WEIBLICHE

SELBST-
INSZENIERUNG
IN DEN
NEUEN MEDIEN
Ergebnisse einer Studienreihe
präsentiert von der MaLisa Stiftung

Januar 2019

01
 WEIBLICHE
SELBSTINSZENIERUNG
IN DEN
NEUEN MEDIEN
2017 präsentierte die MaLisa Stiftung
die Ergebnisse der bislang um-
fassendsten Studie zur Ermittlung
von Geschlechterdarstellungen im
deutschen Film und Fernsehen.
Nun haben wir in einem nächs-
ten Schritt untersucht, wie es um
die Darstellung von Männern und
Frauen auf den Plattformen You-
Tube und Instagram sowie in Mu-
sikvideos bestellt ist.
Die viel von jungen Menschen ge-
nutzten Online-Plattformen wie
YouTube und Instagram bieten
erst einmal jedem und jeder neue
Chancen, sich darzustellen, die ei-
gene Identität zu zeigen und sich
eine Stimme zu geben. Doch die
Ergebnisse mehrerer von der MaLisa
Stiftung unterstützten Studien zei-
gen, dass Frauen auch auf diesen
Plattformen unterrepräsentiert
sind. Das Verhältnis 1:2 von weib-
lichen zu männlichen Protago-
02
nist*innen, das sich in Kino und TV
gezeigt hat, ist auch bei den 100
beliebtesten Musikvideos, den 100
beliebtesten YouTube-Kanälen und
den Top 100 Instagrammer*innen
in Deutschland zu finden.
Die Geschlechterdarstellungen in
den erfolgreichsten YouTube-Ka-
nälen basieren zudem auf veraltet
anmutenden Stereotypen: Wäh-
rend Frauen sich überwiegend im
privaten Raum zeigen, Schmink-
tipps geben und ihre Hobbies
präsentieren (Basteln, Nähen,
Kochen), bedienen Männer deut-
lich mehr Themen: von Unterhal-
tung über Musik bis zu Games,
Comedy und Politik. In Musik-
videos, die heute überwiegend
über YouTube konsumiert werden,
konnten diese beiden Ergebnisse
ebenfalls beobachtet werden: Wir
sehen noch immer mehrheitlich
Frauen, die sexy und passiv insze-
niert werden. Und der Anteil der
Sängerinnen in den Top 100 liegt
konstant bei einem Drittel. Auch
auf Instagram sind insbesondere
die Frauen erfolgreich, die einem
normierten Schönheitsideal ent-
sprechen. Sie sind dünn, langhaa-
rig und beschäftigen sich haupt-
sächlich mit den Themen Mode,
Ernährung und Beauty. Weibliche
Selbstinszenierung findet hier nur
in einem sehr begrenzten Korri-
dor statt.
Doch ein Blick in die Branche zeigt,
dass diese stereotypen Darstellun-
gen nicht allein persönlichen In-
teressen geschuldet sind. Die be-
fragten YouTuberinnen verweisen
auf Hürden, die es erschweren aus
dem Themenumfeld Beauty aus-
zubrechen und sich neue Genres
wie Comedy oder Politik zu er-
schließen. Sie berichten von engen
Zuschauererwartungen und damit
verbunden kritischen, mitunter
bösartigen Kommentaren, sobald
sie den normierten Erwartungen
widersprechen.
Die Befragungen haben studien-
übergreifend gezeigt, dass jugend-
liche Konsument*innen Influen-
cer*innen als Vorbilder betrachten
03
und deren Posen und Aussehen
nachahmen. Auf YouTube legen die
Kanalbetreiber*innen großen Wert
auf „Authentizität“, bei Instagram
soll alles „natürlich“ und „spontan“
wirken, auch wenn die geposteten
Fotos aufwendig und zeitintensiv
inszeniert wurden. Insbesondere
Mädchen, die Influencer*innen fol-
gen, bearbeiten ihre eigenen Bilder
stärker als solche, die keinen Influ-
encer*innen folgen. Sie empfinden
ihr natürliches Aussehen zuneh-
mend als unzureichend.
Ausführlichere wissenschaftliche
Artikel zu der Studienreihe finden
Sie auf der Website der MaLisa
Stiftung sowie auf der Website des
Internationalen Zentralinstituts
für das Jugend- und Bildungs-
fernsehen (IZI) unter TelevIZIon
Digital (http://www.br-online.de/
jugend/izi/deutsch/publikation/
televizion/Digital/TelevIZIon-digital.
htm) und in TelevIZIon 32/2019/1
(Schwerpunkt Influencer*innen)
(http://www.br-online.de/jugend/
izi/deutsch/publikation/televizi-
on/32_2019_1.htm)
Kontakt
INFO@MALISASTIFTUNG.ORG
MALISASTIFTUNG.ORG
 ZUR SICHTBAR- MÄNNLICHE YOUTUBER SIND MIT EINEM
03

