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EDITORIAL
Carsten Könneker
Chefredakteur
koenneker@spektrum.de
E in Unbehagen macht sich breit: Entmündigen wir uns durch die fortschreitende Digitali-
sierung selbst? Diese Frage treibt viele Menschen um, mit denen ich in den letzten Mona-
ten sprach, darunter etliche Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler. Beispiel Arbeit: Die
Richard J. Johnson (links) und
Peter Andrews spürten einen
sehr alten Gendefekt auf, der die
sich stetig beschleunigende Digitalisierung der Berufswelt wird unsere eigene Stellung darin Vorratsspeicherung von Fett
fundamental ändern. Denn keineswegs nur übernehmen Roboter Fließbandtätigkeiten. Algo- fördert. Diese Anpassung kann
rithmen verrichten auch Dienstleistungs- und Managementaufgaben zunehmend effektiver uns Wohlstandsmenschen von
als wir. Beispiel Beziehungen: Künstliche Intelligenzen werden von sozialen Netzwerken wie heute gefährlich werden (S. 20).
Facebook, dem aktuell 1,5 Milliarden Menschen angehören, eingesetzt, um Nutzerdaten nach
ökonomisch verwertbaren Wahrheiten zu durchkämmen. Was interessiert Sie, wie ticken, wie
fühlen Sie? Nie zuvor konnte jemand mehr über den Einzelnen in Erfahrung bringen.
Derlei Kenntnisse sind auch politisch und ideologisch verwertbar. Wer immer genauer
weiß, welche Fragen Sie umtreiben, wo Sie sich informieren und auf wessen Ansichten Sie
Wert legen oder pfeifen, kann Sie immer passgenauer lenken, ja fernsteuern. Menschliches
Verhalten wird programmierbar, die Gesellschaft automatisiert. Das ist der alarmierende Te-
nor eines leidenschaftlichen Denkanstoßes, den neun namhafte europäische Experten ex-
klusiv in »Spektrum der Wissenschaft« vorlegen (S. 50). Die Autoren aus den Bereichen Big Albert Einstein spielte die Kon-
Data, KI, Soziologie, Ökonomie, Psychologie und Philosophie wollen uns mit ihrem Digital- sequenzen veränderter Natur
Manifest wachrütteln. Wir brauchen eine neue Aufklärung, um Demokratie und individuelle gesetze gern im Geist durch. Ab
Freiheit vor totalitären Strukturen zu bewahren, die aus den Möglichkeiten der digitalen Re- S. 44 diskutiert die theoretische
volution erwachsen. Schon heute können die verborgenen Algorithmen von Suchmaschinen Physikerin Sabine Hossenfelder
Wahlen beeinflussen. Die Risiken der Fremdsteuerung des Menschen nehmen ein weltge- die Bedeutung der Methode
schichtlich einmaliges Ausmaß an – und umfassen neben unserer Manipulation durch Kon- Gedankenexperiment.
zerne, Hacker oder Regierungen auch unsere Instrumentalisierung durch künstliche Intelli-
genzen, die in den kommenden Jahrzehnten nie gekannte Fähigkeiten erwerben dürften.
Mir wurde der Verdacht, all dies seien überkommene Dystopien, am 9. November ausge-
trieben. Auf der hochkarätig besetzten Falling-Walls-Konferenz in Berlin zeigte der Neurowis-
senschaftler und Entwickler Demis Hassabis, Chef von Googles KI-Vorzeigeprojekt Deep-
Mind, wie seine künstliche Intelligenz autark lernte, verschiedenste Computerspiele zu be-
herrschen – ohne irgendeine Kenntnis der Ziele oder Regeln dieser Spiele einprogrammiert
bekommen zu haben, allein durch eigenständiges maschinelles Adaptieren. Nach x Spielver- Dass die zurückliegende Ebola
suchen stellte das System die Leistungen jedes noch so trainierten menschlichen Spielers epidemie in Westafrika so
weit in den Schatten, agierte ungleich erfolgreicher – ohne zu wissen, was Erfolg ist. Was pas- verheerend wütete, lag an ei-
siert, wenn man solche Fähigkeiten weiterentwickelt und auf heiklere Gebiete loslässt? nem fatalen Zusammentreffen
Ich lege Ihnen die Lektüre des Digital-Manifests sowie die begleitende »Strategie für das von Umweltzerstörung und
digitale Zeitalter« unserer neun Autoren (S. 59) nachdrücklich ans Herz. Armut, urteilt der Biologe Robert
L. Dorit ab S. 72.
Ihr
WWW.SPEKTRUM.DE 3
INHALT
SCHLICHTING!
48 Mit Silvesterraketen bis zu den Sternen
Die Farben irdischer Feuerwerke verraten ihre chemische
Zusammensetzung.
H. Joachim Schlichting
72 MATHEMATISCHE UNTERHALTUNGEN
68 Keine Rettung vor dem Abgrund
Terence Tao hat das 80 Jahre alte Diskrepanz-Problem von
Paul Erdős gelöst.
Erica Klarreich
NANOTECHNIK
RAUMFAHRT
OZEANOLOGIE
ARCHÄOLOGIE
aus. Sogar eine dreiarmige Swastika ist ten, ist noch unbekannt.
dabei. New York Times, S. D2, 3. November 2015
Der kasachische Ökonom und Hob-
byarchäologe Dimitri Dey stieß erst
mals im Jahr 2007 auf die Anlagen. Als Das »Viereck von Ushtogay« ist nach
er Google-Earth-Aufnahmen unter einem nahen Dorf benannt. Mehr als 100
suchte, fielen sie ihm zufällig auf. Erdhügel bilden hier ein Quadrat mit 280
Mittlerweile haben er und andere Meter Seitenlänge und Diagonallinien.
Forscher mindestens 260 weitere in Die Hügel waren einst wohl zwei bis drei
Nordkasachstan entdeckt. Dabei Meter hoch, heute ist es etwa ein Meter.
PHYSIK
TEILCHENPHYSIK
STAR EXPERIMENT AT THE RELATIVISTIC HEAVY ION COLLIDER (RHIC), BROOKHAVEN NATIONAL LABORATORY
Im Jahr 2005 haben Forscher am Re-
lativistic Heavy Ion Collider (RHIC) in
den USA das Quark-Gluon-Plasma erst-
mals künstlich hergestellt. Die Experi-
mentatoren beschleunigten Goldteil-
chen auf nahezu Lichtgeschwindigkeit
und ließen sie dann zusammenstoßen.
Wenn solche Partikel kollidieren, steigt
die Temperatur auf einige Billionen
Kelvin. Unter derartigen Bedingungen
lösen sich Protonen und Neutronen in
ihre Bestandteile auf, in Quarks und
Gluonen erklären. Bei niedrigen Tem- Verhalten in der Nähe des Phasenüber- beim Quark-Gluon-Plasma um den
peraturen beschreibt ein Gas aus Glue- gangs schätzen die Forscher ab, indem dünnflüssigsten Materiezustand han-
balls die Situation am besten. Für den sie die beiden Bereiche wie in der Eich- delt, der bisher vermessen wurde. In Ex-
Übergangsbereich, wo sich die beiden theorie mischen. So kommt das Team perimenten am RHIC und am Large Ha-
Szenarien überlagern, können die Phy- zu der Vorhersage, dass das Verhältnis dron Collider in der Schweiz werden
siker aus ihren Daten eine einfache For- von Viskosität und Entropie im Quark- Forscher das Plasma in Zukunft genau-
mel ableiten. Diese ermöglicht es der Gluon-Plasma ungefähr 20 Prozent grö- er unter die Lupe nehmen (siehe SdW
Gruppe schließlich, im zweiten Schritt ßer ist als im reinen Gluon-Plasma. Die- 5/2011, S. 86). Beispielsweise wollen sie
eine Abschätzung für den realen Fall zu ses Ergebnis liegt immer noch sehr herausfinden, wie sich die Eigenschaf-
geben, also für das gemeinsame Auftre- nahe an dem erwähnten Minimalwert – ten bei niedrigen und hohen Tempera-
ten von Gluonen und Quarks. Bei ho- in keinem realen System wurde je ein turen verändern. Auch dafür haben die
hen Temperaturen bestimmen demzu- niedrigerer gemessen. Das Quark-Glu- Heidelberger mit ihrer Methode bereits
folge deren Wechselwirkungen als ei- on-Plasma ist also tatsächlich fast ideal überprüfbare Vorhersagen aufgestellt.
genständige Teilchen das Resultat, bei viskos.
geringen Temperaturen tragen vorwie- Die Theoretiker liefern somit einen Tina Schlafly ist promovierte Physikerin und
gend Hadronen zum Ergebnis bei. Das starken Hinweis darauf, dass es sich Wissenschaftsjournalistin in Heidelberg.
SYNTHETISCHE BIOLOGIE
H
O
N
N
O
H
schluss ein natürliches Werkzeug von
Zellen, so genannte Inteine. Dabei han-
delt es sich um Proteinabschnitte, die
sich selbsttätig aus der molekularen
Kette herausschneiden und anschlie-
ßend die dadurch entstandenen losen »Narbe«
Enden wieder miteinander verknüpfen O ausschneiden und Ringschluss
können. Diese Fähigkeit nutzten die N
H
Wissenschaftler für ihre Zwecke: Zu-
nächst koppelten sie jeweils einen von
zwei komplementären Teilen eines In-
zirkuläres
teins an die zwei Termini der Xylanase Protein ausgeschnittenes Intein
an. Die beiden angebundenen Frag-
mente verbanden sich daraufhin zum
intakten Intein, das sich wiederum aus
dem Enzym herauslöste und den Ring An den Enden des Proteins hängen zwei komplementäre Inteinteile. Fügen sie sich zum
schloss. Eine zirkuläre Xylanase war intakten Intein zusammen, schneidet dieses sich unter Ringschluss des Proteins heraus.
entstanden. Früher blieben oft unerwünschte Aminosäuren als Narbe an der Naht zurück (blau).
Um ihr Ziel zu erreichen, schleusten
die Forscher den genetischen Bauplan
des Proteins plus die Anweisung, die In- lassen, ohne dass Narbensequenzen üb- here Temperatur aushalten als die Aus-
teinfragmente anzuhängen, über so ge- rig bleiben. Damit das Verfahren mit gangsversion. Bei einem langen Ver
nannte Plasmide in Bakterien ein. Die zahlreichen Inteinen kompatibel ist, bindungsstück hingegen verzeichneten
Mikroben begannen dann, das Zielpro- verwendeten sie dabei solche Amino- sie keine merkliche Änderung im Ver-
tein inklusive der Inteinteile zu produ- säuren, die in vielen verschiedenen In- gleich zur natürlichen Variante. Die Art
zieren. »Bislang musste solch ein Plas- teinen gleich oder ähnlich sind. des Linkers beeinflusst also die Ther-
mid für jedes einzelne Protein maß mostabilität eines ringförmigen Pro
geschneidert werden, um zu vermeiden, Wie lang darf das teins. Bemerkenswert ist, dass die ring-
dass unerwünschte Aminosäurese- Verbindungsstück sein? förmige Variante in Versuchen deutlich
quenzen an der Nahtstelle zurückblie- Diese Idee eines auf Inteinen basieren- weniger anfällig gegenüber Hitze-
ben – gewissermaßen als Narbe«, er- den »Werkzeugkastens« hatten die Hei- schocks war: Die Wissenschaftler er-
klärt Max Waldhauer, einer der Autoren delberger Studierenden den Juroren in wärmten dabei die Eiweißmoleküle
des Artikels. Boston präsentiert. Außerdem hatte die schlagartig auf Temperaturen bis zu 90
Dies änderte das Team nun: »Wir ha- junge Truppe eine Software entworfen, Grad Celsius und kühlten sie nach ei
ben ein effizientes Klonierungsverfah- welche die benötigte Linkerlänge be- nigen Minuten wieder schnell auf 37
ren entwickelt, mit dem wir ganz ein- rechnet, falls nennenswerte Distanzen Grad ab. Im Anschluss war kaum noch
fach Plasmide für beliebige Proteine zwischen den beiden Termini über- eines der linearen Proteine funktional,
mit verschiedenen Linkern basteln kön- brückt werden müssen. dagegen taten bis zur Hälfte der ring-
nen«, so Waldhauer. Die Forscher kons In ihren Experimenten mit verschie- förmigen Moleküle weiterhin ihren
truierten ein Standard-Empfängerplas- denen ringförmigen Xylanaseprotei- Dienst. Das ist darauf zurückzuführen,
mid, in das sich mit Hilfe spezieller nen fanden die Forscher heraus, dass dass die zirkuläre Form bei dem Hitze-
molekularer Scheren alle möglichen Moleküle mit einem Linker aus nur ei- schock viel weniger verklumpte als die
Proteine in nur einem Schritt einbauen ner Aminosäure eine sieben Grad hö natürliche.
In ihrer Veröffentlichung resümie- man die Zirkularisierung mit anderen spektakulären Namen »Feuerring«
ren die Molekularbiologen, dass die Maßnahmen zum Stabilisieren von räumte den Hauptpreis ab. Wahr-
ringförmige Xylanase im jetzigen Zu- Proteinen – etwa spezifische Mutatio- scheinlich lag das auch an der damals
stand zwar noch keine direkte indus nen – kombinieren und damit für die vorgestellten ersten Anwendung: einer
trielle Verwendung finden kann, da die Industrie interessante Enzyme wesent- hitzestabileren Version der DNA-Me-
Hitzeresistenz noch nicht genügend lich widerstandsfähiger machen. thyltransferase. Mit dieser ließen sich
gesteigert ist. Jedoch vereinfache ihre Die vielseitigen Anwendungsmög- unter Umständen epigenetische Vor-
Methode grundlegend die Fertigung lichkeiten der Inteinmethode hatte be- gänge (SdW 7/2015, S. 19) beeinflussen.
zahlreicher zirkulärer Proteine, die für reits die Preisrichter beim iGEM-Wett-
die Biomedizin und Biotechnologie bewerb beeindruckt: Das Projekt der Janosch Deeg ist promovierter Physiker und
von Nutzen sein können. Zudem könne Heidelberger Studierenden mit dem Wissenschaftsjournalist in Heidelberg.
WISSENSCHAFTLICHES PUBLIZIEREN
rufsverband mit Sitz in den USA, der di noted that Rooter runs in Ω(log log n) time. Certainly, the Next, the model for our heuristic consists of four independent
shortcoming of this type of solution, however, is that compilers components: simulated annealing, active networks, flexible
verse Fachzeitschriften herausgibt und and
1 superpages are mostly incompatible. Despite the fact that modalities, and the study of reinforcement learning.
similar methodologies visualize XML, we surmount this issue We consider an algorithm consisting of n semaphores.
eine Reihe renommierter Fachtagun- without synthesizing distributed archetypes. Any unproven synthesis of introspective methodologies will
gen veranstaltet. In seinen Dokumen- We question the need for digital-to-analog converters.
Applied Mathematics It clearlyxxx
and Computation require
(2007)that the well-known reliable algorithm for the
xxx–xxx
should be noted that we allow DHCP to harness homoge- investigation of randomized algorithms by Zheng is in Co-NP;
www.elsevier.com/locate/amc
ten fanden sich mehr als 100 Treffer. neous epistemologies without the evaluation of evolutionary our application is no different. The question is, will Rooter
programming [2], [12], [14]. Contrarily, the lookaside buffer satisfy all of these assumptions? No.
might not be the panacea that end-users expected. However, Reality aside, we would like to deploy a methodology for
this method is never considered confusing. Our approach how Rooter might behave in theory. Furthermore, consider
Computerprogramm gegen Cooperative, compact algorithms for randomized algorithms
F
2
turns the knowledge-base communication sledgehammer into the early architecture by Sato; our methodology is similar,
Computerunsinn a scalpel. but will actually achieve this goal. despite the results by Ken
OO
3Our focus in our research is not on whether symmetricMosallahnezhad
Rohollah Thompson, we can disconfirm that expert systems can be made
Mittlerweile haben sich Labbé und der encryption and expert systems are largely incompatible, but amphibious, highly-available, and linear-time. See our prior
rather
4 on proposing new flexibleIran symmetries
Institute of(Rooter). Indeed,
Technology, technical
Department report [9]Hafez,
of Mathematics, for details.
Tehran, Iran
Springer-Verlag zusammengetan und active
5 networks and virtual machines have a long history of
collaborating in this manner. The basic tenet of this solution III. I MPLEMENTATION
ein Programm namens SciDetect ausge-
is the refinement of Scheme. The disadvantage of this type Our implementation of our approach is low-energy,
arbeitet (siehe »Die ›Gegensoftware‹«,
PR
of approach, however, is that public-private key pair and red- Bayesian, and introspective. Further, the 91 C files contains
black trees are rarely incompatible. The usual methods for the about 8969 lines of SmallTalk. Rooter requires root access
6 Abstract
links). Mit diesem lässt sich jedes ein visualization of RPCs do not apply in this area. Therefore, we in order to locate mobile communication. Despite the fact
see
7 no reason
Expertsnot to use
agree thatelectronic
encryptedmodalities to measure
methodologies are an the that we
interesting newhave not
topic in yet
the optimized for complexity,
field of theory, this should
and information be
theorists
gereichte Manuskript auf »Echtheit« improvement
8 concur. In ofthis
hierarchical
paper, wedatabases.
argue the appropriate unification simple
of web once we finish
browsers designing
and Internet QoS.theOur
server daemon.
focus in this Overall,
paper is
9 not on whether information retrieval systems can be made reliable, linear-time, and Bayesian, but rather on describing new
überprüfen – vollautomatisch und oh-
D
so, wie die Fakemanuskripte selbst ent- 12 Keywords: Compact algorithms; Randomized algorithms; Encrypted methodologies; Internet
13
standen sind. Aber es handelt sich hier
natürlich nur um einen Etappensieg:
EC
14 1. Introduction
Für einen begabten Informatiker wäre
15 The development of congestion control has synthesized checksums, and current trends suggest that the
es kein Problem, eine neue Nonsens 16 exploration of scatter/gather I/O will soon emerge. The notion that analysts connect with compilers is usually
erzeugungssoftware zu schreiben oder 17 well received. The notion that biologists collude with 802.11b is usually considered robust. However, simu-
RR
18 lated annealing alone cannot fulfill the need for the construction of 802.11b. Stable algorithms are particularly
auch nur SCIgen so abzuwandeln, dass 19 confirmed when it comes to checksums [9]. Next, the drawback of this type of method, however, is that the
20 World Wide Web can be made collaborative, highly available, and linear-time. It should be noted that Bots
SciDetect keinen Alarm schlägt. Darauf-
STUDENTS AT SHARIF UNIVERSITY IN IRAN, HTTPS://PDOS.CSAIL.MIT.EDU/ARCHIVE/SCIGEN
21 is impossible. While similar solutions improve e-commerce, we fulfill this ambition without deploying cache-
hin müsste die Prüfsoftware nachge 22 able theory. Bots, our new framework for the visualization of architecture, is the solution to all of these issues.
CO
23 We view operating systems as following a cycle of four phases: visualization, evaluation, and observation.
bessert werden, und so weiter. 24 Along these same lines, we emphasize that Bots constructs read–write methodologies. Though conventional
Nach Labbés Entdeckung entfernten 25 wisdom states that this quagmire is usually addressed by the improvement of interrupts, we believe that a dif-
26 ferent method is necessary. We emphasize that Bots observes introspective models [1,9]. Combined with the
sowohl IEEE als auch Springer die bean- 27 emulation of the Ethernet, such a claim studies an analysis of Boolean logic. In this paper, we propose the
UN
28 following contributions in detail. To begin with, we confirm that despite the fact that randomized algorithms
standeten Dokumente aus ihren Daten- 29 and checksums can collaborate to surmount this grand challenge, hash tables and the memory bus can
banken, wenn auch teilweise erst nach 30 cooperate to fix this quagmire. We describe an analysis of neural networks (Bots), disproving that online algo-
31 rithms and randomized algorithms can collude to fulfill this intent. The rest of the paper proceeds as follows.
geraumer Zeit. Der Springer-Verlag ver-
öffentlichte außerdem eine Erklärung
E-mail address: mosallahnezhad308@gmail.com
des Inhalts, es gebe praktisch keine Al-
0096-3003/$ - see front matter 2007 Published by Elsevier Inc.
ternative zum klassischen Begutach- doi:10.1016/j.amc.2007.03.011
tungssystem (»peer review«), und man Please cite this article in press as: R. Mosallahnezhad, Cooperative, compact algorithms for randomized algorithms,
Appl. Math. Comput. (2007), doi:10.1016/j.amc.2007.03.011
werde Maßnahmen ergreifen, um es zu
CHEMIE
D ie französischen Pharmazeuten
François Mothes und Joseph Du
blanc erfanden Anfang des 19. Jahrhun-
währleisten, dass die Wirkstoffe stabil
verpackt blieben. Seither hat sich diese
Darreichungsform für Arzneimittel
abwiegen und das Ganze als frisch her-
gestelltes Pulvergemisch an die Patien-
ten abgeben.
derts Kapseln und Pillen, um Medika- allgemein eingebürgert. Ohne Pillen Chemikern dagegen wird beim Zu-
mente in genau festgelegten Dosen müssten Apotheker die einzelnen Be- sammenstellen der Ausgangssubstan-
verabreichen zu können und zu ge- standteile eines Präparats jeweils exakt zen ihrer Reaktionen genau diese um-
E in so komplexes System wie das globale Klima lässt sich nur schwer prognos
tizieren, doch dass die industrielle Weltwirtschaft mit ihren Emissionen zur Erd
erwärmung beiträgt, ist unter Experten kaum noch strittig. Bleibt nur die Frage, wie
findlich sind, das heißt von Sauerstoff
oder Feuchtigkeit angegriffen werden.
