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JAMES BLlSH

Die Original-Abenteuer von

RAUMSCHIFF
ENTERPRISE
10

EIN
KLEINER
PRIVATKRIEG

Aus dem Amerikanischen übertragen


von Leni Sobez
Überarbeitet von Hermann Urbanek

GOLDMANN
Die amerikanische Originalausgabe
erschien unter dem Titel »STAR TREK® 10«
bei Bantam Books, New York

© der Originalausgabe 1974 by Paramount Pictures


Corporation and Bantam Books, Inc.
Published by arrangement with Bantam Books, Inc., New York ,
under exclusive license from Paramount Pictures Corporation,
the trademark owner.
Adapted by: James Blish based on the television series
created by Gene Roddenberry
® designates a trademark of Paramount Pictures Corporation
registered in the United States Patent and Trademark Office.
© der deutschsprachigen Ausgabe 1988
by Wilhelm Goldmann Verlag, München
Früher publiziert unter den Titeln
»Sieben von der Galileo« und »Omega IV«
1976 im Moewig Verlag

Umschlaggestaltung: Design Team München


Umschlagillustration: Luserke/B. Larkin
Satz: IBV Satz- und Datentechnik GmbH, Berlin
Druck: Eisnerdruck, Berlin
Verlagsnummer: 23740
V. B. Herstellung: Peter Papenbrok
ISBN 3-442-23740-8
Sechs weitere spannende Abenteuer mit der Crew der Enterprise: Captain Kirk kehrt auf
einen kleinen Planeten am Rande des Universums zurück. Doch seit seinem letzten Besuch
hat sich das steinzeitliche Leben dort dramatisch verändert: Einige Bewohner sind im Besitz
von Schußwaffen, und irgendwie haben die Klingonen ihre Finger im Spiel…
Inhalt

Der Alternativfaktor 1
(THE ALTERNATIVE FACTOR)
von Don Ingalls (Episode 26)

Die Einfühlsame 2
(THE EMPATH)
von Joyce Muskat (Episode 66)

Sieben von der Galileo 3

(THE GALILEO SEVEN)


von Robert Gist (Episode 15)

Muß Schönheit lügen? 4


(IS THERE IN TRUTH NO BEAUTY?)
von Jean Lisette Aroeste (Episode 59)

Ein kleiner Privatkrieg 5


(A PRIVATE LITTLE WAR)
von Gene Roddenberry (Episode 47)

Omega IV 6
(THE OMEGA GLORY)
von Gene Roddenberry (Episode 51)

Anmerkungen
Der Alternativfaktor

Der Planet lieferte den Sensoren der Enterprise solche uninteressanten Routinewerte, daß Kirk
Kurs auf die nächstgelegene Sternbasis nehmen ließ. Er verständigte den Piloten über die
Kursänderung und sprach noch mit dem Mann, als Spock verblüfft den Kopf von seinem
Computer hochnahm. Er sagte: »Captain, ich habe hier…«
Er kam nicht mehr dazu, den Satz zu Ende zu sprechen. Ein fürchterlicher Ruck ging durch
die Enterprise, und das Raumschiff geriet in gefährliches Schlingern. Ein ohrenbetäubendes,
mahlendes Geräusch erschütterte seinen Rumpf – und das Schiff war plötzlich durchsichtig. Aus
der Ecke, in die er geschleudert worden war, konnte Kirk die Sterne durch den Rumpf
hindurchscheinen sehen.
Mehrere Verletzte lagen an Deck. Sie rafften sich allmählich auf und arbeiteten sich
vorsichtig wieder zu ihren Brückenstationen zurück. Auch Kirk kam fluchend wieder auf die
Beine. »Was, zum Teufel, Mr. Spock!«
Spock saß abseits seelenruhig an seinem Computer. »Captain, das ist doch unglaublich! Das
ist ja geradezu unfaßbar! Ich lese hier…«
Und wieder wurde er von gewaltigen Erschütterungen daran gehindert, den Satz zu
vollenden. Das Raumschiff schien eine enorme Beschleunigung zu erfahren, und erneut war das
donnernde, mahlende Krachen zu vernehmen, wieder war da diese plötzliche unheimliche
Transparenz des ganzen Schiffes. Auch dieses Mal war Kirk in irgendeine Ecke geschleudert
worden, und nun fiel ihm sogar das Aufstehen schwer. Er hatte sich beim Aufprall leicht verletzt.
Aber er schaffte es. Mit aschfahlem Gesicht rannte er zu Spock hinüber. »Was ist denn los?«
brüllte er.
»Die Werte, die ich erhalte, sind vollkommen unglaublich, Sir. Zweimal… jedes Mal für
Sekundenbruchteile… schien alles im Aufnahmebereich unserer Instrumente fast nicht mehr
wahrnehmbar!«
Kirk war noch ganz benommen. Er schrie Spock an: »Mr. Spock, ich will Tatsachen hören
und keine Dichterlesung!«
»Ich habe Ihnen Tatsachen mitgeteilt, Captain, das gesamte Magnetfeld in diesem
Sonnensystem ging zum Teufel, wenn auch nur für Sekunden. Ich habe die Masse des Planeten
gemessen, der unter uns liegt. Seine Schwerkraft ist gleich Null.«
Kirk starrte Spock fassungslos an. »Das ist doch unmöglich! Was Sie da beschreiben, ist
doch… Nun, was ist es denn überhaupt?«
»Das Ding existiert gar nicht, Captain«, sagte Spock und schüttelte heftig den Kopf.
Kirk erstarrte. Er hörte Uhuras Stimme. »Wir empfangen das
Standard-Alarmsignal vom Sternenflotten-Kommando, Captain!«
Wie besessen rannte er an sein Mikrophon. »Hier spricht der Captain. Alles auf
Alarmstation! Weitere Instruktionen abwarten…«
Spock sah zu ihm hinüber. »Die Taster melden ein lebendes Objekt auf der
Planetenoberfläche, Sir.«
»Auf Lebensformen haben Sie den Planeten doch schon vor fünf Minuten untersucht. Was
hat sich denn da verändert?«
Ȇber lebende Objekte konnte ich erst zu einem Zeitpunkt wieder etwas ablesen, als die
Schockerscheinung nachließ.«
Das war also der Routineplanet, der überhaupt keine Überraschungen bieten konnte! Kirk
atmete tief ein. »Wie steht es denn mit den physikalischen Gegebenheiten auf diesem Planeten?
Können Sie darüber etwas sagen?«
»Ein Lebewesen. Körpertemperatur 98,1 Fahrenheit. Masse… elektrische Impulse…
offenbar ein menschliches Lebewesen, Captain.«
»Und sein Erscheinen fiel mit dem Ausfall Ihrer Instrumente zusammen?«
»Fast auf die Sekunde genau.«
»Erklärung?«
»Keine.«
»Besteht unter Umständen Gefahr für das Schiff?« »Möglich… durchaus möglich, Sir.«
Kirk stand schon am Aufzug. »Leutnant Uhura, weisen Sie das Sicherheitspersonal an, eine
Abteilung zu bewaffnen und bereitzuhalten. Sie sollen mit uns hinuntergebeamt werden. Bleiben
Sie auf Empfang. Kommen Sie, Mr. Spock, wir gehen. Falls etwas vom Sternenflotten-
Kommando durchkommt, benachrichtigen Sie uns umgehend. Kommunikationspriorität 1.«
»Aye, Sir.«

Für einen Planeten, der zu so heftigen Stimmungsschwankungen imstande war, sah er der
Erde ungewöhnlich ähnlich. Das Terrain, auf dem das Landekommando materialisierte, glich
einer irdischen Wüste. Es war dürr und trocken und sehr heiß. Spock sah auf seinen Tricorder,
wies nach links, und die Männer setzten sich in Bewegung. Auf dem vor ihnen liegenden
Gelände ragten riesige Granitblöcke empor. Der Boden zwischen ihnen war mit Felsgeröll
bedeckt. Sie zwängten sich durch einen der engen Durchgänge, dann sahen sie es.
Am Fuße eines der Felsen lag ein kegelförmiges Schiff. Es war ein Raumschiff, wie es keiner
von ihnen je gesehen hatte.
Der Rumpf war mit einer Unzahl von Knöpfen besetzt, die durch ein Netzwerk von Drähten
an elektronische Schaltkreise angeschlossen waren. Nichts in der Nähe bewegte sich. Die
keilförmige Tür stand offen. Spock trat zur Seite, als Captain Kirk hineinschauen wollte. Im
Innern sah er eine verwirrende Vielfalt komplizierter Instrumente, glänzende Drähte, Leitungen
aus einem unbekannten, purpurfarbenem Metall, Parabolreflektoren. Es gab eine Steuerkonsole
mit einem Sessel davor.
Kirk tauchte wieder auf. In seinem Gesicht las man Erstaunen. »Ich habe noch nie etwas
Ähnliches gesehen. Schauen Sie es sich doch mal an, Mr. Spock…«
Spock kletterte gerade durch die Luke, als eine Stimme sprach: »Sie sind gekommen! Gott
sei Dank! Noch haben wir Zeit!«
Mit gezogenen Phasern fuhren die Männer herum. Kirk blickte nach oben. Auf dem Felsen
über ihnen stand ein Mann. Er trug eine zerrissene und staubige Kombination. Die Freude war
groß und sein Gesicht übel zugerichtet. Sein Kinn war von einer blutunterlaufenen Quetschung
geschwollen. »Es ist noch nicht zu spät!« rief er zu ihnen herunter. »Noch können wir ihn
stoppen!« Wie flehend hob er die Hände. »Aber ich… ich brauche Ihre Hilfe… bitte… helfen
Sie mir…«
Er taumelte und griff sich an die Kehle. Dann knickten ihm die Knie ein. Kopfüber stürzte er
vom Felsen herab.
So schnell sie konnten, rannten Kirk und Spock zu ihm hin. Sein Körper lag reglos da, aber
seine gewaltige physische Kraft war noch latent in ihm vorhanden. Wer war der Fremde? Was
wollten er und sein Raumschiff hier auf diesem ›Routineplaneten‹?

McCoy gestattete keine Fragen. Er stand am Bett in der Krankenstation, in die man den
verletzten Fremden gebracht hatte, und schüttelte besorgt den Kopf. »Es sieht schlecht aus, Jim.
Hoffentlich bringen wir ihn durch. Eine Herztätigkeit ist praktisch nicht mehr festzustellen. Was
war denn dort unten los?«
»Ich habe keine Ahnung. Er stürzte von einem Granitblock. Er sprach noch davon, daß er
unsere Hilfe brauche, dann brach er einfach zusammen.«
McCoy blickte von seinem Diagnose-Tricorder auf. »Kein Wunder. Nach den Prügeln, die er
bezogen hat.«
»Wurde er geschlagen?«
»Ich wüßte nicht, was sonst seine Verletzungen verursacht haben könnte.«
»Unsinn, Pille«, sagte Kirk, »das da unten ist ein toter, dürrer, sandiger und steiniger Planet
ohne jede Spur von Leben. Wer könnte den Mann angegriffen haben?«
Stirnrunzelnd betrachtete McCoy seinen Tricorder. »Er ist der einzige, der uns das sagen
könnte, vorausgesetzt, er bleibt am Leben…«
Sie wandten sich beide um, als sie Uhuras Stimme aus dem Interkom hörten. »Captäin.
Meldung vom Sternenflotten-Kommando. Durchsage Rot Zwei wird erfolgen.«
»Ich bin schon unterwegs.« An der Tür drehte er sich um und sagte: »Halte mich auf dem
laufenden, Pille.«
Die Chemikerin Charlene Masters kam ihm an der Tür zum Brückenaufzug entgegen. »Hier
ist mein Bericht über die Dilithiumkristalle, Sir. Ich weiß nicht, um welche Art Phänomen es sich
vorhin gehandelt hat, aber die Kristalle haben fast keine Energie mehr. Das könnte
Schwierigkeiten geben.«
»Sie haben ein beachtliches Talent zum Understatement, Leutnant. Ohne volle Energie in den
Kristallen bricht in spätestens zehn Stunden unsere Bahn zusammen. Sofort wieder aufladen.«
»Jawohl, Sir.«
Er reichte ihr den Bericht zurück und ging zu Spocks Station hinüber. »Sind weitere
magnetische Störungen aufgetreten, Mr. Spock?«
»Keine, Captain. Die Meßwerte der Taster lassen auf eine völlig normale Situation
schließen.«
»Sonst nichts?«
»Nichts, Sir.« Er machte eine Pause. »Etwas völlig Unlogisches… ein Effekt, der sich durch
physikalische Gesetze, die mir bekannt sind, nicht erklären läßt.« Wieder machte er eine Pause.
»Ich habe eine Tatsache festgestellt. Obwohl der Effekt offenbar weitverbreitet war, war er doch
auf dem Planeten unter uns am stärksten.«
»Beobachten Sie weiter.«
»Ja, Captain.«
Uhura sprach. »Captain. Die Meldung vom Sternenflotten-Kommando. Und der Kode, Sir, es
ist Kode Faktor Eins.«
Die Besorgnis in ihrem Gesicht reflektierte nur Captain Kirks eigenes Erschrecken. So gut
wie nie verwendete die Sternenflotte den Kode Faktor Eins, um eine Durchsage zu übermitteln.
»Wiederholen Sie bitte«, befahl er Uhura.
»Es ist Kode Faktor Eins, Sir«, sagte sie mit belegter Stimme. »Auf Gefechtsstationen!«
schrie er zu Spock hinüber und schlug auf seinen Kommunikatorknopf. »An alle! Hier spricht
der Captain. Dies ist keine Übung! Leutnant Uhura, den Hauptbildschirm einschalten!«
»Aye, Sir.«
Die Sirenen heulten auf, als Kirk an seinen Kommandostand zurückrannte. Über den
allgemeinen Lärm hinweg hörte er das Piepen des Kommunikators. Es war McCoy. »Unser
Patient, Jim…«
»Schnell, Pille!«
»Er wird es schaffen. Er muß einen Monat lang fest liegen. Er ist noch schwach wie ein
Neugeborenes, aber er wird durchkommen.«
»Vielen Dank, Pille. Ich werde später noch mit ihm reden. Die Meldung, Leutnant Uhura…«
Das energiegeladene, gutaussehende Gesicht von Kommodore Barstow erschien auf der
Mattscheibe.
»Hier ist Kirk, Sir. Die Enterprise ist in Alarmbereitschaft.« Die Stimme des Offiziers klang
ernst. »Sie haben das
Schockphänomen vor einer Stunde erlebt, nicht wahr?« »Ja, Sir.«
»Sie sind sich vielleicht über seine Ausdehnung nicht im klaren. Es wurde in jedem
Quadranten in der gesamten Galaxis und weit darüber hinaus registriert. Totaler Zusammenbruch
der normalen magnetischen und gravimetrischen Felder. Zeitverschiebungen. Unmögliche
Strahlungsveränderungen – und das Zentrum dieser unerklärlichen Veränderungen ist das
Gebiet, in dem Sie gerade patrouillieren. Die Frage ist: Handelt es sich um natürliche
Phänomene, oder wurden sie künstlich verursacht? Wenn ja… von wem? Und zu welchem
Zweck? Wie lautet Ihre Beurteilung, Captain?«
»Ich könnte höchstens vermuten, Sir, daß es sich um das Vorspiel zu einer Invasion von
außerhalb unseres Universums handeln könnte.«
»Zu diesem Ergebnis sind wir auch gekommen. Und Ihre Aufgabe ist es nun, eine eindeutige
Analyse zu erstellen.«
»Aye, Sir. Können Sie mir weitere Sternenschiffe als Reserve zur Verfügung stellen?«
»Nein. Ich ziehe alle Einheiten der Sternenflotte auf Positionen zurück, die mindestens
hundert Parsek von Ihrer Position entfernt liegen. Das ist für Sie natürlich nicht gerade
angenehm, aber das ist nun mal die Karte, die Sie mit Ihrer Enterprise gezogen haben. Sie sind
völlig auf sich allein gestellt, Captain.«
Kirk sprach ganz langsam. »Ich verstehe. Sie meinen, wir sind der Köder.«
»Ja.«
»Verstanden, Sir. Empfangen und aufgezeichnet.« »Viel Glück, Captain.«
»Vielen Dank, Sir.«
Das Bild verschwand von der Mattscheibe. Kirk starrte noch einen Augenblick auf den leeren
Bildschirm, dann erhob er sich und ging zu Spock hinüber. »Von ganz oben, Mr. Spock. Wir
wissen jetzt, daß die Phänomene auf dem Planeten unter uns ihren Ursprung haben, und wir
wissen auch, daß es sich um eine wirkliche Gefahr handelt, die uns unmittelbar bedroht.«
»Dann scheint wohl eine gründlichere Untersuchung der Oberfläche angezeigt, Sir«, sagte
Spock. »Und das wäre meine Aufgabe.«
»Genau. Und in der Zwischenzeit werde ich mich mit unserem unerwarteten Gast
unterhalten. Vielleicht hat er einige Antworten bereit.«
Dazu schien er offenbar in der Lage zu sein. In der Krankenstation sah Kirk, daß McCoy wie
betäubt seinen Patienten betrachtete. Der Mann, der schon fast die Schwelle zum Tode
überschritten hatte, war aus dem Bett gestiegen und machte tiefe Kniebeugen, wobei er in vollen
Zügen durchatmete. Kirk blieb erschreckt stehen. »Pille! Du hast doch gesagt…«
McCoy schüttelte mit Gewalt seine Verwunderung ab. »Ich weiß, was ich sagte, und ich
wollte dich schon wieder rufen, aber Lazarus hier…«
»Ja«, schrie der Patient. »Ich bin Lazarus… aus dem Grabe auferstanden! Heil und gesund
und trunken vom Wein des Sieges!«
Wenn der Mann vielleicht auch geisteskrank war, so befand er sich doch in einer
erstaunlichen körperlichen Verfassung. Er hatte den Zweifel in Kirks Gesicht gelesen und sagte:
»Sie wollen sicher wissen, wie ich dort hinuntergekommen bin, Captain? Ich werde es Ihnen
sagen. Ich habe den Abkömmling des Teufels verfolgt – ich habe ihn durch das gesamte
Universum gejagt! Oh, er ist humanoid, aber er sieht nur äußerlich so aus. Im Kern ist er ein
rasendes, mordendes Ungeheuer! Aber ich werde ihn noch erwischen! Das habe ich mir
geschworen!«
»Warum?« fragte Kirk.
Die Augen unter den dichten Brauen des Fremden sprühten Blitze.
»Diese Bestie hat meine ganze Zivilisation ausgelöscht! Bis auf den letzten Mann, die letzte
Frau und das letzte Kind! Architekten, Professoren und Wissenschaftler – mein ganzes Volk!
Nur mich hat er übersehen. Und ich werde ihn zur Strecke bringen! Das werde ich. Trotz seiner
mächtigen Waffen.«
»Und wie sind Sie ihm entkommen?«
»Ich inspizierte gerade unsere magnetischen Fernmeldesatelliten in tausend Meilen
Entfernung.«
»Und er hat Ihre ganze Zivilisation zerstört?« Kirk glaubte dem Mann offensichtlich nicht.
»Oh, dazu war er sehr leicht imstande!« versicherte ihm Lazarus. »Er ist intelligent, das gebe
ich zu! Aber er ist das Anti-Leben! Er lebt nur, um zu zerstören! Sie glauben mir doch,
Captain?«
»Kurz bevor wir Sie fanden, erlebte dieses Schiff einige gefährliche und unglaubliche
Schockphänomene. Könnte dieser Humanoide, von dem Sie berichten, dafür verantwortlich
gewesen sein?«
»Natürlich! Das sage ich Ihnen doch die ganze Zeit!« Er hatte gefragt, und nun hatte er auch
die Antwort. Sie war zwar nicht sehr befriedigend, aber bisher konnte er keine andere
bekommen. Lazarus bemerkte sein Zögern. »Dann sind Sie auf meiner Seite!« rief er begeistert.
»Sie machen meine heilige Sache zu der Ihren!« Er sah Kirk unverwandt an. »Sie helfen mir, der
Gerechtigkeit zu dienen und mich an ihm zu rächen.«
»Die einzige Sache, der ich diene, ist die Sicherheit dieses Schiffes«, erklärte Kirk. »Ihr und
der Mission, mit der ich beauftragt bin. Blutvergießen ist nicht unsere Sache. Denken Sie daran!«
Er machte eine Pause. »Und nun wünsche ich, daß wir beide uns zum Planeten beamen lassen.
Ich will Ihre Geschichte nachprüfen.«

Sie trafen Spock bei der Besichtigung des kegelförmigen Schiffes an. Er sah sich gerade in
seinem Innern um. Zwei Männer untersuchten mit ihren Tricordern die Außenfläche des
Raumfahrzeugs.
»Haben Sie irgend etwas gefunden, Mr. Spock?« fragte Kirk. »Nichts, Captain.« Spock
zeigte auf Lazarus. »Und Sie?«
»Wenn man unserem unerwarteten Gast glauben darf, so befindet sich hier unten ein
Humanoide, ein menschenähnliches Lebewesen.«
Spock nickte. »Leutnant Uhura hat mir diese Information bereits übermittelt. Ich habe
veranlaßt, daß sie mit Hilfe der Sensoren verifiziert wird. Aber sie zeigen kein lebendes Wesen
auf diesem Planeten an. Ich muß annehmen, Captain, daß man Sie belogen hat.«
Kirk warf Lazarus einen forschenden Blick zu. Dann sagte er:
»Erzählen Sie weiter, Mr. Spock.«
»Leutnant Uhura hat mir weiter berichtet, der Humanoide habe ungewöhnliche
Waffensysteme zu seiner Verfügung.«
»Es stimmt«, kreischte Lazarus. »Er hat das und noch viel mehr! Er könnte mit Leichtigkeit
ein so großes Raumschiff zerstören wie Ihre Enterprise!«
»Tatsächlich?« fragte Spock nachsichtig.
Lazarus war nun sichtbar gereizt. »Ja«, antwortete er kurz. Spock unterhielt sich mit Kirk.
»Es gibt keine derartigen Waffen auf diesem Planeten, Captain. Nicht in seinem Schiff. Nicht auf
dem Planeten selbst. Sie existieren einfach nicht.«
»Glauben Sie ihm nicht, Captain! Dieser Mann mit den spitzen Ohren versucht nur, über
seine eigene Unfähigkeit hinwegzutäuschen!«
Spock hob eine Braue. »Ich verstehe Ihre Aufregung nicht. Ich habe lediglich den logischen
Schluß gezogen, daß Sie ein Lügner sind.«
Kirk drehte sich abrupt zu Lazarus um. »Los, erzählen Sie! Diesmal aber die Wahrheit.
Ich…« Er sprach nicht weiter. Die Luft um sie herum verwandelte sich plötzlich in ein
strahlendes Funkenmeer. Man hörte ein lautes Summen wie das einer wütenden Biene. Wie um
diese Erscheinung abzuwehren, hob Lazarus die Hand. Dann ballte er sie zur Faust und schüttelte
sie drohend gegen den Himmel. »Du bist also zurückgekommen!« schrie er. »Nun denn, so
zögere nicht. Hier bin ich! Greife mich an! Wir führen den Kampf zu Ende!«
Kirk kümmerte sich nicht um sein Geschrei und fragte Spock: »Können Sie diesen
atmosphärischen Effekt mit Ihrem Tricorder identifizieren?«
»Es ist…«, sagte Spock, als Lazarus davonsprang- zu der Stelle, wo die Funken am
dichtesten waren. »Lauf nur fort, es wird dir nichts nützen!« schrie er. »Ich werde dich bis in die
tiefste Hölle jagen!«
»Lazarus!« rief Kirk und rannte hinterher. Über seine Schulter rief er zurück: »Bleibt dort!
Alles Personal Sicherheitsstufe Rot!«
Er lief in eine Felsenschlucht. Vor ihm kletterte Lazarus durch das spitze Geröll nach oben.
Glänzende Funken hüllten ihn ein. Im gleichen Augenblick sah Kirk, daß der Himmel, die Felsen
und die Schlucht erbebten, sie bewegten sich und schienen sich aufzulösen. Ihre Farben flossen
ineinander. Dann war alles wieder deutlich zu sehen. Aber Lazarus taumelte Kirk entgegen – und
erneut hatte ihn der durcheinanderfließende Schimmer aufgesogen.
Der Mann schwankte hilflos und stürzte in einen seltsamen Tunnel hinein, der mit
geisterhaften weißen Nebeln verhangen war. Die milchigen Schwaden ließen den Blick auf die
Wände, den Boden und die Decke nicht zu, und es gab keinen Punkt, an dem ein menschliches
Wesen sich orientieren konnte, um seine Position im Universum zu bestimmen. Ohne daß Kirk
es hörte, schrie Lazarus laut: »Du!« Dann warf sich das menschenähnliche Ding über ihn. In
tödlichem Kampf rangen sie miteinander. Im wilden Gewühl versuchte jeder die Kehle des
anderen zu packen. Lazarus lag auf dem Rücken und konnte kaum noch atmen, als er sich mit
letzter Anstrengung seiner eisenharten Muskeln befreien konnte. Sein Gegner wurde nach hinten
geschleudert und verschwand in den weißlichen Nebeln.
Wie betrunken taumelte Lazarus aus dem Tunnel heraus und kam in Kirks Sichtfeld. Aber
bevor dieser ihn erreichen konnte, stolperte er und schlug hart mit dem Kopf auf die Steine. Er
erhob sich mühsam auf alle viere. Sein Gesicht triefte von Blut und Schweiß. Kirk eilte zu ihm.
»Lazarus! Wo waren Sie? Was ist geschehen?«
In seinen blutunterlaufenen Augen lag das nackte Grauen. »Ich sah es wieder! Das Ding! Es
hat mich angegriffen!«
»Ich werde Sie mit zurücknehmen. Halten Sie sich an mir fest.«
Als er dem geschundenen Mann auf die Füße half, kam Spock ihnen durch die Schlucht
entgegen. Er eilte auf die beiden zu, aber Lazarus stieß seinen hilfreich ausgestreckten Arm
zurück. Spock trat beiseite und sagte: »Ich habe eben das Phänomen wieder registriert, und das
Zentrum lag genau hier, wo wir jetzt stehen.«
Lazarus hob den Kopf. »Ich sagte es Ihnen doch! Das war das Ding! Eine grauenhafte weiße
Leere!«
Kirk wischte dem Verletzten Blut und Schweiß aus dem
Gesicht. »Hier können wir im Augenblick nichts unternehmen.
Wir lassen uns zum Schiff zurückbeamen.«
Der Mann versuchte, sich Kirks Griff zu entwinden. »Zuerst müssen wir ihn töten! Er hat
versucht, mich umzubringen! Verstehen Sie denn nicht? Wenn wir ihn nicht aufhalten, bringt er
uns alle um!«

Als Kirk sah, wie McCoy den tiefen Schnitt an der Stirn des Gastes verband, überfielen ihn
wieder heftige Zweifel an der Existenz jenes unheimlichen Humanoiden. Er hatte ihn jedenfalls
nicht gesehen. Er hatte auch den Kampf nicht beobachtet. Beides hatte sich nicht in seiner
Sichtweite abgespielt. Er konnte sich nur an der Aussage des Fremden orientieren. Er verspürte
das dringende Bedürfnis, sich mit Spock zu beraten. Auf der Brücke herrschte das Klima
mühsam unterdrückter Spannung. An Spocks Station angekommen, senkte Kirk die Stimme.
»Glück gehabt, Mr. Spock?«
»Leider nicht, Captain. Ich kann das zweite Auftreten des Schockphänomens genausowenig
erklären wie das erste.«
»Wenn an dem, was Lazarus sagt, auch nur ein Fünkchen Wahrheit ist…«
»Daß ein Humanoide, ein einzelnes Wesen, einen Effekt dieser Größenordnung verursachen
kann?«
»Schwer zu glauben«, meinte Kirk.
»Allerdings, Sir.«
»Aber der Rest seiner Geschichte scheint zu stimmen. Seine Verletzung weist doch auf eine
Auseinandersetzung mit irgendwem hin.«
»Das gebe ich zu, Sir.«
Ruhelos schritt Kirk eine Weile auf und ab. Dann kam er zu Spock zurück. »Wenn wir also
annehmen, daß es sich um einen Humanoiden handelt… wie hat er dann dieses Phänomen
verursacht? Er hat keine Waffen, keine Energiequelle irgendwelcher Art…«
»Es tut mir leid, Captain, aber das einzige, was ich genau weiß, ist die Tatsache, daß das
Auftreten des Phänomens zeitlich immer mit diesen Begegnungen zwischen Lazarus und dem
unheimlichen Humanoiden zusammenfällt. Wir wissen allerdings nicht, ob diese Begegnungen
überhaupt stattgefunden haben.«
Uhura unterbrach sie. »Doktor McCoy bittet Sie, auf die Krankenstation zu kommen. Es ist
dringend!«
McCoy hatte schwere Sorgen. Er saß an seinem Tisch und trommelte ungeduldig mit den
Fingern auf die Platte. »Jim, ich leide vielleicht an Sinnestäuschungen. Vor dreißig Minuten
brachtest du Lazarus hierher, und ich behandelte eine tiefe Wunde an seiner Stirn. Stimmt das?«
»Ja.«
»Ich behandelte die Wunde, verband sie und ging dann für einen Augenblick in diesen Raum.
Als ich dann zu meinem Patienten zurückkehrte, sah ich an seiner Stirn weder einen Verband
noch auch nur die geringste Spur einer Verletzung. Nicht einmal einen Kratzer! Es war, als sei er
nie verletzt worden!«
Kirk ließ eine ganze Weile verstreichen, bevor er antwortete. »Wo ist er jetzt?«
»Ich bin ein einfacher Landarzt und kein Privatdetektiv! Vielleicht wollte er nur eine Tasse
Kaffee trinken.«
In Wirklichkeit war Lazarus zum Freizeitraum der Enterprise gegangen. Spock fand ihn dort.
Er saß an einem Tisch und beobachtete mit Interesse zwei Besatzungsmitglieder, die irgendein
Spiel spielten. Er trug keinen Verband, und an seiner Stirn war nicht die geringste Verletzung zu
entdecken. Spock ging auf ihn zu. »Darf ich hier Platz nehmen?«
Der andere schien seine feindselige Haltung aufgegeben zu haben. »Ja, gern«, antwortete er.
»Ich habe Sie vorhin als Lügner bezeichnet«, sagte Spock. »Und glauben Sie das immer
noch?« »In einigen Punkten, ja.«
Lazarus lächelte. »Sie sind sehr direkt. Das gefällt mir. Wenn es Ihnen hilft, sich über mich
klarzuwerden, stellen Sie doch ruhig Fragen.«
»Mich interessiert Ihre Zivilisation, von der Sie sprachen… Ich meine die, die zerstört
wurde.«
»Sie war der irdischen Zivilisation ähnlich. Grüne, sanfte Hügellandschaften… blaue
Meere… große Städte… Wissenschaft… Bildung…«
»Und die Menschen?«
»Wie wir alle. Gute und schlechte, schöne, häßliche, arme und reiche… menschlich. Sind Sie
zufrieden?«
»Die Geschichte, die Sie uns erzählt haben, ist genauso seltsam und unwahrscheinlich wie
Sie selbst. Sie sind doch kaum der Mann, mit dem ich vorhin sprach.«
»Sie dürfen mir keine Vorwürfe machen, wenn ich unbeständig bin, Mr. Spock. Nicht einmal
das Universum ist beständig.«
»Ich bin vom Gegenteil überzeugt«, sagte Spock.
Er fing einen scharfen Blick ein. »Das glaube ich Ihnen gern.«
Der Wandkommunikator summte. Spock stand auf und ging hin. »Ja, Leutnant Uhura.«
»Sie baten mich, es Ihnen mitzuteilen, wenn die Impulswerte ein kritisches Stadium
erreichen. Das ist jetzt der Fall.«
»Danke, Leutnant.« Er ging zu Lazarus zurück. »Wenn Sie mich bitte entschuldigen wollen?
Ich arbeite gerade an einem Experiment, eines, das mir helfen wird, die Fakten herauszufinden.«
»Wenn Sie dieser Fakten sicher sind, werden Sie mir dann glauben?«
»Ich glaube immer an Tatsachen.« Er betrachtete die unverbundene Stirn seines Gegenüber.
»Ich gratuliere Ihnen zu Ihren Regenerierungskräften. Sie sind erstaunlich. Wenn ich Zeit hätte,
würde ich gern mit Ihnen darüber sprechen.« Er verneigte sich. »Ich danke Ihnen für Ihre
Gesellschaft.«
Lazarus schaute ihm nach, als er den Tisch verließ. Plötzlich waren da wieder die
schimmernden Funken. Er erhob sich halb vom Tisch, wurde leichenblaß und fiel fast vom Stuhl.
Die Funken waren verschwunden. Er trat in den Korridor hinaus und versuchte, seine zitternden
Knie unter Kontrolle zu bringen. Und der Effekt wiederholte sich. Die Wände schienen
zurückzuweichen und sich in nichts aufzulösen. Aber dann war alles wieder so wie vorher.
Lazarus lag am Boden und starrte wild um sich. Dann stand er langsam auf. Am Kopf trug er
wieder den Verband, den McCoy ihm angelegt hatte und unter dem die Verletzung war, die er
sich auf dem Planeten zugezogen hatte. Er hörte Kirk nach ihm rufen. »Lazarus!«
McCoy sah ihn zuerst. Sie stürzten auf ihn zu, und Kirk nahm seinen Arm. »Ist alles in
Ordnung?«
»Was? O ja, Captain. Alles in Ordnung! Ich bin nur ungeduldig. Haben Sie sich inzwischen
entschlossen, mir zu helfen?«
McCoy starrte ihn an, trat vor, nahm ein Ende des Pflasters und riß den Verband herunter.
Jeder sah den roten, sauber vernähten Schnitt an der Stirn des Fremden.
»Nanu!« sagte McCoy.
Auch Kirk sah die tiefe Stirnwunde.
»Ist irgend etwas verkehrt, Captain?« sagte Lazarus.
Kirk sah McCoy an. »Nein, außer daß ich einen Bordarzt mit einem recht eigenartigen
Humor habe.«
McCoy fuhr herum. »Jim, das war kein Witz! Ich weiß genau, was ich gesehen habe!«
Der Wandkommunikator summte. »Hier Brücke! Wir rufen den Captain.« Kirk schlug auf
den Schalter. »Hier Kirk.«
Spock sagte: »Würden Sie bitte auf die Brücke kommen, Sir?«
»Haben Sie etwas gefunden?«
»Etwas ganz Außergewöhnliches, Captain.«
»Ich bin unterwegs.« Mit einem kühlen Blick bedachte er Lazarus. »Sie kommen bitte mit.
Ich habe noch einige Fragen an Sie zu richten.«
Spock hatte die Aktivierung des Hauptbildschirms befohlen. Der zeigte jetzt den Planeten,
von dem ein punktförmiges, hell strahlendes Licht ausging. Spock trat zu Kirk. »Eine
Strahlungsquelle, Captain.«
»Warum haben die Taster sie nicht vorher angezeigt?« »Weil sie nicht da ist!« sagte Spock.
»Schon wieder dumme Witze? Zuerst McCoy, nun Sie.« »Was ich meinte, Sir… ist, daß wir
mit dem herkömmlichen
Abtastverfahren nicht das geringste feststellen können. Danach gibt es dort nichts, was dieses
Phänomen auslösen könnte.«
»Aber die Strahlungsquelle ist doch vorhanden!«
»Stimmt, Sir.« Spock zögerte. »Ich gebe zu, daß das Ganze mir selbst ein Rätsel ist. Man
kann es am besten folgendermaßen beschreiben, wenn auch nur sehr ungenau: Es ist ein Riß im
Universum, eine ganz eigenartige physikalische Verzerrung, in der unsere physikalischen
Gesetze nicht regelmäßig gelten. Wir konnten diese ›Lücke‹ im All nur mit unseren
Dilithiumkristallen orten.«
Lazarus begann zu sprechen. »Natürlich! Die Dilithiumkristalle. Mit ihrer Energie könnten
wir es schaffen.« Er wirbelte zu Kirk herum und stieß einen lauten Schrei aus. »Jetzt haben wir
ihn, Captain! Wir haben ihn!«
»Sie sprechen von dem Humanoiden?« fragte Spock. »Ja! Bei Gott, ja! Nun haben wir ihn.«
»Was haben denn die Kristalle damit zu tun? Sie haben nichts als einen feingebündelten
Strahl«, sagte Kirk.
»Das ist es ja gerade! Das ist der Schlüssel… die Lösung! So können wir ihm eine Falle
stellen! Ich flehe Sie an… ich bitte Sie… ich verlange es: Geben Sie mir die Kristalle!«
Kirk schüttelte den Kopf. »Kommt überhaupt nicht in Frage. Die Kristalle sind der zentrale
Teil des Schiffsantriebs.«
Mit blutunterlaufenen Augen starrte ihn der andere an. »Sie Narr, verstehen Sie denn nicht?
Es wird Ihr Schiff bald gar nicht mehr geben, wenn das Ungeheuer nicht getötet wird! Es wird
euch alle zerstören!«
Kirk knirschte mit den Zähnen. »Wie denn, Lazarus? Wie? Alles, was ich bisher von Ihnen
hörte, sind Unaufrichtigkeiten, Drohungen, Erklärungen fadenscheinigster Art. Sagen Sie mir, in
welcher Gefahr befindet sich mein Schiff?«
Lazarus blickte den Captain mit wilder Entschlossenheit an, wandte sich ab und eilte zum
Aufzug.
Kirk rief ihn zurück. Der Mann warf sich mit wutverzerrtem Gesicht herum und sagte: »Ich
warne Sie, Captain! Geben Sie mir die Kristalle!«
Kirk sprach ganz ruhig. »Drohen Sie mir nicht!«
»Ich drohe Ihnen nicht. Ich sage Ihnen nur, daß ich mich durch nichts von meiner Rache
abbringen lasse!« Die Aufzugstür schwang auf, und Lazarus war verschwunden.
Die Spannung hatte sich gelöst. Dafür herrschte jetzt kalte Wut. Kirk wandte sich an einen
Posten. »Ab sofort ist dieser Mann Ihre Aufgabe, Ihre einzige Aufgabe! Wenn er irgend etwas
tut, versucht – irgend etwas Ungewöhnliches –, machen Sie mir sofort Meldung!«
Der Sicherheitsmann bewegte sich bereits auf den Aufzug zu.

In der Maschinenstation überwachte Charlene Masters das zur Wiederaufladung der


Dilithiumkristalle nötige Verfahren. Sie hatte gerade einen der Behälter geöffnet, als ihr
Assistent vom Interkom auf sie zutrat. »Leutnant Masters«, sagte er, »der Captain möchte Sie
sprechen.«
Sie begab sich zu der entgegengesetzten Wand, aber als sie den Behältern den Rücken
gedreht hatte, schob sich ein Schatten hinter ihnen hervor und huschte zu dem Assistenten
hinüber. Ein kräftiger Arm umschlang den Hals des Mannes und drückte zu. Dann ließ er den
Bewußtlosen sanft, fast zärtlich zu Boden gleiten.
Charlene sprach mit Kirk. Der Captain sagte: »Können Sie in zehn Minuten eine
Experimentierkammer bereithalten? Alle Dilithiumkristalle auf volle Energie, Leutnant.«
»Ich werde das prüfen, Sir.« Sie ging zu den Behältern zurück, las einige Werte ab und trat
dann wieder an den Interkom. »Captain, die Kammer steht in zehn Minuten bereit. Mein
Assistent und ich…«
Eine Hand legte sich ihr fest auf den Mund. Kirk hörte den gurgelnden Laut. Leutnant
Masters bekam für einen kurzen Moment ihren Mund frei und rief: »Captain…!« Ihre Augen
blickten glasig, als sie auf dem Deck niedersank.
Der Lazarus mit dem starken Arm hatte keine Wunde an der Stirn.

