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Kathrin Viol · Helmut Schöller

Wolfgang Aichhorn Hrsg.

Selbstorganisation
– ein Paradigma für
die Humanwissen-
schaften
Zu Ehren von Günter Schiepek
und seiner Forschung zu Komplexität
und Dynamik in der Psychologie
Selbstorganisation – ein Paradigma für
die Humanwissenschaften
Kathrin Viol · Helmut Schöller ·
Wolfgang Aichhorn
(Hrsg.)

Selbstorganisation –
ein Paradigma für
die Humanwissen­
schaften
Zu Ehren von Günter Schiepek
und seiner Forschung zu Komplexität
und Dynamik in der Psychologie
Mit einem Geleitwort von
Prof. Dr. Dr. h. c. mult. Hermann Haken
Hrsg.
Kathrin Viol Helmut Schöller
Institut für Synergetik Institut für Synergetik
und Psychotherapieforschung und ­Psycho­therapieforschung
Paracelsus Medizinische Privatuniversität Paracelsus Medizinische Privatuniversität
Universitätsklinik für Psychiatrie, Universitätsklinik für Psychiatrie,
Psycho­therapie und Psychosomatik Psycho­therapie und Psychosomatik
Salzburg, Österreich Salzburg, Österreich

Wolfgang Aichhorn
Institut für Synergetik und
­Psychotherapieforschung ­
Paracelsus Medizinische Privatuniversität
­Universitätsklinik für Psychiatrie,
Psycho­therapie und Psychosomatik
Salzburg, Österreich

ISBN 978-3-658-29905-7 ISBN 978-3-658-29906-4  (eBook)


https://doi.org/10.1007/978-3-658-29906-4

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Widmung V

Widmung
Dieses Buch ist der Person und dem Wirken von Univ.-Prof. Dr. Günter
Schiepek gewidmet. Anlässlich seines 60. Geburtstags fand 2018 in Salz-
burg eine hochkarätige internationale Konferenz statt, bei der viele seiner
Wegbegleiter ihre Arbeit in Forschung und/oder Praxis vorstellten. Dabei
wurde deutlich, wie umfassend und weitreichend der Einfluss von Günter
Schiepek geworden war.
❖ Professor an der Paracelsus Medi-
zinischen Privatuniversität Salzburg
❖ Professor an der Ludwig-
Maximilians-Universität München
❖ Gastprofessor an der Sapienza
Università di Roma
❖ Geschäftsführer des Center for
Complex Systems
❖ Senatsmitglied der Europäischen Aka-
demie der Wissenschaften und Künste
❖ Mitglied der Mind Force Society
❖ Ehrenmitglied der Systemischen
Gesellschaft
❖ Mitglied des wissenschaftlichen
Direktoriums der Deutsch-
Japanischen Gesellschaft für integra-
Univ.-Prof. Dr. tive Wissenschaft
Günter Schiepek
❖ Gastprofessor an der Alpen-Adria-
Universität Klagenfurt und an der
Donau-Universität Krems

Schon während des Studiums der Psychologie stellte Günter Schiepek die
aktuell gültigen Ansätze und Theorien infrage. Sie schienen ihm nur be-
dingt geeignet, den Prozess der Psychotherapie zu erklären: eine Messung
am Anfang der Therapie und eine am Ende, wie in Studien mit Prä-Post-
Design üblich, konnten nichts über die „Black Box“ dazwischen aussagen
– diese war aber ja das eigentlich Interessante und Relevante. Darüber hin-
VI Widmung

aus basierten die statistischen Auswertungen fast ausschließlich auf Ver-


fahren, die auf einem linearen Zusammenhang zwischen den Messgrößen
beruhten. Derartig simple Annahmen, die ja nichts Anderes bedeuten als
„erhöhe x, dann erhöht sich y um soundsoviel Einheiten“, scheinen ange-
sichts der Komplexität der menschlichen Psyche jedoch absurd. War es
nicht vielmehr so, dass die verschiedenen Aspekte wie Emotionen, Kogni-
tionen, Motive, Schemata etc. in komplizierter Wechselwirkung standen,
man also die ganze Psyche als komplexes System mit nichtlinearen Wech-
selwirkungen betrachten muss, wenn man etwas über deren Funktions-
weise bzw. Veränderung während einer Psychotherapie erfahren möchte?
Natürlich! Kaum jemand würde das bezweifeln. Doch fehlte damals der
formale Rahmen, eine Theorie und Methodik, mit der man diese Komple-
xität erfassen und beschreiben konnte. Diese wurden später von Günter
Schiepek und seinen Mitarbeitern entwickelt.
Eine der bemerkenswertesten Eigenschaften von Günter Schiepek ist sein
konsequenter Blick „über den Tellerrand“. Im persönlichen Kontakt beein-
druckt er immer wieder mit seinem fundierten Wissen in den unterschied-
lichsten Bereichen, einschließlich Philosophie und Physik. Letztere war es
schließlich, die ihm das Rüstzeug für die Entwicklung seiner eigenen The-
orie des Psychotherapieprozesses lieferte. Damals erlebte die sog. Chaos-
theorie einen Höhepunkt, und Günter Schiepek erkannte deren Relevanz
für psychologische Prozesse. Er organisierte in Bamberg eine Konferenz
zum Thema und versammelte erstmals Experten aus Physik und Psycholo-
gie, darunter auch Prof. Dr. Dr. h.c. mult. Hermann Haken. Dies war der
Startschuss einer engen Freundschaft und äußerst fruchtbaren Zusammen-
arbeit mit Prof. Haken, die u.a. in einem der Standardwerke der Psycholo-
gie mündete („Synergetik in der Psychologie. Selbstorganisation verstehen
und gestalten“, Haken & Schiepek 2006/2010). Auf 780 Seiten wird dem
Leser nicht nur die mathematisch-formale Grundlage der nichtlinearen Dy-
namik verständlich vermittelt, sondern auch deren Bezug zu (fast) allen
Teilbereichen der Psychologie, die sich mit Veränderungsprozessen befas-
sen, hergestellt – einschließlich Neurowissenschaften, Organisationspsy-
chologie und Philosophie.
Sein Weg führte ihn schließlich von Salzburg, wo er promovierte, über
Bamberg (wo er sich bei Prof. Dr. Reinecker habilitierte), nach Nordrhein-
Widmung VII

Westfalen. Von 1992-1996 hatte er die Vertretung des Lehrstuhls für Kli-
nische Psychologie an der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster
inne, bevor er von 1998 bis 2003 das Forschungsprojekt „Synergetik der
Psychotherapie“ am Universitätsklinikum der RWTH Aachen leitete. Dort
entwickelte er ein Maß zur Erfassung von kritischen Instabilitäten, d.h. er-
höhten Fluktuationen, wie sie vor Ordnungsübergängen typisch sind. Die
sog. Dynamische Komplexität wird seither in den verschiedensten Berei-
chen der Forschung und Praxis verwendet, z.B. in der Vorhersage suizida-
ler Krisen.
Nie in seiner Karriere hat sich Günter Schiepek in den Elfenbeinturm der
Forschung zurückgezogen. Im Gegenteil, es war und ist ihm ein wichtiges
Anliegen, seine Erkenntnisse und Methoden für die Praxis greifbar zu ma-
chen. Dafür entwickelte er zum einen die sog. idiographische Systemmo-
dellierung, eine therapeutische Methode, um gemeinsam mit dem Klienten
die Zusammenhänge seines ganz individuellen psychischen Systems zu er-
kennen und zu veranschaulichen. Seither wird dieser hochwirksame An-
satz auch zur Analyse von Strukturen in Unternehmen verwendet, und
Günter Schiepek lässt es sich nicht nehmen, diese auch selbst immer wie-
der zu praktizieren. Zum anderen bewies er mit dem Synergetischen Navi-
gationssystem (SNS), dass er der Zeit immer einen Schritt voraus ist: vor
über 20 Jahren gestaltete er eine Software, die dem Therapeuten in mehre-
rer Hinsicht hilft, durch den Prozess der Psychotherapie zu navigieren, und
nebenbei die Klienten in Sachen Achtsamkeit schult. Mithilfe des online-
basierten Systems füllen Klienten täglich einen oder mehrere Fragebögen
zu ihrem Fühlen und Erleben im Laufe des Tages aus. Diese können vom
Therapeuten anschaulich als Zeitreihen dargestellt werden, um einen Über-
blick über den Prozess zu erhalten. Zudem stehen eine Vielzahl von Aus-
wertungsmethoden zur Verfügung, u.a. die oben erwähnte dynamische
Komplexität, Recurrence Plots, Komplexitäts-Resonanz-Diagramme, Kor-
relationsmuster-Analysen, Interaktionsmatrizen und klassische Outcome-
Maße. Das SNS bietet dabei sowohl eine einfache Handhabung als auch
flexible Anpassungsmöglichkeiten, so dass es inzwischen aus dem klin-
schen Alltag vieler Kliniken und Praxen nicht mehr wegzudenken ist. Was
heute in der Forschung als Real-Time Monitoring oder Therapie-Feedback
einen Boom erlebt, ist hier schon optimal umgesetzt.
VIII Widmung

Sein unermüdlicher Einsatz für das Konzept der Synergetik auf zahlreichen
Konferenzen sowie die fast unüberschaubare Anzahl von Veröffentlichun-
gen (siehe Publikationsliste am Ende dieses Buches) mündeten schließlich
in die Gründung des Instituts für Synergetik und Psychotherapieforschung
an der Paracelsus Medizinischen Privatuniversität (Universitätsklinikum
für Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik), Salzburg. Dort, so-
wie in einer Vielzahl internationaler Kooperationen, führt Günter Schiepek
inzwischen die Forschung im Bereich Synergetik in der Psychologie fort.
Heute, zu seinem 60. Geburtstag, kann man festhalten, dass es maßgeblich
sein Wirken war, das zu einem Paradigmenwechsel in der Psychologie ge-
führt hat. Danke, dass wir dabei sein dürfen!
Die Herausgeber
Kathrin Viol, Helmut Schöller & Wolfgang Aichhorn

Lieber Günter, natürlich möchten wir an dieser Stelle auch deine Freunde
und Kollegen zu Wort kommen lassen, die fast ausnahmslos unserer An-
frage gefolgt sind, einen Beitrag zu diesem Herausgeberband beizusteuern.
Ihre Werteschätzung ist in jeder Zeile spürbar.
“Lieber Günter, alles Gute zu Deinem 60ten Geburtstag: Die Nichtlineari-
tät von Prozesskomponenten als grundlegendes Prinzip selbsterhaltender
Systeme hast Du stets leidenschaftlich vertreten, Du hast sie gegen den
Mainstream verteidigt, um Phänomene wie Selbstorganisation und
Emergenz zu erklären. Wir haben gelernt zu verstehen, dass kleinste
Schwankungen und Kräfte („Ursachen“) sich in der Rückkopplung verstär-
ken und zu großen Abweichungen, qualitativen Sprüngen, oder auch zu
stabilisierenden Dynamiken führen können. Nichtlinearität ist d i e Basis
für selbstorganisierende Ordnungsbildung. Als Psychoanalytiker stellen
wir uns mit dem dritten Ohr (Th. Reik), mit gleichschwebender Aufmerk-
samkeit (S. Freud) diesen überraschenden Dynamiken. Vielen Dank für die
vielen inspirierenden Begegnungsmomente und die jahrelange Zusammen-
arbeit.“ – Egon Bachler
Widmung IX

„Lieber Günter, der Start unserer Zusammenarbeit geht schon bis in die
90-er Jahre zurück. Ich habe stets bewundert, wie Du Dein persönliches
Forschungsprogramm auf Basis der Synergetik entwickelt und ausgebaut
hast. Dabei waren manche hohe Hürden zu überwinden: das ständige
Kämpfen um Ressourcen (Geld, Mitarbeitende), Missgunst von Kollegen
(Angehörige der dominierenden „scientific communities“, mikropolitische
Intrigen von wissenschaftlichen „Influencern“, wie man heute sagen
würde) und die lange ausstehende Berufung auf den mehr als verdienten
Lehrstuhl. Du hast eine unglaubliche Geduld bewiesen, extreme Ausdauer
und Fokussierung, vor allem die Leidenschaft für Deine Sache, Deine Mis-
sion. Dabei bist Du ein warmherziger Mensch und Freund geblieben, ich
freue mich auf eine neue Phase der Zusammenarbeit und auf unsere ge-
meinsame Ernte.“ – Wolfgang Eberling
“As front-line clinical psychologists working with suicidal individuals for
many years, limitations of existing linear theoretical models and risk as-
sessment procedures were obvious, and it seemed that suicidology was in
a dead-end. This changed when Günter Schiepek was affiliated with our
clinic. His Nonlinear Dynamic Systems (NDS) approach and the related
methodological equipment (SNS) just came in time to bring suicidology
forward, not only in theory, but also in practice. The NDS perspective is
now gaining more attention internationally, and we are happy to say that
one milestone was achieved in Salzburg. This would not have been possi-
ble without Günter Schiepek’s excellence in his field, his open-minded-
ness, collaborative attitude, resistance to destructive order parameters, and
the intrinsic motivation that was so much inspiring. We are thankful for
collaborating with him.“ – Clemens Fartacek & Martin Plöderl
“The first time I met Günter was following a presentation of mine on dy-
namic systems and psychotherapy, I was less than 25 years old. He shook
my hand and introduced himself simply: “My name is Günter Schiepek.”
“I know, I read all your papers”, I replied. And smiling he blushed. Now
we have been working together for years on good and poor psychothera-
peutic networks. Günter is Visiting Professor at Sapienza University of
Rome, and together with Wolfgang Tschacher and Franco Orsucci we have
founded a special research section on psychotherapy and complexity sci-
X Widmung

ence within the International Society for Psychotherapy Research with al-
most 100 active colleagues. The application of the principles of dynamic
systems to psychotherapy will be the most fertile research line of the next
20 years and Günter Schiepek is one of its most important pioneers.” –
Giulio de Felice
“Günter Schiepek is one of the most innovative pioneers in mapping, con-
ceptualizing and monitoring complex change dynamics in psychotherapy.
He is a very important persistent thinker and creative stimulator for science
and practice. His work is years ahead of time!” – Christoph Flückiger
“Günter's vision for a nonlinear psychotherapy based on Synergetics, com-
bined with his persistence and mirthful nature, has already inspired a new
generation of clinical psychologists. His work brings clarity and perspec-
tive to our understanding of a wide range of self-organizing psychological
phenomena.” – Stephen Guastello
“For more than two decades Günter Schiepek has been a pioneer, bringing
concepts and methods from Synergetics and dynamical systems theory to
the study of change in psychotherapy. His interdisciplinary collaboration
with physicist Hermann Haken has brought a rich theoretical and method-
ological tradition to clinical psychology. In many ways, Günter was ahead
of his time in the era of the randomized controlled trial and the focus on
treatment outcomes rather than on the dynamics of therapeutic change. He
has worked tirelessly to develop the Synergetic Navigation System (SNS),
which provides a tool for visualizing and analyzing stability and change
dynamics for a given person. The SNS is not only a research tool, but it
also brings the science of self-organization directly to therapists and clients
to enhance case conceptualization and provide interactive feedback over
the course of therapy. Günter has persisted over the years, and the field is
finally ready. The tipping point has been reached. His theoretical writings
and analytic tools are breaking into the mainstream, as the field has realized
the shortcomings of the linear, pre-post assumptions of previous psycho-
therapy research. Exciting advances will continue to come with the sophis-
ticated theoretical and mathematical tools that Professor Schiepek has
brought to the field.” – Adele Hayes
Widmung XI

„Meinem Freund Günter Schiepek möchte ich an dieser Stelle ganz herz-
lich danken für die gemeinsamen geistigen Abenteuer über viele Jahre! Ein
Abenteuer ist freilich der Geist selbst, und zwar sowohl als Ereignis inner-
halb der Evolution des Lebens als auch für jeden einzelnen Menschen.“
– Uwe an der Heiden
„Meine erste Begegnung mit Günter Schiepek war im Jahre 2002. Damals
konnte ich ihn als Redner in einem Symposium über Selbstorganisation
gewinnen, das ich mit zwei Kollegen organisiert hatte. Seine Ideen über
kritische Fluktuationen haben viele Aspekte meiner wissenschaftlichen
Arbeit seitdem geprägt. Danach hatten wir uns etwas aus den Augen ver-
loren und erst im März 2015 am Rande einer Doktorprüfung in Marseille
wiedergetroffen. Seitdem darf ich Teil seiner großartigen Unternehmung
sein, die Dynamik von Psychotherapien mathematisch zu modellieren und
mit dem Methodeninventar der nichtlinearen Dynamik zu analysieren.
Dies ist ein schöner Ort, um zu sagen: Vielen Dank, Günter!" – Marc-
Thorsten Hütt
„Lieber Günter, ich war sehr enttäuscht, dass ich kurzfristig nicht an Deiner
Geburtstagsveranstaltung in Salzburg teilnehmen konnte. Daher freue ich
mich umso mehr, einen kleinen Beitrag in diesem Herausgeberband zu
Deinem Geburtstag machen zu können. Es war mir insbesondere wichtig,
unsere vielen Gespräche über Selbstorganisation, Synergetik, Hirn-
dynamik und Psychotherapie integrieren zu können. Ich möchte Dir herz-
lichst danken für die Jahre der Zusammenarbeit und Freundschaft, und
freue mich schon auf die zukünftigen Entdeckungen im Bereich der funk-
tionalen Konnektivität und Psychotherapie.“ – Viktor Jirsa
„Wir hoffen, mit unserem Beitrag dem Geist gerecht geworden zu sein, der
unserem Erleben nach die Zusammenarbeit mit Dir, lieber Günter, prägt.
Dieser Geist umfasst aus unserer Sicht Neugierde, Lust an Komplexität
und Widersprüchen, die kritische Auseinandersetzung mit Dogmen,
Freude am Verstehen des zunächst Unverständlichen sowie nicht zuletzt
Humor und Zuversicht auch angesichts des oft Schweren. Wir wollen ihn
uns noch lange erhalten und freuen uns auf die gemeinsame Zukunft. Für
Deine Arbeit unsere höchste Anerkennung.“ – Leonhard Kratzer & Peter
Heinz
XII Widmung

„Lieber Günter, beim Verfassen dieser Zeilen hatte ich die vielen (hoffent-
lich auch gegenseitig) befruchtenden Begegnungen mit Dir vor Augen.
Von Thich Nhat Hanh stammt der Ausspruch: „Die eigene Präsenz ist das
schönste Geschenk, das ein Mensch einem anderen machen kann“ (zitiert
nach Harrer und Weiss 2016, S. 60). In diesem Sinne danke ich Dir für
Deine Präsenz, die ich bei all den Begegnungen mit Dir in den letzten 10
Jahren erleben dürfte: für Deine Präsenz als Mensch, als Wissenschaftler,
manchmal auch als Therapeut und sicher auch als Freund. Herzlichen
Dank.” – Helmut Kronberger
„Lieber Günter, ein wahrer Pionier auf seinem Gebiet und ein Pfundskerl
den man einfach liebhaben muss! Ich weiß noch genau, wie ich als junger
PhD Student deine Artikel gelesen habe. Damals arbeitete ich noch in ei-
nem anderen Themenbereich, aber auch basierend auf der Theorie dyna-
mischer Systeme. Das war der Link und ich war damals schon begeistert
von Deiner Arbeit. Viele Jahre später und inzwischen selbst interessiert an
Therapieprozessen habe ich mich wieder an Dich erinnert und Dich einge-
laden zu einem internationalen Symposium ‚General Principles of Clinical
Change‘. Wir haben direkt mehr als eine Stunde ein sehr inspirierendes
Telefongespräch geführt und es war der Start einer wunderbaren und sehr
fruchtbaren Zusammenarbeit. Günter, ich und mein Team hier in Nijmegen
schätzen Dich sehr, für die freundliche, offene, neugierige und chaotische
Person die du bist, für die langen inspirierenden und geselligen Gespräche
und Abende, die wir verbracht haben, und für die tolle Zusammenarbeit
und die Möglichkeiten die Du uns geboten hast. Auf viele weitere Jahre –
alles Liebe & Gute zu Deinem Geburtstag!“ - Anna Lichtwarck-Aschoff &
Nijmegenaren (Merlijn, Fred, Maarten, Marieke, Maartje)
“It is always an utmost pleasure working with Professor Günter Schiepek.
He has opened my eyes to the complexities in life and to new and breath-
takingly different ideas. His take on psychotherapy is refreshing and opens
the door for many years of research into the signals and noises produced
by the human being. His work is essential and neccesary to keep updated
on and he is a true pioneer within interdisciplinary and transdisciplinary
work. We want to thank him for sharing his passion with us and for inspir-
ing us to apply new and groundbreaking methods in the investigation of
adult development!” – Marlene Skovgaard Lyby
Widmung XIII

„Die Synergetik ist sicher nur ein Teil im mathematischen Reich der kom-
plexen dynamischen Systeme. Bewundernswert ist Günters unerschütterli-
cher Einsatz seit vielen Jahren für Ihre Anwendung in der Psychologie. Bei
aller Abstraktheit ihrer Begrifflichkeit bleibt Günter ein empathischer
Therapeut, Kollege und Freund, worauf es am Ende in seiner Berufspraxis
ankommt. Ad multos annos.“ – Klaus Mainzer
„Ich kenne Günter Schiepek seit Anfang er 1990er Jahre, als ich mein Psy-
chologiestudium in Münster begann. Er war vom ersten Moment an die
große ‚Entdeckung‘ meines Studiums. Man fragt sich im Kontext seiner 60
Jahre, von denen er knapp 30 Jahre meiner Jahre sehr positiv mitbestimmt
hat, was habe ich von ihm gelernt? Man kann es eigentlich in wenigen
Worten zusammenfassen: Alles ist Konnektivität, Konnektivität ist alles.
Alles ist in einem nichtlinearen, multikausalen, dynamischen, komplexen
Zusammenhang miteinander verbunden und aufeinander bezogen. Alles ist
in Relation miteinander, auch wir Menschen, oder wie Martin Buber sagte:
‚Der Mensch wird am Du zum Ich.‘ Wir brauchen die Beziehung zu ande-
ren, wir sind in einem unsichtbaren Netzwerk von Beziehungen verfloch-
ten, die uns bestimmen und ausmachen. So begann die Entdeckungsreise
meines Studiums mit einem neuen Paradigma in der Psychologie, das in
integrativer Weise das noch frische Paradigma der Systemwissenschaften
mit Elementen der Philosophie, Mathematik, Medizin, insbesondere der
Neurophysiologie, der Chaostheorie und der Synergetik anreicherte. Plötz-
lich fühlte ich mich nicht mehr nur wie in einem Spezialisten-Psychologie-
studium, sondern in einem Studium universale, wie es in der europäischen
Tradition der septem artes liberales die längste Zeit üblich gewesen war.
Karl der Große hatte um das Jahr 800 die ‚sieben freien Künste‘ wiederbe-
lebt und zum Grundstock des europäischen Wissenschaftsbetriebs ge-
macht. Spezialisierung und Integration waren gleichermaßen Ziel dieser
Ausbildung. Nichts ist einfach nur einfach, sondern hochgradig komplex
einfach.“ – Hans Menning
„Lieber Günter, als ich vor Jahren bei einem Vortrag und Workshop Deine
Arbeit und Dein Engagement kennenlernte, wurde mir bewusst, dass sich
darin viele zuvor diffusen Fragen und Ahnungen schlagartig konkretisier-
ten. Meine Arbeit hat seitdem durch die Programme, Modelle und Syste-
matiken, die Du entwickelt hast, eine neue formgebende Struktur erhalten,
XIV Widmung

die es mir erlaubt, mich dem, um das es im Kern geht, noch wirksamer zu
widmen: Der Begegnung mit den Menschen, die zu mir in die Therapie
kommen, mit dem Ziel des gemeinsamen Lernens mit- und aneinander
über Möglichkeiten der individuellen Gesundheitsförderung. Gleichzeitig
habe ich Werkzeuge erhalten, diese nun anders abbildbaren Prozesse in den
wissenschaftlichen Diskurs einzubringen, der insb. in der Medizin an den
Versuchen, den Menschen zu vereinfachen und auf unbelebte und unbe-
seelte Prozesse zu reduzieren, erkrankt ist. So impulsiert Deine unermüd-
liche Arbeit mein Arbeiten immer wieder aufs Neue und mit diesen Zeilen
möchte ich diese sonst leise mitschwingende Dankbarkeit und Achtung
zum Ausdruck bringen. Ich freue mich sehr auf die nächsten 10 Jahre der
Zusammenarbeit bis zu Deinem nächsten runden Geburtstag und bin ge-
spannt, welche individuellen und kollektiven Ordnungsübergänge wir bis
dahin erleben werden!“ – Rosa Michaelis
“In my life I have been fortunate to be able to work alongside some great
men and women. One of them is Günter Schiepek, who again and again
invites me to look to the inspiring horizons of interdisciplinary and trans-
disciplinary thought that many times I can hardly grasp. I find appropriate
Jean Piaget's description of the great man to depict Günter and his work:
‘The great man who at any time seems to be launching some new line of
thought is simply the point of intersection or synthesis of ideas which have
been elaborated by a continuous process of cooperation, and, even if he is
opposed to current opinions, he represents a response to underlying needs
which arise outside himself” (Piaget 1971: 368).“ – Miran Možina
„Ich erinnere mich an eine Diskussion mit Dir, bei einem oder auch meh-
reren Bieren, spätabends in einer netten Gastronomie, im Rahmen eines
Kongresses oder einer Konferenz in Heidelberg in den Nullerjahren. Wir
tauschten uns aus über mögliche Gründe dafür, dass die von Dir in Vorträ-
gen gerne präsentierten Bifurkationsdigramme, graphischen Verläufe cha-
otischer Dynamiken oder Illustrationen von Attraktoren regelmäßig oszil-
lierender Zeitreihen bei manchen der zuhörenden systemischen Prakti-
kerInnen wenig „Anschlußfähigkeit“ zu erzeugen scheint. In dieser Dis-
kussion war ich beeindruckt davon, wie wenig Dich „schwache Argu-
mente“ (von denen ich einige, wie ich im Nachhinein feststellen mußte,
Widmung XV

„zurechtkonstruierte“) beeindrucken und wie klar und feste Du argumen-


tiertest, weshalb die von Dir vertretenen synergetisch-komplexitätswissen-
schaftlichen Sichtweisen überzeugend sind. Diesen Überzeugungen bist
Du immer treu geblieben, trotz manchem Gegenwind aus der Mainstream-
Psychologie und auch aus der „systemischen Szene“. Aktuell wird (wieder
einmal) verstärkt die Vision einer „allgemeinen Psychotherapie“ jenseits
von Verfahrensvertiefung und Schulenanhaftung diskutiert – und dies trotz
gerade erst in Deutschland stattgefunden habender sozialrechtlicher Aner-
kennung des Verfahrens (sic!) Systemischer Psychotherapie für Erwach-
sene! (Aber solche Paradoxien und Antagonismen sind für SystemikerIn-
nen ja keine Überraschung, sondern erwartbar! Denn selbige wissen: hete-
rogene Elemente, Heterogenität, ist der „Stoff“, aus dem Systeme gemacht
sind, und sie nutzen die Binnenspannung widerläufiger Impulse, quasi als
„Sprit“, zur selbstorganisierten Veränderung.) Das von Hermann Haken
und Dir entwickelte synergetische Modell der generischen Prinzipien ist
m.E. einer der überzeugendsten, elegantesten und „coolsten“ Kandidaten
für eine solche schulenübergreifende Meta-Theorie von Psychotherapie:
diesen Erfolg würde ich Dir sehr wünschen!“ – Matthias Ochs
“Guenter has the creative vision and scientific determination to produce
amazing advancements in clinical psychology. It is just as in a passage in
TS Eliot Four Quartets: ‘We shall not cease from exploration / And the end
of all our exploring / Will be to arrive where we started / And know the
place for the first time’.” – Franco Orsucci
“The scientific world owes Günter Schiepek to have envisioned and pio-
neered potentials of Synergetics not only for his own scientific turf, psy-
chology, but for life science as a whole. Tirelessly he hammered away at
the necessity to encompass the complexity of life by using complex
measures. In Günter Schiepek’s 2013 Neurobiology of Psychotherapy, we
were given first opportunity to lay out our ideas and interpretation on
rhythms in life. Much of our contributions ever since are therefore an out-
flow of Günter Schiepek’s trailblazing works across scientific disciplines.”
– Birol Çotuk, Gero Müller, Holger Pelz, Deniz Duru & Volker Perlitz
XVI Widmung

„Ein Wort direkt und persönlich zu Dir, lieber Günter: Ich gratuliere Dir
ganz herzlich nicht nur zu Deinem 60, sondern zu Deinem unermüdlichen
Schaffen von Bedingungen für die Etablierung der Selbstorganisation in
den Humanwissenschaften. Dies in guter Erinnerung an unsere Begegnun-
gen als „Therapeut und Forscher“, aber auch an die persönlichen, auch an-
lässlich meines 60. vor fast 10 Jahren. Verbunden mit dem Wunsch, dass
wir uns, sozusagen mit Duncan und Millers „heart and soul of change“ im
Gepäck, noch lange in einem inspirierenden, heiteren und kritischen, v.a.
aber freundschaftlich geführten Dialog erhalten bleiben.“ – Martin Rufer
„Unsere individuelle Lebenswirklichkeit wird durch vielfältige Einflüsse
aus den Bereichen der Natur, der Technik und der sozialen Umwelt, der
Genetik sowie der biografischen Entwicklung mitbestimmt. In der psy-
chotherapeutischen Forschung wird oft versucht, diese komplexen in-
nerpsychischen und äußeren Vorgänge nach dem Prinzip der Einfachstruk-
tur mit simplen Ursache-Wirkungsmodellen abzubilden. Das wird aber der
Realität kaum gerecht. Menschliche Einstellungen und menschliches Ver-
halten entwickeln sich in aller Regel nicht linear. Sie sind die Endstrecke
vieler Einflussgrößen. Deswegen ist Psychotherapie, die diese Einflüsse
üblicherweise individuell erfasst, der schon lang praktizierte Prototyp einer
‚individualisierten Medizin‘. Günter Schiepek ist einer der wenigen For-
scher, der sich dieser Komplexität durch Entwicklung von Prozesstheorien
stellt und konsequent daraus praktizierbare Modelle des therapeutischen
Handelns entwickelt. Dafür gebührt ihm höchster Respekt! Erstens wegen
seiner großen wissenschaftlichen Lebens-Leistung. Zweitens wegen sei-
nes unermüdlichen Einsatzes für die Beschreibung und Ergründung kom-
plexer Zusammenhänge. Drittens, weil er stets unbeirrt Vorurteilen entge-
gentritt. Viertens, weil er so gerne nachdenkt. Und fünftens, weil er immer
bodenständig und ein bezogener Mensch ist. Solche Wissenschaftler
braucht die Welt!“ – Isa Sammet
„Lieber Günter, nachdem wir länger keinen Kontakt mehr gehabt hatten,
habe ich mich sehr über die Einladung zu deinem Geburtstagssymposium
gefreut und war beeindruckt zu sehen, wie konsequent du die Ideen, zu
deren frühen Formulierungen ich in den 1990er Jahren beitragen durfte,
Widmung XVII

weiterverfolgt hast. Ich freue mich, dass diese Ideen inzwischen auch rei-
che Früchte tragen und wünsche dir noch viele weitere kreative Jahre.“
– Wolfgang Schoppek
„Lieber Günter, ich wünsche Dir alles Gute zu Deinem 60. Geburtstag!
Wir können die Zeit nicht aufhalten, aber wir können die Erinnerung be-
wahren. Ich kann mich noch deutlich an unser erstes Treffen im Jahr 2000
auf dem Monte Verità erinnern. Ich wollte die Systemtheorie lernen und
Du halfst mir dabei in Deiner so offenen, unkomplizierten und freundli-
chen Art. Wie ein Kind, träumerisch, in Raum und Zeit wandernd und dann
wieder so klar und unbeirrt, Deine Ziele realisierend. C. G. Jung meint,
dass das Unbewusste keine Zeit kennt und die Freiheit während des Träu-
mens zeitlos ist. Das Bewusste hingegen braucht die Ordnung der Zeit, da-
mit man sich orientieren und zielgerichtet handeln kann. Lieber Günter, ich
wünsche Dir für die kommenden Jahre, dass Du Dein Kind in Dir bewahrst
und Deine wunderbaren Träume weiterhin so erfolgreich umsetzt wie bis-
her!“ – Christian Schubert
“It is said that organisms have to strike a balance between being open (to
nourish from the environment) and being closed (to uphold an identity) for
them to stay alive. If that is so, few researchers are as vivid as Günter
Schiepek! He is living proof that being at the forefront in one’s own field
does not have to come at the expense of precluding an interest in what goes
on in neighbouring fields. In our project on the Ecology of Psychotherapy:
Integrating Cognition, Language, and Emotion (EPICLE), Günter became
a key collaborator. While Günter provided us with insights from integrative
psychotherapy and non-linear systems theory, he also retained an everlast-
ing curiosity about the linguistic and interactional methods of our research
team. Günter embodies the academic values of caring and sharing, and we
are grateful for our collaboration based on these values!” – Sune Vork
Steffensen & the EPICLE team
„Lieber Günter, bei Deiner Antrittsvorlesung in Münster hast Du uns Stu-
dierenden von Deinen Plänen für eine psychotherapeutische Chaosfor-
schung erzählt. Das war Anfang 1992. Eine Woche später war ich Dein
Mitarbeiter und habe Software für das Projekt geschrieben. Unzählige
Male haben wir im Cafe Malik gesessen und uns eine systemische, eine
synergetische Psychologie ausgemalt. Es war eine wilde Zeit damals und
XVIII Widmung

alle guten Ideen haben wir gesammelt in einem ‚Schatzkästchen‘. Und wir
hatten viele gute Ideen! Wild ging es dann weiter mit unserem gemeinsa-
men Forschungsinstitut für Systemwissenschaften (FIS) in München, Dei-
nen und meinem Antrag für die Systemische Therapie in Deutschland und
unseren gemeinsamen Büchern. In den fast dreißig Jahren unserer Zusam-
menarbeit haben wir viele Ideen aus dem ‚Schatzkästchen‘ verwirklicht.
Aber es bleibt noch immer viel zu tun. Darauf freue ich mich!“ – Guido
Strunk
„Lieber Günter, alles Gute zum 60. Geburtstag. Es war schön, an Deinem
Geburtstags-Symposium so viele Menschen zu sehen, die Deine Arbeit
würdigen. Sehr froh schaue ich auf die 1980er Jahre zurück, als wir uns
über Deine ersten Publikationen kennenlernten, und wo ich Einblick in die
schwierige Struktur in Bamberg bekam – da die orthodoxe VT und dort die
innovative Systempsychologie und Du dazwischen! Deinen Weg bis heute
habe ich immer mit großem Interesse und Teilnahme verfolgt – er war
wahrlich mit vielen Inhibitoren, Supressoren, Repressoren und Repelloren
und nur wenigen Fazilitatoren versehen. Du weisst was ich meine! Schön,
dass Du nun zu guten Zeiten noch Dein Lebenswerk einer praktikablen und
wissenschaftlich exzellenten klinischen Systempsychologie betrachten
und weiterführen kannst und bereits jetzt eine große, dankbare und aktive
Scientific Community hinter Dir hast. Alles Gute fürs Weitere, Dein Werk
dient auch mir als besonders positives Beispiel bei Systemskeptikern!“
– Felix Tretter
„Dir, lieber Günter, möchte ich meinen Dank aussprechen für Deine Inspi-
ration und Deine intellektuellen Stimuli. Es berührt und beeindruckt mich
immer wieder, mit welcher Offenheit und wie unprätentiös Du auf Men-
schen zugehst, und mit welcher Begeisterung Du Dein immenses Wissen
teilst und Deiner Berufung nachgehst. In jeder Begegnung wird klar, dass
das, was Du tust, eben weit mehr als ein Beruf ist, und auch, dass es Dir
darum geht, die Sache und nicht Dich selbst ins Zentrum zu stellen. Wie
erfrischend das ist! Vielleicht ist gerade der Umgang mit dem Thema Kom-
plexität etwas, das eine gewisse Demut und Bescheidenheit fordert, zeigt
er doch auf, wie wenig Kontrolle wir letztendlich über den Fluss der Dinge
haben. Es ist mir eine große Ehre, dass ich zu diesem Buch einen kleinen
Widmung XIX

Beitrag leisten durfte. Ich wünsche Dir für Deine Zukunft alles Gute, Er-
füllung und Gesundheit, und dass Du noch lange Deine Spuren hinterlassen
und Menschen mit Deiner Arbeit berühren mögest!“ – Marion Walz
Hermann Haken XXI

Geleitwort
Hermann Haken

Ich erinnere mich noch gut an die erste Tagung von Günter Schiepek,
Ewald Brunner und Wolfgang Tschacher in Bamberg im Jahr 1990. Dort
klagte mir ein Psychotherapeut „sein Leid“. Immer wenn seine Therapien
erfolgreich waren, meinten seine KlientInnen, dass sie dies alleine ge-
schafft hätten. Ich sagte ihm, dass dies gerade sein besonderer Erfolg sei.
Es war ihm gelungen, durch seine Hilfestellung seine PatientInnen zur Hei-
lung durch Selbstorganisation zu bringen.
Was ist Selbstorganisation? Es benennt die spontane Entstehung von Ord-
nung in einem materiellen oder geistigen System ohne einen ordnenden
Eingriff von außen. Das Konzept lässt sich bis in die Antike verfolgen,
später befassten sich Philosophen wie Kant und Schelling damit. In den
letzten beiden Jahrhunderten quälte die Frage der spontanen Entstehung
von Ordnung besonders die Physiker. Nach dem zweiten Hauptsatz der
Thermodynamik sollte (in einem abgeschlossenen System) die Entropie –
gleichzeitig ein Maß für Unordnung – immer mehr ansteigen! Als Ausweg
schlug der berühmte Physiker Erwin Schrödinger vor, dass dem System
von außen „Negentropie“ zugeführt und damit Ordnung geschaffen wird.
Der Physikochemiker Ilya Prigogine griff diesen Faden auf und machte die
Rolle der thermodynamischen Entropie zu seinem zentralen Forschungs-
thema. Wie wir inzwischen wissen, war dieser Weg nicht zielführend, wohl
aber war die Bezugnahme auf experimentell gefundene spontane Struktur-
bildung bei chemischen Reaktionen und in Flüssigkeiten wichtig. Das Phä-
nomen der Selbstorganisation war nun ein mathematisch-naturwissen-
schaftliches Thema. Auf dieses war ich – von der Laserphysik herkom-
mend – gestoßen: Wie entsteht aus dem ungeordneten Licht einer normalen
Lampe das hochgeordnete Laserlicht? Die Beantwortung dieser Frage be-
scherte uns zwei Einsichten: Selbstorganisation ist in offenen Systemen
möglich, z.B. durch ständige Energiezufuhr von außen. Und der Übergang
Lampe/Laser hat eine verblüffende formale Ähnlichkeit mit Phasenüber-
gängen, etwa das Gefrieren von Wasser zu Eis oder die Entstehung des
Ferromagnetismus.
XXII Geleitwort

Ich vermutete, dass derartige spontane Übergänge von Unordnung zu Ord-


nung in den verschiedensten Disziplinen auftreten und schlug vor, diese
systematisch fachübergreifend theoretisch und experimentell zu behan-
deln. Ich nannte dieses Gebiet „Synergetik – die Lehre vom Zusammen-
wirken“. Dabei kam es mir darauf an, nach allgemein gültigen Prinzipien
zu suchen – unabhängig vom materiellen oder geistigen „Substrat“, auf
dem sich diese Prozesse abspielen. Wesentlich war dabei der Begriff des
„Ordners“ (im Englischen „order parameter“). Ordner beschreiben den
makroskopischen Zustand eines Systems und regulieren („versklaven“ als
terminus technicus) das Verhalten der Teile eines Systems. Umgekehrt
kommt ein Ordner durch das „synergetische“ Verhalten der Teile erst zu-
stande („zirkuläre Kausalität“).
Wie sich zeigen ließ, kann in vielen Fällen das Verhalten eines komplexen
Systems auf das Verhalten weniger Ordner zurückgeführt werden. Ein
schönes Beispiel für einen Ordner ist die Sprache eines Volkes. In vielen
Fällen lässt sich das Entstehen und Verhalten von Ordnern indirekt durch
Änderungen äußerer Bedingungen, z.B. die Energiezufuhr in physikali-
schen Systemen, beeinflussen. Mit dem Konzept der Synergetik und ihrer
mathematischen Methoden war zwar ein Rahmen zur Behandlung des Phä-
nomens der Selbstorganisation geschaffen – sie dann aber auf konkrete
Probleme wie die komplexen Fragestellungen der Psychologie und Psy-
chotherapie anzuwenden und gegebenenfalls weiterzuentwickeln, ist eine
besondere Herausforderung. Ich war und bin immer wieder beeindruckt,
wie sich Forscher und Praktiker dieser stellten – zu ihnen gehörten neben
den eingangs genannten auch Jürgen Kriz und eine Reihe anderer.
Günter Schiepek hat die Synergetik zum Thema seines Schaffens gemacht,
was er nicht nur mit der Benennung seiner Wirkungsstätte dokumentierte
(Institut für Synergetik und Psychotherapieforschung an der Paracelsus
Medizinischen Privatuniversität Salzburg), sondern dazu auch grundle-
gende Beiträge lieferte – sei es durch sein richtungsweisendes Konzept des
Prozessmonitorings mit dem Synergetischen Navigationssystem (SNS),
seine detaillierten Grundlagen- und praxisorientierten Studien sowohl im
Bereich der Psychologie als auch der Neurowissenschaften oder auch seine
tiefschürfenden Modellbildungen psychotherapeutischer Prozesse mit bis
zu fünf Indikatoren (im Sprachgebrauch der Synergetik: Ordnern). Diese
Hermann Haken XXIII

führte ihn zu Anwendungen der Chaostheorie mit ihrem Konzept der selt-
samen Attraktoren. Die Chaostheorie befasst sich mit dem Verhalten we-
niger Variablen (in der Regel drei). Sie baut damit auf der Erkenntnis der
Synergetik auf, dass das Verhalten selbst komplexer Systeme sich mit we-
nigen Ordnern beschreiben lässt. Während meine Arbeitsgruppe, von we-
nigen Ausnahmen abgesehen, sich mit einfachen Attraktoren (wie Fix-
punkte, Grenzzyklen und Tori) befasste, dringt die Chaosforschung mit
den ihr eigenen Konzepten in die verwickelten Erscheinungen chaotischer
Attraktoren vor. Neben den Arbeiten von Günter Schiepek seien beispiel-
haft die tiefgreifenden EEG-Analysen meines früheren Mitarbeiters (und
jetzigen Direktors am Institut de Neurosciences des Systèmes, Aix-Mar-
seille Université) Viktor Jirsa genannt.
Die richtungsweisende Ausstrahlung, die Günter Schiepek auf das Gebiet
der Psychologie, Psychiatrie und Psychotherapie hatte und hat, spiegelt
sich in diesem Festband wider, den seine Freunde, Kollegen und Schüler
eindrucksvoll aus Anlass seines 60. Geburtstags basierend auf der gleich-
namigen Tagung in Salzburg im Jahr 2018 herausgeben. Ich schließe mich
deren Glückwünschen von ganzem Herzen an.
Inhaltsverzeichnis XXV

Inhaltsverzeichnis
Einleitung
H. Schöller .............................................................................................1

TEIL I: Konzeptuelle & theoretische Grundlagen


Systemische Psychologie – eine allgemeine Systemtheorie für die
Psychologie
G. Strunk ............................................................................................. 17
Selbstorganisation – Von der nichtlinearen Dynamik komplexer
Systeme zur Künstlichen Intelligenz
K. Mainzer........................................................................................... 31
Selbstorganisation in sozialen Systemen
H. Menning.......................................................................................... 49
Systempsychologie und die Strukturen der Selbstorganisation
psychischer Zustände und Prozesse
F. Tretter ............................................................................................. 63
Structured Flows on Manifolds as guiding concepts in brain science
V. Jirsa ................................................................................................ 89
Psychotherapeutic self-organization in the healing, biomedical and
biopsychosocial model – An evidence-based practice perspective
C. Flückiger, A. Vîslă, & J. Held.........................................................103
Early warning signs in complex systems: the study of transitions in
psychotherapy
A. Hayes & L.Andrews........................................................................113
Self-organization, human resilience and psychotherapy
D. Pincus............................................................................................133
Towards the integration of semiotic and physiological dynamics:
from nonlinear dynamics to quantum fields
F. Orsucci ..........................................................................................153
Self-organization in the clinical practice of psychotherapists
G. de Felice & A. Giuliani ..................................................................177
XXVI Inhaltsverzeichnis

Selbstorganisation in Netzwerken – von den Neurowissenschaften


zur Systembiologie
M.-T. Hütt...........................................................................................197
Challenges for using coordination-based measures to augment
collaborative social interactions
T. Wiltshire, S. Steffensen, & A. Likens ...............................................215
The Slovenian story about self-organization and cooperation
M. Možina ..........................................................................................231
Die Selbstorganisation des Geistes
U. an der Heiden ................................................................................259
TEIL II: Forschung & Methodik
Measures of microgenetic changes in emotion regulation strategies
across life transitions
M. Lyby, S. Wallot, & M. Mehlsen.......................................................287
Psychological dynamics are complex: a comparison of scaling,
variance, and dynamic complexity in simulated and observed data
M. Olthof, F. Hasselman, M. Wijnants, & A. Lichtwarck-Aschoff ........303
The effect of cooperation and competition dynamics on autonomic
synchrony in teams
S. Guastello, C. Palmer, D. Marra, & A. Peressini ..............................317
Zur Relation von kognitiven und dyadischen Systemen – eine
explorative, iterative Zeitreihen-Fragebogenstudie mittels Mixed
Methods Design mit deskriptiver Statistik
M. Ochs ..............................................................................................333
Epilepsy: a window to the investigation of mind-brain interaction
R. Michaelis .......................................................................................373
Synergetic brainstem consensualization at the 0.15 Hz intermediary
rhythm is the genuine marker of the trophotropic state
H. B. Cotuk, G. Müller, H. Pelz, A. D. Duru, & V. Perlitz ...................389
Zur Synergetik des systemischen Lupus Erythematodes
C. Schubert .........................................................................................403
Inhaltsverzeichnis XXVII

Tut denken weh? Überlegungen zur Ökonomietendenz beim


komplexen Problemlösen
W. Schoppek .......................................................................................423

TEIL III: Praxis & Anwendungen


„Therapieschulen? Da bin ich nicht dogmatisch!“ Argumente für
eine prozessorientierte Allgemeine Psychotherapie
I. Sammet............................................................................................441
Prozessmonitoring und Feedback in der Psychotraumatologie:
Hintergründe und Anwendung
L. Kratzer & P. Heinz .........................................................................451
The suicidal process: a nonlinear dynamic perspective
C. Fartacek & M. Plöderl ...................................................................467
Szenen der Begegnung: Psychodramatische Aspekte der
Selbstorganisation in der Stationären Psychotherapie
H. Kronberger ....................................................................................477
Wirkfaktoren und Prozessfeedback in der Psychotherapie –
Erfahrungen eines Psychoanalytikers
E. Bachler ..........................................................................................491
Komplex und einfach – geht das zusammen?
M. Rufer .............................................................................................511
Das integrative Heidelberger Prozessmodell für Beratung - Umgang
mit Komplexität und Unsicherheit
C. Schiersmann...................................................................................519
Selbstorganisation im Kontext von Unternehmensführung und
organisationalen Veränderungsprozessen
M. Walz ..............................................................................................543
Die Generische Prinzipien als Roadmap für agile Teams und agile
Organisationen – Selbstorganisiertes Arbeiten mit agilen
Frameworks neu erklären und gestalten
W. Eberling ........................................................................................565
Publikationsliste
G. Schiepek.........................................................................................583
Autorenverzeichnis XXIX

Autorenverzeichnis

Aichhorn, Univ.-Prof. Dr. Flückiger, Prof. Dr. Christoph,


Wolfgang, Paracelsus Medical PhD, SwissBPP, University of
University, University Hospital Zurich, Switzerland
for Psychiatry, Psychotherapy Giuliani, Prof. Dr. Alessandro,
and Psychosomatics, Salzburg, Istituto Superiore di Sanità,
Austria Rome, Italy
an der Heiden, Prof. Dr. Wulf- Guastello, Prof. Dr. Stephen J.,
Uwe, Universität Witten/Herd- Marquette University, Milwau-
ecke, Witten, Germany kee, WI, USA
Andrews, Leigh, M.A., Univer- Haken, Prof. Dr. Dr. h.c. mult.
sity of Delaware, Newark, USA Hermann, University of
Bachler, DDr. Egon, Traun- Stuttgart, Germany
stein, Germany Hasselman, Dr. Fred, Radboud
Çotuk, Prof. Dr. Birol, Marmara University, Nijmegen, Nether-
University, Istanbul, Turkey lands
de Felice, Dr. Giulio, Sapienza Hayes, Prof. Dr. Adele M., Uni-
University of Rome, Italy & versity of Delaware, Newark,
NCU University, London, Great USA
Britain. Held, Dr. Judith, University
Duru, Ass. Prof. Dr. Deniz A., Zurich, Switzerland
Marmara University, Istanbul, Heinz, Dr. med. Peter, Klinik
Turkey St. Irmingard, Prien am
Eberling, Prof. Dr. Wolfgang J., Chiemsee, Germany
University of Applied Sciences, Hütt, Prof. Dr. Marc-Thorsten,
Olten, Switzerland Jacobs University Bremen, Ger-
Fartacek, Dr. Clemens, Paracel- many
sus Medical University, Salz-
burg, Austria
XXX Autorenverzeichnis

Jirsa, Prof. Dr. Viktor, Aix Menning, Dr. Hans, Zürich,


Marseille Université, INSERM Switzerland
Institut de Neurosciences des
Michaelis, Dr. Rosa, Gemein-
Systèmes, Marseille, France
schaftskrankenhaus Herdecke,
Kratzer, Dr. Leonhard, Klinik Integrated Curriculum of An-
St. Irmingard, Prien am Chiem- throposophic Medicine, Univer-
see, Germany sity Witten/Herdecke, Germany
Kronberger, Dr. Helmut, MSc., Možina, Dr. med. Miran, Fac-
Salzburg, Austria ulty of Psychotherapy Science
of the Sigmund Freud Univer-
Lichtwarck-Aschoff, Dr. Anna,
sity in Ljubljana, Ljubljana, Slo-
Radboud University, Nijmegen,
venia
Netherlands
Müller, Dr. Dipl.-Phys. Gero,
Likens, Dr. Aaron D., Univer-
Aachen, Germany
sity of Nebraska at Omaha,
Omaha, USA Ochs, Prof. Dr. Matthias,
Hochschule Fulda - University
Lyby, Marlene Skovgaard,
of Applied Sciences, Fulda, Ger-
MSc., University of Aarhus,
many
Aarhus, Denmark
Olthof, Merlijn, MSc., Radboud
Mainzer, Prof. Dr. Klaus,
University, Nijmegen, Nether-
Emeritus of Excellence, Tech-
lands
nical University of Munich &
Carl Friedrich von Weizsäcker Orsucci, Prof. Dr. Franco F.,
Center of Foundational Re- University College London,
search, Eberhard Karls Univer- Niccolò Cusano University Lon-
sity of Tübingen, Germany don, United Kingdom
Marra, David E., Ph.D., Uni- Palmer, Chiara, BA., Marquette
versity of Florida, Gainesville, University, Milwaukee, WI
FL, USA USA
Mehlsen, Ass. Prof. Dr. Mimi Pelz, Dr. med. Holger, D.O.M.,
Yung, University of Aarhus, Buxtehude, Germany
Denmark
Autorenverzeichnis XXXI

Peressini, Anthony F., Prof. Dr., Schubert, Univ.-Prof. Dr. med.


Marquette University, Milwau- Dr. rer. nat. M. Sc. Christian,
kee, WI, USA University Clinic for Medical
Psychology, Medical University
Perlitz, Dr. med. Volker, Sim-
Innsbruck, Austria
plana GmbH, Aachen, Germany
Steffensen, Prof. Dr. Sune
Pincus, Prof. Dr. David, Chap-
Vork, University of Southern
man University, Orange, USA
Denmark, Odense, Denmark
Plöderl, Dr. Martin, Paracelsus
Strunk, Priv.-Doz. Dr. Dr.
Medical University, Salzburg,
Guido, Complexity-Research
Austria
e.U., Vienna, Austria
Rufer, Martin, lic. phil. Psycho-
Tretter, Prof. Dr. Dr. Dr. Felix,
logie, FSP, Zentrum für Syste-
Bertalanffy Center for the Study
mische Therapie und Beratung,
of Systems Science, Vienna,
Bern, Switzerland
Austria
Sammet, Prof. PMU Dr. med.
Viol, Dr. Kathrin, Paracelsus
Dipl. Psych. Isa, Klinikum
Medical University, University
Christophsbad, Göppingen, Ger-
Hospital for Psychiatry, Psycho-
many
therapy and Psychosomatics,
Schiersmann, Prof. Dr. Christi- Salzburg, Austria
ane, University Heidelberg, Ger-
Vîslă, Dr. Andreea, University
many
of Zurich, Switzerland
Schöller, Dr. Helmut, Paracel-
Wallot, Dr. Sebastian, Max
sus Medical University, Univer-
Planck Institute for Empirical
sity Hospital for Psychiatry,
Aesthetics, Frankfurt, Germany
Psychotherapy and Psychoso-
matics, Salzburg, Austria Walz, Marion, M.A., Marion
Walz Consulting, Uster, Swit-
Schoppek, Dr. Wolfgang, Uni-
zerland
versity of Bayreuth, Germany
XXXII Autorenverzeichnis

Wijnants, Dr. Maarten, Rad-


boud University, Nijmegen,
Netherlands
Wiltshire, Dr. Travis J., Tilburg
University, Tilburg, Nether-
lands.
Helmut Schöller 1

Einleitung
Helmut Schöller

Selbstorganisation als Paradigma für die Humanwissenschaften


Das vorliegende Buch unternimmt nichts Geringeres, als theoretische und
praktische Beiträge für die Integration von Geistes- und Naturwissenschaf-
ten vorzustellen – ein völlig neues, während langer Perioden der Wissen-
schaftsgeschichte für unmöglich gehaltenes, nunmehr aber in greifbare
Nähe gerücktes Vorhaben.
Das ist kein geringes und eigentlich ein unerhörtes Ziel! Auch der Anwen-
dungsbereich der in diesem Buch vorgestellten Beiträge – nämlich die Hu-
manwissenschaften – trägt nicht sofort zur Erhellung der Machbarkeit und
Rechtfertigung eines solchen Unterfanges bei. Die Humanwissenschaften,
die in den Bereich der Geisteswissenschaften gehören und in ihrem zent-
ralen Kern vor allem Anthropologie, Soziologie und Psychologie umfassen
(Duden 2019), tragen eine historische Bürde, die sie als Gegenpart eines
zumindest auf breiter Basis wahrgenommenen Allmachtsanspruchs der
Naturwissenschaften seit dem späten 18. Jahrhundert übernommen hatten.
Sie sind in dieser Hinsicht Erben der Geisteswissenschaften und versam-
melten unter dem Dach ihres interdisziplinären Etiketts zusätzlich so un-
terschiedliche Wissenschaftskulturen wie Humanbiologie, Pädagogik, Re-
ligions- oder Sportwissenschaften. Noch viel breiter erscheint uns der ge-
genwärtig akzeptierte Kanon humanwissenschaftlicher Disziplinen, zu
dem auch die Fachdidaktiken naturwissenschaftlicher Fächer gehören,
ebenso die angewandte Wissenschaft der Sozialen Arbeit, welche als Ober-
und Sammelbegriff der Sozialpädagogik und der Sozialarbeit verwendet
wird. Auch Teilgebiete der Anthropologie (ursprünglich eine Naturwissen-
schaft), welche dem geisteswissenschaftlichen Ansatz verpflichtet sind
zählen dazu, wie Sozialanthropologie, Kulturanthropologie, Rechtsanthro-
pologie, Theologische und Philosophische Anthropologien u.a.m. Mit dem
Anspruch, den Menschen in den Mittelpunkt zu stellen, bilden die Human-
wissenschaften den Schnittpunkt zwischen Geistes-, Sozial- und Naturwis-
senschaften, sind also prädestiniert für ihre umfassende Integration im

© Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2020
K. Viol et al. (Hrsg.), Selbstorganisation – ein Paradigma für die
Humanwissenschaften, https://doi.org/10.1007/978-3-658-29906-4_1
2 Einleitung

Dienst des Humanen. Sie umfassen daher auch ehemals rein den Naturwis-
senschaften zugeordnete Bereiche wie Humanmedizin, Gesundheitswis-
senschaften und Pharmazie, aber auch die Kognitionswissenschaften, Lin-
guistik und die Philosophie. Diese interdisziplinäre Ausrichtung an den
existentiellen Dimensionen menschlichen Daseins ist der Grund für einen
umfassenden interdisziplinären Dialog – auch mit den historischen Wis-
senschaften, der Wirtschaftswissenschaft und der Politikwissenschaft.

Neue Paradigmen für Mensch und Kosmos


Mit Synergetik und Chaostheorie, die im Werk von Günter Schiepek und
damit auch in diesem Buch eine zentrale Rolle spielen, wurden in den letz-
ten Jahrzehnten Ansätze für Forschung und Theoriebildung entwickelt, die
in Kombination eine Meta-Theorie für die Humanwissenschaften erkennen
lassen. Die damit verbundenen wissenschaftstheoretischen und philosophi-
schen Fragen (s. im Detail Haken & Schiepek, 2010, Kap. IV) richten sich
auch auf die „conditio humana“, also die Verfasstheit und Existenz des
Menschen. Kognition, Emotion, Verhalten und soziale Interaktion beruhen
unabhängig vom konkreten Substrat auf der stetig im Wandel befindlichen
Struktur und Dynamik von komplexen Systemen. Das mag angesichts der
in weiten Teilen der Humanwissenschaften erfolgten Abkehr von materia-
listischen Positionen riskant erscheinen – verlässt man doch den in den
Naturwissenschaften üblichen und durchaus nicht unfruchtbaren Boden
des materiellen Reduktionismus. Aber man gewinnt Einblicke in die nicht
an bestimmte Substrate und Arten von Systemen gebundene Funktions-
weise der Natur, insbesondere auch der menschlichen Natur. Vor allem die
Fragen nach den Graden der Emergenz, etwa hinsichtlich des Selbstbe-
wusstseins oder des freien Willens, sowie nach der Bedeutung von Infor-
mation in selbstorganisierten Systemen bilden offene Räume, welche ei-
nerseits zur Zurückhaltung in der naturwissenschaftlichen Erfassung und
Beschreibung der conditio humana gebieten, andererseits eine transzen-
dente Wirklichkeit aus naturwissenschaftlicher Sicht nicht letztgültig aus-
schließen können.
Die Rolle, die der Zufall in Selbstorganisationsprozessen spielt, ist bei sol-
chen existentiellen Fragen von zentraler Bedeutung (s. unten). Vor den An-
Helmut Schöller 3

sprüchen an die Kausalstruktur der Wirklichkeit erscheinen äußere Ein-


flüsse, die in den klassischen Naturwissenschaften als zufällige Einfluss-
größen modelliert werden, als komplexe Folge der gesamten kosmischen
Wirklichkeit. Ihre Rolle als zufällige äußere Einflussgrößen wird ihnen je-
weils durch die gedankliche Errichtung von Systemgrenzen zugeschrieben.
Außerhalb dieser Systemgrenzen haben diese Schwankungen drei Ursa-
chen, nämlich das komplexe Zusammenwirken der kosmischen „Mehr-als-
Summe“ aller Kausalketten, quantenmechanische Fluktuationen in diesem
Zusammenwirken, und systemischen Folgen der resultierenden Zustands-
schwankungen aufgrund der aktuellen „Potentialstrukturen“ der äußeren
Systemwirklichkeit.

Kybernetik und Integration von Natur- und Geisteswissenschaften


Unter den oben genannten humanwissenschaftlichen Disziplinen spielt die
kybernetische Anthropologie eine besondere Rolle. Diese hat in der An-
wendung und Kombination der Kybernetik in und mit den Geisteswissen-
schaften erste Versuche unternommen, Gegensätze zwischen Natur- und
Geisteswissenschaften zu überwinden. Die Kybernetik war von der An-
nahme geprägt, mit stabilisierenden Regelkreisen zu einer vollständigen
Beschreibung von komplexen Systemen zu gelangen. Die Anwendung der
Kybernetik zur Überwindung einer mechanistischen Sicht des Menschen
in klassisch-behavioralen Ansätzen führt zur Vorstellung einer Hierarchie
von Regelkreisen. Die daraus folgende Entwicklung neuerer psychologi-
scher Modelle zur Erklärung der Verhaltenssteuerung, wie z.B. dem auf so
genannten TOTE -Einheiten basierenden hierarchischen Plankonzept kann
zwar das mechanistische Reiz-Reaktionsschema ersetzen (Strunk und
Schiepek 2006). Allerdings fehlt der Kybernetik die Potenz zur Erklärung,
wie „das Neue in die Welt kommt“. Das stellte Grawe bei seinen Versu-
chen fest, das TOTE-Modell in die Plananalyse und damit in die Klinische
Psychologie zu übernehmen (Strunk und Schiepek 2006). Weder kann der
Ansatz die Entstehung und Änderung von Plänen erklären (in weiterer
Konsequenz auch nicht die Entstehung des eigenen Willens), noch die
Emergenz stabiler Verhaltensmuster angesichts der Variation äußerer
Reize im Therapiegeschehen. Aus heutiger Sicht erscheint die Kybernetik
vor allem für spezielle Teilphänomene relevant, etwa wenn es um stabile
4 Einleitung

Regelkreise geht (z.B. in den ersten Teilen der Sehbahn oder zur Konstruk-
tion wichtiger Reflexsysteme). Dort, wo Instabilitäten und Emergenzen
neuer Muster aufgrund von Nichtlinearitäten und Feedbackschleifen auf-
treten, liefert die Synergetik passende Konzepte und Methoden.

Komplexität und Naturwissenschaft


Vor allem Komplexität und Nichtlinearität vieler Systeme, wie sie in den
Humanwissenschaften allgegenwärtig sind, tragen dazu bei, dass schon mit
relativ wenig Feedbackschleifen der Verlauf von Systemdynamiken nicht
vorhersagbar ist. Das ist eine Einschränkung, die nicht bloß auf der prakti-
schen Unmöglichkeit beruht, Systemzustände vollständig und numerisch
genau zu erfassen. Vielmehr muss sie aufgrund der quantenmechanischen
Natur der Wirklichkeit als absolut hingenommen werden. Dabei verschär-
fen die Heisenberg‘sche Unschärferelation und der quantenmechanische
absolute Zufall die schon für sich bestehende Unmöglichkeit, den zeitli-
chen Verlauf komplexer Systeme (wie etwa dem dreier Körper in gravita-
tiver Wechselwirkung) vorherzusagen. Denn selbst bei genauester Kennt-
nis der Orte und Impulse aller Bestandteile ist es unmöglich, eine allge-
meingültige Lösung oder die Trajektorie der Systemzustände vollständig
in endlicher Zeit zu berechnen.
Ohne hier auf weitere Details hinsichtlich der Folgen für Kausalität und
Vorhersage in komplexen Systemen einzugehen, erscheint es wichtig, ihre
Auswirkung auf die Anwendbarkeit naturwissenschaftlicher Methoden
kurz auszuführen. Diese hatten große Erfolge in der Anwendung ihrer Prin-
zipien auf Systeme mit starker Kausalität. In solchen Systemen führen
nicht nur gleiche Ursachen zu gleichen Ergebnissen, sondern auch ähnliche
Ursachen zu ähnlichen Ergebnissen. Ungenauigkeiten können auf ver-
schiedenen Systemebenen mit Hilfe des zentralen Grenzwertsatzes statis-
tisch eliminiert werden. Damit sind mikroskopische Schwankungen auf der
jeweiligen Makroebene beherrschbar. Auch Fehler, die aus Abweichungen
kausaler Systemprozesse von der Linearität entstehen, können - wenn ihre
Größenordnung ähnlich der von „zufälligen“ Fehlern ist – durch Nähe-
rungsmethoden korrigiert werden.
Helmut Schöller 5

Hingegen können die in komplexen Systemen oftmals auftretende schwa-


che Kausalität (nur exakt dieselben Anfangsbedingungen führen zu den-
selben Ergebnissen, schon leichte Abweichungen können zu völlig ande-
ren Erbnissen führen) und die vielfach vorliegenden nichtlinearen Kausal-
zusammenhänge zu kaum beherrschbaren Situationen führen.

Information als Wirk- und Erhaltungsgröße?


Es gibt zahlreiche Versuche, solche Einschränkungen durch zum Teil sehr
elaborierte Modellansätze zu umgehen, um Informationsgehalt und Kau-
salstruktur unbekannter Systeme automatisiert zu ermitteln. Ein weit ver-
breiteter Ansatz sind Netzwerkmodelle, die unter Anwendung (oft linearer)
statistischer Gesetzmäßigkeiten entworfen und als Modelle für die Wirk-
lichkeit konstruiert werden. Ihr simulierter Systemverlauf wird im Evalu-
ierungsprozess mit dem des Realsystems verglichen. Hier könnte ange-
sichts neuerer Arbeiten Hermann Hakens zum Informationsgehalt komple-
xer selbstorganisierter Systeme oder im Blick auf philosophische Fragen
zur neueren (Epi-) Genetik und Molekularbiologie (Haken 2006) eine ähn-
liche Situation vorliegen wie in der frühen Naturwissenschaftsgeschichte,
als Generationen von Naturforschern versucht hatten, ein Perpetuum Mo-
bile zu bauen.
Hermann Haken bezieht in die physikalisch-mathematische Beschreibung
der Entwicklungsgesetze komplexer dynamischer Systeme Erkenntnisse
der Chaostheorie mit ein (z.B. die sensitive Abhängigkeit von Mikroein-
flüssen) und bringt sie mit der Entstehung, Weitergabe und Kompression
von Information in Verbindung. Es häufen sich Hinweise, dass Komplexi-
tät und Informationsgehalt im Rahmen von Selbstorganisationsprozessen
als Produkte aus Energie (Selbstorganisation ist nur in dissipativen Syste-
men möglich) und Zeit (im Laufe des evolutionären Prozesses) entstehen
und den Rang von Erhaltungsgrößen haben könnten. Daraus könnte so et-
was wie ein Erhaltungssatz für Information abgeleitet werden. Dieser
würde alle Versuche in Frage stellen, den wahren Informationsgehalt kom-
plexer Systeme durch einen abgekürzten Netzwerkansatz im Sinne eines
modellbasierten Blindversuchs zu ermitteln. Abkürzungen auf dem Weg
6 Einleitung

zu großer Komplexität und ein hohes Maß an Information durch Einspa-


rung eines Übermaßes von Zeit oder Energie wären schlichtweg nicht
möglich.

Quellen von Zufall, Veränderung und Variabilität in kausalen


Systemstrukturen
Andererseits zeigt das Studium evolutionärer Prozesse, wie einflussreich
der Zufall im Sinne der Prägung der „gefrorenen Systemgeschichte“ auch
lebender Organismen ist. Es ist wohl kein Zufall, dass Jaques Monod für
die englischsprachige Ausgabe seines Werks „Zufall und Notwendigkeit“
(Monod 1979) den Titel „Necessity and Chance“ verwendete und Hermann
Haken den Titel „Chance and Necessity“ verwendet (Haken 1977, S.
147ff.). Beide weisen damit hin auf die seltsame Spannung zwischen funk-
tionaler Kausalität im Evolutionsprozess (die für sich allein in einem De-
terminismus münden würde) und der Kontingenz jeglicher Entwicklung
durch zufällige Schwankungen und Umwelteinflüsse. Es ist dieses dyna-
mische Wechselspiel aus Zufall und innerer Notwendigkeit, auf dem
Selbstorganisationsprozesse beruhen.
Indem die Synergetik die in den klassischen Naturwissenschaften „anony-
misierten“ Rauschprozesse zurückzuführt auf
1. systemische Kausalzusammenhänge innerhalb des kosmischen
Gesamtsystems,
2. den „absoluten“ Zufall, wie er in der Quantenmechanik beschrieben
wird und
3. den die beiden vorgenannten Schwankungen moderierenden Einfluss
des momentanen Systemzustands,
eröffnet sie die Möglichkeit, alle Vorgänge in den Natur- und Humanwis-
senschaften einerseits auf einer theoretisch-kausalen Ebene zu betrachten,
andererseits ihre hohe Variabilität in engster Nachbarschaft der Kausals-
truktur durch das besondere systemische Wirken des Zufalls zu erklären.
Helmut Schöller 7

Evolution und gefrorene Systemgeschichte


Die Synergetik liefert damit tatsächlich Lösungen für Fragen der fakti-
schen Beherrschbarkeit vieler Anwendungsbereiche. Als Beispiel betrach-
ten wir die Möglichkeit oder Unmöglichkeit der Vorhersage der zeitlichen
Entwicklung hochkomplexer Systeme in der Natur. Die Synergetik stellt
ein anschauliches Modell für den evolutionären Prozess der Höherentwick-
lung lebender Organismen zur Verfügung und weist darin erstaunliche
Übereinstimmung mit den Vorstellungen Jaques Monods (Monod 1971)
auf: Ein Organismus erscheint aus dieser Perspektive als System, welches
einen Optimierungsprozess vollzieht. Dabei entwickelt der Organismus
„Hypothesen“ über die Kausalstrukturen der Umwelt und der eigenen In-
nenwelt beständig weiter. In einem kreiskausalen Prozess aus Anpassung
von Struktur und Lebensprozessen an innere und äußere Umwelten einer-
seits und ihrer „Bewertung“ durch die Umwelt andererseits steigt der In-
formationsgehalt im System. Fast erscheint es, als würde der Organismus
im Rahmen der Naturgesetze zielgerichtet Lösungen für konkrete Überle-
bensaufgaben entwickeln. Organe wie das Auge erscheinen dem staunen-
den Betrachter „wie geschaffen für“ die Erfüllung der je eigenen Funktion.
Die Entwicklung einer solchen Kompetenz nennt Monod „teleonomische“
(Monod 1971) Kompetenz. Diese Fähigkeit von Organismen zur Anpas-
sung der eigenen Struktur und der eigenen inneren Prozesse an die Umwelt
ist in ihrer zeitlichen Ordnung geprägt durch eine bestimmte Strukturträg-
heit, in ihrer Effizienz durch Minimierung von Prozessenergie und in ihrer
„Kompetenz“ oder Eignung zur Bewältigung des Lebens durch die Zu-
nahme von Information.
Nebenbei gesagt ist es nur allzu verständlich, warum die systemische bio-
psycho-soziale Gesamtheit einer Person aus Gehirn, Hormonhaushalt, ih-
ren Organ- und Nervensystemen sowie ihren sozialen Programmen über
die besten Kompetenzen verfügt, die Entwicklung gleichartiger Systeme
(anderer Personen) auch in anderen Zuständen zu erfassen und vielfach
vorherzusagen.
8 Einleitung

Synergetik in der Psychologie und der Psychotherapieforschung


Schon sehr früh hat Günter Schiepek die Grundlagen der Synergetik und
der Chaostheorie systematisch aufgegriffen, um sie auf Fragestellungen
der Psychologie anzuwenden und dort nutzbar zu machen. Die Früchte die-
ses Ansatzes und vor allem der Zusammenarbeit mit Hermann Haken sind
dokumentiert in dem umfangreichen Band „Synergetik in der Psychologie“
(Haken und Schiepek 2006, 2. Aufl. 2010), aber auch in vielen anderen
Werken (siehe das Literaturverzeichnis am Ende dieses Bandes). Im Band
von Haken & Schiepek (2010) finden sich mit Blick auf das Gehirn als
selbstorganisierendes System zahlreiche Anwendungsbeispiele der Entste-
hung und Verarbeitung von Kognition, Emotion und Verhalten, wie die
Grundlagen der Netzwerkstruktur des Gehirns in topologischer und funk-
tionaler Hinsicht und ihre Einordnung in das funktionale Gefüge der The-
orie der Synergetik. Die Veränderung der Chaotizität von MEG-Signalen
bei fokalen epileptischen Anfällen, Anwendungsbeispiele der motorischen
Koordination, das Erlernen von Bewegungen, das Fahren mit dem Pedalo
und die Verbindung von Ordnungsmustern im Gehirn mit Übergängen in
Bewegungsmustern sind dort ebenso detailliert dargestellt wie die Anwen-
dung des synergetischen Modells auf die Mustererkennung (Wahrneh-
mungsprozesse). Aufmerksamkeitsparameter, welche die Analyse von op-
tischen Eindrücken modulieren, werden ebenso diskutiert wie das Erlernen
von Mustern, die Entstehung von Priming-Effekten, die Modellierung von
Entscheidungsprozessen und psychosozial induzierte Modulationen von
Immunprozessen und stressinduzierte Ordnungsübergänge. Den Höhe-
punkt in diesem Abschnitt bildet ein synergetisches Modell psychischer
Prozesse zur Entstehung von Identität und (Selbst-)Bewusstsein sowie sei-
ner neuronalen Organisation.

Philosophische Implikationen
Neben dem zentralen Thema der Anwendung der Synergetik in der Psy-
chotherapie findet sich in diesem Werk auch ein Abschnitt, in welchem
philosophische Fragen der Synergetik mit Bezug auf die Entwicklung und
Struktur des Gehirns und die Selbstorganisation der bio-psycho-sozialen
Vorgänge des Menschen diskutiert werden. Zentralen Stellenwert nimmt
Helmut Schöller 9

die Frage nach der Möglichkeit von Freiheit und freier Willensbildung ein,
in der sich Schiepek und Haken streng an die Annahme eines durchgängi-
gen Naturalismus in der Kausalstruktur der Welt als auch in der Bewertung
des quantenmechanischen Zufalls als absolut und getrennt von jeder trans-
zentdentalen Voraussetzung binden. Diese Entscheidung betrifft auch die
Diskussion der Kriterien von Emergenz in einem starken oder schwachen
Sinn und ihre Bedeutung für die Möglichkeit eines freien Willens. Die ab-
schließende Erörterung der Geist-Hirn-Philosophie mit dem zentralen
Problem des qualitativen Bewusstseins schlägt mit einer Reflexion unter-
schiedlicher Lösungsansätze jene Pflöcke ein, an denen sich eine zukünf-
tige Klärung des schwierigen Themas der Spannung zwischen realistischen
und konstruktivistischen Zugängen zum Wirklichkeits-Qualia Problem
orientieren muss.

Synergetisches Prozessmanagement in der Psychotherapie


Vor den Abschnitten zur Anwendung der Synergetik in sozialen Systemen
und in Management-Prozessen findet sich der zentrale Teil der theoreti-
schen Arbeit Günter Schiepeks über die Deutung von Psychotherapie als
Kaskade von Ordnungsübergängen bio-psycho-sozialer Ordnungszu-
stände. Die Einordnung der Synergetik in die Geschichte der Psychothera-
pie erfolgt mit Bezug auf die Common-Factors-Diskussion. Das Kapitel
enthält unter anderem die Definition der dynamischen Komplexität und die
Übertragung zahlreicher zentraler Eigenschaften komplexer dynamischer
Systeme auf die Psychotherapie. Theoretisch hergeleitet und empirisch be-
legt werden Phänomene der kritischen Instabilität und der lokal erhöhten
Synchronisation vor Ordnungs-Ordnungsübergängen. Diskutiert werden
die psychologischen und technischen Grundlagen der späteren Modellie-
rungsarbeit, also der Konstruktion eines synergetischen Prozessmodells
der Psychotherapie, an dem wir (Kathrin Viol und Helmut Schöller) in den
folgenden Jahren mitwirken durften (Schiepek et al. 2017, 2018; Schöller
et al. 2018).
10 Einleitung

State-Trait-Dynamics
Dass Günter Schiepeks Theorie von der selbstreferentiellen kreiskausalen
Kopplung von States und Traits („State-Trait-Dynamics“, Schöller et al.
2018) qualitative und quantitative Korrelationen beachtlicher Größe mit
tatsächlichen therapeutischen Prozessen hervorbringen kann, gehört zu den
Tatsachen, welche die Kraft seiner Intuition bezeugen. Und dass die Erfor-
schung der therapiebezogenen Einflussfaktoren auf das intrapsychische
Geschehen zum aussagekräftigen Nachweis der Wirksamkeit der therapeu-
tischen Arbeit an unseren klinischen Einrichtungen wurde, kann als Bestä-
tigung interpretiert werden, dass das Paradigma der Synergetik in der Psy-
chotherapie im Rahmen des synergetischen Prozessmanagements nach
Schiepek erfolgreich ist. Mit der konsequenten Anwendung der „generi-
schen Prinzipien“ und der Methode der idiographischen Systemmodellie-
rung (von Günter Schiepek bereits 1985 entwickelt) ist ein Meilenstein der
Integration der systemischen Lebenswelt von Patienten in den Psychothe-
rapieprozess gelungen.

Die neue Rolle der Psychotherapie


Eine zentrale Folge des bisherigen Lebenswerks Günter Schiepeks ist eine
allgemeine Neudefinition von Psychotherapie als das Schaffen von pro-
zessualen Bedingungen für die Möglichkeit von selbstorganisierenden
Prozessen (Ordnungs-Ordnungsübergänge von Kognitions-Emotions-Ver-
haltensmustern) im komplexen bio-psycho-sozialen System eines Men-
schen in einem professionellen Kontext (Haken und Schiepek 2006).
Mit dieser Neudefinition hat Günter Schiepek einen Rahmen für die Psy-
chotherapieforschung formuliert, der sowohl die Erkenntnisse der Com-
mon-Factors-Debatte als auch das kontextuelle Modell der Psychotherapie
(Wampold 2012, Wampold et al. 2001, 2015) als Anwendungsfälle ein-
schließt. Darüber hinaus berücksichtigt es innovative medizinische An-
wendungen der Synergetik, z.B. die Coordinated Reset-Therapie patholo-
gischer Übersynchronisation neuronaler Netze, z.B. bei chronischem Tin-
nitus und bei Parkinson. Im Blick hatte er dabei vor allem die Entwicklun-
gen des früheren Haken-Mitarbeiters und jetzigen Stanford-Professors Pe-
ter Tass.
Helmut Schöller 11

Aus all diesen Gründen kann die Anwendung des synergetischen Metamo-
dells auf die Psychotherapie als integrativer Ansatz verstanden werden, der
bio-psychologische Mechanismen (z.B. Auslösemechanismen und psy-
chologische Bedingungen von Epilepsie (siehe den Beitrag von Rosa Mi-
chaelis in diesem Band) ebenso beinhaltet wie systemische, psychologi-
sche, soziologische, kulturelle, philosophische und transzendente Dimen-
sionen.
Mit der erweiterten Anwendung des synergetischen Paradigmas auf andere
Systembereiche (z.B. Management in Organisationen) und Systemebenen
(z.B. Weltpolitik) unserer Weltgemeinschaft gewinnt diese Leistung uni-
versale Bedeutung. Für diese gebührt ihm gemeinsam mit vielen begeis-
terten Pionieren dieses integrativen Zugangs größter Respekt!

Ziel und Aufbau des Buches


Viele Überlegungen wurden angestellt, wie die Beiträge dieses Buches ge-
ordnet werden könnten. Die Herausforderung ist der Komplexität des The-
mas inhärent: es gibt nicht nur die eine theoretische Herangehensweise,
sondern die Perspektiven der Dynamik (Zeitreihen), der Muster (Attrakto-
ren), der Beziehungen zwischen den Systemelementen (Netzwerke, Matri-
zen) und der methematischen Modellierung (Modelle).

Abb. 1: Darstellungsarten komplexer dynamischer Systeme (Schiepek 1999, Skizze in ei-


nem Handout zu systemtheoretischen Begriffen).
12 Einleitung

Ebensowenig gibt es das eine Phänomen, das selbstorganisierte Systeme


erzeugen, sondern – je nach System, Zustand und Dynamik – Synchroni-
sation von Systemelementen, Veränderungen des makroskopischen Ver-
haltens (Ordnungs- oder Phasenübergänge), erhöhte Fluktuationen (kriti-
sche Instabilitäten), usw. Je nach Fokus des Forschers/Praktikers kommen
diverse Analysemethoden zum Tragen, u.a. Methoden der Zeitreihenana-
lyse (Dynamische Komplexität, Recurrence Plots, Lyapunov-Exponenten,
Methoden zur Bestimmung der fraktalen Dimensionalität, Recurrence
Quantificanton Analysis, usw.) und der Netzwerkanalyse. Zahlreiche Bei-
träge dieses Bandes befassen sich mit unterschiedlichen Anwendungsge-
bieten: Im Bereich der Psychologie beispielsweise mit der Entwicklung
von Persönlichkeit, Resilienz oder anderen Konstrukten. Im Bereich der
Psychotherapie geht es z.B. um die Veränderung von Emotionen und Kog-
nitionen, um das Erkennen kritischer Phasen (wobei „kritisch“ hier auch
positiv zu sehen ist im Sinne eines Aufbrechens pathologischer Muster),
und um die (Nicht-)Vorhersagbarkeit individueller Therapieverläufe.
Schließlich das Feld der Sozialpsychologie, in der interpersonelle Kom-
munikation und intrapsychosche wie interpersonelle Synchronisation im
Mittelpunkt stehen, bis hin zur Entwicklung der Gesellschaft als Ganzes.
Selbstorganisation ist immer dort relevant, wo Veränderungen geschehen
bzw. gewünscht sind. Damit ist es nicht verwunderlich, dass das Konzept
auch in der Entwicklung von Organisationen und in der Beratung einen
großen Stellenwert gewonnen hat. Die Frage geht hier, ebenso wie bei der
Psychotherapie, oft in die Richtung: wie lassen sich alte, ungewünschte
Strukturen aufbrechen, wie kann man selbstorganisatorische Prozesse un-
terstützen, wie „steuern“?
Letztlich entschieden wir uns, die Aufteilung der Beiträge am Interesse der
LeserInnen zu orientieren. So gliedert sich das Buch nun in die drei Berei-
che Theorie, Empirie und Praxis. Dabei wurde darauf geachtet, welche
Beiträge für welche LeserInnen relevant sind; so finden sich beispielsweise
eher theoretische Arbeiten auch im Praxis-Teil, wenn sie inhaltlich vor al-
lem Praktiker ansprechen. Sowohl Forscher als auch Praktiker werden im
Theorieteil wertvolle konzeptionelle Beiträge finden, die uns für beide
gleichermaßen wichtig erschienen. Auf eine Unterteilung nach Disziplinen
wurde bewusst verzichtet, um der Idee der Selbstorganisation als Paradig-
mas für alle Fachbereiche der Humanwissenschaften gerecht zu werden.
Helmut Schöller 13

Die Artikel wurden so angeordnet, dass LeserInnen, die mit den Fachbe-
griffen und Konzepten der Selbstorganisation noch nicht vertraut sind,
schrittweise an die Terminologie hingeführt werden.
14 Einleitung

Literaturverzeichnis
Duden, 2019. Humanwissenschaft. Abgerufen am 20.12.19 von
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Haken, H. (1977) Synergetics. An Introduction. Nonequilibrium Phase
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Berlin, Heidelberg, New York: Springer.
Haken, H., und Schiepek, G. (2006, 2. Aufl. 2010). Synergetik in der
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Monod, J. (1996). Zufall und Notwendigkeit. Philosophische Fragen der
modernen Biologie. München: DTV.
Monod, J. (1971). Zufall und Notwendigkeit. Philosophische Fragen der
modernen Biologie. München: Piper.
Strunk, G., und Schiepek, G. (2006). Systemische Psychologie. Eine
Einführung in die komplexen Grundlagen menschlichen Verhaltens.
München: Spektrum Akademischer Verlag.
Schiepek, G. K., Viol, K., Aichhorn, W., Hütt, M.-T., Sungler, K., Pincus,
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in a Computational World. Frontiers in Psychology, 8.
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zessfeedback in der Psychotherapie. Methodik, Visualisierung und
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therapy Debate. The Evidence for What Makes Psychotherapy Work.
New York: Routledge.
Wampold, B.E., Imel, Z.E., und Flückiger, C. (2018). Die Psychothera-
piedebatte. Was Psychotherapie wirksam macht. Bern: Hogrefe.
15

TEIL I
Konzeptuelle & theoretische
Grundlagen
17

Systemische Psychologie – eine allgemeine Systemtheorie


für die Psychologie
Guido Strunk

Psychologie, wie sie aus der Perspektive einer allgemeinen Systemtheorie


(in Erweiterung der allgemeinen Systemtheorie von von Bertalanffy 1968)
gesehen wird, ist ein Teil der modernen Naturwissenschaften (man beachte
Unterschiede und Ähnlichkeiten zu Watson 1913). Ihre theoretischen Ziele
sind die entdeckende Beobachtung, Erklärung, Prognose und anwendungs-
orientierte Beeinflussung psychologischer Prozesse sowie die Kritik und
Bewertung von Einflüssen auf psychologische Prozesse. Das empirische
Fundament einer solcherart verstandenen „Systemischen Psychologie“
(Strunk und Schiepek 2006) orientiert sich an einem bio-psycho-sozialen
Menschenbild (WHO 1986; WHO Regional Office for Europe 1948), um-
fasst also sowohl biologische Aspekte des menschlichen Lebens und ihren
Einfluss auf psychologische Prozesse als auch die psychologischen Pro-
zesse selbst, die als eigene Emergenzebene (vgl. Stephan 2001; Strunk
2006) aufgefasst werden und nicht auf biologische Mechanismen reduziert
werden können (Irreduzibilität, Stephan 2001, S. 130 ff., des Psychischen
auf das Biologische). Soziale Aspekte betreffen die Eingebundenheit des
Menschen in eine Gemeinschaft und damit die Auswirkungen psychischer
Prozesse sowohl auf die Gemeinschaft als auch der Gemeinschaft auf die
psychischen Prozesse (vgl. bereits Adler 1973/1933). Damit wird das psy-
chische Geschehen als systemische Eigenschaft des komplexen bio-
psycho-sozialen Systems Mensch angesehen und ist als solches nicht aus
der Kenntnis der Einzelteile des Systems verstehbar (vgl. Strunk und
Schiepek 2006).
Es wird immer wieder behauptet, dass die Psychologie als Naturwissen-
schaft keinen eigenständigen Phänomenbereich beschreibt, da sie auf bio-
logische Prozesse reduziert werden könne (vgl. die Diskussion in Caspar
2003) oder dass sie als Verhaltenswissenschaft auf die Analyse von Stimu-
lus-Response-Konsequenz-Ketten beschränkt sein sollte (vgl. auch hier
Unterschiede und Ähnlichkeiten zu Watson 1913). Genuin psychische
Prozesse des Bewusstseins, des Unbewussten, der Emotionen, Kognition,

© Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2020
K. Viol et al. (Hrsg.), Selbstorganisation – ein Paradigma für die
Humanwissenschaften, https://doi.org/10.1007/978-3-658-29906-4_2
18 Systemische Psychologie

Willensbildung oder gar der Willensfreiheit gehen in diesen Ansätzen ver-


loren (Strunk und Schiepek 2006). Die Psychologie, ursprünglich als Wis-
senschaft über seelische Vorgänge begründet (vgl. Hehlmann 1967), ver-
liert durch diese falsch verstandene „Naturwissenschaftlichkeit“ ihre zent-
ralen Forschungsgegenstände. Ähnliche Auswirkungen haben auch solche
Ansätze, die die sozialen Prozesse so sehr in den Vordergrund rücken, dass
das psychische Geschehen dahinter verschwindet: Die rein biologische ar-
gumentierende Hirnforschung ist ebenso wenig eine Psychologie wie die
Theorie sozialer Systeme (Luhmann 1984). Eine Systemische Psychologie
berücksichtigt biologische und soziale Einflüsse, aber verabsolutiert diese
nicht. Im Gegenteil, sie geht davon aus, dass komplexe psychische Pro-
zesse nur auf der Grundlage des Gesamtsystems (bio-psycho-sozial) ver-
standen werden können (Strunk und Schiepek 2006).
In der Psychologie ist auch heute noch, d.h. über 100 Jahre nach dem von
Watsons 1913 publizierten Manifest des Behaviorismus, die Überzeugung
weit verbreitet, dass ein Reflex eine nicht anzweifelbare physiologische
Tatsache sei, aus der die Psychologie sich herauszuhalten und den sie als
Grundlage einer reflexiologisch-behavioralen Psychologie zu akzeptieren
habe (Watson 1913, S. 162). Wie falsch und irreführend war doch diese
Behauptung! Sie hat physiologisch auch 1913 nicht gestimmt (vgl. Miller
et al. 1960, 1973, zusammenfassend in Strunk und Schiepek 2006, S. 37).
So sind Reflexe eingebunden in höhere neuronale Prozesse, lassen sich un-
terdrücken und vortäuschen. Sie sind so sehr ins bio-psycho-soziale Sys-
tem des Menschen eingebunden, dass es schon eines besonderen intellek-
tuellen Kunststückes bedarf, sie als Grundelemente jeglicher psychischer
Prozesse zu verkaufen (Miller et al. 1973, S. 33).
Aber auch andere Bereiche der Psychologie haben sich – seit ihren Anfän-
gen als akademische Disziplin (Fechner 1860; Helmholtz 1867; Wundt
1874) – einem methodischen Zugang verschrieben, der sich an den Anfän-
gen der naturwissenschaftlichen Methodik, genauer der Mechanik, orien-
tiert. Dazu gehören das Experiment als Königsweg zur wissenschaftlichen
Erkenntnis (sog. Experimentelle Psychologie), die Unterscheidung von ab-
hängigen (aV) und unabhängigen Variablen (uV), die fehlende Berück-
sichtigung von Feedbackprozessen und nichtlinearen Beziehungen zwi-
schen Variablen, sowie die Vernachlässigung der Energie als Antrieb und
Guido Strunk 19

Kontrollparameter (vgl. die zusammenfassenden Darstellungen in Strunk


und Schiepek 2006, 2014). Alle diese Annahmen waren für die Physik der
Mechanik hilfreich und bedeutend, sie versagen aber auch dort kläglich,
wo es um die Prognose einfacher zusammengesetzter Systeme geht (Poin-
caré 1890, 1904, zusammenfassend in Strunk und Schiepek 2006). Mathe-
matisch gesehen sind Systeme mit mehr als zwei Variablen, nichtlinearem
und gemischtem Feedback sowie einer ausreichenden Energieversorgung
nicht mehr mit den Forschungsmethoden der klassischen Mechanik ver-
stehbar (vgl. die Checkliste in Strunk und Schiepek 2014). In solchen Sys-
temen treten unweigerlich – und mathematisch belegbar – Phänomene auf,
die auf der Grundlage der einzelnen Systemelemente nicht verstanden wer-
den können (Strunk 2006). Diese Phänomene scheinen viel besser zu den
komplexen psychischen Prozessen des Menschen zu passen als die Phäno-
mene, die die klassische Mechanik zu erklären vermag (Strunk und
Schiepek 2006, 2014). Die Psychologie außerhalb des psychologischen
Labors hat sich in der Vergangenheit mehr als nur einmal als gänzlich an-
dersartig – und trotz aller Forschungsbemühungen – als weiterhin unver-
standenes Phänomen herausgestellt (vgl. auch bereits Holzkamp 1972).
Es scheint, als wäre die Zeit reif für eine neue, eine „Systemische Psycho-
logie“ (ausführlich dargestellt in Strunk und Schiepek 2006), die nicht
mehr einem eingeengten mechanistischen Weltbild nacheifert, welches
sich in der modernen Naturwissenschaft längst als untauglich für die Be-
schreibung von Systemen herausgestellt hat. Was ist das für eine Psycho-
logie, die in ihren Modellen methodische Einschränkungen hinnimmt, die
bereits bei der Beschreibung einfacher gekoppelter Pendel in der Physik
aufgehoben werden? Die Phänomene, die heute in der Physik mit Leich-
tigkeit beschrieben werden, sind komplexer als die Phänomene, die die
Psychologie mit linearen uV-aV-Modellen zu erklären vermag (Strunk und
Schiepek 2006). Es soll hier nicht um einen Vergleich der Disziplinen ge-
hen, aber dass ein Doppelpendel (ein Pendel, an dem noch ein weiteres
Pendel hängt) sich komplexer verhalten kann als ein multiples Regressi-
onsmodell zur Verursachung depressiver Erkrankungen, erscheint doch et-
was sonderbar. Es wird Zeit, dass die Psychologie erkennt, es mit Syste-
men zu tun zu haben. Ich bin fest davon überzeugt, dass sich die Psycho-
logie, wenn sie bei linearen uV-aV-Modellen (Regressionsmodelle,
20 Systemische Psychologie

ARIMA-Modelle) bleibt, nicht weiterentwickeln wird, sich dann zu Recht


in der Neurophysiologie auflösen und bis dahin viele weitere Studien her-
vorgebracht haben wird, die sich außerhalb des Labors als gänzlich un-
brauchbar erweisen werden (man beachte Unterschiede und Ähnlichkeiten
zu Watson 1913).
Eines der größten Probleme einer mechanistisch orientierten Psychologie
ist die Festlegung auf Ursachen (uV) und Wirkungen (aV). Kommunika-
tion wird vor diesem Hintergrund zur Einbahnstraße eines Sender-
Empfänger-Modells, ohne die vielfältigen Feedbackprozesse menschlicher
Interaktion auch nur in Betracht zu ziehen (Watzlawick und Beavin 1980).
Oder die Wahrnehmung, die in einem simplen Ursache-Wirkungs-Modell
zur Folge einer äußeren Beeinflussung verkommt, ohne dass die aktive
Konstruktion der Wahrnehmung im wahrnehmenden Individuum eine
Rolle eingeräumt wird (Metzger 2001/1975). Ähnliche Probleme wurden
oben bereits für lerntheoretische Konzepte beschrieben: Aus Sicht einer
klassischen reflextheoretischen Perspektive ist es der äußere Stimulus, der
zwangsläufig ein bestimmtes Verhalten auslöst und im Rahmen eines tri-
vialen Maschinen-Modells genügt, das Verhalten zu erklären. Kommt es
im Lernenden – also in der Black-Box – zu Veränderungen, so wird das
triviale Modell zwangsläufig scheitern (von Foerster 1985). Immer dort,
wo Fragen danach auftauchen was zuerst war, Henne oder Ei, zeigt sich
das Problem des linealen Ursache-Wirkungs-Denkens (als „lineal“ be-
zeichnet man eine Abfolge von Ereignissen ohne Feedback). Denn Kreis-
kausalität, Feedback und gegenseitige Bedingtheit sind ein zentrales We-
sensmerkmal systemischer Prozesse (von Bertalanffy 1968). Diese lassen
sich nicht sinnerhaltend zerlegen in Ursachen als Beginn und Wirkungen
als Schlusspunkte von Prozessen. Das gilt auch bei Fragen nach der Wil-
lensfreiheit des Menschen. Der freie Wille als Ursache einer Handlung er-
scheint ebenso wenig tragfähig wie der freie Wille als Folge einer Neuro-
biologie, die uns die Freiheit nur vorgaukelt (Strunk 2004, S. 212 ff.). Aus
der Perspektive einer Systemischen Psychologie mit Bezug zu Hakens
Synergetik (Haken 1969, 1977) als Grundmodell einer allgemeinen
Systemtheorie, erscheint der Wille als makroskopisches Muster, welches
sehr wohl aus der Mikroebene des biologischen Systems hervorgehen
kann, aber dann als makroskopisches Muster die Elemente der Mikroebene
top-down versklavt (zur Terminologie der Synergetik siehe auch Haken
Guido Strunk 21

und Schiepek 2010). Wille und biologischer Prozess bilden hier eine kreis-
kausale Einheit.
Dies führt mich zu dem Punkt, an dem es möglich erscheint, die Argumen-
tation in eine mehr positive und konstruktive Richtung zu lenken (man be-
achte Unterschiede und Ähnlichkeiten zu Watson 1913). Wenn die Psy-
chologie beginnt, sich einer systemischen Perspektive zu öffnen, kann es
gelingen, ihre grundlegenden Erkenntnisziele zurück in den wissenschaft-
lichen Diskurs zu holen.
Die Psychologie, die ich vor einigen Jahren als „Systemische Psychologie“
bezeichnet habe, wendet sich von linearen uV-aV-Modellen ab und setzt
an ihre Stelle eine Systemtheorie, die man im Anschluss an von Bertalanffy
(1968) als allgemeine Systemtheorie bezeichnen kann. Sie beruht erstens
auf der Überzeugung, dass psychische Prozesse systemische Eigenschaften
sind. Diese sind aus der Kenntnis einzelner, isolierter Elemente und Teil-
prozesse (lineale uV-aV-Ketten) nicht verstehbar. Die Gestaltpsychologie
(Koffka 1922; Köhler 1920; Lewin 1935; Metzger 2001/1975) hat wohl als
erste diesen Grundgedanken für die Psychologie erschlossen. Denn eine
Gestalt ist für die Gestaltpsychologie etwas anderes als die Summe ihrer
Einzelteile. Eine Gestalt ist eine emergente systemische Eigenschaft.
Zweitens geht die Systemische Psychologie davon aus, dass die im Rah-
men einer allgemeinen Systemtheorie beschriebenen Eigenschaften von
Systemen für die Beschreibung, Erklärung und Prognose psychischer Pro-
zesse sowie die Entwicklung von Anwendungen und die Kritik oder Eva-
luation von Einflüssen auf psychische Prozesse, angemessen und nutzbrin-
gend angewendet werden können. Oder anders gesagt, da die Mathematik
für die Psychologie keine Ausnahme macht, werden systemische Modelle
in der Psychologie eben auch die Phänomene aufzeigen können, die diese
Systeme aus mathematischen Gründen nun einmal hervorzubringen in der
Lage sind.
Eine Systemische Psychologie beruht auf einer allgemeinen Systemtheo-
rie. Diese kann man als Weiterentwicklung des Ansatzes ansehen, den
Ludwig von Bertalanffy in den 1930er Jahren zu formulieren begann. Da-
mals waren die umwälzenden Erkenntnisse der Theorien Nichtlinearer
Dynamischer Systeme noch nicht absehbar. Zusammenfassend beschreibt
22 Systemische Psychologie

er die neue Disziplin der Allgemeinen Systemtheorie wie folgt (von


Bertalanffy 1968, S. 32):
Thus, there exist models, principles, and laws that apply to gener-
alized systems or their subclasses, irrespective of their particular
kind, the nature of their component elements, and the relations or
“forces” between them. It seems legitimate to ask for a theory, not
of systems of a more or less special kind, but of universal princi-
ples applying to systems in general. In this way we postulate a new
discipline called General System Theory. Its subject matter is the
formulation and derivation of those principles which are valid for
“systems” in general.
Von Bertalanffy (1968) greift zahlreiche neuere systemtheoretische Er-
kenntnisse früh auf, etwa die Bedeutung thermodynamisch offener Sys-
teme (Prigogine 1955), und bezieht diese auf unterschiedliche Phänomen-
bereiche, so auch bereits auf die Psychologie.
Seit den 1970er Jahren sind jedoch zahlreiche weitere allgemeine Prinzi-
pien sogenannter nichtlinearer dynamischer Systeme entdeckt worden, die
vorher nicht einmal gedacht werden konnten. Die Verletzung der Prinzi-
pien der starken Kausalität durch das Phänomen des deterministischen
Chaos stellt wohl das prominenteste Verhalten nichtlinearer dynamischer
Systemen dar. Zu den neueren allgemeinen Systemtheorien gehören die
aus der Mathematik stammende fraktale Geometrie (Mandelbrot 1977,
1987; Mandelbrot und Hudson 2004), die mit dem Chemienobelpreis aus-
gezeichnete Theorie Dissipativer Systeme (Prigogine 1955, 1987, 1995;
Prigogine und Stengers 1984, 1986, 1993), die auf der Lasertheorie auf-
bauende Synergetik (Haken 1977, 1985) und die Chaostheorie (Lorenz
1963, 1972; Poincaré 1904, 1908). Dabei betonen die verschiedenen theo-
retischen Strömungen nicht selten unterschiedliche Detailaspekte von Sys-
temen, sodass Definitionen, Prinzipien und Abgrenzungen je nach Quelle
anders ausfallen.
Die mit diesen Ansätzen angesprochenen Phänomene bedeuten einen um-
fassenden Bruch mit klassischen naturwissenschaftlich begründeten
Denktraditionen, Forschungsmethoden, Grundüberzeugungen und zu er-
Guido Strunk 23

wartenden Prozessmustern für deterministische Systeme. Diese Phäno-


mene rechtfertigen es, bei den Theorien Nichtlinearer Dynamischer Sys-
teme von einem eigenständigen Forschungsgebiet zu sprechen. In diesem
Sinne sind die Theorien Nichtlinearer Dynamischer Systeme nicht einfach
nur „Hilfskonstruktionen“ oder Werkzeuge für ein besseres Verständnis
lang bekannter Tatsachen. Als eigenständige Theoriegebäude sind sie in
der Lage, Vorhersagen über das Auftreten genuin systemischer Eigen-
schaften (z.B. Chaos, kritische Fluktuationen, kritisches Langsamerwer-
den, Phasenübergänge, Hysterese-Effekte etc.) in bestimmten Systemen
und unter genau beschreibbaren Rand- und Rahmenbedingungen zu tref-
fen. Beispielweise können mathematisch leicht nachvollziehbare Gesetz-
mäßigkeiten in einfachen mathematischen Systemen zu einer Systemdyna-
mik, die als deterministisches Chaos bekannt ist, führen. Chaos imitiert den
Zufall, geht aber aus deterministischen Systemen hervor. Es ist also auch
in deterministischen Systemen erwartbar. Die Hypothese über Chaos in
psychotherapeutischen Interaktionsprozessen liegt nahe und lässt sich aus
den allgemeinen Prinzipien über nichtlineare dynamische Systeme aus der
entsprechenden Systemtheorie ableiten. Die Vermutung von Chaos in der
Psychotherapie wird also weniger aus Erfahrungen mit Psychotherapien
gespeist als vielmehr aus den allgemeinen bekannte Prinzipien bestimmter
Systeme, die in Psychotherapien vorliegen könnten. Die Gültigkeit der
Theorien Nichtlinearer Dynamischer Systeme für psychotherapeutische
Prozesse wird so zu einer prüfbaren Hypothese (vgl. Strunk 2004; Strunk
et al. 2006, 2015; Strunk und Schiepek 2002, 2006, 2014).
Die Theorien Nichtlinearer Dynamischer Systeme eröffnen den Zugang zu
einer Fülle von Forschungsfragen und Hypothesen in verschiedenen For-
schungsgebieten. Die Psychologie macht da keine Ausnahme. Erste Ver-
suche, die neueren systemtheoretischen Erkenntnisse für die allgemeine
Psychologie sowie die Psychotherapieforschung zu nutzen, wurden bereits
Anfang der 1990er Jahre unternommen (z.B. Haken und Stadler 1990; Kriz
1989, 1990, 1992; Kruse et al. 1992; Schiepek 1992a,b; Schiepek und
Strunk 1994; Tschacher und Scheier 1995; Tschacher et al. 1992, 1998).
Trotz Gruppierung der Arbeiten um einen gemeinsamen systemwissen-
schaftlichen Theoriekern – der Synergetik – waren die Ansätze wider-
24 Systemische Psychologie

sprüchlich, mitunter fragmentarisch an Details interessiert und konnten da-


mals noch keine empirischen Belege vorweisen. Auch andere systemwis-
senschaftlichen Theorieansätzen (z.B. Feigenbaum 1978; Luhmann 1984;
Maturana 1982; Maturana und Varela, 1987; Thom 1972) wurden auf psy-
chologische Fragestellungen übertragen (z.B. Ludewig 1992), was mitun-
ter zu einer grotesken Sprachverwirrung führten (etwa wenn die Auto-
poiese die Systeme für geschlossen erklärt, die die Theorie Dissipativer
Systeme für offen hält (vgl. Strunk und Schiepek 2006).
Es war daher mein Ziel, die verschiedenen Strömungen zu einem konsis-
tenten systemtheoretischen Rahmenkonzept, dem der Theorien Nichtline-
arer Dynamischer Systeme, zu verdichten und auf Grundfragen der Psy-
chologie (Wahrnehmung, Lernen, Kognition, Emotionen, neurophysiolo-
gische Prozesse, Motorik, Psychotherapie, Sozialpsychologie, Schemathe-
orie etc.) zu übertragen (Strunk 2004). Als „Systemische Psychologie“
wurden diese Bemühungen 2006 zusammen mit Günter Schiepek publi-
ziert (Strunk und Schiepek 2006). Aktuelle Forschungsfragen der „Syste-
mischen Psychologie“ orientieren sich an Veränderungen zweiter Ordnung
und haben den Phasenübergang als Modell für menschliche Veränderungs-
prozesse zur Grundlage. Eine Übertragung dieser Perspektive auf Lernpro-
zesse wurde z.B. von Sender (2017) vorgelegt und empirisch umfassend
geprüft.
Abschließend möchte ich sagen, dass ich zugeben muss, in Bezug auf die
Nützlichkeit einer „Systemischen Psychologie“ stark voreingenommen zu
sein (man beachte auch hier Unterschiede und Ähnlichkeiten zu Watson
1913). Seit den 1990er Jahren habe ich an diesen Themen gearbeitet und
es ist nur natürlich, wenn man gegenüber der eigenen Arbeit voreingenom-
men ist. “Possibly I have put up a straw man and have been fighting that“
(Watson 1913, S. 176). Möglicherweise sind die Positionen einer am Ur-
sache-Wirkungs-Denken orientierten Psychologie und einer Systemischen
Psychologie nicht so weit auseinander, wie ich es hier dargestellt habe.
Auch ist die hier vertretene Systemische Psychologie noch kein festgefüg-
tes Gebäude, sie ist offen für vielfältige Einflüsse und kann sich in Zukunft
in die eine oder eine ganz andere Richtung entwickeln. Was wir tun sollten,
ist die Arbeit an einer Systemischen Psychologie zu intensivieren und den
systemischen Phänomenen in der Psychologie mehr Aufmerksamkeit zu
Guido Strunk 25

widmen. Auch könnte es der Fall sein, dass die Systemische Psychologie
– in der hier beschriebenen oder einer ähnlichen Form – an anderen Stellen
und von mir unbemerkt bereits erfolgreich gegen eine an der Mechanik
orientierte Psychologie tätig ist. So möchte ich mich bei allen entschuldi-
gen, deren Arbeiten hier aus Platzgründen nicht genannt werden konnten.
26 Systemische Psychologie

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31

Selbstorganisation – Von der nichtlinearen Dynamik


komplexer Systeme zur Künstlichen Intelligenz
Klaus Mainzer

Abstract (English)
Self-organization is a popular metaphor in science and philosophy. But
what does self-organization mean mathematically? A rigorous definition is
given by the theory of nonlinear dynamical systems. In his Synergetics,
Haken used order parameters to explain self-organization by phase transi-
tions of complex dynamical systems at unstable states. In the following
article, we explain the principle of local activity which considers self-or-
ganization even at stable states („at the edge of chaos“). Local activity is a
provable principle to explain all kind of self-organizing patterns and struc-
tures. In modern machine learning, artificial neural networks (ANN) are
nonlinear complex systems, which model the neurochemical interactions
of neurons in the brain. Learning procedures (e.g., pattern recognition) are
examples of self-organization, which are realized by learning algorithms.
In the Internet of Things, a global network of communication is determined
by the nonlinear laws of complex dynamical systems. However, self-or-
ganization is not sufficient to guarantee the emergence of well-being in
human civilization. Self-organization can also lead to critical and chaotic
states such as tumors in organisms, psychic diseases, and chaos in socie-
ties. Besides self-organization, we need controlling and monitoring sys-
tems to enable AI-technology as service system of mankind.

© Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2020
K. Viol et al. (Hrsg.), Selbstorganisation – ein Paradigma für die
Humanwissenschaften, https://doi.org/10.1007/978-3-658-29906-4_3
32 Selbstorganisation in komplexen Systemen

Selbstorganisation als nichtlineare Dynamik komplexer Systeme


Komplexitätsforschung beschäftigt sich fachübergreifend in Physik, Che-
mie, Biologie und Ökologie mit der Frage, wie durch die Wechselwirkun-
gen vieler Elemente eines komplexen dynamischen Systems (z.B. Atome
in Materialien, Biomoleküle in Zellen, Zellen in Organismen, Organismen
in Populationen) Ordnungen und Strukturen entstehen können, aber auch
Chaos und Zerfall. Diesen Vorgang nennt man „Selbstorganisation“, weil
sich die Strukturen des Systems nur durch die Wechselwirkungen der Sys-
temelemente, eventuell im Austausch mit der Systemumgebung, „selber“
organisieren.
Was heißt das mathematisch? Allgemein wird in dynamischen Systemen
die zeitliche Veränderung ihrer Zustände durch Differentialgleichungen
beschrieben. Der Bewegungszustand eines einzelnen Himmelskörpers
lässt sich nach deterministischen Gesetzen der klassischen Physik genau
berechnen und voraussagen. Bei Millionen und Milliarden von Molekülen,
von denen der Zustand einer Zelle abhängt, kommt es zu Wechselwirkun-
gen, die nur durch nichtlineare Gleichungen beschrieben werden können.
Daher muss auf Hochleistungscomputer zurückgegriffen werden, die nur
Annäherungen in Simulationsmodellen liefern. Welchen Gesetzen gehor-
chen nichtlineare komplexe dynamische Systeme? Sind diese Gesetze
fachübergreifend in Physik, Chemie, Biologie und Ökologie dieselben
oder wenigstens ähnlich?
Die Grundidee ist immer dieselbe: Erst die komplexen Wechselwirkungen
von vielen Elementen erzeugen neue Eigenschaften des Gesamtsystems,
die nicht auf einzelne Elemente zurückführbar sind. So ist ein einzelnes
Wassermolekül nicht „feucht“, aber eine Flüssigkeit durch die Wechsel-
wirkungen vieler solcher Elemente. Einzelne Moleküle „leben“ nicht, aber
eine Zelle aufgrund ihrer Wechselwirkungen. In der Systembiologie er-
möglichen die komplexen chemischen Reaktionen von vielen einzelnen
Molekülen die Stoffwechselfunktionen und Regulationsaufgaben von gan-
zen Proteinsystemen und Zellen im menschlichen Körper. Wir unterschei-
den daher bei komplexen dynamischen Systemen die Mikroebene der ein-
zelnen Elemente von der Makroebene ihrer Systemeigenschaften. Diese
Emergenz oder Selbstorganisation von neuen Systemeigenschaften ist
Thema der Synergetik.
Klaus Mainzer 33

Die Synergetik entstand in den 1970er Jahren aus der Statistischen Physik
der Nichtgleichgewichtssysteme und behandelte zunächst physikalische
Systeme wie den Laser. An diesem System der Selbstorganisation fern dem
thermodynamischen Gleichgewicht konnten die wesentlichen Prinzipien
der Synergetik wie der Ordnungsparameter, das Versklavungsprinzip und
der Zusammenhang mit der Theorie der Phasenübergänge entwickelt wer-
den. Die kollektive Selbstorganisation der Atome im Laser ist ein synerge-
tischer Effekt, der durch einen kritischen Phasenübergang des ganzen Sys-
tems bewirkt wird. Kontrollparameter kritische Werte annehmen, bei de-
nen die Phasenübergänge stattfinden. Mathematisch bedeutet ein Phasen-
übergang eine erhebliche Vereinfachung: Anstelle von mehr als 1080 Glei-
chungen für alle Atome und Photonen auf der Mikroebene genügen wenige
Gleichungen für Ordnungsparameter, die das makroskopische Gesamtver-
halten aller Elemente bestimmen („versklaven“). Es kommt also darauf an,
die Ordnungsparameter zu identifizieren.
Dazu dient eine lineare Stabilitätsanalyse, bei der die (analytisch) nicht lös-
baren nichtlinearen Gleichungen auf eine lineare Gleichung zurückgeführt
werden (Haken 1983). Dabei werden in einer Taylor-Expansion der nicht-
linearen Gleichung die nichtlinearen Terme vernachlässigt, um eine lös-
bare lineare Gleichung zu erhalten. In den Lösungen dieser linearen Glei-
chung lassen sich Terme (Eigenwerte) unterscheiden, die stabilem oder in-
stabilem Verhalten von Moden entsprechen. Bei instabilem Verhalten
schaukeln sich die Schwingungen einer Mode so stark auf, dass sie sich
auf die anderen Moden übertragen. Die entsprechenden Terme werden da-
her als Ordnungsparameter ausgezeichnet. Man spricht bei diesen Berech-
nungen auch von einer adiabatischen Approximation.
Hierdurch kann die einheitliche Grundmode, die sich durch einen Phasen-
übergang im System von Laserlicht ausbildet, allein durch den dominie-
renden Ordnungsparameter berechnet werden. Dies vereinfacht die Diffe-
rentialgleichungen derart, dass sie gelöst werden können. Physikalisch be-
trachtet folgen also die Atome in einem Laser augenblicklich den Vorga-
ben des dominierenden Ordnungsparameters nach der Methode der adia-
batischen Näherung.
34 Selbstorganisation in komplexen Systemen

Hakens Synergetik erwies sich als elegante Berechnungsmethode, die auf


erstaunlich viele Klassen komplexer dynamischer Systeme in unterschied-
lichen Disziplinen angewendet werden konnte. 1994 schrieb ich das Buch
„Thinking in Complexity“, in dem die Synergetik mit anderen Ansätzen
der Komplexitätsforschung verglichen wurde, um eine gemeinsame
Grundlegung zu erreichen. In diesem Zeitraum begann auch meine Zusam-
menarbeit mit Günter Schiepek. 1997 folgte die Gründung der Deutschen
Gesellschaft für Komplexe Systeme und Nichtlineare Dynamik, deren 1.
Jahrestagung auf der Reisensburg a.d. Donau stattfand. 1999 wurden die
Proceedings dieser Tagung in dem Band „Komplexe Systeme und Nichtli-
neare Dynamik in Natur und Gesellschaft. Komplexitätsforschung in
Deutschland auf dem Weg ins nächste Jahrhundert“ herausgegeben. Es
schlossen sich Tagungen über Synergetik in Moskau an, die von dem Ar-
beitskreis um S. P. Kurdyumov (Keldysh Institute of Applied Mathema-
tics) organisiert wurden. 2006 schrieb Günter Schiepek mit Hermann Ha-
ken ein grundlegendes Werk zur Anwendung der Synergetik in der Psy-
chologie (Haken und Schiepek 2006).

Lokale Aktivität als Ursache von Selbstorganisation


Bei meiner Beschäftigung mit Berechenbarkeitsfragen komplexer Systeme
kam ich auf den britischen Logiker und Computerpionier Alan Turing
(1912-1954) zurück, der schon in meiner Dissertation über Grundlagen der
Mathematik eine zentrale Rolle gespielt hatte. Kurz vor seinem Tod hatte
Turing sich auch mit Struktur- und Musterbildung in der Natur beschäftigt
(Turing 1952). Bemerkenswert an seiner Arbeit war, dass er von nur zwei
stabilen Teilsystemen (Zellen mit wenigen Molekülen) ausging, die nach
dissipativer Kopplung instabil wurden. Da seine Gleichungen dissipativer
Wechselwirkungen linear waren, konnte man keine komplexe Struktur-
und Musterbildung des Gesamtsystems erwarten. Erst der amerikanische
Mathematiker (und Träger der Fields-Medaille) Steven Smale (UC Ber-
keley) verallgemeinerte 1974 Turings Ansatz für nichtlineare Wechselwir-
kungen und bewies, dass in diesem Fall auch stabile Zellen bei dissipativer
Kopplung zu oszillierenden Lösungen, also komplexer Struktur- und Mus-
terbildung führen.
Klaus Mainzer 35

Damit entsteht die Frage, was die gemeinsame Voraussetzung sowohl für
instabile als auch für stabile Zellen sein muss, damit ihre (nichtlineare)
Wechselwirkung zur Struktur- und Musterbildung führt. Im Zusammen-
hang mit dieser Frage lud mich der amerikanische Elektroingenieur und
Informatiker Leon Chua an die UC Berkeley ein (2003). Chua war auf ähn-
liche Fragen bei seiner Beschäftigung mit komplexen Musterbildungen in
nichtlinearen elektrotechnischen Netzen gestoßen.
Ausgehend von Turings und Smales Spezialfall stellen wir uns allgemein
ein räumliches System aus beliebig vielen identischen Elementen („Zel-
len“) vor, die miteinander in unterschiedlicher Weise (z.B. physikalisch,
chemisch oder biologisch) wechselwirken können (Abb. 1). Ein solches
System heißt komplex, wenn es aus homogenen Anfangsbedingungen
nicht-homogene („komplexe“) Muster und Strukturen erzeugen kann.
Diese Muster- und Strukturbildung wird durch lokale Aktivität ihrer Ele-
mente ausgelöst. Das gilt nicht nur für Stammzellen beim Wachstum eines
Embryos, sondern auch z.B. für Transistoren in elektronischen Netzen. Wir
nennen einen Transistor lokal aktiv, wenn er einen kleinen Signalinput aus
der Energiequelle einer Batterie zu einem größeren Signaloutput verstär-
ken kann, um damit nicht-homogene („komplexe“) Spannungsmuster in
Schaltnetzen zu erzeugen.