Forscher um Stephen L. Buchwald vom
einschneidend die Folgen des anthropogenen Klimawandels sein werden. Die so Massachusetts Institute of Technology
genannten Klimaskeptiker unterstellen den Warnern panischen Alarmismus; sie (MIT) in Cambridge haben deshalb nun
plädieren für Abwarten und vermuten gelegentlich, ein bisschen höhere Tempera- eine Methode entwickelt, auch in der
turen könnten der Wirtschaft sogar ganz guttun. Chemie empfindliche Substanzen zu
Dem widerspricht nun eine aufwändige Modellrechnung der Ökosystem- und verkapseln, um das Hantieren mit ih-
Wirtschaftsforscher Marshall Burke, Solomon M. Hsiang und Edward Miguel von der nen zu erleichtern.
Stanford University und der University of California in Berkeley. Das Trio ging der Fra- Heutzutage sind für den Umgang mit
ge nach, wie sich ein Anstieg der Temperatur auf die Wirtschaftsleistung auswirkt – solchen Stoffen so genannte Gloveboxes
zunächst lokal in den wohlhabenden Industrieländern der gemäßigten Zonen be- üblich: mit einem Schutzgas gefüllte
ziehungsweise in den wärmeren Entwicklungsländern und schließlich im globalen Gehäuse, in die Gummihandschuhe ra-
Mittel (Nature 527, S. 235 – 239, 2015). gen, mit deren Hilfe der Benutzer die
Dem Modell zufolge ist die Produktivität generell optimal, wenn die jährliche problematischen Chemikalien im Inne-
Durchschnittstemperatur rund 13 Grad beträgt; bei höheren Werten fällt die Wirt- ren des Kastens unter Luftausschluss ab-
schaftsleistung überraschend deutlich ab. Da fast alle ökonomisch schwachen Län- wiegen und zusammenmischen kann.
der in warmen Regionen liegen, beeinträchtigt dort eine zusätzliche Erwärmung die Obwohl sperrig, umständlich und teuer,
Wirtschaft besonders stark, während die von Natur aus angenehm laue Arbeitsum- haben solche Vorrichtungen in Labors
welt der reichen Industrienationen ein paar Grad mehr wesentlich besser verkraftet. vielfach Wege zu sonst nicht zugäng
Sofern bei ungebremster Erderwärmung die Jahresdurchschnittstemperatur auf lichen Reaktionen und Substanzen er-
unserem Planeten bis 2100 um 4,3 Grad steigt, sinkt laut den Berechnungen das glo- öffnet. Für industrielle Produktionsver-
bale Durchschnittseinkommen gegenüber einem Szenario ohne Klimawandel um fahren sind sie jedoch ungeeignet. Da-
ein Viertel. Hinter diesem ohnedies schon drastischen Einbruch der weltweiten Wirt- durch bleibt zahlreichen nützlichen
schaftsleistung verbirgt sich die politisch erst recht katastrophale Tatsache, dass die Umsetzungen die kommerzielle Anwen-
Einkommen nachher noch viel ungleicher verteilt wären als zuvor. Denn die kühleren dung versagt. Es überrascht daher, dass
und in der Regel wohlhabenderen Regionen würden kaum unter der Erwärmung lei- nicht schon längst versucht wurde, die-
den, ja könnten vielleicht sogar davon profitieren, während in den tropischen und ses offensichtliche Manko zu beheben.
subtropischen Gebieten das Elend weiter zunähme. Die meisten Interessenten an neuen
»Da ist sie wieder, die typische Schwarzmalerei der Klimaforscher«, höre ich die chemischen Verfahren finden sich im
Skeptiker spotten. Immerhin bestehen Chancen, dass es vielleicht nicht ganz so Bereich der Pharmazie, Agrochemie
schlimm kommt. Einen Hoffnungsschimmer bietet die mögliche Entwicklung des und Werkstoffkunde. Ihnen wollten
Verkehrssektors, wenn man einer Studie deutscher und niederländischer System Buchwald und seine Kollegen die Mög-
forscher um Felix Creutzig von der Technischen Universität Berlin Glauben schenkt lichkeit eröffnen, mit luftempfindli-
(Science 350, S. 911 – 912, 2015). chen Substanzen auch außerhalb einer
Zwar wird der Personen- und Güterverkehr, der heute schon 23 Prozent zum glo- Glovebox zu arbeiten. Auf die Idee
balen CO2-Ausstoß beiträgt, mit der rasch fortschreitenden Urbanisierung der bevöl- brachte sie das Kaliumhydrid. Diese
kerungsreichen Schwellenländer – vor allem China, Indien und Südostasien – weiter feuchtigkeitsempfindliche Verbindung
steigen. Doch da in Europa und den USA strenge Abgasregeln gelten, stagnieren die wird üblicherweise als Dispersion in Pa-
verkehrsbedingten Kohlendioxidemissionen in den reichen Ländern seit einiger Zeit. raffinwachs angeboten. Als solche lässt
Wenn es nun gelänge, nach diesem Vorbild den globalen CO2-Ausstoß des Ver- sie sich dem Reaktionsgemisch zufü-
kehrssektors bis 2050 auf dem Niveau von 2010 zu halten, gen, wo sich das Wachs beim Erhitzen
wäre das mit dem Wunschziel vereinbar, die Erderwärmung verflüssigt und das Kaliumhydrid frei-
auf zwei Grad zu beschränken. Die Forscher um Creutzig le- setzt. Buchwald und seine Mitarbeiter
gen Modellrechnungen vor, die so etwas nicht völlig uto- versuchten deshalb, ausgehend von ge-
pisch erscheinen lassen. Wenn die Klimaforschung ihre War- schmolzenem Paraffin analoge Disper-
nungen häufiger mit solchen Szenarien begleiten würde, die sionen anderer Substanzen darin zu er-
konkrete Alternativen zum bloßen Laisser-faire in Aussicht zeugen. Doch schafften sie es nicht, die-
stellen, prallte auch eher der Vorwurf von ihr ab, sie spiele se gleichmäßig im Wachs zu verteilen.
Michael Springer
bloß die Kassandra vom Dienst. Deshalb gingen die Forscher dazu
über, Paraffinkapseln herzustellen, die
STOFFWECHSEL
N
icht erst heute fragen sich Mediziner, warum so AUF EINEN BLICK
viele Menschen Altersdiabetes bekommen – zu-
nehmend sogar Jugendliche. Die Veranlagung zu
WARUM FRUKTOSE DICK MACHT
einer derart nachteiligen Erkrankung hätte die
Evolution eigentlich leicht ausmerzen können. Warum ge-
schah das nicht? 1 Vor rund 16 Millionen Jahren trat bei europäischen oder west-
asiatischen Menschenaffen eine Genmutante auf, wegen der
alle heutigen Großen Menschenaffen und der Mensch keine Harn-
Der US-amerikanische Humangenetiker James Neel säure mehr abbauen können – ihnen fehlt das dafür zuständige
(1915 – 2000) veröffentlichte hierzu 1962 seine viel beachtete Enzym Uricase.
These von einem haushälterischen Gen beziehungsweise ei-
nem sparsamen Genotyp – englisch Thrifty Gene (Genotype) 2 Im sich damals abkühlenden Klima Eurasiens brachte die Mu-
tation während des nahrungsarmen Winters Vorteile, denn da-
durch konnten sich die Menschenaffen leichter Speck anfuttern.
Hypothesis genannt. Er postulierte damals, dass an der Zu-
Hierbei legt fruchtzuckerreiche Nahrung einen »Fettschalter« um.
ckerkrankheit, die heute Diabetes Typ 2 heißt, ein mutierter
noch unbekannter Erbfaktor schuld sei, der sich auf den
Stoffwechsel auswirkt. Eigentlich, überlegte er, dürften schon
3 Dieser Effekt scheint durch erhöhte Harnsäurespiegel vermit-
telt zu werden, die das Fehlen von Uricase erst ermöglicht. In
unserer Überflussgesellschaft disponiert der Gendefekt jedoch für
in jungen Jahren davon betroffene Menschen früher kaum Wohlstandskrankheiten wie Diabetes und Arteriosklerose.
Kinder in die Welt gesetzt, diese Anlage also nicht weiterge-
geben haben. Denn die Folgen eines zu hohen Blutzucker-
spiegels können verheerend sein – sie reichen bis hin zu Er- Zugleich regte sie aber auch eine Menge Forschungen an und
blindung, Herzinfarkt und Nierenversagen. überdauerte in der einen oder anderen Version ein halbes
Einen Großteil seiner Forschungen widmete Neel Natur- Jahrhundert lang. Viele Wissenschaftler haben nach biologi-
völkern wie den Yanomami im Amazonasgebiet. Er wunderte schen Hintergründen gesucht, die mit Diabetes Typ 2 oder
sich, wieso diese Menschen so gut wie nie zuckerkrank wur- anderen mit Fettleibigkeit verbundenen Krankheiten – wie
den, obwohl das gefährliche Gen bei ihnen seines Erachtens Bluthochdruck, nicht alkoholbedingter Fettleber oder Arte-
auch verbreitet sein müsste. Dem Forscher fiel außerdem riosklerose – zusammenhängen könnten. Die Kritiker wiede
auf, dass sie kaum jemals fettleibig waren – ein zentraler Risi- rum störte, dass sich keine Gene nachweisen ließen, die für
kofaktor für diesen Diabetes. den postulierten Mechanismus in Frage kommen. Zudem ar-
Die Diskrepanz brachte Neel auf folgende Idee: In der fer- gumentierten sie, schwere Hungersnöte seien bei unseren
nen Vergangenheit hatte sicherlich zwischendurch immer Vorfahren viel zu selten vorgekommen und normalerweise
wieder einmal generelle Nahrungsknappheit oder sogar zu schnell wieder vorbei gewesen, als dass sich irgendwelche
Hunger geherrscht. Wer damals allerdings eine Genvariante Genvarianten für eine effizientere Fettspeicherung hätten
besaß, mit der man das Essen grundsätzlich besser aufzu- durchsetzen können.
schließen und zu verwerten vermochte, war im Vorteil – be- Mit diesen Fragen im Hinterkopf haben wir beide uns in
sonders wenn der Körper in besseren Zeiten einen Teil der den letzten Jahren eingehend mit der evolutionären Vergan-
wertvollen Kalorien als Fett anlegte. Somit dürfte eine Gen- genheit des Menschen befasst. Nach unserer Erkenntnis hat-
austattung, die zu einem möglichst sparsamen Umgang mit te Neel im Kern Recht: Wir stießen nämlich tatsächlich auf
der Nahrungsenergie verhalf, dem Überleben gedient haben. ein mutiertes Gen, das den Körper veranlasst, mit den Kalo
Erst in unserer Überflussgesellschaft leistet diese Anlage des rien der aufgenommenen Nahrung verstärkt Vorratshaltung
Guten zu viel, und wir werden krank. in Form von Fettspeicherung zu betreiben. Und zwar trat die-
Die Hypothese von einem genetischen Programm für Fett- se Mutation, wie Genvergleiche zeigen, nicht erst bei unseren
speicherung, das bei unserer modernen, sitzenden Lebens- nahen Vorfahren, sondern bereits vor etlichen Jahrmillionen
weise übers Ziel hinausschießen kann, erntete zwar Kritik. bei frühen Menschenaffen Eurasiens auf. Wir vermuten, dass
Cola
intaktem Uricase- im Uricase- fekten Gen meis-
Gen überlebten Gen terten Hungersnöte
Hungersnöte weni- besser (grün)
ger (braun) Fruchtzucker
Orang-Utan
(Fruktose) Wenn Zellen Fruktose um-
gemeinsamer setzen, entsteht durch ei-
Vorfahr Schimpanse nen Begleitprozess Harn-
Bier, Fleisch und besonders säure. Wegen der fehlen-
Innereien liefern bei ihrem den Uricase wird sie nicht Durch die Anrei-
Mensch Abbau Harnsäure abgebaut und reichert cherung von
sich an. Harnsäure ver-
Gorilla stärken sich die
Auswirkungen
20 15 10 5 0 von Fruchtzucker.
Millionen Jahre vor heute
Harnsäure
AMANDA MONTAÑEZ, NACH: KRATZER, J.T. ET AL.: EVOLUTIONARY HISTORY AND METABOLIC INSIGHTS OF ANCIENT MAMMALIAN URICASES. IN: PNAS 111, S. 3763–3768, 2014, FIG. 1
sie damit dort die Winter besser überstehen konnten. Sollte Doch dann kühlte sich die Erde allmählich ab, die Eis
sich diese Annahme bestätigen, würde das die Vorgeschichte kappen an den Polen wuchsen, und der Meeresspiegel sank.
der menschlichen Evolution in unerwarteter Weise neu be- Zwischen Afrika, das vorher ein Inselkontinent gewesen war,
leuchten. Zugleich ließe sich mit jener Genvariante womög- und Asien entstand vor etwa 21 Millionen Jahren die erste
lich ein entscheidender Erbfaktor festmachen, der hinter vie- einer Reihe von Landbrücken. Über diese gelangten Giraffen,
len bedeutenden Zivilisationskrankheiten steckt. Elefanten, Antilopen und sogar Erdferkel nach Eurasien, wie
Neel und andere Forscher hatten noch angenommen, Fossilien beweisen, die einer von uns (Andrews) und andere
dass die hypothetische Mutation, die Nahrungsenergie spa- Paläontologen in der Türkei, in Deutschland und Spanien
ren hilft, irgendwann in den letzten ein oder höchstens zwei fanden. Auch Menschenaffen kamen damals nach Eurasien
Millionen Jahren bei unseren schon menschlichen Vorfah- (siehe »Das Zeitalter der Menschenaffen«, SdW 12/2003, S. 58 –
ren in Ostafrika aufgetreten war. Nach unseren Befunden 66). In der Gegend des heutigen türkischen Dorfs Pa˛salar in
muss das aber bereits wesentlich früher geschehen sein. Anatolien lebten vor 16,5 Millionen Jahren zum Beispiel Gri-
Soweit derzeit erkennbar, entstanden die ersten Men- phopithecus und Kenyapithecus.
schenaffen vor rund 26 Millionen Jahren in Ostafrika. Ihr be- Das westliche Eurasien empfing die Menschenaffen mit
kanntester Vertreter war Proconsul. Jene frühen Arten unter- subtropischen immergrünen und laubabwerfenden Feucht-
schieden sich schon eindeutig von den so genannten Tieraf- wäldern. Früchte fanden sie hier zunächst reichlich, und sie
fen, mit denen sie gemeinsame Vorfahren hatten. Sie liefen brachten auch jetzt wieder eine Reihe neuer Arten hervor.
zwar ebenfalls auf allen vieren und hielten sich hauptsäch- Die Paläontologen können mindestens fünf Gattungen mit
lich in Bäumen auf. Allerdings waren sie meist recht groß, insgesamt acht verschiedenen Spezies ausmachen, darunter
hatten keinen Schwanz und besaßen einen verhältnismäßig Dryopithecus und Ankarapithecus. Anscheinend ähnelte das
großen Schädel mit einem voluminösen Gehirn. In Afrika Klima bei Pa˛salar dem des heutigen Nordindien, mit Mon-
waren immergrüne Regen- und laubabwerfende Feuchtwäl- sunregen im Sommer, auf die lange trockene Phasen folgten,
der damals so weit verbreitet, dass sie wie in einem tropi- und kühlen Wintern ohne Frost.
schen Garten Eden gelebt haben müssen. Wenigstens 14 ver- Doch als es langsam immer kälter – und trockener – wur-
schiedene Spezies entstanden, die sich in der Hauptsache de, lösten allmählich Savannen die Wälder ab. Früchte wur-
von Früchten ernährten. den jetzt im Winter rar. An Fossilien von Grabungen in den
sitzt es. Dies zeigt, dass die Mutation bereits aus einer frühen
teig
chen der DNA-Sequenzen dieses Gens von verschiedenen Dieser Artikel im Internet: www.spektrum.de/artikel/1378742
heutigen Säugetieren erschlossen die Forscher zunächst die
entsprechenden Sequenzen bei längst ausgestorbenen Pri-
maten und ermittelten daraus einen Genstammbaum. Diese Im nächsten Heft: Wie Fettleibigkeit und Darmflora zusammenhängen.
MIT DEM
SPEK TRUM DER
WISSENSCHAF T-
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G
emeinhin heißt es, der Mensch habe fünf Sinne – AUF EINEN BLICK
Sehen, Hören, Riechen, Schmecken und Tasten –
und wohl jeder kennt die zugehörigen Organe. BASS, BEAT UND BALZ
Doch diese Liste ist unvollständig. Es gibt einen
sechsten Sinn, den wir gewöhnlich übersehen und dessen
Sitz vielen unklar ist, obwohl wir jeden Augenblick von ihm
F ür die akustische Wahrnehmung ist unser Ohr mit Trommelfell
und Cochlea zuständig. Daneben verfügen wir aber noch
über Reste eines urtümlichen Hörsinns, der schon bei den frühen
abhängig sind: den Gleichgewichtssinn. Vermittelt wird er Wirbeltieren vorhanden war.
lus auf vertikale und der Utriculus auf horizontale Beschleu zufinden und sich an Richtungsänderungen anzupassen.
nigungen anspricht. Eine einfache Lösung wäre ein Lichtsensor in Verbindung
Seit Langem gilt als ausgemacht, dass diese Organe beim mit der Regel, dass es oben immer heller ist als unten. Bei
Menschen zum Vestibularsystem gehören. Aber könnten wir Nacht oder in der Tiefsee, in die kein Lichtstrahl dringt, wür
uns nicht auch einen durch Otolithen vermittelten Hörsinn de ein solcher visueller Mechanismus jedoch versagen.
bewahrt haben, der die auf der Cochlea basierende akustische Eine elegantere Lösung für beide Probleme – die Raumori
Wahrnehmung unterstützt oder ergänzt? Immerhin sind be entierung und die Unterscheidung zwischen Eigen- und
reits andere primitive Sinnesbahnen bekannt, die parallel zu Fremdbewegung – liefert die Wahl der Schwerkraft als Be
neueren, leistungsfähigeren Organen arbeiten; so erweitert zugsgröße. Dazu benötigt ein Organismus einen geeigneten
das vomeronasale System, das auf Pheromone anspricht, un Sensor. Im einfachsten Fall besteht ein solcher »Gravizeptor«
sere bewusste Geruchswahrnehmung um eine unbewusste aus kleinen Steinen – den Statolithen beziehungsweise Oto
Komponente. Um die obige Frage zu beantworten, muss man lithen – und einer Flüssigkeit geringerer Dichte, die sie um
den Ursprüngen der akustischen Wahrnehmung bei den ein gibt. Die Steinchen sammeln sich dann stets am tiefsten
fachsten Organismen nachspüren. Punkt an, woraus das Lebewesen die Richtung der Schwer
kraft ableiten kann. Ein solches System ist im Tier- und Pflan
Ursprung der akustischen Wahrnehmung zenreich mehrfach unabhängig entstanden und kommt bei
Hören und Gleichgewicht haben beide mit einer grundlegen allen wichtigen Stämmen von Vielzellern vor – was darauf
den Voraussetzung des Lebens zu tun, nämlich der Raumori schließen lässt, dass das Unterscheidungsvermögen zwi
entierung. Selbst die frühesten Lebensformen mussten wis schen oben und unten die erste Sinnesleistung überhaupt
sen, wo oben und unten ist, um sich in ihrer Umwelt zurecht ist, zu der Lebewesen fähig waren.
