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Hans-Jürgen Palme

Kulturelle Medienbildung
- für die Kinder der digitalen Revolution

Dieter Baacke war zweifellos ein pädagogischer Visionär. Bereits in den 70-er
Jahren, als die Medienpädagogik noch eine Nischenexistenz führte, formulierte er
mit dem Schlagwort ‚Medienkompetenz’ eine wegweisende medienpädagogische
Zielperspektive, deren Relevanz erst jetzt, im beginnenden 21. Jahrhundert, richtig
zum Tragen kommt. Die eigentliche Breitenwirkung der Medienpädagogik hat mit der
Etablierung der virtuellen Technologien eingesetzt. Der Begriff „kulturelle
Medienbildung“ ist erstmals im Positionspapier der Bundesvereinigung Kulturelle
Jugendbildung (BKJ) im Jahre 2001 näher konkretisiert worden. Dabei wird klar,
dass die kulturelle Medienbildung eine Querschnittsaufgabe von pädagogisch
Verantwortlichen in den unterschiedlichsten Bereichen und Sparten ist. Der
alltagstaugliche Einsatz von Medien zur Erzielung eines pädagogischen Mehrwertes
erfolgt von den zuständigen Pädagoginnen und Pädagogen in den Einrichtungen der
Kinder- und Jugendkulturarbeit. Die dafür notwendigen Modellprojekte entwickeln die
pädagogischen Spezialisten, die Medienpädagogen.

Die Voraussetzungen und zugleich die Chancen für eine Erfolg versprechende
„Kulturelle Medienbildung“ liegen in den sich entwickelnden Rahmenkonstellationen.
Dies ist einerseits eine Digital-Technik, die durch die immense Verbreitung ohnehin
inzwischen flächendeckend bekannt ist (z.B. Internet) oder leicht zu bedienen ist
(z.B. Fotosoftware). Andererseits sind es gerade die jungen Menschen, die einen
neuen Digital-Lifestyle prägen und damit eine veränderte Kultur des Aufwachsens
schaffen. Dies bleibt nicht ohne Auswirkungen auf die Kinder- und
Jugendkulturarbeit.

Allein und doch höchst kommunikativ nutzen die Jugendlichen beispielsweise


Messenger-Programme, unterhalten sich über Skype und verschicken gleichzeitig
SMS-Botschaften während im Hintergrund die MP3-Musik läuft. „Multitasking
bezeichnet die Fähigkeit eines Betriebssystems oder allgemeiner einer Software,
mehrere Aufgaben (tasks) scheinbar gleichzeitig auszuführen“ (Zitat aus Wikipedia).
Es sind die Jugendlichen die diese Möglichkeiten ausschöpfen und damit wiederum
ihre Multitasking-Fähigkeiten in der Freizeit optimieren. Die außerschulischen
Einrichtungen aber auch die Schule selbst bieten dafür noch sehr wenig Angebote.
Dabei ist klar, dass in den verdichteten Arbeitsprozessen des 21. Jahrhunderts die
Multitasking-Kompetenz an Bedeutung gewinnt. Die Kinder der digitalen Revolution
können nachhaltig nur gefördert und gefordert werden, wenn ihre medialen
Vorlieben aber auch Vorkenntnisse in den kulturpädagogischen Angeboten
berücksichtigt werden.
Dass es sich hierbei nicht um vereinzelte Computerfreaks handelt zeigt alljährlich die
Games Convention in Leipzig. Ein Zitat aus MultiMediaNews (Ausgabe 2/2005) weist
darauf hin, dass es sich hierbei auch um ein kulturelles Medienereignis der heutigen
Jugend handelt: „Das muss man gesehen, miterlebt und miterlitten haben: Die neue
Spielegeneration und die Spielwelten, die Labyrinthe dieser Welt, die
Inszenierungsformen und die Begeisterung all dieser sehr jungen Besucher. Das
sind Live-Events und bei der Games Convention verdichtet es sich, wie mit einem
Brennglas. Jeder Medien-/Sozial-/Kultur-/Kunst-/Sozialpädagoge sollte sich dem mal
aussetzen, damit er weiß mit wem oder mit was er es in Zukunft immer mehr zu tun
hat und bekommt.“ (www.interaktiv-muc.de).