Abb. 1: Lokale Aktivität einer Zelle löst Musterbildung aus (Mainzer 2019, S. 187). Mit
freundlicher Genehmigung des Springer Verlags.
36 Selbstorganisation in komplexen Systemen

Radios, Fernseher oder Computer wären ohne die lokale Aktivität solcher
Einheiten nicht funktionstüchtig. Bedeutende Forscher wie die Nobelpreis-
träger Ilya Prigogine (Chemie) und Erwin Schrödinger (Physik) waren
noch der Auffassung, dass für die Selbstorganisation von Strukturen und
Mustern ein nichtlineares System und eine Energiequelle ausreichen. Be-
reits das Beispiel der Transistoren zeigt aber, dass Batterien und nichtline-
are Schaltelemente alleine keine komplexen Muster erzeugen können,
wenn die Elemente nicht lokal aktiv im Sinne der beschriebenen Verstär-
kerfunktion sind.
Das Prinzip der lokalen Aktivität hat grundlegende Bedeutung für die
Selbstorganisation von Mustern und Strukturen in komplexen Systemen.
In einem gemeinsamen Buch (Mainzer und Chua 2013), das an meiner
Wirkungsstätte der Technischen Universität München (seit 2008) entstand,
beziehen wir uns auf nichtlineare Differentialgleichungen, die Reaktions-
Diffusionsprozesse zwischen den Zellen beschreiben. Allgemein heißt eine
Zelle lokal aktiv, wenn an einem zellulären Gleichgewichtspunkt ein klei-
ner lokaler Input existiert, der mit einer externen Energiequelle zu einem
großen Output verstärkt werden kann. Eine Zelle heißt lokal passiv, wenn
es keinen Gleichgewichtspunkt mit lokaler Aktivität gibt. Es lässt sich be-
weisen, dass Systeme ohne lokal aktive Elemente prinzipiell keine kom-
plexen Strukturen und Muster erzeugen können (Mainzer und Chua 2013).
Die Existenz eines Inputs, der lokale Aktivität auslöst, kann mathematisch
durch bestimmte Testkriterien systematisch geprüft werden. Diese Krite-
rien beschreiben zunächst die lokal aktiven und instabilen Fälle, die auch
in der linearen Stabilitätsanalyse der Synergetik erfasst sind. Dort werden
die instabilen Moden als Ordnungsparameter ausgezeichnet. Die Kriterien
berücksichtigen aber auch den Fall von Turing und Smale, bei dem lokal
aktive und (asymptotisch) stabile Zellen nach dissipativer Kopplung zu
Struktur- und Musterbildung führen. Stabile Zellen sind gewissermaßen
mathematisch „tot“ und werden erst durch dissipative Kopplung „zum Le-
ben“ erweckt, wenn sie das Potential lokaler Aktivität besitzen. Man
spricht daher in diesem Fall auch vom „Rand des Chaos“ (edge of chaos),
an dem z.B. „tote“ chemische Substanzen nach dissipativer Wechselwir-
kung Lebensprozesse auslösen können. In der Sprache der Synergetik ent-
sprechen Ordnungsparameter offenbar der lokalen Aktivität von einzelnen
Klaus Mainzer 37

(instabilen und stabilen!) Moden, die schließlich das gesamte System be-
stimmen. Das scheint mir eine bemerkenswerte Erweiterung und Korrektur
des ursprünglichen Ansatzes zu sein.

Selbstorganisation in Organismen und Gehirnen


Strukturbildung in der Natur lässt sich systematisch klassifizieren, indem
Anwendungsgebiete durch Reaktions-Diffusions-Gleichungen nach dem
eben beschriebenen Muster modelliert werden. So haben wir die entspre-
chenden Differentialgleichungen für Musterbildung in der Chemie (z.B.
Prigogines Musterbildung in homogenen chemischen Medien), in der Mor-
phogenese (z.B. Gierer-Meinhards Musterbildung von Muschelschalen,
Fellen und Gefieder in der Zoologie), in der Gehirnforschung (z.B. Ho-
dgkin-Huxleys Verschaltungsmuster von Neuronen) und in der elektroni-
schen Netztechnik (z.B. Chuas Verschaltungsmuster in Schaltnetzen) un-
tersucht.
Strukturbildungen entsprechen mathematisch nicht-homogenen Lösungen
der betrachteten Differentialgleichungen, die von unterschiedlichen Kon-
trollparametern (z.B. chemischen Stoffkonzentrationen, ATP-Energie in
Zellen, neurochemischen Botenstoffen von Neuronen) abhängen. Für die
betrachteten Beispiele von Differentialgleichungen konnten wir systema-
tisch die Parameterräume definieren, deren Punkte alle möglichen Kon-
trollparameterwerte des jeweiligen Systems repräsentieren. In diesen Para-
meterräumen lassen sich dann mit den erwähnten Testkriterien die Regio-
nen lokaler Aktivität und lokaler Passivität genau bestimmen, die entweder
Strukturbildung ermöglichen oder mathematisch „tot“ sind. Mit Compu-
tersimulationen lassen sich im Prinzip für jeden Punkt im Parameterraum
die möglichen Struktur- und Musterbildungen erzeugen. In diesem mathe-
matischen Modellrahmen lässt sich also die Selbstorganisation von Struk-
turen und Mustern vollständig bestimmen und voraussagen. Insbesondere
Gehirnregionen „am Rand des Chaos“ zeigten interessante Musterbildun-
gen.
Manche Systemeigenschaften sind der jeweiligen Systemumgebung ange-
passt und setzen sich durch, andere zerfallen wieder und werden ausgeson-
dert. Dieses Zusammenspiel von Zufall und Selektion bei der Entstehung
38 Selbstorganisation in komplexen Systemen

von neuen Strukturen wurde erstmals von Charles Darwin am Beispiel der
biologischen Evolution der Arten entdeckt. Es handelt sich aber um eine
universelle Eigenschaft der Selbstorganisation komplexer dynamischer
Systeme, die daher auch in technischen Systemen Anwendung finden
könnte. Das menschliche Gehirn ist wieder ein Beispiel für ein komplexes
dynamisches System, in dem Milliarden von Neuronen neurochemisch
wechselwirken. Durch vielfach versendete elektrische Impulse entstehen
komplexe Schaltmuster, die mit kognitiven Zuständen wie Denken, Füh-
len, Wahrnehmen oder Handeln verbunden sind. Die Entstehung
(Emergenz) dieser mentalen Zustände ist ein typisches Beispiel für die
Selbstorganisation eines komplexen Systems: Das einzelne Neuron ist
quasi „dumm“ und kann weder denken oder fühlen noch wahrnehmen. Erst
ihre kollektiven Wechselwirkungen und Verschaltungen unter geeigneten
Bedingungen erzeugen kognitive Zustände.
Unsere heutigen Computer sind in der Tradition der Turing-Maschine noch
weitgehend von-Neumann-Maschinen mit getrennten Speicher- und Pro-
zessoreinheiten. Neuromorphe Rechnerstrukturen sind denkbar, in denen
polymorphe Architekturen nach dem Vorbild des Gehirns mit synergeti-
schen Prinzipien energiesparend, effizient und robust arbeiten, aber auf-
grund exponentiell wachsender Rechner- und Speicherkapazität das
menschliche Gehirn weit überholen können. Abb. 2 zeigt identische Neu-
ronen, auf deren Axon-Membranen Spannungsunterschiede durch Ionen-
ströme bewirkt werden. Wenn ein bestimmter Schwellenwert erreicht ist,
wird ein Aktionspotential ausgelöst. Diese lokale Aktivität wird in einem
nichtlinearen elektrotechnischen Schaltnetz modelliert, in dem Inputs den
Ionenströmen entsprechen und Spannungsveränderungen durch Konden-
satoren und Batterien dargestellt werden. Das Aktionspotential wird durch
ein Gate ausgelöst, das wie ein Transistor die Inputsignale verstärkt. Dieses
Gate realisiert also die lokale Aktivität und damit die Selbstorganisation
des Systems. Mathematisch erfüllt dieses Modell nichtlineare Differential-
gleichungen, die durch die Medizin-Nobelpreisträger A. L. Hodgkin und
A. F. Huxley 1952 aufgrund von Messungen aufgestellt wurden.
Klaus Mainzer 39

(c)
Abb. 2: Lokale Aktivität (c) in einem neuromorphen Verschaltungsnetz von Neuronen
(a, b) (Mainzer 2019, S. 194). Mit freundlicher Genehmigung des Springer Verlags.
40 Selbstorganisation in komplexen Systemen

Selbstorganisation im Machine Learning


Selbstorganisation liegt auch im Machine Learning mit neuronalen Netzen
und Lernalgorithmen vor, auf die sich die gegenwärtige KI-Forschung be-
ruft (Mainzer 2019). Machine Learning mit neuronalen Netzen orientiert
sich mit geeigneten Netzwerktopologien und Lernalgorithmen an der In-
formationsverarbeitung von Gehirnen (Abb. 3). Im komplexen System ei-
nes Gehirns sind Milliarden von Neuronen untereinander durch Synapsen
verbunden, durch die neurochemische Signale wandern. Im grafischen
Modell eines technischen („künstlichen“) neuronalen Netzes werden Neu-
ronen durch Knoten und Synapsen durch Kanten dargestellt. Kanten sind
durch Zahlen gewichtet, mit denen die Intensität der neurochemischen
Verbindung durch Synapsen angezeigt wird. Aufgrund der Hebbschen Re-
gel feuern Neuronen ein Aktionspotential ab, wenn die Summe der gewich-
teten Inputs von Nachbarzellen einen Schwellenwert überschreitet. Das ist
die „lokale Aktivität“ einer Zelle, von der in den vorherigen Abschnitten
die Rede war. Zudem sind die Neuronen in Schichten angeordnet, was dem
Aufbau des Neocortex im menschlichen Gehirn entspricht.

Abb. 3: Mehrschichtige und rückgekoppelte neuronale Netze.

Lernen bedeutet auf der neuronalen Ebene, dass erregte Neuronen sich in
Verschaltungsmustern verbinden. Diese Selbstorganisation der Musterbil-
dung wird also durch die lokale Aktivität von Gehirnzellen möglich. In der
Neuropsychologie kommt hinzu, dass solche Verschaltungsmuster mit
kognitiven Zuständen wie Wahrnehmungen, Vorstellungen, Gefühlen,
Denken und Bewusstsein verbunden sind. Im Fall der Wahrnehmung er-
möglicht also die Selbstorganisation der Musterbildung („pattern forma-
tion“) die Selbstorganisation der Mustererkennung („pattern recognition“).
Klaus Mainzer 41

Im Modell neuronaler Netze werden diese Verschaltungsvorgänge durch


Lernalgorithmen modelliert, mit denen die synaptischen Zahlengewichte
verändert werden, da sie für die Intensität der jeweiligen neurochemischen
Stärke der synaptischen Verbindungen in einem Verschaltungsmuster ste-
hen. Zusammengefasst kann man sagen: Im Machine Learning wird die
Selbstorganisation eines Lernvorgangs durch Lernalgorithmen realisiert.
Ähnlich wie in der Psychologie werden verschiedene Arten von Lernalgo-
rithmen unterschieden: Beim überwachten Lernen wird dem neuronalen
Netz zunächst ein Prototyp beigebracht. Durch Abgleich mit einem eintrai-
nierten Prototyp kann z.B. ein Gesicht unter einer Vielzahl von Gesichtern
wiedererkannt werden. Beim nicht-überwachten Lernen ist das neuronale
Netz in der Lage, selbstständig Ähnlichkeiten von Daten zu erkennen, um
sie entsprechend zu klassifizieren. So kommt es, dass solche neuronalen
Netze mit ihren Algorithmen das Gesicht z.B. einer Katze erkennen kön-
nen, ohne vorher beigebracht bekommen zu haben, was eine Katze über-
haupt ist.
Beim verstärkenden Lernen wird dem System zunächst eine Aufgabe bei-
gebracht, die es dann mehr oder weniger selbstständig lösen soll. Es könnte
sich z.B. um einen Roboter handeln, der selbstständig einen Weg zu einem
vorgegebenen Ziel finden soll. Beim Lösen dieser Aufgabe bekommt der
Roboter ständig Rückmeldungen in bestimmten Zeitintervallen, wie gut
oder wie schlecht er dabei ist, den Weg bzw. die Aufgabenlösung zu fin-
den. Die Lösungsstrategie besteht darin, diese Folge von Rückmeldungen
zu optimieren.
Deep Learning bezieht sich auf die Tiefe des neuronalen Netzes, die der
Anzahl der neuronalen Schichten entspricht, um die Effizienz (z.B. bei der
Mustererkennung) zu steigern. Was im mathematischen Modell schon seit
den 1980er Jahren bekannt war, wird erst seit wenigen Jahren technisch
realisierbar, da nun die notwendige Rechenpower vorliegt (z.B. Google
Brain mit einer Million Neuronen und einer Milliarde Synapsen). Dabei ist
die Technik keineswegs an die kleine Zahl von neuronalen Schichten ge-
bunden, sondern lässt sich je nach der zur Verfügung stehenden Rechen-
power beliebig steigern, um die Effizienz des Systems zu verbessern.
42 Selbstorganisation in komplexen Systemen

Ein aktuelles Anwendungsbeispiel sind selbstlernende Fahrzeuge: So kann


ein einfaches Automobil mit verschiedenen Sensoren (z.B. Nachbarschaft,
Licht, Kollision) und motorischer Ausstattung bereits komplexes Verhal-
ten durch ein sich selbst organisierendes neuronales Netzwerk erzeugen.
Werden benachbarte Sensoren bei einer Kollision mit einem äußeren Ge-
genstand erregt, dann auch die mit den Sensoren verbundenen Neuronen
eines entsprechenden neuronalen Netzes. So entsteht im neuronalen Netz
ein Verschaltungsmuster, das den äußeren Gegenstand repräsentiert. Im
Prinzip ist dieser Vorgang ähnlich wie bei der Wahrnehmung eines äuße-
ren Gegenstands durch einen Organismus – nur dort sehr viel komplexer.
Wenn wir uns nun noch vorstellen, dass dieses Automobil mit einem „Ge-
dächtnis“ (Datenbank) ausgestattet wird, mit dessen Hilfe es sich solche
gefährlichen Kollisionen merken kann, um sie in Zukunft zu vermeiden,
dann ahnt man, wie die Automobilindustrie in Zukunft unterwegs sein
wird, selbst-lernende Fahrzeuge zu bauen. Sie werden sich erheblich von
den herkömmlichen Fahrerassistenzsystemen mit vorprogrammiertem
Verhalten unter bestimmten Bedingungen unterscheiden. Es wird sich um
ein neuronales Lernen handeln, wie wir es in der Natur von höher entwi-
ckelten Organismen kennen.
Wie viele reale Unfälle sind aber erforderlich, um selbstlernende (“auto-
nome”) Fahrzeuge zu trainieren? Wer ist verantwortlich, wenn autonome
Fahrzeuge in Unfälle verwickelt sind? Welche ethischen und rechtlichen
Herausforderungen stellen sich? Bei komplexen Systemen wie neuronalen
Netzen mit z.B. Millionen von Elementen und Milliarden von synaptischen
Verbindungen erlauben zwar die Gesetze der Statistischen Physik, globale
Aussagen über Trend- und Konvergenzverhalten des gesamten Systems zu
machen. Die Zahl der empirischen Parameter der einzelnen Elemente ist
jedoch unter Umständen so groß, dass keine lokalen Ursachen ausgemacht
werden können.
Das technische neuronale Netz bleibt für uns eine „Black Box“. Vom in-
genieurwissenschaftlichen Standpunkt aus sprechen Autoren daher von ei-
nem „dunklen Geheimnis“ im Zentrum der KI des Machine Learning:
“…even the engineers who designed [the machine learning-based system]
may struggle to isolate the reason for any single action” (Knight 2017,
Klaus Mainzer 43

S. 2). Es ist, als würden wir einen Hund trainieren. Er erfüllt seine Aufga-
ben im besten Fall wie ein Polizei- und Hütehund. Was aber im Einzelnen
in seinem komplexen Gehirn abläuft, bleibt uns verschlossen, ebenso ob er
uns am Ende doch beißt. Bei einigen hocheffizienten und risikoreichen Al-
gorithmen der Technik ist das Trainieren von Tigern ein noch passenderes
Bild.
Zusammengefasst folgt: Machine Learning mit neuronalen Netzen funkti-
oniert, aber wir können die Selbstorganisation in den neuronalen Netzen
nicht im Einzelnen verstehen und kontrollieren. Machine Learning Tech-
niken sind ähnlich zu statistischen Testvorgängen, aber das reicht nicht für
sicherheitskritische Systeme. Daher muss Machine Learning in Zukunft
mit Erklärungen und Kontrollverfahren ausgestattet werden. Das Verlas-
sen auf Selbstorganisation reicht nicht.
Datenkorrelationen können Hinweise auf Sachverhalte liefern, müssen es
aber nicht. Dazu stellen wir uns eine Testreihe vor, bei der sich eine güns-
tige Korrelation zwischen einer verabreichten chemischen Substanz und
der Bekämpfung bestimmter Krebstumore ergibt. Dann entsteht Druck des
betroffenen Unternehmens, mit einem entsprechenden Medikament in die
Produktion zu gehen und Gewinne abzuschöpfen. Aber auch betroffene
Patienten mögen darin ihre letzte Chance sehen. Tatsächlich erhält man ein
nachhaltiges Medikament aber nur, wenn der zugrundeliegende kausale
Mechanismus des Tumorwachstums, also die Gesetze der Zellbiologie und
der Biochemie verstanden sind.
Bereits Newton war kaum an statistischen Datenkorrelationen der fallen-
den Äpfel von den Apfelbäumen seines väterlichen Bauernhofs interes-
siert, obwohl diese Geschichte immer wieder (seit Voltaire) erzählt wird.
Sein Ziel war das zugrundeliegende mathematische Kausalgesetz der Gra-
vitation, mit dem genaue Erklärungen und Prognosen der fallenden Äpfel
und der Himmelskörper möglich wurden, letztlich auch die darauf aufbau-
ende Satelliten- und Raketentechnik von heute.
Statistisches Lernen und Schließen aus Daten reichen also nicht aus. Man
muss vielmehr die kausalen Zusammenhänge von Ursachen und Wirkun-
gen hinter den Messdaten erkennen. Diese kausalen Zusammenhänge hän-
gen von den Gesetzen der jeweiligen Anwendungsdomäne der jeweiligen
44 Selbstorganisation in komplexen Systemen

Forschungsmethoden ab, also den Gesetzen der Physik am Beispiel von


Newton, den Gesetzen der Biochemie und des Zellwachstums am Beispiel
der Krebsforschung, etc. Wäre es anders, könnte man bereits mit den Me-
thoden des statistischen Lernens und Schließens die Probleme dieser Welt
lösen. Tatsächlich scheinen das einige kurzsichtige Zeitgenossen beim der-
zeitigen Hype der Künstlichen Intelligenz zu glauben.
Statistisches Lernen und Schließen ohne kausales Domänenwissen ist
blind – bei noch so großer Datenmenge (Big Data) und Rechenpower! Die-
ses aktuelle Problem des Machine Learning hat einen erkenntnistheoreti-
schen Hintergrund in der Philosophie des 18. Jahrhunderts. Nach David
Hume beruht alle Erkenntnis auf sinnlichen Eindrücken (Daten), die psy-
chologisch „assoziiert“ werden (Hume 1976). Es gibt danach keine Kau-
salitätsgesetze von Ursache und Wirkung, sondern nur Assoziationen von
Eindrücken (z.B. Blitz und Donner), die mit (statistischer) Häufigkeit „ge-
wohnheitsmäßig“ korreliert werden. Demgegenüber sind nach Immanuel
Kant Kausalitätsgesetze als vernunftmäßig gebildete Hypothesen notwen-
dig, die experimentell überprüft werden müssen. Ihre Bildung beruht nicht
auf psychologischen Assoziationen, sondern auf einer vernunftmäßigen
Kategorie, die mithilfe der Einbildungskraft in Vorhersagen für die Erfah-
rung operationalisiert werden kann (Kant 1956). In heutiger Forschung
werden Kausalmodelle als Hypothesen angenommen. Nach Kant ist dieses
Verfahren seit Galileo Galilei in der Physik in Gebrauch, die somit erst zur
Wissenschaft wurde. Jedenfalls reichen Datenkorrelationen (auch mit Big
Data) für (wissenschaftliche) Erklärungen nicht aus!
Evolutionsbiologisch ist bemerkenswert, dass bereits Tiere bei entspre-
chender sensorischer und neuronaler Ausstattung zu statistischem Lernen
und Schließen fähig sind. Organismen, die gehäuft bestimmte Gefahrensi-
tuationen erleben, werden sie in Zukunft meiden und ihre Konsequenzen
für zukünftiges Verhalten daraus ziehen. Dazu bedarf es keiner formalen
Repräsentanz in statistischen Formeln wie bei uns Menschen. Formeln las-
sen sich aber in Algorithmen übersetzen, mit denen z.B. Roboter program-
miert werden können. Diese Form der schwachen Künstlichen Intelligenz
ist heute technisch gut erprobt.
Neben der Statistik der Daten bedarf es aber zusätzlicher Gesetzes- und
Strukturannahmen der Anwendungsdomänen, die durch Experimente und
Klaus Mainzer 45

Interventionen überprüft werden. Kausale Erklärungsmodelle (z.B. das


Planetenmodell oder ein Tumormodell) erfüllen die Gesetzes- und Struk-
turannahmen einer Theorie (z.B. Newtons Gravitationstheorie oder die Ge-
setze der Zellbiologie).
Beim kausalen Schließen werden Eigenschaften von Daten und Beobach-
tungen aus Kausalmodellen, d.h. Gesetzesannahmen von Ursachen und
Wirkungen, abgeleitet. Kausales Schließen ermöglicht damit, die Wirkun-
gen von Interventionen oder Datenveränderungen (z.B. durch Experi-
mente) vorauszusagen. Kausales Lernen versucht umgekehrt, ein Kausal-
modell aus Beobachtungen, Messdaten und Interventionen (z.B. Experi-
menten) abzuleiten, die zusätzliche Gesetzes- und Strukturannahmen
voraussetzen. Kausales Lernen und Schließen aus Kausalmodellen wären
die ersten Schritte zu einer starken Künstlichen Intelligenz, die bei Tieren
nicht beobachtbar sind, aber bei Menschen. Algorithmen des kausalen Ler-
nens sind derzeit Gegenstand intensiver Forschung (Pearl 2013).

Selbstorganisation im Internet der Dinge


Auch das Internet ist ein komplexes System von Netzknoten, die sich zu
Mustern verschalten können. Im Internet der Dinge werden Geräte aller
Art (z.B. Smartphones, Autos, Häuser) mit Sensoren ausgestattet, um mit-
einander zu kommunizieren. Die Folge sind unüberschaubar große Daten-
mengen („Big Data“) (Mainzer 2014). Wie im Straßenverkehr kann es bei
kritischen Kontrollparametern (z.B. Datendichte, Übertragungskapazität)
zu Datenstau und Datenchaos kommen. Mathematisch handelt es sich bei
diesen Netzen um komplexe Systeme mit nichtlinearer Dynamik, wie wir
sie bereits schon bei Zellen, Organismen und Gehirnen kennengelernt ha-
ben. Die nichtlinearen Nebenwirkungen dieser komplexen Systeme kön-
nen global häufig nicht mehr kontrolliert werden. Lokale Ursachen können
sich aufgrund nichtlinearer Wechselwirkungen zu unvorhergesehenen glo-
balen Wirkungen aufschaukeln. Man spricht daher auch von systemischen
Risiken, die keine einzeln identifizierbaren Verursacher haben, sondern
durch die Systemdynamik insgesamt entstehen. Am „Rand des Chaos“ ist
auch in scheinbar (asymptotisch) stabilen Zuständen der Absturz jederzeit
möglich.
46 Selbstorganisation in komplexen Systemen

Unsere Technologie wird autonomer, um die Aufgaben einer zunehmend


komplexer werdenden Zivilisation zu lösen. Die dafür notwendigen Orga-
nisationssysteme können einzelne Menschen nicht mehr durchschauen.
Die Kehrseite der zunehmenden Autonomie von Technik ist allerdings die
schwieriger werdende Kontrolle: Maschinen und Geräte wurden in den In-
genieurwissenschaften immer mit der Absicht entwickelt, sie auch kontrol-
lieren zu können. Wie lassen sich aber systemische Risiken komplexer
Systeme kontrollieren?
Ein Blick auf die Evolution zeigt, dass sich dort autonome Selbstorganisa-
tion und Kontrolle ergänzt haben. Bei Krankheiten wie Krebs wird dieses
Gleichgewicht jedoch gestört: Ein Krebstumor ist ein selbstorganisieren-
der Organismus, der eigene Interessen entwickelt und sozusagen um sein
Überleben kämpft, aber nicht überblickt, dass sein eigener Wirtsorganis-
mus daran zugrunde geht. Komplexe Systeme brauchen also Kontrollme-
chanismen, um Balance zu finden – in Organismen, Finanzmärkten und
der Politik. Es ist notwendig, die Grundlagen und Grenzen der dabei ver-
wendeten Algorithmen zu kennen. Diese Megasysteme aus Mikro- und
Makrowelten entwickeln ihre eigene nichtlineare Dynamik. Sie sollten
aber Dienstleistungssysteme zum Wohl des Menschen und seiner Zivilisa-
tion bleiben. Dazu benötigen wir eine Stärkung der menschlichen Urteils-
kraft, damit uns die Selbstorganisation dieser soziotechnischen Superorga-
nismen nicht aus dem Ruder läuft.
Klaus Mainzer 47

Literaturverzeichnis
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Vapnik, V.N. (1998): Statistical Learning Theory. New York: Wiley.
49

Selbstorganisation in sozialen Systemen


Hans Menning

Warum gibt es Selbstorganisation?


Der Begriff der Selbstorganisation wirft eine Reihe elementarer Fragen
auf, die beantwortet werden möchten. Die erste und schwierigste Frage ist
sicherlich die Warum-Frage: Warum sollte sich etwas selbst organisieren
und nicht nicht? Warum sollte es nicht einfach unorganisiert bleiben? Des-
organisierte Systeme können den Reiz des Unvorhersehbaren haben. Wa-
rum herrscht nicht maximale Entropie und maximales Chaos in unserer
Welt? Warum haben sich Elementarteilchen zu Atomen und Atome zu Mo-
lekülen organisiert und schweben nicht allein und isoliert durchs Weltall?
Wieso hat sich Materie im Weltall zu relativ runden Objekten zusammen-
gerauft, die wie ein Schweizer Uhrwerk ineinandergreifen und umeinan-
derkreisen? Wieso hat sich auf einem dieser kugelähnlichen Objekte, ge-
nannt Erde, eine Klasse von Bedingungen zusammengebraut, die genü-
gend Sauerstoff in der Atmosphäre, genügend flüssiges Wasser und genü-
gend Kohlenstoff zur Verfügung stellte? Und wieso hat sich dieser Koh-
lenstoff und Wasserstoff zu komplexen, selbsterhaltenden Organismen zu-
sammengetan? Einfach, weil er es konnte? Ist alles ein trial-and-error Pro-
zess und das am besten an die Umweltbedingungen (im weitesten Sinn)
angepasste System gewinnt? Gewinnt immer das komplexere System?
Charles Darwin hat mit der Evolutionstheorie (eigentlich müsste es auf
Deutsch „Entwicklungstheorie“ heißen) die Grundlagen für eine Selbstor-
ganisationstheorie gelegt: Survival of the fittest bedeutet nicht, dass der mit
den stärksten Muskeln überlebt, sondern derjenige, der sich am besten an
seine variablen Umweltbedingungen anpasst, die Gegebenheiten der Um-
welt aufnimmt und sie in etwas Eigenes umwandelt. So überlebt die Wüs-
tenmaus trotz sehr karger Bedingungen und der Dodo stirbt im Paradies
aus.

© Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2020
K. Viol et al. (Hrsg.), Selbstorganisation – ein Paradigma für die
Humanwissenschaften, https://doi.org/10.1007/978-3-658-29906-4_4
50 Selbstorganisation in sozialen Systemen

Soziale Selbstorganisation
Auf soziale Systeme übertragen müsste die Frage lauten: Warum organi-
sieren sich Tiere zu Horden, Rudeln, Herden, Schwärmen oder Schulen?
Offenbar bringt die Organisation zu größeren Strukturen Vorteile: eine
Herde Büffel ist nicht so schutzlos wie ein einzelnes Individuum (obwohl
gerade das Beispiel der Bisons in Nordamerika beweist, dass die Herde
nicht ausreichend Schutz gewährt, wenn der Angreifer skrupellos genug ist
und es auf die Ausrottung der ganzen Population abgesehen hat). Ein
Schwarm Vögel kann einen angreifenden Raubvogel geschickt umfliegen
und eventuell sogar vertreiben, eine Schule von Thunfischen oder Makre-
len verwirrt den Angreifer, da sie wie ein einzelner Organismus agiert und
sich immer da gerade zurückzieht, wo der Angriff stattfindet. Das Wolfs-
rudel oder die Löwen- oder Hyänenmeute haben dem Menschen vermut-
lich das Jagen beigebracht: Wo ein Einzelner ziemlich machtlos und sehr
schnell erschöpft wäre, schafft es das Rudel, rasch und effizient Beute zu
machen. Lebende Organismen sind sehr schnell in der Lage zu erkennen,
was zu ihrem Vorteil wäre und was nicht. Sie holen sich ihre Beute erbar-
mungslos und ohne Skrupel, aber in der Regel nicht mehr, als sie eben
brauchen können. Geht es also nur um Ökonomie, um eine Ökonomie des
Lebendigen? Geht es nur darum, mit möglichst wenig Aufwand möglichst
viel Beute zu machen? Man könnte im Bereich der biologischen Systeme
diesen Eindruck gewinnen. Haie haben sich seit Jahrmillionen nicht mehr
grundlegend weiterentwickelt, da sie für ihre Umweltbedingungen schon
perfekt angepasst waren, so dass sie mit geringstem Aufwand maximal er-
folgreich waren … bis der Mensch kam. Ebenso war der Dodo-Vogel ma-
ximal erfolgreich in der Bewältigung seiner Umweltbedingungen … bis
der Mensch kam. Diese Art Sätze kann man unendlich fortsetzen für ganz
viele Spezies, die inzwischen vom Aussterben durch menschliche Einwir-
kung bedroht sind.

Sapiens Systeme
Als der homo sapiens begann, die Welt zu erobern, gab es schon erfolgrei-
che Hominiden wie den homo erectus oder homo neandertalensis, die
schon weitaus länger die Erde bevölkerten und auch gelernt hatten, sich in
Hans Menning 51

kleineren Gruppen selbst zu organisieren. Was also machte den durch-


schlagenden Erfolg des homo sapiens aus? Er war weise genug, sich in
Selbstorganisation höherer Ordnung zu üben. Es reichte nicht mehr, die
eigene Sippe in einer Höhle möglichst unbemerkt vor allen anderen Sippen
zu verstecken, man musste mit den anderen reden. Der homo sapiens hat
sicherlich auch erst mit den Keulen gefuchtelt, als die anderen kamen, aber
dann hat er recht schnell gelernt, dass es besser ist, mit dem Häuptling der
anderen Geschenke auszutauschen, Bärenfelle gegen scharfe Steine zu
handeln und nicht zuletzt, die Töchter mit den Söhnen zu vereinen.
Die eminent wichtige Einsicht, die aus dieser Eintracht emergierte, war,
dass Kooperation sich lohnte, dass zwei Sippen schon einen Clan ausmach-
ten, der ein viel größeres Territorium kontrollieren konnte, der schneller
und intuitiver Informationen austauschen und neue Werkzeuge und Waf-
fen bauen konnte, was die Entwicklung der sensomotorischen Finger- und
Handareale und auch der feinmotorischen Fingerfertigkeiten förderte. Es
konnte nun gemeinsam gejagt werden, was die Wolfsrudel zwar auch
schon konnten, was der homo sapiens jedoch mit tödlicher Effizienz tat.
Dafür war es nötig, eine einheitliche Sprache zu begründen, die alle ver-
standen und in der man sich relativ mühelos verständigen konnte. Sicher
war anfänglich die Körpersprache ausschlaggebend, indem man mit dem
Finger auf eine Hüftkeule gezeigt hat und dazu Grunzlaute von sich gege-
ben hat. Irgendwann haben diese dann ausgereicht, um die Sache stellver-
tretend zu repräsentieren. Der homo sapiens hatte die Sprache entdeckt,
was zu einem phänomenalen Ausbau der Sprachareale vor allem in der lin-
ken Hirnhemisphäre führte.
Doch aus der Entwicklung eines komplexen Sprachsystems, in dem jedes
Objekt, jeder Mensch, jedes Tier, jede (Un-)Tat, jeder Gedanke, jedes Ge-
fühl und jeder Wunsch Ausdruck fand, emergierte ein komplexes soziales
Gefüge, das zu einer exorbitanten Entwicklung des präfrontalen Kortex
führte. Wenn die Kräftigsten und Schnellsten auf Jagd gingen, konnten die
zurückgeblieben Höhlenbewohner nicht nur Beeren und Früchte sammeln,
sondern auch „schnacken“ und das Verhalten der Anderen analysieren. Die
Analyse war geboren, bevor es überhaupt die erste Couch gab.
52 Selbstorganisation in sozialen Systemen

Dieser Ausbau der präfrontalen Areale ließ den Raum der sozialen Mög-
lichkeiten explodieren. Schon eine Ameisen-, Bienen- oder Wespenkolo-
nie kann einen sehr starken Zusammenhalt entwickeln, wenn ein äußerer
Feind auftaucht. Um wieviel mehr kann der Mensch dann Zusammenhalt
generieren! Nicht nur, dass sich jetzt Clans zu größeren Sprachgemein-
schaften zusammenschließen konnten, sie konnten gemeinsam Verteidi-
gungsanlagen bauen und gemeinsam gegen einen äußeren Feind zu Felde
ziehen, sie konnten sich über neue Entwicklungen und neue Technologien
austauschen und die intelligentesten unter sich ausmachen.
Die hochentwickelte Feinmotorik in den sensomotorischen Arealen,
extrem feingetunte Sprachareale, die übrigens, wenn man das Hirn mit ei-
nem Globus vergliche, vom Broca- bis zum Wernicke-Areal die Größe von
Eurasien einnähmen, sowie die ausgeprägten präfrontalen Areale, die die
Exekutive, die Handlungsplanung, die Moral und die Empathie beinhalten,
emergierten auf sozialer Ebene zu hochkomplexen selbstorganisierten
Strukturen.
Die größeren Sprachgemeinschaften entwickelten sich von instabilen, dis-
sipativen Strukturen fern von jedem Gleichgewicht immer weiter in neue
Gleichgewichte, wie das Prigogine (1979) für physische Strukturen er-
kannt hatte, bis immer größere Strukturen wie Völker und Nationen ent-
standen. Es scheint also ein Prinzip zu geben, das die Welt von astronomi-
schen, physischen, anorganischen bis hin zu organischen, psychischen und
sozialen Systemen durchzieht. Wir nennen dieses Prinzip Selbstorganisa-
tion (früher nannte man es allenfalls „Gott“ oder das „Genesisprinzip“).

Soziale Autopoiese
Autopoiese bezeichnet die Eigenschaft von sich selbstorganisierenden
Systemen, sich selbst neu zu erschaffen, immer wieder neue Systemele-
mente zu reproduzieren (Varela und Maturana 1980). Auf astronomischer
Ebene haben wir ein Universum, das sich in selbstähnlichen Galaxien or-
ganisiert hat, die um ihren Schwerpunkt (in der Regel ein schwarzes Loch)
kreisen. Die Galaxien haben sich zu Sonnensystemen organisiert, die eben-
falls um ihren Schwerpunkt, in der Regel einen Stern, kreisen. Die Planeten
Hans Menning 53

haben Monde, die um sie kreisen. Überall haben sich Attraktoren heraus-
gebildet, die ein System in komplexen, nichtlinearen Bahnen „versklaven“,
d.h. in einem (fr)agilen Gleichgewicht halten.
Anorganische Systeme erschaffen und organisieren sich ebenfalls selbst
wie Sand am Meer oder in der Wüste, wenn ähnliche Bedingungen zusam-
mentreffen. Organische Systeme haben von der ersten Zelle an, die unter
dem Druck der Anpassung stand, die Autopoiese auf die Spitze getrieben.
Jede Zelle (re)produziert sich selbst gemäß ihrem genetischen Code,
schließt sich zu selbstähnlichen Zellverbänden und Netzwerken zusam-
men, die übergeordnete Funktionen wie die der Organe übernehmen.
Aus organischen Systemen sind psychische Systeme in ähnlichen Prozes-
sen der Autopoiese emergiert. Von einfachen Mechanismen wie Lustma-
ximierung und Unlustminimierung im Kleinstkindalter, die sich fraktal in
immer weitere, feinere Mechanismen der Lustgewinnung und Unlustver-
meidung verzweigen, werden z.B. unbewusst ablaufende Verteidigungs-
und Reparaturprogramme generiert, die der resilienten Erhaltung des ge-
samten Systems Psyche dienen (Menning 2015). Aus diesen meist unbe-
wussten Systemen hat sich Bewusstsein herausdifferenziert, das eine ex-
plizite und intentionale Organisation der unbewussten Systeme ermöglicht.
Intuitiv folgerichtig wäre die Emergenz eines übergeordneten Metabe-
wusstseins, das die individuellen Bewusstseinssysteme kohärent koordi-
niert und organisiert. Analog zum „kollektiven Unbewussten“ (C. G. Jung)
oder dem „unus mundus“ wäre die Emergenz des „kollektiven Bewussten“
aus bestehenden Bewusstseinssystemen.
Wie wir gesehen haben, sind immer komplexere soziale Systeme (Sippen,
Clans, Interessengemeinschaften, Sprachgemeinschaften, Völker, Natio-
nen, Verbünde von Nationen wie früher die Sowjetunion oder heute die
Europäische Union) aus einfachen Familieneinheiten emergiert, die selbst-
ähnliche Sprach- und Denksysteme fraktal ausdifferenziert haben. So hat
sich die indoeuropäische Sprachfamilie in viele einzelne Sprachen ausdif-
ferenziert, in denen der gemeinsame Ursprung noch zu erkennen ist, wie
etwa das Wort „maha“ in Sanskrit (die Etymologie von „Sanskrit“ selbst
setzt sich aus sam: „zusammen“ und skrit: „gefügt“ zusammen), „mega“
im Griechischen, „magna“ im Lateinischen oder „mare“ im Rumänischen,
54 Selbstorganisation in sozialen Systemen

oder die elementaren Zahlen, die vom Persischen bis in die slawischen
Sprachen Ähnlichkeiten aufweisen. Aber auch das Niederländische, Flä-
mische, Luxemburgische, Alemannische, das Plattdeutsche oder Bayrische
oder auch das Siebenbürgisch-Sächsische sind selbstähnliche Ausdifferen-
zierungen des Alt- und Mittelhochdeutschen. Alle diese Sprachsysteme ha-
ben etwas Eigenes geschaffen, das (für eine bestimmte Zeit) überlebens-
fähig ist. Dessen ungeachtet sind heute viele regionale Sprachsysteme vom
Aussterben bedroht, weil sie von größeren Sprachsystemen geschluckt
werden.
Nicht nur Sprachsysteme haben sich autopoietisch ausdifferenziert, son-
dern auch Kommunikationssysteme. Ein Kommunikationssystem dient der
Informationsweitergabe und kann als Summe aller möglichen Kommuni-
kationsbeziehungen und Kommunikationswege in einem System angese-
hen werden. Krieg und Frieden oder gemeinsame Interessen sind Kommu-
nikationsbeziehungen zwischen Nationen, so wie Freundschaft, Liebe,
aber auch Streit und Dissonanz zwischen Paaren und kleinen Gruppen.
Kommunikationswege waren neben der Sprache, Gestik und Mimik auch
technische Übertragungswege. Die autopoietische fraktale Ausdifferenzie-
rung der Technik von Übertragungswegen ist ein Paradebeispiel der tech-
nologischen Selbstorganisation. So hat der präantike Mensch noch mittels
Rauchzeichen über weite Entfernungen hinweg kommuniziert, der antike
Mensch hat optische Übertragungen mittels Fackeln codiert, der moderne
Mensch hat über Telegraphen, Telefon, Radio, Fernsehen, Internet, Satel-
litenübertragung beinahe unendliche Kommunikationswege zur Verfü-
gung. Das Kommunikationssystem kennzeichnet nicht nur die Verständi-
gung zwischen Individuen, sondern auch die Verständigung zwischen den
Gruppen und Subsystemen einer Gesellschaft. Das formale Kommunikati-
onssystem bringt die auf eine optimale Selbstorganisation hin geplante
Struktur der innergesellschaftlichen Kommunikationsbeziehungen zum
Ausdruck. Seine Aufgabe ist es, einen am Funktionieren orientierten Fluss
der relevanten Informationen zu ermöglichen. Das informale Kommunika-
tionssystem umfasst dagegen alle diejenigen Kommunikationsbeziehun-
gen, die durch die formale Struktur nicht vorgegeben sind, die vielmehr
spontan entstehen und ihre Grundlagen in den verschiedenen informalen
Gruppierungsprozessen haben. Gerade im Zeitalter des Internets und der
Hans Menning 55

sozialen Medien ist das Wachstum an Komplexität in Kommunikations-


systemen exponentiell. Während die Verhandlungen zwischen zwei Clans
noch relativ einfach verliefen, haben wir heute – ähnlich wie in der Hirn-
aktivität – schnell wechselnde, weitverzweigte Netzwerke, die sich plötz-
lich und nach kaum durchschaubaren Regeln aktivieren und wieder deak-
tivieren.

Monade, Dyade, Triade


Die Monade, die Eins-heit, ist an sich noch keine soziale Struktur, das In-
dividuum (das „Unteilbare“) wird sprachlich als ungeteilte Einheit vor-
weggenommen. Doch ist sie das wirklich? Es gibt viele Versuche, das „in-
nere Team“ (Schulz von Thun 1999) in unterschiedlichen Stadien der Ab-
gegrenztheit zu konzeptionalisieren, z.B. „states of mind“ (Horowitz
2017), Ego-states (Watkins and Watkins 2012; Schiepek et al. 2016), Kind-
heits- und Bewältigungsschemata (Young 2010), oder emotionalen und an-
scheinend normalen Persönlichkeitsanteilen (Nijenhuis 2016). Man kann
also davon ausgehen, dass die Monade, das Individuum, beileibe kein un-
geteiltes, einheitliches, sondern vielmehr ein hochkomplexes System ist,
das sich dauerhaft neu erschafft, das aus Subsystemen besteht, etwa aus
einem psychischen Immunsystem (Menning 2015), das hinwiederum als
Elemente viele Vitalisierungs-, Verteidigungs- und Reparaturprogramme
beinhaltet. Die Subsysteme selbst sind ebenfalls untereinander vernetzt
und in Beziehungen zueinander.
Die Dyade, die Zweiheit, die einfachste soziale Struktur einer Kooperation,
ist weit weniger verbreitet, als es den Anschein hat. Außer beim Menschen
und bei einigen Tierarten, unter anderem Vögeln, die zu den ältesten Er-
denbewohnern zählen, ist die partnerschaftliche Zweierbeziehung wenig
verbreitet, und beim Menschen ist ihre Haltbarkeitsdauer im Abnehmen.
Wenn sich zwei fremde Katzen begegnen, gibt es erstmal „Hauen und Ste-
chen“; Katze A verteidigt ihr Revier gegen Katze B solange, bis klar ist,
wer die Königin in dem kleinen Reich ist. Katze B hingegen hat jegliches
Interesse, ihr Revier zu erweitern, sie tritt automatisch in eine Konkurrenz-
beziehung zu Katze A. Die einzige Ausnahme bildet die Brunst, in der die
56 Selbstorganisation in sozialen Systemen

weibliche Katze einen Kater in ihrer Nähe duldet, wenn auch vielleicht nur
für wenige Sekunden… Kooperation ist eher die Ausnahme.
Dyadische Beziehungen können hochkomplex nichtlinear sein (Haken und
Schiepek 2010, Kap. VI), von einfachen Geschäftsbeziehungen bis zu
hochemotionalen Paarbeziehungen und sie unterliegen ebenfalls dem Prin-
zip der Selbstorganisation und der Autopoiese. Krisen und Konflikte de-
stabilisieren Beziehungen explosionsartig und heben sie im optimalen Fall
auf ein höheres Funktionsniveau. Die Dyade erfindet sich neu oder… löst
sich auf. Es gibt keine Grenzen, wer eine dyadische Beziehung eingehen
kann, es können Menschen vom anderen Ende der Welt sein, wenn die sie
vereinende Idee oder das Gefühl da ist.
Die Triade, die Dreiheit, ist in ihrer wohl bekanntesten Ausprägung die
Dreiecksbeziehung. Die Selbstorganisation als „menage à trois“ kann
durchaus eine Struktur hoher Stabilität und Funktionalität einnehmen, so-
lange alle drei das Spiel mitspielen. Auch Familien mit einem Kind sind
Triaden, die sich in einem Geflecht von komplexen Beziehungen stabili-
sieren und verändern.
Jeder kennt die Kleingruppenarbeit in Seminaren, wo dann in Dreiergrup-
pen ein Sachverhalt präzisiert und elaboriert werden soll. Das sind hervor-
ragende Studien der Gruppendynamik, schnell bildet sich eine eigene Iden-
tität der Gruppe, die anderen Gruppenteilnehmer wirken schon allein durch
die Strukturierung als Einheit der Dreiheit viel vertrauter. Diese Vertraut-
heit bleibt auch, nachdem die Gruppe längst wieder aufgelöst wurde.
Die Tetrade, die Vierheit als Einheit, die Pentade, die Fünfheit, Hexaden,
Heptaden, Oktaden, Enneaden, Dekaden usw. sind weitere mögliche sozi-
ale Systeme, die von komplexen, selbstorganisatorischen Prinzipien zu-
sammengehalten oder auseinanderdividiert werden. In jeder dieser Struk-
turen herrscht durch Regeln organisierte Komplexität. Strukturen bilden
sich, wenn „Durchwursteln“ nicht mehr reicht. Wenn man z.B. vom Hohen
Kasten, einem Gipfel in den Schweizer Alpen, auf die Schweizer Seite her-
unterblickt, sieht man viele Einzelgehöfte, die in relativ regelmäßigen Ab-
ständen im Appenzeller Land verteilt sind. Blickt man auf die österreichi-
Hans Menning 57

sche Seite, sieht man jedoch kaum Einzelgehöfte, überall sind kleine Ort-
schaften entstanden. Welche Strukturen entstehen, hängt von dem Koope-
rations- oder Individuationsbedürfnis der Beteiligten ab.
In Gruppen potenzieren sich die Lösungsmöglichkeiten, kreative Prob-
lemlöseprozesse werden angestoßen (Langthaler und Schiepek 1998) und
bringen in einer eigenen sozialpsychologischen Dynamik Kooperationen
zustande, die Phasenübergänge aus einem Entwicklungszustand in einen
höher organisierten anregen. Es kann zu sogenannten spiral loops kommen,
positiven Spiralschleifen, die durch kontinuierliche Feedbackschleifen
eine qualitative Entwicklung ermöglichen (Merten 1988).

Soziale Systeme zwischen Erhaltung und Erneuerung


Soziale Systeme neigen unabhängig von ihrer Größe dazu, sich zu funkti-
onierenden Einheiten zu organisieren und die Einheit zu erhalten. Destabi-
lisierung und Erneuerung wird nur insofern geduldet, als es das soziale
System nicht grundsätzlich in Frage stellt. Dafür lassen sich viele Beispiele
finden. Nehmen wir das Paradebeispiel des Christentums. Am Anfang war
es nur eine von vielen jüdischen Erneuerungsbewegungen, man denke
etwa an die Essener von Qumran. Besonders für die Besatzungsmacht der
Römer war es eine sehr lästige religiöse Angelegenheit, die sie lieber dem
hohen Rat der jüdischen Religion überließen. Die anfangs sehr kleine Do-
dekade der zwölf „Follower“, die später Apostel genannt wurden, hätte
sich im Sand der Wüste verlaufen können, wie so viele religiöse Bewegun-
gen damals und heute, wären diese Follower nicht so uneinsichtig davon
überzeugt gewesen, ihr Meister und Initiator liefe nach seinem Tod am
Kreuz noch irgendwo quicklebendig herum. Einige von ihnen berichteten
auch, ihn persönlich gesehen zu haben. Die Geschichte erweckte Neugier,
stillte Sehnsüchte und verbreitete sich wie der Wind. Die kleine Gruppe
der Zwölf wuchs im Nu zu einer beachtlichen Größe um diese Idee herum:
Seht, seht, hört, hört, er ist gestorben und lebt und er wird auch euch dieses
Leben nach dem Tod geben. So weit, so schwierig, denn dann kam Schaul,
ein jüdischer Gelehrter, und erfand die … Globalisierung! Aus Saulus
wurde Paulus, der erste Theologe, der alles Wissen um diese neue Religion
58 Selbstorganisation in sozialen Systemen

schriftlich festhielt und im ganzen damaligen römischen Reich herum-


schickte. Aus ein paar Hundert Followern waren Tausende und bald Hun-
dertausende geworden. Trotz ursprünglich heftiger Verfolgung durch die
römische Staatsmacht, unzähligen Versklavungen und Hinrichtungen einte
diese Idee und die Schriften – inzwischen waren noch unzählige andere
Schriften dazugekommen, wie die der Evangelisten (die „guten Engel“: eu
= gut, angelos = Engel), die die gute Botschaft (eu-angelion) der ganzen
damalig bekannten Welt verkündeten. Die Botschaft war für die damalige
Zeit so revolutionär („Hey, Ihr lebt nicht nur weiter nach dem Tod, sondern
es geht dann erst richtig los…“), dass die Anhänger dieser Idee ohne mit
der Wimper zu zucken in den Tod gingen oder sich wilden Tieren zum
Fraß vorwerfen ließen. Was kann eine Staatsmacht gegen Menschen aus-
richten, die mit Jauchzen und Lobgesängen in den Tod gingen, weil sie den
Tod als überwunden anschauten, als bloße Markierung einer Zustandsver-
änderung? Die Gruppierung, die im vierten Jahrhundert schon einige Mil-
lionen Anhänger hatte, organisierte sich in Synoden, z.B. in Ephesus oder
Konstantinopel – größer angelegten Tagungen und Konferenzen, würde
man heute sagen. Eine Hierarchie aus Pastoren, Ältestenräten, Bischöfen
und letzten Endes mit mindestens einem Oberhaupt, dem Papst, entstand.
Missionare wurden in fremde Länder geschickt, sie gründeten Orden, die
wiederum wie Subsysteme eigene Strukturen entwickelten. Mit der An-
nahme des Christentums als Staatsreligion durch den römischen Kaiser
Konstantin hatte die Organisation Christentum eine komplexe, quasi un-
zerstörbare Mainstream-Struktur angenommen, die aus vielen funktionie-
renden Subsystemen (z.B. Episkopaten) bestand, die hinwiederum eben-
falls aus kleineren Subsystemen bestanden (Gemeinden/Pfarreien), die
viele Staatsstrukturen überdauern sollte. Das Christentum hat seit seiner
Gründung wechselnde Phasen der Destabilisierung und Erneuerung mitge-
macht, etwa das große Schisma 1054, während dessen sich die orthodoxen
Kirchen von der römisch-katholischen abspalteten, oder die Zeit der Re-
formationen und – man mag es kaum glauben – auch heute noch spalten
sich immer wieder autopoietische Sprösslinge ab.
In anderen Religionen hat sich Ähnliches abgespielt: Erst war es ein klei-
nes Häufchen von Anhängern, die einer Idee bzw. einem Ideengebäude ih-
res Initiators folgten. Schnell überzeugten sie auch andere, dass die Idee
auch für sie Gültigkeit habe, diese gaben „die Botschaft“ ebenfalls weiter
Hans Menning 59

und schnell erwuchsen daraus immer größere Gruppierungen, die immer


mehr Macht ausüben konnten. Diese Verwirklichung von Selbstorganisa-
tion auf immer höheren Ebenen trifft auf jede größere Religion zu.
Ähnliches lässt sich für die Entstehung von Nationen feststellen. Am An-
fang war eine vereinende Idee, etwa die Idee einer gemeinsamen Identität.
Diese musste nicht zwangsläufig mit einer gemeinsamen Sprache zu tun
haben, wie das Beispiel der Schweiz zeigt. Hier gründete die Identität auf
der gemeinsamen Idee der Verteidigung der Freiheit. Es ist immer wieder
erstaunlich, wie schnell Menschen sich darüber einig sind, wer zur eigenen
„Ingroup“ und wer zur fremden „Outgroup“ gehört.
Überall wohin wir blicken, entsteht „order from noise“ (von Foerster
1960), beginnend mit der Entstehung des Universums (Jantsch 1982). Über
physikalische und biologische Strukturen (Prigogine 1979; Haken 1981)
bis hin zu sozialen Systemen (Luhmann 1984) erschaffen sich Systeme
dauernd neu im Sinne der Autopoiese (Varela und Maturana 1980; Bense-
ler et al. 1980; Zeleny 1981). Alles ist im Werden und Vergehen, die Prin-
zipien der Selbstorganisation von immer komplexeren natürlichen wie so-
zialen Systemen scheinen universell zu gelten (Voigt 2019). Die Dynamik
und Schnelligkeit dezentraler sozialer Selbstorganisation scheint die von
natürlichen Systemen dabei um ein Vielfaches zu übertreffen. Und wenn
Steven Pinker (2016) Recht behält, ist die Geschichte der Menschheit eine
Entwicklung hin zu immer weniger Gewalt.
60 Selbstorganisation in sozialen Systemen

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Felix Tretter 63

Systempsychologie und die Strukturen der


Selbstorganisation psychischer Zustände und Prozesse
Felix Tretter

Nichts ist praktischer als eine gute Theorie.


Kurt Lewin (1951)
Abstract
Die aus Physik und Systemwissenschaft stammende Perspektive der
„Selbstorganisation“, die neu auftretende Ordnungen zu identifizieren und
zu erklären erlaubt, wurde in der klinischen Psychologie über Jahrzehnte
von Günter Schiepek und Mitarbeitern auch bei Diagnose und Therapie
von depressiven (und anderen klinischen) Syndromen empirisch und theo-
retisch demonstriert. Jenseits dieser mathematischen Analyse von nichtli-
nearen Datenstrukturen stellt sich heute allerdings verstärkt die Frage nach
den kausalen Grundlagen dieser Zustandsänderungen. In Physik und Che-
mie kann Selbstorganisation über Parameter wie „Energie“ und atomare
bzw. molekulare „Strukturen“ und „Mechanismen“ quantitativ und formal
hergeleitet werden. Dies ist in der Psychologie erschwert, denn die intrin-
sischen Merkmale des „psychischen Apparates“ sind nicht direkt messbar.
Dazu kann, wie philosophische Analysen zeigen, auch die Hirnforschung
nur oberflächlich und begrenzt passende Antworten geben (Kotchoubey et
al. 2016).
Hier wird deshalb versucht, auf der Basis der Kategorien der allgemeinen
Psychologie und Psychopathologie ein systemisches Mehr-Ebenen-Modell
der Prozessstrukturen des Psychischen darzulegen, bezugnehmend darauf,
dass hypothetische Mechanismen der „Selbstorganisation“ vielschichtig,
aber auch relativiert dargelegt werden können. Dieser Entwurf einer Sys-
tempsychologie soll anhand der Alltagspsychopathologie zeigen, dass ein
geschichtetes Systemmodell von Grundemotionen und Grundmotivatio-
nen, die miteinander überwiegend über wechselseitige Inhibitionen gekop-
pelt sind, die Struktur und Dynamik phänomenologisch beobachtbarer psy-

© Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2020
K. Viol et al. (Hrsg.), Selbstorganisation – ein Paradigma für die
Humanwissenschaften, https://doi.org/10.1007/978-3-658-29906-4_5
64 Systempsychologie

chischer Zustände semiquantitativ gut abbilden lässt. Weitere systemwis-


senschaftlich fundierte Theorieentwicklungen könnten eine solide Brücke
für Heuristiken zwischen Forschung und Klinik herstellen.

Das Konstrukt „Selbstorganisation“ und die heutige Systemwissen-


schaft
Der Begriff „Selbstorganisation“ beschreibt die durch intrinsische Mecha-
nismen eines Systems bedingte (autonome) Veränderung einer Ordnung
einer Struktur oder eines Prozesses bzw. des Verhaltens. Damit verbunden
entwickelte sich interdisziplinär ein Begriffsspektrum, das intrinsische
Mechanismen adressiert und von Bezeichnungen wie Selbstreproduktion
über Selbstregulation bis zur Selbstgestaltung reicht und auch Autonomie
und Autopoiesis umfasst, als begrifflich verwandte, teilweise von verschie-
denen Autoren scharf unterschiedene Konzepte, die vor allem aus den Na-
turwissenschaften Physik, Chemie und Biologie stammen (Collier 2003).
Physikalische Referenzbeispiele solcher nichtlinearer Phasenübergänge
sind in einfachster Form bekanntlich jene von Wasser in Eis und Dampf,
vor allem aber das Laserlicht. Theoretisch können diese oft sprungartig
auftretenden Umordnungsprozesse besonders gut im konzeptionellen Rah-
men bzw. der Theorie der Synergetik nach Hermann Haken verstanden
werden (Haken 1977). Demnach kann im Prinzip die Dynamik jedes Sys-
tems durch zwei grundlegende Wirkmechanismen verstanden werden: eine
Wirkdimension ist ein energetisierender Kontrollparameter, der die Dyna-
mik des Systemprozesses bestimmt, während die andere Wirkdimension
als Ordnungsparameter durch innere Strukturmerkmale des Systems die
Arten („Moden“) der kollektiven Aktion der Elemente des Systems (z.B.
Synchronisierungsgrad) bestimmt - Mikrostruktur bestimmt also den Mak-
rozustand, der aber wieder zurückwirkt auf die Mikroebene.
Die Übertragung von Konzepten der Selbstorganisation empirischer
physiko-chemischer Systeme und Systemebenen in den Kontext der Geis-
tes- und Sozialwissenschaften und die dortige theoretische Interpretation
ist allerdings zu großen Teilen nur metaphorisch-analogisierend, denn es
fragt sich: Selbstorganisation - wovon? Es muss daher die empirische On-
Felix Tretter 65

tologie des Systems geklärt sein! Das ist für die Geistes- und Sozialwis-
senschaften besonders schwierig, was später erläutert wird. Eine explizite
übergeordnete Perspektive wie jene der Systemwissenschaften wäre hier
hilfreich.
Systemwissenschaften heute
Aus der heutigen Sicht ergeben die interdisziplinären Anwendungen der
Allgemeinen Systemtheorie bzw. Systemwissenschaft nach Ludwig von
Bertalanffy (1968/2015) einen eigenen Bereich von Systemtaxonomien,
spezifischen Begriffen, Methoden und Theorien. So wird ein System als
eine Menge von Elementen und der Menge von Relationen bzw. als ein
„gegliedertes Ganzes“ definiert. Das betrifft auch die „Psyche“ ebenso wie
das „Gehirn“ (mit Hirnnerven, mit autonomen Nervensystem usw.). Erst
nach der konkreten Systemdefinition ist es sinnvoll, Eigenschaften wie
Stabilität, Komplexität, Gleichgewicht, Dynamik usw. als Eigenschaften
eines Systems zu interpretieren. Von „Komplexität“, „Selbstorganisation“
usw. empirisch nur vage interpretiert und /oder per se zu sprechen ist nur
von allgemeinem theoretischen und heuristischen Interesse, hilft aber für
Erklärungen in den Realwissenschaften relativ wenig weiter. Auch muss
bei theoretischen Reduktionsversuchen in der interdisziplinären Forschung
– etwa bei der Gehirn-Geist-Problematik in der Neuropsychologie - auf die
Isomorphie der Strukturmerkmale und der Zustandsverläufe bzw. Prozesse
geachtet werden (Bertalanffy 1968/2015). Beispielsweise erfordert die Er-
klärung des Psychischen durch das Gehirn als Netzwerk im Sinne der
Struktur-Isomorphie ebenso ein Netzwerk-Konzept des „psychischen Ap-
parats“. In ähnlicher Weise sind Prozess-Isomorphien zwischen Gehirn
und Geistigem zu identifizieren, etwa durch Korrespondenzregeln bei
Reiz-Reaktions-Relationen auf Zeitskalen der „Centisekunden“ psychi-
scher Prozesse mit den Millisekunden neuronaler Signale usw.
Die verbreitete interdisziplinäre Generalisierung von systemtheoretischen
Konstrukten, vor allem durch die Mathematisierung in den „weicheren“
Disziplinen wie Biologie, Psychologie oder Soziologie, verdeckt meist
derartige Konstruktionsprobleme des Gegenstandsbereichs und der Be-
grifflichkeit der jeweiligen empirischen Wissenschaft (van Hemmen
2014): „Energie“ in der Laserphysik ist sicher nicht das Gleiche wie die
66 Systempsychologie

„psychische Energie“ der wachen, ausgeschlafenen Person. Mathematisie-


rung ist daher oft - auch konzeptuell - ein zu großer Schritt in der interdis-
ziplinären Modellierung. Dies hat zumindest die methodenkritische Aus-
einandersetzung im Rahmen der interdisziplinären allgemeinen Sys-
temtheorie in den letzten Jahren erbracht (Bosselt 2004; Tretter 2005;
Mobus und Kalton 2015). So ist auf eine präzise und gestufte Transforma-
tion der Aussagen in Textform - z.B.: „Je mehr A desto mehr (oder weni-
ger) B“, also Aktivierung oder Inhibition als Wirkmechanismus - in die
tabellarische und diagrammatische Form zu beachten. Vor allem die Vi-
sualisierung, etwa durch spitze oder stumpfe Pfeile, ist im interdiszipli-
nären Diskurs hilfreich. Erst dann ist in der Regel die Formalisierung in
einen bestimmten mathematischen Apparat fachlich gut nachvollziehbar,
die bis zur quantitativen Computersimulation komplexer Systemmodelle
führt. Diese gestufte und über Jahrzehnte bewährte Modelliertechnik
wurde vor allem durch die Methoden-Schule der „Systems Dynamics“ am
MIT entwickelt (Sterman 2000). Nicht zuletzt ist zu erwähnen, dass es me-
thodisch typisch für die systemwissenschaftliche Perspektive ist, auf der
Suche nach den Komponenten ein Zooming-in vorzunehmen, das mit ei-
nem Zooming-out bei der Suche nach Zusammenhängen und Kontexten
verbunden ist. Auf diese methodischen Aspekte wird im Folgenden punk-
tuell noch hingewiesen werden. Hier ist für das Folgende, was heuristisch
nützliche Systemmodelle betrifft, noch zu erwähnen, dass das Konzept des
„neuronalen Netzwerks“ besonders bedeutsam ist. Dieses Grundmodell
geht z.T. von Befunden der Neurobiologie gestützt davon aus, dass in einer
Matrix von (mathematisch-logischen) Neuronen vor allem multilaterale
Hemmungen und in geringerem Ausmaß auch multilaterale Aktivierungen
die Aktivitätsdynamik des Systems determinieren. Das zeigen experimen-
telle Computersimulationen (Liljenström und Svedin 2005; Liljenstroem
2010). Ein fruchtbares Beispiel dafür ist die Neurobiologie der (visuellen)
Wahrnehmung, die zu einem geschichteten Netzwerkmodell geführt hat,
das Wahrnehmungsdynamiken durch das simultane wie auch sukzessive
Wechselspiel der Aktivierung und Hemmung von Licht-an- und Licht-aus-
Subsystemen des Sehsystems durch visuelle Reize besser verstehen hilft
(Bierbaumer und Schmid 2006; Tretter 2005; Bischof 2008). Der Zustand
des Gesamtsystems, im Falle von Pathologien, korrespondiert mit einer
atypischen Über- oder Unteraktivität (oder Aktivierung) von raschen und
Felix Tretter 67

langsamen Aktivatoren und Inhibitoren. Wir haben dies zur Pathologie von
Neurotransmittern exploriert (Qi et al. 2013). Dieses erfolgreiche Model-
lierprinzip der systemischen Aktivator-Inhibitor-Dialektik dient auch hier
im Weiteren zur Modellierung autonomer Dynamiken der Psyche.

Grundlagen einer Systempsychologie


Etwa 30 Jahre wurde das Konzept „Selbstorganisation“ in der Psychologie
empirisch beforscht (z.B. Tschacher et al. 1992) und vor allem Günter
Schiepek und seine Mitarbeiter haben hier ein belastbares Fundament an
theoretisch begründetem empirischem Wissen für die klinische Psycholo-
gie geschaffen (Schiepek et al. 2015; Schiepek et al. 2017). Nun darf aber
wieder einmal gefragt werden, wie sich der Theoriebereich der Psycholo-
gie, vor allem als „Systempsychologie“, seit den 1990er Jahren weiterent-
wickelt hat (vgl. Schiepek et al. 1992).
Die Perspektive einer „Systempsychologie,“ die das Psychische als „Ge-
gliedertes Ganzes“ sieht, wurde zunächst von Ludwig von Bertalanffy
skizziert (Bertalanffy 1966) und später immer wieder mehr oder weniger
explizit projektiert (Tretter 1993, 2001, 2013; Strunk und Schiepek 2006).
Diese Systempsychologie sollte stärker ausgebaut und enger mit der All-
gemeinen Systemtheorie verknüpft werden (vgl. Tretter und Löffler-
Stastka 2018), wobei hier auf dem Aspekt der Selbstorganisation fokussiert
wird. Dennoch soll an dieser Stelle ein wenig auf die Geschichte des Sys-
temkonzepts in der Psychologie eingegangen werden, bei der sowohl die
Gestaltpsychologie, wie auch die Theorie der kognitiven Dissonanzen, vor
allem aber im klinischen Bereich die Psychoanalyse eine wichtige Rolle
gespielt haben. Dabei muss konzidiert werden, dass die Psychoanalyse am
ehesten als Vorläufer einer ganzheitsorientierten Systempsychologie gel-
ten kann, insofern sie immer das Ganze des „psychischen Apparats“ im
Auge hatte und auch die Person-in-der-Familie betrachtete. Davon ausge-
hend versuchte sie, die innere Struktur des Psychischen zu ergründen. Die-
ser umfassende Blick zumindest entspricht auch der Mehr-Ebenen-Sicht
einer „Ökologie der Person“, wobei hier im Weiteren nur auf die „Innen-
welt“ eingegangen wird (Tretter 2008, 2019a, 2019b).
68 Systempsychologie

Die Regulation psychischer Teilfunktionen - Netzwerk und Operatoren


Zunächst ist terminologisch zu klären, dass im Folgenden immer wieder
der Einfachheit halber allgemein vom „Psychischen“ die Rede ist, wenn
das Geistige, Mentale, Bewusstsein usw., gemeint ist, ohne hier begriffli-
che Unterscheidungen vorzunehmen und gar ein Substrat „Geist“ voraus-
zusetzen. In diesem Zusammenhang auf das Gehirn zu rekurrieren hilft al-
lerdings nicht wirklich weiter. Das wurde vom Autor mit Kollegen aus-
führlich und multidisziplinär fundiert behandelt (Kotchouby et al. 2016).
Das Psychische (Mentale, Geistige, Bewusstsein usw.) ist deshalb hier e-
her als funktionsanalytischer Dispositionsbegriff zu sehen (Putnam 1999).
Worin bestehen nun wesentliche Elemente einer Systemtheorie der Psy-
choanalyse? Als Begründer der Psychoanalyse war Sigmund Freud wohl
der erste, der im Alltagserleben und -verhalten und im klinischen Kontext
die eigenständige (selbstorganisierte) Dynamik von „unbewussten“ Me-
chanismen der psychischen Informationsverarbeitung erkannt hatte und
den Aspekt der „Psychodynamik“ in Analogie zur Physik seiner Zeit her-
ausarbeitete (Freud und Strachey 1949; Freud 1936). Bereits das alltäglich
beobachtbare Phänomen, dass es bei inkompatiblen Erfahrungen der Per-
son zu teilweise intendierten, aber auch zu automatischen unbewussten Ab-
wehrprozessen kommt, konnte von Freud systematisch typisiert werden
(Freud 2003): Abwertung, Verleugnung, Isolation, Verdrängung, Rationa-
lisierung, Projektion usw. sind Entlastungsoperationen für die Konfliktre-
duktion und damit für das psychische Gleichgewicht zwischen positivem
Soll und negativen Ist. Der generative Mechanismus für diese selbstorga-
nisierte psychische Gleichgewichtslage ist gemäß dem Strukturmodell der
Psychoanalyse das „Ich“, mit seinen bewussten und unbewussten Anteilen,
das zwischen den Bedürfnissen des Es und den Ansprüchen des Überichs
und den Anforderungen der Realität vermitteln muss (Abb. 1). Ver-
schiedenste Typen von (systemischen) Konflikten können dabei auftreten,
die bei Persistieren zu pathologischen Veränderungen führen können, so
zumindest lautet ein Grundtheorem der Psychoanalyse. Alle drei erwähn-
ten psychischen Instanzen sind partiell bewusst, aber auch partiell unbe-
wusst aktiv. Anzumerken ist, dass das Konstrukt „Ich“ zwar methodolo-
gisch problematisch, aber heuristisch und phänomenologisch wertvoll ist,
wenn es nur abstrakt in prozessanalytischer, und nicht in topographischer
Felix Tretter 69

bzw. topologischer Sicht konzipiert wird. Auch findet sich im Gehirn nicht
ein punktuelles Ich, sondern bestenfalls ein neuronales Netzwerk mit der-
artigen Funktionscharakteristiken (z.B. selbstbezogenes Prozessieren,
Northoff 2013). Das trifft auch auf das Konstrukt „Selbst“ zu, einer Kate-
gorie, die ebenfalls eine gewisse heuristische Nützlichkeit in der klinischen
Psychologie und der Psychopathologie des Alltags hat (Tschacher und
Munt 2013). Es soll nun im Weiteren eine Integration des Strukturmodells
mit der akademischen Psychologie und der Psychopathologie vorgeschla-
gen werden.

Überich

Wahr- Ich Ver-


Ich
nehmung halten

Es

UMWELT

Abb. 1: Modifiziertes und erweitertes klassisches Strukturmodell der Psychoanalyse mit 5


Prozessoren/Operatoren und theoretisch bereits 16 alltagsphänomenologisch interpretier-
baren aktivierenden bzw. hemmenden Wechselbeziehungen. Das Überich als normative
Schicht affektiv-kognitiver Schemata, das Es als Pool affektiv-motivationaler Treiber, das
Ich als Koordinator zwischen diesen Instanzen und der (v.a. sozialen, familialen) Umwelt
als „Realität“, mit der über Wahrnehmungen und Verhalten ein Funktionskreis besteht.
70 Systempsychologie

Elemente des Psychischen – Vorschlag zur systemischen funktionellen


Struktur des Psychischen
Wenn die Psyche als System beschrieben werden soll, müssen die wesent-
lichen Elemente bzw. Komponenten und deren Relationen expliziert wer-
den, die im (dynamischen) Gleichgewicht zueinander stehen und die Dy-
namiken zeigen, die sich „selbst organisieren“ usw. Die Zahl dieser Kom-
ponenten des psychischen Systems, die sich phänomenal unterscheiden
lassen, könnten von zwei bis drei Komponenten (z.B. Kognition, Emotion
und Verhalten) bis zu unabzählbar vielen Komponenten, wie sie sich im
Kontext literarischer Zustandsbeschreibungen des Psychischen zeigen, rei-
chen. Darüber hinaus wäre eine Taxonomie dieser Zustands- und Prozess-
arten zu erstellen. Und umgekehrt: die Klärung der Selbstorganisation des
Psychischen muss sich auf die Ordnung der diesen Begriffen zugeordneten
Phänomene des Erlebens und Verhaltens beziehen, die ja beide Gegen-
stand der Psychologie sind. Nur aus dem Messbaren diese Ordnungen zu
rekonstruieren ist aus Sicht der Praxis unzureichend. Sowohl das Begriffs-
inventar wie auch die Ordnung des Psychischen ist allerdings nur indirekt
und nicht konsentiert in der heutigen Psychologie als Wissenschaft gege-
ben (Maderthaner 2017; Zimbardo et al. 2010). Nicht zuletzt wegen dieser
wissenschaftlich nicht exakt belegbaren Vielfalt eines derartigen Begriffs-
apparats hat sich bereits der Behaviorismus auf das (observable) „Verhal-
ten“ der „Blackbox“ Mensch als Gegenstand der wissenschaftlichen Psy-
chologie konzentriert, eine Perspektive, die auch hier zunächst als Aus-
gangspunkt der weiteren Überlegungen gewählt wird. Allerdings mussten
Behavioristen bald einräumen, dass „Kognitionen“ wie „Wahrnehmun-
gen“, „Denken“, „Gedächtnis“, „Entscheidung“ usw. fruchtbare Kon-
strukte vom Innenleben der Menschen und auch der Versuchstiere sind.
Die Neurobiologie hat erst wieder deutlich gemacht, dass Emotionen wich-
tige Modifikatoren des Verhaltens sind und in die Betrachtungen des Psy-
chischen einbezogen werden müssen (Damasio 1994; LeDoux 1996).
Um hier einen konzeptuellen Rahmen zu setzen und einfach einmal mit
einer Modell-Konstruktion anzufangen, wird die Taxonomie der Wiener
Schule der Psychologie, die bei Hubert Rohracher ihre Wurzeln hat, den
weiteren Ausführungen zugrunde gelegt (Rohracher 1988; Maderthaner
2017).
Felix Tretter 71

Globales Multikomponenten-Konzept der Psyche


Charakterisiert man zunächst das epistemische Objekt der Psychologie all-
gemein mit „Erleben“ und „Verhalten“, dann finden sich anschließend da-
ran in einschlägigen psychologischen Einführungstexten etwa ein Dutzend
in Hauptkapiteln behandelte Begriffe (Zimbardo et al. 2009; Gross 2010;
Maderthaner 2017). Daran anlehnend werden hier Schlüsselkonzepte wie
Bewusstsein, Wahrnehmung, Erwartung, Denken, Gedächtnis, Planung,
Verhalten, Motivationen (Motive, Bedürfnisse, Antriebe), Emotionen (Af-
fekte, Gefühle), Ich, Selbst und Repräsentationen (affektiv-kognitive Sche-
mata) der Umwelt und der Person, die als Produkte der mentalen Prozesse
gelten können, genutzt (Tretter 2016) (Abb. 2). Diese Auswahl ist gestützt
durch die psychiatrisch-klinische Praxis, die bei der Zustandsbeschreibung
von Menschen mit psychischen Problemen auf die Kategorie der Psycho-
pathologie (Scharfetter 1980), von Karl Jaspers ausgehend (Jaspers 1913),
als Manual für die Diagnostik psychischer Krankheiten in der psychiatri-
schen Praxis genutzt wird („AMDP“; Broome et al. 2017). Dieses Modell
wurde kürzlich in Grundzügen bereits ausführlicher dargelegt (Tretter und
Löffler-Stastka 2018).
Insofern systemisches Denken das Zooming-in bei der Suche nach den
Komponenten und das Zooming-out bei der Suche nach Zusammenhängen
und Kontexten integriert, soll im nächsten Schritt wieder eine einfache Di-
chotomie, die Emotionen (bzw. Affekte) und Kognitionen als Prozesse und
Strukturen vorsieht, diskutiert werden. Dabei muss man akzeptieren, dass
Emotionen unterschiedliche mentale Zustände sind und nicht nur Neben-
wirkungen von Kognitionen - sie sind mit Kognitionen gekoppelt, aber
auch von Kognitionen gepuffert: „inhaltsfreie“ Emotionen wie frei flottie-
rende Angst können auftreten, wie u.a. Zajonc (1980) darlegte. Fokus im
Folgenden ist dann schließlich der Bereich der Motive, Bedürfnisse, An-
triebe, die wir als „Motivationen“ zusammenfassen und den Gesamtbe-
reich, in Anlehnung an den Psychiater Luc Ciompi, als das „Affektive“ als
Sammelbegriff bezeichnen, wenngleich auch der Ausdruck Affekt im en-
geren Sinne Emotionen wie Freude, Trauer, Ärger usw. bezeichnet (Ci-
ompi 1997).
72 Systempsychologie

UB
B S
SB
PRODUKTE
PROZESSE
Den
D
Deenk
en
nkk
n
Denk Geed
G
Ged

Erw
rw Plan
Plaan
n

Ich
Selbst
Wahr
W
Wa
ahr
hr Verha
Verrh
Ve ha

Emo
Em
E mo Antr
An
A ntttr
n

UMWELT

Abb. 2: Eine systemische Konzeptualisierung der Liste häufig genutzter Kategorien für
mentale Operatoren (Subsysteme) als operationell geschlossenes Netzwerk, das über sen-
somotorische Funktionskreise mit der Umwelt verbunden ist. Das Bewusstsein wird hier
als schattierter Kreis dargestellt, der auch die Metapher von „bewusstseinsklar“ / „be-
wusstseinsgetrübt“ graduiert abbilden soll. Zu beachten ist, dass nicht alle Beziehungen -
insbesondere des Ichs/Selbst - hier dargestellt sind.
Abkürzungen: Wahr = Wahrnehmung, Erw = Erwartung, Denk = Denken, Ged = Ge-
dächtnis, Plan = Verhaltenspläne, Verha = Verhalten, Antr = Antriebe, Bedürfnisse, Emo
= Emotionen; als Produkte dieser Prozesse sind affektiv-kognitive Schemata in Form von
UB = Umweltbild und SB = Selbstbild dargestellt (Tretter und Löffler-Stastka 2018).

Kognitionen und Emotionen - Wahrnehmungen bezogen auf Erwartungen


erzeugen Emotionen
Wie bereits erwähnt, kann von der „Black Box“-Perspektive der „Psyche“
ausgehend zunächst eine Dichotomie vorgenommen werden, die zwischen
Kognitionen im weiteren Sinn und Affekten (oder: Emotionen) unterschei-
det. Dies hat für die Psychiatrie Luc Ciompi sehr fruchtbar demonstriert,
wobei er die vorher erwähnte Diversifizierung des Begriffsapparats der
Psychologie und Psychiatrie zwar ausführt, aber sie bewusst vereinfacht,
um die Makrodynamik des psychischen Systems zu demonstrieren (Ciompi
2014). Die Ganzheitlichkeit der Emotionen im Vergleich zu Kognitionen,
Felix Tretter 73

ihre ontogenetische Priorität, ihre im Vergleich zu Kognitionen eher lang-


same Dynamik u.a. Merkmale begründen diese Differenzierung. Auch
zeigt die alltagsweltliche Erfahrung, dass das Denken die Gefühle be-
stimmt und umgekehrt: Der Gedanke, die Hausschlüssel verloren zu haben
erzeugt Angst, und diese Angst lässt weitere Gedanken entstehen, die wie-
derum die Ängste forcieren usw. (z.B. Katastrophisieren). Im Rahmen der
„Affektlogik“ hat Ciompi zur Erklärung psychischer Krankheiten sogar
eine primäre bottom-up Kausalität vorgeschlagen, insofern die Struktur der
Affekte beispielsweise bei Schizophrenie die kognitiven Störungen bewir-
ken soll, so lautet zumindest seine empirisch und klinisch gut belegte
These. Bei pathologischen Formationen - Zwangsgedanken, etwas zu ver-
lieren, wie auch generalisierte Ängste – sind zu ihrer effizienten Behand-
lung Interventionen im gedanklichen Bereich (Gedankenstopp-Training)
und auch im unmittelbaren affektiven bzw. körperlichen Bereich (Entspan-
nungsübungen) wirksam. Durch anhaltende Therapie kann sich dann die
affektiv-kognitive Struktur wieder funktionaler organisieren, und zwar
letztlich durch „Selbstorganisation“, wie immer diese auch substratbezo-
gen interpretiert wird: Gedanken können Gefühle aktivieren, aber auch
hemmen, dasselbe gilt für die Wirkung von Gefühlen auf Gedanken.
Wie sind nun Kognitionen und Emotionen prozessual gekoppelt? Hier wird
das Modell eines altbekannten regulativen Schaltkreises (Regelkreis) vor-
geschlagen (Dollard et al. 1939; Tretter 2001): das Zusammenwirken von
Wahrnehmungen, die mit Erwartungen wechselwirken bzw. miteinander
verglichen werden, führen je nach Grad und Art ihrer Kongruenz zu unter-
schiedlichen Emotionen: ist die Wahrnehmung „größer“ bzw. „besser“ als
erwartet, entsteht eine positive Emotion (Freude); ist die Wahrnehmung
„kleiner“ oder „schlechter“ als erwartet, dann entstehen negative Emotio-
nen (Angst oder Ärger und/oder - v.a. bei anhaltender Wiederholung -
Trauer). Diese Emotionen bekommen eine weitere Dynamik, wenn in der
Folge Bedürfnisse entstehen, die Umweltbedingungen durch persönliches
Verhalten zu verändern, um die Verhältnisse mehr an die Erwartungen an-
zupassen. Wie sehen aber die diesen Handlungsablauf „antreibenden“ Fak-
toren im Detail aus?
74 Systempsychologie

Das affektive System und seine relativ selbstorganisierte Dynamik


Derzeit wird weniger in der (theoretischen) Psychologie als in der Philo-
sophie die Struktur und Funktion von Emotionen und Motiven mit dem
Ziel diskutiert, Studien von Gehirn und Geist zu einem integrativen Hand-
lungsmodell zu verbinden (Ben-Ze'ev 2001; Hacker 2004; Brüntrup und
Schwartz 2012). Daher wird mit diesem Aufsatz in Hinblick auf die
(selbstorganisierte) Dynamik des psychischen Systems relatives Neuland
betreten. Zunächst wird hier der Ausdruck „Affekte“ im Sinne von Ciompi
verstanden, und zwar als Gruppe der Emotionen und Gruppe der Motivati-
onen. Es werden dann Netzwerke für Emotionen und Motivationen postu-
liert, die die Alltagsphänomenologie und die klinische Psychopathologie
besser verstehen lassen.
„Emotionen“ und ihre Dynamik im inhibitorischen Netzwerk
Die Vielfalt der Zustandsbezeichnungen des emotionalen Systems kann
hier nicht weiter berücksichtigt werden: Affekte, Emotionen, Gefühle,
Stimmung, etc. sind meist differenzielle Bezeichnungen für nicht-kogni-
tive bewertende mentale Prozesse. Aus Gründen der umgangssprachlichen
Einfachheit wird hier der Begriff „Emotion“ und manchmal ohne semanti-
sche Differenzierung der Ausdruck „Affekt“ als Sammelbegriff verwen-
det. Es sind damit Emotionen wie Freude, Angst, Ärger, Trauer, Scham,
Ekel usw. gemeint. Diese Vielfalt müsste in Taxonomien zusammenge-
fasst werden: In der Fachliteratur werden demgemäß 2, 3 oder 6 Grund-
oder Hauptemotionen unterschieden (Plutchik 1991, 2002; Ekman 1992;
Panksepp 1998). Eine konzeptuelle Integration zwischen diesen Taxono-
mien ist nicht möglich, da einige grundlegende Emotionen wie Traurigkeit
nicht in der Taxonomie von Ekman und Panksepp dargestellt werden und
Plutchik Wut nicht als primäre Emotion klassifiziert usw. Auch Emotionen
wie Schuld oder Scham haben keine begriffliche Kongruenz zwischen die-
sen Rahmenkonzepten. Für eine detailliertere Beschreibung sollte außer-
dem jede Emotion durch einen bipolaren multidimensionalen Eigen-
schaftsraum repräsentiert werden (Wundt, 1896): Anspannung versus Ent-
spannung, Genuss versus Unmut; Aufregung versus Ruhe. Auch ihre On-
off-Dynamik sollte berücksichtigt werden: schnell versus langsam auftre-
tende und schnell versus langsam abklingende Emotionen usw. (Chow et
al. 2005, Larssen 2000). Das kann hier nicht behandelt werden.
Felix Tretter 75

Was die hier interessierenden Wechselwirkungen der Emotionen betrifft,


ist zunächst aus der Alltagserfahrung nachvollziehbar, dass das Abklingen
von negativen Emotionen zu positiven Emotionen führt: wenn Angst ab-
klingt, dann tritt Entspannung, Erleichterung und auch Freude ein. Ähnlich
zeigt dies die Alltagserfahrung, dass Schmerzmittel bei Wegfall des
Schmerzes Glücksgefühle auslösen können. Andererseits kann das Auftre-
ten eines Angstauslösers vorbestehende Freude, aber auch Aggressionen
und Trauerreaktionen dämpfen. Dabei ist auch die erwähnte on-off-Dyna-
mik der Emotionen differentiell und bei der Modellierung zu beachten:
Angst tritt schneller auf als Ärger, Ärger klingt meist langsamer ab usw.
(Kockler et al. 2017). Die am besten bestätigte, auf Monate bezogene
Langzeit-Dynamik der Interaktionen von Emotionen ist demgemäß die
Lust-Unlust-Interaktion in der Sucht: Nach einem medikamenteninduzier-
ten „High state“ (a-Prozess, rauschartiger Zustand) entsteht ein „Down
state“ (b-Prozess, „Kater-Stimmung“), und nach wiederholtem Konsum
sinkt das Niveau des drogeninduzierten maximalen Lusterlebens nach und
nach (Drogentoleranz). In der Folge bewirkt die Anwendung der Substanz
nur mehr eine Reduktion negativer emotionaler Zustände, ohne noch die
initial erlebten Lustzustände erzeugen zu können. Dieser Anpassungspro-
zess durch langsame Herunterregulierung von Emotionen ist bekannt und
wurde von Richard Solomon allgemein mit dem Konzept der „Allostase“
(Solomon 1980) erfasst.
Mit diesen Beispielen wird hier die allgemeine Annahme verdeutlicht, dass
positive Emotionen durch negative Emotionen antagonisiert werden kön-
nen, wobei letztere ebenfalls untereinander hemmend gekoppelt sind. Eine
kollaterale Aktivierung von Emotionen - z.B. Lust und Angst - ist durch
spezifische Erlebnisse wie auch durch eine unter Umständen auftretende
Enthemmung der Hemmungen im Netzwerk erklärbar: Angst hemmt Ag-
gression, das geringe Aggressionsniveau enthemmt in der Folge Freude
usw. Das bedeutet, dass theoretisch im systemischen Netzwerk der Emoti-
onen trotz ihrer relativen Autonomie eine „omnilaterale reziproke Inhibi-
tion“ vorliegen dürfte (Abb. 3). An dieser Stelle sei noch aus theoretischer
Sicht erwähnt, dass Netzwerke mit (adaptiver) reziproker Hemmung eine
langsame Veränderung der Netzwerkhintergrundaktivierung entwickeln
76 Systempsychologie

können, abhängig von der Reihenfolge, Frequenz, Dauer usw. der einge-
henden Reize, die negativ oder positiv in Bezug auf die jeweiligen Erwar-
tungen sind (Liljenstroen 2010).
Letztlich ist zu erwähnen, dass auch die Neurobiologie mit dieser systemi-
schen Sichtweise der Emotionsnetzwerke korrespondiert, da u.a. gefunden
wurde, dass die Amygdala nicht nur an Depressionen, sondern auch an
Sucht beteiligt ist und dass der Nucleus accumbens nicht nur an Sucht, son-
dern auch an Depressionen Anteile hat (Koob et al. 2014).

Freude Freude

Angst Aggression Angst Aggression

Trauer Trauer

A B

Abb. 3: Das Netzwerk der Grundemotionen als dynamisches System mit reziproken Inhi-
bitionen (Tretter und Löffler-Stastka 2018). A: Grundstruktur, B: inhibitorische Lateral-
Effekte auf Grundaffekte bei Angstauslösung (Pfeil).

Schließlich ist zu erwähnen, dass der so genannte „intentionale Inhalt“ von


Emotionen oft darin besteht, dass unbefriedigte Bedürfnisse bzw. uner-
füllte Wünsche als „Motivationen“ einhergehen: Das ängstliche Erleben
von Fremdheit erzeugt den Wunsch nach Vertrautheit, das bedrückte Erle-
ben des Alleinseins löst den Wunsch nach Zugehörigkeit aus etc. Diese er-
lebnisbasierte Beziehung zwischen Emotion und Motivation wird im Fol-
genden genauer betrachtet.
Die Dynamik des Netzwerks der „Motivationen“
Die zweite große Gruppe der Es-haften „Treiber“ mentaler Prozesse sind
Motive, Bedürfnisse, Motivationen, Antriebe, Wünsche etc. als Motoren
des intentionalen Verhaltens. Terminologisch gibt es Unterschiede und
Äquivalenzen dieser Begriffe. Sie bezeichnen zielgerichtete Aktivierungen
des Verhaltens und entsprechen der von Werbe- und Marketingexperten
Felix Tretter 77

für ein Internet-Portal gut gewählten Bezeichnung „Will haben“. Sie wer-
den hier allerdings mit dem Ausdruck „Motivation“ (oder „Bedürfnis“) zu-
sammengefasst. Zu beachten ist, dass es - ähnlich wie bei Emotionen - in
der psychologischen Literatur eine schier unendliche Anzahl von Motiva-
tionen gibt: Fast für jedes Objekt x auf der Welt, zu dem ein Individuum
eine Affinität entwickelt, kann ein „Bedürfnis nach x" konstruiert werden:
Ich brauche neue Schuhe, neue Kleidung, ein neues Auto usw. Tatsächlich
kann jedes Objekt der Umwelt, aber auch ein psychischer Zustand (Ruhe,
Aufregung usw.) Ziel des Verhaltens werden, also sich in Hinblick auf das
damit verbundene Antriebserleben zu einem Bedürfnis ausgestalten. Diese
Vielfalt erschwert somit jedes psychologische Bemühen um eine Taxono-
mie der Motivationen erheblich. Vorhandene Taxonomien von Motiven
unterscheiden 2, 3, 4, 6 oder Dutzende von Hauptmotiven (oder primäre
Motive). So benutzte Freud in einigen Perioden seiner Forschung zwei ge-
gensätzliche Antriebe - Eros und Thanatos (Freud 2003), Abraham
Maslow (Maslow et al. 1987) 6 und mehr Bedürfnisse (physiologische Be-
dürfnisse, Sicherheitsbedürfnis, Bindungsbedürfnis usw.), und der klini-
sche Psychotherapieforscher Klaus Grawe schlug als Generatoren klini-
scher Syndrome die Nichtbefriedigung von 4 Grundbedürfnissen vor, die
jeweils die Maximierung von sozialer Wertschätzung bzw. Bindung, Lust-
maximierung, und Selbstwertmaximierung betreffen, also Bedürfnisse, die
auch in anderen Taxonomien enthalten sind (Grawe 2004). Zusätzlich hat
er auch die wichtigen Komponenten Orientierung und Kontrolle hervorge-
hoben, die sich am ehesten bei Maslow dem Bedürfnis nach Sicherheit,
und zwar in weiterer Interpretation, nach kognitiver Sicherheit bzw. Ver-
haltenssicherheit zuordnen lassen.
Das hypothetische Netzwerk der Motivationen lässt ähnlich wie bei Emo-
tionen ebenfalls eine innere Struktur reziproker Koppelungen, und zwar
wie bei Emotionen in Form von alltagsweltlich nachvollziehbaren Hem-
mungen, erkennen: das Bedürfnis nach Nahrung hemmt das Bedürfnis
nach Sicherheit, dieses hemmt das Bedürfnis nach sozialer Anerkennung
usw., zumindest in der nächsten Phase des Verhaltens. Dieses inhibitorisch
strukturierte Bedürfnisnetzwerk erklärt auch zum Teil Konflikte durch An-
tagonismen, beispielsweise zwischen Selbstwert (Autonomie) und Bin-
dung (Abhängigkeit) oder Sicherheit usw. (Grawe 2004).
78 Systempsychologie

Allerdings lässt sich ein anderes, damit verbundenes Phänomen hervorhe-


ben: Die Befriedigung der Bedürfnisse, also das Erleben der Zufriedenheit
in einer der genannten Domänen, erhöht auch das Zufriedenheitserleben in
anderen Domänen: Selbstwerterleben erhöht auch das Erleben sozialer Si-
cherheit oder Bezogenheit bzw. reduziert das Bedürfnis nach Sicherheit
oder sozialer Bindung usw. Diese Doppelung der Erlebnisstruktur ist somit
systemtheoretisch durch eine reziproke Inhibition zwischen der Funktions-
ebene des Zufriedenheitserlebens und der Funktionsebene des Bedürfniser-
lebens erklärbar. Das würde die Konstruktion zweier eng gekoppelter
Netzwerke begründen, nämlich ein Netzwerk des Zufriedenheitserlebens
und ein Netzwerk der Bedürfnisse, die – prozessual betrachtet – zueinander
reziprok-inhibitorisch verschaltet sind. Daran anknüpfend ließe sich in Ka-
tegorien der Regelungstheorie mit den Begriffen „Istwert“ und „Sollwert“
mit dem Sollwert der Zufriedenheit und dem Istwert der Unzufriedenheit
(bzw. Motivation) auch ein komplexes Regelkreismodell mit einem Soll-
wertnetzwerk und einem Istwertnetzwerk konstruieren, dessen Dynamik
durch vielfältige Nichtgleichgewichtslagen charakterisiert wäre. Diese
Sichtweise kommt einerseits der phänomenalen Realität des Erlebens, aber
auch den Desideraten der Systemtheorien entgegen. Wenn also Bedürf-
nisse als Mangelerleben begriffskonstruktiv in ein Zufriedenheitserleben
transformiert werden, und wenn man „Erleben“ begrifflich als die zentrale
Referenzkategorie der Psychologie auffasst, dann lässt sich die motivatio-
nale Gesamtdynamik als „omnilaterale Aktivierung“ begreifen. Diese Dif-
ferenzierung wird hier aber nicht weiter vertieft, sondern es werden ab-
schließend wieder die Funktionszusammenhänge zwischen Emotion und
Motivation betrachtet.

Unbewusste autonome Dynamik des affektiv-motivationalen Systems


Geht man zunächst wieder davon aus, dass die Dynamik des Erlebens und
Verhaltens im Wesentlichen von den beiden Teilsystemen der Kognitionen
und der Affekte geprägt ist, und dass Letzteres, wie beschrieben, durch
Emotionen und Motivationen konstituiert ist, dann ist es sinnvoll, eine bei-
spielsweise inhibitorische Koppelung dieser beiden affektiven Subsysteme
zu betrachten, wenngleich die Dynamik dieser beiden Systeme ein kom-
pliziertes Bild entstehen läßt.
Felix Tretter 79

Wie eben ausgeführt, wird also vom Erleben (bzw. Bewusstsein) ausge-
gangen, und so ist das Erleben von Sicherheit, Selbstwert und sozialer Ak-
zeptanz Ausgangspunkt der folgenden Überlegungen. Auf dieser System-
komplex-Ebene bewirkt somit die jeweilige Erlebensqualität eine Hem-
mung der korrespondierenden negativen Emotionen: Sicherheitserleben
hemmt Angst usw. Und umgekehrt: Wenn diese Bedürfnisse bestehen (Si-
cherheitsbedürfnis), ist die Hemmung der jeweiligen Emotionen gering
und sie können daher in das Erleben eintreten und es gewissermaßen ein-
färben (Angst). Genauer und umfassender beschrieben: Das Erleben von
Sicherheit, Akzeptanz, und Selbstwert geht mit einer eher lustvollen
Emotion einher und es bauen sich Erwartungen auf, dass alles so bleibt,
wie es ist. Werden diese Erwartungen, wie im vorigen Abschnitt
beschrieben, nicht erfüllt, entstehen Störungen des Erlebens von
Sicherheit, Akzeptanz, des Selbstwertes usw. mit den korrespondierenden
Gefühlen der Angst, der Traurigkeit und des Ärgers. Diese Emotionen
fungieren wieder als Denkanstöße und Verhaltensantriebe, was zugleich
phänomenal als Bedürfnis erlebt wird, die Bedingungen der Möglichkeit
des Wohlbefindens in den jeweiligen Domänen wieder herzustellen
(Abb. 4).
Das Gesamtnetzwerk kann bereits mit dieser minimalen Strukturierung
eine komplexe Dynamik entwickeln. Systemtheoretisch betrachtet kann
nämlich die Koppelung der beiden Systeme Affekte und Motivationen wie
erwähnt durch inhibitorische Wechselwirkungen sehr gut beschrieben wer-
den (Abb. 5): die Befriedigung der einzelnen Bedürfnisse erzeugt zwar
Lust, aber diese Emotion kann auch durch Reduktion bzw. Hemmung von
Unlust aufkommen, und zwar jener Unlust nämlich, die durch das Entste-
hen des betreffenden Bedürfnisses entsteht. Auch lassen sich Mischzu-
stände beschreiben, indem etwa ein Erfolgserlebnis (hohes Selbstwerterle-
ben) ohne soziale Resonanz zwar Ärger hemmen kann, aber dass auch
Trauer erlebt wird, die durch die starke Hemmung von Ärger, der Trauer
hemmt, enthemmt wird. Trauer wird in diesem Fall auch zusätzlich durch
das mangelnde Akzeptanzerleben enthemmt. Dieser Mischzustand bildet
sich alltagsweltlich gesagt etwa so ab: „Ich bin toll, aber keiner schaut
hin...“
80 Systempsychologie

Abb. 4: Die Verhinderung des Erlebens von Zuständen eines hohen Selbstwertes, der
Akzeptanz, der Kontrolle, Orientierung und biologischer Zufriedenheit mit der Folge
verschiedener Emotionen, die als Antriebe für ein Verhalten wirken, mit dem dieses
Befinden wieder hergestellt werden kann (Tretter und Löffler-Stastka 2018).

Gesamtheitlich, so lässt sich die Systemdynamik bereits intuitiv verstehen,


kann jedes einzelne kognitive Ereignis, das als Erlebniselement auftritt, mit
einem Bedürfnis „verrechnet“ werden, was in der Folge zu Emotionen und
Motivationen führt, die das Gesamtbefinden bestimmen. Diese Prozesse
und ihre Dynamik müssen letztlich in explorativen semiquantitativen Com-
putersimulationen in einem iterativen epistemischen Prozess untersucht
werden, sodass die hier vorgelegte Modellstruktur verbessert werden kann.
Felix Tretter 81

Abb. 5: Das reziprok aktivierend gekoppelte Netzwerk der Motivationen bzw. Bedürf-
nisse und inhibitorische Koppelungen mit dem Netzwerk der negativen Emotionen, das
auf reziproken Inhibitionen aufgebaut ist. Die negativen Emotionen hemmen das jewei-
lige Erleben und erzeugen entsprechende Bedürfnisse (veränd. nach Tretter u. Löffler-
Stastka 2018).

Perspektive
Hier wurde versucht zu zeigen, dass die Beschränkung einer systemisch
gedachten Psychologie auf das Konstrukt „Selbstorganisation“, ohne auf
die Wirkmechanismen des Psychischen im Detail einzugehen, nicht hin-
reichend weiterführend ist. Es ist vielmehr erforderlich, dass das psychi-
sche System – wie immer man es auch definiert – durch seine Funktions-
elemente (bzw. Subsysteme) charakterisiert wird. Das Beziehungsgefüge
dieser psychischen Elemente kann dabei als operationell geschlossen kon-
zipiert werden. Insofern es sich hier um eine selten praktizierte Sichtweise
handelt, sind auch keine passenden empirischen Befunde nutzbar, außer
jene der Phänomenologie des Alltags. Bei dem hier vorgeschlagenen Funk-
tions- und Prozessmodell handelt es sich also um eine Skizze eines noch
„transdisziplinär“ auszuarbeitenden systemischen Konzepts des Psychi-
schen als Gegenstand einer Systempsychologie, die verschiedene Perspek-
tiven unterschiedlicher psychologischer Schulen integrieren kann. Darüber
hinaus bietet das Modell durch seine explizite Systemperspektive ein bes-
82 Systempsychologie

seres Fundament für die Neurobiologie, die ihrerseits mittlerweile das Sys-
temische des Gehirns bereits explizit anerkannt hat und zum Fokus genom-
men hat.
Felix Tretter 83

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Viktor Jirsa 89

Structured Flows on Manifolds as guiding concepts


in brain science
Viktor Jirsa

Any discussion of brain repair, rehabilitation, and functional recovery im-


peratively requires a working definition of “function” (Jirsa et al. 2019). If
such definition is not explicitly provided, which is more common than not,
then the precedent statement still remains valid and is implied by the choice
of methods applied in the investigation. An illustrative and recent example
is the use of resting state paradigms in modern neuroscience, in which spa-
tiotemporal brain activity is recorded using neuroimaging techniques such
as functional MRI or EEG and then cast into a measure, e.g., functional
connectivity, which captures the Pearson correlation of brain activations.
Measures assign a value on the relationship between two brain regions in
a systematic way, which implicitly evokes an underlying model and under-
standing of brain function. Functional connectivity assumes that the co-
variation of brain activations in time is related in a meaningful way to brain
function.
What does meaningful refer to in this case? Here meaning can be assigned
in two ways. Either it can be linked to a causal description of brain activity,
as only the latter provides us with entry points for interventions in case of
brain dysfunction, and ultimately brain repair. The juxtaposition of empir-
ical brain data and a causal description thereof is commonly performed
through the building of a mechanistic brain model. Once one or multiple
key mechanisms are identified, then the actual confrontation between em-
pirical data and model is made by the parameters in the model. In fact, this
is what any scientific interrogation reduces to at this stage. The assignment
of values (whether through explicit numbers, parameter ranges, or co-
dependent subsets) to model parameters establishes the critical link
between our understanding (aka the model) and the real-world (aka the
data). It will generally not be unique, but degenerate in the sense that the
brain exhibits the one-to-many and many-to-one behavior well-known
from complex systems. Virtually indistinguishable network activity pat-
terns can for instance arise from many distinct biophysical mechanisms

© Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2020
K. Viol et al. (Hrsg.), Selbstorganisation – ein Paradigma für die
Humanwissenschaften, https://doi.org/10.1007/978-3-658-29906-4_6
90 Structured Flows on Manifolds

(Changeux et al. 1973; Edelman and Gally 2001; Pillai and Jirsa 2017);
and genetically identical organisms can show consistently different neu-
ronal activity associated with the same behavior (Prinz et al. 2004; Chiel
et al. 1999; Beer et al. 1999). Nonlinearities in any complex system cause
its capacity to exhibit different behaviors. Such is the rule rather than the
exception and the prominent role of linear tools in natural sciences is more
an expression of our history of science rooted in classical mechanics rather
than in biology. Another form of meaning and meaningfulness is linked to
behavior. One can justifiably take the point of view, and many patients do,
that a patient does not care about “abnormal activity” in the brain network
if his/her behavior is not affected in any way. Examples are asymptomatic
anatomical malformations in the brain or asymptomatic seizures. In the
same spirit, Pillai and Jirsa (2017) argue that the brain cannot be under-
stood without a good definition of behavior, which turns out to be more
difficult than one would expect.
These preliminary thoughts lead me to a workflow, which is illustrated in
Fig. 1. To speak meaningfully about brain health, we need to have a notion
of behavior, which is captured mathematically by the set of rules underly-
ing a behavior, the Structured Flows on Manifolds (SFMs) (Fig. 1A). Be-
havior finds its representation in brain dynamics, which is another dynamic
process described by SFMs, and tightly linked through the brain-behavior
relation. SFMs emerge from the nonlinear neuro-electric and -chemical
interactions in the brain network (Fig. 1B). The brain network and its dy-
namics are constrained mechanistically by the model parameters (Fig. 1C),
which generally have a degenerate relationship, and where many parameter
constellations may cause the same brain dynamics.
Viktor Jirsa 91

Fig. 1: Behavior and brain dynamics as Structured Flows on Manifolds.

Let me now enter into details. Brain function needs to be anchored in an


appropriate representation of behavior (Fig. 1A). Such a claim is not new
to students that have followed a dynamical perspective (Huys et al. 2014).
Similar calls regarding the importance of incorporating behavior in neuro-
science have been made by Krakauer et al. (2017), but they did not offer a
constructive way forward. The behavioral neurobiologists Levitis, Li-
dicker and Freund (2009) offer a definition of behavior based on a system-
atic analysis of survey responses, in which behavior constitutes the set of
internally coordinated actions (or inactions) of an organism in the presence
of internal and/or external stimuli. Pillai and Jirsa (2017) adopted and for-
malized this view in a dynamic framework that links complex brain dy-
namics with similarly complex emergent behavior. They state that behav-
ior constitutes the set of actions follwing from rules, that are task specific,
expressed in terms of action variables, and are predictive in terms of time
92 Structured Flows on Manifolds

evolution. Such is another way of expressing the fact that behavior is a


dynamic stochastic process and can thus not be represented by only a few
time series, because those would not capture its full dynamic repertoire
(unless it is the complete set of all possible time series, which would be
technically speaking infinite). Behavior is correctly represented by the set
of its generative rules. It is possible to show mathematically the following
identities. The set of generative rules underlying behavior is equivalent to
1) the complete set of all possible time series; 2) the explicit analytical
expression of the time course of all state variables; 3) the generative model
expressed as a dynamic system (such as via ordinary differential equations
or integral equations); 4) the flows spanned in the space of all state varia-
bles, aka Structured Flows on Manifolds (SFMs). The above discussion
may seem technical or academic at first sight, but it is not, as it has a clear
consequence for brain sciences. For a complete representation of behavior,
the brain needs to represent one of the above entities, encoded in its or-
ganization of brain activity. Derived metrics of the above are commonly
used in neuroscience to address questions of coding, including reaction
times, movement direction, memory capacity, and discriminative capacity,
but will always provide an incomplete understanding of the link of brain
and behavior. Although the above representations are mathematically
equivalent and thus techncially exchangable in isolation, they cannot be
arbitrarily substituted once placed in the context of the brain, as the gener-
ative mechanism in the brain maybe specific to a particular choice. Here
we follow again Pillai and Jirsa (2017), who have argued strongly in favor
of Structured Flows on Manifolds (SFMs), as they emerge naturally
through network interactions. This suggests the hypothesis that SFMs in
behavior are isomorphically represented in the dynamics of the brain (see
for discussions Fuchs et al. 2000a,b).
Structured Flows on Manifolds (SFMs) are the mathematical objects that
capture the dynamic properties that a system requires for it to be capable
of the behavior we discussed above. The system under consideration is
high dimensional with N degrees of freedom and highly nonlinear. In the
space spanned by these degrees of freedom, each point is a state vector and
represents a potential state of the system. As time evolves, the state of the
system changes and thus traces out a trajectory in state space. The rules
that the system follows can be understood as forces that cause the changes
Viktor Jirsa 93

of the state vector and define a flow. In order to allow this system to gen-
erate low-dimensional behavior, that is, M dimensions with M<<N, there
must be a mechanism in place that is capable of directing the trajectories
in the high-dimensional space towards the lower M-dimensional sub-space
(see Fig. 1B). Mathematically, this translates into two flow components
that are associated with different time scales: first, the low-dimensional
attractor space contains a manifold f(.), which attracts all trajectories on a
fast time scale; second, on the manifold a structured flow g(.) prescribes
the dynamics on a slow time scale, where here slow is relative to the col-
lapse of the fast dynamics towards and onto the attracting manifold. For
compactness and clarity, imagine that the state of the system is described
by the N-dimensional state vector q(t) at any given moment in time t. Then
we split the full set of state variables into the components ξ and s, where
the state variables in ξ define the M task-specific variables linked to emer-
gent behavior in a low-dimensional subspace (the functional network) and
the N-M variables in s define the remaining recruited degrees of freedom.
Naturally, N is much greater than M and the manifold in the subspace of
the variables ξ has to satisfy certain constraints to be locally stable, in
which case all the dynamics is attracted thereto. SFMs have been success-
fully linked to networks composed of neural masses (Fig. 1B), coupled via
multiplicative coupling functions, which are fundamental for the emer-
gence of SFMs (Pillai and Jirsa 2017). Neural masses comprise populations
of neurons, which are nonlinear dynamic units coupled via synapses. The
multiplicative properties are at the heart of synaptic coupling, as well as
conductance-based modeling, which is currently our understanding of neu-
ronal functioning via the Hodgkin-Huxley equations that describe the ini-
tiation and propagation of action potentials in neurons. Mathematically, the
multiplicative coupling enables the manifold to be described globally ra-
ther than just locally, as is the case of previous formal theories of self-
organization. The formulation of SFMs is thus a general framework and
the link to neuroscience is accomplished, for instance, when SFMs are de-
rived from neural network equations. In these situations, the state vector
q(t) is the vector of all activation variables across all brain regions and the
SFM is the mathematical representation of the dynamics of the brain net-
work.
94 Structured Flows on Manifolds

What is the mechanism in the network that supports the emergence of


manifolds from network dynamics, capable of supporting SFMs? Previ-
ously, answers have been provided at least in part by Hermann Haken and
Synergetics (Haken 1983). Haken has demonstrated how spatiotemporal
patterns may emerge in the neighborhood of phase transitions of a complex
system, describing a qualitative change from one pattern to another. This
is accomplished by computing the stationary solution of the system and
perform a linear mode decomposition. The variables are grouped into a set
of modes, whose stability is close to criticality (the so-called order param-
eters) and a set of stable modes far from criticality. The inverse of the sta-
bility coefficient is equivalent to the characteristic time constant and the
modes can thus be also called slow order parameters and fast stable modes.
Haken recognized that the dynamics of the fast modes can be fully ex-
pressed analytically by the order parameters using the local center mani-
fold theorem and called this phenomenon “enslaving”. This mechanism
expresses the fact that the characteristic time of the fast modes is short,
which means these modes always relax after a brief transient to the quasi-
stationary behavior of the much slower order parameters and can thus be
eliminated adiabatically. Fig. 1B demonstrates this effect by showing a set
of trajectories on the top left of the hemispherical manifold. These trajec-
tories are all attracted to a neighborhood around a point on the hemisphere.
They relax fast to the local neighborhood on the spherical surface and then
move slowly towards the stable fixed point. This synergetic mechanism of
enslaving leading to self-organization has proven to be of powerful explan-
atory nature. It is not necessarily limited to fixed points but can be extended
to limit cycles (see top right in Fig. 1B). However, where this approach
suffers from, is its limitation to local stationary solutions to be able to apply
the local center manifold theorem. In Fig. 1B, this limits its applicability
either to the left stationary solution (stable fixed point) or the right station-
ary solution (stable limit cycle). Both solutions co-existing simultaneously
on an attractive manifold (here, the hemispherical surface) cannot be de-
scribed. To address this, we need to go one step beyond the local center
manifold theorem and evoke SFMs, in particular for large scale brain net-
works.
SFMs can emerge from brain network dynamics. The first large-scale brain
network equation has been written down by Ghosh et al. (2008). Almost
Viktor Jirsa 95

ten years earlier, Scott Kelso and I laid the mathematical basis for large-
scale brain networks (Jirsa and Kelso 2000), introducing the distinction of
homogeneous and heterogeneous connectivity. The two are distinguished
by translational symmetry, where the former is translationally invariant,
the latter is not. We proposed the use of diffusion tensor imaging data as a
connectivity constraint for heterogeneous connectivity, assuring the right
symmetries for such networks (Jirsa et al. 2002). Nowadays, after grand
efforts of many researchers (such as Rolf Kötter, Olaf Sporns, Michael
Breakspear, Gustavo Deco, Randy McIntosh, Petra Ritter, just to mention
a few amongst many), the field of brain connectivity has been consolidated,
connection matrices are referred to as Connectomes and large-scale brain
network models as Virtual Brains. An active community has been built
around the neuroinformatics platform The Virtual Brain (TVB) (Sanz-
Leon et al. 2013) with applications in many domains including the resting
state (Ghosh et al. 2008; Deco et al. 2010, 2011; Ritter et al. 2013; Hansen
et al. 2014), epilepsy (Jirsa et al. 2017; Proix et al. 2015), stroke (Falcon et
al. 2016a,b), and tumors (Aerts et al. 2019). The symmetry of the connec-
tome imposes constraints on the connectivity, which then shapes the dy-
namics of the network. This can be easily recognized for the case of the
resting state dynamics, where increasing coupling strength systematically
changes the evolution of trajectories in state space and thus the shape of
data distributions (Hansen et al. 2014; McIntosh and Jirsa 2019). Symme-
tries are invariances of a given system under an operation, which is equiv-
alent to the preservation of a quantity. For instance, translational symmetry
in time is linked to energy conservation, translational symmetry in space
to momentum conservation, rotational symmetry to angular momentum
conservation, etc. Similarly, an unconnected set of identical nodes is invar-
iant under exchanges of node indices and creates an invariant manifold in
state space. If the manifold is attractive, then trajectories from points in
state space evolve towards it as seen in Fig. 1B. As the symmetry is broken
(see Fig. 1B (middle) for a representation of two networks, one with iden-
tical coupling strengths, one with non-identical), flows are generated on
the manifold causing a slow dynamics to evolve on the manifold. These
flows on the manifold are slow, where the characteristic time constant is
inversely proportional to the degree of symmetry breaking. Furthermore,
96 Structured Flows on Manifolds

these flows are confined to the manifold, but are not limited to single at-
tractors and can show a rich and structured attractor dynamics. The concept
of breaking symmetry to generate time scale separation and a global de-
scription of attractor dynamics is at the heart of Structured Flows on Man-
ifolds (SFMs).
Here I wish to pause and return to my previous discussion of degeneracy.
There are effectively two types of manifolds to be distinguished. The first
manifold is the SFM, which is defined in the space of the state variables
and realizes the rules prescribing the time evolution of the system. The
second arises from the degeneracy of the system and spans a manifold in
parameter space (see Fig. 1C). The set of parameters {P1, P2, P3, …} com-
prises all system parameters and quantifies the mechanistic basis of the
network. In the brain, these parameters comprise synaptic strength, chem-
ical concentration of neurotransmitters, local excitability, receptor types,
and many more. They span a high-dimensional parameter space, in which
many parameter combinations give rise to the same system behavior and
create the degeneracy of the system. In signal analysis and model inver-
sion, the degeneracy is a big technical problem, as it imposes difficulties
identifying the model parameters underlying a particular process as meas-
ured with empirical data (see for instance Schirner et al. 2018). The non-
uniqueness of parameters is captured by a manifold in parameter space,
which holds all possible parameter combinations giving rise to the same
behavior of the system in state space. It is here, where the two types of
manifolds are conceptually connected: A particular SFM in state space is
generated by the model with parameter settings contained in a manifold 
in parameter space (Fig. 1C). The system behavior is invariant under any
change along the manifold . Here I wish to distinguish two forms of in-
variance, a strong and a weak form. For the strong version, the invariance
of the system behavior demands that the SFM is identical for any changes
along the manifold ; for the weak version, it is sufficient that the topology
of the SFM does not change along . The latter weak criterion can be jus-
tified, because the system dynamics behavior remains qualitatively the
same under these conditions.
Viktor Jirsa 97

The link between the manifolds in state space and parameter space is the
principal insight I wish to share in this chapter. It has enormous conse-
quences for our understanding of personalized brain models of patients,
inter-individual variability, and our capacity to perform interventions and
therapy on the patient. Before I enter in a discussion of these consequences
for any form of brain damage and repair, I need to emphasize one more
thought. A single point on the parameter manifold  corresponds to a set
of parameters, realized by, for instance, a single neuron within the same
brain region. If all the neurons were identical in this region, then they
would cluster in this one single point on . However, this will generally
not be the case, because the Maximum Information Principle (MIP) de-
mands that entropy will become maximal (Jaynes 1957). If there is no clear
distinguishing criterion amongst realizations, all of the possible states and
configurations will be occupied equally. This statement is in fact equiva-
lent to an ergodic hypothesis, however, quite differently as we know it from
physical systems. A consequence is neuronal diversity in the above exam-
ple, or more generally, diversity within the neural system and the brain.
Entropic forces will disperse the neuronal configurations across the mani-
fold, enabling the upkeep of the same behavior (or behavioral repertoire to
speak with the words of Randy McIntosh), but with a heterogeneous sys-
tem composed of different neurons, neural transmitters, receptors etc., all
giving rise in conjunction to the same SFM under healthy conditions.
Brain injury, disease and pathology express themselves unavoidably
through parameter changes. As an example, the reader may think of poi-
soning, which will move the brain off the manifold  and act as perturba-
tion vector 𝑃⃗ on the realization on . If only certain parametric subsets are
affected, for instance certain neuron types, then 𝑃⃗ will act only on one sec-
tion on  (see Fig. 1C). If all neurons are equally affected, then the entire
manifold will be perturbed uniformly. For some sections, however, the per-
turbation 𝑃⃗ will be more tangential, for others more perpendicular, de-
pendent on the shape of  and the orientation of 𝑃⃗ . The consequences are
profound and are visualized in Fig. 1C. The perturbation 𝑃⃗ can always be
decomposed into a tangential component 𝑃⃗∥ and a perpendicular compo-
nent 𝑃⃗⊥ . The latter perpendicular component will always have an impact
98 Structured Flows on Manifolds

upon the system and causes impairment of the behavior by definition, re-
quiring healing and recovery; the former tangential component, however,
will be absorbed within the manifold with no consequences to the behavior.
This is illustrated in Fig. 1C by two vectors 𝑃⃗ acting at two locations on
the manifold. The lower is dominated by the perpendicular component and
will thus have a maximal impact. Here the system is incapable of absorbing
the perturbation, and neurons (or system components) corresponding to
this configuration will die. At the upper location, however, the tangential
component is dominant, and the perturbation will change the neurons (or
system components), but with no appreciable impact upon the behavior.
The perturbation is essentially absorbed. For this effect of absorption to
occur, it is absolutely obligatory that all the states on the manifold  are
occupied. This realization links us back to the entropic forces and MIP of
Jaynes and provides a competitive advantage to a large network that ena-
bles degeneracy across its parameters. Diversity of neuronal representa-
tions adds robustness against brain injuries and pathologies, because com-
pensation and absorption are possible via the tangential component 𝑃⃗∥ . Fur-
thermore, plasticity enables recovery through movement along the mani-
fold , in case of injury, allowing the brain to recover its neuronal repre-
sentations.
In the precedent pages, I provided an overview of my personal perspective
of how behavior, brain dynamics, brain injury, and recovery interrelate. I
abstained from providing mathematical details and used mostly geometric
representations. Although the mathematical details are available in the ref-
erenced literature, the links between the various domains and applications
are less evident and far less known. In particular, the last paragraphs on
parameter manifolds, diversity, and brain robustness to injuries have a par-
ticular intuitive appeal and may seem familiar from experience, but their
quantitative and algebraic implementation is not, as they are based on a
deeper understanding of the links between SFMs, MIP, and degeneracy. It
is not lost on me that various of these formalizations and its consequences
are not limited to brain and behavior, but apply equally to other complex
systems including physical, biological, and socio-political systems.
Viktor Jirsa 99

Acknowledgement
I have developed many of these thoughts while working on the latest re-
newal of the Human Brain Project during 2019, thus wish to acknowledge
European Union’s Horizon 2020 Framework Programme for Research and
Innovation, Award ID: 785907 (HBO SGA2). They were presented in
(more or less) coherent form for the first time at the Santa Fe Institute in
November 2019. I wish to thank my friends and collaborators Petra Ritter
and Randy McIntosh for their patience and input listening willingly to my
chatter on these issues during our numerous runs. Foremost, I wish to thank
my dear colleague and friend Günter Schiepek, who relentlessly encour-
ages me to apply these concepts of dynamic networks to brain repair and
therapy.
100 Structured Flows on Manifolds

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Flückiger, Vîslă & Held 103

Psychotherapeutic self-organization in the healing,


biomedical and biopsychosocial model –
An evidence-based practice perspective
Christoph Flückiger, Andreea Vîslă and Judith Held

The understanding of human health and how health can be influenced by


health-professionals has dramatically changed over the past three hundred
years within “westernized/industrialized” societies and maybe even faster
across the world (e.g., Selin and Shapiro 2003; Wampold and Imel 2015;
Wampold et al. 2018). This dramatic change resulted in the co-existence
of at least three predominant frameworks of how health is understood in
general and mental health more specifically. All three stereotypical models
make particular dogmatic assumptions about the patients` roles and related
self-organizing processes (for an overview see Tab. 1).

