das Modell erklären? Was kann das Modell nicht erklären?
- Konditionierung - Latente Inhibition (preexposure Effect)
- Löschung → Habituation neutralen Reizes
- Blocking - Spontanerholung
- Konditionierte Hemmung - Konfigurales Lernen
- Übererwartungseffekt - Re-Konditionierung
(kein Parameter für zeitliche Aspekte)
16. Instrumentelle Konditionierung
- Geht auf Throndike zurück, der Katzen beobachtete, die aus einem Käfig ausbrechen wollen für Futter
→ Puzzle Box
- Ergebnisse: gradueller Prozess laut T., daher kein einsichtiges Lernen
- Thorndikes law of effect: Handlungen, auf die ein befriedigender Zustand folgt, werden besonders gut im
Gedächtnis behalten und auch häufiger ausgeführt
- Problem: Woher wissen wir, dass die Katze befriedigt ist?
→ all das löst Befriedigung aus, was das Tier behalten will, wie Futter
Aber: „Befriedigung“ hat emotionale Konnotation → gegen Behavioristen
Experiment von Sheffield, Wulff & Backer (1951)
- Männliche Ratte läuft in Zielbox (empfangsbereites
Weibchen), darf aber nicht ejakulieren
- Ratte rennt jeden Durchgang schneller, obwohl keine
Befriedigung, daher: Verstärker = erhöht
Auftretenswahrscheinlichkeit eines bestimmten Verhaltens
Unterscheidung instrumenteller und klassischer Konditionierung
instrumentell Klassisch
Ereignis 1 Verhalten (Response) Reiz (Licht, Ton, etc.)
Ereignis 2 Reiz (Stimulus S*)
Definition Bezeichnet das Erlernen einer Bezeichnet eine Form des Lernens,
bestimmten Verhaltensweise mit in der ein Reiz (E1) ein
dem Ziel, eine bestimmte bevorstehendes Ereignis (E2)
Konsequenz zu erreichen ankündigt und daher eine Reaktion
→ das eigene Verhalten dient als auslöst
Instrument für das Erreichen eines → nach bestimmtem Reiz tritt
Zieles bestimmtes Ereignis ein
Basic procedures
- Standardmethoden:
a) Labyrinthlernen
b) Skinnerbox
Verstärkertypen
a) Primäre: benötigen kein spezielles Training, wie Futter/Wasser oder sensorischer Input
b) Sekundäre: werden erlernt, wie Geld
c) Soziale: Lob, Zuwendung, Lächeln (primär sowie sekundär)
(4) Vorlesung, 02.05.2022
Verstärkerpläne:
Löschung
- Wenn wir Verhalten löschen wollen, dann hören wir auf, es zu verstärken
→ ist die Dauer bis zur Löschung abhängig vom Verstärkerpläne?
Idee:
- 2 Gruppen von Ratten (straight-alley maze): eine Gruppe jedes Mal verstärkt und andere Gruppe jedes zweite
Mal verstärkt
- Dann Aufhören mit Verstärkung → Welche Gruppe läuft länger das Labyrinth runter?
Vorhersage: Verstärkung erhöht Auftretenswahrscheinlichkeit des erwünschten Verhaltens
- Viel Verstärkung (jedes Mal) sollte zur stärkeren Assoziation führen als weniger Verstärkung (jedes 2. Mal)
- Gruppe mit kontinuierlicher
Verstärkung länger bis zur
Löschung
Humanbereich
- Versuchspersonen mit Slot-
Maschine spielen:
differenzierte Verstärkung
des Gewinns (100%, 75%,
0% etc.)
- Wie lange spielten VP
weiter?
- Je häufiger Verstärkung in Konditionierung, um so früher aufgehöhrt
- Weil: die, die nie gewonnen haben, denken, dass der nächste Sieg näher ist
- Die, die ständig gewinnen, denken, dass das nächste Spiel Verlust wäre
Bestrafung
- Verstärkung: Erhöhung der Auftretenswahrscheinlichkeit eines erwünschten Verhaltens
- Bestrafung: Verringerung der Auftretenswahrscheinlichkeit eines unerwünschten Verhaltens
Verstärkung Bestrafung
Positiv (etwas geben) Für erwünschtes Verhalten wird für unerwünschtes Verhalten wird
Verstärker verabreicht Strafreiz verabreicht
Beispiel: Lob, Geschenke, Geld, Prämie Beispiel: körperliche/seelische Gewalt,
Nachsitzen
Negativ (etwas nehmen) Für erwünschtes Verhalten wird Für unerwünschtes Verhalten wird
negatives weggenommen positives weggenommen
Beispiel: Medikamente, wie Aspirin Beispiel: Spielzeug, Haftstrafe
- Experiment Skinner:
- Bestrafung nützt wenig laut Abbildung
- Aber: Versuchungs-Test
→ Wie lange können Hunde der Versuchung
widerstehen?