KEIT VON GENDER

BREITEREN THEMENFELD FÜR DIE NUTZER*INNEN
SICHTBAR UND BEDIENEN MEHR GENRES

IN YOUTUBE Frauen Männer

10 % 30 % 50 % 70 % 90 %

Die Studie wurde von der Universität 01 Entertainment 86 199 n = 285

Rostock und der Filmuniversität Ba- FRAUEN SIND AUF YOUTUBE
Games 6 150 n = 156
belsberg unter der Leitung von PROF. DEUTLICH
ELIZABETH PROMMER und PROF. UNTERREPRÄSENTIERT Musik 9 80 n = 89

CLAUDIA WEGENER durch­geführt. Es How to 61 9 n = 70

Frauen Männer Inter/Trans/Other
wurden 1000 YouTube-Kanäle analy- Sport 4 20 n = 24
siert, 2000 Videos detailliert untersucht
Comedy 1 20 n = 21
und 14 YouTuberinnen in Interviews
Haupt­
zu ihrer Sicht auf die Branche befragt. akteur*in auf 69 % Film 1 14 n = 15
Youtube
Education 1 11 n = 11

Quelle: Linke/Wegener/Prommer/Hannemann (2018):

Zur Sichtbarkeit von Gender in YouTube. Im Auftrag der
Film- und Medienstiftung NRW und der MaLisa Stiftung 29 % 20 % 40 % 60 % 80 %

02 04 05
SIE ZEIGEN SICH VOR ALLEM MIT WÄHREND MÄNNER IHRE FRAUEN AGIEREN MEIST IM
FORMATEN UND THEMEN, TÄTIGKEIT EHER ALS PRIVATEN UMFELD, WÄHREND
DIE ALS STEREOTYP WEIBLICH GELTEN PROFESSIONELLES KÖNNEN MÄNNER OFT DEN ÖFFENTLICHEN
DEKLARIEREN, STELLEN RAUM ALS KULISSE NUTZEN

71 
Frauen Männer
FRAUEN IHR HANDELN
30
HÄUFIGER ALS HOBBY DAR
26
22 23 23 Frauen Männer

16
14 14 15
13
11 64 % Hobby
8 7 8
6
4

61 % Prozent der Frauen

Musik

Beziehung/
Partnerschaft

Food

Beauty

Mode

Beziehung
Familie/
Geschwister

Haushalt/
Service

Anderes

Beruf
zeigen sich in ihrer
Wohnung

04 05
 06
FRAUEN INSZENIEREN
08
DIE VIELFALT VON
SELBST-
SICH EMOTIONALER
ALS IHRE MÄNNLICHEN
HERKUNFT IST AUF
YOUTUBE SICHTBARER INSZENIERUNG VON
KOLLEGEN, INDEM
SIE HÄUFIGER
ALS IN ANDEREN AUDIO-
VISUELLEN MEDIEN. MÄDCHEN
IHRE EIGENEN GEFÜHLE
THEMATISIEREN
DER ANTEIL VON
YOUTUBER*INNEN MIT AUF INSTAGRAM