Ein wütender Kirk berief die Versammlung ein, die im Besprechungsraum stattfand. Lazarus
trug wieder die Wunde an der Stirn und saß ganz oben am Tisch. Kirk schritt hinter seinem Stuhl
auf und ab, die Augen auf den blauen Druckstellen an Charlene Masters’ Hals. Er wartete, bis
Spock durch die Tür gekommen war und sagte:
»Zwei Mitglieder meiner Besatzung sind angegriffen worden, und zwei unserer
Dilithiumkristalle fehlen! Ohne sie kann das Schiff nicht mit voller Kraft laufen. Sie müssen
gefunden werden!«
Er packte die Lehne des Stuhles, in dem Lazarus saß, und riß ihn herum. Mit scharfer
Stimme sagte er: »Tatsache! Sie behaupten, Sie brauchen diese Kristalle! Zweite Tatsache!
Innerhalb einer Stunde, nachdem Sie mir dies sagten, fehlen sie!«
Lazarus erhob sich halb aus seinem Stuhl. »Und noch eine Tatsache: Ich habe die Kristalle
nicht genommen!«
Sein Kopf sank nach unten. »Ich bin nicht der Täter, Captain«, sagte er ruhig. »In mir hat die
Enterprise höchstens eine Art Waisenkind an Bord genommen. Suchen Sie die Bestie, dann
werden Sie auch Ihre Kristalle finden!«
»Und wie ist Ihre Bestie an Bord meines Schiffes gekommen?«
»Er hat seine Methoden! Seine Bosheit kennt keine Grenzen!«
Kirk sah Spock an. »Wenn das Wesen mit uns zusammen auf das Schiff gebeamt worden
wäre…«
Lazarus lachte. »Gebeamt? Ich sage Ihnen, wir haben es mit einem Ding zu tun, das Welten
zerstören kann! Es hat Ihre Kristalle!«
»Aber warum, Sir?« fragte Spock geduldig. »Diese Frage müssen wir Ihnen noch einmal
stellen. Zu weichem Zweck?«
Lazarus sprang vom Stuhl auf. »Warum hören Sie nicht auf mich? Das Ding ist humanoid!
Es kann ein Schiff führen. Es kann Formeln errechnen, um eine ganze Rasse auszulöschen! Mit
den bloßen Händen kann es einen Mann erwürgen! Es kann auch eine Energiequelle stehlen und
sie für sein eigenes Schiff verwenden, um mich zu verfolgen oder mir zu entkommen. Sind Sie
denn genauso taub wie blind?«
Irgend etwas stimmte hier nicht. Es war sehr schwer, diesem Mann zu vertrauen. Immer
größere Frustration ergriff von Kirk Besitz. Er ballte die Hände zu Fäusten. »Mr. Spock. Die
Kristalle sind bestimmt nicht hier. Auf dem Planeten existiert eine noch unbekannte
Strahlungsquelle. Hier besteht ganz offensichtlich ein Zusammenhang. Wir werden der Sache auf
den Grund gehen. Stellen Sie einen Suchtrupp zusammen, Mr. Lazarus wird mit uns kommen.«
Lazarus lächelte. »Ich danke Ihnen, Captain.«
Kirks Stimme klang rauh. »Vielleicht haben Sie nicht den geringsten Grund, mir zu danken.
Das hängt davon ab, was wir finden.«

Das kegelförmige Schiff lag immer noch unterhalb des großen Granitblocks. Als Kirk seine
Tür öffnete, trat Lazarus auf ihn zu. »Was glauben Sie jetzt, Captain?«
»Ich glaube, daß die Kristalle sich nicht an Bord Ihres Schiffes befinden. Mr. Spock?«
»Ich kann den Standort der Strahlungsquelle nicht ermitteln, Sir.«
»Warum nicht? Sie hatten Sie doch vom Schiff aus geortet.« »Sie scheint einfach
verschwunden zu sein.«
Kirk sprach zum Sicherheitspersonal. »Ich wünsche, daß jeder Zoll des Geländes abgesucht
wird. Suchen Sie nach Fußspuren… Bewegungen… egal, was Sie finden. Wenn Sie irgend etwas
sehen, melden Sie es sofort. Notfalls können Sie Ihre Waffen gebrauchen.«
Fächerförmig schwärmten die Männer ins Gelände aus und wurden sich sofort seiner leeren
Einsamkeit bewußt. Es gab keine Bäume, nicht die geringste Vegetation – nur das weite, öde
Felsenpanorama in seinen vielfältigen Formationen. Lazarus erkletterte ein unebenes Felsplateau.
Die steilen Wände fielen zu einem langen Engpaß ab, der mit dem Felsplateau parallel verlief.
Kirk sondierte das Gelände mit seinem Tricorder. Lazarus war hinter zwei hervorspringenden
Felsen seinen Blicken entzogen. Er berührte gerade den einen Fels, und der Raum um ihn herum
begann wieder, auf diese sonderbare Weise zu funkeln und zu glänzen. In dem scheußlichen
Glitzern schienen die Felsen, der Himmel, ja sogar der Boden unter seinen Füßen zu
verschwinden und zu zerschmelzen. Lazarus warf sich herum und hielt Ausschau nach seinem
Feind. Aber er sah nur das schimmernde Nichts um sich herum. Er stellte fest, daß seine
Bewegungen irgendwie aufgehalten wurden. Er taumelte vorwärts und versank plötzlich in einer
milchigweißen Höhlung. Ein gewaltiger Hieb warf ihn zu Boden. In den Augen, im Hals und in
der Kehle spürte er Dämpfe. Die fast unsichtbare Gestalt seines Gegners warf sich auf ihn. Fast
blind rangen die beiden miteinander. Endlich konnte Lazarus das Ding mit einem wuchtigen Tritt
hart treffen. Es warf sich nach hinten und verschwand so spurlos, als sei es in die Ewigkeit
hinabgetaucht.
Dann wurde die Welt wieder fest und greifbar. Wild warf sich Lazarus herum. Er kämpfte
immer noch mit dem längst verschwundenen Unheimlichen. Er trat gegen einen Felsen am
Rande des Abgrunds, der sich löste und in die Tiefe sauste.
»Captain! Vorsicht!« brüllte Lazarus.
Kirk warf sich zur Seite, und der mächtige Brocken donnerte in den Engpaß hinab, genau an
die Stelle, wo der Captain sich eben noch befunden hatte. Von oben hörte er ein Geräusch
herabrieselnden Gerölls, und dann fiel Lazarus ihm direkt vor die Füße.
Als Spock die beiden fand, rieselte der Staub noch immer von oben auf sie herab.
McCoy hatte im Transporterraum des Raumschiffs eine Trage bereitstellen lassen. Lazarus
war immer noch bewußtlos. Auf der Krankenstation dauerte es sehr lange, bis er wieder zu sich
kam. Kirk las das Grauen in seinem Gesicht, als er langsam wieder das Bewußtsein erlangte. Er
versuchte, vom Untersuchungstisch zu springen.
»Das Ding!« schrie er heiser.
»Sie befinden sich jetzt auf der Enterprise«, sagte Kirk. »Doktor McCoy sagt, daß mit Ihnen
alles in Ordnung ist. Sie sind nur leicht verletzt.«
»Wie geht es Ihrem Kopf?« fragte McCoy.
Lazarus griff sich mit der Hand an die verletzte Stirn. »Er tut weh.«
»Sie haben mir dort unten das Leben gerettet«, sagte Kirk, »und dafür danke ich Ihnen.« Er
ließ ein paar Sekunden verstreichen. »Aber ich muß trotzdem noch einige Fragen stellen.«
»Jim! Er hat vielleicht eine Gehirnerschütterung…« »Es ist aber notwendig!« fuhr Kirk auf.
»Fragen Sie nur, Captain«, sagte Lazarus.
»Ich bin im Besitz eines Computerberichts über die Angaben, die Sie während Ihrer ersten
Befragung machten. Aus diesem Bericht geht eindeutig hervor, daß Sie gelogen haben, Lazarus.
Es gibt keinen Planeten an der Stelle, von der zu kommen Sie vorgeben. Dort war auch nie
einer.«
Lazarus setzte sich auf und blickte Kirk offen in die Augen. »Sie würden mir ja auch nicht
glauben, wenn ich die Wahrheit sagte«, meinte er.
»Versuchen Sie es doch mal«, gab Kirk zurück.
»Was meinen Heimatplaneten anbetrifft, so habe ich die Tatsachen ein wenig verdreht, und
zwar zum Selbstschutz und im Interesse meiner heiligen Sache. Auch Sie, Captain, sind für mich
ein Fremder – ein unbekannter Faktor.« Er ließ die Beine vom Tisch gleiten und machte einen
zaghaften Versuch, sich hinzustellen.
»Ich brauchte Hilfe und keinen Tadel«, sagte er. »Freiheit und keine Einschließung als
Verrückter. Hätte ich die Wahrheit gesagt, so hätte ich fürchten müssen, daß Sie mich wirklich
für verrückt erklärten.«
»Dann sagen Sie bitte jetzt wenigstens die Wahrheit«, verlangte Kirk.
Lazarus sah ihn an und sagte mit vor Leidenschaft bebender Stimme: »Okay, Sir! Mein
Heimatplanet oder das, was davon übrig ist, liegt dort unter uns!«
Kirk starrte ihn fassungslos an. »Was sagen Sie da, Lazarus?« »Mein Raumschiff ist mehr als
nur ein Raumschiff. Es ist gleichzeitig eine Zeitmaschine, ein Zeitschiff. Und ich selbst bin,
wenn Sie so wollen, ein Zeitreisender.«
Kirk runzelte die Stirn. Dieser Mann erfand immer neue Mysterien. Bisher hatte er nur Lügen
erzählt, und doch war sein Schiff etwas, das noch niemand im Raum oder auf der Erde gesehen
hatte… Tonlos sagte Kirk: »Und dieses Ding, das Sie jagen? Ist es auch ein Zeitreisender?«
Seine Augen funkelten. »Ja! Er entflieht mir durch all die Jahre, all die unsagbar leeren
Jahre! In eine tote Zukunft auf dem toten Planeten, den er gemordet hat!« Lazarus sprach nun
wie im Fieber. Er kam schwankend auf die Füße. »Helfen Sie mir, Mann! Sie haben noch mehr
Kristalle! Geben Sie mir die Werkzeuge, die ich benötige, um ihn zu vernichten!« Er taumelte,
und McCoy wollte ihn festhalten. Doch Lazarus stieß den Arm des Arztes zurück. »Die
Kristalle! Was sind sie gegen das scheußliche Ungeheuer, das ich jage? Was kann man mit
diesem überirdischen Ungeheuer vergleichen? Wollt ihr, daß es entkommt?«
»Lazarus, es gibt eine Menge Dinge, von denen wir nichts wissen. Einige von diesen Dingen
aber wissen Sie! Und nun sagen Sie mir – wo sind unsere Kristalle?«
»Ich sagte es Ihnen schon!« brüllte Lazarus. »Er hat sie! Er hat sie euch gestohlen!«
Sie mußten ihn behutsam wieder auf den Tisch heben, sonst wäre er gestürzt. Nun lag er dort,
ausgestreckt und mit Verzweiflung im Blick. Sein Gesicht war schweißüberströmt. McCoy
sagte: »Er muß sich ausruhen, Jim. Und macht es dir etwas aus, dieses Muskelpaket aus meiner
Krankenstation zu entfernen?« Mit einem Kopfnicken entließ Kirk den Sicherheitsposten.
Unruhig sah er, daß McCoy Lazarus mit einem Laken bedeckte. Dieser stieß einen tiefen
Seufzer aus und schloß die Augen. »Er hat starke Schmerzen, Jim«, sagte der Arzt.
Kirk schaute in das Gesicht des Fremden. Es war weißer als das Laken. »Ich denke, heute
wird er wohl nirgends mehr hingehen – diesmal nicht«, meinte der Captain.
Als die Tür sich hinter den Männern schloß, bewegte sich erst das Laken, dann die ganze
Gestalt. Sich mit den Händen abstützend, stand Lazarus auf. Er schwankte und schüttelte den
Kopf, um klarer denken zu können. Dann bewegte er sich vorsichtig vorwärts, getrieben von
seiner eigenen, unerbittlichen Entschlossenheit, auf die Tür zu.

Kirk hatte sich den Besprechungsraum ausgesucht, um die großen Fragen an Spock zu
richten. »Was haben wir denn überhaupt bis jetzt?« rief er verzweifelt. »Einen magnetischen
Effekt, der unsere Instrumente zeitweise außer Betrieb setzt. Und eine geheimnisvolle,
undefinierbare Strahlungsquelle auf dem Planeten. Lazarus als wandelnde Leiche. Ihren Riß im
Universum. Und den mörderischen Humanoiden, den niemand von uns je gesehen hat…«
Spock sah von seinem Computer auf. »Es ist wahr, Captain. Aber was mir bedeutsam
erscheint, ist die Tatsache, daß die Instrumente unseres Schiffes eigens dazu konstruiert sind,
physikalische Objekte im Universum zu lokalisieren und zu identifizieren, ob es sich nun um
Materie oder um Energie handelt.«
»Aber mit Hilfe Ihrer Instrumente waren Sie außerstande, jene Strahlungsquelle auf dem
Planeten zu identifizieren!«
»Korrekt, Sir.«
»Sind die Instrumente in Ordnung?« »In perfektem Betriebszustand.«
»Dann lassen Ihre Aussagen nur einen Schluß zu: Die Strahlungsquelle ist nicht Teil des
Universums.«
»Sie befindet sich nicht einmal im Universum, Captain, die Strahlung kam von außerhalb.«
Kirk begann, auf und ab zu gehen. »Ja – von außerhalb des Universums. Das würde sehr viel
erklären! Ein zweites Universum, vielleicht in einer anderen Dimension, das aber zur gleichen
Zeit den gleichen Raum einnimmt wie das unsere.«
»Die Möglichkeit der Existenz eines parallelen Universums wird von der Wissenschaft
eingeräumt, Captain.«
»Gut. Was würde geschehen, wenn ein zweites Universum, sagen wir mal ein negatives, mit
unserem positiven Universum in Kontakt käme?«
»Zweifellos eine Verwerfung, Captain. Eine Verzerrung unserer physikalischen Gesetze in
einem ungeheuren Ausmaß.«
»Das haben wir ja auch erlebt! Der Punkt, an dem sie aufeinandertreffen… könnte man den
nicht vielleicht als Loch bezeichnen?«
Spock nickte heftig. »Allerdings, Captain. Ich weise außerdem darauf hin, daß ein Loch im
Universum – oder auch in einem Behälter – den Inhalt entweder hinausfließen läßt…« »…oder
etwas von außen hineingelangen läßt!« rief Kirk. »Mr. Spock, das ist die Invasion, die
Kommodore Barstow vermutet!«
»Es gibt keine Anzeichen für eine größere Invasion, Sir.« »Aber es gibt Anzeichen für eine
kleinere! Spock, wie lautet
Ihre Beurteilung des Geisteszustands dieses Fremden?« »Zeitweise paranoid. Dann aber
wieder ruhig, rational und angenehm sachlich. Fast, als ob er aus zwei Menschen
zusammengesetzt sei.«
»Genau! Zwei Männer – verschieden, aber identisch. Und ein Loch im Universum! Nein!
Kein Loch! Eine Tür, Spock, eine Tür!«
»Sie setzen also wirklich ein paralleles Universum voraus, Captain!«
»Warum nicht? Es ist theoretisch möglich! Sehen Sie sich Lazarus an! Einmal ist er halbtot,
ein anderes Mal strotzt er vor Gesundheit und ist stark wie ein Ochse. Diese Verletzung an der
Stirn. Mal hat er sie, mal hat er sie nicht. Für einen einzigen Mann sind alle diese Dinge
physikalisch unmöglich!«
»Ich stimme Ihnen zu, Captain. Er muß aus zwei Menschen zusammengesetzt sein. Das
unterliegt keinem Zweifel.«
»Aber was geht hier vor? Dieses Überwechseln von einem Universum in das andere? Die
wilden Redensarten über ein mörderisches Wesen, das ganze Zivilisationen zerstört. Welchen
Zweck hat das?«
»Captain, Wahnsinn verfolgt keine Zwecke. Keinen Sinn. Aber er könnte ein Ziel haben!«
Spocks Gesicht wirkte wie aus Stein. »Man muß ihn aufhalten, Captain, und wenn nötig,
zerstören.«
»Spock, da kann ich Ihnen im Moment nicht folgen.«
»Dann stellen Sie es sich doch so vor: ein positives Universum und ein negatives. Oder
anders ausgedrückt: ein Universum ist Materie, das andere Antimaterie!«
Kirk sah ihn einen Augenblick lang voll Spannung an. »Aber Materie und Antimaterie heben
einander auf – und zwar gewaltsam.«
»Das ist richtig… unter bestimmten Bedingungen. Wenn identische Partikel von Materie und
Antimaterie aufeinandertreffen – identische, Captain, wie…«
»Wie Lazarus und jener andere. Sie sind identisch, nur, der eine ist Materie, der andere
Antimaterie. Und wenn sie aufeinandertreffen…«
Kirk hatte Spock noch nie so düster reden hören. »Vernichtung, Captain. Totale,
vollkommene Vernichtung…«
»Vernichtung alles Bestehenden… überall…«
Vor dieser ungeheuren Gefahr blieb ihnen die Sprache weg. Sie starrten einander an. Das
Schicksal aller Welten, bekannter und unbekannter, lag plötzlich in ihren Händen.
Lazarus sah den Korridor verlassen vor sich liegen. Er bog in den Gang ein, der zur
Maschinenstation führte. Vorsichtig schlich er hinein und trat an eine elektrische Schalttafel. Die
wirren Drahtbündel schienen ihm außerordentlich primitiv. Er brauchte kaum eine halbe Minute,
um in seiner Kombination ein geeignetes Werkzeug zu finden, eine Verbindung zu lösen und an
eine andere Klemme anzuschließen. Dann schloß er die Schalttafel wieder und wartete als
dunkler Schatten hinter einem der surrenden Generatoren.
Weit zu seiner Linken studierte Charlene Masters den Erfolg der Wiederaufladung der
Dilithiumkristalle. Oberhalb der Behälter war die Nadel einer thermometerähnlichen Vorrichtung
bis an eine rote Marke geklettert. Dann zitterte sie darüber hinweg. Leichter Rauch stieg von
einem der unteren Instrumente auf. Charlene schaute gerade von den Installationen weg, um eine
Tabelle zu betrachten, die der Assistent ihr reichte. Gleichzeitig rochen beide den Qualm. »Das
Ladegerät hat einen Kurzschluß!« schrie Leutnant Masters.
Dann gab es einen prasselnden Funkenregen. Eine dichte Rauchwolke hüllte die beiden ein.
»Raus hier, Fähnrich! Geben Sie Alarm!« Sie mußte husten.
»Sie auch, Leutnant!«
»Nein! Ich muß…«
»Sie müssen hier raus!« brüllte er. »Gleich kann die ganze Reihe durchschmoren!« Er packte
sie am Arm, und sie eilten zur Tür. Der Qualm wurde schnell dichter. Halb blind und mit
Erstickungsanfällen kämpfend, taumelten sie auf den Korridor hinaus. Als sie an Lazarus
vorbeirannten, hielt dieser sich einen Lappen vor Mund und Nase und schloß hinter ihnen leise
die Tür.
Charlene stand schon am Wandkommunikator. »Maschinendeck! Feuer! Ladegerät-
Schaltkreise!«
Uhura schnellte von ihrem Sitz hoch. »Feuer, Captain! Maschinendeck! Situation ist
kritisch!«
»Einsatz aller verfügbaren Männer, Leutnant! Sofort!« »Spock! Sie kommen mit mir!«
Beide rannten in die verräucherte Maschinenstation. Hustend kam ihnen der Fähnrich
entgegen. »Unter Kontrolle, Sir.« Er hatte schwarze Streifen in seinem verschwitzten Gesicht.
»Aber das Feuer kann nicht… Captain, das Feuer ist nicht von selbst entstanden!«
Spock sagte: »Lazarus, Captain? Eine List, um an die Dilithiumkristalle zu kommen?«
Kirk bahnte sich hustend den Weg zu den Behältern hinüber. »Ja, er hat sie. Er läßt sich jetzt
zum Planeten hinunterbeamen. Ich folge ihm. Stellen Sie einen Sicherheitstrupp zusammen und
folgen Sie so schnell wie möglich.«
»Aye, aye, Sir.«

Lazarus trug die Kristalle in einen großen Lappen gewickelt. Als er materialisiert hatte, eilte
er sofort zu seinem Schiff. In der Kabine packte er frohlockend die Kristalle aus. Drohend hob er
die Faust gegen seinen unsichtbaren Feind und schrie: »Nun werde ich es tun. Ich habe eine
Schwelle! Lauf! Lauf! Jetzt habe ich dich!«
Er beugte sich konzentriert über seine Arbeit und verwendete eine Anzahl von Stäben und
Drähten, mit denen er vor der Luke des Schiffes eine Art Schutzgitter baute. Er arbeitete schnell
und benutzte offenbar vorfabrizierte Einheiten. In diesen verankerte er die Dilithiumkristalle. Als
er das letzte Stück angebracht hatte, hob er wieder die Faust gegen den Himmel und schrie: »Ich
bin bereit! Es ist geschafft! Geschafft!«
Kirk hörte sein wildes Geschrei, als er sich dem Schiff näherte. Den Phaser in der Hand,
sagte er: »Sie sind erledigt. Sie sind fertig. Geben Sie auf!« Er trat durch die Luke.
»Nein!« brüllte Lazarus.
Die Warnung kam zu spät. Die schimmernden Funken waren wieder da, und Kirk
verschwand.
Lazarus barg das Gesicht in den Armen und rief immer wieder: »Nein! Nicht Sie! Nicht Sie!«
Kirk war in einen Tunnel von negativem Magnetismus verbannt. Er verlor jedes Gefühl für
Zeit und Raum. Er drehte sich in einer Art Zeitlupenbewegung, und die Zeit erschien ihm endlos.
Er glaubte, in endlosen Tiefen zu versinken, aber gleichzeitig kam es ihm vor, als stiege er zu
den fernsten Höhen empor. Er zuckte wie wild und lag doch ganz still. Er erlebte den Alptraum
vollständiger Desorientierung. Die Funken glommen noch einmal auf, dann verschwanden sie…
Er fand sich auf Händen und Füßen wieder und mußte gegen heftige Übelkeit ankämpfen.
Nur vage und mit sehr geringem Interesse erkannte er die Felsen, die Schlucht, die ganze
trockene Öde und den Granitblock, in dessen Schatten das Zeitschiff gelegen hatte. Das Schiff
war verschwunden. Langsam kam er wieder auf die Füße und starrte zu der Stelle unter dem
Felsen hinüber, wo das Schiff hätte sein müssen. Nach kurzer Zeit bemerkte er, daß er den
Phaser in der Hand hielt. Kirk sah sich noch einmal um und rief dann laut: »Hallo!«
Nur das Echo hallte von den Felsen wider. Dann war Schweigen.
Er rannte einen Abhang hinunter, der in eine flache Ebene auslief. Der Captain sah das
Zeitschiff vor sich, aber nichts regte sich in der Nähe des Fahrzeugs. Plötzlich erhob sich der
Lazarus mit der unverletzten Stirn aus seiner gebückten Haltung. Auch er war mit der Arbeit an
einer Art Gitter beschäftigt, das er vor die Luke seines Schiffes spannte. Beim Anblick des auf
ihn gerichteten Phasers lächelte er nur. »Willkommen, Captain, Sie habe ich aber nicht erwartet.«
»Nein«, sagte Kirk. »Ihn.«
»Sie verstehen also?«
»Noch nicht ganz. Dies ist offenbar ein paralleles Universum.«
»Natürlich.«
»Antimaterie?«
»Hier ja.«
»Und wenn identische Partikel aufeinandertreffen…«
»Das Ende aller Dinge, Captain. Das Ende der Schöpfung. Jeder Existenz. Alles vernichtet.«
Er reckte die breiten Schultern. »Ich versuche, ihn zu stoppen. Deswegen nahm ich Ihre
Dilithiumkristalle.«
»Er hat auch zwei.«
Lazarus blickte Kirk forschend an. »Das ist schlimm, Captain. Wenn er durchkäme… zu
einem Zeitpunkt seiner Wahl… Aber ich glaube, wenn wir uns beeilen und Sie mir helfen, kann
man ihn noch aufhalten. Aber wir haben wenig Zeit.«
Es war Spock, der vor dem anderen Schiff materialisierte. Es stand noch immer am Fuße des
großen Granitblocks. Der Lazarus mit der tiefen Stirnwunde, der Mann aus Materie, stand an der
Eingangsluke und bewegte wild die Arme. »Zurück! Zurück!« schrie er. »Wenn Sie jemals Ihren
Captain wiedersehen wollen, gehen Sie zurück!«
»Tun Sie, was er sagt«, wies Spock die Sicherheitsposten an. Oben auf dem Plateau hatte der
zweite Lazarus seine Schwelle fast fertig gebaut. Er zeigte auf ein Werkzeug, und Kirk reichte es
ihm. Dann sagte Lazarus: »Er wollte hier durch, aber als Sie die Schwelle aus Versehen
berührten, verloren seine Kristalle sehr viel Energie. Mit dem Gerät, das er an Bord hat, dauert es
mindestens zehn Minuten, sie wieder
aufzuladen. Das läßt uns Zeit genug…«
»Was genau habe ich denn berührt?« fragte Kirk.
»Ich nenne es die Alternativ-Verzerrung, Captain. Es ist der negative magnetische Korridor,
in dem die parallelen Universen aufeinandertreffen. Es ist… das Sicherheitsventil… es schützt
die Ewigkeit vor ihrer Vernichtung.«
»Dieser Korridor«, sagte Kirk, »ist dann also verantwortlich für den Schockeffekt, der all
unsere Instrumente ausfallen ließ?«
»Sehr richtig, Captain. Aber nicht wegen seiner bloßen Existenz, sondern weil er ihn betreten
hat. Dieser Korridor ist wie ein Gefängnis, an dessen Tür Dynamit angebracht ist.
Wenn man die Tür öffnet, dann explodiert der Sprengstoff. Bleibt man jedoch in der
Zelle…«
»…dann ist das Universum ungefährdet«, vollendete Kirk. »Ihr Universum und meines,
Captain.«
»Er muß doch selbst wissen, was geschieht, wenn er jemals außerhalb dieses Korridors auf
Sie trifft.«
»Natürlich weiß er das. Aber er ist wahnsinnig. Er hat den Verstand verloren. Als unsere
Leute eine Möglichkeit entdeckten, durch die Verzerrung zu schlüpfen… als die Existenz eines
identischen Universums bewiesen wurde, war es für ihn zuviel. Er konnte nicht leben in dem
Bewußtsein, daß auch ich lebte. Er wurde von der dumpfen Begierde gepackt, mich zu zerstören.
Es wurde zur Besessenheit. Die Tatsache, daß mein Tod auch sein Ende bedeuten würde und das
Ende aller Existenz überhaupt, hat für ihn überhaupt keinen Belang.«
Kirk sprach langsam. »Dann sind Sie also das schreckliche Ding… das mordende
Ungeheuer… die Schöpfung des Bösen…«
»Ja. Oder er ist es. Das kommt auf den Standpunkt an, nicht wahr?«
Er machte noch ein paar Handgriffe. »Es ist fertig, Captain«, sagte er dann. »Wenn wir ihn
zwingen können, den Korridor zu betreten, während ich hier auf ihn warte, können wir der
Gefahr ein Ende bereiten. Aber wenn er zu einem Zeitpunkt seiner Wahl durch das ›Tor‹ zu
diesem Universum tritt und mich hier findet…«
»Ich verstehe«, sagte Kirk. »Und was soll ich tun?«
»Suchen Sie ihn! Zwingen Sie ihn, über diese Schwelle den Korridor zu betreten. Ich werde
warten. Ich werde ihn hier festhalten.«
Kirk machte ein sehr ernstes Gesicht. »Sie können ihn nicht für immer festhalten.«
»Wieso nicht? Sie müssen sein Schiff zerstören.«
»Wenn ich das tue, wird dann dieses nicht auch zerstört?« »Ja.«
»Und die Verzerrung? Das Tor? Es wird Ihnen verschlossen sein.«
»Ja, aber es wird auch ihm verschlossen sein.«
»Sie werden dort drinnen mit ihm zusammen gefangen sein«, sagte Kirk. »Bis ans Ende aller
Zeiten werden Sie mit ihm eingesperrt sein… einer dauernd an der Kehle des anderen… bis in
alle Ewigkeit.«
»Ist das ein zu hoher Preis für die Rettung zweier Universen?«
Lazarus griff mit der Hand nach Kirk und zog ihn über die Schwelle in den Korridor. »Die
Sicherheit zweier Universen.« Kirk sah den mutigen Mann lange an. »Wollen Sie wirklich, daß
ich es tue?«
»Sie müssen es tun, Captain, wir haben keine andere Wahl. Sind Sie bereit?«
Kirks Stimme klang fest. »Ich bin bereit.« .
»Dann bringen Sie ihn mir. Ich warte im Korridor.«
Er legte einen Schalter um, Funken umsprühten Kirks Körper – und schon befand er sich
wieder auf dem Plateau. Das andere Zeitschiff lag genau vor ihm. Spock kam auf ihn zugerannt.
Kirk schüttelte den Kopf und winkte ihn zurück.
Der erste Lazarus beschäftigte sich mit der Gitterschwelle seines Korridors. Er bewegte einen
Hebel, und die Funken sprühten. Die Struktur wurde rotglühend. »Du bist erledigt!« sagte er
frohlockend.
Kirk sprang ihn an. Aber er wirbelte rechtzeitig herum, um Kirks Ansturm mit seiner
schweren Gestalt abzublocken. Dann verbissen sich die beiden Männer ineinander in einem
wilden Ringen. Mit aller Kraft suchte Kirk seinen Gegner über die Schwelle in den Korridor zu
drängen. Lazarus durchschaute sofort seine Absicht. »Nein!« kreischte er. »Das können Sie nicht
tun! Ich bin noch nicht fertig! Noch nicht!« Er ergriff ein schweres Werkzeug aus Metall und
schlug zu, aber Kirk wich der tödlichen Waffe aus und traf den anderen mit einem krachenden
Hieb am Kinn. Lazarus schwankte, aber Kirk hielt ihn in eisernem Griff. Mit ungeheurer
Anstrengung stieß er ihn zurück. Der Mann stolperte über die Schwelle und stürzte in den
Korridor. Funken hüllten ihn ein, und Lazarus verschwand in einer grellweißen Flamme.
Kirk tat ein paar tiefe Atemzüge. Spock ergriff die Initiative. Er wandte sich an seine Männer
und sagte: »Schaffen Sie die Dilithiumkristalle zum Schiff zurück. Beeilen Sie sich.« Dann
sprach er zu Kirk. »Captain, gehe ich fehl in der Annahme, daß dieses Schiff vollständig zerstört
werden muß?«
»Bis zum letzten Partikel!« »Und was ist mit Lazarus, Sir?«
»Ja«, sagte Kirk. »Was ist mit Lazarus, Mr. Spock?«

Es gab keinen Ausweg. Und Kirk, der wieder in seinem Kommandosessel saß, wußte es nur
zu gut.
Schließlich sprach er in seinen Interkom. »Phaserbatterien aktivieren.«
Jemand sagte: »Phaserbatterien sind aktiviert.« »Fertigmachen zum Feuern.«
Während er sprach, sah Kirk den Korridor des negativen Magnetismus in Gedanken vor sich.
Und er sah zwei Menschen darin, die miteinander kämpften, die siegten und verloren, siegten
und fielen, bis in alle Ewigkeit siegreich oder geschlagen, zu erbittertem Kampf verurteilt bis
zum Ende aller Zeiten.
Er leckte sich die trockenen Lippen. »Phaser feuerbereit, Sir.« »Phaser abfeuern«, sagte Kirk.
Die Strahlen trafen das Schiff auf dem Plateau. Es löste sich in nichts auf. Dann richteten sie
die Batterien auf das andere Schiff zu Füßen des Granitblocks. Es ging in Flammen auf und
verschwand. Auf dem Bildschirm sah man nur noch die weite, öde Leere der Landschaft.
»Wir verschwinden von hier«, sagte Kirk. Er wandte sich an den Rudergänger. »Sol eins, Mr.
Leslie.«
»Sol eins, Sir.«
Spock war neben ihm. »Alles in Ordnung, Captain?« »Für uns schon.«
Spock nickte. »Für sie gibt es natürlich kein Entrinnen.« »Nein, Mr. Spock, für sie gibt es
kein Entrinnen. Stellen Sie
sich vor, Sie wären mit einem Wahnsinnigen zusammen eingesperrt, der Ihnen ständig an der
Kehle sitzt – und das bis in alle Ewigkeit? Wie wäre das wohl?«
»Aber das Universum ist gerettet, Captain.«
»Ja… für Sie und mich. Aber was ist mit Lazarus?« Er machte eine Pause, als hätte er die
Frage an das Universum gerichtet, das Lazarus gerettet hatte.
Die Sterne glitten an der Enterprise vorbei. Sie gaben dem Captain keine Antwort darauf.
Die Einfühlsame