GIERL, C. ET AL.: AN EXTRAORDINARY GOBIOID FISH FOSSIL FROM SOUTHERN FRANCE. IN: PLOS ONE 8, E64117, 2013, FIG. 3 A1
O’CONNOR, M. ET AL.: VISUAL PIGMENT IN THE LENS EYES OF THE BOX JELLYFISH CHIROPSELLA BRONZIE.
IN: PROCEEDINGS OF THE ROYAL SOCIETY B 277, S. 1843-1848, 2010, FIG. 1AB;
ABDRUCK GENEHMIGT VON THE ROYAL SOCIETY / CCC
Grubenauge
qualle (Chiropsella bronzie) hängen oberes
jeweils an einem Stiel frei im Innern Linsen-
Schlitz- auge
ihres glockenförmigen Körpers.
auge
Jede solche Rhopalie enthält außer je
zwei Schlitz- und Grubenaugen ein
Paar bilderzeugender Linsenaugen,
von denen eines nach oben und das
andere nach unten ausgerichtet ist Linse Pigment-
(ganz rechts). Beide sind starr mit schicht
einem die Schwerkraft wahrnehmen-
den Statolithen verbunden, der sie
stets in der Vertikalen hält.
unteres
Linsenauge Statolith
Viele Pflanzenarten besitzen in ihren Wachstumsspitzen Nahfeld), die sich auf den Körper des Tieres übertragen, ruft
Zellen, die einen oder mehrere Statolithen enthalten. Dank das eine Bewegung des Statolithen relativ zu seiner Umge
dieser so genannten Statozyten wachsen die Wurzeln erd bung hervor. Auf diese Weise hat sich also ein Sensor, der ur
wärts. Im Tierreich bezeichnet man ein mehrzelliges, die sprünglich für die Wahrnehmung der Schwerkraft entstan
Schwerkraft mit Statolithen wahrnehmendes Organ als Sta den war, zu einem Sinnesorgan weiterentwickelt, das auch
tozyste. Zahlreiche Beispiele dafür finden sich bei Wirbello Schwingungen und damit Töne registriert. Die unabhängige
sen. So gibt es unter den im Meer lebenden Stachelhäutern Erfindung von Statolithensystemen bei vielen Wirbellosen
(Echinodermata) Arten, die sich wieder in die Ausgangsposi und deren einfache Umwandlung von einem puren Linear
tion drehen, wenn sie auf den Rücken gelegt wurden. beschleunigungssensor zu einem Fühler für Vibrationen im
Besitzt ein Tier neben dem Gravizeptor auch einen Licht Bereich hörbarer Frequenzen, legen die Vermutung nahe,
sensor, kann es sich noch besser im Raum orientieren. Aller dass schon zum Zeitpunkt der kambrischen Artenexplosion
dings muss es dazu fähig sein, die beiden Sinnesorgane so vor etwa 540 Millionen Jahren ein durch Otolithen vermittel
aufeinander abzustimmen, dass sie keine widersprüchlichen ter Hörmechanismus bei Wirbeltieren aufgetaucht ist.
Informationen liefern. Das lässt sich auf einfache Weise
durch eine mechanische Kopplung zwischen ihnen errei Fische hören mit dem Gleichgewichtsorgan
chen. Eine solche Kopplung bildete sich schon recht früh in Alle Fische nutzen wenigstens eines ihrer Otolithenorgane
der Evolution, vermutlich vor etwa 700 Millionen Jahren, bei dazu, sowohl das Gleichgewicht zu halten als auch akustische
den Nesseltieren (Cnidaria) heraus, zu denen insbesondere Signale zu erfassen. Einige Arten haben jedoch zusätzliche
die Quallen gehören. So sind bei der Würfelqualle einfache Hilfsstrukturen entwickelt, die das schon vom Oktopus be
Schlitz- und Grubenaugen, bilderzeugende Linsenaugen und kannte Nahfeldhören weiter verbessern. Beim Goldfisch bei
Statolithen nach einem festen Muster in einem Sinneskol spielsweise kann die Schwimmblase, mit der das Tier seinen
ben angeordnet, der an einem Stiel frei im Innern ihres glo Auftrieb regelt, zugleich dazu dienen, Schalldruckwellen (das
ckenförmigen Körpers hängt (Bild oben). Jedes Tier besitzt akustische Fernfeld) in lokale Schwingungen umzuwandeln.
vier solche Rhopalien. Unabhängig von der Orientierung der Sie ist deshalb über eine spezielle Struktur, den Weberschen
Glocke richten sich die Sinneskolben stets nach der Schwer Apparat, direkt an das Innenohr mit den Otolithenorganen
kraft aus, so dass die Augen konstant nach unten schauen. gekoppelt. Auf diese Weise vermag der Goldfisch erstaunlich
Dank dieses koordinierten sensorischen Mechanismus kön gut zu hören und erreicht im Bereich zwischen 100 bis 300
nen Quallen gezielt Nahrung finden. Hertz eine Empfindlichkeit, die der des Menschen bei den
Höher entwickelte Wirbellose wie der Tintenfisch verfügen entsprechenden Frequenzen nahekommt.
über ein Organ, das außer der Schwerkraft auch Rotations- Für ein Tier ist es offenkundig von Nutzen, sich räumlich
und Linearbeschleunigungen registriert. Sein Statozysten orientieren zu können, beispielsweise um Fressfeinden zu
paar ähnelt bereits dem Vestibularsystem der Wirbeltiere. Es entgehen und Nahrung zu finden. Die Wahrnehmung von
erlaubt dem Oktopus, selbst bei schnellen Körperbewegun Schall und Vibrationen verschafft ihm einen zusätzlichen
gen den Blick fest auf ein Objekt gerichtet zu halten, was Wir Vorteil, indem sie ihm erlaubt, mittels einer Art von akusti
beltiere über den vestibulookulären Reflex erreichen. schem Abbild seiner Umwelt Beute aufzuspüren und zu ver
Die Statozyste des Tintenfischs spricht aber nicht nur auf meiden, selbst erbeutet zu werden.
die Schwerkraft sowie Beschleunigungen an, sondern auch Weniger offenkundig, aber ebenso wichtig ist ein weiterer
auf Vibrationen. Wann immer eine akustische Quelle lokale Bonus, den das Hören mit sich bringen dürfte: Es hilft bei der
Dichteschwankungen im Wasser verursacht (das akustische Suche nach einem Fortpflanzungspartner. Die Männchen ei
Wasser am Rücken
»tanzen«.
Sacculus Sacculus
Der Sacculus, ein Otolithenorgan im Innenohr von Wirbeltieren, Gibbons, meinte der Begründer der modernen Evolutions
nimmt vertikale Beschleunigungen wahr. Zuerst bei Fischen theorie: »Wenn die Weibchen solche Laute nicht zu würdigen
entstanden, hat er seine ursprüngliche Funktion beibehalten, als wüssten und von ihnen erregt oder angezogen würden, dann
sich das Leben im Verlauf der Evolution vom Wasser auf das wären die fortwährenden Bemühungen der Männchen sinn
Land ausdehnte. los; und das ist unmöglich zu glauben.« Und demgemäß fol
gerte Darwin aus seinen anschließenden Betrachtungen
über die Musik unterschiedlicher Kulturen: »All diese Befun
rhythmischen Bewegungen begleitet sind. Das gilt vor allem de … werden verständlich …, wenn wir annehmen, dass unse
für Vögel. Sie setzen nicht nur wie ihre Vorfahren, die Archo re halbmenschlichen Vorfahren musikalische Laute und
saurier, ihre Stimme zu charakteristischen Lockrufen und Rhythmen benutzten, um Paarungen anzubahnen …« Viel
Balzgesängen ein, sondern führen gleichzeitig mehr oder we leicht haben ja hüftschwingende Menschen auf einer Tanz
niger komplizierte Paarungstänze auf. Ähnliche Rituale gibt party mehr mit Fischschwärmen beim Laichen gemein, als
es aber auch bei Säugetieren, Primaten eingeschlossen. So unsereins glaubt! Ÿ
produzieren die zu den Gibbons gehörenden Siamangs, die
Paarbindungen eingehen, variantenreiche Duette und voll
DER AUTOR
führen dazu akrobatische Körperbewegungen. Die enge Ver
quickung zwischen Laut und Tanz bei der Balz oder beim Neil Todd hat zunächst theoretische Physik
Aufbau einer Paarbindung lässt sich am ehesten mit einem studiert und ist dann zur Psychologie ge-
wechselt. Nach der Promotion an der University
auditiven Hilfssystem auf der Basis von Otolithen erklären. of Exeter (Großbritannien) arbeitete er als
Der Mensch hat zwar keine derart starren Rituale für die wissenschaftlicher Mitarbeiter am Music
Partnerwahl. Doch Elemente der tierischen Balz sind durch Department der University of Sheffield, bevor er
eine Dozentur für Wahrnehmung an der
aus erkennbar. So findet die Annäherung der Geschlechter University of Manchester erhielt, wo er sich auf
oft in Diskotheken oder Ballsälen statt, in denen zu Musik ge den Hör- und Gleichgewichtssinn spezialisierte. Momentan ist er
tanzt wird, deren Lautstärke die vestibuläre Hörschwelle klar Honorarprofessor für Neurowissenschaft in Manchester.
Außerdem arbeitet er freiberuflich als wissenschaftlicher Berater,
überschreitet und die meist einen starken Bass bei Frequen Schriftsteller, Komponist und Musiker.
zen im Bereich der maximalen Empfindlichkeit des Vesti
bularsystems enthält. Mit ihrem markanten Beat weckt sie
QUELLEN
den unwiderstehlichen Drang, sich synchron zum Takt zu
bewegen. Neurologische Befunde deuten auf eine beachtli Rosengren, S. M. et al.: Vestibular Evoked Myogenic Potentials: Past,
che Überschneidung zwischen den Hirnarealen, die durch present, and future. In: Clinical Neurophysiology 121,
S. 635 – 651, 2010
Rhythmus aktiviert werden, und Teilen des oben beschriebe Todd, N. P. M.: Evidence for a Behavioral Significance of Saccular
nen vestibulären Schaltkreises hin. Das stützt die Vermutung, Acoustic Sensitivity in Humans. In: Journal of the Acoustical
dass ein auditives Hilfssystem, das keine komplexe akustische Society of America 110, S. 380 – 480, 2001
Todd, N. P. M., Cody, F.: Vestibular Responses to Loud Dance Music:
Analyse vornimmt, sondern das Gleichgewicht bewahren hilft
A Physiological Basis for the »Rock and Roll Threshold«? In: Journal
und Rhythmen erfasst, eine Rolle beim Partnerwahl- und Paa of the Acoustical Society of America 107, S. 496 – 500, 2000
rungsverhalten spielt – einem fundamentalen Aspekt des Todd, N. P. M, Lee, C. S.: The Sensorymotor Theory of Rhythm and
Beat Induction 20 Years on: A New Synthesis and Future Per-
menschlichen Lebens. Es könnte von zentraler Bedeutung für
spectives. In: Frontiers in Human Neuroscience 9, S. 444, 2015
die Evolution von Musik und Tanz gewesen sein. Todd, N. P. M. et al.: Vestibular Receptors Contribute to Cor-
All dies steht übrigens auch in Einklang mit der von tical Auditory Evoked Potentials. In: Hearing Research 309,
Charles Darwin entwickelten Theorie vom Ursprung der Mu S. 63 – 74, 2014
Todd, N. P. M. et al.: Tuning and Sensitivity of the Guman Vestibular
sik, wonach diese aus Balzritualen mit lockenden Lautäuße System to Low-Frequency Vibration. In: Neuroscience Letters 444,
rungen hervorgegangen ist. Mit Blick auf entsprechende Ver S. 36 – 41, 2008
haltensweisen bei einer Vielfalt von Tierarten, angefangen
von Fröschen über Alligatoren und Vögel bis zu Mäusen und Dieser Artikel im Internet: www.spektrum.de/artikel/1378743
L
eslie Rosenbergs Versuch, das Universum zu ver Rosenberg ist den Partikeln seit seiner Promotion in den
stehen, gleicht einem provisorischen, mit ein paar 1990er Jahren an der University of Chicago auf der Spur. Er
Drähten versehenen Warmwasserboiler, der in ei führte ein Experiment nach dem anderen aus – aber trotz
nem großen unterirdischen Kühlschrank steckt. Sein immer größerer Präzision ohne Erfolg. Noch immer hofft er
Experiment findet in einem Labor an der Universität von Wa auf ein Resultat, das Albert Einsteins gewagtester Idee post
shington in Seattle statt: Eine extrem tiefgekühlte Vakuum hum Auftrieb geben würde.
kammer wird einem Magnetfeld ausgesetzt und soll beim Einstein nannte sie einheitliche Feldtheorie, heute spre
Durchgang so genannter Axionen feine Mikrowellensignale chen Physiker von der »Theorie von Allem«. Sie soll das Ver
erzeugen, die ein empfindlicher Detektor nachzuweisen ver halten aller bekannten Naturkräfte in einem einzigen For
sucht. Bisher hat noch niemand eine Spur dieser hypotheti melsystem ausdrücken. Als sich Einstein vor 90 Jahren auf
schen Teilchen gesehen. die Suche machte, wollte er die Grundkräfte Gravitation und
Elektromagnetismus zusammenfassen und damit zeigen,
dass alle Formen von Materie und Energie derselben Logik
gehorchen.
DIE SERIE IM ÜBERBLICK Selbst für den großen Theoretiker war das ein ungeheurer
FERDINAND SCHMUTZER, 1921 / PUBLIC DOMAIN [M]
Partikeldetektive
Ort: University of Washing
ton in Seattle
Projekt: In einer extrem
tiefgekühlten und mag
netisierten Vakuumkam
mer soll der ADMX-Detek
tor das Mikrowellensignal
von hypothetischen
Teilchen namens Axionen
aufspüren. Aus ihnen
könnte die unsichtbare
Dunkle Materie bestehen,
die sich nur durch ihre
Schwerkraft bemerkbar
macht.
Experimentatoren (hinten,
von links nach rechts):
Ciera Cox, Nick Posey,
James Sloan, Clifford
Plesha, Richard Ottens,
Josh Povick und Kerkira
Stockton;
(vorne, von links nach
rechts): Hannah LeTour
neau, Leslie Rosenberg,
Xavier Frost, Ana Mala-
gon, Kiva Ramundo und
Jacob Herr.
TIMOTHY ARCHIBALD
und Entwicklung von Galaxien liefern. Zudem wäre es un Meyer, Brittany Kamai, Lee McCuller, Jonathan Richardson, Chris
nötig, Einsteins Gravitationsgleichungen abzuändern. Vor Stoughton, Rainier Weiss und Richard Gustafson.
allem würden die Axionen eine Veränderung des Standard
SANDY NICHOLSON
sagen über den Beginn des Universums, die sich Shamit Kachru, Patrick Hayden und Lampros Lamprou.
durchzuprobieren – allerdings mit einem so empfindlichen Einen derartigen Test führt der erwähnte Physiker Frie
Radioempfänger, dass er ein Signal vom Mars wiedergeben man von der University of Chicago durch. Sein wichtigstes
könnte. »Bis 2018 werden wir die gesamte Suchregion abge Instrument ist eine Spezialkamera, die am Vier-Meter-Blan
tastet haben«, sagt Rosenberg. »Dann ist das Axion da oder co-Teleskop auf dem Cerro Tololo in Chile in etwa 2200 Meter
nicht da.« Mit anderen Worten, dann besitzen wir entweder Höhe angebracht ist. Das Ziel des Projekts namens Dark Ener
ein starkes Indiz für die Struktur einer Theorie von Allem – gy Survey ist es, möglichst viele Bilder ferner Galaxien zu
oder wir können eine weitere Idee von der Liste streichen. sammeln. Jede Aufnahme umfasst 570 Megapixel, eine riesi
ge Datenmenge. Die Kamera sammelt pro Nacht 400 Bilder,
Die Energie des leeren Raums in 105 Nächten pro Jahr, und das mehr als fünf Jahre lang. Mit
Während sich Rosenberg mit dem Problem der Dunklen Ma dem Abschluss der Himmelsdurchmusterung im Februar
terie herumschlägt, suchen Kollegen nach dem anderen un 2018 wird sie 300 Millionen Galaxien und rund 4000 Super
sichtbaren Hauptbestandteil des Universums: der Dunklen novaexplosionen erfasst haben. Zum Vergleich: Eine an der
Energie. Sie erzeugt im Gegensatz zur Dunklen Materie, die University of California in Berkeley von 1998 bis 2000 durch
eine Gravitationsanziehung ausübt, eine Abstoßungskraft. geführte, nach dem damaligen Stand der Technik automati
Da die Dunkle Energie der Gravitation entgegenwirkt, beein sierte Supernovasuche lieferte alles in allem 96 Treffer.
flusst sie direkt die Interpretation der allgemein-relativisti Friemans Team zerpflückt die Beobachtungen des Surveys
schen Gleichungen. Vor allem aber lässt sich die rätselhafte auf vier verschiedene Arten, die jeweils eine spezifische Ei
Abstoßung nicht im Rahmen des derzeit gültigen Modells genschaft der Dunklen Energie aufspüren sollen. Eine Analy
der Teilchenphysik erklären und liefert darum einen ent se konzentriert sich auf Supernovae vom Typ 1a, die als Stan
scheidenden Test für jede Theorie von Allem. dardkerzen zur Bestimmung kosmischer Distanzen dienen.
SANDY NICHOLSON
nung einiger Theoretiker könnte der Raum so fein gequan
telt sein, dass das Holometer daran scheitern muss. Vor al
lem Leonard Susskind (siehe Bild S. 40/41) von der Stanford
University in Kalifornien, ein führender Vertreter des holo
grafischen Universums, gibt sich skeptisch. »Lenny hat eine
andere Vorstellung von der Wirkung des holografischen Prin
zips«, räumt Hogan ein. »Er glaubt nicht, dass wir je etwas se
hen werden. Als wir 2014 unser Experiment bei einer Tagung
vorstellten, sagte er, er würde sich die Kehle durchschneiden,
falls wir diesen Effekt fänden.«
Der Streit könnte bald beigelegt sein. Nachdem das Holo
meter eine Stunde lang Daten gesammelt hat, nähert sich
seine Empfindlichkeit einer Größenordnung, bei der nach
Hogans Meinung die Körnigkeit des Raums wirksam wird.
Die Entscheidung soll in einem Jahr fallen: »Ob wir dann et
was sehen oder nicht – in jedem Fall wird es die Vermutun
gen eingrenzen. Niemand weiß, wie es ausgeht.«
SAM FALCONER
PHYSIKALISCHE ANSCHAUUNG
S
eine größten Durchbrüche hatte Einstein, indem er AUF EINEN BLICK
sich sehr spezielle Situationen vorstellte und anhand
dieser die Folgen einer Theorie überprüfte. Als Ju-
DIE MACHT DER VORSTELLUNG
gendlicher, so erinnerte er sich später, fantasierte er,
was er wohl sähe, würde er mit einer Lichtwelle reisen – was
ihm erste Hinweise auf die Endlichkeit der Lichtgeschwin- 1 Einstein verstand es, komplexe physikalische Zusammenhänge
auf gut vorstellbare Szenarien zu reduzieren. In Gedanken
experimenten konnte er zum Beispiel testen, welche Auswirkun
digkeit gab. Die allgemeine Relativitätstheorie, sein Monu- gen neue theoretische Spielregeln hätten.
mentalwerk zur Gravitation, hat ihre Wurzeln in gedankli-
chen Auf- und Abfahrten mit einem rasenden Aufzug.
Für einen Theoretiker ist diese Weise zu denken an sich
2 Die Überlegungen brachten ihn auf die richtigen Ideen zu
seiner Relativitätstheorie. Auf ähnlich trickreiche Weise
versuchte er später, Interpretationen der Quantenmechanik zu
nichts Besonderes. Doch Albert Einsteins außergewöhnliche widerlegen, die er für falsch hielt.
stellen, ob die- Ausgang der Messung bereits zuvor festgelegt ist: durch ver-
ser in einem borgene Variablen, für welche die Quantenmechanik ledig-
Gravitationsfeld lich keinen Formalismus besitzt. Es folgte eine jahrzehnte-
ruht oder fern- lange Diskussion, bis der nordirische Physiker John Stewart
ab von Massen Bell 1964 – einige Jahre nach Einsteins Tod – eine mathemati-
beschleunigt wird. sche Formel fand, mit der sich prinzipiell eine experimentel-
le Entscheidung treffen lässt, ob man die Fernwirkung akzep-
tieren muss oder Einsteins versteckte Variablen zum Zug
kommen.