Zu den wichtigsten Aufgaben und Perspektiven der kulturellen Medienbildung gehört


vor diesem Hintergrund die kontinuierliche Entwicklung von aktiven Angebotsformen
an denen junge Menschen partizipieren können und wollen. Dies natürlich mit dem
Ziel einen medienpädagogischen Mehrwert zu erzielen. Schließlich können die
jungen Menschen zu Recht von uns fordern, dass wir sie in einer mediengeprägten
Gesellschaft verantwortungsvoll begleiten und dabei sowohl die Gefahren als auch
die Chancen im Blick haben.

Die kulturelle Medienbildung bietet ein erweitertes Feld für das medienpädagogische
Leitziel „Medienkompetenz“. Die von Dieter Baacke definierten Inhaltsschwerpunkte
lauten dabei: Medienkunde, Medienkritik, Mediennutzung und Mediengestaltung. Für
die kulturpädagogische Belebung dieser Inhaltsbereiche ist es nach wie vor wichtig
an die Rahmenbedingungen zu denken, unter besonderer Berücksichtigung von
Benachteiligungen:

- Es gilt, Kindern und Jugendlichen inhaltlich und technisch qualifizierte


Rahmenbedingungen, Angebote und Räume (real und virtuell) bereitzustellen,
die Medienkompetenz sowohl kritisch wie handlungsorientiert als kulturelle
Basisqualifikationen ermöglicht.

Zur Ermutigung der kulturpädagogischen Szene sich der Medien anzunehmen sind
die konsensualen Ziele und Aufgaben auf die veränderten Lebenswelten der Kinder
und Jugendlichen hin zu reflektieren. Das kulturpädagogische Anliegen, Kindern und
Jugendlichen die Zugänge und Ausdruckmöglichkeiten zur Vielfalt von Kunst und
Kultur, Wahrnehmung und Ästhetik in sowohl anthropologisch-historischen wie je
aktuellen Formen zu öffnen bzw. offen zu halten zu Gunsten eines kulturellen
Artenreichtums und einer Vielfalt der symbolischen Formen, verdichtet sich
beispielsweise in der kulturellen Medienbildung in neue Dimensionen.

Die effektive Realisierung der kulturellen Medienbildung wird nur dann gelingen,
wenn außerschulische Einrichtungen zusammenwirken und als Partner die
Institution Schule gewinnen. Dass dies gelingen kann zeigt das Beispiel „Inter@ktiv“.
Das Verbundsystem „Inter@ktiv“ als „Münchner Netzwerk Medienkompetenz“ hat
sich im Verlaufe seines 10jährigen Bestehens als bundesweit einmalige
Partnerschaft etabliert, deren Besonderheit darin liegt, die kommunale Schnittmenge
der unterschiedlichen Bereiche Schule, Kunst und Sozialem aufzugreifen und mit
medienpädagogischen Inhalten zu füllen. Damit ist „Inter@ktiv“ nicht nur ein lokaler
Akteur in Sachen kultureller Medienbildung, sondern auch ein kompetenter
Ansprechpartner für eine querschnittsorientierte Medienbildung, die mehr ist als eine
bewahrpädagogisch orientierte Medienerziehung.

Die Medienkompetenz bei jungen Menschen in nachhaltigen pädagogischen Formen


zu fördern und zu unterstützen, das ist die Verbindungsklammer einer
zukunftsweisenden kulturellen Medienbildung. Nur im gemeinsamen Miteinander
können die anstehenden medial bedingten Herausforderungen zufrieden stellend
gemeistert werden.

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