a) 15-Sekunden-Gruppe: 3 Minuten
b) 5-Sekunden-Gruppe: 8 Tage
c) 0-Sekunden-Gruppe: 2 Wochen
Daher:
- Bestrafung bei Tieren funktioniert prima, wenn:
a) Strafreiz heftig genug ist
b) Strafreiz sofort gegeben wird
c) Strafreiz jedes Mal gegeben wird (20mal falsch Parken, aber nur eine Strafe: nichts gelernt)
d) Strafreiz in unterschiedlichen Reizkonstellationen gegeben wird
1. Sensorisches
- Auch genannt: sensorisches Register, Ultrakurzzeitgedächtnis, iconic/echoic memory
- Alte Idee: visuelle Persistenz, Segner
- Moderne Untersuchung des sensorischen Registers
- VP sehen kurz Buchstabenmatrix z.B. (3 Zeilen zu je 4 Buchstaben)
- Präsentation zwischen 15 und 500 ms
- Verschiedene Anordnungen, 3*4 oder 2*4
- Unterschiedliches Material, wie Buchstaben / Ziffern
- Aufgabe: Reproduziere so viele wie du kannst! (whole report demo)
- Typisches Ergebnis: 3-4 Items korrekt reproduziert
- Aber: VP konnten kurz nach Darbietung immer noch ganze Matrix sehen, doch Information verblasste schnell
→ Wie kann man feststellen, dass mehr Information verfügbar ist als berichtet werden kann?
- Partial report:
- Buchstabenmatrix mit kurzer Darbietung
- Danach: a) hoher, b) mittlerer, c) tiefer Ton
→ a) nur obere Zeile, b) mittlere Zeile, c) untere Zeile
- Ergebnis: VP berichten 3 bis 4 Items
- Interpretation
- Direkt nach Darbietung ist vollständige Information vorhanden
- Information zerfällt schnell, während VP reproduzieren
- Bei partial report: 3-4 Items, dann müssen 9-12 verfügbar gewesen sein
- Wie lange hält Gedächtnisspur?
- Idee: partial report, aber Ton mit Verzögerung nach Item-Matrix
Averbach und Coriell
- Kurzfristig Matrix zeigen, dann verschwinden: nah der Items Markierung, von der sie berichten sollen
- Markierung direkt nach display-offset: fast perfekte Wiedergabe
- Markierung mit Verzögerung: verschlechterte Wiedergabe
- Übereinstimmende Interpretation: visuelle Information liegt vor, zerfällt allerdings schnell
(6) Vorlesung, 16.05.2022
Sperlings Modell
Ablauf
- Lichtmuster gelangt in System
→ 1. Ins iconic memory
(visual information storage, VIS)
- Im VIS ist Information präkategoriell
→ Information zerfällt innerhalb einer Sekunde
- Scanning-Prozess: liest Informationen sequenziell aus VIS und platziert sie in recognition buffer
- Im recognition buffer wird Information ein Name zugewiesen (wird kategoriell)
- Kodierung im recognition buffer ist auditiv
- Aufgrund auditiver Kodierung im R-buffer entstehen Verwechslungsfehler anhand des Klanges
- Der rehearsal-Prozess erfolgt, um Items zu behalten
→ Transport der Items in auditiven Speicher (AIS)
- Muss Information berichtet werden, so wird sie aus recognition buffer geholt und in motorische Kommandos
(Aufschreiben, Aussprechen) übersetzt → translation, T
- Erklärt das Modell die Befunde?