Seit den 1970er Jahren haben Versuche mit verschränkten
Im Lauf eines Jahre währenden Austauschs mit dem däni- Teilchen zunehmend deutlich vor Augen geführt, dass Ein-
schen Pionier der Quantenphysik, Niels Bohr, konstruierte stein falschlag und Quantenteilchen tatsächlich Informatio-
Einstein zahlreiche Gedankenexperimente, um zu beweisen, nen teilen, denen keine verborgenen Eigenschaften zu Grun-
dass es prinzipiell möglich ist, die Unschärferelation zu ver- de liegen können. Spukhafte Fernwirkung gibt es wirklich.
letzen. Sein Kollege widerlegte jedes einzelne. Dabei war Andererseits zeigen solche Experimente, dass sie nicht aus-
Bohr aber gezwungen, sich intensiv mit seinem Verständnis genutzt werden kann, um Informationen schneller als das
von der quantenmechanischen Unsicherheit auseinander- Licht zu transportieren, womit sie wiederum die spezielle Re-
zusetzen, was ihn wiederum in seinem Urteil bestärkte, es lativitätstheorie erfüllt. Diese der Intuition widersprechende
müsse sich um eine fundamentale Natureigenschaft han- Wahrheit bleibt eines der größten Rätsel der Physik, und Ein-
deln. Wenn selbst der berühmte Einstein keinen Weg fand, steins hartnäckiger, wenngleich irriger Widerstand erwies
Impuls und Ort eines Teilchens präzise zu messen – dann sich letztlich als ausschlaggebend dafür, dass wir zu dieser
musste an der Unschärferelation wohl etwas dran sein! Erkenntnis gelangt sind.
Heute drehen sich die wichtigsten Gedankenexperimente
Wie verhalten sich verschränkte Teilchen? darum, wie sich Einsteins deterministisches und relativis
1935 wollte Einstein gemeinsam mit seinen Kollegen Boris Po- tisches Universum mit all den Unschärfen und Überraschun-
dolsky und Nathan Rosen eine besonders schlagkräftige Kritik gen vereinbaren lässt, die der Quantenmechanik innewohnen.
am Unschärfeprinzip veröffentlichen. Möglicherweise weil Po- Nehmen wir zum Beispiel das Informationsparadoxon bei
dolsky und nicht Einstein den ersten Entwurf des Texts ver- Schwarzen Löchern. Kombiniert man die allgemeine Rela
fasste, war dieses Einstein-Podolsky-Rosen-Paradoxon schließ- tivitätstheorie mit Quanteneffekten, stellt man fest, dass
lich kein intuitiv vorstellbares Szenario mehr, in dem geschlos- Schwarze Löcher allmählich und unumkehrbar verdampfen
sene Kisten, Uhren und Lichtstrahlen die Hauptrollen spielten. sollten. Dabei entsteht stets die gleiche Form von Strahlung,
Abstrakte Reihen von Gleichungen beschrieben die Wechsel- die keine Information über die Materie mehr trägt, welche
wirkungen zweier allgemein gehaltener Quantensysteme. einmal in das Gebilde fiel. Doch so einen Vorgang verbietet
In der einfachsten Variante dieses Gedankenexperiments die Quantenmechanik, in der jeder Prozess prinzipiell um-
geht es darum, wie sich zwei »verschränkte« Objekte verhal-
ten, die sich einen gemeinsamen Quantenzustand teilen.
Beispielsweise könnte ein instabiles Teilchen mit einem Spin
(ein Maß für eine besondere Form des Drehimpulses) von Ein modernes Gedanken
null in zwei Teilchen zerfallen, die in entgegengesetzte Rich- experiment, das sich mit
tungen davonfliegen. Erhaltungsgesetze legen nun fest, dass dem Verhältnis von Quan-
sich die beiden Spins der neuen Teilchen zu null addieren tenmechanik und Raum-
müssen. Eines der beiden könnte etwa einen Wert haben, der zeit beschäftigt, geht
nach oben ausgerichtet ist, das andere einen gleich großen von zwei verschränkten
nach unten. Die Gesetze der Quantenmechanik schreiben Teilchen aus. Eines von
wiederum vor, dass keines dieser Objekte einen festgelegten ihnen fällt mit Alice in
Spin besitzt, bis derjenige eines Partners tatsächlich gemes- ein Schwarzes Loch, das
sen wird. Doch sobald der Wert für eines der Teilchen fest- andere bleibt mit Bob
steht, wird auch der Zustand des anderen Wirklichkeit – au- draußen. Was passiert
genblicklich und selbst dann, wenn zwischen den Teilchen dabei mit der Information
inzwischen eine enorme Distanz liegt. aus der Verschränkung?
NIGEL HOLMES
NIGEL HOLMES
rauf – Alice und Bob –, die unter sich ein Paar verschränkter unmöglich festzustel-
Teilchen wie beim Einstein-Podolsky-Rosen-Szenario auftei- len, ob wirklich gegen
len. Alice springt mit ihrem in das Schwarze Loch, während bestimmte quanten-
Bob mit seinem weit entfernt draußen bleibt. Ohne Alice ist physikalische Regeln
Bobs Teilchen nunmehr bloß ein einfaches Objekt mit nicht verstoßen wurde.
feststehender Eigenschaft. Die geteilte Information geht zu-
sammen mit Alice verloren. Hi lf e
Bob und Alice behalten ihre Rolle bei einem der bekann-
testen Lösungsvorschläge des Paradoxons, der so genannten
Komplementarität. Als Leonard Susskind, Lárus Thorlacius
und John Uglum sie 1993 vorstellten, besannen sich die drei tenmechanischer Grundsätze stichhaltig beweisen, so dass
Kollegen von der Stanford University auf Einsteins goldene dieses Verbrechen gegen die Naturgesetze straflos bleibt.
Regel für Gedankenexperimente: Sie konzentrierten sich da- Nicht alle Wissenschaftler überzeugt dieses Argument.
rauf, was überhaupt messbar ist. Die Physiker postulierten, Ein Kritikpunkt betrifft das Äquivalenzprinzip, jene Regel
dass jene Information, die mit Alice hineinfällt, später auch also, die aus Einsteins Fahrstuhl-Gedankenexperiment her-
wieder mit der Strahlung des Schwarzen Lochs herauskom- vorging. So wie der Passagier, der im Innern der Kabine nicht
men muss. Eigentlich würde das nur eine weitere Inkonsis- zwischen dem Wirken von Schwerkraft und Beschleunigung
tenz bewirken, denn die Quantenmechanik ist monogam unterscheiden kann, sollte auch jemand nichts Besonderes
und erlaubt jedem Teilchen nur eine Verschränkung. Bobs bemerken, wenn er sich dem Schwarzen Loch so stark ange-
Teilchen kann also, solange es mit dem von Alice verbunden nähert hat, dass es kein Zurück mehr gibt.
ist, keine zweite Verknüpfung mit einem anderen Objekt ein- Das verträgt sich nicht mit einer Konsequenz aus dem Sze-
gehen. Die Komplementarität fordert Bobs Teilchen nun nario: Wenn die Strahlung, die Bob außerhalb des Schwarzen
aber ab, sich zugleich mit der später ausgesandten Strahlung Lochs sieht, all die Informationen enthält, die mit Alice hin-
des Schwarzen Lochs zu verschränken. Auf den ersten Blick eingefallen sind, muss sie enorm energiereich sein, um der
scheint hier also nur ein Widerspruch gegen den anderen Anziehungskraft des Horizonts entkommen zu können. Die
ausgetauscht worden zu sein. Folge wäre eine ungeheure Feuerwand (siehe »Die Feuerwand
am Horizont«, SdW 9/2015, S. 34 – 39), die den Vorhersagen
Ein folgenloser Vorstoß gegen des Äquivalenzprinzips radikal widerspricht.
die Naturgesetze An diesem Punkt befinden wir uns bereits wieder in den
Doch wenn niemand Zeuge dieser Inkonsistenz wird, schei- Tiefen der Theorie. Vielleicht gelingt es nie, die Rätsel zu lö-
nen die Naturgesetze ein Schlupfloch zu bieten. Die Komple- sen. Doch weil sie zu einem fundamentaleren Verständnis
mentarität basiert auf dem Argument, dass schlicht niemand von der Quantennatur der Raumzeit führen könnten, gehö-
in der Lage ist, die Teilchen von Alice und Bob dabei zu erwi- ren solche Gedankenspiele zu den lebendigsten Bereichen
schen, wie sie die Regeln brechen. Angenommen, ein Dritter der modernen theoretischen Physik. Ÿ
namens Charlie beobachtet Alice und Bob. Während Alice ins
Schwarze Loch fällt, misst er die austretende Strahlung. Theo- DI E AUTORI N
retisch könnte die Information, die darin steckt, Charlie verra-
ten, dass Bob und Alice gegen die Monogamie ihrer Verschrän- Sabine Hossenfelder arbeitet am Nordic Insti-
kung verstoßen haben. Um sich jedoch sicher zu sein, müsste tute for Theoretical Physics in Stockholm an
Themen der Quantengravitation und der Physik
Charlie seine Beobachtung nicht nur mit der Messung verglei- jenseits des Standardmodells. Sie bloggt unter:
chen, die Bob durchführt, sondern auch mit dem Wert, den http://backreaction.blogspot.com
Alice erhält – die sich aber bereits im Innern des Schwarzen
Lochs befindet. Er muss also hineinspringen, um Alice davon
erzählen zu können, was er in der Strahlung am Rand des
Schwarzen Lochs und bei Bobs Teilchen entdeckt hat. QUELLE
Verblüffenderweise konnten Susskind und seine Kollegen
Halpern, P.: Einstein’s Dice and Schrödinger’s Cat: How Two Great
zeigen, dass Charlie keine Chance hat, in das Schwarze Loch Minds Battled Quantum Randomness to Create a Unified Theory
zu fliegen und seine Ergebnisse abzugleichen, bevor er und of Physics. Basic Books, 2015
Alice von den Gezeitenkräften zerrissen werden. Niemand
außerhalb eines Schwarzen Lochs kann die Verletzung quan- Dieser Artikel im Internet: www.spektrum.de/artikel/1372436
FOTOLIA / PATRIKSLEZAK
Diese Art der chemischen Fernana er mit einer Überzeugung, die viele zeit- te Rotverschiebung der charakteristi-
lyse entwickelten Gustav Robert Kirch- genössische Astronomen teilten: »Wir schen Absorptionslinien einer fernen
hoff (1824 – 1887) und Robert Wilhelm werden niemals, mit welchem Mittel Galaxie bestimmen.
Bunsen (1811 – 1899) zu einer äußerst auch immer, die chemische Zusammen- Der deutsche Philosoph Hans Blu-
präzisen Methode, die inzwischen in setzung der Sterne untersuchen kön- menberg (1920 – 1996) formulierte 1981,
vielen Bereichen eingesetzt wird. Ent- nen. Unsere positiven Kenntnisse sind dass »der Sternenhimmel zum Lehr-
scheidend dafür war auch der von Bun- notwendigerweise auf ihre geometri- buch für die Technik dessen geworden
sen verbesserte und heute nach ihm schen und mechanischen Phänomene ist, was natürlicherweise auf der Erde
benannte Brenner, der eine nahezu beschränkt.« nicht gefunden werden kann«: Her-
farblose Flamme erzeugen kann, deren Bunsen und Kirchhoff jedoch hoben kunft und Schicksal unseres Planeten
Eigenspektrum nicht mehr stört. mit ihrer Arbeit die Spektralanalyse der samt seiner Bewohner lassen sich durch
Sonne und der Sterne aus der Taufe. Da- immer ausgeklügeltere Methoden aus
Himmlische Chemie im Fernrohr mit brach letztlich eine neue Ära in der den kosmischen Erscheinungen her-
Einer Überlieferung zufolge blickte Astrophysik an: Unter der Vorausset- auslesen. Wer zu Silvester das neue Jahr
Bunsen am 1. Juni 1860 während eines zung, dass das Universum überall mit einem Feuerwerk begrüßt, sollte
bengalischen Feuers vor dem Heidel- gleich aufgebaut ist, wurden im Licht daher durch die Lichtgirlanden hin-
berger Schloss vom Dach seines Labors von physisch nie erreichbaren Him- durch vielleicht auch einmal einen
durch ein Spektrometer. Im grünen Be- melskörpern Elemente identifizierbar, Blick auf die Sterne richten – die uns
reich des Spektrums sah er im Feuer- die man bislang nur von der Erde kann- dank der Pyrotechnik ein ganzes Stück
werk deutlich die Linien des Bariums te. Das galt auch umgekehrt: Nachdem näher gekommen sind. Ÿ
und im roten diejenigen des Stronti- der englische Astronom Joseph Nor-
ums. Er soll dann zu Kirchhoff gesagt man Lockyer (1836 – 1920) und unab-
DER AUTOR
haben: »Wenn wir auf diese Entfernung hängig von ihm sein französischer Kol-
erkennen konnten, welche Stoffe in lege Jules Janssen (1824 – 1907) 1868 im
H. Joachim Schlichting
den Flammen glühten – warum könn- Sonnenspektrum Linien eines unbe- war Direktor des In-
ten wir nicht auch erkennen, aus wel- kannten Elements entdeckten, suchte stituts für Didaktik der
chen Stoffen die Himmelskörper be man nach Vorkommen bei uns. Das Ele- Physik an der Uni-
versität Münster. 2013
stehen?« ment Helium (abgeleitet vom griechi- wurde er mit dem
Der revolutionäre Gehalt solcher schen Begriff für die Sonne) wurde 1895 Archimedes-Preis für
Gedanken wird vor dem Hintergrund auch in irdischem Gestein aufgespürt. Physik ausgezeichnet.
einer Aussage des Mathematikers und Heute vermessen Astronomen mit der
Philosophen Auguste Comte (1798 – Spektroskopie sogar die Expansion des Dieser Artikel und Links im Internet:
1857) besonders deutlich. 1835 schrieb Universums, indem sie die so genann www.spektrum.de/artikel/1378792
DIGITAL-MANIFEST (I)
Digitale Demokratie
statt Datendiktatur
Big Data, Nudging, Verhaltenssteuerung: Droht uns die Automatisie-
rung der Gesellschaft durch Algorithmen und künstliche Intelligenz?
Ein Appell zur Sicherung von Freiheit und Demokratie.
Von Dirk Helbing, Bruno S. Frey, Gerd Gigerenzer, Ernst Hafen, Michael Hagner,
Yvonne Hofstetter, Jeroen van den Hoven, Roberto V. Zicari und Andrej Zwitter
D
ie digitale Revolution ist in vollem Gange. Wie wird kommenden 10 bis 20 Jahren wohl die Hälfte der heutigen
sie unsere Welt verändern? Jedes Jahr verdoppelt Jobs verdrängen. 40 Prozent der Top-500-Firmen werden in
sich die Menge an Daten, die wir produzieren. Mit einem Jahrzehnt verschwunden sein.
anderen Worten: Allein 2015 kommen so viele Da- Es ist absehbar, dass Supercomputer menschliche Fähig-
ten hinzu, wie in der gesamten Menschheitsgeschichte bis keiten bald in fast allen Bereichen übertreffen werden – ir-
2014 zusammen. Pro Minute senden wir Hunderttausende gendwann zwischen 2020 und 2060. Inzwischen ruft dies
von Google-Anfragen und Facebook-Posts. Sie verraten, was alarmierte Stimmen auf den Plan. Technologievisionäre wie
wir denken und fühlen. Bald sind die Gegenstände um uns he-
rum mit dem »Internet der Dinge« verbunden, vielleicht auch AUF EINEN BLICK
unsere Kleidung. In zehn Jahren wird es schätzungsweise 150
Milliarden vernetzte Messsensoren geben, 20-mal mehr als
heute Menschen auf der Erde. Dann wird sich die Datenmen-
ge alle zwölf Stunden verdoppeln. Viele Unternehmen versu-
chen jetzt, diese »Big Data« in Big Money zu verwandeln.
Alles wird intelligent: Bald haben wir nicht nur Smartpho-
nes, sondern auch Smart Homes, Smart Factories und Smart
1 Neun internationale Experten warnen vor der Aushöhlung
unserer Bürgerrechte und der Demokratie im Zuge der digi-
talen Technikrevolution.
Cities. Erwarten uns am Ende der Entwicklung Smart Nations
und ein smarter Planet?
In der Tat macht das Gebiet der künstlichen Intelligenz
2 Wir steuern demnach geradewegs auf die Automatisierung
unserer Gesellschaft und die Fernsteuerung ihrer Bürger durch
Algorithmen zu, in denen sich »Big Data« und »Nudging«-Metho-
atemberaubende Fortschritte. Insbesondere trägt es zur Au- den zu einem mächtigen Instrument vereinen. Erste Ansätze dazu
lassen sich bereits in China und Singapur beobachten.
tomatisierung der Big-Data-Analyse bei. Künstliche Intelli-
genz wird nicht mehr Zeile für Zeile programmiert, sondern
ist mittlerweile lernfähig und entwickelt sich selbstständig
3 Ein Zehnpunkteplan soll helfen, jetzt die richtigen Weichen
zu stellen, um auch im digitalen Zeitalter Freiheitsrechte und
Demokratie zu bewahren und die sich ergebenden Chancen zu
weiter. Vor Kurzem lernten etwa Googles DeepMind-Algo- nutzen.
rithmen autonom, 49 Atari-Spiele zu gewinnen. Algorith-
partment of Computer Science schwebte manchen Forschern eine Steuerung von Wirtschaft
der ETH Zürich assoziiert. Seine und Gesellschaft nach diesen Grundsätzen vor, aber lange
aktuellen Studien diskutieren fehlte die nötige Technik dazu.
global vernetzte Risiken und Heute gilt Singapur als Musterbeispiel einer datengesteu-
die versteckten Gesetzmäßigkei- erten Gesellschaft. Was als Terrorismusabwehrprogramm
ten der globalen Seuchenausbrei- anfing, beeinflusst nun auch die Wirtschafts- und Einwande-
tung. An der Delft University of Techno rungspolitik, den Immobilienmarkt und die Lehrpläne für
logy leitet er das Doktorandenprogramm »Engineering Social Schulen. China ist auf einem ähnlichen Weg. Kürzlich lud Bai-
Technologies for a Responsible Digital Future«. Er ist zudem ge- du, das chinesische Äquivalent von Google, das Militär dazu
wähltes Mitglied der Deutschen Akademie der Wissenschaften. ein, sich am China-Brain-Projekt zu beteiligen. Dabei lässt
DIRK HELBING
für gute Entscheidungen
vidualisierten Preisen wandeln auch wir im Westen auf ähn-
lichen Pfaden. Darüber hinaus wird immer deutlicher, dass
1 2 3 4 5 6 7 8 9 10
wir alle im Fokus institutioneller Überwachung stehen,
Jahre
wie etwa das 2015 bekannt gewordene »Karma Police«-Pro-
gramm des britischen Geheimdienstes zur flächendecken- Innerhalb weniger Jahre hat die rasante Vernetzung der Welt die
den Durchleuchtung von Internetnutzern demonstriert. Komplexität unserer Gesellschaft explosionsartig erhöht. Dies
Wird Big Brother nun tatsächlich Realität? Und: Brauchen ermöglicht zwar jetzt, auf Grund von »Big Data« bessere Entschei-
wir das womöglich sogar im strategischen Wettkampf der dungen zu treffen, aber das bisherige Prinzip der Kontrolle von
Nationen und ihrer global agierenden Unternehmen? oben funktioniert immer weniger. Verteilte Steuerungsansätze
werden zunehmend wichtiger. Nur mittels kollektiver Intelligenz
Programmierte Gesellschaft, lassen sich noch angemessene Problemlösungen finden.