Healing model
Healing models offer an overall conception of health that include religious,
spiritual, social and legal frameworks about health that are developed over
hundreds of years within specific cultures. Such models include specified
language and health rituals provided by socially sanctioned health provid-
ers (Shapiro and Shapiro 1992; Frank and Frank 1991). Within the frame
of healing models, health problems (“sufferings”) often do not differentiate
between mind and body. They are rather imbedded in a holistic, overall
view of the person’s situations within a universal (sometimes divine) order
and culture-specific use of language accepted by both the “healer” and the
suffering person. The roots of healing models often originated in collec-
tivistic societies where the individual life course can be prearranged in
well-specified social roles (e.g., Elias 1969). Psychological effects may
cover qualities of transcendent or spiritual experiences that are sometimes
imbedded in a universal order of life. Healing rituals may include well-
specified procedures connected with culturally embedded helpful behav-
iors, hopes and moods. Consequently, self-organizational effects within in-
dividuals may underline culture-specific frameworks and assumptions.

© Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2020
K. Viol et al. (Hrsg.), Selbstorganisation – ein Paradigma für die
Humanwissenschaften, https://doi.org/10.1007/978-3-658-29906-4_7
104 Psychotherapeutic Self-Organization

Biomedical model
The biomedical model is probably the most successful framework in hu-
man history to enhance the physical health within populations. During the
early 18th century, academia started to split natural science from cultural
and religious faculties and to professionalize medicine. There was an in-
tense systematic effort to better understand the biological mechanisms of
well-specified physical diseases. Diseases were systematized within cate-
gorical concepts based on canonical descriptions of observer-based symp-
toms. Biomedical mechanisms were postulated to be universal mechanisms
that do not vary across cultures. Research frameworks were developed to
experimentally and objectively investigate specific health interventions
within a stringent argumentation line (e.g., specific disease, specific treat-
ments with a specific dose and specific outcomes; Wampold et al. 2018).
Within this framework, treatment adherence and purity requirements are
auxiliary hypotheses to guarantee the validity of experimental causalities.
In biomedicine, psychological effects are often designed as unwanted dis-
turbance variables that have to be eliminated or controlled for (e.g., pla-
cebo/nocebo effects) to understand the specificity of the biomedical mech-
anisms. The patient role in biomedical treatments is primarily passive or
reactive; that is, humans react to the particular medicine, surgery or medi-
cal intervention prescribed or provided by a professional physician. Even
though patients´ intentionality in self-organizing effects is not negated,
motivational aspects are not the primary focus within this framework
which was sometimes connotated as ethical precondition (e.g., informed
consent) rather than an omnipresent hard-and-soul component of treatment
(e.g., Wampold et al. 2018; Kanfer et al. 2006).

Biopsychosocial model
The third framework is the newest and probably most controversial one. In
the 20th century, countries and societies across the world started to develop
(public-) health systems that cover biological, psychological, and social
health. As an example, at the constitution of the World Health Organization
(WHO, http://www.who.int/about/mission/en) health was defined as a
state of “physical, mental and social well-being and not merely the absence
Flückiger, Vîslă & Held 105

of disease of infirmity”. In many countries, governmental institutions were


established for physical health (such as health insurance), social health and
welfare (such as unemployment funds, pension schemes, disability insur-
ances) and some psychological health (such as public educational counsel-
ing, career guidance or traffic counseling). In comparison to the biomedical
model with a particular focus on disease specificity, the biopsychosocial
model conceptualizes health as a multidimensional, factorial concept (e.g.,
Engel 1977). Mental health problems (“disorders”) are imbedded in a
broad biopsychosocial context that include individual psychological suf-
fering and psychosocial functioning. On this point of view, the biopsycho-
social model emphasizes a more holistic, multidimensional understanding
of health (in parallel to the healing model), and at the same time, it accepts
a cultural-sensitive but not a particular sociocultural framework (Wampold
et al. 2018). Biological, psychological, and social factors may not only af-
fect particular diseases, but may also influence the responsibilities of the
multiple actors within health systems. Postmodern, pluralistic, and poten-
tially democratic societies accept an active and self-organized role of the
individual patient for their (health) behaviors. These well-accepted “de-
grees of freedom” in favor to patients’ proactivity impact the understand-
ing of the patient role and highlight e.g., the relevance of the patient in-
volvement into treatment decisions and collaborative qualities between the
patients and the therapists.

Psychotherapy as a biopsychosocial intervention


Psychotherapy as a modern mental health treatment founded in an evi-
dence-based practice broadly accepts basic assumptions of the biopsycho-
social model (such as proactive, self-organized role of patients, collabora-
tive qualities of the therapist and the patient, acceptance of pluralistic so-
cieties) and perhaps can be even seen as a catalyst of this model in rapidly
changing societies (Elias 1969). However, psychotherapists may also be
sometimes interested in capitalizing on the other two models e.g., by de-
veloping a rigorous theoretical framework for lifestyle interventions or by
using biomedical terms for psychological constructs (e.g., Meichenbaum
and Lilienfeld 2018).
106 Psychotherapeutic Self-Organization

Tab. 1: Comparison of stereotypical assumptions and interpretation of self-organizing


processes within the three predominant frameworks

Healing Model Biomedicine Model Biopsychosocial


Model
Basic assumptions
Key charac- Human being Physical, biological Multidimensional,
teristics within universal or- disease biopsychosocial
der health
Auxiliary hypo- Spirituality Specificity, Proactivity,
theses objectivity collaboration
Treatment goals Quality of shared Symptom reduction Psychosocial health
transcendence and wellbeing
Framing of self-organization in mental health treatments
Definition of Suffering Disease, primacy of Disorder, psycho-
mental health physical-biological logical strain, psy-
problems causes chosocial function-
ing
Patient role Ritualized Passive / reactive Proactive-collabora-
tive
Role of self-or- Transcendent Placebo / nocebo ef- (partly) proactive,
ganization effects fects or physiologi- intended and self-
cal effects directed effects

In the meantime, there is a broad range of well-researched, evidence-based


factors that underscore the relevance of self-organizing processes in psy-
chotherapy. Each of the following examples highlight a particular evi-
dence-based practice principle (Norcross and Lambert 2018, 2019; Nor-
cross and Wampold 2018; Goldfried and Norcross 2019). Even though
they may represent a particular psychological aspect, they are also consid-
ered to be imbedded in a variety of co-varying principles and therapeutic
actions within a recursive and responsive therapeutic process (e.g., Wam-
pold and Imel 2015; Norcross and Lambert 2018).
Alliance. The term alliance (sometimes preceded by therapeutic, working
or helping) refers to the holistic collaborative aspects of the therapist-client
relationship (Horvath 2018). Bordin (e.g. 1994) proposed a pantheoretical
version of the alliance that he called the working alliance. For Bordin, the
core of the alliance was a collaborative stance in therapy focused on three
components: agreement on the therapeutic goals, consensus on the tasks
that make up therapy, and a bond between the client and the therapist. He
Flückiger, Vîslă & Held 107

theorized that different therapies would place different demands on the re-
lationship, thus the “profile” of the ideal working alliance would differ
across orientations. Based on over 300 primary studies, there is empirical
evidence that the alliance measured during treatment robustly predicts
treatment outcomes across particular disorders and treatment approaches.
Furthermore, this relation remains consistent across assessor perspectives,
alliance and outcome measures, treatment approaches, patient characteris-
tics, and countries (Flückiger et al. 2018).
Readiness for change. Patients that seek psychotherapy may have various
motivations and may be more or less ambivalent to work on their problems.
Originated in substance use disorder, the Transtheoretical Model for ex-
ample conceptualizes intended change of individuals. The model describes
various stages of patient motivation/readiness such as precontemplation
[not ready], contemplation [getting ready], preparation, action and mainte-
nance) that may represent a temporal dimension over the course of therapy
(Proschaska et al. 1992). There is recent correlational meta-analytic evi-
dence based on 76 primary studies that the patients’ stages of change have
the potential to predict psychotherapy outcomes (Krebs et al. 2018).
Expectations. Patients’ expectations have long been considered a key in-
gredient and common factor of successful psychotherapy (e.g., Frank, and
Frank 1991). In psychotherapy, outcome expectation represents a patient’s
prediction regarding the likelihood that a particular treatment will help re-
duce his or her target concerns (Constantino 2012). According to Frank
and Frank, patients enter therapy because they are demoralized, and restor-
ing their hope and positive expectation is a powerful change mechanism.
A recent meta-analysis (k= 81) investigating the association between pa-
tients’ pre- or early-therapy outcome expectations and their distal treatment
outcome found a robust association between these concepts across a vari-
ety of diagnoses, treatment orientation and clinical contexts; moreover, the
magnitude of the association seems to moderated by patient age and
whether or not the therapists use a treatment manual (Constantino et al.
2019). In spite of these findings, there is still limited research on patient
and therapist characteristics that might contribute to patient outcome ex-
pectations (e.g., Vîslă et al. 2018).
108 Psychotherapeutic Self-Organization

Process-monitoring/feedback. Receiving systematic feedback based on pa-


tients` self-report regarding their progress (or lack thereof) may help to
carefully integrate patients’ perspectives into psychotherapy (e.g., Lambert
et al. 2018; Lutz et al. 2019; Schiepek et al. 2018a, b). Based on 24 primary
studies, there is meta-analytic evidence that delivering client feedback to
therapists may impact the likelihood of therapeutic effectiveness (Lambert
et al. 2018). This may enhance both patient and therapist engagement in
therapy, even though this sometimes may also require more sessions
(Michie et al. 2008). Moreover, feedback may facilitate collaborative prac-
tice, as it may provide opportunities to collaboratively discuss treatment
goals, improvements, and challenges (Schiepek et al. 2016a, b, 2017).

Conclusions
Whereas the healing and the biomedical model may refer to lasting, well-
established logics and frameworks, the biopsychosocial model is the most
recent and maybe also the most complex one incorporating a network of
health professionals’ checks and balances (Schiepek et al. 2018). The de-
scription of the three stereotypical models of health interventions may sen-
sitize for argumentative connotations of self-organizing processes. In prac-
tice, however, the three models may overlap to a greater extent than im-
plied earlier in this chapter. For example, there are strong recent research
activities that aim at understanding specific psychological effects (such as
participants’ expectations) in biomedical designs (e.g., Benedetti 2014;
Colloca 2018). Furthermore, the potential role of spirituality in psychother-
apy is a much-discussed element of psychotherapy (e.g., Barnett and John-
son 2011; Captari et al. 2018).
Flückiger, Vîslă & Held 109

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Hayes & Andrews 113

Early warning signs in complex systems: the study of


transitions in psychotherapy
Adele M. Hayes and Leigh Andrews
Psychotherapy research has a long history, ranging from qualitative de-
scriptions of its processes, to clinical trials, to more recent analyses of
symptoms and processes in individual time course data. As Goldfried
(2018) laments, however, this research has been conducted for over a cen-
tury and there is still no clear consensus on the core principles of therapeu-
tic change. A number of barriers have slowed progress, including an over-
emphasis on treatment outcomes, theoretical orientations, and specific
treatments and diagnoses. Another limiting factor has been the assumption
that change is linear and its corollary, that infrequent measurements at the
beginning and end of treatment can capture the dynamics of therapeutic
change (Hayes et al. 2007; Nelson et al. 2017).
Several researchers have ventured beyond clinical psychology to other sci-
ences, exploring new concepts and analytic tools to apply to the study of
change in psychotherapy. Psychotherapy is essentially a way to move a
person from maladaptive to more adaptive states of functioning, so the the-
ories and methods of complex adaptive systems (including Synergetics,
nonlinear dynamical systems theory, and network theory) can apply to the
study of human change processes. Such an interdisciplinary approach, with
common principles and methods, has the potential to move us closer to
identifying core principles of change in psychotherapy.
Early translations of complex systems concepts into psychology and psy-
chiatry (e.g. Haken 1992; Haken and Schiepek 2006; Hayes and Strauss
1998; Kowalik et al. 1997; Mahoney 1991; Schiepek et al. 1997; Strunk
and Schiepek 1994; Tschacher et al. 1992, Pincus 2009) piqued interest,
but until recently, did not capture the mainstream. During the reign of the
randomized controlled trial, with the study of group averages and focus on
theoretical orientations and diagnostic categories, it was jarring to consider
that psychotherapy could follow principles of change similar to other sys-
tems in nature. Namely, that system change is often nonlinear, punctuated
by periods of instability and turbulence before transition. Times have

© Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2020
K. Viol et al. (Hrsg.), Selbstorganisation – ein Paradigma für die
Humanwissenschaften, https://doi.org/10.1007/978-3-658-29906-4_8
114 Early Warning Signs in Complex Systems

changed, and the science of complex systems has taken hold in the study
of psychopathology and psychotherapy (Hayes et al. 2015; Hayes and
Andrews, in press; Nelson et al. 2017; Schiepek et al. 2017; Tschacher und
Haken 2019). We now have new concepts, measures, and analytical tools
to model self-organization and transition through the course of psychother-
apy and after.
Psychotherapy provides a useful medium for studying transition from one
state to another. Therapy is an intentional perturbation that can reveal how
the system is organized, the processes that keep it in place, and what moves
it to a new organization. One line of work has focused on identifying sig-
natures or generic early warning signs (Scheffer et al. 2009, 2012) that
herald transitions across a wide range of systems. There are, of course, a
number of different types of change in psychotherapy (Gelo and Salvatore
2016; Hayes and Andrews, in press), but we focus here on the type char-
acterized by a discontinuous shift from one state to another, rather than on
minor adjustments within an existing state or incremental and gradual
change. Transition can happen abruptly and quickly, and the ability to pre-
dict such shifts before they occur could be of significant clinical use. Early
indicators of impending transition in treatment could allow clinicians and
clients to harness this opportunity for change in treatment (Schiepek et al.
2017) or conversely, to launch preventive strategies to impede or interupt
the cascade into relapse.

Early warning signs of transition: the role of fluctuation


A principle of change that cuts across the subdisciplines of complex adap-
tive systems is that periods of increased variance precede “tipping points”
and discontinuous changes, called phase transitions, as nonlinear dynamic
systems change from one state to another. A period of rising variability in
system behavior, called critical fluctuations (Haken and Schiepek 2010;
Kelso 2010; Schiepek et al. 2017; Schiepek and Strunk 2010), reflects sys-
tem destabilization and can indicate an increase in flexibility and the po-
tential for new patterns to emerge. Variability is also a marker of critical
slowing, which is a slower return to equilibrium in response to perturba-
tions, or resilience (Scheffer et al. 2012, 2018; van de Leemput et al. 2014;
Hayes & Andrews 115

Wichers et al. 2019). Other indicators of critical slowing include increased


autocorrelation (the degree to which a variable at timepoint n predicts itself
at timepoint n+(1, 2, 3, … n) and the connectivity of elements in a given
system (Scheffer et al. 2015). An increase in variance in the context of
critical slowing marks the breakdown of system resilience and a readiness
for change. Examples of variability before system change in humans in-
clude the way that an infant wobbles and uses different locomotion strate-
gies before transitioning from crawling to walking (Thelen and Smith
1996), how a political system destabilizes and appears chaotic before a ma-
jor shift in form (Coleman et al. 2011), and the manner in which a healthy
elderly person can fall and then rapidly cascade into frailty, as multiple
systems go awry (Scheffer et al. 2018). Thus, the early warning sign of
increased variability highlights an important entry point when the system
is on the verge of transition, which can be facilitated, slowed, or inhibited.
Critical fluctuations and critical slowing have been demonstrated to be ge-
neric early warning signs across a range of systems and sciences (Haken
and Schiepek 2010; Scheffer et al. 2009). This raises the intriguing ques-
tion of whether these early warning signs also occur in psychotherapy,
which is designed to perturb and shake loose entrenched, maladaptive pat-
terns. Because the elements of a dynamic system constantly interact with
each other and with the environment, they vary over time to make adjust-
ments or to change to a new organization. It is therefore important to dif-
ferentiate which types of variability are random fluctuations, trait-like re-
activity (e.g. neuroticism), or those that create the opportunity for or herald
transition. It is also not clear whether there are different types of variability
that precede transition to better or worse states, or if variability simply
foreshadows a shift, irrespective of direction. We review the current evi-
dence for a variety of types of fluctuation in the context of psychotherapy
and examine whether these fluctuations predict improvement in psycho-
logical symptoms and functioning. We then illustrate how these markers
can be used to isolate and identify therapeutic change processes.
Nonlinear patterns and discontinuities
The search for indicators of transition in psychotherapy research has fo-
cused on identifying turning points, specific types of discontinuities, and
116 Early Warning Signs in Complex Systems

periods of variability in time series data of symptoms and therapeutic pro-


cesses (Hayes et al. 2015; Schiepek et al. 2017; Wichers et al. 2019). Crit-
ical instabilities and critical slowing have been measured in different ways,
but some research suggests that these early warning signs do occur in psy-
chotherapy, and that they matter.
An assumption in much of psychotherapy research has been that change is
gradual and linear and can be captured by snapshots of symptoms before
and after treatment, and at 6-month intervals thereafter. It is becoming ap-
parent that this design is insufficient. With more frequent assessments, in-
dividual time course data has revealed that change in psychotherapy can
follow a nonlinear course with key turning points in trajectories of symp-
toms or therapy processes. For instance, in our research on trauma-focused
cognitive behavioral therapy (TF-CBT) for youth, a quadratic (concave,
inverted-U) pattern of change occured in a network of cognitive, affective,
and behavioral responses during the exposure phase of treatment. That pat-
tern predicted more improvement in internalizing symptoms at post-treat-
ment (Alpert et al. 2019). The therapeutic alliance can follow U-shaped
(Gelso and Carter 1994) or sharper V-shaped (Stiles et al. 2003) pattern
that captures an alliance rupture-repair episode, which predicts more symp-
tom improvement in samples with mood and anxiety disorders (Kivlighan
and Shaughnessy 2000) and with more entrenched personality disorders
(Strauss et al. 2006). Change in psychotherapy can even follow a cubic
course, characterized by early symptom reduction and then a transient in-
crease and decrease in symptoms, as has been reported in cognitive therapy
for chronic and recurrent depression (Andrews et al. 2019; Vittengl et al.
2013) and in our exposure-based treatment for depression (EBCT; Hayes
et al. 2007; Holtforth et al. 2012). Still another type of trajectory is a saw-
tooth pattern of change reported in experiential therapy as emotional flex-
ibility increases (Pascual-Leone 2009, 2019). The course of treatment
therefore can take a nonlinear course that is simply not captured by pre-
treatment to posttreatment measurement. The turning points in the different
types of trajectories that we describe can be used to pinpoint what might
be driving these shifts and the client change processes that predict better
(or worse) treatment outcomes.
Hayes & Andrews 117

Researchers have also identified specific types of discontinuities in time


course data that predict therapeutic outcomes. The sudden gain (Tang and
DeRubeis 1999) is a type of discontinuity that has been consistently iden-
tified as a predictor of better short- and long-term outcomes across a range
of disorders (Aderka et al. 2012), including in CBT for entrenched prob-
lems such as substance use (Drapkin et al. 2015) and chronic and recurrent
depression (Abel et al. 2016). The sudden gain is a large decrease in symp-
toms in a one-week interval that meets several criteria for magnitude and
stability and typically occurs early in treatment. It is a remarkably robust
predictor, as the sudden gain remained a key predictor of 6- and 12-month
depression outcomes in a reanalysis of the Abel et al. (2016) study, after
accounting for early symptom change, variability, and other defined pat-
terns of symptom change (linear, quadratic, one-step, cubic) that also pre-
dicted better outcomes (Andrews et al., in press).
In addition to a rapid response pattern (Ilardi and Craighead 1994), which
is similar to the sudden gain, we identified a pattern that is the conceptual
opposite, a depression spike. The spike is a transient increase in symptoms
thought to reflect the activation of a maladaptive depressive pattern and the
processing of new information in EBCT (Hayes et al., 2007). Both the
rapid response and the spike pattern uniquely predicted more improvement
in depression at posttreatment. The transient worsening predicted better,
not worse outcomes, consistent with the concept of critical instability. The
spikes were intentionally induced in this exposure-based treatment, and it
is important to examine fluctuations in the context of what is being deliv-
ered in treatment. For instance, Lutz et al. (2013) found that sudden gains
predicted better treatment outcomes in a large sample of clients with mood
and anxiety disorders, but sudden losses (unintentional worsening of symp-
toms) predicted worse outcomes.
The period after treatment ends has received little attention, and measure-
ment at 3- or 6-month intervals is too infrequent to capture life after treat-
ment. A notable exception is the study of the recovery-relapse cycle in the
context of substance abuse. There is significant heterogeneity in trajecto-
ries of substance use behavior after treatment, and the course of recovery
is rarely linear in form. There are often discontinuous transitions from an
abstinent state to relapse that infrequent assessment and linear analyses
118 Early Warning Signs in Complex Systems

cannot capture (Maisto et al. 2014). Addiction researchers have used cusp
catastrophe (Chow et al. 2015) and latent Markov modeling (Witkiewitz et
al. 2010) to better analyze variability that takes the form of sudden jumps.
Another approach is to develop computer simulations that can model the
nonlinear dynamics of addiction recovery and relapse (Duncan et al. 2019;
Grasman et al. 2016).
Critical fluctuations and critical slowing
A complex systems perspective suggests that critical instabilities precede
and accompany pattern transitions (Strunk and Schiepek 2014). In the con-
text of therapy, destabilization of maladaptive patterns has been described
as a period of system-wide variability that can involve cognitive, behav-
ioral, affective, and physiological systems (Hayes and Strauss 1998;
Mahoney 1991). This increases flexibility, openness to new information,
and exploration of new ways of responding and acting on the environment.
Periods of increased fluctuation in self-reported symptoms or therapy pro-
cesses have been found to predict sudden gains (Shalom et al. 2018) and
also sudden losses (Olthof et al. 2019) in treatments for depression. Other
studies using observational coding report that destabilization of rigid pat-
terns of psychopathology predicts symptom improvement in a number of
clinical problems in adults and children. Using a program called GridWare
(Lamey et al. 2004; Hollenstein 2013) that quantifies dispersion or move-
ment of variables in a state phase space, we found that more variability in
a maladaptive pattern of cognitive, affective, and behavioral components
predicted better outcomes in CT for personality disorders (Hayes and
Yasinski 2015). We reported a similar finding in cognitive therapy for
depression, using a composite measure of multimodal variability (Hayes
and Strauss 1998). Using recurrence quantification analysis, which quan-
tifies rigidity and repetition in patterns, a set of studies found that an in-
crease in the flexibility of rigid and inhibited child-therapist communica-
tion patterns in CBT predicted more improvement in anxiety symptoms
(Lichtwarck‐Aschoff and van Rooij 2019), as did more variability in mal-
adaptive parent-child interactions in aggressive children (Lichtwarck-
Aschoff et al. 2012).
Hayes & Andrews 119

Other studies use self-report data to calculate dynamic complexity, which


considers the strength and distribution of fluctuations in time series data
(Schiepek and Strunk 2010). Critical fluctuations (higher dynamic com-
plexity) in daily self-ratings of psychotherapeutic process variables predict
symptom reduction in clients with obsessive-compulsive disorder (Heinzel
et al. 2014; Schiepek et al. 2014), mixed diagnoses (Haken and Schiepek
2010), and mood disorders (Olthof et al. 2019).
A system that is on the verge of transition will show critical slowing, where
it requires more time to recover from small perturbations, as indicated by
increased temporal autocorrelation and variance in the elements of the sys-
tem and also more and stronger correlations between those elements
(Scheffer et al. 2012, 2018). Critical slowing has been demonstrated to pre-
cede transition in and out of depression states in a large sample of healthy
and clinical participants (van de Leemput et al. 2014) and also in computer
simulations of hypothetical cases experiencing increasing levels of exter-
nal stressors (Cramer et al. 2016). However, there has been very little re-
search on critical slowing in the context of psychotherapy. Wichers et al.
(2016) investigated critical slowing in an intensive longitudinal case study
of a patient with a history of depressive episodes, who phased off of his
antidepressant medication and experienced the onset of a depressive epi-
sode. This person rated his depression symptoms and mood states multiple
times per day over 239 days. Critical slowing was apparent immediately
before the onset of the depressive episode. The patient’s mood ratings
showed increased temporal autocorrelations and variance, as well as
stronger inter-correlations before the transition. This pattern of findings
has held consistent in subsequent re-analyses of the same data using more
sophisticated tests of correlational change in longitudinal data (Cabrieto et
al. 2018; Ruwaard et al. 2018).

Critical fluctuations and psychotherapy process


The data now suggest that nonlinear and discontinuous changes and seg-
ments of rising variability in symptoms and maladaptive patterns do occur
in psychotherapy and that these fluctuations predict change. Because these
types of early warning signals foreshadow transition, they can also point to
120 Early Warning Signs in Complex Systems

segments of therapy that can reveal potential mechanisms of change and


what is moving the system. We review some examples of how researchers
can use these key types of fluctuation to study how different therapies
might have their effects.
Observational coding research has been particularly useful in revealing
change processes that precede the sudden gain and depression spikes. The
sudden gain appears to be a robust pattern that predicts better treatment
outcomes, but less is known about what might be changing in clients before
this discontinuous drop in symptoms. Tang and colleagues (2005) reported
more cognitive change in the session immediately before a sudden gain in
a sample receiving cognitive therapy for depression. Other studies have
used an observational coding system that we developed to study the pro-
cess of change in psychotherapy (CHANGE; Hayes et al. 2007). Narratives
or sessions immediately before a sudden gain (or related pattern) in sam-
ples with depression were characterized as having more hope (Abel et al.
2016; Hayes et al. 2007). More cognitive-emotional processing or mean-
ing-making preceded sudden gains in samples with mood and anxiety dis-
orders (Adler et al. 2013) and with post-traumatic stress disorder (Sloan et
al. 2019).
A transient period of symptom exacerbation and pattern variability in both
exposure-based cognitive therapy for depression (Hayes et al. 2007) and
cognitive therapy (CT) for personality disorders (Hayes and Yasinski
2015) predicted more symptom improvement. More cognitive-emotional
processing occurred during this period of destabilization in both treat-
ments, which was hypothesized to reflect the activation and loosening of
maladaptive patterns through exposure to and processing of disconfirming
information. In addition, processing during this turbulent period was an
important predictor of symptom improvement in both treatments, beyond
the measures of symptom variability.
Another aspect of the change process in psychotherapy is that new learning
occurs in treatment and that theoretically, this new learning can come on
line to compete with, inhibit, or buffer the old learning (Brewin 2006;
Craske et al. 2014; Foa et al. 2006). Psychotherapy researchers often meas-
ure changes in maladaptive functioning, but less often measure changes in
more adaptive functioning. It can be useful to assess both to examine
Hayes & Andrews 121

whether new patterns develop, stabilize, and help prevent relapse. In addi-
tion, a number of models of psychopathology describe multimodal mala-
daptive networks or patterns (Borsboom and Cramer 2013; Fried et al.
2017; Hayes et al. 2015; Hofmann et al. 2016), but researchers often meas-
ure only one component of that hypothesized network (e.g. cognitions,
emotions, or behaviors). Network analysis would be ideal to study transi-
tion from maladaptive to adaptive patterns and changes in the connectivity
and centrality of nodes in a given network (Bringmann et al. 2019;
Costantini et al. 2019), but most research to date has focused on networks
of symptoms rather than on the patterns that give rise to those symptoms
or new patterns that can develop.
Because we had weekly rather than daily data required for network analy-
sis, we used GridWare (Lamey et al. 2004) to examine variability and
change in multi-modal patterns of maladaptive and adaptive functioning in
cognitive therapy for personality disorders (Hayes and Yasinski 2015).
More cognitive-emotional processing during the destabilization of mala-
daptive patterns predicted not only improvement in personality disorder
symptoms, but also an increase in more adaptive patterns of cognitive,
emotional, and behavioral functioning. In the previously mentioned sample
of clients with treatment-resistant depression who received CBT (Abel et
al. 2016), more cognitive, emotional, and behavioral flexibility before the
sudden gain period was a strong predictor of lower depression at the 12-
month follow-up. Depression spikes did not predict depression in that
study, but the level of flexibility after the spike interacted with avoidance
and rumination to buffer the negative effects of those regulation strategies
on 12-month outcomes (Yasinski et al. 2019). Similarly, we found that
more overgeneralization of trauma-related cognitions during the narrative
phase of TF-CBT predicted worse treatment outcomes, but when youth
also showed more accommodation (overgeneralization x accommodation
interaction), the negative effects of overgeneralization on 6- and 12-month
outcomes were lessened (Ready et al. 2015). Lichtwarck‐Aschoff and van
Rooij (2019) also found that more flexibility in previously rigid and mala-
daptive communication patterns of anxious children receiving CBT pre-
dicted better treatment outcomes. This flexibility was associated with more
proactive conversational behaviors, although these new behaviors did not
122 Early Warning Signs in Complex Systems

predict outcome. It would be interesting to examine the interaction between


old and new patterns. These examples illustrate how to zoom in to reveal
important client processes that are changing before and after key fluctua-
tions (Hayes et al. 2007; Schiepek et al. 2009).
Another approach to understanding the process of transition from one state
to another is to use computer simulations to model the effects of different
variables. For instance, Grasman et al. (2016) used coupled difference
equations to model the dynamics of addictive behavior, considering
changes in craving, self-control, substance cue sensitivity, and environ-
mental effects on the person. They used these variables to model changes
in vulnerability (break down in resilience), repeated relapses, and also the
effects of a hypothetical intervention. Cramer et al. (2016) used simula-
tions to demonstrate a cusp catastrophe model of transitions into depres-
sion with increasing amounts of external stressors. Duncan et al. (2019)
constructed a dynamical systems simulation using differential equations to
model the oscillation between what they call relaxed states of recovery and
excited states of craving, depressed mood, and relapse. Their approach al-
lows for the modeling of processes that operate on different time scales,
with recovery as a slow process and relapse as an abrupt and rapid event,
both influenced by craving and mood states.

Conclusions
Research to date suggests that the process of change in psychotherapy is
often nonlinear and that a number of different types of fluctuations occur
and predict better treatment outcomes. Discontinuities and periods of in-
creased variability not only predict treatment outcomes, but as we have
illustrated, they can also reveal important changes that occur in clients be-
fore, during, and after these periods.
With the availability of ambulatory and electronic methods of assessment
and feedback (Rutledge et al. 2019), psychotherapy researchers can now
realize the potential of studying human change processes using concepts
and methods from complexity science. The Synergetic Navigation System
that Schiepek and colleagues (2015) developed is an example of a sophis-
Hayes & Andrews 123

ticated program that can monitor client functioning over the course of psy-
chotherapy, calculate and depict pattern recurrence and destabiliztion (dy-
namic complexity), and also provide clients with ongoing, real-time feed-
back. Until recently, psychotherapy research had been limited by small
samples and infrequent assessment, but this can now be remedied, allowing
for the use of the analytic tools of dynamical systems theory, Synergetics,
and network analysis. For instance, Tschacher and Haken (2019) provide
a detailed overview of statistical tools to model the interplay of determin-
istic and stochastic forces in time series data of the process of therapeutic
change. Even more exciting is the possibility of working with patients to
identify personal early warning signs and to give them ongoing and “just
in time” feedback on vulnerability and resilience after therapy to help pre-
vent relapse.
There is much work to do to better understand which fluctuations portend
better and worse outcomes, when a given person can tolerate destabiliza-
tion of maladaptive patterns, and how maladaptive and adaptive patterns
might interact after treatment is completed. Together, this type of research
can bring psychotherapy research to the table of complex systems science
and can have important implications for clinical delivery and for personal-
izing and improving treatments.
124 Early Warning Signs in Complex Systems

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David Pincus 133

Self-organization, human resilience and psychotherapy


David Pincus

This chapter applies self-organization theory to human resilience and psy-


chotherapy. Three broad classes of modeling are described: network mod-
eling, topological approaches, and time-series analysis. Unique aspects and
common features of each model is discussed, and empirical literature is
reviewed, with a focus on how these various models contributes to a com-
mon theory of biopsychosocial resilience. Finally, the practical and scien-
tific implications of this theory of self-organizing biopsychosocial resili-
ence are discussed as they apply to psychotherapy. These specific implica-
tions within this discussion include a better understanding of what psycho-
therapy is and how it works; improved science practice integration; and a
unifying theory to underlie the various approaches to psychotherapy.

Introduction
How does psychotherapy work? This question is as simple as it is baffling.
Why does the field struggle so much in finding a satisfying answers to this
simple question? More than a century of research has tried to address this
problem, and arguably our field only grows further from consensus with
each new generation of mainstream psychotherapy research (Wampold and
Imel 2015). One way to address this problem is to take a step back and
consider the priors, perhaps most importantly: What is the object upon
which psychotherapy is working?
In the professional healing disciplines that have a more material focus, this
is a simpler question to address. Surgeons, for example, are repairing bod-
ily tissue through direct intervention – cutting and sewing. Surgeons can
physically see the tissues upon which they operate, and so with the com-
mon goal of physical repair, they are free to adapt their own style, adjust
their strategies on the fly based on changing surgical conditions, and to
innovate in the form of newer and more efficient procedures. Psychother-
apists are diverse in style as well, and must remain poised for adaptation in
their work. Yet, psychotherapy is a fundamentally different situation. Most

© Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2020
K. Viol et al. (Hrsg.), Selbstorganisation – ein Paradigma für die
Humanwissenschaften, https://doi.org/10.1007/978-3-658-29906-4_9
134 Self-Organization, Human Resilience and Psychotherapy

clearly, psychotherapists are flying blind with respect to the objects upon
which they are working. Less clear, but perhaps more importantly, psycho-
therapists are almost never operating on one relatively isolated psycholog-
ical system. The object of our work is not an object at all, but a set of hidden
interactive processes.
Indeed, psychotherapy potentially impacts a great range of physiological,
psychological and social processes. For example, psychotherapy has been
shown to cause increased density of Serotonin receptor sites, which corre-
late with decreasing symptoms of depression (Karlsson et al. 2013). Inter-
estingly, anti-depressant treatment, a physiological intervention, did not
show this pattern of physiological change (ibid). How does an apparently
physiological mechanism of healing arise from what appears to be a strictly
psychosocial interaction? This result is certainly not intentional. No well-
trained psychotherapist is going to make a treatment plan aimed at growing
receptor sites. Yet, psychotherapy influencing smaller-scale changes in
physiological systems as well as larger scale changes in social systems is
altogether commonplace. To sufficiently understand how psychotherapy
works we must grapple with what psychotherapy is and also upon what
processes it operates. Rather than borrowing models from interventionist
medicine, a more useful and scientifically appropriate approach is to treat
psychotherapy, and also the targets of psychotherapy, as multifaceted,
highly interactive, and dynamic process: a complex, dynamic biopsycho-
social system.

Biopsychosocial self-organization
The most basic and essential features of a self-organizing system are a suf-
ficient number of components and a sufficient number of interactions
among those components (Kauffman 1995; Pincus and Metten 2010). Sys-
tems that satisfy these two criteria are sufficiently complex and tend to
become self-organizing, which means they are able to maintain and regu-
late their coherence without external control. Self-organizing systems
demonstrate key adaptive functions including: the emergence of coherent
global properties arising solely from the interactions of components, con-
straints on component behaviors imposed by these global properties, and
David Pincus 135

the ability to fine-tune or otherwise adapt (e.g., through critical transfor-


mations) these levels of constraint depending upon situational demands
(see Fig. 1). These systems are sometimes referred to as complex adaptive
systems, emphasizing the adaptive functions of these systems that are
achieved by tuning their levels of flexibility or re-organizing their compo-
nent relationships (Hayes, and Strauss 1998; Lichtwarck-Aschoff et al.
2009; Liebovitch et al. 2011; Nitti et al. 2010; Pincus 2009; Pincus and
Metten 2010; Salvatoreet al. 2010; Salvatore and Tschacher 2012; Schie-
pek et al. 2009, 2013, 2014).
Examples of interactive experiential components that are most relevant to
psychotherapeutic work include: the array of possible emotional experi-
ences (e.g., sadness, joy, gratitude, anger, shame, fear and pain); cognitive
networks comprised of thoughts, beliefs and values; action tendencies and
habits; and self- and other-relational features (e.g., power and support).
Examples of emergent properties, arising from and also constraining these
experiential components over time, include the more lasting, global and
philosophically existential aspects of experience such as: life narratives,
identity, or life meaning (Pincus and Metten 2010).

Fig. 1: A general model of self-organization and emergence. (Adapted with permission


from Pincus and Metten 2010).

Using anger management as a simple illustrative example, imagine a psy-


chotherapy client who comes in for help because he has gotten into trouble
136 Self-Organization, Human Resilience and Psychotherapy

at work recently for making angry threats toward a co-worker. This client
is easily able to describe the highly reactive interconnections among his
experiential components that are involved within his experience: he senses
frustration and then anger (emotion) in response to a violation of his beliefs
and values around fairness (cognition), which lead him to feel a strong urge
to shout or punch something like a wall or a table (behavioral tendencies).
Once he calms down, he feels ashamed of himself (emotion and self-rela-
tions) for letting this trouble-making co-worker get the best of him, and for
making him look bad in the eyes of his supervisors, with whom he has
previously experienced recognition and support (self- and other-relations).
The emergent properties arising from the repeated activation of this system
of experiential components include: confusion about his chosen career and
his general professional motivation; confusion about his identity in life, is
he a good guy or a bad guy? And an increasing sense of foreboding or
impending doom, which runs counter to his usual optimism.
A well-trained and sufficiently eclectic psychotherapist may see dozens of
potential interventions that could assist this client. The following is a small
sample of the variety of options available from among the more than 500
supposedly distinct approaches a clinician has to choose from (Prochaska
and Norcross 2013). First, one may focus simply on a light strategic inter-
vention aimed at increasing mindful attention to frustration and anger at an
earlier point in the process, which may naturally lead to better early coping
and decision-making. Second, one could dig deeper with psychody-
namic/experiential exploration of the emotional facets of the client’s reality
to find some potential developmental experience with blocked assertive
anger that is adding distorted fuel to the fire of this situation. Third, one
could take a cognitive therapy angle, focusing on rigid automatic thoughts,
rigid judgements about right and wrong behavior, and faulty expectations
for a just world. Fourth, one could focus on the emergent features around
identity and life meaning and participate with the client in an open and non-
judgmental exploration of the potentially important questions of: Who he
would like to be? What is most important to him in life? And, does he want
to continue in this line of work?
Returning to the question: How does psychotherapy work? We aren’t
ready to offer an answer yet, but we should be better able to see why the
David Pincus 137

question is such a challenge using a scientific epistemology that rests on


reductionism and linear cause. By simply allowing the experience of the
client, the target of psychotherapy, to exist within a self-organizing biopsy-
chosocial system, we can see that the question of how psychotherapy
works, for a single patient or in general, can never be adequately addressed
by focusing on a single component of the system. Certainly, changing
mindful attention to anger might be an ideal intervention for this client at
this point in his life. The same may be said for changing some set of coping
behaviors, emotional experiences, or relationships with self and others. If
experiential flow includes a variety of emotional, cognitive, behavioral,
and relational facets that are self-organizing (see Pincus 2015; 2016 for a
treatment manual based on this view), then one ought to apply an under-
standing of how self-organizing systems work in order to address the ques-
tion of how psychotherapy works.
Next let’s try a practical question: Which intervention approach would be
best for this client? To address this problem of client uniqueness, we will
need to explore first the implications that a self-organizing framework
brings to the question of human resilience. Ideally, the best intervention is
going to allow this client to bounce back from similar insults, to continue
to expand his ability to resolve related difficulties, and for his psychother-
apeutic intervention to produce sustainable results that persist well-beyond
his time in active treatment.
Fortunately, the research models used to study self-organizing systems are
also useful for understanding this type of clinical decision-making. Unfor-
tunately, there are a great variety of overlapping research models to choose
from, and each can be highly technical and difficult to understand. As such,
we will try to keep the following analysis as clear and practical as possible.
Pincus and Metten (2010) describe four broad modeling approaches for
understanding self-organizing biopsychosocial systems: network models,
state-space-grids, catastrophes, and time-series approaches. We can sim-
plify a bit further here, putting both state-space-grids and catastrophes into
a single category of topological approaches. Before describing these three
approaches, please keep the following ideas in mind: First, these broad
modeling strategies are not distinct theories. They are overlapping model-
ing approaches that may be used to understand the common theory of self-
138 Self-Organization, Human Resilience and Psychotherapy

organizing systems. Second, each approach has strengths and weaknesses,


both practical (e.g., data requirements), and also in terms of the aspects of
self-organization that they are best able to capture, which may include fea-
tures such as flexibility, structural integrity, and critical transitions (i.e., re-
organization of systemic components).

Network modeling
Perhaps the simplest approach to understand is the network modeling ap-
proach, which essentially involves the direct measurement of the poten-
tially complex interactions among systemic components over time. This
approach produces results that can identify the presence or absence of net-
work ties among various components of a self-organizing system along
with the strength, weakness, or re-organization among those ties. Bors-
boom and colleagues (e.g., Borsboom and Cramer 2013, Borsboom 2017)
have fruitfully applied a network modeling approach to understand trait
structure in personality and symptom structure underlying psychopathol-
ogy. A key result from their research is that rigidity within symptom net-
works, measured in terms of symptom hyper-reactivity, predicts more per-
sistent and treatment resistant forms of psychopathology (Borsboom
2017).
Theoretically, two complementary facets of network structure will be as-
sociated with a loss of resilience, a loss of healthy self-regulation, and a
loss of wellness. The first facet is rigidity, overly reactive network ties, for
which there is growing empirical support. The second facet is a loss of
network connection among nodes that ought to be connected: disintegra-
tion, for which there is less direct empirical support. To illustrate what is
meant by disintegration using our anger management client, when he is
angry, one may expect to find an absence of effective coping skills, alter-
native and more adaptive behavioral tendencies, a loss of connection to key
values, or any other insight that would bring additional useful information
into the anger-driven network. While the notions of finding novel infor-
mation and strengthening connections are ubiquitous in the practice of psy-
chotherapy, network disintegration may be more difficulty to identify in
psychopathology research that uses network modeling. Specifically, it is
David Pincus 139

easier to find something that is present, such as network rigidity, than


something that is absent, such as a range of possible network connections.
A healthy biopsychosocial system from a network perspective would be
one comprised of a soft assembly of network ties, which is an engineering
term representing a diverse array of relatively loose and flexible network
ties. Broadly connected, and relatively flexible network configurations are
capable of smooth tightening and loosening, without getting stuck (e.g.,
developing pockets of rigidity) or falling apart (i.e., pockets of disintegra-
tion). Pincus and Metten (2010) define this adaptive function of flexible
tightening and loosening in self-organizing biopsychosocial systems as
meta-flexibility, the ability to transition smoothly between states of relative
coherence and complexity, and suggest that this is the functional basis of
human resilience. For example, one can argue that the human stress re-
sponse involves a very quick and adaptive biopsychosocial reaction in
which the physiological, psychological and social networks pull together
around a highly coherent and biologically adaptive set of adaptive re-
sponses (i.e., fight or flight, or tend and befriend). Once the threat is miti-
gated, the physiological, psychological, and social relations will ideally
loosen up again, preserving their elasticity. The bottom portion of Fig. 2
depicts a generic biopsychosocial network with significant disintegration
in the bottom middle of the figure, and complementary rigidity in network
ties in the bottom right and left areas.
140 Self-Organization, Human Resilience and Psychotherapy

Fig. 2: An integrative model of self-organizing biopsychosocial resilience. Overlaid from


top to bottom is a theoretical network of biological, psychological, and social factors, a
cusp catastrophe response surface, and a multi-stable attractor field. Note that the area of
relative network disintegration at the bottom center of the figure is intended to correspond
with the cusp region of the catastrophe manifold, and also the more rigid areas of the at-
tractor field. (Adapted with permission from Pincus and Metten 2010).

Topological modeling
A great variety of modeling techniques exist at a higher level of abstraction
than direct assessment of networks and may be categorized as topological
approaches. Topological approaches model change across an n-dimen-
sional surface, where one can track the behavior of a system’s output, an
order parameter, in relation to one or more (interacting) control parameters.
The top portion of Fig. 2 depicts a theoretical topology describing biopsy-
chosocial resilience based on a specific response surface called a cusp ca-
tastrophe. The cusp is one of seven elemental response surfaces that can be
described mathematically for a system with one order parameter (Guastello
David Pincus 141

2003; 2006). It has two control parameters that interact to produce output
that can range from smooth and proportional (i.e., linear) to uncertain and
discontinuous (i.e., nonlinear).
Fig. 2 depicts the theoretical behavior of the order parameter representing
illness, which can range from high (at higher points on the response sur-
face) to low (lower portions of the response surface). The interesting part
of the model comes from interaction of the two distinct types of control
parameters. The asymmetry (also known as the normal parameter) controls
the linear dimension of the order parameter. In the case of Fig. 2, these
would be factors that contribute in additive ways to illness. Thinking in
general terms, like a stress-diathesis framework, these could be cumulative
stressors. In the case of our hypothetical client looking for help with anger
management, this asymmetry parameter could represent cumulative stress-
ors throughout the day or week, or something such as the level of intensity
in a particular conflict.
The second control parameter, the bifurcation parameter, introduces a dis-
continuous effect on the anger of our client – with higher levels of this
parameter interacting with the asymmetry parameter to create a larger shift
between states, in this case from calm to rage. The higher the bifurcation
parameter, the larger the shift in behavior, and the less access there is to
moderate levels of anger. Pincus and Metten (2010) have proposed that
disintegration and rigidity among key biopsychosocial network connec-
tions may be a general common factor that underlies a loss of resilience,
and that this lack of network structural resilience may be modeled as a bi-
furcation parameter. While this specific prediction has not been tested di-
rectly on an individual, there are several empirical applications of the cusp
model to understanding psychosocial health outcomes in group-based re-
search. For example, drinking attitudes of students on a college campus
have been shown to act as a normal parameter, which interacts with social
pressure as a bifurcation parameter, leading to decreases in moderate drink-
ing and increased levels at the extremes: abstinence and binging (Guastello
et al. 2008).
With respect to clinical case formulation in psychotherapy, the cusp model
(and topology more generally) may be useful for a great variety of clinical
142 Self-Organization, Human Resilience and Psychotherapy

situations, particularly for understanding situations involving a loss of flex-


ibility and discontinuous shifts in the various facets of experience: states
of thinking (e.g., extreme beliefs), behavior (e.g., coping responses), emo-
tion (e.g., depressed states), self-relations (e.g., self-contempt and shame)
and interpersonal relationships (e.g., trust-mistrust). Using anger manage-
ment again as an example, the cusp response surface can serve as a general
model of self-organization that can assist in the understanding of how ex-
pressions of anger can vary depending upon levels of self-organizing bi-
opsychosocial resilience. When resilience is relatively high, meaning that
the underlying network of biopsychosocial variables are well integrated
and flexible, a full range of assertive anger is expected, from low anger in
response to minor insults, to high anger in response to realistic threats and
offenses. When resilience is low, the individual is more likely to flip, with
relatively little response to insults below the cusp point (see Fig. 2), and
with abrupt jumps a rage once a critical threshold in insults is reached.
One outcome of this modeling approach is the ability to distinguish illness
from resilience. When resilience is low, one may appear well, but actually
be vulnerable to insult (pseudo-well in Fig. 2). By contrast, someone can
exhibit a similar degree of illness, yet have a resilient underlying self-reg-
ulatory framework (simple illness in Fig. 2). One of the great practical ap-
plications of this model for psychotherapists is that it supports one’s paying
attention to the structure, or dynamics of change. The degree of a client’s
anger (or sadness, problematic behavior, negative self-relations and so on)
is not as important as the discontinuity with which it changes, or the related
process of rigidity with which it gets stuck at either high or low levels.
Bifurcations naturally involve a process known as hysteresis, which in
basic terms means the switching back and forth between states, in Fig. 2
from complex illness to pseudo-wellness. In more technical terms, hyste-
resis involves two overlapping thresholds, one that goes down the manifold
(from complex illness to pseudo-wellness), and another that goes up the
other direction.
Hypothetically, this region in vicinity of the cusp point, where hysteresis
most often occurs, ought to be a highly productive experiential space
within psychotherapy. Moreover, the experiential state in which hysteresis
occurs for a client is also likely to be the state where one will find the most
David Pincus 143

clinically useful repairs that can be made, whether they are connections
among beliefs, emotions, possible habits, or relationships with self and oth-
ers. In the case of anger management for example, guiding a client to hover
at the moderate tipping point of the cusp for rage, one may then engage the
client in a search for missing coping resources that may help to weave to-
gether the underlying network disintegration by re-connecting the client’s
anger with other useful aspects of experience.
Although it does not formally and specifically model psychotherapeutic
change using a cusp catastrophe model, there is a good deal of strong em-
pirical research demonstrating the importance of critical change in psycho-
therapeutic process (e.g., Hayes and Strauss 1998, Schiepek et al. 2014).
This research demonstrating sudden, discontinuous therapeutic change
processes has been understood using the general theory of self-organiza-
tion, but may also be viewed through the general lens of mathematical to-
pology. Each is consistent with the predictions underlying the cusp model,
even if they use somewhat different modeling strategies. The most exten-
sive and specific to self-organization theory is the work of Schiepek and
colleagues, who use daily tracking of the interactive structural dynamics of
patient ratings of experience across a response surface they call a complex-
ity resonance diagram (Schiepek et al. 2014). Critical shifts in the dynam-
ical structural relations among items show up in red on the diagram, which
allows the patient and the psychotherapist to easily identify areas upon
which to focus their psychotherapeutic exploration. Viewing these critical
shifts as opportunities to support the patient’s natural process of repair, it
is fairly clear how criticality in this approach is equivalent to the under-
standing of a cusp-point in a catastrophe model of self-organization, and
also equivalent to understanding the process as one of reconnection within
a network model of self-organization.

Time-series modeling
A third overlapping model for understanding self-organizing behavior rep-
resented in the top portion of Fig. 2 is in terms of attractors, which are
simply states toward which a system’s behavior tends to move and to re-
main. The response surface of any catastrophe model is considered to be
144 Self-Organization, Human Resilience and Psychotherapy

rubberized, which means that it can be stretched in any variety of ways and
still retain its general form and the underlying mathematical equations
upon which it is based (Guastello 2006). As such, one may plausibly super-
impose a variety of attractors on top of a catastrophe surface, with the size
of the attractor denoting the strength of its relative pull on the system’s
behavior (i.e., the order parameter). One may then consider different areas
of the manifold in Fig. 2 to be dimpled with a variety of wells into which
system behavior will tend to be drawn and potentially to get stuck. Note
that the largest attractors on the surface should logically be located in the
areas of low resilience, in the pseudo-well and complex illness regions of
Fig. 2, just below and above the cusp point respectively.
Although attractors are technically topological in nature, they provide a
bridge to a third general class of empirical investigation: time series anal-
yses. Time series approaches aim to use a single parameter of a system to
analyze the dynamics of that system. The parameter must be sufficiently
well-nested within the system of interest, sufficiently reliable, and suffi-
ciently long and diverse enough to allow enough data to capture the full
range of system behaviors. Using a time series approach to understand a
client’s anger over time for example, one would need to gather enough data
to cover the full range of the response surface. Depending upon the ap-
proach used, such time-series would allow one to capture the range of at-
tractors in a variety of ways, for example in terms of recurrence structures
(Lichtwark-Aschoff et al. 2009), trajectories and variable coupling (e.g.,
Taylor-Swanson et al. 2017), in terms of entropy (Pincus et al. 2014), or
simply in terms of frequency distributions, which one would expect to con-
form to inverse power-laws (IPLs). IPL’s are defined as exponential rela-
tions of frequency and size, meaning that they represent situations where
small events are exponentially more frequent than large events. IPL’s are
ubiquitous in nature, from earthquake sizes to wait-times in traffic jams
(Kauffman 1995). IPL’s also may be used (imperfectly) as hallmarks of
self-organizing systems, because they tend to be produced by the highly
interactive nature of the components of such systems. Note that in Fig. 2,
the distribution of attractor sizes are drawn to conform to an IPL distribu-
tion, with exponentially more small attractors than large ones across the
surface of the cusp manifold.
David Pincus 145

With this final feature of Fig. 2 in mind, an IPL-distributed multi-stable


attractor across the response surface of the cusp, one is able to conceptually
integrate the three broad classes of models: networks, topology, and time-
series. Simply, when there is more disintegration and rigidity in the self-
organizing biopsychosocial network, one should observe a greater number
and strength of critical transitions, and also one should find less flexible
and more stuck behavioral output from a system with respect to its recur-
rence structure over time and within the shape of its IPL distribution, fewer
small events and more large events relatively speaking. By contrast, with
broader and more flexible connectivity in a self-organizing biopsychoso-
cial network, one would expect to observe fewer and less extreme critical
transitions in system behavior, and also time-series results demonstrating
more flexibility (e.g., higher entropy) and a larger ratio of small recur-
rences or events to large recurrences or events.
Initial empirical studies using time-series methods have produced strong
early support for these theoretical propositions. For example, the recur-
rence structure of turn-taking patterns in small group (Pincus 2008, 2014;
Pincus and Guastello 2005) and family dynamics (Pincus 2001; Pincus et
al. 2011) have repeatedly been shown to conform to IPL distributions, with
social parameters (e.g., closeness, conflict and control) acting as control
parameters that drive levels of social flexibility or rigidity (Pincus and
Guastello 2005). Personality has also been shown to produce, and conform
to, an IPL structure, with greater rigidity in that structure underlying psy-
chopathology (Pincus et al. 2019), and with conflicted self-relational pro-
cesses spreading to produce more rigid social dynamics within a small
group context (Pincus 2014). In the behavioral domain, the self-organizing
recurrence structure of behavioral flows have been successfully modeled
using IPL’s, and have found initial support for the notion that compulsive-
addictive behaviors may be especially difficult to recover from because
they serve a resilience-making function in regulating the degree of flexi-
bility and coherence in behavioral flows over time (Pincus et al. 2014).
Finally, emotion research has demonstrated that higher emotional inertia
(measured for example through simple auto-correlation) is associated with
severity of mood disorder. Importantly, this effect is observed not only in
negative mood, but also in rigidity in positive mood states (Houben et al.
146 Self-Organization, Human Resilience and Psychotherapy

2015; Kuppens et al. 2010). Some psychotherapeutic applications have


been developed around these results as well (Bornas et al. 2014; Pincus
2015; 2016).

Psychotherapy Integration
Through this tour of the wide array of modeling approaches available to
researchers wishing to understand human resilience through the lens of
self-organization theory, we are finally able to provide an appropriate an-
swer to our original question: How does psychotherapy work? For your
consideration, I would suggest that psychotherapy works by repairing con-
nections and increasing flexibility within the self-organizing experiential
flow of each particular client. This tentative answer opens the door to more
questions: Which connections? Which aspects of experience? When?
How? And how much? Answers to these questions will depend upon each
particular client’s situation, supporting the necessity of a high quality, open
empathic process within a strong therapeutic alliance. The use of self-or-
ganization as a guiding theory to understand human resilience and psycho-
therapy removes the barriers to understanding why these common pro-
cesses are so important, while also opening up the possibilities for a great
number of ready to use, common sense psychotherapeutic principles, such
as targeting interventions toward experiential rigidity and disconnection
(Pincus 2019). Self-organization also allows for very clear interpretations
of research results that don’t make sense from a reductionistic and linear
perspective, such as the changes to neurotransmitter and other biological
functions that often result from psychotherapy (Karlsson et al. 2013; Schie-
pek et al. 2009; 2013).
Perhaps most importantly, self-organization theory may assist the field in
psychotherapy out of its current state of division. Self-organization, and
the range of modeling strategies, may allow for a great range of exploration
into psychotherapy process, reducing the century long confusion in the
field about what psychotherapy actually is, what it does, and how it works
(Wampold and Imel 2015). Research grounded in self-organization may
ultimately repair the senseless and destructive science-practice divide that
is so common across the field today. At the same time, and hopefully at an
David Pincus 147

even quicker pace, self-organization theory may guide attempts at psycho-


therapy integration. Which aspects of a client’s experience is in need of
repair? Self-organization theory allows us to honestly say: It depends upon
the client of course. One can provide this reply with confidence, without
any abandonment of scientific principles. Rather than finding the single set
of ingredients underlying psychological change, science can search instead
for general processes underlying experiential integrity and flexibility; sci-
ence can aim to build more useful assessment tools and process feedback
technologies (Schiepek et al 2014, 2016a, b); and science can be used to
design empirically guided yet client-specific strategies and techniques
aimed at the common goals of improved network connectivity and flexi-
bility.
For clinicians, it is important to conclude with the fact that there is no con-
flict within a self-organization perspective between thinking scientifically
and knowing that each unique therapy will involve a mutual process of
empathic exploration. Nor does one need to get stuck within any of the
entrenched and competing camps that are allegiant to only a few of the
numerous supposed theories of psychotherapy ranging from analytic to be-
havioral (Pincus 2009). One need not wait for further scientific develop-
ment for clinicians to feel validated in continuing to do psychotherapy as
most already do, using a strong and open therapeutic alliance to enter a
process of empathic exploration of each client’s unique experience (Liebo-
vitch et al. 2011; Pincus 2012; Salvatore et al. 2010; Schiepek et al. 2015).
From the perspective of self-organization theory, and the initial empirical
support already obtained, one can expect such a process to naturally lead
to areas in a client’s experience that are most in need of repair. The reason
is simple, these areas will have a natural pull to them because they are, by
nature, the most rigid and inflexible. Once there, the process will naturally
lead to a search for missing information, connections that seem as if they
ought to be there but aren’t. How did you feel when that happened? And
what else did you feel? What else might that mean? What did you want to
do? And what did you want to have happen? What did you need most when
you felt that? And do you often find yourself in that position within your-
self? And within your relationships with others upon whom you rely? Self-
organization theory can already provide a grounding for this process of
148 Self-Organization, Human Resilience and Psychotherapy

inquiry into deeper or missing aspects of a client’s experience. This process


is not only assessment, it is also powerful intervention. However, if after
following this process of empathetic experiential exploration, and the ther-
apy arrives at an area of disintegration and rigidity in a client’s experience,
and it appears that something more forceful is necessary, most clinicians
will already have at their disposal at least a half-dozen options to choose
from, a variety of potentially useful techniques from among the more than
500 approaches that have already been developed. The difference now, is
that one may use self-organization theory as a guide to a better understand-
ing of how these techniques may actually work.
David Pincus 149

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Franco Orsucci 153

Towards the integration of semiotic and physiological


dynamics: from nonlinear dynamics to quantum fields
Franco F. Orsucci

Summary
We examine the nature of semiotics and its intermingling with physiology
in the embodied mind. We consider the balance between order and noise
in our knowledge of the natural world. The relational dimension is ex-
plored through synchronization dynamics. Synchronization and resonance
are representing areas for further investigation in chimera states. These
might also be seen as quantum fields, which are based on four principles:
granularity, relationality in space and time, indeterminacy.
The semiotic multiverse
If we could say that the 20th has been the century of energy, we might also
say that the 21st is going to be the century of language. Language, as the
core of most advanced research, is pervading every form of scientific and
technological knowledge on the edge of innovation: from information tech-
nologies, to biology, and mind sciences. Language, in its subset of Infor-
mation Theory, combinatorics, is also the interface between biology and
physics, and between mind and brain dynamics: the embodied mind. Infor-
mation Theory is embedded in the core of Semiotics, the broader discipline
concerning any kind of sign and communication. Its beginning, though im-
plicit in the Pre-Socratics, starts officially with John Locke (1694), who
coined this term as a Greek neologism. His remarks at the end of Book IV
of his Essay on Humane Understanding virtually amount to a suggestion
for the foundations of semiotics of Charles Sanders Peirce (Peirce et al.
1931). Locke's influence, though indirect, can also be seen in Ferdinand de
Saussure, the other founder of language sciences (Saussure et al. 1986).
Therefore, language and semiotics will include all sort of signs:
- A gesture or motion of the hand, head, etc. serving to convey inti-
mation or to communicate some idea.

© Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2020
K. Viol et al. (Hrsg.), Selbstorganisation – ein Paradigma für die
Humanwissenschaften, https://doi.org/10.1007/978-3-658-29906-4_10
154 Towards the integration of semiotic and physiological dynamics

- A signal, as a gesture, action, or sound that is used to convey in-


formation or instructions, typically by prearrangement between
the parties concerned and also an electrical impulse or radio wave
transmitted or received.
- A mark or device having some special meaning or import at-
tached to it or serving to distinguish the thing on which it is put.
- A conventional mark, device, or symbol, used technically (as in
music, mathematics, botany) in place of words or names written
in ordinary letters.
- A cognizance or badge.
- Something displayed as an emblem or a token.
- A characteristic device attached to or placed in front of an inn or
shop as a means of distinguishing it from others or directing at-
tention to it.
- A token or indication (visible or otherwise) of some fact, quality
etc., also specifically in medicine (= symptom).
- The trail or trace of wild animals, etc.
- A trace or indication of something; a vestige.
- An act of a miraculous nature.
- One or other of the twelve equal divisions of the Zodiac.
- A mere semblance of something.
- An indication of some coming event; an omen or portent (Simp-
son et al. 1989).

Charles Sanders Peirce in his correspondence with Lady Welby dictates


that “language is only the extreme form of expression” and that “life itself
may be considered as expression” (Peirce and Welby 1977). The contem-
porary dynamical view on semiotic complex systems argues that grammars
represent the class of possible solutions to the problem of mapping hyper-
dimensional meanings onto a low-dimensional channel, heavily con-
strained by the limits of human information processing (MacWhinney and
Bates 1989). If language processing is seen as taking place in a dynamical
system, the lexicon is viewed as consisting of regions of state space within
that system; and the grammar consists of the dynamics (attractors and re-
pellents) which constrain movement in that space. This approach entails
Franco Orsucci 155

representations, which are highly context-sensitive, continuously varied,


and in which the objects of mental representation are better thought of as
trajectories through mental space rather than things that are constructed
(Abraham et al. 1990). Instead of a dictionary-like lexicon, we have a state
space partitioned into various regions. Instead of symbolic rules and phrase
structure trees, we have a dynamical system in which grammatical con-
structions are represented by trajectories through state space.

Complexity, noise and control


Science is built on abstractions that filter our perceptions and use our nat-
ural language to simplify our access to knowledge without destroying its
natural vitality. After all, mathematics and logic are built on these prem-
ises, as meta-languages. Rosenblueth and Wiener go so far as to say, “The
intention and the result of a scientific inquiry is to obtain an understanding
and control of some part of the universe” (Rosenblueth and Wiener 1945).
Science and translational-applied science are inextricably linked, the ulti-
mate purpose of acquiring scientific knowledge being to translate that
knowledge into action. The question is how that translation is to be accom-
plished. Modern translational science begins with the optimal time series
filtering in the classic work of Kolmogorov and Wiener (Kolmogorov
1950). In the classic Wiener-Kolmogorov theory, the scientific model is a
signal (stochastic process) and the translational problem is to linearly op-
erate on the signal to transform it into some ideal (desired) signal. The syn-
thesis problem is to find an optimal weighting function and the goodness
criterion is the mean-square difference between the ideal and filtered sig-
nals. For example, “as we seek further insights, we increasingly understand
that our quest to capture the system-level laws governing cell biology in
fact represents a search for the deeper patterns common to complex sys-
tems and networks in general. Therefore, cell biologists, engineers, physi-
cists, mathematicians, and neuroscientists will need to equally contribute
to this fantastic voyage” (Wiener 1950).
156 Towards the integration of semiotic and physiological dynamics

Fig. 1: Scaling of networks (Oltvai & Barabási 2002).

However, the hierarchy highlighted in the Pyramid of Life (Fig. 1) is re-


sulting both from the natural self-organization of living systems, and from
our scientific efforts to filter out natural noise as something we struggle to
explain with the current statistic-mathematical tools at our disposal. The
graph proposed by Schreiber (1999, Fig. 2) clearly highlights areas of dif-
ferent forms of order (knowledge) and disorder where question marked ar-
eas are equivalent of monsters in ancient maps: the Unknown. With our
current theoretical knowledge and technology of time series analysis we
find that besides the possibly periodic and noisy oscillations (a) there are
other mainly deterministic and stochastic areas. The common routes to
chaos (c) and (d) and extensions for small nonlinearity (b) or small noise
(e). Then there are a few islands (f) like hidden Markov models and a few
others where a connection between nonlinear stochastic model approach
and real-world phenomena can be made.
Franco Orsucci 157

Fig. 2: mapping complexity (Schreiber, 1999).

Recurrence quantification analysis (RQA) is a method of nonlinear data


for the investigation of dynamical systems. It quantifies the number and
duration of recurrences of a dynamical system presented by its phase space
trajectory. As recurrence is a measure of order and structure, RQA is an
effective quantitative and visual tool for mapping complex systems (Fig 3;
Eckmann et al 1987; Manetti et al. 1999; Orsucci et al. 2006; Marwan
2008).

Fig. 3: RQA maps. Characteristic typology of recurrence plots: (A) homogeneous (uni-
formly distributed noise), (B) periodic (super-positioned harmonic oscillations), (C) drift
(logistic map with a linearly increasing term) and (D) disrupted (Brownian motion). These
examples illustrate how different RPs can be. The used data have the length 400 (A, B, D)
and 150 (C) (Marwan, 2003).
158 Towards the integration of semiotic and physiological dynamics

Good vibrations in relational dimensions


Order and structure in different systems can be modified through self-or-
ganization and external interactions. When this happens repeatedly in time,
it can lead to synchronization. In its classical definition, synchronization
refers to adjustment or entrainment in frequencies of periodic oscillators
due to weak interactions. Synchronization is a basic nonlinear phenomenon
discovered in interactions between dynamical systems at the beginning of
the modern age of science (Strogatz 2003).
Maturana and Varela (1980) suggested that synchronization is a form of
structural coupling occurring when two systems repeatedly perturb each
other. This leads to the development of structural fit between systems.
There is a relationship between this process and the emergence of adaptive
behavior in the interplay between interacting systems. (Pecora and Carroll
1990) and (Ott et al. 1990) discovered how synchronization can be used to
modify the dynamic behavior of complex systems.
Structural coupling and synchronization occur in human dynamics in many
ways, including the coordination between conversation partners. This
might be one of the best settings for a study of human dynamics as syn-
chronization occurs at multiple intermingled levels: linguistic (Orsucci
2006), motor (Repp and Su 2013) and physiological (Glass 2001). In con-
versation, research (Shockley et al. 2009) explored the lexical and syntactic
coordination between children and caregivers. Similar studies highlight
synchronization of eye movements in conversations. As (Maturana 2002)
summarized in a meaningful looping definition, "language is a manner of
living together in a flow of coordination of consensual behaviors or doings
that arises in a history of living in the collaboration of doing things to-
gether".
Studies on synchronization and complex systems in psychotherapy re-
search are not as frequent as expected. However, they are relevant as psy-
chotherapy is a self-contained setting and practice aimed at changing hu-
man dynamics. The broadly used linear statistics (e.g. ANOVA, linear re-
gression, mixed models, hierarchical models) seem inappropriate to clarify
the nonlinear nature of the psychotherapeutic process and its complex var-
iables (Schiepek et al. 2016).
Franco Orsucci 159

Perhaps we can recap our vision on this relevant matter as follows:


- Human interaction is a specific case of system interaction, formu-
lated in mathematics, physics, and biology as structural coupling.
- Human dynamics and change can be produced by internal or ex-
ternal interactions with non-living agents (environment); interac-
tions with living non-human agents (animals, plants, bacteria);
interactions with human agents (social, personal).
- In order to achieve change towards some specific outcome we
have to drive structural coupling.
- In order to drive structural coupling and change we need to assess
the structural properties of interacting systems and their structural
match.
- This will determine the natural process of synchronization and
co-evolution, the opportunities to drive it, the techniques used
and the possible outcomes.
- Psychotherapy is a specific and specialized instance of human
dynamics of change through human interaction within a partially
controlled environment.
- In psychotherapy, we can use some specific relational properties
of human beings, mostly language, language related behavior and
emotions, to achieve human change.
- Studies in psychotherapy can lead to a general model of human
dynamics.
- We can fully understand psychotherapy only as a complex field
of human dynamics (Schiepek et al. 2017; Tschacher et al. 2015;
Orsucci 2016).

We studied the embodied mind with an advanced multidimensional meth-


odology to analyze human dynamics, particularly focusing on synchroni-
zation. A methodological prototype of this approach was developed in a
multidimensional analysis of language and galvanic skin responses of ther-
apist and patient during psychotherapy. We have chosen GSR and prosody
as variables directly linked to the expression of emotions (Koolagudi and
160 Towards the integration of semiotic and physiological dynamics

Rao 2012; Pichon and Kell 2013). For example, we considered four sig-
nals: the therapist’s transcript (i.e., linguistic_therapist), the patient’s tran-
script (i.e., linguistic_patient), the therapist's galvanic skin response (i.e.
galvanic_therapist), and the patient's galvanic skin response (i.e., gal-
vanic_patient). We were particularly focused on how those four variables
recurred and synchronized and how synchronization evolved. In galvanic
signals, we considered recurring patterns of 15 seconds. For the linguistic
signals, we considered patterns, which simultaneously represent prosodic
rhythms and morphemes as the smallest portion of words able to convey
meaning. This methodology had been validated in previous studies (Or-
succi et al. 2013).
We performed a Recurrence Quantification Analysis on the four variables.
We firstly considered synchronization of the two whole signals by means
of the standard correlation coefficients of Principal Components Analysis.
We clustered the interaction patterns between the four signals using k-
means. This procedure produced a 7-cluster-model representing the phase
space of the state transitions of this complex system. Each state was repre-
sented by a different configuration of the strings’ parameters. Then, using
a Markov Transition Matrix, we showed the transition probabilities within
the system. Afterwards, we developed a further study of the galvanic sig-
nals with micro-analyses on their memory and forecasting structure. Fi-
nally, we used a Cross Recurrence Quantification Analysis to assess the
evolution of synchronization between the patient and therapist’s linguistic
and physiological signals.
Literature concerning synchronization of in-session non-verbal variables
emphasizes its positive correlation with empathy and therapeutic out-
comes. We compared the dynamics of galvanic skin response (GSR) and
linguistic prosody, chosen as indicators of emotional expression in differ-
ent domains. We investigated the non-linearity of GSR in terms of self-
similarity and power-law, as emerged in autocorrelation functions and sig-
nal variations. We considered time-lagged correlations as a measure of dy-
namical systems’ memory.
Considering the Cross-Recurrence Plot of galvanic signals, we can find
evidence that therapist and patient synchronize their GSRs mainly at epoch
7. This is consistent with literature in psychotherapy research (e.g. Gumz
Franco Orsucci 161

et al. 2012; Gumz, et al. 2013). On the other hand, concerning language,
we may observe a period of higher synchronization at the beginning (epoch
2) and in the third quarter of the session (epochs 8 and 9).
The linguistic measure at epoch 2 probably relates to an initial phase of
linguistic harmonization, frequent in standard psychotherapy sessions. The
therapeutic and human dynamics core, in terms of emotional attunement
and synchronization, seems to peak around epochs 7, 8 and 9 both in GSR
and language. It is interesting to note that emotional synchronization, as
expressed by GSR, comes first, while linguistic synchronization follows.
This evidence is consistent with a relevant corpus of psychotherapy and
neuroscience research on language embodiment (Freeman 1999; Stern
2004).

Fig. 4: Mapping of attractors and phase transitions in a Markov Transition Matrix.

If we consider this potentially important finding in a review of the Markov


Transition Matrix (Fig. 4), we could see how epoch and state 7 could rep-
resent a tipping point in a phase transition between attractor 2 and attractor
1 (with a strong state 4 that includes epoch 8). Descriptively this dyadic
system is oscillating between two attractors. The first composed of state 4,
in which the therapist seems struggling to attune to the patient. This is
demonstrated by his oscillations between high and low galvanic recurrence
162 Towards the integration of semiotic and physiological dynamics

rates and medium determinism. On the other hand, the patient shows low
values of galvanic recurrence and determinism rates: a sign of the high
unpredictability in this specific period of the session. In terms of prosody,
the therapist has high recurrence and determinism rates. Perhaps, the ther-
apist’s repetitive linguistic patterns could be interpreted as an intellectual
way to organize the patient’s unpredictable emotional expression. The sec-
ond attractor instead is composed of state 5 with a probability of recurrence
with itself of p = 0.33. This state is characterized by a medium level of
galvanic recurrence and determinism rates both for the patient and thera-
pist. In terms of prosody, we observe medium recurrence and determinism
rates for the therapist and low recurrence and determinism rates for the
patient. Overall, this picture could be interpreted as a state in which the
patient’s physiological anxiety is becoming more manageable and his lin-
guistic expression more connected with it. Summarizing, while the state 4
can be interpreted as an unpredictable phase of the therapeutic process in
which the linguistic dimension seems independent from patient’s emo-
tions, the state 5 shows signs of a step towards a verbal elaboration of them.

Areas for further investigation: synchronization and resonance


The term resonance (from Latin resonantia, 'echo', from resonare, 're-
sound') originates from the field of acoustics, particularly observed in mu-
sical instruments, e.g., when strings started to vibrate and to produce sound
without direct excitation by the player. For example, electrical resonance
occurs in a circuit with capacitors and inductors because the collapsing
magnetic field of the inductor generates an electric current in its windings
that charges the capacitor, and then the discharging capacitor provides an
electric current that builds the magnetic field in the inductor. Once the cir-
cuit is charged, the oscillation is self-sustaining, and there is no external
periodic driving action. This is analogous to a mechanical pendulum,
where mechanical energy is converted back and forth between kinetic and
potential, and both systems are forms of simple harmonic oscillators.
Sympathetic resonance or sympathetic vibration is a harmonic phenome-
non wherein a formerly passive string or vibratory body responds to exter-
nal vibrations to which it has a harmonic likeness. The classic example is
Franco Orsucci 163

demonstrated with two similar tuning-forks of which one is mounted on a


wooden box.
Resonance describes the phenomena of amplification that occurs when the
frequency of a periodically applied force is in harmonic proportion to a
natural frequency of the system on which it acts. When an oscillating force
is applied at the resonant frequency of another system, the system will os-
cillate at a higher amplitude than when the same force is applied at other,
non- resonant frequencies. Frequencies at which the response amplitude is
a relative maximum are also known as resonant frequencies or resonance
frequencies of the system. Small periodic forces that are near the intrinsic
resonant frequency of the system have the ability to produce large ampli-
tude oscillations in the system due to the storage of vibrational energy.
Resonance phenomena occur with all types of vibrations or waves: there is
mechanical resonance, acoustic resonance, electromagnetic resonance, nu-
clear magnetic resonance (NMR), electron spin resonance (ESR) and res-
onance of quantum wave functions. Resonant systems can be used to gen-
erate vibrations of a specific frequency (e.g., musical instruments), or pick
out specific frequencies from a complex vibration containing many fre-
quencies (e.g., filters).
Stochastic resonance occurs when an optimal level of noise is added to a
subthreshold signal (Fig. 5). In this example, the signal alone (sinusoid)
remains below the perceptual threshold (dotted line). Adding an optimal
amount of noise (gray line) periodically raises the stimulus above the sys-
tem threshold. If the added noise is too weak, the threshold is not crossed.
Conversely, if the noise is too strong the signal remains buried and cannot
be discriminated from the noise.
164 Towards the integration of semiotic and physiological dynamics

Fig. 5: Stochastic resonance (Simonotto et al., 1997).

Resonance and synchronization have similarities and differences (Mar-


chionne et al. 2018). When an oscillator is subject to external periodic forc-
ing, two widely studied phenomena are at play, depending on the behavior
of the unforced system. Firstly, a linear (harmonic) damped oscillator ex-
hibits increased amplitude of oscillations when forced near its natural fre-
quency. The situation becomes surprisingly more complex in ubiquitous
nonlinear damped oscillators, which exhibit increased amplitude of oscil-
lations together with bi- stability (or even multi-stability) near several sub-
harmonic forcing frequencies. This is the phenomenon of resonance. Sec-
ondly, when dissipative self-sustained oscillators are subject to external
periodic forcing, or coupled to one another, they may lock their frequencies
at different ratios. This is the phenomenon of synchronization, which is
even more complicated than nonlinear resonances.
An onset of resonance, that is an increase in the amplitude of periodic os-
cillations as the forcing parameters are varied, can be either quantitative or
qualitative. In some oscillators (e.g. in a damped linear oscillator), the os-
cillation amplitude may increase gradually without any bifurcations or bi-
Franco Orsucci 165

stability. However, most real-world oscillators have nonlinearities that


give rise to amplitude-dependent natural frequency. In such oscillators, the
onset of resonance will involve bi-stability and qualitative changes in the
dynamics, namely saddle–node or pitchfork bifurcations of periodic solu-
tions.
This is leading to recognize how resonance and synchronization can gen-
erate dynamical landscapes of mixed so-called Chimera states where we
might find areas of synchronization, areas of resonance and areas incoher-
ently drifting away from these coupling phenomena (Fig 6; Kuramoto and
Battogtokh 2002; Abrams and Strogatz 2004).

Fig. 6: A graphic illustration (space-time plot) of a coherence resonance chimera. The


time evolution (vertically) of the excitation of 1000 neurons (horizontally) is color-coded,
showing an incoherent part (indicated by a horizontal double arrow) and a coherent part
(Semenova et al. 2016).

Quantum states and fields


Empathy plays a major role in changing a pathological mind’s configura-
tion, and the establishment of an empathic link between therapist and pa-
tient is a crucial component of a good therapeutic alliance and outcome.
Yet, the definition of empathy and its facets is still under debate, limiting
166 Towards the integration of semiotic and physiological dynamics

the development of objective quantitative measures. Most authors, though,


agree that a fundamental immediate resonance, based on mimicry, conta-
gion, and interpersonal regulation, is among the grounding processes of
empathy.
Following the growing literature on interpersonal physiology, we investi-
gated the hypothesis that this basic empathic process should present appre-
ciable physiological underpinnings. We applied a Principal Component
Analysis (PCA) on simultaneous electrodermal activity, and heart rate var-
iability signals from a patient-therapist dyad involved in a 16-sessions psy-
chodynamic therapy.
Confirming our expectations, PCA revealed a first ‘shared’ component
correlated to both participants’ signals, and two ‘individual’ components
separately correlating to the patient’s and therapist’s signals. A session-by-
session regression analysis showed that the shared component predicted
therapy outcome (R2 = .28). We further investigated the shared component
dynamic via a symbolic Markovian discrete model, and cluster analysis,
observing a behavior that mirrors previously reported properties of a single
heart rate dynamic.
In conclusion, the PCA extraction of the shared physiological activity is an
unsupervised data-driven procedure showing promising properties. Further
validation of this novel procedure may lead to a full-fledged objective
measure, characterized by simple analysis and interpretation.
In the literature, there have been many examples aimed at finding coarse-
grained descriptors able to explain the behavior of complex systems com-
posed of several different elements. Statistical thermodynamics has em-
phasized the importance of focusing on the dynamics of the degree of order
of a system. This approach can be extended to any scientific field, posited
that we get a sensible measure of system autocorrelation.
In biology, several studies (Freeman 2000; Giuliani et al. 2018; Mojtahedi
et al. 2016) showed the usefulness of looking at biological systems from
the perspective of statistical mechanics, that is, focusing on the mutual cor-
relations among system descriptors. This scientific stance takes the name
of “middle-out” approach since it focuses on a mesoscopic level maximiz-
Franco Orsucci 167

ing the correlations among system descriptors. In other words, this ap-
proach lies “in the middle” between pure “bottom-up” (the causally rele-
vant layer is the microscopic one) and “top-down” (the causally relevant
layer is where general laws are defined) approaches.
Schiepek and colleagues (Schiepek and Strunk 2010) formulated an em-
pirical dynamic descriptor that predicts the therapeutic change. A peak of
“dynamic complexity” was usually found to precede a therapeutic change
or restructuring. Clinically, this behavior corresponds to the observation of
something new in the patient’s in-session narratives or in some of his/her
behavioral traits outside the clinical room before the occurrence of an im-
portant insight. Considering the contributions based on the application of
the dynamic systems approach to psychotherapy research some attempts
have been made to empirically identify desirable attractors in the psycho-
therapeutic process.
By means of “static analyses” we were able to highlight significant differ-
ences between good- and poor-outcome cases concerning their latent cor-
relation structure. Results show the possibility to describe the psychother-
apy process, independently from the theoretical approach, with two quan-
titative macro-parameters, namely, order-variability (PC1) and elemen-
tary- complex (PC2). It is worth noting that these two macro-parameters
give a quantitative value to concepts often present in psychotherapy clini-
cal reports. Are the narratives rigid and fixed or are they flexible and adapt-
able? Is there some new element in them or are they always going around
the same anxiety (stationary attractor)? Is the patient’s thinking reflective
or concrete? These are typical clinical questions implicitly concerning sys-
tem’s variability, degrees of freedom and complexity of information,
Quantum fields in clinical research are getting grounded also in consider-
ation of some historical relational approaches (Baranger and Baranger
2008; Stern et al. 1998).
As we have seen, human interactions are essentially based on hybrid syn-
chronization dynamics of embodied communication. They are also essen-
tially intermittent and punctuated by discontinuities, from steps in conver-
sations, to meetings etc. Time series are coarse grained and discontinuous.
Also, synchronization can vary from initial entrainments, chimera states to
168 Towards the integration of semiotic and physiological dynamics

phase transitions into full merger synchronization (similar to plasma or


Bose condensate). The continuity of time series in human dynamics should
be reconsidered in favor of a quantum field approach based on the follow-
ing principles:
1. Granularity. An elementary structure of the world is emerging,
generated by a swarm of quantum events, where time and space do
not [necessarily] exist. Quantum fields draw space, time, matter,
and light, exchanging information between one event and another.
Reality is a network of granular events; the dynamic which con-
nects them is probabilistic; between one event and another, space,
time, matter and energy melt in a cloud of probability (Mun-
khammar 2011; Rovelli 2005)
2. Relationality. This is the second cornerstone of quantum mechan-
ics, its hardest key: the relational aspect of things. Electrons do not
always exist. They exist when they interact. They materialize in a
place when they collide with something else. The quantum leaps
from one orbit to another constitute their way of being real: an
electron is a combination of leaps from one interaction to another.
3. Indeterminacy. The theory also gives information on which value
of the spectrum will manifest itself in the next interaction, but only
in the form of probabilities. We do not know with certainty where
the electron will appear, but we can compute the probability that it
will appear here or there. This is a radical change from Newton’s
theory, where it is possible, in principle, to predict the future with
certainty. Quantum mechanics brings probability to the heart of the
evolution of things. This indeterminacy is the third cornerstone of
quantum mechanics.
4. Relational time. If what matters is not how things are, but rather
how they interact space as an amorphous container of things dis-
appears. Things (the quanta) do not inhabit space, they dwell one
over the other, and space is the fabric of their neighboring rela-
tions. As we abandon the idea of space as an inert container, simi-
larly, we must abandon the idea of time as an inert flow along
Franco Orsucci 169

which reality unfurls. Just as the idea of the space continuum con-
taining things disappears, so, too, does the idea of a flowing con-
tinuum ‘time’ during the course of which phenomena happen.
Time just counts interactions and it emerges from quantum fields
(Lisi 2006; Van Fraassen 2010).
We might follow Dirac’s quantum mechanics as this allows us to do two
things. The first is to calculate which values a physical variable may as-
sume. This is called ‘calculation of the spectrum of a variable’; it captures
the granular nature of things. When an object (atom, electromagnetic field,
molecule, pendulum, stone, star, and so on with individual and social
events) interacts with something else, the values computed are those which
its variables can assume in the interaction (relationality).
The second thing that Dirac’s quantum mechanics allows us to do is to
compute the probability that this or that value of a variable appears at the
next interaction. This is called ‘calculation of an amplitude of transition’.
Probability expresses the third feature of the theory: indeterminacy – the
fact that it does not give unique predictions, only probabilistic ones. Fol-
lowing this approach, time becomes relational and purely based on inter-
actions and their rhythms.
Topological phase transitions are one of the consequences. Einstein
(Przibram et al. 1967) had a unique capacity to imagine how the world
might be constructed, to ‘see’ it in his mind. The equations, for him, came
afterwards; they were the language with which to make concrete his visions
of reality. For Einstein, the theory of general relativity is not a collection
of equations: it is a mental image of the world arduously translated into
equations.
The idea behind the theory is that spacetime curves. The best way of de-
scribing a 3 - sphere is not to try to ‘see it from the outside’, but rather to
describe what happens when moving within it. The method developed by
Gauss (Hoffman and Osserman 1980) to describe curved surfaces and gen-
eralized by Riemann (Feigenbaum 1994; Willmore and Willmore 1993) to
describe the curvature of spaces in three or more dimensions, basically,
amounts to Brunetto Latini’s way (Latini 1839; Latini and Carmody 1948).
That is to say, the idea is to describe a curved space not as “seen from the
170 Towards the integration of semiotic and physiological dynamics

outside”, stating how it curves in an external space, but instead in terms of


what may be experienced by somebody within that space, who is moving
and always remaining within it. For instance, the surface of an ordinary
sphere, as Brunetto observes, is a surface where all the ‘straight’ lines get
back to the starting point after traversing the same distance (the length of
the equator). A 3 - sphere is a three - dimensional space with the same
property. Our culture is foolish to keep science and poetry separated: they
are two tools to open our eyes to the complexity and beauty of the world.
Quantum mechanics introduces an elementary indeterminacy to the heart
of the world. The future is genuinely unpredictable. This is the second fun-
damental lesson learned with quantum mechanics. Due to this indetermi-
nacy, in the world described by quantum mechanics, things are constantly
subject to random change. All the variables ‘fluctuate’ continually, as if, at
the smallest scale, everything is constantly vibrating.
Franco Orsucci 171

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Self-organization in the clinical practice of


psychotherapists
Giulio de Felice, Alessandro Giuliani

Sandpiles and 1/f spectra


Self-organization is a multi-faceted concept, generally indicating the abil-
ity of a system to change its dynamics without the need for an instructing
external agent. In such a broad sense, very different processes like embryo
development (Wennekamp et al. 2013), the onset of self-sustained cyclic
chemical processes (Mikhailov and Hess 1996), protein folding (Gerstman
and Chapagain 2005), and Bénard rolls (Karsenti 2008) are self-organizing
processes. Bénard rolls are probably the simplest (and well-studied) exam-
ple of self-organization (Karsenti 2008; Prigogine and Nicolis 1967): they
are longitudinal cylinders of liquid molecules that form precise and stable
dynamic patterns when a fluid is traversed by a flow of energy (e.g. boiling
water). Ilya Prigogine (1967) stressed that their existence stems from the
need to dissipate a flow of energy traversing the system (we can imagine a
fluid inside a pan heated from below). Molecules at the bottom of the pan
have a higher thermal motion; this generates a lighter layer of liquid than
that at the top, leading the system to break its symmetry (molecules in dif-
ferent locations within the container behave differently). At a critical tem-
perature (depending on the nature of fluid and the geometry of the pan),
molecules start to behave collectively, all moving up together on one side
of the roll and downwards on the other (Karsenti 2008). A long-range cor-
relation emerges: the whole pattern of rolls in the container stems from the
collective properties of the molecules in the fluid and the geometry of the
container and it cannot be predicted from the properties of any of its parts
(Karsenti 2008). The Bénard rolls case encompasses all the essential ingre-
dients of self-organization:
1. Bifurcation: the system moves from one steady state to another
when a specific parameter varies around a critical value.

© Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2020
K. Viol et al. (Hrsg.), Selbstorganisation – ein Paradigma für die
Humanwissenschaften, https://doi.org/10.1007/978-3-658-29906-4_11
178 Self-Organization in the Clinical Practice of Psychotherapists

2. Emergence: a new property arises from the collective behav-


iour of agents that cannot be predicted from the properties of
any of its parts.
3. Symmetry breaking: the system switches from one symmetry
level to another. Here from a symmetric situation (molecule
motion occurs with the same diffusive stochastic mode with no
differences across the container) to a strongly correlated one
(molecules move in a collectively organized convective mode
generating an asymmetry within the container).
4. Long-range correlation: different and previously uncorrelated
parts of the systems become strongly correlated as they behave
in a collectively organized convective mode.
The same ingredients can be found in any situation in which we observe
the onset of a new structure or configuration, as could happen in any social
system. Such phenomena have stimulated a great interest in psychology
and psychiatry (Haken and Schiepek 2010; Gumz et al. 2012; de Felice et
al. 2015, 2019a, 2019b), in which the disruption of a previous pathological
organization is at the very core of the discipline.
In this work, we wish to clear the scientific psychological domain from the
metaphorical and/or theoretical uses of the concept of self-organization by
defining a precise quantitative experimental paradigm that could be of use
in the daily clinical practice of psychologists. To our mind, the time is ripe
for the introduction of an operational approach to self-organization in psy-
chology, producing mutual benefits for both the strictly quantitative disci-
plines and the social sciences. Practitioners of the former will be able to
understand how a concept born of strictly quantitative domains can be
promptly applied to human sciences, that is, to the emotions governing hu-
man relationships. Social scientists will be able to focus on phenomena
poorly described in their scientific domains, also showing a way for their
operationalization. In this perspective, we will concentrate on a specific
model of self-organization: self-organized criticality (SOC). In physics,
self-organized criticality (SOC) is a property of dynamical systems that
have a critical point as an attractor. SOC governed systems (in addition to
the above-mentioned properties shared by any self-organization process)
De Felice & Giuliani 179

display the spatial and/or temporal scale-invariance characteristic of the


critical point of a phase transition. In statistical mechanics, scale invariance
is a feature of phase transitions. The key observation is that near a phase
transition or critical point, fluctuations occur at all length scales (a more
detailed discussion on this property will be provided below). In SOCs this
occurs without the need to tune control parameters to a precise value, be-
cause the system, effectively, spontaneously tunes to it as it evolves to-
wards a critical state. The concept was put forward by Per Bak et al. (1987,
1988), and is considered one of the mechanisms by which complexity
arises in nature. SOC arises in slowly driven non-equilibrium systems with
a large number of degrees of freedom and strongly nonlinear dynamics.
We define as “slowly-driven” those systems that are not drastically per-
turbed by an external force, but experience very mild and continuous ex-
ternal stimuli (this will be clear further on, when we will describe the so-
called sand-pile model). While a mathematically rigorous presentation of
SOC is outside the scope of this work, it is crucial to present the essential
features of the model in order to fully appreciate the potential relevance of
SOC in psychotherapy.
In the general definition of SOC we can recognize an (apparent) conun-
drum: how can a critical (i.e., unstable) state be an attractor (i.e., stable
state) at the same time? To solve this conundrum and explain the property
of scale-invariance, we need to introduce the notion of 1/f, or power spec-
trum scaling. Pink noise (or 1⁄f noise) is a signal or process with a fre-
quency spectrum such that the power spectral density (energy or power per
frequency interval) is inversely proportional to the frequency of the signal
(Fig. 1, low frequency components, on the left, have higher power; high
frequency components, on the right, have lower power). Pink noise is the
most common type of signal in biology and, in general, in all those phe-
nomena keeping together processes and structures with a large range of
spatial and time scales.
180 Self-Organization in the Clinical Practice of Psychotherapists

Fig. 1: Power spectrum of pink noise (1/f), where f is the frequency of the time series (sig-
nal). Note that on the log-log-scale, the function 1/f becomes a line.

We can intuitively understand this fact of nature by replacing time with


size: let us imagine the statistical distribution of all the animal species in
terms of their body size and relative abundance. It is reasonable to think
that there are many more amoebas (small size, high abundance) than mice
(intermediate size) and many more mice than elephants (big size, low abun-
dance). The same happens in many network systems where there are many
nodes with a small number of links and much fewer nodes with a huge
number of links. A traditional example of this distribution is the airports’
network, with very few international hubs hosting a great number of flights
like Frankfurt or New York and many small airports with a limited number
of flights. This kind of distribution makes for a very peculiar statistical
consequence: the asymmetric distribution of 1/f scaling does not allow a
“characteristic scale” to emerge (scale-free behaviour). In the case of a
Gaussian distribution (the so-called normal distribution with M = 0 and
SD = 1), the scarcity of the “exceptionally big events” lying in the right-
De Felice & Giuliani 181

side tail is balanced by the scarcity of the “exceptionally small events” ly-
ing in the left-side tail. Thus, considering a feature with a normal distribu-
tion like the height of human beings (centered around 170-175 cm), if we
increase the sample, the uncertainty of the exact value of the population
mean decreases: the exceedingly short and exceedingly tall persons bal-
ance their relative effects (law of large numbers), and the sample mean
converges toward the population mean (“characteristic scale”). On the
other hand, in the case of 1/f scaling, the more we increase the sample size,
the more the mean is shifted on the right-hand tail and does not converge
to a “characteristic scale” of the entire sample. This is much more than a
statistical curiosity if we bear in mind that the 1/f distribution refers to real
biological and social systems and has a crucial role in SOC.
The paradigmatic SOC-based system is the sandpile: think of pouring sand
very slowly (ideally, one grain at a time) onto a flat, circular surface (this
is exactly what we mean by “slowly-driven”). At first, the grains stay close
to where they land and very soon start to accumulate, creating a pile that
has a gentle slope. Going on with the experiment, when the slope becomes
too steep, somewhere on the pile, the grains slide down, causing a small
avalanche. As we add more sand, the slope of the pile steepens further, and
the average size of avalanches increases (the size of avalanches follows a
1/f scaling: many small avalanches, very few huge avalanches). The pile
stops growing when the amount of sand added balances the amount of sand
falling off the edge of the circular surface. At this point, the system reaches
the critical state. Let us detail the nature of this critical state: it is (dynam-
ically) stable like any proper attractor. The continuous avalanches are
counter-balanced by the added sand, while the height and shape of the pile
remains the same. Nevertheless, occasionally (right part of the 1/f spec-
trum), an added grain can cause a large catastrophic avalanche by a sort of
chain reaction involving progressive smaller avalanches falling down to
the base and thus flattening the entire sandpile (long range correlation, typ-
ical of transitional states). The chain reaction can be imagined as a “branch-
ing” process, potentially invading a large part of the pile (the size of the
avalanche can be easily estimated in terms of number of grains involved);
in short, each grain falls down until it reaches a position of rest, during the
slide the grain hits other grains causing small, and then large, avalanches.
182 Self-Organization in the Clinical Practice of Psychotherapists

Interestingly, it has been experimentally demonstrated that even huge ava-


lanches (posited that we continue to add one grain at a time) keep the slope
of the sandpile invariant, given that the probability of a single grain stop-
ping is balanced by the probability of a new avalanche (Bak et al. 1991).
Hence, on the whole, the system maintains its critical state (the conundrum
is now solved, the critical state is, at the same time, an attractor). If the
slope of the sandpile is lower than the critical slope (sub-critical state), the
pile will grow until it reaches the critical threshold if the slope is too steep
(super-critical state), the size of the avalanches will be greater than in the
critical state, thereby lowering the slope of the pile down to the critical
threshold. Thus, the “critical state” attracts both sub-critical and super-crit-
ical states. The distribution of the size of avalanches follows a power spec-
trum distribution: very few large avalanches involving the whole pile, and
very frequent smaller ones involving only parts of it. In any case, no exter-
nal observer can predict how, where (in which part of the sandpile) and
when a catastrophic avalanche will take place because both the cata-
strophic and small avalanches are self-emergent phenomena derived by al-
ways adding one single grain at a time (keeping the external stimulus in-
variant). Such “catastrophic” events, instead, depend on the past history of
the sandpile. This makes SOC completely different in comparison with
other transitions crucially dependent on the driving force (control parame-
ter) and questions the usual linear relation between the intensity of the ex-
ternal stimulus and its consequences on a given system.
Summarizing, the main properties shown by a system in such a critical state
are:
a) Scale-invariance (the asymmetric distribution of avalanches does
not allow a “characteristic scale” to emerge: this is called scale-
free behaviour. Small and huge avalanches are both typical of the
nature of the “stable criticality” of the system).
b) Temporal persistence (memory effects: the “catastrophic” event
depends on the system past history and not on the applied stimu-
lus).
De Felice & Giuliani 183

c) Long-term divergent correlations (small avalanches together can


cause one “catastrophic” event by means of a sort of domino ef-
fect. The domino effect provokes the emergence of specific con-
figurations shaping the entire system; we can think of a cascade of
“if-then connections” pervading the entire system).
These properties contrast with those found in systems governed by pure
diffusion (e.g. the Brownian motion of gaseous molecules diffusing inside
a box). Additionally, gasses keep spatial locality: the deviation from sym-
metry of the molecule paths are short-lived due to the stochastic character
of the hits with other molecules, thus leading to largely uncorrelated dy-
namics (Mier et al. 2016). The domino effect characterizing SOC makes it
extremely intriguing for a scientist who wishes to provoke a large ava-
lanche, potentially creating a huge restructuring on the system, or to reach
a “super-critical” state in which the probability of large avalanches is max-
imized. The supercritical state (exactly as with dominos) is attained by in-
creasing the density of contacts between the elements (tablets) so that a
small stimulus can trigger a long and branched chain reaction. Neverthe-
less, we cannot actively drive such a phenomenon but only establish the
conditions fostering the appearance of such a chain reaction whose shape
and size will depend only on the structure and history of the system at hand.
In the case of large avalanches, long-range correlations emerge in both
space and time. Before introducing the way to operationalize such phe-
nomena, we shall describe a paradigmatic psychological case amenable to
a SOC-like approach.

Self-Organized Criticality in psychotherapy


A psychoanalytic group of one year and two months meets weekly for two
hours in a private setting in Rome. After including two new members it is
forced to experience the departure of two “old” members from the group.
In the session immediately after those occurrences I am struck by the ex-
aggerated laughter, especially from Mi., Ma. and Si. who sometimes seem
contemptuous. I have the impression that my interventions are poorly re-
ceived, and the group is not permeable at all. Si. scratches her belly con-
spicuously while I am commenting on something. Mi., who usually acts as
184 Self-Organization in the Clinical Practice of Psychotherapists

my personal assistant, seems to want to replace me, but in a persecutory


manner, rudely directing the debates. Ma. acts as her wingman, nervously
laughing after every comment she makes. A. and S., the two newcomers,
seem to half participate in the general laughter and appear slightly fright-
ened, as if these do not allow any emotionally significant thought. Finally,
a light in the darkness. At the umpteenth joke of Mi., Ma. laughs, rudely
banging her head on the wall. "The hyena look at her there", Mi. says. "A
laughing hyena", I comment. "Exactly", says Ma.: "they've always called
me that since my schooldays." "Like those of the Lion King", says Mi.:
"they are bad, what a trauma that cartoon". "They feed on corpses", I say.
We can say that an action, i.e. banging the head on the wall, interrupts the
manic defenses, opening the field to the formation of an image, the laugh-
ing hyenas, and then to what will become a group myth, the Lion King,
both necessary for the full symbolization of experience. In other words,
Ma., if only she could have talked, she would probably have said: manic
defense hurts! In this case, the laughing hyenas feed on the corpses of the
past group, the members now absent that become persecutors as represent-
atives of the group's death, and with that, of the internal death. A clinical
situation in which an action, being the minimum degree of representation
of the current analytic field, promotes the return to thinking. Now let's take
a step back. This group has always been subject to manic episodes in which
the members, to lighten the burden of their anxieties, took refuge in laugh-
ter and continuous jokes. However, this mode often made analytical work
difficult, greatly reducing its emotional power. We could observe, in the
brief summary mentioned, the period in which the peak of this functioning
of the group occurred, corresponding to the moment in which two members
left psychotherapy. Ma.'s accidental blow on the head triggers some fast
associative transitions, producing an interpretation of what was happening.
The members of the group, like the laughing hyenas, were feeding on the
two corpses of the group celebrating their own survival. This feeling of
revenge, at times sadistic, had the further advantage of excluding every
depressive feeling from the analytic field, preventing, however, the pro-
gression of the analytic work. In the terms used above we can describe the
blow on the head as the last grain of sand necessary for the unleashing of
a large avalanche in the mind of the group. We note that, in itself, the event
De Felice & Giuliani 185

seems rather marginal, but, at the same time, it generates considerable ef-
fects. Through the previous comments, namely the history of this group,
the peak of mania reaches the limit of endurance in facing the absence of
the two members of the group. The blow on the head then generates a re-
structuring of the group through the connection of past and present discon-
nected temporal events: in the group, the function of laughter and jokes
becomes clear and is interpreted as a defense function from the feelings of
anxiety related to the loss of the two members. This becomes connected to
all past events in the history of this group in which this type of operation
has been experienced. Not only that, this restructuring also passes through
a connection of aspects previously split into different spatial areas of the
group's mind. The jokes and the laughter had nothing to do, previously,
with what happened within the group in emotional terms, they were inex-
plicable phenomena in their own right with no degree of connection with
the rest of the psychic events. The great avalanche of restructuring of the
analytic field, therefore, implies new long-range temporal and spatial con-
nections. To sum up:
a) No dependency on the strength of the applied stimulus (the blow
on the head, by itself, seems a marginal event but becomes critical
in the context of the group history);
b) Dependency on past history (the critical event is such in the con-
text of the past history of the group);
c) Appearance of long-range correlations in time (the critical event
restructures emotionally analogous events on the temporal axis of
the group. The group's past, and future, is seen in a new light after
the occurrence of the critical event in the present);
d) Appearance of long-range correlations in space (the critical event
restructures the relationships between different aspects, previously
split off, present in the mind of the group. Mania now becomes a
defense against death anxiety);
e) Scale-invariance (many small avalanches of restructuring at the in-
dividual level generate one “catastrophic” event at the group level.
186 Self-Organization in the Clinical Practice of Psychotherapists

Both small and big events are typical of the nature of the “stable
criticality” of the system).
Does any psychoanalyst have any association with a familiar concept now?
Although Freud coined the term nachträglichkeit from common terms such
as nachträglich, the official English translation of Freud (Standard Edition)
does not use a single term to make the various occurrences: "understood
later", "understood subsequently", "deferred action", "after-effect", "sub-
sequent". Sigmund Freud uses this term in relation to his conception of
temporality and psychic causality: from impressions due to personal expe-
riences, memory traces are further reworked according to new experiences
gained in another stage of the psychic development; these can then take on
a new meaning and entail a given psychic effect (Freud 1985). It was
Jacques Lacan who took up the Freudian notion making it a unitary concept
under the name of "après-coup" (literally: after a blow) (Lacan 1998). Ini-
tially, Freud observed that past events are reworked by the subject "après-
coup", that is, after their occurrence and that it is this rehash that gives them
a sense, an efficacy or a pathogenic dimension. A scene experienced early
(i.e., before puberty), in a neutral way, may however cause a trauma when,
for example, a second event, experienced this time after puberty, will con-
vey a new meaning to the first scene triggering an unpleasant sexual feeling
(Breuer and Freud 1955). Therefore, it is not the experience in general that
has changed après-coup, but precisely what in the event could not make
sense at the time when it took place, due to an inadequate psychic matura-
tion. The reworking in question arose from the occurrence of events which,
due to the subject's organic maturation, allow him to access their meaning.
The evolution of sexuality, therefore, fosters the phenomenon of après-
coup, given that the subject, after puberty, has the ability to grasp the sex-
ual connotation of a lived experience that links up, après-coup (after the
fact), to another similar previous scene which remained meaningless.
Self-Organized Criticality (SOC) and the notion of après-coup, even if they
originally belong to two different scientific domains, indicate the same
phenomenon based on the aforementioned characteristics. Among these,
we wish to highlight what we consider to be the main peculiarity of this
dynamic: it keeps the external stimulus invariant, always one grain of sand
at a time. This feature contrasts with changes caused by the increase in
De Felice & Giuliani 187

strength of an external stimulus. To indicate this difference, Freud took up


Leonardo da Vinci's "per via di levare" formula (i.e., by taking out), which
distinguishes the way to proceed in sculpture and psychoanalysis, and is
contrasted with that of painting and suggestive methods that operate "per
via di porre" (i.e., by putting on) (Freud 1953). The SOC, therefore, pro-
motes a structural reorganization of the network of a given psychic system
through a spontaneous process not dependent on the strength of an external
stimulus. On the other hand, a restructuring of the latter type should first
exceed the tolerance threshold of the system. Then, it can have a local im-
pact, on a circumscribed psychic area, or on the entire system. The first
case is where most traumatic events lie, after which an area of the network
of the patient’s psychic system remains "frozen". In this case, the patient's
functioning can generally remain unchanged despite presenting specific
impaired areas. Conversely, in the second case, fortunately rarer, the trau-
matic event can produce a psychotic outbreak jeopardizing the general
functioning of that psychic system. The purpose of the therapeutic relation-
ship, and of each clinician, is to strengthen the network of the patient's
psychic system as much as possible. In this way, not only is a future break-
down of the entire system due to possible events prevented, but the inte-
gration of these events into the learning heritage of the patient's psychic
system is also facilitated (“learning from experience”, Bion 1962).

Detecting SOCs
As we have pointed out, one of the properties of self-organized criticality
lies in it being a critical state and, at the same time, an attractor. The two
simplest statistical indices, which indicate a SOC, calculable on a purely
phenomenological basis without imposing any constraint on the experi-
mental data, are intermittency and long-range correlations. As far as inter-
mittence is concerned, we refer to an econometric application (Bartolozzi
et al. 2005). The analyzed system (stock market returns) has some similar-
ities with the group analysis described in the previous paragraph: the stock
market is a self-interacting system, characterized by intermittent behav-
iour. High activity periods, with huge fluctuations in returns, alternate with
periods of relative calm. As in the case of the group presented, periods
188 Self-Organization in the Clinical Practice of Psychotherapists

characterized by mania, usually after an emotionally painful event, alter-


nate with periods of elaboration of those same events. Melanie Klein
(1946) described this kind of trend with the abstract formula PS-D. The
authors of this study, on the other hand, studied the tick-by-tick behaviour
(a tick represents the change in the index value) of the Nasdaq100 index,
from 6/21/1999 to 19/6/2002, for a total of 219 single values (Fig. 2).

Fig. 2: The time series analyzed correspond to the logarithmic returns of the index and are
defined as R(t) = ln(P(t+1)-P(t)), where P(t) is the value of the index in a specific mo-
ment t (tick). The figure shows the values of P(t) in panel (a) and the relative returns (dif-
ferences between adjacent ticks) in panel (b).

From a visual analysis of the time series of panel b, we can immediately


see the alternation between periods characterized by small fluctuations and
periods of large fluctuations, equivalent to the largest avalanches, grouped
in relatively short time intervals. These can be seen as a consequence of
the process that leads the system to an extremely unstable state. Once this
critical state is reached, any fluctuation, even of a rather modest entity such
as hitting one’s head against the wall, can trigger a chain reaction that gen-
erates a catastrophic event. The latter is necessary to stabilize the system
again.
De Felice & Giuliani 189

The analysis of the return time series by means of the wavelet approach
(Rioul and Vetterli 1991) allowed the authors (Bartolozzi et al. 2005) to
obtain a very precise estimation of the probability of “huge, restructuring
avalanches”. The wavelet analysis (Rioul and Vetterli 1991) can be seen
as a multiscale local Fourier analysis, in which the studied time series is
analyzed by moving a “model signal” (wavelet) along the series and com-
puting the local correlation between the series and the model. The latter
can be dilated or compressed, allowing the analysis of the time series on
different scales. For example, a wavelet could be created to have a fre-
quency of Middle C and a short duration of roughly a 32nd note. If this
wavelet were to be convolved with a signal created from the recording of
a song, then the resulting signal would be useful for determining when the
Middle C note was being played in the song. Mathematically, the wavelet
will correlate with the signal if the unknown signal contains information
of similar frequency. This concept of correlation is at the core of many
practical applications of wavelet theory. In the aforementioned study
(Rioul and Vetterli 1991), a very high correlation was found between “huge
avalanches” and very compressed wavelets, thus allowing for their imme-
diate discrimination.
The recognition of these avalanches makes it possible to compare the dif-
ferent conditions in terms of relative instability and, consequently, gives
the possibility of trying to recreate an environment close to the critical
threshold. Wavelet analysis is the most direct way to study systems regu-
lated by SOC, but it has the limit of requiring very long time series that, in
psychology, are difficult to collect. One possibility is to use some physio-
logical proxies such as galvanic response and heart rate, which can be
measured as continuous signals (Kleinbub et al. 2019). The application of
this strategy in psychotherapy can be promoted by non-invasive wearable
devices which, although measuring electrophysiological signals, still have
many technical limitations (Wallen et al. 2016). Another possibility is in
the video and audio recording of the sessions. This may allow us to study
the time series related to motor activation, on the one hand, and the use of
language, on the other (Haken and Schiepek 2010; de Felice 2019b). In any
case, the empirical level of interest in the study of psychotherapy should
be the one relating to changes in the emotional sphere of the patient, of the
190 Self-Organization in the Clinical Practice of Psychotherapists

analytic couple, of the group. The possible empirical transformations that


open a window to the investigation of this scientific object should be inter-
preted in this sense and not as a departure from the clinical relationship.
Another possibility to operationalize the SOC model is the application of
Recurrence Quantification Analysis (RQA) in order to detect long-range
correlations emerging from the avalanches that invade a given system. In
contrast to the wavelet approach, RQA can be successfully applied to much
shorter series and can handle non-numerical data (e.g. letters or words se-
quences, Orsucci et al. 2006). The concept of recurrence is straightforward:
for each ordered series, temporal or spatial, a recurrence is a point of the
series which occurs more than once. The statistical literature emphasizes
that recurrences are the most basic form of relations that shape a given
system (Feller 1968), since they are strictly local and independent of any
mathematical assumption concerning the system itself. RQA works on the
embedding matrix (EM) of the original time series. EM is an n-dimensional
matrix generated by shifting the original series by a fixed lag. In the case
of discrete series 10, 11, 21, 32, 41, 35, 40, 19..., the corresponding 4-di-
mensional EM becomes:
10 11 21 32
11 21 32 41
21 32 41 35
32 41 35 40
41 35 40 19
35 40 19
40 19
19

In this case, the rows of the embedding matrix (EM) correspond to moving
windows of length 4 (embedding dimension) along the sequence. RQA is
based on the computation of the Euclidean distance matrix (DM) between
the rows (called epochs) of the embedding matrix, looking for recurrent
De Felice & Giuliani 191

epochs. The concept of a recurrence can be expressed as follows: given a


reference point, X0, and a ball (Br) of radius r, a point X is said to recur
(with reference to X0) if Br(X0) = {X: | X – X0|} ≤ r.
In the case of a time series, the recurrences correspond to time points in
which the system passes close to already visited states. The number and
relative positions of recurrences are expressed by recurrence plots (RP)
that are symmetrical N*N arrays in which a point is placed at (i, j) when-
ever a point Xi on the trajectory is close to another point Xj. The closeness
between Xi and Xj is expressed by calculating the Euclidian distance be-
tween these two normed vectors, i.e., by subtracting one from the other.
The two points are scored as recurrent if their Euclidean distance is lower
than the pre-defined fixed radius r. This procedure allows the construction
of the recurrence plot, which corresponds to the matrix of the distance be-
tween different epochs (rows of the embedding matrix). The latter is fil-
tered by entering the value of the radius, and generates a binary matrix
having a 1 (black point) for epochs with distances less than the radius and
0 for epochs with distances greater than the radius.
Because graphical representations may be difficult to evaluate, Webber
and Zbilut (1994) developed several strategies to quantify the features of
such plots (Feller 1968). Hence, the quantification of RPs has led to the
development of some global descriptors as:
- REC: the percentage of recurrent points.
- DET: the percentage of recurrent points forming diagonal lines
with a minimum of 2 adjacent points. The presence of these lines
reveals the existence of a deterministic structure.
- ENT: Shannon entropy of the distribution of the length of line
segments parallel to the main diagonal. The entropy is small
when the length of the longest segment parallel to the diagonal is
short and does not vary so much in terms of information.
- MAXLINE: the length of the longest line segment, the reciprocal
of which is an approximation of the largest positive Lyapunov
exponent and is a measure of system divergence.
- TREND: this measures how the density of points changes as you
move away from the diagonal to the upper left and lower right
192 Self-Organization in the Clinical Practice of Psychotherapists

corners. This variable quantifies the drift and the non-stationarity


of the time series.

All the indices presented relate to SOCs, but the most direct approach to
detect them is based on the combination of the REC and TREND indices:
the emergence of long-range correlations will show an increase in recur-
rences (black dots) between temporally distant points. This generates a
drastic change in the spectrum of recurring points in time and, conse-
quently, in the TREND variable. Mier et al. (2016) used the recurrence
distribution to discriminate between diffusion phenomena and SOCs
(Fig. 3).

Fig. 3: Time goes from the main diagonal to the upper left corner and from the diagonal to
the lower right corner. The upper and lower triangles are specular.
De Felice & Giuliani 193

Panel (a) shows a condition characterized by small avalanches (period of


calm) in which the movement of sand grains is only local. Panel (b), on the
other hand, is characterized by large avalanches (periods of high activity)
in which the movement of sand grains involves the entire system. These
occur at the aggregations of black dots that form diagonal lines. The latter
represent the recurrences or, in other words, the strong long-range correla-
tions of sand grain motions in the case of huge restructuring avalanches.
The RQA thus allows an efficient recognition of the critical transition
points that identify a catastrophic event, and it has been successfully ap-
plied in psychology to identify the evolution of configurations or states of
a system, in linguistic and psychophysiological terms (e.g., Orsucci et al.
2016).
Finally, we wish to mention two works that review the statistical indices
used in the literature of different scientific domains to recognize generic
phase transitions, and are not therefore specifically related to SOC dynam-
ics (de Felice 2019b, Scheffer et al. 2009). The general issue to bear in
mind is that the application of such quantitative strategies implies a pro-
found reflection on the meaning and nature of what we observe, and it can-
not be seen as a demonstration of the "power of mathematics" to simulate
the fascination of an exact science. The quantification should always take
place at the service of the clinical relationship, in order to provide more
and more appropriate solutions to our patients.
194 Self-Organization in the Clinical Practice of Psychotherapists

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Marc-Thorsten Hütt 197

Selbstorganisation in Netzwerken – von den


Neurowissenschaften zur Systembiologie
Marc-Thorsten Hütt

Selbstorganisation
Die Theorie der Selbstorganisation ist ein theoretisches Konzept, das als
Fundament unseres Verständnisses komplexer Systeme dient (Mikhailov
und Calenbuhr 2002; Hütt 2006). In seiner allgemeinsten Form kann ein
komplexes System als ein System aus vielen interagierenden Elementen
verstanden werden, deren individuelle Dynamik nicht linear ist (bei denen
also das Eingabe- und das Ausgabesignal nicht in linearer Weise in Ver-
bindung stehen) und das zudem kollektives Verhalten zu zeigen vermag.
Oft entsteht dieses kollektive Verhalten in einem komplexen System spon-
tan, es ’emergiert’, wenn ein kritischer Wert eines Kontrollparameters
(zum Beispiel der Kopplungsstärke) überschritten wird.
Meilensteine im Versuch, die Theorie der Selbstorganisation in die Le-
benswissenschaften zu tragen, sind das 1997 erschienene Buch von
Schiepek und Tschacher (1997), das den formalen Rahmen bereitstellt, und
– später – das Buch Neurobiologie der Psychotherapie (Schiepek 2003),
das das Zusammenwachsen sehr verschiedener Disziplinen zeigt. Diesen
Transferleistungen war der Weg geebnet durch die Anwendung der Sys-
temtheorie in der Biologie, beginnend bei von Bertalanffy (1968) bis hin
zur Nichtgleichgewichtsthermodynamik als Fundament unserer Theorie
der Strukturbildung (Prigogine 1961). Eine wichtige Klasse von Modellen,
die als Prototyp biologischer Musterbildung verstanden werden kann, ist
zudem die Formalisierung interagierender nichtlinearer Elemente in Reak-
tions-Diffusions-Systemen durch Alan Turing (Turing 1952). Das große
Potential interdisziplinärer Anwendungen, so wie sie in Schiepek und
Tschacher (1997) und Schiepek (2003) realisiert sind, wird aber vor allem
ermöglicht durch die Synergetik (Haken 1977, 1980, 2013), also der theo-
retischen Basis der Selbstorganisation, die das kollektive Verhalten von
Systemen in Form von Ordnungsparametern analysiert – einfachen quan-
titativen Indikatoren der ‚Muster‘ oder ‚kollektiven Moden‘ eines Systems.

© Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2020
K. Viol et al. (Hrsg.), Selbstorganisation – ein Paradigma für die
Humanwissenschaften, https://doi.org/10.1007/978-3-658-29906-4_12
198 Selbstorganisation in Netzwerken

Die Selbstorganisation wird so zu einer universellen Theorie komplexer


Systeme, bei der durch Variation von Kontrollparametern Übergänge zwi-
schen Zuständen des Ordnungsparameters (Phasenübergänge) ausgelöst
werden.
Eine neuere Entwicklung in diesem Themenfeld ist die Erkenntnis, dass
die Konstituenten eines Systems oft in selektiver Weise interagieren, also
ein Netzwerk bilden, dessen Architektur von großer Bedeutung für die
möglichen kollektiven Verhaltensformen ist. In der Sprache der Psycholo-
gie und Psychiatrie kann man sagen, dass der Netzwerkzustand (zum Bei-
spiel das neuronale Aktivitätsmuster) mit dem Bewusstseinszustand als
emergentes Phänomen durch Selbstorganisation in Verbindung steht (siehe
auch Schiepek 2017).

Selbstorganisation: ein einfaches Beispiel


Die Vielzahl von abstrakten Konzepten, ihre Erklärkraft und ihr Beitrag
zum Verständnis komplexer Systeme lassen sich an einem einfachen Bei-
spiel illustrieren: die Entstehung von Wellen in erregbaren Medien.
Selbst in dem einfachsten Modell eines erregbaren Mediums zeigt sich, wie
solche nichtlinearen Elemente propagierende Wellenfronten und Spiral-
wellen als kollektives Verhalten hervorbringen. Eine Implementierung ei-
nes erregbaren Mediums ist das folgende Minimalmodell, das diese Dyna-
mik als stochastischen zellulären Automaten (also ein Modell mit diskreter
Zeit, diskretem Raum und lokalen Update-Regeln, die das zeitliche Ver-
halten erzeugen) mit drei Zuständen beschreibt. In diesem Modell wechselt
ein Element von einem erregbaren in einen angeregten Zustand, falls es
einen angeregten Nachbarn gibt. Ein angeregtes Element durchläuft nach
seiner Anregung eine Refraktärphase, in der es nicht angeregt werden
kann, bevor es wieder in den erregbaren Zustand wechselt. Das Modell hat
also einen Zustandsraum aus erregbaren (suszeptiblen) (S), erregten (E)
und refraktären (R) Elementen. Die Übergänge, die in jedem (diskreten)
Zeitschritt nun ausgeführt werden sind:
Marc-Thorsten Hütt 199

S → E, wenn sich eine Anregung in der direkten Nachbarschaft


des Zustandes S befindet;
E → R (d.h. die Anregungsdauer ist ein Zeitschritt);
R → S mit der Wahrscheinlichkeit p, was auf eine geometrische
Verteilung der Refraktärzeiten mit einer mittleren Refraktärzeit
von 1/p führt; und
S → E mit der Wahrscheinlichkeit f, selbst wenn sich keine Anre-
gung in der Nachbarschaft befindet (Spontanaktivität).
Dieses Modell (oder Varianten davon) hat bereits auf eine Reihe von Er-
kenntnissen über die Verbindung von Netzwerkarchitektur und Dynamik
geführt (Müller-Linow et al. 2006, 2008; Hütt und Lesne 2009; Garcia et
al. 2012; Hütt et al. 2012; Messé et al. 2015). Vor den hier zitierten prak-
tischen Anwendungen in den Neurowissenschaften ist dieses Modell unter
dem Namen forest fire model als Minimalmodell selbstorganisierter Kriti-
zität bekannt geworden (Drossel und Schwabl 1992). Abbildung 1 führt
vor, wie Wellen (in diesem Fall Spiralwellen) in dem System entstehen.
Diese Selbstorganisationseigenschaft ist von hoher Bedeutung in der Bio-
logie. Beispiele für funktionell relevante Wellenphänomene sind die Spi-
ralwellen bei Dictyostelium discoideum (Pálsson et al. 1997; Goldbeter
2006; Geberth und Hütt 2009), in Herzgewebe (Davidenko et al. 1992;
Gray et al. 1998), aber auch propagierende Wellenfronten im neuronalen
Cortex (Izhikevich und Edelman 2008).
200 Selbstorganisation in Netzwerken

Abb. 1: Illustration der Entstehung von Spiralwellen in einem einfachen Modell eines er-
regbaren Mediums. Eine offene Wellenfront, die von einer Reihe refraktärer (nicht anreg-
barer) Zellen gefolgt ist, wird über die Zeit gemäß den im Text dargestellten Update-Re-
geln simuliert (im deterministischen Grenzfall f → 0, p → 1). Das offene Ende führt zu
einer sich selbst erhaltenden Spiralwelle. Die geometrische Struktur der Wellenfront ist
eine Konsequenz der gewählten Vierer-Nachbarschaft. Darstellung: schwarze Punkte: er-
regt; graue Punkte: refraktär; weiße Punkte: erregbar. Diese Abbildung wurde in Anleh-
nung an Abb. 1C aus Grace und Hütt (2015) erzeugt.

Ein Vorteil dieser Realisierung eines erregbaren Mediums über ein Mini-
malmodell ist, dass sich das Modell unmittelbar auf Netzwerke übertragen
lässt. Die Regel einer Anregung durch einen angeregten Nachbarn ist frei
von dem Erfordernis einer regelmäßigen Nachbarschaft, wie sie etwa in
einem Gitter vorliegt, und lässt sich für beliebige Nachbarschaftsgrößen
(Knotengrade) und damit auf Netzwerke übertragen.

Netzwerke
Die Theorie komplexer Netzwerke, ein Feld, das versucht, die möglichen
dynamischen Verhaltensformen eines Netzwerks aus dessen Architektur
(Topologie) abzuleiten und strukturelle Besonderheiten realer Netzwerke
herauszuarbeiten, hat sich ausgehend von zwei bahnbrechenden Publikati-
onen Ende der 1990er Jahre (Watts und Strogatz 1998; Barabási und Albert
Marc-Thorsten Hütt 201

1999) explosiv entwickelt und stellt nun einen der wichtigsten theoreti-
schen Zugänge zur Charakterisierung komplexer Systeme dar (Barabási
2012). Erfolge dieses Ansatzes sind unter anderem ein Verständnis der
Rolle von Modularität (Guimera und Nunes Amaral 2005; Newman 2006;
Hütt 2019), von Netzwerkmotiven (Milo et al. 2002; Shen-Orr et al. 2002;
Alon 2007; Fretter et al. 2012), von Synchronisation (Arenas et al. 2008;
Rodrigues et al. 2016) und der Ausbreitung von Epidemien (Pastor-Sator-
ras et al. 2015) in Netzwerken, von der Existenz und Bedeutung von hoch-
vernetzten Elementen (Hubs), und von hierarchischen Strukturen (Ravasz
et al. 2002; Ravasz und Barabási 2003; Barabási und Oltvai 2004; Hilgetag
und Hütt 2014).
Die Organisation dynamischer Prozesse als Funktion der Netzwerkarchi-
tektur ist noch heute ein Gegenstand intensiver Forschung. Im Folgenden
soll die Verbindung der Theorie der Selbstorganisation und der Theorie
komplexer Netzwerke diskutiert werden.

Anwendung in den Neurowissenschaften


In direkter Übertragung des einfachen Beispiels einer (Spiral-)Welle aus
Abb. 1 zeigt Abb. 2 eine propagierende Welle in einem Netzwerk mit hoch
vernetzten Elementen (Hubs). Die Welle wird sichtbar, weil für das Netz-
werk ein Layout gewählt wurde, bei dem von innen nach außen der Ab-
stand von den im Zentrum lokalisierten Hubs anwächst. Die Welle in Abb.
2 ist also eine Kreiswelle um hoch vernetzte Elemente. Hubs werden hier
aufgrund ihrer Position im Netzwerk zu den Zentren der kollektiven Mus-
ter. Eine gegenintuitive Konsequenz dieses in einem Netzwerk emergie-
renden kollektiven Verhaltens ist, dass zwei Knoten stark synchronisiert
sein können, obwohl die einzige gemeinsame Eigenschaft ihr gleicher Ab-
stand von einem Hub ist.
202 Selbstorganisation in Netzwerken

Abb. 2: Illustration einer propagierenden Welle in einem Netzwerk. Das Netzwerk ist ein
Barabási-Albert-Graph (Barabási und Albert 1999) mit 100 Knoten und einer Koordinati-
onszahl von m = 2. Für die Dynamik wurde eine Spontanaktivität f = 0.01 und eine in-
verse Refraktärzeit p = 0.8 gewählt. Darstellung: rot: erregt; schwarz: refraktär; grün: er-
regbar. Für eine ausführliche Darstellung solcher Wellenphänomene in Netzwerken siehe
Müller-Linow et al. (2008), Hütt und Lesne (2009) und Hütt et al. (2014).

Eine weitere Konsequenz dieser Muster ist, dass auf einer großen Zahl der
(ungerichteten) Verbindungen in dem Netzwerk die Propagation der Anre-
gungen vornehmlich in eine Richtung geschieht. Betrachtet man also die
sequentielle Aktivierungswahrscheinlichkeit zweier Knoten, so bilden
diese eine stark asymmetrische Matrix, obwohl das Netzwerk ungerichtet
und damit die Adjazenzmatrix1 des Netzwerks, die den Möglichkeitsraum
der Ausbreitung von Anregungen darstellt, symmetrisch ist. Diese Asym-
metrie sequentieller Aktivierung ist eine Konsequenz der Netzwerkarchi-
tektur. In einem Netzwerk mit homogener Gradverteilung – also ohne das
Vorliegen von Hubs – ist die sequentielle Aktivierungsmatrix deutlich
symmetrischer. Abbildung 3 fasst diese Beobachtungen zusammen. Eine

1
Für ein Netzwerk mit N Knoten ist die Adjazenzmatrix A eine N × N-Matrix, wobei Aij =
1, wenn die Knoten i und j verbunden sind, und Aij = 0 sonst. Für ein ungerichtetes Netz-
werk ist die Adjazenzmatrix symmetrisch: Aij = Aji.
Marc-Thorsten Hütt 203

ausführliche Untersuchung dieser Phänomene findet sich in Garcia et al.


(2012), Hütt et al. (2014) und Messé et al. (2018).
Die Analyse kollektiven Verhaltens und selbstorganisierter Muster neuro-
naler Aktivität ist ein wichtiger Gegenstand der Neurowissenschaften ge-
worden (siehe zum Beispiel Schröter et al. 2012; Moretti und Muñoz 2013;
Hütt et al. 2014; Hansen et al. 2015; Proix et al. 2018). Diese Ansätze kön-
nen sich zudem als ein produktiver Zugang erweisen, um die Verbindung
zwischen der neuronalen Ebene und den in der Psychotherapie relevanten
Bewusstseinszuständen herzustellen (Höller et al. 2019; Helm et al. 2018;
Viol et al. 2019).

Anwendung in der Systembiologie


Eine entscheidende Frage ist, wie ein Verständnis von Selbstorganisation
in Netzwerken helfen kann, um die aktuellen Hochdurchsatzdaten in der
Biologie besser zu verstehen. Die Suche nach Erklärmodellen dieser Daten
bildet das thematische Gerüst der Systembiologie.
Die Systembiologie ist ein Forschungsfeld, bei dem durch mathematische
Modellierung und bioinformatische Datenanalyse das Verhalten biologi-
scher Zellen aus ihren molekularen Konstituenten vorhergesagt werden
soll. Typischer Gegenstand der mathematischen Modellierung in der Sys-
tembiologie sind einzelne Signalpfade und metabolische Stoffwechsel-
wege (Varner und Ramkrishna 1999; Cho und Wolkenhauer 2003). Die
Systemtheorie als Basis systembiologischen Arbeitens wurde zum Beispiel
in Westerhoff und Palsson (2004) zusammengefasst (siehe auch Radde und
Hütt 2016).
204 Selbstorganisation in Netzwerken

Abb. 3: Abhängigkeit von Netzwerkarchitektur (Topologie) und Dynamik am Beispiel der


sequentiellen Aktivierung von Knoten. In einem Netzwerk mit Hubs (obere Reihe; ein
Barabási-Albert-Graph mit 100 Knoten und einer Koordinationszahl von m = 2) ist die se-
quentielle Aktivierungsmatrix stark asymmetrisch. In einem Netzwerk mit enger Gradver-
teilung (untere Reihe; ein Erdős-Rényi-Graph (Erdős und Rényi 1959) mit 100 Knoten
und 300 Verbindungen) ist die sequentielle Aktivierungsmatrix nahezu symmetrisch.
Beide Netzwerke haben aufgrund ihrer ungerichteten Verbindungen eine symmetrische
Adjazenzmatrix (mittlere Spalte). Der Barabási-Albert-Graph in der oberen Reihe ist der-
selbe Graph, der in Abb. 2 diskutiert wurde. Die sequentiellen Aktivierungsmatrizen Sij
(also die bedingten Wahrscheinlichkeiten Sij für eine Aktivierung eines Knotens i unter
der Bedingung, dass im Zeitschritt zuvor Knoten j angeregt war) wurden aus einer Simu-
lation von 105 Zeitschritten des Minimalmodells eines erregbaren Systems mit f = 0.01
und p = 0.8 bestimmt. Diese Abbildung wurde in Anlehnung an Garcia et al. (2012) er-
zeugt.
Marc-Thorsten Hütt 205

Dass ein solches Vorgehen der mathematischen Modellierung auch im


Kontext der Psychotherapieforschung ein geeignetes methodisches Mittel
sein kann, um die Natur des beobachteten dynamischen Verhaltens besser
zu verstehen, zeigen eine Reihe neuerer Arbeiten (Peluso et al. 2012;
Schiepek et al. 2017; Schöller et al. 2018; Strawinska-Zanko et al. 2018).
Die in der Systembiologie betrachteten molekularen Konstituenten – Pro-
teine, Gene, Metaboliten, Signalmoleküle, etc. – interagieren oft nichtli-
near und in selektiver Weise und bringen so zelluläres Verhalten hervor.
Als ein wichtiger Betrachtungsgegenstand dienen daher die großen intra-
zellulären Netzwerken: das metabolische Netzwerk aus Metaboliten und
den durch Enzyme katalysierten Stoffwechselreaktionen; das System ei-
nander regulierender Gene (Transkriptions-Regulations-Netzwerk); das
Kollektiv durch physikalische Bindung interagierender Proteine (Protein-
Interaktions-Netzwerk). Eine Übertragung der Theorie der Selbstorganisa-
tion auf die Musterbildung und die kollektiven Verhaltensformen in Netz-
werken bietet daher das Potential, die Aktivitätsmuster von Genen, die che-
mischen Konzentrationen von Stoffwechselprodukten oder auch die Pro-
teinhäufigkeiten und andere durch Hochdurchsatztechnologien zugängli-
che Informationen über den Zustand einer Zelle besser zu verstehen.
In ganz ähnlicher Weise wie in den Neurowissenschaften könnte sich also
das in Netzwerken emergierende kollektive Verhalten auch als ein Schlüs-
sel zur Interpretation von Daten in der Systembiologie erweisen. In Silver-
man und Loscalzo (2013) schreiben die Autoren: “The classical single tar-
get-based drug development paradigm [...] tends to neglect the complex
perturbations that drugs cause within the cellular molecular network“ und
später “[…] the cellular molecular network has emergent properties
(unique characteristics resulting from the specific combination of network
elements) that are not apparent if single molecules are studied in isola-
tion“ (Silverman und Loscalzo 2013). Diese beiden Zitate umreißen in prä-
ziser Weise die Notwendigkeit, auch in der Systembiologie die Konzepte
kollektiven, selbstorganisierten Verhaltens in Netzwerken zur Erklärung
empirischer Daten heranzuziehen.
206 Selbstorganisation in Netzwerken

In aller Kürze soll dies hier am Beispiel der bakteriellen Genregulation


vorgeführt werden. Das Transkriptions-Regulations-Netzwerk eines Bak-
teriums – wir werden dies hier für den Modellorganismus Escherichia coli
diskutieren – ist über die Positionen der Gene in das (kreisförmige) Chro-
mosom eingebettet. Misst man nun die Änderung der Genaktivität unter
Störung des Systems, so lassen sich diese Daten im Kontext eines solchen
eingebetteten Netzwerks diskutieren. Man ist also mit der Frage konfron-
tiert, ob eine Liste von Genexpressionsänderungen besser durch das gege-
bene Netzwerk oder durch die chromosomale Nachbarschaft erklärt wird.
Diese Erklärkraft lässt sich quantitativ messen (siehe Marr et al. 2008; Son-
nenschein et al. 2012; Hütt 2014). Abbildung 4 illustriert diese Vorgehens-
weise für einen Datensatz aus Marr et al. (2008).

Abb. 4: Darstellung von Genexpressionsänderungen als effektive Genregulationsnetze. In


beiden Bildhälften stellt der äußere Ring das kreisförmige Chromosom des Bakteriums
E. coli dar. Die radialen Striche repräsentieren Gene. Bekannte über Transkriptionsfakto-
ren vermittelte Regulationen zwischen den Genen sind als blaue Linien innerhalb des
Rings dargestellt. Sie bilden das Transkriptions-Regulations-Netzwerk. Für zwei Genex-
pressionsexperimente aus Marr et al. (2008) sind die signifikanten Expressionsänderungen
und die entsprechenden Netzwerk-Verbindungen in rot dargestellt. Diese Elemente bilden
das effektive Genregulationsnetz. In den Experimenten wurde die Änderung der Genex-
pression unter (chemisch induzierter) Variation der Torsion des Chromosoms (supercoi-
ling) gemessen für Wildtyp-Zellen (links) und für Mutanten in einem Hub des Transkrip-
tions-Regulations-Netzwerks, dem Gen fis. Man erkennt die höhere Vernetzungsdichte im
Fall der fis-Mutante verglichen mit dem Wildtyp. Technische Details und eine weiterrei-
chende quantitative Analyse dieser Situation sind in Marr et al. (2008) dargestellt.
Marc-Thorsten Hütt 207

Eine Reihe solcher Untersuchungen haben in den letzten Jahren zu folgen-


den Ergebnissen geführt: (1) Es gibt eine Balance zwischen netzwerkba-
sierter (‚digitaler‘) und durch die chromosomale Struktur bedingter (‚ana-
loger‘) Kontrolle in der bakteriellen Genregulation (Marr et al. 2008; Son-
nenschein et al. 2009). (2) Die metabolische Organisation (dargestellt
durch die Übereinstimmung von Genaktivitätsänderungen mit dem meta-
bolischen Netzwerk einer Zelle; vgl. Sonnenschein et al. (2012)) ist domi-
nant unter analoger Kontrolle und wird stark gestört durch Änderungen der
chromosomalen Organisation (Sonnenschein et al. 2011). (3) Das ver-
zahnte Netzwerk aus Genregulation und Metabolismus ist bezüglich klei-
ner Störungen genetisch sensitiv und metabolisch robust (Klosik et al.
2017).

Fazit
Die im vorangegangenen Abschnitt diskutierten Arbeiten illustrieren die
Erklärkraft komplexer intrazellulärer Netzwerke für Hochdurchsatzdaten
in der Biologie. Im Vergleich zu den Neurowissenschaften ist die System-
biologie hier jedoch noch weit entfernt von einem Verständnis der kol-
lektiven Verhaltensformen intrazellulärer Netzwerke und damit von einem
theoretischen Fundament der Aktivitätsmuster auf genetischer und meta-
bolischer Ebene.
Die eingangs genannten Arbeiten (Schiepek und Tschacher 1997;
Schiepek 2003, 2017) lassen sich als Vorreiter dieser Perspektive in einer
Reihe von Disziplinen verstehen – und auch als Modell, für den zukünfti-
gen Weg die Konzepte der Selbstorganisation in die Systembiologie zu
übertragen.
208 Selbstorganisation in Netzwerken

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Wiltshire, Steffensen & Likens 215

Challenges for using coordination-based measures to


augment collaborative social interactions
Travis J. Wiltshire, Sune Vork Steffensen, and Aaron D. Likens

Relationships are pervasive in human life, both personal and professional,


and they are formed, maintained, and strengthened or weakened through
human interactions. However, human interactions can be complex and
multi-scale, meaning they occur at different time scales (e.g., seconds to
lifetimes), across multiple modalities (e.g., movements and speech), and at
different levels of organization (e.g., genetic, neural, behavioral; Abney et
al. 2014; Dumas et al. 2014). Effective interactions with others seem to be
facilitated in contexts such as conversations, teamwork, romantic partner-
ships, and psychotherapy by the degree to which we engage in multi-modal
coordination with others (Dale et al. 2013; Gorman et al. 2016; Imel et al.
2014; Louwerse et al. 2012; Timmons et al. 2015). In fact, human interac-
tions may be best characterized as a self-organizing system, in which –
through an emergent and interactive process – the many components of the
social system (e.g., people in an interaction) form stable patterns and dy-
namics that span these scales (Dale et al. 2013; Schiepek et al. 2014).
These social coordination dynamics depict not only the ways in which
components of a system change together over time (Butner et al. 2014), but
also how these dynamics are functionally specific (Kelso 1994). Coordina-
tion may take many forms and, in interpersonal contexts, it is often referred
to as synchrony, coupling, and entrainment, among others (Butler 2011).
Dynamical systems theory prescribes that coordination changes over time
in terms of its relative strength, or it may even breakdown altogether. While
many models and forms of coordination have been identified (Butler
2011), its psychological function and how it changes over time is less well
known.
Generally, evidence has been found that coordination facilitates affiliation
(Hove and Risen 2009), cooperation (Wiltermuth and Heath 2009), and/or
prosocial behaviors and attitudes (Rennung and Göritz 2016). Also, phys-
iological, bodily movement, and speech/language coordination are all re-
lated to outcomes of psychotherapy such as reduction in symptoms and
© Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2020
K. Viol et al. (Hrsg.), Selbstorganisation – ein Paradigma für die
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216 Challenges for using coordination-based measures

improved quality of the relationship between patient and therapist


(Ramseyer and Tschacher 2011), outcomes of team process and perfor-
mance (Gorman et al. 2012; Gorman et al. 2016; Likens et al. 2014;
Palumbo et al. 2016; Strang et al. 2014; Wiltshire et al. 2018a,b), and as-
pects of healthy relationship satisfaction/functioning (Palumbo et al. 2016;
Timmons et al. 2015).
Taken together, we view these as pervasive areas of collaborative social
interaction wherein measuring and modeling coordination in real-time is a
current goal (e.g., Gorman et al. 2012), with great potential for intervention
and feedback. We consider the establishment and maintenance of effective
coordination patterns during romantic relationships, psychotherapy, and
teamwork to be of critical importance. In particular, we suggest that there
is a present need to gain a better understanding of the forms that coordina-
tion takes in different modalities and how they function in specific contexts
(i.e., do they contribute to more or less effective or quality interactions/re-
lationships). Acquiring such knowledge will lead to development of inter-
ventions and adaptive feedback systems that leverage real-time measures
of coordination. These technologies may, in turn, augment the way people
interact, potentially boosting efficacy. In this chapter, our goal is to ad-
vance challenges toward realizing such knowledge.

Challenge 1: How do we link forms of social coordination with their


function in multiple modalities and contexts?
There are many forms that coordination can take in an interpersonal con-
text that are intrinsically tied to the measures and models used to opera-
tionalize them (Butler 2011). A complete review is beyond the scope of
this chapter, but it is important to consider coordination’s possible struc-
tures, especially given the many modalities that compose human interac-
tion and the potential outcomes to which they relate.
In a broad overview of extant studies, coordinated physiology as well as
non-verbal and verbal displays all exhibit some link with interactive pro-
cesses or outcomes in collaborative contexts (Louwerse et al. 2012;
Palumbo et al. 2016). From a theoretical perspective, coordination is an
emergent process that may provide the interactional basis through which
Wiltshire, Steffensen & Likens 217

individuals establish coordination at neural, physiological, and behavioral


levels (Dumas et al. 2014; Fusaroli et al. 2014; Koole and Tschacher 2016).
It could be that through interaction, individuals match facial expressions,
gaze movements, breathing rates, and/or gestures, and align physiological
processes (Palumbo et al. 2016). In turn, theory suggests that shared neural
and physiological states could form the basis from which individuals es-
tablish their relationships (Koole and Tschacher 2016; Schiepek et al.
2015; Schiepek et al. 2014). More knowledge is required, though, to un-
derstand how this multi-modal, social coordination connects with im-
portant context-dependent outcomes.

Challenge 2: What should we manipulate to determine the function of


certain forms of coordination?
While research has begun to determine the functional specificity of coor-
dination, most studies are correlational and only examine whether there is
a relationship between the measure of coordination and some outcome
measure. In light of this, we argue that, to uncover the function of coordi-
nation, we need to exert experimental control. To that end, some efforts
aim to manipulate the degree of coordination itself (Gallotti et al. 2017).
Contrarily, given that coordination is an emergent phenomenon, there are
two other options. One is to perturb the coordination itself by disrupting
typical patterns and seeing how this affects the outcomes, following ethical
guidelines (Bardy et al. 2007; Boker et al. 2002; Gorman et al. 2010). The
other is to employ virtual agents where their coordination can be precisely
controlled (Demir et al. 2018; Dumas et al. 2018; Fairhurst et al. 2012).
Moreover, coordination is context-sensitive such that different tasks (e.g.,
training, routine, novel) as well as features of the task (such as the technol-
ogies used to complete the task) and environment (e.g., setting, noise level,
etc.) are candidates for manipulation (e.g., Stevens et al. 2013).
Lastly, we expect that by varying social aspects we might uncover more
about the function of coordination. Specifically, a reasonable starting place
218 Challenges for using coordination-based measures

is varying task roles, team/group size, the familiarity/similarity of partici-


pants (Gorman et al. 2010), and types of participant pathologies (e.g.,
autism; Marsh et al. 2013).

Challenge 3: How do we address issues with our current models of


coordination?
A recent review of the most common (primarily linear) measures of syn-
chrony showed that these commonly interchangeable measures pose a gen-
eral lack of convergent validity and provide inconsistent information about
interpersonal synchrony (Schoenherr et al. 2019). Further, this area of in-
quiry often utilizes many terms such as synchrony, coupling, entrainment,
and more (Butler 2011). Results may vary based on parameter selection
such as window sizes, maximum lag utilized in windowed cross-correla-
tions or radius, delay, and/or embedding utilized in cross-recurrence quan-
tification.
Studies such as those provided by Schoenherr et al. (2019) and reviews
such as those by Butler (2011) underscore the need for more consistent
operationalization of coordinative forms. For example, a recent paper by
Moulder et al. (2018) detailed explicit measures to extract from windowed
cross-correlations to capture different aspects of synchrony as well as sur-
rogate methods for evaluating whether the synchrony was greater than
chance levels. We also expect that a reasonable range of parameters can be
selected, and the degree to which the main results are robust to variation in
parameters could be reported as in Crowell et al. (2017).
In light of the above suggestions, we encourage the development of a
standard way to measure multiple forms of coordination in a single model.
For example, perhaps more researchers should consider a theoretically in-
formed model such as Butner et al.’s (2014) latent change score modeling
that captures asymmetric influences, coordination maintenance and mag-
net effects as well as desynchrony. Evidently, more theoretical and model-
ing work needs to be done.
Wiltshire, Steffensen & Likens 219

Challenge 4: When should we use aggregate vs. continuous measures


of coordination?
Prior research typically utilizes some aggregate measure of coordination to
characterize an entire period of interaction (e.g., average cross-correla-
tion). There is no doubt that some very interesting and important findings
come from this line of research. However, as our goal is to facilitate devel-
opments in using coordination-based measures to augment collaborative
interactions, we posit that continuous measures of coordination are crucial
to adopt and analyze. To us, this is intuitive, as we are interested in dynam-
ics (i.e., things that change), and our implication is that coordination too
may change over periods of interaction.
Fortunately, many common methods for examining synchrony such as
windowed cross-correlations (Moulder et al. 2018), wavelet cross-coher-
ence (Issartel et al. 2015), or recurrence quantification-based analyses
(Marwan et al. 2007) already, or can easily be adapted to, provide contin-
uous coordination measures. It is less clear how we can adopt model-based
approaches such as actor-partner interdependence models (e.g., Perry et al.
2017) for such purposes, although this area is largely undeveloped.
Ultimately, we expect that when we start to capitalize on change in coor-
dination, we can identify meaningful fluctuations in near ‘real’-time.

Challenge 5: How do we know when we have observed meaningful


change in coordination?
Given a continuous series of values indicating the relative strength of co-
ordination over time, we expect that we can leverage established quantita-
tive methods for identifying meaningful transitions. In some cases, a mean-
ingful change could be any that exceeds a threshold value that is either
informed by theory or by its deviation beyond a certain level from the em-
pirically observed range of values.
Other options exist based on methods for identifying phase transitions such
as entropy (Stephen et al. 2009; Wiltshire et al. 2018) and dynamic com-
plexity (Schiepek and Strunk 2010) as well as many that are used as early
warning signals of critical fluctuations (Kefi et al. 2014). Another option,
220 Challenges for using coordination-based measures

which has been shown to detect breakdowns in team coordination in speech


(Gorman et al. 2017; Gorman et al. 2012) relies on using changes in non-
linear prediction error (Kantz and Schreiber 2004).
Note, however, these issues often involve generic, non-specific measures.
They indicate that a transition or systemic re-organization has occurred,
but not whether it is harmful or beneficial, due to intrinsic or extrinsic dy-
namics, or the like. Thus, we also suggest that, in advancing the use of
these methods, researchers include key transitions in studied tasks. These
transitions provide suitable context to understand coordinative changes
(see Amazeen 2018; Likens et al. 2014).

Challenge 6: When do we maintain/emphasize idiographic vs.


nomothetic coordination results?
Because our ultimate goal is working toward using coordination-based
measures as input for providing interventions and/or feedback to specific
dyads, couples, or teams, we expect that idiographic data results may play
a key role and warrant further attention in the literature. In contrast (see
Challenge 1), nomothetic results are useful for determining the general
functional specificity of certain forms of coordination. Many extant meth-
ods are already idiographic such as cross-correlation, cross-coherence, and
recurrence analyses, which we then aggregate for nomothetic evaluation of
our samples. At issue is the degree to which these results are considered
useful in isolation.
One option is to adopt methods that allow for both levels of analyses. For
example, time-series panel analyses is performed at the idiographic level
and then coefficients are saved and aggregated to perform a nomothetic
analysis (Ramseyer et al. 2014). A similar option is using differential equa-
tion modeling, where the shape of change might be different for different
dyads (Steele et al. 2014). At a more general level, mixed models with
random effects afford relatively straightforward output of the random ef-
fect coefficients for each case (e.g., Bates et al. 2014). Regardless of the
method, we should begin to consider how we can link and report on idio-
graphic measures of coordination and their relationship with a collabora-
tive function.
Wiltshire, Steffensen & Likens 221

Challenge 7: How do we know what time scales and time points are
important?
An increasing number of studies suggest that multiscale coordination, or
coordination that spans spatial or temporal scales is characteristic of human
interaction and individual functioning in many contexts (Abney et al. 2014;
Davis et al. 2016; Den Hartigh et al. 2018; Ihlen and Vereijken 2010;
Kelty-Stephen et al. 2013; Likens et al., in press). The issue here is that
different biological, social, and cultural phenomena operate at different
time scales that might entail differential functional relationships with in-
teresting processes or outcomes (Busa and van Emmerik 2016; Steffensen
and Pedersen 2014).
While there may be cascading effects across scales (Kelty-Stephen et al.
2013), without knowing which scales exhibit the functionally effective
form of coordination, interventions and feedbacks systems cannot be de-
veloped to specifically augment these important scales (Busa and van
Emmerik 2016). These concerns escalate when conducting longitudinal
studies such as during studies of relationships (Gottman and Krokoff 1989)
or psychotherapy where there are significant events that warrant further
scrutiny (Timulak 2010).
We advocate two ways to address this challenge: 1) Enrich theory driven
predictions using exploratory visualizations showing key moments of co-
ordination that are worth further scrutiny with qualitative analyses (e.g.,
Steffensen et al., under review) and 2) increase the use of multi-scale anal-
yses that not only depict results across scales (Kelty-Stephen et al. 2013),
but analyses that might indicate scales that are more important (Wiltshire
et al. 2018).

Challenge 8: What methods can we use for modeling coordination in


groups larger than dyads?
While a majority of the studies of interpersonal coordination focus on the
dyad (Palumbo et al. 2016), a number of methods exist for studying social
interactions involving more than two people. To-date, however, these
methods are largely under-utilized. This includes for example cluster phase
222 Challenges for using coordination-based measures

methods for group synchrony (Richardson et al. 2012), coupled equation


modeling (Butner et al. 2017), multivariate attractor reconstruction
(Gorman et al. 2012), joint and multidimensional recurrence quantification
analysis (Romano et al. 2004; Wallot and Leonardi 2018), and group syn-
chrony coefficients (Guastello and Peressini 2016). Each of these methods
can be applied to study coordination in groups, but they also can be used
to study coordination in multiple modalities.

Challenge 9: How do we integrate all of this information about


coordination and utilize it to augment collaborative social
interactions?
Lastly, when we have developed real-time and unobtrusive measures of
continuous coordination, and we are able to detect upcoming breakdowns
or ineffective forms of coordination, we will then need to focus on what
actions to take to mitigate these issues. That is, we will need to develop
interventions, feedback systems, and/or strategies to improve these collab-
orative interactions. Some work has already begun to lay the foundation
for such efforts. In psychotherapy, the Synergetic Navigation System is
used to detect critical fluctuations in the therapy process in order to provide
feedback to the patient (Schiepek et al. 2015). In collaborative contexts,
affective feedback systems have been evaluated to see what effect they
have on interaction (Avry et al. 2017) and other theoretical work has sug-
gested strategies to improve cognitive performance (Wiltshire and Fiore
2014; Wiltshire et al. 2014). We suggest these approaches as starting points
for future work to consider and attempt to empirically evaluate their effec-
tiveness for augmenting collaborative interactions.

Conclusion
In conclusion, we aim to set a foundation for future work that can not only
determine the function of coordination in variety of collaborative contexts,
but to outline the challenges associated with using coordination-based
measures to augment these interactions. Work in this vein would not have
been possible without the pioneering work of those like Günter Schiepek,
Hermann Haken, J. A. Scott Kelso, Michael Turvey, and others. While we
Wiltshire, Steffensen & Likens 223

focus on coordination during collaborative contexts, the paradigm of self-


organization or dynamical systems theory has far-reaching implications for
how we study human interactions and relationships as they change over
time. While work incorporating self-organization into the social and cog-
nitive sciences has been conducted for over three decades, there is still
much promise and exciting work to be done in the years to come.

Acknowledgements
This work was supported by the Velux Foundation (Grant no. 10384).
224 Challenges for using coordination-based measures

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230 Challenges for using coordination-based measures

Proceedings of the Human Factors and Ergonomics Society Annual


Meeting.
Wiltshire, T. J., Steffensen, S. V., and Fiore, S. M. (2018b). Multiscale
movement coordination dynamics in collaborative team problem solv-
ing. Applied ergonomics.
Miran Možina 231

The Slovenian story about self-organization and


cooperation
Miran Možina
The best time to write the introduction is when the article is finished, be-
cause the writing itself is a self-organized process and only when the ge-
stalt of the text comes to a closure is it possible to comprehend the begin-
ning. Even writing a single sentence is a self-organized adventure during
which we do not know where we will arrive at the end of it. So writing
about self-organization itself can make the circular organization of writing,
which is beautifully depicted in Escher's lithograph Drawing Hands (see
e.g. https://mcescher.com/product/poster-mini-drawing-hands/). When the
hand writes, what is written writes the writing hand.
When I wrote my first article about self-organization and cooperation
(Možina 2002a), I used Fukuyama's conditions for self-organization1 to de-
scribe the project 'Summer Camp' in which I participated to deliver psy-
chosocial help to troubled children (Možina and Stritih 1998). My main
interest was how trust or social capital originates and how informal norms
are generated spontaneously in a self-organized way with the least possible
hierarchical interference.
The adventure that I have undertaken this time is a journey through my
whole professional life described from the viewpoint of cooperation. I have
named it “The Slovenian Story” because not only the meso level of organ-
izations and institutions in which I cooperated is described, but also the
macro level of the Slovenian state, which during this time gained its inde-
pendence or autonomy. For Slovenian citizens, this exceptional macro or-
der transition facilitated and opened new possibilities for cooperation at the
meso level.

1
Building on Elinor Ostrom's (1990/2015) work, Fukuyama listed several conditions that
are crucial for spontaneous self-organized (bottom-up) generation of informal norms: size
of the group no larger than 50 to 100 members, clear boundaries on group membership,
repeated interactions, prior norms establishing a common culture, rational and just hier-
archical authority, transparency of informal norms and correction of bad choices imposed
by tradition and rituals (Fukuyama 1999).
© Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2020
K. Viol et al. (Hrsg.), Selbstorganisation – ein Paradigma für die
Humanwissenschaften, https://doi.org/10.1007/978-3-658-29906-4_14
232 The Slovenian Story

Piaget's extremes of interpersonal relationships: constraint and


cooperation
Piaget's (2003) observation that we can find germs of cooperation in infants
has been confirmed in recent studies. For example, Tomasello (2009)
found five reasons that children’s early helping is not a behaviour created
by culture and/or parental socialization practices: early emergence, im-
munity from encouragement and undermining by rewards, deep evolution-
ary roots in great apes, cross-cultural robustness, and foundation in natural
sympathetic emotions.
This is an important addition to Piaget's well-known observation about
childhood egocentrism (preoperational period 2 to 7 years of age), which
he defined as the inability to assume another person's point of view and
which is not asocial, but intermediate between autism and socialization. In
the concrete operational period (7 to 12 years of age), decentration, which
is necessary for cooperation, can take place and refers to the ability to look
through the eyes of others (Piaget 2003). In his less known and quoted
book Sociological Studies, Piaget (1995) postulated two extreme types of
interpersonal relationships on the basis of the decentration phase: con-
straint and cooperation (Fig. 1).
From a synergetic point of view, it is clear that both constraint and coop-
eration represent “order parameters”, where the “enslaving principle” op-
erates (Haken and Schiepek 2006). For Piaget, cooperation was not free-
dom without rules and norms, but the point was that they were not imposed
in an authoritarian way. Eichmann, in his defense during the trial in Jeru-
salem, emphasized that he was only doing his job, cooperating as effec-
tively as he could (Arendt 1963/2006), but according to Piaget’s criteria, it
is obvious that this kind of “cooperation” falls under constraint. Using Pia-
get’s conceptualization, I will continue with the analysis of my experiences
with cooperation.
Miran Možina 233

CONSTRAINT COOPERATION
• authority, submission, • equality among differentiated per-
heteronomy sonalities, autonomy
• autism • free discussion, rationality, reci-
• tribal2, prelogic primi- procity
tive mentality • contradiction and identity as reg-
• egocentrism – socio- ulators of discourse
centrism • policentrism, objectivity, truth,
• imposing belief reason, justice
• static equilibrium • mutual verification, need for
• only factual state of af- proof and objectivity
fairs • furnishing method, mobile equi-
• imposed by others, librium
given once and for all • distinction between fact and ideal
• not knowing where cooperation
leads

Fig. 1: The extremes of interpersonal relationships (Piaget 1995, pp. 136-7, 208-210).

The macro level


Disguised, hidden constraint of the Yugoslav socialist »self-management«
For me, the constraint of Yugoslav socialist “self-management” remained
hidden until my student years. Born in 1957, I grew up in Slovenia, the
northern part of what was then Yugoslavia, in which just a few years be-
fore, in 1953, workers' self-management was constitutionally legalized.
During my elementary and upper school years, I was one among many,
who were indoctrinated by self-management ideology and who became be-
lievers in the special quality and bright future of the Yugoslav socialistic

2
Similarly to Piaget’s understanding of tribal constraint and sociocentrism as the prolon-
gation of egocentrism, Sennett (2012) understands “tribalism” in the Aristotelian sense
as “thinking you know what other people are like without knowing them; lacking direct
experience of others, you fall back on fearful fantasies. Brought up to date, this is the idea
of the stereotype.”
234 The Slovenian Story

system. For example, when I was a teenager traveling with my interrail


pass all over Europe, I proudly explained to young people from other coun-
tries, whom I met on my journeys, how our self-management system is
improving the performance of workers because it is based on their owner-
ship of the means of production, greater autonomy, boosting their motiva-
tion for cooperation, eliminating exploitation, reducing alienation etc. I
was also sharing the conviction that our system was more economically
viable than traditional hierarchical and authoritarian management, because
of greater participation of workers in decision-making and administration
of their organizations and because every worker received a portion of the
profit.
My belief was partly due to the fact that during the 1960’s through to the
mid-1980’s, the communist authorities were relatively “successful in
providing a high level of social security and social standard (high standard
of health care, free /including tertiary level/ education, a comprehensive
network of child care institutions, etc.), emancipation of women and full
employment. Slovenia and Yugoslavia were open countries; passports
were available to virtually all the citizens […] the self-management social-
ist rhetoric was perceived as a kind of necessity. In everyday life, people
followed the consumerism and the western patterns of life” (Repe 2001,
p. 4).
But slowly my eyes opened to “The Dark Side of the Moon3” (Jančar
1998), and during my student years I gradually came to realize how I was
misled by regime propaganda and that in fact we lived in a totalitarian sys-
tem. For example, the endeavors of the liberalism movement in Slovenia
and some other Yugoslav republics of the late 1960's were thwarted by
Tito, who had the highest authority, combining the three most influential
functions in the country – that of the party, of the state, and of the army.
He forced through the introduction of the constitution of 1974, which guar-
anteed a direct leading role to the Communist Union of Yugoslavia as the

3
In December 1998, an exhibition on the history of totalitarianism in Slovenia from 1945
to 1990 entitled The Dark Side of the Moon was staged in the Museum of Modern History
in Ljubljana. Drago Jančar, a well-known Slovenian writer together with a group of in-
tellectuals, gathered rich documentary material about the mass murders, repression, po-
litical indoctrination, pressures and opportunism of the Slovenian communist regime.
Miran Možina 235

only political power. The gap between Slovenia and its western neighbors,
which had begun to diminish during the liberalization period, thus began
to widen again (Repe 1994). When Tito died in 1980, surprisingly many
misled people from all over Yugoslavia cried during his funeral, but there
were no tears in my eyes. I was already well informed about his insincerity,
his deceitful self-management rhetoric, and hidden, criminal, and violent
policy of constraint.
Slovenian liberalism and reaching independent statehood
Slovenian “liberals” in the second half of the 1960's and in the beginning
of the 1970's strived for more political pluralism between and within the
existing political organizations, for the Western combination of socially
owned property and market laws, for the continuation of economic reforms
as a combination of market economy concepts and the state's social correc-
tive, and for polycentric administration, but with a uniform system of edu-
cation, health care, scientific activities and fiscal policy, directed from the
center. They also insisted on more independence for Slovenia within the
federation, which should include the possibility of establishing direct in-
ternational contacts with other countries, obtaining international loans, and
the principle of fees for the maintenance of the federation. They also
wanted more independence in the defense policy (republican territorial de-
fense, the right to serve military service in one's own republic, and to use
one's national language in the army) (Repe 1994).
Although Slovenian liberalism was incomplete and inconsistent in Piaget’s
sense of cooperation, marked as it was by the socialistic constraint ideol-
ogy from which it originated, it nevertheless represented a significant be-
ginning of pluralism and polycentrism. It contributed to Slovenia's peace-
ful transition from a one- to a multi-party system at the end of the 1980's,
to the strengthening of Slovenian autonomy and to its successful progress
to an independent state. From 27th of June until 7th of July 1991, there was
a Ten-Day Slovenian war of independence, which represented the violent
culmination of the macro order transition that took place between 1989 and
1992. The concrete political result of this phase transition was the separa-
tion of Slovenia from Yugoslavia and its establishment as an autonomous
state, which from the end of the war through to the spring 1992 gradually
236 The Slovenian Story

gained international recognition. These events were part of the bigger so-
cial and political changes affecting the whole of Eastern Europe, which
brought about and followed the fall of the Berlin Wall in November 1989.
Attaining independence was the realization of a sweet dream that many
Slovenian people had for centuries. In spite of the many doubts and obsta-
cles caused by the symmetry (in Synergetic sense) between federalists,
who wanted to stay in Yugoslavia, and separatists, the unity and coopera-
tion among those dedicated to the attainment of independence prevailed4.
When, on 25th of June 1991, the public ceremony, which followed the ac-
ceptance in parliament of the Basic Constitutional Charter on the Sover-
eignty and Independence of the Republic of Slovenia, took place in
Ljubljana's main square, it was accompanied with euphoria among practi-
cally all Slovenian citizens. It seemed that history smiled on us and the
feelings we shared were similar to the state of being in love.
The growth of neoliberalism and social inequality during Slovenian dem-
ocratic period
Unfortunately, Slovenia as an independent state hasn’t took advantage of
its first 28 years of democracy. During the last two decades, the macro
conditions for cooperation have worsened because of negative neoliberal
policies, which are forcing meritocracy, social Darwinism, inequality, cul-
ture of greed, exploitation, consumerism and stupid hedonism, possessive
individualism, antagonisms of the marketplace where each individual is set
against the other, hierarchical top-bottom hyperregulation with hyper-
bureaucratization and hyperadministration etc. (Eagleton 1997; Verhaeghe
2014; Oxfam 2019).
The old socialist narrative has been substituted by the new, dominant ne-
oliberal narrative: “People are competitive beings focused on their own
profit. This benefits society as a whole because competition entails every-
one doing their best to come out on top. As a result, we get better and
cheaper products and more efficient services within a single free market,
unhampered by government intervention. This is ethically right because
success or failure in that competition depends entirely on individual effort.

4
93.5% of electors participated in the 1990 Slovenian independence referendum and 94.8%
of them voted in favour of independence (Pesek, 2012).
Miran Možina 237

So everyone is responsible for their own success or failure. Hence the im-
portance of education, because we live in a rapidly evolving knowledge
economy that requires highly trained individuals with flexible competen-
cies. A single higher-education qualification is good, two is better, and life-
long learning a must. Everyone must continue to grow because competition
is fierce. That’s what lies behind the current compulsion for performance
interviews and constant evaluations, all steered by an invisible hand from
central management” (Verhaeghe 2014, p. 112).
In this sense, neoliberalism is no longer an economic theory, but has be-
come a much broader constraining ideology, which is destroying coopera-
tion in the name of liberty and increasing inequality with its pernicious
effects of eroding trust, increasing anxiety and illness and encouraging ex-
cessive consumption (Wilkinson and Pickett 2009; Oxfam 2019). During
last ten years, Slovenian state policy has also unnecessarily contributed to
the increase of inequality, poverty, and to the decomposition of basic
mechanisms of the welfare state5 (Leskošek and Dragoš 2014). The public
opinion of the Slovenes is progressively moving in an authoritarian direc-
tion and getting susceptible to patriotic sentiments and uncritical glorifica-
tion of “Sloveneness” connected with rejection of refugees and migrants
(Dragoš 2016).
Also the Slovenian academic sphere (re)produces new inequalities and
“systematic transformation into a turbo-neoliberal enterprise of wage-
workers, academic lumpenproletarians, anti-intellectual jobbers, profiteers
and money-spinners […] more and more scholars and scientists serve
something other than scholarship and science; more and more researchers
serve the fascination of the project, applying rituals rather than real re-

5
Although GDP per capita was 22.182 euros in 2018 (5.131 euros in 1991), 13.3%
(268,000) of persons were living in poverty compared to 11.3% in 2009, and 16.2%
(326.000) were poor and socialy excluded (Statistical Office of Slovenia, 2019). Long-
term poverty increased from 7,0% in 2009 to 9,5% in 2014 (Dragoš und Leskošek, 2016).
At the beginning of my career men retired after 35 years in employement (now 40) and
were entitled to a pension of 85% (now 57%) of the average salary based on the best 10
(now 24) years of employment.
238 The Slovenian Story

search agendas; more and more intellectuals are forced to meet social mar-
gins of all kinds in the postmodern EU social enterprise” (Kotnik 2011,
p. 61).

The meso level


Cooperation and self-organization in the field of psychosocial help dur-
ing the period of “soft constraint”
After the 1950s, the Yugoslav political authorities quietly allowed a certain
amount of pluralism, so that in Piaget’s sense we could talk about a “soft”
or softer version of constraint compared to other Eastern Bloc countries. In
the field of psychosocial help, there was also some space for autonomy and
diversity. For instance in 1983 I was able to join the civil initiative which
had started in 1975 as an anti-authoritarian pedagogic and therapeutic ac-
tion-research project (in Kurt Lewin's sense) under the name of Therapeu-
tic Colony for Children and Adolescents with Psychosocial Problems
(Možina and Stritih 1998) and which lasted until around 20056. The project
was born out of dissatisfaction with the practice of schools and colleges,
especially with their treatment of children with special needs. In the 1970s,
social circumstances were favorable for the implementation of our group
work principles, which opened the space for cooperative dialogue about
family, institutional, educational, social, mental health, and existential is-
sues (Stritih et al. 1979).
In addition to our Summer Therapeutic Camps, we developed many other
psychotherapeutic and community psychosocial help activities. These

6
During the summer holidays for almost 30 years, around 30 volunteers or more (mostly
psychologists, medical doctors, psychiatrists, teachers, social workers, pedagogues,
nurses, and students of all the professions mentioned above) spent two to four weeks
camping with around 50 troubled children and adolescents (with emotional, behavioral,
hyperkinetic, psychotic, bipolar, developmental disorders, etc.); but also "normal" chil-
dren (who never received psychosocial help) and children of voluntary "staff" members
were included in camps that took place in the forest, or near lakes or rivers. The goal was
to establish a therapeutic milieu for all the participants of the camp (volunteers included).
From 1975 until 2005, around 1500 children and adolescents and around 500 volunteers
were included in our different activities, which extended beyond the camps (Stritih
1991b; Možina 2002ab, 2014).
Miran Možina 239

grew into an “intermediate structure” (Berger and Luckmann 1995), which


played a mediating role between individual members of our social network
and their families, schools, social and health care institutions etc. in such a
way that we contributed to their revitalization, cohesion, and meaning
(Stritih and Hafner 1985; Možina and Stritih 1998; Stritih and Možina
2000ab; Možina 2002b).
From 1985 onwards, the development of the project was greatly enhanced
with the implementation of systemic theories and psychotherapy7 (Stritih
1991ab; Kobal and Možina 2004). Some months before the Ten Day War
of Independence, we started to organize a professional meeting, called the
Summer School (which followed the Summer Camp), with the title Auto-
poiesis: Self-organization and Self-Help Processes (Stritih and Možina
1992; Stritih et al. 1992), inspired by the publications of Maturana and
Varela (1980, 1988; Možina and Kordeš 1998). The meeting, which took
place in August 1991, was interdisciplinary, but most of the participants
were professional helpers. The central concept of the meeting – self-organ-
ization – resonated in us as something distinctly positive connected to the
yearning for freedom. We have connected it to the blossoming of Slove-
nian civil movements and civil society in the eighties, which made essen-
tial contributions to the relatively peaceful transition from the communist
regime to democratic political regulation and to the attainment of inde-
pendence.
Our basic understanding of the theory of self-organization was connected
to the question of freedom: how to move from constraint to cooperation (in
Piaget's sense), so that we as citizens could increase our quality of being
and becoming. For example, we were successful in the application of
Beer's Viable System Model (VSM) (Beer 1972, 1989) at our Summer

7
Our main teacher and supervisor was Graham Barnes (1985, 1993, 1994), who introduced
us in depth to the works of Bateson, von Foerster, Pask, Maturana, Varela, Beer, Luh-
mann, Piaget, Rorty, Milton Erickson, and others. Together with colleagues from other
Yugoslav republics, we established the School of Psychotherapy Cybernetics (Možina
1993ab; Pask 1993; von Foerster 1993; Dabić Jeftić and Barnes 1993). Unfortunately, the
Balkans war, which started in 1991, disrupted the development of our School as a Yugo-
slav project and only the cooperation between Slovenian and Croatian colleagues con-
nected to systemic psychotherapy has remained until today (Možina et al. 2011).
240 The Slovenian Story

Camps, because it helped us experiencing more freedom, more bottom-up


participation in keeping our organization going. The model reflected the
spirit of the 1968 Cultural Revolution and was designed to avoid hierar-
chical orders as much as possible with constant monitoring and coordina-
tion for the internal control of the system. On the other hand, the so-called
intelligence function was designed as crucial for the future prospects of the
system. The policy of the system was not conceptualized as something lin-
ear coming from the top authorities down to subordinates, but as a constant
dialogue, with cooperation between control and intelligence functions
(which could be embodied on different recursive levels of the viable sys-
tem) and with least possible top-down orders and commands. For example,
in our therapeutic work with aggressive and hyperactive children, we ex-
perienced how VSM logic was effective in avoiding authoritarian interven-
tions with commands. Instead, we learned to improve the monitoring func-
tion through our constant mindful presence and mingling with the children.
Most of the time it was enough just to be among them to prevent dangerous
aggressive escalations, and only rarely were we forced to intervene ver-
bally with »stop it« kind of warnings or physically by stepping in between
or holding back the children who were eager to fight.
From systemic psychotherapy to Synergetics and the Slovenian Associa-
tion for Psychotherapy
The democratic shift of the 1990s opened up possibilities for international
cooperation and our »Camp group« increasingly developed professional
links abroad, most of all with German psychotherapists8. In 1995, we es-
tablished an Association for Voluntary Work ECHO and in its frame the
8
During the 1980s and 1990s, we collaborated intensely with Günter Ammon's Dynamic
Psychiatry movement, participated in the World Association for Dynamic Psychiatry
(WADP) congresses (Stritih 1982, 1983; Stritih and Hafner 1985; Stritih and Možina
1986, 1989; Stritih et al. 1987) and learned practically at the Menterschweige Clinic (Am-
mon and Burbiel 2015). In 1987/88, I was awarded the 10 months DAAD scholarship at
the Max-Planck Institute in Munich, which opened new possibilities for cooperation.
Among others, I established connections with Bernhard Trenkle, an excellent organizer,
who established a large network of systemic psychotherapy and hypnosis professionals
(for example Milton Erickson Gesellschaft, MEG) and helped Slovenian and ex-Yugo-
slav colleagues to participate in congresses and his other training courses. He also estab-
lished our contact with Peter Nemetschek (2006). The biggest event in the 1990's was the
unforgettable European Evolution of Psychotherapy Conference in July 1994 in Hamburg
Miran Možina 241

Section for Systemic Psychotherapy, which continued with the organiza-


tion of systemic training, which had begun in 1991 (Možina 1996; Kobal
and Možina 2004). In the mid-1990s, we started a ten-year project with
family therapist Peter Nemetschek (2006), who generously helped us to
improve our family therapy training. He provided free training for some of
us, who were teachers and supervisors, to improve our didactic and super-
visory competencies, and then from 2002 to 2006 he jointly led a training
group for systemic family therapy (Možina and Kramer 2002; Možina
2016a).
When in 1999 Schiepek's book The Foundations of Systemic Therapy was
published, we were enthusiastic because it opened for us a new level of
scientific integration of systemic therapy and thinking. It boosted our self-
esteem and together with Nemetschek's practical support, it encouraged us
to organize systemic psychotherapy as an autonomous modality in Slove-
nia (Kobal and Možina 2004). Together with other psychotherapy schools
(for example gestalt, transactional analytic, integrative etc.), we made es-
sential contributions to the development of the Slovenian Umbrella Asso-
ciation for Psychotherapy (SUAP) as part of the European Association for
Psychotherapy (EAP) (Bohak and Možina 2002; Možina 2006). The theory
of complex systems and self-organization also increased our awareness of
the importance of cooperation with other psychotherapy schools in striving
together for the autonomy of psychotherapy as a professional and scientific
discipline, which was the key idea of EAP and its Strasburg declaration
(Možina 2008, 2010ab).
SUAP arose from the endeavors of Slovenian psychotherapists working on
a new qualitative level, most of all with the following activities: organizing
a propedeutics course9 (since 1999) and psychotherapy conferences (since

with about 6.000 participants (Zeig 1996), who represented the history and development
of all main psychotherapy modalities.
9
Propedeutics study as the introduction to modality training according to EAP standards
was initially organized by SUAP as a 3-year course in 1999. It was the first joint project
of SUAP members, which enhanced cooperation and diminished unproductive rivalries
among psychotherapy schools (Možina 2006).
242 The Slovenian Story

2001), establishing a working group for psychotherapy law10 (since 2004),


and launching the first Slovenian professional and scientific psychotherapy
journal called Kairos (since 2007) (Pastirk and Možina 2007).
In 2005, Günter Schiepek was the keynote speaker at the SUAP confer-
ence. He presented synergetic ideas and the Synergetic Navigation System
(SNS) project, and Slovenian translations of his articles were subsequently
published in the collection of conference papers (Schiepek et al. 2005ab).
After the lecture, some colleagues of different psychotherapy modalities
were so enthusiastic that we established the Slovenian Synergetic Group,
which under Schiepek's mentorship started to learn how to use the SNS and
apply synergetic principles in different contexts – outpatient psychother-
apy (Možina 2009), psychotherapy training (Možina 2011), pedagogy and
social work practice (Šugman Bohinc 2011, 2016ab). Although we did not
succeed in the practical application of the SNS, we contributed to its de-
velopment into a more stable and effective system.
From Synergetics to psychotherapy science
Synergetics as a transdisciplinary science (Haken and Schiepek 2006)
helped us to develop the concept of psychotherapy science “beyond the
standard (medical) model” (Schiepek 2008; Wampold 2001; Wampold and
Imel 2015). Thus a new recursive level emerged, which could embrace the
rich diversity of psychotherapy schools and methods, and at the same time
enable their further interdisciplinary integration and growth. This develop-
ment resonated well with the accreditation of Sigmund Freud University
(SFU) in Vienna in 2005, which opened the possibility of direct academic
studies (bachelor and masters) in psychotherapy science11, and joined dif-

10
The struggle to regulate psychotherapy by law in Slovenia has unfortunately remained to
date unsuccessful, mostly because of bureaucratic obstacles at the Ministry of Health, and
because of strong opposition from psychiatrists and clinical psychologists, who want to
prevent the regulation of psychotherapy as a new profession in order to keep their current
privileges, which enable them to practice psychotherapy as a method, even though many
of them are not properly trained (Možina and Bohak 2008; Možina et al. 2018).
11
During 2019, Germany is in the process of implementing a direct bachelor and master
psychotherapy study program with a new psychotherapy law (BMG 2019), which is re-
placing the old one from 1999. This is a major recognition of the SFU model and a big
step forward in the direction of academization of psychotherapy.
Miran Možina 243

ferent psychotherapy schools (for example psychoanalysis, systemic ther-


apy, gestalt, Adler's individual psychology etc.) under the same roof (Lau-
breuter 2012, 2018; Fiegl 2016). In October 2006, SFU in cooperation with
SUAP launched these study programs in Slovenia (Bohak 2006ab; Možina
2007), and in 2013 the Faculty of Psychotherapy Science of the SFU
Ljubljana12 was accredited (Bohak 2013; Možina 2016b).
But there is also constant symmetry (in synergetic sense). The more the
SFU project grows, the more some members (associations and institutes)
of SUAP feel threatened that the main path of psychotherapy education
will become academic, and that they will lose their influence and future
potential trainees. SFU argues for the “win – win” position with coopera-
tion between SFU as an academic institution, and other non-academic
training institutes. The SFU’s point of view is that this supposed rivalry
arises out of the relationship between the concepts “profession” and “sci-
ence”, and that both concepts “bear a sovereign, non-hierarchical, mutu-
ally-informative, relation to one another” and that “the field of Psychother-
apy Science is ripe for its development and establishment as an autono-
mous academic discipline within the academy. Within the framework of
an autonomous discipline, research and clinical practice can develop and
evolve according to their own logic to their mutual benefit. In the past, non-
university institutions of psychotherapy have advanced professionalization
in the areas of training and empirical knowledge. Thus, the intensive co-
operation between university and non-university institutions appears indi-
cated for the development of this discipline” (Laubreuter 2018, p. 51).

The emergence of more evolved forms of cooperation on macro and


meso level
Piaget's statement that cooperation is a method probably signifies that he
understood it as a process that can vary in intensity, rather than a state:

12
SFU Ljubljana had in the school year 2018/19 around 200 students, who in the third year
of their bachelor’s course can choose (among) specialist modality training in psychoana-
lytic, systemic, gestalt or Jungian analytic therapy. Unique in Slovenian psychotherapy
training institutions is SFU Ljubljana Outpatient Clinic, where every student at a master’s
level can start their psychotherapy practice under supervision.
244 The Slovenian Story

“Cooperation is an evolved type of relationship compared with initial ego-


centric forms, and it is achieved by cooperation. This is a genetic circle,
for, with development, a less evolved form of cooperation (we call it Form
1) is transformed into a more evolved and more complete form (Form 2).
It is thus possible to achieve cooperation (Form 2) through cooperation
(Form 1)” (Montangero and Maurice Naville 1997, p. 82). Form 2 repre-
sented for Piaget a better equilibrium between the elements of the whole.
Through cooperation, the individual also succeeds in constructing norms
by adjusting his or her interactions.
In a synergetic sense, we could also say that Form 2 represents a new order
parameter. If we summarize my Slovenian story, and if we use for the
emergence of more evolved forms/orders (order transitions) of cooperation
the sign , then the historical development could be represented as
in Fig. 2:

The macro level

Fig. 2: Order transitions of the macro level, i.e., the development of the Slovenian state.

The last phase of neoliberalism reopened on the new level the crucial chal-
lenges of cooperation (in Piaget's sense), which we were confronted with
during the socialist phase – equality, autonomy, justice, polycentrism etc.
(Fig. 1). The history is repeating itself.

The meso level

Fig. 3: Order transitions of the meso level, i.e., the development of psychotherapy.
Miran Možina 245

The order transitions on the meso level (Fig. 3) were marked by the fol-
lowing new “generative ideas”13 or “generative themes”14: therapeutic mi-
lieu as an intermediate community (order 1), systemic psychotherapy (or-
der 2), psychotherapy as an autonomous profession (order 3), and psycho-
therapy science as an autonomous academic discipline (order 4). The di-
rection of movement of the first two phases of cooperation (order 1 to 3)
was to move out of rigid, authoritarian institutions and towards building
more flexible and free intermediate community structure (in Ber-
ger’s/Luckmann’s sense as mentioned above). In the third phase (order 3),
the civil initiative of SUAP started with its endeavors to change institutions
and the regulation of psychotherapy on the macro level. In the fourth phase
(order 4), the new (private) institution (SFU) was founded, which is devel-
oping a new, academic infrastructure for the development of psychother-
apy as a scientific discipline and a new level of cooperation between pro-
fession and science.
Although this development on the meso level may give a favorable impres-
sion, dark clouds are gathering on the global macro level. Humanity faces
not just increasing pollution or warmer weather, but a crisis of such extent,
that we are unable to conceive our own destruction. “Having always pos-
sessed the power to annihilate ourselves individually, we have now ad-
vanced with admirable technological ingenuity to the point of being able
to accomplish this end collectively. Suicide, so to speak, has been social-
ized, taken into public ownership” (Eagleton 2018, p. 34).

13
Susan Langer (1941/1957) called “generative ideas” new key ideas, which, if they grasp
the imagination of people, generate a whole set of problems and permit the asking of
questions in a new way.
14
Paulo Freire called “generative themes” those issues about which people have passion
and a willingness to take community action. For example, he identified domination and
liberation as the overarching or global generative themes, which are expressed at every
level within society (Beck and Purcell 2013).
246 The Slovenian Story

The evolution of cooperation on the macro level: facing the dark side
of Anthropocene
Where are we as individuals led by cooperation if it is constantly evolving?
Surely not to harmony or a “rose garden”, as Frieda Fromm Reichmann
cautioned her patient, Joanne Greenberg (1964), when she succeeded in
taking the important steps out of her psychotic, autistic world into more
cooperative engagement in the community, but nevertheless came back to
her therapist in a moment of despair. Gregory Bateson (1991), in his Me-
morial Lecture to Fromm-Reichmann in 1957, praised her for her cooper-
ative abilities that he experienced as a member of the research team under
her guidance. For example, when criticism was voiced within the team, “it
was not that she reassured by diminishing the force of critical comment.
What she did was to lend the strength which enabled one to receive the
comment” (p. 250). He experienced her as being “a stage or two ahead” in
the progress of awareness that each of us can move through: from blaming
what others have done and/or feeling guilty for the pain which we have
caused, to a more general anger, “that what happens to people should not
happen to dogs, and that what people do to each other the lower animals
could never devise. Beyond this, there is, I think, a stage which I can only
dimly envisage, where pessimism and anger are replaced by something else
– perhaps humility. And from this stage onward to whatever other stages
there may be, there is loneliness” (p. 250).
I agree with Bateson that paradoxically the more evolved forms of cooper-
ation bring more existential solitude to the individual and that the “skeleton
of truth”, reached through cooperation, is lonely (Bateson and Bateson
1987, p. 6). And what is the truth of our modern world? Today, when the
epoch of Anthropocene is showing its disastrous face more evidently than
during Fromm-Reichmann's times, it is even more clear that mankind and
our civilization is not moving in the direction of the rose garden, but what
is left to the human race is only to “learn to die” (Scranton 2015). We are
confronted with the rapid deterioration of our physical, social, and eco-
nomic environment. Gaia (Lovelock 2009; Schneider et al. 2004), the Earth
System (Angus 2016) as a self-regulating system, suggests the processes
of ecology cannot be mocked. The imbalance of the macro critical insta-
bility has gone so far we cannot trust Gaia not to overcorrect and to destroy
Miran Možina 247

our civilization (Bateson 1972/1987). Can we develop forms of coopera-


tion that can still save us? Let us hope that the findings how even the fierc-
est primates can change their culture into a more peaceful direction apply
to humanity as well (Sapolsky and Share 2004; de Waal 2004). The An-
thropocene crisis asks us to imagine new forms of human existence and
cooperation, which seem unthinkable (Ghosh 2016), because we must
transform everything about the way we live on this planet (Klein 2014).
248 The Slovenian Story

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Uwe an der Heiden 259

Die Selbstorganisation des Geistes


Uwe an der Heiden

Über den Geist sagte Aristoteles (384 - 322 v. Chr.): „Der Verstand oder
die Vernunft ist nämlich das Vornehmste in uns, und die Objekte der Ver-
nunft sind wieder die vornehmsten im ganzen Felde der Erkenntnis. So-
dann ist sie die anhaltendste. Anhaltend betrachten oder denken können
wir leichter, als irgend etwas Äußerliches anhaltend tun“ (Aristoteles 1921
[322 v. Chr.]).
Von Aristoteles stammt auch die Charakterisierung des Menschen als zoon
logikon, lat. animal rationale („das vernünftige Tier“). Dies steht im Ein-
klang mit der heutigen biologischen Systematik des Menschen als Homo
sapiens, lateinisch „verstehender, verständiger“ oder „weiser, gescheiter,
kluger, vernünftiger Mensch“.
Kritischer als Aristoteles bestimmte allerdings Immanuel Kant (1724-
1804) den Menschen als animal rationabile, das, wenn überhaupt, erst
durch die Entwicklung seiner Vernünftigkeit, durch Erziehung und Bil-
dung zum animal rationale werden kann. Die enorme Bedeutung des Den-
kens für den Menschen wird auch deutlich in dem Satz von Marc Aurel
(121-180) „Unser Leben ist das, wozu unser Denken es macht“ (Aurel
2001 [o.d.]).
Doch was ist der Geist? Goethe (2016 [1827], S. 110) reimte: „Die Leute:
Was ist der sogenannte Geist? Cleobulus: Was man so Geist gewöhnlich
heißt, antwortet, aber fragt nicht.“ Er drückte damit die Schwierigkeit aus
zu sagen, was der Geist ist. Im Altgriechischen heißt „Geist“ πνεῦμα
(Pneũma), was auch „Hauch“, „Luft“, „Atem“ bedeutete, im wahren Sinne
des Wortes etwas nicht Fassbares.
Trotz dieser Problematik soll nun versucht werden, etwas Licht darauf zu
werfen, was unter „Geist“ und speziell unter „Denken“ verstanden werden
kann.

© Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2020
K. Viol et al. (Hrsg.), Selbstorganisation – ein Paradigma für die
Humanwissenschaften, https://doi.org/10.1007/978-3-658-29906-4_15
260 Die Selbstorganisation des Geistes

Kants Erkenntnistheorie
Das Denken trägt die Namen „Verstand“ und „Vernunft“. Eine der tiefsten
und wirkmächtigsten Lehren über sie stammt von Immanuel Kant. Für ihn
ist der Verstand das Vermögen zu urteilen und die Vernunft das Vermögen
zu schließen. In der Kritik der reinen Vernunft untersucht er die menschli-
che Erkenntnis, die nach ihm durch das Zusammenwirken von Sinnlichkeit
und Verstand zustande kommt. Die Sinne liefern einen Bezug zur Wirk-
lichkeit, indem sie, wie Kant sagt, von ihr affiziert werden. Aber die Sin-
nesempfindungen sind noch keine Erkenntnis, da sie nur subjektive Zu-
stände sind. Erst der Verstand ordnet und interpretiert die nahezu chaotisch
einströmenden und nach kurzer Zeit wieder verschwindenden Sinnesdaten
und macht aus ihnen eine Erkenntnis. Berühmt ist sein Satz: „Begriffe ohne
Anschauungen sind leer, Anschauungen ohne Begriffe sind blind“ (Kant,
Kritik der reinen Vernunft B75, A48). Der Verstand verfügt über gewisse
„Werkzeuge“, die Kant Kategorien oder Verstandesbegriffe nennt. Eine
der Kategorien ist das Kausalitätsprinzip, wonach jedes Ereignis eine Ur-
sache hat und die Wirkung auf die Ursache folgt. Das Kausalitätsprinzip
ermöglicht uns, die zeitliche Ordnung der Ereignisse zu bestimmen.
Kant zählt insgesamt zwölf Kategorien auf und gab Gründe an, warum es
nicht mehr gibt. Die zwölf Kategorien sind: Einheit, Vielheit, Allheit, Re-
alität, Negation, Limitation, Inhärenz und Subsistenz, Kausalität, Gemein-
schaft, Möglichkeit – Unmöglichkeit, Dasein – Nichtsein, Notwendigkeit
– Zufälligkeit. Die Kategorien sind hier nicht aufgezählt, um den Leser zu
langweilen, sondern um einen Eindruck davon zu vermitteln, wie nach
Kant der Verstand organisiert ist und wie er operiert; jede Kategorie reprä-
sentiert nämlich eine Verstandesoperation. Mit den Kategorien organisiert
sich der Verstand selbst. Es gibt keine Instanz außerhalb von ihm, die Ein-
fluss auf ihn nimmt.
Wie bereits gesagt, unterscheidet Kant zwischen Verstand und Vernunft.
Während der Verstand nur dazu dienen kann, in Verbund mit der Sinnlich-
keit Erfahrungserkenntnisse zu gewinnen, kann die Vernunft jede Erfah-
rung überschreiten und transzendente, metaphysische Ideen entwickeln.
Für Kant gibt es deren drei: die unsterbliche Seele, das Weltganze (seine
Endlichkeit oder Unendlichkeit) und Gott. Ob sie existieren, können wir
nicht wissen. Sie sind wie Kant sagt, lediglich Postulate oder regulative
Uwe an der Heiden 261

Prinzipien, die der Erkenntnis in ihrem Streben nach Totalität und Abso-
lutheit eine Orientierung geben. Gerade weil die Ideen ganz und gar aus
dem Geist und nicht aus der Erfahrung stammen, sind sie ein besonders
bemerkenswertes Beispiel der Selbstorganisation des Geistes. Kant
schreibt in der Vorrede zur Kritik der reinen Vernunft: „Die menschliche
Vernunft hat das besondere Schicksal in der Gattung ihrer Erkenntnisse:
dass sie durch Fragen belästigt wird, die sie nicht abweisen kann, denn sie
sind ihr durch die Natur der Vernunft selbst aufgegeben, die sie aber auch
nicht beantworten kann, denn sie übersteigen alles Vermögen der mensch-
lichen Vernunft“ (Kritik der reinen Vernunft, 2. Auflage 1787, Vorrede).

Die Logik
Alle Denkbereiche übergreifend und selbst noch über den Kategorien ste-
hend, gibt es eine im Wesen des Denkens liegende Struktur, ohne die gar
nicht gedacht wird. Dieses Fundament des Denkens ist die Logik. Das
Wort „Logik“ rührt her von dem altgriechischen λόγος (lógos), was Wort,
Vernunft, Sinn bedeutete. Weitaus enger werden heute unter „Logik“ die
Grundregeln des Denkens, z. B. die logischen Schlüsse, verstanden. Zent-
ral in der Logik ist der Satz vom Widerspruch: Eine Aussage ist entweder
wahr oder nicht wahr. „Wahr“ und „nicht“ sind die wichtigsten Begriffe
der Logik. Ein berühmter Satz lautet „Die Logik muss für sich selbst sor-
gen“. Er bringt zum Ausdruck, dass die Logik keiner Begründung außer-
halb ihrer selbst bedarf. Vielmehr ist sie selbst Grundlage des Begründens.
Mit und durch die Logik organisiert sich der Geist selbst. Sie ist reiner
Geist.

Die Mathematik
Nach der Logik ist die Mathematik ein hervorragendes Beispiel für die
Selbstorganisation des Denkens. Basis der Mathematik sind die Axiome,
aus denen alle anderen Theoreme auf logische Weise abgeleitet werden.
Mehr als zweitausend Jahre lang hielt man die von Euklid ca. 300 Jahre v.
Chr. formulierten Axiome für denknotwendig. Für die Pythagoräer mit ih-
rer Zahlenmystik waren die Zahlen göttlicher Herkunft. Sogar der moderne
262 Die Selbstorganisation des Geistes

Mathematiker Leopold Kronecker (1823 - 1891) sagte „Gott schuf die na-
türlichen Zahlen. Alles andere ist Menschenwerk“. Heute besteht die Auf-
fassung, dass Axiome freie Schöpfungen des menschlichen Geistes sind.
Denn man hat von dem Euklidischen abweichende Axiomensysteme er-
funden wie z. B. dasjenige der Riemannschen Geometrie, die Albert Ein-
stein (1879 - 1955) seiner Relativitätstheorie zu Grunde legte.

Das Denken
Logik und Mathematik sind zwei repräsentative Beispiele der Selbstorga-
nisation des Denkens. Aber was ist Denken im Allgemeinen? Mit der oben
besprochenen Kritik der reinen Vernunft von Kant haben wir bereits eine
ausgezeichnete Analyse davon, wie sich das Denken in Gestalt von Ver-
stand und Vernunft selbst organisiert. Allerdings konzentrierte Kant sich
in diesem Werk auf die menschliche Erkenntnis, insbesondere die Wahr-
nehmung. Das Denken erstreckt sich aber weiter und folgerichtig hat Kant
noch zusätzlich zwei Kritiken geschrieben: die Kritik der praktischen Ver-
nunft und die Kritik der Urteilskraft, in denen das Denken in seiner Rolle
für das Handeln bzw. für die Ästhetik betrachtet wird. Bevor wir hierauf
eingehen, folgen noch einige Bemerkungen zum Denken.
Elemente des Denkens sind die Gedanken. Diese sind Begriffe oder eine
Komposition aus Begriffen. Begriffe sind abstrakt. So ist z. B. der Begriff
„Baum“ abstrakt, weil er nicht einen bestimmten, individuellen Baum
meint, sondern das allen Bäumen Gemeinsame, nämlich dass sie eine Wur-
zel, einen Stamm, Äste, Blätter und Früchte haben. Das Abstrahieren ist
eine Grundoperation des Denkens. Eine weitere ist die Komposition oder
Verbindung mehrerer Begriffe. Der Gedanke „Alle Menschen sind sterb-
lich“ ist eine Verbindung aus vier Begriffen. In den Verbindungen werden
nicht mehrere Begriffe beliebig aneinandergereiht, sondern in der Weise,
dass sich insgesamt ein Sinn ergibt. Der Gedanke ist nichts anderes als sein
Sinn.
Alle Begriffe zusammen bilden ein Netzwerk, das sich gewissermaßen
selbst trägt. Dieses Netzwerk ist ein Ganzes mit den Begriffen als Teilen
und einer zirkulären Zuweisung von Bedeutungen: Die Gesamtheit der Be-
griffe hat Einfluss auf die Bedeutung jedes einzelnen und jeder einzelne
Uwe an der Heiden 263

trägt zum Ganzen bei („bottom up, top down“). Ein kleines Beispiel hierfür
ist ein Satz. Seine Wörter ergeben zusammen den Sinn des Satzes und der
Sinn des Satzes bestimmt auch den Sinn der einzelnen Wörter. Beispiel:
Der Maler hat das Zimmer fertig gestrichen. „Maler“ hat zwei Bedeutun-
gen, aber der Satz lässt nur eine zu, ebenso „streichen“ (über ein Fell strei-
chen, einen Text streichen), „hat“ ist eine Zeitform oder besitzanzeigend,
„fertig“ bedeutet beendet oder mit den Kräften zu Ende sein, „Zimmer“
kommt auch als Eigenname vor. Die Doppelsinnigkeit der einzelnen Wör-
ter verschwindet durch ihre Einbettung in den Satz. Interessant ist in die-
sem Zusammenhang ein Beispiel von Ludwig Wittgenstein (1889 – 1951):
Er fordert den Leser auf, in dem Satz „Schweizer ist Schweizer“ die beiden
Bedeutungen im Geiste zu vertauschen, und meint, bei dem Versuch ge-
riete der Leser „ins Blinzeln“ (Wittgenstein 2003 [1952]).
Das Denken weist vier ihm inhärente und für seine Selbstorganisation cha-
rakteristische Eigenschaften auf:
1. Es ist selbsterzeugend in dem Sinne, dass es die Gedanken in und
durch sich selbst hervorbringt.
2. Es ist autonom, d. h. es bedarf keiner Rechtfertigung außerhalb
seiner selbst. Stattdessen entwickelt es eigenständige Begrün-
dungsweisen, auf die weiter unten näher eingegangen wird. Es hat
eine eigene, ihm innewohnende Gesetzmäßigkeit, die sich am
prägnantesten in der Logik zeigt, aber auch in anderen Bereichen
wie z. B. der Kunst, s. unten.
3. Es ist kreativ.
Die Kreativität hängt mit dem Ursprung zusammen, warum der Mensch
überhaupt denkt. Er ist nicht in dem Maße wie das Tier mit Instinkten aus-
gestattet, die diesem das Leben ermöglichen. Dadurch ist er aber auch nicht
wie das Tier an Instinkte gebunden, ausgedrückt in dem Satz Friedrich
Nietzsches (1844 – 1900): „Der Mensch ist das noch nicht festgestellte
Tier“ (Nietzsche 2013 [1886]). An die Stelle der Instinkte ist das Denken
getreten. Daher ist die Primärfunktion des Denkens dieselbe wie die der
Instinkte, nämlich dem Menschen das Leben und Überleben zu ermögli-
chen. Dies ist auch der Grund dafür, dass die Entstehung des Menschen als
264 Die Selbstorganisation des Geistes

eines denkenden Wesens auf den Zeitpunkt der erstmaligen Herstellung


(nicht nur Nutzung) von Werkzeugen datiert wird. Denn eine solche Erfin-
dung ist nicht ohne Denken möglich und ein Zeichen seiner Kreativität.
Wegen der unzähligen Erfindungen des Menschen im Laufe seiner Ge-
schichte könnte man den Menschen auch als das erfindende Tier charakte-
risieren. Quellen der Kreativität des Denkens sind, miteinander verwoben,
die Phantasie, die Einbildungskraft und die Imagination.
Eine sekundäre Funktion des Denkens besteht darin, Interessen aller Art
zu befriedigen, angefangen von Trieben, Begehrlichkeiten, Wünschen bis
hin zu Interessen des Denkens selbst, wozu u. a. das Spielen und die Kunst
gehören (s. unten).

Begründungen (Argumente)
Dem Denken inhärent ist die Selbstvergewisserung. Unsicherheit beunru-
higt den Geist. Insofern Denken nach Wissen strebt, bedarf es im Unter-
schied zum Glauben der Begründung. Eine Art der Begründung ist der
Hinweis auf gemachte Erfahrungen. Eine weitere besteht in der Wahrneh-
mung: Der Zeuge vor Gericht antwortet auf die Frage des Richters an den
Zeugen, woher er dies wisse, „Ich habe es mit meinen eigenen Augen ge-
sehen.“ In Wissenschaft und Philosophie besteht ein höherer Anspruch an
Begründungen als im Alltag bis zum Extremfall des Beweises. So muss
ein Experiment überall und jederzeit mit gleichem Ergebnis wiederholbar
sein. Außerhalb von Logik und Mathematik gibt es indes keine Beweise.
Einen hohen Grad an Gewissheit hat die Selbsterfahrung. Jemand, der
starke Zahnschmerzen hat, kann kaum davon überzeugt werden, er habe
keine. Allerdings ist dieses Wissen persönlich, nicht verallgemeinerbar
und flüchtig. Im wissenschaftlichen Bereich stellt sich das Problem der
Letztbegründung, in der Formulierung von Wittgenstein (2003 [1952]):
„Alle Begründungen müssen irgendwo ein Ende haben.“ Auf dem Grunde
des Wissens liegt der unbegründete Glaube. Deshalb lautet der von Sokra-
tes herrührende Hauptsatz der Philosophie „Ich weiß, dass ich nichts
weiß“.
Uwe an der Heiden 265

Dass es unterschiedliche Weisen des Begründens gibt, wurde besonders


von Arthur Schopenhauer (1788 - 1860) in seiner Schrift „Die vierfache
Wurzel des Satzes vom zureichenden Grunde“ (1847) untersucht.

Intuition, Einfall, Phantasie


„Intuition“ rührt vom lateinischen „intuitio“ her, was unmittelbare An-
schauung bedeutet. Heute wird Intuition als Gegenbegriff zum logisch-dis-
kursiven Denken verwendet. Intuition ist verwandt mit „Einfall“. Beide
tauchen spontan im Bewusstsein auf, ohne dass man sich ihres Ursprungs
vergewissern kann. Der Mensch ist auf Intuitionen stärker angewiesen als
auf die Rationalität. Dies trifft in besonders hohem Maße auf Künstler und
Erfinder zu. Gefragt, wie sie auf ihre Ideen gekommen sind, zeigen sie sich
in der Regel ratlos. Dennoch kommen die Intuitionen nicht von ungefähr.
Sie setzen eine intensive und langdauernde Beschäftigung mit ihrem geis-
tigen Umfeld voraus. Michelangelo (1475 - 1564) hat in seinem Leben
kaum etwas anderes getan als Marmor zu behauen. Er leitete den Sinn sei-
nes Schaffens von Platons Lehre ab, dass die Idee das höchste, die Sinn-
lichkeit überragende Prinzip des Geistes ist. Die Idee schlummert schon im
Marmorblock und muss von ihm nur noch befreit werden. Auf diese Weise
wird dem Stein eine Seele verliehen.
Phantasie ist eine schöpferische Vorstellungskraft (Imagination), die auf
Intuitionen angewiesen ist. Entdeckungen haben zwar eine Zufallskompo-
nente, setzen aber einen wachen, neugierigen und phantasievollen Geist
voraus, der sich zuvor schon intensiv mit der Materie beschäftigt hat. Eine
gewisse Menge Phantasie braucht jeder Mensch, für einen Künstler ist sie
das A und O. Sie spielt ferner eine Rolle bei Allegorien, in denen eine Sa-
che als Zeichen für eine andere Sache gilt.
Intuition und Phantasie sind besonders eindrucksvolle Beispiele der Selbst-
organisation des Geistes.
266 Die Selbstorganisation des Geistes

Meditation, Kontemplation, Mystik


Weitere Formen der Beschäftigung des Geistes mit sich selbst sind die Me-
ditation und die Kontemplation. In diesen spirituellen Praxen werden Acht-
samkeit und Konzentration oder auch gerade das Nichtdenken geübt. Es
wird versucht, vom eigenen Ich abzusehen (Ichlosigkeit). Nach buddhisti-
scher Lehre ist das Ich nichts Beständiges. In dem Samyutta-Nikaya, einem
Dialog zwischen Buddha und seinem Cousin und Schüler Ananda, heißt
es: „Leer, ist die Welt, leer ist die Welt, o Herr, sagt man. Inwiefern aber
wird gesagt, die Welt sei leer?“ – „Was da, Anando, leer von Ich und zum
Ich Gehörigen ist, zu dem, Anando, wird gesagt: ‚Leer ist die Welt‘…“–
Samyutta Nikaya 35.85
Im mittelalterlichen Christentum, vor allem in der Mystik, wurden Medi-
tation und Kontemplation regelmäßig zur geistigen Sammlung geübt. Das
Denken sollte zur Ruhe kommen. Heutzutage gibt es weltanschauungsfreie
Formen der buddhistischen Achtsamkeitspraxis z. B. zur Stressreduktion
(Mindfulness-Based Stress Reduction, MBSR) und innerhalb Kognitiver
Therapien (Mindfulness Based Cognitive Therapy, MBCT).
Ähnliches gilt für die aus Indien stammende praktische Philosophie des
Yoga, die ebenfalls meditative Elemente einschließlich Askese, aber auch
körperliche Übungen umfasst. „Yoga“ heißt ursprünglich Vereinigung,
womit die Einheit von Körper und Geist gemeint ist. Yoga, wie er im Wes-
ten gelehrt wird, ist allerdings weniger komplex und mangelt der hinduis-
tischen Spiritualität.
Nach dem Philosophen und Psychiater Karl Jaspers (1883 – 1969) kann in
der Meditation die Subjekt-Objekt-Spaltung überwunden werden.

Lernen
Arnold Gehlen charakterisierte in dem Buch „Der Mensch. Seine Natur
und seine Stellung in der Welt“ (1940) den Menschen als Mängelwesen
vor allem deswegen, weil er, wie oben bereits gesagt, kaum über das Über-
leben sichernden Instinkten verfügt. An ihre Stelle ist das Denken getreten.
Freilich kann der Mensch nicht von Geburt an denken, sondern er muss es
ebenso wie vieles andere erst lernen.
Uwe an der Heiden 267

Martin Heidegger schreibt in dem 1952 erschienenen Buch „Was heißt


Denken?“ S. 1: „In das, was Denken heißt, gelangen wir, wenn wir selber
denken. Damit ein solcher Versuch glückt, müssen wir bereit sein, das
Denken zu lernen. Sobald wir uns auf dieses Lernen einlassen, haben wir
auch schon zugestanden, dass wir das Denken noch nicht vermögen. Hei-
degger drückt damit die Schwierigkeit aus, das Denken zu erlernen.
Der Mensch verfügt zwar über eine hohe Lernfähigkeit, aber das Lernen
ist ein sehr langwieriger Prozess. Es gibt kaum ein Tier, das so viele Jahre
braucht, bis es ausgewachsen ist, wie der Mensch. Die geistige Entwick-
lung dauert bei ihm noch entschieden länger als die körperliche und hört
eigentlich nie auf. Im Schwabenland, dem Land der Dichter und Denker,
gilt ein Mensch erst mit vierzig Jahren als erwachsen („gscheit“).

Gedächtnis
Lernen ist nicht möglich ohne Gedächtnis. „Gedächtnis“ kommt nicht von
ungefähr von „Denken“. Ohne Gedächtnis könnte der Mensch nicht den-
ken: Wir könnten nicht einmal zwei Gedanken miteinander verbinden.
Wenn wir den zweiten hätten, wäre der erste schon vergessen. Um dies zu
vermeiden, haben wir das sogenannte Kurzzeitgedächtnis. Ohne Gedächt-
nis gäbe es keine Erfahrung. Der Mensch wäre schlicht lebensunfähig.
Auch verlöre der Mensch ohne Gedächtnis seine Identität. Offenbar ist das
Gedächtnis ein wesentlicher Teil des geistigen Lebens und Voraussetzung
fast aller Aktivitäten des Menschen.
Das Gedächtnis ist überall im Gehirn verankert, und zwar überwiegend in
den Verbindungen der Nervenzellen, den sogenannten Synapsen. Die Sy-
napsen werden während der Prozesse im Gehirn in Abhängigkeit davon,
womit sich das Gehirn beschäftigt, auf- und abgebaut. Dies ist ein sich
selbst organisierender Prozess, der kaum unserer Kontrolle unterliegt. Be-
kanntlich findet während des Schlafes eine Reorganisation des Gedächt-
nisses statt. Dennoch sind wir für unser Gedächtnis verantwortlich. Durch
Aufmerksamkeit und Wiederholung können wir es trainieren und so mit
einigem Erfolg das uns Wichtige behalten. Der Mensch hat sein Gedächt-
nis in großem Umfang durch Sprache und Schrift, in jüngster Zeit durch
268 Die Selbstorganisation des Geistes

elektronische Speichermedien künstlich erweitert. Einen Ausdruck Hegels


(1770 - 1831) uminterpretierend könnte man vom objektiven Geist1 spre-
chen.
Neben dem individuellen gibt es ein kollektives Gedächtnis; es besteht in
dem kulturellen und zivilisatorischen Erbe der Menschheit. Ohne dieses
fielen wir weiter zurück als in die Steinzeit.

Spielen
Die Bedeutsamkeit des Spielens äußert sich in der Charakterisierung des
Menschen als homo ludens (lateinisch, dt. der spielende Mensch). Hierzu
vernehmen wir das berühmte Diktum von Friedrich Schiller (1795/2009)
„Denn, um es endlich auf einmal herauszusagen, der Mensch spielt nur, wo
er in voller Bedeutung des Worts Mensch ist, und er ist nur da ganz
Mensch, wo er spielt. Dieser Satz […] wird, ich verspreche es Ihnen, das
ganze Gebäude der ästhetischen Kunst und der noch schwierigeren Le-
benskunst tragen.“
Durch Spielen erlernt der Mensch „spielerisch“ viele nützliche Fähigkei-
ten, wie sich am deutlichsten bei den Kindern zeigt. Sie spielen unentwegt
den ganzen Tag über, und zwar mit Freude und Vergnügen. Ältere Men-
schen werden zu Spielen angeregt, um ihre mentalen Fähigkeiten mög-
lichst lange aufrechtzuerhalten.
Das Spielen bedarf keiner ihm äußerlichen Zweckbestimmung. Durch die
Freude, die es bereitet, hat es seinen Zweck in sich selbst. Spielen ist eine
besondere Form der Selbstorganisation des Geistes, sogar auch bei Er-
wachsenen. Oft mit großer Leidenschaft betreiben sie viele körperliche
(Sport) und geistige Spiele (Brett- und Kartenspiele, Theaterspiel, Instru-
mentenspiel).
Wittgenstein führte den Begriff des Sprachspiels ein: Die Verständigung
funktioniert, wenn alle das gleiche Spiel spielen, nicht aber wenn der eine
Schach und der andere Mühle spielt. Es gibt zahllose Sprachspiele: die

1
Hegel versteht unter dem objektiven Geist die historischen Formen des Rechts, der Mora-
lität, der Sittlichkeit und des Staates.
Uwe an der Heiden 269

Sprache des Alltags, der Literatur, der Politik, der Wissenschaft, der Reli-
gion, der Philosophie, der Kunst usw. In unterschiedlichen Lebensformen,
ebenfalls ein zentraler Begriff bei Wittgenstein, gibt es unterschiedliche
Sprachspiele, die je ihre eigenen Regeln haben. Verschiedene Sprachspiele
passen eventuell nicht zueinander, z. B. lassen sich religiöse Fragen nicht
naturwissenschaftlich diskutieren und umgekehrt. Die Regeln des einen
Sprachspiels gelten nicht in dem anderen.
Zusammengefasst: Spielen ist eine außerordentlich wichtige Weise der
Selbstorganisation des Geistes. Die dabei empfundene Freude gehört zu
den nicht sinnlichen, sondern geistigen Empfindungen. Freude ist eine Art
Selbstbefriedigung des Geistes. Für Friedrich Schiller war sie ein Götter-
funke. Die sinnlichen Empfindungen können ohne begleitendes Denken
stattfinden. Außer der Freude sind Ärger, Fröhlichkeit, Appetit (im Unter-
schied zu Hunger), Liebe und Hass geistige Empfindungen.

Erziehung, Selbsterziehung
„Erziehung“ ist nicht leicht zu definieren. Das Wort „Erziehung“ selbst
führt von seinem Ursprung her in die Irre, weil es Assoziationen zu Auf-
ziehen und Aufzucht hervorruft. Es steckt sogar eine Paradoxie darin, in-
sofern das Ziel der Erziehung ist, den Menschen zur Selbständigkeit zu
erziehen. Deshalb sagt Kant (1803/1984, S. 446): „Die Erziehung ist das
größte Problem und das schwerste, was dem Menschen kann aufgegeben
werden.“ Kann der Mensch zum Denken erzogen werden? Das Denken
kann grundsätzlich nur aus sich selbst heraus geschehen. Der Lehrer kann
also allenfalls zum Denken anregen, z. B. indem er Aufgaben stellt. Die
Pädagogik hat zahllose Theorien darüber hervorgebracht, worin eine gute
Erziehung besteht, ohne ein abschließendes Resultat. Eltern und Lehrer
können ein Lied davon singen, wenn sie es mit „schwer erziehbaren Kin-
dern“ zu tun haben.
270 Die Selbstorganisation des Geistes

Wahrnehmung
Die Wahrnehmung ist eine grundlegende Art der menschlichen Erkenntnis.
Wesentliches über sie wurde bereits bei der Besprechung der Erkenntnis-
theorie Kants gesagt. Es folgen einige ergänzende Bemerkungen mit Kon-
zentration auf das Sehen. Für die anderen Sinne gilt Ähnliches.
Das Sehen ist keineswegs ein passiver Vorgang. Das Auge sieht selbst
nichts. Es ist nur ein Organ, d. h. ein Mittel des Sehens. Sehen ist ein ext-
rem komplexer Prozess, in den über fünfzehn Gehirnareale involviert sind.
Was sieht der erwachsene Mensch? Wenn er stark abgelenkt ist, sieht er
selbst mit geöffneten Augen eventuell gar nichts. Wir sehen im Allgemei-
nen nur etwas, an dem wir ein Interesse haben. Auch sehen wir in erster
Linie mit dem Gedächtnis, weil das Sehen meist ein Wiedererkennen ist.
Ferner ist das Sehen nicht nur sinnlich, sondern auch begrifflich und somit
auf das Denken angewiesen. Beispielsweise können wir nur dann einen
Tisch sehen, wenn wir wissen, was ein Tisch ist, also einen Begriff von
ihm haben. Im Auge ist ja in jedem Augenblick immer nur eine Seite des
Tisches abgebildet und nie der ganze. Das Ganze des Tisches kann nur mit
dem Verstand erfasst werden. Der Verstand interpretiert den von der Re-
tina über den optischen Nerv an den visuellen Cortex und von dort an wei-
tere Areale vermittelten Eindruck. Dabei kann der Verstand sich irren, wie
jeder aus Erfahrung weiß und wie es optische Täuschungen besonders
deutlich zeigen. Wir sehen buchstäblich mit dem Gedächtnis, mit dessen
Hilfe der Verstand das Bild auf der Retina interpretiert und mit Bekanntem
abgleicht. Dies ist ein kaum bewusstwerdender selbstorganisatorischer
Prozess.

Wahrnehmung und Bewegung, Victor von Weizsäckers Gestaltkreis


Es gibt einen sehr engen Zusammenhang zwischen Wahrnehmung und Be-
wegung. Wir müssen, wenn wir ungewohnte, komplizierte Bewegungen
ausführen wollen, stets genau beobachten, wie weit uns dies gelingt. We-
gen ihrer Zirkularität nannte Viktor von Weizsäcker (1886 - 1957) die Ein-
heit von Wahrnehmung und Bewegung „Gestaltkreis“. Eine hirnphysiolo-
gische Bestätigung seiner Theorie bietet das moderne Konzept der Spie-
Uwe an der Heiden 271

gelneurone: Sehen wir die Bewegungen eines anderen Menschen, so wer-


den diejenigen Nervenzellen unterschwellig aktiviert, die aktiv sind, wenn
wir selbst diese Bewegung ausführen. Auffällig ist die Tatsache, dass man
unwillkürlich zurücklächelt, wenn man angelächelt wird.
Diese Art Rückkopplung hat auch technische Bedeutung, z. B. in der
Raumfahrt: Man kann keine Rakete zum Mond und schon gar nicht zum
Mars so von der Erde abschießen, dass sie ohne weitere Steuerung ihr Ziel
trifft. Es muss vielmehr in nicht zu langen Zeitabständen ein Ortungssignal
von dem Flugkörper zur Erde übermittelt und gegebenenfalls der Kurs kor-
rigiert werden.

Konstruktivismus
Ein großer Teil der Selbstorganisation des Geistes besteht aus Konstrukti-
onen, wie schon die Erörterung von Logik und Mathematik gezeigt hat.
Selbst in der Wahrnehmung sind Konstruktionen enthalten, wie uns bei-
spielhaft Kants Kategorienlehre gezeigt hat. Dies bedeutet aber nicht, dass
Kant ein Vertreter des sogenannten Radikalen Konstruktivismus war. Bei
Kant besteht über die Sinnlichkeit eine Verbindung zur Realität. Dagegen
vertritt der Radikale Konstruktivismus, dass jede Wahrnehmung vollstän-
dig subjektiv und ein Konstrukt ist. Dies ist die Radikalität (Kompromiss-
losigkeit) des Radikalen Konstruktivismus. Der Radikale Konstruktivis-
mus ist in sich selbst widersprüchlich, weil er selber ein Konstrukt und
damit unbegründet ist. Eine besonders widersprüchliche Absurdität bege-
hen die ultraradikalen und paradoxen Konstruktivisten, die durch Untersu-
chungen am Gehirn nachweisen wollen, dass der Konstruktivismus richtig
ist, also mit einer Methode, die sie gerade zurückgewiesen haben.
Der Radikale Konstruktivismus ist überdies menschenverachtend und mo-
ralisch verwerflich. Wenn der andere Mensch nur meine Konstruktion ist,
so ist doch die Frage, wie ich mit einem Konstrukt umgehen soll. Selbst
wenn ich es nicht absolut genau weiß, darf ich doch den anderen Menschen
nicht als nur in meinem Bewusstsein existierendes Phantom ansehen. Wie
geht man mit einem Phantom um?
272 Die Selbstorganisation des Geistes

Sprache
Die Sprache besteht aus Wörtern. Nach Wittgenstein ist die Bedeutung ei-
nes Wortes sein Gebrauch in der Sprache. Er zählt viele Verwendungswei-
sen der Sprache auf z. B. Berichten, Erzählen, Befehlen, Bitten, Danken,
Grüßen, Fluchen, Tabellen und Diagramme, Theater spielen, Rätsel raten.
Sprache und Denken hängen so eng zusammen, dass man ähnlich wie bei
Henne und Ei nicht weiß, was als erstes da war. Die Sprache ist der Wider-
hall des Geistes. Ohne Sprache könnte der Mensch ebenso wie ohne Ge-
dächtnis nicht gut denken. Ein Grund hierfür ist, dass die Sprache Namen
für die Begriffe, die Elemente des Denkens, hat. Viele Begriffe hätten wir
gar nicht zur Verfügung, wenn es nicht ein Wort für sie gäbe. Die Begriffe
sind sozusagen an ihren jeweiligen Wörtern aufgehängt. Wer einen gerin-
gen Wortschatz hat, kann vermutlich weniger gut denken. Johann Gottfried
Herder (1744 - 1803) drückte dies recht drastisch aus: „Ohne Sprache hat
der Mensch keine Vernunft, und ohne Vernunft keine Sprache“
(1772/2013, S. 25). Dass die Sprache sogar die Erkenntnis des Menschen
mitbestimmt, drückt der Satz Wittgensteins (2001 [1922], Satz 5.6) aus:
„Die Grenzen meiner Sprache bedeuten die Grenzen meiner Welt.“
In seiner Abhandlung „Über die allmähliche Verfertigung der Gedanken
beim Reden“ rät Heinrich von Kleist (1777 - 1811), bei Problemen mit
anderen zu sprechen, nicht um von diesen eine Lösung zu erhoffen, son-
dern weil durch das Gespräch eine zunächst verschwommene Vorstellung
präzisiert und zu Ende gedacht wird. Der französische Dichter Jean de La
Fontaine (1621 - 1695) lässt in einer seiner Fabeln den Fuchs bei seiner
Verteidigung sagen „ein solches Reden ist wahrhaft lautes Denken“ (zitiert
nach Kleist, 1811/1980, S. 1).
Für den Menschen als soziales Wesen ist die Kommunikation mittels Spra-
che essentiell. Hans Georg Gadamer (1900 - 2002!) verdanken wir die
Einsicht, dass Sprachlichkeit menschliches Leben nicht nur beschreibt,
sondern es formt. Für Vertreter der analytischen Philosophie wie Richard
Rorty (1931 - 2007) und Willard van Orman Quine (1908 - 2000) ist Spra-
che nicht mehr „bloßes Zeichen für etwas, was unabhängig von der Spra-
che ist […]. Wir können nicht mehr zwischen dem, was der Sprache ange-
hört und dem, was der Welt angehört, trennen […]. So gesehen war und ist
Uwe an der Heiden 273

Sprache für uns ein genetisches A Priori der Weltinterpretation und der
sozialen Konstitution.“ Die Betonung der Sprache im 20. Jahrhundert als
Bedingung und Zentrum des Denkens und Handelns wird als „linguistic
turn“ bezeichnet.
Die Sprache ist zutiefst in das Leben des Menschen eingebettet. Mit ihr
können die allergrößten Wirkungen erzielt werden. „Auch Worte sind
Handlungen“ sagte Johann Peter Eckermann (1792 - 1854), Schriftsteller
und Sekretär Goethes.
Wittgenstein tadelt den Sprachgebrauch der klassischen Philosophie. Die
„großen philosophischen Probleme“ waren für ihn „Geistesstörungen“,
fixe Ideen, die wir nicht loswerden, weil wir Opfer eines unzuträglichen
Sprachgebrauchs sind: „Es ist eine Hauptquelle unseres Unverständnisses,
daß wir den Gebrauch unserer Wörter nicht übersehen“ (Wittgenstein 2003
[1953], §122). Der Verstand habe sich „Beulen“ – „beim Anrennen an die
Grenzen der Sprache“ – geholt. Ich hoffe sehr, dass dies nicht auch auf
diese Abhandlung zutrifft.

Grammatik
Ein äußerst wichtiges Sprachgebilde ist der Satz. Er hat nicht nur einen
Sinninhalt, sondern eine als Grammatik bezeichnete Struktur. Für Hegel
ist die Grammatik eine Form des Denkens. Nach ihm machen nicht die
Wörter, sondern die Grammatik den Geist der Sprache aus. Wer die Spra-
che eines Volkes beherrscht, „dem erst kann sich der Geist und die Bildung
eines Volks in der Grammatik seiner Sprache zu fühlen geben; dieselben
Regeln und Formen haben nunmehr einen erfüllten, lebendigen Wert. Er
kann durch die Grammatik hindurch den Ausdruck des Geistes überhaupt,
die Logik2, erkennen“ (Hegel, 1812/2016, S. 39). Völker mit unterschied-
lichen Grammatiken haben unterschiedliche Denkstile. In gewisser Weise
organisiert die Grammatik das sprachlich ausgedrückte Denken.

2
Hegels Begriff von „Logik“ unterscheidet sich deutlich von dem der klassischen und der
heutigen formalen Logik.
274 Die Selbstorganisation des Geistes

Hermeneutik
Das Wort „Hermeneutik“ stammt ab von dem altgriechischen ἑρμηνεύειν
(hermēneúein) ‚erklären‘, ‚auslegen‘, ‚übersetzen‘. In der von Friedrich
Schleiermacher (1768 – 1837) als Disziplin begründeten Hermeneutik ging
es zunächst um die Deutung und Auslegung von Bibeltexten (Exegese),
danach von beliebigen Texten und schließlich um die Auffassung, dass
auch unsere gesamte Erkenntnis Auslegung oder Deutung ist.
Einflussreichster Vertreter der Hermeneutik im 20. Jahrhundert war Hans-
Georg Gadamer (1900 – 2002). Einer seiner Zentralbegriffe ist „Verste-
hen“. Er stellte das Verstehen in den Zusammenhang eines prinzipiell nicht
zu beendenden Gesprächs über die Deutung wichtiger Zeugnisse der ge-
schichtlichen und kulturellen Überlieferung. Auch war für ihn das Ge-
spräch ein entscheidender Faktor der zwischenmenschlichen Beziehungen.
Man solle dem Anderen zuhören, es könne sein, dass er auch einmal Recht
hat. Die Sprache war für ihn ein großes Mysterium, ein unergründliches
Geheimnis, eine besondere Art des Seins.

Der Wille
Ein weiteres Phänomen des Geistes ist der Wille. Er ist eng mit dem Den-
ken verknüpft, denn in jedem Willensakt gibt es stets einen gedachten Ge-
genstand, auf den er gerichtet ist. Dass der Mensch überhaupt etwas will,
hängt mit der Überlebenswichtigkeit des Denkens zusammen. Was er sich
diesbezüglich ausdenkt, muss ja in die Tat umgesetzt werden, was einen
darauf gerichteten Willen voraussetzt. Demnach sieht es so aus, dass das
Denken den Willen bestimmt. Der Wille bestimmt aber auch das Denken.
Dies sagt der Satz: Wo ein Wille ist, ist auch ein Weg. Der Weg muss durch
Denken gefunden werden.
Der Wille kann das Denken aber auch reduzieren. Warum verhält der
Mensch sich oft nicht so, wie es seiner Auffassung nach vernünftig wäre?
Nach Kant ist der menschliche Wille nicht nur durch Vernunft bestimmt,
sondern durch allerlei Neigungen, Begierden und Triebe „sinnlich affi-
ziert“, die auf dem „Gefühl der Lust und Unlust beruhen“. Wir erinnern
Uwe an der Heiden 275

uns, dass für Kant der Mensch nur ein partielles Vernunftwesen, ein animal
rationabile ist.
Obwohl dies sicher zutrifft, ist der Wille dennoch ein bedeutender Faktor
des geistigen Lebens, wie durch die folgende Passage aus Friedrich Wil-
helm Schellings „Philosophischen Untersuchungen über das Wesen der
menschlichen Freiheit und die damit zusammenhängenden Gegenstände“
von 1809 zum Ausdruck kommt: „Es gibt in der letzten und höchsten In-
stanz gar kein anderes Sein als Wollen. Wollen ist Ursein, und auf dieses
allein passen alle Prädikate desselben: Grundlosigkeit, Ewigkeit, Unab-
hängigkeit von der Zeit, Selbstbejahung. Die ganze Philosophie strebt nur
dahin, diesen höchsten Ausdruck zu finden“ (WW. Abt. I, Bd. VII, 350,
zitiert nach Heidegger 1952/2015).
Eine womöglich noch gewaltigere Übersteigerung erfährt das Willensprin-
zip in der Philosophie Arthur Schopenhauers, nach der der Wille nicht nur
etwas Menschliches ist, sondern, wie bereits der Titel seines Hauptwerks
„Die Welt als Wille und Vorstellung“ verkündet, eine Kraft, die den gan-
zen Kosmos durchwaltet. Bei Friedrich Nietzsche verwirklicht sich das
Willensprinzip als Wille zur Macht.
Es ist die Frage, was man von einer solchen Überordnung des Willens über
das Denken halten soll. Ich persönlich denke, dass wir trotz der großen
Bedeutung des Willens an der alten aristotelischen Definition des Men-
schen als animal rationale von Aristoteles festhalten sollten, womöglich
abgeschwächt als animal rationabile, Immanuel Kant folgend.

Der freie Wille


Ein bereits in der Antike und bis in die heutige Zeit umstrittenes Thema ist
die Frage, ob der Mensch einen freien Willen hat. Ihre Beantwortung setzt
erst einmal eine Klärung dessen voraus, was unter einem freien Willen ver-
standen werden soll. Man kann drei Komponenten unterscheiden: Erstens
die Freiheit der Willensbildung. Sie ist in der Freiheit des Denkens gegrün-
det, denn der Wille kann nur frei sein, wenn er eine Alternative hat. Eine
Alternative kann aber nur das Denken generieren. Zweitens die Entschei-
276 Die Selbstorganisation des Geistes

dungsfreiheit, eine der Alternativen auszuwählen. Drittens die Handlungs-


freiheit, die gewählte Alternative in die Tat umzusetzen. Die im Laufe der
Geschichte der Philosophie vertretenen sehr unterschiedlichen Positionen
werden in dem Band „Hat der Mensch einen freien Willen – die Antworten
der großen Philosophen“ behandelt (an der Heiden und Schneider 2007).
Weitere Einzelheiten findet der Leser in meinem Aufsatz „Was heißt es,
einen freien Willen zu haben?“ (an der Heiden 2011). Dort wird auch auf
die um die Jahrhundertwende erneut von einigen Neurowissenschaftlern
entfachte Debatte um den freien Willen eingegangen. Diese Neurophilen
zogen aus einigen fragwürdigen Experimenten den Schluss, der Mensch
habe keinen freien Willen und er sei deswegen auch nicht für seine Taten
verantwortlich. Verurteilungen und Bestrafungen für Untaten fänden nicht
wegen einer Schuld des Angeklagten statt, sondern nur zum Zweck der
Abschreckung; eine wahrhaft geistlose Auffassung.

Liebe
Liebe ist im allgemeinsten Sinn eine besondere Art von Wertschätzung.
Was man wertschätzt, dem versucht man sich zuzuneigen, daher der Be-
griff Zuneigung. Es gibt viele Arten von Liebe: Elternliebe, Geschwister-
liebe, Selbstliebe, Nächstenliebe, Liebe zu Freunden, erotische Liebe, aber
auch Liebe zu Objekten, z. B. Liebe zur Natur, Tierliebe, ferner Liebe zu
Idealen wie Freiheitsliebe und Vaterlandsliebe. Liebe geht vom Geist aus,
denn sie ist auf ein Objekt gerichtet, das sich der Liebende vorstellt.

Liebe als Erkenntnisweise


Auf andere Weise als durch die Wissenschaft findet Erkenntnis durch die
Liebe statt. Sie hat eine ästhetische und eine existentielle Komponente. So
ist die Erkenntnis der Schönheit mit Liebe verbunden.
Platon engte den Begriff „Liebe“ so weit ein, dass er sich nur noch auf die
Erkenntnis bezieht. Sie besteht im Streben zu immer vollkommenerer Er-
kenntnis. Nur die Liebhaber der Weisheit sind dazu fähig.
Uwe an der Heiden 277

Leonardo da Vinci: „Jede große Liebe ist die Tochter einer großen Er-
kenntnis“ (zitiert nach Rattner und Danzer 2011, S. 56).
Goethe: „Man lernt nichts kennen als was man liebt und je tiefer und voll-
ständiger die Kenntnis werden soll, desto stärker, kräftiger und lebendiger
muss die Liebe, ja Leidenschaft sein.“ (zitiert nach Danzel 1962, S. 58)
Blaise Pascal (1674/1938): „Liebe und Vernunft sind ein und dasselbe“.
Erst in der Liebe nehmen wir die Dinge wahr und beurteilen sie mit unserer
Vernunft.
Antoine de Saint-Exupéry (1900–1944) stellt in Der kleine Prinz (Kap. 21)
fest: „Man sieht nur mit dem Herzen gut. Das Wesentliche ist für die Au-
gen unsichtbar.“
Alle Autoren stimmen darin überein, dass Liebe und Erkenntnis in einer
tiefen inneren Beziehung zueinander stehen und sich gegenseitig fördern.3

Moral und Ethik


Nur ein denkendes Wesen kann eine Moral haben. Es muss zu der Unter-
scheidung von Gut und Böse fähig sein. Das Mängelwesen Mensch ist ein
soziales Wesen. Es kann nur in der Gemeinschaft existieren. Dies setzt ge-
wisse Verhaltensregeln voraus, die man als Moral bezeichnet. Die entspre-
chende philosophische Disziplin ist die Ethik. Die meisten Religionen ha-
ben einen Verhaltenscodex, z. B. die Zehn Gebote im Christentum. Er wird
als göttlichen Ursprungs angesehen. Allerdings ist es verfehlt, die Moral
auf die Religion zu gründen. Denn dann wäre der Ungläubige nicht an sie
gebunden. Die Moral entspringt dem Denken und hat insofern universellen
Charakter, wenn auch ihre Ausprägungen etwas variieren. Als denkendes
und moralisches Wesen hat der Mensch eine Würde, die es zu schützen
gilt.4 Die bekannteste philosophische Formulierung eines Moralgesetzes
ist der Kategorische Imperativ von Immanuel Kant (1797, AA VI, §C):

3
Eine umfassende Behandlung ist zu finden in dem Buch Liebe und Erkenntnis von Max
Scheler.
4
Nach dem Deutschen Grundgesetz ist sie unantastbar.
278 Die Selbstorganisation des Geistes

„Eine jede Handlung ist recht, die oder nach deren Maxime die Freiheit der
Willkür eines jeden mit jedermanns Freiheit nach einem allgemeinen Ge-
setze zusammen bestehen kann.“5
Die Moral ist Teil vielfältiger sozialer Interaktionen, deren Ursprung alle-
samt in der Selbstorganisation des Geistes zu finden ist.

Ästhetik und Kunst


Ein besonders erstaunliches Phänomen des Geistes ist, dass er einen Sinn
für Schönheit hat. Etwas als schön zu empfinden bedeutet nicht, dass es
sich dabei um eine bloße Empfindung handelt. Es ist stets auch das Denken
beteiligt. Dies zeigt sich sehr deutlich in als schön empfundenen mathema-
tischen Beziehungen: Harmonische Töne (z.B. Oktaven und Quinten) ste-
hen in ganzzahligen Frequenzverhältnissen zueinander. In der Malerei und
Architektur spielt der Goldene Schnitt eine große Rolle.
Schönheit besteht in einer Verbindung von Sinnlichkeit und Denken. Ihre
Wertschätzung übersteigt bei manchen Philosophen die des abstrakten
Denkens. So sagt Nietzsche (1872/1878, S. 5, Z. 95f.) „… denn nur als
aesthetisches Phänomen ist das Dasein und die Welt ewig gerechtfertigt“
und weiterhin (1889/1984) „Ohne Musik wäre das Leben ein Irrtum.“ He-
gel bestimmte das Schöne als „das sinnliche Scheinen der Idee“. Es wird
vorzüglich in der Kunst verwirklicht, die für Hegel „das Mittelglied zwi-
schen dem reinen Gedanken, der übersinnlichen Welt, und dem Unmittel-
baren, der gegenwärtigen Empfindung“ ist (Hegel, 1823/2003, S. 4f.) Die
Idee des Engels erscheint z.B. als Knabe mit Flügeln. Berühmt ist Kants
Formulierung der Schönheit als „interesseloses Wohlgefallen“. Für Franz
Grillparzer (1791 - 1872) ist „Schönheit die vollkommene Übereinstim-
mung des Sinnlichen mit dem Geistigen“ (Grillparzer, 1819/1995). Oder
Friedrich Schiller: „Es gibt keinen anderen Weg, den sinnlichen Menschen
vernünftig zu machen, als dass man denselben zuvor ästhetisch macht.“
Mit der Kunst feiert der Geist sich selbst.

5
Es gibt mehrere unterschiedliche Formulierungen von Kant des Kategorischen Imperativs.
Uwe an der Heiden 279

Wie hängen Geist und Körper zusammen?