a) Whole report
- VP bilden icon des displays im VIS
→ gescannt → Items erkannt → rehearsed → aufgeschrieben
- Problem: Verarbeitungskapazität ist limitiert, benötigt Zeit
→ nicht alle Items werden gescannt, bevor icon zerfällt
b) Partial report
- Signal erlaubt, Scan-Bereich einzuschränken auf relevante Lokation
- Fast alle relevanten Items können gescannt und erkannt werden: bessere Behaltensleistung
- Moray, Bates und Barnett (1965)
→ sofortiger visueller Hinweisreiz: b) besser als a)
- Darwin, Turvey und Crowder (1972)
→ visueller Hinweisreiz zeitlich verzögert: b) immer noch besser als a)
- Delay muss größer sein als im visuellen also echoic memory zerfällt nicht so schnell wie iconic memory
Probleme mit Sperlings Modell
- Methodologisch:
- Vergleich zweier experimenteller Bedingungen, dann dürfen sich diese nur in der Stufe der UV unterscheiden,
in allem anderen identisch
- Whole report und partial report: geblockt → ungünstig
- Whole report und partial report gemischt:
→ ggf. Vorteil von whole vs. Partial report als Strategieeffekt, nicht als Eigenschaft des iconic memory
- Prä-kategoriell
- Information kann aufgrund physikalischer Dimensionen (wie Lokation) selegiert werden, aber nicht aufgrund
kategorieller Dimension
- Aber: kleiner, nicht bedeutsamer Vorteil für partial report
Merikle (1980)
- Whole und partial report gemischt, nicht
geblockt
- Ziffern vs. Buchstaben bei partial report
→ statistisch bedeutsamer Vorteil
- Ergo: Information ist nicht prä-kategoriell
- Warum sinkt Leistung bei partial report mit
steigendem cue delay?
- Beispiel: 9 von 26 verschiedenen Buchstaben gezeigt
a) p = 1/26: sie rät richtig, wir bemerken keinen Fehler
b) p = 8/26: location error (nennt Buchstaben von display, aber nicht gewünschten)
c) p = 17/26: instrusion error (nennt Buchstaben, der nicht auf display war)
- tatsächlicher Befund: mit cue-delay nehmen location errors zu, nicht aber intrusion errors
→ nicht iconic memory zerfällt, sondern Lokationsinformation geht verloren
Kodierung im STM
a) Phonologisch
→ phonological similarity effect
- Conrad & Hull
- PGTVCD (schwer) vs. RHXWY (leichter)
- Erklärung: Speicher basiert auf phonologischen Coe; phonologisch ähnliche Items = ähnliche Codes
→ Diskrimination schwieriger
- Baddeley, 1966
- Pit, day, cow, pen, hot: einfach
- Cat, map, man, cap, mad: schwer
- Huge, wide, big, long, tall: einfach, obwohl semantisch ähnlich
b) Visuell
- Merken, welche Stellen schwarz waren: dann Ausfüllen
- Kategoriezugehörigkeit ist Semantik
Phonological loop
a) Phonological store
(Speicher für sprach-basierte
Information)
b) Articulatory control process
(Auslesen aus/zurückschreiben in
PS)
(Konvertierung geschriebenen
Materials in phonologischen Code
und Speicherung in phonological
store)
Empirische Belege für phonologische Kodierung im phonological store
→ phonological similarity effect
→ unattended speech effect
(Während Präsentation der Ziffer wurde Text/Nonsense-Silben – akustisch – eingespielt; statt Sprache
Rauschen, keine Beeinträchtigung der Wiedergabeleistung) immer mit immediate serial recall
- Auswirkungen auf LTM noch nicht hinreichend untersucht
Word length effect
- Gedächtnisspange (Anzahl zu erinnernder Chunks) abhängig von Sprechdauer der zu merkenden
Wörter
→ je größer Sprechdauer, um so geringer Behaltensleistung
- Sprachdauer oder Silbenzahl?
a) Zweisilbig, lange Aussprache: Friday, harpoon
b) Zweisilbig, kurze Aussprache: wicket, bishop
→ Sprechdauer: nicht Silbenzahl
- Erklärung
- Zu behaltenden Items im phonological store
- Gedächtnisspur zerfällt von 2 Sekunden
- also muss der articulatory control process die Items auffrischen
- je mehr Items er auffrischen kann, umso besser ist die Behaltensleistung
- je kürzer die Artikulationsdauer jedes Items ist, umso mehr können aufgefrischt werden, bevor sie
zerfallen sind
visuo-spatial sketch pad
- welche mentale Repräsentation liegt dieser visuellen Vorstellung zugrunde?
