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Oppenau, 1.

Juli 1940

Meine lieben, guten Eltern!

Wie soll ich Euch beschreiben, was ich heute erleben durfte. Der erste Juli
1940!! Ein Tag von ungeheuerer Bedeutung für mich, für uns alle, die wir Teil
hatten an diesem grossen Erlebnis. Es fällt mir schwer, nacheinander zu
erzählen. Ich muss das Beste vorwegnehmen. Der Führer, Adolf Hitler, hat mir
die Hand gegeben!! Er hat mich an der Schulter gefasst!! Ich habe eingehängt
bei ihm und bin von allen Seiten 100e Mal mit ihm zusammen gefilmt und
fotografiert worden! Er hat sich mit mir unterhalten, aber nun lasst Euch
erzählen, wie alles gekommen ist.

Den Auftakt wisst Ihr ja vom letzten Brief, in dem ich ausführlich alles
berichtet habe. Nun waren wir uns heute selbst noch nicht ganz im Klaren ob
die Einladung ins Führerhauptquartier wirklich zustandekommen würde. Den
ganzen Sonntag schafften und putzten wir wie die Wilden, falls der Führer uns
im Lager besuchen käme. Heute mittag telefonierten wir hinauf, auf den
Kniebis, ob die Einladung zustande käme. "Natürlich", hiess es, "um vier Uhr
kommen die Militärwagen des Oberkommandos der Wehrmacht, die Euch abholen.
Macht Euch bereit!" Das Lager tobte! Da kam plötzlich der Bezirk an, 3 hohe
Führerinnen, uneingeladen wollten sie auch mit hinauf zum Führer! Wir waren
empört! Aber trotz allem, unsere reinste Freude liessen wir uns nicht nehmen.
Um 4 Uhr kamen also die Wagen! Neun Wagen waren es, die SS-Leibstandarte des
Führers am Steuer. Der Adjudant des Führers holte die Führerinnen formell ab,
wir stiegen ein in unsern blauen Leinenkleidern, weissen Blusen darunter, mit
weissen Schürzen, weissen Söckchen und braunen Halbschuhen. Tadellos sahen
wir aus, man sagte es wenigstens. Mit solcher Stimmung sind wir noch nie auf
den Kniebis hinaufgefahren. Eine Triumpffahrt in diesen sechsräderigen,
feldgrauen Mercedeswagen, alle Menschen jubelten uns zu, alles rief: „Nehmt
uns mit!" Und die SS-Posten oben auf dem Kniebis, die uns am Samstag nicht
einlassen wollten, öffneten respektvoll die Schranken! Dann ging es durch ein
geheimnisvolles Gelände, Bunker an Bunker, Tarnungen, Posten an Posten,
Offiziere, Generale und plötzlich standen wir vor einem grossen Bunker, der
Aufenthaltsort des Führers. Dort stiegen wir aus, dann gingen wir noch ein
romantisches Stück zu Fuss, durch den Wald, über Brückchen und Steine, zu
einem ganz entzückenden Holzhaus, mit grosser Steinterrasse, angebauten
Steintischchen, fabelhaft gedeckt, mit grossen Blumensträussen geschmückt,
Torten und Kuchen standen herum, alle Sorten, und es roch verführerisch nach
Bohnenkaffee. Obergruppenführer Brückner liess uns alle in einer Reihe
antreten, damit der Führer uns begrüssen könne. Das Herz schlug mir bis zum
Halse, ich soll ganz bleich gewesen sein, von allen Seiten surrten die
Filmapparate, Foto- und Presseleute knieten vor uns nieder, um uns aus allen
Stellungen aufzunehmen!