Dies ist eine der Fragen, von denen der deutsche Physiologe Emil Du Bois-
Reymond (1818 – 1896) sagte: Ignoramus et ignorabimus (lat. Wir wissen
es nicht und wir werden es nicht wissen). René Descartes (1596 – 1650)
hatte die Frage als unbeantwortbar mit der These zugespitzt, es gebe zwei
wesensverschiedene, nicht aufeinander reduzierbare Substanzen: res cogi-
tans und res extensa (die denkende und die ausgedehnte Sache). Auch Kant
hielt das Problem zunächst für unlösbar, wie er in einem Brief an Marcus
Herz Ende 1773 schrieb: „…auf ewig vergebliche Untersuchung über die
Art wie die Organe des Körpers mit den Gedanken in Verbindung ste-
hen…“
Dennoch hat es Lösungsvorschläge gegeben. Bereits Platon thematisierte
das Problem im Dialog Philebos (30a): „Sokrates: Unser Leib, wollen wir
nicht sagen, der habe eine Seele? Protarchos: Offenbar wollen wir das.
Sokrates: Woher aber, o lieber Protarchos, sollte er sie erhalten haben,
wenn nicht auch des Ganzen Leib beseelt wäre, dasselbe habend wie er und
noch in jeder Hinsicht trefflicher?“
Für Baruch Spinoza (1632 - 1677) und Gottfried Wilhelm Leibniz (1646 -
1717) gab es das Problem gar nicht, weil sie die ganze Natur für beseelt
hielten. Kant entschärfte das Problem in der Kritik der reinen Vernunft
durch seine Unterscheidung von Sein (das von Kant sogenannte Ding an
sich) und Erscheinung: Wir erkennen die Wirklichkeit nicht so wie sie an
sich ist, sondern nur in der Art und Weise wie sie uns erscheint. Demnach
wären Geist und Materie nur verschiedene Erscheinungsweisen ein und
derselben Entität.
Helmuth Plessner (1892 - 1985), neben Max Scheler (1874 - 1928) und
Arnold Gehlen (1904 - 1976) einer der Hauptvertreter der philosophischen
Anthropologie, kennzeichnete in seinem Werk „Die Stufen des Organi-
schen und der Mensch“ den Zusammenhang von Geist und Körper als Ver-
schränktheit: Wegen seiner Leiblichkeit muss der Mensch sich zur Welt
hin zu öffnen und sie „künstlich“ gestalten. Die Organisationsform des
Menschen ist „exzentrisch“, weil er sich seiner selbst bewusst ist und sei-
nen Körper als Leib ansieht.
280 Die Selbstorganisation des Geistes

Es kann kaum einen Zweifel geben, dass Körper und Geist auf das Engste
zusammenhängen. Dies zeigen die Wirkungen von Narkotika sowie Ope-
rationen und elektrische Stimulierungen am Gehirn, die je nach Ort unter-
schiedliche geistige Wirkungen haben können, was zur Lokalisationstheo-
rie führte. Zurzeit wird versucht, Menschen mit gelähmten Händen wieder
das Greifen zu ermöglichen, und zwar so, dass lediglich durch den Gedan-
ken an die gewünschte Bewegung eine Roboterhand betätigt wird. Dies
kann gelingen, weil mit Gedanken elektrische Signale einhergehen, was ja
auch unser Handeln ermöglicht. Dennoch ist zu betonen, dass es eine qua-
litative Differenz zwischen der Welt der Gefühle und Gedanken und den
am menschlichen Leib mit naturwissenschaftlichen Methoden beobachtba-
ren Eigenschaften gibt.6 Auch ein Begriff wie „Würde“ ist keineswegs kör-
perlich-physikalisch darstellbar.

Schluss
Wir fassen zusammen: Selbstorganisation des Geistes heißt, dass der Geist
autonom, autopoietisch und selbstreferentiell ist, d.h. dass die geistigen
Gehalte ihre Herkunft, ihre Bedeutung und ihren Wert nicht von außerhalb
des Geistigen erlangen, sondern in ihm selbst, mit einem Wort von LaoTse
(6. Jh. v. Chr.) „von selbst so“. Das Denken hat den Menschen in seine
heutige Situation geführt und ihn zum Herrscher über die Erde gemacht.
Wird die Art seines bisherigen Denkens ihn in den Stand setzen, damit
umzugehen, oder wird er die erste Spezies sein, die sich selbst vernichtet?
Es sei auf das Buch von Karl Jaspers (1883 – 1969) „Die Atombombe und
die Zukunft des Menschen“ verwiesen. Wir müssen hoffen und dazu bei-
tragen, dass der Teil des Denkens, der „Vernunft“ genannt wird, sich nicht
besiegen lässt.
Die schöpferische Kraft des Menschen macht ihn zum Ebenbild Gottes.

6
Bezüglich dieses sogenannten Qualia-Problems sei auf die Schrift „Wie ist es, eine Fle-
dermaus zu sein“ (engl. Original “What is it like to be a bat?” 1974) von Thomas Nagel
(*1937) verwiesen: Selbst wenn wir genau wissen, was im Gehirn einer Fledermaus pas-
siert, so wissen wir immer noch nicht, wie sich die Echolot-artigen Wahrnehmungen für
die Fledermaus anfühlen.
Uwe an der Heiden 281

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285

TEIL II
Forschung & Methodik
Lyby, Wallot & Mehlsen 287

Measures of microgenetic changes in emotion regulation


strategies across life transitions
Marlene Skovgaard Lyby, Sebastian Wallot, & Mimi Yung Mehlsen

Developmental studies of adults have always been challenging due to the


long stretch of time as well as the vast amount of potential objects of
change. As a result, psychological studies often measure a large composite
of variables at timestamps with varying intervals in between. This ap-
proach may however miss critical periods of development and thus not
capture the genuine developmental change processes (Fogel 2011). The
current chapter describes a study that sought to overcome this limitation by
investigating continuous developmental trajectories for a shorter time pe-
riod surrounding a life transition, which is an event with a hypothesized
high demand to develop. The study is the first to apply daily measures of
development across three different life transitions over a period of 4
months; the current chapter describes how dynamic systems theory has in-
spired our approach to study lifespan development and how it is applied in
this specific study.
In spite of losses and physical limitations, older adults generally report
higher psychological well-being and more positive affect than younger
adults (Carstensen et al. 2011; Charles and Carstensen 2014; Charles et al.
2001). A potential explanation to this „so-called paradox of ageing” is that
more adaptive emotion regulation is developed over the adult lifespan. The
study therefore tests whether periods of accelerated change, i.e., life tran-
sitions, are accompanied by changes in emotion regulation and if such
changes are associated with psychological well-being.
The method applied is termed microgenetic sampling and is based on high
frequency data sampling which has been claimed to be best suited for in-
vestigating processes of developmental change (Fogel 2011), e.g., periods
of rapid development in children (Kuhn 1995). Although it has never been
used in the study of natural transitions in older adults, the assumption is
that natural transitions display similar change processes to those found in
other developmental phenomena (Haken & Schiepek 2006; Kuhn 1995).

© Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2020
K. Viol et al. (Hrsg.), Selbstorganisation – ein Paradigma für die
Humanwissenschaften, https://doi.org/10.1007/978-3-658-29906-4_16
288 Microgenetic Changes in Emotion Regulation Strategies

The method was therefore considered the best available for the current
study, where we wanted to study the process of change in emotion regula-
tion strategies across life transitions.
The necessity to develop emotion regulation strategies is most urgent dur-
ing emotionally challenging events when demands change suddenly and
earlier experiences may become insufficient. Life transitions are prototypic
examples of such periods of increased emotional challenge since they are
characterized by high degrees of change in role and responsibilities. Life
transitions may occur in an orderly sequence related to biological limita-
tions and social regulations, whereas others, e.g., like developing a serious
disease, are not age-related (Berntsen and Rubin 2002; Mehlsen et al.
2010). Although some life transitions may not differ much between men
and women, gender plays a role in transitions involving biological change.
To avoid influence of gender-differences, we chose to focus only on men
in the study.
The first transition type was parenthood for men having their first child.
Since the child’s first year bring many completely new experiences for fa-
thers (Nyström and Öhrling 2004), men’s transition to fatherhood may in-
clude emotional reactions to the phases of transition, identifying their role
as father, and redefining the self and relationship with their partner (Chin
et al. 2011). The second type was retirement. Men retiring from their jobs
transition into a completely new daily routine and have to deal with the
loss of their job identity as well as enjoy the associated freedom. Prior
studies describe this transition as a complex process embedded within the
existing psychological functions of the individual (Kim and Moen 2002).
The last transition was life-threatening disease. A group of men receiving
a testicular cancer diagnosis was included because receiving a cancer di-
agnosis has been associated with a range of emotional reactions, including
anxiety, existential despair, depression, anger, and fighting spirit (Henoch
and Danielson 2009; Mehlsen et al. 2007). This is especially the case when
the diagnosis is received early in life (Mehlsen et al. 2010). Lastly, we in-
cluded a control group not expecting to undergo any type of life transition.
To explore emotion regulation development we focused on changes in the
pattern of regulation strategies during the transition. Within emotion regu-
lation literature, the current consensus is, that no specific strategy is more
Lyby, Wallot & Mehlsen 289

adaptive than others, but rather that it is the match between strategy and
situation that is an indicator of adaptability (Aldao et al. 2015; Bonanno
and Burton 2013; Riediger and Klipker 2014). First step in measuring
adaptability is coined emotion regulation flexibility. The theoretical as-
sumption is that emotion regulation flexibility is not dependent on any spe-
cific strategies, but on the flexible application of a repertoire of various
strategies (Bonanno and Burton 2013). We have therefore applied an anal-
ysis from within the field of dynamic systems theory focusing on overall
change in the pattern of strategies. This analysis is termed Recurrence
Quantification Analysis (RQA) and is able to detect and quantify long-term
recurrences in data. More specifically, RQA quantifies repetitions in
strings of data and a flexible application of strategies is in this study de-
fined as a low amount of repetition, also called recurrence. Typically, RQA
is applied to detect reorganizations in complex systems, which are often
invisible to the naked eye. Previously, it has been applied within a wide
range of sciences, including the life sciences, e.g., biology (Zaldívar et al.
2008), molecular biology (Zbilut et al. 2002), sociology (Konvalinka et al.
2011), physiology (Mønster et al. 2016), earth sciences (e.g., geology,
Chelidze and Matcharashvili 2007; Turcotte 1990), as well as economics
and business (Belaire-Franch and Contreras-Bayarri 2002). Within psy-
chology, it has among others been applied in the detection of emerging new
cognitive strategies (Stephen et al. 2009), the interaction between mother
and infant (Pérez et al. 2017), in the association between distress and text
structure in cancer patients undergoing Expressive Writing Intervention
(Lyby et al. 2019), and phase transitions in psychotherapy (Schiepek et al.
2018).
Recurrence Quantification Analysis (RQA) is a type of nonlinear correla-
tion technique that can be applied in the study of temporal correlations
within time series data. The core tool of RQA is the recurrence plot (RP).
The RP is simply a similarity matrix indicating similarity between all data
points (or phase-space coordinates) of a time series; in detail, of snippets
of a time series represented as vector points in a time-delayed phase space
embedding. The matrix charters similarities within a sequence (see Fig. 1
in data analysis section below). In our case, the RP quantifies to what ex-
290 Microgenetic Changes in Emotion Regulation Strategies

tent the emotion regulation strategies repeat across the time of measure-
ment. A high level of repetition in strategies is assumed to reflect an in-
flexible regulation.
Microgenetic studies suggest that development is not an abrupt change
from one mode to another but involves a range of competing modes, cre-
ating a period of fluctuation between these (Kuhn 1995). This view on de-
velopment is equivalent to the one found in dynamical systems theory
(more specifically in Synergetics, a mathematical-based integrative theory
describing change in systems, Haken and Schiepek 2006), where fluctua-
tion as well as an equal distribution of the data is considered hallmarks of
development. Fluctuation happens because the system jumps back and
forth between competing organizations, in our example it could be two dif-
ferent kinds of strategies, resulting in fluctuations between high and low
values within each strategy variable. Furthermore, instabilities within the
system (observed during change) are often characterized by irregularly and
chaotically distributed values over the range of the measurement scale. We
therefore also perform a measure of the distribution of data, to assess
whether reorganizations within the emotion regulation system is happen-
ing. To measure these hallmarks of reorganization, we therefore also plan
to apply an analysis from within Synergetics specifically measuring these
reorganizations via the formula for Dynamical Complexity (Schiepek &
Strunk, 2010), which is the product of the measure for the level of fluctu-
ation and distribution. These results will be published in a later publication.

Methods and materials


We recruited 129 men to give daily reports of their emotion regulation over
a 4-month period. For the three life transition groups, we started the daily
recordings approximately 1 month before the transition (except for testic-
ular cancer patients, who could not be included until after they were diag-
nosed) and obtained measures until 3 months post transition. The controls
were included if they did not expect to experience any larger life transitions
during their 4-month recordings. After the 4 months of measurements, all
participants were contacted by a research assistant to participate in a semi-
structured interview. During this interview, the participant was provided
Lyby, Wallot & Mehlsen 291

with a graph displaying the overall changes in his data and was asked to
report any events during the 4 months that they themselves regarded as
particularly important.
The daily measures (described below) as well as the interview were part of
a larger study, also obtaining pre- and post-measures of a far range of psy-
chological variables, as well as monthly questionnaires for 6 months per-
taining to emotion regulation, psychological symptoms, etc.
36 Danish speaking first-time fathers, 22 testicular cancer patients, 34 re-
tiring men and 37 controls were recruited. Subjects received a smartphone
and instructions on how to fill in the daily questionnaire on the Synergetic
Navigation System (Center for Complex Systems 2016; Schiepek et al.
2015, 2018). The window for daily completion was between noon and
12am.
Measures
Emotion regulation strategy was assessed on a daily basis with the reduced
form of the standardized Cognitive Emotion Regulation Questionnaire
(CERQ), which measures 9 different types of regulation strategies
(Garnefski et al. 2002). These 9 strategy categories include: acceptance,
catastrophizing, blaming others, planning, positive reappraisal, positive re-
focusing, putting into perspective, rumination, and self-blame, and is rated
on a 6pt. scale, ranging from 0-5. The answers from all 9 strategy catego-
ries were treated as a single factor termed Regulation Strategy.
Emotion regulation outcome was assessed on the daily questionnaire by
subjectively rated emotion intensity of 5 different emotional dimensions:
calmness, anger, happiness, sadness, nervousness. These are rated on a vis-
ual analogue scale from 0-100. All answers pertaining to emotion ratings
were treated as a factor termed Emotion.
Significant events during data collection were assessed through a semi-
structured interview post-study asking participants to indicate the most sig-
nificant events happening during the 4 months of measurement. Using a
figure displaying the amount of change across the period of measurement
(Complexity Resonance Diagram), research assistants asked participants
to report these events qualitatively, as well as categorize these within the
292 Microgenetic Changes in Emotion Regulation Strategies

quantitative categories of 1) type of event (e.g. loss, conflict, etc.) and 2)


the associated predominant emotion (e.g. sadness, fear, happiness, etc.).
Data analysis
Change in data is quantified by the method of Recurrence Quantification
Analysis (RQA). Webber and Zbilut (1994) developed a way to quantify
the recurrences and hereby enabled the step from visualization to quantifi-
cation, i.e., to derive statistics of the recurrent behavior. The quantification
furthermore enables the possibility for the outcome of this non-linear anal-
ysis method to be available to further conventional statistical analyses. The
most common quantification variables are %Recurrence and %Determin-
ism. %Recurrence describes the relative amount of recurrence present in
the plot of all possible recurrences (again see Fig. 1 below), which is a sign
of repetition in data between two different time periods of data. %Deter-
minism describes the percentage of recurrence points that are part of diag-
onal lines, indicating coherent repetitions of adjacent values (or phase-
space coordinated) in a time series and therefore that there is high degree
of structure within the data.
The traditional version of this method visualizes and quantifies change in
application across a single data variable, in our case this corresponds to
every single emotion or emotion regulation strategy. However, since we
are interested in the development of applied strategies across the entire as-
sembly of strategies, we apply an extended version of this method named
Multidimensional Recurrence Quantification Analysis (MdRQA: Wallot et
al. 2016). MdRQA is a multivariate extension of simple RQA, allowing us
to quantify the long-term correlational patterns across entire factors of data,
in our case the Emotion and the Emotion Regulation factors. This multi-
variate method creates a RP of correlational pattern across the collective
variables constituting the given factor that again allows us to quantify the
specific aspects of recurrence.
Lyby, Wallot & Mehlsen 293

Fig. 1: Graphical model of a recurrence plot illustrating the procedure of investigating re-
currences within emotion regulation strategies. An identical data string is presented on the
x and y-axis of the plot and any recurrent strategies are marked by a black dot in the plot.
%Recurrence quantifies present recurrences in regard to the overall possible recurrences
(only the lower triangle is counted in). %Determinism measures the amount of dots (re-
currences) that are placed on a line, implying strategies that are part of a longer repeating
section of strategies.

To address the question of how these factors interact, a final method of


joint RQA is applied. This method captures the commonalities between the
two RP, in our case representing the two factors. Taken together, this final
application combines two existing methods, into a third and new applica-
tion form, the Multidimensional Joint Recurrence Plot (MdJRP), and is in-
cluded in our attempt to quantify to what extend the two factors of emo-
tions and emotion regulation strategies overlap or co-vary. In other words,
the application of this new method will be able to discover to what extend
changes in different emotions is accompanied with changes in the given
regulation strategies applied.
294 Microgenetic Changes in Emotion Regulation Strategies

Statistics
Three one-way ANOVAs were applied (the factors of Regulation Strategy
and Emotion and the Overlap between the two factors) to test for statisti-
cally significant differences in %Determinism between the four life transi-
tion groups and Bonferroni post hoc tests were applied to test for any sig-
nificant group differences.
Results
For the Regulation Strategy factor there was a significant difference be-
tween groups in %Determinism (F(3, 125) = 5.798, p=.001). Bonferroni
post hoc test revealed that % Determinism was significantly lower for the
fathers (M=60.2, SD=22.9) compared to testicular cancer patients
(M=82.1, SD=16.7, p=.002) and retiring men (M=77.3, SD=21.2, p=.008),
but not different from the control group (M=73.4, SD=3.8, p=.066). There
was no significant difference between the three other groups.
For the factor Emotion there were no significant differences in %Deter-
minism between the four groups (F(3, 125) = 0.645, p=.588).

Tab. 1: One-way ANOVAs (Fixed = Group) on multidimensional RQA for the factors of
Strategy, Emotion, and the overlap between these.

F p
Factor: Strategy
%Determinism 5.798 .001
Factor: Emotion
%Determinism 0.645 .588
Overlap factors
%Determinsm 5.293 .002

Lastly, differences in %Determinism for the overlap between the two fac-
tors of Strategy and Emotion turned out to be significant (F(3, 125) = 5.293,
p=.002). Again, a Bonferroni corrected post-hoc test revealed that %De-
terminism was significantly lower for the fathers (M=51.5, SD=23.0) com-
pared to the testicular cancer patients (M=74.3, SD=21.2, p=.003) and re-
tiring men (M=68.3, SD=23.8, p=.019), but that there were no statistically
significant difference between fathers and controls (M=65.4, SD=24.2,
Lyby, Wallot & Mehlsen 295

p=.073). Again, there was no statistically significant difference between


the three other groups.
Semi-structured interview
The post study interview revealed the following distribution of events ex-
perienced on dates showing increased levels of Dynamical Complexity.
The events across all participants (N=291) were reported to be: Conflicts
(12.0%), Loss (11.0%), Performance (5.8%), Large event, e.g. moving
house (23.4%), Positive experiences (22.0%), Busy (5.2%), and Other
(20.6%).
These events were furthermore described by the following associated emo-
tions across all participants: Anger (9.9%), Sadness (17.9%), Nervous-
ness/unsafe (17.9%), Feeling incompetence (1.4%), Stress (7.5%), Happi-
ness/cheerful (26.4%), Pride/satisfaction (11.7%), and No emotions
(7.2%).
To investigate the differences between groups within reported events and
emotions, Tab. 2 is presented below.
Since the group sizes differ, the number of reports are not directly compa-
rable, still the fathers reported less loss-related events and more ratings of
large events (such as moving, change of job etc.) as well as more nervous-
ness/unsafety, stress, and pride/satisfaction compared to the other groups.
In contrast, the retiring group seems to experience a larger amount of pos-
itive experiences, less conflict, and performance, as well as more happi-
ness/cheerfulness.
296 Microgenetic Changes in Emotion Regulation Strategies

Tab. 2: Type of events indicated by high Dynamical Complexity and their associated
emotions distributed by life-transition group

Event Fathers Cancer Retiring Controls


patients
Conflicts 13 (14%) 7 (14%) 8 (8%) 7 (13%)
Loss 6 (6%) 5 (10%) 14 (15%) 7 (13%)
Performance 7 (8%) 4 (8%) 0 (0%) 6 (11%)
Large event 33 (35%) 10 (20%) 17 (18%) 8 (15%)
Positive experiences 17 (18%) 12 (24%) 27 (29%) 7 (13%)
Busy 7 (8%) 0 (0%) 1 (1%) 7 (13%)
Other 10 (11%) 11 (22%) 26 (28%) 13 (24%)
Total 93 49 93 55
Emotion Fathers Cancer Retiring Controls
patients
Anger 8 (9%) 4 (9%) 7 (8%) 10 (20%)
Sadness/hopeless- 10 (11%) 12 (27%) 16 (18%) 13 (27%)
ness
Nervousness/unsafe 23 (26%) 5 (11%) 15 (17%) 8 (16%)
Incompetence 2 (2%) 1 (2%) 1 (1%) 0 (0%)
Stress 10 (11%) 5 (11%) 4 (5%) 3 (6%)
Happiness/cheerful 16 (18%) 12 (27%) 39 (44%) 10 (20%)
Pride/satisfaction 18 (21%) 5 (11%) 6 (7%) 5 (10%)
No Emotions 6 (7%) 5 (11%) 5 (7%) 7 (15%)
Total 87 44 88 48
Lyby, Wallot & Mehlsen 297

Discussion
The results regarding MdRQA of strategies show that fathers apply signif-
icantly more varying strategies across the 4 months of sampling, compared
to the two other life transition groups and the controls. In other word, their
application of strategies are less stable and recurring. These results support
our hypothesis that challenging periods in life, such as becoming a father,
may call for more varied and flexible emotion regulation. Even though
there is some ambiguity in how to interpret RQA measures in this regard,
very high determinism would mean that regulation strategies are not
changing over time, whereas extremely low determinism may reflect a ra-
ther random or arbitrary application of strategies. Both extremes would
likely signal some kind of dysfunctional rigidity. Hence, relatively lower
determinism measures for the fathers might indicate that a variety of emo-
tion regulation strategies are used over time, and that the use of a particular
strategy changes, perhaps indicating adaptive strategy usage.
Interpreting the results from the two other life transition groups, one hy-
pothesis may be that these do not influence emotion regulation signifi-
cantly, simply because they are not stressful or challenging enough to
evoke any fluctuations within this system. Beside the fact that retirement
is characterized by changes in daily activities, it has also been found to be
associated with decrease in both physical and mental health over time
(Dhaval et al. 2006). These changes may however happen later than the 6
months we are measuring, and we therefore risk not being able to capture
them in our study. Furthermore, a cancer diagnoses and treatment is usually
associated with increased levels of distress (Mitchell et al. 2011), but tes-
ticular cancer is a disease with a very good prognosis and after initial sur-
gery, most patients do not require further treatment (Danish Cancer
Society, n.d.). For both retired men and testicular cancer patients, the life
events may therefore not represent transitions that involve emotion regula-
tion development, leaving us with little information to investigate.
The information obtained in the semi-structured interview on the experi-
ences of the participants showed that the fathers do report to experience a
higher rating of large events, which can be argued to call for development
of one’s emotional regulation skills. Furthermore, they also report more
298 Microgenetic Changes in Emotion Regulation Strategies

feelings of nervousness and stress, which may be a sign of their existing


emotion regulation not being adequate to handle this new life situation.
Lastly, they also report more feelings of pride, which may also be related
to growth. On the other hand, the retiring men reported positive experi-
ences, less conflict, and feelings of happiness, which may not have called
for a development in their emotion regulation system.
The results above therefore support our hypothesis that life transitions may
be associated with changes in emotion regulation. However, these data do
not reveal whether the fathers’ changes reflect a beneficial development.
The stressful event of having a child could also have provoked other pat-
terns of emotion regulation, such as random and chaotic applications. To
draw any conclusions on adaptability, we need to include outcome varia-
bles indicating well-being, which will be included in later publications.

Perspectives
As already mentioned, this study is the first to apply a microgenetic method
to describe developmental changes in adulthood during a life transition.
Conceptions of more sophisticated computational models are needed for
describing the complex processes of psychological change. By applying a
mathematic measure of change within dynamic systems to estimate and
describe change in psychological processes, the project hopes to contribute
to the development of research methods within developmental psychology.
Lyby, Wallot & Mehlsen 299

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Olthof, Hasselman, Wijnants & Lichtwarck-Aschoff 303

Psychological dynamics are complex: a comparison of


scaling, variance, and dynamic complexity in simulated
and observed data
Merlijn Olthof, Fred Hasselman, Maarten Wijnants and Anna Lichtwarck-
Aschoff

The behavior of complex systems is often unpredictable, not because it is


random, but because its current behavior depends on a unique history of
interactions with its internal and external environment. Therefore, studying
snapshots of the behavior of a complex system in a static manner, or, rely-
ing on the laws of probability to generate expectations of future behavior
will be generally uninformative. In order to predict where a complex sys-
tem might be going, one needs a record of where it has been. This requires
analytic techniques that are able to describe the characteristics of the data
generating process underlying a unique observed history of an observable
of the system, known as idiographic time series methods. Delignières et al.
(2004) explain: ‘time series analyses are generally based on the assumption
that the dynamics of the series is explained in terms of the current value’s
dependence on past values’ (Delignières et al. 2004). Some well-known
time series analysis, such as lag-1 autoregressive models, model how val-
ues at time t are dependent on values at t-1. Research shows, however, that
the dependencies in time series are generally not restricted to lag-1 corre-
lations (Wijnants 2014). In fact, measurements of a wide variety of human
behaviors including for example heart rate, limb movement, reaction time,
and even self-esteem, yield time series that have very complex temporal
structures with long-range temporal correlations that exceed way beyond
lag-1 (for reviews see Diniz et al. 2011; Wijnants 2014).
In this chapter, we first briefly introduce the different global temporal
structures that can be observed in time series. Next, we will test how dy-
namic complexity (Schiepek and Strunk 2010), a complexity measure for
short time series, and variance are related to these different temporal struc-
tures on the basis of both simulated and observed data. The overall aim of
the present study is to examine whether dynamic complexity and variance

© Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2020
K. Viol et al. (Hrsg.), Selbstorganisation – ein Paradigma für die
Humanwissenschaften, https://doi.org/10.1007/978-3-658-29906-4_17
304 Psychological Dynamics are Complex

can be informative about the nature of the dynamical patterns that are pre-
sent in short time series, such as those collected in Ecological Momentary
Assessment (EMA) research. It is important to know whether EMA series
exhibit long range temporal dependencies, because most contemporary
analysis strategies used to draw inferences from such data are valid only
when no such dependencies are present (e.g., see Bastiaansen et al. 2019).

Different colors of noise


One way to quantify the temporal structure of time series is by spectral
analysis. This involves translating the time series to the frequency domain
using Fourier transformation and inspecting the scaling relation between
power and frequency. This is done by plotting the power of each contrib-
uting wave at the frequency in a log-log power spectrum. In Fig. 1, an ex-
ample is shown for three temporal structures that are known as white noise
(or Gaussian noise; upper panel), pink noise (or 1/f noise; middle panel)
and red noise (or Brownian noise; lower panel). White noise is uncorre-
lated with completely independent data points. The scaling relation be-
tween power and frequency is zero as indicated by the value of the slope
in the log-log power spectrum of ±0 (also called the scaling exponent).
Brownian noise is strongly positively correlated and can be generated by
adding successive observations of white noise (a random walk). Here, slow
waves have very large amplitudes and dominate the dynamics, the scaling
exponent is -2. Pink noise turns out to be the most interesting temporal
pattern. It is characterized by an inversely proportional scaling relation
(scaling exponent of -1) between log power and log frequency, meaning
that slower waves have proportionally higher amplitudes compared to
faster waves. This makes pink noise a so-called ‘fractal in time’ (Wijnants
2014), the dynamical patterns observable at a global scale (i.e. the scale of
observation), are also observable at the shorter time scales as a self-affine
version of the global pattern (i.e., it indicates there is no characteristic scale
at which the dynamics can be described, it is essentially a scale-free pro-
cess). Pink noise is suggested to be a hallmark of self-organization in com-
plex systems (Bak et al. 1987; Van Orden et al. 2003; Van Orden et al.
2011). Because it is scale-free, pink noise can be viewed as a sign of flex-
ibility, a balance between rigidity and randomness. Pink noise has been
Olthof, Hasselman, Wijnants & Lichtwarck-Aschoff 305

found in a wide variety of time series in humans including, for example,


heart rate, breathing, and reaction times (for a review see Wijnants 2014).
Interestingly, deviations from pink noise in both the direction of white
noise and red noise have shown to be related to ageing, sub-optimal per-
formance and even (psycho)pathology (Goldberger et al. 2002; Wijnants
2014).

Fig. 1: Three different classes of temporal variability, white noise (A), pink noise (C), and
red noise (E), and their respective power spectra are shown in the respective panels at the
right.
306 Psychological Dynamics are Complex

Dynamics of ecological momentary assessment


In contrast to physiological or reaction time series that are often used to
study the scaling exponents described above, EMA data usually do not
have enough time points to get a reliable estimate of the scaling exponent
(Delignières et al. 2006). As a consequence, the possibility of long-range
temporal correlations in EMA data has mostly been ignored in the literature
(but see: Delignières et al. 2004). We test whether it is possible to get in-
formation about the temporal structure (in terms of scaling relations) of
short EMA data using a complexity measure that was developed for short
time series: dynamic complexity (Haken and Schiepek 2010; Schiepek
2003; Schiepek and Strunk 2010). Dynamic complexity is a combination
of two algorithms: F, which measures the intensity of fluctuations in terms
of frequency and amplitude and D, which measure the randomness of the
distribution of a time series. Dynamic complexity is computed by multipli-
cation of F and D, making that dynamic complexity is high when fluctua-
tions are frequent, large and irregular, and low when fluctuations are absent
or regular (e.g. a sine wave). In the next sections, we explore the relation
between dynamic complexity and scaling exponents. We also look at var-
iance, as this is a well-known measure that is often used in EMA research.
If dynamic complexity and variance are related to scaling exponents, they
can be informative of the temporal structure of short EMA time series.

Dynamic complexity and variance computed for different simulated


scaling exponents
Time series simulation
We simulated time series data with different scaling exponents in order to
test the relation between spectral slopes, dynamic complexity, and vari-
ance. All analyses were performed in R (R Core Team 2017) using the
package casnet (Hasselman 2018). One hundred time series of 512 data
points containing random uniform noise varying between 0 and 6, were
created. Each time series was used as input to simulate 9 variants of the
original random uniform noise, but with different spectral slopes ranging
from -2 (persistent, positively correlated noise) to 2 (anti-persistent, nega-
tively correlated noise). Anti-persistent noise was included for comparison,
Olthof, Hasselman, Wijnants & Lichtwarck-Aschoff 307

but note that this type of noise is very rare in observed data. Simulated data
was rounded to 4 decimals. See Fig. 2 for an example of these time series.
The time series with a spectral slope of 0 are similar to the original random
uniform noises. Because EMA data usually is much shorter than 512 data
points, we trimmed the time series in order to create three shorter time se-
ries of 64, 128 and 256 data points. The idea behind this is that observed
EMA time series also capture only part of the complete temporal pattern.

Fig. 2: Example of random uniform noise series (spectral slope of 0) and variants with dif-
ferent spectral slopes ranging from -2 to 2.

Dynamic complexity and variance results


Dynamic complexity and variance were computed over all time series (of
different length) with a sliding window of 7 data points. The window width
was chosen because it is often used for dynamic complexity analyses in
time series of daily self-ratings (Schiepek et al. 2016; other window widths
did show similar results). The results for the different time series lengths
were very similar, therefore we only report the results of the shortest time
series with length 64, which is a common time series length for EMA data
in psychotherapy (e.g. Olthof et al. 2019).
308 Psychological Dynamics are Complex

The results show that both dynamic complexity and variance are sensitive
to the scaling exponents of the simulated time series, even when computed
over short windows of 7 data points, in time series of only 64 data points
(see Fig. 3 and 4). Dynamic complexity and variance are lowest for the
most persistent noise and highest for white noise. For anti-persistent
noises, dynamic complexity and variance are again lower, but with very
wide distributions. The results suggest that dynamic complexity (which
ranges theoretically from 0 to 1) can be expected to be very low for the
types of dynamics that can reasonably be expected in EMA data (i.e., with
some level of positive long-range correlations, spectral slopes between -2
and 0.

Fig. 3: Dynamic complexity computed in 7-day sliding windows over 100 simulated time
series of length 64, containing noise with different spectral slopes ranging
from -2 to 2.

It is very surprising that dynamic complexity and variances in windows of


7 data points are so strongly related to spectral slopes that are usually esti-
mated over more than 1024 data points. An explanation can be found in
the fact that our data was simulated within a fixed range from 0 to 6. Scal-
ing exponents are indicative for the proportion of local variance (of parts
of the time series) to global variance (of the whole time series). When the
Olthof, Hasselman, Wijnants & Lichtwarck-Aschoff 309

global variance is restricted (i.e., by applying a fixed range), the local var-
iance by itself (as measured by dynamic complexity and variance in small
moving windows) can be informative about the long-range correlation
structure of the data, as appears from our results. This is interesting for
EMA research specifically because EMA data have a restricted range as
well (i.e., the answering scale).

Fig. 4. The distribution of Variance values computed in 7-day sliding window for 100
simulated time series of length 64 containing noise with different spectral slopes ranging
from -2 to 2.

Dynamic complexity and variance computed over observed data


As a next step, we wanted to compare the dynamic complexity and vari-
ance values for our simulated data to dynamic complexity and variance of
observed EMA data. We therefore analyzed dynamic complexity and var-
iance scores on a large dataset (22554 data points) containing daily self-
ratings from 328 patients with mood disorders (described in Olthof et al.
2019) as collected with the Synergetic Navigation System (SNS; Schiepek
310 Psychological Dynamics are Complex

et al. 2016)1. We computed dynamic complexity and variance in 7-day


overlapping windows per item for each patient separately. The results are
shown in Fig. 5 and 6. One can immediately see that both dynamic com-
plexity and variance are extremely low compared to our simulations. Re-
lated to the simulation results, it appears that all segments of the empirical
item series show some form of persistent noise with spectral slopes that
should be negative in value suggesting the presence of pink or brownian
noise (this can clearly be seen for the results of variance, which never ex-
ceeds 1).

Fig. 5: Dynamic complexity computed over 7-day windows over daily self-ratings of 21
items for 328 patients.

While this is an interesting result, there is one major limitation in the inter-
pretation of dynamic complexity and variance in real data in relation to
simulated data: people do not use the measurement scale in the same way
as the simulation. Translating the simulation results to the results of the
observed data implies assuming that the whole measurement scale ranging
from 0-6 was used by all patients in the sample in a consistent way. It is
unlikely that this assumption was met. Therefore, these results should be
interpreted with caution. Still, the fact that there appears to be almost no

1
We thank Günter Schiepek, Guido Strunk, und Benjamin Aas for the possibility to use
this dataset in this study.
Olthof, Hasselman, Wijnants & Lichtwarck-Aschoff 311

overlap between the dynamic complexity and variance of real data and of
white noise is remarkable and suggests that even when patients used the
whole measurement scale (which should probably occur sometimes in this
dataset with more 22.000 measurement points) the dynamics indeed appear
non-random.

Fig. 6: Variance computed in 7-day windows over daily self-ratings of 21 items for 328
patients.

A direct comparison of dynamic complexity, variance and spectral


slopes in EMA data
The optimal way to test whether indeed dynamic complexity and variance
in observed data are lower than in simulated data with the same spectral
slopes would be a direct comparison between the three measures. The self-
ratings analyzed above are unfortunately too short for computation of reli-
able spectral slopes (Delignières et al. 2006) and therefore a direct com-
parison is impossible. Luckily, there is data available from an EMA study
by Delignières et al. (2004) in which 4 participants answered 6 questions
about their self-esteem and physical self for two times a day during a period
of 512 days, resulting in time series of 1024 measurement points. Answers
were given on a visual analog scale ranging from 0 to 10. The authors
312 Psychological Dynamics are Complex

found pink noise in all time series with spectral slopes ranging from -0.95
to -1.39, showing the presence of long-range correlations.

Fig. 7: Spectral slopes, dynamic complexity, and variance for 6 items answered by 4 par-
ticipants. Dynamic complexity and variance values are medians of the values within 7-day
windows per item.

We re-analyzed this data for a direct comparison of dynamic complexity,


variance, and spectral slopes (Fig. 7). We recoded the answers to a range
of 0 to 6, in order to compare the analysis with the results obtained from
the simulated data and the psychotherapy data. We compared our findings
for dynamic complexity and variance to the spectral slopes found by Del-
ignières et al. (2004). In line with the presence of pink noise in the time
series, the values for the dynamic complexity and variance of all windows
(size=7) per item also suggests the presence of long-range correlations,
when we compare to the simulation results. The extremely low values of
median dynamic complexity (<.006) and variance (<.10) occur in the sim-
ulation only frequent for spectral slopes that are below -1.5 (in between
pink and red noise; see Fig. 3 and 4). The ‘expected’ spectral slopes based
on visual inspection of dynamic complexity and variance values for the
simulated data are thus lower than the observed spectral slopes. As ex-
plained before, this might be due to the fact that participants, in contrast to
the simulation, do not always ‘use’ the full range of the measurement scale.
A limited range of observed values automatically leads to lower dynamic
complexity and variance compared to when the whole range is used. When
Olthof, Hasselman, Wijnants & Lichtwarck-Aschoff 313

we look at the distribution of answers over all items and participants, this
explanation seems plausible: participants mostly rated between 3 and 5 in
the recoded scale that ranges from 0 to 6 (see Fig. 8).

Fig. 8: Density of ratings for the data from Delignières et al. (2004) rescaled to [0, 6].

Conclusion
Dynamic complexity and variance computed over small windows of size 7
are both surprisingly strongly related to spectral slopes of simulated time
series. In relation to the results for simulated data, dynamic complexity and
variance of observed data suggest that EMA data are not random but struc-
tured, with long-range temporal correlations, possibly pink noise, suggest-
ing that EMA data are generated by a self-organizing complex system (in
this case, an individual; Bak 1987; Van Orden et al. 2011). Dynamic com-
plexity and variance, however, cannot be used as a direct indicator for scal-
ing exponents, as the way in which participant use the measurement scale
heavily influences the results. Future research should explore the possibil-
ity for statistical estimation of expected spectral slopes in short EMA data
based on data range and measures of local dynamic complexity and/or var-
iance. Our findings emphasize the need for researchers to examine the tem-
poral structure of EMA data prior to analysis, since inferences from most
314 Psychological Dynamics are Complex

contemporary analysis strategies are not valid for data with long-range de-
pendencies and we find that the absence of such dependencies cannot
simply be assumed.
Olthof, Hasselman, Wijnants & Lichtwarck-Aschoff 315

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Guastello, Palmer, Marra & Peressini 317

The effect of cooperation and competition dynamics on


autonomic synchrony in teams
Stephen J. Guastello, Ciara Palmer, David E. Marra, and Anthony F.
Peressini

Autonomic synchrony, sometimes known as physiological compliance or


concordance, is a special case of self-organization that involves a high de-
gree of correlation in the physiological time series of two or more people
working together. This study investigated the role of cooperation and com-
petition dynamics on the total amount of synchrony for 11 pairs of com-
peting teams in a series of emergency response simulations. The synchrony
level was greater for the combined opponents than it was for each team.
Synchrony was moderated by time pressure as predicted from the general
theory. Compared to previous results on record, the effects of competition
versus cooperation appear to be situationally specific and sensitive to sev-
eral features of the experimental design.

Introduction
Systems in a high state of entropy tend to self-organize by adopting a new
internal structure that reduces the amount of internal entropy and improves
the performance and efficiency of the system (Eiler et al. 2017; Friston
2010; Guastello et al. 2013; Haken 1984; Hong 2010; Prigogine and Sten-
gers 1984). Although several distinct self-organizing processes are known,
they share a common theme regarding the importance of the flow of infor-
mation from one subsystem to another.
Synchrony is a special case of self-organization in which one can observe
close mimicry in behavior of the system components. Synchrony in body
movements, autonomic arousal, and EEG activity among human individu-
als has attracted considerable attention in recent years (Delaherche et al.
2012; Gorman et al. 2017; Ramseyer and Tschacher 2016; Palumbo et al.
2017; Stevens and Galloway 2016). In principle, synchronization is “an
adjustment of the rhythms of oscillating objects due to their weak interac-

© Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2020
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318 Synchrony in Teams

tion” (Pikovsky et al. 2001, p. 8). The oscillators are assumed to be inde-
pendent, though each one can continue oscillating on its own when the
others in the system are absent. Strogatz (2003) described the minimum
requirements for synchronization as two coupled oscillators, a feedback
loop between them, and a control parameter that speeds up the oscillating
process. Although it is convenient to think of the synchronizing subsystems
as oscillators, the oscillators can be forced, aperiodic, or chaotic processes.
Chaotic functions can also synchronize (Pikovsky et al. 2001; Stefánski
2009; Whittle 2010), although it is less likely that one would observe the
distinctive phase lock associated with simple oscillators.
This article is specifically concerned with autonomic synchrony and the
effects of competitive and cooperative dynamics on synchrony within and
between teams. Synchrony in autonomic arousal is an affiliative social pro-
cess that can be observed in romantic couples (Levinson and Gottman
1983; Helm et al. 2011), strangers in conversation (Guastello et al. 2006),
psychotherapy (Marci et al. 2007), and cohesion in work teams (Mønster
et al. 2016). It can be interpreted as a display of emotional contagion
(Guastello et al. 2018; Hatfield et al. 1993; Parkinson 2011). The extent to
which it occurs is related to the empathy levels of the people involved, their
common focus of attention on external events (Palumbo et al. 2017), or any
inherent rhythmicity in the task (Henning et al. 2001; Strang et al. 2014).
Synchrony has been positively associated with team performance in some
situations (Elkins et al. 2009; Guastello et al. 2018; Guastello et al. 2019;
Henning et al. 2001).
The next sections of this article describe the extant research on human
physiological responsivity to cooperation versus competition dynamics
during a task and its possible role in synchrony, the synchronization metric
used in the present study, and the development of the primary research
question: Is synchrony greater within cooperating teams than between
competing teams?

Cooperation versus Competition


Game theory (von Neumann and Morgenstern 1953), specifies several
types of games, some of which are strictly competitive, some are strictly
Guastello, Palmer, Marra & Peressini 319

cooperative, and some are mixed motive games in the sense that the par-
ticipants have the option to cooperate or defect on their opponent. Prison-
ers’ Dilemma is a mixed motive game, and is probably the most frequently
studied game outside of strictly competitive games (Friedman 1994; Sam-
uelson 1997).
Six studies addressed the question of the effect of cooperation and compe-
tition on synchronization, five of which involved dyads. In Lee (2008), the
research participants played repeated games of Prisoner’s Dilemma while
brain activity was recorded through near-infrared spectroscopy. Positive
activation in some areas was produced when partners reciprocated a coop-
eration attempt, and negative activation was produced when cooperation
was not reciprocated. In Fallani et al. (2010) dyads engaging in iterative
Prisoner’s Dilemma games would generate different EEG signals depend-
ing on whether they were about to cooperate or defect on their counterpart.
These results suggested that similar differences could carry over to auto-
nomic activity and synchronization, but that further research would be re-
quired to establish such connections.
Hariharan, Dorner, and Adam (2017) studied cognitive workload, as meas-
ured by EEG signals, and autonomic arousal, as measured by heart rate, in
dyads working together on a computer-based task. The task involved show-
ing stimulus screens to the dyads, for which they had to provide a simple
decision quickly. They performed the task under competitive or coopera-
tive rules of engagement. Higher workload resulted in lower performance
in the competitive condition, but not in the cooperative condition. Higher
arousal resulted in lower performance in the cooperative condition, but not
the competitive condition. Their analysis of missing responses showed
higher engagement (fewer missing responses) in the competitive condition,
but not the cooperative condition. The researchers suggested that the auto-
nomic results could be capturing reactions such as anger or frustration to
poor performance outcomes. No synchronization analyses were reported.
Cui, Bryant, and Reiss (2012) studied brain activity using near-infrared
spectroscopy with dyads performing a more elaborate computer game.
Again there were cooperative and competitive versions of the same task.
They reported that differences in activity streams were not apparent when
320 Synchrony in Teams

the data streams were analyzed separately, but there was greater coherence
(synchrony) in the cooperative task compared to the competitive task.
Chanel, Kivikangas, and Ravaja (2012) found the opposite effect, however,
for dyads in a computer game with cooperative and competitive experi-
mental conditions. Physiological responses were facial electromyograms,
electrodermal (ED) activity, electrocardiograms, breathing rate, and EEG.
They reported positive synchrony on most measures for most dyads, but
synchrony was stronger in the competitive condition.
The sixth study involved an emergency response (ER) game in which a
team of three or four participants defended a city against an attacker (Guas-
tello et al. 2018). Autonomic arousal was measured by their ED responses.
The total level of synchrony for the ER team and the attacker (competitor)
together was actually greater than the level of the synchrony within the
team by itself. Synchrony within a team, however, improved as a result of
winning more games against their competitor.

Synchronization Coefficient
Progress with team synchronization research has been slower than studies
with dyads due to a lack of an appropriate metric for quantifying physio-
logical synchronization within a group of three or more members. For that
reason, Guastello and Peressini (2017) developed a metric that can be used
in conjunction with the types of time series data produced by ED or other
biometric sensors. Briefly, SE is calculated from a set of influences from
each member of the group to each other member of the group. The compu-
tation begins with the matrix that is populated with autocorrelations of
physiological time series on the diagonal (Tab. 1). Semi-partial correlation
coefficients on the off-diagonal entries show the impact of one person on
the other. Matrix entries can be positive or negative coefficients. Negative
autocorrelations reflect oscillating functions. Negative off-diagonal ele-
ments reflect dampening effects between people rather than mutually ex-
citing effects.
Guastello, Palmer, Marra & Peressini 321

Tab. 1. Prototype Matrix of Synchronization Coefficients for a Group with N Members.

Matrix P: TO
P1 P2 P3 ... Pn Driver Score
FROM P1 AR1 R12 R13 ... R1n  R21
P2 R21 AR2 R23 ... R2n  R22
P3 R31 R32 AR3 ... R3n  R23
... ... … … … 
Pn Rn1 Rn2 Rn3 ... ARn  R2n
Empath Score  R21  R22  R23 ...  R2n

Sums of squared regression coefficients are calculated for the rows and
columns. The person with the largest row total is the driver. The person
with the largest column total is the empath. The reasoning is that a driver
has no impact on group synchrony unless other group members are re-
sponding to that individual. The correspondence of team members with the
empath would reflect the highest synchrony of any one person with other
team members. The final step calculates a single number, synchronization
with the empath (SE), which expresses a global level of synchronization for
the group. The autocorrelations in the matrix diagonal and the semi-partial
correlation coefficients (2 in Eq. 2) can be produced by Eqs. 1-2:
Xt = 0 + 1Xt-1 (1)
Xt = 0 + 1Xt-1 + 2Pt-1 (2)
where Xi is the target person’s ED activity time series, and Pt-1 is the in-
fluence from a second person on the target person. Note that the matrix is
asymmetric, which allows for one person to have more of an effect on an-
other than vice versa. The diagonal entries are usually all < 1.00.
SE has a theoretical mean of 0.00, which indicates no synchronization at
all. The population value based on the simulation study (Guastello and Per-
essini 2017) is 0.112, 95% CI = [-1.177, 1.402]. Further information about
the computation of SE and its applications can be found in Guastello and
Peressini (2017), Guastello et al. (2018), and Guastello et al. (2019).
322 Synchrony in Teams

The Present Study


The previous research on the effects of cooperation versus competition on
physiological activity and synchronization offers inconsistent expectations
for team synchronization research. Cui et al. (2012) suggested that dyads
produce stronger synchrony in cooperative conditions, but not in competi-
tive conditions. Chanel et al. (2012) suggested the opposite. In a non-dy-
adic study, cooperating teams synchronized with single opponents (Guas-
tello et al. 2018). The present study considered the possibility that the so-
cial dynamics could be different if the opponents were teams of two play-
ers.
The present study and Guastello et al. (2018) differed from other previous
studies in the administration of competitive and cooperative experimental
conditions. Rather than making competition and cooperation separate ex-
perimental conditions or treating them as mutually exclusive options as in
Prisoner’s Dilemma, competition and cooperation occurred simultane-
ously. This strategy is a close abstraction of some real-world situations.
For instance, if the operators of a power plant were fighting off a cyberat-
tack and trying to prevent the power grid from going into widespread
blackout, one could conceptualize the interactions between attackers and
defenders as a strictly competitive game, assuming that attackers and de-
fenders could be interpreted as a single entity. The limitation of the as-
sumption, however, is that a strictly cooperative subgame (a Stag Hunt
game) occurs within the team as it decides on its control actions. Similar
dynamics are applicable to sports teams.
Teams in the ER simulations were not given any instruction regarding how
to coordinate with each other during problem solving. Rather, the objective
was to observe how they might self-organize along with the performance
results. It was demonstrated in prior research with this medium that gains
made by the attacker had negative effects on the subsequent performance
of the team and negative effects on their levels of participation in the deci-
sion making (Guastello 2010; Guastello and Bond 2004; Guastello et al.
2017a). One could see a rise in autonomic synchrony when teams were
watching attackers make their moves, and a decline when the teams were
actively engaged in problem solving; the activity level disrupted synchrony
to a small but significant extent (Guastello et al. 2017b), which is actually
Guastello, Palmer, Marra & Peressini 323

a fairly standard occurrence with ED data. Thus in the present study, it was
hypothesized that if a schism in synchrony occurred, the level of synchrony
within teams would be greater than the level of synchrony calculated from
the two teams together.
The second independent variable was time pressure. This was a fixed ef-
fect: In one experimental condition, the teams were given a time con-
striction for their decisions early in the simulation sequence, while other
teams were given the constriction later on. The time constraint was moti-
vated by the hypothesis that a control parameter that speeds up the interac-
tion process would induce synchronization (Strogatz 2003). Time con-
straints had the effect of inducing synchronization in two previous studies
(Guastello 2016; Guastello et al. 2019).

Method
Participants
Participants were 58 undergraduates from a Midwestern US university,
who engaged in an ER game, The Creature that Ate Sheboygan (Simula-
tion Productions 1979). Participants ranged in age from 18 to 22 years
(mean = 19.20). There were 11 males, 45 females, and two who did not
report gender.
Procedures
Participants were organized into 11 teams of 3 or 4 ER team members plus
2 attackers. In an effort to meet the team size requirements for the experi-
ment, additional participants were recruited as alternates. The five partici-
pants who were not assigned to an ER or attacker team assisted the re-
searchers by counting game points acquired by the ER teams and attackers.
Participants were assigned to roles based on a roll of a dice.
The experiment involved three 2-hour sessions that were scheduled one
week apart. Participants signed the consent form at the beginning of the
first session, and completed some cognitive tests and an untimed survey
324 Synchrony in Teams

(which were not used in the present study). The remainder of the first ses-
sion was used to learn the game. The second and third sessions produced
experimental data, in which the participants wore ED sensors.
For seven of the groups, teams and attackers were given a time limit of 90
seconds per turn during the second experimental session (first three games
used in the analysis), although the duration was only 10 to 70 seconds. The
other four groups were given a time limit of 90 seconds during the third
session. Participants were given a 30 second warning once they had taken
60 seconds before making their moves. For conditions without a time limit,
the time per turn was variable and could exceed 90 seconds.
The ER teams were given five minutes at the start of a game to position
their tokens on the board in any manner they thought was strategic while
the attacker waited in another room out of earshot. Attackers, who were
depicted as a Godzilla-type monster working together with a Rodan-type
flying monster, made the first move. Attackers could burn buildings and
eradicate ER teams’ military, police, firefighters, and air power. The at-
tacker team won if it scored at least 40 points against the ER team. The ER
team won if it cut each attacker’s defense power from 14 points to zero
before it attained 40 points against the ER team. The game was initially
published as a two-person game, but it was modified as a group activity for
research purposes. The details of the game rules were published in an ap-
pendix to Guastello and Marra (2018).

ED Data
Before the games for data collection took place, the participants were
brought to a nearby lounge area in the psychology department facilities to
wash their hands and dry them thoroughly. When they returned, the exper-
imenter applied two silver electrodes to the second and third fingers of their
non-dominant hands at the second phalange. The electrodes connected to
wireless transmitters and receivers (BIOPAC MP150 system). The MP150
system automatically filtered AC hum and calibrated the readings almost
instantly. Participants waited 5 seconds after the start of the ED recorder
to make the first roll of the dice, which indicated the start of the attacker’s
fist turn. The initial five seconds of the data recordings for each game were
Guastello, Palmer, Marra & Peressini 325

discarded; the games lasted approximately 15 minutes each. ED readings


were sampled at 200 observations/sec, then down-sampled to 1 observation
per second in order to complete the statistical analysis.

Statistical Analysis
The participants generated a total of 46 usable games. The game-level data
were used as the units of analysis for statistical analysis. The performance
criterion was the number of monsters killed by the ER team in some anal-
yses. The time series analysis of ED data was performed in an R routine
that simultaneously produced the matrix in Tab. 1 that was used to produce
the SE coefficient. The SE coefficient was produced from the standard al-
gorithm SyncCalc 1.0 (Peressini and Guastello 2016) for the ER team and
synchrony for the ER team and the attackers together. The calculation of
SE for the two-attacker team was simplified by inspecting the off-diagonal
entry from Attacker 1 to Attacker 2, and the vice-versa coefficient. The
larger of the two values was adopted as the SE coefficient for the attackers,
as it met the definition of synchronization with the empath. All other sta-
tistical analyses were performed through SPSS v24.

Results
Tab. 2 shows the descriptive statistics for the variables used in the study.
Notably, the means for the three types of SE were very similar, but their
standard deviations were more dispersed. The sphericity test for type of SE
was significant (2 = 18.54, df = 2, p < .001); thus we deployed the Green-
house-Geiser correction for the F-tests in the ANOVA analysis.
The ANOVA showed a significant effect for type of synchrony (F (1.48,
65.18) = 3.29, p =.058, p2= .07), and for the interaction between type of
synchrony and the time constraint (F (1.48, 65.18) = 2.86, p = .079, p2=
.06). The main effect for time condition was not significant (F (1, 44) =
0.42, p > .10). The total level of SE was largest for the team and monsters
together. SE is not biased by matrix size (Guastello and Peressini 2017), so
this effect was social or psychological in origin and not a computational
326 Synchrony in Teams

artifact. It was interesting to note, in addition, that when the two teams’
data were combined, one of the monsters emerged as the empath in 36 out
of 46 games.

Tab. 2: SE coefficients for ER teams, Attackers, and ER Teams and Attackers Together.
SE Coefficient
ER Only Monsters ER + Monsters
Mean 0.301 0.299 0.329
SD 0.096 0.057 0.049
Minimum 0.004 0.185 0.238
Maximum 0.449 0.513 0.413

A graph of the interaction effect appears in Fig. 1. SE was larger for teams
alone when they received the time constraint sooner rather than later. The
opposite occurred with the monsters to smaller degree, and there was vir-
tually no net difference for the monsters and ER teams together.

Fig. 1: Interaction between introduction of the time constraint and type of synchroniza-
tion. The time condition “sooner” is depicted in black, the condition “later” is depicted in
grey.

A correlation analysis showed that the SE levels were unrelated to the


length of the games in terms of either the total number of turns for each
team required or the total duration in seconds, or the number of monsters
Guastello, Palmer, Marra & Peressini 327

killed (0, 1, or 2) within a game. SE for the ER teams, however, was nega-
tively correlated with the cumulative number of monsters killed leading
into a particular game (r = -.28, p = .061). The SE levels for the teams only
and monsters only were not significantly correlated (r = .21, NS), although
the two values were significantly correlated with SE for the two teams com-
bined (r = .55 for ER teams, p < .001; r = .45 for monsters, p < .001).

Discussion
This study examined the effects of cooperation and competition on auto-
nomic synchronization within teams. Previous research with physiological
indicators suggested that there could be such an effect. The previous results
appeared contradictory, however, probably as a result of different experi-
mental procedures. The relationships between synchronization and perfor-
mance were similarly complicated.
The present study considered the situation of two competing teams in
which a strong coordination effort within each team would be desirable. It
was hypothesized that if a schism in synchrony occurred, the level of syn-
chrony within teams would be greater than the level of synchrony calcu-
lated from the two teams together. In a previous report (Guastello et al.
2018), the ER teams competed against a single attacker. The present study
differed from the earlier example in that the ER teams were now competing
against a team of attackers, which was thought to produce a different effect
on the social dynamics among agents. The results, however, were similar
to those of the previous example and showed an increased level of total
synchrony when the two opposing teams were analyzed together. This re-
sult is consistent with the notion that competing teams tend to keep close
track of each other and learn from their interactions.
A different result was obtained for the relationship between SE within the
ER team and the cumulative number of monsters killed. The correlation
was positive in the earlier study, but negative here. A post hoc explanation
is that the two-monster scenario was known to be more difficult (Guastello
and Marra 2018), which could in turn induce the teams to think and act
more independently as they tried to develop their adaptive responses. This
328 Synchrony in Teams

explanation would be consistent with another recent study (Guastello et al.


2019) that showed, for a strictly cooperative task, the best performing
groups were those that displayed less synchrony during a phase of individ-
ual problem solving, and greater synchrony during a phase of group prob-
lem solving. Alternatively, some ER team members could have become
more despondent and disengaged as the tournament progressed, even
though the teams had some positive results along the way. Previous studies
that analyzed turn-to-turn performance results with the same ER simulation
indicate that this explanation was viable (Guastello 2010; Guastello and
Bond 2004; Guastello et al. 2017a); similar dynamics appeared to have oc-
curred in Hariharan et al. (2017).
Synchronization levels were moderated by the time pressure manipulation,
as predicted from the general theory (Strogatz 2003). The time pressure
manipulation had its greatest effect on the ER teams. The differential effect
was plausibly related to the greater difficulty experienced by the ER team
in the two-monster scenario.
The study had a notable limitation, which was the sample size relative to
the effect sizes. Although 46 games appeared to be sufficient at the outset,
the sizes of the interesting effects were smaller than expected. The effect
sizes would still be considered substantial nonetheless. Additional research
should prepare for more teams and should also consider opposing teams of
equal size as an experimental condition.
Finally, it now appears that competing teams are closely engaged; this is
not a scenario that would be likely to produce fault lines within a social
unit that result in bifurcations or schisms in synchrony. The degree of
schism could be related to the amount of conflictual interaction between
factions compared to indifference between factions. The effect of fault
lines might be investigated more effectively with simulation studies. Then,
if a bifurcation occurs in a real social situation, it could be interpreted from
the vantage point of what would be expected from the simulation results.
Guastello, Palmer, Marra & Peressini 329

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Matthias Ochs 333

Zur Relation von kognitiven und dyadischen Systemen –


eine explorative, iterative Zeitreihen-Fragebogenstudie
mittels Mixed Methods Design mit deskriptiver Statistik
Matthias Ochs

Es werden Befunde einer Fragebogen-Untersuchung von Dyaden mit ite-


rativem Design dargestellt, in der mit Hilfe verschiedener Formen der
SYMLOG-Adjektivliste empirische Zeitreihen über 9-15 Meßzeitpunkte
(MZP) generiert und bei der auch qualitative Daten erhoben wurden. Die
Zeitreihen werden phänomenal-deskriptiv, deskriptiv-statistisch sowie
mittels Zitaten aus den qualitativen Daten analysiert. Theoretisch werden
die Daten mittels einiger Skizzen zu Analogie-Aspekten bezüglich einer
Sozialpsychologie sozialen Wahrnehmung/Kognition und dem Konzept
der Mustererkennung des synergetischen Computers gerahmt.

Einleitung
Die synergetische Systemtheorie (Haken 1977), die bekanntlich im Kon-
text der Erforschung der Strukturbildung des Laserlichts, also der Physik,
entwickelt wurden (Haken 1984), kann aber als strukturwissenschaftlicher
Ansatz (Artmann 2011; Kriz und Tschacher 2013) beanspruchen, dass ihre
Grundprinzipien disziplinübergreifend auf sämtliche Phänomen- und Ge-
genstandsbereiche im Kontext komplexer Systeme anwendbar erscheinen
– also auch im Kontext Human- und Sozialwissenschaften. „Im Rahmen
der Synergetik habe ich mir die Frage gestellt, ob derartigen Strukturbil-
dungen allgemein gültige Gesetzmäßigkeiten zugrunde gelegt werden kön-
nen. Diese Frage konnte für große Klassen von Systemen bejahend beant-

© Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2020
K. Viol et al. (Hrsg.), Selbstorganisation – ein Paradigma für die
Humanwissenschaften, https://doi.org/10.1007/978-3-658-29906-4_19
334 Zur Relation von kognitiven und dyadischen Systemen

wortet werden“ (Haken 1995, S. 197). Haken selbst erwähnt an verschie-


denen Stellen1, dass große Klassen von Systemen, auf welche die synerge-
tischen Prinzipien anwendbar sind, durch psychologische Systeme gebildet
werden2.
Die hier dargestellte Untersuchung lässt sich ebenfalls in diesem Kontext
ansiedeln3. Hierbei geht es um den Einfluss dyadisch-interaktiver Mo-
mente auf jene Prozesse, die etwa in der Sozialpsychologie bereits mit
Konstrukten wie „soziale Wahrnehmung“ (Irle 1975), „interpersonale Ein-
drucksbildung“ (Raven und Rubin 1983) oder „social cognition“ (Forgas
1981) bezeichnet wurden. Böttcher (1986) hat jene Prozesse in seiner ge-
staltpsychologisch gefärbten Abhandlung zu interpersonellen Wahrneh-
mungs- und Urteilsbildungsprozessen als das Zusammenwirken von „‘Ge-
staltdarbietung‘ durch den Sich-Äußernden und ‚Abbildungsgestaltung
durch den Perzipienten‘“ (S. 329) beschrieben. Nissen (1992, S. 314) er-
achtet diesen Zusammenhang zwischen „mental and social system” als
„[...] one of the most interesting aspects of psychosocial work, because the

1 Siehe z.B. auch Haken (1992, 1996), Haken und Schiepek (2005), Tschacher und Haken
(2007), Haken und Tschacher (2017).
2 Auch wenn gelegentlich grundsätzliche (sicher auch teilweise berechtigte) Bedenken be-
züglich der Übertragbarkeit von naturwissenschaftlichen Selbstorganisationsmodellen
wie der Synergetik auf die Sozialwissenschaften geäußert werden (z.B. Leimkühler 1993;
May 2004), wird Synergetik als hilfreiches Modell zum empirischen und heuristischen
Verständnis von Strukturentstehung in offenen, selbstorganisierten Systemen psycholo-
gischer und soziologischer Natur betrachtet (Sozioökonomie: Weise 1990; Soziale Ar-
beit: Šugman Bohinc (2016), Sommerfeld et al. (2005); Psychologie: Tschacher (1997),
Schiepek und Tschacher (1997), Kriz (2017), Tschacher und Dauwalder (2003), Tscha-
cher et al. (2020); siehe zudem die interdisziplinären Beiträge zur „Synergetik als Ordner“
in Kriz & Tschacher (2017)).
3 Sie wurde als Diplomarbeit des Autors (Ochs 1996) durchgeführt und mit dem wissen-
schaftlichen Förderpreis der Systemischen Gesellschaft (SG) 1998 ausgezeichnet; Günter
Schiepek hat in Berlin auf der SG Jahrestagung die Laudatio gehalten. Die Untersuchung
ist Teil eines Forschungsprogramms, das Jürgen Kriz in den 90er Jahren am Fachbereich
Psychologie der Universität Osnabrück durchgeführt hat, um synergetisch-systemtheore-
tische Konzepte in psychologischer Grundlagenforschung umzusetzen (z.B. Kriz 1993,
2000; Kriz et al. 1992; Kriz und Kriz 1992, Pohl 1998).
Matthias Ochs 335

interactional intersection is important for the understanding of dyadic rela-


tionships, for example in therapist-patient relationships, and also in insti-
tutional contexts (e.g. social-psychiatric networks).”
Es wurde eine explorative Studie konzipiert, die sich mit der Frage be-
schäftigt, ob und wie sich empirische Hinweise bezüglich Musterbildungs-
und Rückkopplungsprozesse zwischen sozialen und mentalen Systemen
anhand von Zeitreihen, die per Fragebogendaten generiert und deskriptiv-
statistisch ausgewertet sowie mit qualitativen Datenmaterial angereichert
wurden, aufgezeigt werden können. Zunächst soll jedoch die Möglichkeit
skizziert werden, interpersonale Eindrucksbildung mittels des synergeti-
schen Ansatzes der Mustererkennung/-bildung zu konzeptualisieren.

Ansätze einer Synergetik der interpersonalen Eindrucksbildung


In der Sozialpsychologie stellt das Forschungsgebiet der sozialen Kogniti-
onsforschung und interpersonalen Eindrucksbildung eine klassische Do-
mäne dar (z.B. Pendry 2014; Kessler und Fritsche 2018; Schneider et al.
2019). Es wird davon ausgegangen, dass perzeptuelle und kognitive An-
teile gemeinsam am Prozess der sozialen Wahrnehmung beteiligt sind.
Hamilton et al. (1980) führen hierzu aus: „We assume that perceivers have
a tendency to go beyond the specific information available and to use their
schemas as a basis for filling in the gaps in developing an impression” (S.
124).
Um soziokognitive Musterbildungsprozesse im prozesshaften, zirkulär
vernetzten Zusammenhang mit sozialen Kontexten – und nicht eher isoliert
davon, wie manchmal anzutreffen in neueren neurobiologischen oder älte-
ren Informationsverabeitungstheorien – empirisch und theoretisch zu be-
trachten, bieten die Konzeptbausteine der synergetischen Systemtheorie
(Haken 1984), beispielsweise das Konzept des Kontrollparameters, des
Ordnungsparameters oder das Prinizp des „slaving“, einen hilfreichen Rah-
men4.

4
Schon Ende der 70er Jahre wurden im Rahmen der kognitiven Forschung zum „sozialen
Gedächtnis“ Ideen entworfen, die sich mit einer ähnlichen Betrachtungsart der Thematik
336 Zur Relation von kognitiven und dyadischen Systemen

Im Folgenden sollen die synergetischen Prinzipien anhand einer Verbin-


dung des Modells der Mustererkennung des synergetischen Computers
(ausführlich dargestellt in Haken und Haken-Krell 1994, Haken 1992) mit
sozial- und gestaltpsychologischen Überlegungen zum Prozess der inter-
personalen Eindrucksbildung kurz skizziert werden5. Anhand der drei
Grundannahme des Prozesses der Mustererkennung des synergetischen
Computers (nach Haken 1992) sollen direkt die Entsprechungen zum Pro-
zess der interpersonalen Eindrucksbildung erläutert werden.
1. Der Vorgang der Mustererkennung lässt sich am besten als Organisa-
tion durch Assoziation begreifen.
Auch in der sozialpsychologischen Forschung zur interpersonalen Ein-
drucksbildung wird von der Vorstellung ausgegangen, dass im Verlauf der
Sozialisation bestimmte Merkmale oder Symbole assoziativ gelernt wer-
den (Gergen & Gergen 1981). Diese gelernten Assoziationen können gut
als verschiedene Cluster veranschaulicht werden, wie etwa in der klassi-
schen Untersuchung von Rosenberg et al. (1968) zur Struktur von Persön-
lichkeitseindrücken, in der recht gut 4 Cluster „Good-Intellectual“, „Good-
Social“, „Bad-Intellectual“ und „Bad-Social“ voneinander unterschieden
werden konnten.

der interpersonalen Eindrucksbildung näherten, wie dies eine synergetische Herange-


hensweise vorschlagen würde. Ostrom et al. (1980, S. 61) formulieren: “[...] three con-
cepts were at the core of most social psychological attempts to understand impression
organization, namely, cognitive elements, interelement association, and themes.” Diese
drei Konzepte lassen sich gut mit den synergetischen Prinzipien des Ordnungsparameters
und der Versklavung von hierarchisch untergeordneten Ebenen in einen dynamischen Zu-
sammenhang bringen. Die kognitiven Elemente oder auch „notes“ sind mit den Kompo-
nenten der mikroskopischen Ebene und den Zustandsvariablen der mesoskopischen
Ebene vergleichbar. Das Versklavungsprinzip liefert ein dynamisches Erklärungskonzept
zur „interelement association“, also dafür, wie man sich das assoziative Zusammenwirken
der „notes“ vorstellen kann, so dass sich ein Eindruck, eine Gestalt oder ein „theme“ von
einer Person bildet. Die „themes“ wären also analog zum Konzept der Ordnungsparame-
ter zu sehen.
5
Für ein Spezialgebiet der interpersonalen Eindrucksbildung, nämlich der psychologisch-
psychiatrischen Diagnostik, wurde diese Verbindung bereits von Schiepek und Tschacher
(1992) anhand der Differentialgleichung für den Prozess der Mustererkennung bewerk-
stelligt.
Matthias Ochs 337

Im Rahmen des Konzeptes der Mustererkennung des synergetischen Com-


puters wird zwar nicht von „Clustern“ gesprochen, sondern von „Prototy-
pen“, die der synergetische Computer als einprogrammierte („gelernte“)
Ordnungsparameter zur Verfügung hat. Werden dem synergetischen Com-
puter nun Teile (ein oder mehrere Pixel, die durch verschiedene Grauwerte
charakterisiert sind) eines Prototypen dargeboten, dann kompletiert der
entsprechende Computeralgorithmus den gesamten Prototypen (siehe Ha-
ken und Haken-Krell 1994).

Abb. 1: Semantische Assoziationskerne im Zusammenhang mit der sozialen Wahrneh-


mung von Studierenden (Rosenberg et al. 1968, S. 290).

Die Parallelen zwischen den 4 Clustern in Abb. 1 und den Prototypbildern


des synergetischen Computers erscheinen jedoch sehr deutlich6. Gergen

6 Abb. 1 ist außerdem inhaltlich recht gut übertragbar auf die Untersuchungsmethodik, die
weiter unten beschrieben wird: die Adjektive des SYMLOG-Rating-Verfahrens können
338 Zur Relation von kognitiven und dyadischen Systemen

und Gergen (1981, S. 63) gehen nun davon aus, dass bei der interpersona-
len Eindrucksbildung „people [...] often may cluster various traits accord-
ing to their learned associations.“ Analog dazu „clustern“ sich beim syner-
getischen Computer verschiedene Merkmale entsprechend den einpro-
grammierten („gelernten“) Prototypmustern (vgl. Fuchs und Haken 1988,
Haken und Haken-Krell 1994).
2. Den Prozess der Mustererkennung kann man mit der synergetischen
Dynamik der Bewegung von Ordnungsparametern in einer Potentialland-
schaft mit multiplen Tälern vergleichen.
Die oberen beiden Rechtecke in Abb. 2 entsprechen als eine Art Minisub-
systeme bestehend aus zwei Pixeln stark vereinfacht jeweils einem Proto-
typmuster des synergetischen Computers.

Abb. 2: „Mini-Subsystem” aus dem Konzept der Mustererkennung des synergetischen


Computers mit den entsprechenden „traits“ aus Abb. 1 (in Anlehung an: Haken und Ha-
ken-Krell 1994, S. 186).

Parallel dazu entsprechen die Persönlichkeitsmerkmale „unsociable“ und


„foolish“ jeweils einem Cluster (siehe Abb. 1). „Unsociable“ gehört zum

als äquivalent zu den Persönlichkeitsmerkmalen in Abb. 1 verstanden werden, und die


Cluster lassen sich dementsprechend als die SYMLOG-Images (weiter unten erklärt) ver-
stehen.
Matthias Ochs 339

Cluster „Bad-Social“ und „foolish“ zum Cluster „Bad-Intellectual“. Das


untere Rechteck in Abb. 2 lässt sich nicht so leicht einem der beiden Pro-
totypen zuordnen, ähnlich wie das Merkmal „boring“. Wenn die Aufmerk-
samkeit (konzipiert als Kontrollparameter, ausführlicher dazu weiter un-
ten) auf „boring“ gerichtet ist, wird ein, synergetisch ausgedrückt, „critical
slowing down“ in der Potentiallandschaft initiiert und die beiden Cluster
können sich als Täler der Potentiallandschaft herausbilden (Haken 1992).
In dieser Phase der „symmetry breaking instability“ (Haken, 1992) genü-
gen bekanntlich kleine Zufallsschwankungen oder Fluktuationen zur Bre-
chung der Symmetrie und damit zur Herausbildung eines bestimmten Ge-
samtmusters (im Beispiel entweder „Bad-Social“ oder „Bad-Intellectual“).
Durch zufällige Aufmerksamkeitsschwankungen, beispielsweise die
Wahrnehmung einer Äußerung der anderen Person, die mit Naivität asso-
ziiert wird, gewinnt der Ordnungsparameter des Clusters „Bad-Intellec-
tual“ den „Wettkampf der Ordnungsparameter“. Übertragen auf Abb. 2
entspricht das untere Rechteck einem bestimmten Punkt in der Potentiall-
andschaft (Haken und Haken-Krell 1994). Es wird sich im synergetischen
Computer dann jenes Muster herausbilden, was der Intensitätsverteilung
der Grautöne in diesem Rechteck am ehesten entspricht (hinsichtlich der
Ähnlichkeit-Unähnlichkeit der Grautöne).

3. Der Prozess der Mustererkennung folgt denselben synergetischen


Prinzipien wie der Prozess der Musterbildung (Abb. 3). Oder anders for-
muliert nach Kriz (1994, S. 46) in Anlehnung an Haken: „Musterbildung
und Mustererkennung sind zwei Seiten derselben Medaille.“
Wieder soll eine Analogie zu Prozessen der interpersonalen Eindrucksbil-
dung mit Hilfe einer klassischen Untersuchung, der von Asch (1946) zum
Einfluss von zeitlich zuerst dargebotener Information auf soziale Urteils-
bildung („primacy effect“), hergestellt werden. In dieser Studie wurde un-
ter anderen mit zwei Versuchsbedingungen gearbeitet. Die Versuchsper-
sonen der ersten Bedingung bekamen eine Adjektivliste in folgender Rei-
henfolge vorgelegt: „intelligent, industrious, impulsive, critical, stubborn,
envious.“ In der anderen Bedingung wurden die Adjektive in umgekehrter
340 Zur Relation von kognitiven und dyadischen Systemen

Reihenfolge präsentiert. Nach der Darbietung der Liste sollten die Ver-
suchspersonen ihren Gesamteindruck von der Person, die durch die Adjek-
tive beschrieben wurde, wiedergeben. Das Ergebnis der Untersuchung war,
dass in der ersten Bedingung, wo in der Adjektivliste eher günstige Eigen-
schaften zuerst genannt wurden, der Gesamteindruck von der Person bei
den Versuchspersonen positiver war, als in der zweiten Bedingung. Raven
und Rubin formulierten für die Resultate der Studien von Asch eine ge-
staltpsychologische Interpretation: „The Gestalt that emerges in our im-
pression of others serves us in two ways. First, it lets us latch onto individ-
ual traits and factors and to use these to forge a global impression of what
another is like. Second, we can absorb or assimilate information about an
individual in such a way that it ´fits´ this global impression” (Raven und
Rubin 1983, S. 87).

Abb. 3: Der Prozess der Musterbildung und Mustererkennung als „zwei Seiten einer Me-
daille“ (Haken & Haken-Krell 1994, S. 179).

Synergetisch lässt sich also der „primacy effect“ folgendermaßen verste-


hen: Die zuerst dargebotene Information generiert einen Ordnungsparame-
ter, der die nachfolgende Information versklavt (siehe Abb. 4).
Matthias Ochs 341

„Aufmerksamkeit“ als ein Kontrollparameter


Einige ergänzende Überlegungen zum Asch-Experiment ergeben sich,
wenn man das Konzept der Kontrollparameter im Rahmen des Modells der
Mustererkennung des synergetischen Computers in Kombination mit den
Ergebnissen einer Studie von Anderson und Hubert (1963) betrachtet. Im
Rahmen dieses Modells definiert Haken (1992, S. 49) den Kontrollpara-
meter folgendermaßen: „[...] the attention parameter corresponds to the
control parameters.“ Bei der Konstruktion der Potentiallandschaft des sy-
nergetischen Computers bestimmt der Aufmerksamkeitsparameter die
Tiefe der Täler. Wie bereits erwähnt, entsprechen die Täler der Potentiall-
andschaft den verschiedenen Prototypmustern. Wird nun der Aufmerksam-
keitsparameter, der mit einem bestimmten Prototypmuster korrespondiert,
in der synergetischen Differentialgleichung auf Null gesetzt, so verschwin-
det das entsprechende Tal in der Potentiallandschaft. Dies führt dazu, dass
der Computer das Prototypmuster nicht mehr generiert (Haken und Haken-
Krell 1994).
342 Zur Relation von kognitiven und dyadischen Systemen

Abb. 4: Darstellung des „primacy effects“ anhand der synergetischen Konzeption der Mu-
tererkennung/-bildung.

Der Begriff „Aufmerksamkeitsparameter“ lässt sich im Rahmen dieses


Modells zunächst eher mathematisch verstehen. Dennoch hat der Begriff
eine starke assoziative Nähe zum psychologischen Konzept der Aufmerk-
samkeit, die Haken und Haken-Krell (1994) auch kurz skizzenhaft ausfüh-
ren: „Die synergetische Potentiallandschaft der Gestalten der Wahrneh-
mung wird [...] durch vielerlei Einflüsse ständig geändert, Einflüsse, die
einerseits von außen her kommen, indem erkannte Objekte auf die Auf-
merksamkeitsparameter und damit auf die synaptischen Stärken einwirken,
andererseits aber, indem wir auch innerlich immer wieder Aufmerksam-
keitsparameter neu formen und ständig abändern. Diese Abänderungen
Matthias Ochs 343

können auf erfahrenen Tatsachen, aber auch auf Emotionen und vielen an-
deren Einflüssen beruhen“ (S. 270).
Konkreter wird diese Verbindung zwischen dem psychologischen Auf-
merksamkeitskonzept und dem synergetischen Aufmerksamkeitsparame-
ter durch die Resultate einer Untersuchung von Anderson und Hubert
(1963). Sie arbeiteten ebenfalls mit dem paradigmatischen Design von
Asch zum „primacy effect“. Den Versuchspersonen wurde jedoch ange-
kündigt, dass nach der Darbietung der Wortserie ein Erinnerungstest folgt.
Mit dieser Instruktion haben sie versucht zu verhindern, dass sich nach den
ersten Informationen die Aufmerksamkeit verringert. Tatsächlich trat hier
kein „primacy effect“ auf. Diese Ergebnisse veranlassten Anderson und
Hubert dazu, den „primacy effect“ alternativ bzw. ergänzend zu konsis-
tenz- bzw. gestalttheoretischen Erklärungen – „a 'directed impression´ de-
veloped by the initial adjectives“ (Anderson und Hubert 1963, S. 389) –
mit einem Abfall der Aufmerksamkeit nach der zuerst dargebotenen Infor-
mation zu interpretieren.

Methodik und Untersuchungsdesign


Den wesentlichen Aspekt des Designs der hier vorgestellten Untersuchung
bilden empirischen Zeitreihen (9-15 Messzeitpunkte (MZP)). Zu jedem
MZP bearbeiten zwei Probanden einer Dyade (n = 13 Dyaden) jeweils zwei
Fragebögen, wobei die beiden Gegenüber der Dyade sich möglichst nicht
oder nur sehr wenig kennen sollten (es wurden sich gegenseitig unbekannte
Erstsemester- sowie Grund-/Hauptstudium-/Psychologie-Studierende ge-
paart). Es kann nämlich davon ausgegangen werden, dass Kennenlernsitu-
ationen als speziellen Aspekt dyadischer Interaktionen Phasen der „sym-
metry breaking instability“ (Haken 1992) darstellen. In diesen Phasen, in
denen bekanntlich kleine Zufallsschwankungen oder Fluktuationen zur
Brechung der Symmetrie ausreichen, sind Veränderungen in den Sys-
temdynamiken, z.B. Musterbildungsprozesse (die für die Fragestellung der
Untersuchung ja interessant sind), noch recht wahrscheinlich.
344 Zur Relation von kognitiven und dyadischen Systemen

Beschreibung der beiden Fragebögen


Die beiden Fragebögen stellen unterschiedliche Versionen der SYMLOG-
Adjektivliste (Bales und Cohen 1982) dar, der GSB-TK 1 (Göttinger-
SYMLOG-Bogen Tripel-Kurzversion 1) und der BBzS-B (Beurteilungs-
bogen zum Sozialverhalten – Form B). Die SYMLOG-Adjektivliste ist ein
aus 26 Adjektiven bestehender Fragebogen, mit dessen Hilfe auf der Basis
des dreidimensionalen SYMLOG-Konzeptes (SYstem for the MultiLevel
Observation for Groups, ausführlich in Bales und Cohen 1982) interperso-
nale Beziehungsmuster dargestellt werden können (z.B. Kröger et al.
1996). Das SYMLOG-Konzept kann durch einen dreidimensionalen Raum
veranschaulicht werden, der von den bipolaren Dimensionen „Upward-
Downward“ (Aktivität = A), „Negative-Positive“ (Sympathie = P) und
„Backward-Forward“ (Disziplin = D) aufgespannt wird. Es konnte gezeigt
werden, dass das SYMLOG-Konzept mit der Faktorenstruktur eines
Selbstbeschreibungsinventars zur Diagnose kommunikativer Ausdrucks-
formen beim Erstkontakt mit anderen Personen assoziiert erscheint (Müller
1993): Die SYMLOG-Dimensionen sind also bereits relevant in Kennen-
lernsituationen, dem speziellen Teilbereich sozialer Interaktion, der in
diese Untersuchung im Fokus steht.
Der GSB-TK 1
Der GSB-TK 17 stellte eine aus 9 Adjektiv-Tripeln bestehende Kurzform
der SYMLOG-Adjektivliste dar (Strack et al. 1990, Fassheber et al. 1995),
mit der die ProbandInnen ihr direktes Selbstbild [I(i)], das direkte
Fremdbild, das sie von ihrem dyadischen Gegenüber haben [I(a)], und das
vermutete Fremdbild [I(A(i)], also die Vermutung der Probanden, wie ihr
dyadisches Gegenüber sie einschätzt, mitteilen sollen. Die ursprüngliche
Skalierung der GSB-TK 1 umfasst die Werte von 0 bis 4. Für die vorlie-
gende Untersuchung wurde eine andere Skalierung gewählt, nämlich von
1 bis 10 (einschließlich). Die Adjektiv-Kombinationen des GSB-TK 1 lau-
ten: Aktivität (A): „aktiv, dominant, spricht viel“, „beliebt, geht aus sich
heraus, sicher“, „tatkräftig und durchsetzungsfreudig“; Sympathie (P):

7
Es sei auch erwähnt, dass in einer anderen Studie zur synergetisch-systemwissenschaftli-
chen Analyse sozialer Prozesse (Brunner et al. 1994) ebenfalls der GSB-TK 1 herange-
zogen wurde.
Matthias Ochs 345

„freundlich, partnerschaftlich“, „warmherzig, natürlich, freundschaftlich“,


„rücksichtnehmend, zuverlässig, andere anerkennend“, Disziplin (D):
„prinzipiell, kritisch, gewissenhaft“, „sachlich, untergeordnet, fleißig“ und
„selbstkritisch, pflichtbewusst“ (Fassheber et al. 1990, S. 35).
Der BBzS-B
Mit dem BBzS-B, einer Ein-Wort-Version des SYMLOG-Rating-
Verfahrens (siehe Fassheber et al. 1990), soll eine fiktive, nur schemenhaft
erkennbare Person (im weiteren Verlauf des Artikels wird diese Person als
„fiktive Person“ bezeichnet, siehe Abb. 6) auf einer Abbildung [I(f)] ein-
geschätzt werden (das Design ist schematisch in Abb. 5 dargestellt). Diese
Einschätzungen werden zu den einzelnen MZP jeweils dem dyadischen
Gegenüber mitgeteilt. Somit wird designtechnisch einerseits eine interak-
tive Situation hergestellt und zum anderen bekommt die Rückmeldung
durch die nochmalige bewusste Verarbeitung der Ergebnisse für die eige-
nen weiteren Einschätzungen einen iterativen Charakter. Die Adjektive des
BBzS-B und die entsprechenden SYMLOG-Dimensionen (Upward-
Downward = Aktivität; Positive-Negative = Sympathie; Forward-Back-
ward = Disziplin) sind: Aktiv (U), engagiert-kooperativ (UPF), rechthabe-
risch (UN), partnerschaftlich (P), selbstbezogen (NB), unzufrieden mit sich
selbst (DNF), zielstrebig (UF), kalt (N), anschlusssuchend (DPB), warm-
herzig (PB), tolerant gegen Personen (DP), besonnen (DF), unsicher-scheu
(DB), hat unterhaltsame Einfälle (UB), impulsiv (B), ermutigend-unter-
stützend (UPB), verschlossen (DN), prinzipell (NF), kontaktfreudig (UP),
belehrend (UNF), egozentrisch (UNB), interessiert (PF), geduldig-gründ-
lich (F), rücksichtsvoll (DPF), mutlos (DNB), still (D).
346 Zur Relation von kognitiven und dyadischen Systemen

Abb. 5: Schematische Darstellung des Untersuchungsdesigns. Zu jedem Messzeitpunkt


(MZP) schätzt jeder Proband (z.B. Proband I) der Dyaden Folgendes ein: das Selbstbild
I(i), das Fremdbild des dyadischen Gegenübers I(a), das vermutete Fremdbild des Gegen-
übers über einen selbst I(A(i)), und eine fiktive Person A(f).

Abb. 6: Darstellung der fiktiven Person.

Bei dem GSB-TK 1 wurde jedoch auf eine Rückmeldung zwischen den
Messzeitpunkten verzichtet, da das soziale Risiko gerade in Kennenlernsi-
tuationen zu groß erscheint. Eventuell werden die Probanden nämlich auf-
grund des sozialen Risikos der Rückmeldungen dazu verleitet, nicht mehr
ganz aufrichtig zu antworten. Somit wurde mit dem GSB-TK1 keine ex-
Matthias Ochs 347

plizite Iteration eingeführt. Eine implizite Iteration kann aber insofern an-
genommen werden, dass kognitiven Gestaltbildungsprozessen systemthe-
oretisch betrachtet grundsätzlich ein iteratives Moment inhärent ist. Die
wahrgenommenen Phänomene werden entsprechend den eigenen mentalen
Strukturen verarbeitet (assimiliert) und das Ergebnis dieser Verarbeitung
auf dem GSB-TK 1 eingetragen. Dieses Ergebnis zum Zeitpunkt t, also die
bewusste Symbolisierung mentaler Prozesse in Zahlenwerte, stellt nun ei-
nen Einflussfaktor für das Ergebnis zum nächsten Zeitpunkt t+1 dar, und
zwar einfach aufgrund der Tatsache, dass es bewusst verabeitet worden ist
(diese bewusste Verarbeitung kann nämlich als mit einer Akkomodation
der mentalen Struktur assoziiert verstanden werden). Dieses dialektisch-
synergetische Zusammenwirken von Akkomodation und Assimilation bei
kognitiven Adaptationsprozessen kann so betrachtet als eine Art Iteration8
angesehen werden. Die Aufzeichnung bestimmter Aspekte eines System-
verhaltens mit Hilfe verschiedener MZP erlaubt zunächst einmal, den Ver-
lauf der Dynamik in einem empirischen Zeitfenster mitzuverfolgen. Durch
die Einführung von Iterationen erfährt das System zusätzlich eine Dyna-
misierung, die möglicherweise zur Repräsentanz von Ordnungsstrukturen
des Systems beiträgt (vgl. hierzu auch Kriz 1995). Um den Einfluss von
Merkeffekten aufgrund einer identischen Reihenfolge der Items zu den
MZP relativ gering zu halten, wurden die Items der beiden Fragebögen,
sowohl des GSB-TK 1, als auch des BBzS-B, jeweils 3 MZP hintereinan-
der in verschiedener Reihenfolge präsentiert.

8
Formal betrachtet bedeutet Iteration: Die Anwendung des Ergebnisses einer Operation
zum Zeitpunkt t auf die Operation zum Zeitpunkt t+1, siehe z.B. das mathematische Sys-
tem der Quadratwurzel bei v. Foerster (1988) oder das sog. „Bartlett-Szenario“ (z.B. Kriz,
1994).
348 Zur Relation von kognitiven und dyadischen Systemen

Ergebnisse
Im Folgenden sollen vier Beispielbefunde mit Hilfe dreier Ansatzpunkte
aus dem Datenmaterial von Ochs (1996) dargestellt werden.
Drei Wege der makroskopischen Analyse der SYMLOG-Zeitreihen
1. Es wurde der phänomenologische Ansatz in der Synergetik (also die sog.
„second foundation of Synergetics“) wörtlich genommen und phänomenal,
vergleichbar einer Bildbeschreibung, dargestellt, wie sich die Systemdy-
namik in den Zeitreihen gestaltet. An anderer Stelle (Revenstorf 1979,
S. 139) wurde diese Art der Zeitreihenanalyse als „der optische Eindruck“
bezeichnet.
2. Diese Beschreibungen wurden mit Kennwerten aus der deskriptiven Sta-
tistik wie Mittelwert, Standardabweichung oder Korrelationskoeffizient
kombiniert. Schiepek (1994, S. 84) macht darauf aufmerksam, dass solche
üblichen statistischen Kennwerte (z.B. die Streuung oder die lineare Kor-
relation) durchaus zum systemwissenschaftlichen Methodeninventar zu
rechnen sind, auch wenn die grundsätzlichen Linearitäts- und Reversibili-
tätsannahmen solcher Kennwerte bei einer theoretischen Modellierung auf
der Basis dynamischer Selbstorganisationstheorien wie der Synergetik
problematisch erscheinen (Scheier und Tschacher, 1994).
3. Zur qualitativen Validierung der quantitativen Zeitreihen wurden State-
ments und Äußerungen der Probanden aus der brieflichen und mündlichen
Nachbefragung herangezogen (vgl. zum Stellenwert von qualitativen Va-
lidierungsstrategien in den psychologischen Systemwissenschaften auch
Schiepek 1991, S. 232).
Darstellung der empirischen Beispielbefunde
Die empirischen Befunde können entsprechend der beiden verwendeten
SYMLOG-Messinstrumente (BBzS-B und GSB-TK 1) zum besseren
Überblick in zwei Bereiche gruppiert werden:
1. Mit dem BBzS-B wurden die Einschätzungen der fiktiven Person über
die Zeit erfasst. Diese Einschätzungen haben sich die dyadischen Gegen-
über zu jedem MZP zurückgemeldet. Dementsprechend konnten in den dy-
Matthias Ochs 349

namischen Gestalten des Bildes von der fiktiven Person, durch die Nach-
befragung qualitativ validiert, am nachvollziehbarsten interaktive Zusam-
menhänge zwischen dem sozialen System (welches sich u.a. eben gerade
über die Kommunikation zu den Einschätzungen der fiktiven Person kon-
stituiert) und dem kognitiven System (das Bild von der fiktiven Person)
aufgezeigt werden.
2. Die andere Gruppe empirischer Zeitreihen umfasst Befunde, die eine
Beeinflussung der GSB-TK 1-Einschätzungen (also der drei SYMLOG-
Images Selbstbild, direktes und vermutetes Fremdbild) durch verschiedene
interaktionelle Momente, z.B. die Mitteilungen der Einschätzungen zur
fiktiven Person oder andere Bemerkungen und Eindrücke vom dyadischen
Gegenüber, aufzeigen.
Phänomenal lassen sich die „dynamischen Gestalten“ in Abb. 7 folgender-
maßen beschreiben: Abb. 7 dokumentiert die gemeinsame Dynamik der
beiden kognitiven Systeme „Bild der fiktiven Person“ der Probanden (Pb)
1 und 2. Eine drastische Veränderung im Verlauf findet auf der Dimension
A von Pb 1 statt von MZP 5 zu MZP 6. Auch auf der Dimension P des Pb
1 kann eine deutliche Veränderung erkannt werden. Dimension D verän-
dert sich sowohl bei Pb 1 als auch bei Pb 2 recht wenig. Die Dimensionen
A und P von Pb 2 weisen gut erkennbare Veränderungen über die Zeit auf
und zwar ähnlich den Verläufen der beiden Dimensionen A und P von Pb
2, wenn auch nicht so deutlich.
Die qualitative Datenebene sieht wie folgt aus: Pb 1 erwähnte, dass er in
der Mitte der Untersuchung plötzlich aufgrund der Mundpartie des fiktiven
Profils eine traurige und damit auch irgendwie sympathischere Person vor
Augen hatte. Dieser Mundpartie hatte er vorher keine Aufmerksamkeit ge-
schenkt. Für den anfänglich negativen Eindruck, den er sich von der fikti-
ven Person gemacht hat, sei vor allem die strenge Haarfrisur des Profils
maßgeblich gewesen9.

9
Diese Fluktuation der Aufmerksamkeit in Richtung der Mundpartie der mehrdeutigen
Reizvorlage (Abbildung der fiktiven Person), die großen Einfluss auf das Resultat der
Eindrucksbildung hatte, passt übrigens gut zu einem mathematischen Kalkül, daß Ditzin-
350 Zur Relation von kognitiven und dyadischen Systemen

Zwei empirische Befunde der ersten Gruppe


Beispielbefund 1:

Abb. 7: Bewertung der fiktiven Person im zeitlichen Verlauf (Dyade 1/2). D: Dynamik,
P: Sympathie, A: Aktivität. Pb: Proband.

Pb 2 äußerte sinngemäß, dass diese deutliche Veränderung des Bildes von


der fiktiven Person von Pb 1 ihn in eine Art Zwickmühle gebracht hat.
Einerseits wollte er nicht „sein Fähnlein in den Wind halten“, also die Ver-
änderung in dem Bild ebenfalls mitvollziehen. Andererseits sah er nun
auch, nachdem Pb 1 seine Überlegungen zu seiner Eindrucksveränderung

ger und Haken (1990) vorstellten. Sie konnten im Kontext des Konzeptes des synergeti-
schen Computers mathematisch zeigen, dass Fluktuationen der Aufmerksamkeitsparame-
ter Einfluss haben auf das Wahrnehmungsresultat bei Kippfiguren.
Matthias Ochs 351

während der Untersuchung seinem dyadischen Gegenüber mitgeteilt hatte,


eine sympathischere Person als zuvor.
Die deskriptiv-statistische Perspektive kann folgendermaßen formuliert
werden: Die Standardabweichung der Dimension A des Bildes der fiktiven
Person von Pb 1 für die ersten 5 MZP beträgt 1,82 und für die letzten 4
MZP 2,83. Diese Standardabweichungen geben zunächst einen Hinweis
darauf, dass die Dynamik des Systems über die ersten 5 MZP ähnlich stabil
ist, wie über die letzten 4 MZP. Auf einen Phasenübergang lässt sich nicht
schließen. Vergleicht man jedoch den Mittelwert von 41,60 über die ersten
5 MZP mit dem Mittelwert von 12,00 über die letzten 4 MZP, dann ergibt
sich (in Anbetracht der im Verhältnis zur Differenz der Mittelwerte von
29,60 ähnlich geringen Standardabweichungen der zwei Phasen) als einzig
plausible Erklärung für die dynamische Struktur ein sprunghafter Phasen-
übergang (vgl. ausführlicher zur Entwicklung einer Möglichkeit, anhand
deskriptiv-statistischer Kriterien Phasenübergänge zu beschreiben, Ochs
1996). Auf Dimension P des Pb 1 liegen die Standardabweichungen mit
3,83 für die ersten 5 MZP und 3,56 für die letzten 4 MZP noch näher zu-
sammen, als diejenigen der Dimension A. Die Beträge sind jedoch im Ver-
gleich zu den Standardabweichungen der zwei Phasen der Dimension A
größer, weshalb sich allein mit Hilfe der Streuungen im Falle der Dimen-
sion P kein klares Bild der dynamischen Struktur entwerfen lässt. Die
große Differenz der Mittelwerte von 18,20 spricht aber wieder im Ver-
gleich zu dem geringen arithmetischen Mittel der beiden Standardabwei-
chungen von 3,70 für einen eher plötzlichen Phasenübergang. Diese statis-
tische Beschreibung der Dynamik des kognitiven Systems „Bild der fikti-
ven Person“ von Pb 1 steht in Übereinstimmung mit dem qualitativen Da-
tenmaterial (siehe oben).
Die plötzliche Änderung des Eindrucks von der fiktiven Person seitens Pb
1 hat Pb 2 nach eigenen Angaben in ein Dilemma gebracht. Pb 2 scheint
dieses Dilemma durch eine mäßige Annäherung an das Bild der fiktiven
Person von Pb 1 gelöst zu haben. Diese etwas zögerliche Angleichung der
Dynamik des Systems „Bild der fiktiven Person“ von Pb 2 an die Dynamik
des Systems „Bild der fiktiven Person“ von Pb 1 kann in der deskriptiven
Statistik wiedergefunden werden. Zunächst einmal geben die Korrelatio-
nen zwischen den Verläufen der Dimensionen A und P von Pb 1 und den
352 Zur Relation von kognitiven und dyadischen Systemen

Verläufen jener Dimensionen von Pb 2 einen Hinweis darauf, dass über-


haupt eine Angleichung angenommen werden kann. Die Korrelation zwi-
schen den beiden Verläufen der Dimension A beträgt 0,80 und zwischen
den beiden Verläufen der Dimension P 0,63. Weiterhin können diese recht
hohen Korrelationskoeffizienten als vorsichtiger Hinweis10 dafür angese-
hen werden, dass die Angleichung nicht erst in der Mitte der Zeitreihe statt-
gefunden hat, sondern die Verläufe sich von Anfang an in recht ähnliche
Richtung bewegten.
In Abb. 7 ist zu erkennen, dass die Angleichung seitens Pb 2 bezüglich
Dimension A bereits vom 1. zum 2. MZP stattgefunden hat und auf der
Dimension P, mit einer kleinen Fluktuation, vom 1. zum 3. MZP. Die Ver-
änderungen der Dimensionen A und P des Pb 2 sind eher kontinuierlicher
Art. Eine gemeinsame Betrachtung der Differenz der Mittelwerte des ers-
ten und zweiten Abschnitts des Verlaufs der Dimension P (die Differenz
der Mittelwerte beträgt 5,10) und der Standardabweichungen des ersten
und zweiten Abschnitts (3,91 und 3,51) schließt praktisch, einen diskonti-
nuierlichen Phasenübergang aus11. Analoges gilt für die Dimension A,
auch wenn die Differenz der Mittelwerte mit 15,05 recht groß ist. Die Stan-
dardabweichung der Werte der letzten 4 MZP ist mit 7,09 aber ebenfalls
recht groß. Zwei voneinander gut unterscheidbare Phasen lassen sich in der
dynamischen Struktur der Dimensionen A und P von Pb 2 jeweils nicht
ausmachen. Pb 2 hat sich nicht so eindeutig wie Pb 1 zwei in der empiri-
schen Zeitreihe gut voneinander diskriminierbare Bilder von der fiktiven
Person gemacht.
Beispielbefund 2:
Die deskriptiv-statistische und phänomenale Perspektive: Abb. 8 (links)
zeigt den Verlauf des kognitiven Systems „Einschätzung der fiktiven Per-
son“ von Pb 34. Auf den ersten Blick lässt sich zunächst nicht erkennen,
was für einen Eindruck sich Pb 34 von der fiktiven Person gemacht hat.

10
An dieser Stelle soll nicht ausführlicher auf grundsätzliche Schwierigkeiten der Interpre-
tation von Korrelationskoeffizienten eingegangen werden, etwa aufgrund ihrer Anfällig-
keit gegenüber Extremwerten.
11
Diskontinuität ist jedoch kein notwendiges Charakteristikum einer Veränderung, damit
sie als Phasenübergang systemwissenschaftlich gelten kann: „Phasenübergänge können
diskontinuierlich oder kontinuierlich stattfinden“ (Schiepek und Strunk 1994, S. 132).
Matthias Ochs 353

Anscheinend hat Pb 34 kein klares, stabiles Bild von der fiktiven Person
entwerfen können. Die größten Schwankungen können auf der Dimension
P (Sympathie) beobachtet werden. Ihre Standardabweichung bildet mit ei-
nem Wert von 10,21 einen der größten Streuungsbeträge auf dieser Dimen-
sion in der gesamten Untersuchung. Auch auf der Dimension A findet
keine Stabilisierung statt. Die Standardabweichung und damit die Streuung
der Werte liegt auch hier vergleichsweise hoch (6,38). Lediglich Dimen-
sion D erscheint recht stabil (3,52).
Die qualitative Ebene: In der brieflichen Nachbefragung erklärte Pb 34 zu
der Frage, was für ein Bild sie sich von der Person auf der Abbildung ge-
macht hat: „Gar keins! – Oder besser: Alle möglichen Bilder. Ich habe der
Maske [damit ist die fiktive Person gemeint; Anm. M. O.] die ver-
schiedensten „Typen“ (Eigenschaftskombinationen) sozusagen „überge-
streift“, von sympathisch bis unsympathisch, von mir selbst bis zu meinem
Untersuchungspartner [...] – ihr widersprach nichts. Die reinste Gummi-
wand! Chaos im Kopf und Ärger waren die Folge.“ Dieses Statement steht
in guter Übereinstimmung mit der phänomenalen und deskriptiv-statisti-
schen Analyse der Zeitreihe in Abb. 812.
Bei der ergänzenden Betrachtung der Abb. 8 durch das kognitive System
fiktiven Person von Pb 33 (rechts) tritt ein Phänomen auf, das in den em-
pirischen Zeitreihen der Untersuchung öfters zu finden ist und bereits im
Beispiel 1 eingeführt wurde. Die beiden kognitiven Systeme der Pb einer
Dyade „Eindruck von der fiktiven Person“ weisen ähnliche Verläufe auf.
Besonders deutlich ist die Ähnlichkeit der Verläufe jeweils der Dimension
D der beiden Pb 33 und Pb 34 (Abb. 8).

12
Ob es sich bei der empirischen Zeitreihe in Abb. 8 um eine chaotische Dynamik im sys-
temwissenschaftlichen Sinne handelt, lässt sich allerdings aufgrund der geringen Anzahl
der Messzeitpunkte mathematisch nicht feststellen. Selbst das Verfahren des nichtlinea-
ren Vorhersagealgorhitmus (Scheier und Tschacher 1994), das im Vergleich zu alternati-
ven nichtlinearen Analyseverfahren (siehe z.B. Schiepek und Strunk 1994) recht wenig
Messzeitpunkte benötigt, liefert bei Zeitreihen mit weniger als 200 Messzeitpunkten
wahrscheinlich keine brauchbaren Resultate (Tschacher, persönliche Mitteilung).
354 Zur Relation von kognitiven und dyadischen Systemen

Abb. 8: Bewertung der fiktiven Person im zeitlichen Verlauf (Pb 34 links und Pb 33
rechts).

Abb. 9: Polynome Kurvenanpassung 3. Ordnung der Verläufe des Bildes der fiktiven Per-
son der Dimension D der Dyade 33/34.

Phänomenal lässt sich die Ähnlichkeit der dynamischen Gestalten der bei-
den Dimensionen D vielleicht etwas prägnanter durch eine Glättung der
Verläufe mit Hilfe einer polynomen Kurvenanpassung 3. Ordnung darstel-
len (Abb. 9). Es bleibt jedoch unklar, welche der beiden Pb sich nach sei-
nem dyadischen Gegenüber gerichtet hat, oder ob sich beide Pb bezüglich
ihres Bildes von der fiktiven Person wechselseitig beeinflusst haben. Eine
Beeinflußung, ob nun zirkulär oder unidirektional, kann jedoch grundsätz-
lich hier angenommen werden. Denn die dynamischen Gestalten der Di-
mension P erscheinen im Vergleich zu den entsprechenden Zeitreihen an-
Matthias Ochs 355

derer Dyaden recht untypisch und im Vergleich untereinander recht ähn-


lich (die Streuungen der beiden Dimensionen P sind mit 10,21 und 10,31
fast gleich groß).

Zwei empirische Befunde der zweiten Gruppe


Beispielbefund 3:

Abb. 10: Bewertung des Fremdbildes (Pb 35).

Phänomenale Beschreibung: Abb. 10 dokumentiert den Verlauf des


Fremdbildes über die 9 MZP von Pb 35 über das dyadische Gegenüber, Pb
36. Abb. 11 zeigt den Verlauf des Bildes, das sich Pb 36 über die fiktive
Person gemacht hat. Wenn man Abb. 10 betrachtet, so kann man zunächst
die Dynamik des kognitiven Systems des Pb 35 „Fremdbild von Pb 36“
erkennen. Über die ersten 4 MZP lässt sich in unterschiedlicher Ausprä-
gung ein Abfall auf allen drei Dimensionen beobachten. Schaut man nun
auf Abb. 11, also der Verlauf des kognitiven Systems des Pb 36 „Bild der
fiktiven Person“, so ist deutlich eine Veränderung der Dimension P über
356 Zur Relation von kognitiven und dyadischen Systemen

die Zeit zu beobachten. Die Dimensionen A und D verändern sich weniger


deutlich.

Abb. 11: Bewertung der fiktiven Person im zeitlichen Verlauf (Pb 36).

Die qualitative Datenebene: Pb 35 hat in der brieflichen Nachbefragung


ausgeführt: „Ich erinnere mich außerdem daran, dass ich in der Bewertung
meines Gegenübers davon beeinflusst wurde, wie mein Gegenüber die Per-
son auf der Abbildung beurteilt hat. Mein Gegenüber hat die abgebildete
Person ziemlich negativ bewertet und ich viel positiver. Dadurch wurde
der eigentliche, nicht so negative, Gesamteindruck von meinem Gegenüber
für mich nicht so positiv, wie er ohne die Kommentare, die mein Gegen-
über von der Abbildung abgegeben hat, gewesen wäre.“
Auf Abb. 11 ist zu erkennen, wenn man den Verlauf der drei SYMLOG-
Dimensionen über die ersten 3 MZP inhaltlich ausformuliert, dass Pb 36
die fiktive Person als eher unfreundlich und unbeliebt (P), eher zielgerich-
tet und kontrolliert (D) und eher einflussnehmend und aktiv (A) ein-
schätzte. Der Gesamteindruck, der sich aus den Dimensionen ergibt, lässt
sich vielleicht als eine Art unsympathischen Managertyp oder schlechtge-
launter Workaholic zusammenfassen. Wie der Gesamteindruck inhaltlich
Matthias Ochs 357

ausgekleidet wird, ist jedoch an dieser Stelle nicht so relevant. Eine wich-
tige Information ist jedoch, dass Pb 35 äußerte, dass die Einschätzung der
fiktiven Person von Pb 36 ihre Fremdbeurteilung des dyadischen Gegen-
übers beeinflusst hat. Sie sagte weiter sinngemäß, was muss das den für
eine Frau (damit meinte sie ihr dyadisches Gegenüber) sein, die Männer
derart negativ beurteilt. Diese Beeinflussung fand nach Abb. 10 gleich zu
Beginn der Untersuchung statt. Auf sämtlichen Dimensionen findet über
die ersten 5 MZP einen Abfall statt. Dieser empirische Befund steht in gu-
ter Übereinstimmung mit der Einschätzung der fiktiven Person von Pb 36
zum ersten MZP. Der Wert der Dimension P (Sympathie) liegt bei 10, was
eine der niedrigsten Einschätzungen der fiktiven Person auf jener Dimen-
sion in der gesamten Untersuchung (über alle Probanden und alle MZP)
darstellt. Diese negative Bewertung der fiktiven Person wird also in der
ersten Rückmeldung recht markant gewesen sein (es sei auch angemerkt,
dass das Item „kalt“, zur Dimension P zugerechnet wird. Ein Adjektiv also,
was bekanntlich einen beachtlichen „halo-effect“ besitzt), und sie hat nach
eigenen Angaben auf ihre Fremdbeurteilung eingewirkt. Die Dimension
Sympathie dieser Fremdbeurteilung fällt von 18 zum MZP 1 auf 11 zum
MZP 5 ab (siehe Abb. 10).
Weiter lässt sich aus den Zeitreihen in Abb. 10 und Abb. 11 ablesen, dass
die Beurteilungsveränderung im Fremdbild von Pb 35, die durch die nega-
tive Einschätzung der fiktiven Person von Pb 36 mitbeeinflusst wurde,
nicht mehr revidiert oder noch einmal abgewandelt wurde, obwohl Pb 36
ihre Einschätzung der fiktiven Person, deutlich auszumachen anhand des
Anstiegs der maßgeblichen Dimension P von MZP 1 zu MZP 4, um 12
Einheiten über die Zeit zum Positiven hin verändert. Das Fremdbild von
Pb 35 bleibt über die letzten 4 MZP hin im Vergleich zu den ersten 5 MZP
recht stabil (der Mittelwert der 3 SYMLOG-Dimensionen beträgt über die
letzten 4 MZP 1,07). Der Eindruck, den sich Pb 35 von Pb 36 gebildet hat,
bleibt stabil, obwohl sich eine wichtige Variable für diesen Eindruck, näm-
lich die Einschätzung der fiktiven Person von Pb 36 über die Zeit geändert
hat. Eine potentielle Erklärung für diese Dynamiken wäre etwa der „pri-
macy effect“, der weiter oben zur Veranschaulichung einer synergetischen
Konzeption der sozialen Wahrnehmung herangezogen wurde (siehe aus-
führlicher die Diskussion).
358 Zur Relation von kognitiven und dyadischen Systemen

Beispielbefund 4:
Phänomenale Beschreibung: Abb. 12 zeigt den Verlauf des Fremdbildes
von Pb 33 über das dyadische Gegenüber Pb 34. Über die ersten 7 MZP
sind keine massiven Veränderungen der drei Dimensionen zu beobachten.
Auf der Dimension D ist zu Beginn ein Anstieg zu beobachten, der jedoch
wieder über die Zeit ausgeglichen wird. Jedoch zum Ende der Zeitreihe hin
sind starke Veränderungen auf den Dimensionen A und P zu erkennen.

Abb. 12: Bewertung des Frembildes (Pb 33).

Qualitative-Inhaltliche Aspekte: Pb 33 erwähnte in der Nachbefragung,


dass eine Randbemerkung von Pb 34 sein Fremdbild beeinflusst hat. Diese
Randbemerkung bezog sich auf Äußerungen von Pb 33, man könnte doch
die weiteren Fragebögen etwas weniger genau ausfüllen. Pb 34 reagierte
auf diese Äußerung recht scharf (wie Pb 33 in der Nachbefragung ein-
schätzte) mit der Bemerkung, dass die Beantwortung der Fragebögen or-
dentlich gemäß den Anweisungen des Untersuchers fortgesetzt wird.
Zum Ende der empirischen Zeitreihen in Abb. 12 deutet sich im kognitiven
System „Fremdbild“ ein Phasenübergang an. Dieser Befund passt gut zu
den Kommentaren des Pb 33 nach der Untersuchung. Er erwähnte, dass die
sehr direkte, fast schon anherrschende Art einer Bemerkung (also weniger
der Inhalt der Information, wie in dem zuvor behandelten Beispiel 3) seines
Matthias Ochs 359

dyadischen Gegenübers sein Fremdbild beeinflusst hat. Diese Beeinflus-


sung wird ab dem MZP 7 wirksam, besonders deutlich dokumentiert auf
der Dimension A durch einen Sprung von MZP 7 zu MZP 9 um 7 Einhei-
ten. Der Mittelwert der Dimension A beträgt über die ersten 7 MZP 13,86,
die Systemdynamik ist in dieser Phase sehr stabil (die Streuung beträgt
1,21). Der Systemzustand des Subsystems Dimension A zum MZP 9 wird
mit einem Wert von 21 markiert. Hohe Werte auf Dimension A bedeuten,
dass das dyadische Gegenüber als einflußnehmend, Macht ausübend und
aktiv eingeschätzt wird. Wenn man sich die Nachbefragungsdaten noch
einmal anschaut, kann man feststellen, dass sowohl der digitale als auch
der analoge Anteil der Bemerkung von Pb 34 gut mit der inhaltlichen In-
terpretation von eher hohen Werten auf der SYMLOG-Dimension A über-
einstimmt. Auf die Sympathie von Pb 33 gegenüber seinem dyadischen
Gegenüber scheint sich die Bemerkung von Pb 34 etwas ungünstig ausge-
wirkt zu haben, was an dem Abfall von MZP 8 zu MZP 9 auf der Dimen-
sion P abgelesen werden kann. Der „Sympathie“-Mittelwert beträgt über
die ersten 8 MZP 22,75 und die Standardabweichung 1,16. Der Wert, der
den Subsystemzustand zum 9. MZP markiert, beträgt 17. Es wäre zu ver-
muten, dass die Bemerkung von Pb 34 für Pb 33 etwas zu einflussnehmend,
zu direktiv war und somit auch etwas unsympathisch. Da, wie eben ausge-
führt, Pb 33 erwähnte, dass sein Fremdbild durch die Bemerkung von Pb
34 beeinflusst wurde, erscheint ein Phasenübergang zum Ende der Zeit-
reihe naheliegend und der neue Attraktor deutet sich zum 9. MZP innerhalb
des empirischen Zeitfensters bereits an.