Der zweite Stern im Minarischen System trat in eine kritische Periode seiner bevorstehenden
Nova-Phase ein. Aus diesem Grunde hatte die Enterprise den Auftrag erhalten, das
wissenschaftliche Personal der Forschungsstation zu evakuieren, die man eingerichtet hatte, um
das Phänomen seines nahenden Untergangs zu studieren. Aber alle Versuche des Sternenschiffs,
mit den Wissenschaftlern Kontakt aufzunehmen, waren fehlgeschlagen. Kirk wußte um die
Dringlichkeit seines Auftrags und beschloß, sich zu dem Planeten hinunterbeamen zu lassen, um
den Aufenthalt der Männer zu ermitteln.
Er selbst, Spock und McCoy materialisierten in einer geisterhaft öden Landschaft, die sich
unwirtlich und drohend unter einem Himmel ausbreitete, dessen helle Röte die bevorstehende
Nova-Phase schon ankündigte. Rauhe Windstöße bliesen ihnen körnigen Staub ins Gesicht. »Das
ist die Forschungsstation«, sagte Kirk und ging den Männern voran auf einen Schuppen zu.
Unter seinem Stoß gab die Tür nach, und die Männer traten ein. Die Hütte war verlassen, aber in
ihrem Innern herrschte peinliche Ordnung.
In einer Ecke entdeckte Spock einen Videorecorder.
Der Vulkanier fuhr mit der Hand über den Tisch. »Staub«, sagte er. »Diese Instrumente sind
offenbar seit einiger Zeit nicht benutzt worden.«
Im Recorder steckte noch ein Band. Kirk wollte es gerade einlegen, als sein Kommunikator
summte. Er reichte Spock das Band und öffnete ihn. »Enterprise an Captain Kirk. Bitte
kommen!«
»Hier Kirk. Sprechen Sie, Enterprise.«
»Scott hier, Captain. Unsere Instrumente haben gigantische solare Ausbrüche mit
kosmischen Strahlen von höchster Intensität erfaßt.«
»Wie hoch?« fragte Kirk.
»Die Sensoren zeigen eine kosmische Strahlungskonzentration von 3,51 nach der Van-Allan-
Skala an. Das Ding würde dem Schiff und der Mannschaft ganz schön einheizen, Sir.«
Spock sagte: »Auf dieser Basis dauert es genau 74,1 Solarstunden, bis der Sturm vorbei ist,
Captain.«
»Verlassen Sie mit dem Schiff die Umlaufbahn, und zwar sofort! Bleiben Sie auf minimaler
Sicherheitsdistanz, Scott. Absolute Sicherheit muß gewährleistet sein!«
»Aye, aye, Sir, wir werden Sie sofort zurückbeamen.«
Kirk unterbrach ihn. »Negativ. Wir bleiben hier. Die Planetenatmosphäre bietet uns
hinreichenden Schutz. Und nun bringen Sie mein Schiff in Sicherheit, Mr. Scott!«
»In Ordnung, Captain. Scott Ende.«
»Kirk Ende.« Kirk klappte seinen Kommunikator zu und wandte sich an Spock. »Mr. Spock,
was ist mit dem Band?«
Spock hatte es gedankenverloren betrachtet. Nun schob er es in das Gerät und sagte: »Was
wir jetzt sehen und hören, ist vor etwa zwei Wochen aufgezeichnet worden.«
Nach der Aktivierung des Geräts leuchtete die Mattscheibe auf. Zwei Männer waren zu
sehen, die hinten in der Hütte irgendwelche Instrumente inspizierten. »Der an der linken Seite ist
Dr. Ozaka«, sagte Kirk. »Der andere ist Dr. Linke. Funktioniert der Lautsprecher, Spock?«
Er funktionierte. Linke sagte gerade: »…noch eine Woche an diesem gottverlassenen Ort…«
Linke zuckte zusammen, als er einige kurze Erdstöße spürte. Ozaka grinste. »In seiner Hand
liegen auch die Tiefen der Erde! Psalm 95, Vers 4. Ich wünschte, er würde sie um Ruhe bitten.«
Abrupt fiel der Ton aus, und das Bild wurde schwarz. Aus dem Gerät hörten sie tiefe
Akkorde wie von einer riesigen Orgel. Sie wurden lauter – und das Bild kam zurück. Es zeigte
die Wissenschaftler, wie sie versuchten, die Geräuschquelle zu lokalisieren. Ihre Lippen
bewegten sich, aber ihre Worte wurden von den dröhnenden Akkorden übertönt. Plötzlich griff
Ozaka sich an den Kopf, und mit schmerzverzerrtem Gesicht versuchte er mühsam, sich auf den
Beinen zu halten. Als Linke hinzusprang, um ihm zu helfen, taumelte Ozaka aus dem Bild. In
milder Panik starrte Linke in der Hütte umher. Dann begann auch er zu taumeln und verschwand
aus dem Bild. Der Ton brach ab, und die Mattscheibe war wieder dunkel.
Entgeistert schrie McCoy: »Jim, was ist mit den Leuten passiert?«
Wie eine Antwort kamen die dunklen Orgeltöne wieder und hüllten die Männer der
Enterprise in eine dröhnende Klangkulisse. Spock riß sich den Tricorder von der Schulter,
während Kirk und McCoy aufgeregt nach der Geräuschquelle suchten.
»Woher kommt es?« schrie Kirk. »Spock, können Sie es orten?«
»Negativ, Captain! Dieser ›Klang‹ wird von meinem Tricorder überhaupt nicht registriert!«
Er senkte den Kopf, um sein Instrument zu beobachten, und seine Augen wurden glasig. Er griff
sich mit der Hand an den Hals. Wie betrunken schwankte er hin und her. Kirk rannte auf ihn zu
und streckte die Arme aus, um ihn festzuhalten. Dann brach Spock zusammen.
Kirk starrte entsetzt um sich. Das Geräusch wurde noch intensiver. »Pille!« brüllte Kirk.
»Spock ist verschwunden!«
Inzwischen fuhr sich McCoy mit der Hand an den Kopf. Dann taumelte auch er. Als Kirk zu
ihm rannte, löste er sich plötzlich in nichts auf. Wie betäubt blieb Kirk stehen. Die hämmernden
Orgelklänge hüllten ihn ein. Er stürzte vorwärts, als versuche er, sich aus dem Sog eines
monströsen Magneten zu befreien. Er stolperte gegen eine Treppe aus Leichtmetall und schlug
sich den Kopf auf. Noch einmal gelang es ihm, auf die Beine zu kommen – dann war tiefe Nacht
um ihn.
In der nun leeren Hütte steigerten sich die Töne zu einem brüllenden Inferno.
Die Zeit verging. Wie lange es gedauert hatte, wußte keiner der Männer. Aber irgendwie
waren sie in eine Art Arena transportiert worden. Über ihnen leuchtete ein gleißendes Licht auf.
Sie lagen auf dem Boden, unfähig, sich zu rühren. Kirk kam wenigstens auf die Knie. Die
Wunde an seinem Kopf begann wieder zu schmerzen.
»Pille!… Spock! Spock, wo sind wir?«
McCoy hatte gesehen, daß Kirk verletzt war. Er griff nach seiner Bereitschaftstasche. Dann
richtete er sich langsam auf. Spock beschäftigte sich mit seinem Tricorder. »Wir befinden uns
genau 121,31 Meter unter der Planetenoberfläche, Captain.«
»Wie sind wir hergekommen?«
»Die Werte für die Restenergie lassen darauf schließen, daß wir von einem Materie-Energie-
Konverter hergebeamt wurden, der den bei uns verwendeten nicht unähnlich ist. Wir benutzen
ähnliche Transportmechanismen.«
Kirk nickte. »Interessant.« »Schmerzt die Wunde sehr, Jim?«
Wieder nickte Kirk. Spock hatte die Augen immer noch auf seinem Tricorder. »Captain«,
sagte er, »ich registriere Lebensformen… Richtung 42 Strich 7.«
»Identifikation?«
»Unmöglich. Das einzige, was ich sagen kann, ist, daß es sich um Humanoide handelt.«
»Dann werden wir es feststellen. Phaser auf Betäubung schalten.«
Der Tricorder zeigte ihnen den Weg durch die vor ihnen liegende Dunkelheit. Das strahlende
Licht, das das Zentrum der Arena beleuchtete, reichte nicht bis in die letzten Winkel. Sie
stolperten weiter und konnten schließlich eine kleine, kreisförmige Plattform erkennen. Als sie
näher kamen, sahen sie, daß es eine breite Couch war. Auf ihr lag eine leblose Gestalt.
Spock streckte ihr den Tricorder entgegen. »Das ist die Lebensform, die wir suchen,
Captain.«
Das Wesen bewegte sich. Als es sich aufrichtete, erglänzte in einem scharfumrissenen Kreis
ein helles Licht über ihm. Das Wesen stand auf. Es hatte den Körper eines jungen Mädchens und
war in ein hauchdünnes, glitzerndes Gewebe gekleidet. Seine Haut war von einem fahlen Weiß.
Dunkles Haar ringelte sich um seine Schläfen. Aber es waren besonders seine Augen, die Kirks
Aufmerksamkeit erregten. Sie waren groß und strahlend – es waren die ausdrucksvollsten
Augen, die er je in seinem Leben gesehen hatte.
Kirk bewegte sich vorsichtig auf die Fremde zu. »Ich bin Captain James Kirk von der U. S.
S. Enterprise.« sagte er. Er machte eine Geste zu den anderen hin. »Das ist mein
Wissenschaftsoffizier, Mr. Spock, und dies ist Doktor McCoy, der Bordarzt. Wir wollen Ihnen
nichts tun.« Noch immer von den Augen fasziniert, machte er eine Pause. »Leben Sie hier? Ist
dies Ihre Heimat?«
Sie antwortete nicht.
»Spock, Analyse!«
»Nach unseren Kenntnissen von der Schwerkraft und anderen Umweltbedingungen auf
diesem Planeten hätte eine Lebensform wie sie hier nie entstehen können«, sagte McCoy.
»Ich stimme Ihnen zu, Doktor«, sagte Spock. »Sie stammt offenbar nicht von diesem
Planeten.«
»Warum sind Sie hier?« fragte Kirk.
Sie zuckte die Schultern. Er wiederholte seine Frage etwas dringlicher. »Sind Sie dafür
verantwortlich, daß wir hergebracht wurden?« Trotz ihrer schönen Augen wurde er ärgerlich.
»Sie müssen doch wenigstens wissen, wie Sie selbst hergekommen sind!«
Sie fuhr zurück. Kirk merkte, daß er sie verängstigt hatte, und sprach in sanfterem Ton. »Sie
brauchen keine Angst zu haben«, sagte er leise. »Fürchten Sie sich nicht vor mir.« Sein
Beruhigungsversuch hatte keine Wirkung auf sie. Er wandte sich an McCoy. »Pille, was ist los
mit ihr?«
McCoy sah von seinem Tricorder hoch. »Sie ist stumm… Sie hat keine Stimmbänder. Und es
sieht nicht wie ein pathologischer Befund aus.«
»Erkläre das deutlicher.«
»Soweit ich es beurteilen kann, ist sie vollkommen gesund. Was das andere betrifft, glaube
ich, daß die fehlenden Stimmbänder für ihre Rasse völlig normal sind, um welche Rasse es sich
auch handelt.«
»Eine Rasse von Stummen – wie die Zivilisation auf Gamma Vertis 4?«
»Das ist meine Meinung.«
»Wie kann sie uns, ohne selbst eine Sprache zu besitzen, verstehen? Doch nur, wenn sie eine
Telepathin ist. Könnten Telepathiekräfte benutzt worden sein, uns hierher zu bringen?« Spock
sagte: »Das ist ziemlich unwahrscheinlich, Captain. Mehr als 88 % der bekannten telepathischen
Rassen senden und empfangen Gedanken anderer Wesen. Sie hat keinen Versuch unternommen,
uns telepathisch zu kontaktieren.«
Kirk sah das Mädchen einen Augenblick lang intensiv an. Dann fuhr er sich mit der Hand an
die Stirn und legte sie auf die pochende Wunde. Als er sich mit schmerzgequältem Gesicht auf
die Couch gleiten ließ, bemerkte McCoy eine Regung im Gesicht des Mädchens, die ihn
ausrufen ließ: »Wir können sie nicht ewig als ›sie‹ bezeichnen. Ich werde sie ›Gem‹ nennen,
denn die Bezeichnung für einen gefaßten Edelstein paßt zu ihr.«
Kirk stand wieder auf. »Ich will wissen, warum wir hier sind und um was es hier geht. Das
Mädchen weiß es vielleicht. Spock, versuchen Sie die vulkanische Gedankenübertragung.«
Spock nickte, trat auf die Fremde zu und streckte die Arme aus, um sie zu berühren. Aber bei
seiner Annäherung wurde sie von heller Panik ergriffen. Spock berührte ihren Arm und fuhr
zurück.
»Ihr Gehirn funktioniert nicht wie das unsere. Ich hatte das Gefühl, als ziehe sie mein
Bewußtsein wie mit einem starken Magneten an sich. Aus ihr werden wir nichts
herausbekommen.«
Hoch über ihren Köpfen war eine halbkreisförmige Konstruktion angebracht. Und dort oben
standen zwei Gestalten. Sie standen weit auseinander, so, als ob sie die Szene unter ihnen von
verschiedenen Blickpunkten aus begutachten wollten. Und plötzlich setzten die Orgelklänge
wieder ein.
Kirk, Spock und McCoy warfen sich gleichzeitig herum. Langsam schritten die beiden
Gestalten von der Empore herunter. Sie waren groß und in lange, wallende Gewänder gehüllt.
Ihre Gestalten wirkten ungemein kräftig, muskulös und gewandt, aber sie hatten uralte Gesichter
und kahle Köpfe. In ihren Augen stand eisige Entschlossenheit. Jede Gestalt trug einen seltsamen
silbernen Gegenstand in der rechten Hand. Er war T-förmig. Ohne die drei Männer zu beachten,
schritten die beiden auf Gem zu, die nun auf dem Boden kauerte. Und das Trio von der
Enterprise sprang herbei und stellte sieh schützend vor das Mädchen.
Kirk sagte: »Ich bin…«
Er wurde unterbrochen. Die linke der beiden Gestalten sagte:
»Uns ist Ihre Identität bekannt, Captain.«
»Wer sind Sie? Wer hat uns hierhergebracht?«
Die Stimme war kalt wie der Tod. »Wir sind Vianer. Mein Name ist Lal. Dies ist Thann.«
Sein welker Finger zeigte auf Gem. »Mischen Sie sich nicht ein!«
»Was wollen Sie mit ihr tun?« »Halten Sie uns nicht länger auf!«
Es war Thann, der jetzt gesprochen hatte. Als er vortrat, um auf das Mädchen zuzugehen,
sprang ihm Kirk in den Weg. Lal hob sein silbernes Zeichen, und Kirk wurde hochgehoben und
über die Couch hinweggeschleudert. Beim Aufprall begann seine Kopfwunde wieder zu bluten.
Er wischte sich das Blut aus den Augen und sprang wieder auf die Füße. Dann riß er seinen
Phaser aus dem Gürtel und rief: »Phaser auf Betäubung!« Dann lief er rasch um die Couch
herum und stellte sich vor die beiden Vianer. »Da Sie schon wissen, wer wir sind, müssen Sie
auch wissen, daß wir in friedlicher Absicht gekommen sind. Unsere Primär-Direktive verbietet
uns ausdrücklich, uns in irgendeine Zivilisation einzumischen…«
Die Vianer hielten ihre silbernen Stäbe auf die Männer von der Enterprise gerichtet. Die
Phaser fielen ihnen aus den Händen und lösten sich in Luft auf. Sie versuchten, Gem zu
erreichen – und ein sprühendes, farbiges Kraftfeld baute sich um sie auf.
Thann beugte sich über das Mädchen und berührte mit seinem Stab ihren Kopf. Ein schrilles
Pfeifen drang aus dem Stab. Die Männer sahen, wie das Mädchen in unaussprechlichem Grauen
das Gesicht verzerrte. Sie nahmen alle Kräfte zusammen, um sich gegen das magnetische Feld
zur Wehr zu setzen, das sie umgab. McCoy gab sich als erster geschlagen. Dann war Kirk an der
Reihe. Er war schon fast bewußtlos und konnte kaum noch etwas erkennen.
»Pille… Ich… habe das Gefühl, daß ich nicht aufstehen kann…«
»Bleibe ruhig!« rief McCoy mit scharfer Stimme. »Sie auch, Spock! Wehrt euch nicht!
Bewegt euch nicht! Dieses Feld scheint den Metabolismus des Körpers
durcheinanderzubringen…«
Lals kalte Augen hefteten sich auf McCoy. »Nicht ganz, Doktor. Das Feld wird von Ihrer
eigenen Körperenergie gespeist. Je mehr Widerstand Sie leisten, um so stärker wird es.«
Mit einem Kopfnicken winkte er Thann heran. Als er seinen silbernen Stab hoch in die Luft
stieß, erklangen wieder die Akkorde, und die beiden Vianer waren verschwunden. Das
Magnetfeld brach so plötzlich zusammen, daß die drei Männer zu Boden stürzten.
Kirk knirschte mit den Zähnen vor Schmerzen. »Mr. Spock, dieser Raum muß einen
Ausgang haben. Versuchen Sie, ob Sie ihn finden können.«
»Ja, Captain.« Mit seinem Tricorder machte er sich auf, um die Umgebung zu erkunden.
Kirk ging zu Gem hinüber, die auf der Couch lag. »Hat man Sie verletzt?« fragte er sie.
Sie schüttelte den Kopf. Ängstlich faßte sie dann Kirks Hände an. Sofort durchzog ein
Schmerz ihr Gesicht. Sie ließ den Captain los. Aber einen Augenblick später hob sie den Arm,
um seinen Kopf mit dem kleinen Finger zu berühren. Zu seinem Erstaunen sah er, daß auf ihrer
Stirn eine Wunde erschien, die in Größe und Form der seinen genau glich. Er streckte die Hand
aus und berührte vorsichtig die tiefe Wunde. Als er die Hand zurückzog, war sie naß von Blut.
Sie nahm nun seine Hand und hielt sie ruhig fest. Und er wußte, daß seine Wunde verschwunden
war. Er stand rasch auf und fühlte sich plötzlich frisch und erholt.
McCoy starrte ihn ungläubig an. Kirk nickte. »Ja, der Schmerz ist weg. Er verschwand
sofort, als Gem meinen Kopf berührte.«
»Und die Wunde ist vollkommen geheilt. Jim, das Mädchen ist ein Empath! Ihr
Nervensystem ist so hochgradig empfänglich, so empfindlich, daß sie sich im wahrsten Sinne des
Wortes in die emotionalen und physischen Reaktionen anderer hineinfühlen kann. Sie werden zu
einem Teil ihrer selbst.«
Kirk lächelte Gem an. »Was sagt man zu dem, was du für mich getan hast? Vielen Dank?«
»Captain…« Spock war wieder da. Er zeigte nach links. »In dieser Richtung hat mein
Tricorder eine ganze Reihe von Gegenständen registriert, außerordentlich komplizierte,
elektronische Vorrichtungen. Ich verstehe nicht, wieso der Tricorder sie nicht schon lange vorher
angezeigt hat.«
»Aber jetzt scheinen die Gegenstände dort draußen zu sein. Wir wollen prüfen, worum es
sich handelt.« Sie wandten sich zum Gehen. »Wollen Sie nicht mit uns kommen?«
Gem nickte und erhob sich von der Couch.
Wegen der Dunkelheit im Raum kamen sie nur langsam voran. Sie mußten sich zwischen
scharfkantigen, bizarren Felsformationen hindurcharbeiten. Kirk bemerkte weit voraus einen
schwachen Lichtschimmer. Sie näherten sich dem Licht, die Felsen traten zurück, und plötzlich
umgab sie strahlende Helle. Sie standen in einem Raum, der ihnen wie ein riesiges Laboratorium
vorkam. Ein sehr eigenartiges Labor, denn die komplizierten Ausrüstungsgegenstände hingen
mitten in der Luft.
McCoy und Gem, die an seiner Seite stand, betrachteten verwundert einen rätselhaften,
achteckigen, mit Glühbirnen besetzten Gegenstand. Spock war gleich an die Bildschirme
gegangen. Kirk hatte einen flüchtigen Blick auf eine Schaltkonsole geworfen und war dann in
den Teil des Raumes vorgedrungen, der von dem Licht nur noch spärlich erhellt wurde. Ein
plötzlicher Glanz ließ ihn zusammenfahren. Der Glanz erleuchtete eine hintere Ecke des Labors.
Kirk zuckte zurück. In seinen Augen lagen Grauen und Angst. »Spock… Pille! Seht dort!«
Zwei große Reagenzgläser hingen von der Decke. In ihnen erkannten die Männer die Leichen
von Linke und Ozaka. Ihre Gesichter waren schmerzverzerrt. An den Reagenzgläsern waren
Schilder angebracht. Auf dem einen stand »SUBJEKT: OZAKA«, auf dem anderen »SUBJEKT:
LINKE«
McCoys Stimme riß Kirk aus seiner Entsetzensstarre. Der Doktor rief: »Jim! Spock!«
Sie rannten sofort zu ihm hinüber. Wortlos deutete er auf drei leere Reagenzgläser mit den
Aufschriften: McCOY – SPOCK – KIRK.
Hohl dröhnten die wütenden, sonoren Orgelklänge durch den ganzen Raum. Die Männer von
der Enterprise warfen sich herum. Lal stand vor ihnen, seinen T-förmigen Silberstab erhoben. Er
ließ seine Blicke kalt über die Gesichter der Männer gleiten. »Wir haben den Zeitplan genau
eingehalten. Es sind aber noch einige weitere einfache Tests erforderlich.«
»Wir haben gerade die Ergebnisse einiger Ihrer Tests gesehen!« schrie McCoy.
»Und wir haben die Leichen unserer vermißten Männer gefunden!« brüllte Kirk. »Ein
weiteres Ihrer Experimente?«
»Sie irren«, sagte Lal gleichmütig. »Sie sind an ihren eigenen Unzulänglichkeiten zugrunde
gegangen. Sie waren keine geeigneten Test-Objekte. Kommen Sie, wir haben nicht viel Zeit.«
»Ihre Zeit ist fast abgelaufen!« schrie Kirk. »Dieser Stern tritt in seine Nova-Phase ein. Und
dann endet seine Existenz. Dann enden auch Sie und Ihre wahnwitzige Folterkammer! Und was
Ihre Experimente anbetrifft…«
Die drei warfen einander schnelle Blicke zu. Kirk und McCoy gingen langsam auf den
Vianer zu. Er wich sofort zurück, aber die Männer umkreisten ihn von allen Seiten. Es gelang
Spock, seinen berühmten vulkanischen Griff anzubringen, und Lal brach zusammen. Spock
nahm ihm seinen silbernen Stab fort. Als er sich wieder aufrichtete und den Stab schon in der
Hand hielt, summte sein Tricorder. Er nahm ihn auf und sagte: »Die Messungen ergeben, daß der
Ausgang zur Oberfläche in jener Richtung zu suchen ist, Captain.« Er zeigte nach rechts.
Als die drei Männer die Schreckenskammer verlassen hatten, erhob sich Lal mit einiger
Mühe. Inzwischen war Thann bei ihm eingetroffen. Schweigend standen sie nebeneinander, und
ihre kalten, unheimlichen Augen starrten in die Richtung, in der die Männer verschwunden
waren.

Spock hatte den Ausgang zur Oberfläche gefunden. Die Männer mußten sich ungefähr
zwanzig Minuten lang sehr anstrengen, um sich über die Felsbrocken hinweg ihren Weg ins
Freie zu bahnen. Das Mädchen Gem war bei ihnen. Der rote Himmel war verhangen, und der
Wind blies noch schärfer als vorher. Kirk ergriff seinen Kommunikator. »Kirk an Enterprise.
Bitte kommen.« Er erhielt keine Antwort. Das Sternenschiff befand sich noch außerhalb der
Reichweite der Kommunikatoren. Er hängte sich das Gerät wieder an den Gürtel und sah, daß
Spock sich wieder intensiv mit seinem Tricorder beschäftigte.
»Bericht, Mr. Spock?«
Spock blickte hoch. »Die Forschungsstation ist von unserem Standort genau sechs Kilometer
entfernt, Captain. Wir müssen uns geradeaus halten.«
»Wir wollen die Station so schnell wie möglich erreichen«, sagte Kirk. »Falls das Schiff
einen Suchtrupp ausgeschickt hat, wird er sich dort bestimmt in der Nähe aufhalten.« Er nahm
Gems Hand, und gemeinsam kämpften sie sich gegen den scharfen Wind vorwärts.
Kirk legte die Hand über die Augen und starrte angestrengt durch die Sandwolken. »Wie
weit noch?« fragte er Spock.
»Die Station liegt vor uns, Sir.«
McCoy stieß einen lauten Schrei aus. »Jim, sehen Sie denn nicht? Da ist Scotty mit einem
Suchtrupp!«
Vor der Metallbaracke stand tatsächlich Scott mit zwei Leuten vom Sicherheitspersonal. Die
Leute winkten und schrien, aber der Wind riß ihnen die Worte vom Mund.
»Scotty! Scotty!« brüllte Kirk.
Er rannte vorwärts und merkte plötzlich, daß Gem zurückgeblieben war. Er schaute sich um
– und sah die Vianer. Sie standen auf einem Felsen und beobachteten die Szene.
Gem lag am Boden. Ihr schneeweißes Gesicht war schweißbedeckt. Sie keuchte vor
Anstrengung. Kirk hob sie auf und stieß sie vorwärts. So folgten sie Spock und McCoy.
Der Captain rannte den Vianern entgegen, um den Rückzug der anderen zu decken.
Lal redete auf Thann ein: »Ihr Überlebenswille ist außerordentlich stark entwickelt.«
»Sie lieben das Leben wohl sehr, wenn sie so darum kämpfen.«
Lal nickte. »Es ist ihre stärkste Motivation«, sagte er bedeutsam. Er zeigte mit seinem
Silberstab auf den heranstürmenden Kirk, und der Captain der Enterprise fühlte sofort seine
Kräfte schwinden. Taumelnd schaffte er es bis zum Fuß des Felsens, auf dem die Vianer standen.
Dann sank er kraftlos zu Boden.
Als er die Augen wieder öffnete, blickte er in die Gesichter der Vianer, die sich über ihn
beugten. Mit aller Gewalt bekämpfte er seine, Müdigkeit und rief: »Was tut ihr hier? Wo ist
Scotty?«
»Mr. Scott und seine Leute waren nur ein Trugbild, Captain.« Die Vianer schienen über
unerschöpfliche Möglichkeiten zu verfügen.
»Wir sind zum Entschluß gekommen, daß einer für unsere Zwecke ausreicht. Sie werden uns
begleiten, Captain Kirk.«
Kirk hatte sich etwas erholt und sprang auf die Füße, »Und die anderen?«
»An den anderen sind wir nicht mehr interessiert. Sie können gehen.« Wieder war Lal der
Sprecher.
McCoy stand neben Spock. Er sah Kirks erleichtertes Aufatmen und rief: »Du darfst da nicht
mitgehen. Du wirst so enden wie die beiden Wissenschaftler.«
Ohne sich auch nur ein einziges Mal umzusehen, betrat Kirk den Abhang, der zum Felsen
hinaufführte. Spock, McCoy und Gem folgten.
Oben war der Felsen flach wie ein Tisch. Als Kirk auf die Vianer zuging, fragte Lal: »Sind
Sie bereit?«
»Ja, lassen Sie es uns gleich erledigen!« Kirk blickte in die kalten, ausdruckslosen Augen der
Vianer – und ein furchtbarer Verdacht ließ ihm das Blut in den Adern gefrieren. Er wandte sich
um. Spock und McCoy waren wie vom Boden verschluckt. Eine Sekunde lang stieg heiße Wut in
ihm auf, so daß er nicht sprechen konnte. Dann sagte er: »Wo sind meine Freunde?«
»Sie sind in Sicherheit.«
»Wo sind sie? Sie sagten, sie würden freigelassen! Sie sagten, Sie brauchten nur einen von
uns. Und das bin ich! Lassen Sie die anderen gehen!«
Thann nickte Lal befriedigt zu. »Wirklich! Es ist das stärkste Motiv!«
Kirk zitterte vor Wut. »Die Motive sind mir egal! Wo sind meine Leute?« Er stürzte sich auf
Thann. Der hob den Silberstab, und noch im Sprung wurde Kirk bewußtlos.
Die Enterprise hatte ihre eigenen Schwierigkeiten. Der Sonnensturm hatte sich noch nicht
gelegt. Besorgt wandte sich Sulu an Scott, der in Kirks Kommandosessel saß, und sagte: »Die
Konzentration der kosmischen Strahlen ist noch immer zu hoch, um wieder in eine Umlaufbahn
um den Planeten einzuschwenken, Sir.« Scott ging zu ihm hinüber. »Das gefällt mir überhaupt
nicht, Mr. Sulu. Ständig einer solchen Strahlendosis ausgesetzt zu sein, könnte unserem
Lebenserhaltungssystem und anderen lebenswichtigen Systemen außerordentlich schaden.«
»Soll ich den Kurs ändern, um auszugleichen, Sir?«
»Noch nicht.« Scott schlug auf den Interkom. »Brücke an alle Stationen. Gegenwärtige
Position außerhalb des Minarischen
Systems wird beibehalten. Jedes Ansteigen der Strahlungsintensität sofort an Brücke melden.
Medizinische
Station und Lebenserhaltungsstation bleiben in Alarmbereitschaft.« Er ließ seinen Sessel zur
Ruderstation herumschwingen und sagte: »Mr. Sulu, haben Sie eine Schätzung, wie lange diese
Sonnenausbrüche noch dauern können?«
Sulu prüfte seine Instrumente und bewegte einige Hebel an seiner Konsole. »Die Messungen
ergeben jetzt 2,721 nach der Van-Allan-Skala. Bei der augenblicklichen Abnahmerate müssen
wir mindestens noch siebzehn Stunden warten, bevor wir in die Umlaufbahn einschwenken
können.«
Scott nickte mürrisch. »Solange wir hier draußen sind und nichts unternehmen können,
sollten wir uns ruhig ein wenig entspannen und in Ruhe abwarten, bis der Sturm vorüber ist.«
»Er dauert jetzt schon vier Stunden länger, als wir angenommen haben, Sir. Glauben Sie, daß
unser Landekommando möglicherweise in Gefahr ist?«
»Nein, Mr. Sulu. Die Atmosphäre des Planeten bietet ihnen mit Sicherheit ausreichenden
Schutz. Wie ich Captain Kirk kenne, macht er sich mehr Sorgen um uns, als wir uns um ihn…«
Kirk hatte seinen Oberkörper entblößen müssen. Seine Arme waren weit ausgebreitet über
seinem Kopf gefesselt. Er war schweißnaß. Gem klammerte sich an einen Labortisch und
zitterte.
»Okay«, sagte Kirk. »Was wollen Sie wissen?«
»Ich brauche keine Informationen in dem Sinne, den Sie dem Begriff unterlegen. Ihre
Zivilisation ist noch zu unterentwickelt, um Kenntnisse zu besitzen, die für uns von Wert sein
könnten«, sagte Lal.
Kirk hob den Kopf. »Wenn unser Wissen keinen Wert für Sie hat, warum töten Sie dann, um
es zu erlangen? War das nicht Linkes und Ozakas Schicksal?«
Thann trat einen Schritt näher an ihn heran. »Wir haben sie nicht getötet! Ihre eigene Angst
hat sie umgebracht.«
»Was genau haben Sie von den Männern erwartet, und was wollen Sie von mir?«
»Wir haben schon die Intensität Ihrer Leidenschaften beobachtet, Captain. Wir haben Ihre
Fähigkeit gemessen, andere zu lieben. Und nun wollen wir Ihren Mut und Ihre Willensstärke
testen.«
Kirk wurden die Schultern lahm. »Warum?« fragte er mit gesenktem Kopf. »Was hofft ihr
damit zu beweisen? Wenn… wenn mein Tod irgendeinen Sinn haben soll, dann sagen Sie mir
doch wenigstens, warum ich sterben soll.«
Lal hob den Kontrollstab. Ein Lichtschimmer umspielte Kirks schwankende Gestalt. Drüben
am Tisch geriet Gem ins Taumeln.

Das Transportgerät der Vianer hatte Spock und McCoy in die Arena zurückbefördert. McCoy
folgte Spock, als der Vulkanier wieder seinen Tricorder einsetzte. »Der Ausgang war vorhin da,
er muß auch jetzt noch vorhanden sein!«
Spock antwortete: »Ich bekomme nicht mehr die gleichen Werte wie vorhin, Doktor. Von
hier aus kann ich keinen Ausgang finden.«
Vor der Couch flammte wieder das helle, kreisförmige Licht auf. Der Lichtstrahl wurde
immer breiter, und Kirks und Gems Gestalten waren zu erkennen. Die Handgelenke des Captains
waren aufgescheuert und bluteten, die Adern an seinem Hals waren blaugeschwollen. Als Spock
und McCoy auf ihn zurannten, warf die Stärke des Magnetfeldes sie zurück.
»Jim, was haben sie mit dir gemacht?«
Innerhalb des Feldes hatte Gem seine blutenden Hände in die ihren genommen. Ihr Gesicht
und ihr ganzer Körper zuckten und wanden sich vor Schmerz. Und wieder erschienen bei ihr die
Stigmata, die an Aussehen und Größe genau Kirks Wunden entsprachen. Sie fuhr zurück, und
die Male verschwanden von ihren Handgelenken. Zögernd sah sie Spock und McCoy an.
McCoy versuchte nicht mehr, Kirk zu erreichen. »Hilf ihm, Gem«, bat er das Mädchen.
»Habe keine Angst, ihm zu helfen.«
Ihre Augen blieben auf ihn gerichtet. Wieder nahm sie Kirks blutende Handgelenke – und
wieder begannen ihre eigenen zu bluten. Sie ignorierte jetzt ihren eigenen Schmerz. Sie kniete
sich auf den Fußboden und bettete Kirks Kopf in ihren Schoß. Dann massierte sie ihm vorsichtig
Hals und Schultern. Erneut sah man die wunderbare Wirkung ihrer Berührungen. Seine
Schmerzen waren sichtlich gelindert. Behutsam ließ sie seinen Kopf zu Boden gleiten. Dann
bewegte sie sich ein Stückchen von ihm fort. Sie war zu schwach, um aufzustehen. Kirk streckte
eine Hand nach ihr aus.
Das magnetische Feld brach zusammen. Spock und McCoy eilten zu den beiden hin. Noch
benommen versuchte Kirk aufzustehen. »Gem?« flüsterte er.
»Bleib ruhig liegen«, empfahl McCoy. »Ich kümmere mich um sie.«
Er mußte sie zur Couch tragen. Ihre Augen waren geschlossen. Ungläubig starrte McCoy
seinen Diagnose-Tricorder an. Der Körper, den er auf die Couch gelegt hatte, war fast
transparent gewesen, so als wäre alles Leben aus ihm geschwunden. Und nun nahm er vor seinen
Augen wieder feste Gestalt an. Lächelnd schaute Gem den Arzt an. Er strich ihr das weiche Haar
aus der Stirn und ging zu Kirk hinüber.
»Wie ist ihr Befinden?« Kirk hatte sich aufgerichtet. »Es scheint ihr wieder gutzugehen.«
»Pille, kannst du mir erklären, was geschehen ist?«
»Gem ist funktional ein totaler Empath. Ihr Nervensystem war an das deine angeschlossen,
und sie hat mit ihrer Kraft deine physiologischen Reaktionen praktisch selbst erlebt.«
»Es hat sie geschwächt«, sagte Kirk. »Das konnte ich spüren. Ist diese Fähigkeit für sie
lebensgefährlich?«
»Das kann ich bis jetzt unmöglich sagen.«
»Hätte die Anstrengung sie wirklich töten können?« Kirk war hartnäckig.
»Ich nehme an, daß ihr Selbsterhaltungstrieb ein solches Mißgeschick verhindert hätte. Jim,
wie fühlst du dich jetzt?«
»Müde… entsetzlich müde.«
»Captain, erinnerst du dich an alles, was geschehen ist?« Kirk sprach langsam. »Ich bin nicht
ganz sicher. Ich erinnere mich an das Labor… ich wollte irgend etwas wissen. Was es war, weiß
ich nicht mehr. Was ist los mit dir, Pille?«
Stirnrunzelnd arbeitete McCoy mit seinem Tricorder. »Du hast alle Symptome der
Taucherkrankheit. Stickstoff in deinem Blut hat die Schmerzen verursacht. Aber wieso hast du
ausgerechnet hier die Taucherkrankheit bekommen?«
»Das mußt du die Vianer fragen.« Seine Stimme klang wieder kräftig. »Werde ich es
überleben?«
»Eigentlich müßten wir dich vorläufig in eine Unterdruckkammer stecken. Nichtsdestotrotz
ist deine Wiedergenesung beinahe ein Wunder. Ich wollte, ich könnte behaupten, dafür
verantwortlich zu sein, aber Gem hat die Hauptarbeit geleistet.«
Spock betrachtete eingehend den silbernen Kontrollstab der Vianer, den er Thann
abgenommen hatte. »Captain, ich habe bemerkt, daß ein Lichtkreis vor Ihnen herschwebte, als
Sie wieder hierhergebracht wurden. Ich vermute, daß dieses Licht ein Energie-Umsetzungspunkt
ist, der dieses Gerät mit der Energiequelle verbindet.«
»Können Sie diese Energiequelle anzapfen?« fragte Kirk. »Wenn ich die Frequenz wüßte,
könnte ich dieses Ding zum Funktionieren bringen.«
»Und uns genauso aus dieser Höhle befreien, wie wir hineingeraten sind?«
»Das würde ich sagen, Captain.«
»Dann machen Sie sich an die Arbeit, Mr. Spock.«
Aber schon hörten sie die Orgelklänge, die regelmäßig eine neue Hinterlist der Vianer
anzukündigen pflegten. Die beiden Wesen in den langen Gewändern standen außerhalb des
Lichtkreises, der immer noch vor Gems Couch leuchtete.
Lal redete Kirk an. »Man nennt Sie ›CAPTAIN‹. Sie sind verantwortlich für Ihre
Mannschaft. Stimmt das?«
»Es stimmt«, sagte Kirk.
Thann trat vor. »Es hat sich erwiesen, daß wir die Hilfe eines Ihrer Männer benötigen, um
unsere Bemühungen zum Erfolg zu führen.«
»Wir werden Ihnen nicht helfen«, sagte Kirk.
Lal fuhr fort, als sei er nicht unterbrochen worden. »Wenn wir unsere Befragungen wieder
aufnehmen, werden Sie bestimmen, welchen Ihrer Männer wir verwenden können. Die
Wahrscheinlichkeit, daß der Doktor sterben wird, liegt bei siebenundachtzig Prozent.
Commander Spocks Leben ist nicht in Gefahr, aber die Wahrscheinlichkeit besteht, daß er einen
Hirnschaden erleidet, der zu bleibendem Wahnsinn führt.«
Die Vianer verschwanden.
Kirk war von den erlittenen Mißhandlungen noch immer geschwächt. Er setzte seine ganze
Hoffnung auf den Silberstab, den Spock Thann abgenommen hatte. Er durchquerte den Raum
und blieb vor Spock stehen, der sich bemühte, die Betriebsfrequenz des Geräts zu ermitteln.
»Nun, haben Sie Erfolg?«
»Ich weiß nicht, Captain, ich beginne das Prinzip zu verstehen, nach dem das Gerät
funktioniert – das ist bis jetzt alles.«
McCoy trat zu den anderen. »Spock, es wird nicht mehr lange dauern, bis die Vianer
zurückkommen. Stellen Sie fest, wie das Ding arbeitet, und zwar schnell!«
»Immer nur mit der Ruhe, Pille«, meinte Kirk.
Spock sah von seinem T-förmigen Silberstab auf. »Doktor, ich habe meine Theorien und
Verfahrensweisen auf dem Tricorder aufgezeichnet. Sollten die Vianer zurückkommen,
haben Sie genügend Daten, um meine Arbeit zu Ende zu bringen.«
McCoys Gesicht wurde rot vor Ärger. »Ich bin kein Mechaniker! Ich kriege das Ding nicht
hin, und wenn Sie noch soviel aufgezeichnet haben.«
»Möglich. Aber Sie und der Captain zusammen könnten es schaffen, davon bin ich
überzeugt.«
»Wie immer dem auch sei, Spock, es ist ohnehin logisch, daß Sie mit dem Captain gehen. Ich
bin der Mann, den die Vianer für ihr Experiment benötigen.«
Kirk mischte sich ein. »Wenn hier Entscheidungen getroffen werden, dann nur von mir!«
Gem hatte gebannt zugehört. Müde setzte Kirk sich neben sie auf die Couch. Die
körperlichen und geistigen Anstrengungen, die er hinter sich hatte, hatten seine letzten
Kraftreserven erschöpft. Er stützte den Kopf in die Hände und schloß die Augen. Der Arzt ging
mit einer Spritze auf ihn zu, und als McCoy die Injektion vornahm, zuckte Kirk zusammen.
»Was soll das, Pille? Ich brauche keine…«
»Noch bin ich leitender Bordarzt der Enterprise, Captain. Oder willst du deine
Taucherkrankheit behalten? Lege dich ein wenig hin, damit die Injektion besser wirken kann.
Gem, bleibe bei ihm und paß auf ihn auf.«
Kirk legte sich hin. Er war zu müde, um noch zu widersprechen. Als seine Atemzüge ruhiger
und regelmäßiger wurden, nickte McCoy befriedigt. Wieder sah Spock von seiner Arbeit auf.
»Wie lange wird er schlafen?«
»Er hat heute schwere seelische Belastungsproben erlebt, und auch die Krankheit hat ihn sehr
mitgenommen. Es ist besser, wenn er eine Weile schläft.«
»Ich will Ihre Verhaltensweise nicht kritisieren, Doktor, ich bin Ihnen sogar dankbar, denn
nun erlebt er nicht die seelische Belastung der schwerwiegenden Entscheidung, die er hätte fällen
müssen. Sie haben die Situation sehr vereinfacht.«
McCoy sah ihn mißtrauisch an. »Inwiefern?«
»Während der Captain schläft, habe ich das Kommando. Und wenn die Vianer
zurückkommen, werde ich mit ihnen gehen.« Entgeistert starrte McCoy auf seine Spritze. »Sie
meinen, wenn ich ihm diese Injektion nicht gegeben hätte…?«
»Genau. Dann hätte die Entscheidung beim Captain gelegen. Nun entscheide ich.« Er beugte
sich über den Kontrollstab, und sein Gesicht war so ausdruckslos wie immer. McCoy ging zu
Kirk hinüber. Sorgfältig verstaute er die Spritze wieder in seiner Bereitschaftstasche. Er fluchte
leise und sah Spock böse an. Kirk wälzte sich ruhelos auf seinem Lager. Er schien zu träumen.
Gem hatte sich inzwischen von der Couch erhoben. Ihr war der wütende Blick des Arztes nicht
entgangen. Sie bewegte sich lautlos, bis sie zwischen Kirk und Spock stand. Spock sah zu Kirk
hinüber, zögerte und nahm seine Arbeit wieder auf. Gem trat auf ihn zu und berührte seine
Schulter. Er blickte nicht auf. In ihren Augen lag bewundernde Liebe. Sie hatte dem Streit
gelauscht und Spock durchschaut. Hinter der kalten, logischen Fassade, die Spock der Welt
zeigte, hatte sie etwas entdeckt, was er immer sorgfältig verbarg: seine Gefühle für seinen
Captain und für McCoy.
McCoy hatte Gems Blicke genau beobachtet und wußte, was in dem Mädchen vorging. Sein
eigener Gesichtsausdruck veränderte sich, als er seine Entscheidung getroffen hatte.
Vergebungheischend blickte er den immer noch teilnahmslos wirkenden Spock an und nahm
seine Spritze aus der Tasche. Er ging zu Kirk hinüber, wie um ihn zu untersuchen. Plötzlich aber
wirbelte er herum und gab Spock eine Injektion.
Der Vulkanier starrte den Arzt wütend an. Er hatte begriffen. »Ihre Handlungsweise ist
äußerst unethisch! Mein Entschluß steht fest! Ich habe das Kommando und…« Er sackte
zusammen.
McCoy legte ihm die Hand auf die Schulter. »Diesmal nicht, Spock«, sagte er sanft.
Die Orgelklänge dröhnten erneut durch den Raum. Die Vianer waren zurückgekommen.
McCoy sprach schnell. »Die Wahl ist getroffen.« Er reichte Gem die Hand. »Bleibe bei
meinen Freunden. Sie werden für dich sorgen.« Er wandte sich ab. »Verstehst du mich, Gem?«
Sie sah ihn nur an. Thann wechselte ein paar kurze Worte mit Lal und sagte: »Kommen Sie
bitte.«
McCoy ging zu ihnen. Dann schaute er zu Kirk und Spock zurück, die nun beide schliefen.
Sein Blick war ein schweigender Abschied. Gems schöne Augen füllten sich mit Tränen,
während McCoy den Vianern folgte.

Die Vianer fesselten McCoy und plazierten ihn so, daß er das große, leere Reagenzglas vor
Augen hatte, an dem sein Name stand.
Sie waren Meister in der Kunst, die Spannung anzuheizen. Lal hielt eine Ansprache.
»Doktor, verstehen Sie bitte eines: Wenn es für uns eine andere Möglichkeit gäbe, unseren
Zweck zu erreichen, würden wir sie anwenden.«
McCoy fühlte, wie ihm die Halsadern schwollen. »Machen Sie doch weiter!« herrschte er sie
an.
Sie traten auf ihn zu. Thann hob einen Kontrollstab.

