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D C
354
F7
MAIN
Affäre Dreyfus

Soldatentum und Judentum

im Frankreich der dritten Republik

VON WALTER FRANK

HANSEATISCHE VERLAGSANSTALT HAMBURG


3
3
Schriften des Reichsinstituts für Geschichte

des neuen Deutschlands


Affäre Dreyfus <
«

Soldatentum und Judentum

im Frankreich der dritten Republik

Von

Walter Frank
KERAIČNE TA

Mit 14 Zeichnungen

Hanseatische Verlagsanstalt Hamburg


Sc
h

Gedruckt in der Hanseatischen Verlagsanstalt Aktiengesellschaft, Hamburg-Wandsbel


Copyright 1939 by Hanseatische Verlagsanstalt Aktiengesellschaft, Hamburg 36. Printed in Germany
DC354

F7

Vorwort

In meinem Werk Nationalismus und Demokratie im Frankreich der


dritten Republik“ (Hamburg 1933) habe ich der „ Affäre Dreyfus“, der
Auseinandersetzung von „Händlertum und Soldatentum “, eine umfang:
reiche, quellenmäßig belegte Darſtellung gewidmet.
Im Jahre 1937 habe ich aus dieser umfangreichen Darstellung einen
knappen Vortrag zusammengestellt, den ich im Dezember 1937 an der
Univerſität München, im Januar 1938 an der Univerſität Berlin und im
Juni 1939 im Deutſchen Haus in Prag hielt.
Heute, wo der Krieg der westlichen Plutokratien und des internatio:

nalen Judentums gegen das neue Deutschland jener Affäre wieder leben
digſte Bedeutung verleiht, lege ich dieſen Vortrag im Druck der Schriften
des Reichsinſtituts für Geſchichte des neuen Deutſchlands nieder, um die
„Affäre Dreyfus “ damit einem größeren Kreis verſtändlich zu machen.
Ich habe der Schrift eine Reihe der Karikaturen beigegeben, mit denen
einst Jean Louis Forains und Emanuel Poiré's (Caran d'Ache's) geiſts
voller Zeichenstift die „Affäre“ begleitete. Die Zeichnungen dieſer genialen
französischen Karikaturisten werden dem Leser den heißen Atem des
Kampfes um Alfred Dreyfus vermitteln, und es wird dies zugleich der
. heiße Atem des Kampfes zwischen dem internationalen Judentum und

unserem Reich sein.

Berlin, den 29. September 1939.


Walter Frank.

F M316450
Vorbemerkung

Ich spreche in dieser Schrift nicht über den juriſtiſchen „Fall “ des
Hauptmanns Alfred Dreyfus, der in den letzten Jahren des vorigen Jahr:
hunderts die öffentliche Meinung ganz Europas leidenschaftlich erregte.
Dieser juristische Fall ist als erledigt zu betrachten. Alfred Dreyfus
ist nach allen amtlichen und privaten Erklärungen der zuständigen deut
ſchen Stellen und nach dem Verlauf der drei Prozeſſe, die man in Frank
reich um ihn geführt hat, kein deutscher Spion gewesen. Auch die im
Verlauf jener Jahre auftauchende — vom deutschen Reichskanzler Fürst
Bülow in die Preſſe lancierte und auch vom Fürſten Bismarck in den
Hamburger Nachrichten“ vertretene - Lesart: Dreyfus sei in Wahrheit
ein russischer Spion geweſen und der franzöſiſche Generalstab habe
den Prozeß Dreyfus nur deshalb gegen Deutſchland dirigiert, weil er das
mit Frankreich verbündete Rußland nicht bloßstellen wollte und konnte,
entbehrt bis heute jeder Grundlage eines Beweises und spielt daher für
unsere Betrachtung keine Rolle.
Diese unsere Betrachtung löst vielmehr den Fall Dreyfus völlig her:
aus aus der Zufälligkeit einer Justiz frage . Sie betrachtet ihn unter
dem welthistorischen Gesichtspunkt der großen sachlichen Kon=
flikte, die sich an der Perſon des Hauptmanns Dreyfus entzündeten. Sie
ſieht in dem „Fall des Hauptmanns Dreyfus “ nichts als einen der inter
eſſanteſten Beiträge zum ewigen „ Fall " des „ ewigen
Juden".
E

in

122

i
I.

Raphael Dreyfus kam als kleiner Kaufmann nach Mülhausen im


Elsaß. Er kam aus Rixheim im Departement Oberrhein. Dort war sein
Vater im Jahre 1783 , kurz vor der Großen Revolution, geboren. Man
weiß nicht ſicher, ob der Großvater Dreyfus vor der Revolution aus
Baden eingewandert ist.
Raphael Dreyfus hieß bei den Mülhäusern „ der alte Fouli“. Er war
sehr vermögend, aber ſein ſoziales Ansehen war gering. Man sagte ihm
nach, daß seine geschäftlichen Methoden unsauber seien . Ein Industrieller,
so wird erzählt, hatte fünf Töchter, die gern in seinem Garten ſpielten.
Er wollte auch den benachbarten Garten dazukaufen und gab dem alten
Fouli den Auftrag zur Vermittlung. Fouli kaufte den Garten für ſich ſelbſt
und forderte dann den Preis von 50 000 Franken. Der Industrielle warf
ihn hinaus. Da lud sich Fouli die Kupplerinnen und die Dirnen von Mül
hausen zu einem Fest in seinen Garten und ließ sie, vor den Augen der
jungen Mädchen im Nachbargarten, tanzen. Der Induſtrielle ließ den
Juden rufen. Auf ſeine entrüſtete Frage, was dies bedeuten solle, erklärte
der alte Fouli schmunzelnd, demnächſt werde die Straße dieſer Damen ab
gerissen, er habe vor, ihnen in seinem Garten ein Haus zu bauen. Der
Industrielle zahlte die 50 000 Franken ...
.
Die sieben Söhne, denen Raphael Dreyfus ein großes Vermögen
hinterließ, konnten ihren Ehrgeiz höher ſtecken als der Vater. Als nach
dem deutsch-französischen Krieg im Jahre 1871 die Elſäſſer vor die Frage
der Option zwischen Deutschland und Frankreich gestellt wurden, teilten
sich die Brüder. Vier von ihnen blieben als Geschäftsleute im deutsch
gewordenen Elsaß. Drei gingen nach Paris. Unter ihnen Alfred, der in
die französische Armee eintrat.
Das Frankreich der dritten Republik bot der Karriere der Juden kaum
irgendwelche Schwierigkeiten. Seit der Großen Revolution war das Prin
zip der sogenannten religiösen Toleranz, das Prinzip der Geringachtung
des rassischen Unterschiedes und der Leugnung auch nur der Existenz einer
jüdischen Frage, in Frankreich herrschend geworden. Die Juden waren

9
mächtig als Herren des großen Kapitals und durch ihr Geld waren sie
in fast alle Positionen des Staates und der Geſellſchaft eingedrungen. b

Der Panamaskandal, der um 1892 die dritte Republik erſchütterte,


hatte hinter der Fassade der parlamentariſchen Demokratie das Gesicht
t
einer Plutokratie auftauchen laſſen, das ausgesprochen jüdiſche Züge trug.
Drei jüdische Finanziers standen im Mittelpunkt der gigantischen Kor
ruptionsaffäre. Da war der Doktor Cornelius Herz, deutscher Emigrant, 2
[
amerikanischer Staatsbürger und Finanzier der franzöſiſchen radikalen
Partei. In einer Schrift, die er im Jahre 1892 durch einen engliſchen
Parlamentarier, E. J. Reed, veröffentlichen ließ und die den Titel „ Der
Doktor Herz und die franzöſiſche Republik" trug, ließ Herz sich selbst mit

folgenden Worten kennzeichnen : „In der Lat die Leiter der Republik
waren seine guten Bekannten, die Miniſter ſeine Busenfreunde. Die Bot
schafter suchten seine Gunst, die Gelehrten fanden in ihm einen gebildeten
Kameraden. Sein Rat war bei den zahlreichen Ministerwechseln von den
Staatsmännern begehrt, und die schwankenden Kabinette, zu schwach,
um den Parteien der Kammer Zügel anzulegen, suchten mehr als einmal
ihre Zuflucht zu der wohlwollenden Überlegung des Mannes, den man
öfters den Großwähler von Frankreich genannt hat . . . (bei ihm), der in
den Augen des Publikums der Mann war, der Minister deckt, erhebt und
ſtürzt, und der im Leben des franzöſiſchen Volkes als eine andere , Graue
Eminenz' galt. "
Da war als der zweite Korrupteur der Baron Jacques Reinach, einſt
als kleiner Jude aus der Frankfurter Zeil nach Paris gekommen*, jetzt der
große Finanzier der „ opportuniſtiſchen“ Partei. Wenn ſein eleganter, mit
blauem Atlas ausgeschlagener Wagen am Palais Bourbon oder an der
Opéra vorfuhr, um einen dicken und unsauberen Juden zu entlassen, so
neigten sich die Abgeordneten wie die Schauspielerinnen vor einem ge
heimen Mächtigen der Republik.
*
Jakob Adolf von Reinach war am 17. April 1840 zu Frankfurt am Main
geboren. Sein Vater, Adolf Reinach, erhielt 1866 den italienischen Adel, war
belgischer Konsul und lebte in Frankfurt und in Paris. Seine Mutter war die
Tochter des Kaufmanns Adolf Oppenheimer in Brüſſel. Jakob Adolf Reinach
wurde 1870 französischer Staatsbürger. Sein Bruder Albert Adolf war Bankier
in Frankfurt am Main, ſein anderer Bruder, Oskar Adolf Reinach, wurde 1879
in Frankreich katholisch, heiratete eine geborene de Cessac und war seit 1889 påpſt
licher Comes. Der Großvater von Jakob Adolf Reinach, Joseph Jakob Reinach,
mar 1781 zu Mainz geboren und heiratete 1804 die Tochter des Bankiers Benedikt
Aaron Man in Frankfurt am Main, der dort ſeit 1772 das Haus zum Spring
brunnen besaß und im Jahre 1800 mit einem Vermögen von 135 000 Gulden der
drittreichste Mann der Judengaſſe war.

10
Und da war endlich Emile Aaron, der sich Arton nannte, ein Straß
burger Jude, der im Jahre 1885 als kleiner Kaffeehändler aus Süd
amerika nach Paris gekommen war und der wenige Jahre später als
Seelenkäufer der Panamageſellſchaft in den Wandelgängen der Depu
tiertenkammer eine einflußreiche Figur darstellte. Er war katholisch ge=
worden und wirkte auch als Kassier eines Vereins der christlichen Karitas.
Wenn er in der „ Salle des Pas Perdus “ erſchien, so trug er im Knopf
loch die Rosette Isabellas der Katholischen und in der Tasche das Scheck
heft der Panama-Kompanie.
„Sie handelten um Abgeordnete wie um Dirnen in der Moulin
Rouge", sagt ein franzöſiſcher Darsteller.
Der große Krach des Panamaunternehmens erschütterte die Macht
stellung dieser drei Finanziers . Herz und Arton entzogen sich durch Flucht
ins Ausland der Justiz. Der Baron Reinach starb am Vorabend seiner
Verhaftung plötzlich eines Todes, der von den einen als Herzschlag, von
den anderen als Selbstmord durch Gift gedeutet wurde.
Aber an dem politischen System , an der Macht der jüdischen
Plutokratie änderten die Stürme des Panamaskandals nichts . Nach
wenigen Monaten der Erregung wurden die Korruptionsprozeſſe gegen
die parlamentarischen Klienten der Herz, Reinach und Arton nieder
geschlagen. Die öffentliche Meinung kehrte in den normalen Wellenschlag
des parlamentarischen Alltags zurück. Bei den Herbſtwahlen 1893 wurden
sämtliche im Panama kompromittierten Abgeordneten wiedergewählt, an
ihrer Spike der Abgeordnete Joseph Reinach, Vetter, Eidam und Erbe
des Barons Jacques.
Joseph Reinach STATE den wir als Chef der jüdischen Partei in
der Ära Dreyfus und auch als den jüdiſchen Historiker der Uffäre Dreyfus
kennenlernen werden – war Abgeordneter der opportuniſtiſchen Partei.
Er war eine geistige Mittelmäßigkeit. Daß dieſe Mittelmäßigkeit in der
Geschichte der Republik jahrelang eine mächtige Rolle spielen konnte, kenn
zeichnet das Zeitalter.
Schon Josephs Aussehen schreckte zurück. Wenn er mit ſeinem Bruder
Salomon in einer Gesellschaft erschien, so habe man erzählt Léon
-
Daudet — den Eindruck gehabt, da komme „Drang gefolgt von Utan”.
„Man ſuchte unwillkürlich nach dem Palmbaum. “ Trotzdem iſt dieſer
Mann einer der heimlich mächtigen Männer der Republik geweſen und
hat als Mitwisser der Geheimnisse, die ihm der Baron Jacques hinter
laſſen hatte, eine Rolle gespielt wie einst ein anderer Joseph am Hofe
des ägyptischen Pharao. Maurice Barrès hat den Augenblick des Pa