Da trat der Führer aus dem Wald heraus. Braungebrannt war er, fröhlich
strahlte er uns an, wir standen ganz stumm da, in Glück und ehrfurchtsvoller
Ungläubigkeit. Langsam ging er nun an der Reihe vorbei, jedem lang in die
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Augen blickend, und drückte jedem von uns die Hand. Er schaute immer den
nächsten an, wenn er einem die Hand drückte. Lange schaute er mir in die
Augen, solange er bei meinem Vordermann war und seine Hand drückte, meine,
als seine Augen schon Aline anschauten. Kurz schaute er noch einmal zu mir
zurück, dann machte er die Reihe durch. Ich fühlte einen Schauder in mir und
eine Trockenheit in der Kehle, ich glaube, wenn er mich etwas gefragt hätte,
ich hätte keinen Ton herausgebracht. Nun ging er ein paar Schritte zurück und
sagte mit einer Stimme, die so ganz anders klingt als im Rundfunk, tief
klingend, gut österreichisch und weich: "So, nun wollen wir uns mal ein wenig
an die "Dische verdeilen"!"
Dann begrüsste er noch unsere Kameradin Gertraud, die den Brief so entzückend
illustriert hatte, beglückwünschte sie zu ihrem Talent und ließ sich dann mit
den Führerinnen am runden Tisch in der Mitte nieder. Etwa 20 Mädels sollten
nicht im Freien, sondern im Holzhaus Platz nehmen, dazu gehörte auch unser
3Bund. Der Führer bekümmerte sich selbst um diese Sache, die Mädels, die ins
Haus hineingingen, zählte er mit ein paar andern zusammen ab. Ich war die 19.
Er packte mich an der Schulter und sagte: "So, ich glaube, jetzt reichts."
Dabei beförderte er mich, freundlich auf den Rücken klopfend, ins Innere des
Raumes. Wie in einem ganz grossartigen Landhaus sah es da aus, lange Tische
waren gedeckt. Wir drei liessen uns am ersten Tische nieder, beim Adjudanten
Schulze, ein riesenlanger, hellblonder Berliner, ein fabelhafter Offizier. Er
erzählte sehr interessant. Mein Gott, nicht die Hälfte von allem, was ich
heute erlebt habe, kann ich Euch schreiben. Wir hatten einen ausgezeichneten
Platz und konnten den Führer durch die Türe sitzen und sprechen sehen.

SS-Leibstandarte bediente uns, schenkte uns Bohnenkaffee ein, häuft die


himmlischsten Torten, die vor Güte ganz zerfielen, auf unsere Teller und wir
schmausten Punsch-Haselnuss-Kirsch und andere Torten mit Hochgenuss. Es waren
die besten in meinem Leben, leider konnte ich vor Spannung und Erregung zum
erstenmal nicht richtig die Genüsse geniessen. Immer schauten wir auf den
Führer. Der grösste Mann der Welt hatte uns zu Kaffee und Kuchen eingeladen!
Ein Wunder, die unscheinbaren Oppenauer Arbeitsmaiden beim Führer zu Gast!
Auf einmal wechslte der Führer seinen Tisch. Da ging der Adjudant Schulze zu
ihm und bat, doch nachher an unseren Tisch zu kommen. Wir sassen eine kurze
Weile, da trat der Führer durch die Türe ein. Das Mädel links von mir rückte
zur Seite und der Führer nahm Platz an unserm Tische. Nur ein Mädel saß
zwischen ihm und mir und oft und oft und manchmal ganz lange schaute er mich
an, indem er sich mit uns unterhielt und wir ihm Antwort gaben auf seine
Fragen. Das erste, was mir auffiel: Er sah ganz anders aus als auf allen
Bildern, er hatte eine rosig-gebräunte Haut, helle blaue Augen, die
Mundpartie vor allem ist ganz anders, als man sie sich vorstellt. Sehr gesund
sieht er aus, er hat eine fliehende Stirne und die Locke hängte ihm tief
herein, als er die Mütze abnahm.
Woher wusstet ihr denn, dass wir hier oben sind?" war seine erste Frage. "Von
unseren Aussendiensten" sagte ich und er wollte dann wissen was die
Aussendienste sind. Das erklärten wir ihm. Er schaute uns immer wieder der
Reihe nach an und seine Augen haben wirklich etwas Magisches, fast
schwärmerisch können sie manchmal schauen. Da kam eine kleine Hummel
hereingeflogen und setzte sich auf den grossen Strauss auf unserem Tisch. Und
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der Führer, vor dem die ganze Welt zittert, sagte, weich wie eine Frau:
"Immer kommen die kleinen Hummelchen da hereingeschwirrt zu den Blumen!" Dann
ging ein Leuchten über sein Gesicht und er sagte: "Ja, meine Mädels, wenn
jetzt Frieden wäre, hätte ich euch alle auf meinen Berg eingeladen. Es ist
sehr, sehr schön dort oben." Und dann ganz traurig mit gesenktem Kopfe: "Mein
Gott, wer weiss, wann ich meinen Berg wieder einmal sehe!" Er fuhr fort, uns
alle fest der Reihe nach ansehend: "Sicher freut Ihr euch sehr, dass
Strassburg nun wieder bei uns ist. Ich sah das Münster zum erstenmale und es
erschien mir als das schönste gotische Bauwerk, das wir in Deutschland
überhaupt haben, in seiner Weite und Grösse wie eine Märchenhalle. Wie wäre
es, Mädels, ihr solltet mal eine Radtour machen nach Strassburg. Habt Ihr
alle Räder?" "Nein, aber bei unsern Aussendienstleuten können wir uns gut
welche besorgen." - "Schulze, wie weit ist es von hier bis Strassburg?" – "50
km, mein Führer." - "Schade, das wird wohl zu weit sein." Wir protestierten
energisch, es wäre gut zu machen, 50 km. "So, dann müsst ihr aber einen
Quartiermacher vorausschicken, damit ihr in Strassburg auch eine gute
Unterkunft habt." So rührend besorgt sprach er mit uns.