programmierte Bürger
Angefangen hat es scheinbar harmlos: Schon seit einiger Zeit
bieten uns Suchmaschinen und Empfehlungsplattformen Diese Technologien finden auch in der Politik zunehmend
personalisierte Vorschläge zu Produkten und Dienstleis Zuspruch. Unter dem Stichwort Nudging versucht man, Bür-
tungen an. Diese beruhen auf persönlichen und Metadaten, ger im großen Maßstab zu gesünderem oder umweltfreund-
welche aus früheren Suchanfragen, Konsum- und Bewe- licherem Verhalten »anzustupsen« – eine moderne Form des
gungsverhalten sowie dem Paternalismus. Der neue,
sozialen Umfeld gewonnen umsorgende Staat interes-
werden. Die Identität des Auf die Automatisierung der Pro- siert sich nicht nur dafür,
Nutzers ist zwar offiziell ge- duktion und die Erfindung selbst- was wir tun, sondern möch-
schützt, lässt sich aber leicht fahrender Fahrzeuge folgt nun die te auch sicherstellen, dass
ermitteln. Heute wissen Al- wir das Richtige tun. Das
gorithmen, was wir tun, was
Automatisierung der Gesellschaft Zauberwort ist »Big Nud-
wir denken und wie wir uns ging«, die Kombination von
fühlen – vielleicht sogar besser als unsere Freunde und unse- Big Data und Nudging. Es erscheint manchem wie ein digita-
re Familie, ja als wir selbst. Oft sind die unterbreiteten Vor- les Szepter, mit dem man effizient durchregieren kann, ohne
schläge so passgenau, dass sich die resultierenden Entschei- die Bürger in demokratische Verfahren einbeziehen zu müs-
dungen wie unsere eigenen anfühlen, obwohl sie fremde sen. Lassen sich auf diese Weise Partikularinteressen über-
Entscheidungen sind. Tatsächlich werden wir auf diese Weise winden und der Lauf der Welt optimieren? Wenn ja, dann
immer mehr ferngesteuert. Je mehr man über uns weiß, des-
to unwahrscheinlicher werden freie Willensentscheidungen
mit offenem Ausgang. Bruno S. Frey ist Wirtschaftswissen-
Auch dabei wird es nicht bleiben. Einige Softwareplattfor- schaftler und Ständiger Gastpro-
men bewegen sich in Richtung »Persuasive Computing«. Mit fessor an der Universität Basel,
ausgeklügelten Manipulationstechnologien werden sie uns wo er das Center for Research
UNIVERSITÄT ZÜRICH
Gerd Gigerenzer ist Direktor am befallen wurde. Glücklicherweise haben sich nicht mehr
Max-Planck-Institut für Bildungs- Menschen impfen lassen!
forschung in Berlin sowie des Auch mag der Versuch, Krankenversicherte mit Fitness-
2009 in Berlin gegründeten armbändern zu verstärkter Bewegung anzuregen, die Anzahl
Harding Zentrums für Ri- der Herz-Kreislauf-Erkrankungen reduzieren. Am Ende
sikokompetenz. Er ist Mit- könnte es dafür aber mehr Hüftoperationen geben. In einem
glied der Berlin-Brandenbur- komplexen System wie der Gesellschaft führt eine Verbesse-
gischen Akademie der Wis- rung in einem Bereich fast zwangsläufig zur Verschlechte-
senschaften und der Deutschen rung in einem anderen. So können sich großflächige Eingrif-
Akademie der Wissenschaften Le- fe leicht als schwer wiegende Fehler erweisen.
opoldina. Zu seinen Forschungsinter- Unabhängig davon würden Kriminelle, Terroristen oder
essen gehören Risikokompetenz und Risikokommunikation sowie Extremisten den digitalen Zauberstab früher oder später un-
Entscheidungen unter Unsicherheit und begrenzter Zeit. ter ihre Kontrolle bringen – vielleicht sogar, ohne dass es uns
auffällt. Denn: Fast alle Unternehmen und Einrichtungen
wurden schon gehackt, selbst das Pentagon, das Weiße Haus
könnte man regieren wie ein weiser König, der mit einer Art und der Bundestag.
digitalem Zauberstab die gewünschten wirtschaftlichen und Hinzu kommt ein weiteres Problem, wenn ausreichende
gesellschaftlichen Ergebnisse quasi herbeizaubert. Transparenz und demokratische Kontrolle fehlen: die Aus-
höhlung des Systems von innen. Denn Suchalgorithmen und
Der digitale Zauberstab Empfehlungssysteme lassen sich beeinflussen. Unterneh-
Doch ein Blick in die relevante wissenschaftliche Literatur men können bestimmte Wortkombinationen ersteigern, die
zeigt, dass eine gezielte Kontrolle von Meinungen im Sinne in den Ergebnislisten bevorzugt angezeigt werden. Regierun-
ihrer »Optimierung« an der Komplexität des Problems gen haben wahrscheinlich Zugriff auf eigene Steuerungspa-
scheitert. Die Meinungsbildungsdynamik ist voll von Über- rameter. Bei Wahlen wäre es daher im Prinzip möglich, sich
raschungen. Niemand weiß, wie der digitale Zauberstab, durch Nudging Stimmen von Unentschlossenen zu sichern –
sprich die manipulative Nudging-Technik, richtig zu verwen- eine nur schwer nachweisbare Manipulation. Wer auch im-
den ist. Was richtig und was falsch ist, stellt sich oft erst hin- mer diese Technologie kontrolliert, kann also Wahlen für sich
terher heraus. So wollte man während der Schweinegrippe- entscheiden und sich sozusagen an die Macht nudgen.
epidemie 2009 jeden zur Impfung bewegen. Inzwischen ist Verschärft wird dieses Problem durch die Tatsache, dass in
aber bekannt, dass ein bestimmter Prozentsatz der Geimpf- Europa eine einzige Suchmaschine einen Marktanteil von
ten von einer ungewöhnlichen Krankheit, der Narkolepsie, rund 90 Prozent besitzt. Sie könnte die Öffentlichkeit maß-
geblich beeinflussen, womit Europa vom Silicon Valley aus
quasi ferngesteuert würde. Auch wenn das Urteil des Europä-
ischen Gerichtshofs vom 6. Oktober 2015 nun den ungezü-
gelten Export europäischer Daten einschränkt, ist das zu
Grunde liegende Problem noch keineswegs gelöst, sondern
erst einmal nur geografisch verschoben.
2.0 Mit welchen unerwünschten Nebenwirkungen ist zu rech-
kratie
Demo nen? Damit Manipulation nicht auffällt, braucht es einen so
DIRK HELBING
Gesellschaftlicher Erfolg
man wegen des Resonanzeffekts nur langsam und allmäh- Michael Hagner ist Professor für
lich erzeugen. Die Auswirkungen treten mit zeitlicher Verzö- Wissenschaftsforschung an der
gerung ein, lassen sich dann aber auch nicht mehr einfach ETH Zürich. Zu seinen For-
rückgängig machen. So können zum Beispiel Ressentiments schungsgebieten gehören
gegen Minderheiten oder Migranten leicht außer Kontrolle das Verhältnis von Wissen-
geraten; zu viel Nationalgefühl kann Diskriminierung, Ext- schaft und Demokratie, die
remismus und Konflikte verursachen. Geschichte der Kybernetik
Noch schwerer wiegt der Umstand, dass manipulative Me- sowie die Auswirkungen der
thoden die Art und Weise verändern, wie wir unsere Entschei- digitalen Kultur auf akademi-
dungen treffen. Sie setzen nämlich die sonst bedeutsamen sches Publizieren.
kulturellen und sozialen Signale außer Kraft – zumindest
vorübergehend. Zusammengefasst könnte der großflächige
Einsatz manipulativer Methoden also schwer wiegende ge- bestimmung voraus. Es geht hier um nicht weniger als unse-
sellschaftliche Schäden verursachen, einschließlich der oh- re wichtigsten verfassungsmäßig garantierten Rechte. Ohne
nehin schon verbreiteten Verrohung der Verhaltensweisen in deren Einhaltung kann eine Demokratie nicht funktionie-
der digitalen Welt. Wer soll dafür die Verantwortung tragen? ren. Ihre Einschränkung unterminiert unsere Verfassung,
unsere Gesellschaft und den Staat.
Rechtliche Probleme Da manipulative Technologien wie Big Nudging ähnlich
Dies wirft rechtliche Fragen auf, die man angesichts der wie personalisierte Werbung vorgehen, sind noch weitere
Milliardenklagen gegen Tabakkonzerne, Banken, IT- und Gesetze tangiert. Werbung muss als solche gekennzeich-
Automobilunternehmen in den vergangenen Jahren nicht net werden und darf nicht irreführend sein. Auch sind nicht
vernachlässigen sollte. Doch welche Gesetze werden über- alle psychologischen Tricks wie etwa unterschwellige Rei-
haupt tangiert? Zunächst einmal ist klar, dass mani- ze erlaubt. So ist es untersagt, ein Erfrischungsgetränk im
pulative Technologien die Kinofilm für eine Zehntel-
Entscheidungsfreiheit ein- sekunde einzublenden, weil
schränken. Würde die Fern- Die Menschheit steht an einem die Werbung dann nicht
steuerung unseres Verhal- Scheideweg, bei dem sich große bewusst wahrnehmbar ist,
tens perfekt funktionieren, Chancen abzeichnen, aber auch während sie unterbewusst
wären wir im Grunde digita- vielleicht eine Wirkung ent-
le Sklaven, denn wir würden
beträchtliche Risiken faltet. Das heute gängige
nur noch fremde Entschei- Sammeln und Verwerten
dungen ausführen. Bisher funktionieren manipulative Tech- persönlicher Daten lässt sich außerdem nicht mit dem gel-
nologien natürlich nur zum Teil. Jedoch verschwindet unse- tenden Datenschutzrecht in den europäischen Ländern ver-
re Freiheit langsam, aber sicher – langsam genug, dass der einen.
Widerstand der Bürger bisher noch gering war. Schließlich steht auch die Rechtmäßigkeit personalisier-
Die Einsichten des großen Aufklärers Immanuel Kant ter Preise in Frage, denn es könnte sich dabei um einen Miss-
scheinen jedoch hochaktuell zu sein. Unter anderem stellte brauch von Insiderinformationen handeln. Hinzu kommen
er fest, dass ein Staat, der das Glück seiner Bürger zu bestim- mögliche Verstöße gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz,
men versucht, ein Despot ist. Das Recht auf individuelle das Diskriminierungsverbot und das Wettbewerbsrecht, da
Selbstentfaltung kann nur wahrnehmen, wer die Kontrolle freier Marktzugang und Preistransparenz nicht mehr ge-
über sein Leben hat. Dies setzt jedoch informationelle Selbst- währleistet sind. Die Situation ist vergleichbar mit Unter-
nehmen, die ihre Produkte in anderen Ländern billiger ver-
kaufen, jedoch den Erwerb über diese Länder zu verhindern
Ernst Hafen ist Professor am Institut versuchen. In solchen Fällen gab es bisher empfindliche
für Molekulare Systembiologie und Strafzahlungen.
ehemaliger Präsident der ETH Mit klassischer Werbung oder Rabattmarken sind perso-
Zürich. 2012 gründete er den nalisierte Werbung und Preise nicht vergleichbar, denn ers-
Verein »Daten und Gesund- tere sind unspezifisch und dringen auch bei Weitem nicht so
KATARZYNA NOWAK
heit«. Der Verein beabsich- sehr in unsere Privatsphäre ein, um unsere psychologischen
tigt, auf politischer und öko- Schwächen auszunutzen und unsere kritische Urteilskraft
nomischer Ebene die digitale auszuschalten.
Selbstbestimmung der Bürger Außerdem gelten in der akademischen Welt selbst harm-
zu stärken und die Gründung ge- lose Entscheidungsexperimente als Versuche am Menschen
nossenschaftlich organisierter Ban- und bedürfen der Beurteilung durch eine Ethikkommission,
ken für persönliche Daten zu fördern. die der Öffentlichkeit Rechenschaft schuldet. Die betroffe-
Yvonne Hofstetter ist Juristin und ist klar, dass sich die Probleme in der Welt trotz Datenflut
KI-Expertin. Die Auswertung gro- und Verwendung personalisierter Informationssysteme
ßer Datenmengen und Daten- nicht verringert haben – im Gegenteil! Der Weltfrieden ist
fusionssysteme sind ihr Spe- brüchig. Die langfristige Veränderung des Klimas könnte
zialgebiet. Sie ist Geschäfts- zum größten Verlust von Arten seit dem Aussterben der Di-
führerin der Teramark Tech- nosaurier führen. Die Auswirkungen der Finanzkrise auf
nologies GmbH. Das Unter- Wirtschaft und Gesellschaft sind sieben Jahre nach ihrem Be-
nehmen entwickelt digitale ginn noch lange nicht bewältigt. Cyberkriminalität richtet ei-
Steuerungssysteme auf Basis nen jährlichen Schaden von 3 Billionen Dollar an. Staaten
künstlicher Intelligenz unter an- und Terroristen rüsten zum Cyberkrieg.
derem für die Optimierung urbaner In einer sich schnell verändernden Welt kann auch eine
Lieferströme und das algorithmische Superintelligenz nie perfekt entscheiden – die Datenmengen
Währungsrisikomanagement. wachsen schneller als die Prozessierbarkeit, und die Übertra-
gungsraten sind begrenzt. So werden lokales Wissen und Fak-
ten außer Acht gelassen, die jedoch von Bedeutung sind, um
nen Personen müssen in jedem einzelnen Fall ihre infor- gute Lösungen zu erzielen. Verteilte, lokale Steuerungsver-
mierte Zustimmung geben. Absolut unzureichend ist dage- fahren sind zentralen Ansätzen oft überlegen, vor allem in
gen ein Klick zur Bestätigung, dass man einer 100-seitigen komplexen Systemen, deren Verhalten stark variabel, kaum
Nutzungsbedingung pauschal zustimmt, wie es bei vielen voraussagbar und nicht in Echtzeit optimierbar ist. Das gilt
Informationsplattformen heutzutage der Fall ist. schon für die Ampelsteuerung in Städten, aber noch viel
Dennoch experimentieren manipulative Technologien mehr für die sozialen und ökonomischen Systeme unserer
wie Nudging mit Millionen von Menschen, ohne sie darüber stark vernetzten, globalisierten Welt.
in Kenntnis zu setzen, ohne Transparenz und ohne ethische Weiterhin besteht die Gefahr, dass die Manipulation von
Schranken. Selbst große soziale Netzwerke wie Facebook oder Entscheidungen durch mächtige Algorithmen die Grundvor-
Online-Dating-Plattformen aussetzung der »kollektiven
wie OK Cupid haben sich be- Intelligenz« untergräbt, die
reits öffentlich zu solchen
Die Entwicklung verläuft von der sich an die Herausforderun-
sozialen Experimenten be- Programmierung von Com- gen unserer komplexen Welt
kannt. Wenn man unver putern zur Programmierung von flexibel anpassen kann. Da-
antwortliche Forschung an mit kollektive Intelligenz
Menschen
Mensch und Gesellschaft funktioniert, müssen Infor-
vermeiden möchte (man mationssuche und Entschei-
denke etwa an die Beteiligung von Psychologen an den Fol- dungsfindung der Einzelnen voneinander unabhängig erfol-
terskandalen der jüngsten Vergangenheit), dann benötigen gen. Wenn unsere Urteile und Entscheidungen jedoch durch
wir dringend hohe Standards, insbesondere wissenschaftli- Algorithmen vorgegeben werden, führt das im wahrsten Sin-
che Qualitätskriterien und einen ethischen Kodex analog ne des Wortes zur Volksverdummung. Vernunftbegabte We-
zum hippokratischen Eid. sen werden zu Befehlsempfängern degradiert, die reflexhaft
auf Stimuli reagieren. Das reduziert die Kreativität, weil man
Auch Superintelligenzen weniger »out of the box« denkt.
können irren oder lügen
Angenommen, es gäbe eine superintelligente Maschine, die
quasi gottgleiches Wissen und übermenschliche Fähigkeiten Roberto V. Zicari ist Professor für
hätte – würden wir dann ehrfürchtig ihren Anweisungen fol- Datenbanken und Informations-
gen? Das erscheint durchaus möglich. Aber wenn wir das tä- systeme an der Goethe-Uni-
ten, dann hätten sich die Befürchtungen von Elon Musk, Bill versität Frankfurt am Main
Gates, Steve Wozniak, Stephen Hawking und anderen be- und Big-Data-Experte. Er ist
C. SATTLER
wahrheitet: Computer hätten die Kontrolle über die Welt Gründer des Frankfurt Big
übernommen. Es muss uns klar sein, dass auch eine Superin- Data Labs der Goethe-Uni-
telligenz irren, lügen, egoistische Interessen verfolgen oder versität und Herausgeber des
selbst manipuliert werden kann. Vor allem könnte sie sich Operational Database Manage-
nicht mit der verteilten, kollektiven Intelligenz der Bevölke- ment Systems-Portals (ODBMS.
rung messen. org). Zudem forscht er als Visiting
Das Denken aller Bürger durch einen Computercluster zu Professor am Center for Entrepreneurship and Technology des De-
ersetzen wäre absurd, denn das würde die Qualität der er- partments of Industrial Engineering and Operations Research an
reichbaren Lösungen dramatisch verschlechtern. Schon jetzt der University of California in Berkeley.
Anders gesagt: Personalisierte Information baut eine »Fil- Jeroen van den Hoven ist Profes-
ter Bubble« um uns herum, eine Art digitales Gedankenge- sor für Ethik und Technologie
fängnis. In letzter Konsequenz würde eine zentrale, techno- an der Delft University of
kratische Verhaltens- und Gesellschaftssteuerung durch ein Technology sowie Chefre-
YVONNE COMPIER
superintelligentes Informationssystem eine neue Form der dakteur der Fachzeitschrift
Diktatur bedeuten. Die von oben gesteuerte Gesellschaft, die Ethics and Information
unter dem Banner des »sanften Paternalismus« daher- Technology. Er ist zudem
kommt, ist deshalb im Prinzip nichts anderes als ein totalitä- Vorsitzender des niederlän-
res Regime mit rosarotem Anstrich. dischen Research Council Pro-
In der Tat zielt »Big Nudging« auf die Gleichschaltung vie- grams on Responsible Innovation.
ler individueller Handlungen und auf eine Manipulation von
Sichtweisen und Entscheidungen ab. Dies rückt es in die
Nähe der gezielten Entmündigung des Bürgers durch staat- In Zukunft werden jene Länder führend sein, die eine gute
lich geplante Verhaltenssteuerung. Wir befürchten, dass die Balance von Wirtschaft, Staat und Bürgern erreichen. Dies er-
Auswirkungen langfristig fatal sein könnten, insbesondere fordert vernetztes Denken und den Aufbau eines Informa-
wenn man die oben erwähnte, teils kulturzerstörende Wir- tions-, Innovations-, Produkte- und Service-»Ökosystems«.
kung bedenkt. Hierfür ist es nicht nur wichtig, Beteiligungsmöglichkeiten
zu schaffen, sondern auch Vielfalt zu fördern. Denn es gibt
Eine bessere digitale Gesellschaft keine Methode, um zu ermitteln, was die beste Zielfunktion
ist möglich ist: Soll man das Bruttosozialprodukt optimieren oder Nach-
Trotz des harten globalen Wettbewerbs tun Demokratien gut haltigkeit? Macht oder Frieden? Lebensdauer oder Zufrie-
daran, ihre in Jahrhunderten erarbeiteten Errungenschaften denheit? Oft weiß man erst hinterher, was vorteilhaft gewe-
nicht über Bord zu werfen. Gegenüber anderen politischen sen wäre. Indem sie verschiedene Ziele zulässt, ist eine plura-
Regimes haben die westlichen Demokratien den Vorteil, dass listische Gesellschaft besser in der Lage, mit verschiedenen
sie mit Pluralismus und Diversität bereits umzugehen ge- Herausforderungen zurechtzukommen.
lernt haben. Jetzt müssen sie nur noch stärker davon profitie- Zentralisierte Top-down-Kontrolle ist eine Lösung der Ver-
ren lernen. gangenheit, die sich nur für Systeme geringer Komplexität
Andrej Zwitter ist Professor für Inter- Wir fordern deshalb die Einhaltung folgender Grundprin-
nationale Beziehungen und Ethik zipien:
an der Rijksuniversiteit Gronin- 1. Die Funktion von Informationssystemen
gen, Niederlande, sowie Hono- stärker zu dezentralisieren,
rary Senior Research Fellow an 2. informationelle Selbstbestimmung und
der Liverpool Hope University, Partizipation zu unterstützen,
Großbritannien. Er ist Mitbe- 3. Transparenz für eine erhöhte Vertrauenswürdigkeit
gründer des International Net- zu verbessern,
work Observatory for Big Data 4. Informationsverzerrungen und -verschmutzung
and Global Strategy. Seine For- zu reduzieren,
schungsschwerpunkte beinhalten in- 5. von den Nutzern gesteuerte Informationsfilter
ternationale politische Theorie, Notstandsrecht und Politik der hu- zu ermöglichen,
manitären Hilfe sowie die Auswirkungen von Big Data auf interna- 6. gesellschaftliche und ökonomische Vielfalt zu fördern,
tionale Politik und Ethik. 7. die Fähigkeit technischer Systeme zur Zusammenarbeit
zu verbessern,
8. digitale Assistenten und Koordinationswerkzeuge
eignet. Deshalb sind föderale Systeme und Mehrheitsent- zu kreieren,
scheidungen die Lösungen der Gegenwart. Mit der wirt- 9. kollektive Intelligenz zu unterstützen, und
schaftlichen und kulturellen Entwicklung nimmt die gesell- 10. die Mündigkeit der Bürger in der digitalen Welt
schaftliche Komplexität jedoch weiter zu. Die Lösung der Zu- zu fördern – eine »digitale Aufklärung«.
kunft lautet kollektive Intelligenz: Citizen Science, Crowd Mit dieser Agenda würden wir alle von den Früchten der
Sourcing und Online-Diskussionsplattformen sind daher digitalen Revolution profitieren: Wirtschaft, Staat und Bür-
eminent wichtige neue Ansätze, um mehr Wissen, Ideen und ger gleichermaßen. Worauf warten wir noch? Ÿ
Ressourcen nutzbar zu machen.