II
namaskandals geschildert, wo der Abgeordnete Reinach - Monate hin
durch von der öffentlichen Meinung geächtet und aus dem Parlament ge=
.GUD
scheucht wieder in die Deputiertenkammer zurückkehrte : „ Wie in einem
en
Glase der Frosch, der an die Oberfläche klettert, die Wiederkehr des schönen
Wetters anzeigt, so brachte die Rückkehr Joseph Reinachs in das Palais F
be
zum Ausdruck, daß den Chekards bald wieder die Sonne leuchten werde.
... Vor gefülltem Saal stieg er, mit etwas Schwingendem in den schreck en

lichen Hüften, bis zum Präsidenten der Kammer empor, und dort oben,
ohne auf die Verlegenheit des armen Menschen, den er ruinierte, zu achten, fd
to
unter den Augen der ganzen Kammer und der empörten Zuschauer, stützte
re
er sich gemütlich mit dem Bauch und mit dem Schenkel gegen den Prä
I
fidentenſeſſel und blieb ſo ſtehen.“
Gab es eine antisemitische Opposition gegen diese Vor
st
macht des Judentums?
2
Weder die parlamentarische Rechte noch die antiparlamentariſche
no
Opposition der boulangiſtiſchen Bewegung, die in den Jahren 1885 bis
zo
1889 Frankreich erregte, ſind grundsätzlich antiſemitiſch geweſen. In der
ei
Umgebung des Generals Boulanger hat der jüdische Senator Alfred
es
Naquet eine führende Rolle gepielt. Der Chefredakteur des führenden
ei
Organs der Rechten, des „ Gaulois ", war der Jude Artur Meyer.
Edouard Drumont hat diese Rolle der Juden im öffentlichen Leben Frank
m
reichs als eine Art von modernem Totentanz bezeichnet: „Man würde da “,
schreibt er, wie in den Fresken von Baſel oder auf dem Friedhof der
12
Saints-Innocents in Paris die Kaiser, die Könige, die Grandſeigneurs
und Bürger vorüberziehen ſehen. Jede dieſer Personen hatte damals ihren
ein
Lod bei sich. Jede hat heute ihren Juden neben sich." Le
Nur außerhalb der Parteien des Palais Bourbon, geſchart um einige de
Außenseiter, deren geistig bedeutendster der Schriftsteller Edouard Drumont ft
war, hatte sich seit etwa 1885 in Frankreich eine antisemitische Bewegung ge
gebildet. Sie war noch schwach und faſt unbekannt in der Zeit der boulan
gistischen Krise. Sie erstarkte in der Zeit des Panamaskandals, wo sie in da
Edouard Drumonts Zeitung „ La Libre Parole" ein Sprachrohr fand. är
Und sie sollte in den Jahren zwischen 1894 und 1899 vorübergehend eine fei
mächtige Bewegung im öffentlichen Leben Frankreichs werden.
Der Punkt, an dem es zur Explosion der antisemitischen Bewe be
gung kam, war das Verhältnis der Armee zum Judentum. ri
Der Funke, an dem sich die Exploſion entzündete, war der Fall des
Hauptmanns Dreyfus.
.

12
2.

Seit etwa 1890 hatte die innerpolitiſche Entwicklung der Republik


konservative Formen angenommen. Die regierende Mehrheit wurde von
einer Koalition der bourgeois-kapitaliſtiſchen Opportuniſten und der zur
„poſitiven Mitarbeit “ an der Republik bekehrten Rechten gebildet. Die
beiden Parteien ſtanden zuſammen in der Abwehr der in ihrer linken Flanke
emporkommenden sozialistischen Partei,
Hand in Hand mit dieſer inneren Politik ging eine Annäherung zwi
ſchen der Regierung der Republik und der römiſchen Kurie. Umgekehrt
wirkte auch die außenpolitiſche Entwicklung, das Bündnis zwiſchen dem
republikanischen Frankreich und dem zariſtiſchen Rußland, auf die innere
Politik der Republik zurück.
Im Schatten dieſes politischen Kurses hatte sich im Offizierskorps ein
ſtark konservativer Geist erhalten. Es hing damit zuſammen, daß die
Armee der einzige Machtfaktor der Republik war, in den das Judentum
noch kaum eingedrungen war. Es wäre unrichtig, bei den Chefs der fran
zösischen Armee von damals einen bewußten Antisemitismus,
eine klare Erkenntnis des jüdischen Problems vorauszusehen. Über
es war doch richtig, daß in der Armee die antijüdiſchen In s t í n k te noch
eine beſſere Heimſtätte hatten als etwa im Palais Bourbon.
Der Hauptmann Alfred Dreyfus war im Jahre 1890 mit der Num
mer 67 von 81 in die Kriegsschule eingetreten. Im Jahre 1892 war die
Schlußprüfung zum Generalstab . Von den 81 Bewerbern ſollten die erſten
12 zum Generalstab zugelassen werden. Alfred Dreyfus rechnete mit der
Nummer 3. Er erhielt zu ſeiner tiefsten Erbitterung die Nummer 9. Jn
einer Beschwerde, die er beim Kommandeur der Kriegsschule, dem General
Lebelin de Dionne erhob, berief er sich darauf, daß ein prüfender Offizier,
der General Bonnefond, erklärt habe, er wolle keine Juden im General
stab und deshalb habe er dem Hauptmann Dreyfus eine schlechte Note
gegeben.
Der General Lebelin de Dionne versicherte dem Hauptmann Dreyfus,
daß ihm ein jüdiſcher Offizier ebensoviel gelte als ein anderer; eine Ab
änderung der Note jedoch lehnte er ab. Dreyfus, so erklärte er, habe durch
seine charakterliche Eigenart die Abneigung seiner sämtlichen Lehrer und
Kameraden erworben. Er sei anmaßend, zudringlich und gehässig. Dazu
verkehre er als Ehemann mit einer großen Zahl käuflicher Weiber und
rühme sich laut der Geldsummen, die sie ihm gekostet hätten.
Alfred Dreyfus kam als Nummer 9 in den Generalſtab . Ein Stachel
war in seiner Seele zurückgeblieben . „Das ist der Mühe wert, in dieser

13
J
Armee zu arbeiten, wo man, was man auch tut, nie ſeinem Verdienſt ent
sprechend in die Höhe kommt“, hat er nach dem Zeugnis seiner Frau da
mals ausgerufen .
e1
Der junge Probeoffizier des Generalstabs erwarb sich keinen anderen
Ruf als der junge Hauptmann der Truppe. „Was wir Offiziere nicht
lieben“, so hat später einer ſeiner Vorgesetzten vor Gericht ausgesagt, „das
ist die Liebe zum Geld, das iſt, daß man von seinem Vermögen redet, von
ſeinen Geldanlagen, von seinen schönen Jagden.“ Dies eben tat der Haupt
mann Dreyfus. Er sprach von seinem Geld, am meisten vor den Kame
raden, von denen er wußte, daß ſie arm waren. Und er ſchilderte am lieb fe
sten, wie er sich um sein Geld hübsche Frauen kaufe. Er tat auch andere
Äußerungen, die die Kluft zu seinen Kameraden aufriſſen. Der Major
Berlin-Mourot hat später vor Gericht erzählt, wie er eines Tages, von e

einer Reiſe an die deutsch-französische Grenze zurückkehrend, dem Gefühl


des Schmerzes Ausdruck gegeben habe, daß nun ein Strich, die Grenze,
Elsaß-Lothringen von Frankreich trenne. Da habe Alfred Dreyfus geant
wortet : „Bei uns anderen, bei uns Juden, ist überall, wo wir sind, unser
Gott bei uns !"
„Der Hauptmann Dreyfus", so lautet eine gerichtliche Aussage des h
de

a
Generals Vanson, und sie kennzeichnet das Urteil aller beteiligten Offi
ziere, „ließ mir den Eindruck eines unterrichteten und ernſtzunehmenden ge
a1
Offiziers, freilich reichlich fremd dem alten Geiſt unserer Armee.“
de
Mehrfach während seiner Probezeit im Generalſtab machte Dreyfus
den Versuch, in den Nachrichtendienst zu gelangen; er führte zur Begrün d
dung an, daß er ausgezeichnet deutſch ſpreche und daß ihm die industriellen
Unternehmungen seiner Familie in Mülhauſen eine Tätigkeit für die fu
französische Spionage erleichtern würden. Aber der Chef des Nachrichten fu
dienstes, Oberst Sandherr, wies ihn ab. „ Sandherr will anscheinend nichts
von mir wissen, weil ich ein Saujude (sale juif) bin“, ſagte Dreyfus da be
mals zu einem Kameraden . ur

Es war angesichts dieser Stimmung im Offizierskorps nicht zweifel


Du
haft, daß Alfred Dreyfus nach Ablauf seiner Probezeit nicht im General
2
ſtab geblieben wäre. Über ehe es zu dieſem regulären Ausscheiden kam,
erlebte der Generalſtab die Senſation ſeiner Verhaftung unter der Anklage bc
des Landesverrats . fe
Das Spionagebüro des französischen Kriegsministeriums ließ seit n
langem den deutschen Militärattaché in Paris, den Oberst von Schwarz ¿
koppen, überwachen. Eine Scheuerfrau der deutschen Botschaft, Madame
Baſtian, ſtand für 250 Franken Monatsgehalt im Dienſt des franzöſiſchen tic