Mit leichenblassem Gesicht ging Kirk in der Arena auf und ab. »Spock, wie konnten Sie das
nur zulassen?«
Die ruhige Stimme antwortete: »Ich wurde mit derselben Methode überzeugt wie Sie,
Captain – mit der Spritze des guten Doktors.« Spock sah auf, und die Augen der beiden Männer
trafen sich. Eine Botschaft wurde zwischen ihnen ausgetauscht. Kirk nickte leicht. Genau wie
Spock hatte er McCoys Selbstlosigkeit erkannt, mit der er sich für seine Freunde opfern wollte.
Dann erklang aus Spocks Kontrollstab eine mißtönende Dissonanz. Kirk eilte auf ihn zu und
fragte: »Klappt es?«
Spock lehnte sich zurück und betrachtete den Stab mit Bewunderung. Dann reichte er ihn
Kirk und sagte: »Ein höchst ungewöhnliches Instrument. Es ist eine Kontrolleinheit, aber kein
Kontrollmechanismus. Es ist eigentlich ein mechanisches Gerät.«
»Was ist es nun genau?«
»Die Steuerung ist lediglich auf ein elektrisches Energiemuster abgestimmt, und zwar auf das
Muster, das den Gehirnströmen des Besitzers entspricht.«
»Kann das Gerät anders eingestellt, oder kann es neu auf das Muster unserer Gehirnströme
abgestimmt werden?«
»Das versuche ich zu tun.« Spock machte eine Pause. »Man kann die Steuerung allerdings
zur Zeit nur auf ein einziges Muster abstimmen. Da mein eigenes Muster mir am vertrautesten
ist, Captain, werde ich mit Ihrer Erlaubnis…«
»Tun Sie, was Sie unter den Umständen für am meisten erfolgversprechend halten. Was mich
stört, ist, daß die Vianer uns das Gerät gelassen haben.«
Spock nickte. »Das verstehe ich, Sir. Sie wissen, daß wir imstande sind, das Ding zu
begreifen und selbst davon Gebrauch zu machen.«
»Es muß ihnen bekannt sein, daß wir es zur Flucht benutzen wollen.«
Spock nickte. »Der einzige logische Schluß ist, daß sie unsere Flucht wünschen.«
»Aber McCoy wollen sie behalten.« »Das ist offenbar ihre Absicht, Captain.«
Kirk rannte aufgeregt umher. Dann drehte er sich um und schaute Gem an. Langsam ging er
auf sie zu. »Irgendwie bildest du den Mittelpunkt des Geschehens. Du stehst im Brennpunkt
dieser unverständlichen Vorgänge.« Er wandte sich abrupt Spock zu. »Schon bevor wir
herkamen, war sie hier gefangen. Und doch haben sie ihr nichts getan. Sie haben ihr nicht einmal
gedroht.«
»In der Tat, Captain. Alles deutet darauf hin, daß sie für die Zwecke der Vianer von großer
Bedeutung ist.«
»Ja… sie verfolgen einen Zweck, aber welchen?«
Kirk nahm Gems Hand in die seine und sah gespannt in ihr empfindsames Gesicht. »Gem,
unsere Vorgänger, die anderen Männer… sind sie für dich gestorben? Ist dieses ganze Grauen
deinetwegen entstanden?«
Spock unterbrach Kirks Konversation. »Ich bin fertig, Captain. Die Einstellung ist sehr
empfindlich und kann vielleicht nur ein einziges Mal benutzt werden. Aber notfalls hat das Gerät
sogar genug Energie, um uns zur Enterprise zurückzubringen.«
»Bringt es uns auch zu McCoy?« »Wann immer Sie es wollen, Sir.«
Kirk sprach schnell. »Die beste Verteidigung ist ein starker Angriff.
Und ich beabsichtige anzugreifen.«
Vor Gems Couch befand sich immer noch das kreisförmige Licht. Kirk trat in den Kreis
hinein, und Spock folgte ihm. Schweigend schloß Gem sich ihnen an. Sie trug McCoys
Bereitschaftstasche, die sie Kirk reichte. »Richtung Labor«, sagte der Captain zu Spock.
Spock starrte auf den Stab, den er in der Hand hielt. Die Arena verschwand, und sie fanden
sich im Labor wieder. Dann sahen sie wie betäubt, was sie sehen mußten.
McCoy hing schlaff an den Seilen, die von der Decke baumelten. Sein Gesicht war
zerschlagen. Blut strömte aus seinen offenen Wunden und durch die Fetzen seiner Uniform.
Kirk durchbrach als erster den Bann des Grauens. Er rannte zu dem gefolterten Körper
hinüber.
Kirk hob McCoy an, und Spock löste die Fesseln. Dann trugen sie den Doktor zu einem
Tisch und legten ihn vorsichtig darauf. Kirk betastete eines seiner zerfetzten Handgelenke. »Er
hat fast keinen Puls mehr.« Spock stand am Kopfende und machte den Diagnose-Tricorder klar.
»Spock, was sagen die Werte aus?«
»Herz schwer verletzt… Anzeichen für beidseitige Lungenembolie… schwerer
Kreislaufkollaps.«
Von der Ecke aus, in der sie hockte, beobachtete Gem jede Bewegung der beiden Männer.
Unter der grellen Laborbeleuchtung wirkte McCoys Gesicht völlig farblos. Seine Lippen zeigten
ein fahles Blau. Er öffnete die Augen und starrte leer gegen die Decke. Doch dann bewegten sich
die Pupillen.
Kirk fand etwas Wasser. Er hob McCoys Kopf an und flößte dem Mann ein wenig von der
Flüssigkeit ein. »Versuche nicht zu reden, Pille«, sagte er, als der gepeinigte Mann die
zerschlagenen Lippen zum Sprechen öffnete. »Denke auch nicht! Bleibe nur ganz ruhig liegen,
bis wir dich wieder zum Schiff hinaufbeamen können.«
»Captain…«
Etwas in Spocks Tonfall rief Kirk zu erhöhter Wachsamkeit. »Was ist denn los?«
Mit sichtbarer Anstrengung blickte Spock vom Tricorder auf und flüsterte: »Captain, ich…
Er stirbt.«
»Nein! Sie können nicht sicher sein, Sie sind doch kein Arzt!«
McCoy flüsterte: »Er hat recht, Jim.« Ein Hustenanfall schüttelte den Schwerverletzten. Kirk
stützte seinen Kopf, bis der Anfall vorüber war. Dann riß er ein Stück von McCoys zerfetztem
Hemd ab, tauchte es ins Wasser und kühlte dem Sterbenden damit die Stirn.
»Danke, Jim…«
Kirks Gesicht schien plötzlich um zehn Jahre gealtert. Er sah Spock an. »Wie lange noch?«
Spock zögerte, aber von McCoy kam ein schwaches Nicken. Spock sagte: »Es kann jeden
Augenblick zu Ende gehen, Captain.«
McCoy lächelte wieder sein schwaches Lächeln. »Das ist die korrekte Sprache der
Mediziner, Spock, nicht wahr?« Wieder mußte er husten. Als der Anfall vorüber war, lag McCoy
reglos da.
»Doktor!« Spock griff ihm an die Halsschlagader. Er fand sie. Er legte McCoy kurz die Hand
an den Kopf und richtete sich auf. McCoy öffnete die Augen und sah Spock an, dann krampfte
sich sein Gesicht schmerzhaft zusammen. Er wand sich vor Qualen und begann wieder zu
husten.
»Können wir denn nichts tun?« fragte Kirk.
»Leider nicht, Captain.« Während Spock sprach, wurde McCoy bewußtlos.
Kirk rief: »Gem!« Beide wandten sich ihr zu. »Gem könnte ihm helfen!« rief Kirk. »So, wie
sie mir geholfen hat!«
Sie hockte in ihrer Ecke. Beim Anblick des vor Angst zitternden Mädchens zögerte Kirk.
»Wenn sie ihn nur etwas kräftigen könnte, ihn daran hindern, noch weiter dem Tod
entgegenzusinken. Dann könnten wir weitermachen nach seinen eigenen Anweisungen.«
Sie gingen auf das Mädchen zu, als die schrecklichen Orgelklänge den Raum erfüllten.
Erneut waren sie im Magnetfeld gefangen.
Die Arme der Vianer waren in namenloser Drohung hoch erhoben. Lals Silberstab war auf
die kleine Menschengruppe gerichtet. »Wir werden keine Einmischung zulassen!« rief er.
Aus dem Magnetfeld heraus antwortete Kirk: »Sie kann sein Leben retten. Erlaubt uns, ihr zu
helfen, zu ihm zu gehen!« Dies war eine flehende Bitte.
»Sie darf nicht gezwungen oder gedrängt werden, die Initiative zu ergreifen.«
»Alles muß ohne äußere Einwirkung vor sich gehen«, fügte Thann hinzu.
»Der Zweck, der uns zusammenbrachte…«, begann Lal. »Welcher Zweck?« schrie Kirk.
»Welchem Zweck kann dieses alles dienen außer der Befriedigung irgendeines eurer krankhaften
Bedürfnisse?«
»Für uns gibt es im Leben nur noch eine einzige Notwendigkeit«, sagte Lal. »Und die besteht
darin, unseren Test bis zum Ende durchzuführen.«
»Seid geduldig«, mahnte Thann.
»Geduldig!« Kirk sprach voll Zorn und Verachtung. »Unser Freund liegt im Sterben!«
»Vielleicht«, sagte Thann.
»Welchem Zweck dient denn der Tod unseres Freundes außer eurem Vergnügen daran?«
Spocks Stimme hatte noch nie so tonlos geklungen. »Sicherlich wissen doch so hochstehende
Wesen wie ihr, daß euer Sonnensystem dem Untergang geweiht ist. Dieser euer Stern nähert sich
seiner Nova-Phase.«
»Wir wissen es«, sagte Thann.
»Dann wissen Sie auch, daß die vielen Millionen Bewohner all seiner Planeten gleichfalls
zum Untergang verurteilt sind.«
Die kalte Stimme Lals sagte: »Deshalb sind wir hier.«
Kirk umschrieb das Labor mit einer Geste. »Dieser schauerliche Ort des Todes, den ihr zu
eurem Vergnügen ersonnen habt – wird er denn die Katastrophe verhindern?«
»Das wird er nicht. Aber er kann Gems Planeten retten. Von allen Planeten von Minara sind
wir in der Lage, nur die Bewohner eines einzigen in Sicherheit zu bringen.« Thann sah Kirk in
die Augen. »Wenn Gems Planet der einzige ist, der gerettet wird, müssen wir ohne den
geringsten Zweifel davon überzeugt sein können, daß seine Bewohner es auch wert sind, gerettet
zu werden.«
»Und wie können Sie das durch den Tod unseres Freundes erreichen?«
»Wir erreichen es nicht durch den Tod Ihres Freundes«, sagte Lal. »Wir erreichen es nur
durch Gems Bereitschaft, ihr Leben für ihn hinzugeben. Ihr wart ihre Lehrmeister.«
»Ihre Lehrmeister? Was hat sie denn von uns gelernt?«
»Den Willen zu überleben, die Liebe zum Leben, den leidenschaftlichen Wissensdurst. Die
Eigenschaften sind nun in ihrem Wesen angelegt.« Er ließ eine lange Pause eintreten. »Jeder von
euch war bereit, sein Leben für andere hinzugeben. Wir müssen feststellen, ob dieser Instinkt auf
Gem übertragen wurde.«
Die ganze Laboreinrichtung bebte. Schwere Erschütterungen ließen den ganzen Raum
erzittern. Thann wandte sich an Lal: »Die Zeit läuft ab.«
Spock betrachtete McCoys geschändetes Gesicht. »Sie hatten recht, Captain. Was hier
geschah, wurde von den beiden veranlaßt. Alles. Dieser Ort war ein einziges großes
Laboratorium, und wir waren nur Gegenstand ihrer Experimente.«
»Nein«, rief Thann. »Wir haben nur die Umstände geschaffen, und sie waren notwendig.«
Lal traf auf Kirk zu. »Ihre Handlungen waren spontan. Was in jeder Art von Lebewesen am
wahrsten und am besten ist, haben Sie enthüllt. Nur mit euren Qualitäten ist eine Zivilisation es
wert zu überleben. Wir sind Ihnen dankbar.«
»Seht!« rief Thann.
Gem hatte ihre Ecke verlassen. Sie bewegte sich durch das Magnetfeld auf McCoy zu, als sei
es gar nicht vorhanden. Sanft strich sie mit den Händen über die Wunden in McCoys Gesicht
und an seinem Körper.
Thann sagte zu Lal: »Dies ist sehr bedeutsam. Ein ihrem ganzen Wesen fremder Instinkt
entsteht in ihr. Wir erleben seine Geburt…«
Lal nickte. »Mitleid für ein anderes Wesen wird Teil ihres Lebens und ihrer selbst.«
McCoys gefährliche Gesichtsverletzungen übertrugen sich auf Gem. Seine Augen öffneten
sich, wenn auch die Pupillen unbewegt blieben. Gespannt wartete Kirk auf irgendeine Bewegung
seines Körpers. Sie erfolgte nicht. Aber die Wunden in seinem Gesicht hatten schon zu heilen
begonnen, und auch Gems Wunden verschwanden. McCoy bewegte den Kopf. Als er Gem
ansah, trat ein Schimmer des Wiedererkennens in seine eben noch glanzlosen Augen.
Gem wurde schwächer. Angst trat in ihre großen, strahlenden Augen. Sie zog sich vom Tisch
zurück und taumelte in ihre Ecke zurück. McCoys Wunden begannen wieder zu bluten.
»Sie will sich selbst retten«, sagte Lal. »Ihr Instinkt reicht noch nicht dazu aus, ihr Volk zu
retten.«
»Es ist fehlgeschlagen«, sagte Thann.
Spock wandte sich an Kirk: »Captain, das Leben des Doktors hängt nicht allein von Gem ab.
Auch die Vianer müssen die Macht haben, ihm das Leben zurückzugeben.«
Lal sprach Spock direkt an: »Der Tod Ihres Freundes ist ohne Bedeutung. Wir müssen
abwarten, ob der Instinkt zur Selbstaufopferung bei ihr stärker ist als der Instinkt zur
Selbsterhaltung.«
Kirk beobachtete weiter und bemerkte wohl den inneren Kampf, den das Mädchen mit sich
selbst ausfocht. Dann las er den klaren Entschluß in ihrem Gesicht. Sie ging zu McCoy zurück.
Mit festen, sicheren Schritten näherte sie sich dem Tisch. Sie kniete nieder und nahm die
schlaffen Hände McCoys in die ihren. Und wieder übertrugen sich seine Wunden auf ihre
Handgelenke. Sein Körper bewegte sich, aber auch diesmal schien alles Leben aus ihr zu
weichen.
McCoy hob den Kopf. »Faß mich nicht an«, bat er sie. »Bleibe weg von mir.«
Er versuchte, sich im Raum zu orientieren. »Jim… Spock… seid ihr beide hier?«
»Ja, Pille.«
»Sie darf mich nicht mehr berühren. Sie wird sterben.«
Er kam mühsam auf die Knie und versuchte, dem Mädchen seine Hand zu entziehen. Die
Anstrengung erschöpfte ihn, und er fiel wieder zurück. Seine Augen waren eine einzige Bitte, als
er Kirk ansah. »Sie soll gehen, Jim… Spock… Ich will kein Leben zerstören. Auch nicht, um
mein eigenes zu retten. Das wißt ihr. Bitte… schickt sie doch fort.«
Gem legte ihm die Hand auf das Herz. Schwach, aber doch deutlich sichtbar, gewann
McCoys Gesicht seine Farbe zurück.
»Captain!«
»Ja, Spock.«
»Die Intensität unserer Emotionen verstärkt das Kräftefeld um uns!«
»Ich weiß, es bezieht seine Energie aus uns.«
»Trotz allem, was wir hier vor uns sehen, müssen wir jede Emotion ausschalten. Dann wird
das Feld vielleicht schwächer.«
»Ich will es versuchen, Spock.«
Beide schlossen die Augen. In Spocks Gesicht lag eiskalte Ruhe. Seine ganze Konzentration
war stiller Heiterkeit gewichen. Seine Hand fuhr durch das Magnetfeld. Dann schritt er durch das
Feld hindurch und näherte sich leise den Vianern.
Kirk wurde noch im Feld festgehalten. Er hatte den Tumult seiner Emotionen noch nicht zum
Schweigen gebracht. Er sah zu den Vianern hinüber. Sie waren so trunken von ihrem
Machtgefühl, daß sie Spock nicht wahrnahmen, der nun hinter ihnen stand. Der Arm des
Vulkaniers hob sich und fuhr durch die Luft. Der Silberstab wurde Lal aus der Hand
geschleudert und blieb vor Kirk liegen. Das Feld brach zusammen. Kirk konnte sich wieder
ungehindert bewegen. Spock nahm den Stab auf. Die Vianer, nun physisch hilflos, zögerten.
Ihrem Test drohte ein katastrophales Ende.
Gems Schwäche wurde immer deutlicher. Das Mädchen schwankte. McCoy richtete sich
wieder auf und rief: »Nein! Nein! Du darfst es nicht tun!« Er stieß sie mit plötzlich neu
erwachter Kraft von sich. Verängstigt durch seine Heftigkeit, wich sie vom Tisch zurück. Als
McCoy versuchte, sich weiter von ihr zu entfernen, brachen seine Wunden erneut auf. Er sank
zurück und lag wieder ganz still. Gem stolperte in ihre Ecke zurück.
Kirk nahm Spocks Silberstab und ging zu McCoy, als Lal sprach. »Sie können unsere Kräfte
nicht benutzen, um das, was geschieht, zu ändern!«
Kirk wandte sich an die Vianer. »Ihr müßt das Leben unseres Freundes retten!«
»Nein! Das werden wir nicht tun«, sagte Lal. »Ihr Instinkt muß sich erst voll entwickeln. Der
Test muß zum Abschluß gebracht werden.«
»Er ist abgeschlossen.« Spock stand neben Kirk. »Gem hat für sich und ihren Planeten das
Recht auf Überleben schon gewonnen. Sie hat ihr eigenes Leben angeboten.«
»Es anzubieten ist kein ausreichender Beweis«, sagte Lal. »Wenn der Tod der einzige
Beweis ist, den ihr anerkennt,
dann sind hier vier Leben!« Kirk reichte Lal den Silberstab.
Der Vianer starrte ihn an. »Wir werden unseren Freund nicht verlassen«, sagte Kirk.
Lal nahm den Stab. Die beiden Offiziere der Enterprise wandten sich ab und gingen zu
McCoy zurück.
Am Tisch angekommen, drehte Kirk sich um. »Ihr seid Betrüger! Ihr selbst habt die
Fähigkeit verloren, die Gefühle zu empfinden, die zu erlernen ihr Gem hergebracht habt! Jedes
Mitgefühl für andere ist in euch erstorben! Ihr seid nur noch trockener Intellekt!«
Lals Gesicht wurde starr vor Schreck, und Thann fing an zu zittern. Ihre Gestalten schienen
zusammenzuschrumpfen, als sie Kirks leidenschaftliche Worte hörten. Sie sahen einander an. Sie
hatten verloren. Alle Werte ihres Lebens lösten sich in nichts auf. Lal bewegte sich als erster.
Thann folgte ihm an den Tisch. Lange standen sie schweigend da. Sie betrachteten den leblosen
McCoy. Endlich führte Lal den Silberstab über ihn hinweg. McCoy setzte sich auf. Er war
gesund.
Niemand sprach. Die Vianer traten zu Gem in die Ecke und hoben sie in ihre Arme. Mit dem
Kopf des Mädchens an seiner Schulter, schaute Lal auf die Männer. Zum erstenmal leuchtete ein
warmer Schimmer in seinen Augen auf. »Die Emotion, die uns bleibt, ist Dankbarkeit«, sagte er.
»Wir sind froh, daß wir euch diese Dankbarkeit beweisen können. Lebt wohl.«
Ganz langsam verschwanden sie und lösten sich in Nebel auf. Gem, den Blick freundlich auf
das Trio von der Enterprise gerichtet, verschwand als letzte.
Der Brückenbildschirm zeigte die Abbilder unsterblicher Gestirne. Kirk wandte sich ab.
Unter ihnen war ein sterblicher Stern, dessen Untergang bevorstand.
»Seltsam…«, sagte er.
Neben ihm sagte Spock: »Was beschäftigt Sie, Captain?« »Ich bin überwältigt.«
»Das stimmt, Jim«, sagte McCoy. »Ich bin von ihr auch überwältigt.«
»Ich dachte nicht an Gem«, sagte Kirk und schaute wieder auf die Mattscheibe. »Ich dachte
an den phantastischen Zufall, daß wir im endlosen Raum den Retter eines Planeten gefunden
haben.«
Spock sagte: »Das Element des Zufalls, Captain, kann von einer so fortgeschrittenen
Zivilisation wie der der Vianer praktisch eliminiert werden.«
Scott schaltete sich von seiner Station her ein und sagte: »Ohne Ihrem Computer zu
mißtrauen, Mr. Spock, aber nach dem wenigen, was Sie mir erzählt haben, möchte ich sagen, daß
sie eine sehr kostbare Perle ist.«
»Was, Scotty?«
»Sie kennen doch die Geschichte von dem Kaufmann… jenem Kaufmann, der eine kostbare
Perle sah. Er ging hin und verkaufte alles, was er hatte, um diese Perle zu erwerben.«
»Sie war sicher eine kostbare Perle, Scotty«, sagte Kirk. »Und ob die Vianer sie nun gekauft
oder gefunden haben, ich freue mich um ihretwillen und um des Planeten willen, den sie retten
wird.«
»Ich persönlich«, sagte McCoy, »finde es faszinierend, daß sie bei all ihren
wissenschaftlichen Kenntnissen und Fortschritten doch die guten alten menschlichen Emotionen
am höchsten schätzten.«
»Das sollte man vielleicht den Vulkaniern mal sagen«, meinte Scott.
»Mr. Spock, könnte man Sie veranlassen, ihnen die Nachricht zu übermitteln?«
Spock blickte die Männer nachsichtig an. »Möglicherweise, Captain. Ich werde diesem
Gedanken die Überlegungen angedeihen lassen, die ihm zukommen.«
»Das werden Sie sicherlich, Mr. Spock.« Kirk sagte zu Sulu: »Mr. Sulu, nehmen Sie uns aus
der Umlaufbahn. Sol-Faktor zwei.«
Mit hoher Geschwindigkeit verließ die Enterprise das Gebiet des sterbenden Sternes.
Sieben von der Galileo

Die U. S. S. Enterprise operierte mit dem ständigen Auftrag, alle Quasare oder quasarähnlichen
Phänomene zu untersuchen, wo und wann immer sie auftauchen mochten. Kirk schien es, als
seien sie jetzt auf eines gestoßen. Eine finstere Formation war auf dem Hauptbildschirm der
Brücke aufgetaucht – eine bläuliche Masse, von roten Streifen strahlender Energie durchzogen.
Kirk betrachtete den Bildschirm und betätigte einen Knopf. Dabei war er sich sehr wohl der
Anwesenheit eines kritischen Gastes bewußt. Es war Hochkommissar Ferris. »Captain an
Landefähre Galileo«, sagte Kirk. »Mr. Spock, bitte kommen.« Ferris äußerte sein Mißfallen.
»Ich darf Sie daran erinnern, Captain, daß mir diese Verzögerung ganz und gar nicht gefällt. Ihr
Auftrag lautet, diese medizinische Nachschublieferung nach Makus III zu schaffen, damit sie
rechtzeitig die Neu-Pariser Kolonien erreicht.«
»Und ich darf Sie an unseren ständigen Auftrag erinnern, Sir. Es wird überhaupt keine
Probleme geben. Bis Makus III sind es nur noch drei Tage, und der Weiterversand nach Neu-
Paris findet erst in fünf Tagen statt.«
Ferris war verärgert. »Ich möchte kein Risiko eingehen. Die Seuche auf Neu-Paris ist außer
Kontrolle geraten, und wir müssen die Medikamente um jeden Preis rechtzeitig hinschaffen.«
»Das werden wir auch.« Kirk wandte sich wieder seiner Konsole zu. »Captain an Galileo.
Alle Systeme startklar machen.«
»Energie eingeschaltet, Captain. Alle Instrumente aktiviert. Alle Anzeigen normal.
Startklar.«
Es war Spocks Stimme – ruhig und sachlich wie immer. Als Wissenschaftsoffizier war er
Leiter des Forscherteams, das unter der Mannschaft der Enterprise ausgewählt worden war, um
diese Raumkuriosität zu untersuchen, die in den Karten als Murasaki 312 verzeichnet war. Nun
saß er angeschnallt im Pilotensitz der Landefähre. Die anderen hinter ihm waren McCoy, Scott,
Bootsmaat Mears, ein Mädchen mit frischem Gesicht, Boma, der schwarze Astrophysiker, der
Strahlungsspezialist Gaetano und der Navigator Latimer. Zusammen waren es sieben Leute: Die
sieben von der Galileo.
»Start frei für Landefähre«, sagte Kirk.
Auf dem riesigen Flugdeck öffneten sich die schweren Hangartüren, und die Galileo rollte
hervor. Rasch verschwand die Landefähre in der Leere des Raumes.
Spock sprach über die Schulter nach hinten. »Position.« »Dreikommasieben… nein, nein,
Sir«, sagte Latimer.
»Vierkomma…«
»Sie müssen sich schon entscheiden«, sagte Spock.
»Mein Anzeigegerät spielt verrückt«, erklärte Latimer.
Boma sprach schnell. »Das war zu erwarten, Mr. Spock, Quasare sind sehr disruptiv. Sie
beeinträchtigen die Meßwerte. Um wieviel wissen wir allerdings nicht…«
Spock behielt seine Instrumente im Auge und sagte trocken:
»Um ein sehr Beträchtliches, Mr. Boma.«
Auch Gaetano lieferte einen entmutigenden Beitrag. »Ich registriere eine stark ansteigende
Strahlung, Mr. Spock.«
»Vorwärtsschub wegnehmen!«
Latimer betätigte einige Schalthebel. »Ich kann nicht verlangsamen, Sir! Es passiert einfach
nichts!« McCoy beugte sich vor, um die Instrumente zu beobachten. »Spock, wir werden genau
in das Ding hineingezogen!«
Spock kämpfte mit seinen eigenen Kontrollen und rief:
»Volle Kraft zurück!«
Aber es war einfach nicht möglich, den Sturz der Galileo aufzuhalten.
Spock griff nach seinem Sprechgerät. »Galileo an Enterprise! Fähre bewegt sich
unkontrolliert, Captain! Wir werden direkt in Murasaki 312 hineingezogen. Heftige Strahlung an
der äußeren…«
Ein Prasseln statischer Geräusche überdeckte Spocks Stimme. Kirk eilte zu Uhuras Station
hinüber. »Bekommen Sie denn überhaupt nichts mehr, Leutnant?«
»Nichts Deutliches, Sir. Auf keiner Frequenz.«
Kirk wandte sich um. »Mr. Sulu, stellen Sie die Position der Galileo fest.«
Sulu sah den Kapitän fassungslos an. »Unsere Taster sind blockiert, Captain. Wir bekommen
ein solches Durcheinander an Meßwerten, wie ich es noch nie gesehen habe.«
Kirk trat an den Computer. Er hörte ein Summen, ein Knacken und dann die monotone,
metallische Computerstimme. »Negative ionische Konzentration 1,64 mal 102 Meter.
Strahlungswellenlänge 370 Angström…«
Bestürzt wandte sich Kirk ab. Ferris starrte ihn an und sagte:
»Was gibt’s, Captain?«
»Das Ding da draußen hat den gesamten Sektor vollkommen ionisiert.«
Er schaute auf den Bildschirm. »Hier gibt es mindestens vier komplette Sonnensysteme im
Umkreis – und irgendwo dort draußen ist eine zehn Meter lange Landefähre außer Kontrolle
geraten und vom Kurs abgekommen. Eine Nadel in einem Heuhaufen zu finden wäre dagegen
ein wahres Kinderspiel…«

Die Kontrollgeräte der Landefähre waren nicht die einzigen Opfer von Murasaki 312. Auch
die normalen Such- und Abtastgeräte der Enterprise funktionierten nicht mehr. Ohne diese
Geräte jedoch taumelte das Sternenschiff fast genauso blind und hilflos durch den Raum wie die
Galileo.
Ferris sagte: »Ich habe mich diesem Ausflug von Anfang an widersetzt. Unser Flug nach
Makus III hat allerhöchste Priorität.«
Kirk entgegnete: »Das ist mir vollkommen klar, Kommissar. Aber gleichzeitig habe ich
gewisse wissenschaftliche Aufgaben wahrzunehmen – und den Murasaki-Effekt zu untersuchen
ist eine davon.«
»Aber Sie haben die Mannschaft Ihrer Fähre verloren«, sagte Ferris.
Kirk beherrschte sich mühsam. »Wir haben noch zwei Tage, um sie zu finden.«
Ferris zeigte auf den Bildschirm. »In dem ganzen Durcheinander? Zwei Tage? Viel Spaß!«
Kirk verlor die Geduld. »Wollen Sie damit sagen, daß ich abdrehen und meine Leute im
Stich lassen soll?«
»Sie hätten sie gar nicht erst starten lassen dürfen!« Ferris machte eine Pause. »Hier handelt
es sich nur um sieben Leute. Aber ich denke an einige Millionen in den Neu-Pariser Kolonien,
die zugrunde gehen müssen, wenn sie nicht bald diese Medikamente bekommen. Ihr verbohrtes
Bestehen auf dieser unnötigen Untersuchung…«
Ein Bürokrat ist und bleibt ein Bürokrat, dachte Kirk bei sich, wenn sie mit Papierkram zu
tun haben, blühen sie auf. Entfernt man sie aber davon und stellt sie vor eine Entscheidung, dann
sind sie zu solchen nicht fähig.
Kirk erklärte ruhig: »Sie haben mein Wort, Kommissar, daß wir das geplante Rendezvous
einhalten werden.«
Uhura sprach. »Captain, hier in der Nähe gibt es einen Planeten, auf dem Menschen leben
können. Typ M, Sauerstoff-Stickstoff-Atmosphäre. Er ist als Taurus II in den Unterlagen
verzeichnet und befindet sich fast genau im Zentrum des Murasaki-Effekts, soweit wir das
angesichts der Fehlfunktionen unserer Meßgeräte feststellen können.«
»Danke, Leutnant«, sagte Kirk. »Mr. Sulu.« »Ja, Sir.«
»Kurs auf Taurus II.«
»Kurs auf Taurus II eingegeben.«
»Wieso nehmen Sie denn an, daß Ihre Leute sich dort befinden? Das ist doch eine ziemlich
voreilige Annahme.«
»Wenn sie nicht dort sind, Kommissar, müssen sie inzwischen schon alle tot sein. Wir
suchen sie auf Taurus II, weil es völlig sinnlos wäre, sie woanders zu suchen.«
»Sagten Sie vorhin nicht etwas über eine Nadel in einem Heuhaufen? Die Suche ist
zwecklos.«
»Nicht, wenn man seine Nadel unbedingt wiederhaben will.« Seltsam genug, die Nadel war
tatsächlich in weiches Heu gefallen, wenn man die schwammige, häßliche Oberfläche von
Taurus II überhaupt weich nennen konnte. Auf jeden Fall hatte sie den Aufprall der Galileo bei
der Bruchlandung abgemildert. Sie waren in einem annähernd kreisförmigen Krater gelandet.
Das Fahrzeug hing völlig schief, und die Leute in seinem Innern waren durcheinandergeschüttelt
worden. Spock blutete grün aus einer Wunde am Kinn. McCoy versorgte die Verletzten und
wandte sich an Bootsmaat Mears.
»Mit Ihnen alles in Ordnung?«
»Ich… denke doch, Doktor.«
Boma sagte: »Das nennt man aber einen Flug.« »Was ist denn passiert?« fragte ihn Latimer.
»Ich bin nicht ganz sicher, aber ich würde sagen, das magnetische Potential des Murasaki-
Effekts war dergestalt, daß es sich geometrisch multiplizierte, als wir beschleunigten.
Infolgedessen schossen wir wie ein Projektil in das Zentrum des Effekts hinein. Was meinen
Sie, Mr. Spock?«
»Ihre Betrachtung der Dinge erscheint mir plausibel.«
Scott hielt sich den schmerzenden Kopf und half Spock, die Instrumente zu prüfen. »Was für
ein Durcheinander!« seufzte er.
Spock stand auf. »Malerische Beschreibungen flicken keine Schaltkreise, Mr. Scott, Sie
haben jede Menge zu tun.« Er legte einen Hebel an seinem Kommunikator um.
»Galileo an Enterprise. Können Sie mich hören?«
»Sie erwarten doch nicht ernsthaft eine Antwort?« meinte Scott.
»Ich erwarte gar nichts. Aber es ist nur logisch, jede Möglichkeit zu nutzen. Bitte die
atmosphärischen Meßwerte, Doktor McCoy.«
»Sauerstoffdruck anteilig 70 Millimeter Quecksilber. Stickstoff 140. Atembar… wenn man
nicht gerade Wettläufe veranstalten will. Spuren von Argon, Neon und Krypton, alles in noch
verträglichen Mengen.«
»Sie haben alles notiert, Bootsmaat?« »Natürlich, Mr. Spock.«
»Sehr gut. Mr. Scott, führen Sie bitte sofort die Schadensüberprüfung durch. Mr. Latimer,
Mr. Gaetano, bitte bewaffnen Sie sich und erkunden Sie die unmittelbare Umgebung des
Schiffes. Behalten Sie Sichtkontakt zum Schiff.«
»Aye, aye, Sir«, sagte Gaetano.
Die beiden entnahmen einem Behälter zwei Handphaser, als McCoy sich zu Spock umdrehte.
»Welche Chancen haben wir, mit der Enterprise Verbindung aufzunehmen?«
»Unter den gegenwärtigen Umständen sind die Chancen recht dürftig.«
»Aber sie werden uns doch suchen!«
»Wenn der Ionisierungseffekt sich so weit ausgebreitet hat, wie ich vermute, suchen sie uns
ohne Instrumente. Nur durch Sichtkontakt. Und dafür ist dieses Sonnensystem wahrscheinlich
ein wenig zu groß.«
»Sie glauben also nicht, daß man uns finden wird?« »Nicht, solange wir hier unten
festsitzen.«
McCoy explodierte. »Ich konnte Ihre verdammte ewige Heiterkeit noch nie ertragen,
Spock!«
»Dann sollten Sie sich Mühe geben, das zu ändern, Doktor«, schlug Spock geduldig vor.
»Denn wir bleiben vielleicht sehr lange hier.«

Kirk selbst hatte wenig Grund zur Heiterkeit. Die Taster der Enterprise waren inzwischen
total ausgefallen. »Mr. Sulu, haben Sie schon versucht, die Reserveaggregate hinzuzuschalten?«
»Jawohl, Sir. Keine Veränderung.«
Knirschend drückte Kirk einen Knopf. »Transporterraum. Hier spricht der Captain. Sind die
Transporter einsatzbereit?«
Die Stimme des Technikers schien um Entschuldigung zu heischen. »Nicht hundertprozentig,
Sir. Wir haben lebloses Material nach unten gebeamt, und es kam verformt zurück. Wir wollen
es nicht mit einem Menschen riskieren.«
Der Captain betätigte einen anderen Knopf. »Captain an Flugdeck. Landefähre Columbus
startklar machen zum sofortigen Absuchen der Planetenoberfläche. Stimmen Sie die Koordinaten
mit Mr. Sulu ab. Leutnant Uhura?«
»Ja, Captain?«
»Haben Sie immer noch keine Werte?«
»Alle Wellenlängen werden von diesem Ionisierungseffekt überlagert, Captain. Die
Übertragung wird blockiert, und ein Empfang ist unmöglich.«
Ferris tauchte neben Kirks Kommandosessel auf. »Nun, Captain?«
Kirk sagte: »Wir können unsere Suche noch bis 2823,8 fortsetzen, Kommissar.«
»Sie glauben doch wohl selbst nicht, daß Sie Erfolg haben werden?«
Kirk strich sich mit der Hand über das Gesicht. »Die Leute dort draußen sind gute Freunde
und Besatzungsmitglieder. Ich beabsichtige, die Suche bis zum letztmöglichen Zeitpunkt
fortzusetzen.«
»Wie Sie meinen, Captain. Aber nicht eine Sekunde länger. Ist Ihnen das klar? Wenn nicht,
verweise ich auf Artikel 19, Abschnitt 433, Paragraph 12…«
»Mir sind die Vorschriften sämtlich bekannt, Kommissar, und ich kenne auch Ihre Stellung.«
Mit ernstem Gesicht betätigte er einen weiteren Knopf an seiner Konsole.
»Landefähre Columbus, starten Sie!«

Neben dem Schiff inspizierte Spock den nächstgelegenen Abschnitt der Kraterwände. Eine
Rettung aus dieser bedrohlichen Lage war in der Tat kaum zu erhoffen.
McCoy trat zu Spock und schaute an der Wand empor. »Ich weiß nicht, wie bedrohlich
unsere Situation ist«, sagte er, »aber ich weiß eines: Es ist Ihre große Chance!«
»Meine große Chance, Doktor? Chance wofür?«
»Für ein Kommando«, sagte McCoy. »Ich kenne Sie, Spock. Sie haben zwar nie darüber
gesprochen, aber Sie haben immer geglaubt, daß Logik das Allheilmittel ist, daß Ihre
unbestechliche Logik Sie am besten dazu qualifiziert, ein selbständiges Kommando zu
übernehmen. Habe ich recht, Mr. Spock?«
»Ich kann nun mal logisch denken«, meinte Spock.
»Um uns hier herauszuholen, braucht man aber mehr als Logik.«
»Vielleicht, Doktor, aber dies ist die günstigste Gelegenheit, es zuerst einmal mit Logik zu
versuchen. Ich weiß selbst, daß es faszinierend ist, ein eigenes Kommando zu führen, selbst unter
Umständen wie diesen. Aber der Gedanke an ein selbständiges Kommando erfreut mich weder,
noch versetzt er mich in Angst und Schrecken. Die Sache existiert einfach, und ich werde das
tun, was die Logik mir notwendigerweise vorschreibt.«
Sie kletterten in die Fähre zurück, und Scott blickte grimmig von seinen Instrumenten auf.
»Wir haben sehr viel Brennstoff verbraucht. Wir haben nicht die geringste Chance, eine
Geschwindigkeit zu erzielen, die dazu ausreicht, uns aus dem Schwerefeld hinaus in eine
Umlaufbahn zu tragen. Und selbst wenn noch eine gewisse Hoffnung besteht, in eine
Umlaufbahn zu gelangen… Wir müßten das Gewicht der Fähre um mindestens fünfhundert
Pfund verringern.«
»Das ist das Gewicht dreier erwachsener Männer«, sagte Spock.
Scott sah ihn unruhig an. »Nun ja, so könnte man es wohl ausdrücken.«
McCoy war entsetzt. »Oder das entsprechende Gewicht an Ausrüstung«, sagte er.
Spock drehte sich zu ihm um. »Doktor McCoy, mit geringen Ausnahmen ist unsere gesamte
Ausrüstung absolut unentbehrlich, um überhaupt die Umlaufbahn zu erreichen. Es gibt kein
überflüssiges Gewicht, außer Sie rechnen die Passagiere!«
In der Nähe der Luke hatte Boma zusammen mit Bootsmaat Mears Daten vom Tricorder
abgelesen. Sie unterbrachen die Tätigkeit, und Boma fragte: »Soll das heißen, daß drei von uns
hierbleiben müssen?«
»Wenn die Situation sich nicht radikal ändert, wird das bedauerlicherweise der Fall sein«,
sagte Spock.
»Und wer bestimmt die Leute, die zurückgelassen werden?« »Ich habe das Kommando.
Insofern werde ich es
bestimmen.«
Spock ignorierte die gespannte Atmosphäre, die inzwischen entstanden war. »Ich schlage
vor, daß wir den Rumpf der Fähre noch gründlicher untersuchen als bisher. Wir könnten
geringfügige Schäden übersehen haben.«
In allen Männern stieg die Spannung ins Unerträgliche. An der entfernten Kraterwand
prüften Latimer und Gaetano nervös die Umgebung. Plötzlich blieb Gaetano stehen und lauschte.
Auch Latimer hielt inne. Sie hörten beide das Geräusch – ein rhythmisches, kratzendes
Geräusch. Latimer hatte das beunruhigende Gefühl, als atmeten die Kraterwände.
»Was ist das?« flüsterte Latimer.
»Ich weiß es nicht«, antwortete Gaetano. »Es kam von dort oben!«
»Nein… von dort hinten…«
Sie starrten einander betroffen an. Die Geräusche kamen von allen Seiten.
»Es ist überall… Es ist überall um uns herum!« »Wir müssen hier weg!« schrie Latimer.
Mit einem wilden Aufschrei begann er zu laufen. Aus dem Schatten eines Risses in der Wand
hoch über ihnen war eine gigantische Gestalt aufgetaucht. Latimer kreischte und fiel zu Boden.
Gaetano riß den Phaser aus seinem Gürtel und feuerte ihn gegen den nun von Nebelfetzen
verhangenen Felsspalt ab.
Dann blickte er zu Latimer hinüber, und das Blut gefror ihm in den Adern! Der Schaft eines
Speeres ragte aus Latimers Rücken. Er war so dick wie ein Telefonmast.
Spock und Boma hatten den von den Kraterwänden widerhallenden Todesschrei Latimers
gehört. Der Vulkanier ging mit schnellen Schritten auf Gaetano zu, der über dem Toten stand. In
größter Verwirrung starrte er zur Felsenspalte hinauf, die immer noch von Nebel verhangen war.
»Wie ist das geschehen?« fragte Spock.
Noch ganz benommen vor Schreck ließ Gaetano den Phaser sinken. »Etwas… Riesiges…
dort oben! Etwas Fürchterliches!« Er zeigte zur Spalte hoch.
Spock trat an die Kraterwand heran. Er griff an einen Felsvorsprung und kletterte zu dem Riß
hinauf. Boma sprach mit Gaetano. »Was war das? Haben Sie es gesehen?«
»Es war wie ein riesiger Affe.« Gaetano zitterte. »Es ging alles so schnell! Vorher hörten wir
ein unheimliches Geräusch…«
Spock war wieder da und trat auf die beiden zu. »Ich habe oben nichts gefunden«, sagte er.
»Aber da war etwas!« schrie Gaetano unbeherrscht.
Spocks Stimme klang ruhig. »Ich zweifle keine Sekunde an Ihren Worten, Mr. Gaetano.«
»Ich habe es getroffen. Ich bin sicher, daß ich es mit meinem Phaser getroffen habe«, sagte
Gaetano.
Spock antwortete nicht. Er betrachtete den toten Latimer und zerrte an dem Schaft des
überdimensionalen Speeres. Er konnte ihn herausziehen, und man sah die Spitze der Waffe.
Sie bestand aus einem dreieckigen, grob zugehauenen und abgeschliffenen Stein.
»Das ist die Spitze von Folsom Point«, sagte Spock. »Wie bitte, Sir?«
»Mr. Boma, diese Speerspitze weist eine bemerkenswerte Ähnlichkeit mit einer Waffe auf,
die nach dem alten Erdenkalender im Jahre 1926 bei Folsom Point in New Mexiko, in den
Vereinigten Staaten, gefunden wurde. Die Ähnlichkeit ist frappierend. Allerdings ist die hier
vorliegende Waffe primitiver. Auf keinen Fall ist sie besonders wirksam.« »Nicht besonders
wirksam?« Boma war wütend. »Und mehr haben Sie nicht dazu zu sagen? Immerhin liegt hier
ein Toter, und Sie reden von irgendwelchen altertümlichen Waffen, die nicht wirksam sind. Sie
sehen hier Latimer, bei ihm war der Speer außerordentlich wirksam. Der Mann ist tot!«
»Verlieren Sie ruhig ein paar Worte über einen Toten, Mr. Boma. Aber das bringt ihn nicht
ins Leben zurück.«
Auch Gaetano war in der Nähe geblieben. Er redete Boma an. »Helfen Sie mir bitte, Latimer
zu tragen?« Er wandte sich an Spock. »Es sei denn, Sie halten es für besser, ihn im Interesse der
Wirksamkeit hier liegenzulassen.«
»Ihn zum Schiff zurückzutragen wird den Gang der Reparaturarbeiten wohl nicht
beeinträchtigen. Wenn Sie Hilfe brauchen?«
»Wir schaffen es schon allein«, sagte Gaetano scharf. Er nickte Boma zu, und die Männer
bückten sich, um den Toten aufzuheben.
Während sie so beschäftigt waren, studierte Spock immer noch angelegentlich die Steinspitze
des mysteriösen Speeres.