[Frontfahrt: Hitler in Straßburg, 28.Juni 1940]

Bewusst wurde nun das Gespräch immer ernster. Dieser grosse Mann (wenn man
bedenkt, dass er die ganze Welt besiegen könnte, dass jetzt im Augenblick
Krieg ist und er dennoch Zeit findet, über zwei Stunden mit uns zusammen zu
sitzen) erzählte dann von seiner Kriegstaktik vom Polenkrieg und von seinen
Frankreichfahrten. "Der Polenkrieg war viel, viel härter als der Krieg in
Frankreich. Man glaubt das nicht, weil er so schnell beendet wurde, aber das
ist eben nur dem grossartigen Einsatz unserer Luftwaffe, unserer ganzen
Wehrmacht, zu verdanken. Die Polen kämpften eben viel verbissener,
entschlossener und auch gemeiner als die Franzosen." (Das kann ich mir auch
sehr gut vorstellen, wenn man "Madame Curie" gelesen hat, weiss man, was für
fanatische, glühende Patrioten die Polen sind.) Der Führer fuhr fort: "Man
hat mir den Vorwurf gemacht, bei der Westernplatte zu lange gezögert zu
haben. Aber Blut ist kostbarer als Zeit! Auf der Westernplatte hatten wir nur
zwei Verwundete, keinen einzigen Toten. Wie glücklich dürfen wir sein, dass
der Krieg nicht in unser Land getragen wurde, als ich Dünkirchen sah, dankte
ich Gott dafür. Tausende von Leichen werden jetzt noch dort angeschwemmt." So
sagte der Führer, ganz erschüttert von der Furchtbarkeit des Krieges, wie
eben nur ein Mensch empfinden kann, der gegen sich selbst ganz offen ist und
sich absolut nichts vormacht. Ich spürte ganz stark, was für ein Idealist der
Führer ist, ein Idealist, dessen Ideen nicht in der Luft hängen (wie bei den
Kommunisten), sondern dessen Ideen in der Wirklichkeit Boden finden. Dann
sprach der Führer weiter, ich versuche es möglichst wortgetreu wiederzugeben:
"Die Konfessionen stritten sich um das Strassburger Münster, deshalb ist es
mein grösster Wunsch, es zum National-Heiligtum/, zur Ehre der Gefallenen zu
machen." Ein enormes Leuchten ging über sein Gesicht, dieses Leuchten kam
immer und immer wieder, wenn er so schöne Gedanken aussprach. "Die Gefallenen
in Frankreich sind so gering, verhältnismässig gering. Ein Drittel der
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Gefallenen allein vor Verdun 1914. Nach einem 3ojährigen Kriege kommt aber
kein 4ojähriger mehr, denn wir haben gelernt, auch besonders aus dem letzten
Kriege. Ihr seid eine Formation, die für unser Land im Falle eines späteren
Krieges (man muss immer mit dem Kriege rechnen) von grösster Wichtigkeit sein
wird. Menschen, die man eben überall einsetzen kann, die überall ihren Mann
stellen."
Dann sagte er etwas von ungeheuerer wichtiger Bedeutung: "Der eigentliche
Luftkampf gegen England beginnt noch nicht so schnell, zuerst müssen wir alle
einzelne Punkte haben um dann blitzartig zuschlagen zu können. Dann werden
wir auch unsere Kolonien wieder bekommen, aber das darf kein Siedlungsland
werden, dafür habe ich den Osten gedacht, in die Kolonien werden nur
Fachleute geschickt, unter deren Leitung möglichst viel und gut gearbeitet
werden kann. Sicher will auch manche von euch mal in die Kolonien."
Begeisterte Zustimmung. "Also Mädels", damit erhebt er sich und wandte sich
einem andern Tische zu. Alles was er dort gesprochen hatte, sagten wir uns
nachher. Er, sprach noch von der Familie Wagner, dass beide Söhne Siegfried
Wagners im Felde waren, und als einer schwer verwundet wurde, zog er den
andern zurück, um das Erbe Wagners fortführen zu können.
Der Kuchen war so himmlisch, dass ich fünf Stücke gegessen hatte, bevor der
Führer an unsern Tisch kam. Der Bohnenkaffee mit dicker Sahne war enorm, und
jedes bekam ein grosses Glas Apfelsaft dazu. Nun, nachdem der Führer an
einigen Tischen gewesen war, rief er uns hinaus ins Freie und wir erdrückten
ihn fast. Er liess das mit einer Geduld über sich ergehen, die einfach
rührend war. In verschiedenen Gruppen wurden wir gefilmt und geknipst von
allen Seiten. Ich war auf dem Sprung und als der Führer fertig sagte und die
zweite Gruppe an die Reihe kam, erwischte ich ihn gleich am Arm. Freut Ihr
euch auf die Bilder, wo ich per Arm mit dem Führer darauf bin?