67 
MIGRATIONSHINTERGRUND
IST DEUTLICH HÖHER

mit Migrationshintergrund Die Studie des Internationalen 01

Zentralinstituts für das Jugend- ES ZEIGTEN SICH STETIG
und Bildungsfernsehen (IZI) WIEDERKEHRENDE MUSTER
32 %
beim Bayerischen Rundfunk UND POSEN IN DER
unter der wissenschaftlichen SELBSTINSZENIERUNG DER
Leitung von DR. MAYA GÖTZ hat INFLUENCERINNEN
die Selbstinszenierung von Mäd-
Prozent der chen auf Instagram untersucht.
Frauen Frauen Wie Mädchen ihre Posts auf Typische Posen 
thematisieren Instagram gestalten, was ihnen
dabei wichtig ist, wurde anhand 01
ihre Gefühle. von sieben Einzelfallstudien „Locker, stark und doch sexy“: das
Bei den untersucht. Im zweiten Schritt zur Seite ausgestellte Bein
Männern sind wurden 300 Posts von erfolgrei-
chen Influencerinnen auf wieder- 02
dies nur kehrende Muster hin untersucht. „Das liebenswürdige Mädchen“:
44 Prozent Anschließend wurden 300 Bilder das zufällig überkreuzte Bein
von Influencerinnen mit 300
Bildern der Mädchen aus den 03
Fallstudien verglichen. In einer Ein angewinkelter Arm und die
07 repräsentativen Rezeptionsstudie Hand wie beiläufig im Haar
DIE STRUKTUREN Männer wurden Jugendliche zwischen
DES MEDIUMS YOUTUBE 12 und 19 Jahren (Stichprobe 04
(LOGIK DES n=846, davon 404 Mädchen) zu Der attraktiv in S-Form
ALGORITH­MUS, ZUSCHAUER­ ausgewählten Erkenntnissen aus gebogene Körper
ERWARTUNGEN, den Einzelfallstudien befragt.
FINANZIERUNGSMÖGLICH­ 05
KEITEN) BEEINFLUSSEN Quelle: Maya Götz: Der vermeintlich zufällige Blick
DIE INHALTE 49 % Selbst­inszenierung von Mädchen auf
Instagram. München über die Schulter

06 07
 02 04 06
MÄDCHEN AHMEN AUSSEHEN, MÄDCHEN UND JUNGEN MÄDCHEN, DIE BESTIMMTEN INFLUENCERINNEN FOLGEN,
GESTIK UND MIMIK DER ORIENTIEREN BEIM OPTIMIEREN IHRE BILDER NOCH STÄRKER
INFLUENCERINNEN NACH UND OPTIMIEREN IHRER BILDER AN
hellen Zähne auf hellen Zähne nicht auf
KOPIEREN DEREN NORMIERTEN
BEVORZUGTE MOTIVE SCHÖNHEITSSTANDARDS

03 Mädchen Jungen 69 %

MÄDCHEN, DIE
INLUENCERINNEN FOLGEN, Folgt
Folgt
LEGEN GRÖSSEREN WERT 21 % 40 % Heidi Klum
Heidi Klum
DARAUF, SCHLANK ZU SEIN nicht
Brüste größer Schultern 36 %
machen breiter machen
Sehr wichtig Eher wichtig
Eher nicht wichtig Gar nicht wichtig
19 % 39 %
Hüfte schlanker Arme muskulö-
38 % machen ser machen

19 % 23 %
Taille schlanker Sixpack 07
Folgt keiner machen ergänzen
Wenn die eigene
Influencer*in
14 % 22 % Er­scheinung
Beine länger Beine muskulö- der Mädchen für die
machen ser machen
Erreichung des
13 % 17 % Influencerinnen-Stan- Prozent der Mädchen,
Po muskulöser Bart dards nicht reicht, die Dagi Bee folgen,
machen verändern
wird mit Inszenierungs- optimieren ihre Haut
tricks und Filtern
Folgt einer zur Optimierung nach-
Influencer*in 05 08
MÄDCHEN, DIE SICH AUF ge­holfen. Es kommt ES ENTSTEHT EINE NORMIERUNG,
INSTAGRAM SELBST zu einer Verzerrung des IN DER DIE SELBST-
DARSTELLEN, TUN DIES MIT Verständnisses INSZENIERUNG DER MÄDCHEN –
EINEM SEHR KRITISCHEN ABER AUCH DER PROFIS –
BLICK AUF IHRE von „natürlich“ und IMMER GLEICH­FÖRMIGER WIRD.
63 % NATÜRLICHE ERSCHEINUNG „spontan“ VIELFALT GEHT VERLOREN

08 09
 80 
GESCHLECHTER­ 03
DIE KAMERAEINSTELLUNG

DARSTELLUNGEN IN
INSZENIERT MÄNNER UND
FRAUEN SEHR UNTERSCHIEDLICH.