Kollektive Intelligenz benötigt einen hohen Grad an Di- QUELLEN
versität. Diese wird jedoch durch heutige personalisierte In-
formationssysteme zu Gunsten der Verstärkung von Trends Frey, B. S., Gallus, J.: Beneficial and Exploitative Nudges. In:
Economic Analysis of Law in European Legal Scholarship. Springer,
reduziert. Heidelberg 2015
Soziodiversität ist genauso wichtig wie Biodiversität. Auf Online unter: www.bsfrey.ch/articles/C_591_2015.pdf
ihr beruhen nicht nur kollektive Intelligenz und Innovation, Helbing, D.: The Automation of Society Is Next. How to Survive the
Digital Revolution. CreateSpace, 2015
sondern auch gesellschaftliche Resilienz – also die Fähigkeit, Koops, B.-J. et al.: Responsible Innovation 2. Concepts, Approaches,
mit unerwarteten Schocks zurechtzukommen. Die Verringe- and Applications. Springer, Heidelberg 2015
rung der Soziodiversität reduziert oft auch die Funktions- van den Hoven, J. et al. (Hg.): Handbook of Ethics, Values an
Technological Design. Springer, Heidelberg 2015
und Leistungsfähigkeit von Wirtschaft und Gesellschaft. Dies Volodymyr, M. et al.: Human-Level Control through Deep
ist der Grund, warum totalitäre Regimes oft in Konflikte mit Reinforcement Learning. In: Nature 518, S. 529 – 533, 2015
ihren Nachbarn geraten. Zwitter, A.: Big Data Ethics. In: Big Data & Society 1(2)
10.1177/2053951714559253, 2014
Typische Langzeitfolgen sind politische Instabilitäten und
Kriege, wie sie in unserer Geschichte immer wieder auftraten. LITERATURTIPPS
Pluralität und Partizipation sind also nicht in erster Linie als
Zugeständnisse an die Bürger zu sehen, sondern als maßgeb- Gigerenzer, G.: Risiko: Wie man die richtigen Entscheidungen trifft.
Bertelsmann, München 2013.
liche Funktionsvoraussetzungen leistungsfähiger, komple-
Der Max-Planck-Forscher, Koautor des Artikels, über den richtigen
xer, moderner Gesellschaften. Umgang mit Risikofaktoren.
Zusammenfassend kann man sagen: Wir stehen an einem
Hofstetter, Y.: Sie wissen alles: Wie intelligente Maschinen in unser
Scheideweg. Big Data, künstliche Intelligenz, Kybernetik und Leben eindringen und warum wir für unsere Freiheit kämpfen
Verhaltensökonomie werden unsere Gesellschaft prägen – müssen. Bertelsmann, München 2014.
Die Koautorin des Artikels und KI-Expertin klärt über die Gefahren
im Guten wie im Schlechten. Sind solche weit verbreiteten
von Big Data auf.
Technologien nicht mit unseren gesellschaftlichen Grund-
Schlieter, K.: Die Herrschaftsformel. Wie Künstliche Intelligenz uns
werten kompatibel, werden sie früher oder später großflächi-
berechnet, steuert und unser Leben verändert. Westend, Frankfurt
gen Schaden anrichten. So könnten sie zu einer Automatisie- 2015.
rung der Gesellschaft mit totalitären Zügen führen. Im Wie wir uns mit digitalen Daten der Manipulation ausliefern.
schlimmsten Fall droht eine zentrale künstliche Intelligenz
WEBLI N KS
zu steuern, was wir wissen, denken und wie wir handeln.
Jetzt ist daher der historische Moment, den richtigen Weg Diesen Artikel sowie weitere Quellen und Literaturtipps finden Sie
einzuschlagen und von den Chancen zu profitieren, die sich unter: www.spektrum.de/s/digitalmanifest
dabei bieten.
Eine Strategie
für das digitale Zeitalter
Die rasant voranschreitende Digitalisierung gefährdet unsere Demokratie,
wenn wir sie nicht zügeln. Was müssen wir nun tun?
Von Dirk Helbing, Bruno S. Frey, Gerd Gigerenzer, Ernst Hafen, Michael Hagner,
Yvonne Hofstetter, Jeroen van den Hoven, Roberto V. Zicari und Andrej Zwitter
B
ig Data und künstliche Intelligenz sind zweifellos ern kann. Für einen besseren Schutz der Privatsphäre und
der Schlüssel zu wichtigen Innovationen. Sie haben um Diskriminierung zu vermeiden, wäre eine unautorisierte
ein enormes Potenzial, wirtschaftliche Wertschöp- Verwendung der Daten unter Strafe zu stellen. So könnte
fung und gesellschaftlichen Fortschritt zu katalysie- man selbst entscheiden, wer welche Informationen für wel-
ren, von der personalisierten Gesundheitsvorsorge bis zu chen Zweck wie lange nutzen darf. Überdies wären geeignete
nachhaltigen Städten. Aber es ist völlig inakzeptabel, diese Maßnahmen zu treffen, damit die Daten sicher gespeichert
Technologien zur Entmündigung des Bürgers zu nutzen. Big und ausgetauscht werden können.
Nudging und Citizen Scores missbrauchen zentral gesam- Mit ausgefeilteren und unterschiedliche Kriterien berück-
melte persönliche Daten für eine Verhaltenskontrolle, die to- sichtigenden Reputationssystemen ließe sich die Qualität
talitäre Züge trägt. Dies ist nicht nur unvereinbar mit Men- der Informationen erhöhen, auf deren Basis wir unsere Ent-
schenrechten und demokratischen Prinzipien, sondern auch scheidungen treffen. Wären Such- und Empfehlungsalgo-
ungeeignet, eine moderne, innovative Gesellschaft zu mana- rithmen nicht vom Anbieter vorgegeben, sondern vom Nut-
gen. Um die eigentlichen Probleme zu lösen, sind vielmehr zer auswählbar und konfigurierbar, wären wir weniger durch
bessere Informationen und Risikokompetenz gefragt. For- verzerrte Informationen manipulierbar.
schungsbereiche zu verantwortungsvoller Innovation und Ergänzend braucht es effiziente Beschwerdeverfahren für
die Initiative »Data for Humanity« geben Orientierung, wie Bürger und wirksame Sanktionen bei Regelverletzungen. Um
Big Data und künstliche Intelligenz zum Wohl der Gesell- schließlich ausreichend Transparenz und Vertrauen zu
schaft genutzt werden können. schaffen, sollten führende wissenschaftliche Institutionen
Was können wir jetzt konkret tun? Zunächst gilt es auch in als Treuhänderinnen von Daten und Algorithmen walten,
Zeiten der digitalen Revolution die Grundrechte der Bürger die sich momentan der demokratischen Kontrolle entziehen.
zu schützen, die eine fundamentale Funktionsvorausset- Dies erfordert auch einen geeigneten Ehrenkodex, den zu-
zung für ein modernes, demokratisches Gemeinwesen sind. mindest all jene anerkennen müssten, die Zugang zu sensib-
Dafür braucht es einen neuen Gesellschaftsvertrag auf der len Daten und Algorithmen erhalten – eine Art hippokrati-
Basis von Vertrauen und Kooperation, der Bürger und Kun- scher Eid für IT-Experten.
den nicht als Hindernisse oder zu vermarktende Ressourcen
sieht, sondern als Partner. Der Staat müsste einen geeigneten Eine digitale Agenda für die digitale Gesellschaft
Regulierungsrahmen schaffen, der die Kompatibilität von Darüber hinaus ist eine digitale Agenda erforderlich, wel-
Technologien mit Demokratie garantiert. Dieser muss die in- che die Grundlage für neue Jobs und die künftige digitale Ge-
formationelle Selbstbestimmung nicht nur theoretisch, son- sellschaft legt. Jedes Jahr investieren wir Milliarden in die Ag-
dern auch praktisch sicherstellen, denn sie ist die Vorausset- rarwirtschaft sowie in öffentliche Infrastruktur, Schulen und
zung dafür, dass wir unser Leben selbstverantwortlich gestal- Universitäten – zu Gunsten der Industrie und des Dienstleis-
ten können. tungssektors.
Für persönliche Daten, die über uns gesammelt werden, Welche öffentlichen Systeme benötigen wir also, damit
sollte es ein Recht auf Kopie geben. Es sollte gesetzlich gere- die digitale Gesellschaft ein Erfolg wird? Erstens sind völlig
gelt sein, dass diese Kopie in einem standardisierten Format neue Bildungskonzepte gefragt. Diese sollten stärker auf
automatisch an eine persönliche Datenmailbox gesandt kritisches Denken, Kreativität, Erfinder- und Unternehmer-
wird, über die jeder Einzelne die Verwendung der Daten steu- geist ausgerichtet sein als auf standardisierte Arbeitnehmer,
AcademiaNet, das europäische Rechercheportal für Eine Initiative der Robert Bosch Stiftung in Zusammenarbeit mit
Spektrum der Wissenschaft und der nature publishing group
herausragende Wissenschaftlerinnen, bietet:
Wie entstand
Israel?
Laut Altem Testament bildete sich das Volk Israel während der
40-jährigen Wanderung durch die Wüste und der anschlie-
ßenden Eroberung des gelobten Landes Kanaan. Historische
und archäologische Quellen zeichnen nun ein anderes Bild:
Israel war schon damals ein Schmelztiegel der Kulturen.
Von Wolfgang Zwickel
G
ravierende geschichtliche Einschnitte haben in Gesamtkomposition der Geschichtsdarstellung ist eine rein
der Regel nicht einen einzigen Auslöser, sondern literarische Form.
sind das Ergebnis vieler Entwicklungen, deren Mit der Geschichte Israels verhält es sich ähnlich. Dem Al
Zeitlinien sich in einem Punkt überschnitten ha ten Testament zufolge hatte sich das Volk Israel in Ägypten
ben. Bis heute suchen die Menschen nach einfacheren Zu entwickelt, floh aus der Knechtschaft des Pharao, murrte
sammenhängen und formulieren den Beginn eines völlig aber immer wieder über die Verhältnisse während der Wüs
Neuen häufig in Form von Mythen. Am Anfang der Grün tenwanderung und musste zur Strafe 40 Jahre durch die
dung des römischen Weltreichs stand demnach der Bruder Wüste streifen, bis Gott es ihm endlich erlaubte, in das Ge
zwist zwischen Romulus und Remus; das deutsche Kaiser lobte Land einzuziehen. Dort eroberte es zunächst das stark
reich wurzelte angeblich im germanischen Aufstand gegen befestigte Jericho, dann alle anderen Teile der südlichen Le
Rom unter Hermann dem Cherusker. Solche Gründungsmy vante. Seit Langem ist klar, dass es für diesen Gründungsmy
then können historisch richtige Elemente enthalten, aber die thos keine zuverlässigen historischen Grundlagen gibt, we
der für die Knechtschaft in Ägypten noch für die Flucht und
die anschließende »Landnahme«.
AUF EINEN BLICK
Insbesondere wurden die alttestamentlichen Texte erst
Jahrhunderte nach dem Entstehen des Volkes Israel verfasst,
RÜCKZUG IN DIE BERGE
dessen Anfänge Forscher im 13. Jahrhundert v. Chr. ansiedeln.
spätbronzezeitlicher Ort
Sichem Gruppe, keine ethnische. Der Name »Hebräer«, der übrigens
Neusiedlung der
Eisenzeit I in der Bibel nur selten gebraucht wird, leitet sich von dieser
Hauptstraße Bezeichnung ab.
Nebenstraße
Aruma
Exodus verkehrt
Ägypten gelang es immer weniger, die Handelswege in sei
Tappuach nem Einflussgebiet zu sichern. Damit aber sanken die Ein
nahmen der urbanen Zentren, was den Habiru weiteren Zu
Schilo lauf brachte. Irgendwann waren diese Gruppen so stark, dass
sie selbst Städte bedrohen konnten, was die Abwärtsspirale
anheizte. Hinzu kam eine dramatische Trockenheit im ge
samten östlichen Mittelmeerraum. Bohrkerne aus dem To
Khirbet Mardschama
ten Meer zeigen, dass in keiner Epoche der letzten 10 000
Jahre dessen Wasserstand so rapide sank wie im 13. Jahrhun
dert v. Chr. Mehrere antike Texte aus der Umgebung bestäti
gen diese Ergebnisse. Ernten reichten nicht mehr, und Mit
Bet-El
telmeeranrainer aus den heutigen Ländern Griechenland
und Türkei verlegten sich auf Piraterie, was den Gesamttrend
ebenfalls beschleunigte; in ägyptischen Annalen tauchen sie
als »Seevölker« auf.
Gibeon Doch für die Bewohner Palästinas gab es eine Alternative:
Ajalon
die Auswanderung, sei es ins Ausland oder in das noch unbe
Oalunya N
siedelte Bergland. Ägypten brauchte Handwerker und Fach
Jerusalem kräfte, vor allem für die riesigen Palastbauten in der Ramses
0 10 km
stadt im Nildelta, die Ramses II. (1279 – 1213 v. Chr.) zur neuen
Hauptstadt erwählte; ihre Erwähnung in der Bibel im Kon
In der späten Bronzezeit war das Bergland Palästinas nur text des Exodus bildet einen wesentlichen Ankerpunkt für
dünn besiedelt. Doch Trockenheit, räuberische Überfälle und die Datierung der alttestamentlichen Schilderung. Von der
anderes mehr vertrieben die Menschen aus den Küsten- Trockenheit war das Nilreich verschont geblieben, denn sei
städten, worauf viele ihr Heil in den höher gelegenen, eigent- ne Landwirtschaft hing nicht von den Niederschlägen im
lich kargen Gebieten suchten. Mittelmeerraum ab, sondern von denen in Zentralafrika. Die
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und Palästina. Archäologisch wurden für diese Epoche Be Seevölkerstaaten
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stattungen nachgewiesen, wie sie in der Levante üblich wa BET HA
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Stadtstaat Jerusalem
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ren. Und auch das Alte Testament erwähnt, dass sich Men
Andere Staaten
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schen aus Palästina am Bau der neuen Hauptstadt Ramses
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stadt beteiligten (2. Mose 2, 11).
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Weitere Migrationsziele waren die Steppen im Süden des ALI REIC
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Landes (Negeb) und das palästinische Bergland. Dieses blieb G
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während der Spätbronzezeit (1550 – 1150 v. Chr.) nahezu un Dor ULO RFE
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besiedelt. Ausgrabungen und Oberflächenuntersuchungen
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bestätigen zum Beispiel, dass im zentralen Gebiet nur die
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Städte Sichem und Jerusalem mit vielleicht jeweils 600 Ein SSE
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wohnern existierten, dazu fünf Weiler, bestehend aus einer TOB
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Hand voll Bauernhöfe. Der Grund ist offensichtlich: Das Berg-
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land lag abseits der Fernverbindungen und war daher unat MACHIR
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traktiv, solange der Handel eine Rolle spielte. Aber nun fan
den Siedler dort gutes Land für das Kleinvieh, denn in den EFRAM
RUBEN AMMON
Höhenlagen regnete es auch mehr als in den Ebenen, so dass
es genug Nahrung für Schafe und Ziegen gab. Wurden in ei BE NJ AM IN
Aschdod Ekron
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nem zweiten Schritt Büsche gerodet, gewann man auch noch Jerusalem
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Ackerland. Vermutlich wohnten die Klimaflüchtlinge zuerst Aschkelon Gat
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in Zelten, errichteten dann feste Gebäude, legten Zisternen GA D SIHON
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an und Speichergruben für das Getreide. Gaza
Wurzeln im Feindesland
2001 untersuchte der Ägyptologe und Alttestamentler Man
fred Görg in den Depots des Ägyptischen Museums in Berlin N M OA B
eine Inschrift und rekonstruierte einen stark beschädigten
0 50 km
Namen als »Israel«. Wegen der Schreibweise und aus histori
schen Gründen könnte die Inschrift aus der Zeit um 1300
v. Chr. stammen. Rund 100 Jahre jünger ist eine Stele des Im 11. Jahrhundert v. Chr. war Palästina in Einflussgebiete auf
Pharaos Merenptah, heute im Ägyptischen Museum in Kairo. geteilt. So beherrschten israelitische Stämme, Juda und Jerusalem
Sie vermerkt nach langen Ausführungen über dessen Kriege Gebiete beiderseits des Jordan, Seevölker und Phönizier die
gegen Libyen einen Feldzug nach Palästina. Dort heißt es: Küste. Die Darstellung ist vereinfacht: Scharfe Grenzen lassen sich
»Israel liegt brach und hat kein Saatkorn.« Dies ist sicherlich nicht ziehen, auch gab es eigenständige Übergangszonen.
in dem Sinn zu verstehen, dass es von Hungersnöten be
troffen war. Laut den meisten Forschern waren mit diesem
Gebiet die neuen Siedlungen im Bergland gemeint. Nach mesgesellschaften entwickelten sich zum größten Teil aus
heutigem Wissensstand entstanden dort zwischen 1300 und der erodierenden Kultur der Spätbronzezeit.
1000 v. Chr. rund 300 kleine Siedlungen mit jeweils maxi Doch auch die »Seevölker« waren auf der Suche nach neu
mal 100 Einwohnern. em Land. Zunächst überfielen sie die unter der Hungersnot
Damit ergibt sich ein Gesamtbild der Entwicklung des frü darbenden Orte der östlichen Mittelmeerküste, dann dran
hen Israel, das in Ansätzen bereits 1939 der deutsche Alt gen sie plündernd Richtung Nildelta vor und lieferten sich
testamentler und Historiker Albrecht Alt entworfen hat und 1187 v. Chr. eine Schlacht mit den Truppen Ramses III. Dieser
das ab den späten 1980er Jahren vor allem von dem israe besiegte die Angreifer. Eine Gruppe nahm nun einen Küsten
lischen Archäologen Israel Finkelstein mit archäologischen streifen in Beschlag, der etwa zwischen den heutigen Städten
Fakten untermauert wurde. Es gilt heute mit kleinen Modifi Tel Aviv und Haifa zu suchen ist. Weiter nördlich, an der Küs
kationen als Basis für die weitere Forschung. Demnach wan te des heutigen Libanon und Syriens, ließen sich andere, die
derte das frühe Volk Israel nicht aus Ägypten ein, sondern nun als Phönizier bezeichnet wurden, in den dortigen Stadt
wurzelte in den kanaanäischen Stadtstaaten; das Gleiche galt staaten nieder und wurden bald zur erfolgreichsten Seehan
für die Bewohner der späteren Nachbarstaaten Juda, Edom, delskultur des 1. Jahrtausends v. Chr. An der südlichen levan
Moab und Ammon sowie für die Aramäer. All diese Stam tinischen Küste aber siedelte Ramses III. die Gruppe der Phi
ZAHLENTHEORIE
besteht, ist die ursprüngliche, multipli- sich Tao. Aber das Problem schien am von der Rutgers University in New
ziert mit dem dritten Folgeneintrag, Ende irgendwie zugänglicher, meint er. Brunswick (New Jersey) fanden einen
also entweder +1 oder –1. Hat man eine Vorher war es »wie eine riesige Kugel Weg, die Abhängigkeiten unter nicht
erfolgreiche Hauptfolge gefunden, er- aus massivem Eisen, die man hätte an- allzu weit voneinander entfernten Glie-
hält man daraus automatisch eine Liste heben müssen, aber sie war komplett dern einer multiplikativen Folge zu ver-
mit sicheren Schritten für jede Schritt- glatt«, so Tao. Diese Analogie schreibt er stehen – eine Leistung, die lange uner-
weite, die der Wärter wählt. Gowers zu. Nach Polymath5 »hatte das reichbar schien.