Kirk versuchte, sich aus dem Gefühl absoluter Frustration zu lösen. »… und großer Verlust.«
Seine Stimme klang brüchig, als er die letzten drei Worte ins Logbuch diktierte.
Nun sprach Uhura: »Captain, die Columbus hat die Quadranten 779X bis 534M abgesucht
und ist zurückgekehrt.
Resultat negativ.«
»Sie sollen die nächsten Quadranten absuchen. Hat die Technik sich zur Funktionsfähigkeit
der Sensoren geäußert?«
»Die Leute arbeiten daran, Captain. Noch funktionieren sie nicht.«
»Und die Transporter?«
»Auch sie arbeiten noch nicht zuverlässig.« »Danke, Leutnant.«
Ferris sagte: »Captain, auch mir gefällt der Gedanke nicht, daß Sie Ihre Männer dort unten
zurücklassen müssen, aber ich muß Sie daran erinnern, daß…«
»Das habe ich zu keiner Sekunde vergessen«, sagte Kirk müde.
»Sie haben nicht mehr viel Zeit«, sagte Ferris.
»Auch das ist mir bekannt, Kommissar.« Kirk schlug mit der Faust auf seinen Knopf an der
Konsole. »Hier spricht der Captain. Versuchen Sie es bei den Transportern mit extremer
Energiezufuhr. Sie müssen die Geräte zum Funktionieren bringen!« Er stieg zu Uhura nach oben.
»Leutnant, veranlassen Sie die Columbus, ihren Kurs bei jedem weiteren Versuch um zwei Grad
in beide Richtungen auszudehnen.«
Dann starrte er auf die Mattscheibe des Hauptbildschirms. Irgendwo in der Mitte dieser
geheimnisvollen Bläue existierte Taurus II, ein Planet von solider Substanz und mit Luft, die ein
Mensch atmen konnte, die ihn am Leben erhielt – eine Oase inmitten einer Hölle! Hatte Spock
ihn gefunden?
In der gestrandeten Galileo hatten McCoy und Bootsmaat Mears alles zusammengesucht,
was man notfalls zurücklassen konnte. McCoy hatte die Arme voll und sagte: »Dieses Zeug
macht uns um fünfzig Pfund leichter, Mr. Spock.«
»Wenn wir noch weitere hundert Pfund zusammenkratzen könnten… Schließlich bleibt Mr.
Latimer hier…« Bootsmaat Mears führte den Satz nicht zu Ende. Sie schlug sich mit der Hand
auf den Mund.
»Wir hätten dann immer noch mindestens 150 Pfund Übergewicht«, mahnte Spock.
»Es ist doch nicht Ihr Ernst, hier einen Mann zurückzulassen!« sagte McCoy. »Wer immer
die Kreaturen sein mögen, die auf diesem Planeten leben…«
»Es ist weit vernünftiger, einen Mann zu opfern als alle sechs«, antwortete Spock ruhig.
»Ich rede nicht von Vernunft!«
»Dann sollten Sie langsam damit anfangen.«
Boma steckte den Kopf durch die offene Luke. »Wir sind bereit, Mr. Spock.«
»Bereit wozu, Mr. Boma?«
»Für Mr. Latimers Beerdigung, Sir.«
Spock richtete sich auf. »Mr. Boma, wir führen einen unerbittlichen Kampf gegen die Zeit!«
»Der Mann ist tot. Er verdient ein anständiges Begräbnis. Sie sind der Captain. Nur ein paar
Worte von Ihnen.«
Spocks Gesicht blieb unbewegt. Die kühle Distanz, die er zur Schau stellte, irritierte die
anderen. »Spock, vielleicht werden wir alle hier sterben! Dann wollen wir wie Menschen sterben
und nicht wie Maschinen!«
»Wir müssen die Dinge in ihrer Wichtigkeit erkennen und danach die Prioritäten setzen. Ich
hoffe, daß wir unsere Überlebenschancen ein wenig verbessern können.« Spock ging zu Scott
hinüber, der wie besessen an seiner Konsole arbeitete. »Wir sollten vielleicht den zweiten
Zusatztank über das Haupteinlaßventil anschließen, Mr. Scott…«
»Zu gefährlich, Sir. Es hält mit Sicherheit den Druck nicht aus.«
McCoy betrachtete Spocks über die Instrumente gebeugten Rücken. Dann trat er durch die
Luke nach draußen und folgte den anderen, die auf einen Hügel in wenigen Metern Entfernung
zugingen. Er beugte sich nieder und schüttete eine Handvoll Sand auf den Hügel. »Asche zu
Asche, Staub zu Staub. Erde warst du, und zur Erde wirst du wiederkehren. Amen!«
Die Menschen senkten die Köpfe. Über eine Minute lang standen sie dort, jeder mit seinen
eigenen Gedanken beschäftigt… Und wieder war das sonderbare, kratzende Geräusch zu hören.
»Was ist das?« fragte Bootsmaat Mears.
McCoy blickte nach oben. »Ich weiß es nicht, aber es hört sich an, als ob es von
menschlichen Wesen verursacht wird.«
»Von menschlichen Wesen! Das würden Sie nicht sagen, wenn Sie gesehen hätten, was wir
sahen!« rief Gaetano. »Das sind wieder diese unheimlichen Gestalten dort draußen.«
McCoy sprach mit ihm und Boma. »Sie gehen am besten wieder an Ihre Posten zurück. Ich
werde die Sache mit Mr. Spock prüfen.«
Boma und Mears erreichten wieder die Fähre und hörten gerade noch Scotts verzweifelten
Aufschrei. »Der Druck sinkt rapide! Wir verlieren den ganzen Druck!«
»Was ist denn passiert?« fragte Spock.
»Eine Leitung ist offenbar beschädigt. Sie hat die Belastung nicht ausgehalten, als wir in die
Atmosphäre eintauchten… und die zusätzliche Belastung, als wir…«
McCoy unterbrach den Mann. »Mr. Spock.«
Der Vulkanier hob die Hand mit einer Geste, die die anderen zum Schweigen brachte. Er
konzentrierte sich auf Scott. Fassungslos starrte der Ingenieur auf seine Instrumente und
schüttelte immer wieder den Kopf. Dann sagte er langsam: »Wir haben keinen Brennstoff
mehr!«
»Dadurch ist das Problem gelöst, wer hier zurückgelassen wird«, meinte Spock.
»Spock!« brüllte der Doktor.
»Was ist, McCoy?«
»Kommen Sie nach draußen. Hier geht etwas Sonderbares vor sich.«
Ruhig folgte der Vulkanier dem Doktor. Das kratzende Geräusch hatte sich verstärkt. Spock
lauschte intensiv.
»Es hört sich an wie Holz«, meinte er schließlich. »Wie Holz, das gegen Leder reibt.«
»Sie bereiten sich vor. Sie werden uns gleich angreifen«, murmelte Gaetano.
»Nicht notwendigerweise«, sagte Boma, der Astrophysiker. »Es kann sich doch lediglich um
irgendeinen Stammesritus handeln… vorausgesetzt, es handelt sich um einen Stamm, der eine
wie auch immer geartete Kultur hat!«
»Es kann sich um keine Stammeskultur handeln«, sagte Spock sanft. »Ihre Werkzeuge sind
zu primitiv. Ich halte das Ganze nur für den losen Zusammenschluß einiger weniger Lebewesen,
deren wahre Natur uns bisher leider verborgen blieb.«
»Wir können nicht behaupten, daß es Tiere sind. Vielleicht sind es vernunftbegabte Wesen«,
meinte McCoy.
»Auf jeden Fall wissen wir, daß diese Wesen töten können«, schaltete sich Boma ein.
Spock sah ihn lange an. »Sie verteidigen sich nur, und dabei verfahren sie so, wie es ihnen
ihr Instinkt vorschreibt.«
»Sie handeln genauso, wie wir selbst handeln würden«, gab ihm Boma recht.
»Die meisten von uns sind der Ansicht, daß…«, begann Gaetano.
»Mich interessiert nicht, was die meisten von uns denken, Mr. Gaetano!« Die Schärfe, mit
der Spock sprach, schockierte die ganze Runde.
»Wir müssen die Komponenten gegeneinander abwägen. Auf der einen Seite haben wir es
mit fremden Lebensformen zu tun, die es zu schützen gilt, ganz gleich, ob sie sich uns gegenüber
freundlich verhalten oder nicht.« Spock machte eine Pause. »Es gibt noch eine weitere
Möglichkeit…«
»Daß wir alle hier elend umkommen.« Gaetanos Stimme klang mittlerweile nicht mehr
unverschämt. Er hatte sich ein wenig beruhigt. Er war kein schlechter Mann. Er hatte nur Angst.
In der gegenwärtigen Situation eine durchaus verzeihliche menschliche Schwäche.
»Ich glaube noch nicht, daß wir hier alle elend umkommen«, äußerte sich Spock. »Dafür
sehe ich noch keinen endgültigen Beweis. Doktor McCoy, Sie und Bootsmaat Mears bleiben im
Schiff. Helfen Sie Mr. Scott, so gut Sie können. Wir kommen bald zurück.«
Er wandte sich an Gaetano und Boma. »Sie werden meine Befehle ausführen und sonst
nichts. Sie werden erst dann Ihre Phaser abfeuern, wenn ich es Ihnen sage, und Sie werden nur
auf Ziele feuern, die ich bestimme. Haben Sie mich verstanden?«
»Wir schießen nur zur Abschreckung und nicht, um diese Wesen zu töten!« erklärte Boma.
»Aber wir müssen sie hart treffen. Sie müssen blutige Nasen bekommen. Dann werden sie sich
überlegen, ob sie uns noch einmal angreifen wollen. Angriff ist für uns die beste Verteidigung!«
»Ganz meine Meinung!« rief Gaetano. »Wenn wir nur untätig herumstehen, bedeutet es für
sie nur eine Einladung zum Mord.«
Man sah es Spocks Gesicht an, daß er intensiv nachdachte. »Ich bin immer wieder entsetzt
darüber, wie gering ihr Irdischen das Leben achtet«, sagte er.
»Wir denken nur etwas praktischer und weniger analytisch!« Gaetanos Stimme bebte. »Wir
schlagen zu, bevor sie zuschlagen können. Wir wollen ganz einfach überleben.«
»Mr. Boma?« fragte Spock.
»Ich bin der gleichen Ansicht, Sir.« »Doktor McCoy?«
»Auch ich kann mich dieser Logik kaum verschließen.«
»Darin mag Logik stecken, meine Herren, irdische Logik. Aber ich kann mich nicht damit
einverstanden erklären, rücksichtslos Leben auszulöschen.«
»Sie hatten doch vorhin nicht die geringsten Skrupel, drei von uns hier zurückzulassen«,
sagte Gaetano, »Warum sind Sie denn plötzlich so besorgt um das Leben irgendwelcher wilden
Tiere?«
»Sie haben doch gesehen, wie es Latimer ergangen ist!« sekundierte Boma.
Spock entschloß sich, direkter zu werden. »Ich habe hier die Kommandogewalt, Mr. Boma
und Mr. Gaetano. Die Befehle gebe ich, und ich trage auch die Verantwortung! Folgen Sie mir
bitte.«
Er führte die Männer zu der hoch aufragenden Kraterwand. Das kratzende, knarrende
Geräusch hielt in unverminderter Stärke an. Sie begannen, die Wand zu erklettern. Gaetanos
Miene verriet Angst. Er ließ die anderen an sich vorbei und stieg als letzter an der Wand empor.
Spock befahl anzuhalten. Der steile Kraterabhang vor ihnen wirkte bedrohlich. Der obere
Kraterrand war nicht zu erkennen. Große Nebelschwaden nahmen den Männern die Sicht.
Plötzlich spürten sie hoch über ihren Köpfen eine Bewegung. Spock hatte sie zuerst
wahrgenommen und zog seinen Phaser. Alle Sinne angespannt, blieb er stehen. Plötzlich wuchs
hinter den bizarren Felsen eine Gestalt empor. Sie war riesig und sah aus wie ein Mensch. Der
Fremde hielt einen großen Lederschild vor seinen Körper. Dann pfiff ein großer Speer an Spocks
Kopf vorbei. Der Vulkanier hob den Phaser und feuerte.
Ein schauriges Gebrüll stieg zum Himmel. Die riesige Gestalt sank hinter einem Felsbrocken
zu Boden. Der große Lederschild war ihr aus der Hand geglitten.
Spock sprang zur Seite und wurde nicht getroffen. Er hob den Schild gerade auf, als Boma
und Gaetano den Felsvorsprung erreichten, auf dem er stand.
Spock ließ den Schild fallen. Weiter stieg er die Kraterwand hinauf und bedeutete den
anderen, ihm zu folgen. Sie erreichten den oberen Rand des Kraters. So laut wie jetzt hatten sie
das kratzende Geräusch noch nie gehört.
»Der verdammte Nebel…«, sagte Spock. »Ich glaube, es handelt sich um mehrere. Richten
Sie Ihre Phaser auf zwei Uhr und auf zehn Uhr.«
»Warum wollen wir sie nicht voll erwischen?« sagte Gaetano.
Spock wandte den Kopf. »Glücklicherweise gebe ich hier die Befehle, Mr. Gaetano. Fassen
Sie bitte das Ziel auf.«
Er wartete ein paar Sekunden, dann rief er: »Feuer!«
Wer immer diese Wesen waren, sie konnten auf jeden Fall markerschütternd schreien. Spock
lauschte dem entsetzlichen Gebrüll. »Feuer einstellen!« befahl er. Das Gebrüll hielt an. Es war
eher noch lauter geworden. Spock nickte befriedigt. »Das reicht ihnen fürs erste. So rasch
werden sie uns nicht mehr belästigen. Mr. Boma, Sie gehen jetzt zum Schiff zurück. Mr.
Gaetano, Sie werden hier Posten beziehen und in Sichtkontakt zur Fähre bleiben.«
»Hier draußen? Ich ganz allein?«
»Es ist aus Sicherheitsgründen notwendig, Mr. Gaetano.« »Kann ich nicht wenigstens mit
ihm zusammen hierbleiben?« fragte Boma.
»Ich habe die Absicht, Sie an einer anderen Stelle zu postieren, Mr. Boma«, antwortete
Spock.
Die beiden tauschten verzweifelte Blicke aus. Spock betrachtete sie mit milder Neugier.
»Meine Herren«, sagte er, »es tut mir leid, Ihnen eine gefährliche Aufgabe zuweisen zu müssen.
Unglücklicherweise bleibt mir keine andere Wahl. Im Falle einer Gefahr muß es nun einmal
möglich sein, die Fähre rechtzeitig zu warnen.«
Er kletterte hinab und machte sich wieder auf den Weg zum Schiff. Boma blieb unbewegt
stehen und entschloß sich erst nach einer ganzen Weile, Spock zu folgen. »Viel Glück,
Gaetano«, sagte er.
»Es wird schon schiefgehen«, meinte der andere.
Als sie sich der Galileo näherten, sagte Spock: »Mr. Boma, Ihr Posten ist hier in der Nähe
des Schiffes.« Er zwängte sich durch die Luke in die Fähre hinein, und Bootsmaat Mears fragte:
»Haben Sie sie gefunden, Sir?«
»Wir haben sie gefunden, und ich glaube nicht, daß sie uns in Zukunft noch belästigen
werden.«
»Hoffentlich nicht«, sagte McCoy. »Spock, Scott hat da gerade eine Idee…«
Die hatte er tatsächlich. Scott strahlte über das ganze Gesicht. »Es ist gefährlich, aber es
müßte funktionieren, Mr. Spock.«
»Dann erklären Sie Ihre Idee, Mr. Scott.«
»Ich kann den Hauptreaktor so umbauen, daß er aus einer anderen Energiequelle gespeist
werden kann. Unsere Phaser, Sir. Ich könnte sie als Energiequelle verwenden. Das erfordert nur
einen geringfügigen Umbau. Ich brauche dazu zwar einige Zeit, aber es dürfte klappen.«
»Dagegen spricht, daß die Phaser unsere einzigen Waffen sind«, sagte McCoy.
»Es scheint so, als seien sie gleichzeitig unsere einzige Hoffnung.«
Spock traf eine schnelle Entscheidung. »Doktor… Bootsmaat Ihre Phaser bitte!«
»Und wenn uns diese Wesen wieder angreifen?« protestierte das Mädchen.
»Sie werden nicht angreifen, und wenn, dann erst nach einigen Stunden. Mit ein wenig Glück
sind wir bis dahin schon weg.«
Scott nickte. »Wenn ich eine volle Aufladung erziele, kommen wir mit der gesamten
Besatzung in eine Umlaufbahn. Aber sehr lange können wir uns in der Bahn nicht halten.«
»Es wird auch nicht nötig sein, daß wir uns sehr lange in der Umlaufbahn halten. In weniger
als vierundzwanzig Stunden wird die Enterprise ohnehin die Suche nach uns abbrechen müssen,
um das geplante Rendezvous nicht zu verfehlen. Wenn unsere Umlaufbahn erst nach diesem
Zeitpunkt zusammenbricht, spielt es keine Rolle mehr.« Spock zuckte die Schultern. »Ob wir
dann beim Eintritt in die Atmosphäre sterben oder erst auf der Planetenoberfläche, ist
vollkommen gleichgültig. Sterben müssen wir dann in jedem Fall. Ihr Phaser, Doktor.«
Widerwillig reichten der Arzt und das Mädchen ihm ihre Waffen. Spock gab sie an den
Ingenieur weiter.

Im gleichen Augenblick konnte der Transporteroffizier an Bord der Enterprise Kirk eine
erfolgreiche Materialisierung melden. »Die Kisten, die ich auf Taurus II hinuntergebeamt hatte,
sind völlig unversehrt wieder eingetroffen. Nach meiner Meinung können wir die Transporter
auch für den Transport von Menschen verwenden. Sie funktionieren einwandfrei.«
Das war die erste gute Nachricht, seit sie Murasaki 312 erreicht hatten. Kirk drückte auf den
Knopf an seinem Interkom. »Hier spricht der Kapitän. Landekommandos 1, 2 und 3 im
Transporterraum melden zum sofortigen Hinunterbeamen auf die Planetenoberfläche.
Ausrüstung 1-A.«
»Captain, es ist ein sehr großer Planet«, gab der Transporteroffizier zu bedenken. »Wir
müssen sehr viel Glück haben, wenn unsere Landekommandos die Männer finden wollen.«
»Wir müssen uns eben auf unser Glück verlassen. Eine andere Möglichkeit sehe ich nicht
mehr.«
Spock seinerseits dachte nicht daran, sich auf das Glück zu verlassen. Zum dritten Mal
verließ er die Galileo, um sich mit Boma in Verbindung zu setzen. »Haben Sie irgend etwas
Ungewöhnliches gesehen oder gehört, Mr. Boma?«
»Nichts, Sir.«
»Hält Mr. Gaetano mit Ihnen Kontakt?«
»Ich sah ihn noch vor ein paar Minuten dort oben in den Felsen.«
Gaetano war auch von einem anderen Wesen gesehen worden. Dieses Wesen schleuderte
einen großen Felsbrocken gegen seinen Phaser, der ihm aus der Hand geschlagen wurde. Entsetzt
wollte Gaetano ihn wieder aufheben, als einer der großen Speere an ihm vorbeisauste und sich
zwischen ihm und seiner Waffe in den Boden wühlte. Er rannte in eine breite Felsspalte hinein,
die an einer Wand endete. Er drehte sich um, aber er war gefangen. Vor dem Eingang der Spalte
stand eine massige Gestalt, dichtbehaart und ohne erkennbare Gesichtszüge. Langsam bewegte
sich die Kreatur auf ihn zu. Gaetano kreischte laut in panischer Angst.

Spock fand den Phaser, den Gaetano verloren hatte. Als er sich bückte, um ihn aufzuheben,
hörte er über sich in den Felsen ein unterdrücktes Knurren oder Grunzen. Dann war alles still.
Inzwischen hatten McCoy und Boma ihn erreicht. Der Vulkanier streckte die Hand aus. »Mr.
Gaetanos Phaser«, sagte er.
»Sehen Sie hier!« rief Boma.
Der Fußabdruck im losen Geröll war der eines menschlichen Wesens, aber von
furchterregender Größe.
Boma und McCoy starrten ungläubig auf die riesige Fußspur. Spock gab Gaetanos Phaser an
McCoy weiter. »Bringen Sie das Ding zu Scott. Er soll es für seine Bastelei verwenden.«
Boma verlor schon wieder die Beherrschung. »Mehr Bedeutung hat die Sache nicht für Sie?
Nur ein wiedergefundener Phaser?«
Spock sah den Mann erstaunt an. »Erklären Sie bitte, Mr. Boma.«
Wutentbrannt brüllte Boma: »Gaetano ist weg! Kein Mensch weiß, was mit ihm geschehen
ist, und Sie reichen den Phaser weiter, als sei nichts geschehen!«
Spock ignorierte den Ausbruch des Mannes. Er zog seinen eigenen Phaser und reichte ihn
ebenfalls dem Doktor. »Bitte geben Sie meinen Phaser Mr. Scott, für den Fall, daß ich nicht
zurückkomme.«
»Wohin gehen Sie?« fragte McCoy.
Spock sagte: »Ich empfinde eine gewisse… wissenschaftliche Neugier hinsichtlich Mr.
Gaetanos Schicksal. Ich will die Sache prüfen. Und Sie kehren jetzt bitte zur Fähre zurück.«
Mit diesen Worten verschwand er im Nebel. Boma blieb mit offenem Mund stehen und
schaute ihm nach. McCoy schüttelte den Kopf und sagte: »Er riskiert Kopf und Kragen, um
Gaetano zu suchen. Und wenn er ihn noch lebend antrifft, ist es gut möglich, daß er ihm befiehlt
zurückzubleiben, wenn das Schiff abhebt. Was für ein Mann! Lassen Sie uns jetzt zu Scott
zurückgehen.«
Gewandt wie eine Katze kletterte Spock wieder in die Kraterwand und spähte mit seinen
scharfen Augen umher. Dann sah er den Felsvorsprung, auf dem Gaetano lag. Der Mann
bewegte sich nicht. Spock beugte sich über die reglose Gestalt, und als er merkte, was mit
Gaetano geschehen war, verzog er angewidert das Gesicht. Stumm blieb er einen Augenblick
stehen. Mit versteinertem Gesicht nahm er den Toten auf und legte ihn sich über die Schulter.
Dann hörte er wieder das Grunzen und Knurren. Er blickte sich um, sah aber nur das bizarre
Gestein und den dichten Nebel. Er ging weiter. Und plötzlich kam das kratzende Geräusch aus
allen Richtungen. Es bewegte sich mit ihm, verfolgte ihn auf seinem Weg. Er beeilte sich nicht,
sondern behielt ein gleichmäßiges Tempo bei. Unten im Krater erkannte er das Schiff, an dessen
Luke seine Leute nach ihm Ausschau hielten.
Er hatte sie gerade erreicht, als ein Speer gegen den Schiffsrumpf klapperte, ohne den
geringsten Schaden anzurichten. McCoy und Boma rannten zu ihm, um ihm beim Einsteigen zu
helfen.
»Mr. Boma, verriegeln Sie die Luke!« sagte Spock und eilte zum hinteren Ende des Schiffes.
McCoy folgte ihm und nahm ihm den toten Gaetano ab. Boma rief: »Ich sehe einen dort
draußen!« Bootsmaat Mears ging zu ihm und schaute hinaus. Schaudernd schlug sie die Hände
vors Gesicht. »Das ist ja grauenhaft… ein wahres Ungeheuer!«
Auch Spock war zu einem der vorderen Fenster geeilt, um hinauszuschauen. Irgend etwas
krachte gegen den Rumpf. Ein großer Steinbrocken sauste am Fenster vorbei nach unten und
rollte bis an die Kraterwand.
»Bitte sehr, Mr. Spock, nun haben Sie die Antwort auf Ihr humanes Verhalten. Was nun?«
Spock wandte sich um. »Ihr Ton klingt feindselig, Mr. Boma.«
»Mein Ton ist nicht das einzige an mir, das feindselig ist, Sir!«
»Seltsam«, sagte Spock nachdenklich, »dabei habe ich Schritt für Schritt das jeweils
Logische getan.«
McCoy fuhr auf: »Ein bißchen weniger Analyse und ein bißchen mehr Taten! Das ist es, was
wir jetzt brauchen!«
Und wieder donnerte ein gewaltiger Brocken gegen den Rumpf des Schiffes. Er war weit
größer und schwerer als der erste.
»Wie lange noch, Mr. Scott?« fragte Spock. »Noch eine Stunde, vielleicht sogar zwei.«
»Geht es nicht schneller?«
Scott sah ungeduldig von seiner Arbeit auf. »Es dauert nun einmal eine gewisse Zeit, die
Phaserenergie in die Aggregate fließen zu lassen.«
Der Rumpf des Schiffes erbebte nun unter unablässigen, hämmernden Schlägen. Boma sah,
wie die Platten vibrierten. »Und wie lange halten sie das aus?« rief er. »Wir müssen etwas tun!«
Aller Augen ruhten auf Spock. Doch der verriet nicht die geringste Emotion.

Obwohl der Ionensturm nachließ, hatte es doch arg an Kirks Nerven gezerrt, daß das
Sternenschiff durch die ausgefallenen Geräte so lange Zeit fast manövrierunfähig gewesen war.
Der Captain wandte sich schroff an Uhura. »Leutnant, gibt es Neues aus der Sensorenstation?«
»Der letzte Bericht besagte, daß die Sensoren wieder Werte anzeigen, aber es ist ein heilloses
Durcheinander.«
»Ich bin am letzten Bericht nicht interessiert, sondern ich brauche den laufenden!«
»Ja, Sir.«
Kirk schlug sich mit der Faust auf die Handfläche. Als sich die Aufzugstür öffnete, sah er
nicht hin. Er hörte, wie Ferris sich räusperte. »Sie haben noch drei Stunden, Captain!«
»Ich weiß, wie viele Stunden ich noch habe, Kommissar.« »Das freut mich zu hören, aber ich
werde Sie trotzdem immer
wieder daran erinnern.«
»Ich kann Sie nicht daran hindern«, sagte Kirk.
Uhura meldete sich. »Sir, Bericht von der Sensorenstation. Die statischen Interferenzen
verzerren immer noch das Bild. Schätzung der Unzuverlässigkeit 80 Prozent.«
»Radiokommunikation?«
»Wird besser, aber Senden und Empfangen noch nicht möglich.«
»Und was gedenken Sie jetzt zu tun?« fragte Ferris.
Kirks überstrapazierte Nerven rissen. »Was ich zu tun gedenke? Ich werde weitersuchen,
Meter für Meter und Zentimeter für Zentimeter… notfalls bei Kerzenlicht, und das werde ich
tun, solange ich auch nur eine Sekunde Zeit habe! Und Ihnen wäre ich dankbar, wenn Sie sich
von meiner Brücke scheren würden!«
»Ich bin sicher, daß Ihre Vorgesetzten Ihren Fleiß zu würdigen wissen. Ich weiß allerdings
nicht, ob sie genausoviel Verständnis für den Ton haben, in dem Sie einen Hochkommissar
anreden.«
»Hier habe ich das Kommando.«
»Das haben Sie, und zwar noch genau zwei Stunden und zweiundvierzig Minuten.«

Spock dachte nicht daran, sich mit der Faust auf die Handfläche zu schlagen. Immer noch
erschütterten die dumpfen, hämmernden Schläge den Rumpf der Fähre. Aber seine vulkanische
Herkunft ließ ihm nicht die Möglichkeit, Emotionen in sich anzustauen. Bomas Panik war
inzwischen in offene Verachtung gegen Spock umgeschlagen.
Aber auch die anderen zeigten Spock nicht die geringste Sympathie. Nie zuvor hatte sich der
menschliche Anteil in ihm so einsam gefühlt. Aber er ließ es sich nicht anmerken, als er sagte:
»Mr. Scott, wieviel Energie haben wir noch in den Zentralbatterien?«
»Die sind noch in hervorragender Verfassung, Sir. Aber mit ihrer Hilfe können wir nicht
abheben, wenn Sie das meinen.«
»Haben sie noch Energie genug, die Außenhülle des Schiffes zu elektrifizieren?«
Scott grinste breit. »Das haben sie, mein Junge.« Er griff nach einigen Kabeln und stellte den
Kontakt her.
Spock wandte sich an die anderen. »Stellen Sie sich in die Mitte des Schiffes, und berühren
Sie nicht die Platten. Dann sind Sie isoliert.«
Sie gehorchten und schauten zu, wie Scott eine Elektrode an jede der seitlichen Metallstreben
des Schiffes anschloß. Er machte eine zweite Elektrode klar, als sie über ihren Köpfen ein
donnerndes Hämmern vernahmen. Scott nickte Spock zu.
»Alle auf Station!« rief Spock.
Die zweite Elektrode wurde angebracht, und der Stromkreis war geschlossen. Ein
Funkenregen stob auf, und von draußen waren wilde Schreie zu hören. Die riesigen Geschöpfe
brüllten vor Angst und Schmerz. Das wilde Gehämmer hörte auf. Scott unterbrach den
Stromkreis wieder. Er sagte: »Ich wage es nicht, noch mehr Energie zu verbrauchen, denn ich
brauche den Strom für die Initialzündung.«
McCoy sah sich im Schiff um, das nun schweigend und unbelästigt im Krater lag. Die
Wilden waren abgezogen. »Es hat funktioniert.«
»Wenigstens vorläufig«, sagte Spock.
»Vorläufig?«
»Mr. Boma, sie werden wiederkommen, wenn sie merken, daß sie nicht ernsthaft verletzt
sind. Inzwischen prüfen Sie bitte, ob im Heck noch etwas liegt, das wir abwerfen können, damit
wir leichter werden.«
Boma kam wutentbrannt zurück. »Dort liegt Gaetanos Leiche.«
»Die müssen wir zurücklassen«, sagte Spock.
»Nicht, ohne sie zu begraben!«
»Dazu kann ich nicht raten, Mr. Boma. Die Wesen halten sich mit Sicherheit in der Nähe
auf.« Er machte eine Pause. »Die Beerdigung würde die Besatzungsmitglieder unnützen
Gefahren aussetzen.«
»Das möchte ich gern riskieren«, sagte Boma.
Spock sah das seltsame menschliche Wesen an. »Bedeuten Ihnen Ihre kleinlichen
Zeremonien denn so übermäßig viel?«
»Spock, ich würde auch dann auf einem anständigen Begräbnis bestehen, wenn es Ihre
Leiche wäre, die dort hinten läge.«
»Mr. Boma!« McCoys Stimme kam mit aller Schärfe.
Boma drehte sich abrupt zu ihm um. »Ich habe die Nase voll von diesem vulkanischen
Maschinenmenschen!«
Scotts Gesicht war rot vor Wut. »Nun ist es aber genug, Mr. Boma! Mr. Spock ist
Kommandooffizier der Flotte!«
Der Kommandooffizier sprach jetzt betont leise. »Sie sollen Ihre Beerdigung haben, Mr.
Boma… wenn unsere Freunde hier es Ihnen gestatten.«

Landekommando 2 war inzwischen zur Enterprise zurückgebeamt worden. Die Gruppe hatte
auf Taurus II Verluste gehabt. Einer der Männer war tot, ein zweiter verwundet.
»Leutnant Kelowitz, was ist geschehen?«
Kirk hatte den Computer-Bildschirm an Spocks Station aktiviert und sah den Leiter des
Landeunternehmens auf der Mattscheibe. Sein Gesicht zeigte Schmutzspuren, und Kirk bemerkte
seine zerrissene Uniform.
»Wir wurden angegriffen, Sir, von riesenhaften, dichtbehaarten Geschöpfen. Sie sind vier bis
fünf Meter groß…«
»Hatten Sie Verluste?«
»Fähnrich O’Neill wurde tödlich von einem Speer getroffen, bevor wir die Wesen überhaupt
gesehen hatten. Immamura, ein weiteres Besatzungsmitglied, hat eine ausgekugelte Schulter und
schwere Fleischwunden, aber er wird durchkommen. Captain, es wimmelt dort von diesen
Monstren. Wenn die Galileo sich auf diesem Planeten befindet…«
Kirk nickte. »Danke, Leutnant. Sie melden sich besser selbst in der Krankenstation.«
»Aye, aye, Sir.«
Das Bild des Mannes verschwand von der Mattscheibe – und Ferris trat aus dem Aufzug. Er
biß wütend die Zähne zusammen. »Captain Kirk, wenn Sie auf Ihren Chronometer sehen, werden
Sie feststellen, daß er auf 2823,8 zeigt. Die Zeit ist abgelaufen.«
»Kommissar, meine Leute sind noch dort draußen!« sagte Kirk.
»Und was ist mit den Seuchenopfern auf Neu-Paris? Ich übernehme jetzt das Kommando
gemäß Artikel fünfzehn der Notvorschriften für die Galaxis. Ich befehle Ihnen, die Suche
abzubrechen, Captain.«
Kirk sagte: »Die Landefähre Columbus ist noch nicht zurück. Außerdem befinden sich noch
zwei Suchtrupps draußen.«
»Sie haben Ihre Befehle, Captain. Rufen Sie Ihre Suchtrupps zurück und nehmen Sie sofort
Kurs auf Makus III.«
Kirk war geschlagen.
Seine Stimme klang monoton, als er sich an Uhura wandte. »Leutnant, veranlassen Sie den
Transporterraum, die noch auf dem Planeten befindlichen Suchtrupps zum Schiff
zurückzubeamen. Versuchen Sie, Kontakt mit der Columbus aufzunehmen.«
»Kontakt wird gerade hergestellt, Sir.«
»Lassen Sie sie sofort zurückkommen.« Kirk verließ die Computer-Station und kehrte an
seinen Kommandostand zurück. »Mr. Sulu, bereiten Sie den Abbruch der Suche vor. Geben Sie
Kurs auf Makus III ein.«
Ferris verließ die Brücke – und Kirk ließ sich verzweifelt in seinen Kommandantensessel
fallen. Er konnte nichts mehr tun… er konnte auch nichts mehr sagen. Spock, McCoy, Scott –
alle tot, alle elend gestorben auf diesem unheimlichen Planeten. Ob sie einen leichten Tod
hatten? Wahrscheinlich nicht. Uhura mußte ihm zweimal sagen, daß die Sensorenstrahlen wieder
funktionierten.
Es war keine Zeit zu trauern.
»Und die anderen Systeme?« fragte Kirk. »Nichts, Sir, noch immer zu starke Interferenzen.«
Sulu sagte: »Kurs Makus III eingegeben, Sir.«
»Danke, Mr. Sulu. Halten Sie sich bereit. Leutnant Uhura, wann erwarten Sie die
Columbus?«
»In dreiundzwanzig Minuten.«
»Dreiundzwanzig Minuten«, wiederholte Kirk. Dann lehnte er sich auf seine Konsole und
stützte das Kinn in die Hände.

Bootsmaat Mears sah müde und zerschlagen aus. Wieder war es ihr nicht gelungen, Kontakt
mit der Enterprise aufzunehmen. Sie schloß ihren Kommunikator. »Nichts, Sir«, wandte sie sich
an Spock. »Nur ionische Interferenzen.«
Er ging zu Scott. »Wie steht es mit dem Gewicht?«
Scott hatte die Energie des letzten Phasers in die Aggregate übertragen. Er legte ihn beiseite
und sah auf. »Wenn wir jedes nur mögliche Gramm hinauswerfen, können wir in eine
Umlaufbahn gelangen.«
»Und wie lange können wir sie halten?«
»Einige Stunden. Bei richtigem Timing könnten wir die Bahn mit ausreichend Brennstoff
verlassen, um einen gesteuerten Wiedereintritt in die Atmosphäre zu schaffen.«
»Um hier wieder zu landen? Keine sehr attraktive Möglichkeit.«
»Wir haben kaum Alternativen«, sagte Scott. Er beugte sich vor, um die leeren Phaser zur
Seite zu räumen, als Boma und McCoy vom Heck nach vorn kamen. Sie trugen den toten
Gaetano.
»Wie sieht es draußen aus?« fragte McCoy.
Spock schaute aus dem vorderen Fenster und drehte sich zu Scott um. »Wann können wir
abheben, Mr. Scott?«
»Vielleicht in acht Minuten, wenn das Gewicht stimmt.« Spock blickte die anderen an.
»Doktor, Mr. Boma, Ihnen bleiben genau acht Minuten, Gaetano zu begraben. Dann starten wir.
Im Augenblick scheint die Luft rein zu sein – im Augenblick!« Vorsichtig öffnete er die Luke.
»Bitte beeilen Sie sich, ich werde Ihnen helfen.«

Es war der Gedanke an diese großen, behaarten Dinger, der Kirk zu einem Entschluß
kommen ließ. Er rief Sulu. »Mr. Sulu, halten Sie weiter Kurs auf Makus III. Normale
Raumgeschwindigkeit.«
Sulu war erschrocken. »Aber alle Systeme melden klar für Sol-Beschleunigung, Sir. Normale
Raumgeschwindigkeit?«
»Sie haben ganz richtig verstanden, Mr. Sulu. Leutnant Uhura, an alle Sensorenstationen:
Strahlen mit voller Energie nach hinten richten! Ständiger Betrieb, bis auf Widerruf!«
Der Bürokrat Ferris hatte keine Sol-Geschwindigkeit befohlen.