- Bei bildhaftem Material: analog-artige mentale Repräsentation besitzen
Shepard und Metzler (1970)
- Zur Untersuchung dieser analog-artigen Repräsentation:
- VP durch Tachistoskop sah 2 Objekte
→ Entscheidung: gleiche Objekte? (teilweise gedreht, teilweise nicht-identisch)
Variablen
- UV: Rotationswinkel
- AV: Zeit bis zur Entscheidung
- Trials: 1600 (3-4 Durchgänge)
- Monotoner Zusammenhang zwischen Drehwinkel und Reaktionszeit
- Central executive
- Als Aufmerksamkeit steuerndes System betrachtet
- Erneut dual-task Paradigma
1) Beim Schach mit guten/Schlechten Spielern
2) Zweitaufgabe
→ Control (nichts)
→ articulatory suppression (phonological loop)
→ räumliche Aufgabe (Tasten drücken auf Taschenrechner), visuo-spatial sketch pad
→ random generation
- Ergo: Schachaufgabe hat starke visuell-räumliche und zentrale Merkmale (keine phonologischen)
- Working memory Modell
- Ursprüngliches Modell bestand aus
a) Central executive
b) Phonological loop
c) Visuo-spatial sketch pad
- Probleme des ursprünglichen Modells
(1) Wie gelingt recall bei articulatory suppression?
→ episodic buffer wirkt wie back-up store
(2) Wie ist working memory mit LTM verbunden?
→ alle Subsysteme haben Verbindungen zum LTM
(3) Gedächtnis-Spanne ca. 7 ± 2
→ nur 2/3 im phonological loop: Wo ist der Rest?
Antwort: Verbindung zwischen visuo-spatial sketch pad und phonological loop über episodic
buffer
Sprachliches Update:
- Phonological store: short-term store (näher an Idee des STM)
- Articulatory control process: articulatory rehearsal process
- Unattended speech effect: irrelevant sound effect (auch nicht sprachliche Geräusche stören)
Lokalisation des Arbeitgedächtnisses?
- These: Working-memory im präfrontalen Cortex
- Überprüfung: Goldman-Rakic
- Unterscheidung working memory vs. LTM
Experiment Arbeitsgedächtnis: Experiment zum assoziativen Gedächtnis:
Merken, wo Futter war; in Pause nicht vergessen; dann Abdeckungen unterscheiden sich: Seite ist egal, nur
richtige Reaktion einmal merken, dass X richtig
- Ähnliche Zellen auch in anderen Bereichen des Gehirns
- Sternberg-Paradigma:
- Bisher: Wichtig war Qualität der Antwort (Gedächtnisspanne, Reproduktion)
- Neu: Zeitbedarf (Wie lange dauert Entscheidung?)
- Aufbau: 1-6 Ziffern sequenziell darbieten, dann Testziffer, dann
VP, ob Testziffer in Liste oder nicht
(Ziffern von 0-9, keine doppelt)
- Terminologie: Anzahl der Ziffern (ohne Testziffer) = Listenlänge
- Testziffer in Liste: positiver Durchgang
- Testziffer nicht in Liste: negativer Durchgang
- Experimentelle Details: 1.2s Darbietung, 2s Pause, Testziffer, RT-
Messung, serial recall
→ 24 practice trials, 144 test trials pro VP, 8 VP (jede Bedingung
12mal)
Ergebnisse:
- Gefüllte Symbole: positive Durchgänge
- Ungefüllte Symbole: negative Durchgänge
→ nah beieinander
- Gerade: in Datenpunkte eingezeichnet; Steigung 38
- Entscheidungsfehler: 1,3% (niedrig)
Interpretation:
- Ergebnisse sprechen für seriell erschöpfende Suche im STM
- Serielle Suche: Im STM präsentierte Liste, dann Testitems → Vergleich
(Aufhören zu suchen, wenn Ergebnis gefunden: serielles Abbrechen → ist es nicht, weil: weniger
Vergleiche würde weniger RT bedeuten, ist nicht der Fall)
a) Zwei-Komponenten-Aufgabe
- Postman/Phillips
- Liste mit Wörtern: 3-10 → Merken
- Primacy effect: anfängliche Wörter in LTM
- Recency effect: STM
b) Speicherkapazität
- Miller
- STM: geringe Kapazität
- LTM: hohe Kapazität (nicht unendlich)
- Schneller input/output bei STM
c) Art der Kodierung
- Baddeley, Conrad & Hull
- Informationen im STM meist phonologisch kodiert, im LTM meist
semantisch
d) Neuropsychologische Evidenz
- Brenda Miller: Patient H.M.