14
Nachrichtenbüros und lieferte gewiſſenhaft die Papiere und Feßen, die ſie
in den Papierkörben und den Öfen der Botschaft ſtahl.
Jm September 1894 lieferte Madame Baſtian dem Nachrichtendienst
ein Dokument, das ungeheuere Erregung hervorrief. Es war jener kleine
Brief, der unter dem Namen des „ Bordereaus“ (zu deutsch : des Zettels)
in die Weltgeschichte eingegangen ist : Ein Anonymus übersendet dem
Obersten von Schwartkoppen Notizen über militärische Geheimnisse des
französischen Generalstabs.
Ein großes Rätselraten um den Verfaſſer des verräterischen Briefes
ſeßte ein. Längere Zeit kombinierte man vergeblich.
Um 6. Oktober ſaßen der Oberst Fabre und der Oberſtleutnant d'Abo
ville wieder einmal über eine Photokopie des Dokuments. Sie waren sich
einig geworden, daß der Verfasser nach der Art seines Angebotes alle
Büros des Generalſtabes durchlaufen haben müſſe, alſo Probeoffizier ſei.
Versuchshalber nahmen sie die Liste der Probeoffiziere zur Hand, gingen
Namen für Namen durch. Als Fabre auf den Namen des Hauptmanns
Dreyfus stieß, hielt er inne ...
„ Er war der Einzige, der uns einen schlechten Eindruck hinterlaſſen
hatte", sagte d'Aboville ſpäter aus . Der Oberst Fabre war es geweſen,
der als Chef der 4. Sektion dem Hauptmann Dreyfus folgende Note
gegeben hatte: „Unzureichender Offizier, sehr intelligent und begabt, ' aber
anmaßend; unter dem Gesichtspunkt des Charakters, des Gewissens und
der Pflichterfüllung nicht die notwendigen Bedingungen für eine Verwen=
dung im Generalstab des Heeres."
Die beiden Offiziere holten eine Schriftprobe des Hauptmanns Drey
fus. Sie waren ſtarr über die Ähnlichkeit, die ihnen die Schrift von Drey
fus mit der Schrift des Bordereaus zu haben ſchien.
Am ſelben Tag wurde der Chef des Nachrichtendienſtes, Oberſt Sand
herr, benachrichtigt. Als er die Kunde empfing, schlug er sich an die Stirn
und rief: „Ich hätte es mir denken können ! "
„Wir hätten es uns denken können ! " Dieſes Gefühl lief blißſchnell
durch alle Büros des Generalſtabes. Kein anderer als der Verteidiger von
Alfred Dreyfus, Maître Demange, ist es gewesen, der später im Prozeß
von Rennes das Geſtändnis ausgesprochen hat : „Dreyfus hat ſich
seinen Kameraden gegenüber so einzigartig be =
nommen , daß an dem Lage , wo es hieß : ‚ Er ist's ', je =
dermannschrie : „Er ist's !' "
Um 15. Oktober wurde der Hauptmann Dreyfus zur Generalinspek
tion in das Kriegsministerium gebeten. Der Marquis du Paty de Clam,

15
die Sc
dem vom Kriegsminister die Untersuchung übertragen war, bat ihn, einige
bändler
Zeilen nach Diktat zu schreiben. Als Dreyfus zur fünften Zeile kam, hatte
fochten
der spähende Untersuchungsoffizier das Gefühl, daß der Schreibende
schien,
nervös werde. „Was haben Sie denn, Sie zittern ? “ „Ich habe kalte
bezahlt
Finger!" Der Major ließ Dreyfus noch einige Zeilen ſchreiben. Dann legte
De
er ihm die Hand auf die Schulter : „Hauptmann Dreyfus, im Namen des
von AI
Gesetzes verhafte ich Sie! "
Aba
Georges Clemenceau, ein Vorkämpfer der dreyfusistischen Partei, hat
Auf ihr
ſpäter einmal ſein geringſchäßiges Erstaunen ausgesprochen über die Hal
Drumo
tung, die Alfred Dreyfus in der Stunde ſeiner Verhaftung einnahm. „Er
der Be
flotterte irgend etwas Dummes. Hätte er geantwortet : Meine Hand
soll ers
zittert? Und wenn schon ! Was schließen Sie daraus ? Daß ich verraten
Drgan.
habe? Eines sage ich Ihnen : Sie können hundertmal mein Vorgesetzter
Onkels
sein, wenn Sie mir auch nur im Entferntesten so etwas zutrauen, kriegen
Die
Sie meine fünf Finger ins Geſicht ! ' Das hätte die Leute beruhigt! “
1. Nove
So empfand Georges Clemenceau , der „ Tiger “, der Enkel
Kriegsm
bretonischer Bauern. Aber der Sohn des „ alten Fouli“ handelte anders.
die Eröf
Ein Teilnehmer der Verhaftung, der Direktor der Sicherheitspolizei,
ſagte später aus :
„Er war zuerst entrüstet, aber in sehr beherrschter Art, unbedingt Herr
seiner selbst. Dann protestierte er heftig und produzierte szenische Effekte." Am

Die Zuschauer gewannen sogar den Eindruck, daß Dreyfus seine zufamma
Die
Gesten im Spiegel kontrollierte. Alfred Dreyfus ſchrie : „Ich habe eine
Kriegsra
Frau und Kinder, ich habe 30 000 Franken Rente ! Hier sind meine
Schlüssel, sehen Sie bei mir nach, Sie werden nichts finden!" völlig kü
Über ein ſpäteres Verhör berichtete der Major Du Paty dem Kriegs er selbst
Borwurf
minister General Mercier : „ Er sagte mir, er ſei das Opfer einer Machi
machte ei
nation. Schon bei seinem Abgang von der Kriegsschule habe man eine
Reinach.
Gemeinheit gegen ihn begangen ... Er schmähte mich, rief den Fluch
Gottes auf mich und die Meinen herab und schrie , nur noch,
Berwirru
daß seine Rasse ander meinen Rache nehmen werde."
In diesem Ausruf leuchtete blißartig das empor, was dem Fall des heiten, in
Schwarzer
Hauptmanns Dreyfus seine historische Bedeutung gab: von der ersten
Stunde an standen hier nicht Einzelpersonen gegeneinander, ſon: As t
dern Rassen. endet hat
weisen wo
Vom ersten Augenblick an war auch die Antwort auf die rechtliche
Frage, ob der Hauptmann Dreyfus wirklich ein bezahlter Landesverräter fein und

sei oder nicht, auf beiden Seiten beeinflußt von Ressentiments und Ein F
deutet die
Instinkten überpersönlicher Natur. Die Militärs glaubten an

16 2 1726
die Schuld des Juden, weil er unter ihnen stets ein fremder Gast aus der
händlerischen Rasse des Judas Ischariot gewesen war. Die Juden aber
fochten für seine Unschuld, weil es für ihre gesamte Raſſe untragbar
ſchien, den vielleicht ersten Juden im französischen Generalstabsdienst als
bezahlten Landesverräter verurteilt zu sehen.
Der Abgeordnete Joseph Reinach hatte ſofort nach der Verhaftung
von Alfred Dreyfus bei der Regierung seine Intervention angemeldet.
Uber auch die militärische Seite machte politische Pressionen geltend.
Auf ihre Anregung ging es zurück, daß am 1. November 1894 Edouard
Drumonts Blatt, „La Libre Parole", als erste Zeitung die Nachricht von
der Verhaftung des Hauptmanns Dreyfus veröffentlichte. „Die Affäre
ſoll erstickt werden, weil der Offizier Jude ist“, schrieb das antiſemitiſche
Organ. Joseph Reinach, ſo hieß es weiter, schrecke mit den Papieren ſeines
Onkels die Parlamentarier, um eine Erstickung des Prozeſſes zu erzwingen.
Dieser Ansturm der antisemitischen Preſſe entschied den Prozeß. Am
-
1. November — am Lage des Angriffes in der „Libre Parole“ — rief der
Kriegsminister General Mercier den Ministerrat zusammen und erwirkte
die Eröffnung des Gerichtsverfahrens gegen den Hauptmann Dreyfus.

3.

Am 14. Dezember trat unter Ausschluß der Öffentlichkeit der Kriegsrat


zusammen.
Die Schilderungen über das Auftreten des Angeklagten vor dem
Kriegsrat stimmen alle überein. Joseph Reinach schreibt, daß Dreyfus
völlig kühl gesprochen habe, „erschreckend objektiv, als ob er vergäße, daß
er selbst in Frage ſtehe “. Nur einmal erhob er die Stimme, um gegen den
Vorwurf des Verrates zu protestieren . Aber die „ etwas theatraliſche Art“
machte einen kühlen Eindruck. Es gab „einen falschen Ton“, geſteht auch
Reinach. Dann fiel er in die nüchterne Diskussion zurück. „ Er debattierte
nur noch, mit dem Präsidenten, mit den Zeugen, ohne die geringste geistige
Verwirrung, mit einem erstaunlich genauen Gedächtnis für alle Einzel
heiten, in klaren Säßen und mit den Argumenten eines Mathematikers am
ſchwarzen Brett, der analyſiert und demonstriert.“
Als der Schriftfachverständige Bertillon eine längere Darlegung bes
endet hatte, durch die er Dreyfus als den Schreiber des Bordereaus er
weisen wollte, sagte der Angeklagte nur : „Der Zeuge möge so freundlich
sein und schwören, daß er mich das Bordereau hat ſchreiben ſehen!“
Ein jüdiſcher Darsteller der Affäre Dreyfus, Walther Steinthal,
deutet diese Frage als Ausdruck der „typischen Jronie des Juden“ und

2 1726 17
stellt fest, daß sie „ auf Ankläger und Richter ihre Wirkung verfehlte*. der
Auch Joseph Reinach meint, dieſe Jronie ſei „ zu fein“ geweſen. „Mehrere ber
Richter erwarteten eine entrüstete Antwort des Angeklagten, eine Wider der
legung des Unverſtändlichen, nicht dieſe Geringſchäßung, die ihnen als Ge hol
ſtändnis erſchien.“ Di
Der Polizeipräsident Lépine, der dem Prozeß beiwohnte, erzählt : au
„Nichts in der Haltung des Angeklagten war geeignet, Sympathie zu er
wecken, trotz der tragischen Situation, in der er sich befand. Er leugnete fäl
alles mit tonloſer, gleichgültiger, ausdrucksloſer Stimme. Mitunter, im his
Laufe der Debatten, zog sich sein Gesicht krampfhaft zuſammen, manchmal
riß ihn eine Zuckung hoch, aber keine Bewegung der Entrüstung, kein ↑
Schrei des Herzens, keine Erschütterung, die sich auf die anderen hätte
übertragen können.“ fr
Es fehlte der Schrei des Herzens " !
Hätte dieser Offizier aus den Liefen getretenen Mannesstolzes seinen u:
Kameraden ein troßiges Verneinen entgegengeschleudert — wäre er unter br
dem Übermaß unverdienter Schmach unter ihren Augen zusammen ber
gebrochen , sie hätten ihn begreifen können. Be
Über dieser da suchte ſeine Unschuld wie ein Kaufmann an den Fingern ge
vorzurechnen, diskutierte diese Unschuld, wie der Jünger einer Rabbiner
schule eine These aus dem Talmud zu belegen sucht.
„Jede Tat, welche auch immer es ſei, hat einen Beweggrund. Meine der
Situation ist eine wohlhabende. Meine Ausgaben stehen unter meinen [dy


Einnahmen. Meine Karriere ist glücklich. Meine Vaterlandsliebe ist
glühend. Käme das Verbrechen von meiner Seite, es wäre innerlich un da
erklärlich."
zei
So unerklärlich konnte den Richtern die Tat nicht erscheinen. Sie uni
mochten in dieser Stunde empfinden, was der Oberst Sandherr einige Zeit lid
vorher einem elfäffischen Bekannten gesagt hatte : „Du hast recht, bei jedem bir
anderen wäre es unbegreiflich . Aber er ist ein Jude.“
Am 22. Dezember 1894 verurteilte der Kriegsrat einstimmig den ihn
Hauptmann Dreyfus wegen Landesverrats zu lebenslänglicher Depor
tation. Die Anwendung der Todesstrafe war nach Ansicht der Regierung rub
rechtlich nicht möglich gewesen. in
Die öffentliche Degradierung des Verurteilten wurde auf Samstag,
Bru
ដាំ

den 5. Januar 1895, festgesetzt. Sie fand im Hof der Kriegsschule statt. me
Es war ein kalter Wintermorgen ; aber in der grimmigen Kälte unter
schwarzem Himmel drängte sich tausendköpfig die Menge um die Gitter Rr
der Kriegsschule, kletterte auf Leitern und Bäume, stand auf den Dächern far

