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sterbende und Trauernde

brauchen Begleitung und Nähe


Phasen des Sterbens

Die amerikanische Ärztin Elisabeth Küb/er-Ross ten Nlchtwahrhabenwollen reagiert ein Patient
hat viele Jahre Sterbende begleitet und wurde besonders dann , wenn er unverm ittelt und zu
durch ihre Forschungen über Tod und Sterben früh durch Jemanden informiert wird , der ihn
zur anerkannten Expertin auf diesem Gebiet. und seine Aufnahmebereitschaft nicht wirklich
Bei der Begleitung von Sterbenden hat sie kennt oder . es schnell hinter sich haben · will.
immer wieder ähnliche Verläufe des Sterbens Fast alle Patienten versuchen, die Krankheit
beobachtet. Ihr Vorbild und ihre Wahrnehmun- vor sich se lbst abzuleugnen, und nicht nur Im
gen sind bis heute eine Hilfe für viele Ärzte, ersten Augenblick , sondern auch später Immer
Pflegekräfte und Angehörige. wieder einmal. Das Nlchtwahrhabenwollen ist
meistens nur eine vorübergehende Phase , die
Die erste Phase: Nicht wahrhaben bald durch wenigstens teilweise Akzeptlerung
wollen und Isolierung abgelöst wird.
Die meisten Patienten, die Frau Kübl er-Ross
befragte , reagierten auf die Erkenntnis ihrer Die zweite Phase: Zorn
bösartigen Erkrankung zunächst mit: ,, Ich doch Auf die erste Reaktion . Nein, nein, mit mir kann
nicht, das ist Ja gar nicht möglich !" Eine Patientin es nichts zu tun haben! ", folgt häufig die zweite ,
schildert das lange. aufwändige Vorgehen , mit In der den Patienten aufgeht: . Oh doch , es geht
dem sie die Erkenntnis von sich abzuwehren ver- um mich . Ich bin betroffen ." Nun folgen meistens
suchte. Über- Zorn , Groll , Wut, Neid. Dahinter steht die Frage :
zeugt, dass die „Warum denn gerade ich?" In dieser Phase
0 ,, Röntgenauf- kann es sein, dass es die Familie und das
nahme irgend- Krankenhauspersonal sehr schwer mit dem
wie vertauscht Kranken haben, denn sein Zorn kann sich ohne
worden · sei , sichtbaren Anlas s in alle Richtungen ergießen :
GI verlangte sie Die Ärzte taugen einfach nichts , sie wissen
8 die Bestäti- nicht, welche Untersuchungen sie vornehmen

- --.LC..~ i gung, dass ihr


Name verse-
und welche Diät sie verschreiben sollen; sie
halten die Patienten im Krankenhaus fest und
hentlich auf nehmen keine Rücksicht auf Sonderwünsche -

Ferdinand Hodler: '


Valentine Godt!-Oarel 1914
einen anderen
Befund geraten
und so geht es wei-
ter. Die Schwestern
sei. Als man werden vielleicht zum
ihr den Gefallen Ziel des Zorns ; was
nicht tun konnte, verließ sie sofort die Klinik sie nur anfassen ,
und suchte einen Arzt nach dem anderen auf, wird als falsch emp-
erhielt bald bestätigende. bald beruhigende funden . Der Kranke
Auskünfte, verlangte immer neue Untersuchun- empfängt die Besu-
gen und wusste insgeheim doch nur zu gut, che der Familie ohne
dass die erste Diagnose stimmte . Nun hoffte Freude. Die Angehöri-
sie, dass man falsche Rückschlüsse daraus ge- gen reagieren darauf
zogen habe, hielt aber ständigen Kontaktmitei- möglicherweise mit
nem Arzt aufrecht, um .Jederzeit" wie sie sagte, Tränen oder Schuld- Ferdinand Hodler:
Hilfe zur Hand zu haben . Mit solchem gequäl- und Schamgefühlen Die kranke Valentine God~•Darel
seinen Zustand nicht mehr mrt einem Lächeln
abtun. Weil der Kranke spürt. dass er alle und al-
les verliert, was er geliebt hat. gerät er 1n
Mutlos1gke1t. Widerstandslos1gke1t , Depression.
Apath ie oder Angst. In dieser Phase 1st es
wichtig. dass der Kranke seinen Schmerz aus-
drücken darf. So kann er sich leichter mrt sei-
nem Schicksal abfinden.

Die fünfte Phase: Zustimmung


Diese Phase darf nicht als ein glückhcher
Zustand verstanden werden : Sie 1st fast frei

rt r 4. .. von Gefühlen . Der Schmerz scheint vergangen ,


der Kampf Ist vorbei , nun kommt die Zeit der
. letzten Ruhe vor der langen Reise·. wie es em
Ferdinand Hod/er. Die sterbende l'alent,ne Gode-Oarel, 1915.
Patient ausdrückte. Unsere Verbindung mit
dem Kranken beschränkt sich mehr auf Gesten
reagieren . Es kann sein. dass sie nun solche
als auf Worte . Der Kranke hält unsere Hand und
Besuche vermeiden und dadurch Unbehagen
bittet uns schwe igend, bei ihm zu srtzen. Wenn
und Groll des Patienten noch größer werden .
wir dies tun , erkennt er beruhigt, auch .,.enn er
Woh in der Patient auch bl ickt. findet er leicht
nicht mehr spricht. dass er nicht allem gelassen
Anlass zum Zorn. El isabeth Kübler-Ross wirbt
wird . In seinem Blick oder seinem Zurücksinken
bei ihren Lesern um Verständnis für die Gefühle
in die Kissen kann das zum Ausdruck kommen.
der Betroffenen.

Die dritte Phase: Verhandeln Die Einteilung von Frau Kübler.floss in fünf
Phasen darf man nicht missverstehen. Nicht
Während der Mensch in der zweiten Phase mit
jeder Sterbende durchläuft sie in der genannten
Gott und der Welt hadert. so versucht er nun ,
Reihenfolge.
mehr Zeit fü r sich zu gewinnen. Frau Kübler-Ross
Er kann in einer Phase verharren . eine Phase
vergleicht diese Phase mit der Art , wie kleine
überspringen oder in eine frühere zurückfallen.
Kinder oft mit ihren Eltern verhandeln. Der
Es ist auch möglich , dass ein Sterbender die
Hauptwunsch ist fast immer eine längere Le-
Phasen anders erlebt und deshalb abweichend
bensspanne. dann aber auch ein paar Tage ohne
reagiert.
Schmerzen und Beschwerden. Auch Patienten ,
denen es gelingt, den . erhandelten· Zeitpunkt zu
erleben. si nd dann aber oft immer noch nicht be-
reit, den Tod zu akzeptieren .

Die vierte Phase: Depression


Wenn der Todkranke seine Krankheit nicht länger
verleugnen kann, wenn neue Eingriffe, ein
neuer Krankenhausaufenthalt notwendig werden.
wenn immer neue Symptome auftreten und
er schwächer und elender wird . dann kann er

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