Multiplikative Folgen wurden in der Problem Henkel. Damit konnte man Tao arbeitete daraufhin mit Ma-
Vergangenheit bereits intensiv stu- zumindest versuchen, es an einen Kran tomäki und Radziwiłł zusammen an
diert. Viele grundlegende Fragen dazu zu hängen.« möglichen Anwendungen ihrer Metho-
hatten sich allerdings standhaft einer Im Januar 2015 unternahmen zwei de auf Probleme der Zahlentheorie. In
Lösung widersetzt. Ebenso erging es Mathematiker die ersten Schritte, die- einem Blogbeitrag vom 6. September
dem Erdős-Diskrepanz-Problem, wie sen Kran zu bauen – obwohl ihnen das 2015 erwähnte er, dass ihn das Problem
die Organisatoren des Projekts Poly- nicht von Anfang an klar war. Kaisa an ein Sudoku-Rätsel erinnere. Ein paar
math feststellen mussten. »Bis 2012 Matomäki von der Universität Turku Tage später postete der Lehrer Uwe
war [das Projekt] versandet«, erinnert in Finnland und Maksym Radziwiłł Stroinski aus Reutlingen den Kommen-
–1 weils zwei Schritte entfernt sind, gibt es Schrittweite k = 2, tn = s2n, erhält man aus dem obigen Beispiel
eine Vorschrift, die den Gefangenen im- die Teilfolge:
–1 merhin elf Schritte lang am Leben hält. t1 = s2 = –1, t2 = s4 = +1, t3 = s6 = –1, t4 = s8 = –1, t5 = s10 = +1, t6 = s12 = +1, ...
Ersetzt man »rechts« durch +1, »links« Für k = 3 ergibt sich: t1 = s3 = +1, t2 = s6 = –1, t3 = s9 = +1, t4 = s12 = +1, ...
+1 durch –1, so lautet diese: Die Teilfolgen reproduzieren die Ausgangsfolge, multipli-
s1 = +1, s2 = –1, s3 = –1, s4 = +1, s5 = –1, s6 = +1, ziert mit dem k-ten Element, also +1 oder –1. Für den Gefange-
s7 = +1, s8 = –1, s9 = –1, s10 = +1, s11 = +1 nen im Diskrepanz-Problem scheinen solche Folgen ideal: Hat
(Bild links). Darf der Gefangene jeden er eine Folge gefunden, die seinen Absturz verhindert, kann er
Schritt ausführen, bewegt er sich stän- getrost jede vom Wärter aufgezwungene Teilfolge verwenden –
dig hin und her und endet rechts. Die schlimmstenfalls startet er in die andere Richtung.
tar, dass das Erdős-Diskrepanz-Problem Zahlenfolgen übertragen (SdW 9/2014, Gil Kalai von der Hebräischen Universi-
auf ihn ebenfalls wie ein Sudoku wirke. S. 16). Die Entropie einer Folge ist umso tät Jerusalem. Auch Tao ist von seinem
Und er stellte die Frage, ob der Zugang größer, je weniger man aus ihrem bis- »Zaubertrick« begeistert. »Ich hoffe,
von Matomäki und Radziwiłł auch auf her bekannten Verhalten auf das in der dass damit noch viele andere Dinge be-
dieses anwendbar sei. Zukunft schließen kann. wiesen werden können.« Ÿ
»Nein, ich denke nicht«, war Taos
knappe Antwort. Mit der genannten Der Zaubertrick mit der Entropie DI E AUTORI N
Methode findet man Vorschriften, die Tao teilt nun die Folge in Blöcke auf; die
den Gefangenen für einige Zeit am Le- sind gewissermaßen das Publikum sei- Erica Klarreich hat in
ben halten. Aber für das umgekehrte nes Zaubertricks. Für jeden neuen Block Mathematik promo-
viert und ist Wissen-
Problem, zu zeigen, dass jede Taktik am muss eine von zwei Möglichkeiten ein- schaftsjournalistin in
Ende scheitern muss, schien sie unge- treten, wie Tao beweisen kann: Entwe- Berkeley (Kalifornien).
eignet. Als Tao sich allerdings näher mit der gewinnt der Böse, oder die Entropie Ihre Artikel erschienen
im »Quanta Magazine«,
Stroinskis Frage beschäftigte, erkannte der Folge sinkt um einen bestimmten
in »Nature« und »Scien-
er, dass seine reflexhafte Antwort falsch Wert. Aber dass jeder Block sozusagen tific American«.
war. Er könnte die Erdős-Vermutung die Auswahl zwischen beiden Möglich-
beweisen, sollte er es schaffen, be- keiten hat, verhindert den Zaubertrick QUELLEN
stimmte komplizierte Summen unter nicht. Die Entropie kann nämlich nie-
Gowers, W. T.: Erdős and Arithmetic
Kontrolle zu bringen. mals negativ werden. Also muss irgend- Progressions. arXiv:1509.03421
Nun packte Tao das Diskrepanz-Pro- wann ein Block auftauchen, bei dem die Konev, B., Lisitsa, A.: Computer-Aided
blem von Neuem an. Eines Nachmit- einzige Möglichkeit ist, dass der Wärter Proof of Erdős Discrepancy Properties.
In: Artificial Intelligence 224, 102–118,
tags, während er darauf wartete, dass siegt. Mathematisch ausgedrückt zeigt 2015. Online unter arXiv:1405.3097
sein Sohn aus der Klavierstunde kam, Taos Arbeit, dass die Teilsummen der Matomäki, K., Radziwiłł, M.: Multiplica-
flog ihm die Antwort zu: Er würde ein multiplikativen Folge beliebig groß tive Functions in Short Intervals.
arXiv:1501.04585
Argument verwenden »wie einen Zau- werden. Sie bietet allerdings keine Mög- Tao, T.: The Erdos Discrepancy Problem.
bertrick: Der Zauberkünstler gibt dem lichkeit, den Wert dieser Summen für arXiv:1509.05363
Publikum zwei Optionen, und es sieht eine gegebene Folge zu berechnen.
so aus, als hätten die Zuschauer die Tao löste dieses Problem innerhalb WEBLI N KS
Kontrolle. Aber der Magier hat den von nur einem Monat. Das ist »ein er-
Dieser Artikel und Links zu den im Text
Trick so geplant, dass er funktioniert, staunlicher Beleg seiner Stärke«, meint genannten Publikationen im Internet:
egal welche Wahl du triffst.« Granville. »Verbeißt er sich erst in et- www.spektrum.de/artikel/1378800
Zentral für Taos Argumentation ist was, kann er es nicht mehr loslassen.«
der Begriff der Entropie. Eigentlich aus Der Beweis wurde zwar bislang nicht Nach der redigierten Fassung aus
der Thermodynamik stammend, wo er vollständig von Kollegen geprüft, es ha- Quantamagazine.org, einem inhaltlich
unabhängigen Magazin der Simons
das Maß der Unordnung in einem Gas- ben aber auch noch keine Experten Be- Foundation, die sich die Verbreitung
von Forschungsergebnissen aus
behälter beschreibt, lässt er sich auf dy- denken angemeldet. »Ich bin total zu- Mathematik und den Naturwissen-
namische Systeme aller Art und sogar versichtlich«, sagt der Mathematiker schaften zum Ziel gesetzt hat.
72
SPEK TRUM DER WISSENSCHAF T · JANUAR 2016
ERDE & UMWELT
ÖKOLOGIE
Die Katastrophe
hinter Ebola
Die Ebolaepidemie in Westafrika scheint eingedämmt.
Was bleibt, sind die sozialen und ökologischen Verwerfungen,
die sie erst ermöglichten.
Robert L. Dorit
Der Ebolaausbruch von 2014 führte vor Augen, wie schnell Epidemien politische und ökologische
Barrieren überwinden können. Das Bild zeigt einen Grenzübergang zwischen Guinea,
wo die Epidemie begann, und Sierra Leone, wohin sich ihr Schwerpunkt als Nächstes verlagerte.
Sierra
Leone
Togo
Liberia Elfenbein- Kamerun Äthiopien
Modellrechnungen zeigen, in welchen küste-
PIGOTT, D.M. ET AL.: MAPPING THE ZOONOTIC NICHE OF EBOLA VIRUS DISEASE IN AFRICA.
IN: ELIFE 10.7554/ELIFE.04395, 2014, FIG. 5B / CC-BY-4.0 (HTTP://CREATIVECOMMONS.ORG/
Äquatorial- Uganda
afrikanischen Regionen das Risiko am
guinea
höchsten ist, dass das Ebolavirus auf den Gabun Ruanda
Menschen überspringt. Die fraglichen hoch Republik Kongo Burundi
die häufigsten Wirte, spüren kaum negative Auswirkungen: jene, die Erregern normalerweise am besten widerstehen –
Anscheinend haben sie und der Erreger sich evolutionär gut die Jungen und Gesunden –, der Krankheit sehr häufig zum
aneinander angepasst. Je nach Untersuchung haben zwi- Opfer.
schen 10 und 40 Prozent der wild lebenden Flughunde schon Auf Grund bestimmter Traditionen, die in der ländlichen
einmal Kontakt mit Ebolaviren gehabt und zeigen eine kräf- Bevölkerung Guineas verbreitet sind, überschritt die Epide-
tige Immunreaktion dagegen. mie rasch die Landesgrenzen. Sowohl familiäre als auch ge-
Doch sobald das Virus aus seinem angestammten Wirts- schäftliche Bindungen führen zu ständigen gegenseitigen
reservoir ausbricht und auf andere Säugetiere übergreift, Besuchen, und das ermöglichte die rasche Verbreitung des
wirkt es tödlich. Dabei kann es nicht nur Menschen, sondern Virus in der frühen Phase des Ausbruchs.
auch andere Primaten befallen. In den Jahren 2002 und 2003 Selbst zwischen Lebenden und Toten gab es keine Barrie-
starben während einer Ebolaepidemie im Kongo fast 5000 re, die den Erreger wirksam behinderte. Während die meis-
Gorillas an der Infektion. Primaten sind keine natürlichen ten Viren nur von lebenden Wirten übertragen werden, ist
Wirte des Virus, und deshalb fehlt ihnen die evolutionär er- das bei Ebola nicht der Fall. Körper von Erkrankten, die ge-
worbene Fähigkeit, mit dem Erreger zu koexistieren. In die- storben sind, bleiben bis zu sieben Tage nach dem Tod infek-
sem Licht betrachtet lässt sich der Ausbruch 2014 in West tiös. Deshalb bergen rituelle Bestattungen der Opfer ein ho-
afrika besser verstehen. Er war unter anderem deshalb so hes Ansteckungsrisiko. Zu Beginn der Epidemie erkrankten
verheerend, weil Barrieren, die ihm normalerweise im Weg nicht nur zahlreiche Pflegekräfte, die sich um die Patienten
stehen, großteils zerstört waren: Grenzen zwischen Fleder- kümmerten, sondern auch etliche Familienangehörige und
tieren und Menschen, zwischen Méliandou und umgeben- nahe Bekannte der Verstorbenen, die diese für die Beiset-
dem Wald, zwischen intaktem Wald und zerstückelter Kultur- zung vorbereitet hatten. Das erschwerte die Eindämmung
landschaft. der Infektionswelle zusätzlich.
Während Fledertiere die Fähigkeit erworben haben, Ebola-
infektionen unter Kontrolle zu halten, ist das Immunsystem Der verfrühte Optimismus
des Menschen den Viren nicht gewachsen. Der Erreger befällt des 20. Jahrhunderts
nämlich ebenjene Zellen unserer Körpers, die das Immun- In der globalisierten Welt des 21. Jahrhunderts sind geografi-
system vor fremden Eindringlingen warnen sollten. Ebola sche Entfernungen viel weniger relevant als früher. Jede neu
bringt diese Zellen zum Schweigen und kapert ihre Synthese- auftauchende Krankheit hat das Potenzial, sich rasch und
maschinerie. Die fremdgesteuerten Zellen produzieren dar- weiträumig auszubreiten. Ein effektives Gegensteuern erfor-
aufhin neue Viruspartikel, während das sonst so aufmerksa- dert daher, Ausbrüche möglichst früh zu erkennen. Glück
me Immunsystem untätig bleibt. Erst nachdem zahlreiche und Zufall spielen hierbei immer eine Rolle. Doch solange
virale Vervielfältigungszyklen durchlaufen sind, schlagen die wir die ökologischen Rahmenbedingungen von Infektions-
infizierten Zellen Alarm, indem sie bestimmte Moleküle aus- wellen nicht ausreichend berücksichtigen, bleibt die Vorher-
schütten, so genannte Zytokine. sage der nächsten Epidemien ein pures Ratespiel. Der Ebola-
Damit allerdings stürzen sie den Organismus erst richtig ausbruch fiel nicht vom Himmel, sondern begann inmitten
ins Chaos. Der Körper setzt auf den Alarm hin eine über- einer menschengemachten Zone ökologischer Zerstörung.
schießende Immunreaktion in Gang, die Blutgefäße und Im zurückliegenden Jahrhundert waren manche Biologen
Organe zerstört, oft mit tödlichen Folgen. Das Ebolavirus ist so gut wie sicher, dass Infektionskrankheiten bald der Ver-
also deswegen so gefährlich, weil es die Immunreaktion des gangenheit angehören würden. Ab Mitte der 1960er bis in die
Körpers auf diesen selbst lenkt. Und genau darum fallen 1970er Jahre hinein ließen verbesserte Hygiene, erfolgreiche
RAUMFAHRT
D
erzeit entsteht bei der NASA das größte, ambitio die NASA an, sich auf eine Mission zu einem Asteroiden zu
nierteste Raketenprojekt, das es je gab: das Space konzentrieren. Um Astronauten und Fracht zur Internatio
Launch System, kurz SLS. Damit hofft die ameri nalen Raumstation ISS zu befördern, sollte sich die Raum
kanische Weltraumagentur nicht nur, einmal As fahrtbehörde künftig an Privatunternehmen wenden.
tronauten von Cape Canaveral auf die etwa ein Jahr dauernde Doch viele Kongressabgeordnete forderten weiterhin die
Reise zum Mars zu schicken. Die Raketen sollen außerdem Entwicklung einer großen Trägerrakete, die Menschen so
Wohnmodule, Fahrzeuge und Proviant zum Roten Planeten wohl zum Mond als auch zum Mars bringen könnte. Der
schaffen – also alles, was die Astronauten benötigen, um dort Kompromiss ist das Space Launch System, kurz SLS. Es wird
einige Wochen zu leben und zu arbeiten. Eine solche Mission aus einer einzigen großen Rakete sowohl für Crews als auch
wird zwar nach der aktuellen Planung erst in etwa 25 Jahren für Frachtgut bestehen, die größtenteils auf die neuen, für
stattfinden. Doch bis dahin könnte das SLS Menschen zum Ares geplanten Technologien verzichtet und stattdessen auf
Mond und zu einem Asteroiden transportieren sowie eine Raketenmotoren und Tanks des Shuttle-Systems zurückgrei
unbemannte Sonde zum Jupitermond Europa auf den Weg fen soll. Das SLS ist gewissermaßen eine Sparversion der Ares.
bringen, um dort nach Leben zu suchen. Das SLS soll den Von Anfang an bestand der Verdacht, der Kongress treibe
Grundstein für ein bahnbrechendes interplanetarisches das SLS lediglich voran, um Jobs bei der NASA und ihren Zu
Raumfahrtprogramm legen. lieferbetrieben zu sichern. Es sei die erste Rakete, die nicht
von Wissenschaftlern und Ingenieuren, sondern von Politi
Die Ära nach dem Space Shuttle kern entworfen wurde, schrieb der »Economist« im Dezem
Nach dem Erfolg des Apollo-Programms in den 1960er und ber 2014 spöttisch – einige Kritiker übersetzen SLS mit »Se
1970er Jahren, sollte das Space Shuttle den erdnahen Welt nate Launch System«. Tatsächlich waren Senatoren aus den
raum relativ kostengünstig und auf einer regelmäßig nutz südlichen Bundesstaaten, in denen große Einrichtungen der
baren Basis zugänglich machen. Doch stattdessen kostete je NASA und ihrer Zulieferer ihren Sitz haben, die lautesten Un
der Flug mit der Raumfähre eine Milliarde Dollar, es gab nur terstützer des SLS.
wenige Flüge pro Jahr und zweimal kam es zu tödlichen Kata
strophen. 2004, also ein Jahr, nachdem die Raumfähre Co AUF EINEN BLICK
lumbia beim Wiedereintritt in die Atmosphäre auseinander
gebrochen und dabei die siebenköpfige Besatzung ums Le ZWISCHEN POLITIK UND FORSCHUNG
ben gekommen war, beauftragte Präsident George W. Bush
die NASA damit, das Space Shuttle durch ein Apollo-ähnli
ches Programm zu ersetzen. Es sollte den Menschen zurück
1 Nach der Streichung des Constellation-Programms, dem ur-
sprünglichen Nachfolger der NASA für die Spaceshuttles,
entschieden sich die USA, den Zugang zu erdnahen Umlaufbahnen
zum Mond und vielleicht sogar zum Mars bringen. Daraus in die Hände privatwirtschaftlicher Unternehmen zu legen. Die
NASA sollte dagegen ein Raketensystem für den interplanetarischen
entstand das Projekt »Constellation«, aus dem die Entwürfe Raum entwickeln – das Space Launch System (SLS).
für zwei neue, »Ares« genannte Raketen hervorgingen: eine
zweistufige für den Start bemannter Kapseln, die dem Sa
turn-V-Modell ähnelte, und eine größere, dreistufige Version
2 Basierend auf Komponenten der Shuttles und enthusiastisch
von Politikern unterstützt, deren Wahlbezirke davon profi-
tierten, wurde das SLS zunächst als »Rakete ins Nirgendwo«
für den Frachttransport. Doch 2011, nachdem das Programm etikettiert – ein Jobprogramm des Kongresses ohne Missionsziel
und mit geringer Aussicht, wirklich eines Tages zu fliegen.
bereits neun Milliarden Dollar verschlungen hatte, bestand
das Ergebnis lediglich in der durch den Rüstungs- und Tech
nologiekonzern Lockheed Martin produzierten Crew-Kapsel
3 Doch bislang verläuft die Entwicklung des SLS im Rahmen
des Zeitplans und des Budgets. Die Missionsplanung hat
begonnen, ein erster Flug ist für 2018 vorgesehen. Vielleicht bringt
Orion, sowie einer ein einziges Mal getesteten Rakete. Dar die Rakete ins Nirgendwo doch eines Tages Menschen zum Mars.
aufhin strich Präsident Barack Obama das Projekt und wies
Saturn V Spaceshuttle Delta IV heavy Ares I Ares V Falcon heavy SLS 70t SLS 130t
GEORGE RETSECK
erster Flug: 1967 erster Flug: 1981 erster Flug: 2004 eingestellt 2010 in Entwicklung bemannte Version bemannte Version
in Entwicklung in Entwicklung
JEFF WILSON
Die Kritiker beharren deshalb darauf, dass – bei allem En Trotz all dieser Einwände schreitet die Planung der SLS-
thusiasmus für die Weltraumforschung – weder Regierung Mission voran. 2018 soll eine erste Rakete eine unbemannte
noch Öffentlichkeit bereit sein werden, hunderte Milliarden Orionkapsel weit über den Mond hinaus ins All befördern.
Dollar für die größten Missionen des SLS aufzubringen. Meh Voraussichtlich ein paar Jahre später soll ein zweiter Flug As
rere Untersuchungen, darunter eine interne Studie der tronauten weiter von der Erde fortbringen als jemals zuvor.