18
2*
der Galerie des Machines . Alle Regimenter der Garnison Paris waren
vertreten; auf der Terraſſe ſtanden die Kriegsschüler. Truppen umrahmten
den Hof. Als es 9 Uhr schlug, zog der General Darras den Degen und
hob ihn hoch zum Kommando. Dumpf raſſelten die Trommeln. Alfred
Dreyfus wurde auf den Hof geführt. Laufende von Blicken richteten sich
auf ihn ...
Einen Augenblick verlor er den Schritt. Dann nahm er ihn in sorg:
fältiger Genauigkeit wieder auf. Die Eskorte, die den Verurteilten führte,
hielt vor dem General. Der Kanzliſt verlas das Urteil.
Dreyfus hörte es in tadelloſer militärischer Haltung und völlig ruhig.
Dann rief der General Darras :
Dreyfus! Sie sind unwürdig, die Waffen zu tragen. Im Namen des
französischen Volkes degradieren wir Sie!"
Der Feldwebel trat vor. Er riß dem Verurteilten die Knöpfe von der
Uniform, die Treffen, die Schulterstücke, die roten Streifen. Zuletzt zer
brach er über den Knien krachend den Degen. Alfred Dreyfus blieb un
beweglich. Als die Prozedur vorbei war, trat er kühl über die beſudelten
Zeichen seiner Offizierswürde hinweg und stellte sich von selbst unauf
gefordert zwischen die eskortierenden Soldaten.
Der Verurteilte hatte jezt zu defilieren.
Von den Gittern her, aus der Masse, schrie ihm die Verachtung und
der Haß entgegen : „Zum Lod ! Zum Lod !" Er blieb ruhig, im Gleich:
schritt; als er ihn einmal verlor, wechselte er sorgfältig den Schritt.
Ein Zuschauer, Maurice Barrès, schreibt : „Als er auf uns zukam,
das Käppi in die Stirne gerutscht, das Lorgnon auf der ſeine Raſſe kenn
zeichnenden Naſe, das Auge trocken und voll Haß, das ganze Geſicht hart
und trotzig, da ſchrie er, was sage ich, da befahl er mit einer unaussteh
lichen Stimme: , Sie werden ganz Frankreich sagen, daß ich unschuldig
bin!""
Aus den Reihen der Journalisten, von den Gittern her, antwortete es
ihm: Judas ! Saujude ! Zum Lode ! "
Als er wieder zu seinem Zellenwagen geführt wurde, verlangte er
ruhig und gleichgültig seinen Koffer. Als ihn der Gefängnisdirektor Durlin
in Empfang nahm, sagte er : „Ich vertraue auf Gott. “ „Das iſt viel, ohne
Zweifel", entgegnete Durlin, „ aber auf dieſer Erde genügt es nicht. “ „ Sie
werden sehen, in drei Jahren", entgegnete Dreyfus.
Ein paar Stunden nach der Parade begegnete das Mitglied des
Kriegsrats, Oberſt Taſſin, dem Oberst Picquart. Die beiden Offiziere
kamen auf die merkwürdige Haltung des Degradierten zu sprechen. „ Drey

2* 19
fus ist mir ganz aufreizend zynisch erſchienen“, sagte Taſſin, „ſein Marsch
gege
im Gleichſchritt, mit geſchwungenen Armen, hat mich vor Staunen ſtarr na
gemacht. Vor allem war ich erschüttert, zu ſehen, wie er mit den Augen
ganz interessiert dem Abreißen ſeiner Treffen folgte.“
den
„Donnerwetter", lachte Picquart , „ er dachte eben der
an ihr Gewicht ! So viel Gramm zu so viel macht so fer
viel !" ..
ha
Am 22. Februar 1895 verließ Dreyfus auf dem Schiff „ Ville Saint ha
Nazaire" die Küste Frankreichs . Am 12. März erreichte das Schiff die un
„Inseln des Heils “. Am 13. April führte es den Verurteilten zum Ort &
seiner Gefangenschaft : zur Teufelsinſel.
g

4.

Noch während der gerichtlichen Untersuchung gegen Alfred Dreyfus


hatte der Polizeipräſident von Paris, Louis Lépine, einen Beſuch erhalten, Г
den Lépine in ſeinen Memoiren später erzählt hat. Es war der Groß L
rabbiner von Frankreich, Zadok-Kahn, der den Polizeipräſidenten auf J
suchte. Zadok-Kahn sagte:
„Sie wissen, was vorgeht. Man will einen von unseren Leuten vor
den Kriegsrat stellen. Wenn Sie einen Einfluß auf die Regierung haben,
so ist der Augenblick da, ihn zu zeigen. Käme es zu etwas Derartigem, so
würden Sie die Verantwortung tragen für das, was ich Ihnen ankündige :
Das Land würde in zwei Hälften zerrissen werden, alle meine Glaubens
genossen würden sich erheben und der Krieg würde losbrechen zwischen den
beiden Lagern. Was die Mittel angeht, um den Krieg zu
führen , so können Sie ſich auf uns verlaſſen. “
Sofort nach der Verurteilung von Dreyfus war Joseph Reinach beim L
Ministerpräsidenten Dupuy erschienen und hatte erklärt, Dreyfus werde
auf jeden Fall rehabilitiert werden und sei es auch unter furchtbaren
Schwierigkeiten“.
Etwa eineinhalb Jahre, bis zum Herbst 1896, dauerte es, bis die
„Affäre“ aus dem Dunkel wieder in die Öffentlichkeit drang. Ein weiteres
Jahr, bis zum Herbſt 1897, bis ſie zum zentralen Angriff auf den General
stab reif war.
Von diesem Augenblick an erwies ſich auch in einer plaſtiſchen Klarheit,
wie kaum je vor dem Jahre 1933, die Wahrheit des Wahlspruches der
„Alliance Israélite Universelle “ : „ Ganz Jſrael bürgt füreinander. “
Nicht nur von der innerfranzöſiſchen Machtbaſis aus wurde der Kampf

20
gegen den französischen Generalſtab eröffnet, sondern v onder inter
nationalen Machtbasis des Gesamtjudentums.
Ein des Antisemitismus unverdächtiger Zeuge, der deutsche Sozial
demokrat Wilhelm Liebknecht, hat Anfang Oktober 1899 in einem Artikel
der Wiener „Fackel " den internationalen Feldzug der jüdiſchen Preſſe ge=
kennzeichnet: „Nie “, schrieb Wilhelm Liebknecht, „war eine gleich reclame=
hafte Mache, nie eine auf gleich gigantiſchem Fuß. Nur einen Fehler
hatte sie. Nie war eine Mache sicht- und fühlbarer und handgreiflicher —
und nie schablonenmäßig plumper. Es war theils ein stramm aufgeführtes
Concert, theils eine wohleingeübte Kaßenmuſik — beides mit einem Diri
genten, dem sämtliche Mitwirkenden auf den Wink folgten. Eine Bewe
gung des Taktstocks, und in Paris, London, Berlin, Wien, New York,
überall das gleiche Singen, Blaſen, Pfeifen, Ziſchen, Quicken, Brüllen.
Und da wundert man sich noch, daß der Glaube an ein , Syndicať“ ent
ſtanden ist! Wenn 500 Zeitungen verschiedener Parteien in aller Herren
Ländern gleichzeitig jeden Tag ein- oder zwei- und mehrmal die gleiche
Melodei anſtimmen, dann ist es doch wahrhaftig nicht gut möglich, an
,puren Zufall zu glauben - oder an eine geheimnisvolle , Sympathie
der Nerven und Seelen . . .
Sehr viel Abwechslung brachte der geheimnisvolle Laktstockschwinger
allerdings nicht in die Aufführung. Es gab nur zwei Löne und Lonarten:
himmlische Sphärenmuſik für die Heiligen und Engel der „Reviſion“
höllisches Indianergeheul und Fischmarktgeschimpfe für die Unter- und
Oberteufel, die der ‚ Revision' nicht zujauchzten und an den neuen ,Jesus
von Nazareth' auf der Teufelsinſel nicht glauben wollten."
Noch ein zweiter Zeuge mag angeführt werden, ein Jude, der es mit
unter liebte, über jüdische Dinge Keßereien zu sagen, Maximilian Harden.
Er schrieb damals in der „Zukunft“ : „Ich behaupte, daß für die Syndi
katskaſſe, wenn es nötig ist, in allen europäiſchen Hauptſtädten Hundert
tauſende, vielleicht Millionen zu haben ſind und daß Leute, die für politische
und soziale Kämpfe nicht einen Heller hergeben, den Dreyfuſards gern den
vollen Beutel öffnen . . . Wenn der Verurteilte nicht ein Jude wäre, wenn
nicht eine ganze, durch die Kraft und Festigkeit ihrer Kohäſion berühmte
Rasse für seine Unschuld wie für ihr eigenes Lebensrecht kämpfte, dann,
davon bin ich überzeugt, hätten wir nie erlebt, was wir jetzt erleben ...
Ein anderes Beispiel : Der Panamaſkandal. Was damals an Korruption,
an Verheerung des Volkswohlstandes, an Zerrüttung der Verhältniſſe
erlebt wurde, war am Ende doch auch nicht wenig. Wo aber blieb die
Empörung, die unerbittliche Verfolgung der Schuldigen? Aus unſeren libe

21
ralen Zeitungen konnte man kaum den Betrag der unterschlagenen und
vergeudeten Summen erfahren; alle Einzelheiten wurden ſorgſam ver
ſchwiegen, weil ,die Sache ja ſchließlich nur Frankreich angehe‘. Die Anti
ſemiten hätten, natürlich sehr falsch und sehr ungerecht, geſagt, alle Juden
ſeien wie Cornelius Herz, Reinach und Arton, und ſo ſchien es beſſer, über
die schmutzige Geschichte nicht ausführlich zu reden. Jetzt liegen die Dinge
anders : die bewährten Panamisten fechten mannhaft
im Vordertreffen des Dreyfus - Volkes , die Möglichkeit
winkt, an einem weithin ſichtbaren Beispiel zu zeigen, einem Juden
sei grausames Unrecht geschehen - deshalb mußte der letzte Mann und
die letzte Feder aufgeboten werden, um Europa mobilzumachen, und
deshalb wird über den auf die Teufelsinsel Verbannten seit einem Jahr
mehr geredet und geſchrieben als in 1900 Jahren über die Verurteilung
des Nazareners geſchrieben und geredet ward, deſſen Prozeſſe doch auch zu
allerlei schlimmen Gloſſen Gelegenheit gegeben hätte."
Maximilian Harden erwähnt hier die kennzeichnende Tatsache, daß
unter den nichtjüdiſchen Parlamentariern, die Joſeph Reinach in erster
Linie in den Kampf für die Unſchuld ſeines Raſſegenoſſen führte, die
Namen der „Scheckards “ des Panama eine große Rolle spielen. Es iſt
nicht zweifelhaft, daß das jüdiſche Geld an der Erweiterung dieſes eiſernen
Bestandes von Gekauften gearbeitet hat. In den Gerichtsverhandlungen
der Dreyfus-Prozesse ist einer der Abgesandten des „ Syndikats ", der
jüdiſche Anarchiſt Bernard Lazare, plaſtiſch geworden. Henri Rochefort,
der bekannte Publizist des „Intransigeant“ hat über einen Bestechungs
versuch ausgesagt, den Lazare an ihm versucht habe. Lazare bot Rochefort
„alle Geldopfer“ an, wenn er für die Unschuld von Dreyfus ſchreiben
wolle. „Wenn ich ihm geſagt hätte : Ich könnte es machen, aber ich müßte
Einflüsse kaufen, ich brauche drei Millionen ..., ich bin überzeugt, sie
wären mir am nächsten Morgen gebracht worden, in Gold, wenn es mir
Spaß gemacht hätte. "
Ein anderer Zeuge, der Paläograph Bouton, erhielt ebenfalls den Be
fuch Lazares. Lazare bat um ein Gutachten, daß die Schrift des
Bordereaus nicht mit der von Dreyfus identisch sei. „Prüfen Sie", sagte
er, es ist ein bedeutendes Geschäft und für Sie wird eine gute Summe
abfallen." Nach zwei Tagen kam er wieder. Bouton erklärte, das Bor
dereau sei doch von Dreyfus . „Darauf sagte mir Lazare, hunderttausend
Franken seien doch auch nicht zu verachten, und ging. Doch ließ er mir
seine Adreſſe, damit ich ihm schreiben könne. Aber ich habe nichts mit ihm
zu tun haben wollen.“

22
Dies war Bernard Lazare, von dem Joseph Reinach schreibt, er sei
von der Art der Juden gewesen, die das Evangelium preiſt : Sie eilen
über Erde und Meer, um nur einen Proselyten zu machen“ .
Das biblische Zitat war unvorsichtig gewählt. Die Stelle, Matthäus
XXIII, 15 lautet wörtlich : „Wehe euch, Schriftgelehrte und Pharisäer,
die ihr Land und Waſſer umziehet, daß ihr einen Judengenossen
machet, und wenn er es geworden ist, macht ihr aus ihm ein Kind der
Hölle , zwiefach mehr als ihr es seid! "

5.