Als einige sich zu seinen Füssen niederliessen, sagte er ganz besorgt:


"Kinder, Kinder, macht euch bloss nicht schmutzig." Dann sangen wir ihm
unsere Lieder vor, unsere Führerin dirigierte schneidig und der Führer musste
grinsen bei einem Lied, das ein bisschen schauderhaft ist. Immer lachte er zu
Baldur von Schirach hinüber, und die hohen Herrn mit dem Ritterkreuz und
anderen Orden nickten sich grinsend zu. Es war zum Schiessen. Der Führer
verabschiedete sich von Frl. Menn, sie dankte ihm im Namen von uns allen,
erhob die Hand: "Heil Euch" und ging, gefolgt von seinen Leuten, den Waldweg
zurück. Aber es war, als weile er immer noch bei uns. Wir sangen den andern
Persönlichkeiten, Baldur, Obergruppenführer Brückner, der ein prima Kerl ist,
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und vielen andern, zum Schluss noch den Presseleuten vor, dann gingen auch
wir denselben Weg wie der Führer zurück. Als wir dort ankamen, an dem Bunker,
wo unsere neun Wagen warteten, sahen wir 2o Schritte entfernt, den Führer
über eine Landkarte gebeugt im Freien stehen, umgeben von Befehlshabern der
Wehrmacht. Wir riefen noch einmal laut: "Heil", der Führer blickte kurz auf
und winkte mit einer langstieligen Lupe zu uns herüber, um sich dann wieder
ganz seiner Sache zuzuwenden.
Heute (3.7.) sagte man uns, der Führer habe in der darauffolgenden Nacht bis
um 5 Uhr, statt, wie sonst bis um 3 Uhr, gearbeitet! Er hat uns 2 Stunden von
seiner Arbeitszeit geopfert, das werden wir ihm nie vergessen! Ich habe ihn
so genau und scharf beobachtet, wie noch nie einen Menschen. -- Er muss die
Wahrheit selbst sein, so ohne Falsch, so schlicht und klar kommt alles aus
ihm, was er sagt. Die ungeheure Befriedigung liegt über ihm, das ernst Glück,
dadurch, dass er das Höchste erreicht hat: die Verwirklichung seiner Idee.
Der Führer sagte, erst am 28. Juni hätten sich die letzten Bunker in der
Maginotlinie ergeben, das muss ich euch mündlich erklären, nämlich seine
"Nestertaktik". Bitte hebt mir die Fotos gut auf, nächstens kommen Neue. Und
dann kommen die mit dem Führer.
Seid von Herzen gegrüsst von Eurer Marianne.

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