NASA, legen nahe, dass wir auch ohne eine Großrakete in den Was danach geschieht, hängt letztlich vom Kongress und
interplanetarischen Raum oder zum Mars gelangen könn dem dann amtierenden Präsidenten ab. Die vorläufige Pla
ten. Es dürfte kostengünstiger sein, so argumentieren man nung sieht einen bemannten Flug zu einem Asteroiden Mit
che, auf kleinere Raketen ähnlich der Delta IV zurückzugrei te der 2020er Jahre vor sowie eine bemannte Mission zum
fen, die seit Jahrzehnten Satelliten ins All befördert. Damit Mars in den 2030ern.
ließen sich Treibstoff sowie sämtliche Komponenten und
Materialien, die für ein interplanetarisches Raumschiff nötig Die Raketenfabrik
sind, in eine niedrige Erdumlaufbahn schaffen und dort zu Am Stennis Space Center testet die NASA ihre größten Rake
sammenbauen. Und sollte sich herausstellen, dass wir doch tenmotoren aller Zeiten. Es liegt in einer hügeligen Region
eine Großrakete brauchen, so sagen viele: Warum wenden ganz im Süden von Mississippi, eingebettet in ein Netz aus
wir uns dann nicht an die aufstrebende private Raumfahrtin Seen, Flüssen, sumpfigen Flussarmen und Kanälen. Während
dustrie? Space X etwa, das von der Silicon-Valley-Ikone Elon wir uns mit Helmen und Sicherheitswesten einkleiden, er
Musk gegründete Unternehmen, steht bereits für Versor läutert Tom Byrd, der stellvertretende NASA-Manager vor
gungsflüge zur ISS mit der hoch geschätzten Falcon-9-Rakete Ort, die Nähe des Zentrums zum Wasser: Die Aktivitäten am
bei der NASA unter Vertrag. »Die NASA sollte der Privatindus Stennis Center erfordern unter anderem Zugang zu großen
trie sagen, welche Art von Nutzlasten sie in den interplaneta Lastkähnen und zur Möglichkeit, große Metallmassen zu
rischen Raum befördern will, einen festen Geldbetrag für kühlen, die Temperaturen nahe jenen an der Sonnenoberflä
den Job anbieten und Unternehmen wie Space X den Bau che ausgesetzt waren.
überlassen«, sagt James Pura, Präsident der Space Frontier Auf unserem Weg durch die Anlage kommen wir an ei
Foundation, einem Interessenverband zur Förderung der nem Kontrollraum vorüber, der in ein sowjetisches Kraft
Weltraumforschung. werk der 1950er Jahre passen würde: überwiegend Dampf
Space X entwickelt ebenfalls eine Großrakete der SLS-Klas druckanzeigen und große, unförmige Einstellscheiben. Ich
se mit 27 Motoren. Außerdem arbeitet das Unternehmen an frage Byrd, warum sie nicht gegen moderne, digitale Einrich
neuen, schubstärkeren Raketenmotoren. Sollte dieses Pro tungen ausgetauscht werden. Die Antwort: Wegen unzähli
jekt erfolgreich sein, wird es selbst die größten Versionen des ger Störungen, deren Ursachen lange unergründlich schie
SLS übertreffen. Zudem sind bei Space X im Gegensatz zum nen, hat es Jahrzehnte gedauert, die Maschinen zum Laufen
SLS alle Komponenten wiederverwendbar. zu bringen – warum also daran herumspielen?
In der hydrostatischen
Versuchszelle an der
Michoud Assembly
Facility (hier leer
stehend) werden die
Raketentanks auf
JEFF WILSON
Lecks geprüft.
JEFF WILSON
JEFF WILSON
weise. »Das SLS wurde von Anfang an als Rakete ins Nirgend auch lernen, wie sich ein Asteroid ablenken oder zerstören
wo diskreditiert«, sagt Hubbard, »doch es hat nun klare, ver ließe, falls solch ein Objekt einmal Kurs auf die Erde nimmt.
tretbare Ziele.« Seiner Ansicht nach sollten jetzt alle mit Doch die Faszination für den Mars ist weit verbreitet und
anpacken, damit das ambitionierte Vorhaben tatsächlich Re hat in letzter Zeit sogar zugenommen. Denn mehr und mehr
alität wird. Menschen begreifen, dass der Rote Planet noch innerhalb
ihres Lebens erreichbar wäre. »Wir wollen alle einen Flug
Panne mit Klebstoff behoben dorthin sehen«, sagt Parazynski, »andere Missionen wären
In einer kalten Nacht im Januar 2015 verwandelte sich einer nur eine Ablenkung.« Sein Zögern in Bezug auf das SLS be
der Prüfstände am Stennis Space Center für 200 Sekunden in gründet er mit der Furcht, das Projekt könnte aufgegeben
einen Feuerball. Es war der erste Test eines Shuttlemotors RS- werden, weil es nicht billig und schnell genug realisierbar ist,
25 seit 2009 – und er verlief perfekt. Wenn die Versuchsläufe nicht aber weil er es für ein schlechtes System für die Reise
weiterhin erfolgreich sind, könnte die Zeit für das SLS arbei zum Mars hält.
ten. Je länger das Programm fortgeführt wird, desto mehr Momentan sind keine unüberwindbaren Hindernisse für
kann es sich bewähren, vorausgesetzt es bleibt im Zeitplan das SLS in Sicht, was sich von keinem anderen Vorschlag für
und im finanziellen Rahmen. In den ersten drei Jahren hat eine Marsmission sagen lässt. Das könnte bereits ausreichen,
es rasche Fortschritte gemacht, hielt Konstruktionsüberprü das Projekt auf Kurs zu halten. Es wurde zwar auf der Basis
fungen stand und erreichte die ersten Herstellungsstufen. von Kongressinteressen zusammengeschustert, und ihm
Das ist unglaublich schnell für eine neue, für bemannte Flü fehlt der innovative Schwung alternativer Ansätze. Aber alle
ge zugelassene Rakete. Es gab nur wenige Pannen – die er Anzeichen deuten darauf hin, dass es wie geplant funktio
wähnten Lücken in der Isolierung gehörten zu den gravie niert – und seine Finanzierung ist für die absehbare Zukunft
rendsten davon. Und dieses Problem ließ sich rasch mit einer gesichert. Das könnte aus dem SLS die Rakete machen, die
zusätzlichen Schicht Klebstoff lösen. uns zum Mars bringt. Und wenn das geschieht, wird alle frü
Noch ist völlig unklar, was in den kommenden Jahren ge here Kritik vergessen sein. Ÿ
schehen wird unter einem neuen Präsidenten und mit ei
nem neuen Kongress, gesteht Raumfahrtexpertin Joan John
DER AUTOR
son-Freese vom U.S. Naval College. Vielleicht setzt sich in der
Regierung die Überzeugung durch, den Blick anstatt auf den David H. Freedman ist freiberuflicher Redakteur
fernen Mars auf ein näheres Ziel zu richten. »Manch einer in bei der Zeitschrift »The Atlantic« und Buchautor.
Riesiger Fleischfresser
Skelett eines Tyranno- »Im American Museum of Natural History ist das Skelett des
saurus in New York. größten Fleischfressers, der bisher bekannt ist, aufgestellt
worden, ein Tyrannosaurier von 16 m Länge und aufge
richtet 6 m Höhe. Der massige Kopf ist ausgerüstet mit
13 dolchartigen Zähnen in jedem Kiefer, die immer von neu-
em nachwuchsen, sobald einer abbrach; der größte ist etwa
12 cm lang. Der Tyrannosaurus war imstande, den Kampf
mit jedem Tier seiner Zeit aufzunehmen, und war offenbar
der Herr seiner Art. Die Fundstelle der Skelette ist in Monta-
na, wo durch Zufall bei der Jagd mehrere große Knochen ge-
funden wurden. Eine Expedition brachte das erste derartige
Skelett zutage. Es mußte mit Dynamit aus hartem Sandstein
gesprengt werden.« Prometheus 1370, 1916, S. 287
Gründungsmythos: Wie entstand Israel? • David Irrt euch! Warum Illusionen sinnvoll sind • Bil-
und Salomo – nur ein Mythos? • Der Tempel der im Kopf: Wie Metaphern beflügeln • Wahre
Salomos • Religionsgeschichte: Jahwes Frau • Worte: Was Erklärungen sexy macht • Linguis-
Judas untergang: Ende mit Schrecken • € 8,90 tik: Gedacht wie gesprochen • € 8,90
Kooperation: Das Erfolgsrezept des modernen 100 Jahre Raumzeit: Der Glanz des Genies • Quan-
Menschen • Geborene Jäger: Der Mensch als tenphysik: Kosmische Würfelspiele • Als die Nazis
oberstes Raubtier • Archaische DNA: Neandertaler- Einstein zum Feind erklärten • Auf der Suche nach
und anderes Erbe • € 8,90 der Theorie von Allem • € 8,90
E s gibt Werke, nach deren Lektüre aus denen er das vorliegende Buch des tieren für die Großräume Arktis, Ant
man am liebsten die Wanderstiefel tillierte. Dank aufschlussreicher, gut arktis, Wüsten der Nord- und Südhab
schnüren, Kamera und Ausrüstung in verständlicher Texte und großforma kugel jeweils den Naturraum, die Flora,
den Rucksack packen und sich auf die tiger Fotos können die Leser daran teil die Fauna und die menschlichen Be
Reise machen möchte. »Planet Wüste« haben. Die Breitengrade von Nord nach wohner.
von Michael Martin zählt dazu. Süd abwandernd, folgt man Martin Ein abschließendes Kapitel »Wissen«
Auf Reisen in 40 Länder hat der Geo von der arktischen Eiswüste bis an den rundet das Buch sehr sinnvoll ab. Darin
graf vielfältige Eindrücke gewonnen, Südpol und passiert dabei die Wüsten kommen Experten zu Wort und vermit
MICHAEL MARTIN, AUS MICHAEL MARTIN: PLANET WÜSTE; MIT FRDL. GEN. DES VERLAGS KNESEBECK, MÜNCHEN
M edizin kann spannend sein wie Medizinstudenten und Ärzte dürfen spielen zwar die moderne Labordiag
ein Krimi. In dem Bemühen um hier ihre Kombinationsfähigkeit testen. nostik und bildgebende Verfahren eine
die richtige Diagnose geben oft Hinwei Doch auch für Laien, die noch nie von Rolle, doch den entscheidenden Hin
se den Ausschlag, die auf den ersten den entsprechenden Krankheiten ge weis liefern meist die Betroffenen
Blick unwichtig wirkten – und so man hört haben, ist das Buch spannend und selbst. Das Buch lässt sich somit auch
che zunächst verheißungsvolle Spur lehrreich. als Appell an andere Ärzte verstehen,
stellt sich später als falsch heraus. Jür
gen Schäfer behandelt als Leiter des
Die Medien betitelten den Autor als »deutschen Dr. House«,
Marburger Zentrums für unerkannte
und immer mehr Patienten suchten seinen Rat
und seltene Erkrankungen (ZusE) Pati
enten, die oft jahrelang unter scheinbar
unerklärlichen Symptomen gelitten In reich ausgeschmückten Szenen be sich Zeit zum Fragen und Zuhören zu
haben. Lebensnah beschreibt er in sei schreibt Schäfer die Lebensverhältnisse nehmen – selbst wenn unser Gesund
nem Buch deren Fallgeschichten, streut der Patienten und schildert ihre Symp heitssystem das unzureichend hono
geschickt Hinweise auf die Art ihrer tome. Zwischen diese erzählerischen riert. Patienten und ihren Angehörigen
Beeinträchtigung ein und berichtet Passagen baut er immer wieder erklä gibt der Autor Tipps, wie sie sich auf ei
schließlich, wie er den Patienten half. rende Abschnitte ein, in denen er sich nen Arztbesuch so vorbereiten können,
Wer nicht schon im Inhaltsverzeich mal der ärztlichen Tätigkeit im Allge dass keine wichtigen Informationen
nis gelesen hat, um welche Krankheit meinen widmet, mal Hintergrundinfor unter den Tisch fallen.
es sich handelt, kann auf Basis der mationen zum jeweiligen Krankheits Insgesamt liefert Schäfer eine gelun
ausführlich geschilderten Patienten bild liefert. Sein erklärtes Ziel lautet, mit gene Kombination aus Detektivroman
geschichten mitraten, woran die jewei belletristisch-humorvollen Texten auf und medizinischem Sachbuch, das für
lige Person leidet. Ist die dürre, junge seltene Krankheiten aufmerksam zu Ärzte, Patienten und alle medizinisch
Frau tatsächlich magersüchtig? Warum machen und dadurch womöglich dem Interessierten äußerst lesenswert ist.
schläft der umtriebige Bankenchef auf einen oder anderen Betroffenen zur kor
wichtigen Sitzungen plötzlich ein? Und rekten Diagnose zu verhelfen. Elena Bernard
woher stammen die unerträglichen Die ursprüngliche Idee für das Buch Die Rezensentin ist Wissenschaftsjournalistin in
Bauchschmerzen des Kfz-Mechanikers? lieferte die US-amerikanische Fernseh Dortmund.
Bruno P. Kremer
Kulturlandschaften lesen – Vielfältige Lebensräume erkennen und verstehen
Haupt, Bern 2015. 224 S., € 29,90
Von der Jungsteinzeit an hat der Mensch massiv in die Naturlandschaft eingegriffen und so die »Er-
satznatur« geschaffen, die uns in Europa umgibt. Der Biologe und renommierte Buchautor Bruno P.
Kremer porträtiert 19 Elemente der Kulturlandschaft – von der Streuobstwiese über Mauern, Dächer
und Ruinen bis zu Industriebrachen. Dabei macht er vor allem deutlich: Zwar findet sich fast nirgends
mehr eine »ursprüngliche« Natur. Wertvoll und schützenswert sind diese sekundären Lebensräume
aber trotzdem. Denn infolge menschlicher Eingriffe hat sich mitunter eine landschaftliche Vielfalt und
Biodiversität entwickelt, die den »Naturzustand« übertrifft. Sehr übersichtlich beschrieben und anspre-
chend bebildert, schärft das Buch den Blick auf die Besonderheiten der verschiedene Biotope, deren
Entwicklungsgeschichte und vor allem deren ökologische Bedeutung. TIM HAARMANN
Thomas Petersen
Die Vermessung des Bürgers – Wie Meinungsumfragen funktionieren
UVK, Konstanz 2015. 150 S., € 19,99
Seit es Menschen gibt, möchten sie wissen, was die Zukunft bringen wird. Brauchbare Vorhersagen, etwa
zum Ausgang von Wahlen, erwartet man heute unter anderem von Demoskopen (Meinungsforschern)
wie Thomas Peterson. In seinem Buch beantwortet er interessante Fragen: Woran erkennen Laien die
Qualität von Wahlprognosen? Wie kann man Ergebnisse der Meinungsforschung einordnen und interpre-
tieren? Peterson erklärt, wie Demoskopie funktioniert und warum der »gesunde Menschenverstand« oft
ihr größter Feind ist. Dabei räumt er mit verbreiteten Ansichten auf, etwa der, dass man keiner Statistik
trauen solle, die man nicht selbst gefälscht habe. Der Autor gibt viele Anekdoten aus Presse und Politik
wieder, beispielsweise zum ADAC-Skandal im Jahr 2014, der bei genauem Hinsehen wenig skandalös war.
Sein Buch gewährt erste Einblicke in die Materie und schärft den Blick für einen kritischen Umgang mit
Meinungsumfragen. MARIE-THERESA KAUFMANN
kenntnisse mitbringen und sich auf wirken ihre Argumente dünn, etwa lenswert für alle, die an physikalischen
eine anspruchsvolle Lektüre einstellen. wenn sie eine Verbindung zwischen Prozessen in Lebewesen interessiert
Mit 400 eng bedruckten, kaum bebil Quantenmechanik und Bewusstsein sind.
derten Seiten ist das Buch zudem ziem herzustellen versuchen.
lich mächtig und unübersichtlich. Man Trotz dieser Schwächen ist »Der Frank Schubert
ches hätten die Autoren straffer aus Quantenbeat des Lebens« ein faszinie Der Rezensent ist Redakteur bei »Spektrum der
drücken können. An einigen Stellen rendes und wichtiges Buch. Empfeh Wissenschaft«.
A ls Martin Heinrich Klaproth (1743 – Ein gewisser Bergassessor namens breiteten Aufbruchsstimmung führte,
1817), Chemiker an der Königlich Alexander von Humboldt (1769 – 1859) veraltete Strukturen langsam auflöste
Preußischen Akademie der Wissen versuchte Ende des 18. Jahrhunderts, und Reformen einleitete.
schaften, an einem Tag im Jahr 1801 die Arbeitsbedingungen der Bergleute Einzelne Forschungsgebiete und
sein Laboratorium betrat, muss er scho zu verbessern. Er erfand eine Gruben ihre Entwicklungen stellt die Autorin
ckiert gewesen sein. Fußböden und lampe, die er selbst testete. Sein wissen mit großer Detailgenauigkeit dar. Dabei
Wände waren überzogen von einer di schaftlicher Erfolg dabei hielt sich in kommt die Umtriebigkeit preußischer
Forscher zum Vorschein. Als Leser läuft
man zwar zuweilen Gefahr, angesichts
Alexander von Humboldt bemühte sich um den Bergbau –
der Datenfülle den roten Faden zu ver
mit mäßigem Erfolg, aber voller Begeisterung lieren. Dennoch ist es Klein gelungen,
ein unterhaltsames, spannendes und
cken schwarzen Masse: Das Ergebnis ei Grenzen, nichtsdestoweniger brachte lesenswertes Werk zu schaffen – nicht
nes Experiments, in dem der Naturfor er eine enorme Begeisterung auf und zuletzt dank anekdotenreicher Darstel
scher Franz Carl Achard hatte Zucker hatte vor allem großes Glück. Bei einer lung einzelner Ereignisse. Zahlreiche
gewinnen wollen. Klaproth hatte ihm Grubenfahrt wurde er ohnmächtig und Bilder und Quellenangaben bereichern
hierfür sein Labor vorübergehend zur musste von einem Bergmann gerettet das Buch.
Verfügung gestellt. Mit solchen Episo werden. Unverdrossen tüftelte er bis
den beschreibt die Wissenschaftshisto zum Ende seiner preußischen Beam Jastine Baumgärtner
rikerin und Philosophin Ursula Klein tenlaufbahn weiter, um neue Gerät Die Rezensentin studiert Global History in
die praktische Arbeit preußischer Wis schaften und Konzepte zu entwickeln, Heidelberg.
senschaftler – und welche Höhen und die den Bergbau voranbringen sollten.
Tiefen sich dabei auftaten. Humboldt, den wir heute als überra
MEHR WISSEN BEI
Während die Franzosen in den 1790er genden Naturforscher kennen, liebte die
Jahren revolutionär aufbegehrten und Praxis. Das stille Lernen in der Studier
überkommene feudalabsolutistische stube genügte ihm nicht. Diese Einstel
Strukturen abschüttelten, schien Preu lung teilte er mit etlichen anderen preu
ßen in bürokratischem Korsett und ßischen Wissenschaftlern seiner Zeit.
junkerlichem Konservatismus zu ver Zum Beispiel mit dem bereits er
harren. Doch dieser Schein trügt. Denn wähnten Klaproth, der in seiner Jugend
in dem jungen Königreich dampfte und ein hoffnungsloser Fall zu sein schien. Er
brodelte es, allerdings nicht so sehr in flog von der Priesterschule und musste
der Politik, sondern in den wissen eine Apothekerlehre anfangen. Die Aus
schaftlichen Laboren. Dort wurde mun bildung war hart, die Arbeit mühselig Mehr Rezensionen finden Sie
ter getüftelt, geforscht und experimen und manchmal auch erniedrigend. Al unter:
tiert, durchaus auch unter Einsatz des lerdings eigneten sich Apotheken zu je www.spektrum.de/rezensionen
eigenen Lebens. ner Zeit bestens dafür, chemisches The
Leser- und Bestellservice: Helga Emmerich, Sabine Häusser, Sämtliche Nutzungsrechte an dem vorliegenden Werk liegen
Ute Park, Tel. 06221 9126-743, E-Mail: service@spektrum.de bei der Spektrum der Wissenschaft Verlagsgesellschaft mbH.
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1. Platz für
die erneuerbaren
Energien.
2015 haben Sonne, Wind und Co. alle anderen
Stromquellen überholt.
Auf Zielkurs: Im ersten Halbjahr 2015 stieg der Anteil erneuerbarer Energien
am Stromverbrauch erstmals auf über 30 Prozent. Bis zum Jahr 2020 soll er
bei 35 Prozent liegen, bis 2050 bei mindestens 80 Prozent. Weitere Erfolge
der Energiewende unter
www.bmwi.de/go/energiewende