Dieſe internationale Macht des jüdiſchen Geldes trat ſeit dem Herbst
1897 zum großen Kampf um die Reviſion des Prozesses Dreyfus an.
Neben sie traten seit dem Vorstoß Emile Zolas die liberalen Kreiſe der
Intelligenz, die sogenannten „Intellektuellen". Für sie war der Fall Drey
fus der große Kampf des „Individuums“ gegen die „Staatsraiſon“, der
Kampf der Ideen von 1789 gegen die rückſchrittliche Macht des „Mili
tarismus ", des „Klerikalismus “, des „Antisemitismus “.
Rein zahlenmäßig war dieſe Partei der Reviſioniſten auf lange hinaus
eine geringe Minderheit.
Die breite Maſ ſ e des franzöſiſchen Volkes dagegeri ſtand mit all
ihren instinktiven Empfindungen auf Seite der Armee und gegen den
Juden. Ja, gerade der Kampf für Alfred Dreyfus ließ die ſeit Panama
langsam wachsende antisemitische Welle in breiter Front in das öffentliche
Leben Frankreichs einbrechen.
In Joseph Reinachs Histoire de l'Affaire Dreyfus" findet man
das unruhige Erstaunen ausgedrückt, mit dem die Vertreter des euro
päiſchen Aſſimilationsjudentums diese unerwartete Erscheinung einer anti
semitischen Massenbewegung im Mutterland der Großen Revolution er
lebten. „Die Gräber öffnen ſich“, ſchreibt Reinach. „Dieses Volk kennt
seine eigenen Vorurteile nicht, die eingeschlafen sind, aber doch noch leben.
Es liest auf allen Denkmälern „Freiheit, Brüderlichkeit‘. Es glaubt aus
dieſer Deviſe den Grundſaß seines Handelns gemacht zu haben. Aber
die Grundsäke der Revolution , die man für immer
auf Felsen gebaut glaubte , stehen auf Sand , dem
Winde preisgegeben , der vorübergeht. “ „Die Bauern
traten an die Abgeordneten heran : Wann werdet ihr uns von den Juden
befreien ? Kein Unterschied zwischen dem Städter und dem Landvolk, zwi
schen Bauern und Arbeitern in der Explosion dieses Gefühls . “ „ Die Re

23
publikaner überraschte dieſes Aufleben des Mittelalters . Sie dachten nur den
daran, dem Gebäude der Revolution neue Stockwerke aufzubauen; und hier
siehe da , die Grundfesten , die man für unerschüt - ita

212
terlich gehalten hatte , beginnen zu zittern .“ bec
Dieser Stimmung des Landes beugten sich auch die Parteien der Kam bil
mer. Um 4. Dezember 1897 kam die Affäre Dreyfus wieder vor die Kam
mer. Im Namen der Rechten ſtieg der Abgeordnete Graf de Mun, perſön Abg
licher Freund des Chefs des Generalſtabs, des Generals Boisdeffre, auf die wor
Tribüne : Er erinnerte daran, „daß er als Franzose spreche, der fünfzehn fiel
Jahre lang seinem Vaterland mit der Waffe gedient hat und deſſen Sol dar
datenherz aufgewühlt ist bis ins Innerste durch den Feldzug, den wir er
100

2 E≡ ≡ .ម
leben ". Reinach schildert die Rede: „Er sprach nur wenige Worte, mit
vibrierender Stimme, die erregt schien, und er schleuderte seine Worte wie in
Kugeln. Schon bei seinem ersten Sah brach der Beifall los, rechts, links, me
auf der äußersten Linken ; dann ging er auf die Mitte über, die verdächtig mic
zu werden fürchtete, wenn sie schwieg, und die deshalb die ungeheure Ova jon
tion mitmachte. " far

៩ ឌ ·
"Ja", rief der Graf de Mun, „ wir müssen wiſſen, ob es wahr ist, daß der
es in dieſem Lande eine geheimnisvolle, verborgene Macht gibt, die mächtig W
genug ist, auf die Chefs unserer Armee den Verdacht zu schleudern, auf H
ſie, die am großen Tage, am Tage der großen Pflichten, diese Armee an in


den Feind zu führen und den Krieg zu leiten haben. fre


Man muß wissen, ob diese geheime Macht wirklich stark genug ist, R
um ein ganzes Land in Aufruhr zu verſeßzen, wie es ſeit vierzehn Tagen
der Fall ist, um in die Seelen Zweifel und Verdacht zu schleudern gegen
de
die Offiziere ..."
de
Nur die sozialiſtiſche Partei klatschte nicht. Uber auch sie hielt es für
fr
taktiſch richtig, ihren Angriff in dieſem Augenblick nicht gegen die Armee,
δε
sondern die geheime Macht des Geldes zu richten. Der Abgeordnete
Alexandre Millerand war ihr Redner. Er wies darauf hin, daß die Regie fo
rung in der Frage der Revision eine zweideutige Haltung einnehme, Von "
f
der Rechten kam der Zwischenruf: „ Es gibt zu viel jüdiſches Geld ! “ Ein
in
anderer Abgeordneter rief dem Redner zu : „ Sie antworten nicht auf dieſe
Unterbrechung?" "Ich antworte nicht“, sagte Millerand, „ weil ich zur
Genüge meine Meinung gesagt habe über die Art, wie dieser Feldzug ge
fühlt worden ist. So brauche ich den Zwischenruf, der eben fiel, mit keinem
Wort zu unterstreichen ...
. . . (ſehr gut ! ſehr gut ! auf der äußersten Linken).
Warum haben Sie es nicht gewagt, eine klare Stellung einzunehmen? Die
Antwort liegt in dem Namen derer, die ich Ihre Freunde nannte, und die

24
den Feldzug begonnen haben ; ſie liegt in dem Namen des Mannes, der
hier den Feldzug führte, w ä h rendervielleicht Grund hätte ,
statt die Rehabilitierung eines neuen Calas zu
versuchen , in seiner eigenen Familie andere Reha
bilitationen vorzunehmen ..."
"Ich tue, was mir mein Gewissen befiehlt!" rief von seiner Bank der
Ubgeordnete Reinach. „Mein Gewiſſen iſt intakt.“ Lucien Hubert ant
wortete ihm: „Das glaube ich, es ist nie benüßt worden ! “ Der Präsident
fiel ein : „Persönliche Bemerkungen ſind untersagt, ich erinnere die Redner
daran."
Einsam, wie ein Pestkranker, gemieden, wie ſchon einmal zu der Zeit,
wo sein Onkel, der Baron Jacques, sich vor den Enthüllungen des Panama
in den Tod geflüchtet hatte, saß Joseph Reinach auf seiner Bank. „Bei
meinen ältesten Freunden “, schreibt er, „spürte ich eine dumpfe Wut gegen
mich ...“ „ Es ist so : in dieser Kammer gibt es keine Republikaner mehr,
ſondern nur noch eine Maſſe, die, wie alle Maſſen, nicht mehr denken
kann, der das Räſonnement ebenso fremd ist wie jenen kopfloſen Tieren,
deren Nerven- und Rückenmarkſyſtem nur noch für die stärkste, unsichere
Wirkung der Reflexe empfindlich ist. Auf meinem Haupte fühle ich den
Haß von dreihundert Hypnotisierten, die sich, des Beifallklatschens müde,
in ein und derselben mimischen Kundgebung gegen mich wenden. Ich
kreuze die Arme: ein Wort, eine Handbewegung hätte dieſe Narrheit in
Raserei verwandelt. Wie könnte man gegen einen Orkan ankämpfen? "

Um dieselbe Zeit hat in Paris ein Budapeſter Jude, der Doktor Theo
dor Herzl, Berichterstatter der freiſinnigen Wiener „Neuen freien Preſſe“,
den plößlichen Ausbruch der antiſemitiſchen Leidenschaft in dem Volk der
französischen Revolution „ wie ein Keulenſchlag auf den Kopf“ empfun
den. " Gerade hundert Jahre nach der Erklärung der Menschenrechte“,
so schreibt Jean Jérome Charaud in seiner ,,Petite Histoire des Juifs",
„zerriß plößlich der Vorhang im Tempel und ließ eine Wirklichkeit er
kennen, die man nicht kannte oder nicht sehen wollte ". In dieser Zeit ward
in Theodor Herzls Gehirn der Gedanke des Zionismus geboren, der
Gedanke der Errichtung eines völkiſch-jüdiſchen Eigenstaates.

6.

Der Generalstab und die Armee hatten zu Beginn des Kampfes die
öffentliche Meinung ihres Landes weitgehend für sich. Sie hatten gegen ſich
Calas war das Opfer eines Juſtizirrtums, für das Voltaire in die Schranken
getreten war.

25
not
das Geld des internationalen Judentums, die große Preſſe aller Länder
und die antimilitariſtiſche Kritik des Intellektuellen. Cafer
Der Generalstab unterlag. 2
gegen
Wir schildern hier nicht die einzelnen Peripetien des Kampfes, all jene
Repu
erregenden Einzelheiten: die umstrittene Rolle des Oberſten Picquart; die
ffand
geheimnisvolle Rolle des Majors Esterhazy ; die Geschichten von der ver
stickus
schleierten Dame und von der blauen Brille ; die Fälschung des Majors
des d
Henry und sein Selbstmord mit dem Rasiermesser in der Gefängniszelle;
repai
und all die anderen abenteuerlichen Dunkelheiten, die die Affäre Dreyfus
inzwi
zu einem der aufregendsten Romane der Weltgeschichte machen.
Roll
Wenn der Generalstab und die mit ihm verbündete antisemitiſche
I
Oppoſition unterlagen, so wohl vor allem deshalb, weil sie keinen wirk
heftig
lichen politischen Führer besaßen. Die Generale der Armee waren
schrei
unpolitische Soldaten , die zwischen der inneren Auflehnung
nicht
gegen das parlamentarisch-plutokratische System und dem traditionellen
fini
Gehorsam des Soldatentums hin- und herschwankten. Die politische
fini
Opposition hatte in Paul Déroulède* einen Tribunen und in Edouard
2
Drumont einen Schriftsteller , aber keiner der beiden besaß die heit
staatsmännischen Eigenschaften, die vielleicht aus der großen
Abg
antisemitiſchen Maſſenſtimmung jener Jahre eine das Staatsweſen neu
gestaltende organiſierte Bewegung hätte geſtalten können. fion
So wurde die militäriſch-antiſemitiſche Partei im Verlauf des Jahres S
1898 immer mehr in die Defensive gedrängt, Schritt für Schritt ver Einf
lor sie den Boden an den Gegner. femi
Im Februar 1899 vollzog sich dann die entscheidende Wendung : die wur
Eroberung der Präsidentschaft der Republik durch die dreyfusistische glei
Partei.
Der Präsident der Republik, Felix Faure, war ein Gegner der Revi listis
ſion, eine Stütze der militärischen Partei geweſen. Am 16. Februar 1899 Str
hörte man aus den Gemächern, in die ſich der Präſident mit ſeiner S
Mätreſſe, Madame Steinheil, zurückgezogen hatte, gellende Schreie. Die lifte
Schreie kamen von Frau Steinheil, die kurz darauf durch die Hintertüre gefel
entwich. Der Präſident lag ſtöhnend auf seinem Sofa. Kurz darauf ver tifch,
schied er. Joseph Reinach erzählt, wie der Miniſterpräsident Dupuy die geri
Nachricht aufnahm . „ Er stieß einen Schrei aus , er dachte an Car፡