Sie hatten im schwammigen Boden ein flaches Grab ausgehoben. Sie warfen die Grube
gerade wieder zu, als sie alle das kratzende Geräusch hörten. Von den nebelverhangenen Felsen
schallte ein durchdringender Schrei, ein triumphierendes Gebrüll.
»Ins Schiff!« schrie Spock. »Sofort starten!«
Ein Speer traf das Grab. Ein anderer streifte Bomas Schulter. Dann erfolgte ein wahrer Hagel
von Speeren. Spock rannte auf das Schiff zu und sah, wie eine seltsam geformte Axt neben ihm
einschlug. Als er danach griff, wurde er von einem großen Felsbrocken am Bein getroffen.
Spock versuchte aufzustehen, aber das verwundete Bein konnte sein Gewicht nicht tragen. Er
schob sich näher an das Schiff heran und brüllte: »Sofort starten! Sofort starten!«
Boma und McCoy waren an der offenen Luke. Sie sprangen heraus und rannten auf ihn zu.
Wütend bedeutete er ihnen, zum Schiff zurückzulaufen. »Nein! Zurück! Starten! Starten!«
Die Männer gehorchten nicht. McCoy packte Spocks Schultern – und ein Speer pfiff dicht an
seinem Kopf vorbei. Halb trugen, halb schleiften sie ihn, aber sie schafften es, ihn durch die
Luke in das Schiff zu schieben. Boma schloß sie in aller Eile und keine Sekunde zu früh. Einer
der Kolosse warf sich gegen die Fähre und begann, an ihr zu rütteln.
Spock griff sich an das verletzte Bein und starrte seine Retter an. »Ich hatte Ihnen befohlen,
sofort zu starten!«
McCoy, der bereits Spocks Bein behandelte, sagte: »Seien Sie doch kein Narr, Spock. Wir
konnten Sie nicht dort draußen lassen.« Wieder wurde der Rumpf der Fähre mit Gesteinsbrocken
bearbeitet. Spock schob McCoy fort. »Können wir abheben, Mr. Scott?«
»Wir müßten jetzt schon abheben, aber das Schiff bewegt sich nicht!«
Bootsmaat Mears kreischte laut auf. Im Fenster neben ihr tauchte ein riesiges, wildes Gesicht
auf und starrte sie aus roten Augen an. McCoy riß die Blende herunter, und Spock humpelte nach
vorn. Seine Finger glitten über die Kontrollen. »Es scheint, als ob sie das Schiff festhalten«,
sagte er. »Alle Systeme sind in Betrieb, aber wir bewegen uns nicht.« Spocks Hand legte einen
Hebel um. Entsetzt brüllte Scott: »Verdammt, was tun Sie da!«
»Die Verstärker.«
»Dann können wir die Umlaufbahn nicht halten!«
Spock ließ den Hebel einrasten. Das Schiff bäumte sich auf.
Die Nadeln der Instrumente zitterten. Ein letzter wütender Schlag gegen die Rumpfplatten,
haßerfüllte Schreie, und die Galileo schoß nach oben. In Sekundenschnelle hatte sie den Krater
unter sich gelassen.
Bootsmaat Mears vergoß Tränen der Erleichterung. »Wir sind sie los… wir sind gerettet!«
Spock redete. »Ich muß Sie alle daran erinnern, daß wir die Umlaufbahn noch nicht erreicht
haben. Lange können wir die Bahn ohnehin nicht halten. Es ist gut möglich, daß wir in einer
Stunde genau dort sind, wo wir herkommen.«
Aber Spocks Warnung konnte ihnen die Hoffnung nicht nehmen, die das vertraute Bild des
sternenerfüllten Raumes in ihnen entfacht hatte. McCoy betrachtete nachdenklich Spocks ihm
zugewandten Rücken und sagte: »Spock – dort unten –, was hat Sie eigentlich aufgehalten, als
wir angegriffen wurden?«
»Ein außerordentlich interessantes Stück, eine Handaxt, ähnlich denen, die von den Seen-
Leuten auf Athos IV verwendet werden.«
»Selbst wenn Sie sie bekommen hätten, Sie hätten sie doch nicht mitnehmen können. Sie
wiegt bestimmt mindestens hundertfünfzig Pfund.«
Spock wandte sich erstaunt um. »Wissen Sie, Doktor, bis zu diesem Moment habe ich daran
überhaupt nicht gedacht.«
McCoy grunzte. »Ein ermutigendes Zeichen von Menschlichkeit. Es war eine große
Dummheit von Ihnen. Sie hätte Sie fast das Leben gekostet. Wenn wir Sie nicht geholt hätten…«
»Indem Sie kamen, haben Sie den Start verzögert und damit vielleicht die letzte
Überlebenschance aufs Spiel gesetzt, die Sie noch hatten. Es wäre nur logisch gewesen, mich
zurückzulassen.«
McCoy seufzte. »Nun haben Sie wieder Ihren ursprünglichen Gemütszustand erreicht.
Erinnern Sie mich gelegentlich daran, Ihnen zu sagen, daß ich die Nase voll habe von Ihrer
verdammten Logik.«
»Gern, Doktor.« Er prüfte die Instrumente. »Umlaufposition in einer Minute, Mr. Scott.
Brennstoffstand?«
»Fünfzehn Pfund Psi. Annähernd ausreichend für einen Umlauf.«
»Und dann?« fragte McCoy.
Scott schüttelte den Kopf. »Die Verstärker hätten nicht angezapft werden dürfen. Wir können
nicht mehr weich landen!«
»Sie meinen, wir verglühen beim Eintritt in die Atmosphäre des Planeten?«
Spock sagte: »So endet gewöhnlich eine Umlaufbahn, wenn nicht genügend Brennstoff
vorhanden ist.«
McCoy stand auf und ging zu Spock. »Können wir denn gar nichts tun, Spock?«
Der Vulkanier blickte auf. »Die Enterprise ist zweifellos wieder auf ihrem Kurs nach Makus
III. Ich, für meinen Teil, glaube nicht an Engel, die uns auf ihren Schwingen sicher
zurücktragen.«
»Nun, Mr. Spock, so endet also Ihr erstes Kommando.« »Ja, mein erstes Kommando.«
Scott sagte: »Umlaufposition erreicht, Mr. Spock. Bei gegenwärtigem Brennstoffstand haben
wir noch etwa fünfundvierzig Minuten.«
Spock schien allerdings an dieser Information überhaupt nicht mehr interessiert zu sein. Er
nickte nur unmerklich und beobachtete weiter seine Konsole. Dann drehte er langsam den Kopf
zu den anderen um und sah sie an. Sie waren jetzt wieder alle an ihren Stationen… McCoy, das
Mädchen, Boma und Scott. Und sie alle beschäftigten sich, jeder auf seine Weise, mit ihrem so
nahe bevorstehenden Ende. Aber ihre Augen hingen an Spock, als könnte er es auf eine
wunderbare Weise noch verhindern. Wenn er überhaupt hätte schwitzen können, wäre er jetzt
schweißnaß gewesen. Aber er war Vulkanier von Herkunft und Erziehung, und als solcher war
sein Gemüt allen emotionellen Regungen unzugänglich. Nun, in seiner halb menschlichen Qual
nahm er hinter einer Maske aus Stein Zuflucht. Sein erstes und sein letztes Kommando. Seine
Hand streckte sich nach einem Schalter aus.
»Spock!« schrie Scott.
Aber dieser hatte den Schalter schon betätigt. Das Schiff erzitterte, und ein Feuerstrahl schoß
aus dem Heck hervor.
»Was ist geschehen?« rief das Mädchen.
»Er hat den ganzen Brennstoff abgeworfen und gleichzeitig gezündet!« brüllte Scott.
Boma sprang auf. »Sind Sie verrückt geworden, Spock?« »Vielleicht, Mr. Boma.«
McCoy leckte sich nervös die Lippen, bevor er fragte:
»Scotty, wie lange haben wir noch?«
»Sechs Minuten.«

Bei Sulus Aufschrei wandte ihm Kirk sein betrübtes Gesicht zu. »Ja, Mr. Sulu?«
»Der Schirm! Der Schirm, Captain! Es ist wieder etwas zu erkennen! Auf Taurus II!«
Die Nervenanspannung war für alle zuviel gewesen. Sulu phantasierte! »Der Schirm«, sagte
Kirk. Dann betrachtete er ihn. »Sensoren, Mr. Sulu? Ein Meteorit?«
»Nein, Sir. Es bleibt auf einer lateralen Linie! Da ist es wieder! Captain, das Ding hält einen
festen Kurs!«
Ein Flammenstreifen zog seine helle Bahn in der Dunkelheit des Raumes.
Kirk explodierte förmlich. »Kurs hundertachtzig Grad zurück, Mr. Sulu! Leutnant Uhura!
Durchsage an Transporterraum! Alle Transporterstrahlen in Einsatzbereitschaft! Volle
Normalgeschwindigkeit!«
Die Flamme auf der Mattscheibe flackerte noch einmal auf und war nicht mehr zu sehen.
Und an Bord der Galileo saß Spock unbeweglich. Die Hitze wurde stärker. Er fühlte die
verständnislosen Augen aller auf sich gerichtet. Er hatte sie alle vernichtet. Er spürte kaum die
Hand, die menschliche Hand, die sich auf seine Schulter legte.
»Ach, alter Junge«, sagte Scott, »ein feines Glücksspiel… aber vielleicht hat es sich
gelohnt.«
Irgend jemand sagte: »Ich… ich verstehe überhaupt nichts mehr.«
Scott fuhr herum. »Er hat aus dem ganzen Schiff ein Notsignal gemacht – eine Flamme!«
Spock sagte: »Auch wenn dort draußen niemand ist, der es sehen könnte.«
Scotts Hand lag noch immer ruhig auf Spocks Schulter. »Die Umlaufbahn geht zurück. Noch
sechsunddreißig Sekunden bis zur Atmosphäre.«
McCoy trat zu ihnen. »Es war vielleicht die letzte Handlung in Ihrem Leben, Spock, aber sie
war so menschlich.«
»Vollkommen unlogisch, Doktor. Wir hatten keine Chance.« »Genau das meinte ich«, sagte
McCoy.
Ein wimmerndes Geräusch war zu hören. Scott sah Rauch aus der Kontrollkonsole
aufsteigen. Er griff nach oben und zog die Metallblende des vorderen Fensters nach unten.
Die Galileo brannte. Sie zeigte Farben von rotglühend bis orange und weiß. Die in dem
brennenden Sarg gefangenen Männer griffen sich an die Kehle. Sie fingen an zu husten, als sich
die Kabine immer mehr mit Rauch füllte.

Kirk kreuzte die Finger in jenem symbolischen Anruf der irdischen Glücksgöttin. Er sagte:
»Transporterstrahlen aktivieren!«
Dann wartete er. Er spürte, wie ihm der Schweiß ausbrach. Sulu sagte: »Was es auch immer
war, es ist in der Atmosphäre des Planeten verglüht.«
»Ja, das sehe ich doch selbst, Mr. Sulu.«
Hinter ihm sprang Uhura aus ihrem Sessel hoch. »Captain! Transporterraum meldet: Fünf
Personen an Bord! Sie leben.!«
»Sie leben, Leutnant?«
Also hatten die Strahlen sie aufgefaßt. In dem glühenden Inferno der brennenden Landefähre
waren die Männer und das Mädchen ohnmächtig zusammengebrochen und dann im Funkenregen
verschwunden, der sie zur Enterprise zurückbrachte. Kirk bedeckte sein Gesicht mit den
Händen. Dann hob er den Kopf. »Mr. Sulu Kurs auf Makus III aufnehmen. Sol-Faktor eins.«
»Aye, aye, Sir. Sol-Faktor eins.«

McCoy flüsterte mit Kirk. Dann schauten sie beide zu Spock hinüber, der seelenruhig an
seiner Computerstation saß und eifrig seine Instrumente beobachtete.
»Mr. Spock?«
»Ja, Captain.«
»Als Sie Ihren restlichen Brennstoff abwarfen und zündeten, wußten Sie genau, daß praktisch
keine Chance bestand, daß Ihr Notsignal gesehen werden würde. Habe ich also recht, wenn ich
Ihre Handlung als Akt der Verzweiflung werte?«
»Ja, Captain.«
»Verzweiflung ist ein höchst emotionaler Gemütszustand. Wie können Sie sich diesen
Zustand bei Ihnen erklären?«
»Ganz einfach, Sir. Ich prüfte das Problem von allen Seiten. Es war vollkommen
hoffnungslos. Die Logik sagte mir, daß die einzig denkbare Handlung eine verzweifelte sein
mußte. Eine logische Entscheidung, zu der nur Logik führen konnte.« »Sie haben also ganz
logisch erkannt, daß es Zeit war für einen Gefühlsausbruch?«
»Ich würde einen anderen Ausdruck wählen, aber im Grunde sind das die Tatsachen.«
»Sie sind also nicht bereit zuzugeben, daß Sie ein einziges Mal im Leben einer rein
menschlichen, vom Gefühl diktierten Handlung fähig waren?«
»Nein, Sir.«
»Mr. Spock, Sie sind halsstarrig.« »Ja, Sir.«
Kirk stand auf und eilte auf ihn zu, aber er überlegte es sich. Grinsend schüttelte er den Kopf
und akzeptierte einfach die Logik der bestehenden Tatsachen. Spock sah das Grinsen seines
Captains und hob die linke Braue.
Muß Schönheit lügen?

Der Zivilist hieß Lawrence Marvick. Er sprang von der Transporterplattform der Enterprise, und
aus jeder Linie seines kantigen Gesichts sprach Aggression. Kirk trat vor, um ihn zu begrüßen,
und dachte dabei: ›Wovor fürchtet dieser Mann sich nur?‹ Aber seine Stimme klang sehr
herzlich. »Willkommen an Bord, Mr. Marvick. Ich bin James Kirk, der Cap…«
Marvick fiel ihm schroff ins Wort. »Was machen Sie denn hier, Kirk? Sie werden gehen
müssen, bevor der medusische Botschafter eintrifft!«
»Das ist mir klar, Mr. Marvick. Wir haben alle nötigen Vorsichtsmaßnahmen getroffen. Dies
ist Mr. Spock, mein Erster Offizier.«
Marvick sah Spock kurz an. »Ach ja, Sie sind der Vulkanier. Sie können natürlich
hierbleiben, aber Sie, Kirk, und der andere Offizier…«
Scott kam von der Transporterkonsole und schüttelte begeistert die Hand des Gastes.
»Montgomery Scott, Chefingenieur, Mr. Marvick. Nennen Sie mich ruhig Scotty!« Der
Neuankömmling zog seine Hand zurück und sprach Spock an: »Haben Sie Ihr Visier? Sie
brauchen es. Menschen, die einen Medusier nur ganz kurz gesehen haben, sind schon wahnsinnig
geworden.«
Spock verneigte sich. »Danke sehr, Mr. Marvick. Ich werde das Visier tragen.«
Marvicks autoritäres Auftreten begann Kirk auf die Nerven zu fallen. »Wir dürfen den
Botschafter nicht warten lassen«, sagte er. »Mr. Marvick, würden Sie bitte Mr. Scott begleiten?
Sie beide haben ja vieles gemeinsam.«
Als Scott den Mann hinausbegleitete, hörte Kirk ihn noch sagen: »Es ist ein seltenes
Vergnügen, einen der Konstrukteure der Enterprise kennenzulernen. Ich…«
Die Tür schloß sich, und Kirk ging an den Interkom. »Leutnant Uhura, teilen Sie dem
Botschafter und Jones mit, daß wir bereit sind, sie an Bord zu beamen.« Er drehte sich nach
Spock um, der gerade das Sicherheitsvisier von seinem Gürtel löste. »Sind Sie sich auch gewiß,
daß das Ding funktioniert?«
»Es hat sich für Vulkanier als vollkommen wirksam erwiesen, Sir.«
»Ja, aber ich mache mir Sorgen um Ihre menschliche Hälfte. Melden Sie mir, wenn der
Transport vonstatten gegangen ist.«
»Ja. Captain.«
Als er allein war, rückte sich Spock das Visier zurecht. Es bedeckte nicht nur seine Augen,
sondern seine ganze obere Gesichtshälfte. An der Transporterkonsole angelangt, betätigte er die
Schalter der Transporter. Auf der Plattform erschien ein Funkenregen und nahm langsam Gestalt
an. Eine schlanke, junge Frau stand vor ihm. Der Glanz der Stickereien auf ihrem eleganten
langen Kleid paßte zu dem silbrigen langen Haar. Neben ihr stand ein Behälter von mittlerer
Größe. Sie schob ihr rotes Visier hoch und enthüllte schwarzbewimperte Augen von lebhaftem
Blau. Dann hob sich zu Spocks Erstaunen ein weißer Arm zum Vulkaniergruß.
Mit leicht erhobenen Brauen erwiderte Spock den Gruß. »Willkommen an Bord, Botschafter
Kollos«, sagte er. »Ich bin Spock, Erster Offizier.«
Sie trat von der Plattform herab. »Und ich bin Dr. Jones, Dr. Miranda Jones.« Sie zeigte auf
den Behälter, der noch auf der Plattform stand. »Der Botschafter hat die Ehre, Sie zu begrüßen.«
Ohne mit der Miene zu zucken, ging Spock zu dem Behälter und versah ihn mit Antigravs.
Als er sie haltbar angebracht hatte, machte er seinen Bericht an Kirk. »Wir können
weitermachen, Captain.«
Kirk wandte sich an Uhura. »Leutnant, lassen Sie die Schächte zu allen Decks öffnen.«
»Alle Schächte offen, Sir.«
Kirk nahm den Lautsprecher. »Hier spricht der Captain. An alle. Räumungsplan ab sofort in
Kraft. Sofort die Korridore verlassen. Der Botschafter wird jetzt in seine Unterkunft geführt.« Er
betätigte einen Knopf an seinem Interkom. »Mr. Spock, alle Decks sind frei. Sie können
weitermachen.«
Es war klar, daß der Behälter den gegenwärtigen Aufenthaltsraum des medusischen
Botschafters darstellte. Spock nahm ihn vorsichtig aus dem Aufzug und sagte: »Dr. Jones, darf
ich Ihnen zu Ihrem Auftrag, den Botschafter zu begleiten, herzlich gratulieren?«
»Der Auftrag steht durchaus noch nicht fest. Er wird von meiner Fähigkeit abhängen, eine
echte Gedankenverbindung mit dem Botschafter herzustellen.«
»Das wird für Sie eine faszinierende Erfahrung sein.«
Ein Flackern von Unmut war in ihren Augen zu erkennen. »Ich wüßte nicht, daß überhaupt
schon jemand den Versuch einer Gedankenverbindung mit einem Medusier unternommen hat!«
»Niemand hat es je versucht«, sagte Spock. »Ich sprach nur von Gedankenverbindungen mit
anderen Arten, die ich praktiziert habe.«
»Ihre Pflichten als Offizier eines Sternenschiffs erlauben Ihnen wohl kaum solche
Experimente.«
Er betrachtete sie ernst. »Meine Pflichten als Offizier eines Sternenschiffs erlauben mir noch
ganz andere Dinge.«
Nun versuchte sie sich an einem verbindlicheren Ton. »Bei Ihnen ist es ganz offenbar, daß
die Enterprise Gegenstand Ihres hauptsächlichen Interesses ist.« Sie schwieg eine Weile, bevor
sie hinzufügte: »Wissen Sie, Mr. Spock, ich habe gehört, daß Sie den Auftrag hinsichtlich des
Botschafters abgelehnt haben.«
»Ich konnte den Auftrag nicht akzeptieren«, sagte er. »Wie Sie selbst sagten, ist mein Platz
hier. Und das Quartier des Botschafters ist zur Zeit ebenfalls hier.« Er wies auf eine Kabine zur
Rechten.
In der Kabine befand sich ein Podest. Spock stellte die Behausung des Botschafters darauf ab
und entfernte die Antigravs. Per Interkom sagte er dann: »Spock an Brücke. Wir sind im Quartier
des Botschafters, Captain.«
»Danke, Mr. Spock. Leutnant Uhura, Rundruf an alle. Sämtliche Stationen wieder besetzen.«
Er seufzte erleichtert, als er Sulu befahl: »Mr. Sulu, nehmen Sie das Schiff aus der Umlaufbahn.
Sol-Faktor zwei.«
»Sol-Faktor zwei, Sir.«
In der Kabine betrachtete Spock den Behälter. Er trug genau wie Miranda ein Visier. »Dr.
Jones«, sagte Spock, »ich würde sehr gern Botschafter Kollos persönlich begrüßen.«
Sie lächelte. »Es wird dem Botschafter ein Vergnügen sein.« Beide legten nun die Hand an
den Kasten. Dann blieben sie schweigend stehen. Sie konzentrierten sich aufs äußerste. Nach
einer langen Zeit hob sich der Deckel ganz leicht – und ein Licht von reinstem Blau strömte
durch den Spalt. Spock beugte sich vor und schaute in den Kasten. Sofort fuhr er wieder zurück,
aber nachdem er sich von dem Anblick erholt hatte, schaute er erneut hinein. Er lächelte wie ein
Kind, das sich über irgend etwas wundert.
Das Mädchen hatte sein Lächeln bemerkt, und erneut trat dieser Ausdruck von Unmut in ihre
Augen. Der Deckel des Behälters senkte sich wieder. Nun lächelte Spock nicht mehr. Er sagte:
»Fast beneide ich Sie um Ihren Auftrag, Dr. Jones.«
»Lese ich in Ihren Gedanken, daß Sie gern an meiner Stelle wären, Mr. Spock?«
»Nein, aber ich spüre, wie Ihre Gedanken die meinen berühren wollen, Doktor. Sind Sie
Telepath?«
Sie nickte. »Ja, deshalb mußte ich auch auf dem Planeten Vulkan studieren.«
»Natürlich«, sagte er. »Darf ich Ihnen nun Ihr eigenes Quartier zeigen?«
»Ich möchte sehr gern noch etwas hierbleiben. Botschafter Kollos empfindet die Prozedur
des Transports meistens als etwas unangenehm.«
»Unserem Bordarzt geht es genauso.« Spock zeigte auf den Interkom. »Rufen Sie bitte durch,
wenn Sie soweit sind.«
Er verbeugte sich und verließ die Kabine. Sie riß sich heftig das Visier vom Kopf und blickte
zum Behälter hin. Ihr Gesicht verriet Erregung, Zweifel und sogar Angst. »Was hat er gesehen,
als er dich anschaute, Kollos? Ich muß es wissen! Ich muß es wissen!« schrie sie wild.
Die Enterprise hatte sich herausgeputzt. Obwohl das Festmahl Vorbei war, blieben
Gastgeber und Gäste noch lange bei ihren Getränken sitzen. Miranda, in ihrem silberbestickten
Samtkleid, glitzerte im Kerzenschein wie ein kostbarer Juwel. Marvick trug einen Frack. Er
schwieg, aber er beobachtete die Vorgänge aufmerksam.
Kirk goß dem Mädchen Brandy in ihr Kristallglas. »Ich kann nicht verstehen«, sagte er, »daß
man Sie mit Kollos gehen ließ.«
»Wieso, Captain?«
»Ich denke da an die gesamte männliche Bevölkerung der Föderation. Hat denn niemand
versucht, es Ihnen auszureden?«
Sie senkte die schwarzen Wimpern. »Nun… da Sie schon danach fragen… ja.«
»Ich bin froh, daß es ihm nicht gelungen ist«, sagte Kirk. »Denn sonst hätte ich nie das
Vergnügen Ihrer Bekanntschaft gehabt.« Er hob sein Glas. »Sagen Sie, Dr. Jones, ist es für Sie
denn nicht gefährlich, in Kollos’ Nähe zu sein? Kein anderer Mensch kann Kollos auch nur
ansehen, ohne wahnsinnig zu werden, auch nicht, wenn er ein Visier trägt. Wie machen Sie
das?«
»Ich war vier Jahre auf Vulkan, um die geistigen Disziplinen der Vulkanier zu studieren.«
Nun mischte McCoy sich ein. »Sie armes Mädchen«, rief er mit aufrichtigem Mitgefühl.
Spock warf McCoy einen undefinierbaren Blick zu und sagte: »Im Gegenteil, Doktor, ich
finde, die junge Dame sollte sich glücklich schätzen.«
»Vulkanische Disziplin halte ich wirklich nicht für das reinste Vergnügen.«
»Auf Vulkan«, sagte das Mädchen, »habe ich Dinge gelernt, die man woanders nicht lernen
kann.«
»Zum Beispiel Gedankenlesen«, sagte Kirk lächelnd.
»Oder auch Gedanken nicht zu lesen, Captain. Ich mußte erst lernen, wie ich die Gedanken
anderer aus meinem Bewußtsein ausschließen konnte.«
Spock nickte. Miranda streckte die Hand aus, um eine Medaille an Spocks Brust zu berühren.
Spock wich zurück, denn er fürchtete, Miranda könnte sich stechen. »Man sollte nicht
vergessen, daß man mit diesen Galauniformen andere verletzen kann«, sagte er. »Verzeihen Sie
bitte.«
Sie beugte sich zu ihm hinüber. »Ich war nur an Ihrem vulkanischen IDIC interessiert, Mr.
Spock. Soll es mich daran erinnern, daß Sie mit dem Botschafter viel besser eine
Gedankenverbindung herstellen könnten, als ich dazu in der Lage bin?«
Eine Pause betretenen Schweigens folgte. Sie begann hastig zu reden und zu erklären. »Es
muß für einen Vulkanier sehr schwer zu ertragen sein, wenn ein bloßer Mensch diese erregende
Aufgabe wahrnimmt, meine Herren.«
»Sehr interessant«, sagte McCoy. »Es stimmt allerdings, Spock, daß Sie Ihr IDIC sehr selten
tragen.«
»Pille«, sagte Kirk, »es ist sehr unwahrscheinlich, daß unser Erster Offizier die begehrteste
vulkanische Auszeichnung nur trägt, um einen Gast zu brüskieren.«
Spock ergriff nun das Wort, wobei er Miranda offen in die Augen blickte. »Ich trage die
Medaille heute abend Ihnen zu Ehren, Doktor Jones.«
»Tatsächlich?« fragte sie.
»Ja«, sagte er, »so ist es. Trotz der Jahre, die Sie auf Vulkan verbrachten, ist Ihnen der wahre
Symbolgehalt des IDIC entgangen.« Er legte die Hand an die Medaille. »Das Dreieck und der
Kreis… verschiedene Formen, verschiedenes Material und verschiedenes Gewebe… sie
repräsentieren zwei beliebig voneinander verschiedene Dinge, die zusammenkommen, um
Wahrheit oder Schönheit zu schaffen.« Er nahm sein Glas und erhob sich. »Zum Beispiel – Dr.
Miranda Jones, die sich die Disziplinen meiner Rasse zu eigen gemacht hat, um größer zu
werden als die Summe beider!«
Unangenehm berührt sah Kirk, daß sein schöner Gast weder Spocks Galanterie noch seine
Aufrichtigkeit zu würdigen wußte, und rasch wechselte er das Thema. »Zurück zu Ihrem
Auftrag, Dr. Jones. Glauben Sie, daß man eine Möglichkeit finden wird, auf Sternenschiffen
medusische Navigatoren einzusetzen? Das würde manche unserer gegenwärtigen
navigatorischen Probleme lösen.«
»Der Schlüssel dazu ist die auf Vulkan gelernte gedankliche Verbindung. Wenn es uns
einmal gelingt, mit Medusiern eine gemeinsame Intelligenz zu bilden, können die Konstrukteure
von Sternenschiffen – und das betrifft Mr. Marvick – Instrumente bauen, die eine Anpassung
ermöglichen.«
McCoy erklärte: »Es kümmert mich nicht, für wie wohlwollend man die Medusier hält. Aber
ist es nicht selbstmörderisch, sich mit Wesen zu befassen, die so häßlich sind, daß sie Wahnsinn
verursachen?«
»Dr. McCoy«, sagte Spock, »ich sehe, daß Sie immer noch der altmodischen Ansicht der
alten Griechen anhängen, nach der das Gute auch schön sein muß…«
Marvick sprach zum ersten Mal. »Und umgekehrt: daß das Schöne notwendigerweise gut
sein muß.«
»Ich nehme an«, meinte Kirk, »daß die meisten von uns sich zu Schönem hingezogen fühlen,
genauso wie sie das Häßliche meiden. Es ist eines der letzten unserer Vorurteile. Aber, auch
wenn man es mir als Vorurteil auslegen sollte…« Er nahm sein Glas und sah Miranda an. »…ich
trinke auf die Schönheit!«
Alle Männer erhoben sich und tranken. McCoy hob sein Glas ein zweites Mal. »Auf Miranda
Jones, die schönste Frau, die jemals ein Sternenschiff beehrt hat.« Er blickte in die Runde. »Wie
kann sich eine solche Schönheit für den Rest ihres Lebens dazu verdammen, die Häßlichkeit zu
betrachten? Wollen wir das zulassen?«
Die Antwort war ein vielstimmiges »Nein!«
McCoy nahm wieder Platz. »Wir dürfen nicht zulassen, daß sie uns verläßt!«
Miranda lächelte ihn an. »Wie kann ein Mann, der das Leben so genießt wie Sie, Mr.
McCoy, sich dazu verdammen, sein ganzes Leben lang nur Krankheit und Leiden zu sehen?
Können wir das denn zulassen, meine Herren?«
McCoy nippte an seinem Glas und sagte: »Ich trinke mit Ihnen auf alles, was Sie wollen,
Miranda.«
Als Kirk das Glas hob, bemerkte er, daß Marvick das Mädchen anstarrte. Er wollte gerade ihr
Glas wieder auffüllen, als er den Ausdruck des Schreckens in ihrem Gesicht sah und davon
abließ.
Sie stand vom Tisch auf und rief: »Hier ist ein Mör…« Sie brach mitten im Wort den Satz
ab, und die Blume, die sie hielt, fiel zu Boden.
Kirk nahm Miranda beim Arm. »Dr. Jones, was ist mit Ihnen?« Aber McCoy war bereits
neben ihr. »Sie sind krank«, sagte er. »Lassen Sie mich Ihnen helfen…«
Sie entzog sich ihm, und ihr Gesicht hatte den gleichmütigen Ausdruck wiedergefunden.
»Irgend jemand in der Nähe denkt an Mord«, sagte sie.
Schweigen legte sich über die Runde. Kirk fragte: »Wer ist es? Wissen Sie es?«
»Es… ist nicht mehr da. Ich… weiß nicht, Captain. Es ist weg.«
»War es hier im Raum?« fragte Kirk.
Sie blickte sich um. »Ich… weiß nicht, Captain.« Sie schien sich zu beruhigen.
»Captain, macht es Ihnen etwas aus, wenn ich mich jetzt zurückziehe?«
»Ich verstehe Sie, Dr. Jones. Ich werde Sie auf Ihre Kabine…«
Spock unterbrach. »Vielleicht könnte ich Sie zu Ihrem Quartier zurückbringen.«
McCoy starrte Miranda neugierig an. »Vielen Dank, meine Herren«, sagte sie. »Bitte, bleiben
Sie hier und verleben Sie noch einen vergnügten Abend. Es war sehr schön.«
»Schlafen Sie gut, Miranda«, sagte Kirk.
Sie winkte ihnen freundlich zu. Aber McCoy, der sie immer noch besorgt beobachtete, folgte
ihr an die Tür und fragte: »Sind Sie sicher, daß ich Sie nicht begleiten soll?«
»Ja, Dr. McCoy, machen Sie sich keine Sorgen um mich.« McCoy verbeugte sich, ergriff
ihre Hand, die er leicht mit den Lippen berührte, und trat an den Tisch zurück. »Wo ich
herkomme, nennt man das ein Bild von einem Mädchen«, sagte er.
»Ja, sie ist etwas Besonderes«, gab Kirk zu.
»Etwas sehr Besonderes! Und ich schlage vor, daß Sie sie entsprechend behandeln!«
Marvicks plötzlicher Ausbruch versetzte alle in Erstaunen. Er ergriff eine Serviette und legte
sie wieder zurück. »Ich kenne Dr. Jones schon sehr lange und konnte mich von ihren
hervorragenden Eigenschaften überzeugen.« Er hielt inne. »Nun, es war ein langer Tag für mich.
Ich denke, ich werde gehen…«
Dann schloß sich die Tür hinter ihm. Kirk ging auf Spock zu. »Spock, Sie haben sich für den
Anlaß wirklich herausgeputzt. Sehr eindrucksvoll.«
»Ich wollte wirklich nur der Dame meine Reverenz erweisen, Captain.« Er ging zur Tür.
»Gute Nacht, meine Herren.«
Mit ungewöhnlich nachdenklichem Gesicht stand McCoy immer noch an der geschlossenen
Tür. Er betrachtete Kirks gut aussehendes Gesicht. »Das ist nicht nur irgendein Mädchen, Jim,
sei lieber vorsichtig.«
»Das sehe ich doch selbst, Pille.« Kirk grinste. »Sonst noch was?«
»Ach, ich weiß nicht recht… sie scheint so verletzlich.«
Kirk lächelte wieder. »Wir sind alle verletzlich, Pille… auf die eine oder andere Weise.«
»Mag sein, aber sie hat etwas an sich, das mir Sorge macht.«
»Ich werde mich nicht mit dir streiten, Pille. Auf jeden Fall ist sie ein Klasseweib.«
»Gute Nacht, Jim«, sagte McCoy.
Kirk war allein und ging an den Tisch. Er hob die Blume auf, die Miranda verloren hatte, und
steckte sie sich an die Uniformjacke.

Mirandas Kabine war luxuriös ausgestattet. Anmutig, aber ziellos schritt die junge Frau darin
auf und ab. Da hörte sie den Summer.
Sie lehnte sich an die Sprechanlage und fragte: »Wer ist da?« »Larry. Ich muß mit dir reden,
Miranda.« . »Larry, es ist schon spät!«
»Bitte! Es ist wichtig!«
Sie öffnete die Tür. »Gut. Dann komm herein.«
Marvicks Gesicht war eingefallen. Der Mann wirkte verzweifelt. Er schloß die Tür hinter
sich und stand einen Augenblick schweigend vor dem Mädchen.
»Ich dachte schon, das Essen würde nie enden«, sagte er.
Er näherte sich ihr. Sie trat einen Schritt zurück. »Mir hat es recht gut gefallen.« Sie wahrte
ihre Distanz.
»Ich weiß, daß es dir gefallen hat. Mir aber nicht. Du warst viel zu weit von mir entfernt.«
»Larry, ich werde sehr bald noch viel weiter von dir entfernt sein.«
»Rede bloß nicht davon!« schrie Marvick.
»Doch… wir müssen darüber sprechen. Wir haben so wenig Zeit…« Er griff nach ihr, aber
sie wich ihm geschickt aus.
»Bitte, Miranda, geh nicht mit Kollos!«
Sie seufzte. »Larry, wie oft haben wir schon darüber gesprochen. Du mußt es ganz einfach
akzeptieren…«
Marvick versuchte, einen gleichgültigen Klang in seine Stimme zu legen, aber sein
Verlangen nach diesem Mädchen kam zum Ausbruch. »Als ob ich das nicht wüßte! Ich habe
dich immer wieder angefleht; Miranda, wie konntest du mir das antun?«
»Wenn du nur versuchen würdest, mich zu verstehen!«
»Was ich verstehe, ist, daß du eine Frau bist und ich ein Mann, und zwar einer deiner eigenen
Art! Oder denkst du, daß Kollos dir jemals etwas geben kann wie…?« Er riß sie in die Arme und
küßte sie. Aber plötzlich hielt er sie ganz ruhig im Arm, streichelte ihre Wangen, ihren Hals und
ihr Haar.
Sie befreite sich aus seiner Umarmung. »Das hättest du lieber nicht tun sollen«, sagte sie kalt.
Nervös fuhr er sich über das Gesicht. »Verzeih mir bitte. Oh, warum mußte ich dir
begegnen?«
»Ich bin dir gegenüber immer aufrichtig gewesen«, sagte sie. »Ich kann dich einfach nicht so
lieben, wie du es dir von mir erhoffst. Und ich werde mit Kollos gehen. Das ist endgültig!«
»Miranda, um Gottes willen!«
Sie trat an die Tür. »Ich denke, es ist besser, daß du jetzt gehst. Du hast meine Geduld jetzt
langsam ersch…« Sie brach ab und riß die Hand vor den Mund, um ihren lauten Schrei zu
ersticken.
»Du bist es also!« rief sie.
Er senkte den Kopf. Ihr Gesicht war weiß vor Entsetzen. »Das wußte ich vorher nicht! Wer
ist es, den du töten willst? Larry, du darfst solche Impulse nicht für dich behalten! Ich kann dir
helfen…«
»Ach? Nun willst du mir plötzlich helfen! Jetzt weiß ich ja, was ein Mann tun muß, damit du
überhaupt reagierst. Du brauchst einen Patienten und keinen Mann! Dr. Jones, die berühmte
Psychologin! Sei doch zur Abwechslung endlich einmal eine Frau!«
Krachend fiel die Tür hinter ihm ins Schloß. Unschlüssig stand er ein paar Sekunden lang da,
dann schritt er den Korridor hinunter. Sein kantiges Gesicht wirkte entschlossen.
Vor der Tür zum Quartier des Medusiers blieb er stehen.
Zielbewußt und mit festem Griff öffnete er sie.
In der Mitte des Raumes stand der Behälter immer noch auf dem Podest. Ein regelmäßiges,
pochendes Geräusch ging von ihm aus. Wie erstarrt wartete Marvick eine Weile an der Tür, den
Rücken dem Behälter zugekehrt. Dann drehte er sich um und betrachtete den Behälter. Seine
Augen flammten vor Wut. Das pochende Geräusch wurde lauter, als ahne der Bewohner des
Behälters eine Gefahr.
Einen Augenblick lang hielt eine Mischung aus Angst und Faszination Marvick gebannt.
Aber die Schwäche verging. Schnell griff seine Hand zum Phaser an seinem Gürtel. Der Deckel
des Kastens schoß nach oben, und Marvick stand in blendendes Licht getaucht. Er taumelte und
ließ den Phaser fallen. Der Medusier stieg aus seinem Gehäuse empor. Schreiend riß Marvick die
Hand vor die Augen, um sie vor dem verbotenen Anblick Kollos’ zu schützen.