→ Milners Folgerungen:
- Übertrag ins LTM ist Funktion, die im Temporallappen ist
- Medialer Temporallappen nicht für STM zuständig
- Temporallappen nicht Ort des STM
- Noch andere Form des LTM, die nicht von Funktion der
Temporallappen abhängt
→ Baddeley & Warrington (1970)
- Amnesiepatienten mit intaktem STM und beeinträchtigten LTM
Einfache Dissoziation:
- Dissoziation von H.M. ist Hinweis auf Trennung zwischen STM und LTM, aber nicht überzeugend
- Denn: STM könnte einfacher als LTM sein
→ man braucht min. 1 Patienten, der umgekehrtes Störungsmuster besitzt
Doppelte Dissoziation:
→ H.M.: STM unbeeinträchtigt, keine neuen Informationen ins LTM
→ K.F.: LTM unbeeinträchtigt, STM stark beeinträchtigt
- Trennung von STM und LTM
3 Prozesse
(1) Encoding
- Rehearsal: Übertrag von STM in LTM
- Zwei-Komponenten-Aufgabe (Postman & Phillips) → primacy effect
- Rundus: free recall Aufgabe → positive Korrelation zwischen recall-Wahrscheinlichkeit und rehearsal-
Häufigkeit
- Was spricht dagegen?
- Neuropsychologische Evidenz: wenn rehearsal für Transfer in LTM entscheidend, dann müssten
Patienten wie K.F. auch Probleme haben mit LTM (ist nicht so)
- Rehearsal führt nicht zwingend zu LTM-Konsolidierung (Tulving)
- Morton: Reproduzieren von Zifferncodes auf Telefonen → keine vollständig korrekt
- Bekerian & Baddeley: Radiofrequenzen
Levels-of-Processing
→ Verarbeitungs-Tiefe
- Craik & Lockhart (1972)
- Schwerpunkt: nicht nur Struktur ist Gegenstand der Theorie, sondern Prozesse, die zum Erinnern
führen
- Bedeutung des STM in Prozessen, die ausgeführt werden:
→ maintenance rehearsal (nur STM)
→ elaborative rehearsal (ins LTM)
- Experiment: Personen erhalten Liste mit unzusammenhängenden Wörtern, eins nach dem anderen
Eine von drei Aufgaben:
a) Groß/Kleinschreibung
b) Reimt sich das Wort?
c) Passt das Wort in den Satz?
- Trick: inzidentelles Lernen: wussten nicht, dass sie abgefragt werden, dann recognition
(Wiedererkennen)
- Ergebnisse:
b) Generation Effect
- Slameka und Graf
- Paarassoziationslernen (Messer-Gabel)
- 2 Gruppen:
a. Normales Lernen
b. Generiert Paarling selbst
- Cued recall: Generationsgruppe ist um 28% besser als die Standardgruppe
c) Testing effect
- Roediger und Karpicke
(2) Storage
- Konsolidierung:
- Grundidee: Hebb, 1949
- Neue Erinnerungen im STM mittels neuronaler Aktivität gespeichert
- Im Laufe der Zeit ins LTM und in Form struktureller Veränderung gespeichert (neue Synapsen)
→ Vergleich: Computer: Arbeitsspeicher (STM), Festplatte (LTM)
- Übertrag ins LTM kann gestört werden (Schädel-Hirn-Trauma)
- Amnesie:
a. Anterograde Amnesie (H.M.)
b. Retrograde Amnesie
→ Konsolidierungsprozess unterbrochen
Standardmodell: Konsolidierung mittels Hippocampus
Ist Konsolidierung abgeschlossen, wird Hippocampus nicht mehr benötigt, da Erinnerung permanent im
LTM liegt
Multiple trace model: beim Abruf späterer Gedächtnisinhalte wird Hippocampus benötigt
Rekonsolidierung:
- Bisher:
a. Durch Konsolidierung kommt Erinnerung
ins LTM
b. Beeinträchtigung der Konsolidierung stört
(3) Retrieval
→ Was hilft eigentlich beim Abruf, die Leistung zu verbessern?
