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Aus: Wald&Weid Nr.

4/2008, amtliches Nachrichtenblatt für die Beschäftigten in der


Forstwirschaft.

In den letzten Jahrzehnten hat sich eine Spezies in unseren heimischen Grünanlagen, Parks
und Wäldern breitgemacht, die besonders jetzt im Frühjahr wieder vermehrt auftritt und zur
Bedrohung für Flora und Fauna geworden ist. Sie ist vorzugsweise tag- und abendaktiv und
kennt keine Scheu vor dem Menschen, stellt für ihn in aller Regel aber auch keine Gefahr dar.
In stark besiedelten Gebieten mit dichtem Straßennetz und hohem Verkehrsaufkommen
schien sie nahezu ausgerottet, aber seit einigen Jahren ist sie auch dort scheinbar
unaufhaltsam auf dem Vormarsch. Die Rede ist vom Jogger, oder zu deutsch: Läufer.

Herkunft und Geschichte: Nachdem die Archäologie zu dieser Gattung bis dato nur wenig,
besser gesagt: gar keine aussagekräftigen Funde beigesteuert hat, sind wir bei unseren
Erkenntnissen weitgehend auf Disziplinen wie Literaturwissenschaft und Kunstgeschichte
angewiesen. Demzufolge scheint die Geschichte des Joggers eng mit der des Menschen
verknüpft zu sein, ohne dass jemals eine Domestizierung im engeren Sinn stattgefunden hätte.
Jogger lassen sich wohl zeitweise durch den Menschen fremdbestimmen, wie z.B. bei
Volksläufen, Weltmeisterschaften, Olympischen Spielen etc., aber nicht dauerhaft unter
Kontrolle halten. Die erste verbürgte Erwähnung findet sich im antiken Griechenland, wo ein
einzelnes Exemplar nach der Bewältigung der Strecke Marathon-Athen tot
zusammengebrochen sein soll. Weitaus häufiger und damit für die Art wohl typischer sind
allerdings Darstellungen, in denen die Lebewesen eine Route wählen, die sie an ihren
Ausgangspunkt zurückführt, wo sie allerdings genauso unversehens verschwinden, wie sie
aufgetaucht sind. Die wissenschaftliche Erforschung der Jogger begann damit, dass besonders
auffällige Exemplare von Forschern mit Namen versehen wurden, wie z.B. Paavo Nurmi oder
Emil Zatopek. In diesen Fällen konnten die Individuen sogar später gelegentlich wieder
aufgespürt werden. Eine sehr eindrucksvolle, wenn auch ins mythologische verklärte
Beschreibung findet sich bei Sullivan: „The lonelyness of a long distance runner.“ Während
in früheren Jahren ausnahmslos von männlichen Exemplaren die Rede ist, tauchen neuerdings
auch immer öfter Weibchen auf. Eines wurde unlängst sogar in dem Kinofilm „Lola rennt“
vorgestellt. Mittlerweile gibt es auch eine eigene Monatszeitschrift, die sich ausschließlich mit
den neuesten Forschungsergebnissen rund um den Jogger beschäftigt: Runner’s world.

Auftreten und forstwirtschaftliche Bewertung: Der wildläufige Jogger ist zumeist als
Einzelgänger, gelegentlich aber auch im Familienverbund oder Rudel anzutreffen und auch in
weniger übersichtlichem Gelände leicht auszumachen. Sein Äußeres hebt sich deutlich,
zuweilen kontrastierend von der Umgebung des Waldes ab, er bevorzugt ausgetretene Pfade,
und wo er diese nicht vorfindet, dauert es nicht lange und er hat ebensolche angelegt. Die
Praxis hat gezeigt, dass ein einmal etablierter Pfad durch halbherzige Maßnahmen wie
quergelegte Bäume, Sträucher oder ähnliche Hindernisse in der Regel nicht wieder zu
begrünen ist. Der Jogger räumt sie aus dem Weg oder findet nächstgelegene Umgehungen, die
nur zu weiterer Zerstörung des Bodenwachstums führen. Dieser Punkt ist wohl der
gewichtigste für die Einstufung des Joggers als Schädling in Wald und Natur.
Wenn es auch nicht die Regel ist, so kommt es doch immer wieder vor, dass ein Jogger mit
seiner Losung Duftmarken in das Revier setzt, die weniger für das Wild, als vielmehr für
Naturfreunde und Weidmänner ein Ärgernis darstellen. Häufiger anzutreffen ist der Urin,
besonders von männlichen Exemplaren, der aber rückstandslos im Waldboden versickert. Der
einzelne Jogger bewegt sich eher geräuscharm. Hier ist es die joggende Gruppe, die durch
lautstarkes Gebrüll und schrilles Gequieke, vermutlich zum Zwecke der Kommunikation, eine
Störung und damit manchmal erhebliche Beeinträchtigung für Wild und Kleintiere
herbeiführt.
Hege: Um die Population wenigstens einigermaßen im Auge behalten zu können, werden die
Individuen regelmäßig auf abgesteckte Strecken gelockt, nummeriert und somit gezählt. Da
Jogger sehr zutraulich sind und sich problemlos an Tränken und Futterstationen vorbeileiten
lassen, stellt das auch keine Schwierigkeit dar. Aufgrund der geringen Geschwindigkeit der
Jogger, etwa 5 bis maximal 20 km/h bei einer Gesamttagesleistung von 5 bis 40 km
Wegstrecke, ist es zweckmäßig, an vielen Orten gleichzeitig Zählungen zu veranstalten, was
auch an fast jedem Wochenende weltweit der Fall ist. Noch ungeklärt ist, wie es einzelnen
Individuen gelingt, bei verhältnismäßig kurz aufeinanderfolgenden Zählungen an weit
voneinander entfernten Orten zugegen zu sein. Die dabei in kürzester Zeit überwundenen
Distanzen stehen in eklatantem Widerspruch zu der oben angegebenen Geschwindigkeit und
Tagesleistung. Mitunter überwinden sie dabei sogar Weltmeere. Verwechslungen durch
Ähnlichkeiten sind auf Grund vorliegenden Bildmaterials mit höchster Wahrscheinlichkeit
ausgeschlossen. Dieses Phänomen ist noch nicht ausreichend untersucht. Entsprechend der
Beobachtung, dass die Spezies vermehrt in den warmen Monaten und bei guter Witterung
anzutreffen ist, finden die meisten und vor allem größer angelegten Zählungen außerhalb der
Wintermonate statt. Dennoch geht man davon aus, dass Jogger weder Winterschlaf halten,
noch in eine Kältestarre fallen. Wir wissen, dass die Zahl der Exemplare, die sich abseits der
Laufstrecken bewegen, weit höher ist. Die Dunkelziffer liegt also weit über den
Zählungsergebnissen.

Fazit und Ausblick: Experten geben auf Grund von mehr oder weniger wissenschaftlich
gesicherten Hochrechnungen regelmäßig Schätzungen über die Gesamtpopulation in Bezug
auf die Region ihres Auftretens ab. Für diese Saison rechnet man damit, dass in Deutschland
und in weiten Teilen Europas auf etwa 5 Einwohner ein Jogger kommt. Damit ist der Jogger,
von Kleinstlebewesen wie Ameisen abgesehen, das Lebewesen mit der größten Population
hierzulande. Sollte der Flurschaden weiter anwachsen und für Pflanzen und andere
Lebewesen bedrohliche Ausmaße annehmen, wird die Regierung über eine Abschussquote
nachdenken müssen.

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