MUSIKVIDEOS
DER MANN WIRD ZUMEIST
ALS GANZES GEZEIGT, DER
FRAUEN­KÖRPER HÄUFIG IN AUS-

53 
SCHNITTEN
Prozent der Jugend-
lichen nehmen an,
Die Studie des Internationalen 01
Zentralinstituts für das Jugend- FRAUEN WERDEN dass etwa gleich viele
und Bildungsfernsehen (IZI) IN MUSIK­VIDEOS OFT STARK Männer und Frauen
SEXUALISIERT INSZENIERT
beim Bayerischen Rundfunk
in Musikvideos
unter der wissenschaftlichen UND ALS DEM MANN UNTERGE-
Leitung von DR. MAYA GÖTZ ist ORDNET DARGESTELLT singen, dabei ist das
Verhältnis von

3/4
in einer umfassenden Text- und
Bildanalyse der Top 100 Musik- Prozent der Männern zu Frauen
videos in Deutschland und den
USA folgenden Fragen nach-
Videos zeigen Frauen in den Top 100 seit
gegangen: Wie wird die Frau in ohne Kopf Jahren 2:1
Musikvideos inszeniert? Wie der
Mann? Welches Rollenverständ-
nis, welches Geschlechterbild 04
wird transportiert? Ergänzend MEHR MÄNNER ALS FRAUEN IN DEN
wurde untersucht, wie diese TOP 100 SINGLE CHARTS
der Mädchen der Jungen hätten
Bilder auf Jugendliche und ihre möchten so aus­­ gerne eine Frauen Männer
Identitätskonstruktion wirken. sehen wie Freundin, die so aus­
die Sängerinnen sieht, wie
Insgesamt wurden 332 Musik­ in den die Sängerinnen in
10 % 30 % 50 % 70 % 90 %
Musikvideos Musikvideos
videos inhaltsanalytisch in 2001
Bild und Text untersucht. Im 2002
2003
nächsten Schritt wurden in 2004
2005
einer Repräsentativbefragung 2006
748 Mädchen und Jungen im 02 2007
2008
Alter von 13 bis 19 Jahren zu IN JEDEM ZWEITEN VIDEO 2009
2010
ihrer Nutzung und Rezeption TRAGEN DIE FRAUEN 2011
von Musikvideos befragt. KLEIDUNG, DIE SIE DEUTLICH 2012
2013
SEXUALISIERT. MÄNNER 2014
Quelle: Maya Götz & Ana Eckhardt SIND NUR IN 21 PROZENT DER 2015
Rodriguez: Geschlechterdarstellungen in
Musikvideos. München VIDEOS SO ZU SEHEN 20 % 40 % 60 % 80 %

1 0 11
 „MAN BRAUCHT EIN „Je plakativer
PERFEKTES BILD UND
DAFÜR BRAUCHT
das Klischee, umso
MAN MANCHMAL 20 AN- besser wird es
LÄUFE. UND DAS geklickt. Je mehr
IST SO NERVIG. WEIL ES
EINFACH NICHT
du einem
SCHÖN IST, WENN MAN gewissen Schön-
DANN SO LANGE SO heitsideal ent-
GESCHMINKT SEIN MUSS,
WEIL MAN EINFACH
sprichst oder einer
NUR 20 BILDER MACHEN gewissen Erwar-
MÖCHTE." tung, verdienst du
Instagram-Nutzerin
natürlich
besseres Geld.“
YouTuberin

„Eine starke
eigene Meinung
schmälert
deinen finanziellen „ICH HABE DAS BEI VIELEN
INFLUENCERINNEN
Wert, weil sich dann
GESEHEN, DASS MAN SICH AUF
bestimmte DIE ZEHENSPITZEN STELLT
Firmen nicht UND EIN BEIN VOR DAS ANDERE
TUT. WEIL DIE BEINE DANN
mehr mit dir zeigen
EINFACH VIEL, VIEL SCHLANKER
wollen.“ AUSSEHEN.“

Instagram-Nutzerin
YouTuberin

MALISASTIFTUNG.ORG