Paul Déroulède wurde infolge eines mißglückten Putschversuches verhaftet Jol
und später wegen Hochverrats verbannt. Hierauf bezieht sich eine der Reinach den
Karikaturen in dieser Schrift. schn

26
not • • " Carnot, der letzte Präsident, war durch einen Anarchisten,
Caserio, ermordet worden .
Am 18. Februar 1899 wählte der Kongreß in Verſailles mit 483
gegen 279 Stimmen den Abgeordneten Emile Loubet zum Präsidenten der
Republik. Loubet gehörte zur Reinach-Gruppe. Während des Panama
skandals war er Miniſterpräſident gewesen und hatte sich um die Er
stickung des Korruptionsprozeſſes bemüht. Eben jetzt war aus der Feder
des damaligen Generalstaatsanwalts der Republik, Quesnay de Beau
repaire, ein Buch „Das Panama und die Republik" erschienen, in dem der
inzwischen gestürzte oberste Richter der Republik sein Wissen über die
Rolle Loubets im Panama veröffentlichte.
Die Opposition des Kongreſſes begrüßte den neuen Präſidenten mit
heftigen Anrufen : „Ist es wahr, was Quesnay de Beaurepaire über Sie
ſchreibt?“ rief der Abgeordnete Déroulède dem Präsidenten zu. „Ich habe
nicht zu antworten", sagte Loubet. „Nun, Herr Präsident , Sie
sind ein Panamist ! " (Lärm) . Der Abgeordnete Laſies : „ Sie
sind der Präsident der Synagoge !"
Als das amtliche Wahlergebnis verkündet wurde, erhob sich die Mehr
heit von den Sitzen und rief: „ Es lebe die Republik! “ Der antiſemitiſche
Abgeordnete Firmin Faure antwortete mit dem Ruf: „ Es lebe Arton!"
Dies war die erste große Machtpoſition, die sich die Partei der Revi
ſion neu erkämpft hatte.
Noch an diesem Tage freilich, als der Präſident Loubet ſeine feierliche
Einfahrt von Versailles zum Elysée vornahm, erwiesen sich die Anti
ſemiten als die Herren der Straße von Paris. Auf dem ganzen Weg
wurde Emile Loubet von dem gellenden Ruf: „Panama ! Panama! " be=
gleitet. Die Polizei ſah lächelnd zu. Der Präſident weinte vor Wut® .
Aber eben um diese Zeit vollzog sich auch jene Wendung der ſozia
listischen Parteien, die den Nationalisten die Alleinherrschaft auf den
Straßen entriß.
Noch in den ersten Monaten der Affäre Dreyfus hatte man die Sozia=
listen in kühler Diſtanzierung von der Sache des Hauptmanns Dreyfus
gesehen. Ihr Wortführer, der Abgeordnete Millerand, hatte in der histo
rischen Sitzung vom 4. Dezember 1897 ſeinen Angriff gegen die Geldmacht
gerichtet und dabei den Abgeordneten Reinach schwer beleidigt.
Jeht, nach der Wahl Loubets, änderte das Gros der ſozialiſtiſchen
Loubets „Marsch zum Elysée“ zeigt eine von uns wiedergegebene Karikatur:
Joseph Reinach führt das Pferd des Präsidenten, der von einem Posaune blaſen
den jüdischen Engel an der Kette gehalten wird. Das protestierende Volk ver
schwindet hinter den geschwungenen Knüppeln der Polizisten.

27
Für de
Parteien die Agitationsparole. Zu Beginn der Affäre Dreyfus hatte die
der Abge
opportunistische Partei zusammen mit der Rechten die Regierungsmehr
Land ver
heit gebildet. Jetzt ſuchten die Opportunisten in ihrem von Joseph Reinach
fidh vor E
gespornten Kampf für Dreyfus das Bündnis der sozialistischen Linken
und der
gegen die mit dem Generalstab zusammen arbeitende Rechte. Auch die
Banditen
Sozialisten wollten regierungsfähig werden. Sie erfüllten die notwendigen
all die, di
Voraussetzungen, indem sie ihre Agitation gegen die Plutokratie
zurückstellten. Die Kampfparole, unter der die Sozialistenführer Jean goldenen
Jaurès und Millerand die Massen der Arbeiter gegen die Generalstabs Finanz (
an den
partei in Bewegung setzten, hieß: „Nieder mit den Aristokraten! Nieder
mit den Pfaffen!" Jacques
die fich c
Bis dahin war die dreyfusistische Partei eine Partei ohne Maſſen ges
wesen. Jetzt begannen die Maſſen der Arbeiter für die Sache des Haupt politische
manns Dreyfus mobiliſiert zu werden. zur Reg
Am 6. Juni 1899 wurde das Kabinett Dupuy gestürzt. Am 22. Juni der Kor

bildete der Abgeordnete Waldeck- Rouſſeau ein Kabinett, in dem die ſozia Das
listische Partei durch Millerand vertreten war. Der Ministerpräsident die Lage
Waldeck-Rousseau war ein Mann des Reinach-Kreises. Joseph Reinach Hen
war es gewesen, der Waldeck-Rouſſeau, den Advokaten und Intereſſen= Kommi
vertreter der Großfinanz, und Millerand, den Advokaten und Intereſſen= oder vie
vertreter der Sozialisten, bisher erbitterte Gegner, zur Koalition ver
Her
anlaßt hatte. Alexandre Millerand war als Sohn einer geborenen Caën
Joseph
Halbjude und selbst jüdisch verheiratet.
Briffe
Am 26. Juni 1899 stellte sich das Kabinett Waldeck-Rouſſeau der
ten da
Kammer vor. Es war eine der stürmischen Sitzungen in der Geschichte des
sehr üb
Palais Bourbon. Fast schien es, als solle das Kabinett bereits in der ersten
aus der
Sitzung unterliegen. Reinach schreibt: „Wenn Waldeck nicht seinen
geheimsten Gedanken verbarg : die Freisprechung Da
von Dreyfus , so brach alles zusammen. ...Man konnte in den zurück.
Annalen der Kammer zurückblicken, so weit man wollte : nie noch war ein Vi
Ministerium so empfangen worden. Die Republikaner, die entschlossen Teufel
waren, dafür zu ſtimmen, schwiegen." einem
Die Opposition sandte ihre Redner auf die Tribüne. Der Boulangist rung f
Ernest Roche erklärte : „Man merkt es, was für ein Hirn dieſen Plan
ausgeheckt hat, welche Hand die Ausführung hinter den Kuliſſen geleitet Sturz
hat. Es iſt Hirn und Hand deſſen, der uns als würdiger Neffe inner
p
seines Onkels einen allgemeinen Umsturz in Aussicht gestellt hat. den sd
Gehei
Jeder von Ihnen, meine Herren Minister, trägt Fesseln, die ihn an hatte,
diesen verderblichen Mann ketten! " gang

28
Für den Teil der Sozialisten, der gegen die Regierung ſtimmte, sprach
der Abgeordnete Mirman : Er nannte Joseph Reinach den „für unser
Land verderblichsten Mann “. „Ich sage“, rief er, „mein Innerstes hebt
sich vor Ekel (lebhafter Beifall), wenn ich sehe, wie aus dem Schweigen
und der Vergessenheit, wohin sie für immer verbannt schienen, all die
Banditen und all die Verkauften wieder hervorſteigen (neuer Beifall),
all die, die ihr Gewiſſen und ihren Einfluß feilboten, all die Prieſter des
goldenen Kalbes, all die wüsten Chorknaben aus den Saturnalien der
Finanz (lebhafter Beifall, Zurufe). Ja, alle, die auf Gedeih und Verderb
an den Baron Reinach gekettet waren, verbunden mit Arton, mit
Jacques Meyer, mit Cornelius Herz, all diesen Beute juden ,
die sich auf das Land stürzten, Gewiſſen kauften, Voten handelten, mit
politischen Einflüſſen ſchacherten . . . (neuer Beifall. — Marcel Habert,
zur Regierung gewandt : Von der Höhe dieſer Bänke schauen 25 Jahre
der Korruption auf Sie herab ! Lärm).“
Das Kabinett schien verloren. Da rettete der Abgeordnete Henri Brisson
die Lage .

Henri Brisson war im Jahre 1892 der parlamentarische Leiter der


Kommission gewesen, die die Korruptionen des Panama zu unterſuchen
oder vielmehr zu ersticken hatte* .
Henri Brisson war aber auch Großmeiſter des Freimaurerordens.
Joseph Reinach hat die Szene festgehalten, wie kein Protokoll ſie meldet.
Brisson streckte und hob die Arme in dem Zeichen, in dem die Eingeweih
ten das Notzeichen der Freimaurerei erkannten. Das war
ſehr überflüſſig; ſeine Not, ſeine Angst für die Republik ſchrien laut genug
aus dem Schluchzen seiner Stimme, aus seinem gramzerfurchten Gesicht. “
Das große Notzeichen rief die „Brüder“ der Kammer zur Disziplin
zurück. Die Regierung erhielt 25 Stimmen Mehrheit.
Vier Tage später, am 30. Juni 1899, kehrte Alfred Dreyfus von der
Teufelsinsel nach Frankreich zurück. Die Landung mußte bei Nacht in
einem kleinen Dorf der Bretagne vorgenommen werden, denn die Regie
rung fürchtete, daß die Bevölkerung den Juden zerreißen würde.

Henri Brisson war 1898 Ministerpräsident gewesen, als die "} Affäre“ zum
Sturz des Kriegsministers Cavaignac geführt hatte. Um diese Zeit erlitt das
innerpolitisch durch die Affäre Dreyfus zerrissene Frankreich in der Außenpolitik
den schweren Prestigeverlust von Faschoda. Die Expedition Marchand mußte auf
Geheiß der Regierung die französische Flagge, die sie bereits am oberen Nil gehißt
hatte, vor der englischen Armee unter Lord Kitchener niederziehen. Auf dieſen Vor
gang bezieht sich eine unſerer Karikaturen,

29
des alte
7.
denkt, d
Am 7. August 1899 führte man den Hauptmann Alfred Dreyfus in haften D
den großen Saal des Lyzeums von Rennes, wo der Kriegsrat zu einer Geo
neuen Verhandlung der Anklage zuſammengetreten war. Die Verhand enttäus
lung war öffentlich und ein Publikum aus aller Welt hatte sich ein Revision
gefunden. machte.
Dreyfus war in Uniform. Er ging in militärischem Gleichſchritt und anderer
ſtand vor den militärischen Richtern stramm. Als er ſich ſetzte und aller feinen E
Augen auf sich ruhen fühlte, sah er sich ungeniert um. Der Blick unter gefaßt,
dem Kneifer war ganz klar, das Geſicht undurchdringlich und kühl. We
Die Fragen des Verhörs beantwortete er monoton und leidenschafts weckte,
los. Er blieb auch ruhig bei Fragen, die ihm, so meinten die Zuhörer, das Richtern
Blut in die Stirn treiben mußten. „Haben Sie mit einigen Frauen ver Um
kehrt," fragte der Präsident. — „Nein. “ — „Man ſpricht aber von einer zur Be
Perſon, der Sie das Angebot einer Villa am Meer machten, um ſie einem Militä
Verhältnis abspenstig zu machen? “ - „ Jawohl, Herr Oberst, ein Ver den gro
hältnis privaten Charakters, aber ich habe es dann doch nicht getan." Freispr
„Das war alſo eine Ausgabe, die Sie sich leisten konnten?“ — "Ich freie L
hatte die Mittel dazu. “ heute c
Seine eigenen Advokaten, Maître Demange und Maître Labori, zeß Dr
waren verzweifelt. Ein Horcher an der Wand hörte eines Tages aus dem Reichs
Zimmer, wo die Advokaten mit ihrem Klienten arbeiteten, den tempera Stimm
mentvollen Maître Labori schreien : „ Sie ſind ja nicht verteidigungsfähig !" ordres
Die Verteidiger rieten ihm, mehr zum Herzen ſeiner Richter und ſeiner rubig
Zuhörer zu sprechen. Er folgte ihnen und sagte: „Ja, ich liebe die Armee Gegen
und das Vaterland. Sie brauchen nur das anzusehen, was ich in meinen Depesc
Fieber- und Schmerzensnächten auf der Teufelsinsel auf das Papier ge= melde.
worfen habe. Sie haben sicher ganze Haufen von Papier, die alles ent verbre
halten ..." maßge
Aber es klang ausdruckslos und geſchäftsmäßig, wie eine auswendig fchiede
gelernte Lektion . (pred
Nur in seltenen Augenblicken, so schien es einem klugen Beobachter, ſchäft.
dem Schriftsteller Maurice Barrès, lockerte sich die maskenhafte Starre Ge
im Gesicht des Angeklagten. Das war dann, wenn der Advokat Maître unbefa
Labori die Generale angriff. Barrès schreibt : „ Dreyfus entspannte zu leb
ſich (dann), er nahm einen aufrichtigen Gesichtsausdruck an, einen, der Jahre
,etwas gleichsah'. Troß Kneifer und Uniform wurde er wieder ein junger wurde
börse
Dreyfus, der auf einer elsässischen Holzbank vor der Tür seines Vaters,