- Recognition einfacher als recall
- Experiment: Mandler, Pearlstone, Koopsman
→ Liste mit 100 Wörtern, 5-mal präsentiert
→ recall: 38% korrekt
→ recognition: 96%
- Retrieval cues
- Experiment: Tulving & Pearlstone (1966)
→ Free recall group: 40%
→ cued recall group: 75%
- S
→ Was hilft beim recall?
a. Kontextabhängiges Gedächtnis: nicht spezifische retrieval cues, sondern der Kontext beeinflusst
Erinnerungsleistung
- Experiment: Godden &
Baddeley (1975)
→ nur eine
Versuchsgruppe: jede VP
hatte jede Bedingung
Baddeleys Erklärungen:
- Intrinsischer Kontext:
modifiziert Bedeutung des
zu lernenden Materials
und wirkt sowohl bei recall
als auch bei recognition
- Extrinsischer Kontext:
einfach nur da, wirkt nur bei recall als cue
b. Zustandsabhängiges Gedächtnis
- Nicht spezifische retrieval cues, sondern der körperliche / emotionale Zustand beeinflusst
Erinnerungsleistung
- Experiment: Goodwin et. Al (1969)
→ Alkohol: nüchtern-nüchtern > nüchtern-betrunken > betrunken-betrunken > betrunken-nüchtern
- Zustand des Lernens und Zustand des Abrufens sollte ähnlich sein
Vergessen
- Warum vergessen wir?
- 2 ganz alte Theorie:
a. Spurenzerfall (trace delay)
→ Spuren zerfallen im Laufe der Zeit, spontan und ohne unser Zutun
b. Interferenz (interference)
→ Gedächtnisinhalte beeinflussen, überschreiben sich gegenseitig
- Neu: cue-dependent forgetting
- Empirische Überprüfung
a. Spurenzerfall:
- Wie realisiert man, dass Gedächtnisinhalte ohne Einflüsse vergessen werden?
- Experiment: wechselwarme Tiere
→ Idee: weniger Temperatur, weniger Spurenzerfall
- Experiment: Minami und Dallenbach (1946) mit Schaben
→ Idee: Vermeidungslernen, dann Rumlaufen / Liegen, mehr Vergessen beim Laufen (Aktivität)
- Humanbereich:
- Wie verhindern wir zwischengeschaltete Aktivität?
- Idee: Schlaf
- Experiment: Jenkins & Dallenbach (1946)
→ Lernen – Behaltensintervall – Testen
- Vorhersage: Spurenzerfall = gleich viel Vergessen
- Ergebnisse: mehr Vergessen nach Wachzustand
- Ergo: Interferenz
→ Hockey, Davis & Gray: Lernzeitpunkt mehr Einfluss als wach/Schlafend
b. Interferenz
- Grundidee: Gedächtnisinhalte interferieren miteinander, beeinträchtigen sich also, was zu
Vergessen führt
- Je ähnlicher das Material zueinander, desto größer ist Interferenz, umso größer Vergessen
- Paarassoziations-Paradigma:
→ Liste mit Wortpaaren lernen, Testphase: ein Wort präsentiert und Partner nennen
(cued recall)
- Proaktive Interferenz:
Lernen Lernen Test
EG A-B A-C A-C
KG / A-C A-C
- Retroaktive Interferenz:
Lernen Lernen Test
EG A-B A-C A-B
KG A-B / A-B
→ KG besser als EG
Übung, 06.04.2022
Aufgaben:
1. Nennen Sie die Definition des Lernens und erläutern Sie die Bestandteile
2. Was versteht man unter nicht-assoziierten Lernen? Erläutern Sie an einem selbstgewählten Beispiel die
Habituation und Sensitivierung!
3. Begriffe der klassischen Konditionierung erläutern
4. Wie geht man experimentell vor, wenn man klassisch konditionieren will?
5. Stellt klassische Konditionierung Lernen im klassischen Sinne unserer Definition dar?