Diskussion der Beispielbefunde


Im Folgenden sollen die Ergebnisse der beiden Befundgruppen getrennt
voneinander diskutieren und abschließend einige Überlegungen bezüglich
zukünftigen Forschungsdesigns zur Betrachtung dyadischer Interaktion
angestellt werden.
Diskussion der Beispiele 1 und 2
Kriz (1995) weist auf das Problem der Struktur-Emergenz bzw. Struktur-
Repräsentanz im Zusammenhang mit der betrachteten Systemebene hin.
360 Zur Relation von kognitiven und dyadischen Systemen

Hierbei geht es um zumindest zwei Systemebenen, nämlich kognitive und


soziale (dyadische) Ebene. Bezogen auf die Ergebnisse der Untersuchung
lässt sich fragen, ob die kognitiven Systeme, die dort mit Hilfe des
SYMLOG-Ratingbogens erfasst wurden, überhaupt „emergieren“. Denn
Kriz (1995, S. 214) schreibt zur Struktur-Repräsentanz in Untersuchungen
zur kognitiven Musterbildung: „Die Attraktoren dürften somit weitgehend
bereits in frühen Lebensspannen emergiert sein; aber nun werden sie im
aktuellen Geschehen als ‚Ordner‘ wirksam und damit sichtbar.“ Das kom-
plexe dyadische Sozialsystem hingegen emergiert, und zwar in dem Mo-
ment, wo die dyadischen Partner sich zum ersten Mal gegenüber stehen13;
nicht aber die kognitiven Strukturen der beiden Dyade-Partner. Dies be-
deutet nicht, dass die Bilder, die die beiden Partner sich von der fiktiven
Person und von sich gegenseitig machen, sich nicht verändern und erneu-
ern können; ggf. auftretende Veränderungen bzw. Erneuerungen gesche-
hen jedoch stets auf den bereits vorhandenen kognitiven Strukturen. Auf-
grund dieser Überlegungen wurde bei der Darstellung der Ergebnisse eher
von Phasenübergängen statt von Emergenz gesprochen.
Darüber, dass soziale und psychische bzw. kognitive Systeme sich gegen-
seitig bedingen, gibt es wenig Dissens. Haken (1987) hat diese gegensei-
tige Bedingtheit folgendermaßen dargestellt: „Ohne die Individuen könnte
die Sprache des Volkes (der Ordner) nicht existieren, umgekehrt aber ver-
sklavt die Sprache die Individuen“ (S. 41). Bei konkreten Überlegungen
zum Zusammenhang von sozialen und psychischen Systemen lassen sich
im Detail jedoch unterschiedliche Ansätze finden (vgl. etwa die Kritik von
Kriz (1989), an dem Ansatz von Luhmann), deren Differenz wesentlich
gerade auf den verschiedenen Schwerpunkten der dort betrachteten Sys-
temebene basiert. Harré (1995) beschreibt die Feinheiten dieser Differen-
zen im Rahmen einer epistemologischen Diskussion zur Theorie der sozi-
alen Repräsentationen folgendermaßen: Man kann „[...] hervorheben wol-
len, daß jede Repräsentation, obgleich sie die Eigenschaft von jeweils nur
einer Person ist, in den Köpfen mehrerer Personen, also einer Gruppe,
steckt. Das heißt dann, daß die Repräsentationen der einzelnen Person sehr
ähnlich oder praktisch identisch sind. Zum anderen kann man unterstrei-

13
Vgl. hierzu auch die Kriterien für Struktur-Emergenz bei Kriz (1995, S 212f).
Matthias Ochs 361

chen wollen, daß eine Repräsentation nicht die Eigenschaft eines Individu-
ums ist, sondern den Handlungen von Menschen oder einer Gruppe zu-
grunde liegt“ (Harré 1995, S. 165). Einmal wird eher das psychische Sys-
tem in den Blickpunkt gestellt und einmal eher das soziale System.
Wenn die Beispielbefunde 1 und 2 eher die soziale Ebene betrachten, dann
kann formuliert werden, dass in der Kommunikation über die Einschätzun-
gen zu dem Bild der fiktiven Person (also durch die Rückmeldung der Ein-
schätzungen) eine Struktur, ein Attraktor emergiert, für den individuelle
Wahrnehmungen und Einschätzungen die kognitive (psychische) Umge-
bung darstellen (vgl. Kriz 1995; Luhmann 1988). Betrachtet man noch ein-
mal den Beispielbefund 2, so kann die synchronisierte Dynamik als solch
ein „sozialer Attraktor“ angesehen werden. Die einzelnen kognitiven Sys-
teme (und ihre untergeordneten hierarchischen Subsysteme und Kompo-
nenten) würden in einer solchen Betrachtung von dem in der Kommunika-
tion emergierten Ordner versklavt werden.
Betrachtet man die Beispiele 1 und 2 eher aus der Perspektive der kogniti-
ven Systeme, so erscheinen kommunikative Reize als eine von vielen mög-
lichen „Perturbationsquellen“, Kontextbedingungen und Umwelten, neben
anderen Kontrollparametern. Dann kann, wie etwa im Beispiel 1, genau
ausgemacht werden, welche Perturbation aus dem dyadischen System bzw.
Fluktuation aus der Umwelt des kognitiven Systems „Bild der fiktiven Per-
son“ der einzelnen Probanden für einen Phasenübergang in eben diesem
kognitiven System verantwortlich ist. Im Befund 1 war es eine bestimmte
Äußerung des dyadischen Gegenübers, welche Pb 2 zu seiner Einschät-
zungsänderung bewogen hat. Ich erinnere noch einmal an das Statement
des Pb 2, der nach der Äußerung seines Gegenübers plötzlich (wie „selbst-
organisiert“) auf der Abbildung eine freundlichere Person „sah“.
Diese Erkenntnisprozesse, die bei der kognitiven Strukturbildung, bei der
sozialen Urteilsbildung zum „Bild der fiktiven Person“ initiiert werden,
können m. E. synergetisch als typische Phasen der „symmetry breaking
instability“ (Haken, 1992) betrachtet werden. In diesen Phasen genügen
kleinere systeminterne bzw. -externe Perturbationen bzw. Fluktuationen
zur Brechung der Symmetrie bzw. zur Einleitung eines Phasenübergangs.
Zur Veranschaulichung dieser Überlegung möchte ich wieder den Befund
362 Zur Relation von kognitiven und dyadischen Systemen

1 heranziehen. Als eine systeminterne Fluktuation, die mit einem Phasen-


übergang assoziiert ist, kann die plötzliche Wahrnehmung der Mundpartie
der fiktiven Person seitens Pb 1 betrachtet werden; als eine entsprechende
systemexterne Perturbation (aus dem dyadischen System) für das kognitive
System von Pb 2, kann die Mitteilung von Pb 1 über seine Einstellungsän-
derung angesehen werden.
Da mit dem SYMLOG-Instrumentarium der Fokus auf die sequentielle Er-
fassung kognitiver Dynamiken ausgerichtet wurde, zielt die Betrachtung
eher auf die individuelle kognitive Ebene. Dennoch erscheint wesentlich,
dass die Beispielbefunde 1 und 2 in einem klein angelegten empirischen
Rahmen die Relevanz von Kommunikation und Interaktion für Wissen und
Denken beschreiben (vgl. Flick 1995).
Diskussion der Beispielbefunde 3 und 4
Exemplarisch lässt sich der Ansatz der Synergetik der interpersonalen Ein-
drucksbildung zunächst auf Befund 3 anwenden, da dort ein „primacy-
effect“, der bereits zur Illustration der Synergetik der sozialen Wahrneh-
mung weiter oben herangezogen wurde, angenommen werden kann. Im
Beispiel 3 hat, wie im klassischen Experiment von Asch zum „primacy
effect“, die zuerst dargebotene Information, nämlich die Rückmeldung der
Einschätzung der fiktiven Person zu Beginn der Untersuchung seitens Pb
36, einen Ordnungsparameter (das eher negative Fremdbild von Pb 35) ge-
neriert. Die nachfolgende Information (die weiteren rückgemeldeten,
freundlicheren Einschätzungen zum Bild der fiktiven Person von Pb 36)
wird von diesem Ordnungsparameter versklavt. Diese nachfolgende Infor-
mation müsste eigentlich, so könnte man annehmen, das eher negative
Fremdbild von Pb 35 revidieren, denn die Einschätzung der fiktiven Person
seitens Pb 36 wird über die Zeit positiver. Das einmal entstandene
Fremdbild (Ordner) hat sich jedoch gegenüber einem potentiell alternati-
ven Ordner, der von seinem konnotativen Gehalt eher zu der nachfolgen-
den Information passen würde, durchgesetzt.
Wichtig zu berücksichtigen sind in diesem Zusammenhang sicherlich auch
kognitiv-konnotative Prozesse. Dies mag zunächst etwas banal klingen; es
wäre aber auch, etwa bei der Interaktion, die im Beispielbefund 4 darge-
Matthias Ochs 363

stellt ist, denkbar gewesen, dass das dyadische Gegenüber zwar eine Be-
merkung gemacht hat, dieser Bemerkung aber keine Bedeutung (kognitiv-
konnotative Prozesse) geschenkt und somit auch keine Einstellungsverän-
derung im Fremdbild vollzogen worden wäre. Des Weiteren musste dieser
Bemerkung auch Aufmerksamkeit (als ein Kontrollparameter) geschenkt
werden, damit sie Relevanz bekommen konnte. Die Thematik, die sich ge-
staltet, wenn man diese letzten beiden Überlegungen weiter verfolgt, be-
trifft die Autonomie psychischer Systeme gegenüber kommunikativen
Systemen. Oder als Frage formuliert: Was sind die psychisch mehr oder
weniger bewusst steuerbaren Vermittlungsprozesse, die eine Perturbation
des sozialen Systems in eine Komponente des kognitiven Systems „um-
wandeln“? Simon (1995) hat zu dieser Frage einige interessante Überle-
gungen angestellt. Er meint, dass es eine Frage der Solidität der Kopplun-
gen (fest/locker) der Elemente von Systemen ist, welches System auf ein
anderes System größeren Einfluss ausübt.

Abschließende Anmerkungen
Zusammenfassend kann formuliert werden, dass die Beispielbefunde em-
pirische Hinweise dafür liefern, dass dyadische Momente wesentliche
Randbedingungen der Dynamik kognitiver Systeme sein können. Außer-
dem zeigen die Befunde, dass der Zusammenhang zwischen dyadischen
und kognitiven Systemen empirisch mit Hilfe einer kombinierten Heran-
gehensweise von „Fragebogen-Zeitreihen“ und qualitativer Validierung
nachvollzogen werden kann. Dieses Statement kann der Aussage von
Tschacher et al. (1992, S. 349) bezüglich der Anwendung von Fragebo-
geninventaren zur systemwissenschaftlichen Erforschung von sozialen
Systemen gegenübergestellt werden. Diese äußern sich diesbezüglich
nämlich eher etwas kritisch: „the acquisition of time series with conven-
tional means like questionaires, surveys, etc. is further aggravated since
applications in short intervals must be ruled out”. Grundsätzlich erscheint
die systemwissenschaftliche Betrachtung von Dyaden mit Hilfe von Zeit-
reihendiagrammen und deskriptiver Statistik eine sinnvolle Herangehens-
weise. Vergleicht man diese etwa mit einem alternativen Ansatz zur pro-
zessualen Analyse dyadischer Interaktion, nämlich die Darstellung eines
364 Zur Relation von kognitiven und dyadischen Systemen

Paarsystems über die signifikanten Regressionen des state space-Modells


bei Tschacher und Brunner (1995), dann erweist sich diese Analyseform
möglicherweise als nicht so „statistically sophisticated“, doch eventuell als
zugänglicher und greifbarer. Für zukünftige Designs sehe ich daher frucht-
bare Wege nicht nur in ausgefeilteren quantitativen Zeitreihen-Statistiken
und –Illustrationen, sondern auch in ausführlicherer qualitativer Datener-
hebung14.

14
Siehe hierzu auch Schiepek (2020) sowie Ochs (2009, 2012).
Matthias Ochs 365

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Rosa Michaelis 373

Epilepsy: a window to the investigation of mind-brain


interaction
Rosa Michaelis

Early seizure detection in focal epilepsies


Epileptic activity in focal epileptic seizures
Epileptic activity is characterized by synchronous neuronal activity. Fig. 1
illustrates neuronal ‘behaviour’ at the onset of a focal epileptic seizure: In
focal epilepsy, certain epileptogenic neurons occasionally ‘attempt to con-
vince’ interconnected neurons to engage in seizure (i.e., synchronous) ac-
tivity. If a sufficient amount of neurons ‘behaves’ synchronously, their ac-
tivity may get recorded by an electroencephalogram (EEG) as epileptiform
discharges. If focal seizure activity remains confined, the affected person’s
consciousness may remain unimpaired during the seizure. Individuals with
focal epilepsy who can identify focal aware seizures (also referred to as
‘auras’) have the capacity of early seizure detection.

Fig. 1: This neurophysiologic comic illustrates how certain neurons occasionally ‘attempt
to convince’ interconnected neurons to engage in seizure activity in focal epilepsies (Hei-
nen 2001).

© Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2020
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374 Epilepsy: A Window to Mind-Brain-Interactions

Two case examples


Case example 1: Elizabeth (early 50ies) had her first seizure when she was
nine years old and was diagnosed with Temporal Lobe Epilepsy (TLE)
shortly afterwards. TLE is the most common type of focal epilepsy. Eliza-
beth describes her experience of focal aware seizures as follows: she expe-
riences an uncomfortable pressure pushing outward and forward from the
inside of her throat. This pressure feels as if it was connected to her abdo-
men by an “elastic band”. These phenomena are referred to as an epigastric
aura, which is a typical seizure semiology in TLE. Elizabeth has learned to
evoke the mental image of her “grandma” at seizure onset. This mental
image is charged with a sense of unconditional love and kindness. In terms
of her biographical background, she did not find these qualities in her par-
ents during her upbringing. By making the effort to maintain this mental
image, she has often experienced that focal aware seizures will not be fol-
lowed by loss of awareness. The application of such a technique with the
purpose of containing seizure activity is often referred to as an aura inter-
ruption technique.
Case example 2: George (12 years old) has also developed an aura inter-
ruption technique. When he was asked to describe his technique, he replied
that he could not explain it with words but he could draw it instead.

Fig. 2: First pictures of a series of a focal aware seizure. Following the left picture,
George is able to interrupt the aura, while this is not possible after the right picture. While
the seizure seems bigger and more intimidating (left), George seems also more aware of
it. This increased awareness is accompanied by raised shoulders representing increased
activeness. George seems on the other hand more timid in the right picture (Heinen 2001).
Rosa Michaelis 375

He then drew two series of pictures: the first series illustrates how he gets
overwhelmed by a seizure; the second series illustrates the successful ap-
plication of his seizure interruption technique. Fig. 2 contrasts the first pic-
ture of each series. The whole series illustrating the successful application
of the seizure interruption technique is shown in Fig. 3. The last picture of
this series illustrates the sense of control and empowerment that people
with epilepsy may gain through the confinement of a focal aware seizure
(Lohse et al. 2015; Michaelis et al. 2018a).

Fig. 3: During the application of his seizure interruption technique, George closes his ears
with his hands and hums a laud sound until the seizure phenomena have faded. George
seems to have grown a couple of inches when he walks on after a successful aura interrup-
tion. He holds his head up high and seems very pleased and proud (Heinen 2001).

The neurophysiologic basis of confining focal seizure activity


How can we imagine that aura interruption is possible? Fig. 4 illustrates
neuronal ‘behaviour’ during the successful application of a seizure inter-
ruption technique.
376 Epilepsy: A Window to Mind-Brain-Interactions

Fig. 4: This neurophysiologic comic illustrates how epileptogenic neurons ‘fail to con-
vince’ a sufficient amount of interconnected neurons to engage in seizure activity. In this
case, the seizure activity remains confined and does not spread enough to impair the af-
fected person’s awareness (Heinen 2001).

Epileptology at a crossroad: opposed attitudes toward psychological


phenomena
In his book “The Brain-Behaviour-Continuum”, Jose Luis Perez-Vala-
zquez states: “Seizures are ‘cured’ by reducing network synchrony – that
is what most of the therapies – either of chemical, physical, or psycholog-
ical nature – achieve” (Perez-Valazquez and Frantseva 2011). On the other
hand, a group of well-known epileptologists, who are involved in the de-
velopment of so-called closed looped systems (i.e., systems that detect the
onset of seizure activity and then selectively stimulate the dysfunctional
brain region in order to confine seizure activity) state: “Little is known to
date about the influence of different cognitive and emotional states. Once
the influence of these confounding variables is better understood, it can be
taken into account by an algorithm to increase its predictive performance”
(Mormann et al. 2008). These contrasting citations illustrate that psycho-
logical phenomena can be regarded either as a therapeutic opportunity – if
consciously (i.e., internally) modulated – or as a confounding variable – if
one aims at external neuromodulation. Epilepsy has been regarded as a
window for the understanding of brain function by neuroscience for a long
time. The investigation of the underlying mechanisms of psychological in-
Rosa Michaelis 377

terventions for people with epilepsy may take this endeavor one step fur-
ther by tackling the question how our mind may interact with our brain in
the pursuit of well-being.
Modeling possibilities for therapeutic action
Awareness of focal aware seizures allows for early detection of seizures
and gives individuals the opportunity to apply seizure interruption tech-
niques to confine seizure activity. Fig. 5 shows a simple model to illustrate
how seizure interruption may work.

Fig. 5: In this hypothesized model, the affected person experiences focal aware seizure
phenomena when the seizure activity (i.e., darker grey ‘spikes’) reaches the seizure
threshold. By applying an aura interruption technique, the seizure activity gets pushed be-
low the seizure threshold. However, seizure activity may remain at a high level (see
lighter grey ‘waves’). Indeed, people with epilepsy who start to develop and practice sei-
zure interruption techniques often report that they have focal aware seizures in a row
(Tang et al. 2014).

Case example 1 (continued): Elizabeth reported that she would sometimes


not apply her seizure interruption technique but allowed the seizure to hap-
pen if she could make sure to sit or lie down during the seizure in a safe
378 Epilepsy: A Window to Mind-Brain-Interactions

place. She said that she might otherwise “build up to a ‘bad’ seizure” i.e.,
a seizure that happens without a preceding focal aware seizure and thus
takes her by surprise. Such seizures involve an increased risk of falling and
injury.

Seizure prediction in focal epilepsies


How does seizure activity increase in the first place?
This question implies the exploration of seizure precipitants (or seizure
triggers) and therefore the possibility to predict seizures. Seizure prediction
entails the possibility to avoid seizures altogether. This exploration of sei-
zure precipitants is, of course, methodologically challenging. In the rare
cases of photo-sensitive epilepsies, patients will react to flickering light
with a seizure. The physiological processing of flickering light induces ep-
ileptic activity in the occipital lobe. The identification of a seizure precip-
itant is easy in such a clear linear causal relationship. However, the rela-
tionship between possible emotional seizure precipitants and epileptic sei-
zures is non-linear, complex, and circular as the psychological state of a
person will also be affected by having had a seizure. Fig. 6 illustrates the
complexity of identifying emotional seizure precipitants because it is hy-
pothesized to include an interplay between short- and long-term triggering
factors.
Case example 1 (continued): Elizabeth holds the belief that she must not
be too late. This belief was formed during her childhood when she was
usually very strictly punished whenever she was too late. The left box of
Fig. 6 represents a situation in which Elizabeth is very stressed because she
is afraid of running late. But she does not experience a seizure because
seizure activity in general is at a low level. The right box of Fig. 6, on the
other hand, represents a situation when she is not as stressed due to her
dysfunctional belief. However, she experiences a seizure because seizure
activity in general is at a higher level due to stressful circumstances related
to ongoing family issues.
Rosa Michaelis 379

Fig. 6: This hypothesized model illustrates the complex interplay between short-term trig-
gering factors (‘spikes’) and long-term triggering factors (‘waves’), which may have sta-
bilizing (left box) or destabilizing effects (right box) in terms of seizure likelihood (Tang
et al. 2014; Michaelis et al 2017).

Hen or egg? Precipitant or prodrome?


The investigation of the relationship between psychological phenomena
prior to a seizure and the seizure itself gets even more complex because a
psychological state prior to seizure could be either a precipitating factor or
prodromal activity. Some people with epilepsy experience altered psycho-
logical states hours or even days prior to the occurrence of a seizure. These
altered states are hypothesized to correlate with already altered brain func-
tion. Therefore, measures of brain functioning are needed in order to dis-
tinguish more accurately between psychological seizure precipitants and
psychological prodromal activity. Epilepsy monitoring units (EMU),
where patients with seizures are hooked up to EEG electrodes 24hrs/day,
constitute a possible setting to aim at this distinction.
380 Epilepsy: A Window to Mind-Brain-Interactions

Ongoing research and future directions


Integrating the systematic assessment of psychological states in the
epilepsy monitoring unit
We applied the concept of a high-frequency systematic monitoring of psy-
chological states and tested patients’ compliance in order to evaluate if its
integration in the EMU is feasible and if patients benefit from the graph-
ically underpinned discussion of their EMU stay-related cognitions and
emotions. The process monitoring is technically realized by the internet-
based device for data collection and data analysis, the Synergetic Naviga-
tion System (SNS, Schiepek et al. 2015, 2018). A convenient sample was
enrolled: All eligible patients who were admitted to the EMU of the De-
partment of Neurology, Christian Doppler Medical Center, Salzburg, Aus-
tria, during a three month period were approached and recruited upon con-
sent.

A) B)
Fig. 7: A: 5-hourly ratings of stress; Y-axis indicates answers on the visual analog scale
(0-100), X-axis indicates all consecutive responses. B: Averaged ratings of stress per day;
Y-axis indicates averaged answers on the visual analog scale (0-100), X-axis indicates
consecutive responses.

The daily questionnaire included eight standardized items asking patients


to evaluate e.g., their seizure likelihood within the next hours, nervous-
ness/anxiety, stress level, mood, boredom etc. and up to three personalized
items asking for personal early ictal phenomena. The questionnaire also
included a standardized item to assess self-efficacy: “I can make use of
things that help me to get along with the situation.” When answering that
item, patients were asked to refer to a resource-orientated interview that
Rosa Michaelis 381

had taken place on the first day of admission. During this interview, activ-
ities and attitudes were explored that might serve participants during their
stay in the EMU. Staying in an EMU may imply considerable discomfort
with reduced privacy. Patients were provided tablets with a preset five-
hourly alarm. Self-assessments were collected prior to meal times (6:30am,
11:30am, and 4:30pm) and at 9:30pm. Fig. 7A illustrate how much infor-
mation is gained with five-hourly ratings opposed to daily average ratings
(Fig. 7B).
The detailed visualizations of the patients’ replies were discussed with the
participants during a feedback session at the end of the EMU stay. Twenty-
one patients (12 women/9 men, median age 29 years [range 18 – 74 years])
were consecutively recruited (72% of all eligible patients). Compliance
rates were high (median: 82%, range 60%-100%) amongst the respondents.
Nine patients (43%) reported that they learned something meaningful
about themselves after the feedback discussion of their individual time se-
ries. Fig. 8 shows two case examples. These results support the feasibility
of high frequency monitoring of psychological states and processes in rou-
tine EMU settings (Michaelis et al. 2018b).
Correlation of EEG biomarkers with psychological states in the epilepsy
monitoring unit
This study investigated the correlation of quantitative EEG markers with
the previously mentioned data obtained during systematic high frequency
monitoring of psychological states in the EMU. On group level, no signif-
icant correlations were found, whereas on single subject level correlations
were found for 12 out of 21 patients. Most significant correlations were
found between Hjorth parameters and items that reflect changes in mood
or stress (Höller et al. 2019). One possible explanation is that some people
are better at introspection and labelling inner psychological states than oth-
ers. Therefore, participants in future studies should be trained in introspec-
tive methods to increase their sensitivity towards subjective phenomena.
382 Epilepsy: A Window to Mind-Brain-Interactions

Fig. 8: On the left is the graph of a female patient (42 years) with borderline personality
disorder (BPD) and temporal lobe epilepsy (TLE) who was admitted to differentiate if the
etiology of postsurgically reoccurring episodes was epileptic or non-epileptic. The time
series show the asynchronous 5-hourly ratings of her events (blue/solid line: sensation of
heat) and her sense of self-efficacy (orange/dashed line). During the feedback session, she
was able to formulate the hypothesis that the postsurgical episodes that she experienced
were a somatic correlate of her fluctuating sense of helplessness (i.e., lack of self-effi-
cacy). This increased self-awareness reinforced her decision to seek inpatient psychiatric
treatment. Y-axis indicates answers on the visual analog scale (0-100), X-axis indicates all
consecutive responses.
The graph on the right is from a female patient (26 years) with juvenile myoclonic epi-
lepsy (JME). Sleep deprivation is a well-known seizure trigger in this epilepsy syndrome.
This patient observed low energy levels (blue/solid line) in the mornings and especially
after sleep deprivation (1). Sleep deprivation is administered on purpose in an EMU to in-
crease the risk of seizures. Low energy was usually accompanied by bad mood (or-
ange/dashed line). However, this effect was suspended by her boyfriend’s visit (2). Dur-
ing the feedback session, this patient became aware that social resources might help her to
modulate the effects of sleep deprivation; Y-axis indicates answers on the visual analog
scale (0-100), X-axis indicates all consecutive responses.

SNS provides a very good resolution over time. Additional introspective


training would increase in-depth resolution of data gathered on seizure
phenomena. While there have been hypotheses derived from the retrospec-
tive correlation of patient accounts of seizure phenomena and EEG data
(Petitmengin et al. 2007), this approach would allow for the correlation of
psychological states obtained during real-time monitoring with simultane-
ously obtained EEG data to add to our understanding of the interaction
between mental, behavioral and neural correlates of the transitions between
Rosa Michaelis 383

peri-ictal, pre-ictal and early ictal states in pursuit of the question: Are psy-
chological states potential indicators for seizure likelihood?
Integrating the systematic assessment of psychological states in the out-
patient setting
SNS can also be used to shed light on the black box of delivering psycho-
therapy to patients with epilepsy in the outpatient setting by complement-
ing commonly used outcome measures such as the Quality of Life in Epi-
lepsy Inventory with 31 items (QOLIE-31, Cramer et al. 1998). It has been
suggested that this questionnaire may not be very sensitive to changes me-
diated by psychotherapy. In fact, some patients may show psychotherapy-
related worsening of their QOLIE score even if they and others feel that
they have benefited from treatment, for instance when psychotherapy has
successfully reduced alexithymic tendencies and allowed patients to gain
a better understanding of their uncomfortable emotions (Michaelis et al.
2019). The project “Taking Control of Your Seizures” [Selbst-Handeln bei
Anfällen] is a resource-oriented program. Its 12 modules include aspects
such as the identification of seizure triggers and the development of seizure
interruption techniques. However, the main focus is on personal develop-
ment and personal growth. Fig. 10 shows a simplified representation of
Elizabeth’s idiographic system model (ISM, for the method and an exam-
ple see Schiepek et al. 2016). The model illustrates the emphasis on re-
sources as Elizabeth placed her “grandma” in the center of the model while
her seizures were placed in a marginal position. A personalized question-
naire was developed based on the ISM. Fig. 10 illustrates the training effect
of daily responses to the item “I have been in touch with my grandma.”
Fig. 11 shows a decrease of seizure during the past months.
384 Epilepsy: A Window to Mind-Brain-Interactions

Fig. 9: Elizabeth’s idiographic system model. Dotted lines represent inhibitory influences,
solid lines excitatory influences. Created with the Excel-based open-access software
available from www.psysim.de/ISM/ISM-1.0.0.xlsm, Schöller 2019).
Rosa Michaelis 385

Fig. 10: This figure illustrates Elizabeth’s daily responses to the item “I have been in
touch with my grandma”; Y-axis indicates answers on the visual analog scale (0-100), X-
axis indicates all consecutive responses.

Fig. 11: This figure shows Elizabeth’s seizure frequency during the past months; Y-axis
indicates answers yes (1) or no (0), X-axis indicates all consecutive responses.

The ultimate salutogenetic perspective: Seizures become a means of per-


sonal development
Qualitative evidence suggests that people with epilepsy may develop an
increased sense of self-efficacy because of the active self-examination
prompted by the challenge of living with epilepsy. The examination of sei-
zure precipitants may in fact be appreciated as an opportunity for person-
ality development: “On the one hand I hate seizures. But on the other hand
they are a means […] to [a] purpose […], of somehow learning things
about myself [which has brought me a big personal gain].” Despite
achieving better seizure control, this personality development may be re-
garded as the most valued outcome: “Eventually, it is only as a byproduct
386 Epilepsy: A Window to Mind-Brain-Interactions

really about epilepsy. As a marker […] how I feel.” Participants may even
perceive their epilepsy as being more present in their lives but not in the
sense of fearing seizures or feeling limited by seizures but rather in a way
that incites self-care (Michaelis et al. 2018a). This qualitative data is sup-
ported by empirical data showing how medical and psychological param-
eters influence quality of life in patients with epilepsy (Ring et al. 2016).
Illness perception and sense of self-efficacy are variables that increase re-
silience, which means that people may have good quality of life despite
having seizures (Suurmeijer et al. 2001).

Acknowledgment
I would like to thank all colleagues who have been involved in the de-
scribed projects, especially Günter Schiepek, Friedrich Edelhäuser, Gerd
Heinen, Catrin Schöne, Christina Niedermann, Bettina Berger, Helmut
Schöller, and Prisca Bauer-Sola, who will take this into the future.
Rosa Michaelis 387

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Cotuk, Müller, Pelz, Duru & Perlitz 389

Synergetic brainstem consensualization at the 0.15 Hz


intermediary rhythm is the genuine marker of the
trophotropic state
H. B. Cotuk, G. Müller, H. Pelz, A. D. Duru and V. Perlitz

Functional states of the autonomic nervous system in relation to health


and disease: a brief historical review
In the following, we strive to sketch the evolution of two pillars of medical
research, namely on the one hand that on research on the anatomy, physi-
ology, and biochemistry of that what has become widely known as stress,
and on the other hand on research and medical practice on rest or targeted
relaxation procedures. A far cry from being complete, we thus attempt to
recapitulate the lines of logic of research on pathogenesis and on saluto-
genesis. Most striking in this respect is the evident disparate time course
research has taken in either branch.
In 1915, Harvard physiologist Walter Bradford Cannon published a first
report on bodily effects of emotional excitement. Thereby, he laid ground
not only for one scientific discipline, but for a wide scope of research dis-
ciplines in physiology, psychology, and medicine (Cannon 1915). From a
current perspective, it appears evident that Cannon pursued an approach
termed holistic. Coining such terms as ‘fight or flight’ or ‘homeostasis’, he
denoted with the former an unspecific state in animals marked by a physi-
cal response to physical and/or psychological challenges, and with the lat-
ter he described a dynamic state of equilibrium in living beings. It was not
until some 20 years later, that Dr. Cannon introduced his theory on the
sympathoadrenal system thereby including in his view the interaction of
central nervous faculties with the peripheral body (Cannon and Rosen-
blueth 1937). With his last contribution, he eventually gave an account of
biological, psychological, and social interaction when reporting on socially
induced physical death among natural tribes underpinning his holistic un-
derstanding of living systems (Cannon 1942).
Though Cannon already used terms such as ‘strain and stress’, it was to
Hungarian-Canadian endocrinologist Hans Selye to not only establish the

© Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2020
K. Viol et al. (Hrsg.), Selbstorganisation – ein Paradigma für die
Humanwissenschaften, https://doi.org/10.1007/978-3-658-29906-4_21
390 Synergetic Brainstem Consensualization

term stress for such phenomena, but Selye also elaborated on the scientific
methodology to tell stress associated specific from unspecific, that is: gen-
eral, physiological, biochemical, and anatomical details of the stress re-
sponse (Selye 1936). Another 20 years passed until Selye expanded his
view shaped from insights gained in animal studies to studying responses
to stress in humans recognizing the relevance on individual psychological
faculties (Selye 1955). In this report, Selye not only introduced the hypo-
thalamic-pituitary-adrenal (HPA) axis, but he also outlined the course of
future stress research. There, he readily conceded that the plethora of re-
search efforts on stress was spent on endocrine pathways and related
changes, whereas the study of the nervous system was widely omitted for
lack of appropriate research methodology able to deal with the complexity
of the system under study. In those heydays of stress research, medical
research mostly put to use invasive methods destroying anatomical areas
and centers of interest comparing effects of such interventions pre- and
post intervention.
While Cannon and Selye were focused on what they considered pivotal for
understanding preconditions of stress and ‘disease’, that is organismic re-
actions to challenges of the organism, they fell short of studying the con-
comitant state, namely that of rest, relaxation or recovery. The pioneer in
this regard was Johann Heinrich Schultz, who was to become active pri-
marily on the clinical side. Fraught with childhood health problems, he
ventured into medicine to eventually develop a self-hypnosis regime
known globally as autogenic training. By volitionally producing the sensa-
tions of heaviness and warmth, subjects were able to switch into self-hyp-
notic trance (Schultz 1932). Decades later, this essential regard on the sci-
entifically poorly amenable nervous system was coined the ‘relaxation re-
sponse’ (Benson et al. 1974). The most prominent question to ask was
whether the mere absence of stress already sufficed to define this state of
the organism as relaxation or must such state of non-stress be viewed under
premises that had yet to be outlined more precisely? Is there a need to com-
prehend the body’s efforts in a dichotomic approach?
Between 1924 and 1938, another contemporary of these scholars, Walter
Rudolf Hess, was occupied mostly with efforts to produce basic insight
Cotuk, Müller, Pelz, Duru & Perlitz 391

into the functioning of the autonomic nervous system (ANS). Using chron-
ically instrumented animal models, he succeeded in defining two seem-
ingly opposing general states of the organism, termed by him trophotropic
state and ergotrophic state, respectively. The central organization of the
reciprocally coordinated neuronal functional loops rested peripherally on
sympathetic and parasympathetic effectors producing "antagonistic" states.
Hess’ (syn)ergetic and systemic conception of the ANS operating in a dual
mode was of paramount relevance for the understanding of stress and the
resting or relaxation state. This concept holds that sympathetic activity es-
tablishes the energetic efficiency of the individual interacting with the en-
vironment, while parasympathetic activity is responsible for the eco-
nomic/energetic restitution of functional elements/the body. The concert of
either activity yields to a dynamic equilibrium, or, speaking with Cannon,
homoeostasis, which reflects adaptability in general and specific adapta-
tion with any given environment. Pivotal to his systemic conceptualization,
Hess incorporated explicitly the topological and time domains of ANS
function. He was first to record the dynamic integration of the topograph-
ically disjoint but vertically and topologically linked subsystems of the
ANS within the diencephalon. In this concert, the factor time is being es-
tablished as a constitutive element of organic ordering since the ongoing
antagonism results in synergism of the continuation (Hess 1948).
In essence, this line of logic is widely maintained in current concepts on
the mutual relation between ANS and disease processes, particularly with
regard to cardiovascular deterioration. In the neurovisceral integration
model, mental state, autonomic function, and health outcomes are inte-
grated by dynamics of the so-called central autonomic network (CAN),
which consists of hierarchically and reciprocally connected brain regions
(insular cortex, amygdala, hypothalamus, periaqueductal gray matter, par-
abrachial complex, nucleus of the tractus solitarius, and ventrolateral me-
dulla). Lower levels of this network receive afferent information from the
body in order to respond to immediate energy turnover needs, whereas
higher levels of the hierarchy integrate information at a larger timescale in
the context of long-term cognitive, emotional or social goals (Smith et al.
2017).
392 Synergetic Brainstem Consensualization

The Russian medical literature shaped by the highly specialized context of


spaceflight, provides an additional important facette in this context. Em-
phasis is being put on pre-nosological monitoring of the ANS as the meth-
odology of evaluating functional states in the borderline zone between
norm and pathology (Baevskii and Berseneva 2017). Assessment of poten-
tials of acute or chronic psycho-social stressors and environmental contin-
gencies to initiate dysfunctional psycho-physiological and even disabling
processes and illnesses demands recognition of early pre-nosological pat-
terns of ANS activity in order to prepare salutogenic countermeasures
(Baevskii and Chernikova 2016). This raises the question whether exposi-
tion to repetitive allostatic loads of environmental and biopsychosocial
contingencies will impede the adaptability of the ANS or even produce
structural alterations (McEwen et al. 2015). Monitoring a loss of dynamic
adaptability in the ANS and, in particular, a slow recovery following ex-
position to a stressor constitutes a pivotal approach in this regard (Wulsin
et al. 2018).

Monitoring of autonomic nervous system activity using heart rate


variability
The central autonomic network involved in cognitive, affective, and auto-
nomic regulation provides both ANS effectors with dynamic output, which
has been extensively monitored at the level of the heart by recording beat-
to-beat interval signals used to compute heart rate variability (HRV). Yet,
the potentials of HRV to provide a functional link between psychophysio-
logical stressors and pathophysiological processes is apparently limited
due to the complexity of such a neuro-visceral integration (Kemp 2017).
This is evidenced by findings on ANS responses to exposition of high al-
titude. Here, ANS assessment using HRV failed to predict acute mountain
sickness albeit terrestrial high altitude lead to significant changes in resting
nocturnal HRV typified by increasing regularity (Boos et al. 2018). This
demonstrates the need for measures of higher order or a higher degree of
complexity able to capture the systems complexity, a posture also under-
pinned by studies on cardio-respiratory interactions (von Bonin et al.
2014). In the particular case of spaceflight, cardiovascular and metabolic
Cotuk, Müller, Pelz, Duru & Perlitz 393

investigations suggest that sympathetic activity is enhanced under the con-


ditions of spaceflight. HRV-analysis during long-term microgravity re-
vealed that although the ANS showed no signs of pathological deteriora-
tion, the functional reserves of autonomic cardiovascular adaptability was
limited by individual adaptation reserves (Baevskii 2013). Conflicting
findings on baroreflex sensitivity and biphasic changes of vagal HRV met-
rics along with a reduced systemic vascular resistance have yielded to the
complexity of ANS responses in spaceflight (Eckberg et al. 2016; Norsk et
al. 2015).
The use of HRV as the principal ANS monitoring parameter may impede
validity of assessment of complex and non-linear interactions between the
CAN and sympathetic/parasympathetic effectors, which define and medi-
ate the HRV output as well as respiration and baroreflex influences (del
Paso et al. 2013). Physiological constructs on HRV, such as the sympatho-
vagal balance, have been proven independently to be misleading or even
false (Billman 2013; Heathers 2014). They rest on a computational con-
struct (LF/HF ratio) which failed to generate reliable and valid facts.

Monitoring of autonomic nervous system activity by facial skin


vasomotion
Monitoring ANS activity using an easily accessible and more direct (than
HRV) related source of involved neurophysiological processes would be
of substantial benefit. In this context, the study of rhythmic vasomotion in
facial skin microcirculation has proven both theoretically and methodolog-
ically to be such a rich and valuable source supplying outstanding markers
of the trophotropic mode of operation of the ANS. Psychomotor drive re-
duction was shown to elicit a 0.15 Hz rhythm in blood content fluctuations
primarily in the forehead skin of awake human subjects relaxing naïvely or
practicing hypnoid relaxation (Perlitz et al. 2004a). During extended times
of relaxation (with eyes closed), this 0.15 Hz rhythm was demonstrated to
spread in synchrony from the forehead vasculature to the earlobes (Cotuk
2016; see Fig. 1).
394 Synergetic Brainstem Consensualization

Fig. 1: Power spectra of the intermediary rhythm (top), the respiratory rhythm (middle)
and arterial blood pressure rhythm (bottom) during marked relaxation. The intermediary
rhythm dominates the upper face (right, left ear and forehead at ≈ 0.15 Hz), the respiratory
rhythm spreads to the lower face (upper, lower lip and cheak at ≈ 0.18 Hz) and the arterial
blood pressure rhythm influences predominantly finger skin vasomotion and HRV (at ≈
0.09 Hz).
Cotuk, Müller, Pelz, Duru & Perlitz 395

The 0.15 Hz rhythm is distinct from the baroreflex mediated 0.1 Hz rhythm
of arterial blood pressure and tends to synchronize with respiration at inte-
ger number ratios, which was especially prominent in experts of autogenic
training (Perlitz et al. 2004a). In response to orthostatic challenges, stress-
ful acoustic stimuli, somatic pain induction, or sympathetic activation dur-
ing exercise, the 0.15 Hz rhythm tended to disappear with inter-individual
variations due to the subject’s individual ability to preserve the relaxed
state (Perlitz et al. 2004b; Ernst et al. 2005; Lampmann et al. 2005).
This psychophysiological conceptualization set the path for innovative
ANS monitoring technology, as skin blood content fluctuation can easily
be recorded by skin contact photo-plethysmography (PPG) and camera
based remote photo-plethysmography imaging (PPGI, Huelsbusch and
Blazek 2002). Based on different absorption and scattering coefficients of
bloodless skin and blood-filled vessels for photons in the visible and near
infrared light spectrum (Maeda et al. 2008), PPG and PPGI were developed
as sophisticated yet practical physiological monitoring tools using techno-
logically advanced contact or light sensors (Venema et al. 2012; Trumpp
et al. 2017). As even smartphone cameras nowadays are equipped with in-
tegrated high quality sensors in the red-green-blue (RGB) spectrum, they
are able to successfully monitor heart rate (HR) and HR related fluctuations
(Aydemir et al. 2018). PPG and PPGI thus allow to extract HR and HRV
as well as slower vasomotor rhythms (0.1 Hz, 0.15 Hz and the respiratory
rhythm) from recorded perfusion data by analyzing their frequency bands.

The Synergetics of the intermediary rhythm of the brainstem


A very recent fMRI study revealed that in the human brain stem, slow
spontaneous breathing rhythms were associated with two types of slow
BOLD oscillations with dominant frequencies at 0.10 and 0.15 Hz. One of
the two alternating BOLD oscillations was demonstrated to represent ves-
sel motions (at 0.1 Hz) associated with the onset of expiration, and the
other oscillation (at 0.15 Hz) was associated with neural activity acting as
a driving force for spontaneous inspiration and RRI increase (Pfurtscheller
et al. 2019).
396 Synergetic Brainstem Consensualization

This was observed analogously in the lower brainstem of anaesthetized


dogs, where during a decline of bursting activity of reticular neurons rhyth-
mic discharge periods at 0.15 Hz were interrupted by tonic activity (Lam-
bertz and Langhorst 1998). This reticular rhythm synchronized with respi-
ration at a 1:2 ratio and was expressed also in heart beat interval and blood
pressure fluctuations (Perlitz et al. 2004c). These phase transitions and dy-
namic coupling with respiration, the cardiovascular system, nucleus tractus
solitarii, and central neurons were portrayed using non-linear algorithms
(Lambertz et al. 2000).
The multi-site recording of skin vasomotion, respiration and arterial blood
pressure along with HRV during the long lasting psychomotor relaxation
of one subject (eyes closed > 1 hour, Fig. 1) shows the different topology
of the peripheral presence of the three major physiological rhythms. The
intermediary rhythm dominates the upper face (right, left ear and forehead
at ≈ 0.15 Hz), the respiratory rhythm spreads to the lower face (upper,
lower lip and cheek at ≈ 0.18 Hz), and the arterial blood pressure rhythm
influences predominantly finger skin vasomotion and HRV (at ≈ 0.09 Hz).
As to the coupling of the rhythms, the striking feature is an almost perfect
synchronization between the left and right ear skin vasomotion at the in-
termediary rhythm (Fig. 2). Such left-right synchronous oscillatory activity
in the microcirculation was also observed in the muscle tissue hemoglobin
saturation and provides strong evidence for the central neural control of
vasomotion (Cotuk et al. 2018). When recording the same subject during a
fMRI session, relaxing with the eyes closed, the intermediary rhythm
emerged in the brainstem voxels within the same frequency band (0.12-
0.18 Hz) as has been priorly reported for peripheral effectors in facial skin
(Fig. 2).
Cotuk, Müller, Pelz, Duru & Perlitz 397

Fig. 2: Coupling strengths of the three physiological rhythms (intermediary rhythm, the
respiratory rhythm, and the arterial blood pressure rhythm) between different sites based
on wavelet coherence (normalized scale between 0 = no coupling and 1 = perfect synchro-
nization). The strongest coupling is between the right and left ear skin vasomotion at the
intermediary rhythm (same subject and recording as in Fig. 1). Colours: blue (top) inter-
mediary rhythm, black (bottom) respiratory rhythm, red (middle) arterial blood pressure
rhythm. The top shows the wavelet based time-frequency distribution of fMRI data of
brainstem voxels from another recording of the same subject (7 min relaxation with the
eyes closed); distinct intermediary rhythm (0.145±0.016 Hz) troughout the recording
within the 0.12-0.18 Hz frequency band.

In summary, the intermediary rhythm at 0.15 Hz in facial skin microcircu-


lation, which is associated with the subjective experience of profound psy-
chomotor relaxation, reflects on the peripheral level an order-order transi-
tion originating in the CBS of the lower medulla. The emergent coherence
(reflected by various phase synchronization phenomena, particularly with
the respiratory rhythm) of autonomic physiological rhythms at this fre-
quency band (particularly during autogenic training) appear to result from
circular causality modes of operation in neural afferent-efferent loops and
central oscillations. Thus, the intermediary rhythm acts as the mediating
temporal ordering faculty for the major brainstem related rhythms.
398 Synergetic Brainstem Consensualization

Dedication
In our brief report we attempted to capture pillars of stress and relaxation
research. In doing so, we also supplied evidence of the complex nature of
research and science with a claim to medical relevance. This complexity
poses demands and challenges as to the scientific instruments used, and no
scientific paradigm appears more appropriate to match this complex nature
than Synergetics.
Cotuk, Müller, Pelz, Duru & Perlitz 399

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Christian Schubert 403

Zur Synergetik des systemischen Lupus Erythematodes


Christian Schubert

Autoimmunkrankheiten – eine paradigmatische Wende?


Autoimmunkrankheiten und das Maschinenparadigma der Biomedizin
Autoimmunkrankheiten (AIK) sind chronische Entzündungserkrankun-
gen, bei denen zelluläre Bestandteile (autoreaktive T-Zellen) oder Pro-
dukte (Autoantikörper) des Immunsystems gegen körpereigene Antigene
(Autoantigene) reagieren, was lebensbedrohliche Folgen haben kann (z.B.
Schäden der Nieren, des Herzens oder des Zentralnervensystems) (Jose et
al. 2014). Die Typenvielfalt der AIK und auch deren Prävalenz steigen ste-
tig an (Schmidt 2011). Trotz immenser Forschungsanstrengungen in der
Biomedizin ist die Ätiologie der AIK unklar. „For every immunologist
you’ll get one or two theories about what causes autoimmune disease“ lau-
tet hierzu eine typische Äußerung aus Fachkreisen (Schmidt 2011). Auf-
grund dieser Unklarheit können AIK zum Leidwesen der Betroffenen auch
nicht kausal behandelt werden. Ein üblicher biomedizinischer Therapiean-
satz ist beispielsweise beim systemischen Lupus Erythematodes (SLE), der
in dieser Arbeit im Zentrum steht, die Gabe von nicht-steroidalen anti-in-
flammatorischen Medikamenten, Hydroxychloroquin, Cortison oder im-
munsuppressiven Mitteln (z.B. Cyclophosphamid), die jedoch ihrerseits
wieder kurz- und längerfristige Gesundheitsbedrohungen mit sich bringt
(z.B. Flüssigkeitsretention und Nierenschädigung, Infektionsneigung, Os-
teoporose, Krebs) (Amissah-Arthur und Gordon 2010).
Hinsichtlich der Entstehung der AIK geht die derzeitige Forschungslitera-
tur überwiegend davon aus, dass zu etwa gleichen Teilen genetische und
umweltbedingte Faktoren bedeutsam sind, jedoch werden bei Letzteren
ganz entsprechend der maschinenparadigmatischen Haltung der gegenwär-
tigen Medizin ausschließlich stoffliche Faktoren wie Viren, Bakterien, Er-
nährung, Umweltgifte, Bestrahlung, Metalle und Östrogen diskutiert (Jose
et al. 2014). Es darf angenommen werden, dass eine solche paradigmatisch
auf das rein Stoffliche eingeengte Sichtweise – dieses Skotom der Medizin,

© Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2020
K. Viol et al. (Hrsg.), Selbstorganisation – ein Paradigma für die
Humanwissenschaften, https://doi.org/10.1007/978-3-658-29906-4_22
404 Zur Synergetik des systemischen Lupus Erythematodes

wie von Uexküll und Wesiack (1996) zu sagen pflegen – ein tieferes Ver-
ständnis der AIK grundlegend behindert, weil übergeordnete, höher kom-
plexe Funktionszusammenhänge nicht berücksichtigt werden. Das erinnert
an einen berühmten Aphorismus von Paul Watzlawick: „Wer als Werk-
zeug nur einen Hammer hat, sieht in jedem Problem einen Nagel“
(https://www.paulwatzlawick.de/).
Autoimmunkrankheiten und das neue biopsychosoziale Medizinpara-
digma
Nun ist aber in den letzten Jahrzehnten mit der Einführung des biopsycho-
sozialen Modells (Engel 1977) in die Medizin auch die Offenheit gegen-
über den nicht-stofflichen Umgebungsfaktoren wiedererstarkt. Zuneh-
mend wird klar, dass psychische und psychosoziale Faktoren von funda-
mentaler Bedeutung in der Entstehung und Aufrechterhaltung der AIK sind
(Sharif et al. 2018). Beispielsweise konnte in groß angelegten Forschungs-
projekten nachgewiesen werden, dass frühe Traumatisierungen einen ent-
scheidenden Beitrag bei der Entstehung der AIK leisten (Dube et al. 2009),
was impliziert, dass Psychotherapie in Zukunft einen fundamentalen Teil
der Behandlung von AIK ausmachen könnte. Hier nun kommt auch ein
neuer Forschungsbereich der Psychosomatik, die Psychoneuroimmunolo-
gie (PNI) ins Spiel. Dieser beruht darauf, dass Nerven-, Hormon- und Im-
munsystem über die Freisetzung bzw. Expression systemeigener und -
fremder Liganden und Rezeptoren in gemeinsame Funktionsnetzwerke
eingebunden sind (Blalock 1984, Besedovsky und del Rey 1991) und dass
diese wiederum in untrennbarer Abhängigkeit mit dem Psychischen und
der psychosozialen Umwelt eines Menschen stehen (Schubert 2015).
Die Erforschung des Seelischen – in seiner ganzen Tiefe inklusive unbe-
wusster Prozesse – und die Erforschung der Systemkomplexität – mit all
seinen dynamischen Charakteristika – stellen zwei Säulen eines neuen,
ganzheitlichen Medizinparadigmas dar (Schubert 2017). Der Synergetik
bzw. der Theorie komplexer Systeme zufolge sind chronische Krankheiten
wie die AIK durch spezifische Attraktoren gekennzeichnet und stellen da-
mit genauso wie Gesundheit stabile Zustände dar (Reiber 2008). Nicht die
Beantwortung der Fragen, ob bei einer Krankheit ein Element zu wenig
(Insulin beim Diabetes), ein Element zu viel (Autoantikörper bei AIK) oder
ein Element verändert ist (-Amyloid bei M. Alzheimer) und wie man
Christian Schubert 405

diese Fehler beheben kann, stellt die Aufgabe einer neuen Medizin dar,
sondern welche Bedingungen existieren müssen, damit ein „kranker“ At-
traktor mitsamt der damit assoziierten selbstähnlichen Manifestationen in-
nerhalb der biopsychosozialen Modellhierarchie (z.B. erhöhter psychi-
scher Druck, erhöhter Blutdruck) in einen anderen, „gesunden“ Attraktor
übergehen kann (Reiber 2008, Schubert 2017). Im Folgenden soll am Bei-
spiel des systemischen Lupus Erythematodes (SLE) gezeigt werden, was
der Übergang vom alten mechanistisch-reduktionistischen zum neuen bio-
semiotisch-systemischen Medizinparadigma (von Uexküll und Wesiack
1996) für die Diagnostik und Therapie der AIK bedeuten kann.

Systemischer Lupus Erythematodes


Der systemische Lupus Erythematodes (SLE) wird mit der rheumatoiden
Arthritis und anderen Erkrankungen zu den systemischen (organunspezifi-
schen) AIK gerechnet (McGonagle und McDermott 2006). Vom SLE sind
hauptsächlich Frauen mit einem Geschlechterverhältnis von 9:1 betroffen.
Meist tritt er zwischen dem 16. und 55. Lebensjahr auf. Darüber hinaus
sind eher Menschen vom SLE betroffen, die in Städten leben und ethni-
schen Minderheiten (v.a. Afro- und Lateinamerikaner) angehören. Die Er-
krankungshäufigkeit nimmt immer mehr zu und liegt in den USA mittler-
weile bei 51 pro 100.000 Einwohnern (Bertsias et al. 2012).
Biomedizinisch gesehen liegt der Pathogenese des SLE eine defekte im-
munologische Beseitigung von absterbenden (apoptotischen) Zellen zu-
grunde, in Folge derer autoantigene Nukleinsäuren und deren Bindungs-
proteine autoreaktive B- und T-Lymphozyten aktivieren. Aus Autoantikör-
pern und Autoantigenen gebildete Immunkomplexe werden daraufhin in
Kapillaren und verschiedenen Eingeweidestrukturen abgelagert und stimu-
lieren dort das angeborene Immunsystem und die Produktion von inflamm-
atorischen Zytokinen, was schlussendlich mit einer entzündlichen Gewe-
beschädigung einhergeht (Bottom-up-Erklärungsansatz der Biomedizin,
mechanistisch-reduktionistisch). Da solche Immunkomplexablagerungen
im gesamten Organismus vorkommen können, ist das klinische Erschei-
nungsbild des SLE entsprechend heterogen. Typische klinische Manifes-
tationen des SLE sind Schmetterlingserythem und Arthritis, jedoch können
406 Zur Synergetik des systemischen Lupus Erythematodes

auch lebenswichtige Organe wie Nieren, Nervensystem und Herz betroffen


sein, was eine potenziell lebensbedrohliche Situation darstellt. Der SLE
verläuft chronisch rezidivierend, mit oft jahrelangen Remissionen zwi-
schen den einzelnen Schüben und dauerhaft erhöhten Entzündungswerten
(Bertsias et al. 2012, Choi et al. 2012).

Psychoneuroimmunologie des systemischen Lupus Erythematodes


Insbesondere in experimentellen und quasiexperimentellen Studien an
Mensch und Tier hat die PNI in den letzten Jahrzehnten gezeigt, dass das
Erleben einer akuten Stressbelastung unter normalen, physiologischen Be-
dingungen mit der Aktivierung des sympathischen Arms des autonomen
Nervensystems (ANS) und damit verbunden mit der Stimulierung des
Transkriptionsfaktors Nuclear Factor kappa-light-chain-enhancer of acti-
vated B cells (NF-B) in Immunzellen einhergeht (Bierhaus et al. 2003,
Marsland et al. 2017). Diese NF-B-vermittelte Bildung und Freisetzung
von pro-inflammatorischen Zytokinen wie Interleukin-1beta (IL-1), Tu-
mor-Nekrose-Faktor-alpha (TNF-) und IL-6 ist kurzfristig sehr wichtig,
um immunologisch mit schädlichen Agenzien und Verletzungen umzuge-
hen, jedoch langfristig aufgrund ihrer zellschädigenden, krebsinduzieren-
den und infektionsfördernden Potenz gesundheitsgefährdend (Straub und
Cutolo 2018).
Um daher stressbedingte Entzündungsanstiege in Grenzen zu halten, ver-
fügt der Organismus über eine Reihe von Regulationsmechanismen, wo-
von einer die Aktivierung der Hypothalamus-Hypophysen-Nebennieren-
rinden (hypothalamus pituitary adrenal, HPA)-Achse ist. Kommt es zur
peripheren Erhöhung von pro-inflammatorischen Zytokin-Levels, wird
zentral über die Aktivierung des parasympathischen Teils des ANS die
HPA-Achse stimuliert, was wiederum peripher zur Freisetzung des Cor-
tisols aus der Nebennierenrinde und Verringerung der NF-B-Aktivität
führt. Die damit einhergehende Eindämmung pro-inflammatorischer Zyto-
kin-Konzentrationen stellt einen wesentlichen physiologischen Schutzpa-
rameter vor den langfristigen negativen Folgen stressbedingter Entzün-
dung dar (Besedovsky und del Rey 1991, Tsigos und Chrousos 2002, Dra-
goş und Tănăsescu 2010, Kobrzycka et al. 2019).
Christian Schubert 407

Mit diesen grundlegenden Erkenntnissen zur Stresssystemaktivität ist eine


erweiterte, Top-down-Sicht auf die Pathogenese des SLE und anderer AIK
verbunden. Denn beim SLE und anderen AIK imponieren eine chronisch
erhöhte Sympathikusaktivität mit dauerhaft erhöhten Entzündungslevel
und einer angesichts dieser pro-inflammatorischen Verschiebungen „zu
normal“ (Harbuz und Jessop 1999) oder gar zu gering ausgeprägte HPA-
Achsenaktivität mit nachfolgend unzureichender Cortisolausschüttung
(Hypocortisolismus) (Heim et al. 2000, Zietz et al. 2000). Somit dürfte bei
SLE und anderen AIK der eben beschriebene Schutzmechanismus des
Stresssystems vor erhöhten Entzündungsanstiegen insbesondere unter psy-
chischer Belastung gestört sein (Heim et al. 2000), was mit dramatischen
Folgen für den Organismus verbunden ist.
Die wenigen bis dato durchgeführten biomedizinisch orientierten PNI-
Studien zeigen hierzu jedoch keine klare Ergebnislage. Zwar bestehen Hin-
weise darauf, dass bei SLE eine Störung der beta-adrenerg vermittelten
Stimulation von Lymphozyten vorliegt, was bei Stress zu verringerten Ak-
tivitätsanstiegen von NK-Zellen führt (Hinrichsen et al. 1992, Pawlak et
al. 1999, Jacobs et al. 2001), jedoch gibt es in der Literatur zum Thema
SLE und PNI auch widersprüchliche Befunde, indem beispielsweise auch
gezeigt wird, dass Stress bei SLE mit Katecholaminanstiegen und einer
Mobilisierung der Lymphozyten einhergeht (Hinrichsen et al. 1989).

Zur Synergetik des systemischen Lupus Erythematodes


Integrative Einzelfallstudien – lineare Zeitreihenanalysen
Diese Ergebnisinkonsistenzen sind nicht verwunderlich, denn allzu einfach
gestrickt ist die in der Biomedizin prädominierende Forschungsmethodik
angesichts der Komplexität des biopsychosozialen Untersuchungsgegen-
stands Mensch (Schubert 2015). Das Vorangegangene legt nahe, dass der
Stressreaktionsprozess bei gesunden und kranken Personen zeitlich von In-
dividuum zu Individuum variieren und bi- oder sogar multiphasisch ver-
laufen dürfte (Entzündung steigt z.B. stressbedingt an und wird mittels
Feedbackschleifen wieder herunterreguliert). Mittelt man nun diese Stress-
reaktionsprozesse über mehrere Testpersonen hinweg, beispielsweise im
408 Zur Synergetik des systemischen Lupus Erythematodes

Rahmen von Prä-post-Untersuchungen und randomized controlled trials


(RCT), so muss dies in Ergebnisinkonsistenzen münden (Schubert 2019).
Diese methodische Problematik nahmen Schubert und Mitarbeiter Mitte
der 1990er Jahre zum Anlass, einen neuen, biopsychosozialen Forschungs-
ansatz, die „integrative Einzelfallstudie“, zu entwickeln (Schubert et al.
1999). Herzstück dieses Ansatzes ist die zeitreihenstatistische Auswertung
von Mehrfachmessungen aus dem biologischen, psychologischen und so-
zialen Spektrum, die unter sogenannten „life as it is lived“-Bedingungen
gewonnen werden. Hierzu sammeln die Studienteilnehmer über einen Zeit-
raum von ein bis zwei Monaten in 12-Stundenabständen (von 8 Uhr früh
bis 8 Uhr abends und von 8 Uhr abends bis 8 Uhr früh) ihren gesamten
Harn, beantworten jeweils in der Früh und am Abend diverse Fragebögen
zur Alltagsroutine und emotionalen Befindlichkeit und werden einmal in
der Woche zu emotional positiven und negativen Alltagsereignissen der
vergangenen Woche interviewt. Nach Ende der Untersuchungsphase wird
im Rahmen eines Consensus-Ratings (Brown und Harris 1989) einge-
schätzt, wie belastend oder entlastend die erlebten Ereignisse für die Test-
person waren.
Mit Hilfe von Autoregressive Integrated Moving Average (ARIMA)-
Modellierungen und Kreuzkorrelationsberechnungen nach Box und
Jenkings (1976) wurden an drei Patientinnen mit SLE (Fall 1: 40 Jahre alt,
Fall 2: 52 Jahre alt und Fall 3: 34 Jahre alt) erste Einblicke in die komple-
xen PNI-Funktionsnetzwerke bei SLE möglich. Ein wesentliches Ergebnis
integrativer Einzelfallstudien betrifft dabei die biphasische bzw. zyklische
Weise, in der Faktoren des Stresssystems, in diesem Fall Cortisol und Ne-
opterin, auf emotional bedeutsame Alltagsereignisse reagieren. Neopterin
ist ein Marker der zellulären Immunaktivität mit wenig eigener biologi-
scher Aktivität, der sehr verlässlich den Entzündungsstatus bei SLE an-
zeigt (Fuchs et al. 1993, Lim et al. 1994). Die bei Fall 2 und 3 identifizier-
ten zyklischen Reaktionsmuster der Urin-Cortisol- und Neopterinkonzent-
rationen weisen darauf hin, dass persönlich relevante Alltagsereignisse als
Kontrollgeber der Stresssystemaktivität der Patientinnen fungieren und
Feedbackregulationsschleifen induzieren (Schubert et al. 2002, Schubert et
al. 2003, Schubert et al. 2006b). Dabei verhielten sich die zyklischen
Christian Schubert 409

Stresssystem-Reaktionen bzw. Feedbackschleifen spiegelbildlich zueinan-


der, je nach Stresssystemparameter (Cortisol/Neopterin) und je nach emo-
tionaler Valenz des Alltagsereignisses (negativ/positiv). Auch variierten
die Zeitverzögerungen (bis zu 144 Stunden) zwischen dem Auftreten eines
Ereignisses und der signifikanten Konzentrationsveränderung eines Stress-
systemparameters intraindividuell je nach Vorhersehbarkeit (vorherseh-
bar/unvorhersehbar), Valenz (negativ/positiv) und Thema des Ereignisses
(Schubert et al. 2002, Schubert et al. 2003, Schubert et al. 2006b). Als Bei-
spiel für eine zeitlich langgezogene zyklische Stresssystemreaktion dient
in Abb. 1a eine Kreuzkorrelationsfunktion aus der integrativen Einzelfall-
studie mit Fall 2, die den zeitlichen Zusammenhang zwischen den von der
Patientin als emotional positiv erlebten Alltagsereignissen in Verbindung
mit der außerehelichen Liebesbeziehung und den Urin-Neopterinkonzent-
rationen der Patientin betrifft. Dabei ist ersichtlich, dass die Urin-Neopte-
rin-Levels nach dem Auftreten emotional erfüllender Ereignisse zunächst
nach 24 Stunden ansteigen (lag 2, positive Korrelation, p < 0,05) und dann
nach insgesamt 84 Stunden absinken (lag 7, negative Korrelation, p < 0,05)
(Schubert et al. 2006b).
Weiterhin ließen sich bei Fall 2 in den Kreuzkorrelationsfunktionen zwi-
schen den Urin-Levels des löslichen TNF--Rezeptors 55kD (zellulärer
Immunsystemmarker mit biologischer Aktivität [Davas et al. 1999]) und
einigen SLE-Krankheitsmarkern (Proteinurie, Mundgeschwüre, Gesichts-
ausschlag) nähere Hinweise zur Art der Feedbackregulationsschleifen fin-
den (Schubert et al. 2015b). Dabei wurde beispielsweise folgender negati-
ver Feedbackmechanismus zwischen den sTNF-R55-Konzentrationen und
dem Auftreten von Mundgeschwüren identifiziert: sTNF-R55 triggert im
Sinne einer pro-inflammatorischen Reaktion zunächst nach 36 bis 48 Stun-
den Anstiege der Mundgeschwüre der Patientin, woraufhin diese über ei-
nen noch unbekannten Mechanismus 36 bis 48 Stunden später zu einem
Abfall der sTNF-R55-Levels führen (Schubert et al. 2015b). Spiegelbild-
lich entgegengesetzte negative Feedbackschleifen ließen sich bei Fall 2
zwischen den Urin-IL-6-Konzentrationen und den oben genannten SLE-
Krankheitszeichen identifizieren, was auf eine anti-entzündliche Wirkung
von IL-6 verweist (unveröffentlichte Ergebnisse).
410 Zur Synergetik des systemischen Lupus Erythematodes

Abb. 1: Kreuzkorrelationsfunktionen zwischen (a) den emotional positiven Alltagsereig-


nissen im Zusammenhang mit der außerehelichen Liebesbeziehung und den Urin-Neop-
terinkonzentrationen bei Fall 2 mit SLE (52 Jahre alt), (b) den emotional positiven All-
tagsereignissen im Zusammenhang mit dem Thema Leistung und den Urin-Neopterinkon-
zentrationen bei einer gesunden 25-jährigen Probandin. Die Kreuzkorrelationskoeffizien-
ten (graue Balken) über- oder unterschreiten die 95%-Konfidenzgrenzen (schwarze obere
und untere Linien) bei p < 0,05. KKF = Kreuzkorrelationsfunktion.

Integrative Einzelfallstudien – non-lineare Zeitreihenanalysen


Wie eben gezeigt wurde, konnten mit Hilfe von linearen Zeitreihenanaly-
sen Hinweise dafür gefunden werden, dass bei den untersuchten SLE-
Patientinnen emotional bedeutsame Alltagsereignisse als Kontrollgeber
von Stresssystemregulationsvorgängen fungieren. Non-lineare Zeitrei-
henanalysen, wie z.B. der Kennwert der Komplexität (Schiepek und Strunk
2010) sollten nun dazu dienen, die pathologischen Attraktoren zu beschrei-
ben, die mit der Entstehung des SLE in direkter Verbindung stehen. Die
Analyse der Datenreihen mit Hilfe des Kennwerts der Komplexität ermög-
lichte es bei Fall 1 und Fall 2 Ordnungs-Ordnungs-Übergänge von gesund
nach krank oder genauer von remittiert nach Krankheitsschub (Krankheit
als Ordnungsparameter) zu identifizieren (Schubert und Schiepek 2003,
Schubert et al. 2006a). Diese Übergänge, die mit deutlichen SLE-
Krankheitszeichen einhergingen (Fall 1: Leichte Schubsymptomatik, Fall
Christian Schubert 411

2: Paranasale Sinusitis), wurden von stark belastenden Beziehungsereig-


nissen (Fall 1: Abreise des Sohns, Fall 2: Emotional schmerzhaftes Inter-
vall im Zusammenhang mit der Liebesbeziehung) hervorgerufen. Dabei
kam es im Zusammenhang mit dem Stresserleben der Patientinnen jeweils
zu kritischen Fluktuationsanstiegen des Urin-Neopterins und der Stim-
mung sowie synchron dazu zu kritischen Fluktuationsabnahmen in der Ge-
reiztheit und dem subjektiv eingeschätzten Ausmaß der SLE-
Krankheitsaktivität (Abb. 2, linke Seite, Mitte).

Abb. 2: Zeitreihen der dynamischen Komplexität der Urin-Neopterinkonzentrationen, der


subjektiven Krankheitsaktivität und der emotionalen Befindlichkeiten Stimmung, Gereizt-
heit und mentale Aktiviertheit von Fall 1 und 2 mit SLE (links und mittig) sowie entspre-
chende Komplexitätsreihen der gesunden Probandin (rechts).

Eine zwingende nächste Frage ist nun, ob es sich bei diesen kritischen
Fluktuationsveränderungen bei Fall 1 und 2 mit SLE um pathologische At-
traktoren handelt, gesunde Probandinnen also möglicherweise völlig an-
dere, normale PNI-Funktionsdynamiken aufweisen. In einer integrativen
412 Zur Synergetik des systemischen Lupus Erythematodes

Einzelfallstudie an einer gesunden 25-jährigen Frau wurden sowohl lineare


als auch non-lineare Zeitreihenanalysen durchgeführt (Schubert et al.
2012, Schubert et al. 2015a). Dabei zeigte sich klar – die konventionell-
biomedizinische Stressforschungsliteratur im Sinne eines bei SLE anzu-
nehmenden Hypocortisolismus (Heim et al. 2000) in gewisser Weise be-
stätigend, dass sich die Stresssystemreaktionen der gesunden Probandin
spiegelbildlich zu jenen der SLE-Patientinnen verhielten (Schubert et al.
2012). Dies wird in Abb. 1b (im Vergleich zu Abb. 1a) anhand der Kreuz-
korrelationsfunktion zwischen emotional positiven Ereignissen und den
Urin-Neopterinkonzentrationen der gesunden Probandin veranschaulicht.
Auch die Berechnungen des Kennwerts der Komplexität bei der gesunden
Probandin zeigten Kopplungsmuster, die sich von denen der SLE-
Patientinnen deutlich unterschieden (Schubert et al. 2015a). Abbildung 2
zeigt links und in der Mitte die Zeitreihen der dynamischen Komplexität
der Urin-Neopterinkonzentrationen, der subjektiven SLE-Krankheits-
aktivität, und der emotionalen Befindlichkeiten Stimmung, Gereiztheit und
mentale Aktiviertheit von Fall 1 und 2 mit SLE sowie rechts entsprechende
Komplexitätsreihen der gesunden Probandin. Während bei Fall 1 und 2 mit
SLE, wie oben beschrieben, unterschiedliche Kopplungsmuster zwischen
den untersuchten Variablen existieren (Komplexitätszunahmen von Urin-
Neopterin und Stimmung stehen Komplexitätsabnahmen von Gereiztheit
und subjektiver SLE-Krankheitsaktivität gegenüber und vice versa), lassen
sich solche Auffälligkeiten bei der gesunden Probandin nicht erkennen.
Dies zeigt sich sowohl grafisch (Abb. 2, rechts) als auch rechnerisch in den
Korrelationen der Komplexitätsverläufe, die durchwegs positive Koeffi-
zienten aufweisen (Daten nicht gezeigt). Für die nachfolgende Interpreta-
tion der Daten aus den Studien mit Patientinnen mit SLE entscheidend ist
jedoch die Tatsache, dass sich bei der gesunden Probandin der Komplexi-
tätsverlauf der Gereiztheit während dieses Untersuchungsintervalls nicht
invers zum Komplexitätsverlauf des Neopterins verhielt, so wie es bei den
Patientinnen mit SLE der Fall gewesen ist (Schubert und Schiepek 2003,
Schubert et al. 2006a).
Versuch der Beschreibung eines SLE-Krankheitsattraktors
Die hier gezeigten Ergebnisse der integrativen Einzelfallstudien an Patien-
tinnen mit SLE und einer gesunden Probandin machen deutlich: Werden
Christian Schubert 413

für die Komplexität menschlichen Lebens angemessene Methoden ver-


wendet, ist es möglich, in eine völlig neue Dimension des Zusammenhangs
zwischen Psychischem und Immunologischem vorzudringen und Hin-
weise auf die patho-immunologischen Entstehungsmechanismen einer bi-
omedizinisch gesehen „körperlichen“ Erkrankung zu erhalten. Besonders
klar wurde dies dort, wo emotional bedeutsame Alltagsereignisse stattfan-
den, die als eine Art Unruhestifter biopsychosoziale Systemfluktuationen
auslösten, die in Abhängigkeit von den psychodynamischen Beziehungs-
konflikten der Patientinnen so kritisch werden konnten, dass im Rahmen
von Ordnungs-Ordnungsübergängen von remittiert nach Krankheitsschub
die Wirkung autoimmuner Krankheitsattraktoren emergierte.
Berücksichtigt man weiterhin Ergebnisse aus den Tiefeninterviews mit den
SLE-Patientinnen (u.a. inhaltliche Auffälligkeiten, Gegenübertragungsre-
aktionen) und bezieht auch Beobachtungen von anderen Forschergruppen
mit ein (McClary et al. 1955, Solomon und Moos 1965, Otto und Mackay
1967), so könnte ein autoimmuner Attraktor folgendermaßen beschrieben
werden: Immer wenn Verlusterlebnisse mit geliebten Bezugspersonen real
eintreten oder phantasiert werden, kann die dabei entstehende Wut nicht
flexibel wahrgenommen und muss im Sinne der Affektisolierung aus dem
Bewusstsein ausgeschlossen werden (z.B. kritische Abnahme der Ge-
reiztheitskomplexität). Anstelle der Wut tritt dann eine Körperreaktion zu
Tage, d.h. die Wut verlagert sich auf den Körper (Somatisierung) bzw.
wird gegen den eigenen Körper im Sinne einer Autoimmunreaktion ge-
wendet (Wendung gegen das Selbst [Freud 1980]) (z.B. kritische Zunahme
der Neopterinkomplexität). Autoaggression und Autoimmunität lassen
sich somit als selbstähnliche Manifestationen (Fraktale) innerhalb der bi-
opsychosozialen Schichtenhierarchie sehen (Schubert 2017).

Schluss
Es gehört wissenschaftstheoretisch gesehen zu den großen Irrtümern der
biomedizinischen Maschinenmedizin, nichtstoffliche Faktoren wie psychi-
sche und psychosoziale Entitäten in Diagnostik und Behandlung von
Krankheiten wie dem SLE zu vernachlässigen und mehr auf die Reparatur
414 Zur Synergetik des systemischen Lupus Erythematodes

von Krankheiten als auf deren Prävention zu setzen (v. Uexküll und Wesi-
ack 1996). Damit geht eine tumbe mechanistisch-reduktionistische Metho-
dik der Biomedizin (z.B. RCT-Design) zur Untersuchung chronischer Er-
krankungen einher, die humane Lebensfaktoren wie subjektive Bedeutung
und Dynamik ausgrenzt, was dazu führt, dass die biomedizinische For-
schung in ihren Erkenntnissen seit langem auf der Stelle tritt.
Eine neue, biopsychosoziale Medizin – mit der Tiefenpsychologie und Sy-
nergetik als erkenntnistheoretische Grundpfeiler und der Soziopsychoneu-
roimmunologie (Schubert 2015) als empirischer Realisierung – hat sich
zum Ziel gesetzt, den SLE und andere als unheilbar geltende Erkrankungen
mit Methoden zu untersuchen, die der Komplexität menschlichen Lebens
gerecht werden (Schubert 2017). In diesem Kapitel wurde anhand der in-
tegrativen Einzelfallstudien dargelegt, wie ein biopsychosoziales For-
schungsdesign, das qualitative und quantitative Methoden kombiniert, aus-
sehen kann und welche Ergebnisse mit dieser Art von Forschung erzielt
werden können. Dabei fanden sich Hinweise für autoimmune Krankheits-
attraktoren, die auf jene biopsychosozialen Bedingungen verweisen, unter
denen der SLE entsteht, aufrechterhalten wird und wieder vergeht.
Diese Attraktoren lassen sich, wie die Studien auch zeigen konnten, nicht
nur mit quantitativen Methoden der linearen und non-linearen Zeitrei-
henanalyse identifizieren, sondern ebenso – oder vielleicht sogar valider –
durch die Feinanalyse selbstähnlicher Musterbildungen, die sich auf höher
komplexen Ebenen der biopsychosozialen Schichtenhierarchie befinden.
Etwa indem genau darauf geachtet wird, wie Individuen während eines In-
terviews über emotional bedeutsame Ereignisse vor und nach Ordnungs-
Ordnungsübergängen berichten und wie als Untersucher auf diese Berichte
reagiert wird (Schubert et al. 2006a). Dies sollte nicht nur neue Möglich-
keiten zur Diagnostik des SLE eröffnen, sondern auch zur Behandlung, in-
dem beispielsweise mit tiefenpsychologischen Mitteln versucht wird, über
Ordnungs-Ordnungsübergänge krankheitsassoziierte Attraktoren (das
Nichtzulassen und Gegen-sich-wenden von Wut und Ärger bei Bezie-
hungsstress) in gesundheitsassoziierte Attraktoren zu überführen.
Biomedizinisch designte Studien der PNI weisen in der Tat schon jetzt da-
rauf hin, dass die durch frühe psychische Belastung bedingte chronische
Unterfunktion des Stresssystems nicht permanent sein dürfte und durch
Christian Schubert 415

psychosoziale Interventionen zumindest vorübergehend reversibel ist


(Gunnar und Quevedo 2008, Lupien et al. 2009). Auch konnte in den in-
tegrativen Einzelfallstudien mit Patientinnen mit SLE gezeigt werden, dass
die diagnostisch-therapeutischen Gespräche während der Untersuchungs-
phasen zur Auflösung dysfunktionaler biopsychosozialer Synchronisatio-
nen beitragen und darüber entzündungsreduzierend wirksam sein können
(Schubert und Schiepek 2003, Schubert et al. 2006a). Dies sind zwar noch
wenige, aber dennoch vielversprechende Zwischenergebnisse auf dem
Weg hin zur Entwicklung neuer biosemiotisch-systemischer Therapiean-
sätze von stressassoziierten Erkrankungen – einer Entwicklung, die auf-
grund des Leids, das Patienten nicht zuletzt auch aufgrund der nebenwir-
kungsreichen reduktionistischen Therapien der Biomedizin durchmachen
müssen, längst überfällig ist.
416 Zur Synergetik des systemischen Lupus Erythematodes

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Wolfgang Schoppek 423

Tut denken weh? Überlegungen zur Ökonomietendenz


beim komplexen Problemlösen
Wolfgang Schoppek

Einführung
Dieser Beitrag behandelt ein Phänomen, das von Dietrich Dörner in seinem
Buch „Die Logik des Misslingens“ von 1989 als Ökonomietendenz des
menschlichen Denkens beschrieben wurde. „Die Logik des Misslingens“
bezieht sich auf die Lösung von Problemen, die durch Komplexität, hohe
Vernetzung ihrer Variablen, Dynamik, Intransparenz und dem Vorliegen
mehrerer oder unklarer Ziele gekennzeichnet sind. Im Deutschen hat sich
dafür die etwas unklare Bezeichnung „komplexes Problemlösen“ (KPL)
etabliert. In dieser Forschungsrichtung werden die den Problemstellungen
zugrundeliegenden komplexen und dynamischen Systeme am Computer
simuliert und die Versuchspersonen (Vpn) aufgefordert, diese zu explorie-
ren und bestimmte Zielzustände zu erreichen. Bei der viel verwendeten Si-
mulation einer Hemdenfabrik geht es zum Beispiel darum, durch geeignete
Maßnahmen, etwa der Preisgestaltung, den Profit nachhaltig zu erhöhen.
Dörner beobachtete in seinen Studien immer wieder, dass die Vpn kogni-
tiven Aufwand minimieren. Zum Beispiel neigen Problemlöser dazu, in
einem komplexen System eine zentrale Variable zu identifizieren, von der
vermeintlich viele andere Größen nahezu exklusiv abhängen. (Im Denken
vieler Menschen unserer Tage dürfte das zum Beispiel die „unkontrollierte
Zuwanderung“ sein). Dörner führt viele Unzulänglichkeiten des menschli-
chen Entscheidens in komplexen Situationen auf diese Ökonomietendenz
zurück. In der Alltagssprache würde man sagen: Menschen sind denkfaul.
Der in neuerer Zeit prominenteste Vertreter dieser Auffassung ist Daniel
Kahneman. In seinem Buch „Thinking – fast and slow“ (Kahneman 2012)
bezeichnet er den Menschen als „cognitive miser“ – einen kognitiven Geiz-
hals. Kahneman ordnet diese Beobachtung in einen dual processing-Ansatz
ein, der davon ausging, dass es zwei Systeme menschlicher Informations-
verarbeitung gibt: Ein schnelles, parallel und autonom arbeitendes – bei

© Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2020
K. Viol et al. (Hrsg.), Selbstorganisation – ein Paradigma für die
Humanwissenschaften, https://doi.org/10.1007/978-3-658-29906-4_23
424 Ökonomietendenz beim komplexen Problemlösen

Kahneman System 1 genannt, und ein langsames, sequentielles und kon-


trolliert arbeitendes System 2. Dieser Ansatz wurde zwischenzeitlich da-
hingehend präzisiert, dass man von Modi oder Typen der Informationsver-
arbeitung spricht, wobei Prozesse vom Typ 1 durch ihre Unvermeidbarkeit
oder Autonomie gekennzeichnet sind, und Prozesse vom Typ 2 durch die
Beanspruchung zentraler Ressourcen, v.a. dem Arbeitsgedächtnis (AG;
Evans 2012). Auch wenn alltägliches Denken und Handeln praktisch im-
mer durch ein Zusammenspiel von Prozessen beider Typen zustande
kommt, ist es heuristisch sehr fruchtbar, zu untersuchen, welcher Typ über-
wiegt oder ausschlaggebend ist. Das Denken im engeren Sinn wird im
„dual processing-Ansatz“ den Prozessen vom Typ 2 zugeordnet.
Bereits Herbert Simon hat in seinen Arbeiten die Begrenztheit des mensch-
lichen Denkens betont. Diese ergibt sich unter anderem durch die grundle-
gende Unsicherheit der Induktion, aber auch durch die beschränkte Kapa-
zität des Denkapparats (Simon 1993). Das von ihm beschriebene „Satisfi-
cing“, das Treffen von Entscheidungen aufgrund einfacher Kriterien, trägt
dieser Begrenztheit Rechnung und ist damit ein der Ökonomietendenz ver-
wandtes Konzept.
Gerd Gigerenzer und seine Arbeitsgruppe untersuchten umfassend, wie
Menschen mittels Heuristiken gute Entscheidungen treffen (Gigerenzer et
al. 2016). Die Erklärung besteht darin, dass einfache Faustregeln auf die
Ergebnisse grundlegender Fähigkeiten zurückgreifen, die durch die Evolu-
tion entstanden sind („evolved capacities“). Als Beispiel verwenden die
Autoren gerne die Gaze-Heuristik, die darin besteht, mit bewegten Objek-
ten, wie einem Ball, der gefangen werden soll, dadurch zusammen zu tref-
fen, dass man den Blickwinkel zum Objekt konstant hält. Die Einschätzung
des Blickwinkels wird dabei vom Wahrnehmungssystem bereitgestellt,
und die Regel des Konstanthaltens ist einfach. Obwohl sich Gigerenzer de-
zidiert gegen den „dual processing-Ansatz“ wendet (Kruglanski und Gige-
renzer 2011)1, lässt sich seine Konzeption meines Erachtens gut in diesen

1
In ihrer Kritik beziehen sich Kruglanski und Gigerenzer auf eine vermeintliche Gleich-
setzung von heuristischer Verarbeitung mit Typ 1-Verarbeitung und die Annahme, dass
diese meistens zu Fehlurteilen führen. Beides ist in den aktuellen dual processing-Ansät-
zen nicht enthalten.
Wolfgang Schoppek 425

Rahmen einordnen: Die evolvierten Grundfähigkeiten können als Verar-


beitung vom Typ 1 klassifiziert werden und die Faustregeln als Typ 2.
Durch ihre Einfachheit tragen letztere der begrenzten Kapazität von Sys-
tem 2 Rechnung.
Oft taucht in diesen Zusammenhängen der Begriff „Intuition“ auf. Frei
nach Kahneman (2012) ist ein intuitives Vorgehen beim Denken, Entschei-
den oder Problemlösen durch einen hohen Anteil an Typ 1-Verarbeitung
gekennzeichnet. Ich werde in der vorliegenden Arbeit immer wieder de-
tailliert darauf eingehen, was das im Rahmen der experimentellen Unter-
suchung von Personen bedeutet, die lernen, ihnen unbekannte dynamische
Systeme zu steuern. Dabei orientiere ich mich an Newell (1973), der seine
damaligen Kollegen aus der Kognitionswissenschaft aufforderte: „Analyze
a complex task“ (S. 21) und „know the method your subject is using to
perform the experimental task” (S. 12). Ich halte diese beiden Empfehlun-
gen bis heute für wertvoll und für zu selten befolgt.

Energetische Überlegungen
Es liegt nahe, die Ökonomietendenz damit zu erklären, dass der Organis-
mus bestrebt ist, sparsam mit seinen Energiereserven umzugehen. Dieser
Aspekt wird im globalen Norden, wo energiereiche Nahrung im Überfluss
vorhanden ist, gerne übersehen. Zu der Zeit, in der die Evolution homo
sapiens hervorbrachte, war dies allerdings anders. Der Speisezettel unserer
Vorfahren war zwar abwechslungsreich (Harari 2013), aber nicht so hoch-
kalorisch wie es heute möglich oder auch üblich ist. Trotzdem trägt die
Energiespar-Erklärung nicht weit genug. Es hat sich nämlich gezeigt, dass
das menschliche Gehirn selbst im Ruhezustand relativ viel Energie ver-
braucht (Raichle et al. 2007), und zwar etwa 20% der im Körper zur Ver-
fügung stehenden Energie. Aktivität, die sich beim Nichtstun oder Tag-
träumen im sogenannten default mode network zeigt, wird in andere Ge-
hirnregionen verschoben, sobald eine gezielte Aufgabe bearbeitet wird (ne-
benbei: eine enorme Selbstorganisationsleistung des Gehirns). Solche Be-
funde zeigen, dass die Sichtweise, dass schlussfolgerndes Denken aus
Energiespargründen sparsam angewandt wird, zu einfach ist. (Weitere Be-
funde dazu bei Debatin 2019).
426 Ökonomietendenz beim komplexen Problemlösen

Eine Untersuchung von Lennie (2003) lässt dennoch Raum für eine modi-
fizierte energetische Erklärung der Ökonomietendenz. Ausgehend von Be-
rechnungen des Energiebedarfs eines Aktionspotentials auf molekularer
Ebene und dem Wissen über die Anzahl von Neuronen und deren Verbin-
dungen kommt Lennie zu dem Schluss, dass die Energie, die der Organis-
mus dem Kortex maximal zur Verfügung stellen kann, nur für 0,16 Akti-
onspotentiale pro Sekunde und Neuron ausreicht. Bringt man diese Be-
rechnung mit plausiblen aber defensiven Annahmen über die Aktivität von
kortikalen Neuronen in Verbindung (3% der Neuronen in aktiven Berei-
chen feuern mit 50 Spikes pro Sekunde), bedeutet das, dass nie mehr als
10% des Kortex gleichzeitig aktiv sein kann.
Dieser Sachverhalt bietet eine physiologische Erklärung für die in vielen
Bereichen gefundene Begrenzung der Aufmerksamkeitsressourcen (z.B.
Baddeley 1986; Norman und Shallice 1986; Sweller und Chandler 1994).
Angewandt auf das Problem der Ökonomietendenz bedeutet das, dass an-
gestrengtes Nachdenken zwar nicht mit einem insgesamt erhöhten Ener-
gieverbrauch einhergeht, aber dennoch so viel Energie verbraucht, dass
diese an anderen Stellen fehlt. Andere Prozesse können dann nur noch „auf
Sparflamme“ laufen – etwa die wahrnehmungsgestützte Überwachung der
Umgebung. Auch dies mag evolutionär betrachtet riskant sein. Zusammen-
fassend kann festgestellt werden, dass energetische Aspekte durchaus ge-
eignet sind, die Ökonomietendenz zu erklären – auch wenn die Erklärung
etwas komplizierter ist, als vermutet.
Zusammengeführt ergeben die bisher kurz skizzierten Überlegungen fol-
gendes Bild: Die Ökonomietendenz ist gekennzeichnet durch eine Infor-
mationsverarbeitung, die sich vorwiegend auf Typ 1-Prozesse stützt. Sol-
che Prozesse laufen per definitionem autonom ab und bedürfen keiner er-
höhten Aufmerksamkeit. Weil schlussfolgerndes Denken (Typ 2) mit einer
erheblichen Verschiebung der Gehirnaktivität einhergeht und mit der Ge-
fahr, wichtige Veränderungen in der Umgebung zu verpassen, wird es ten-
denziell vermieden.
Im Folgenden soll dieser Ansatz auf das Thema komplexes Problemlösen
angewendet werden. Was bedeutet es, ein komplexes Problem unter über-
wiegender Beteiligung von Typ 1- bzw. Typ 2-Verarbeitung zu lösen?
Wolfgang Schoppek 427

Das Standardmodell des KPL


Ein einfaches Modell des Lösens komplexer Probleme ist heute weitge-
hend unumstritten: Es nimmt an, dass man zuerst mittels geeigneter Explo-
rationsstrategien die Kausalstruktur eines Systems erschließen muss. Re-
sultat dieses Prozesses ist das sogenannte Kausalwissen. Dieses wird wie-
derum angewendet, um das entsprechende System gezielt steuern zu kön-
nen (Fischer et al. 2012). Aufgrund der weiten Akzeptanz haben wir das
Modell „Standardmodell des KPL“ genannt (Schoppek und Fischer 2017).
Die weite Verbreitung rührt unter anderem daher, dass dieses Modell der
Erfassung von komplexer Problemlösekompetenz dem viel beachteten
MicroDYN-Ansatz zugrunde liegt (Fischer et al. 2015; Greiff et al. 2013).
Aus Sicht des dual processing-Ansatzes sind die Prozesse des Standard-
modells überwiegend vom Typ 2: Eine Explorationsstrategie muss entwi-
ckelt bzw. angewandt werden. Dies verlangt eine kontrollierte, sequentielle
Bearbeitung. Das Erschließen und Abspeichern der erkannten Kausalbe-
ziehungen ist ebenfalls ein AG-intensiver Prozess induktiver Art. Die Um-
setzung des erworbenen Wissens in geeignete Eingriffe erfordert ebenfalls
schlussfolgerndes Denken, diesmal eher deduktiv. Typ 1-Prozesse werden
in diesem Modell nicht direkt angesprochen.
Die Erfahrung mit Versuchspersonen zeigt allerdings, dass nur wenige ein
solch rationales Vorgehen an den Tag legen. Die meisten beginnen mit ty-
pischem Versuchs-Irrtums-Verhalten. Da die Steuerungsziele im Allge-
meinen sehr bald bekannt gegeben werden, halten sich viele Vpn nicht län-
ger als gefordert mit aufwändigen Kausalanalysen auf, sondern versuchen,
sich dem Ziel anzunähern, indem sie auffällige Beziehungen oder nahelie-
gende Input-Variablen verwenden und deren Werte rückmeldungsbasiert
stetig anpassen2. Unter der Perspektive des dual processing-Ansatzes stüt-
zen sich diese Vpn also überwiegend auf Prozesse vom Typ 1 (z.B. visuo-
motorische Regelung) und zeigen eine Ökonomietendenz. Es hängt nun
stark vom jeweiligen System ab, ob ein solches Vorgehen gelingt oder

2
Bei komplexeren Systemen kann es auch passieren, dass die Vpn die Kontrolle ihrer Maß-
nahmen auch vergessen (Dörner 1989).
428 Ökonomietendenz beim komplexen Problemlösen

nicht: Systeme, die starke Eigendynamik, Zeitverzögerungen, Nichtlinea-


rität, also hohe Komplexität aufweisen, sind so kaum erfolgreich zu steu-
ern.
Aus diesem theoretischen Rahmen lassen sich neue Forschungsmöglich-
keiten ableiten: Es braucht Experimente, die das Standardmodell auf die
Probe stellen, z.B. mit experimentellen Bedingungen, die das Vorgehen
nach diesem Modell begünstigen oder behindern.

Experiment
Im hier berichteten Experiment wurde genau dies versucht: Mit der Ein-
führung einer während der Systemsteuerung zu bearbeitenden Zweitauf-
gabe sollte eine Bedingung geschaffen werden, die das Vorgehen nach dem
Standardmodell behindert. Die Doppelaufgabe belastet wichtige Instanzen
der Typ 2-Verarbeitung, v.a. die zentrale Exekutive (Baddeley 1986), de-
ren Kapazitäten dann für die primäre Aufgabe der Systemsteuerung fehlen.
Einen ähnlichen Ansatz verfolgten auch Hundertmark, Holt, et al. (2015).
Dynamis2 – Eine Umgebung für komplexe dynamische Systeme
Die Grundlage von linearen Differenzengleichungen zur Berechnung der
Einflüsse der Variablen untereinander und die Unterscheidung von Input-
und Outputvariablen habe ich aus dem Dynamis-Ansatz von Funke (1993)
übernommen. Folgende Gleichungen liegen dem hier verwendeten System
zugrunde. Simuliert wird der Einfluss von drei Medikamenten (Input-Va-
riablen), die kontinuierlich verabreicht werden (wie aus einem Tropf), auf
drei Blutwerte (Output-Variablen). Alle Variablen und deren Zusammen-
hänge sind fiktiv, um Vorwissenseinflüsse zu minimieren. Der Verlauf der
Blutwerte ist aber plausibel.
Muront = 0,1∙Muront-1 + 2∙MedA t-1
Fontint = Fontin t-1 + 0,5∙Muron t-1 – 0,2∙Sugon t-1 + MedB t-1
Sugont = 0,9∙Sugon t-1 + MedC t-1
Neu an Dynamis2 ist die Tatsache, dass die Simulation zeitgesteuert ab-
läuft, das heißt, alle 0,5 Sekunden wird der Zustand des Systems neu be-
rechnet, egal ob der Problemlöser eingreift oder nicht. Eigendynamik wird
Wolfgang Schoppek 429

in diesem Ansatz durch Wirkungen der Output-Variablen auf sich selbst


oder untereinander erzeugt. Dadurch ändert sich der Zustand des Systems
in den meisten Fällen auch ohne Eingriffe von außen. Dieses Merkmal er-
zeugt – im Gegensatz zu anderen Dynamis-Nachfolgern wie MicroDYN,
wo das System jeden Zeittakt auf Eingriffe des Problemlösers wartet –
ganz natürlich Zeit- und Handlungsdruck. In der vorliegenden Studie
wurde der Input in das System über Schieberegler vorgenommen, die real
manuell bedient werden. Diese Einrichtung sollte ein intuitives, visuomo-
torisches Vorgehen ermöglichen.

Abb. 1: Exemplarischer Verlauf des Dynamis2-Systems „Medikamente“.

Die Abb. 1 vermittelt einen Eindruck von der Dynamik des Systems. Zu-
nächst wurde MedA auf einen Wert von 50 gesetzt. Das führt zu einem
plötzlichen Anstieg des Blutwerts Muron (untere Verlaufsgrafik) und ei-
nem allmählichen Anstieg von Fontin (obere Verlaufsgrafik). Zum Zeit-
punkt T = 22 wird MedA wieder auf 0 gesetzt: Muron geht zurück auf 0
430 Ökonomietendenz beim komplexen Problemlösen

und Fontin bleibt konstant. Auch MedB bringt Fontin zum Steigen
(T = 35), bewirkt aber sonst nichts. Zum Zeitpunkt T = 62 wird MedC auf
20 gesetzt, was einen langsamen Anstieg von Sugon bewirkt, sowie einen
komplementären Rückgang von Fontin.
Satzbeurteilungs-Aufgabe
Um das Arbeitsgedächtnis zusätzlich zu belasten, mussten die Vpn in einer
Doppelaufgaben-Bedingung parallel zur Systemsteuerung gesprochene
Sätze nach ihrem Sinn beurteilen (dt-Bedingung für „dual task“). Sinnvolle
Sätze, wie zum Beispiel „Kinder sind meistens kleiner als Erwachsene“
mussten mit „ja“ beantwortet werden, sinnlose, etwa „Orangen wachsen
unter der Erde“, mit „nein“. Pro Dynamis2-Durchgang mussten 20-25
Sätze beurteilt werden. Die Antworten der Vpn wurden per Strichliste pro-
tokolliert (richtig – falsch – keine Antwort).
Versuchsplan
Die hier berichteten Ergebnisse stammen von einem Transferexperiment
mit komplexem Versuchsplan. Ich berichte hier nur die Ergebnisse der ers-
ten Phase. Als unabhängige Variable war in diesem Teil nur die Zweitauf-
gabe relevant: single task (st) vs. dual task (dt).
Versuchspersonen und Ablauf
Am Experiment nahmen 73 Studierende verschiedener Fächer der Univer-
sität Bayreuth teil, 42 Frauen und 31 Männer. Die dt-Bedingung umfasste
37 Vpn, die st-Bedingung 36.
Der Versuch begann mit der Instruktion, gefolgt vom ersten Durchgang, in
dem die Vpn frei die Wirkung der drei Medikamente auf die Blutwerte
explorieren sollten. Ein Durchgang bestand aus 250 Zeittakten. Danach
trugen die Vpn ihre Erkenntnisse als Wirkungspfeile in ein leeres Kausal-
diagramm ein. Daraus wurde ein Strukturscore als Differenz zwischen
richtig und falsch eingezeichneten Wirkungen errechnet. Daraufhin erhiel-
ten die Vpn die Ziele, die sie in zwei aufeinanderfolgenden Durchgängen
erreichen und über zehn Takte lang halten sollten. Muron sollte auf den
Wert 100 stabilisiert werden, Fontin auf 1000. Gelang dies, war die erste
Phase damit erledigt; gelang dies nicht, wurde die Phase nach dem 14. Ziel-
durchgang beendet.
Wolfgang Schoppek 431

Hypothesen
Den Hypothesen liegt das Standardmodell des KPL zugrunde, nach dem
die Vpn zuerst durch eine geeignete Explorationsstrategie die Kausalstruk-
tur des Systems erschließen und das erworbene Wissen später zur Steue-
rung nutzen. Beides sind Prozesse, die das AG stark beanspruchen. Die
Zweitaufgabe (Satzbeurteilung) belastet das AG zusätzlich, vor allem die
zentrale Exekutive, die für einen ständigen Wechsel der Aufmerksamkeit
sorgen muss.
Hypothese 1: Die Vpn der Single Task (st) Bedingung erreichen die
Ziele besser als die der Dual Task (dt) Bedingung.
Hypothese 2: Die Vpn der st-Bedingung erwerben besseres Kausal-
wissen als die der dt-Bedingung.
Hypothese 3: Kausalwissen und Problemlöseleistung korrelieren mit-
einander.
Bei der gegebenen Stichprobengröße und einem -Niveau von 0,05 kön-
nen die erwarteten mittelgroßen Effekte mit einer Teststärke 1- = 0,68
aufgedeckt werden. Sollten die Hypothesen nicht durch die Daten gestützt
werden, kann das entweder damit erklärt werden, dass viele Vpn vom Stan-
dardmodell abweichen, oder mit mangelnder Teststärke.
Ergebnisse
Das vorgesehene Maß, das den Problemlöseerfolg widerspiegeln soll –
Versuche bis zum Zielkriterium – weist in beiden Bedingungen eine unge-
wöhnliche Verteilung auf. Wie auf der Abb. 2 zu sehen ist, liegt der Mo-
dalwert bei „Ziel nicht erreicht“ (No). Daneben gibt es einen Nebengipfel
bei schnellen Zielerreichungen (7-8 Durchgänge) und einen weiteren bei
späten Zielerreichungen (12-13 Durchgänge). Insgesamt hat etwa ein Vier-
tel der Vpn das Zielkriterium nicht erreicht. Wegen der ungewöhnlichen
Verteilung wurde die Hypothese 1 mit dem U-Test geprüft, der auf keinen
Unterschied zwischen den Versuchsbedingungen hindeutet (U = 690, p =
.64). Der Median der dt-Bedingung ist mit 11,5 kleiner als der der st-Be-
dingung mit 12 Durchgängen. Es gibt also auch keine Tendenz in die er-
wartete Richtung – die Hypothese 1 konnte nicht bestätigt werden.
432 Ökonomietendenz beim komplexen Problemlösen

Abb. 2: Verteilung des Problemlöseerfolgs in den zwei Versuchsbedingungen. Gezeigt ist


die Anzahl der Durchgänge, die die Vpn benötigt haben, um das Zielkriterium zu errei-
chen. „No“ bedeutet, dass das Kriterium in 15 Durchgängen nicht erreicht wurde.

Auch beim erworbenen Strukturwissen, gemessen durch den Struktur-


score, finden sich keine Unterschiede zwischen den Versuchsbedingungen
(Mst = 1.15, Mdt = 1.24, t = -0.18, p = .573). Dies ist so zu interpretieren,
dass die Vpn im Mittel nur eine Kausalbeziehung mehr richtig als falsch
eingeschätzt haben. Auch die Hypothese 2 wird deshalb verworfen.
Da die Korrelation (Kendall-Tau) zwischen Problemlöseerfolg und Struk-
turscore in der Gesamtstichprobe nur -.19* beträgt, betrachten wir die Zu-
sammenhänge nach Versuchsbedingungen getrennt. Dabei zeigt sich nur
in der st-Bedingung der erwartete Zusammenhang, r = -.41**. In der dt-
Bedingung gibt es keinen Zusammenhang: r = .02. Die Hypothese 3 ist
damit zum Teil bestätigt worden.
Explorative Auswertungen
Beobachtungen haben gezeigt, dass einige Vpn, die das Zielkriterium nicht
erreicht haben, dennoch dem Zielzustand sehr nahe waren. Diese Konstel-
lation ergibt sich besonders dann, wenn man versucht, Fontin allein mit
MedC zu stabilisieren. Aufgrund der langsamen Reaktion von Sugon (und
damit Fontin) auf MedC, ist es praktisch unmöglich, Fontin über 10 Zeit-
takte lang im Zielbereich zu halten, weil man bei dieser Strategie MedC
ständig anpassen muss. Um den Zielwert für Muron zu halten, muss ledig-
lich MedA auf dem richtigen Wert konstant gehalten werden, was prak-
Wolfgang Schoppek 433

tisch alle Vpn herausfinden. Deshalb soll zum Vergleich ein anderes gän-
giges Erfolgsmaß herangezogen werden, das auf der über einen ganzen
Durchgang gemittelten Zielabweichung beruht (eine genaue Beschreibung
findet sich in Schoppek und Fischer 2017). Für diese Auswertung habe ich
das Abweichungsmaß über die letzten drei Durchgänge jeder Vp gemittelt.
Im Gegensatz zum Zielkriterium entspricht die Verteilung des Abwei-
chungsmaßes in etwa einer Normalverteilung. Die Rangkorrelation zwi-
schen beiden Maßen beträgt r = .27*, was zeigt, dass die beiden Maße un-
terschiedliche Aspekte der Zielerreichung erfassen. Doch auch beim Ab-
weichungsmaß gibt es keine signifikanten Unterschiede zwischen den Ver-
suchsbedingungen (t = 0,45, df = 70, p = .66) und die Tendenz der Mittel-
werte geht nicht in die erwartete Richtung.

Diskussion
Die Ergebnisse sprechen überwiegend gegen das Standardmodell des KPL.
Weder die Vorhersage, dass eine Zweitaufgabe die Steuerungsleistung be-
einträchtigt, noch die Vorhersage, dass eine solche Bedingung den Erwerb
von Kausalwissen beeinträchtigt, konnte durch die Daten bestätigt werden.
Zu beachten ist dabei allerdings die relativ geringe Teststärke des Experi-
ments. Lediglich der vorhergesagte Zusammenhang zwischen Kausalwis-
sen und Steuerungsleistung zeigte sich in der st-Bedingung. Da man davon
ausgehen muss, dass die Vpn in jeder Versuchsbedingung mit unterschied-
lichen Strategien an das Problem herangegangen sind, gibt es also sehr
wahrscheinlich trotzdem Personen, deren Vorgehen mit dem Standardmo-
dell beschrieben werden kann. Dafür sprechen die Korrelationen zwischen
Kausalwissen und Steuerungsleistung und die schnelle Problemlösung
durch einige Personen. Doch die anderen Ergebnisse sprechen dafür, dass
viele Versuchspersonen einen weniger analytischen Ansatz verfolgt haben.
Was bedeuten die verschiedenen Herangehensweisen aus dem Blickwinkel
der Ökonomietendenz? Um diese Frage zu beantworten, ist eine detaillierte
Beschreibung der Vorgehensvarianten notwendig. Später sollen daraus
noch einige allgemeinere Schlüsse gezogen werden.
434 Ökonomietendenz beim komplexen Problemlösen

Im Rahmen des Standardmodells wären fünf verschiedene Kausalbezie-


hungen zu entdecken, zu lernen und zu erinnern gewesen – bezieht man
die Eigendynamik der drei Outputvariablen mit ein, sind es sogar acht. Ob-
wohl dieses keine grundsätzliche Überforderung des kognitiven Systems
bedeutet, ist es eine Herausforderung an Denken und Gedächtnis. Unter
dem Aspekt der Ökonomietendenz kann man also annehmen, dass vielen
Vpn der Erwerb von komplettem Kausalwissen zu mühsam ist. Das deckt
sich mit unseren Beobachtungen, vor allem beim Ausfüllen der Kausaldi-
agramme: Viele Personen trauen sich offensichtlich nicht zu, mit dieser
Anzahl an Beziehungen zu operieren und versuchen es dementsprechend
gar nicht erst.
Allerdings sind einige dieser Beziehungen auch intuitiv handhabbar, etwa
das schnelle Ansprechen von Muron auf MedA, oder die Beharrungsten-
denz von Fontin. Das sind Dynamiken, die leicht wahrnehmbar sind und
bei der Steuerung keine Schwierigkeiten verursachen. Problematisch ist
dagegen die langsame Reaktion von Sugon auf MedC. Hier führt ein intu-
itiver Umgang – das stetige „Nachführen“ von MedC, um Fontin im Ziel-
bereich zu halten – zu Oszillationen, die die Zielerreichung verhindern.
Dieses Vorgehen der kontinuierlichen Anpassung erklärt den hohen Anteil
an Vpn, die das Zielkriterium auch in 14 Durchgängen nicht erreicht haben
und trotzdem den Zielen nahe waren, wie die Auswertungen des Abwei-
chungsmaßes gezeigt haben.
Der Schritt von der intuitiven Strategie der kontinuierlichen Anpassung zur
erfolgreichen Zielerreichung ist nicht besonders groß, erfordert aber für
Personen, die das System nicht gut kennen, eine genauere Analyse und die
Berücksichtigung einer weiteren Kausalbeziehung, die für die grobe
Zielannäherung nicht notwendig ist: Die genauere Analyse besteht darin,
zu erkennen, dass sich Sugon nach Änderungen in MedC erst nach einiger
Zeit stabilisiert. Die richtige Konsequenz daraus ist, MedC nicht für kurz-
fristige Anpassungen der Zielvariablen zu verwenden. Setzt man das um,
braucht man eine weitere Kausalbeziehung für solche Anpassungen. Dazu
bietet sich die Wirkung von MedB auf Fontin an (die von vielen Vpn weit-
gehend ignoriert wird). Das alles zu erkennen und umzusetzen ist aber
„Denken pur“ – also ein Prozess vom Typ 2, der der Ökonomietendenz
Wolfgang Schoppek 435

zuwiderläuft. Zudem bedarf es eines Entschlusses, mit dem „Herumpro-


bieren“ aufzuhören und sich der Analyse zuzuwenden. Es ist eine interes-
sante Frage für zukünftige Forschung, wovon es abhängt, dass Personen
beim Problemlösen solche Entschlüsse fassen. Bei Personen, die im Um-
gang mit dynamischen Systemen sehr erfahren sind, gehört das Wissen,
Input-Variablen, deren Wirkung zeitverzögert eintritt, nicht zur kurzfristi-
gen Anpassung zu verwenden, zum „intuitiven“ Repertoire. Das heißt, sie
nehmen keine aufwändige Analyse vor, sondern erkennen solche Zusam-
menhänge rasch.
Die Erkenntnis, dass Intuition je nach den Erfahrungen der Problemlöser
etwas Anderes bedeutet, ist nicht neu (Kahneman 2012), wurde aber mei-
nes Wissens noch nicht auf den Bereich des komplexen Problemlösens an-
gewendet. Bei Anfängern, mit denen man es in psychologischen Experi-
menten zum KPL meist zu tun hat, besteht die intuitive Steuerung aus fol-
genden Schritten:
1. Erkennen und Nutzen weniger (ausgewählter) Kausalbeziehun-
gen, die nötig sind, um sich den Zielen anzunähern.
2. Beobachtung des Verlaufs der Zielvariablen
3. Anpassung der Input-Werte aufgrund des beobachteten Verlaufs
4. Möglicherweise: Anpassung der Input-Werte aufgrund des antizi-
pierten Verlaufs
Personen, die im Umgang mit bestimmten dynamischen Systemen sehr er-
fahren sind, haben ein breites Repertoire an Schemata, die die Wahrneh-
mung betreffen, die Verknüpfung von Hinweisreizen mit Entscheidungen,
oder Strategien. Diese Schemata werden zum großen Teil in Prozessen
vom Typ 1 verarbeitet: Es bedarf keiner großen Aufmerksamkeit und kei-
ner mühsamen Schlussfolgerungen, um bestimmte Dynamiken zu erken-
nen und entsprechend darauf zu reagieren.
Ausgehend von den eingangs dargestellten energetischen Überlegungen
und immer wieder bestätigten Beobachtungen an unseren Versuchsperso-
nen habe ich wenig Hoffnung, dass man an der Ökonomietendenz mensch-
lichen Denkens viel verändern könnte – auch wenn es natürlich Menschen
436 Ökonomietendenz beim komplexen Problemlösen

gibt, denen Typ-2-Denken großes Vergnügen bereitet und dies entspre-


chend viel praktizieren (Stanovich und West 1998). Wenn man aber ak-
zeptiert, dass die meisten Menschen beim Denken, Urteilen oder Entschei-
den gerne die meiste Informationsverarbeitung Typ 1-Prozessen überlas-
sen, ist ein Weg zu effizientem intuitiven Problemlösen vorgezeichnet.
Man muss in einem Bereich genau analysieren, welche Aspekte des Prob-
lemlösens gefahrlos automatisierbar sind und diese trainieren. Beim Um-
gang mit dynamischen Systemen betrifft das besonders das Erkennen von
Zeitgestalten. Bei einfachen Systemen, wie sie hier behandelt wurden, ist
das etwa die langsame, asymptotische Annäherung einer Variablen an ei-
nen stabilen Zustand. In komplexeren, nichtlinearen Systemen mag das die
Identifikation einer kritischen Instabilität sein, die einen Phasenübergang
ankündigt (Schiepek und Strunk 2010; Schiepek et al. 2014). Auch ein Re-
pertoire an Strategien, um bestimmte Veränderungen in einem System an-
zustoßen, kann so trainiert werden, dass es schnell abrufbar ist. Typ 2-Pro-
zesse müssen dann nicht mehr eingesetzt werden, um eine Strategie zu ent-
wickeln, sondern nur noch, um wenige mögliche Strategien gegeneinander
abzuwägen.
Aus all diesen Überlegungen, Daten und Beobachtungen folgt, dass das
Standardmodell des KPL nur als normatives Modell Bestand haben kann.
Und selbst dazu müsste es durch Elemente wie dem Erkennen von Zeitge-
stalten erweitert werden. Für ein deskriptives Modell des KPL halte ich
einen „dual processing-Ansatz“ für vielversprechend, der annimmt, dass
Personen eine starke Tendenz haben, sich auf Prozesse vom Typ 1 zu ver-
lassen. Welche Prozesse das im Einzelfall sind, kann individuell und situ-
ativ stark variieren. Als Forschungsdesiderat ergibt sich aus diesem Modell
die Frage, unter welchen Bedingungen Personen entgegen der vorherr-
schenden Tendenz auf eine von Typ 2-Prozessen dominierte Verarbeitung
umschalten – umgangssprachlich formuliert, wann sie mit dem Denken be-
ginnen.
Wolfgang Schoppek 437

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439

TEIL III
Praxis & Anwendungen
Isa Sammet 441

„Therapieschulen? Da bin ich nicht dogmatisch!“


Argumente für eine prozessorientierte Allgemeine
Psychotherapie
Isa Sammet

Die Ausbildung zum Ärztlichen oder Psychologischen Psychotherapeuten


findet gemäß der Aus- und Weiterbildungs-Richtlinien therapieschulenori-
entiert statt. Kandidatinnen und Kandidaten müssen sich in Deutschland
zwischen der tiefenpsychologischen, der verhaltenstherapeutischen oder –
seit kurzem – der systemischen Therapierichtung entscheiden. Im Wider-
spruch zu dieser Schulenorientierung steht in vielen Fällen die „gelebte
Praxis“. Therapeutinnen und Therapeuten bezeichnen sich auf Nachfrage
meistens als „nicht dogmatisch“, sondern als „offen“ für eine andere als
die gelernte Richtung und wenden nach eigenen Angaben auch Krankheits-
modelle, Methoden und Verfahren aus anderen Schulen an. Auf Psycho-
therapiestationen arbeiten oft Therapeuten verschiedener therapeutischer
Orientierungen vermeintlich problemlos zusammen, obwohl es theoretisch
durchaus einen Unterschied machen kann, Fallbeschreibungen und daraus
abzuleitende Interventionen tiefenpsychologisch, verhaltenstherapeutisch
oder systemisch zu betrachten. Manchmal wären die entsprechenden Per-
spektiven theoretisch wenig kompatibel. Auf dem mikroanalytischen Ni-
veau der konkreten Interventionen verschwimmen die Unterschiede oft
noch mehr. Geschildert sei beispielhaft der Eindruck aus einem tiefenpsy-
chologisch orientierten Ausbildungskurs im 3. Weiterbildungsjahr. Die
Teilnehmenden wurden nach einer psychodynamisch fundierten Fallfor-
mulierung aufgefordert, eine konkrete therapeutische Intervention auf das
häufige Zuspätkommen eines Patienten abzugeben. Die unterschiedlichen
Vorschläge der Teilnehmer konnten als Klarstellung, Deutung, Konfronta-
tion, Spiegelung, Bestätigung, direktives Vorgehen, Verweis auf Regeln,
Hilfestellung etc. eingeordnet werden, waren also sehr unterschiedlich und
wären alleine für sich nicht ohne Weiteres einer bestimmten Schule zuord-
enbar gewesen.

© Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2020
K. Viol et al. (Hrsg.), Selbstorganisation – ein Paradigma für die
Humanwissenschaften, https://doi.org/10.1007/978-3-658-29906-4_24
442 „Therapieschulen? Da bin ich nicht dogmatisch“

Es gibt also Anlass zu der Annahme, dass es eher die Regel und nicht die
Ausnahme ist, eklektisch zu arbeiten. Durch systematische Untersuchun-
gen wurde dies mehrfach bestätigt. 1982 stellte Parloff fest, dass es damals
schon 250 verschiedene Varianten an Verfahren und Methoden für insge-
samt 150 Arten von psychischen Störungen gab. Hätte man die Effizienz
dieser Varianten störungsspezifisch testen wollen, wären 47 Millionen sta-
tistische Vergleiche erforderlich gewesen. Norcross et al. beschrieben be-
reits 1997 einen Trend zur Methodenvielfalt mit einer Abnahme der „Ad-
herence“, d.h. der Treue in der Umsetzung der eigenen Therapieschule. Sie
kamen zu dem Ergebnis, dass ca. zwei Drittel aller Therapeutinnen und
Therapeuten Techniken aus verschiedenen Schulen nutzen. Dabei kann es
sich sowohl um integrative Ansätze handeln, d.h. systematische Kombina-
tionen verschiedener Verfahren (wie z.B. primär verhaltenstherapeutische
Ansätze in der Behandlung schwerer Essstörungen, die dann von tiefen-
psychologischen, einsichtsorientierten Ansätzen gefolgt sein können).
Oder es handelt sich um ein eklektisches Vorgehen, wobei Verfahren ver-
schiedener Theorien je nach Situation und Patient genutzt werden.
Vor diesem Hintergrund könnte die Sinnhaftigkeit der streng schulenori-
entierten Aus- und Weiterbildung in Frage gestellt werden. Dies gilt umso
mehr, als es empirisch sehr gut belegt ist, dass sich die therapeutischen
Verfahren in ihrer Wirksamkeit im Allgemeinen nicht unterscheiden, was
mit dem sog. „Dodobird“-Effekt (Rosenzweig 1936) beschrieben wird.
„Alle haben gewonnen und einen Preis verdient“, lautet die entsprechende
Metapher, die auf das Wettrennen bei Alice im Wunderland zurückgeht.
Hinzukommt, dass – abgesehen von bestimmten störungsspezifischen Ab-
weichungen – die verschiedenen Methoden und Verfahren im Allgemeinen
nur bis zu 15% zum Therapieergebnis beitragen, was vielfach belegt wurde
(Lambert 2013, S. 200). Größeren oder mindestens gleichen Einfluss auf
den Therapieerfolg haben Patientenmerkmale und außertherapeutische Er-
eignisse (ca. 40%), die therapeutische Beziehung einschließlich allgemei-
ner Wirkfaktoren (ca. 30%) oder die Erwartung des Patienten (15%) (ebd.).
Rechnet man die Fähigkeit des Patienten, eine therapeutische Beziehung
aufzubauen, ein, so bedeutet das, dass der ganz überwiegende Teil des The-
rapieergebnisses, nämlich ca. 85%, durch Patientenmerkmale (!) erklärt
Isa Sammet 443

werden, während Therapeutenmerkmale und Technik den weitaus gerin-


geren Einfluss haben.
Die Untersuchungen zu den Einflüssen von Patientenmerkmalen sind um-
fassend und aufschlussreich. Es wurden u.a. Alter, Geschlecht, Bildung,
Symptomschwere, Komorbidität, Bindungsstil, Coping-Stil, kulturelle Zu-
gehörigkeit, Therapieerwartung, „Psychological Mindedness“, soziale Un-
terstützung, Emotionswahrnehmung, Veränderungsmotivation, Psycho-
therapiemotivation, Selbstkritik, Perfektionismus, Präferenz für einen
männlichen Therapeuten oder eine weibliche Therapeutin und viele andere
Variablen untersucht (Überblick bei Bohart und Wade 2013). Für die The-
rapieprozessgestaltung haben sie unterschiedliche praktische Bedeutung.
Während zum Beispiel Emotionswahrnehmung oder Veränderungsmoti-
vation Merkmale sind, die Zielgrößen des Veränderungsprozesses sein
können, haben die soziodemografischen Merkmale, die so häufig unter-
sucht und in Randomized Controlled Trials so fleißig kontrolliert werden,
je nach Fragestellung manchmal relativ geringe praktische Relevanz. Denn
es ist schließlich nicht vorstellbar, dass Patienten aufgrund ihres Alters,
ihrer Bildung oder ihres Geschlechts vom Zugang zur Psychotherapie aus-
geschlossen werden, nur weil sie evtl. eine leicht geringere Erfolgserwar-
tung hätten. Im Gegenteil, die Parallelisierung in Randomized Controlled
Trials nach soziodemografischen Daten ist manchmal absurd. Denn es ist
nicht einleuchtend, dass zwei Personen, die ganz andere lebensgeschicht-
liche Entwicklungen aufweisen, unterschiedliche innere Arbeitsmodelle
und unterschiedliche aktuelle Lebenswirklichkeiten haben, vergleichbar
sein sollen, nur weil sie gleiches Alter, Geschlecht und Schulbildung auf-
weisen. Hier zeigt sich schon, wie komplex das Setting sein müsste, wenn
Vergleichbarkeit hinsichtlich therapierelevanter Eigenschaften hergestellt
werden sollte. Denn es haben ja potenziell sehr viele Variablen auf die
Therapie Einfluss.
Unter Berücksichtigung des oben Gesagten überrascht es außerdem nicht
wirklich, dass therapeutenseitig die theoretische Orientierung, die Kon-
zept- und Manualtreue, das Ausmaß an Training, technische Fertigkeiten,
Geschlecht und Alter in den meisten Studien keinen Einfluss auf das The-
rapieergebnis zeigen (Übersicht bei Baldwin und Imel 2013). Dagegen
sind interpersonelle Fähigkeiten wie Empathie, Authentizität, freundliche
444 „Therapieschulen? Da bin ich nicht dogmatisch“

Zugewandtheit, Warmherzigkeit, unterstützende und sensitive Art (ebd.),


aber auch Berufserfahrung in der Arbeit mit schwerer kranken Patienten
von positiver Bedeutung für den Erfolg (von Wyl et al. 2016).
Gerade letztere Ergebnisse weisen darauf hin, dass therapeutischen Eigen-
schaften, die sich während der Therapie in der Interaktion mit dem Patien-
ten entfalten, in der therapeutischen Ausbildung ein besonderes Augen-
merk gelten muss. Damit richtet sich der Fokus mehr als bisher auf den
therapeutischen Prozess und dessen Gestaltung. Es hat sich empirisch ge-
zeigt, dass die Therapie besonders dann erfolgreich ist, wenn die Passung
zwischen den Zielen des Patienten und den Interventionen des Therapeuten
besonders hoch ist. Ein Therapieverfahren, das schon durch sein spezifi-
sches Krankheitsmodell besonders auf diese Passung abzielt, ist zum Bei-
spiel die psychodynamische „Control Mastery Theory“ (Weis et al. 1986;
Weis 1993; Brockmann und Sammet 1995). Es konnte empirisch gezeigt
werden, dass solche Therapien erfolgreicher sind, bei denen der Anteil an
therapeutischen Interventionen, die stimmig mit den Zielsetzungen des Pa-
tienten sind, relativ höher ist, ganz unabhängig davon, ob es sich um psy-
chodynamisch oder verhaltenstherapeutisch oder anders theoretisch fun-
dierte Interventionen handelt.
Dies könnte bedeuten, dass auch in der Aus- und Weiterbildung mehr auf
die Prozessgestaltung und weniger auf die therapeutischen Verfahren und
Techniken fokussiert werden müsste. Bedeutet dies, dass die Schulenori-
entierung in der Ausbildung aufgehoben werden sollte? Nein! Die Thera-
pieschulen bieten auf Basis ihrer gewachsenen und empirisch untersuchten
Theorien eine unverzichtbare Grundlage für ein umfassendes Fallverständ-
nis. Dieses wiederum eröffnet ein breites Spektrum an therapeutischen In-
terventionsmöglichkeiten, das im therapeutischen Prozess adaptiv und fle-
xibel eingesetzt werden kann. Eine bestimmte Therapieschule kann somit
dem Therapeuten ein tiefgreifendes Verständnis für saluto- und pathoge-
netische Phänomene sowie Sicherheit für das eigene therapeutische Han-
deln vermitteln, was unverzichtbar ist.
Allerdings sollte die Ausbildung mit der Erlernung schulenspezifischer In-
halte nicht aufhören. Vielmehr wäre ein zusätzlicher prozessorientierter
Schwerpunkt zu integrieren. Zwar beziehen auch die Therapieschulen
mehr oder weniger implizit den therapeutischen Prozess in die Ausbildung
Isa Sammet 445

ein. Allerdings fehlt oft eine übergreifende allgemeine Theorie des Prozes-
ses. Einen Beitrag, der einen Meilenstein in der Psychotherapiegeschichte
darstellt, ist in diesem Zusammenhang Grawes „Allgemeine Psychothera-
pie“ (1995). Hier wird auf empirisch fundierter Basis beschrieben, welche
Wirkfaktoren während der Therapie aktualisiert werden müssen, um die
Wahrscheinlichkeit eines guten Therapieergebnisses zu erhöhen. Dies sind
u.a. die Realisierung einer positiven therapeutischen Beziehung, die Res-
sourcenaktivierung, die Problemaktualisierung und der Aufbau einer guten
Therapiemotivation sowie von Problembewältigungsstrategien.
Im Weiteren stellt sich aber nun die Frage, wie diese Variablen im thera-
peutischen Prozess realisiert werden können. Bei aller Bedeutung der Gra-
weschen Theorie ist festzustellen, dass sie keinen systematischen theoreti-
schen Überbau zur Beschreibung und Gestaltung des therapeutischen Pro-
zesses im Konkreten liefern kann. Wie wir oben gesehen haben, ist der
Therapieprozess von unzähligen Faktoren wie Patienten- und Therapeu-
tenmerkmalen, Settingfaktoren, Symptomschwere, Komorbidität, Stö-
rungsspezifität, therapieexternen Ereignissen etc. abhängig, die auch noch
gegenseitig interagieren. D.h. es handelt sich um einen hochkomplexen
Prozess. Haken und Schiepek (z.B. 2010) haben in diesem Zusammenhang
beschrieben, welchen Stellenwert die Theorie komplexer Systeme in der
Psychotherapie haben kann. Diese Theorie, auch „Synergetik“ genannt, er-
klärt ganz allgemein Veränderungen in der belebten und unbelebten Natur.
Sie beschreibt Wechselwirkungen zwischen Elementen eines Systems, die
miteinander in Verbindung stehen. Und sie berücksichtigt, dass Feedback-
beziehungen mit Rückwirkungen auf die Elemente eines Systems vorhan-
den sein können. Und vor allem erklärt sie, wie neue Strukturen entstehen,
wenn sich äußere Bedingungen ändern, was als Selbstorganisation be-
zeichnet wird. D.h. es wird unter dem synergetischen Blickwinkel klarer,
warum es manchmal sehr schwer und manchmal ganz leicht ist, Verände-
rungen herbeizuführen. Dies kommt immer auf die – leider im Falle der
Behandlung von Patienten manchmal pathogene – Stabilität oder Instabi-
lität des Systems an. Es liegt deswegen nahe, den psychotherapeutischen
Prozess unter dem Blickwinkel der Synergetik zu betrachten. Denn dieser
ist ja geradezu gekennzeichnet durch interaktionelle Wechselwirkungen
446 „Therapieschulen? Da bin ich nicht dogmatisch“

zwischen Patient und Therapeut, Feedbackschleifen und unzählige poten-


zielle Einflussfaktoren, die miteinander in Interaktion treten. Aus der Psy-
chotherapie bekannte Phänomene, wie z.B. plötzliche sprunghafte Verän-
derungen der Befindlichkeit aufgrund von scheinbar minimalen Interven-
tionen („sudden gains or losses“) oder Therapieabbrüche oder Brüche in
der therapeutischen Beziehung werden dadurch plötzlich einfacher ver-
stehbar. Wertvoll ist auch das aus der Synergetik stammende Prinzip der
Selbstorganisation. Auf den therapeutischen Prozess übertragen, bedeutet
Selbstorganisation, dass der Patient sich selbst helfen kann, wenn er nur
günstige Bedingungen hierfür erfährt. Dieses Prinzip der Selbstorganisa-
tion steht in guter Übereinstimmung mit o.g. Ergebnissen zu den Wirkfak-
toren der Psychotherapie, wonach es ganz überwiegend die Patienten-,
nicht Therapeuteneigenschaften sind, die in positivem Zusammenhang mit
dem Therapieergebnis stehen. Es ist im Übrigen auch bewährten Theorien
und Verfahren wie der klientenzentrierten Therapie nahe.
Um den Therapieprozess zu gestalten, bedarf es einer lern- und lehrbaren
Methode, die eine „Navigation“ durch den komplexen Prozess ermöglicht.
D.h. der Therapeut braucht Anhaltspunkte über die Stabilität oder Instabi-
lität der Befindlichkeit und anderer Merkmale des Patienten und er benö-
tigt Feedback darüber, welche seiner Interventionen zeitnah wie wirken.
Wie kein anderer hat sich Günter Schiepek um Methoden bemüht, die dem
Therapeuten auf seinem Weg dieser Navigation behilflich sein können. Er
hat das „Synergetische Navigationssystem“ (SNS, z.B. Schiepek 2015)
entwickelt, das auf hochfrequenten Patienten-Selbsteinschätzungen mit
dem Therapieprozessbogen (Schiepek et al. 2019) beruht. Der Therapeut
erhält damit optisch und rechnerisch in „real time“ Informationen, die seine
therapeutischen Interventionen passgenau und zeitgerecht leiten und damit
die selbstorganisatorischen Fähigkeiten des Patienten unterstützen können.
Sicher ist diese manchmal von Kritikern als etwas technizistisch bezeich-
nete Methode nicht die einzige Möglichkeit einer synergetischen Prozess-
begleitung. Aber es handelt sich um ein ausgereiftes System, das auf einer
„Prozessorientierten Allgemeinen Psychotherapie“ beruht, wie sie auf-
grund der erwähnten Ergebnisse der Psychotherapie-Prozess- und Out-
come-Forschung naheliegt.
Isa Sammet 447

Es wird weiterhin ein schwieriges Aufgabengebiet bleiben, die Wirkfakto-


ren von Psychotherapie in ihrer Komplexität in der klinischen Praxis zu
erkennen und anzuwenden. Es ist das Fazit dieser Ausführungen, dass eine
stärkere Prozessorientierung zusätzlich zu der bestehenden Aus- und Wei-
terbildung wünschenswert wäre. Diese könnte an die nachgewiesenen
Wirkfaktoren des therapeutischen Prozesses anknüpfen. Eventuell ließen
sich diese – nach subjektiver Ansicht der Autorin – in folgenden Hypothe-
sen abbilden, die aus den Ergebnissen der empirischen Therapieforschung,
der Control Mastery Theory und der Theorie komplexer Systeme abgelei-
tet werden können.
Psychotherapie wirkt, wenn
• die Selbstheilungskräfte des Patienten unterstützt werden,
• der Therapeut sich vom Patienten durch den Prozess führen lässt (und
nicht umgekehrt),
• der Therapeut gute Kenntnisse „seiner“ Therapieschule hat und über
ein breites Spektrum an Techniken verfügt,
• der Therapeut diese Techniken flexibel und stimmig mit seiner Per-
sönlichkeit anwendet,
• und die Passung der Interventionen während des Prozesses laufend
prüft.

Was zu beweisen wäre.


448 „Therapieschulen? Da bin ich nicht dogmatisch“

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Kratzer & Heinz 451

Prozessmonitoring und Feedback in der Psycho-


traumatologie: Hintergründe und Anwendung
Leonhard Kratzer und Peter Heinz

Psychotraumatologie: State of the art


Psychische Störungen als Folge außergewöhnlich belastender Lebenser-
eignisse finden sich bereits in Homers Ilias beschrieben (Shay 1991) und
weisen eine hohe gesellschaftliche Bedeutung auf. So konnten Kessler et
al. (1995) in einer viel beachteten Untersuchung Lebenszeitprävalenzen
von 60% für traumatische Lebensereignisse und von 8% für die Posttrau-
matische Belastungsstörung feststellen. Dennoch finden stress- und
traumaassoziierte psychische Störungen erst seit Kurzem nicht nur in Fach-
kreisen, sondern auch in einer breiteren Öffentlichkeit wachsende Auf-
merksamkeit und Interesse. Die Psychotraumatologie als zunehmend ei-
genständiges Forschungs- und Praxisfeld hat sich in den letzten beiden
Jahrzehnten zu einem der dynamischsten und bestbeforschten Gebiete der
klinischen Psychologie entwickelt und traumafokussierte Psychotherapie
zählt heute zu den wirksamsten psychosozialen Interventionen überhaupt
(Bisson et al. 2007; Bradley et al. 2005; Ehring et al. 2014; Tran und Gre-
gor 2016). In welch rasantem Tempo der Kenntnisstand innerhalb der Psy-
chotraumatologie sich verändert, kann exemplarisch an der Diskussion um
mögliche Kontraindikationen eines traumafokussierten Vorgehens bei
Vorliegen einer posttraumatischen Belastungsstörung (PTBS) nachvollzo-
gen werden. Während die bis 2019 gültige S3-Leitlinie (Flatten et al. 2011)
bei selbstverletzendem Verhalten, Einschränkungen der Affekttoleranz
oder psychotischen Symptomen eindrücklich vor einem traumafokussier-
ten Vorgehen warnte, zeigen aktuelle empirische Befunde ein gänzlich an-
deres Bild. So bewährt sich ein traumafokussiertes Vorgehen auch bei
komorbider Borderline-Störung (Bohus et al. 2013), bei komorbider Psy-
chose (van den Berg et al. 2015) sowie bei Suizidalität und selbstverlet-
zendem Verhalten (Harned et al. 2014). Selbst bei anhaltender häuslicher
Gewalt finden sich heute qualitativ hochwertige Studien, die beim Vorlie-
gen einer PTBS für ein traumafokussiertes Vorgehen sprechen (Orang et
al. 2018).

© Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2020
K. Viol et al. (Hrsg.), Selbstorganisation – ein Paradigma für die
Humanwissenschaften, https://doi.org/10.1007/978-3-658-29906-4_25
452 Prozessmonitoring und Feedback in der Psychotraumatologie

Die Klinik für Psychotraumatologie der Klinik St. Irmingard


Das Konzept der Klinik für Psychotraumatologie der Klinik St. Irmingard
in Prien am Chiemsee versucht dieser Befundlage durch ein integratives,
traumafokussiertes Vorgehen gerecht zu werden. Ärztlich-psychologische
Einzeltherapie in hoher Dosis, regelmäßige co-therapeutische Kontakte,
Kunst- und Körpertherapie sowie zahlreiche Indikativgruppen zur Förde-
rung von Achtsamkeit, zwischenmenschlichen Fertigkeiten, Emotionsre-
gulationsfertigkeiten und Fertigkeiten zur Stressregulation schaffen die
Grundlage dafür, im Sinne einer „Destabilisierung im Kontext von Stabi-
lität“ (Haken und Schiepek 2010) mittels Eye Movement Desensitization
and Reprocessing traumatische Erinnerungen gezielt zu aktivieren und zu
verarbeiten.
Gemäß der Idee des Scientist-Practitioners unterliegt das Konzept stetigen
Reflexionen, Veränderungen und Verbesserungen. Die Behandlungser-
gebnisse werden regelmäßig evaluiert und in wissenschaftlichen Zeit-
schriften peer-reviewed publiziert. Nicht zuletzt werden die klinischen
Routinedaten auch für weitere wissenschaftliche Untersuchungen herange-
zogen (z.B. Heinz und Pfitzer 2014, 2015; Heinz und Wild 2012; Kratzer
et al. 2016, 2017, 2018a, 2018b, 2019). So konnte unter anderem gezeigt
werden, dass das Behandlungskonzept sicher und wirksam (im Sinne einer
effectiveness) ist (Kratzer et al. 2018c). Aktuelle Ergebnisse (in Vorberei-
tung) lassen darauf schließen, dass die Ergebnisqualität besonders hoch ist,
sofern im Rahmen der Behandlung in ausreichendem Stundenumfang
Traumakonfrontation erfolgt.

Schattenseiten und Grenzen?


Hohe Behandlungseffekte auch unter klinischen Routinebedingungen (Eh-
lers et al. 2013; Kratzer et al. 2018c), immer neue Behandlungsmodule für
relevante Problembereiche wie zum Beispiel zu Ekel und Gefühlen des Be-
schmutztseins nach sexualisierter Gewalt (Jung et al. 2011) sowie Innova-
tionen und Adaptionen des therapeutischen Vorgehens wie Traumakon-
frontation mittels virtuellen Realitäten (z.B. Rizzo et al. 2015) entfachen
häufig Euphorie. Dennoch sollte nicht vergessen werden, mit welchen im-
mensen Herausforderungen die Psychotraumatologie als Teildisziplin der
Kratzer & Heinz 453

klinischen Psychologie weiterhin grundsätzlich zu kämpfen hat. Über-


blicksarbeiten zeigen, dass trotz hoher Effektstärken ein Großteil der Pati-
entInnen durch traumafokussierte Therapie keine klinisch bedeutsame
Verbesserung erzielen kann (Bradley et al. 2005). Behandlungsabbrüche
treten bei etwa einem Fünftel auf (Ehring et al. 2014; Imel et al. 2013).
Hinsichtlich klinisch bedeutsamer Verschlechterungen unter traumafokus-
sierter Therapie liegen kaum Daten vor; diese werden bei Psychotherapie
im Allgemeinen jedoch auf etwa knapp 10% geschätzt (z.B. Lambert
2017). Für die PatientInnen der Klinik für Psychotraumatologie der Klinik
St. Irmingard gilt darüber hinaus, dass selbst exzellente Behandlungser-
folge aufgrund der extrem hohen Belastung zu Behandlungsbeginn oftmals
keineswegs eine Remission bedeuten (Kratzer et al. 2018c).

Lösungen: „Beyond Evidence-Based Medicine“?


Auch eine leitliniengerechte Behandlung und die Umsetzung aktuellsten
empirischen Wissens im klinischen Alltag scheinen vor diesem Hinter-
grund die Behandlung der Posttraumatischen Belastungsstörung weder
endlos weiter zu optimieren, noch drängende bestehende Probleme zu lö-
sen. Zwar liefert die Logik der randomisiert-kontrollierten Studie (RCT)
einerseits beständig neue, innovative und wirksame Behandlungsmodule,
weist andererseits jedoch durch die geringe Generalisierbarkeit von Grup-
penbefunden auf Individuen (Fisher et al. 2018; Molenaar 2004) auch ek-
latante Schwächen auf, wenn es um ein Verständnis des individuellen Pa-
tienten, seines Veränderungsprozesses oder seines Mangels an Verände-
rung, spezifischer Risiken und nicht zuletzt kritischer Phasen im Therapie-
verlauf geht. Weitere eklatante Schwächen der RCT-Logik sind sowohl
ihre Linearität, aufgrund derer sie zumeist nichtlineare und diskontinuier-
liche individuelle Veränderungsprozesse kaum erklären kann (Owen et al.
2015; Schiepek et al. 2017), sowie ihr oftmals alleiniger Fokus auf spezi-
fische Wirkfaktoren, ohne dass deren Beziehung zu den vermutlich noch
bedeutsameren allgemeinen Wirkfaktoren ausreichend geklärt wäre
(Cuijpers et al 2018). Aus gutem Grund bezeichnete Dirk Revenstorf
(2005) das lineare, stark um Komplexitätsreduktion bemühte sogenannte
„medizinische Modell“ der Psychotherapie daher als „Kuckucksei“ der
454 Prozessmonitoring und Feedback in der Psychotraumatologie

Psychotherapieforschung. Zahlreiche AutorInnen fordern heute, dass ne-


ben allgemeinen und spezifischen Wirkfaktoren auch dem Individuum und
seinen spezifischen Eigenschaften stärkere Beachtung in der Psychothera-
pieforschung zu Teil werden sollte (z.B. Lorenzo-Luaces und DeRubeis
2018). Eine entscheidende Grundlage der Erforschung psychotherapeuti-
scher Veränderungsprozesse stellt zugleich deren präzise Erfassung im
Zeitverlauf dar (Schiepek et al. 2016); sie erfordert also ein Real-Time Mo-
nitoring.
Eine zweite häufig geforderte Konsequenz aus den Limitationen des me-
dizinischen Modells der Psychotherapie und der RCT-Logik, aber auch aus
den drängenden Herausforderungen persistierend hoher Abbruch-, Non-
response- und Verschlechterungsraten, ist die flächendeckende Einführung
von Real-Time Monitoring und Feedback. Entsprechende Methoden soll-
ten nicht nur wie oben beschrieben zu Forschungszwecken, sondern insbe-
sondere auch im klinischen Routinebetrieb (z.B. Lambert 2017) eingesetzt
werden. Dank zahlreicher Studien und Meta-Analysen darf heute als gesi-
chert gelten, dass Real-Time Monitoring und Feedback zahlreiche positive
Effekte aufweisen, darunter u.a. die Reduktion von Nonresponse und Be-
handlungsabbrüchen (Jong et al, im Review) sowie Verbesserungen hin-
sichtlich der erlebten Empathie und der therapeutischen Beziehung seitens
der Patienten (McClintock et al. 2017).
Neben diesen Forderungen einer veränderten Psychotherapieforschung
und eines routinemäßigen Einsatzes von Real-Time Monitoring und Feed-
back wurden zuletzt angesichts dramatischer Unterschiede hinsichtlich der
Wirksamkeit unterschiedlicher Psychotherapeuten (Wampold und Brown
2005) auch immer wieder Stimmen laut, angehende Psychotherapeuten
stärker auf ihre Befähigung hin zu überprüfen. Zudem erfordere psycho-
therapeutische Tätigkeit – da Psychotherapeuten mit zunehmender Erfah-
rung keineswegs immer besser werden (Goldberg et al. 2016) – eine be-
sondere Form des intensiven Übens (Rousmaniere 2016). Ein solches
Üben erfordert selbstredend, sich intensiv mit psychotherapeutischen Pro-
zessen auseinanderzusetzen und legt damit indirekt ebenfalls die Nutzung
eines Real-Time Monitorings nahe.
Zusammenfassend wird deutlich, dass zahlreiche der gegenwärtig bedeu-
tendsten Impulse für die klinische Forschung und Praxis eine gemeinsame
Kratzer & Heinz 455

Voraussetzung teilen: Sowohl ein Feedback über den Therapieprozess an


die Patienten, als auch kritische Reflexion und intensives Üben seitens der
Psychotherapeuten und nicht zuletzt die Integration von allgemeinen und
spezifischen Wirkfaktoren und deren Wechselspiel mit individuellen Ei-
genschaften von Patienten in Erklärungsmodelle von Psychotherapie erfor-
dern Tools zur präzisen Erfassung von Psychotherapieprozessen.

Synergetik und das Synergetische Navigationssystem (SNS)


Ein derartiges Tool, das den oben knapp umrissenen Anforderungen in be-
sonderer Weise gerecht wird, ist das Synergetische Navigationssystem
(SNS). Eine ausreichend hochfrequente Erfassung von Therapieverläufen
liefert konsistent Hinweise darauf, dass psychotherapeutische Verände-
rungsprozesse „nichtlinear“, „diskontinuierlich“, „nicht-stationär“ oder
„durch plötzliche sprunghafte Veränderungen geprägt“ sind, um einige
sich teilweise überlappende Konzepte und Schlagworte zu nennen (Hayes
et al. 2007; Lutz et al. 2013; Schiepek et al. 2013). Daher bietet sich die
Synergetik als Wissenschaft der Selbstorganisation in komplexen dynami-
schen Systemen als Metatheorie psychotherapeutischer Veränderungspro-
zesse an (Haken und Schiepek 2010). Das SNS wird der Komplexität von
Zeitreihen psychotherapeutischer Veränderungsprozesse besonders gut ge-
recht (Schiepek et al. 2018), da zahlreiche Strategien zur Analyse nichtli-
nearer Zeitreihen implementiert sind, deren Ergebnisse grafisch anspre-
chend aufbereitet werden. So können über grafische Darstellungen der dy-
namischen Komplexität von Zeitreihen (Schiepek und Strunk 2010) kriti-
sche Instabilitäten identifiziert werden, die in komplexen Systemen typi-
scherweise vor Phasenübergängen und Musterwechseln auftreten (Haken
und Schiepek 2010; Scheffer et al. 2009). Darüber hinaus können auch
Recurrence Plots, Synchronisationsmuster oder Permutationsentropien be-
stimmt werden (Schiepek et al. 2016).

Anwendungsbeispiel
Im Folgenden soll der klinische Routineeinsatz des SNS auf einer Spezial-
station für komplex traumatisierte Erwachsene anhand eines Fallbeispiels
456 Prozessmonitoring und Feedback in der Psychotraumatologie

illustriert werden. In der Abteilung für Psychotraumatologie der Klinik St.


Irmingard ist das SNS seit 2015 implementiert. Neben dem Therapiepro-
zessbogen in revidierter Fassung (TPB; Schiepek et al. 2019) und einer
Diary Card in Anlehnung an die Dialektisch-Behaviorale Therapie (Bohus
und Wolf-Arehult 2013) kommen wöchentlich die Impact-of-Event Scale
in revidierter Fassung (IES-R; Maercker und Schützwohl 1998), die
Borderline-Symptomliste 23 (BSL-23; Wolf et al. 2009) sowie der Patient
Health Questionnaire 9 (PHQ-9; Gräfe et al. 2004) zum Einsatz.
Bei der Patientin handelte es sich um eine 50-jährige berentete Bürokauf-
frau, die 12 Wochen in der Abteilung für Psychotraumatologie behandelt
wurde. Im Alter von 12 bis 14 Jahren war die Patientin sexuell durch ihren
Vater missbraucht worden. Eine besonders hohe Belastung im Erleben der
Patientin ging jedoch von dem Verrat durch die Mutter aus. Als eine
Schlüsselerinnerung berichtete sie von der hasserfüllten Reaktion der Mut-
ter, nachdem diese zufällig von dem Missbrauch erfahren hatte: „Von Dei-
nem Vater werde ich mich trennen, aber eines steht fest: Du wirst zu ihm
gehen!“
Die Patientin litt unter einer posttraumatischen Belastungsstörung sowie
einer chronischen Depression (PHQ-9 Summenscore 24, schwerste De-
pression). Als Resultat der komplexen Traumatisierungen bildeten sich vor
allem dysfunktionale Schemata von niedrigem Selbstwert, starker Ableh-
nung des Körpers bis hin zu schwerem Selbsthass und chronischer Suizi-
dalität heraus. Darüber hinaus entwickelte sie einen riskanten episodischen
Alkoholkonsum und wiederkehrende Essanfälle. Die Persönlichkeitsdiag-
nostik bestätigte das Vorliegen einer ängstlich-vermeidenden Persönlich-
keitsstörung mit ausgeprägten Zügen emotionaler Instabilität (BSL-23
Summenscore 70, Prozentrang 86 im Vergleich zu 560 PatientInnen mit
Borderline-Persönlichkeitsstörung). Als Therapieziele nannte die Patien-
tin, dass sie ihren Körper besser annehmen und ihren Selbstwert stabilisie-
ren, sowie das Ausmaß ihrer Suizidalität verringern wolle. Zudem strebe
sie eine Verarbeitung traumatischer Erinnerungen an.
Das Behandlungsrationale sah eine Teilnahme an der Körpertherapie und
an Skillstraining (Linehan 2018) jeweils im Gruppen- und Einzelsetting
vor. Der Schwerpunkt der ärztlichen Einzeltherapie lag in der Arbeit mit
Eye Movement Desensitization and Reprocessing (EMDR; Hofmann
Kratzer & Heinz 457

2014). Mithilfe des „Selfcare-Protokolls“ und anderer modifizierter


EMDR-Protokolle (Gonzalez und Mosquera 2012) sollte zunächst der Zu-
gang der Patientin zu ihrem vulnerablen Selbst (das „gehasste und versto-
ßene Mädchen“ im Inneren) verbessert werden. Im Zentrum sollte schließ-
lich die Traumakonfrontation bezüglich des sexuellen Missbrauchs stehen.
Der Beziehungsaufbau gestaltete sich erwartungsgemäß wechselhaft.
Nach etwa drei Wochen kam es zu einer ersten manifesten Krise in der
therapeutischen Beziehung. Exakt einen Tag nach einer vom Therapeuten
als besonders intensiv und fruchtbar erlebten Stunde platzte die Patientin
wie aus heiterem Himmel mit ihrer Kritik heraus: „Die Patientinnen von
Frau Dr. Z. kommen heulend aus jeder Therapiestunde heraus und bei uns
läuft alles so oberflächlich!“ Erstaunlicherweise hatte die Patientin am Tag
vor der Krise das Item „Heute habe ich Wertschätzung erfahren“ (Item 12
des TPB) besonders hoch bewertet (höchster Score während des gesamten
Aufenthaltes, siehe Abb. 1).

Abb. 1: Faktor „Therapeutische Beziehung und Vertrauen zu den TherapeutInnen“ (Fak-


tor III des TPB, schwarz/durchgängie Linie), Item „Heute habe ich Wertschätzung erfah-
ren.“ (Item 12 des TPB, rot/gepunktete Linie) und Item „Heute habe ich meine Bedürf-
nisse wahrgenommen.“ (Item 41 des TPB, blau/gestrichelte Linie) im Zeitverlauf. Es wird
deutlich, wie der therapeutischen Krise, in deren Verlauf die Patientin gleichzeitig aber
auch erlebt, ihre Bedürfnisse wahrzunehmen, zeitlich ein Erleben besonderer Wertschät-
zung vorangeht.

Hypothese des Therapeutenteams war, dass das Lob des Einzeltherapeuten


für die erfolgreiche therapeutische Arbeit einen strafend-feindseligen Per-
sönlichkeitsanteil („innerer Kritiker“) mobilisiert hatte. Einige Tage nach
erfolgreicher Bewältigung der Krise konnten die widerstreitenden inneren
458 Prozessmonitoring und Feedback in der Psychotraumatologie

Vorgänge gemeinsam mit der Patientin im Rahmen eines Feedbackge-


sprächs exploriert werden. Das SNS erwies sich hierbei als sehr hilfreich,
um die Fähigkeit zur Selbstreflexion und Mentalisierung zu fördern. Rück-
blickend wurde der vorübergehende Bruch in der therapeutischen Allianz
auch als ein Beziehungstest gewertet. Am Tag der kritischen Rückmeldung
gegenüber dem Therapeuten hatte die Patientin das Item „Heute habe ich
meine Bedürfnisse wahrgenommen“ (Item 41 des TPB, siehe Abb. 1) sehr
hoch bewertet. Das Äußern von Kritik ermöglichte ihr eine neue Bezie-
hungserfahrung. In der Rückschau des Aufenthaltes resümierte sie: „Ge-
holfen hat mir, dass ich Kritik üben durfte, ohne dass ich bestraft wurde!“

Abb. 2: Intrusions-Item der Diary Card (durchgezogene Linie) und dynamische Komple-
xität des Suizidalitätsitems der Diary Card (gestrichelte Linie) als Indikator möglicher kri-
tischer Instabilitäten (Schiepek und Strunk 2010) im Zeitverlauf. In Phase „a“ erfolgte die
Konfrontation mit Erinnerungen an den Verrat durch die Mutter. In Phase „b“ erfolgte die
Konfrontation mit Erinnerungen an den sexuellen Missbrauch, die einerseits mit einer
deutlichen vorübergehenden Exazerbation der intrusiven Symptomatik einherging, insbe-
sondere aber auch durch eine starke Zunahme der kritischen Instabilität des Suizidalitätsi-
tems begleitet wurde. Am Ende von Phase „b“ zeigt sich eine zweite Zunahme der kriti-
schen Instabilität im Kontext des Telefonats mit der Mutter. In Phase „c“ schließlich ist
abermals eine – wenn auch geringere – Zunahme der kritischen Instabilität des Suizidali-
tätsitems zu beobachten, die im Kontext eines Konflikts in der therapeutischen Beziehung
auftrat. Gegen Ende ist sowohl eine Abnahme der absoluten Belastung durch intrusive
Symptome als auch eine Abnahme der dynamischen Komplexität bezüglich der Suizidali-
tät zu beobachten.

Im weiteren Verlauf der Behandlung gelang es nun zunehmend, sich der


störungsspezifischen Arbeit bezüglich der komplexen PTBS zuzuwenden.
Vier EMDR-Sitzungen wurden zunächst auf das Cluster „Ablehnung und
Kratzer & Heinz 459

Verrat durch die Mutter“ verwandt, bis schließlich in drei Sitzungen Erin-
nerungen an den sexuellen Missbrauch konfrontiert wurden. An diesem
Punkt nahmen die intrusive Symptomatik und die Suizidalität vorüberge-
hend extrem zu (Anstieg des Items der Diary Card „Ich hatte heute Gedan-
ken, dass ich lieber tot wäre oder mir Leid zufügen möchte“ sowie der dy-
namischen Komplexität des Items, siehe Abb. 2). Wenige Tage vor einer
ängstlich erwarteten Belastungserprobung (an Weihnachten) hatte sich
darüber hinaus die Mutter im Rahmen eines Telefonats abfällig über die
Klinik geäußert. Die als Ermutigung beabsichtigten Appelle mehrerer
Therapeuten, sie möge sich besser abgrenzen, wurden von der Patientin als
harsche Kritik und als erneuter Verrat erlebt. In einem Zustand tiefster Ver-
zweiflung beklagte sie, „wenn man mal die weiche Seite von sich zeigt,
wird man doch wieder nur in die Tonne getreten“.

Abb. 3: Wöchentliche Messungen der PTBS-Symptomatik mittels IES-R. Die linken Bal-
ken (schwarz) zeigen jeweils die Belastung durch Intrusionen (min=0; max=35), die mitt-
leren Balken (grau) die Belastung durch Vermeidung (min=0; max=40) und die rechten
Balken (weiß) die Belastung durch Hyperarousal (min=0; max=35). Der diskontinuierli-
che Verlauf der Symptomreduktion entspricht einer Verbesserung um weit mehr als zwei
Standardabweichungen. Zugleich wird deutlich, dass zum Zeitpunkt der Entlassung eine
störungswertige Symptomatik persistiert.

Die vorrangige therapeutische Aufgabe bestand zunächst in der Bezie-


hungsklärung und in der Wiederherstellung einer selbstreflexiven Haltung.
Nachfolgend konnte der biographische Kontext ihres Erlebens erarbeitet
werden. Die Hypothese war, dass in dieser erneuten Krise der traumatische
460 Prozessmonitoring und Feedback in der Psychotraumatologie

State des von der Mutter verstoßenen und gehassten Mädchens getriggert
wurde. Diese Interpretation führte bei der Patientin zu einem „Aha-Erleb-
nis“ und konnte gut angenommen werden. In der darauffolgenden Woche
wurde der Kontakt zu diesem im Inneren bisher abgelehnten Mädchen mit
EMDR prozessiert (Selfcare-Protokoll), was zu einer weiteren Vertiefung
der Überzeugung führte, heute besser für sich sorgen zu können. Im SNS
zeigte sich nach Bewältigung der Behandlungskrise eine skalenübergrei-
fende Besserung. Diese ging nicht nur mit einer rückläufigen Reduktion
sowohl der PTBS-Symptomatik (siehe Abb. 3) als auch der Suizidalität
einher, sondern verlief auch mit einem Musterwechsel hin zu einem Erle-
ben von mehr Selbstfürsorge und Körperakzeptanz (siehe Abb. 4).

Abb. 4: Zeitreihe des Faktors „Selbstfürsorge und Körpererleben“ des TPB (blau/durchge-
zogene Linie) sowie der dynamischen Komplexität (orange/gestrichelte Linie) des Faktors
über den gesamten Therapieverlauf hinweg. Es zeigen sich mehrere kritische Instabilitä-
ten, wobei es erst spät im Therapieverlauf zu einem stabilen Musterwechsel hin zu mehr
Selbstfürsorge kommt.

Das Fallbeispiel demonstriert, dass störungsspezifische Behandlungen oft


durch nichtlineare Verläufe gekennzeichnet sind. Die beiden jeweils mit
Brüchen in der therapeutischen Allianz einhergehenden Behandlungskri-
sen stellten Schlüsselszenen im Therapieverlauf dar. In ihnen verdichtete
sich der Therapieprozess; insbesondere die zweite Krise imponierte als
„Now Moment“ im Sinne Daniel Sterns (2004). Über das tagesbezogene
Therapiemonitoring konnten die affektiven und behavioralen Dynamiken
besser erfasst und für die Planung individualisierter Interventionen genutzt
werden. Das gemeinsame Betrachten ausgewählter Kurvenabschnitte mit
der Patientin konnte genutzt werden, um die Fähigkeiten zur Selbstbe-
obachtung und Selbstregulation zu stärken.
Kratzer & Heinz 461

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Fartacek & Plöderl 467

The suicidal process: a nonlinear dynamic perspective


Clemens Fartacek and Martin Plöderl

Several suicidologists have suggested modeling suicidal processes within


the framework of nonlinear dynamic systems (NDS). In this chapter, we
summarize our NDS perspective on suicidal processes, developed in coop-
eration with Günter Schiepek. This includes the application of basic con-
cepts of NDS for suicidal processes, followed by a discussion of the impli-
cations for suicide prevention and suicide research.

Introduction
Suicidal behavior is a public health problem, with approximately 788,000
annual deaths worldwide (WHO 2015). There is a broad consensus that
suicidal behavior results from a specific process, the “suicidal process”,
which implies progression of suicidality over time (Van Heeringen 2001).
In the hope to provide a better understanding of this process and, conse-
quently, to optimize the prediction and treatment of suicide, several sui-
cidologists have suggested modeling suicidal processes within the frame-
work of nonlinear dynamic systems (e.g., Bryan and Rudd 2018; Fartacek
et al. 2016, 2019; Schiepek et al. 2011).
Theories of NDS, sometimes also termed self-organization theories or
chaos and complexity theories, are a family of interdisciplinary theories
describing, measuring, and explaining processes of NDS in different fields
of science (e.g., mathematics, physics, chemistry, psychology). Some NDS
theories deal with pattern formation in systems consisting of a large num-
ber of interrelated elements, such as the human brain or mind. Therefore,
the growing interest for such theories in psychology and psychotherapy is
obvious. In this context, Synergetics (Haken 2004) is a well-known NDS
theory to which we mainly refer.
In this chapter, we summarize a perspective on suicidal processes within a
NDS framework developed in cooperation with Günter Schiepek (Fartacek
2016; Fartacek et al. 2015, 2016, 2019; Plöderl and Fartacek 2018; Schie-

© Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2020
K. Viol et al. (Hrsg.), Selbstorganisation – ein Paradigma für die
Humanwissenschaften, https://doi.org/10.1007/978-3-658-29906-4_26
468 The suicidal process

pek et al. 2011). As we outline in the first section, there are important anal-
ogies between the dynamic properties of NDS and suicidal processes.
Thereafter, we discuss implications for suicide prevention and suicide re-
search.

The nonlinear dynamics of suicidal processes


According to Synergetics, under specific conditions, described by so-
called control parameter values (e.g., the supply of energy in physical sys-
tems), the dynamics of previously independent (sometimes stochastically)
acting system elements are synchronized to coherent collective patterns.
Such phenomena result from the interactions of system elements on a rel-
atively microscopic level, which then lead to the emergence of order struc-
tures ─ so-called order parameters ─ at a relatively macroscopic level. The
other way round, order parameters enslave the system elements, leading to
a circular-causal process between macroscopic and microscopic levels.
Consequently, order parameters make the system resistant against internal
fluctuations and disturbances from the outside (Haken and Schiepek 2006).
From a NDS perspective, mental states, including suicidal states, are anal-
ogous to order parameters (Haken and Schiepek 2006). An activated order
parameter reduces the degrees of freedom in the dynamics, in the case of
mental states cognitions, emotions, and behaviors. Normally, healthy
minds remain poised to switch order parameters depending upon stimula-
tion and demands. In contrast, during psychopathological episodes, indi-
viduals are caught in the basin of one or very few dysfunctional order pa-
rameters (Schiepek et al. 2015). The analogy to the phenomenology of
acute suicidal states is obvious. Acute suicidal states, also termed as “sui-
cidal mode” or “suicide trigger state”, are characterized by highly restricted
cognitions, emotions and behaviors. During acute suicidal states, the wish
to live is no longer accessible, arguments against suicide may switch to
pro-suicide arguments, help cannot be sought or accepted, and suicide is
seen as the only way out (Wenzel and Beck 2008). Acutely suicidal indi-
viduals experience intense, intolerable, and uncontrollable negative affects
(e.g., hopelessness, self-hatred, guilt, and humiliation) (Hendin et al. 2010)
and act like they are in trance or in an "out-of-the-ordinary" state of mind,
Fartacek & Plöderl 469

dissociative, like an automaton (Michel and Gysin-Maillart 2015). Besides


acute suicidal states, other suicide-relevant states can be assumed in the
suicidal process (e.g., state of ambivalence, state of consideration, cf., Pöl-
dinger 1968), suggesting a cascade of order transitions between different
suicide-related states (Fartacek 2016).
Another analogy between known characteristics of suicidal processes and
the dynamic properties of NDS is based on the principle of embodied sys-
tem history (Haken and Schiepek 2006). According to this principle, the
more frequently specific order parameters (such as the suicidal mode)
emerge, the more accessible they become and the stronger their attraction
gets. This is supported by empirical studies showing that past suicidal be-
havior increases the risk of future suicidal behavior (e.g., Beghi et al.
2013). Furthermore, when multiple attempters were compared to single at-
tempters or non-attempters, it was found that for multiple attempters, acute
suicidal states are more easily triggered, more intensively experienced, and
last longer (e.g., Witte et al. 2005).
So-called phase transitions (outside of physics also known as order or pat-
tern transitions) are another characteristic of NDS, and refer to transitions
from one order parameter to another. As predicted by Synergetics, such
order transitions are primed and accompanied by critical fluctuations
(Haken and Schiepek 2006) and occur when control parameters (e.g., en-
ergy-flow in physical systems) drive order parameters out of existing equi-
librium states. Therefore, one would expect strong fluctuations in system
dynamics before phase transitions into the suicidal mode. This assumption
is supported by studies that found a positive correlation between the degree
of affective variability and the frequency and severity of suicidality (e.g.,
Palmier-Claus et al. 2012).
Another analogy emerges from the nonlinear dynamic relationships be-
tween input and output that are typical for NDS. That is, the impact of
external inputs depends, above all, on the degree of stability or instability
of the system. Even small disturbances can trigger a phase transition when
the system is unstable (e.g., during phase transitions), whereas massive dis-
turbances in a stable state can have no effect because the system dynamics
are enslaved by an order parameter. Indeed, nonlinear relations between
470 The suicidal process

stressors and the emergence of suicidality were described by several au-


thors (Mishara 1996; Ramsay 1997). For example, massive stress at one
moment can have no effect on suicidality, while at other times, even minor
stressors may lead to severe suicidality.
The inability to predict suicidal behavior may also be a characteristic fea-
ture of NDS. Suicide research has focused almost exclusively on the long-
term prediction of suicidal behavior, but only with modest success. Despite
decades of research, predicting suicide is still not possible with satisfying
specificity and sensitivity (e.g., Large et al. 2017). This failure is, from an
NDS perspective, not primarily a consequence of lacking epistemic
knowledge (e.g., unspecific or unknown risk factors) or aleatory processes
(random noise), but predominantly a consequence of the inherent complex-
ity of the underlying system (Plöderl and Fartacek 2018). Complex dynam-
ics such as chaos or order transitions cannot be predicted in the long term,
even if the generating system would operate in a completely deterministic
fashion and is known in detail.

Implications of NDS on suicide risk assessment and treatment


In line with Synergetics, exiting the suicidal process requires the realiza-
tion of conditions for self-organized order transitions, i.e., order transition
from dysfunctional, pathological order parameters into functional, healthy
ones. In addition to best practice treatment of suicidal individuals, from an
NDS perspective, it would be essential to realize the following principles,
termed as generic principles, in the context of psychotherapy (for a detailed
description see Schiepek et al. 2015): In the context of stable boundary
conditions (e.g., patient safety, good therapeutic relationship), therapeutic
interventions (e.g., reframing) should focus on the destabilization and am-
plification of fluctuations of dysfunctional order parameters (e.g., the sui-
cidal mode). Interventions are most effective if they focus on the control
parameters. Changes of control parameters may drive dysfunctional order
parameters out of existing equilibrium states and may facilitate phase tran-
sitions into more functional order states. As a prerequisite, dysfunctional
order parameters and their control parameters must first be identified, be-
cause, despite their importance, they are not yet known and may vary from
Fartacek & Plöderl 471

individual to individual. A heuristic that we have been exploring during


the last years may be the so-called idiographic system modelling (ISM,
Schiepek 1985), which allows identifying the most important suicide-re-
lated components (e.g., cognitions, emotions) and their interrelations
within an individual. Furthermore, system elements with many interrela-
tions (e.g., quality of sleep) provide hypotheses for relevant control param-
eters (Schiepek 1991).
It seems also necessary to personalize interventions in a dynamic sense,
because interventions may be especially successful in phases of critical in-
stability. During such phases, the system is in an unstable state and sensi-
tive to change, because the attractive forces of order parameters are re-
duced. For the identification of critical instability, electronic diaries are
helpful. For example, the Synergetic Navigation System (SNS) is a web-
based electronic monitoring system that provides feedback about system
stability in real time through various analysis algorithms (for a detailed
description see Schiepek et al. 2015). Monitoring data may also contribute
to the distinction between order parameters and control parameters because
control parameters change more slowly than the variables or order param-
eters of a system. Further approaches how the treatment of suicidal indi-
viduals may benefit from monitoring data can be found elsewhere in detail
(Fartacek 2016).
To steer an order transition in a desired direction, certain forms of thera-
peutic assistance can be provided, e.g., some structural elements of a func-
tional order state can be realized via role-play, imagination exercises, or
through the activation of personal resources. This can cause a partial real-
ization of structural elements of the functional order parameter and may,
according to the enslaving principle, result in the emergence of the full
order parameter (Schiepek et al. 2015). Since it cannot be ruled out that
functional order parameters and their control parameters may also vary in-
terindividually, we also recommend their analysis and monitoring via ISM
and SNS.
For relapse prevention, besides keeping functional order parameters stable,
"good therapy" also tries to develop new coping strategies that allow to
manage future crises and to substitute the suicidal mode. In this sense,
472 The suicidal process

safety plan interventions target the early detection of and coping with
emerging suicidal processes (Stanley and Brown 2012). The more often
such strategies succeed, the larger the basins of functional order parameters
get, while the basin of the suicidal mode loses its attraction. This can be
facilitated by tasks, where the skills learned in therapy are played through
imagination of past and future suicidal crises.
Suicide risk assessment is an important issue for treatment and relapse pre-
vention. Within a NDS-framework, the long-term prediction of suicidal
behavior over years is a utopian aim. Instead, suicidology should focus on
the short-term prediction. Hereby, in addition to the classical warning signs
approach (Rudd et al. 2006), monitoring of (a) changes in suicide-related
control parameters and (b) nonlinear precursors (e.g., critical instabilities)
might be helpful. If the control parameters are known, feedback (e.g.,
through SNS) on exceeding critical thresholds of their values may indicate
an increased risk for the emergence of acute suicidal states. Another ap-
proach that does not require knowledge of the control parameters, is focus-
ing on the identification of critical fluctuations and synchronization within
the dynamics of suicide-related variables, i.e., the cognitions, emotions,
and behaviors of the suicidal mode. This is because, as mentioned above,
both critical fluctuations and synchronization of suicide-related variables
would be expected before the emergence of the corresponding order pa-
rameter, which may be the suicidal mode. Therefore, suicide risk assess-
ment could benefit from a high-frequency monitoring of the relevant sys-
tem elements and the real-time analysis of dynamic precursors. This ap-
proach is inspired by common practices in geophysics used for short-term
predictions of rare but extreme events, such as earthquakes or tsunamis
(Albeverio et al. 2006).

Summary and Outlook


From an NDS perspective, acute suicidal states can be understood as order
parameters of an underlying nonlinear dynamic system. The preceding pro-
cess up to the suicidal state are then cascades of order transitions between
different suicide-related states. This perspective has considerable implica-
Fartacek & Plöderl 473

tions for suicide risk assessment and treatment of suicidal individuals. Suc-
cessful treatment requires the realization of conditions for self-organized
order transitions of the suicidal mode into functional, healthy regimes. This
change process can be guided by generic principles already applied in psy-
chotherapeutic research. Long-term predictions are impossible due to com-
plex behaviors of NDS. Instead, short-term prediction needs more attention
and should be informed by the NDS perspective (e.g., monitoring of non-
linear precursors).
Because of the substantial implications of the NDS model in understanding
and influencing suicidal processes, its empirical investigation is of high
relevance. So far, our working group has focused on the theoretical speci-
fication of an NDS model of suicidal processes, the operationalization of
central hypotheses, and the investigation of feasibility in acute psychiatric
care (Fartacek 2016; Fartacek et al. 2016; Schiepek et al. 2011). A proof
of concept study is currently being prepared to investigate the extent to
which suicidal states are preceded by increased critical fluctuations and
synchronization within the monitoring data of 17 high-risk patients (Sturm,
Plöderl, Fartacek et al. 2012). In addition, a time-series-based individual
case study is underway to examine whether an idiographic questionnaire
might increase the predictive value of critical fluctuation in comparison to
standardized questionnaires in order to predict suicide attempts. Further-
more, the actual positive impact of real-time process feedback about criti-
cal fluctuations on suicide risk assessment and treatment of suicidal indi-
viduals needs clarification. Finally, the investigation of control parameters
that may be potentially relevant to the emergence of suicidal states would
be crucial for suicide risk assessment and therapy of suicidal individuals.
474 The suicidal process

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Helmut Kronberger 477

Szenen der Begegnung: Psychodramatische Aspekte der


Selbstorganisation in der Stationären Psychotherapie
Helmut Kronberger

Begegnung bei Buber und Moreno


Wenn von Begegnung die Rede ist, dann beziehen sich Humanistische Psy-
chologie und Humanistische Therapiemethoden gerne auf Martin Buber
und sein Werk „Ich und Du“ von 1923 (Buber 1997). Neben der unmittel-
baren Begegnung sind es auch andere zentrale Denkfiguren wie Bezie-
hungsfähigkeit, der Dialog, das Hier-und-Jetzt-Prinzip und die Selbstver-
antwortung, die mit dem Werk von Buber in Zusammenhang gebracht wer-
den.
Robert Waldl (2005) hat nun nachgewiesen, dass es der Begründer des
Psychodramas – Jakob Levy Moreno – war, der einen starken Einfluss auf
Buber und sein Konzept der Ich-Du-Begegnung hatte. Moreno befasste
sich schon sehr früh in seinen expressionistischen literarischen Schriften
zwischen 1915 und 1919 mit dem Thema der Begegnung: 1915 formuliert
er in „Einladung zu einer Begegnung“: „Es gibt kein Mittel zwischen mir
und anderen / Ich bin unmittelbar: in der Begegnung“ (Moreno 1915, zitiert
nach Waldl 2005, S. 183). Buber übernimmt dies 8 Jahre später in einer
sehr ähnlichen Formulierung: „Die Beziehung zum Du ist unmittelbar. ...
Nur wo alles Mittel zerfallen ist, geschieht Begegnung“ (Waldl 2005, S.
183).
Ähnliche Parallelen und z.T. Textgleichheiten lassen sich für das Hier-und-
Jetzt-Prinzip, die zeitliche Begrenztheit der Begegnung und das Prinzip der
Verantwortung finden: Für Buber beginnt Verantwortung mit dem Akt der
Wahrnehmung und er unterscheidet verschiedene Arten der Wahrneh-
mung, nämlich Beobachten und Innewerden. Waldl referiert es so: „Wenn
ich mein Gegenüber bloß beobachte, dann präge ich mir nur verschiedene
Seiten und Züge von ihm ein, dann analysiere ich ihn, als würde er aus
zusammenhanglosen Stücken bestehen. Nur wenn ich eines Gegenübers
innewerde, kann ich ihn als Ganzes, als Einheit wahrnehmen. Damit es zur
Verantwortung kommt, muss dem Innewerden ein zweiter Schritt folgen,

© Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2020
K. Viol et al. (Hrsg.), Selbstorganisation – ein Paradigma für die
Humanwissenschaften, https://doi.org/10.1007/978-3-658-29906-4_27
478 Psychodramatische Aspekte der Selbstorganisation

das Innegewordene muss beantwortet werden“ (ebda., S. 184, Herv. im O-


rig.) Bei Moreno hat es bereits 1919 geheißen: „Ohne die Verantwortung,
die in und zwischen den Zuständen einer Seele funktioniert, bestände der
Geist aus zusammenhanglosen Stücken. Die Verantwortung erst schafft die
Einheit zwischen den Zuständen, Worten, Taten, Zielen; sie konstituiert
erst den Geist, verwirklicht erst – das Ich“ (zitiert nach Waldl 2005, S.
184). Für Waldl ist es ein weiteres Beispiel dafür, wie Buber bei Moreno
einen Gedankengang und eine treffende Wortwahl vorfindet, diese über-
nimmt und in seinem Werk weiterentwickelt.

Begegnung und Intersubjektivität


Das Moreno-Zitat verweist nun auf einen anderen wichtigen Aspekt: In
einer dialogischen Grundhaltung wird das in den Blick gerückt, was sich
zwischen PatientInnen und uns ereignet. Begegnung meint hier, auf diesen
Raum dazwischen sich einzulassen. Später spricht Moreno von „Interpsy-
che“. In anderen Therapieschulen gewinnt diese Sichtweise erst mit der
„Intersubjektiven Wende“ (Altmeyer und Thomä 2006) an Bedeutung.
Das Wagnis der Begegnung, so Moreno, geschieht unvorbereitet, nicht
strukturiert, nicht geplant, ungeprobt – und so sind auch therapeutische
Prozesse schwer planbar und steuerbar, sie gehen mit Irrtümern und Miss-
verständnissen einher. Über einen dialogischen Prozess wird ein gemein-
samer Weg, eine gemeinsame Richtung gesucht: Bei Daniel Stern heißt es:
„Zwischen den beiden Partnern muss die Richtung ‚stimmen’. Die Ziele
müssen ihnen nicht exakt [...] bekannt sein. Sie finden sie unterwegs“
(Stern et al. 2012, S. 240). Auch für Stern und seine Forschungsgruppe
sind es die Momente der Begegnung, die eine zentrale Bedeutung erlangen
für subjektive Veränderungen, für Veränderungen impliziten Beziehungs-
wissens bzw. Reorganisationsprozesse.
Das therapeutische Beziehungsgeschehen wird so als Prozess des gemein-
samen Aushandelns gegenseitiger Rollenerwartungen zwischen Therapeu-
tIn und KlientIn begriffen. Michael Schacht (2018) verweist darauf, dass
in diesem Geschehen auf der Begegnungsbühne TherapeutIn und PatientIn
gleichermaßen als ProtagonistInnen auftreten, beide Beteiligten können
Helmut Kronberger 479

sich dem Einfluss des geteilten zwischenmenschlichen Prozesses nicht ent-


ziehen, d.h. die therapeutische Beziehung wird zur Bühne des therapeuti-
schen Veränderungsprozesses im engeren Sinne.

Begegnung und Synergetik


Ein System kann sich dann neu organisieren, wenn es in einen hochener-
getischen, instabilen Zustand versetzt wird, im Psychodrama sprechen wir
vom Erwärmungsprozess. Was in der Synergetik als Ordnungsübergang
bezeichnet wird, entspricht im Psychodrama dem status nascendi. D.h.
auch im Psychodrama begreifen wir diese Veränderungsprozesse als
selbstorganisiert im Sinne des Modells der Spontaneität-Kreativität. „Im
Zuge vielfältiger Zyklen spontan-kreativer Selbstorganisation machen Kli-
entInnen Erfahrungen mit sich selbst und ihrem Gegenüber und gewinnen
darüber neue Gestaltungsmöglichkeiten in sozialen Beziehungen“
(Schacht 2018, S. 173).
Ein weiterer Begriff, der mit dem Konzept der Begegnung verbunden ist,
ist der der Szene. Mit Morenos "Szene", so Jürgen Kriz (2014, S. 123),
werde auch „die stets ganzheitliche Verflechtung von körperlichen, psy-
chischen, interaktiv-mikrosozialen, makrosozialen und kulturellen Pro-
zessaspekten betont“. Mit dem szenischen Ansatz kann somit Komplexität
zugelassen werden, diese bleibt aber gleichzeitig bearbeitbar. Dies hat in-
sofern Bedeutung, als ein großes multiprofessionelles Team zu einer ge-
meinsam geteilten Haltung finden soll mit der jeweiligen Klarheit in den
Rollen. Mit Martin Rufer (2012) könnte die Maxime lauten: „Erfasse kom-
plex – handle einfach!“
Es gibt also eine Reihe von Parallelen zwischen Moreno und Buber, zwi-
schen dem Psychodrama und den intersubjektiven Ansätzen (insbesondere
Stern) und Parallelen zwischen Psychodrama und Systemischer Therapie
bzw. Synergetik, wobei klar ist, dass die Synergetik aus naturwissenschaft-
lichen Ansätzen wie Mathematik, Physik, Chemie, Biologie entwickelt
wurde (Haken und Schiepek 2010) und Psychodrama quasi eine intuitive
Form der Synergetik darstellt und noch ein wenig den expressionistischen
Geist atmet.
480 Psychodramatische Aspekte der Selbstorganisation

Begegnung in der Therapeutischen Gemeinschaft


Der Grundgedanke der Begegnung gilt natürlich auch für PatientInnen un-
tereinander: Die therapeutische Gemeinschaft wird zu einem therapeuti-
schen Agens, wenn klare strukturelle Rahmenbedingungen und organisa-
torische Abläufe allen Beteiligten die notwendige Orientierung und Sicher-
heit ermöglichen, womit Stabilitätsbedingungen im Sinne eines wesentli-
chen generischen Prinzips von Psychotherapie geschaffen werden. Die
Frage ist, wie sich diese strukturellen Voraussetzungen und Rahmenbedin-
gungen und andere Einflussfaktoren im therapeutischen Prozess mit in-
nerpsychischen Themen verknüpfen lassen.
Die folgende Vignette zeigt, wie diese Gemeinschaft wirksam wird und in
diesem Schutze möglicher Begegnungen Prozesse der Selbstorganisation
einsetzen, sie spricht für ein dialogisches Verständnis des Selbst, d.h. wie
ein Ich über die Begegnung mit dem Du sich entwickelt, und sie spricht
dafür, dass wir aus jeder Begegnung verändert hervorkommen.
Frau K, eine 25-jährige Patientin mit dissoziativer Symptomatik, kämpft
um ein kohärentes Selbsterleben: Im Kontakt mit anderen Menschen be-
schreibt sie das Gefühl zu zerfließen und keine Grenzen zu spüren, ihr Kör-
per würde sich ausdehnen und breiter werden, was ihr den täglichen Kon-
takt mit den MitpatientInnen schwierig macht. Ebenso beschreibt sie das
Gefühl, einen Kopf aus Watte zu haben. In den täglichen Notizen im SNS
finden wir über Wochen hinweg nur aneinandergereihte Stichworte, die
eher auf eine Fragmentierung verweisen, bis am 47. Behandlungstag ein
sehr bemerkenswerter Eintrag auftaucht: "zu Hause, Frühstück, Jörg,
MTB, schlechtes Gewissen, Vorwürfe, Glücksgefühle, Sebastian, Gewiss-
heit, Dankbarkeit, wichtig: aktives Sozialleben und interessante, ausgegli-
chene Beziehungen führen zu realistischeren und stärker empfundenen
Grenzen (Persönlichkeit) in meiner Selbsteinschätzung, d.h. in Beziehung
mit einer anderen Person sehe ich mir selbst ins Gesicht; Ich habe viele
Gesichter und doch sind sich alle ähnlich."
Hier sind also spontane Kräfte der Selbstorganisation wirksam geworden.
Wenn wir Systeme wie in unserem Fall die stationäre Gemeinschaft ent-
wicklungsförderlich gestalten, so können diese zu einem sozialen Geburts-
raum für Identität (Altmeyer und Thomä 2016) werden.
Helmut Kronberger 481

Begegnung in der Einzeltherapie


Wenn nun PatientInnen damit konfrontiert sind, sich in einem komplexen
Behandlungsprogramm zu orientieren und mit sich selber vertieft ausei-
nander zu setzen – v.a. wenn es erstmalig ist –, dann brauchen sie jemanden
an ihrer Seite, um durch diese verdichteten Prozesse gut begleitet zu wer-
den. Gegenüber der ambulanten Psychotherapie kommt es hier zu einer
Erweiterung der Rollen: Wir navigieren PatientInnen durch diesen Prozess,
erstellen Behandlungsverträge, konfrontieren, entscheiden über Urlaube,
Entlassungen, motivieren, helfen Verbindungen herzustellen zwischen den
vielfältigen Erfahrungen in den Gruppen, vernetzen innerhalb der Station
und nach Außen usw.
Beziehungsaufnahme und in-Kontakt-kommen gestalten sich dann beson-
ders schwer, wenn Menschen sehr früh in ihren Beziehungserwartungen
enttäuscht wurden: Ein Baby richtet an seine soziale Umwelt die Erwar-
tung, dass es in seinen Affekten hinreichend von jemandem verstanden
wird, der oder die entsprechend darauf eingeht. Wenn dies nicht passiert
ist, sind wir als TherapeutInnen mit unseren „Verführungskünsten“ ge-
fragt. Das folgende Fallbeispiel (leicht verändert aus Kronberger 2018)
verweist auf die besondere Bedeutung des nonverbalen, affektiven Verhal-
tens des Therapeuten, hier insbesondere von Blickkontakt und geteilter
Aufmerksamkeit.
Herr P., ein junger Mann Ende 20, verbringt die vergangenen Jahre in so-
zialem Rückzug und Isolation, die einzige Leidenschaft gilt dem Spielen:
Strategiespiele im Internet, Kartenspiele, Spielfiguren. Seine Versuche zu
studieren bzw. ein Studium zu beenden waren alle gescheitert, nicht nur
wegen großer Probleme mit Aufmerksamkeit und Konzentration, vielmehr
noch aufgrund fehlender Integration in die Gemeinschaft der Studierenden.
„Wie geht das, in Kontakt kommen?“ – so immer wieder seine Frage, auch
bezogen auf die Tagesklinik. In der Stationsgruppe gelingt es ihm nicht,
sich vorzustellen – nicht etwa aus Angst vor der Gruppe, er ist einfach
hilflos und ratlos.
Die ersten Stunden sitzt er mir ausdruckslos und scheinbar auch interesse-
los gegenüber. Wenn er etwas erzählt ist es verwirrend, der Erzählfaden
482 Psychodramatische Aspekte der Selbstorganisation

reißt immer wieder, er greift sich dabei an den Kopf: „Wo waren wir ge-
rade?“ „Was war die Frage?“ – er fühlt sich schnell erschöpft und be-
kommt Kopfschmerzen, sein Gesicht bleibt starr. Gut versteckt sind An-
sätze des Affekts der Verachtung spürbar – „Heimliche Verachtung ist die
Emotion der Unterdrückten“, so Rainer Krause (2002, S. 122).
Obwohl ich mich bemühe, Interesse für ihn aufzubringen, gelingt es mir
nicht, das Gespräch sinnvoll zu strukturieren, es entsteht kein zusammen-
hängender Erzählfaden. Es drängt sich mir die Phantasie auf, ihn aufgeben
zu wollen oder zu müssen, nicht einfach nur bezogen auf die Behandlung,
sondern ihn grundsätzlich als gescheitert zu betrachten – ein weiteres Be-
mühen um ihn sei sinnlos. Andere im Team, so stellt sich heraus, hatten
ähnliche Gedanken, was nicht wie sonst entlastend wirkt, sondern mich
noch mehr bestürzt. Bilder der still-face Experimente gehen mir durch den
Kopf, Bilder von Babys, die eine nicht antwortende Mutter („still face“)
mit allen Mitteln zu erreichen versuchen und letztendlich resignieren.
Diese Bilder helfen mir, mitfühlender bei ihm zu sein, weniger auf eine
„geordnetes Gespräch“ zu hoffen als vielmehr im gegenwärtigen Moment
für ihn präsenter zu werden: d.h. aktiver den Augenkontakt zu suchen, be-
stätigend jede mimische Regung bei ihm aufzunehmen und zu spiegeln,
ihn also aus seiner Hülle zu locken.
Mit dieser fein abgestimmten gegenseitigen Regulierung gelingt es ihm so-
weit ins Hier und Jetzt zu kommen, dass die Arbeit auf der Tischbühne
möglich wird. Er zeigt mir mit Knöpfen minutiös die vielen Stationen sei-
nes Lebens, den Wechsel von Europa in ein arabisches Land im Alter von
5 Jahren, im Erwachsenenalter wieder zurück, die vielen aufgrund der
wechselnden Arbeitsplätze des Vaters notwendigen Ortswechsel. Es sind
mehr als 15 Stationen, mit einem Wechsel der Sprachen, der Kulturen, von
einem Ort zum anderen, ohne je Zugehörigkeit erleben zu können, nie ei-
nen Freundeskreis aufbauen können, immer wieder herausgerissen aus ei-
nem zaghaft beginnenden Vertraut-Sein. Im Erzählen seiner Geschichte
anhand der aufgelegten Stationen wird er wacher, bezogener, er übernimmt
immer mehr eine aktive Rolle („können wir da bitte weitermachen“) und
die oben geschilderte Symptomatik des Desorganisierten verschwindet.
Nicht nur, dass er die Therapiestunden von diesem Zeitpunkt an aktiv
nutzt, er hat auch für seine Frage „Wie geht das, in Kontakt kommen?“
Helmut Kronberger 483

vorerst einen Ansatzpunkt gefunden: Er lädt MitpatientInnen zu seinen ge-


liebten Spielen ein – er wird zum role-giver und kommt mit anderen in
Kontakt.
Die hier zu bestehende Herausforderung lag darin, sich einer Affekt-In-
duktion zu entziehen. Rainer Krause (2003) geht davon aus, dass psychi-
sche Störungen sich auch durch ihr fast subliminales affektives Bezie-
hungsverhalten auszeichnen. In einer normalen Alltagssituation passt sich
ein Gegenüber diesem mikroaffektiven Stil an, was dazu führt, dass Pati-
entInnen sich in ihren unbewussten Annahmen über sich und die Welt be-
stätigt sehen. Für uns TherapeutInnen stellt es sich quasi als „Beziehungs-
test“ dar – psychodramatisch gesehen würden wir von „Begegnungsfähig-
keitstest“ sprechen –, den es zu bestehen gilt.

Begegnung in der Psychodrama-Gruppe


Dieser Responsivität bzw. Antwortlichkeit bedarf es auch in therapeuti-
schen Gruppen, zwischen Gruppenleitung und Gruppe bzw. einzelnen
Gruppenmitgliedern und den Gruppenmitgliedern untereinander. Im Rah-
men eines Forschungsprojekts zu Psychodrama-Gruppen im stationären
Setting am Bereich Stationäre Psychotherapie der Universitätsklinik für
Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik in Salzburg befragen wir
PatientInnen nach Abschluss der Gruppe zu ihrem Erleben und führen auch
Gruppendiskussionen durch.
Im folgenden Ausschnitt aus einer Gruppendiskussion mit drei Gruppen-
mitgliedern diskutiert die Gruppe über folgendes Arrangement: Die Grup-
penmitglieder sollten jede/r für sich ein Schutzwesen imaginieren, dann
selber in die Rolle des imaginierten Schutzwesens gehen, für sich selber
ein Double suchen und als Schutzwesen zu diesem Double, also zu sich
selber sprechen. Nachdem ein Gruppenmitglied (Renate) mit dieser Auf-
gabenstellung nicht zurechtkam, machte die Gruppenleiterin den Vor-
schlag, die Gruppe könnte behilflich sein und gemeinsam unter der Anlei-
tung von Renate und ihrer Benennung von wichtigen Aspekten und Rol-
lenzuteilungen ein Schutzwesen darstellen.
484 Psychodramatische Aspekte der Selbstorganisation

Renate: Es war meistens so, man hat mit was Eigenem angefangen und
dann ist das immer so verbunden worden, dass da wirklich neue Erkennt-
nisse gekommen sind
Peter: ja, es findet einfach generell so eine Vernetzung statt, finde ich. Also
ich stelle mir Dinge ja oft sehr visuell vor, ich stelle mir vor, dass wir alle
so wie durch Synapsen eigentlich fast verbunden waren, und gegenseitig
aufeinander reagiert haben und dass da so eine Art Konzert fast entstanden
ist zwischen uns. Das war ein wahnsinnig schönes Gefühl für mich, mit
den ganzen, mit allen, mit jedem Einzelnen, da zu sein und das zu spüren
Interviewer: die Verbundenheit
Peter: ja, die Verbundenheit
Erika: deswegen war das manchmal auch schwer, wenn wer nicht da war
Renate: ja, und ich habe diese Verbundenheit auch noch einmal eben ganz
stark erlebt, in der vorletzten Stunde, wo es darum gegangen ist eben sein
Schutzwesen zu imaginieren, und ich habe das nicht zusammengebracht
Peter: ja, das war sehr interessant [...] wir haben uns eine Schutzperson
vorstellen müssen, ein Wesen was uns hilft in Notsituationen und du Re-
nate, du hast dir sehr schwer getan, das zu sagen
Renate: es ist mir nicht gelungen, wirklich so ein absolutes Schutzwesen,
also das ist dann selber immer zusammengebrochen, es hat immer Schwä-
chen gehabt, und das habe ich dann gesagt, dass ich das ja einfach nicht
herstellen kann, und dann hat eben die Frau E. (Gruppentherapeutin) das
aufgegriffen
Peter: „jetzt probieren wir was“, hat sie gesagt
(Renate und Peter lachen)
Renate: und die Gruppe hat dann für mich, also schon unter meiner An-
weisung, wirklich ein ganz tolles Wesen, also jeder, jeder hat dann eine
Eigenschaft von diesem Wesen dargestellt, und es war dann so ein unheim-
lich starkes Bild, was so eine Kraft entwickelt hat, und wow, was ich dann
auch mitnehmen hab können, und auch jetzt immer wieder noch einmal so
Helmut Kronberger 485

hervorrufen kann – also, was vorher überhaupt nicht so geplant war, also
das war dann eigentlich so ganz spontan …
Peter: das war die Idee von der Frau E., dass wir das mit dem Fahrzeug
machen, dieses Wesen hat sich für mich wie ein Fahrzeug angefühlt, wie
ein Fahrzeug, das was einem weiterbringt sozusagen
Renate: ja .. also für mich war es ein Drache, mit ganz vielen guten und
starken Eigenschaften, also es hat so irgendwie alle Aspekte gehabt, ja man
könnte auch sagen ein Streitwagen oder so (alle 3 lachen)
Renate: ja so was – es war so in so eine Richtung gerichtet
Peter: ja es war so
Erika: ja genau
Renate: und in Bewegung nach vorn
Peter: in Bewegung, das ist warum ich wahrscheinlich „Fahrzeug“ dazu
jetzt sage, und ich habe auch dadurch, dass du so viele Dinge genannt hast,
so viele Qualitäten, ist mir erst aufgefallen wie viel Qualitäten ein Beschüt-
zer haben kann ... jemand der dich beschützt ... und wie viel Facetten, man
selber haben kann ... sich dabei zu beschützen
Renate: ja, so eigentlich, das so in Einzelteile zergliedern, was müsste das
eigentlich haben an Eigenschaften, dieses Schutzwesen, dass dieses mich
wirklich beschützt, und dann hat jeder, eben aus der Gruppe, so eine Ei-
genschaft dargestellt, und ich habe dem dann rundherum um mich jeweils
einen Platz gegeben, wo das sein soll, und wie das sein soll, und das war
dann eben unheimlich stark, so
Peter: und man hat sich auch als Teil von dem gefühlt, also... ich habe
mich als Teil von diesem Wesen gespürt, so… und von dem ganzen Wesen
Interviewer: das klingt spannend, wie das alles ineinander geht, wie man
füreinander hilfreich wird ... wie war das denn, füreinander Rollen einzu-
nehmen, in Rollen gewählt zu werden?
Peter: ganz unterschiedlich ist das, weil teilweise fühlt man sich geehrt,
finde ich, durch das wofür man da ausgewählt wird ... teilweise fragt man
486 Psychodramatische Aspekte der Selbstorganisation

sich: warum werde ich jetzt nicht drangenommen (lacht), ich könnte das
doch so gut, oder so. Mir ist klargeworden, dass es nicht wirklich so auf
mich drauf ankommt, dass es nicht meine Schuld ist, wenn ich jetzt nicht
genommen werde, dass ich deswegen kein schlechterer Mensch bin, oder
das nicht gut kann oder so, sondern es geht darum, was ist für den grad
wichtig, und auch einfach eine Außenrolle eine helfende Rolle, ja eine hel-
fende Rolle einzunehmen … also nicht der Mittelpunkt zu sein, so, aber
trotzdem teilzuhaben
Erika: genau dasselbe würde ich auch sagen (Peter lacht)
Erika: du hast es wirklich auf den Punkt gebracht (lacht)
Es war sehr vergnüglich mitzuerleben, wie sich hier Renate, Erika und Pe-
ter im Nachhinein über ihre gemeinsamen Erfahrungen in der Gruppe aus-
tauschten. Für die Schilderung dieser Szene braucht es keine Interpretation
– es ist spürbar, wie im Erzählen im Nachhinein die Lust am Spiel noch-
mals auftaucht und die Szene lebendig wird. In den Begegnungen auf der
Spielbühne im Als-Ob-Modus (surplus-reality) werden allgemeine Wirk-
faktoren der Gruppentherapie in sehr verdichteter Form sichtbar: Es ist von
Kohäsion die Rede (Verbundenheit, Zusammenhalt, Vertrauen), von Selb-
stöffnung, interpersonalem Lernen, Einsicht, Altruismus, Identifikation
mit anderen, Ressourcenaktivierung und Problemaktualisierung. Diese all-
gemeinen Wirkfaktoren werden allerdings erst in Verbindung mit den spe-
zifischen Wirkfaktoren, in diesem Falle der psychodramatischen Techni-
ken samt spontanem Änderungsvorschlag der Gruppentherapeutin akti-
viert (vgl. Eder-Hutzler 2019).
Für die Gruppenmitglieder hat sich das Erleben von Gegenseitigkeit, des
sich wechselseitig Wahrnehmens und des Sich-Verbunden-Fühlens durch
die szenische Gestaltung im Raum und die Verkörperung quasi in ein Kör-
pergedächtnis eingeschrieben. Fast durchgängig berichten PatientInnen in
den Interviews, dass sie durch das Erleben der surplus reality die gespiel-
ten Szenen detailgenau „abgespeichert“ hätten und in neuen sozialen Situ-
ationen quasi hilfreich „abrufen“ könnten.
Helmut Kronberger 487

Epilog
Die therapeutische Arbeit im stationären Setting ist geprägt von einem
Spannungsfeld: In der Begegnung mit den PatientInnen handeln wir in pro-
fessionellen Rollen, zeigen uns gut abgegrenzt, sind von unseren jeweili-
gen Techniken und Methoden überzeugt, was als Allegiance einen wichti-
gen Wirkfaktor darstellt. Gleichzeitig ist unsere Arbeit von persönlicher
Hingabe geprägt und wir bekommen auch viel zurück: PatientInnen bezeu-
gen uns viel Dankbarkeit und innerhalb des Teams erleben wir unsere Ar-
beit als bereichernd und gegenseitig befruchtend. Sich zwischen therapeu-
tischer und persönlicher Rolle zu bewegen, zwischen therapeutischer Pro-
fessionalität und persönlichem Engagement ist oft ein Balanceakt. Mit
Lewis Hyde könnte man sagen, wir bewegen uns gleichzeitig in zwei Wel-
ten: in der Marktwirtschaft und in einer Gabenökonomie. „Gabentausch ist
immer dann der bevorzugte innere Prozess, wenn die Psyche der Einheit
bedarf“, so Lewis Hyde (2008, S. 89). Er schreibt dem Gabentausch ein
erotisches Moment zu mit Bindungswirkung, er stiftet also Zusammenhalt.
Damit ist die Verbindung zur sozialphilosophischen Resonanztheorie von
Hartmut Rosa (2016) hergestellt: Dieser Zusammenhalt kann in seinem
Sinne als Resonanzbeziehung auf der horizontalen Resonanzachse verstan-
den werden. Ohne Liebe, Achtung und Wertschätzung ist für viele unserer
PatientInnen der Draht zur Welt stumm geworden, so Rosa, was mit dem
Erleben von Entfremdung einhergeht. Resonanz sei eine „Form der Welt-
beziehung, in der sich Subjekt und Welt gegenseitig berühren und zugleich
transformieren“ (S. 298) und somit auch gegen Entfremdung wirksam.
Bei Andreas Weber heißt es: „Alle Wahrnehmung ist Berührtsein, und al-
les Berührtsein ist Metamorphose“ (2014, S. 114). In seinen Büchern ent-
wirft Weber eine Theorie der Lebendigkeit, die ebenso wie der sozialphi-
losophische Ansatz von Rosa anschlussfähig ist an die Grundgedanken
Morenos, beide Ansätze können die therapeutische Philosophie nicht nur
des Psychodramas bereichern. Auch für ihn gilt, dass Beziehung zählt,
nicht Substanz. Das letzte seiner sechs „Axiome eines erotischen Weltbil-
des“ könnte aus der Feder Morenos stammen, es lautet: „Alles, was von
dieser Welt ist, sehnt sich nach weiteren Berührungen, um stärker und in-
niger bezogen und damit tiefer gehend selbst zu sein“ (Weber 2014, S. 38).
488 Psychodramatische Aspekte der Selbstorganisation

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Egon Bachler 491

Wirkfaktoren und Prozessfeedback in der Psychotherapie


– Erfahrungen eines Psychoanalytikers
Egon Bachler

Wirkfaktoren der Psychotherapie


Eine inzwischen sehr umfassende Tradition in der Psychotherapie-
forschung und zahlreiche Meta-Analysen beschäftigen sich mit der Frage,
welche Wirkfaktoren die Wirkung von Psychotherapie ausmachen. Etwas
technischer formuliert: Welche Faktoren erklären wieviel Prozent der Out-
come-Varianz? Unterschiedliche Autoren klassifizieren die in einzelnen
Studien identifizierten Faktoren durchaus unterschiedlich (s. z.B. Wam-
pold et al. 2018; Wampold 2015; Duncan et al. 2010). Einer Darstellung
von Lambert (2013) folgend lassen sich ca. 30% der Outcome-Varianz auf
allgemeine (d.h. technikunabhängige) Faktoren wie die therapeutische Be-
ziehung, die Übereinstimmung zwischen Therapeut und Klient hinsichtlich
Zielen und Vorgehensweisen, Einsicht und Problemverständnis des Klien-
ten oder Erwartungseffekte zurückführen. 20% sollten auf Therapeutenef-
fekte zurückgehen (gelingt es ihm z.B., die Zusammenarbeit, die Selbst-
wirksamkeit oder die Veränderungsmotivation des Klienten zu fördern?),
40% auf extratherapeutische Faktoren (z.B. das soziale Umfeld des Klien-
ten) und nur 10% auf Behandlungstechniken. Derartige Prozentwerte oder
auch Effektstärken sollten jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass
Wirkfaktoren weder unabhängig voneinander sind oder aus sich selbst her-
aus wirken, noch sich linear und additiv verhalten. Vielmehr müssen wir
von nichtlinearen Wechselwirkungen und Synergieeffekten ausgehen, die
Psychotherapie zu einem komplexen, selbstorganisierenden System ma-
chen. Ein mathematisches Modell derartiger Prozesse wurde von der Ar-
beitsgruppe um Günter Schiepek vorgelegt (Schiepek et al. 2017; Schöller
et al. 2018).
Eine praktische Faustregel für schulen- und treatmentübergreifende Vor-
gehensweisen hat die American Psychological Association (Division 12)
mit der Formel „3 plus 1“ formuliert: (1) Achte auf eine optimale Gestal-
tung der therapeutischen Beziehung mit Fokus auf Therapieziele, Setting
und Interaktionsqualität. (2) Nehme zur Kenntnis, dass in 19 bis 42% aller
© Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2020
K. Viol et al. (Hrsg.), Selbstorganisation – ein Paradigma für die
Humanwissenschaften, https://doi.org/10.1007/978-3-658-29906-4_28
492 Erfahrungen eines Psychoanalytikers mit Prozessfeedback

Therapiesitzungen Krisen und Momente auftreten, welche die Arbeitsbe-


ziehung in Frage stellen können („alliance ruptures“, Safran et al. 2011).
Diese gilt es zu „meistern“ (z.B. im Sinne der Beziehungstests der Control
Mastery Theory, Weiss 1993) und konstruktiv zu bearbeiten („rupture re-
pair sequences“). (3) Unterstütze die Selbstwirksamkeit, Motivation, die
positiven Erwartungen und das Verständnis des Klienten für seine Ent-
wicklung. Zusätzlich (plus 1): Achte auf den Therapeuteneffekt. In einer
effektivitätsbezogenen Klassifikation (s. Kraus et al. 2011) wurde ein nicht
zu unterschätzender Anteil von Therapeuten als „unclassifiable/ineffective
and harmful” mit negativen Effektstärken (Cohen’s d) von -,91 bis -1,49
eingeschätzt. Demgegenüber erreichen effektive Therapeuten Effektstär-
ken von 1,00 bis 1,52 (Kraus et al. 2011). Derartige Unterschiede hängen
von verschiedenen, noch nicht vollständig verstandenen Bedingungen ab,
wie Empathiefähigkeit, der Bereitschaft, sein eigenes Vorgehen zu hinter-
fragen und zu revidieren, der Bereitschaft zur eigenen Weiterentwicklung
und auch von der Psychodynamik mit unterschiedlichen Klienten, die je
nach Übertragungs- und Gegenübertragungsprozessen sehr unterschied-
lich verlaufen kann.

Therapiefeedback
Speziell weniger wirksame Therapeutinnen und Therapeuten können von
kontinuierlichem Therapiefeedback profitieren (de Jong et al. im Review).
Erhalten sie rechtzeitig eine Rückmeldung darüber, wie ihre Klienten die
Entwicklung einschätzen und ob sich Fortschritte abzeichnen oder nicht,
haben sie die Möglichkeit, das Vorgehen zu hinterfragen und zu korrigie-
ren. Solche Korrekturmöglichkeiten und andere Optionen zur Prozessun-
terstützung erscheinen dringend geboten, wenn man die in unterschiedli-
chen Studien vorgelegten Zahlen über unwirksame Therapien zur Kenntnis
nimmt. Fischer-Klepsch et al. (2009) beispielsweise berichten über 10 bis
50% „non-responder”, 5 bis 15% Verschlechterungen und bis zu 47%
„drop-outs“, also vorzeitigen Therapieabbrüchen. Therapeuten überschät-
zen ihre Effekte häufig und betrachten den Prozess mit der rosaroten Brille,
d.h. sie haben keine Wahrnehmung für Frühwarnindikatoren von Ver-
schlechterungen oder Abbrüchen (Hatfield et al. 2010; Sapyta et al. 2005).
Egon Bachler 493

Hier können Monitoringsysteme ansetzen: Was offenbar mit der vielge-


rühmten Intuition nicht gelingt, lässt sich mit minimaler technischer Un-
terstützung machen. Finch et al. (2001) berichten, dass sich 85 bis 100%
aller Klienten, die sich verschlechterten (ambulante Psychotherapie), mit
einem Outcome-Monitoringsystem frühzeitig identifizieren ließen. Probst
et al. (2013) fanden ähnliches im Bereich der stationären Psychotherapie:
Therapeuten, die Monitoringsysteme benutzten, konnten Verschlechte-
rungsraten von 25% auf 8,7% reduzieren. Eine Meta-Analyse der Gruppe
um Lambert (Shimokawa et al. 2010) kommt zu der Aussage, dass vor al-
lem Klienten, die sich schlechter als eine Referenzgruppe entwickeln („not
on track“), von Therapiefeedback profitieren, mit einer durchschnittlichen
Effektstärke von d = 0,52 (im Vergleich zu Klienten, deren Therapeuten
kein Feedback benutzen). Interessanterweise optimiert die Nutzung von
Therapiefeedback nicht nur den Outcome, sondern auch die Therapiebe-
ziehung, wie Praxiserfahrungen und empirische Befunde zeigen (McClin-
tock et al. 2017; Moltu et al. 2018) (für eine Zusammenstellung zahlreicher
Befunde zu den Effekten von Therapiefeedback siehe Schiepek et al.
2019a; de Jong et al. im Review).

Einstellungen zum Therapiefeedback


Hier wie für andere Methoden in der Psychotherapie gilt, dass die Wirkung
sehr wesentlich von der Qualität der Durchführung abhängt und diese wie-
derum von der persönlichen Einstellung gegenüber den Konzepten und
Methoden (de Jong et al. 2012; de Jong und de Goede 2015). Obwohl die
Vorteile von Therapiemonitoring vielfältig sind (Schiepek et al. 2019a),
gibt es immer noch Bedenken und Ambivalenzen – auf der Seite der Pro-
fessionellen mehr als auf der Seite der Klienten. Ein Einwand bezieht sich
auf den Zeitaufwand (de Jong et al. 2012), der sich allerdings nach kurzer
Einführung in die Nutzung deutlich reduziert, vor allem, wenn man die
Vielfalt der Optionen bedenkt, die sich mit Methoden wie dem Synergeti-
schen Navigationssystem auftun (SNS, entwickelt von Günter Schiepek
und seinem Team, s. Schiepek 2007; Schiepek et al. 2007; Tominschek
und Schiepek 2007; Schiepek et al. 2013, 2015, 2018a). Natürlich spielt
auch die Nutzerfreundlichkeit eine Rolle (Miller et al. 2015), die jedoch
494 Erfahrungen eines Psychoanalytikers mit Prozessfeedback

von fast allen, die praktisch mit dem SNS arbeiten, sehr positiv beurteilt
wird. In letzter Zeit hat die ästhetische Qualität der Auswertegraphiken so-
gar zu einer künstlerischen Perspektive auf das Prozessmonitoring geführt
(Schiepek 2018; s. die Ausstellungen „Menschliche Metamorphosen“, Kli-
nik Christophsbad Göppingen und „Wie das Neue in unsere Welt kommt“,
Technische Hochschule Ulm, 2019).
Ein wesentlicher Aspekt nach wie vor bestehender Widerstände betrifft die
Möglichkeit, dass Versicherungen, Krankenkassen und Versorgungsträger
das Monitoring zu Kontrollzwecken missbrauchen könnten. Dies ist aller-
dings in unserem Umfeld der SNS-Nutzer noch nicht passiert und ist auch
angesichts der Datenverschlüsselung (im SNS sind z.B. weder Klienten-
noch Therapeutennamen noch Diagnosen hinterlegt) höchst unwahrschein-
lich, wobei es vor allem nun an den Kassen und Trägern liegt, gegenüber
PsychotherapeutInnen Vertrauen herzustellen. Der Einwand, computerba-
siertes Therapiemonitoring könnte die Therapiebeziehung beeinträchtigen,
wurde bereits angesprochen. Die Studie von McClintock et al. (2017) so-
wie umfassende Praxiserfahrungen zeigen das Gegenteil, nämlich eine
Verbesserung der Beziehung und des professionellen Vertrauensverhält-
nisses. Wenn TherapeutInnen eigene Erfahrungen mit dem Therapiefeed-
back machen, verändern sich ihre Einstellungen in der Regel zum Positiven
(Lutz et al. 2012), wobei entsprechende Weiterbildungen, wie sie etwa für
die Nutzung des SNS und den damit verbundenen personalisierten Thera-
pieansatz (Synergetisches Prozessmanagement) angeboten werden, unum-
gänglich sind. Auf Seiten der Klienten sind die Compliance-Raten erstaun-
lich hoch. Schiepek et al. (2016a) berichten von 78% über alle diagnosti-
schen Gruppen (Median 89%) im stationären Setting.

Die Perspektive des Psychoanalytikers


Psychotherapie ist ein nichtlinearer und nichtstationärer Prozess (Haken
und Schiepek 2010; Schiepek et al. 2016b), bei dem die Aufgabe des
Therapeuten – oder vielmehr die kooperative Aufgabe von Therapeut und
Klient zusammen – darin besteht, die prozessualen Bedingungen für die
Möglichkeit von Ordnungsübergängen kognitiv-emotional-behavioraler
Muster des Klienten zu schaffen, wie dies Günter Schiepek formuliert hat
Egon Bachler 495

(z.B. Haken und Schiepek 2010). Diese Auffassung ist kompatibel mit psy-
chodynamischen und psychoanalytischen Konzepten, welche die Bezie-
hung und Begegnung als wesentlich erachten (vgl. Kronberger und Aich-
horn 2015; Kronberger in diesem Band). Therapiefeedback unterstützt die-
sen Prozess in mentalisierungsfördernder Weise und nimmt auch die Be-
ziehungsgestaltung in den Blick. Schon Freud (2013) sprach von Heilung
durch Beziehung, in seinem Sinne als Übertragung und Gegenübertragung,
welche sich in ihrem nichtlinearen Zusammenspiel als selbstorganisie-
rende Prozesse entfalten (Strunk und Schiepek 2006). Reik (1948) fordert
hierfür ein „Hören mit dem inneren Ohr”, was angesichts chaotischer The-
rapieprozesse (Strunk und Schiepek 2014) eine therapeutische Haltung der
Offenheit und Überraschungsbereitschaft erforderlich macht. Jones (2000,
S. 565) formuliert es wie folgt: „The mutative effects of insight (interpre-
tation) and relationship are always interconnected. […] Interaction struc-
tures – repeated, mutually influencing interactions between therapist and
patient – are a fundamental aspect of therapeutic action.” Therapeutische
Handlungen sind charakerisierbar durch „responsiveness, transference-
counter-transference, enactments, and intersubjectivity” (Jones 2000,
S. 16). Ähnliches hat bereits Freud in seinen technischen Schriften (z.B.
2013) ausgeführt. Inzwischen ist die Bearbeitung von Übertragung und
Gegenübertragung auch empirisch als Beitrag zum Therapieeffekt erkannt,
mit einer Korrelation von r = .56 oder einer Effektstärke von d = 1,3 (Meta-
Analyse von Hayes et al. 2011). Gelso et al. (2002) verwiesen auf die Rolle
der Selbstwahrnehmung des Therapeuten, der Bearbeitung eigener Ängste,
seiner Empathie, und der Fähigkeit, den Therapieprozess unter dem Ge-
sichtspunkt der Gegenübertragung zu planen – alles Aspekte, die den Ein-
satz von Therapiefeedback nicht nur aus Klientenperspektive, sondern
auch aus Therapeutenperspektive sinnvoll erscheinen lassen. Die Psycho-
dynamik des Therapeuten ließe sich damit bewusster gestalten und die oh-
nehin wichtige Rolle der Therapiebeziehung weiter optimieren (Horvath et
al. [2011] berichten in einer Meta-Analyse über 14.000 Therapiefälle von
einer Korrelation zwischen „working alliance“ und Outcome von r = 0,28,
was einer Effektstärke von d = 0.5 entspricht).
496 Erfahrungen eines Psychoanalytikers mit Prozessfeedback

Die therapeutische Beziehung und die generischen Prinzipien als


substanzielle Beiträge zum Therapieeffekt
In neueren Arbeiten wurde herausgearbeitet, in welcher Weise die thera-
peutische Beziehung von nicht unmittelbar reflektierbaren und bewusst-
seinsfähigen Prozessen („the non-reflexive unconsciousness“, Stolorow et
al. 1994) sowie von unserem autobiographischen Selbst („unconsciousness
about our biography“, Sandler und Fonagy 1997) abhängt. Die Parallelen
zwischen der Mutter-Kind- und der Therapeut-Klient-Beziehung sind hier-
bei sehr deutlich, weshalb die Befunde zur frühen Mutter-Kind-Interaktion
auch für das Verständnis der Therapiebeziehung bedeutsam sind.
Eine wesentliche Unterscheidung betrifft die explizite und implizite Infor-
mationsverarbeitung in sozialen Situationen. „Explizit“ bezieht sich auf die
Inhalte, die gelernt oder die Erfahrungen, die vermittelt werden sollen.
„Implizit“ bezieht sich auf das Wie und vor allem auf die Beziehung, die
in einem Prozess realisiert bzw. vom Klienten wahrgenommen wird. Diese
Unterscheidung wurde auch mit Bezug auf das Therapiefeedback und die
Feedbackgespräche herausgearbeitet (Schiepek 2019). Implizite Prozesse
realisieren Therapeuten im Modus der Improvisation („to go along toge-
ther“, Tronick 1998), der vor allem dann zum Tragen kommt, wenn es um
Beziehungskrisen und deren Bearbeitung geht („ruptures and rupture re-
pair processes“, Gumz et al. 2012; Stiles et al. 2014).
Stern (2004/2005) spricht von „Gegenwartsmomenten“ („now moments”)
in der Psychotherapie, also spontan auftretenden neuen Erfahrungen in der
Beziehung oder neuen Einsichten, die dem Prozess eine besondere Qualität
verleihen. Die Analogie zu Ordnungsübergängen, d.h. dem spontanen Auf-
treten emergenter Qualitäten in der Beziehungsdynamik von Therapeut
und Klient ist offensichtlich. Dies können z.B. Wechsel zwischen so ge-
nannten „States of Mind” sein, die sich mit der Methode der Konfigurati-
onsanalyse (Horowitz 1987) identifizieren lassen (Beirle und Schiepek
2002). In der Psychoanalyse handelt es sich dabei um korrigierende emo-
tionale Erfahrungen, d.h. neues implizites Wissen oder um veränderte im-
plizite „Arbeitsmodelle“ der interpersonellen Erfahrung. „Now moments“
lassen sich nicht technisch herstellen, sie ereignen sich einfach, sie werden
in den Prozess „hineinkatapultiert“, wie Tronick (1998) das formuliert.
Egon Bachler 497

Der nichtlineare, diskontinuierliche Prozess der Psychotherapie manifes-


tiert sich auf unterschiedlichen Ebenen und in verschiedenen Phänomenen.
Eines ist das Auftreten von „sudden gains“, also spontaner Verbesserun-
gen, die meist mit positivem Outcome verbunden sind (Goodrige und
Hardy 2009; Stiles et al. 2003). Hayes et al. (2007) sehen einen Zusam-
menhang zwischen frühen Verbesserungen und zunehmender Hoffnung
auf positive Entwicklungen, Tang et al. (2005, 2007) berichten von „sud-
den gains“ in der kognitiv-behavioralen Therapie, die mit kognitiver Um-
strukturierung verbunden sein sollen. Greenberg (2002) berichtet über
transiente Verschlechterungen vor spontanen Verbesserungen, was von
Schiepek et al. (2018b) anhand von hochfrequenten SNS-Messungen an
einem Fall von chronischer Depression illustriert wurde. Das nichtstatio-
näre Phänomen der Beziehungskrisen („alliance repair sequences“) tritt
nach Safran et al. (2011) in 19 bis 42% aller Therapiesitzungen auf, in psy-
chodynamisch orientierten Therapien häufiger als in kognitiv-behavioralen
Therapien (Stiles et al. 2014).
Auch „now moments” oder andere Ordnungsübergänge manifestieren sich
auf unterschiedlichen Ebenen bio-psycho-sozialer Systemprozesse, z.B.
der Synchronization physiologischer Herzrhythmen (Marci et al. 2007), in
der spontanen Anpassung des Sprachstils (Ireland et al. 2011), in der An-
passung der Emotionsregulation („Ansteckung“, Ramseyer 2008; Ram-
seyer und Tschacher 2008; ein Phänomen, das auch in der Synchronisation
von Ordnungsübergängen und Instabilitäten zwischen Patienten gefunden
wurde, s. Haken und Schiepek 2010), im Gesichtsausdruck von Therapeut
und Klient (Bänninger-Huber und Widmer 1999), im Lachen (Hess et al.
2009), in der Prosodie (Betonung, Rhythmus) der Sprache (Tomicic et al.
2011), im vokalen Lead und Lag („entrainment“, Reich et al. 2014), in der
Synchronisation des nonverbalen Verhaltens (Ramseyer 2008; Ramseyer
und Tschacher 2008), ja sogar in der Synchronisation nichtlinearer Eigen-
schaften des EEG von Klient und Therapeut (Rockstroh et al. 2007;
Schiepek und Kowalik 2003).
Wie aus den genannten Befunden hervorgeht, finden wesentliche Prozesse
der Psychotherapie un- und außerbewusst statt, d.h. auf einer unwillkürli-
chen Ebene. Dennoch müssen TherapeutInnen eben dafür Sorge tragen,
indem sie die prozessualen Bedingungen für bewusste und unbewusste
498 Erfahrungen eines Psychoanalytikers mit Prozessfeedback

Selbstorganisationsprozesse herstellen, was Günter Schiepek zu einem


zentralen Definitionsmerkmal von Psychotherapie gemacht hat (z.B.
Schiepek 2019; Schiepek et al. 2013, 2015). Als Heuristiken dafür dienen
die generischen Prinzipien, welche auch Analogien zum psychoanalyti-
schen Therapieverständnis aufweisen (siehe Tab. 1):
Tab. 1: Die generischen Prinzipien der Psychotherapie (Schiepek et al. 2001; Schiepek
2019) und ihre Analogie zur Psychoanalyse.

Generisches Prinzip Mögliche Realisationen in der Psychoanalyse


Positive Übertragung, „containment”, Unterstüt-
Stabilitätsbedingungen
zung von gesunden Anteilen und Ich-Funktionen
Identifikation von Analyse von Übertragung und Gegenübertragung,
Mustern des relevanten Empathie, Analyse krankheits- und gesundungs-
Systems orientierter „Pläne“ (s. Sammet in diesem Band)
Bezugnahme auf zentrale Selbstkonzepte und
Sinnbezug
Identitätsmuster
Kontrollparameter und
Unterstützung von Veränderungsmotivation aus
Veränderungs-
unbewussten Dynamiken
motivation
Destabilisierung und Deutungen/Konfrontation, Veränderung der Ge-
Fluktuations- genübertragung, werden unbewusste Konflikte
verstärkung oder Gesundungspläne erfahrbar?
Kairos, Resonanz und Abstimmung von Therapeut und Klient, „now mo-
Synchronisation ments“
Gezielte Unterstützung neue Beziehungs- und
Symmetriebrechung Verhaltensmuster
Stabilisierung neuer Etablierung neuer Introjekte, Unterstützung neuer
Muster Ich-Funktionen

Therapiemonitoring im analytischen Setting


Die Machbarkeit des Therapiemonitorings in einem psychoanalytischen
Setting sei durch die folgenden beiden Beispiele demonstriert. Im ersten
Fall handelte es sich um eine 32jährige Klientin mit Angstsymptomatik,
die vielfältige Traumatisierungen in der frühen Kindheit erlebt hatte (Di-
agnosen: Posttraumatische Belastungsstörung [F43.1] und Angststörung
[F41]). Über einen Zeitraum von 3 Jahren füllte sie die Impact of Event
Egon Bachler 499

Scale (IES-R, Maercker und Schützwohl 1998) monatlich und die Session
Rating Scale (Duncan et al. 2003) nach jeder Sitzung (ungefähr wöchent-
lich) aus. Wie in Abb. 1 erkennbar, nehmen die Intrusionen und andere
traumabezogene Symptome über einen Zeitraum von fast 2 Jahren konti-
nuierlich ab, bis es zu einer spontanen Zunahme der traumabezogenen
Sympotome kommt, die über mehrere Monate ihr Erleben prägen. Wäh-
rend dieses Zeitraums kommt es auch zu einem Einbruch der erlebten The-
rapiebeziehung, was am Rückgang der Werte der Session Rating Scale zu
erkennen ist. Vor diesem Zeitraum wurde die Therapiebeziehung mit Aus-
nahme einiger kurzer Einbrüche während der ersten Monate (Crisis-Repair
Sequenzen) als stabil gut beurteilt. Nach mehreren Monaten verstärkter
Traumapräsenz (Flashbacks, Intrusionen) und gleichzeitig verringerter Be-
ziehungsqualität stabilisierte sich der Prozess in den letzten Wochen wie-
der. Aus meiner Sicht wurde diese Dauerkrise durch einige Interpretatio-
nen und Konfrontationen meinerseits ausgelöst, welche schwierige und an-
haltende Übertragungs- und Gegenübertragungsprozesse („Enttäuschun-
gen“) einleiteten. In der folgenden Zeit konnten die Missbrauchserfahrun-
gen und belastenden Beziehungserfahrungen mit der Mutter einschließlich
der Gefühle von Wut und Hass bearbeitet werden, aber auch ihre ambiva-
lente Haltung der Therapie gegenüber.

Abb. 1: Die Entwicklung des Scores „Intrusionen“ der Impact of EventScale (gestrichelte
Linie) und die Entwicklung der therapeutischen Beziehung (Session Rating Scale, durch-
gezogene Linie) im Verlauf von 2 Jahren.
500 Erfahrungen eines Psychoanalytikers mit Prozessfeedback

Das zweite Beispiel (Abb. 2) illustriert die Möglichkeit täglicher Selbst-


einschätzungen im laufenden Prozess. Benutzt wurde der Therapie-Pro-
zessbogen (TPB, Schiepek et al. 2019b), ein für tägliche Selbsteinschät-
zungen entwickeltes und validiertes Instrument. Die Klientin (Diagnose:
Depression, F33) nutzte den Fragebogen täglich über einen Zeitraum von
2 Jahren. Am Ende der Therapie war eine Symptomreduktion auf dem ISR
(ICD-10 basiertes Symptomrating, Tritt 2015) von 78% erkennbar, was ei-
ner deutlichen Verbesserung entspricht. Abb. 2a zeigt die Entwicklung des
Faktors „Therapeutische Fortschritte/Zuversicht/Selbstwirksamkeit“ über
2 Jahre hinweg. Erkennbar ist eine deutliche Zunahme in den ersten Mo-
naten der Therapie und eine deutliche kritische Instabilität, bevor sich die
Dynamik langfristig auf hohem Niveau stabilisiert.

Abb. 2: (a) Zeitreihe der täglichen Einschätzungen des Faktors „Therapeutische Fort-
schritte/Zuversicht/Selbstwirksamkeit“. Die gestrichelte Linie zeigt die dynamische Kom-
plexität dieser Zeitreihe, mit einem Peak im ersten Fünftel des Verlaufs. Es handelt sich
um eine Periode der kritischen Instabilität vor einer Stabilisierung des Prozesses. (b) Die
Entwicklung der „Veränderungsmotivation“ (Faktor im TPB). Synchron zum Faktor
„Fortschritte“ ist die deutlichste Veränderung im ersten Fünftel der Therapie zu erkennen.
Egon Bachler 501

Fazit
Meine eigenen Erfahrungen bestätigen die vieler Kolleginnen und Kolle-
gen in verschiedenen therapeutischen Settings, sowie auch Befunde der Li-
teratur. Feedback, vor allem hochfrequentes Feedback inclusive der damit
verbundenen regelmäßigen Feedbackgespräche verbessern die zielgerich-
tete Zusammenarbeit (nach Wampold [2015] einer der wesentlichen Wirk-
faktoren), und unterstützen die Selbstwahrnehmung und Emotionsregula-
tion der Klienten. Rückmeldungen über die erlebte Therapiebeziehung ma-
chen es möglich, diese offen zu thematisieren und auch Kritik an dieser
sowie am Vorgehen zu einzubringen, also „alliance ruptures“ zu erkennen
und konstruktiv zu bearbeiten. Das SNS bietet mit einer spezifischen Am-
pelfunktion und verschiedenen Analysetools die Möglichkeit, Frühwarn-
zeichen von kritischen Instabilitäten und Ordnungsübergängen zu erken-
nen, wie sie vor Krisen, Verschlechterungen und „drop outs“ auftreten,
aber auch vor positiven Entwicklungen. Vor allem tägliche Selbsteinschät-
zungen liefern die Datenbasis für nichtlineare Analyseverfahren, wie sie
im SNS implementiert sind. Dies gibt Hinweise auf dynamische Phäno-
mene, für die wir üblicherweise kein Sensorium haben, und ergänzt damit
auch die Einsichten, die wir aus der Gegenübertragung gewinnen können.
Nach 25 Jahren praktischer Erfahrung als Therapeut und Analytiker würde
ich sagen, dass man weder die eigene Gegenübertragung noch seine Intui-
tion überschätzen sollte. Es gibt auch aus analytischer Sicht kaum sinnvolle
Einwände gegen ein breit angelegtes Prozessfeedback (nicht nur auf den
Outcome bezogen): Die Beziehung würde sich verschlechtern? Die Usabi-
lity sei nicht ausreichend? Die Datensicherheit sei nicht gegeben? All das
lässt sich inzwischen widerlegen. Fakt ist allerdings, dass viele Kollegin-
nen und Kollegen über komplexe, selbstorganisierende Prozesse in der
Therapie kaum Bescheid wissen.
502 Erfahrungen eines Psychoanalytikers mit Prozessfeedback

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Martin Rufer 511

Komplex und einfach – geht das zusammen?


Martin Rufer

Zwei Psychologen, der eine Therapeut, der andere Forscher, befreundet


und beide seit Langem unterwegs in Sachen Psychotherapie, treffen sich
nach einem langen Arbeitstag beim Heurigen mit der Frage: Komplex und
einfach - geht das zusammen?
Therapeut: Um es gleich vor weg zu nehmen: wenn das nicht zusammen
gehen würde, hätten wir beide wohl den Faden zueinander nie gefunden…
Seit Jahren bin ich bemüht zu verstehen, warum, vor allem aber wie das,
was ich in meinen Therapien mache, nicht mache oder auch mal anders
mache, „einfach“ wirkt. So auf jeden Fall sagen es mir Lernende von Psy-
chotherapie, v.a. aber meine Klienten und Patienten, auch wenn sie mir am
Ende einer Therapie dann nicht genau sagen können, warum es ihnen bes-
ser geht, sie weniger Ängste haben oder keine Drogen mehr nehmen oder
wie es ein Afrikaner in einer Paartherapie ausdrückte: „Eigentlich haben
Sie gar nicht so viel geredet, nur unsere Herzen geöffnet…“
Forscher: Ein schönes Feedback, wirklich. In fast poetischer Weise macht
es anschaulich, dass die Natur selber Komplexitätsreduktion einführt durch
die Erzeugung von selbstorganisierten Strukturen und Mustern in Syste-
men. Ich gehe davon aus, dass Du Dir über die Jahre ein Wissen und Kön-
nen angesammelt hast, das Dir hilft, das, was Deine Patienten Dir sagen
oder auch nicht sagen, so zu gestalten, dass sich in fortlaufenden Feedbacks
ein Resonanz- und Synchronisationsprozess entwickelt. Sicher orientierst
auch Du Dich, wie die meisten Therapeuten – bewusst oder unbewusst –
an gewissen Prinzipien und verfügst über ein Set an Faustregeln, die Dir
helfen, das zu tun, was passt.
Therapeut: Ja, in der Tat bin ich immer wieder auf der Suche nach solchen
Essentials. Du aber meinst wohl diejenigen Prinzipien basierend auf der
Synergetik, die Du als „Generische“ im Sinne einer Heuristik für die The-
rapie vor Jahren schon formuliert hast. Ein wahrhaft großer Wurf, der Dir
da gelungen ist und dies, wie Du mir einmal offenbart hast, erst noch ganz
beiläufig auf einer Zugfahrt. Welche Muse Dich dabei auch immer geküsst

© Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2020
K. Viol et al. (Hrsg.), Selbstorganisation – ein Paradigma für die
Humanwissenschaften, https://doi.org/10.1007/978-3-658-29906-4_29
512 Komplex und einfach – geht das zusammen?

haben mag, für mich war es ein „Aha-Erlebnis“ und darüber hinaus pio-
nierhaft ein Markstein für das, was systemische Therapie auch jenseits der
Therapieschule bedeuten und beinhalten könnte.
Forscher: Danke, danke. Aber das Alles ist ja nicht alleine auf meinem
Mist gewachsen.
Therapeut: Ja, Du denkst hier wahrscheinlich u.a. an die „Allgemeinen
Wirkfaktoren“ auf die nicht genügend hingewiesen werden kann. Darüber
hinaus gehend eröffnete sich mir aber mit den „Generischen Prinzipien“
ein vereinfachendes Erkenntnis- und Handlungsmodell, in welchem sich
meine Therapieprozesse so nachverfolgen und nachzeichnen ließen, dass
ich mich in meinem Tun in diesen 1:1 wiedererkennen konnte. Auch wenn
man, um therapeutisch erfolgreich zu sein, nicht zwingend eine Landkarte
braucht, hast Du damit eine Art von offener „Partitur“ vorgelegt, die ins-
besondere auch Lernenden helfen kann, passende, manchmal auch verblüf-
fend einfache Entscheidungen von Klienten überhaupt zu erkennen und
solche im fortlaufenden Therapieprozess auch selber zu fällen. Mit ein
Grund, warum ich später in meinem Buch „Erfasse komplex, handle ein-
fach“ – zu dem Du mir ja Mut gemacht und die Türe zum Verlag geöffnet
hast – vorwiegend Fallbeispiele transkribiert und diese entlang der Gene-
rischen Prinzipien step by step kommentiert habe. – Dass Einfaches nun
aber nicht noch einfacher gemacht werden darf, hat schon Einstein gefor-
dert. In diesem Sinne schließe ich mich Wolfgang Loth an, der mir einmal
schrieb: „Je länger ich diese intensive Auseinandersetzung mit der Theori-
enwelt pflege, desto freier werde ich in der praktischen Arbeit“ und unter-
strich damit die schon bald 70 Jahre alte Weisheit von Kurt Lewin, dass
„es nichts Praktischeres gibt als eine gute Theorie.“
Forscher: Das freut mich natürlich. Dies umso mehr als ich unsere For-
schung als praktische verstehe, auch wenn ich damit, wie Du weißt, auch
in unserer community auf hartes Brot beiße. Manchmal scheint mir sogar,
dass ich mich – insbesondere auch unter Systemikern – in einem anderen,
wenn gegen außen auch gleich etikettierten Universum bewege…
Therapeut: Ja, den Eindruck, dass es sich dabei um zwei unterschiedlich
geregelte, oft sogar voneinander gänzlich abgekoppelte Sinn-, Sozial- und
Kommunikationssysteme handelt, teile ich. Nicht zuletzt darum verstehe
Martin Rufer 513

und bewege ich mich mit „meinen zwei Seelen in der Brust“ oft als Über-
setzer und Brückenbauer in zwei unterschiedlichen Welten. Allerdings
kann man sich auch damit als Überläufer und Nestbeschmutzer, in die Nes-
seln setzen. – Und das mit den Etiketten ist ja so eine Sache, denn nicht
immer ist auch drin, was drauf steht. Das gilt übrigens nicht nur für die
systemische Therapie. Wir beide haben diesbezüglich ja mit der Schreib-
weise versucht, einen Unterschied zu machen zwischen Systemischer The-
rapie mit großem S als spezifisches Verfahren einerseits und integrativ ver-
standener systemsicher Therapie mit kleinem s andererseits. Ob sich diese
Unterscheidung auf die Länge etablieren wird, muss sich zeigen. Schon
Klaus Grawe ja mit der „Allgemeinen Psychotherapie“ (großes A) ver-
sucht, sein integratives Modell im Mainstream zu positionieren (kleines a).
Bisher etabliert hat sich aber m.E. leider nur das nach ihm benannte (spe-
zifische) Verfahren (mit großem A). Was aber das aus der systemtheoreti-
schen Komplexitätsforschung generierte Wissen und im Speziellen die
Theorie der Selbstorganisation anbetrifft, habe ich auch aus Sicht des
Therapeuten keine Zweifel, dass diese sich nicht nur wie schon in der Neu-
rowissenschaft, sondern auch in den Humanwissenschaften als neues Pa-
radigma etablieren wird. Dies allerdings wäre dann in der Tat, durch alle
Anfechtungen hindurch und über Jubiläen hinaus, eine, wenn auch späte,
Ehre für Dich.
Forscher: Danke für die Blumen. Ich nehme sie gerne, denn oft spüre und
sehe ich mehr die Dornen als die Rosen. Obwohl uns beiden aus wissen-
schaftlicher wie praktischer Sichtweise heraus klar ist, dass die schulen-
spezifische Orientierung in der Psychotherapie obsolet geworden ist, weist
der, nach wie vor an den Verfahren orientierte Anerkennungsprozess, nach
wie vor in eine andere Richtung...
Therapeut: Und in einem erweiterten Zusammenhang teile ich als Psycho-
therapeut die Sorge von Michels, der vor kurzem in einem Artikel in der
Zeitschrift „Verhaltenstherapie und psychosoziale Praxis“ geschrieben hat:
„Die Initiativen laufen, wenn sie planmäßig umgesetzt werden sollten, auf
eine noch stärker biologisch-neurowissenschaftlich orientierte psychiatri-
sche Forschung hinaus. Es ist zu befürchten, dass psychologisch und sozi-
alwissenschaftlich begründete Ansätze noch weiter ins Hintertreffen gera-
ten.“ Dem gilt es das entgegen zu setzen, was der Soziologe Peter Fuchs in
514 Komplex und einfach – geht das zusammen?

seinem Buch „Die Verwaltung der vagen Dinge“ einmal treffend formu-
liert hat: „Wenn Psychotherapie in der Medizin aufgeht, hat sie aufgege-
ben.“ Für mich ein unmissverständlicher Appell an Therapeuten und For-
scher auch in Sachen Wissenschafts- und Berufspolitik, die immer auch
Machtpolitik ist, nicht abseits zu stehen. Und wenn die systemische The-
rapie darauf Antworten hat, soll sie Teil dieses, auch selbstkritischen Dis-
kurses sein.
Forscher: Nun, ich für meinen Teil versuche vor Ort, aber auch als Rei-
sender und Publizierender in dieser Sache Zeichen zu setzen für ein genuin
humanistisches Anliegen – immer auch auf der Suche nach Bündnispart-
nern.
Therapeut: Was Deine Publikationen anbetrifft, da allerdings macht Dir
keiner so schnell was nach. Die müssten wohl schon eher gewogen als ge-
zählt werden, auch wenn Vieles davon weder im Mainstream der Psycho-
therapieforschung noch beim Gros der Therapeuten richtig angekommen
ist. Ich selber würde lügen, wenn ich sagen würde, dass ich davon den Lö-
wenanteil gelesen, geschweige denn diese, in großer Differenziertheit und
Komplexität geschriebenen Texte auch gänzlich verstanden hätte.
Forscher: Das musst Du auch nicht. Ich denke aber, dass wir mit unserer
Praxisforschung und dem internetbasierten SNS eigentlich ein einfaches
Instrument geschaffen haben, das Therapeuten und Patienten mittels diffe-
renzierten Zeitreihenanalysen helfen kann, besser zu verstehen und navi-
gieren, was in, aber auch außerhalb der Therapiestunden geschieht und be-
deutsam ist.
Therapeut: Ich zweifle nicht daran, dass heute, wo Paarforscher sogar die
Liebe vermessen und Online-Therapien sich mit ansehnlichem Erfolg ver-
breiten, auch wir PsychotherapeutInnen weder an der Mathematik noch an
der Nutzung digitaler Medien vorbeikommen. Dass ein international aner-
kannter Psychotherapieforscher wie Bruce Wampold Deinen diesbezügli-
chen Ansatz in einem Panelbeitrag auf dem Heidelberger Forschungskon-
gress im letzten Jahr als „Therapie der Zukunft“ titulierte, müsste auch Kri-
tiker und Skeptiker aufhorchen lassen. Trotzdem: Die Arbeit mit dem SNS
Martin Rufer 515

etabliert sich zwar zusehends in klinisch stationären Kontexten, in der am-


bulanten Alltagspraxis ist diese m.E. aber noch nicht wirklich angekom-
men.
Forscher: Nun, inzwischen liegen ja einige Forschungen auch aus ambu-
lanten Settings vor. Hier bräuchte es eben Kollegen wie Dich, die bei der
Multiplikation mithelfen. Schon vor Jahren hast Du ja im Rahmen eurer
Praxisgemeinschaft erste Erfahrungen im Umgang mit dem SNS gemacht.
Das Ganze hat sich im Laufe der Jahre ja nun auch weiterentwickelt und,
was die Handhabung anbetrifft, auch vereinfacht.
Therapeut: Das will ich auch gar nicht in Abrede stellen. Trotzdem hat es
sich noch nicht etabliert. Die Gründe dafür gälte es, auch im Diskurs mit
TherapeutInnen in freier Praxis genau zu reflektieren. Für mich als Psy-
chotherapeut, der sein Können vorwiegend in der Beziehungsgestaltung in
unterschiedlichen Settings und damit als Gesprächskünstler sein Hand-
werk auch als Kunsthandwerk versteht und praktiziert, steht und bleibt die
direkte, unmittelbare Begegnung mit leidenden Menschen im Zentrum. Sie
ist Teil meiner Identität. Auch wenn das SNS Begegnung mit einschließt
und dem Therapeuten und Patienten mittels visuell dargestellten Komple-
xitätsdiagrammen wertvolle Inputs gibt und so auch hilft, Sackgassen zu
erkennen, bleibt mir, wie Du aus unsern Gesprächen weißt, ein über Rech-
ner gesteuertes synergetisches Prozessmanagement irgendwie halt doch et-
was fremd. Aber als Oldie der Szene bin ich ohnehin ein Auslaufmodell
und altersentsprechend vielleicht eben auch ein bisschen Nostalgiker…
Forscher: Sicher ist, dass die Psychotherapie von morgen, nicht zuletzt
wegen den zunehmenden Kosten im Gesundheitswesen, eine andere sein
wird. Im Markt behaupten können sich wohl nur solche Modelle, die
„wirksam, zweckmäßig und wirtschaftlich“ (WZW Kriterien, Schweiz)
sind. Daran müssen sich die Jungen wohl zunehmend messen lassen.
Therapeut: Ja, so ist es. Genau darum auch stehe ich, wenn auch als kriti-
scher Beobachter, hinter Deiner und eurer Sache. Uns Therapeuten, jünge-
ren und älteren, hilft das Wissen um die Kraft von Selbstorganisationspro-
zessen und die Erforschung derselben ungemein. Nicht nur um sich von
„sudden changes“ überraschen zu lassen, sondern im Blick auf die Kom-
petenzen von Klienten und Patienten, diese Selbstorganisationsprozesse
516 Komplex und einfach – geht das zusammen?

auch zu fördern, sich aber im Blick auf die Grenzen der Machbarkeit auch
zu bescheiden. Oft ist das „Leben ja gar nicht so, sondern ganz anders als
man denkt“, hat Tucholsky einmal gesagt. Auch wenn die Systemtheorie
sensu Synergetik nicht alle Geheimnisse lüften kann, ist sie ein Schlüssel
zum Verständnis von Wandel als einer Türe, die sich nur von innen, d.h.
von den Patienten und Klienten öffnen lässt... Und genau hier liegt das
Einfache im Komplexen oder wie es der Schweizer Schriftseller Franz
Hohler in seinen Poetik-Vorlesungen (Das Kurze, das Einfache, das Kind-
liche) sagt: „Das Einfache ist nicht das Simple, sondern es ist das Kom-
plexe, das sich nichts anmerken lässt.“ Unser Metier betreffend heißt dies,
das Augenmerk auf die Mikroprozesse im Rahmen der viel beschriebenen,
aber kaum konkretisierten therapeutischen Beziehung zu richten. Oder wie
es Daniel Stern, kein Systemtherapeut i.e. S., aber als Psychoanalytiker und
als Forscher ein Synergetiker, treffend geschrieben hat: „Die Realität wird
erst erkennbar, wenn man sich diese Ebene der Mikrovorgänge sehr genau
anschau.“ – In diesem achtsamen Tun sind aber nicht nur wir Therapeuten
gefordert, Augen und Ohren zu öffnen, sondern genauso steht auch ihr als
Forscher in der Pflicht, Komplexes verständlich und auf solche Art an-
schlussfähig zu machen, dass auch erfahrene und kundige Therapeuten ihr
Können und Wissen, das sie seit Jahrzehnten mit gutem Erfolg „einfach
tun“, einbringen können: z.B. ihre Erfahrung, dass komplexe Probleme oft
einfache Lösungen nahe legen. Aber wem sag ich das, als einem mit seinen
Wurzeln auch in der lösungsorientierten Therapie…
Forscher: Und in diesem Sinne lässt sich all das bisher Gesagte über das
Einfache im Komplexen und das Komplexe im Einfachen auch gar nicht
mehr eindeutig dem Praktiker bzw. dem Forscher zuordnen, ein „scientist-
practitioner“-Modell in seinem besten Sinne, oder etwas hipper: „Reduce
to the max, hold the vision and trust the process.“
Therapeut: Ja, was soll ich da noch anfügen… außer ein letztes Wort direkt
und persönlich zu Dir, lieber Günter: Ich gratuliere Dir ganz herzlich nicht
nur zu Deinem 60. Geburtstag, sondern zu Deinem unermüdlichen Schaf-
fen von Bedingungen für die Etablierung der Selbstorganisation in den Hu-
manwissenschaften. Dies in guter Erinnerung an unsere Begegnungen als
„Therapeut und Forscher“, aber auch an die persönlichen, auch anlässlich
meines 60. vor fast 10 Jahren. Verbunden mit dem Wunsch, dass wir uns,
Martin Rufer 517

sozusagen mit Duncan und Millers „heart and soul of change“ im Gepäck,
noch lange in einem inspirierenden, heiteren und kritischen, v.a. aber
freundschaftlich geführten Dialog erhalten bleiben.
518 Komplex und einfach – geht das zusammen?