30
des alten Fouli, ſißt und mit hartem Gesicht an die Schuldner
denkt, deren Schuldscheine er in der Lasche hat und die er morgen vers
haften lassen wird. "
Georges Clemenceau hat noch in den Gesprächen seines Alters den tief
enttäuſchenden Eindruck geſchildert, den gerade für die Vorkämpfer der
Reviſion das persönliche Auftreten des „Märtyrers von der Teufelsinſel“
machte. „Er sah aus wie ein kleiner Krämer. Das war Dreyfus." Ein
anderer Anhänger der reviſioniſtiſchen Partei , der Oberst Picquart, hat
seinen Eindruck im Dialekt seiner elsässischen Heimat dahin zusammen
gefaßt, dieser Dreyfus ſei „ e wüschtes Jüdel“ geweſen.
Wenn dies der Eindruck war, den er seinen politischen Freunden ers
weckte, wie hätte er seinen politischen Gegnern und ſeinen militäriſchen
Richtern einen besseren machen können?
Am 9. September 1899, nachmittags 3.15 Uhr, zog sich der Kriegsrat
zur Beſchlußfaſſung zurück. Die Stadt Rennes war von Polizei und
Militär in eine Art von Belagerungszustand verſeßt. Die Weltpreſſe in
den großen Städten Europas und Amerikas hatte ihre Leser auf einen
Freispruch vorbereitet. Auch die Börse teilte die Erwartung . Die „ Neue
freie Preſſe " in Wien meldete : „ Das Interesse sämtlicher Plähe war
heute ausschließlich durch die Frage beherrscht, welchen Ausgang der Pro
zeß Dreyfus nehmen werde. In Berlin hatte die amtliche Erklärung des
Reichskanzlers einen günſtigen Eindruck hervorgerufen und die Börſe in
Stimmung verseßt. An der Wiener Börse lagen zahlreiche Verkaufs
ordres vor. Das angebotene Material wurde jedoch noch in der Vorbörſe
ruhig aufgenommen und die Mittagsbörse eröffnete in fester Tendenz.
Gegen halb zwei Uhr empfing ein hiesiges Bankinstitut aus Berlin eine
Depesche des Inhalts, daß Frankfurt via Brüſſel den Freispruch Dreyfus
melde. Kurz vorher waren bereits Gerüchte über ein freisprechendes Urteil
verbreitet, welche eine lebhafte Bewegung und eine Kurssteigerung der
maßgebenden Spekulationspapiere hervorriefen. Als gleichzeitig an ver
schiedene Institute und Privathäuſer telephoniſche Gerüchte über ein freis
sprechendes Urteil anlangten, entwickelte sich neuerdings ein reges Ge=
schäft.“
Gerade an diesem Lage landete in Marseille Benjamin Reynier, ein
unbekannter Mann, der 1881 wegen Ermordung eines kleinen Mädchens
zu lebenslänglicher Zwangsarbeit verurteilt worden war und achtzehn
Jahre im Zuchthaus geſeſſen hatte, bevor ſich ſeine Unſchuld erwies . Doch
wurde dieser Fall von der Weltpreſſe kaum notiert und rief an der Welt
börse keine Kursschwankungen hervor.

31
Um 4.50 Uhr kehrte der Kriegsrat zurück und verlas das Urteil. Mit
5 gegen 2 Stimmen war Alfred Dreyfus unter Anerkennung „ mildernder
Umstände“ erneut zu zehn Jahren Haft verurteilt worden.

8.

Die Regierung und die parlamentarische Mehrheit hatten nicht ver


mocht, beim Militärgericht den Freispruch des Hauptmanns Dreyfus
durchzusetzen; — ſie konnten es auch nicht riskieren, das Urteil des Kriegs
rates von Rennes zu kaſſieren und es an einen neuen dritten Kriegsrat zu
verweisen. Niemand zweifelte, daß auch ein dritter Kriegsrat Dreyfus
verurteilen würde. Der Kriegsminiſter der Republik, General Gallifet;
schrieb damals dem Ministerpräsidenten Waldeck-Rousseau : „Ver :
gessen wir nicht , daß die Mehrheit in Frankreich
antisemitisch ist. Wir werden alſo in folgender Lage ſein : auf der
einen Seite die ganze Armee, die Mehrheit der Franzosen. (ich spreche
nicht von den Abgeordneten und Senatoren) und alle Agitatoren
auf der andern Seite das Ministerium, die Dreyfusards und das Aus
land. "
Die Regierung der Republik mußte ſich alſo zunächſt damit begnügen,
dem Hauptmann Dreyfus ſeine tatsächliche Freiheit wiederzugeben. Durch
Dekret vom 21. September 1899 ſprach der Präſident der Republik die
Begnadigung des Verurteilten aus. I
Es dauerte drei Jahre, bis die Reinach-Gruppe daran denken konnte,
f
die Kassation des Gerichtsurteils von Rennes zu verlangen. Die politische L
Entwicklung der Republik hatte inzwischen zur Herrschaft der radikalen
Linken geführt, die Ära des Kriegsminiſters André hatte die oppoſitio
nellen Tendenzen in der Armee unterdrückt. Troßdem wagte man auch
jetzt nicht, das Urteil eines Kriegsgerichtes zugunsten von Drey
fus zu erwarten. Die Angelegenheit wurde einem z i vilen Gericht über
tragen.
Der Abschluß der Affäre erinnerte in nichts mehr an die stürmischen
Jahre der Dreyfus-Kriſe. Die öffentliche Meinung nahm keinen Anteil
mehr am Fall Dreyfus.
J
Doch wagte man das Urteil erst zu verkünden, als die Maiwahlen
von 1906 eine Linksmehrheit gebracht hatten. Um 12. Juli 1906 wurde
f
das Urteil von Rennes gerichtlich aufgehoben. Alfred Dreyfus wurde
freigesprochen. ୮
Am 21. Juli 1906 wurde der zum Major beförderte Alfred Dreyfus
in einem Hof der Kriegsschule zum Ritter der Ehrenlegion geschlagen.

32
Es war ein Samstag, der Sabbat der Juden. Auch der 5. Januar 1895,
an dem Dreyfus degradiert worden war, war ein Samstag geweſen.
Der offiziöse „Temps “ berichtete :
„Der Major Dreyfus fährt in einem offenen Wagen ab, begleitet von
seinem Bruder und ſeinem Sohn. Die Menge bringt ihm eine lebhafte
Huldigung dar, die Hüte werden geschwenkt, man ruft : „ Es lebe die
Gerechtigkeit, es lebe die Republik! "
„Der Major Dreyfus, dessen Gesicht strahlt, grüßt und dankt mit
den Händen.“
9.
Wir werfen am Ende unserer Darstellung noch einen Blick zurück und
ziehen aus ihr die letzten Folgerungen.
Wir haben dieſe Darstellung auf die großen historischen Hintergründe
der Affäre Dreyfus eingestellt; wir haben die Affäre Dreyfus nicht als
den Kriminalfall eines Individuums aufgefaßt, sondern als den
historischen Konflikt des jüdischen Händlertums mit den sol
datischen Traditionen und den antijüdischen Instink
ten der franzöſiſchen Armee.
Die offizielle jüdiſche Darstellung der Affäre vor allem Joseph
Reinachs sechsbändiges Werk — hat die Abneigung der Armee gegen die
Juden als einen Ausfluß des „klerikalen“ und des „ aristokratiſchen“ Vors
urteils im Offizierskorps zu erklären versucht. Eine wohlberechnete Irres
führung. Gewiß haben im franzöſiſchen Generalstab jener Ära klerikale
und aristokratische Tendenzen eine Rolle gespielt. Aber die antijüdiſchen
Empfindungen des Offizierskorps haben mit konfeſſionellen und ſtändiſchen
Vorurteilen ursächlich nichts zu tun gehabt. Der Kriegsminister, General
Mercier, war bürgerlicher Herkunft, Mann einer Proteſtantin und antikleri
kaler Republikaner. Der Oberst Sandherr war katholisch, aber bürgerlich.
Der Marquis du Paty war Aristokrat, aber nicht klerikal. Der Oberst
Fabre war bürgerlich, der Major Henry eines kleinen Bauern Sohn. Der
Oberst Picquart, ein Parteigänger der Reviſion, war nicht nur bürgerlich,
sondern protestantisch-liberal; trotzdem bekannte er heftige antisemitische
Neigungen, die gerade der persönliche Unblick von Dreyfus in ihm wachrief.
Der Antisemitismus in der französischen Armee war also nicht kon
G
feſſionell und nicht klaſſenmäßig bedingt, ſondern er entſprang selbst
wenn das den Soldaten nicht bewußt war - dem Rassengegenſaß.
In all ſeiner persönlichen Armſeligkeit ist Alfred Dreyfus ein mächtiges
Symbol geworden für das ewige Geheimnis, für die ewige Fremd3
heit des Juden unter den Völkern.

3 1726 33
Jahrelang kämpften die größten Machtmittel seiner Raſſe, Geld und
Presse aller Länder, für den Erweis seiner Unschuld . Und doch ist die
persönliche Unmöglichkeit dieses jüdischen Mannes so niederschmetternd
-
gewesen, daß kein anderer als Joseph Reinach hat uns die Tatsache
GG
überliefert noch nach ſeiner Begnadigung, noch im Jahre 1900, z we i
seiner namhaftesten Parteigänger , der Oberst Picquart
und der Advokat Labori, ihm die Frage an den Kopf schleudern konnten :
Obervielleicht doch schuldig sei und ob sie sein Vers
brechen gedeckt hätten ?“
Trotzdem ist Alfred Dreyfus juristisch kaum schuldig gewesen.
Seine Schuld war die Schuld ſeiner Raſſe : unter den frem
den Völkern Herr sein zu wollen und doch nie aufhören zu
können und zu wollen , ein Fremder zu ſein.
Sein Freispruch ist daher auch nicht ein Sieg der Gerechtigkeit ge=
wesen, sondern er war ein Sieg der internationalen jüdischen GeldS
macht. Ein Jude, Maximilian Harden, hat es treffend formuliert, wenn
er 1899 schrieb :
„Schon vor hundert Jahren sah Kant den Kampf zwiſchen Händlern
und Kriegern voraus. Im gallischen Experimentierbezirk der Welt
geschichte ist zwischen Soldaten und Händlern der Krieg ausgebrochen.
Wie der Kampf enden wird, weiß ich nicht; wahrscheinlich hat der Mann
richtig prophezeit, den ich von allen französischen Politikern am höchsten
schäße: Forain (der Zeichner), der neulich einen feiſten Bankier an ſeinen
Geldschrank klopfen und ausrufen ließ : Wer das hat, behält ſchließlich
doch immer das leßte Wort. "
Die Macht des Geldes hat in der Uffäre Dreyfus das leßte Wort
behalten. Es hat einen tiefen Sinn, wenn Thomas Mann in demjenigen
seiner Bücher, an das er heute nur noch ungern erinnert wird, in den „Be
trachtungen eines Unpolitiſchen “ den Weltkrieg als eine „Wiederholung
der Affäre Dreyfus in koloſſaliſch vergrößertem Maßstabe “ bezeichnet hat.
Thomas Mann wollte damals damit ſagen, daß im Weltkriege die
händlerischen Demokratien des Westens das militärisch-kaiserliche Deutsch
land mit derselben Phraseologie eines Kreuzzuges für das
„Menschenrecht" gegen den „Militarismus “ und mit demſelben tatsäch
lichen Ziel, einer Überwindung der letzten Hemmungen gegen die Macht
des Geldes, angegriffen hätten, wie es ſeinerzeit im franzöſiſchen Bürger
krieg die Dreyfuſards “ gegenüber dem Generalstab getan haben .
Das kaiserliche Deutschland ist den westlichen Demokratien aus dem
ſelben Grunde erlegen wie der französische Generalstab den Dreyfusards :