Miranda saß kerzengerade auf ihrer Schlafcouch. Dann faßte sie sich mit der Hand an die
Kehle, sprang von der Couch und rannte panikerfüllt zur Tür. Sie flog förmlich den Gang
hinunter zu Kollos’ Quartier.
In blendendem Licht, das immer noch den ganzen Raum erfüllte, sah sie den Phaser liegen.
Tränen schössen ihr aus den Augen, und sie warf sich mit ausgestreckten Armen vor dem Kasten
auf die Knie und rief immer wieder: »Vergib mir! Kollos, vergib mir!«
Der pochende Rhythmus verlangsamte sich.
Unten im Maschinenraum stellte Scott die Steuerung ein und neben ihm arbeitete einer seiner
Leute. Der Mann wandte sich zur Tür, als diese sich öffnete, und gab Scott einen Wink. Scott
strahlte. »Larry! Kommen Sie herein!«
Zitternd und noch unter der Wirkung des Schocks hatte Miranda den Interkom an der
Kabinenwand gefunden. Kirk hörte ihr unzusammenhängendes Flüstern, sprang von seinem
Kommandosessel hoch und schrie: »Leutnant Uhura, Mr. Spock, Dr. McCoy! Zum Quartier des
Botschafters! Verständigen Sie das Sicherheitspersonal!«
Zwei Wachen sah er bereits an der Tür. Er schlug mit den Fäusten dagegen und rief:
»Miranda… Miranda!«
Spock brachte sein Visier in Ordnung, als die Tür sich öffnete. Auch das Mädchen trug ein
Visier. Sie schien sich ein wenig beruhigt zu haben. Schweigend reichte Miranda Kirk den
Phaser und hob die Maske von den Augen.
»Wurde der Botschafter verletzt?«
»Nein, ihm ist nichts geschehen, Captain.« »Wissen Sie, wer das getan haben könnte?«
»Larry Marvick.«
Kirk starrte sie an. »Marvick? Aber warum denn?« »Der Wahnsinn hat ihn getrieben.«
Spock sprach sehr schnell. »Hat er den Medusier gesehen?« »Ja, Mr. Spock.«
»Dann ist Wahnsinn das sichere Resultat. Ein gefährlicher Wahnsinn, Captain.«
Kirk rannte an den Interkom. Während er Alarmstufe Rot durchrief, überließ Scott Marvick
gerade die Steueranlage. »Sehen Sie zu, wie Sie damit zurechtkommen!«
Kirks gedämpfte Stimme erreichte auch die Maschinenstation. »Captain Kirk an alle. Es
wurde ein Versuch unternommen, Botschafter Kollos zu ermorden. Der Mann ist ein gefährlicher
Wahnsinniger. Es handelt sich um Lawrence Marvick. Äußerste Wachsamkeit! Kirk Ende.«
Scotts Kinnlade klappte nach unten. Er versuchte rasch, Marvick von der Anlage
wegzudrängen, aber beide Fäuste des Mannes trommelten mit der Kraft des Wahnsinns auf ihn
ein.
Scott sackte zusammen.
Das Schiff ächzte unter den gewaltigen Kräften einer plötzlichen Beschleunigung. Auf der
Brücke wurden Kirk, Spock und McCoy durcheinandergewirbelt. Das Ächzen des Schiffes ging
in ein schrilles Pfeifen über, als Kirk zum Interkom sprang.
»Erklären Sie, Mr. Sulu!« fauchte er.
»Das kann ich nicht, Captain. Aber wir fliegen mit Sol-Faktor acht-kommafünf.«
»Und wir beschleunigen weiter, Captain«, sagte Chekov. Spock sah zur Ruderkonsole. »Das
halten die Schutzschilde nicht aus!«
»Leutnant Uhura, stellen Sie mich sofort zum Maschinenraum durch!«
Sie drehte an ihren Schalthebeln und stemmte sich gegen die Konsole. Das Schiff vibrierte
immer stärker. »Captain, ich bekomme keine Antwort.«
Kirk schoß auf Spock zu. »Mr. Spock, können Sie ihnen von hier die Energie abschneiden?«
Spock lag schon auf dem Rücken und griff hinter eine Vertäfelung. »Wir werden es
versuchen, Captain. Mr. Chekov, kommen Sie bitte her, ich brauche Sie.«
Uhura drehte sich um. »Ich habe jetzt den Maschinenraum, Sir.«
»Stellen Sie auf Interkom durch, Leutnant.«
Er hörte Marvicks Stimme. Es war, als ob er sagte: »Wir schaffen es! Wir sind unterwegs!
Wir schaffen es, und wir kommen hier raus!«
Sein irres Lachen war auf der ganzen Brücke zu hören.
Kirk schlug auf den Interkom. »Wachmannschaft! Sofort zum Maschinenraum!«
Miranda tauchte neben ihm auf. »Ich möchte mit Ihnen gehen«, sagte sie.
»Nein.«
»Ich muß, Captain. Ich kann seinen Verstand erreichen.« Nach kurzem Überlegen nickte er.
Im Korridor vor der Maschinenstation versuchten zwei Sicherheitsposten die Tür zu öffnen.
»Er hat sie verkeilt, Captain«, sagte der eine Mann. »Aber wir versuchen…« Es gelang ihnen,
die Tür aufzureißen.
Marvick bediente die Kontrollen leicht und gekonnt. Aber sein Wahnsinn war offenbar.
Stöhnen und Schreie echter Qual wurden von sinnlosem Kichern abgelöst. Als er Kirk ruhig
neben sich stehen sah, lachte er in sich hinein. »Keine Sorge, Kirk. Bald sind wir in Sicherheit.
Weit hinter den Grenzen des Universums. Dort können wir uns verstecken…«
Kirk griff nach den Kontrollen, und Sulus Stimme sagte: »Sol-Geschwindigkeit
neunkommafünf, und wir beschleunigen weiter, Captain.«
Marvick hatte mit einem schweren Metallwerkzeug auf Kirk eingeschlagen, aber der Captain
konnte ausweichen. Nun waren die Wachen über dem Wahnsinnigen und rissen ihm die Hände
auf den Rücken. Scott kam auf die Füße. Noch immer benommen eilte er an seine Kontrollen, als
das Schiff einen Satz zu machen schien. Es hatte die Galaxis verlassen. Ein ohrenbetäubendes
Krachen brach über die Enterprise herein. Dann hing das Schiff plötzlich ruhig im Raum, von
seltsamen Farben umspielt.
Kirk war über das Deck geschleudert worden und stand jetzt langsam auf. Marvick wurde
noch immer von den Wachen festgehalten. Er flüsterte: »Wir sind in Sicherheit. Wir haben es
geschafft, Kirk. Wir sind über die Grenzen der Galaxis hinausgestoßen…«
McCoy hockte noch auf den Knien. Kirk nickte ihm zu. Der Doktor stand auf und öffnete
seine Bereitschaftstasche. Er trat hinter Marvick. Aber die Nadel der Injektionsspritze hatte ihn
kaum erreicht, als er einen so gewaltigen Satz machte, daß die Wachen ihn fast losgelassen
hätten.
Kirk sagte: »Marvick, es wird Ihnen helfen einzuschlafen.« Die gequälte Kreatur schrie laut
auf. »Nein, nein! Wir dürfen
nicht schlafen! Niemals mehr! Sie dringen in die Träume ein. Und dann können sie dich
erwürgen! Kein Schlaf und keine Träume! Nein! Nein!«
Kirk ging zu ihm hin. »Okay, Larry. Kein Schlaf und keine Träume. Kommen Sie mit. Ich
weiß ein besseres Versteck. Ich werde Sie hinführen. Kommen Sie…«
Marvick machte einen verzweifelten Versuch, die Kontrollen zu erreichen. »Wir müssen
Geschwindigkeit aufnehmen, Kirk! Geschwindigkeit! Wir müssen zur nächsten Galaxis! Fort
von hier! Weg!«
Seine wild rollenden Augen sahen Miranda. Er riß seine Arme los und streckte sie nach ihr
aus. Dann brach er zusammen. Kirk bedeutete den Wachen, ihn loszulassen, und stützte ihn mit
seinen eigenen Armen. Marvicks Augen füllten sich mit Tränen. »Miranda… Miranda«, flüsterte
er. »Du… bist hier… bei mir…«
Kirk trug ihn zu einer Bank. Das Mädchen kniete neben ihm nieder und sagte: »Ja, Larry, ich
bin hier.«
Der Wahnsinnige vergrub das Gesicht in den Händen. »Ich glaubte, ich hätte dich
verloren…«
»Ich bin hier Larry.«
Kirk sah zum ersten Mal, wie tief Marvicks Liebe zu diesem Mädchen war. Miranda schaute
zu Kirk auf. »Ich sehe, was er sieht«, sagte sie. Dann wandte sie sich wieder Marvick zu und
sprach ganz leise mit ihm. »Tu’s nicht, Larry. Denke nicht mehr an das, was du gesehen hast.
Denke nicht mehr daran…«
Er stieß einen wilden Schmerzensschrei aus und stieß sie von sich. »Lügnerin! Betrügerin!
Du bist nicht allein! Er ist hier! Er ist hier! Du hast ihn mitgebracht!«
Haß loderte wieder in ihm auf. Er packte das Mädchen an der Kehle. Die Sicherheitswachen
sprangen herbei, um Kirk zu helfen, den Griff des Irren vom Hals des Mädchens zu lösen. Dieses
Mal war McCoy mit seiner Spritze schneller und geschickter.
Kirk zog Miranda hoch. Marvick sah es und sagte ruhig: »Liebe sie nicht. Sie wird dich
töten, wenn du sie liebst. Liebe sie nicht.«
Kirk blickte auf die Frau in seinen Armen und hatte noch Marvicks Warnung im Ohr. Er
hatte Miranda zur Tür getragen, als der Sterbende hinter ihm rief: »Ich liebe dich, Miranda…«

»Wo sind wir, Mr. Spock?«


Der Brückenbildschirm zeigte nur Fetzen von seltsamen, sich immer wieder verändernden
Farben. Spock hob den Kopf von seiner schwierigen Arbeit am Computer. »Weit außerhalb
unserer eigenen Galaxis, wenn man das aus dem Fehlen sämtlicher zurückverfolgbarer
Orientierungspunkte schließen darf.«
»Sie meinen also, wir sind nirgends«, sagte Chekov.
Kirk bewegte sich unruhig in seinem Kommandosessel, als McCoy mit einem Stück Papier
in der Hand aus dem Aufzug kam.
»Darf ich stören, Jim?«
»Natürlich, Pille.«
»Ich habe Marvicks Autopsie durchgeführt. Herzstillstand: Ursache unbekannt. Stillstand der
Gehirntätigkeit: Ursache unbekannt… Soll ich fortfahren?«
»Du meinst, er ist einfach gestorben?«
»Ich meine, er konnte offenbar mit dem, was er gesehen hatte, nicht mehr leben.«
Kirk starrte auf die Mattscheibe, ohne etwas wahrzunehmen. »Oder mit dem, was er fühlte.«
Er erinnerte sich an die wilden Augen voller Tränen und seufzte. Aber hier ging es um andere
Dinge. Er wandte sich an Scott. »Wie schwer ist der Schaden an den Maschinen?«
»Ein paar Reparaturen sind schon notwendig, aber sonst ist das Schiff intakt.«
»Mr. Spock, können Sie uns wenigstens einen Positionsbericht geben?«
»Unmöglich zu berechnen, Captain. Wir haben keine Analysedaten. Unsere Instrumente
scheinen normal zu funktionieren, aber die Anzeigen ergeben keinen Sinn. Bis zu dem Punkt, an
dem wir die Galaxis verließen, sind unsere Aufzeichnungen einigermaßen klar.«
»Dann sollten wir doch zurückfinden können.«
»Wir haben keine Bezugspunkte, an denen wir unseren Kurs zurück ausrichten könnten,
Captain. Wir erlebten extreme sensorische Verzerrungen, und das wird auch wieder geschehen,
wenn wir versuchen, Sol-Geschwindigkeiten zu erreichen. Mit Unterlichtgeschwindigkeit
können wir die Barriere ohnehin nicht überwinden.«
»Ein Verrückter hat uns in die Lage gebracht, und es sieht so aus, als ob wir einen
Verrückten brauchen, der uns hier wieder herausholt.«
»Ein sehr belustigender Vorschlag, Mr. Chekov«, sagte Spock. »Allerdings völlig
unbrauchbar.«
Kirk erhob sich und wandte sich an Spock. »Die Medusier haben die interstellare Navigation
zu einer hohen Kunst entwickelt. Ob Kollos trotz der sensorischen Verzerrung als Navigator zu
gebrauchen wäre?«
»Das ist sehr gut möglich, Sir. Das sensorische System der Medusier unterscheidet sich von
dem unseren grundsätzlich. Vielleicht könnte zur Bereinigung dieser Notlage ich Kollos werden
und er Spock.«
»Erklären Sie das bitte.«
»Eine Verschmelzung, Captain. Eine gedankliche Verbindung, die eine doppelte Wesenheit
schafft. Jeder von uns besitzt das Wissen und die Fähigkeiten des anderen. Wir funktionieren als
ein Wesen.«
»Und welches Risiko liegt darin?«
»Wenn die Verbindung erfolgreich hergestellt wird, besteht eine gewisse Tendenz, die
individuelle Identität zu verlieren. Das wäre ein notwendiges Risiko.« Er zögerte und sah Kirk
an. »Natürlich wird es mir die Dame nicht gestatten, die Verbindung herzustellen.«
»Ich glaube nicht, daß sie irgendwem gestatten würde, in das besondere Verhältnis
einzudringen, das sie mit Kollos verbindet«, sagte McCoy.
»Dr. Jones«, sagte Spock, »hat immer mit äußerstem Widerwillen reagiert, wenn ich mit
Kollos sprechen wollte. In vieler Hinsicht ist sie noch sehr menschlich, Captain. Besonders, was
die Stärke ihrer Eifersucht und ihr Machtstreben anbelangt.«
Kirk sagte nichts, und Spock fuhr fort: »Ihre telepathischen Fähigkeiten sind enorm. Wenn es
überhaupt möglich ist, dann muß ihr Geist auf eine Weise beschäftigt werden, der jeden anderen
Gedanken ausschließt.«
»Ich denke, das wäre zu arrangieren«, sagte Kirk.
McCoy sah ihn an. »Jim, du darfst es nicht zu leicht nehmen. Sie ist äußerst empfindlich.
Wenn du sie hintergehen willst, wird sie es merken.«
»Pille, ich weiß, was auf dem Spiel steht. Und ich habe nicht die Absicht, mit Miranda
Scherze zu treiben.«
Er drehte sich rasch um und verließ die Brücke.

Das Herbarium des Sternenschiffs verströmte den Duft aller möglichen Blumen.
Kirk ließ Mirandas Arm los. »Es mag sentimental klingen, aber hier halte ich mich am
liebsten auf. Dieser Raum erinnert mich so sehr an die Erde.«
»Ich bin noch nie auf der Erde gewesen. Was für schöne Blumen Sie hier haben! Darf ich sie
anfassen, Captain?«
Kirk lächelte. »Aber gern.«
Sie blieb stehen, um ein samtiges Blütenblatt zu streicheln.
»Sie duftet nicht«, klagte sie, zu Kirk gewandt.
»Dann prüfen Sie diese hier.«
Es waren Rosen, weiße, gelbe, blaßrosa und einige fast schwarze. Sie neigte ihr Gesicht
herab zu den wunderschönen Blüten und genoß mit Entzücken ihren Duft. Plötzlich tat sie einen
leisen Aufschrei und riß die Hand zurück. Mit erschrockenem Gesicht hockte sie da und nahm
den Finger an den Mund.
Kirk nahm ihre Hand. »Lassen Sie sehen.«
»Es war nur ein Dorn«, sagte sie hastig und entzog ihm ihre Hand. Kirk nahm sie aber wieder
und rieb sanft den Finger. »Ich wollte Sie heute eigentlich die Dornen vergessen lassen«, sagte
er.
»Es tut nicht mehr weh.«
»Sie brauchen sich keine Vorwürfe zu machen«, sagte er, »weil Marvick Sie liebte.«
Ihre plötzliche Wildheit erschreckte ihn. »Das tue ich auch nicht! Ich habe seine Liebe nie
gewollt! Ich konnte sie nicht erwidern – und ich konnte sie überhaupt nicht gebrauchen!«
Kirk sprach langsam. »Sicherlich werden Sie sich früher oder später nach menschlicher Liebe
sehnen – nach einem Mann, der Sie in Ihrem Leben begleitet.«
Sie strich sich eine Strähne ihres silbrigblonden Haares aus der Stirn. »Wollen Sie wissen,
was die Gesellschaft von Menschen für mich bedeutet? Einen immerwährenden Kampf!
Ständige Abwehr der Emotionen anderer. Wenn ich müde bin und meine Abwehrmechanismen
nicht betätige, dann brechen ihre Gefühle wie ein Sturm über mich herein. Haß, Begierde, Neid
und Mitleid. Ich gebe den Vulkaniern recht. Wilde Emotionen sind eine Art Geisteskrankheit.«
»Sie wollen also den Rest Ihres Lebens mit Medusiern verbringen, um menschlichen
Gefühlen aus dem Wege zu gehen?«
»Vielleicht.«
»Aber Sie sind jung, und Sie sind ein menschliches Wesen. Welch schönen Geist die
Medusier auch haben, er ist Ihnen fremd! Sie werden sich nach dem Anblick eines Menschen
sehnen und nach seiner Stimme. Sie werden die Häßlichkeit leid sein!«
Ihre Augen funkelten unter den schwarzen Wimpern. »Häßlich! Was ist häßlich! Sie haben
Kollos nie gesehen! Wer sind Sie, daß Sie behaupten können, er sei zu schön oder zu häßlich, als
daß man ihn ertragen könnte?«
»Ich wollte Sie nicht kränken, Miranda. Bitte…«
Während sie von einem Rosenstrauch ein Blatt abriß, eilte Spock durch den Korridor zu
Kollos’ Kabine.
Kirk war nicht der Mann, der auf die Verrücktheit dieses Mädchens noch länger eingehen
wollte. »Nun«, sagte er, »über eines sind wir uns einig. Wir lieben beide Rosen.« Er hob das
Blatt auf, das sie fortgeworfen hatte. »Ich wünschte, wir hätten auch den dazu passenden
Mondschein. Ich möchte so gern sehen, wie sich Ihr Haar dann ausmachen würde…« Er streckte
die Hände nach ihr aus, aber sie wich ihm mit einem leisen Lächeln aus.
»Ich sehe schon, Sie sind ein sehr komplizierter Mann, Captain.«
Aber schon hatte er sie in den Armen. »Seien Sie doch fair«, flüsterte er ihr ins Ohr. »Sie
müssen ja nicht wissen, was ich denke, aber ich wollte Ihnen zeigen…«
Sie spannte ihre Muskeln an. Und dann befreite sie sich mit einer Kraft, die er ihr nicht
zugetraut hatte. »Er ist bei Kollos!« rief sie. »Das hätten Sie nicht zulassen dürfen!« Sie wandte
sich ab und rannte zur Tür. Aber er holte sie ein. »Miranda! Sie können doch nicht einfach
weglaufen…«
Sie riß sich los. »Lassen Sie mich gehen! Sie haben ja keine Ahnung!
Sie kennen nicht Spocks gefährlichen Plan! Bitte, bitte, wir müssen ihn aufhalten!«
Kirk lief ihr hinterher.
Spock stand an der Tür zu Kollos’ Kabine. Er sah sich nach ihnen um, als sie aus dem
Aufzug hervorgestürzt kamen. Ernst und völlig beherrscht sah er sie an. »Es geht um die
Enterprise, Dr. Jones. Das kann mit Ihnen überhaupt nichts zu tun haben.« »Wieso? Ich habe mit
Kollos schon gedankliche Verbindung aufgenommen.« Sie warf sich herum und fragte Kirk:
»Warum lassen Sie es zu, daß er sich in Gefahr begibt?«
»Ich habe eine Pflicht, die Sie nicht übernehmen können«, sagte Spock. »Der Faktor, um den
es hier geht, ist nicht irgendeine telepathische Fähigkeit. Das Problem besteht darin, das Schiff
wieder in unsere Galaxis zurückzusteuern, und das ist etwas, was Sie nicht können.«
»Dann bringen Sie es mir doch bei! Ich habe ein ausgezeichnetes Gedächtnis. Wenn Sie es
mir nur ein einziges Mal zeigen, kann ich alle Maschinen und Instrumente bedienen, die es hier
an Bord gibt.«
McCoy kam aus dem Aufzug und eilte auf die Gruppe zu. Er rief: »Einen Augenblick bitte!«
Er sah das Mädchen an und traf seine Entscheidung. »Miranda, Sie können fast alles, was ein
Sehender kann, nur ein Raumschiff steuern können Sie nicht!«
Entsetzt fuhr sie zurück.
»Was?« fragte Kirk.
»Es tut mir leid«, erklärte McCoy. »Aber in dieser Situation hilft nur Realismus. Sie sind
blind, Miranda. Und es gibt einige Dinge, die Ihnen darum zu tun unmöglich sind.«
Spock betrachtete die silberne Stickerei auf ihrem Kleid. »Ah«, sagte er, »ein hervorragend
funktionierendes Sensorengewebe. Mein Kompliment an Ihren Schneider, Dr. Jones.« Auch für
Kirk enthüllte sich jetzt das Rätsel. Sie konnte sich deshalb bei Kollos aufhalten, weil sie den
Medusier nicht sehen konnte.
»Spock wird die gedankliche Verbindung herstellen. Um Ihretwillen wie um unser aller
willen«, sagte der Captain.
»Nein! Ich werde es nicht zulassen!«
McCoy sagte: »Ich beschwöre Sie als meine Kollegin, Dr. Jones. Machen Sie uns bitte nicht
solche Schwierigkeiten.«
»Ich lasse es nicht zu.«
»Wenn keiner von uns Sie überzeugen kann, dann weiß ich einen, der es schafft.« Kirk
benutzte seine Kommandostimme. »Sie werden die Angelegenheit mit Kollos besprechen.«
Sie starrte ihn an. Dann riß sie die Kabinentür auf und warf sie von innen ins Schloß.
Kirk schielte zu McCoy hinüber. »Warum hast du mir das nicht früher gesagt, Pille?«
»Sie hätte es dir selbst gesagt, wenn sie gewollt hätte. Ich mußte ihre privaten
Angelegenheiten respektieren.«
»Man muß an dieser Dame ungewöhnlich viel respek…« Kirk verstummte, als er einen
unterdrückten Schrei aus der
Kabine hörte. Miranda öffnete die Tür. Sie weinte hemmungslos, und schluchzend sagte sie:
»Mir bleibt wohl keine andere Wahl. Ich muß euch gehorchen.«

Die Behausung des Medusiers war auf die Brücke gebracht worden. Eine starre Metallwand
verbarg sie vor den Augen aller. Nur Spock war ausgenommen, und er trug sein Visier.
Die Leute wagten kaum zu atmen. Sogar das Raumschiff selbst schien den Atem anzuhalten.
Das einzige Geräusch war der uralte, majestätische Rhythmus, der von Kollos’
Lebenserhaltungssystem ausging. Allein mit dem schwarzen Kasten, kniete Spock nieder und
hob den Deckel. Das reine, blaue Licht flutete ihm ins Gesicht.
Er legte die Hände fest an den Kasten und lehnte sich vor, bis seine Schläfen ihn berührten.
Dann nahm er den Kopf wieder hoch. Er keuchte und schloß hinter seinem Visier die Augen.
Auf seiner Stirn standen Schweißperlen. Ein Schrei durchfuhr ihn. Dann öffnete er entschlossen
wieder die Augen und ließ konzentriert das Licht auf sich einwirken.
Kirks Hände wurden feucht. Leise wie Katzen warteten McCoy und Sulu. Chekov saß an
Spocks Station und berührte keinen einzigen Knopf. Neben ihm verbarg Uhura das Gesicht in
den Händen.
Jemand flüsterte: »Mr. Spock!«
Spock war hinter der Metallwand herausgetreten und nahm das Visier ab. Er sah frisch aus
und jünger als vorher. Als er sprach, klang auch seine Stimme jünger und wärmer.
»Was für ein Vergnügen, Sie wiederzusehen. Ich kenne Sie ja alle! James Kirk, mein Captain
und lieber, alter Freund…«
Er ging ein paar Schritte auf Kirk zu und schaute sich interessiert um. »Und da ist Leonard
McCoy, ein weiterer Freund. Und Uhura, deren Name Freiheit bedeutet. Uhura, die wie die
Nacht in ihrer Schönheit einherschreitet.«
Ein entsetzter McCoy stöhnte: »Das kann nicht Spock sein!«
Kalt und präzise sagte Spock: »Überrascht es Sie, daß ich Byron gelesen habe, Doktor?«
»Das ist Spock!«
»Eine gedankliche Verbindung, die eine doppelte Identität schafft.« Das waren Spocks
eigene Worte gewesen. »Habe ich… die Ehre, mit dem medusischen Botschafter zu sprechen?«
fragte Kirk.
Ein strahlendes Lächeln erhellte Spocks Gesicht. »Zum Teil. Das heißt – der Teil von uns,
der Ihnen als Kollos bekannt ist. Wo ist Miranda? Oh, da sind Sie ja. Oh, schöne, neue Welt, die
sich solcher Schönheit schmeicheln darf!«
Sie antwortete schroff: »Sie ist Ihnen neu, Mr. Spock.«
Seine Stimme war wie die eines Liebhabers. »Meine Welt ist nur für dich und mich.«
Kirk konnte ihren Gesichtsausdruck nicht deuten, aber sie schien sich eisern zu beherrschen.
In Spocks Gesicht aber lag so viel unverhüllte Zärtlichkeit, daß Kirk seine Blicke abwenden
mußte. Das Mädchen glitt an McCoys Seite, und Spock begab sich zum Kommandosessel.
»Captain Kirk, ich spreche für uns alle, die Sie Medusier nennen. Es tut mir leid, daß ich
Ihnen und Ihrem Schiff soviel Ärger gemacht habe.«
»Wir können Ihnen daran nicht die Schuld geben, Botschafter. Wir sind Ihnen dankbar, daß
Sie uns jetzt helfen.« Das Lächeln verschwand. Spock war wieder da, ruhig und in alter
Verläßlichkeit. »Und nun zu den vorliegenden
Problemen. Mit Ihrer Erlaubnis, Captain.«
Kirk sagte: »Leutnant Sulu, übergeben Sie das Ruder an Mr. Spock.«
»Aye, Sir.«
An Sulus Konsole änderte Spock rasch einige Einstellungen. »Koordinierung komplett,
Captain.«
»Machen Sie weiter, Mr. Spock.«
Die Maschinen begannen wieder zu summen. »Sol-Faktor eins in sechs Sekunden«, sagte
Spock. »Fünf Sekunden…«
Das Schiff nahm Geschwindigkeit auf. »Zwei Sekunden… eine. Zero…«
Das gleißende Licht überflutete die Brücke, der große Knall hämmerte gegen das Schiff, und
Spock brachte die Enterprise wieder in die eigene Galaxis zurück. »Positionsmeldung, Mr.
Chekov«, rief er.
Chekov bekam vor Bewunderung Stielaugen. »Genau ins Schwarze, Mr. Spock! Unsere
Position liegt jetzt so nahe an dem Punkt, an dem wir in die Leere hinausstießen, daß es nicht der
Rede wert ist!«
»Das beendet das Manöver, Captain«, sagte Spock. »Übernehmen Sie, Mr. Sulu.«
Als Spock das Ruder verließ, stand Kirk auf. »Ich danke Ihnen, Botschafter.«
Spock bewegte eine Hand und betrachtete sie interessiert. Ein seltsamer, innerer Glanz
veränderte sein Gesicht. »Wie kompakt eure Körper sind! Und wie viele Sinne ihr habt! Dieses
Ding, das ihr Sprache nennt, ist äußerst bemerkenswert. In so vielen Dingen hängt ihr davon ab.
Aber beherrscht ihr sie auch wirklich?« Ein Ausdruck unendlichen Mitleids trat in sein Gesicht.
»Aber eure Einsamkeit. Ihr seid so schrecklich allein! Wie traurig, daß ihr euer Leben in dieser
Hülle aus Fleisch zu Ende leben müßt, jeder vom anderen getrennt in gräßlicher Einsamkeit…«
Bei Kirk schlug eine Alarmglocke an. Das Risiko einer solchen Verschmelzung war der
Verlust der individuellen Identität. Er drehte sich in seinem Stuhl um. »Botschafter. Es ist Zeit,
die gedankliche Verbindung wieder aufzulösen.«
»Jetzt schon?«
Kirk stand auf. »Sie müssen sich beeilen!« »Sie sind aber schlau, Captain.«
Mit einer lässigen Handbewegung ging Spock zu der Metallwand hinüber und verschwand
hinter ihr mit konzentriertem, undurchdringlichem Gesicht.
Uhura rief. »Captain, die Sternflotte!«
»Sprechverbindung herstellen, Leutnant.«
Eine Radiostimme rief: »Enterprise! Wo haben Sie so lange gesteckt?«
Hinter dem Schirm kniete Spock und tauchte wieder in das klare, blaue Licht. Als Kollos aus
seinem Gehirn verschwand, senkte er mit dem Gefühl eines traurigen Verlusts den Kopf. Er
hörte, wie Kirk sagte: »Geben Sie unsere Position durch, Leutnant, ein detaillierter Bericht folgt
später…«
»Captain!«
Das Grauen in Sulus Stimme ließ den Captain herumschnellen. Er blickte zur Ruderstation
hinüber. Sulu hielt Spocks vergessenes Visier in der Hand.
»Spock!« brüllte Kirk. »Nicht hinsehen! Bedecken Sie die Augen!« Seine Worte gingen
unter, als hinter dem Schirm ein lauter Entsetzensschrei ertönte.

Wieder hörten alle den Schrei. Instinktiv rannte McCoy auf den Schirm zu, aber er blieb
sofort stehen, als er Kirks Stimme hörte: »Nein! Keine Bewegung!«
»Aber, Jim!«
»Keiner bewegt sich!« Kirk sammelte sich einen Augenblick, bevor er rief: »Spock, ist alles
in Ordnung?«
Die Zeit tropfte dahin. Kirk zählte die Sekunden. Dann erschien Spock. Er sah die Männer
aus vor Entsetzen geweiteten Augen an – er war wahnsinnig.
Kirk ging mit ausgestreckten Händen auf ihn zu. »Es ist alles gut, Spock. Bei mir sind Sie in
Sicherheit.«
Aber Spock befand sich in unerreichbaren Gefilden. Er senkte den Kopf und startete einen
wilden Angriff auf Kirk. Er holte zu einem mächtigen Schlag aus, dem Kirk knapp ausweichen
konnte. In seinem zerstreuten und sinnlosen Wahn riß er einen Hebel aus einer Konsole und
schleuderte ihn über die Brücke. Er brüllte wie ein verwundeter Stier und raste hin und her. Kirk
zog seinen Phaser und traf ihn mit einem schwachen Betäubungsschuß.
McCoy rannte zu dem leblosen Körper. Dann schaute er auf. »Er atmet kaum, Jim! Er muß
sofort in die Krankenstation!«

Kirk bedeckte das Gesicht mit den Händen, um das totenblasse Gesicht nicht sehen zu
müssen, das vor ihm auf dem Untersuchungstisch lag. Spocks Gehirn, dessen wunderbare
Fähigkeiten zahllose Niederlagen in glänzende Siege verwandelt hatten, zerrüttet! Verloren für
die Enterprise, verloren für seine Freunde, die ihn so geliebt hatten!
»Miranda«, sagte McCoy. »Wenn es ihr nicht gelingt, in seinen Wahnsinn hineinzutauchen
und ihn der Umnachtung zu entreißen, werden wir Spock verlieren, Jim.«
Kirk konnte der Welt wieder ins Auge blicken. »Vulkanische Verstandestechniken!« Dann
krampfte sich ihm das Herz zusammen. »Sie versuchte Marvick zu helfen. Sie konnte es nicht.
Er ist tot.«
»Das war etwas anderes. Er liebte sie.«
Rastlos schritt Kirk auf und ab. »Würde sie es überhaupt versuchen? Spock ist ihr Rivale. Sie
ist eifersüchtig auf ihn.«
»Sie waren keine Rivalen in der Liebe«, sagte McCoy.
Kirk sah ihn an. »Nein, das stimmt. Pille, ich werde es veranlassen. Misch dich nicht ein,
egal, was geschieht.« Er verließ die Krankenstation und schloß leise die Tür.
Miranda war in ihrer Kabine. Und sie wußte, warum er gekommen war. Telepathie hatte
doch ihr Gutes, dachte Kirk grimmig. Sie machte Erklärungen überflüssig. Als Miranda aus
ihrem Schlafzimmer auftauchte, trug sie ein langes, pechschwarzes Kleid ohne die aufgestickten
Sensoren. Sie war jetzt wirklich blind und mußte an die Tür geleitet werden.
McCoy hatte den Untersuchungstisch fast senkrecht hochgekippt, und Spock war darauf
festgeschnallt. Wächsern und leblos hing er in den Riemen. Kirk führte Miranda zu ihm. »Wenn
Ihre Gedanken sich mit den seinen verbinden, muß es ihn von dort zurückbringen, wo er sich
jetzt befindet«, sagte er.
Sie war fast so bleich wie Spock, als sie sagte: »Sie müssen uns allein lassen, Captain.«
McCoy an seinem Tisch sagte kein Wort. Kirk wartete. Wenn nur diese Erinnerungen an den
Spock von früher nicht immer wieder auftauchen wollten! Und was ging jetzt im
Untersuchungszimmer vor?
Kirk ging in den Behandlungsraum zurück.
Miranda blickte hoch, als sie das Geräusch hörte. »Dr. McCoy?«
»Nein, ich bin es, der Captain.«
»Ich habe keine gute Nachricht für Sie. Seine Lebensfunktionen werden schwächer.«
Die blinden, blauen Augen suchten die seinen. Kirk wappnete sich gegen die Welle des
Mitleids, die ihn wegzuschwemmen drohte. »Und was gedenken Sie dabei zu tun?«
»Sie erwarten zweifellos, daß ich Ihre schlafende Schönheit mit einem Kuß wecke.«
In Kirk erstarb jedes Mitleid. »Man sollte es versuchen«, sagte er. »Er ist ja keine
Maschine.«
»Er ist Vulkanier!« rief sie.
»Nur zur Hälfte. Die andere Hälfte ist menschlich, eine humanere Hälfte, als Sie zu sein
scheinen.«
Sie wandte ihm das Gesicht zu. Es war nur noch eine wütende Fratze. »Machen Sie sich mit
der Wirklichkeit vertraut, Captain Kirk. Sein Geist ist zu weit weg, als daß selbst ich ihn noch
erreichen könnte.«
»Und wenn Sie ihn nicht erreichen, wird er sterben! Wollen Sie das nicht sogar?«
Sie starrte ihn wortlos an. Dann sagte sie mit schwacher und ungläubiger Stimme: »Das ist
eine Lüge!«
»Sie wünschen sich, daß er stirbt!«
Er packte sie hart am Arm. »Was taten Sie auf der Brücke? Haben Sie es nicht verursacht,
daß er sein Visier vergaß?«
Sie riß ihren Arm los. »Sie sind wahnsinnig!«
Wieder ergriff er ihren Arm. Sein Gesicht war maskenhaft starr. »Sie kennen Ihren Rivalen.
Er hatte eine gedankliche Verschmelzung mit Kollos – genau das, was Sie niemals zustande
gebracht haben!«
Sie schlug auf ihn ein. Er umklammerte ihre Handgelenke und hielt sie gewaltsam fest. »Aus
meinen Worten«, sagte er, »sollen Sie die Häßlichkeit hören, die er gesehen hat, als er mit
ungeschützten Augen Kollos anschaute! Tief in Ihnen steckt die Häßlichkeit, Miranda!«
»Lügner! Lügner! Lügner!« kreischte sie.
»Hören Sie zu. Ihre Leidenschaft, Kollos zu sehen, ist Wahnsinn. Sie sind blind. Sie können
ihn niemals sehen. Nie! Aber Spock hat ihn gesehen. Und darum muß er sterben. So ist es doch,
nicht wahr?«
Sie krümmte und wand sich in seinen Armen, aber er gab sie nicht frei. »Sadistischer,
dreckiger Lügner!«
»Sie riechen nach Haß. Sie sind vom Gestank Ihrer Eifersucht erfüllt. Warum erwürgen Sie
ihn nicht, da er doch hilflos vor Ihnen liegt?«
Alle Kraft schien sie zu verlassen. »Nein… nein… bitte, sagen Sie nichts mehr!«
»Kollos weiß, wie es in Ihrem Herzen aussieht. Sie können sich selbst belügen, Kollos
können Sie nicht belügen.«
»Gehen Sie! Bitte… gehen Sie…«
Er ließ sie los. Sie taumelte, aber er half ihr mit keiner Bewegung. Er schloß die Tür hinter
sich.
In seinem Büro stand McCoy von seinem Tisch auf. Kirk sank auf einen Stuhl. Der Captain
war erschüttert und erschöpft.
McCoy legte ihm eine Hand auf die Schulter. »Was hast du ihr gesagt, Jim?«
Kirk hob den Kopf. »Vielleicht zuviel.«
»Was macht sie denn mit ihm? Wenn sie es nicht schafft…« »Ich hätte vielleicht nicht
hineingehen sollen, Pille.« »Jim…«
»Ich habe sie hart angefaßt. In ihrer Dunkelheit. In ihrer Blindheit. Wenn er stirbt…«
»Jim, du darfst dir keine Vorwürfe machen.«
»Wenn er stirbt, wie weiß ich, daß nicht ich an seinem Tod schuld bin? Wie kann ich wissen,
ob sie die Wahrheit vertragen kann?«

Im Raum hinter ihnen war Miranda wieder zu Spock gegangen. Mit den Fingern berührte sie
seine Schläfen. Wütend flüsterte sie: »Hier geht es um Tod oder Leben für uns beide. Hören Sie
mich, Spock?«
Er lag mit offenen Augen in einer Höhle. Über ihm schwebte Miranda, und ihre Haare waren
ein widerliches Nest mit zuckenden Schlangen. Sie zischten, und ihre Fangzähne verspritzten ihr
Gift. Es träufelte ihm ins Gesicht. Diese Miranda lachte satanisch. Das Gift brannte und ätzte.
Dann waren drei Mirandas da. Sie lachten vor Wonne beim Anblick seiner Qualen. Als er die
Hände gegen die Ohren preßte, um ihr häßliches Gelächter nicht mehr zu hören, sah er sieben
Mirandas. Er sank in die Knie und stieß sich die geballten Fäuste gegen die Ohren. Das
Gelächter verstummte.
Aber die Furie ließ nicht von ihm ab. Die Höhle verwandelte sich in einen Tümpel, und eine
Miranda packte ihn an der Kehle. Sie war sehr kräftig, und er war müde. Das Wasser des
Tümpels schlug über seinem Kopf zusammen, und Miranda stieß ihn immer tiefer unter das
Wasser… immer tiefer! Seine Hände hingen schwer herab. Sie wollten ihm nicht mehr
gehorchen. Endlich aber hatte er sie wieder in der Gewalt und konnte sich aus der tödlichen
Umklammerung lösen. Immer mehr zog ihn das Wasser nach unten. Aber seine Seele stieg
empor. Er konnte dem entsetzlichen Tümpel entrinnen. Er war nicht einmal überrascht darüber,
daß Miranda ihm nun half. Er hustete schaumiges Wasser aus der Lunge. Und wie im Traum
hörte er Miranda sagen: »Sie haben sich also entschlossen zu leben.«
Der Deckel eines Behälters öffnete sich, und blaues Licht strahlte aus ihm heraus. Er kannte
dieses Licht. Er wollte in diesen, ihm halb vertrauten Behälter hineinsehen, aber der Deckel
schloß sich wieder.
Er war unsagbar müde. Vor ihm lag eine Tür. Mit seiner letzten Kraft öffnete er sie.
»Spock!«
Er erkannte die Stimme seines Captains.
Spock taumelte ihm entgegen, und im Ansturm seiner wieder von ihm Besitz ergreifenden
Verstandeskräfte erkannte er auch McCoy. Wie gewöhnlich machte der Doktor sich schreckliche
Sorgen. »Wie können Sie denn einfach aufstehen! Setzen Sie sich sofort hin!«
Er setzte sich. Sein Captain verließ ihn, um Miranda zu suchen. Er hörte ihn nach ihr rufen.
Wenn aber eine Miranda in der Nähe war, sehen konnte man sie nirgends.