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Christiane Schiersmann 519

Das integrative Heidelberger Prozessmodell für Beratung


- Umgang mit Komplexität und Unsicherheit
Christiane Schiersmann1

Das im Folgenden vorgestellte Konzept zielt auf eine allgemeine systemi-


sche Theorie für Beratung von Personen, Teams und Organisationen. Es
basiert auf drei zentralen Elementen: Erstens wird das Konzept des pha-
senorientierten komplexen Problemlösens in Anlehnung an Dörner (1994,
2016) genutzt zur Definition aufgabenbezogener Anforderungen im Bera-
tungsprozess. Zweitens wird die Theorie der Selbstorganisation, die Syner-
getik, mit den darauf bezogenen generischen Prinzipien (vgl. Haken und
Schiepek 2010) zugrunde gelegt. Letztere unterstützen die erfolgreiche Be-
arbeitung des Veränderungsprozesses zwischen Beratenden und Ratsu-
chenden im Sinne eher sozialbezogener Wirkprinzipien. Drittens wird der
systematischen Ausgestaltung von Reflexion als Kernelement im Bera-
tungsprozess ein zentraler Stellenwert zugeschrieben. Im Verlauf dieses
Beitrags werden diese drei Kernelemente in ihrem Zusammenwirken er-
läutert.

Begründungen für eine allgemeine Beratungstheorie


Für die Entwicklung einer allgemeinen systemischen Beratungstheorie
sprechen verschiedene Argumente (vgl. zum Folgenden: Schiepek et al.
2013, S. 9ff.):
- Die internationale Psychotherapieforschung belegt weitgehend über-
einstimmend, dass die unterschiedlichen Behandlungstechniken, die
auf spezifische „Schulen“ zurückgehen, nur einen sehr geringen An-
teil der Ergebnisse erklären. Der Prozentsatz variiert in den verschie-
denen Studien zwischen 1% und 15%.
- Therapieverfahren, die in experimentellen Vergleichen gegen-
einander getestet wurden, führten zu annähernd gleichen Effekten,
1
Dieser Beitrag basiert auf der langjährigen gemeinsamen wissenschaftlichen Arbeit mit
Heinz-Ulrich Thiel.
© Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2020
K. Viol et al. (Hrsg.), Selbstorganisation – ein Paradigma für die
Humanwissenschaften, https://doi.org/10.1007/978-3-658-29906-4_30
520 Das integrative Heidelberger Prozessmodell für Beratung

was in der Literatur auch als Dodo-Bird-Effekt („alle gewinnen“) be-


zeichnet wird.
- Bei den unterschiedlichen traditionellen systemischen Ansätzen (z.B.
familientherapeutische Ansätze, auf der Systemtheorie von Luhmann
beruhende) lassen sich kaum hinreichende Kriterien bzw. Alleinstel-
lungsmerkmale für eine klare Definition dessen identifizieren, was als
systemisch gefasst wird.
- Schließlich ist zu konstatieren, dass in der Psychotherapie- bzw. Be-
ratungspraxis inzwischen ein sehr großer Mix von Methoden und
Schulen zu beobachten ist, häufig ohne konzeptionelle Begründung
der jeweils spezifischen Auswahl.

Zwar liegen für das Feld der personen- und organisationsbezogenen Bera-
tung noch keine so umfangreichen Studien vor wie für die Psychotherapie.
Für die Übertragbarkeit der Ergebnisse auf den Beratungsbereich sprechen
jedoch verschiedene Punkte: So überwiegen die Gemeinsamkeiten zwi-
schen diesen beiden Interventionsformen gegenüber den Unterschieden.
Die Ziele, die jeweiligen Menschenbilder und die Methoden sind weitge-
hend identisch. Außerdem handelt es bei den therapeutischen bzw. berate-
rischen „Schulen“ überwiegend um Anwendungsfelder wissenschaftlicher
Theorien. So basiert z.B. die Verhaltenstherapie ebenso wie die Verhal-
tensberatung auf der Lerntheorie. Für Rogers (2004) stand die Suche nach
Prinzipien für ein hilfreiches Gespräch im Mittelpunkt – unabhängig da-
von, ob es sich um Therapie, Beratung oder allgemeine Kommunikation
(auch im politischen Bereich) handelt. Als zentraler Unterschied zwischen
Therapie und Beratung kann die Störungstiefe angeführt werden. So sind
Personen bzw. größere soziale Systeme, die Beratung in Anspruch neh-
men, im Alltag im Prinzip handlungsfähig. Sie haben zu einem bestimmten
Aspekt einen Klärungsbedarf. Demgegenüber ist bei Patienten der Psycho-
therapie in der Regel die Bewältigung des Alltags nachhaltig beeinträch-
tigt.
Die skizzierten Forschungsergebnisse legen die Orientierung an Wirkprin-
zipien statt an „Schulen“ und den Bezug auf theoretisch gut begründete
und empirisch abgesicherte Metatheorien nahe (vgl. u.a. McLeod 2004).
Diese Entwicklung ist sowohl in der Therapie (vgl. z.B. Orlinsky et al.
Christiane Schiersmann 521

2004), der individuumszentrierten Beratung (vgl. z.B. Petzold 2007) sowie


der Organisationsberatung (vgl. z.B. Gerkhardt und Frey 2006; Kotter
1995) zu konstatieren.

Ziel der Beratung: Vom alten zum neuen Muster


Die gegenwärtige gesellschaftliche und damit auch individuelle Situation
ist geprägt durch Volatilität, Unsicherheit, Komplexität, Ambiguität (die
VUKA-Chiffre) und die Geschwindigkeit des Wandels. Dies spiegelt sich
in der Beratung wider. Bei Beratung handelt es sich um eine sehr an-
spruchsvolle soziale Dienstleistung, die mit hoher Komplexität und
dadurch erzeugter Unsicherheit umgehen muss. Komplexität bedeutet - in
Anlehnung an Dörner und Funke (2017, S. 2):
- Es gibt eine Vielzahl von Elementen/Einflussfaktoren und einige sind
unbekannt (Intransparenz). Konsequenz: Monokausale Erklärungen
sind nicht mehr hinreichend. Sie können die Komplexität nicht ange-
messen abbilden. Eine systemische Sichtweise mit Bezug auf Regeln
und Muster erscheint angemessen.
- Die beteiligten Einflussgrößen sind miteinander verknüpft und beein-
flussen sich gegenseitig. Konsequenz: Es gibt eine „Grenze der Kom-
plexitätsbeherrschung“ (Servatius 1991, S. 96).
- Die Eigendynamik des Systems, die Verlaufskomplexität in der Zeit
ist im Detail nicht voraussehbar und steuerbar. Konsequenz: Ein
‚Segeln auf Sicht’ (Hinz 2017) ist notwendig.
- Es gibt eine Vielzahl möglicher Ziele (Polytelie): Konsequenz: Ent-
scheidungen sind erschwert.
Der Beratungsprozess kann im systemischen Kontext zunächst beschrie-
ben werden als der Weg von einem alten, unerwünschten Muster zu einem
neuen (erwünschten) Muster oder auch vom Ist zum Soll. Dörner (1976)
definiert ein Problem durch drei Merkmale: einen unerwünschten Aus-
gangszustand, eine gewünschte Veränderung als Ziel und eine Wegstrecke,
die unter Einsatz unterschiedlicher Mittel und Methoden zurückgelegt wer-
den muss. Ebenso geht die Synergetik davon aus, dass es bei Verände-
522 Das integrative Heidelberger Prozessmodell für Beratung

rungsprozessen darauf ankommt, verfestigte, als problematisch angese-


hene Muster zu destabilisieren und in neue zu überführen (vgl. Haken und
Schiepek 2010). Dabei ist in der personen- und organisationsbezogenen
Beratung häufig von einem dialektischen Problemtypus auszugehen, bei
dem zu Beginn weder das Ziel ganz klar noch die notwendigen Schritte auf
dem Weg dahin hinreichend bekannt sind. Um ein Beispiel aus der Orga-
nisationsberatung zu skizzieren: Es ging um die als unbefriedigend einge-
schätzte Konzentration der – fachlich sehr guten – Mitarbeitenden auf den
eigenen Arbeitsplatz. Gewünscht war (vom Auftraggeber) eine abteilungs-
übergreifende Kooperation und eine Mitverantwortung der Arbeitskräfte
für die Ziele der Gesamtorganisation. Wie diese neue Verantwortlichkeit
genau aussehen und wie sie realisiert werden sollte, war zu Beginn des
Prozesses noch relativ unklar.
Die zentrale Frage für die folgenden Ausführungen ist nun: Wie lässt sich
dieser Prozess des Übergangs vom alten zum neuen Muster im Beratungs-
prozess konzeptionell fundieren und praktisch gestalten?

Phasenmodell des ‚Komplexen Problemlösens‘


Professionelle Beratung von Personen, Teams oder Organisationen zeich-
net sich dadurch aus, dass die Beratenden eine (ungefähre) Vorstellung
darüber haben, welche (Arbeits-)Schritte bzw. Phasen im Rahmen des
komplexen Prozesses der Veränderung einer Problemsituation bzw. eines
Systems durchlaufen werden müssen. So weisen nahezu alle Therapie-/Be-
ratungsschulen (z.B. verhaltens-, person-, system- und lösungsorientierte)
sowie Beratungsformate (z.B. Coaching/Supervision, Teamentwicklung
oder Organisationsentwicklung) Phasenmodelle auf (vgl. z.B. Thiel 2003;
Beisel 1996; Königswieser und Exner 2006; König und Volmer 2012).
Dies gilt auch für die zurzeit in Mode befindlichen sog. agilen Ansätze wie
Scrum (vgl. Sutherland 2015), oder Design Thinking (vgl. Plattner et al.
2009). Die Phasen variieren dabei in der Anzahl oder Bezeichnung. Die
Orientierung an Phasen erleichtert als heuristische, komplexitätsreduzie-
rende Vorgehensweise das Planen und Steuern des Beratungsprozesses so-
wohl für Beratende als auch für Ratsuchende.
Christiane Schiersmann 523

So ist es nur konsequent, sich der Problemlösepsychologie zu bedienen,


die sich auf dem Weg zu einer Metatheorie befindet (vgl. Dörner et al.
1999). Dabei handelt es sich um ein geeignetes, weil systemisch konzipier-
tes und die Komplexität in Rechnung stellendes Phasenmodell des „kom-
plexen Problemlösens“ (vgl. Dörner et al. 1999). In Anlehnung an dieses
Konzept werden nach der Auftragsklärung mit dem Kontrakt die folgenden
Phasen unterschieden (s. Abb. 1, vgl. ausführlicher dazu: Schiersmann und
Thiel 2018, S. 47ff.):
- die Problemerkundung und eine mehr oder weniger intensive Analyse
der Ist-Situation/Ausgangslage (Kürzel in der Abb.1: Problem),
- die Zielklärung und -konkretisierung (Ziele),
- die Suche nach alternativen Lösungswegen und Maßnahmen zur Zie-
lerreichung (Wege),
- die Planung der Schritte der Umsetzung (Planung),
- die Umsetzung und Kontrolle der Durchführung (Umsetzung),
- die Evaluation, Reflexion und der Transfer von Ergebnissen (Evalua-
tion).
Der Phasenablauf ist jedoch nicht als starr aufzufassen. Es handelt sich bei
diesem Phasenmodell weder um eine ‚normativ’ vorgegebene noch um
eine unbedingt ‚sequenziell’ zu durchlaufende zeitliche Abfolge. So kann
statt mit einer ausführlichen Diagnose der Ist-Situation auch mit der Ziel-
klärung begonnen werden oder mit einer Sammlung konkreter Lösungs-
schritte in Form eines Brainstormings. Häufig ist ein „vielfältiges Hin- und
Herspringen zwischen diesen verschiedenen Stationen“ bzw. Phasen erfor-
derlich (Dörner 2007, S. 73; Ulrich und Probst 1991, S. 114ff. für die Or-
ganisationsberatung). Das mehrfache Durchlaufen dieser Schritte ist als
iterativer Prozess zu betrachten. Die Planung in allen Phasen ist – aufgrund
der Rückkoppelungen zwischen den Phasen und der unwägbaren Zukunft
– folglich als vorläufig zu bezeichnen: Deshalb sind die Phasen in der Gra-
fik durch ein Netz verknüpft, das die zirkulären Rückkoppelungsschleifen
zwischen potenziell allen Phasen darstellt. Die Phasen lassen sich folglich
als eine logische Gliederung von eher aufgabenbezogenen Anforderungen
an das Verstehen und Verändern einer Problem-Situation charakterisieren
524 Das integrative Heidelberger Prozessmodell für Beratung

(vgl. Simon 2003, S. 52). Das Abarbeiten dieser Phasen (unter Verwen-
dung jeweils spezifischer Methoden) stellt einen prozessualen Erfolgs-
bzw. Wirkfaktor dar.

Abb. 1: Integratives Prozessmodell für die Beratung (in Anlehnung an Schiersmann und
Thiel 2018, S. 66)
Christiane Schiersmann 525

Synergetik als Theorie der Selbstorganisation und die generischen


Prinzipien
Auch wenn ein systemisch konzipiertes Phasenschema für eine vorläufige
Planung als unverzichtbar angesehen wird, so ist doch unstrittig, dass die
realen Veränderungsprozesse nicht linear, sondern eher sprunghaft verlau-
fen. Diesen Sachverhalt bildet die Theorie der Selbstorganisation, die Sy-
nergetik, besonders gut ab. Diese auf den Physiker Hermann Haken (1984)
zurückgehende Theorie fokussiert den Prozess von Veränderungen, im
Verständnis dieser Theorie als Prozess der Selbstorganisation (vgl. aus-
führlicher dazu: Haken und Schiepek 2010; Schiersmann und Thiel 2018),
den Beratende unterstützen können. Im Zentrum der Betrachtung steht die
Entstehung und Veränderung von Mustern, z.B. Übergänge von Unord-
nung zu Ordnung oder von einer alten zu einer neuen Ordnung. In einem
sich selbst organisierenden System geht es um das wechselseitige, kreis-
kausale Zusammenwirken vieler Elemente und Prozesse. Es wird zwischen
einer mikroskopischen und einer makroskopischen Ebene unterschieden.
Das System auf der mikroskopischen Ebene besteht aus sehr vielen Kom-
ponenten, z.B. den psychischen Dimensionen einer Person oder den Bezie-
hungen zwischen Mitgliedern einer Organisation. Bei hinreichender in-
trasystemischer Vernetzung zwischen den Elementen auf der mikroskopi-
schen Ebene kann sich ein makroskopisches Muster herausbilden, z.B. die
erwähnte ausschließliche Konzentration der Arbeitskräfte auf den eigenen
Arbeitsplatz. Dieses Muster bindet dann die Einzelelemente ein, wodurch
sich deren Freiheitsgrade drastisch reduzieren. Es liegt somit eine kreis-
kausale Wirkung nicht nur zwischen den Elementen des Systems, sondern
auch zwischen der Mikro- und der Makroebene vor (vgl. Haken und
Schiepek 2010, S. 134).
Selbstorganisation setzt eine systeminterne Aktivierung (Energetisierung)
voraus. Einflussgrößen, die die inneren Wechselwirkungen der Elemente
des Systems aktivieren und modulieren, werden als Kontrollparameter be-
zeichnet. Diese halten das bestehende Muster aufrecht oder fördern dessen
Destabilisierung. Sobald die dadurch ausgelösten Fluktuationen kritische
Werte annehmen, kann sich das Systemverhalten schlagartig ändern, und
es entstehen neue Muster (vgl. Haken und Schiepek 2010, S. 80). In phy-
sikalischen Systemen stellt z.B. die Veränderung der Energiezufuhr wie
526 Das integrative Heidelberger Prozessmodell für Beratung

Licht oder Wärme einen Kontrollparameter dar. Beispielsweise führt die


Wärme auf dem Herd dazu, dass Wasser zu kochen beginnt, d.h. einen
neuen Zustand erreicht. Für soziale Systeme stellen z.B. die Motivation zur
Veränderung oder vorhandene Ressourcen wichtige Kontrollparameter dar
(Schiepek et al. 2001).
Haken und Schiepek (2010) haben aus der Synergetik, der Gehirnfor-
schung, der Chaostheorie und den Befunden der Psychotherapieforschung
sogenannte generische Prinzipien (generisch = erzeugend) für die Förde-
rung sich selbst organisierender Entwicklungen abgeleitet. Diese bieten
eine allgemeine Orientierung für jede Intervention bzw. jede Gestaltung
von Ordnungswandel – sei es Beratung, Therapie, Organisationsentwick-
lung oder Lernen allgemein (Haken und Schiepek 2010, S. 628) und kön-
nen als – eher sozialbezogene – Wirkprinzipien für eine erfolgreiche Bera-
tung angesehen werden. Gegenüber der Darstellung von Haken und
Schiepek wurde die Reihenfolge der generischen Prinzipien für das integ-
rative Beratungskonzept etwas verändert. Dies resultiert aus der angestreb-
ten Verknüpfung mit dem Phasenmodell – wie gleich noch deutlich werden
wird. Die generischen Prinzipien können an dieser Stelle nur knapp tabel-
larisch vorgestellt werden (Tab. 1, vgl. Näheres dazu für die Beratung bei
Schiersmann und Thiel 2018, S. 70ff.).

Verknüpfung der beiden Metatheorien für die Beratung


Die generischen Prinzipien lassen sich mit den Phasen des Problemlöse-
modells in Verbindung bringen (s. Abb. 1). Die drei generischen Prinzipien
„Stabilitätsbedingungen schaffen“, „Resonanz beachten“ und „Energeti-
sierung fördern“ sind über den ganzen Prozess der Beratung hinweg von
zentraler Bedeutung. Den übrigen Prinzipien kommt in den verschiedenen
Phasen eine unterschiedlich hohe Relevanz zu. Das Prinzip der Musteri-
dentifizierung korrespondiert mit der Phase der Analyse der Ausgangssi-
tuation, Sinnbezug mit der Phase der Zielklärung, Fluktuationsverstärkung
mit Lösungswegen und Planung der Umsetzung, Symmetriebrechung mit
Umsetzung sowie die Restabilisierung mit der Phase Evaluation/Transfer.
Christiane Schiersmann 527

Tab. 1: Generische Prinzipien (in Anlehnung an Schiermann und Thiel 2018, S. 61)

1. Stabilitätsbe- Die Bearbeitung der Anliegen von Ratsuchenden geht mit


dingungen für Instabilitäten und Ordnungsübergängen im Sinne der Syner-
Veränderungspro- getik einher. Daher muss der Berater gemeinsam mit den
zesse schaffen2 Ratsuchenden stabile Rahmenbedingungen für den Verän-
derungsprozess schaffen und so für strukturelle und emotio-
nale Sicherheit sorgen (z.B. durch Transparenz des Vorge-
hens, Selbstwertunterstützung, vertrauensvolle Beziehun-
gen).
2. Resonanz Im Beratungsprozess angewandte Methoden und Verfahren
beachten / sollen zur Aufnahmebereitschaft, zum aktuellen kognitiv-
Synchronisation emotionalen Zustand (state of mind) und zur „Verarbei-
herstellen tungstiefe“ der Beteiligten passen. Interventionen, die damit
nicht kongruent sind, haben nur eine geringe Chance, von
den Ratsuchenden verstanden und aufgegriffen zu werden,
weil das System dafür keine Antennen hat. Die ausgewähl-
ten Methoden/Gesprächsstile müssen geeignet sein, die
Wirkprinzipien zu realisieren.
3. Energetisie- Selbstorganisation setzt eine energetische Aktivierung des
rung ermöglichen jeweiligen Systems voraus. Es geht um die Herstellung mo-
/ Kontrollparame- tivationsfördernder Bedingungen, um die Aktivierung von
ter finden / identi- Ressourcen, um die Herausarbeitung der emotionalen und
fizieren motivationalen Bedeutung von Zielen und Anliegen der Rat-
suchenden (z.B. durch kreatives, gemeinsames Problemlö-
sen, Großgruppenverfahren).
4. Das System und Das System, auf das sich die Beratung als Unterstützung von
dessen Selbstorganisationsprozessen beziehen soll, ist festzulegen.
Muster Muster/Regeln/Ordner dieses Systems sind zu identifizieren
identifizieren (z.B. durch idiographische Systemmodellierungen).

2
Die Reihenfolge wurde gegenüber dem Original von Haken und Schiepek (2010) verän-
dert (s. Näheres dazu in Kapitel 3.3.2).
528 Das integrative Heidelberger Prozessmodell für Beratung

5. Vision und Lern-/Entwicklungs-/Veränderungsprozesse müssen von


Ziele entwickeln/ den Mitgliedern des jeweiligen Systems (Personen, Teams
Sinnbezug oder Organisationen) als sinnvoll/stimmig erlebt werden.
herstellen Visionen und Ziele der Organisation müssen mit den Vor-
stellungen der Beteiligten korrespondieren, damit diese sich
darauf einlassen.
6. Destabilisie- Beratung zielt darauf ab, den Beteiligten neue Perspektiven
rung / Fluktuati- und Erfahrungsmöglichkeiten zu eröffnen. Bestehende Mus-
onsverstärkung ter der Kognition, der Emotion und des Verhaltens (K-E-V-
anregen Muster) werden destabilisiert (z.B. durch die Frage nach
Ausnahmen, Rollenspiele, Herausarbeiten alternativer Lö-
sungswege und Planung der Umsetzung).
7. Symmetriebre- Wenn in einem System, das sich im Zustand kritischer In-
chung stabilität befindet, zwei oder mehrere Ordner/Attraktoren
unterstützen/ mit gleicher oder ähnlicher Wahrscheinlichkeit realisiert
ermöglichen werden können („Symmetrie“), ist die Vorhersagbarkeit der
weiteren Entwicklung gering. Die Aufgabe des Beraters be-
steht darin, sinnvolle Hilfestellungen zur „Symmetriebre-
chung“ zu geben‚ um einige Strukturelemente eines neuen
Ordnungszustandes mit den dazu gehörigen Emotionen um-
zusetzen (z.B. Start von Pilotprojekten).
8. Re-Stabilisie- Im Zuge des Beratungsprozesses positiv bewertete Kogniti-
rung sichern ons-, Emotions-, oder Verhaltensmuster gilt es zu verstärken
und zu stabilisieren (z.B. durch Wiederholung, Variation,
Transfer). Es geht darum, das neue Muster in das bestehende
Selbstkonzept bzw. die Unternehmensstruktur und -kultur
zu integrieren und für Nachhaltigkeit zu sorgen. Die am Ver-
änderungsprozess Beteiligten sollen sich idealerweise mit
der neuen Ordnung und ihren Rahmenbedingungen identifi-
zieren.
Christiane Schiersmann 529

Ein entscheidender Vorteil dieser Orientierung des integrativen Ansatzes


an den beiden skizzierten Metatheorien besteht darin, dass die Orientierung
an Phasen sowie an generischen Prinzipien es erlaubt, Methoden bzw. Ver-
fahren aus den unterschiedlichen beraterischen Schulen situationsspe-
zifisch oder aufgrund der je individuellen Aus- bzw. Fortbildung der Bera-
tenden einzusetzen. Dabei ist das Verhältnis zwischen Methoden, Phasen
und generischen Prinzipien mehrdeutig: Eine Phase bzw. ein Prinzip kann
durch verschiedene konkrete Methoden realisiert werden und eine Me-
thode kann sowohl der Umsetzung mehrerer Prinzipien als auch Phasen
dienen (vgl. Haken und Schiepek 2010, S. 440f.). In dem erwähnten Bei-
spiel aus der Organisationsberatung mit dem Ziel der abteilungsübergrei-
fenden Zusammenarbeit wurde z.B. mit verschiedenen Großgruppenver-
fahren (u.a. Zukunftskonferenz, Apreciative Inquiry) eine positive Energe-
tisierung des Systems erreicht, es wurden die Muster des Systems identifi-
ziert und der Sinnbezug hergestellt. Eine Systemmodellierung (vgl.
Schiersmann und Thiel 2018, S. 97ff.; zur Methode: Schiepek 1986,
Schiepek et al. 1998) vertiefte die Musteranalyse. Zugleich wurden damit
die Phasen der Ist-Analyse, der Zielklärung und in Ansätzen die der Maß-
nahmenentwicklung abgedeckt. Allerdings ist zu konstatieren, dass der
Methodeneinsatz bei diesem Konzept eklektisch erfolgt und die Methoden
zumindest zum Teil aus ihrem konzeptionellen Entstehungszusammen-
hang gerissen werden (vgl. Haken und Schiepek 2010, S. 444).

Reflexionsprozesse als Kern von Beratung


Die den folgenden Ausführungen zugrunde gelegte Hypothese besteht da-
rin, dass die Komplexität und die damit verbundene Unsicherheit, die im
Beratungsprozess sowie im alltäglichen Leben vorhanden ist, nicht vermie-
den, der Umgang damit aber u.a. durch Reflexion erleichtert werden kann.
Ein zentrales Ziel von Beratung besteht darin, Reflexion zu ermöglichen
und zu fördern – z.B. kann eine Aussage bzw. Position „kritisch hinter-
fragt“, „in Zweifel gezogen“, „aus einer gewissen Distanz“ betrachtet wer-
den, und es können begründete Alternativen des Denkens und Handelns
ins Spiel kommen. Daher wird im Rahmen dieses Prozessmodells von Be-
ratung der Dimension der Reflexion ein zentraler Stellenwert zugewiesen
530 Das integrative Heidelberger Prozessmodell für Beratung

(s. die Klammer unten auf der Abb. 1). Systematische Reflexionsprozesse
sollten in unterschiedlichen Phasen einer Beratung angeregt werden und –
bei einer Organisationsberatung – auf den unterschiedlichen Ebenen einer
Organisation stattfinden (z.B. eines Projektteams, einer Abteilung, des
Topmanagements/Vorstands oder der Gesamtorganisation). Der Reflexi-
onsprozess kann als verunsichernder, aber auch kreativer Prozess charak-
terisiert werden (vgl. Thiel 2016). Auf der Basis der Herausarbeitung neuer
Perspektiven und ihrer begründeten Bewertung (= Reflexion) können und
sollten (fundiertere) Entscheidungen getroffen und weitere Planungen in
Angriff genommen werden.
Von einigen Autoren wird Reflexion als zentrales charakteristisches Merk-
mal von Beratung in verschiedenen Formaten definiert und als basale
Kompetenz in unserer komplexen Gesellschaft eingestuft. So betont z.B.
Greif (2008) die Bedeutung ergebnisorientierter Selbstreflexion beim
Coaching. Moldaschl (2010, S. 298) spricht von „reflexiver Organisations-
beratung“ und charakterisiert die Reflexion als „dauernden Drahtseilakt“
zwischen „systematischem Zweifel und zweckrationalem Handeln“. Tiefel
(2004) hat in ihrer Dissertation über Erziehungs- und Familienberatung
empirisch unterschiedliche Modi der Reflexion herausgearbeitet.
Wenngleich der Begriff der Reflexion im Beratungskontext häufig benutzt
wird, erscheint das Konzept der Reflexion als angemessener Umgang mit
Komplexität konzeptionell wenig ausdifferenziert. Nur sehr wenige ein-
schlägige Veröffentlichungen fassen diesen Begriff systematisch, Defini-
tionen und Methodeneinsatz fallen sehr unterschiedlich aus. Von den Au-
toren der beiden zugrunde gelegten Metatheorien weist Dörner (2016, S.
139f.) der Selbstreflexion im Wesentlichen nur bei der Phase der Überprü-
fung des Planungsfortschritts eine Rolle zu. Beim Ansatz der Synergetik
bzw. der modernen Selbstorganisations- und Chaostheorie (vgl. Haken und
Schiepek 2010; Strunk und Schiepek 2014) wird dieser Begriff gar nicht
explizit benannt. Bei Autoren, die sich mit den Erfolgsfaktoren von Orga-
nisationsentwicklung (OE) auseinandergesetzt haben (z.B. Kotter 1995;
Gerkhardt und Frey 2006) fehlt der Begriff ebenfalls. In den sog. „Bera-
tungsschulen“ (z.B. personen-, verhaltens-, system- und lösungsorientierte
Beratungskonzepte) ist der Begriff ebenfalls wenig elaboriert. Weiter ist
zu konstatieren, dass – wohl mit der Perspektive der Professionalisierung
Christiane Schiersmann 531

des Beratungspersonals – in der Literatur die Reflexion der Beratenden im


Mittelpunkt steht. Hier geht es demgegenüber darum, die Reflexion der
Ratsuchenden anzuregen und deren Reflexionskompetenz zu stärken.
Es mag irritieren, dass in einer schnelllebigen Zeit, die auf agile Konzepte
und Methoden setzt, der Reflexion, die den Prozess verlangsamt, das Wort
geredet wird. Der Nobelpreisträger Kahneman (2015, S. 106) hat mit seiner
Unterscheidung zwischen zwei Denksystemen zumindest implizit die Be-
deutung von Reflexion thematisiert. Er differenziert zwischen dem (eher
intuitiven) „System Eins“, das für schnelles, regelhaftes Denken zuständig
und wichtig für die Bewältigung des Alltags ist, und dem eher rationalen
„System Zwei“, das auch miteinander unvereinbare Interpretationen be-
denkt. Die Kritik am ausschließlich schnellen Denken und Handeln und
das Plädoyer für den bewussten Einsatz der ergänzenden Fähigkeiten des
langsamen Denkens, das mehrere Aspekte miteinander in Beziehung setzt,
eigene Fallstricke zumindest teilweise erkennt, Momente der Ungewissheit
und des Zweifels in Rechnung stellt und dank dieser Kenntnis zu treffen-
deren Denkergebnissen kommt, trifft den Kern der Reflexion (vgl. auch
Zech und Dehn 2017, S. 241).
Differenzierung zwischen neuen Perspektiven und deren Bewertung
Die im Folgenden erläuterte Matrix (Abb. 2) soll dazu beitragen, unter-
schiedliche Dimensionen von Reflexion auszudifferenzieren und damit zur
Systematisierung dieses Konzepts beizutragen. Im Mittelpunkt steht dabei
die Unterscheidung zwischen der Erweiterung von Perspektiven und deren
begründeter Bewertung einerseits, andererseits die Ausdifferenzierung
zwischen Selbst- und Kontextreflexion.
532 Das integrative Heidelberger Prozessmodell für Beratung

Abb. 2: Reflexions-Matrix (Schiersmann und Thiel 2018, S. 81)

In Anlehnung an den berühmten Satz von Bateson (1994, S. 582) geht es


bei der Reflexion um einen „Unterschied, der einen Unterschied“ macht.
In einem ersten Schritt muss herausgearbeitet werden, was zu einem kon-
kreten Zeitpunkt im Rahmen des Beratungsprozesses im Vergleich zum
bisherigen Denken, Fühlen und Handeln aus der subjektiven Sicht des Rat-
suchenden-Systems als neu wahrgenommen wird – z.B. durch bestimmte
Fragetechniken wie das Hinterfragen von Generalisierungen, zirkuläre
Fragen bzw. die Einnahme anderer Wahrnehmungspositionen und Zeitper-
spektiven oder das Auftauchen neuer Informationen. „Was ist aktuell neu
für Sie?“ – so könnte die Frage des Beraters lauten im Hinblick auf biolo-
gische, psychologische und soziale Aspekte.
In einem zweiten Schritt – und das ist für diese Definition von Reflexion
essentiell – steht die begründete Bewertung des Neuen im Mittelpunkt: Ist
das im Beratungsprozess erfahrene Neue/Alternative auch subjektiv be-
deutsam, wichtig und nützlich für das System? Warum ist dies wichtig?
Was von den neuen Perspektiven wird subjektiv als sinnvoll bewertet? So
könnten hier Fragen des Beraters lauten. Dadurch, dass das Neue auch ex-
plizit begründet und damit erst wirklich verstanden wird, kann es Teil des
Christiane Schiersmann 533

neuen Denkens und Handelns, des (Selbst-)Bewusstseins bzw. der Identität


einer Person oder Organisation werden.
Diese zwei Dimensionen weisen interessanterweise eine Parallele zu neu-
robiologischen Erkenntnissen auf (vgl. Roth 2003, S. 153f., S. 256 f.): Ist
das neu (= ein Unterschied)? fragt das kortikale Gedächtnissystem. Ist das
wichtig (= macht das einen Unterschied für mich/uns)? fragt das limbische
Bewertungssystem mit seinen Emotionsmustern.
Die Feststellung sowie die Bewertung des Neuen erfolgt zunächst induktiv
durch das Ratsuchenden-System im Sinne selbstreferentieller Begründun-
gen, d.h. als bedeutsam erlebte neue Wahrnehmungen werden mit den bis-
herigen Erfahrungen und dem Selbstkonzept abgeglichen. Die Beratenden
können anschließend zusätzlich theoriebezogene Kriterien für die Refle-
xion anbieten. An dieser Stelle seien nur zwei exemplarisch benannt (vgl.
ausführlicher dazu: Schiersmann und Thiel 2019).
So können die drei Lernebenen von Argyris und Schön (2008) herangezo-
gen werden. Bei der ersten Ebene handelt es sich um die Reflexion von
konkretem Verhalten bzw. Handlungen im Rahmen vorhandener Ziele und
Wertesysteme. Die zweite Ebene bezieht Vorannahmen, Denkgewohnhei-
ten sowie Werthaltungen in den Reflexionsprozess ein. Das Überdenken
dieser Einstellungen kann dann auch Rückwirkungen auf das Handeln ha-
ben. Die dritte Ebene thematisiert im Sinne des Konzepts des Deutero-Ler-
nens von Bateson (1994) den Lernprozess selbst und seine Ergebnisse, d.h.
welche Erfahrungen im Beratungsprozess für die Ratsuchenden im Hin-
blick auf das zukünftige eigene Denken und Handeln bedeutsam waren.
Dies schließt auch den Transfer dieser Erfahrungen auf andere Bereiche
ein. Als Kriterien für die Herausarbeitung und Bewertung des Neuen eig-
nen sich auch die von Grawe (2000, S. 385 ff.) systematisierten Grundbe-
dürfnisse (Bedürfnis nach Orientierung und Kontrolle, nach Lustgewinn
und Unlustvermeidung, nach Bindung und nach Selbstwerterhö-
hung/Wachstum). Dabei wird davon ausgegangen, dass eine Verletzung
eines Grundbedürfnisses oder mehrerer Grundbedürfnisse den Anlass für
die Inanspruchnahme von Beratung darstellt.
534 Das integrative Heidelberger Prozessmodell für Beratung

Differenzierung zwischen Selbst- und Kontextreflexion


Häufig wird in der Literatur der Begriff der Selbstreflexion anstelle des
Begriffs der Reflexion verwandt. Es ist aber – gerade im Kontext eines
systemischen Konzepts – unverzichtbar, den soeben betrachteten selbstre-
ferentiellen Aspekt um eine Kontext- bzw. Strukturreflexion zu ergänzen,
die soziale, organisationalen und gesellschaftliche Dimensionen des Ver-
änderungsprozesses thematisiert (vgl. dazu das systemische Kontextmo-
dell von Schiersmann und Thiel 2018, S. 34). Dies wird häufig vernachläs-
sigt. Dabei geht es darum, die Rahmenbedingungen und Umwelteinflüsse
des eigenen Handelns zu fokussieren (vgl. Lash 2014, S. 203ff.; Dehnbos-
tel et al. 2003), weil diese die subjektiven Handlungsspielräume tangieren.
Es gilt zu prüfen, welche förderlichen bzw. hinderlichen Faktoren, die aus
der Umwelt des betrachteten Systems resultieren, die Realisierung der
neuen, als subjektiv bedeutsam erachteten Perspektiven beeinflussen. In
Bezug auf die personenbezogene Beratung können das u.a. die Familie,
Freunde und Kollegen sein. Für die organisationsbezogene Beratung zäh-
len dazu – wie die OE-Literatur zeigt (vgl. Kotter 1995, Gerkhardt und
Frey 2006; Schiersmann und Thiel 2012) – z.B. die Strategien, Struktur,
Kultur einer Organisation, aber auch die stabile Unterstützung durch Füh-
rungskräfte bzw. das Topmanagement während des Veränderungsprozes-
ses, der Grad der Partizipation der Mitarbeiter, vorhandene Netzwerke, das
Einrichten von Experimentierlabors und die gelebte Fehlerkultur. So zeigte
sich bei einer eigenen Studie, in der zwei Organisationsberatungsprozesse
verglichen wurden, die sich beide auf die Verbesserung der abteilungs-
übergreifenden Zusammenarbeit bezogen, welchen hohen Stellenwert der
Weggang einer (nicht zum betrachteten System gehörende) Abteilungslei-
terin in dem einen Fall auf die weitere (negative) Entwicklung hatte, wäh-
rend in dem anderen Fall das hohe Engagement der Führungskraft die Ent-
wicklung nachhaltig positiv beeinflusste (vgl. Thiel und Schiersmann
2012).
Christiane Schiersmann 535

Prozesserfassung
Die Prozesserfassung (s. untere Linie in Abb. 1) bezieht sich zum einen auf
Forschung, zum anderen aber auch auf die Evaluation der Praxis durch die
Beratenden. In diesem Zusammenhang ist zu konstatieren, dass der Bera-
tungsprozess immer noch weitgehend einer Black Box gleicht. Daher sind
Mikroanalysen dieser Prozesse wichtig. Als ein Instrument dafür hat sich
das Synergetische Navigationssystem (SNS) bewährt (Schiepek et al.
2018a, b ; vgl. für die Beratung: Schiersmann et al. 2015; Schiersmann und
Wahl 2018).
Systemisch ausgerichtete Prozessforschung erweist sich als extrem an-
spruchsvoll: Zum einen müssen die vielfältigen konkreten Interaktionen
zwischen Ratsuchenden und Beratenden und ihre Wechselwirkungen er-
fasst werden. Zum anderen wäre es wichtig, Veränderungen der Kontext-
bedingungen im Zuge des Prozesses zu berücksichtigen. Goldstandards aus
Medizin und Psychotherapie (randomisierte kontrollierte Studien, RCT) in
Bezug auf die Prozess-/Outcomeforschung werden daher in der Beratung
kaum erreichbar sein. Im Vordergrund sollten zunächst Einzelfallstudien
und Längsschnittanalysen stehen. Einen guten Orientierungspunkt bietet
dafür das Scientist-Practitioner-Model, d.h. die intensive Zusammenarbeit
zwischen Praxis und Forschung.
Die verschiedenen Elemente des hier skizzierten Gesamtmodells von Be-
ratung können von Praktikern als Checkliste zur systematischen Reflexion
und Evaluation des eigenen Beratungshandelns genutzt werden.

Fazit
Das integrative Heidelberger Prozessmodell für Beratung reagiert auf die
Ergebnisse der Psychotherapieforschung, denen zufolge die einzelnen
„Schulen“ nur in sehr geringem Umfang die Ergebnisse erklären. Dies legt
die Suche nach allgemeinen Wirkprinzipien auch für die Beratung nahe.
Das vorgestellte Prozessmodell basiert sowohl auf dem phasenorientierten
Konzept der Problemlöseforschung als auch auf der Theorie der Selbstor-
ganisation und schreibt zudem der Reflexion einen zentralen Stellenwert
zu. Die Bedeutung von zu bearbeitenden Phasen/Arbeitsschritten als eher
536 Das integrative Heidelberger Prozessmodell für Beratung

aufgabenbezogenen Erfolgsfaktoren und die Relevanz der synergetischen


Wirkprinzipien als eher sozial-emotionalen Wirkprinzipien werden durch
systematische Reflexionsprozesse begleitet. Letztere ermöglichen Akte
der Selbstdistanzierung, des kritischen Denkens und des Umgangs mit In-
stabilität angesichts komplexer Veränderungen. Es ist Göhlich (2011, S.
139) zuzustimmen, dass es gegenwärtig nicht mehr nur um die Reflexion
als Mittel der Professionalisierung pädagogischen bzw. beraterischen Han-
delns geht, sondern auch um die Professionalisierung der Reflexion.
Eine Orientierung an diesem Modell bietet Beratungspraktikern größere,
vor allem theoretisch begründete situations- und kontextspezifische Wahl-
möglichkeiten für den Einsatz von Methoden und Interventionsformaten.
Dies stärkt die Professionalisierung der Beratung. Zukünftig besteht eine
Herausforderung darin, die verschiedenen Wirkprinzipien weiter zu opera-
tionalisieren und eine Plausibilität der potenziellen Zuordnung von Tech-
niken der verschiedenen Beratungsschulen zu den Wirkprinzipien zu ent-
wickeln. Eine zweite Herausforderung liegt in der Entwicklung von For-
schungsstrategien, die in der Lage sind, die Komplexität des Beratungspro-
zesses in seinem Verlauf angemessen abzubilden.
Christiane Schiersmann 537

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Marion Walz 543

Selbstorganisation im Kontext von Unternehmensführung


und organisationalen Veränderungsprozessen
Marion Walz

Unternehmen sind soziale und damit komplexe, adaptive Systeme. Sie be-
stehen selbst aus ineinander verschachtelten, sich gegenseitig beeinflus-
senden Systemen (Abteilungen, Teams, etc.). Somit ist Selbstorganisation
im Unternehmenskontext auf verschiedenen, miteinander in Wechselwir-
kung stehenden Ebenen ein sehr zentrales Phänomen.
Es steht zudem die Hypothese im Raum, dass die Welt immer komplexer
wird. Diese aus Unternehmenssicht externe Komplexität bezieht sich auf
ökonomische, technologische, soziokulturelle, ökologische und politisch-
rechtliche Entwicklungen und das Marktumfeld, d.h. existierende und neue
Wettbewerber, Substitute, Kunden und Lieferanten (Porter 1980). Der ex-
ternen steht die interne produktgetriebene, prozessgetriebene und organi-
sationale Komplexität gegenüber (Mack et al. 2016, S. 12).
Ashby’s Law of Requisite Variety (Ashby 1956, p. 206ff) besagt, dass ein
steuerndes System mindestens den gleichen Grad an Wirk-, Handlungs-
und Kommunikationsmöglichkeiten aufweisen muss wie ein komplexes,
zu steuerndes System. Wie können Organisationen also adäquat auf die
zunehmende externe Komplexität reagieren? Der Einzelne ist immer mehr
überfordert und es braucht die Bildung intelligenter Netzwerke als Antwort
auf die Herausforderungen einer vernetzten Welt (Kruse 2004). Das impli-
ziert Anpassungen in der Aufbau- und Ablauforganisation und vor allem
auch die Bereitschaft, sich von einer noch weit verbreiteten Planungs-, und
Steuerungsillusion zu verabschieden (Haken und Schiepek 2010; Kühl
2015b, 2018).Viele Unternehmen sind allerdings nach wie vor stark ge-
prägt durch ein strukturelles und kulturelles Erbe, das den Anforderungen
der Zukunft nicht gerecht wird, da es auf einem mechanistischen Weltbild
beruht, dessen Ursprünge bei Organisationsmodellen wie dem Scientific
Management von Taylor (Kieser 2016b), dem Fordismus (Kühl 2015b),

© Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2020
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544 Selbstorganisation im Kontext von Unternehmensführung

Webers Bürokratiemodell (Weber 1976 und Kieser 2016a) und der franzö-
sischen Management- und Verwaltungslehre von Fayol (Steinemann,
Schreyögg, und Koch 2013) liegen.

Wird die Welt tatsächlich komplexer?


Eine zunehmende Komplexität scheint im gegenwärtigen Diskurs für viele
Autoren von Management-Literatur, Organisationsentwickler und Berater
eine Prämisse zu sein (z.B. McGrath 2011). Daraus folgt die Forderung
nach einem Paradigmenwechsel in der Unternehmensführung (z. B. Hamel
2008). Welche Indikationen finden sich für und gegen diese These?
Das Akronym „VUKA“ wurde durch das US Army War College gegen
Ende des kalten Krieges geprägt und steht für eine zunehmende Volatilität,
Unsicherheit, Komplexität und Ambiguität (Barber 1992; Kinsinger und
Walch 2012). Durch 9/11 im Jahre 2001 und die Finanzkrise 2007/2008
verankerte sich der Begriff auch immer mehr in der Führungs-Literatur.
Wenn die Welt also tatsächlich immer komplexer wird, handelt es sich da-
bei um einen langfristigen Trend oder lediglich eine Phase in der Mensch-
heitsgeschichte? Schließlich dürften die Pest, die Weltwirtschaftskrise
1929, die Weltkriege oder die krisengeschüttelten späten 1960er und frü-
hen 1970er Jahre auch erhebliche Unsicherheit ausgelöst haben (Kraaijen-
brink 2019; Leendertz 2017). Schon Toffler (1971) hat vor einem halben
Jahrhundert über die Urkraft des beschleunigten Wandels geschrieben.
Werden wir uns womöglich nur der schon immer existierenden Komplexi-
tät erst jetzt bewusst und nehmen mehr Unsicherheit wahr? Oder hat das
Thema Brisanz, weil Wettbewerbsvorteile durch Skalierung und Effizienz-
steigerungen im Gegensatz zu Management-Innovationen im Umgang mit
Komplexität zunehmend ausgereizt sind (Hagel und Brown 2013)?
Strunk (2019) weist darauf hin, dass es an empirischen Forschungsergeb-
nissen dazu fehlt, ob die Welt tatsächliche immer komplexer werde.
Gemäß Schweitzer et al. (2009, S. 422) nimmt die ökonomische Ver-
netzung zu: „Economic systems are increasingly built on interdependen-
cies, implemented through transnational credit and investment networks,
Marion Walz 545

trade relations, or supply chains that have proven difficult to predict and
control.“ Die Autoren erwähnen jedoch auch die fehlende Empirie.
Taleb (2010) hat den Begriff des „Black Swan“ geprägt als Ereignis, das
als Ausreißer außerhalb des gängigen Erwartungsrahmens liegt, extreme
Auswirkungen mit sich bringt (fat-tailed distribution), nicht vorhersehbar
ist und lediglich im Rückblick den Anschein von Vorhersehbarkeit vermit-
telt, z.B. die Nuklearkatastrophe von Fukushima (Taleb 2013). „A black
swan is about unknown unknowns“ (Taleb 2010, S. 272). Er ist der Mei-
nung, dass sie seit der industriellen Revolution im Gegensatz zu alltägli-
chen, normalen Ereignissen eine zunehmend dominante Rolle spielen.

Technologie als Treiber von Dynamik und Komplexität


Auch wenn andere Umweltfaktoren nicht zu vernachlässigen sind, z.B.
Auswirkungen durch Klimawandel, Migrationsströme, Finanzschocks und
geopolitische Krisenherde (World Economic Forum 2019), sind besonders
technologische Trends für Unternehmen richtungsweisend. Es ist von der
digitalen Revolution und Disruption die Rede (Yokoi et al. 2019).
Diese wurde durch das 1965 von Gordon Moore formulierte Mooresche
Gesetz erst möglich, einer Faustregel, die die Verdoppelung der Prozessor-
leistung für Computer alle ein bis zwei Jahre beschreibt. Sie hat sich bis
vor wenigen Jahren, als physikalische Grenzen der CPU-Entwicklung er-
reicht wurden, bewahrheitet. Es gibt Indikationen, dass ähnliche Dynami-
ken auch für andere informationsgetriebenen Technologien Geltung haben,
etwa der Entschlüsselung des menschlichen Genoms. Diese exponentielle
technologische Entwicklung, die zu Beginn relativ lange unterdurch-
schnittlich verlief und deshalb nicht auffiel oder in der Wahrnehmung hin-
ter den Erwartungen zurückblieb, hat heute laut Ismail, Malone und Van
Geest (2014) in vielen Bereichen eine Steigung erreicht, die dazu führt,
dass z.B. langsamere soziale, organisationsbezogene oder politische Ent-
wicklungen immer weiter hinterher hinken und die Lücke immer grösser,
das heisst die Disruption immer markanter wird.
Ismail et al. (2014) sprechen von „Exponential Organizations“, nämlich
„…one whose impact (or output) is disproportionately large – at least 10x
546 Selbstorganisation im Kontext von Unternehmensführung

larger – compared to its peers because of the use of new organizational


techniques that leverage accelerating technologies“ (Ismail et al. 2014, S.
18). Die Möglichkeiten seien quasi unbeschränkt, da durch die "6D" cha-
rakterisierbare, exponentielle Technologien im Gegensatz zu physischen
Produkten oder Dienstleistungen keiner Angebots-Limitierung unterlie-
gen: digitized: Digitalisiertes kann ohne zusätzliche Grenzkosten vertrie-
ben werden; deceptive: exponentielles Wachstum ist aufgrund der zunächst
unterdurchschnittlichen Entwicklung irreführend; disruptive: digitale
Technologien übertreffen nicht-digitale Modelle bezüglich Effektivität
und Kosten und führen zu einer Disruption klassischer Märkte; demo-
netized: je günstiger die Technologie, desto weniger ist Geld Teil der Glei-
chung; dematerialized: klassische Produkte werden als Apps in Smartpho-
nes integriert (z.B. Radios, GPS, Kameras); democratized: digitale Pro-
dukte und Geschäftsopportunitäten sind für mehr Menschen zugänglich.
Es zeigt sich immer häufiger, dass ein langjähriger Vorsprung in einem
Markt, Tradition, Größe, etc. sogar hinderlich sein können, da es gerade
den erfolgreichen Unternehmen besonders schwerfällt, sich komplett neu
zu erfinden und sich selbst zu kannibalisieren, bevor es andere tun (Chris-
tensen 2016). Ein Paradebeispiel ist Eastman Kodak. Das Unternehmen
musste 2012 Bankrott erklären, obwohl es zuvor die Digitalkamera selbst
erfunden, als Idee dann aber wieder verworfen hatte. Fast zeitgleich wurde
ein etwa zwei Jahre altes Start-up mit 13 Mitarbeitern von Facebook für $1
Mrd. übernommen: Instagram, ein Onlinedienst, bei dem täglich Millionen
von direkt mit dem Smartphone gemachte Fotos und Videos mit Grenz-
kosten von null hochgeladen und geteilt werden (Ismail et al. 2014, S. 28).
Ein weiteres Beispiel für Disruption sind Marktanteilsverluste von Mobil-
funkanbietern an Messenger-Dienste. 2012 wurden in Deutschland 59,8
Mrd. Kurznachrichten per SMS versendet (Bundesnetzagentur 2015, S.
60). 2018 waren es lediglich noch 8,9 Mrd. (Bundesnetzagentur 2019, S.
57).
Gesprochen wird von der vierten industriellen Revolution (Schwab 2017)
oder dem zweiten Maschinen-Zeitalter. Im gleichnamigen Buch „The Se-
cond Machine Age“ (Brynjolfsson und McAfee 2016) und in „The Rise of
the Robots“ (Ford 2016) gehen die Autoren auf die zunehmende Auto-ma-
tisierung und Robotisierung und die resultierenden gesellschaftlichen und
Marion Walz 547

individuellen Herausforderungen ein. Einige Studien sagen voraus, dass


bis 2030 etwa 50% der heutigen Jobs durch Roboter – Drohnen, autonome
Fahrzeuge, Industrie-Roboter, Chatbots, Machine Learning, etc. – ersetzt
werden (Frey und Osborne 2013). Neue Arbeitsplätze werden
voraussichtlich komplett neuartigen Kompetenzprofilen entsprechen.
Eine besondere Rolle hat das Internet. Mehr als 2,5 Mrd. Menschen, also
ein Drittel der Weltbevölkerung oder gut 70% der Online-Bevölkerung,
sind Nutzer von Social-Media-Plattformen. Facebook verfügt als größte
über 2,4 Mrd. Nutzer (Ortiz-Ospina 2019). Seit der Diskussion über die
Einflussnahme auf die Meinungsbildung von Wählern durch sogenanntes
Mikrotargeting in sozialen Netzwerken im Vorfeld der Präsidentschafts-
wahlen in den USA und des Brexit-Referendums im Jahre 2016 zeigt sich
deutlich, welche massiven gesellschaftlichen Auswirkungen diese haben
können. Generell sind durch die zunehmende Vernetzungsdichte z.B. über
Retweet- und Share-Funktionen Aufschaukelungen möglich (Kruse 2004).
Vergleichsweise kleine Vorfälle können sich für Unternehmen aufgrund
solcher Effekte zu wahren Public-Relations-Tsunamis entwickeln.
Auch die Vernetzung von Geräten unter dem Stichwort „IoT“ (Internet of
Things) gewinnt an Relevanz. Immer mehr Endverbraucher- und B2B-Ge-
räte (Haushaltsgeräte, Gebäude, sogenannte smarte Kleider und Acces-
soires, medizinische Geräte, Fahrzeuge und Maschinen, etc.) haben inte-
grierte Sensoren, sammeln Daten, kommunizieren untereinander über
Netzwerke und interagieren mit der Umwelt. Schätzungen gehen von ei-
nem deutlichen Wachstum aus. Laut IoT-Analytics (Lueth 2018) waren
2014 etwa 4 Mrd. Geräte mit dem Internet verbunden 2025 sollen es knapp
25 Mrd. sein. Andere Prognosen liegen noch deutlich höher.
Es erscheint realistisch, davon auszugehen, dass der Innovations-, Konkur-
renz- und Anpassungsdruck auf Unternehmen und auch die Gesellschaft in
Zukunft zumindest nicht abnehmen wird, auch wenn selbst Experten mit
ihren Vorhersagen zu konkreten technologischen Entwicklungen im Rück-
blick betrachtet immer wieder spektakulär falsch lagen. “They say I'm old-
fashioned, and live in the past, but sometimes I think progress progresses
548 Selbstorganisation im Kontext von Unternehmensführung

too fast!“ (Dr. Seuss) Der allenthalben aufkommende Wunsch nach Ent-
schleunigung ist nachvollziehbar, es ist jedoch schwer vorstellbar, wie sich
der technologische Fortschritt kontrollieren und aufhalten ließe.
Vor diesem Hintergrund ist es besonders bemerkenswert, dass bis dato nur
ein gutes Drittel der Unternehmen aktiv auf die digitale Disruption reagiert
hat und nur 22% eine koordinierte digitale Strategie haben, obwohl 88%
davon ausgehen, dass sie signifikante oder transformative Auswirkungen
auf ihre Branche haben wird (Yokoi et al. 2019).
Je besser Unternehmen also lernen, mit Veränderungen umzugehen, umso
höher ihre Überlebenschancen. Herkömmliche, streng hierarchische An-
ordnungs- und Kontrollstrukturen funktionieren immer weniger. Sie erwei-
sen sich als zu schwerfällig. Zudem wird Unternehmensentwicklung noch
zu oft als technologisch-rationaler, linear plan- und steuerbarer Prozess an-
gegangen. Systemisch-behaviorale Prozesse werden vernachlässigt.

Business-Agilität als Reaktion auf eine schnelllebige, komplexe Welt


Um mit den Folgen von Digitalisierung und Globalisierung umzugehen,
wollen viele Unternehmen „agiler“, also schneller (time to market), besser
(Wertschöpfung) und anpassungsfähiger (Innovationsfähigkeit) werden.
Es geht um deren Fähigkeit, sich fortlaufend und erfolgreich auf eine kom-
plexe und schnelllebige Umwelt einzustellen und Bedingungen für eine
kontinuierliche organisationale Evolution herzustellen. Eine Herausforde-
rung liegt im Spagat zwischen Veränderung und Stabilität. Die Stabilität
des Gesamtsystems muss trotz aller Dynamik gewährleistet sein. Auch
müssen z.B. einer linearen, sequenziellen Logik folgende Produktionspro-
zesse zumindest für eine gewisse Zeit stabil bleiben. Zentrale Fragen lau-
ten: Wie muss ein Unternehmen zukünftig aufgestellt sein, um auf das Un-
erwartete schnell und adäquat reagieren zu können? Was braucht es zur
Stärkung der organisationalen Resilienz (im Gegensatz zu einer auf eine
stabile Umwelt ausgerichtete Robustheit und Effizienz)? Wie können Ko-
ordinations- und Kommunikationskosten innerhalb des Unternehmens re-
duziert werden? Was sind ideale Rahmenbedingungen für Innovations-
kraft? Wie können Kundenzufriedenheit und -bindung gesteigert werden?
Marion Walz 549

Welche Voraussetzungen müssen als attraktiver Arbeitgeber und für mög-


lichst wertschöpfendes Arbeiten aller gegeben sein?
Der erste wichtige Schritt ist die Erkenntnis, dass Komplexität tatsächlich
grundlegend Anderes verlangt als das Weiterführen linearer Ansätze mit
mehr Nachdruck. Loucks et al. (2016, S. 180) nennen das auf den Umgang
mit der digitalen Disruption ausgerichtete Set an Kompetenzen „Digital
Business Agility“. Es besteht aus drei Haupt-Kompetenzfeldern, die im
Grunde auch ganz generell auf Business-Agilität zutreffen:
− Hyper-Awareness: sowohl in Bezug auf Veränderungen im Inneren
und ausserhalb der Organisation, aber auch bezüglich der Bedürfnisse
und des Verhaltens interner und externer Anspruchsgruppen
− Informed Decision Making: durch Gestaltung der Zusammenarbeit
unterschiedlicher Personen und Gruppen und die dadurch ermöglichte
Nutzung kollektiver Intelligenz, aber auch durch die Integration orga-
nisationsweiter Datenanalyse
− Fast Execution: durch die dynamische Einführung und Anpassung
von Geschäftsprozessen und die Fähigkeit, unterschiedlichste Res-
sourcen je nach Erfordernis zu erwerben, einzusetzen, zu verwalten
und neu zuzuweisen.
Agilität und Selbstorganisation in der Unternehmenspraxis
Einige agile Ansätze stammen aus dem Projektmanagement in der Soft-
ware-Entwicklung, andere zielen auf neuartige Aufbauorganisationen ab,
die die klassischen, machthierarchischen, zu behäbigen Gebilde ablösen
sollen. Eine Vielzahl agiler Prinzipien dienen als Leitplanken: radikale
Kundenzentriertheit, Transparenz, dezentrale Entscheidungskompetenz,
kleine, funktionsübergreifende Teams mit "end-to-end" Verantwortung,
kontinuierliches Lernen durch Experimentieren und Feedback-Schleifen,
getaktete Zeitfenster mit Fokus auf begrenzte, unmittelbar Wert generie-
rende Arbeitspakete, Wertorientierung und Sinnhaftigkeit, uvm.
Ein sehr zentrales agiles Prinzip ist das der Selbstorganisation. Allerdings
wird darunter meist nicht dasselbe verstanden wie in der Synergetik, wo
550 Selbstorganisation im Kontext von Unternehmensführung

sie Mechanismen beschreibt, mit denen höhere strukturelle Ordnungen er-


reicht werden, ohne dass äußere steuernde Elemente vorliegen. Hier han-
delt es sich also um eine Eigenleistung des Systems, die auch spontane
Veränderungen der Ordnungszustände ermöglicht (Haken und Schiepek
2010). Göbel (1998) nennt dies „autogene Selbstorganisation“. Sie kann
sowohl erwünschte als auch nicht erwünschte Muster hervorbringen. Im
Gegensatz dazu ist im Sprachgebrauch von Beratern und Unternehmens-
vertretern in der Regel die „autonome Selbstorganisation“ (Göbel 1998)
gemeint, das Resultat bewusster Gestaltung innerhalb vorhandener Hand-
lungsspielräume. Sie kann im Gegensatz zur autogenen beschlossen und
eingeführt werden.
In der Praxis ist im Zusammenhang mit Selbstorganisation implizit die nor-
mative Aussage verbunden, dass es sich dabei um etwas Wünschenswertes
handelt, einerseits zur Erhöhung der Agilität, andererseits aber auch ganz
grundsätzlich im Sinne einer humanen Unternehmensführung. Selbstorga-
nisation, verstanden als Selbstbestimmung, wird als menschliches und in
Organisationen lange vernachlässigtes Bedürfnis gesehen. Man verspricht
sich davon ein eine höhere Mitarbeitermotivation, reduzierte Kommunika-
tions- und Koordinationskosten, eine höhere Reaktionsgeschwindigkeit
und eine bessere Kundenorientierung und Servicequalität. Aspekte wie De-
zentralisierung, Enthierarchisierung, Entformalisierung und selbstgestal-
tete Kollaboration stehen im Vordergrund.
Eine Frage ist, wie gleichzeitig ein hohes Maß an Autonomie bei gleich-
zeitiger gemeinsamer Ausrichtung erzielt werden kann. Ersteres erfordert
netzwerkartige Strukturen mit dezentralen Entscheidungsbefugnissen. Der
Preis für diese ist, dass solche Strukturen an Identität stiftender Bedeutung
einbüßen (Kruse 2004), also einen Verlust an Kohärenz darstellen (Kühl
2015b).
Selbstorganisation wird in der Praxis zudem häufig mit Selbstmanagement
oder Selbststeuerung gleichgesetzt (Kaltenecker 2017; siehe dazu auch Ha-
ken und Schiepek 2010, S. 66 ff.), was eine aktive Anstrengung impliziert.
In der Synergetik ist Selbstorganisation wertfrei und etwas, das in sozialen
Systemen von selbst passiert, auch ohne Anstrengung (Haken und
Schiepek 2010, S. 65 f.). Mitunter führen die auftretenden Muster dann zu
Marion Walz 551

Überraschungen und Verwunderung. Und das „Selbst“ der Selbstorganisa-


tion bezeichnet vorerst „nichts anders als die Rückbezüglichkeit (Selbstre-
ferenz) der in einem System beteiligten kreiskausalen Prozesse“ (Haken
und Schiepek 2010, S. 68).
Post-hierarchische Ansätze von Aufbauorganisationen
Wie sieht die perfekte Aufbauorganisation aus, welche Selbstorganisation
optimal ermöglicht und die klassischen, hierarchischen Pyramiden zukünf-
tig ersetzen soll? Die vorhandenen Konzepte scheinen das Versprechen zu
beinhalten, „dass die Widersprüchlichkeiten, die jeder Organisation inne-
wohnen, gegen null reduziert werden können“ (Kühl 2015b, S. 15). Ge-
meint sind die zwangsläufigen Widersprüchlichkeiten zwischen den drei
Seiten jeder Organisation: der formalen, der informalen und der Schauseite
nach außen (Kühl 2011). Pfläging (2014) spricht demgegenüber neben der
formalen und informellen Struktur von der Wertschöpfungsstruktur als
dritter Perspektive. Die Suche nach postbürokratischen Organisationsfor-
men ist tatsächlich nicht neu (Kühl 2015a, b). Die früher als „flexible
Firma“, „modulare Organisation“ oder „Adhocratie“ bezeichneten Organi-
sationsformen heißen jetzt „fluide Gebilde“, „agile Systeme“
oder „fraktale Organisationen“. Andere Modelle nennen sich „Holokratie“,
„Soziokratie 3.0“, „Pfirsich-Organisation“, „evolutionary“, „responsive“,
„teal“, „liberated“, „agile“, „agilstabile“ oder „kollegial geführte“ Organi-
sation, „zelluläres System“, „Spotify-Modell“, usw.
Kann es das eine perfekte Modell, das die Vielfältigkeit der vorhandenen
Kontexte abdeckt, überhaupt geben? „Die Perfektion einer geplanten
Struktur wird nur von Organisationen erreicht, die kurz vor ihrem Kollaps
stehen“ (Parkinson 1958, zitiert nach Kühl 2015a, S. 29). Zudem „…zei-
gen viele Beispiele, dass Chaos in lebenden Systemen nicht etwa mit
Krankheit, sondern vielmehr mit Gesundheit verbunden ist“ (Strunk und
Schiepek 2014, S. 62).
Agile und systemische Arbeitsweisen, Methoden und Prinzipien
Agile Arbeitsweisen sind vielfältig und überschneiden sich teils mit An-
sätzen aus der systemischen Praxis. Sie dienen ebenfalls der Unterstützung
autonomer Selbstorganisation. Auch wenn der Begriff „agil“ impliziert,
552 Selbstorganisation im Kontext von Unternehmensführung

dass sie in der komplexen Domäne einzuordnen sind, entsprechen viele


zumindest in der Umsetzung einer Linearisierung von Prozessen, und da-
mit einer Überführung von der komplexen in eine komplizierte Welt, oder
von exploration zu exploitation. Aus der Software-Entwicklung stammen
Methoden wie „Scrum“ und „eXtreme Programming“ (XP), aus der Pro-
duktion das „Toyota-Produktionssystem“, „Kanban“, „Lean Production“,
und die Design- und Innovationsagentur IDEO haben „Design Thinking“
etabliert. Großgruppenformate wie Open Space, World Café oder Future
Search ermöglichen co-kreatives Arbeiten und den zeitgleichen Zugang zu
den Ressourcen einer großen Anzahl von Menschen. „Beyond Budgeting“
ist eine Management-Bewegung, die versucht, im Finanzmanagement un-
gewollten Nebeneffekten aus eigenen stringenten, formalisierten Ansätzen
der Budgetplanung zu entkommen (Bogsnes 2016).
Agile Werte, Prinzipien, Haltung und Kultur
Der Unterschied zwischen "being agile" und "doing agile" wird oft daran
festgemacht, ob lediglich Methoden abgespult oder auf der Basis von ver-
innerlichten agilen Prinzipien Lösungen hergeleitet werden. Beispiele für
Werte beinhalten Ganzheitlichkeit, Vertrauen, Neugierde, Mut, Humanis-
mus, Freiheit, Commitment, Einfachheit, Feedback, Fokus, Kommunika-
tion, Diversität, Offenheit, Respekt, Exzellenz, Arbeiten auf Augenhöhe,
Motivation, Innovation, Ermächtigung, Sinnhaftigkeit, uvm.
Der inneren Haltung (mindset), wird in der Praxis viel Gewicht beigemes-
sen, teilweise fälschlicherweise in der Hoffnung, dass es ausreicht, alle
Mitarbeiter zu einer „richtigen“ Einstellung zu bewegen und ihnen die
Prinzipien agilen Arbeitens beizubringen, um eine agile Organisation zu
etablieren. Unterschätzt wird immer wieder, dass eine Einstellung, genau
wie z.B. Kultur, nicht direkt beeinflusst werden kann, sondern emergiert
(s. dazu auch Haken und Schiepek 2010, S. 531 ff.), und dass Einstellung
nicht das einzige und manchmal nicht das ausschlaggebende ist, das Ver-
halten beeinflusst (Sapolsky 2017).
Zu beachten ist auch, dass sich Agilität nicht durch Addition und Aggre-
gation agiler Mitarbeiter oder Teams zu einer agilen Organisation skalieren
lässt. Wenn das Ganze etwas Anderes ist als die Summe der Einzelteile,
dann ist die Leistung des Ganzen das Produkt der Interaktionen der Teile.
Marion Walz 553

„To manage a system effectively, you might focus on the interactions of


the parts rather than their behaviour taken separately” (Ackoff 1972, zitiert
nach Dobyns und Crawford-Mason 1994). Oder mit den Worten von
Strunk und Schiepek (2014, S. 84): „Der Schlüssel zu alternativen Verhal-
tensweisen liegt nicht in der Manipulation der Systemelemente, sondern in
der Anregungsenergie des Systems.“
Möglichkeiten zur Persönlichkeitsentwicklung und Reflexion jedes Ein-
zelnen haben selbstverständlich einen wichtigen Stellenwert. Sie sind je-
doch vor allem dann unzureichend, um eine agile Gesamtorganisation zu
erreichen, wenn die Rahmenbedingungen in die entgegengesetzte Rich-
tung wirken und das Unternehmen außerhalb der agilen Einzelteams un-
verändert bürokratisch organisiert ist. Die Gefahr liegt also darin, zu glau-
ben, alles wäre in Ordnung, hätte der Mitarbeiter nur eine andere Haltung,
denn damit einher geht auch eine in diesem Fall ungerechtfertigte Delega-
tion von Verantwortung, bis hin zu Schuldzuweisungen.
Vielen Entscheidungsträgern ist vermutlich auch noch nicht klar, wie
grundlegend neu gedacht werden muss, wenn die Herausforderungen der
heutigen Komplexität und Dynamik wirklich angegangen werden sollen.
Breitflächige Mitarbeiter-Seminare zum Thema „agiles Mindset“, gepaart
mit der Einführung einiger agiler Praktiken auf Teambasis, sind zudem re-
lativ unverfänglich und vermitteln das gute Gefühl, etwas in Richtung Agi-
lität getan zu haben, ohne andere wesentliche, aber eben auch einschnei-
dendere, Aspekte der Organisation anzutasten.

Der Beitrag der Synergetik im Unternehmenskontext


Aus den bisherigen Ausführungen wird offensichtlich, dass die Synergetik
als umfassende, auf Systeme und Subsysteme unterschiedlicher Flughöhen
(von Gesamtorganisation bis Einzelpersonen) anwendbare Metatheorie der
Selbstorganisation einen wichtigen Beitrag zu zielführenderen Entschei-
dungen und Vorgehensweisen in Unternehmen leisten kann und sollte.
554 Selbstorganisation im Kontext von Unternehmensführung

Gestalten von organisationalen Veränderungsprozessen


Das Gestalten effektiver Veränderungsprozesse, respektive das Ermögli-
chen kontinuierlicher Anpassungsprozesse in Unternehmen, ist eine immer
wichtiger werdende Aufgabe von Führungskräften und – bei dezentralen
Entscheidungsstrukturen – aller autonomen Einheiten. Der Begriff
„Change Management“ ist irreführend, weil er impliziert, dass sich Verän-
derungen direkt „managen“ lassen. Es lässt sich jedoch vielmehr als "…ein
prozessual-adaptives Herstellen von Bedingungen für selbstorganisierte
Ordnungsübergänge in professionellen Lern- und Entwicklungskontexten
verstehen“ (Haken und Schiepek 2010, S. 628).
Das Gerüst für den Gesamtprozess stellt das Modell des synergetischen
Prozessmanagements dar (Haken und Schiepek 2010, S. 633; Schiersmann
2013, S. 66). Die Befolgung der darin vorkommenden acht generischen
Prinzipien für die Gestaltung von Ordnungsübergängen ist aufgrund der
Natur komplexer Systeme keine Garantie für Erfolg. Sie stellen jedoch eine
wertvolle Orientierungshilfe und Entscheidungsgrundlage für die professi-
onelle Begleitung von Veränderungsprozessen und die Auswahl von Inter-
ventionen dar. Ausführliche Aufzählungen möglicher Interventionen fin-
den sich bei Haken und Schiepek (2010, S. 628 ff.) und Schiersmann
(2013, S. 60 ff.). In der Praxis der professionellen Begleitung von Verän-
derungsprozessen werden die Prinzipien zwar üblicherweise befolgt, es
wird aber selten konkret auf die Synergetik verwiesen. Häufig haben Pro-
zessbegleiter, aber auch Betroffene selbst, eine gute Sensorik dafür, was
fehlt und auf was es in einer bestimmten Phase besonders ankommt. An-
zeichen für die Vernachlässigung des jeweiligen generischen Prinzips sind:
1) Stabilitätsbedingungen für Veränderungsprozesse schaffen, wenn:
Unruhe, Unsicherheit, Misstrauen, Angst, Paralyse, Mangel an Selbst-
vertrauen, Hoffnungslosigkeit, Konflikte, Verwirrung, etc.
2) Das System und seine Muster identifizieren, wenn: Unklarheit über
einzubeziehende Betroffene, Verwirrung über Ausgangslage und Zu-
sammenhänge, überraschende Dynamiken, etc.
3) Sinnbezug herstellen, wenn: fehlende Veränderungsmotivation, Inte-
ressenskonflikte, Fragen zum „Warum“ und „Wozu“, etc.
Marion Walz 555

4) Kontrollparameter identifizieren und Energetisierung ermöglichen,


wenn: mangelnde Zugkraft nach „vorne“, Lethargie, fehlende Energie,
Motivationslosigkeit, Orientierungslosigkeit, Reibungsverluste, etc.
5) Destabilisierung, Fluktuationsverstärkung anregen, wenn: Selbstzu-
friedenheit, Ignorieren und Trivialisieren existenzbedrohender Infor-
mationen, festgefahrene Muster, zuwiderlaufende Anreize, etc.
6) Resonanz und Kairos beachten, Synchronisation herstellen, wenn:
Aneinander vorbeireden, Zeichen von Überforderung der Betroffenen,
Flaschenhälse, mangelnder Flow und Durchsatz, etc.
7) Gezielte Symmetriebrechung ermöglichen, wenn: Dinge werden zu
stark dem Zufall überlassen, fehlende Entscheidungsarchitekturen, etc.
8) Restabilisierung sichern, wenn: Anhaltende Unruhe im System, Be-
schlossenes etabliert sich nicht, fehlende Nachhaltigkeit, etc.

Führungskräfteentwicklung: Vermittlung der Charakteristika komplexer


adaptiver Systeme
Das Selbstverständnis von zielorientierter Führung verändert sich, weg
vom heroischen Einzelkämpfer, der top-down die Marschrichtung vorgibt,
hin zum Gestalter optimaler Rahmenbedingungen für eine gelungene
Selbstorganisation. Im Rahmen von Enthierarchisierung und größerer Au-
tonomie wird Führung auch immer weniger an der Rolle eines Vorgesetz-
ten festgemacht. Es besteht also auf breiter Ebene die Notwendigkeit eines
vertieften Verständnisses davon, was es für alle Aspekte der Unterneh-
mensführung auf strategischer und operativer Ebene bedeutet, dass Orga-
nisationen eben nicht komplizierte Maschinen mit klaren, linearen Abhän-
gigkeiten sind, sondern komplexe adaptive Systeme.
Dass es sich dabei grundsätzlich um ein Fahren im Nebel auf sehr kurze
Sicht handelt, dass Erkenntnisse über das System erst in der Interaktion mit
demselben gewonnen werden können, dass es aufgrund der inhärenten Un-
vorhersehbarkeit die ständige Notwendigkeit von Neubeurteilungen und
Anpassungen gibt, dass also iterativ und ergebnisoffen vorgegangen wer-
den muss, dass man es häufig mit indirekten Variablen zu tun hat, die nicht
direkt gesteuert werden können, und mit Mustern, die emergieren, dass kri-
tische Instabilitäten vor Ordnungsübergängen dazu gehören, all das passt
556 Selbstorganisation im Kontext von Unternehmensführung

nicht zu den heute oft noch vorherrschenden, eigenen internen Planungs-


und Selbstverpflichtungszwängen.
Zu den idealerweise zu vermittelnden Grundlagen gehörend die wesentli-
chen Grundbegriffe und -konzepte, wie sie im Grundschema der Synerge-
tik zusammengefasst sind (Haken und Schiepek 2010, S. 134, S. 246 und
S. 603). Es geht zudem um die Vermittlung von individueller und emergen-
ter Systemkompetenz (Kriz 2000; Manteufel und Schiepek 1994a, b, 1998;
Schiepek 1997; Haken und Schiepek 2010), also des Spektrums der not-
wendigen emotionalen, intellektuellen, wissenschaftlichen und prakti-
schen „Kompetenzen im Umgang mit komplexen Systemen und ihrem
nichtlinearen Verhalten“ (Haken und Schiepek 2010, S. 634).
Die Lernziele der individuellen Systemkompetenz für Führungskräfte (Ha-
ken und Schiepek 2010, S. 634 f. und S. 671 ff.) umfassen:
1) soziale Kompetenzen,
2) die Dimension Zeit, womit alle kognitiven und sozialen Kompetenzen
gemeint sind, „die helfen, sich an die Eigendynamik von Systement-
wicklungen anzukoppeln, sich auf stabile und instabile Prozesse einzu-
stellen und damit in Resonanz zu treten, ohne den Überblick über lang-
fristige Entwicklungen zu verlieren“ (Haken und Schiepek 2010, S.
635),
3) den konstruktiven Umgang mit Emotionen, Stressbewältigung und Res-
sourcenaktivierung, sowohl in Bezug auf sich selbst als auch auf Mit-
arbeiter,
4) die Entwicklung von Selbstorganisationsbedingungen gemäß den gene-
rischen Prinzipien,
5) spezifische Wissensinhalte (z.B. komplexitätstheoretische, betriebs-
wirtschaftliche, sozialpsychologische, soziologische Grundlagen,
uvm.), und
6) die Mustererkennung und Modellierung, also Verfahren der Erfassung,
Analyse und Visualisierung dynamischer Muster und Lern- und Ent-
wicklungsprozesse.
Marion Walz 557

Emergente Systemkompetenz hingegen kommt zum Tragen, „wenn es um


die Qualitäten geht, die sich in der Interaktion von Mehrpersonenkonstel-
lationen entwickeln“ (Haken und Schiepek 2010, S. 636). Zur emergenten
Systemkompetenz gehört es auch, „die Dynamiken mehrerer ineinander
geschachtelter (eingebundener) oder parallel vernetzter Systeme … im
Blick zu halten und kontextuell zu steuern“ (Haken und Schiepek 2010, S.
637).
Change Monitoring und Analytics
Change Monitoring und Analytics-Verfahren sind in der Praxis trotz ihres
immensen Mehrwerts noch massiv untervertreten. Zwar wird in Unterneh-
men vieles gemessen und analysiert, nicht aber im Bereich nichtlinearer
Zusammenhänge (Kultur, Stimmungen, Haltungen, Emotionen, Kommu-
nikationsmuster, usw.). Das mag verschiedene Gründe haben, unter ande-
rem fehlendes Know-how, Bedenken im Zusammenhang mit Datenschutz
und Arbeitnehmermitbestimmung, mangelnde Datenqualität und limitierte
Budgets für Prozessbegleitungen und für die Arbeit an weichen Faktoren
(im Gegensatz zu fachlichen und funktionalen Beratungsleistungen).
Besonders interessant sind Methoden, die es erlauben, schnelle Verände-
rungen, z.B. die dynamische Komplexität oder von Synchronisations-
bzw. Desynchronisationsprozessen, zu analysieren, da diese Verfahren be-
sondere Aussagekraft für auftretende Destabilisierungs- und Neuorganisa-
tionsprozesse haben. Mit dem synergetischen Navigationssystem SNS
(Haken und Schiepek 2010, S. 627 und S.656 ff.; Schiepek et al. 2013)
besteht die Möglichkeit eines fortlaufenden, datengetriebenen Monitorings
von Veränderungsprozessen anhand von Rohdaten-Zeitreihen, Dynami-
schen Korrelations-Matrizen, Komplexitäts-Resonanz-Diagrammen, Re-
currence-Plots und Interaktionsmatrizen.
Change Monitoring und Analytics haben großen Nutzen als empirisch fun-
dierte Navigationshilfen durch Prozesse der Selbstorganisation, zur Opti-
mierung von Veränderungsprozessen, zur Ermöglichung und Nachverfol-
gung von Lern- und Entwicklungsprozessen, zum Sichtbarmachen von Or-
ganisations-Silos und zum frühen Erkennen schwacher Signale neuartiger
Muster. Betroffene werden mit einbezogen und durch transparentes Feed-
558 Selbstorganisation im Kontext von Unternehmensführung

back ermächtigt. Kritische Instabilitäten und Ordnungsübergänge im Sys-


tem deuten sich an, was ein effektives, ressourcensparendes Timing von
minimalinvasiven Interventionen und gezielte Symmetriebrechungen er-
laubt.
Coaching von Führungskräften
Nicht zuletzt kann das SNS beim Coaching zur Förderung individueller
Resilienz und Vorbeugung von Überforderungsszenarien eingesetzt wer-
den. Die erwarteten disruptiven Veränderungen haben nicht zu unterschät-
zende Auswirkungen auf die fachlichen und psychischen Anforderungen,
wie z.B. psychische Anpassungsfähigkeit, Frustrationskompetenz, Ambi-
guitätstoleranz, Konfliktkompetenz und den Umgang mit Unsicherheit.

Zusammenfassung
Die Disruption durch Digitalisierung und Globalisierung, aber z.B. auch
ökologische Entwicklungen wie den Klimawandel, stellt nicht nur Unter-
nehmen, sondern auch die Politik, die Gesellschaft und die einzelnen Men-
schen vor große Herausforderungen. Der Anpassungs- und Innovations-
druck steigt. Immer häufiger werden wir mit "unknown unknowns" kon-
frontiert werden, bei denen nicht nur die Antwort, sondern nicht einmal die
zugrundeliegende Frage klar sein wird. Wenn ein Unternehmen nicht weiß,
auf was genau es wird reagieren müssen, sind Business Agilität und orga-
nisationale Resilienz ein entscheidender Wettbewerbsvorteil.
Vor diesem Hintergrund ist die Relevanz der wissenschaftlichen Vorleis-
tung und gerade auch der Synergetik nicht von der Hand zu weisen. Es
wäre wünschenswert, dass diese Stimme in der Praxis noch mehr Gewicht
bekommt. Als Kerntheorie bietet die Synergetik bei der Gestaltung von
organisationalen Veränderungsprozessen und der Führungskräfteentwick-
lung eine wertvolle Grundlage. Sie dient zudem als Bezugsrahmen, an dem
die Validität von Berater- und Management-Moden gemessen und diese
eingeordnet werden können. Besonders in Bezug auf Change Monitoring
und Analytics besteht in Zukunft großes Potential.
Marion Walz 559

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Wolfgang Eberling 565

Die Generische Prinzipien als Roadmap für agile Teams


und agile Organisationen – Selbstorganisiertes Arbeiten
mit agilen Frameworks neu erklären und gestalten
Wolfgang J. Eberling

Change-Dynamiken scheinen immer mehr zuzunehmen, Schnelligkeit,


Globalität, intensive Vernetzung und das Auftreten nichtlinearer Dynami-
ken sind feste Bestandteile unserer „VUCA-Welt“ geworden. Sie zwingen
uns, unsere Denk-und Handlungsweisen grundsätzlich infrage zu stellen,
zu überdenken und neue Ansätze zu wagen. SCRUM (z.B. Knapp et al.
2016; Wirdemann 2017) und Kanban (z.B. Leopold und Kaltenecker
2018), Holacracy und Soziokratie (Robertson 2016; Strauch und Reijmer
2018), agile Teams und agile Organisationen (z.B. Scheller 2017; Kalten-
ecker 2017; Hofert und Thonet 2019) sind Lösungsversuche, um diese Dy-
namiken „in den Griff“ zu bekommen und unseren Gestaltungsanteil zu
erhöhen. Viele dieser Modelle beruhen auf Prinzipien der Selbstorganisa-
tion, sie haben jedoch keinen ausgewiesenen und expliziten Bezug auf ge-
eignete Theorien und daraus abgeleitete Konzepte. Einen solchen „Link“
stellen die Generischen Prinzipien (GP) von Günter Schiepek (Schiepek et
al. 2001; Haken und Schiepek 2010, Kap. VII) her: sie sind explizit aus
einer Theorie der Selbstorganisation, der Synergetik, abgeleitet und sie
sind mit dem Synergetischen Navigationssystem (SNS, Schiepek und Ha-
ken 2010; Schiepek et al. 2013) empirisch erfassbar. Mittlerweile werden
GP und SNS in vielen Kliniken und Beratungsstellen angewandt und von
einer lebendigen „Community“ diskutiert und weiterentwickelt1. Der
Transfer ins Gebiet der Organisationsentwicklung (OE) geht jedoch nur
langsam vonstatten und steht immer noch am Anfang2. Im Folgenden soll
entlang den Generischen Prinzipien als Roadmap diskutiert werden, wie
verschiedene „Frameworks“, die in Transformationsprozessen zu agilem

1
Die Summer Schools in Seeon sind ein gutes Forum dafür, aber auch die SNS-
Anwendertreffen, die im regelmässigen Turnus stattfinden.
2
Ausnahmen sind: Eckert et al. 2006; Kruse 2004; Kap. 10 von Haken und Schiepek 2010;
Schiersmann und Thiel 2009; Schiersmann et. al 2016.
© Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2020
K. Viol et al. (Hrsg.), Selbstorganisation – ein Paradigma für die
Humanwissenschaften, https://doi.org/10.1007/978-3-658-29906-4_32
566 Die Generische Prinzipien als Roadmap für agile Organisationen

Arbeiten Anwendung finden, aus der Perspektive der Selbstorganisations-


theorie bzw. der Generischen Prinzipien funktionieren, mit dem Ziel, eine
bewusstere und vor allem theoriegestützte Verwendung zu ermöglichen.
Es werden im Folgenden die Frameworks von SCRUM (Schwaber und
Sutherland 2011), welches ursprünglich in der Software-Entwicklung zur
Anwendung gekommen ist, und der Ansatz von Holacracy (Robertson
2016) diskutiert und in ihrer jeweiligen Praxis mit Konzepten der Selbst-
organisation in Verbindung gebracht. Der Autor kommt aus systemischen
Traditionen, zum einem vom systemisch-lösungsorientierten Ansatz und
aus der Synergetik und hat sowohl als Psychotherapeut als auch als Coach
und Organisationsberater mit diesen Ansätzen gearbeitet.

Das SCRUM-Framework
Change startet oft auf der Ebene des Top-Managements. Es ist also zu-
nächst zu klären, wer die Initiative ergriffen hat und die Arbeit mit dem
betreffenden „Framework“ vorgeschlagen und letztendlich ermöglicht hat.
Im Beispiel von Holacracy war das der Unternehmenseigner Brian
Robertson selbst, der sein Modell im eigenen Unternehmen erprobt hat.
Wichtig ist, dass der Rahmen klar gesetzt und bestimmt wird, was, wieviel,
wie und von wem entschieden und auch durchgeführt werden darf. Viele
Projekte zu agilem Arbeiten werden zunächst auf Initiative oder zumindest
mit Billigung und „Sponsoring“ des Top-Managements als „Pilote“ begon-
nen und dann breiter ausgerollt, manche erlangen den Status einer domi-
nierenden Organisationsweise, wie bei Spotify oder Zappos. SCRUM ist
häufig der Ausgangspunkt von Piloten zum agilen Arbeiten. Es hat eine
klare Struktur und lässt sich gut erlernen, die Erfolge aus der Software-
Entwicklung haben viele Nachahmer inspiriert und ermutigt, es auch in
anderen Kontexten anzuwenden.
1. Generisches Prinzip (GP 1): Schaffen von Stabilitätsbedingungen.
Schon die Anwendung eines Frameworks wie bei SCRUM genügt an sich
schon dem GP 1. Es beschäftigt sich mit den Bedingungen, wie ein stabiler
Rahmen bei „instabilem Tun“ (z.B. durch neue Kooperationsformen, neue
Prozesse, ein neues Rollenverständnis, die neue Art, Aufgabenfelder zu
definieren und zu bearbeiten) hergestellt werden kann. Auch der zeitliche
Wolfgang Eberling 567

Rhythmus von täglichen kurzen SCRUM-Meetings bis zu den meist 4-wö-


chigen Sprints und die damit verbundenen Reflexionsschleifen wie die Re-
views, die sich auf die Sachebene (die Erstellung des Produkts bzw. der
Dienstleistung) beziehen, sind Elemente, welche Stabilität bringen. Er-
gänzt wird dies durch die SCRUM-Retrospektive, die sich auf die Art der
Zusammenarbeit und damit auf die Beziehungsebene richten.
Im Rahmen des Frameworks kommt zudem ein anderes Verständnis von
Rollen zur Anwendung als in herkömmlichen Arbeitsprozessen, die meist
hierarchisch organisiert sind. Die herkömmliche „Positionsmacht“ wird
auf mehrere Rollen verteilt („distributed power“), und sie fokussiert sich
zuerst auf die jeweilige Funktion. SCRUM-Master moderieren den Pro-
zess, der/die „Product Owner“ vertreten die Perspektive der Nutzer/Kun-
den im internen Prozess, das Team mit komplementären Skills entwickelt
ein Produkt oder eine Dienstleistung. Jede Stakeholder-Gruppe vertritt un-
terschiedliche Interessen, die eine Rolle im Prozess spielen.
Im Gegensatz zu herkömmlicher Projektarbeit, die sich auch an Funktions-
rollen orientiert, wird im SCRUM-Framework nicht „linear“ gearbeitet,
sondern in iterativen Schleifen und in Zyklen („Sprints“), um zu Lösungen
zu kommen. Sie beinhalten
- klare Prozessschritte (z.B. Product backlog und Sprint backlogs
füllen, Sprints organisieren, tägliche Scrum Meetings, Reviews
und Retrospektiven durchführen);
- eine dynamische Rollen- und Aufgabengestaltung (die SCRUM-
Rollen wie oben dargestellt);
- ein mehrperspektivisches Vorgehen (verschiedene Stakeholder-
gruppen berücksichtigen);
- alle Prozesse mit Coaching durch SCRUM-Master oder agile
Coaches begleiten zu lassen (vgl. Adkins 2010; Andresen 2018).

Ziel ist es, flexibler und schneller auf neue Anforderungen aus dem Markt
(andere Player, Kunden) und aus der Organisation (Erwartungen der Mit-
arbeitenden aus anderen Abteilungen oder „neuen Generationen“ wie der
Gen Y und Z) zu reagieren. Kostenersparnisse stehen häufig auch im Hin-
tergrund.
568 Die Generische Prinzipien als Roadmap für agile Organisationen

Um organisationales Lernen zu ermöglichen, stehen die Teams im Aus-


tausch. Sie bilden über verschiedene Teams hinweg „communities“3, die
den „communities of practice“ (Wenger 2010) entsprechen, die wir aus an-
deren Organisationen kennen. Ziel ist es, Probleme zu identifizieren, Lö-
sungen auszutauschen und einen ständigen Auf- und Ausbau des Wissens-
bestandes in der Organisation zu ermöglichen. Der ständige und zeitnahe
Austausch erhöht zudem bei den Einzelnen und Teams das Selbstwirksam-
keitserleben und das Zutrauen in persönliche und teambezogene Kompe-
tenzen. Dazu sollten Einzelpersonen und Teams aber geschult darin sein,
stärken-, ressourcen-, potenzial- und lösungsfokussiert vorzugehen.
Für Management-Mitarbeiter ist es wichtig, dass sie nicht nur an vielen
Aktivitäten teilnehmen, sondern vor allem einen stabilen Erwartungs- und
Durchführungsrahmen bereitstellen: durch Zuteilung von personellen und
materiellen Ressourcen, durch Akzeptanz auf höheren Managementebenen
oder durch Neuinterpretation der Führungsrolle. Die Führungskraft agiert
eher als „ArchitektIn“, „ModeratorIn“, „Coach“ oder „MotivatorIn“, sie
schafft strategische Vorgaben, trifft Entscheide und kommuniziert, was
und was nicht in den Rahmen der Aufgaben der jeweiligen Teams fällt (als
Beispiel siehe Spotify, https://www.youtube.com/watch?v=R2o-
Xm3UVjs).
2. Generisches Prinzip: Identifikation von Mustern des Systems.
Wir haben bereits bei den SCRUM-Rollen zentrale Stakeholder benannt.
Im Mittelpunkt von SCRUM sollten jedoch immer die „Kunden“ und End-
nutzer stehen. Im SCRUM-Framework werden deshalb aus ihrer Perspek-
tive „User Stories“ erstellt, welche die Erwartungen der Nutzer kurz und
prägnant erfassen sollen. Das „product backlog“ mit allen Nutzeranforde-
rungen wird dann in ein „sprint backlog“ überführt und die nächsten
Schritte priorisiert.
Bei den Generischen Prinzipien 1 und 2 ist besonders die Management-
Gruppe Teil des relevanten Systems, da sie bei der Gestaltung der Rah-
menbedingungen – vor allem mit der Geschäftsleitung oder dem oberen
Management – arbeiten muss. Ist einmal ein Projekt „aufgegleist“, kann

3
Kniberg und Ivarsson 2012 nennen diese „guilds“
Wolfgang Eberling 569

das Management als „product owner“ nach dem SCRUM-Modell auftreten


oder dies an bestimmte Akteure delegieren. Dies gelingt jedoch nicht im-
mer, wie Knapp (2018, S.178 ff.) anschaulich beschreibt: Gerade die Per-
spektive der „Experten“ als Substitute der Kunden kann zu Fehleinschät-
zungen führen, weil die Erfahrungswelt der realen Kunden anders ist. So
hatten z.B. 8 Verlage bereits das erste Manuskript von Harry Potter als
ungeeignet abgelehnt, während der 9. Verleger es seiner 8-jährigen Tochter
zu lesen gab, die es mit den Augen und Empfindungen eines Kindes las
und als ausgezeichnet bewertete. Sie gehörte zur richtigen „user group“;
der Erfolg gab ihr Recht.
Ein Sprint-Team sollte deshalb am Ende eines Sprints „reale Kunden“ nach
ihren Erfahrungen mit den Prototypen fragen – dies ist die beste Basis, um
verlässliche Daten zu gewinnen. Der Wurm muss dem Fisch schmecken,
nicht dem Angler.
3. Generisches Prinzip: Sinnhaftigkeit herstellen. Welche Vision besteht?
Welche Benefits werden erhofft?
Die Vision und Mission von Sportify ist “to unlock the potential of human
creativity by giving a million creative artists the opportunity to live off
their art and billions of fans the opportunity to enjoy and be inspired by
these creators” (Garcia 2019). „Creative artists“ und „fans“ werden hier als
relevante Zielgruppen explizit genannt. Oft gibt es kein vollständiges Vi-
sionsbild, sondern eher einige Puzzle-Teile, die teilweise schon ineinan-
dergreifen und ein bestimmtes Bild (oder Teile davon) ergeben. Vielleicht
ist im SCRUM zumindest generell die Vision, dass ein möglichst hoher
Kundennutzen gestiftet werden soll. Das „Wozu“ muss jeweils expliziert
oder konkretisiert werden. Viele SCRUM-Teams lassen diese Aufgabe
beim Top-Management und bleiben damit im klassischen Top-down Mus-
ter hierarchischer Organisationen.
4. Generisches Prinzip: Energie und Motivation wecken.
Viele Rollen und Aufgaben haben sich bei SCRUM verändert: zwar gibt
es häufig noch Stellenbeschriebe (u.a. aus formalen und arbeitsrechtlichen
Gründen), aber der Wandel ist nur eine Frage der Zeit. Generell berichten
viele Personen, dass sie die Mitwirkungsmöglichkeiten, das hohe Mass an
570 Die Generische Prinzipien als Roadmap für agile Organisationen

Selbstverantwortung, und den großen Gestaltungsspielraum im SCRUM


als sehr gut empfinden und diese Art des Arbeitens genießen.
Erfahrene Coaches berichten, dass die im SCRUM-Framework vorgesehe-
nen Meetings unterschiedlich genutzt werden. Manche Teams machen im
Rhythmus der Sprints (z.B. alle 1-2 Monate) eine Retrospektive4. Dabei
geht es um Themen wie die eigene Befindlichkeit (oder einen anderen ähn-
lichen persönlichen Themenfokus) oder „Tabu-Themen“. Gelingt dies, för-
dert es in der Regel die Motivation und energetisiert das „System“. Es gibt
auch Auskunft über den Reifegrad der Organisationseinheit oder des
Teams und scheint Teil eines Lernprozesses zu sein, durch den das Team
im SCRUM-Framework seine Kultur ständig weiterentwickelt.
5. Generisches Prinzip: De-Stabilisieren und Fluktuationsverstärkung.
Das De-Stabilisieren alter Muster geschieht am besten durch die konse-
quente Verwendung des neuen Frameworks und dessen ständige Weiter-
entwicklung5. So sind z.B. die angemessene Größe der Arbeitspakete oder
der Veränderungsschritte, aber auch das „richtige Tempo“ Justiermöglich-
keiten für den Erfolg eines Frameworks. Sie können zur Bestärkung der
neuen Arbeitsweise führen und/oder zum Verabschieden von „old habits“.
Gute SCRUM-Teams nutzen die Sprints dazu; sie arbeiten häufig in einem
4-Wochen-Rhythmus, der immer gleichbleiben sollte. Die Priorisierung
der Aufgaben im Sprint und die angemessene Schätzung der Arbeitsauf-
wände muss gelernt werden, wobei die Unterstützung guter SCRUM-
Master oder agiler Coaches sinnvoll und wichtig ist. Um alte Arbeitswei-
sen abzulösen, sollte eine gründliche Auswertung und ein intensiver Aus-
tausch über Pilotprojekte erfolgen. Der momentane agile Hype verstellt
manchmal den Blick dafür, auf welchen Gebieten wir gut gesichertes Wis-
sen haben, welches sich auch für die klassischen Projektmanagement-Me-
thoden („Wasserfall-Modell“) eignen. Andererseits sollten aber auch die
Kriterien diskutiert werden, welche Projekte so komplex und/oder neu
sind, dass sie besser mit „agilen Formaten“ angegangen werden sollten.

4
Wieviel Sorgfalt auf die Retrospektiven gelegt werden kann, zeigt Andresen (2017) auf.
5
Sehr gut beschrieben bei Spotify.
Wolfgang Eberling 571

Geschieht dies sorgfältig, kann auch GP 7 besser erfüllt werden, die Sym-
metrie gezielt gebrochen und das Neue priorisiert werden. Um den entste-
henden Change und die neuen Praktiken auszubauen, können nicht nur die
Retrospektiven genutzt werden, sondern gerade auch „Guilds“ (vgl.
Kniberg und Ivarsson 2012) oder „communities of practice“, die folgende
Themenfelder bearbeiten:
- Diskussion um Werte (was ist uns, was ist mir wichtig?)
- Offenheit herstellen, z.B. durch Verzicht auf Leugnung (was stört
mich/uns wirklich?)
- Tabus thematisieren (über was konnten wir bisher nicht sprechen,
was aber wichtig ist?)
- Was können wir besonders gut und wie können wir dies weiter-
geben?
- Möglichkeiten zur Bereitstellung von „Frei-Räumen für selbst-
verantwortliches Arbeiten“ nach der 70:20:10 - Regel6 von
Google (Steiber und Alänge 2013).

6. Generisches Prinzip: Kairos, Resonanz, Synchronisation.


Möglichkeiten, die Gunst der Stunde zu nutzen, um Neues einzuführen,
gibt es mehr als erwartet. Kommen Führungskräfte aus dem oberen Ma-
nagement mit dem Wunsch, etwas Neues zu schaffen oder ist eine neue
Abteilung von ganz oben – „Inno-Lab“ oder Ähnliches – geschaffen wor-
den, so ist die Gelegenheit günstig, es ist nach den GP eine „Kairos-Situa-
tion“, der „richtige Zeitpunkt“.
Manchmal ist es auch ratsam, dass sich die die Organisation als Gesamtes
verschiedene Modelle für Selbstorganisation anschaut oder interne Bera-
tende, Kollegen aus der Linie und auch Externe anregende Inputs geben,
um Resonanz zu bekommen oder zu testen. Auch ist nach wie vor eine
Krisensituation ein guter Treiber für Veränderungen, aber nicht der ein-
zige.

6
Diese Regel besagt, dass 70% der Zeit auf das Kerngeschäft verwendet werden, 20% auf
angrenzende Geschäftsfelder, und 10% für Neues.
572 Die Generische Prinzipien als Roadmap für agile Organisationen

Die einzelnen Organisationseinheiten nehmen auf der Grundlage der er-


wähnten Modelle jedoch verschiedene Wege. Dies scheint unter anderem
abhängig
- vom Reifegrad der OE
- vom Vorwissen und den Vorerfahrungen der Akteure
- vom Commitment der Führungskräfte
- von den Aufgabenstellungen der OrgE.
Es ist eine der wichtigsten Aufgaben, der erfolgreichen Arbeit einiger
Teams eine noch größere Resonanz in der Organisation zu verschaffen
und/oder anderen zur Verfügung zu stellen.
7. Generisches Prinzip: Gezielte Symmetriebrechung.
Das sukzessive Aufnehmen von relevanten Fragestellungen für erfolgrei-
ches Arbeiten in neuen Mustern, die Erweiterung des Teilnehmenden-
Kreises (über Organisationseinheiten hinweg) für bestimmte Workshop-
Themen wie z.B. Feedback, der Austausch über die (erfolgreiche) Anwen-
dung bestimmter Tools, die systemische Befähigung durch Trainings und
Coachings gilt es auszubauen, damit der Sog des Alten nachlässt. „Em-
powerment“ meint hier auch das Vermitteln und reflektierende Anwenden
des neuen Wissens. Auch SCRUM braucht vorgängig „Schulung“ und
„Training“, sowie stetige „Aktion“ und „Reflexion“, auch wenn diese
schon gut im Framework vorgesehen sind.
Eine sehr erfahrene Organisation in Sachen Selbstorganisation ist
Buurtz.org in den Niederlanden (Kreitzer et al. 2015; Nandram 2016). Hier
werden die neuen Teams in einem längeren Onboarding-Prozess in inter-
nen und externen Trainings geschult und später durch Coachings beglei-
tet7. Sie haben über Buurtz.org-web ein auf sie zugeschnittenes Kommu-
nikationssystem, über das sie gemeinsam Problemstellungen aus der Praxis
bearbeiten können. Interdisziplinäre Teams greifen diese Themen auf, kon-
zipieren für sie Weiterbildungen, fertigen YouTube-Videos an und speisen
sie wieder ins System ein. Es entsteht eine „lernende Organisation“.

7
Vermeer und Wenting 2017, 2018; Coaching geschieht meist „on demand“, aber auch,
wenn sich Krisenzeichen anhand von Kennzahlen mehren.
Wolfgang Eberling 573

8. Generisches Prinzip: Re-Stabilisierung.


Die Phase der Re-Stabilisierung ist im SCRUM eher darin zu sehen, dass
es als Teil der Regelprozesse zu einer ständig genutzten Arbeitsweise wird.
Teils geschieht dies, indem bestimmte Projekte im Bereich Innovation mit
SCRUM oder ähnlichen Verfahren durchgeführt werden. So hat z.B. Spo-
tify mit SCRUM-Teams gestartet und arbeitet heute mit verschiedenen An-
sätzen, die sie agilem Arbeiten zurechnen. Die Schweizerische Bundes-
bahn (SBB) benutzt verschiedene „Frames“ neben SCRUM, wie z.B. „Ho-
lacracy“ oder „Kollegiale Beratung“, um Selbstorganisationsprozesse zu
ermöglichen. Diese bestehen neben den früher vorherherrschenden Ar-
beitsweisen weiter und bilden eine „hybride Organisation“ oder, wie Kot-
ter (2015) es nennt, ein „duales Betriebssystem“.

Holacracy als Modell für Selbstorganisation


Wie oben bereits erwähnt, startet „Change“ oft auf der Ebene des Top-
Managements. Das vielleicht spannendste Anwendungsbeispiel von Hola-
cracy ist Zappos (O’Brien 2009; Perschel 2010; Hsieh 2010; Kopelman et
al. 2012). Auch hier erfolgte die Entwicklung „top-down“. Besonders unter
dem Einfluss von CEO Tony Hsieh hat sich die Ausrichtung konsequent
an den Prinzipien von Holacracy orientiert. Die Hauptcharakteristika von
Holacracy sind:
- Das Top-Management beschließt, die Prinzipien anzuwenden, in-
dem es eine „constitution“ mit den Holacracy-Prinzipien unter-
schreibt (https://www.holacracy.org/constitution).
- Es gibt keine hierarchische Unter- und Überordnung, statt Orga-
nigrammen gibt es Kreise.
- Jede Person kann Mitglied in mehreren Kreisen sein und unter-
schiedliche Rollen innehaben.
- Der oberste Kreis, der sich mit der Vision und Strategie des Un-
ternehmens als Ganzem beschäftigt, ist der General Company
Circle (GCC).
- Die Rollen können durch ein bestimmtes Vorgehen im „Gover-
nance Meeting“ dynamisch angepasst werden.
574 Die Generische Prinzipien als Roadmap für agile Organisationen

1. Generisches Prinzip: Schaffen von Stabilitätsbedingungen


Das Framework von Holacracy beginnt mit dem commitment des Top-Ma-
nagements, die „constitution“ anzuwenden, in der das Modell ausführlich
beschrieben ist. Sie soll für Klarheit sorgen und damit Stabilität geben. Es
ist zu Anfang nicht einfach, die Spielregeln zu erlernen und einzuhalten.
Es empfiehlt sich deshalb für die Organisation, mehrere Personen in eine
Holacracy-Coach-Weiterbildung zu senden, so dass diese als „facilitator“
auftreten und andere Mitarbeiter bei der Anwendung unterstützen können.
2. Generisches Prinzip: Identifikation von Mustern des Systems.
Ein weiteres Strukturelement sind die Rollen. Es gibt folgende Rollen:
- Facilitator: er/sie leitet und moderiert die Meetings und wendet
die Prinzipien der „constitution“ an
- RepLink: vertritt einen Kreis in einem anderen Kreis, besonders
im GCC
- LeadLink: entscheidet im Kreis über die Besetzung der Rollen
- Secretary: protokolliert alle Beschlüsse und schreibt Veränderun-
gen in Bezug auf Rollen auf

Jede Rolle wird anhand der Kriterien „Purpose“, „Domains“ und „Accoun-
tabilities“ beschrieben und kann nach Bedarf verändert werden. Für einen
Website-Entwickler wäre der „Purpose“ etwa, dem Nutzer der Seite ein
herausragendes Surf-Erlebnis zu bieten. Seine „Domains“ wäre eine spe-
zifische Webseite, und seine „Accountability“ bestände in der Beschaffung
und Aktualisierung des Inhalts der Seite, deren Weiterentwicklung, Sicher-
heit und Stabilität.
Nehmen Teilnehmer in der Organisation wahr, dass die Zusammenarbeit
nicht reibungslos vorangeht und dass Schwierigkeiten auftreten, wie z.B.
Unklarheiten in Zuständigkeiten, Doppelspurigkeiten, unnötige Verkom-
plizierung von Prozessen (im Sprachgebrauch von Holacracy „tension“ ge-
nannt), so können sie im sog. „Goveranance Meeting“ eine Veränderung
einer Rolle beantragen. Dies muss begründet werden und wird solange ite-
rativ behandelt, bis keine substantiellen Einwände mehr bestehen. Dieses
Wolfgang Eberling 575

Verfahren wird vom ausgebildeten „Facilitator“ geleitet und ist dem Mo-
dell der Soziokratie entlehnt, in dem es „Konsent“ (vgl. Strauch und Rei-
jmer 2018) heißt.
3. Generisches Prinzip: Sinnhaftigkeit herstellen: Welche Vision besteht?
Welche Benefits werden erhofft?
Wie oben gezeigt, hat bereits jede Rolle einen „purpose“, der mit dem der
Gesamtorganisation abgestimmt wird. So kann nur ein Einwand als be-
rechtigt anerkannt werden, wenn der „purpose“ der Gesamtorganisation o-
der die Erfüllung des Beitrags dazu innerhalb einer Rolle durch den Vor-
schlag nachweislich gefährdet wird. Ob dies der Fall ist, darüber „wachen“
die „Facilitators“. Auf diese Weise soll sich die Organisation „generisch“
weiterentwickeln. Das „daily business“ wird in „tactical meetings“ anhand
von klaren, zahlenbezogenen Kriterien durchgeführt. Die strikte Einhal-
tung der Regeln in beiden Meeting-Formen bereitet anfänglich vielen Per-
sonen Schwierigkeiten, es ist jedoch meiner Meinung nach einer der Er-
folgsbausteine des Modells.
Ein gutes Beispiel aus der Praxis ist Zappos: die Vision von Zappos fasst
Hsieh (2010) wie folgt zusammen: “Deliver WOW through service.” Hsieh
definiert “WOW service” als “[doing] something that’s above and beyond
what’s expected … and [which has] an emotional impact on the receiver.
We are not an average company, our service is not average, and we don’t
want our people to be average. We expect every employee to deliver
WOW” (Hsieh 2010, p. 160). Konsequente Kundenorientierung ist der
Kern der Vision von Zappos. In einem längeren onboarding-Prozess wer-
den Mitarbeitende in die Kultur und Philosophie von Zappos eingeführt,
Talente werden in bestimmten Programmen weiterentwickelt und befähigt,
diese Philosophie mit Leben zu füllen. Programme werden so getaktet,
dass immer genügend Talente in der Pipeline sind und auch gezielt weiter-
entwickelt werden. Die Werte von Zappos sind weitere Richtschnüre, die
helfen sollen, die Organisation auf Kurs zu halten. Die 10 Core Values
sind:
1. Deliver WOW Through Service
2. Embrace and Drive Change
3. Create Fun and A Little Weirdness
576 Die Generische Prinzipien als Roadmap für agile Organisationen

4. Be Adventurous, Creative, and Open-Minded


5. Pursue Growth and Learning
6. Build Open and Honest Relationships With Communication
7. Build a Positive Team and Family Spirit
8. Do More With Less
9. Be Passionate and Determined
10. Be Humble.

4. Generisches Prinzip: Energie und Motivation wecken.


Die Mitwirkungsmöglichkeiten in den Meetings, bei der Rollengestaltung
und im GCC stellen per se schon eine gute Grundlage für die Motivierung
von Mitarbeitern dar. Eine wichtige Frage bleibt jedoch, ob sie auch bereit
sind, diese Verantwortung wahrzunehmen und einzusetzen. Besonders
Personen, die ein ausgeprägtes Status- und Machtdenken haben, werden
eine Organisation, die solche Prinzipien anwendet, nicht suchen oder in ihr
verweilen wollen. So verließen etwa 20% der Personen Zappos, als Hola-
cracy eingeführt wurde. 8 Als Teilnehmer eines Holacracy-Pracitioner-
Trainings bei Brian Robertson konnte ich einige Teilnehmende befragen,
die Holacracy schon einmal aufgegeben hatten, jetzt aber wieder damit an-
fingen. Sie meinten, dass sie es nicht lange und konsequent genug versucht
hätten, mit diesem Ansatz zu arbeiten.9
5. Generisches Prinzip: De-Stabilisieren und Fluktuationsverstärkung.
Fluktuationsverstärkung findet in diesem Ansatz als „kontinuierlicher Ver-
besserungsprozess“ bei allen Meetings und dem gekonnten Gebrauch der
Formate und Prinzipien statt, besonders in den „governance meetings“.
Wie bei den Retrospektiven im SCRUM ist es auch hier wichtig, den Blick
durch Außenkontakte (andere Unternehmen, „teal communities“) weit zu
stellen, um nicht betriebsblind zu werden.

8
Weitere kritische Aspekte finden sich bei Groth (2017).
9
Zum Vergleich und aus der Innenperspektive abgefasst die Erfahrungsberichte unter
http://www.masters-of-transformation.org/motcast/082/ und https://
www.liip.ch/de/blog/selbst-organisiertes-unternehmen des Schweizer Taschenherstel-
lers Freitag und des Schweizer Zweigs des finnischen Unternehmens Liip.
Wolfgang Eberling 577

6. Generisches Prinzip: Kairos, Resonanz, Synchronisation und


7. Generisches Prinzip: Gezielte Symmetriebrechung.
„Gute Zeitpunkte“ gehen häufig – ähnlich wie bei SCRUM – auf die Initi-
ative einflussreicher Personen im oberen Management oder auf Einzelini-
tiativen von Personen und Teams zurück (Perroulaz und Jung 2018). Auch
hier spielt der firmenübergreifende Austausch und die gründliche Evalua-
tion eine große Rolle.
8. Generisches Prinzip: Re-Stabilisierung.
Die Re-Stabilisierung hat viel mit dem „gekonnten Umgang“ mit dem Mo-
dell bzw. seiner flexiblen Anpassung an den jeweiligen Kontext und seine
Bedingungen zu tun.10 Die beiden Meeting-Formate von Holacracy ermög-
lichen es, generisch Anpassungen vorzunehmen (durch Governance mee-
tings) und die Umsetzung im operativen Bereich anhand flexibel definier-
barer und stets aushandelbarer Kriterien („Metriken“) in die Umsetzung zu
bringen. Die Qualität der Meetings hängt auch hier vom Wissen und Kön-
nen der Anwender ab, von Weiterbildungen als Holacracy-Coaches, Erfah-
rung sowie Austausch von „best practices“ etc. Die Kreisstruktur und die
Repräsentation der einzelnen Kreise im GCC erleichtert eine Gesamtsteu-
erung und Synchronisation gegenüber dem SCRUM-Framework.

Fazit
Die Generischen Prinzipien helfen sowohl, die Frameworks zu erklären als
sie auch zur bewussten Gestaltung ihrer Rollen, Meeting-Formen und Ar-
beitsprozesse heranzuziehen. Die Prinzipien sollten wie folgt konkretisiert
werden:

GP 1 • Auftragsklärung vornehmen, mit dem Top-Management und


dessen Support sichern („Sponsorship“)

10
2009 wurde Zappos von Amazon für 807 Millionen US-Dollar (569 Millionen
Euro) gekauft und konnte sogar eine auf Holacracy basierende Arbeitsweise bei-
behalten.
578 Die Generische Prinzipien als Roadmap für agile Organisationen

• Strategische Verankerung des Frameworks bestimmen: Was


ist die Vision und die Umsetzungs-Strategie für diese und
welche Funktion hat das Framework darin? (z.B. Fragestel-
lungen von Innvovationen lösen, komplexe Aufgabenfelder
bearbeiten, Teil einer „hybriden Organisationsstruktur“ wer-
den)
• Struktur- und Prozessmerkmale des Frameworks (Rollen,
Meeting-Formate, Zyklen) einüben

GP 2 • Klarheit über die Akteure und das „System“ gewinnen – z.B.


durch Stakeholderanalysen:
• Wer will das Framework unterstützen (Changebereitschaft,
„Wollen“, Freiwilligkeit und Commitment) und wer kann es
unterstützen und es kompetent ausführen? („Können“, Befä-
higung haben und/oder sie durch geeignet Maßnahmen er-
werben)
• Das „Dürfen“ beinhaltet vor allem das Erlauben der Anwen-
dung („management approval“) durch die Bereitstellung von
Zeit, Geld und Personen.

GP 3 • Untersuchen, was die Vision und die Mission der Organisa-


tion ist (das Wozu und Warum) und wie die Frameworks da-
ran beteiligt sind. Bei SCRUM scheint dies eher wenig bis
gar nicht in die Teams integriert zu sein, sondern auf das
Management ausgelagert, welches dann Vorgaben in Bezug
auf SCRUM-Projekte macht und deren strategischen Stel-
lenwert bestimmt. Holacracy hat die Möglichkeit, im GCC
und durch die Governance Meetings direkt daran zu arbei-
ten. Retrospektiven und Governance Meetings haben aber
auch die Möglichkeit, persönliche Themen wie die Einbe-
ziehung individueller Lebensentwürfe und/oder Work-Life-
Balance zu thematisieren und damit die individuelle Sinn-
haftigkeit und die Resonanz auf die Vision zu berücksichti-
gen
Wolfgang Eberling 579

GP 4 • Kontrollparameter/Veränderungsmotivation: In beiden
Frameworks ist ein hohes Maß an Verantwortung und Mit-
gestaltung vorgesehen und möglich, was sehr motivierend
wirkt. Selbstwirksamkeitserwartung und -erleben können so
in eine selbstverstärkende Schleife gebracht werden und ent-
scheiden über Intensität und Dauer der Motivation. Die Be-
fähigung durch geeignete Trainings, Support durch agile
Coaches, SCRUM-Master, Holacracy-Facilitator und lö-
sungs- und ressourcenorientierte Praktiken in den Meetings
scheinen geeignete Erfolgsfaktoren zu sein.

GP 5 • Fluktuationsverstärkung geschieht in beiden Frames durch


systematische Reflexion (im Team, zwischen Teams und
auch über Organisationen hinweg) und daraus resultierende
Verbesserungen. Gelingt dies, werden alte Muster weniger
attraktiv und dadurch destabilisiert.

GP 6 • Mögliche Kairo-Momente hängen sowohl von individuellen


Motivationslagen und Ambitionen ab als auch von organisa-
tionalen Bedingungen für diese (günstige Gelegenheiten,
Krisen, strategische Herausforderungen, etc.). Resonanz und
Synchronisation sind vor allem abhängig von Evaluations-
formen, organisationalen Plattformen oder anderen geeigne-
ten Formen der Interaktion und Kommunikation. Hier sind
auch Beiträge des Wissensmanagements gefragt wie „Com-
munities of Practice“ oder „Guilds“.

GP 7 • Symmetriebrechung geschieht ebenfalls durch bewussten


Einsatz der Frameworks und deren Elemente, die die detail-
lierte Imagination und Implementierung von attraktiven und
nutzerdienlichen Zielzuständen ermöglichen.

GP 8 • Wie in der Psychotherapie gilt es, alle mit den Frameworks


verbundenen Ordnungsübergänge zu stabilisieren, zu auto-
matisieren und auf breiterer Basis verfügbar und zugänglich
zu machen.
580 Die Generische Prinzipien als Roadmap für agile Organisationen

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