34
weil dieses konservative Soldatentum e in un politisches Soldaten
tum war, das ohne politiſche Führung und ohne poli :
tische Idee focht.
So schien das Jahr 1918 ganz Europa dem händleriſchen Geld, und
damit dem Judentum, zu Füßen zu legen. Es schien die gewaltigen
Visionen wahr zu machen, die Edouard Drumont im Jahre 1886 in
seinem Buch „ La France Juive" formuliert hatte, die Viſionen von
einem Weltkrieg und einer Weltrevolution : „Hinter diesen Heeren in
Schlachtordnung, diesen eiſengerüsteten Reitern, dieſen Bajonetten, die
in der Sonne blißen, hinter dieſen Generalſtäben und dieſer namenloſen
Maſſe, die unter den Kugeln fällt, erscheint der Jude, mit fahlem Gesicht,
der Jude , der lacht mit seinem Lachen des Verfluchten, und der,
höhnisch und frohgemut, bereits die gute Ernte vorausberechnet. “ Hinter
dem Kriege aber folgt der soziale Umsturz, die Revolution, die den Juden
endgültig zum Herrn macht, während sie die feinen Leute der europäiſchen
Völker als Emigranten auf den Straßen irren, während sie die Erz
herzoginnen als Kellnerinnen in den Kabaretts bedienen lassen wird.
Wenn diese Visionen nicht nur für Deutschland, ſondern für einen großen
Teil Europas nicht wahrgeworden sind, so ist dies das Werk Udolf Hitlers.
In dem Augenblick, wo das Judentum den Höhepunkt ſeiner Macht
erreicht hatte, erhob sich aus dem Soldatentum des Großen Krieges der
Gegenstoß. Da , wo der soldatische Instinkt zusammens
traf mit der schöpferischen politischen Intelligenz ,
da, wo aus dem Kriegertum eine neue Gestaltung der Idee von
Raſſe , Volk und Staat wuchs, da wurde das Juden
tum überwunden.
Die Nürnberger Geſetze ſind ein politiſcher Akt von europäische r
Bedeutung. Fälle wie der Fall des Hauptmanns Dreyfus werden eben das
durch unmöglich, daß der Jude als das behandelt wird, was er ist und nur
sein kann: als der ewige Fremdling.
Noch ist der Kampf nicht beendet. Denn wenn Ahasver den deutſchen
Staub von seinen Füßen schütteln mußte, ſo wandert er doch noch rings
um unsere deutschen Lande und läßt hinter sich die Saat des Haſſes gegen
das neue Deutschland.
Aber vielleicht wird er gerade als Wanderpredis
ger des Hasses sein eigenes Schicksal vollenden.
Ein bekannter franzöſiſcher Schriftsteller, Jean Jérome Tharaud,
hat im Jahre 1933 in seinem Buch „Wenn Iſrael nicht mehr König iſt"
den Einkreisungsfeldzug der Juden gegen Hitler-Deutschland mit der

3* 3.5
Affäre Dreyfus verglichen. „In Prag", schreibt Tharaud, der kein Anti
semit ist, sprach eines Tages zu mir einer der jungen jüdiſchen Intel
‫י‬
lcktuellen, die als erste aus Deutschland flohen, sobald die Sache schief
ging, voll Haß von seinem früheren Vaterland und sagte : „Was wartet ihr !
Auf der Stelle müßte Frankreich gegen Deutschland Krieg führen !
In drei Jahren wird es zu spät ſein. Es wird dann bis auf die Zähne bewaff
net ſein. Dann wird es euch angreifen und ihr werdet verloren ſein!““
„Der Mann, der so sprach, leitete vor kaum einem Monat die wich
tigste pazifistische Zeitschrift in Berlin. Aber in den Augen dieſes
Pazifiſten, der plößlich ſo kriegeriſch wurde, ist es offenbar auch noch
Pazifismus, Europa in Brand zu stecken , um Israel zu
beruhigen."
Die von Tharaud berichtete Äußerung atmet dasselbe Gefühl, wie die
Säße, die in der Kriegskrise des Herbſt 1938, am 1. September 1938, in
der „Neuen Weltbühne “ des jüdischen Emigranten Georg Bernhard
in Paris erſchienen : „ So geht es nicht weiter. Wenn nicht bald ein
neuer Weltkrieg ausbricht , werden in nächster Zeit 150 000
bis 200 000 Juden auswandern müſſen.“
Das unsoldatische Volk der Juden, das Volk, das * in der
Affäre Dreyfus auch in Frankreich seinen eingeborenen Händlerhaß gegen
alles Soldatentum die Zügel schießen ließ, erscheint heute der Nation der
Franzosen als Furie mit der Kriegsfackel in der Hand.
Wird es die Rolle mit Erfolg oder mit Mißerfolg zu Ende ſpielen?
Es ist jedenfalls nicht unintereſſant, wenn der Franzose Tharaud an
derselben Stelle ſeinen Landsleuten wie den Juden die Wiederkehr
der antisemitischen Welle aus der Zeit Drumonts und des
Prozesses Dreyfus als Möglichkeit ausmalt. An einen jüdiſchen Kritiker
schreibt Tharaud:
„Wenn die Tausende von deutſchen Juden, die hierher auswandern,
in ihrem Gepäck nicht viel Zaktgefühl mitbringen (aber das
ist freilich die Tugend, die euch am meisten abgeht), so ist tat
sächlich zu befürchten, daß man bald bei uns ein Wiedererwachen dieſer
alten menschlichen Leidenschaft erleben wird, die ihr Juden so oft ent
feſſelt habt und die man im Weſten im Erlöschen begriffen glauben konnte.
Sie können sich denken, daß ich mich darüber nicht freuen würde. Über
es hängt allein von euch ab, diese Katastrophe zu vermeiden."

*

36
Anhang

Warum man 1789 gemacht hat

FF

Vorher

LA..
SOCIAL:

WS

GRAN AC

Heute

37
Die Revue „ Der Verruf von Paris“

G
L
- E

CAPORAL POIRÉ

Der Herr Direktor (vorlesend) : Freiheit, Gerechtigkeit, Recht ! – Die unsterblichen


Prinzipien von 1889 !
Baptiste (ſein Kammerdiener) : Uber mein Herr, die unsterblichen Prinzipien ſind
bon 1789 ... 1889 war die Weltausstellung . Es ist richtig, daß der Herr das
nicht wissen kann, denn in diesem Augenblick war der Herr noch in Königsberg
2.
wohnhaft.

38
Der Geldschrank

€ :;; ‫ܢܐܚܐ‬

Formann

Geduld! Damit behält man das leßte Wort !

39
Die sprechenden Waffen der Dreyfus-Preſſe

Wahlspruch: Keiner möge mir zu nahe kommen!

40
Für ein Gesellschaftsspiel

CRAN ACH

Versuchen Sie also 20 mal schnell zu sagen: Ich bin ein Intellektueller, der
sich niemals desintellektualisieren wird ...
Sie können das nicht ? ... Ich, ich kann es.

41
Ein Interviewter
SS


CAI

GAR

Was meine Haltung in der Affäre Dreyfus bestimmt hat?


Sprechen Sie es klar aus : es war die Liebe zum Licht!
Bei Yousouf (Joſeph Reinach)

‫܇‬

Sie haben hier einen Cheneral?


Nein... das ist mein Spudnapf!

43
Farniente

14.^

A HANDOGMER
9.1.APES
0000 www

Reinach: Natürlich, den Déroulède haben sie eingesperrt!

44
Unsere Fahne in Faschoda

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CONSPIRATION
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- ... Und nun geben Sie alles wieder preis !


Brisson: Bravo Marchand!

45
Der Marsch zum Elysée

(der, der gelungen ist)

46
Erstes Geschäft

Butch

is

Der gute Herr : Meine Kinder, hier ist ein schönes Geldstück für den von euch
dreien, der die beste Antwort geben wird. Also, wen liebt ihr am meisten aufderWelt?
Erster kleiner Junge : Am meisten liebe ich Papa und Mama.
Zweiter kleiner Junge : Frankreich liebe ich am meisten.
Der gute Herr: Nicht schlecht geantwortet. ... und nun wollen wir sehen, der
Dritte, was liebst Du am meisten?
Der dritte kleine Junge : Am meisten liebe ich das Jesuskindlein!

08 33333


Der gute Herr:. Oh, was für eine schöne Antwort! Hier ist das Geldſtück ...
und wie nennst du dich, mein kleiner Freund?
Der dritte kleine Junge : Ich heiße Izaac Rosenblum!

47
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Mach dich nicht lustig über den Herrn ! Das ist unser Minister von morgen.

48
Nachtmahl

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Mariannes legtes Nachtmahl

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49
83
Der wahre Kenner

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BLEMAGNE
FRANCE Russie LANDE

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BeLis
FRANCE HOLLANDE

AUTRICHE RUSSIE
MAG!

Guar.
dPar

Auf die Flasche kommt es nicht an ... wenn es sich nur gut trinkt!

50
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ſeſſen haben. (Dresdner Nachrichten) / Dieſe Auffäße zeigen die beſonderen Gaben
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und die herannahende Herrschaft des Geldes anzukämpfen ſich getraute, wird man
die christlich-soziale Bewegung des Hofpredigers Stoecker in Berlin verzeichnen
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wird Zeuge ſein für das Mannestum, das im Kampf um eine neue Weltordnung
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die Vergangenheit deutend, den Weg in die Zukunft. (Wille und Macht) / Der
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Allgemeinverständlichkeit und der menschlichen Wärme, mit der hier die Geschichte
der NSDAP. geschildert wird. (Der Schulungsbrief, Berlin)

Kämpfende Wissenschaft. Mit einem Vorwort des Reichsjugendführers


Baldur von Schirach. Kartoniert RM. 1,- / Frank erhebt die großen Forde
rungen, die jeder von uns sich mit glühendem Stempel in die Seele brennen muß,
weil ihre Befolgung allein über manchem allzu lauten Geschrei den Bestand unseres
Sieges sichert. (Wille und Macht)

Historie und Leben. Rede zur Eröffnung des Erfurter Historikertages am


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Zunft und Nation. Rede zur Eröffnung des Reichsinstituts für Geschichte
des neuen Deutschlands. Kartoniert RM. 1,- / Die Schrift gehört in die Hand
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Katechismus und das Glaubensbekenntnis der neuen Haltung auf diesem Gebiet.
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Deutsche Wissenschaft und Judenfrage. Rede zur Eröffnung der For


schungsabteilung Judenfrage des Reichsinstituts für Geschichte des neuen Deutsch.
lands. Kartoniert RM. 1,50 Walter Frank zeigt uns, was das Judentum
besonders in der Zeit seiner größten Macht nach 1918 unter wissenschaftlicher
Objektivität verstand. Er bekennt sich zu der erneuerten Idee wahrer Wissenschaft
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Z 35459
UNIVERSITY OF CALIFORNIA LIBRARY

BERKELEY

* wyrELLEMOL
k. ódá
U.C. BERKE

C022

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