Mit ganz besonderer Sorgfalt stellte Spock Kollos’ Behausung auf die Transporterplattform.
Seine Hände ruhten eine Weile auf dem Kasten. Es war wie eine letzte Vereinigung mit dem
Medusier. Kirk betrachtete Spocks Hände, und ein warmer Schimmer trat in seine Augen. Er
zeigte auf Spock und sprach mit der jungen Frau, die neben ihm stand. »Ich muß Ihnen für das
Leben dieses Mannes danken«, sagte er.
Er sprach mit einer völlig veränderten Miranda – einer Miranda, die von der gleichen
staunenden Unschuld verklärt war, die auch von Spock Besitz ergriffen hatte, als er seine
Gedanken mit denen Kollos’ verbunden hatte. McCoy war tief bewegt, als er die neue Reinheit
in ihren schönen Zügen entdeckte, und er sagte: »Miranda, nun haben Sie, was Sie sich so
sehnlich gewünscht haben.«
»Ja, ich bin eins mit Kollos.«
McCoy nahm ihre Hand und küßte sie. »Es tut mir so leid, daß Sie uns verlassen müssen.«
Sie ging zu Kirk zurück. »Wir sind am Ende einer ereignisreichen Reise, Captain.«
»Ich wußte nicht, ob Sie überhaupt noch mit mir sprechen würden.«
Das reine Blau des Medusiers strahlte nun aus ihren Augen. »Ich danke Ihnen für meine
Zukunft. Was Sie mir sagten, hat mir wieder zum Sehen verholfen. Ich werde meine Sensoren
nicht mehr benötigen.«
Er nahm eine weiße Rose von der Transporterkonsole und gab sie ihr. »Mein
Abschiedsgeschenk«, sagte er.
Sie legte die Rose an ihre Wange und antwortete: »Es ist gewiß eine ohne Dornen.«
»Ich habe noch keine solche gesehen, Miranda.«
An der Plattform stand Spock in seiner Ausgehuniform. Er trug sein IDIC. Das Mädchen
berührte es. »Nun verstehe ich die Symbolik, Mr. Spock. Das Wunder ist die unendliche Vielfalt
des Lebens.«
Ernst sah er ihr in die Augen. »Und die Möglichkeit, daß unsere Unterschiede sich
miteinander vereinen lassen, um neue Wahrheit und neue Schönheit zu erschaffen.«
Noch während er sprach, betrat sie die Plattform. Spock schob sich zum letzten Mal das
Visier zurecht und hob die Hand zum Gruß der Vulkanier.
Sie gab ihm den Gruß zurück. »Friede und langes Leben für Sie, Mr. Spock.«
»Friede und langes Leben, Miranda.«
An der Transporterkonsole betätigte Kirk persönlich die Schalter, die die Dematerialisierung
einleiteten.
Ein kleiner Privatkrieg

McCoy richtete sich von seiner Blätter- und Wurzelsammlung und den Bodenproben auf und
streckte sich. Dieser Planet war hinsichtlich seiner Vegetation ein medizinisches Eldorado.
Trotzdem war McCoy froh, als sein Kommunikator summte.
Kirk fragte: »Wie lange noch, Pille?«
»Ungefähr noch dreißig Minuten, Jim. Hast du oder Spock etwas gefunden?«
»Bisher keine Anzeichen von Bewohnern. Sammel noch weiter. Kirk Ende.« Als er den
Kommunikator schloß, wies Spock auf einige durcheinandergeworfene Steine an der felsigen
Erhebung, auf der sie standen. »Sind das die affenartigen Fleischfresser aus den Berichten,
Captain?«
Kirk inspizierte die Fährte, richtete sich wieder auf und nickte. »Die Spur ist schon ein paar
Tage alt. Sie bleiben selten lange an einer Stelle. Aber es sind die Gumatos.«
Spock betrachtete den Baumbewuchs, der sich von ihrem Standort aus bis weit in die Ebene
erstreckte. »Abgesehen davon halten Sie diese Gegend für den Garten Eden?«
Kirk grinste. »So erschien es wenigstens vor Jahren einem flotten Leutnant namens Kirk, der
sein erstes Landeunternehmen kommandierte.« Er stutzte, denn er hatte einen Zweig knacken
hören. Dann sah er die Leute. Sie bewegten sich weiter unten einen engen Pfad entlang. Freude
durchfuhr ihn, als er ihren Anführer erkannte. Er wollte gerade »Tyree!« schreien, als er in der
Sonne Gewehrläufe blitzen sah. Feuerwaffen – auf diesem Planeten? Kirk griff nach seinem
Phaser, und Spock sagte ruhig: »Waffengebrauch ausdrücklich untersagt, Captain.«
»Tyree führt diese Leute in einen Hinterhalt! Er ist der Freund, mit dem ich hier gelebt
habe!« Der Captain warf sich herum. Dabei trat er gegen einen großen Stein, der den Abhang
hinunterrollte. Die Leute unten sprangen aus dem Unterholz hoch, Kirk schrie: »Dorfleute!«
Die Gruppe schwärmte aus und eilte in den Schutz der Bäume zurück. Aber einer der
Bewohner hatte sich umgewandt und Spock und Kirk gesehen. Er rief zwei weiteren Männern
etwas zu, und jetzt rannten alle drei den Hügel hinauf auf die Männer von der Enterprise zu.
Dann blieb der erste stehen, um eine Steinschloßmuskete an die Schulter zu reißen. Die Kugel
pfiff dicht an Kirks Kopf vorbei und schlug in einen Felsen ein. Der Mann lud nach – und
inzwischen feuerte auch der zweite Mann. Das heiße Metall traf Spock.
Von seiner Lichtung aus hörte McCoy die Schüsse. Er raffte seinen Kommunikator vom
Boden und sprach hinein: »Enterprise, Alarm! Alarm! Fertig machen zum sofortigen
Hinaufbeamen des Landekommandos!«
Spock lag am Boden. Kirk rannte zu ihm hin und betrachtete die Wunde. Dann riß er den
Phaser aus dem Gürtel.
»Nein, Captain!«
»Spock, sie haben sofort nachgeladen!«
Mit großer Anstrengung kam Spock auf die Beine. »Nein… ich kann gehen.«
Kirk blickte hoch und sah McCoy. Er rief: »Laß uns raufkommen, Pille!« Schon hatte
McCoy seinen Kommunikator offen. »Jetzt, Scotty! Spock ist verletzt. Arzt in Bereitschaft
halten!«
Kirk stützte den halb bewußtlosen Spock. Als sie dematerialisierten, konnten die Dorfleute
nur noch in den Funkenregen starren, in dem die drei Männer verschwunden waren.
Aufgeregt nahm Scott sie an der Transporterplattform in Empfang. »Was ist geschehen,
Captain?«
»Bleigeschoß. Uraltes Gewehr. Sage den Medizinern, sie sollen sofort eine Trage bringen!«
Vorsichtig wurde der taumelnde Spock daraufgelegt, und Schwester Chapel und Dr.
M’Benga schafften ihn weg. McCoy hatte Spocks aufgerissene Brust gesehen und rief ihnen
nach: »Vitalisierer B!« Christine Chapel bereitete in fliegender Hast eine Spritze vor, und
McCoy injizierte sie dem Verletzten in den linken Arm. Als die Schwester in ihre
Bereitschaftstasche griff, wurde Spock gerade bewußtlos. M’Benga ließ seinen Diagnose-
Tricorder über Spocks reglosen Körper gleiten.
Christine sagte zu McCoy: »Druckpackung fertig, Doktor.« Er nahm sie, schob Spocks Hand
nach oben und applizierte sie auf die Wunde. »Glücklicherweise sitzt sein Herz dort, wo
eigentlich die Leber sein sollte – sonst wäre er jetzt tot.« Als Spock die zweite Spritze bekam,
tauchte Kirk auf. »Pille, du bringst ihn doch durch?«
Ohne Vorwarnung schrillten die Sirenen. Überall flammten unheilverkündende rote Lichter
auf, und Uhura? Stimme ertönte über Interkom: »Alle Decks Alarmstufe Rot! Auf
Gefechtsstation! Dies ist keine Übung! Auf Gefechtsstation! Alarmstufe Rot!«
Kirk sprang an den Interkom. »Brücke, hier spricht der Captain.«
»Leutnant Uhura, Sir. Wir haben ein Klingonenschiff auf den Schirmen.«
»Ich bin unterwegs!«
Chekov hatte Spocks Platz am Computer eingenommen. Uhura stand unbewegt an ihrem
Apparat und lauschte aufmerksam. Chekov sah auf, als Kirk erschien. Auch Scott rannte in
diesem Augenblick aus dem Aufzug. »Keine Positionsveränderung, Sir. Sie haben uns vielleicht
nicht gesehen.«
Uhura geriet in Bewegung. »Sie machen eine Routinedurchsage an ihren Stützpunkt. Wir
werden nicht erwähnt, Sir.«
»Dann reduzieren Sie auf Alarmstufe Eins.«
Sie schlug auf den Knopf des Interkoms. »An alle Stationen, gehen Sie auf Alarmstufe Gelb.
Ich wiederhole, Gefechtsbereitschaft aufgehoben. Gehen Sie auf Alarmstufe Gelb.«
Die Sirenen schwiegen. Kirk sah auf den Bildschirm. »Können Sie uns außerhalb ihrer
Sichtweite halten, Scotty?« Scotty veränderte eine Einstellung. »Ich kann es versuchen,
Sir.« Und zu Chekov sagte er: »Taster auf Astrogationskreise schalten.«
»Wir können uns für eine Weile verstecken, Captain«, sagte Scott, »aber wenn wir es lange
tun wollen, müssen wir wahrscheinlich die Umlaufbahn verlassen.«
»Der Klingone bricht die Verträge«, sagte er.
»Nicht unbedingt, Sir. Sie haben dasselbe Recht, ihre wissenschaftlichen Missionen zu
fliegen wie wir.«
»Wissenschaftliche Missionen sind in der Regel nicht die Hauptbeschäftigung der
Klingonen.«
»Das stimmt, Captain, aber da dieser Planet ohnehin ›unter Naturschutz‹ steht, können Sie
nicht beweisen, daß es sich um etwas anderes handelt.«
Kirk runzelte die Stirn. »Als ich vor siebzehn Jahren den Planeten verließ, konnten die da
unten noch kaum einen primitiven eisernen Pflug schmieden. Und Spock wurde von einer
Steinschloßflinte getroffen. Wieviel Jahrhunderte liegen eigentlich zwischen diesen beiden
Entwicklungsstufen?«
Uhura antwortete: »Auf der Erde etwa zwölf Jahrhunderte, Sir.«
»Auf der anderen Seite«, sagte Scott, »wäre ein Steinschloßgewehr die erste Art von
Feuerwaffen, die normalerweise entwickelt werden.«
Chekov sagte: »Und, Sir, die Tatsache, daß man auf der Erde für diese Entwicklung so lange
gebraucht hat, muß doch nicht bedeuten, daß es überall so ist.«
Uhura nickte zustimmend. »Wir haben auf verschiedenen Planeten doch auch die
verschiedensten Entwicklungsraten festgestellt.«
Kirk fauchte: »Diese ganzen Dinge sind mir ja nicht völlig fremd.«
»Wenn die Klingonen tatsächlich dahinterstecken, warum geben sie ihnen dann nicht gleich
Magazin-Lader oder Maschinenwaffen oder sogar die frühen Hand-Laser?«
Wütend unterbrach Kirk: »Ich habe lediglich einen Kommentar gegeben, ich habe keine
Debatte beantragt!«
Aber Scott ließ sich nicht einschüchtern. »Captain, Sie haben eine Anzahl von Kommentaren
gegeben. Und Sie haben immer darauf bestanden, daß wir offen unsere Meinung sagen. Hat sich
das geändert?«
»Es hat sich nicht geändert. Verzeihen Sie, Scotty, aber ich mache mir Sorgen um Spock.
Und ich mache mir auch Sorgen über das, was sich dort unten so sehr verändert hat.« Er stand
auf und ging zum Aufzug. »Sie übernehmen, Scotty. Ich werde in der Krankenstation warten…«
Er empfand sofort die mühsam beherrschte Spannung in der Krankenstation. McCoy,
M’Benga und Christine waren alle um Spock versammelt. Er war noch bewußtlos.
M’Benga sprach. »Wir haben keinen Ersatz für die verletzten Organe, Doktor. Wenn er
gesund werden soll, muß seine vulkanische Physiologie ihm dabei helfen.«
»Ich stimme Ihnen zu«, sagte McCoy und ging in sein Büro.
Kirk folgte ihm. Die beiden Männer sahen einander lange an.
Dann sagte McCoy: »Er kann sterben, er kann aber auch am Leben bleiben. Ich weiß es
wirklich nicht.«
Kirk schritt zwischen der Tür und dem Schreibtisch hin und her. McCoy zeigte zum
Behandlungsraum hinüber: »Doktor M’Benga hat als Internist in einem vulkanischen
Krankenhaus gearbeitet. Spock könnte in keinen besseren Händen sein.«
Kirk zögerte. Dann fällte er eine harte Entscheidung. »Du und ich, wir werden uns zu dem
Planeten zurückbeamen lassen, Pille.«
»Ich kann Spock in einer solchen Situation nicht allein lassen.«
»Eben hast du doch noch das Gegenteil behauptet.« Er stützte die Hände auf McCoys Tisch.
»Dort unten sind Klingonen. Wenn es sich bei ihrem Auftrag um eine legitime Untersuchung des
organischen Potentials des Planeten handelt, bist du der Mann, der das beurteilen kann.«
»Und wenn nicht?«
»Dann werde ich deine Hilfe und deinen Rat benötigen.« Er ging an den Interkom und schlug
auf den Knopf. »Captain an Brücke.«
»Scott hier, Sir.«
»McCoy und ich lassen uns hinunterbeamen. Benachrichtigen Sie das Lager. Wir brauchen
einheimische Kleidung.«
»Captain, ich muß vielleicht die Umlaufbahn verlassen, und das kann jede Minute notwendig
werden. Dann sind wir außer Kommunikatorreichweite.«
Kirk dachte schnell. Ihre Anwesenheit mußte geheim bleiben. Und jeder Versuch, mit dem
Sternflottenkommando Verbindung aufzunehmen, mußte sie verraten. Er konnte nicht erst um
Erlaubnis bitten, die Anweisungen hinsichtlich dieses Planeten negieren zu dürfen. Er mußte auf
eigene Faust und in eigener Verantwortung handeln.
Er trat wieder an den Interkom. »Okay, Scotty, wir werden einen Rendezvous-Plan festlegen.
Kirk Ende.«

Sie materialisierten in der Nähe eines kleinen Wäldchens. Sie schauten sich um, und Kirk
wußte, wo er sich befand. Er erinnerte sich, daß das Wäldchen sich zu einer felsigen Lichtung
öffnete. Tyrees Lager war nur etwa vierhundert Meter entfernt.
Sie stiegen hügelabwärts. Das Terrain vor ihnen wies große Felsblöcke und dichtes
Unterholz auf. Kirk wies auf ein Gebüsch. »Aus den Zweigen der jungen Bäume dort kann man
ausgezeichnete Bogen herstellen. Wir haben unser Holz immer dort geholt.«
»Das ist ja so, als ob du nach Hause kommst.«
»Es wäre gut, Tyree wiederzusehen. Während meiner Jahre hier haben wir uns angefreundet.
Ich wohnte bei seiner Familie und trug die Kleidung dieser Hügelleute. Wir gingen zusammen
auf die Jagd…«
McCoy blieb abrupt stehen. »Okay, Jim. Du hängst an diesem Ort. Verständlich! Du willst
einen alten Freund besuchen. Auch gut! Du glaubst, die Klingonen sind hier, die alles bedrohen,
was du so sehr bewunderst…«
»Pille, das haben wir doch schon hundertmal…«
»Du hast mich um meine Hilfe und meinen Rat gebeten. Nun, ich tue, was ich kann. Jim, ich
bewundere den Captain eines Sternenschiffs, der Befehle mißachtet und seine Karriere gefährdet,
wenn es nötig ist. Obwohl ich bei dieser Entscheidung den emotionellen Anteil sehr hoch ansetze
und den Anteil an Logik sehr gering. Unsere Landung auf diesem Planeten war unnötig und
verstößt eindeutig gegen die Befehle!«
Kirk lächelte ein wenig spöttisch. »Logik? Das könnte Spock gesagt haben.« Er dachte eine
Weile nach. »Ich hänge mit Sicherheit sehr an dieser Gegend. Das ist ganz klar. Insofern habe
ich auch gewisse emotionale Bindungen an diesen Planeten. Aber…«
Wieder unterbrach McCoy. »Spock hätte vielleicht auch geraten, den Planeten
vierundzwanzig Stunden lang zu erkunden, ohne Kontakte herbeizuführen. Wenn du es danach
noch für angezeigt hältst, den Aufenthalt länger auszudehnen, wäre ich auf deiner Seite.«
Kirk betrachtete die ernsten Augen seines Bordarztes. »Okay, Pille, wir lassen uns einen Tag
lang nicht blicken. Wir gehen hier hindurch und…«
Er beendete den Satz nicht. Sie hörten ein heiseres Knurren, und ein riesiges, behaartes
Wesen, das an einen Gorilla erinnerte, brach aus dem Gebüsch hervor. Seine bösartigen Zähne
waren gefletscht. Mit seiner klauenbewehrten Faust, so groß wie ein Schinken, schlug das Wesen
Kirk zu Boden. Dann sprang es auf McCoy zu, der gerade seinen Phaser zog. Der Arzt wurde
gegen die Felsen geschleudert, und die Waffe entglitt seinen Händen. Besinnungslos sank er zu
Boden. Der wütende Gumato stürzte sich nun wieder auf Kirk und warf ihn zu Boden. Der
Captain versetzte dem Wesen einen gewaltigen Tritt in den Leib, konnte sich jedoch nicht
befreien. McCoy hatte inzwischen wieder seinen Phaser in der Hand und feuerte einen
Betäubungsschuß ab. Der Gumato wankte. Dann aber ging er brüllend auf McCoy los. Der
Doktor kniete auf dem Boden. In fliegender Hast stellte er seinen Phaser auf volle Energie ein,
schoß, und das Tier war nicht mehr vorhanden. Aber Kirk lag, ohne sich zu bewegen, unter dem
Felsen. Rasch kroch McCoy zu ihm hin und griff nach seiner Bereitschaftstasche.
»Sprich mit dem Schiff«, flüsterte Kirk. »Ich wurde von seinen… Fangzähnen erwischt…
Gift…«
Der Doktor gab ihm eine Spritze. Dann sprach er in seinen Kommunikator:
»Landekommando an Enterprise, bitte kommen! Enterprise, hier spricht McCoy! Dies ist ein
Notfall! Bitte kommen!«
Auf Kirks Stirn perlte bereits der Schweiß. Das Gift befand sich in seiner Blutbahn. McCoy
mußte sein Ohr an den Mund des Captains legen, um die ersterbende Stimme zu verstehen.
»Sie… haben… die Umlaufbahn… verlassen.«
»Jim, dafür gibt es kein Gegengift.« Wieder machte er eine Injektion. »Ich kann dich mit
diesen Injektionen höchstens einige Stunden lang am Leben erhalten.«
»Tyree… einige von ihnen haben Mittel.« Nach den letzten mit letzter Kraft
hervorgestoßenen Worten fiel Kirk in tiefe Bewußtlosigkeit. Im einsamen Schweigen des
Wäldchens hörte McCoy plötzlich einen Zweig knacken. Drei Männer mit Bogen und Speeren
standen in Reichweite hinter ihm, und in ihren Gesichtern standen Neugierde und Mißtrauen.
»Seid ihr Hügelleute? Kennt ihr einen Jäger namens Tyree?« McCoy zeigte auf Kirk. »Er
wurde von einem Gumato angefallen. Er heißt James Kirk und ist ein Freund von Tyree…« Er
wartete auf eine Reaktion, doch die Männer rührten sich nicht. » Verdammt noch mal, tut endlich
etwas!« brüllte er. »Er stirbt!«
Aber die Hügelleute starrten ihn nur gleichmütig an.
Später jedoch sollte er ihnen noch dankbar sein. Ihre Siedlung war selbst für ein
Nomadenvolk ziemlich primitiv. Sie hatten einige Feuer stellen, Holzschuppen und grobe
Steinkrüge.
Aber die Höhle, in die man Kirks schlaffen Körper trug, war warm.
Und das Lager, auf das er gebettet wurde, war mit weichen Tierfellen ausgelegt. Er war
schweißnaß am ganzen Körper. Bald verfiel er in immer heftigeres Zittern. McCoy wandte sich
an den Mann, der ihn in die Höhle geführt hätte. »Yutan, mehr Felle – Wolldecken. Er muß
warm liegen.«
Als die Felle gebracht wurden, breitete McCoy sie sorgfältig über den Captain. Tyrees Frau,
so hieß es, besaß ein Mittel gegen das Gift des Gumato. Aber weder sie noch ihr Mann waren in
der kleinen Ansiedlung.
Kirk befand sich in den ersten Stadien des Deliriums. Es würde bald seinen Höhepunkt
erreichen. Dann kam das Koma, und wenig später würde der Tod eintreten.

Tyree und seine Frau hockten im Schatten eines Felsvorsprungs und beobachteten eine Reihe
Dorfbewohner, die mit Steinschloßgewehren einen Pfad entlanggingen. Obwohl die Haare der
Frau nie einen Kamm gesehen hatten, wirkten ihre feingeschnittenen Züge intelligent und zeigten
wilde Schönheit. Sie lehnte sich gegen Tyree und flüsterte eifrig auf ihn ein. »Wir müssen
dieselben Feuerhölzer haben, Mann.
Wir könnten ihnen ihre Sachen wegnehmen, ihre Pferde, und sie dann töten!«
»Genug!« wies er sie zurück. »Es wird Zeit, daß die Dorfbewohner wieder Frieden
miteinander machen.«
Sie sah neben sich eine kleine Pflanze. Mit ihrem scharfen Messer grub die Frau die Wurzel
aus. »Wann ist die Zeit?« fragte sie. »Wie viele von uns müssen noch sterben, während wir auf
die Zeit warten?«
Tyree öffnete ihre kleine Ledertasche. Als sie die Wurzel hineinfallen ließ, sagte sie: »Ich bin
eine Kahn-ut-tu-Yrzu, Tyree! In diesem ganzen Land gibt es nur wenige von uns. Die Männer
wollen uns zur Frau, weil sie durch uns große Führer werden!«
Er lächelte sie an. »Ich nahm dich als Frau, weil du mich verzaubert hast, Nona.«
Sie zog ein seltsam geformtes Blatt aus der Tasche. »Und ich habe Zaubermittel, die dich an
mich binden.« Sie zerrieb das Blatt zwischen den Fingern, bis der schwere, süßliche Geruch an
ihren Fingern haftete. »Erinnerst du dich an den Geruch in der Nacht, als wir am Wasser
schliefen?«
Er stieß sie von sich. »Ja, die Nacht des Wahnsinns.«
Sie streichelte sein Gesicht mit ihren duftenden Fingern. Seine Lider senkten sich. Sie
schmiegte sich an ihn. »Wahnsinn? Gefiel dir dieser Wahnsinn denn nicht?«
»Nein«, seufzte er. »Nein, Nona, es ruft aus meiner Seele die wildesten Tiere hervor…«
»Nur ein wildes Tier – meinen lieben, wilden Tyree… du mein starker, wütender Mann.«
Seine Arme umschlangen sie. Er zog sie auf das Laub herab, als Yutan durch die Bäume
herbeigelaufen kam. Er blieb vor den beiden stehen. Nona blickte auf. Und bei ihrem Blick fuhr
Yutan erschrocken zusammen.
»Ver… ver… verzeiht mir, aber es sind Fremde im Lager, und der eine wurde von einem
Gumato gebissen. Der Mann stirbt.«
Nona war aufgestanden. »Fremde? Erzähle.«
»Der sterbende Mann soll ein Freund von Tyree sein. Es ist schon lange her.«
Tyree bekämpfte noch immer die berauschende Wirkung des Blattaromas, aber Nona hatte
sich wieder vollkommen in der Gewalt. »Der ist es!« sagte sie. »Ich gehe. Bring Tyree, wenn
sein Kopf wieder klar ist.«

Kirk stöhnte und schrie. McCoy ging zum Eingang der Höhle. Die neugierige Menge war
inzwischen verschwunden. Der Arzt zog seinen Phaser, zielte auf einen der großen Felsblöcke in
der Nähe und drückte ab. Der Felsen glühte rot auf. McCoy beugte sich über den Phaser, um ihn
anders einzustellen – da schlüpfte Nona wie ein dunkler Geist in die Höhle. Sie sah von dem
glühenden Stein zu der Waffe in McCoys Hand und trat in den Schatten zurück. Fasziniert
schaute sie zu, wie der Arzt auch auf den anderen Felsblock schoß. Dann wandte sie sich ab und
verließ schweigend die Hütte.
Auch Tyree und Yutan kamen jetzt herbeigelaufen. Sie hatten ebenfalls die glühenden Steine
gesehen. Nona streckte eine Hand aus. »Halt!« rief sie. »Soll ich ihn retten?«
Ihr Ton ließ ihn stehenbleiben. »Du mußt ihn retten!« rief er. »Er ist ein Freund aus meinen
frühen Tagen!«
Sie hatte ein Wunder erlebt… einen Feuerstock von wunderbarer Kraft, und sie erkannte eine
Chance. Eine Kahn-ut-tu-Yrzu machte nun eben Gebrauch von wunderbaren Möglichkeiten.
»Für meine Mittel«, sagte sie, »benötige ich alles Wissen über die Männer, die ich heilen
soll. Ich muß also alles über deinen Freund erfahren.« Tyree schüttelte den Kopf. »Ich habe ihm
mein Wort gegeben zu schweigen, Nona. Er war mein Bruder.«
»Und ich bin dein Weib – seine Schwester. Ich verspreche ebenfalls zu schweigen. Schnell,
Tyree, sonst stirbt er.«
Spock war noch nicht wieder zu sich gekommen. Christine trug immer noch ihr besorgtes
Gesicht zur Schau und blickte ängstlich auf die Lebensfunktionen, deren Werte weiterhin
bedrohlich niedrig lagen. Sie nahm seine Hand, und dann sagte sie Worte, die sie selbst nicht
erwartet hatte. »Mr. Spock… Sie haben mich kaum je bemerkt, und das können Sie natürlich
auch nicht, aber ich würde gern mein Leben geben, um Sie zu retten!«
Die Tür zum Krankenzimmer öffnete sich. Rasch ließ die Schwester Spocks Arm wieder
sinken, aber M’Benga hatte es schon gesehen. »Lassen Sie sich von den Anzeigewerten nur nicht
allzusehr beunruhigen. Ich habe das bei Vulkaniern schon oft gesehen. Es ist ihre Art, ihre ganze
Kraft auf die verletzten Organe zu konzentrieren.« Er betrachtete das blasse Gesicht auf dem
Kissen. »Eine Art von selbstinduzierter Hypnose.«
»Sie glauben also, er ist tatsächlich bei Bewußtsein?«
»In gewisser Beziehung. Er weiß, daß wir hier sind, und er hört, was wir sagen. Er kann seine
Konzentration jedoch nicht von dem Gewebe ablenken lassen, das er heilen will. Ich nehme an«,
fügte er hinzu, »daß er sogar weiß, daß Sie seine Hand gehalten haben.«
Er ließ sie allein. Er hatte die leise Röte nicht gesehen, die ihr bei seiner letzten Bemerkung
ins Gesicht gestiegen war. Dann sagte sie zu dem bewußtlosen Spock: »Sir, eine gute Schwester
hält immer die Hände ihres Patienten. Das beweist ihm, daß sie interessiert ist.«
Nach dieser Lüge fühlte sie sich wesentlich besser.

Die Felsen kühlten langsam ab. Aber es war noch sehr warm in der Höhle. McCoy wischte
sich den Schweiß aus dem Gesicht und schob ein Augenlid Kirks nach oben. Er schüttelte den
Kopf. Dann legte er eine Wolldecke bereit und wartete. Plötzlich standen Nona und Tyree vor
ihm.
Der Mann begann sofort zu reden. »Ich bin Tyree.« Er ging zu Kirk wie einer, der das Recht
dazu hat, und beachtete die glühenden Felsen nicht weiter. Aber McCoys Interesse konzentrierte
sich auf Nona. Sie entleerte gerade den Inhalt ihrer kleinen Tasche auf den Fußboden. Dann trug
sie alles zu einem flachen Stein. McCoy trat heran, um Nona über die Schulter zu sehen. »Und
ich bin Tyrees Frau«, sagte sie, ohne sich umzudrehen.
Auf dem flachen Stein lag eine nasse, mit offenen Sporen bedeckte Wurzel. Nona zog ihr
scharfes Messer und drückte die flache Klinge auf die Wurzel. Dann legte sie sie auf die
Messerschneide und sagte kurz: »Eine Mahko-Wurzel.«
»Eine Pflanze?« fragte McCoy. »Sie bewegt sich!« »Für einen, der sie zu finden und zu
sammeln weiß.«
Tyree kniete neben Kirk, und sein Gesicht verriet echte Besorgnis. Als Nona an das Lager
trat, machte Tyree ihr Platz. Die Wurzel bewegte sich immer noch auf dem Messer. Als Nona
mit der freien Hand Kirks Kehle berührte, öffnete sich sein Mund ein wenig. Sie beugte sich
vorsichtig über ihn und blies ihm ihren eigenen Atem in den Mund. Dazu flüsterte sie: »Nimm
dies aus meiner Seele… dies aus meiner Seele… in deine Seele…«
McCoy war schockiert. Er wandte sich an Tyree und schrie entsetzt: »Ich dachte, sie hätte ein
Heilmittel!«
»Schweig!« sagte der Mann streng.
Nona blies noch mehr von ihrem Atem in Kirks Mund. Dazu murmelte sie wieder ihre
seltsamen Beschwörungen. »Tief… tief… tief… wir müssen ganz eins werden…«
Zu McCoys Erstaunen hatte Kirk angefangen, im gleichen Rhythmus wie die Frau zu atmen.
Aber das mystische Element in ihrer Beschwörung störte ihn sehr. Er wollte schon auf Kirk
zugehen, als Tyrees starker Arm ihn aufhielt. Er sah, wie Nona die Stelle entblößte, wo die
scharfen Fänge des Gumato zugebissen hatten, und mit der sich krümmenden Wurzel auf die
Bißwunde schlug. Dann schnitt sie sich mit dem Messer tief in die eigene Hand, drückte das Blut
heraus und ließ es auf die Wurzel tropfen. Dazu stöhnte sie laut vor Schmerz. Kirk stöhnte
gleichzeitig mit ihr, als empfände er die Schmerzen selbst. Sie schloß die Augen. Hin und her
schwankend sang sie: »Zusammen… dein Schmerz ist mein… zusammen… deine Seele in
meiner… zusammen… zusammen… zusammen…«
Beide atmeten nun in perfekter Harmonie. Und beiden schien diese Übung offenbar
Erleichterung zu verschaffen. Nona riß die Augen wieder auf. »Kehre zurück… es ist vorbei…
kehre zurück… es ist vorbei… kehre zurück…«
Und plötzlich öffneten sich wirklich Kirks Augen. Sein Gesicht nahm einen ruhigen
Ausdruck an.
Sehr lange blieb Nona ganz nahe bei ihm. Dann nahm sie ihm ganz langsam die Hand von
der Schulter und streckte sie aus. An ihrer Hand war keine Schnittwunde mehr zu erkennen. Nur
die Reste der Wurzel, die jetzt stark geschrumpft erschien. Nona stand auf und machte McCoy
Platz. Aber er brauchte Kirks Schulter nicht zu betrachten. Er wußte, was er finden würde. Kirks
Schulter war vollkommen geheilt! Nicht die Spur einer Wunde war mehr zu sehen.
Kirk lächelte. »Ich hatte einen ganz seltsamen Traum«, sagte er leise.
»Wie fühlst du dich, Jim?«
»Ich bin nur müde, sehr müde. Das hast du gut gemacht, Pille.«
Er war schon eingeschlafen. McCoy sah, daß Tyree Nona stützte.
»Danke, daß Sie ihn gerettet haben. Davon möchte ich gern mehr lernen…«
»Sie muß jetzt auch schlafen«, sagte Tyree.
»Muß ich noch auf irgend etwas ganz besonders achten? Gibt es Nachwirkungen, oder
besteht noch Gefahr?«
Nona antwortete mit schwacher Stimme. »Unser Blut ist ausgetauscht… durch die Mahko-
Wurzel… unsere Seelen waren zusammen… Er gehört mir.«
Erschrocken fragte McCoy Tyree: »Meint sie, was sie sagt?« »Wenn ein Mann und eine Frau
auf diese Weise zusammenkommen, kann er ihr keinen Wunsch abschlagen.
Aber es besteht keine Gefahr, es ist nur eine Legende.« Er lächelte schwach.
Als Tyree sie aus der Höhle führte, ging sie ganz dicht an McCoy vorbei. Ihre Lider waren
schwer vor Erschöpfung, aber sie hatte einen Ausdruck im Gesicht, der McCoy beunruhigte und
zu sagen schien, daß sie irgendeinen großen Sieg errungen hätte. Und als er Kirks befriedigtes
Lächeln sah, verstärkte sich sein ungutes Gefühl.
Dieses Gefühl machte ihm so sehr zu schaffen, daß er nachts davon aufwachte. Sein erster
Gedanke galt Kirk. Die Höhle war in tiefe Nacht getaucht. McCoy griff seine Ausrüstung und
tastete sich zu Kirks Lager hinüber. Es war leer!
Einen Augenblick lang blieb er schweigend stehen, dann trat er an den Höhleneingang und
versuchte, sich in der Dunkelheit zu orientieren. Die Anlage des Lagers war ihm nur notdürftig
vertraut. Zu seiner Linken sah er den etwas dunkleren Schatten irgendeiner Konstruktion. Sie
erwies sich als eine Art Stellwand. Die noch glimmenden Aschenreste der Feuer zeigten ihm die
Umrisse zweier Schläfer. Eine dritte Gestalt stand über den beiden.
»Jim«, flüsterte McCoy.
Einer der Schläfer erwachte und rollte sich in eine Hockstellung. Es war Tyree. Er starrte
McCoy an, sprang auf, drehte sich um und sah Kirk, der neben seiner schlafenden Frau stand.
Kirk hielt die Augen geschlossen wie ein Schlafwandler.
»Jim!« McCoy nahm Kirks Arm und schüttelte ihn. Kirk öffnete die Augen und sah sehr
überrascht aus. »Alles in Ordnung, Pille. Ich fühlte mich besser und wollte mir ein bißchen die
Beine vertreten.« Er erkannte Tyree und strahlte vor Freude. Er rief: »Tyree, bist du es, mein
alter Freund!« Mit den Händen packte er den anderen bei der Hand. Nona war wach geworden.
Tyree warf ihr einen raschen Blick zu. Es entstand eine kleine Pause, bis er sagte: »Ja, James, es
ist gut, dich wiederzusehen.«
»Aber wie komme ich hierher? Was hat…? Nein, jetzt weiß ich es wieder. Ich war krank. Es
war ein Gumato-Biß.« Er zeigte auf McCoy. »Ich habe es dem Doktor erzählt. Ich bat ihn, mich
zu Tyrees Lager zu bringen. Ich wußte, ihr würdet einen Kahn-ut-tu finden, der mich heilen
würde.« Er wandte sich an McCoy. »Die Kahn-ut-tu sind eine Art örtlicher Zauberheiler, die die
Wurzeln und Kräuter hier studiert haben.«
»Und ich bin eine Kahn-ut-tu-Frau, Captain.« Nona lächelte Kirk an. »Ich habe Sie geheilt.«
Ihre Augen fanden sich, und Tyree sagte stolz: »Nona, meine Frau.«
»Ja, natürlich«, sagte Kirk. »Deine Frau.«
McCoy sagte: »Tyree ist der Anführer der Hügelleute hier.« Kirk lächelte seinen Freund an.
»Ich gratuliere dir zu beidem.«
»Du brauchst Ruhe, Jim.«
»Ruhe? Ich habe mich selten besser gefühlt!« Kirks Gesicht wurde ernst. »Tyree, können wir
uns unterhalten? Ich will alles über die neuen Waffen der Dorfbewohner erfahren. Wir müssen
dann Pläne machen.«
Nona mischte sich ein. »Gut, es ist höchste Zeit.«
Tyree nickte. »Es ist sehr viel geschehen, seit du fortgingst. Komm, wir wollen darüber
reden.«
»Aber wir wollen auch etwas tun!« sagte Nona.
Tyree sah sie an. Schweigend schritt er dann den anderen voran.

Spock lag noch immer blaß und reglos da.


Dr. M’Benga betrat die Krankenstation. Er nickte Christine zu und neigte sich dann über
seinen Patienten. »Hier ist Dr. M’Benga, Mr. Spock. Ab sofort wird ständig jemand in Ihrer
Nähe sein. Wenn es Zeit ist, wird man mich rufen.« Er richtete sich auf. »Schwester, Sie bleiben
bitte hier. Sobald es Anzeichen gibt, daß er zu sich kommt, rufen Sie mich bitte. Und nachdem
Sie mich verständigt haben, tun Sie alles, was er sagt, wenn er mit Ihnen spricht.«

Tyree hielt sein Versprechen, Kirk über die Feuerwaffen vollständig zu informieren. Er
begann: »Vor weniger als einem Jahr kamen ihre Feuerstöcke zum erstenmal zu den
Dorfbewohnern. Seit der Zeit, mein Freund, ist nahezu jeder dritte von uns getötet worden.«
Kirk lehnte sich über den groben Tisch. »Aber du sagst, sie stellen die Feuerstöcke selbst
her? Bist du da ganz sicher?«
»Wir waren in ihren Dörfern und haben gesehen, daß sie es tun.«
»Tyree«, schaltete McCoy sich ein, »haben Sie bei den Dorfbewohnern Fremde gesehen?«
Tyree schüttelte den Kopf. »Nie!«
Hinter ihnen war Nona ungesehen in die Hütte geschlichen und hatte sich in einer dunklen
Ecke versteckt. Sie sah, daß McCoy sich an Kirk wandte. »Inzwischen«, sagte er, »hast du hier
Kontakt aufgenommen. Sollte es sich herausstellen, daß wir diejenigen waren, die die Verträge
gebrochen haben, geht es um deine Karriere, Jim.«
»Vielleicht, Pille. Aber man braucht kein ganzes Regiment Klingonen, um ihnen
beizubringen, wie man primitive Gewehre herstellt.«
»Ein einzelner wäre zu langsam und würde nicht viel ausrichten, wenn sie wirklich diesen
Planeten haben wollen.«
»Aber es wäre viel klüger«, sagte Kirk. Er sprach zu Tyree. »Kannst du uns zu ihrem
nächsten Dorf bringen, solange es noch dunkel ist?«
Tyree zögerte. »Im Dunkeln sind auch die Gumatos unterwegs, und wenn ihr einen getötet
habt, ist der Partner bestimmt noch in der Nähe.«
Kirk legte seinen Phaser auf den Tisch. »Du hast gesehen, welche Wirkung diese Waffen
haben. Solange nur sonst niemand sieht, daß sie gebraucht werden.«
Rasch steckte Kirk seinen Phaser wieder ein. Nona wandte sich an McCoy. »Ich habe
gesehen, wie Sie mit diesen Waffen die Steine zum Glühen gebracht haben.« Ihre Augen suchten
Kirk. »Und ich weiß, ihr habt viele Möglichkeiten, Tyree zu einem bedeutenden Mann zu
machen.«
McCoy sah sie an. »Viele Möglichkeiten?« Er wandte sich an Tyree: »Was weiß sie denn
sonst noch über uns?«
»Oh, ich weiß sehr viel. Tyree hat mir viel erzählt«, erklärte Nona. Sie lächelte Kirk an. »Es
war der Preis dafür, daß ich Ihnen das Leben gerettet habe, und Sie dürfen ihm keine Vorwürfe
machen.«
Der Doktor schlug krachend mit der Faust auf den Tisch. »Das beweist die
Zweckdienlichkeit der Sternflotten-Direktiven. Zuerst nimmt jemand Kontakt auf, dann passiert
ein Fehler, endlich ein Unfall. Der ist nur zu reparieren durch einen kleinen Eingriff in die
natürliche Evolution, und nun scheinen schon weitere Eingriffe erforderlich…«
Kirk war rot geworden vor Wut. »Vielen Dank, Pille!« Er sagte zu Nona: »Wir sind einfache
Fremde und kommen von…«
»Von einem der Lichter am Himmel.« Nona nickte. »Ich weiß, und ihr habt Möglichkeiten,
die so weit entfernt von Feuerstöcken sind wie euer Himmel von unserer Welt.«
Tyree war halb aufgestanden. »Darüber wirst du mit keinem anderen reden!«
Sie ignorierte ihn, um weiter mit Kirk zu sprechen. »Das werde ich auch nicht, wenn Sie mir
nur erklären…« Sie machte eine Pause.
»Lehrt es mich. In unserem Volk gibt es eine alte Sitte. Wenn man jemandem das Leben
rettet, ist er dankbar.«
McCoy beobachtete Kirk mit zusammengekniffenen Augen. Er wartete, und Kirk sagte: »Ich
bin dankbar.«
»Sehr lobenswert«, sagte McCoy. »Wenn es nicht übertrieben wird.«
Aber Kirk ließ Nona neben sich Platz nehmen. Er bemühte sich gewissenhaft, seine Worte
sorgfältig zu wählen. »Wir waren früher so wie ihr, Nona. Wir benutzten Pfeil und Bogen. Aber
unsere Waffentechnik wuchs schneller als unsere Weisheit. Wir hätten uns fast ausgerottet.
Darum stellten wir eine Regel auf, dies niemals auf anderen Welten geschehen zu lassen, die wir
besuchen. Verstehen Sie das?«
Sie antwortete nicht. Kirk legte eine Hand auf Tyrees Arm. »Genau wie ein Mensch auf seine
Weise und in seiner Zeit aufwachsen muß, so müssen es auch ganze Welten. Sie…«
Sie unterbrach. »Einige Menschen wachsen nie.«
»Vielleicht nicht so schnell oder nicht auf eine Weise, die anderen gefällt. Aber heute wissen
wir, wie unklug es ist, sich in die Angelegenheiten anderer Leute oder anderer Welten
einzumischen.«
»Sie wollen zulassen, daß die Dorfbewohner uns vernichten? Sie wollen nicht Ihrem Freund
und Bruder helfen, die anderen zu töten?«
Tyree sprang auf. »Ich habe dir gesagt, Frau, ich will nicht töten! Es gibt bessere
Möglichkeiten!«
Ihre schwarzen Augen sprühten Feuer. »Wir müssen kämpfen oder sterben. Ist sterben
besser?« Sie wirbelte zu Kirk herum. »Sie wollen ihn sterben lassen, obwohl Sie Waffen
besitzen, die ihn stark machen und ihm Sicherheit verleihen können?
Dann hat er nicht die richtigen Freunde – und ich habe den falschen Mann!« Sie rannte aus
der Hütte.
Tyree machte keinen Versuch, ihr zu folgen. Nach einer unangenehmen Pause meinte Tyree:
»Ihr helft uns eben auf andere Weise. Das versteht sie nicht. Ich aber glaube an unsere
Freundschaft, mein Freund. Kommt, oder es wird Tag.«
Trotz der Dunkelheit ging er ihnen mit schnellen Schritten auf dem Pfad voraus, der ins Dorf
führte. Die Bäume wurden weniger, und Tyree hob warnend den Finger. Eine Wache mit einer
Steinschloßflinte auf der Schulter machte ihre Runden in den Außenbezirken des Dorfes. Die
drei Männer blieben hinter einem dicken Baum stehen.
»Wir warten, bis die Wache am anderen Ende ist.« Kirk lehnte sich gegen den Baum. »Du
hast keine schlechte Frau, Tyree. Sie ist intelligent und schön.«
Tyree sah ihn rasch an, erkannte die Aufrichtigkeit in seinem Gesicht und nickte: »Eine
Kahn-ut-tu-Frau ist immer ein Glückstreffer.«
Kirk sagte langsam: »Tyree, angenommen, du müßtest kämpfen. Angenommen, das wäre die
einzige Möglichkeit?«
»Jim, dieser Mann glaubt genau das, was auch ich glaube, nämlich, daß Töten nutzlos und
dumm ist! Was soll die Frage?«
Wieder war sich Kirk seiner grenzenlosen Einsamkeit bewußt, der Einsamkeit seiner
Entscheidungen. Er richtete sich auf. Die Wache kam zurück. Er glitt vom Baumstamm fort
durch die Nacht, huschte von einem Schatten zum anderen. Als er die Wache erreicht hatte, fällte
er den Mann mit einem Karateschlag. Dann ergriff er dessen Gewehr und sprang zu Tyree
hinüber, um ihm die Waffe zu reichen. »Nimm dies und warte auf uns.«
Die Gebäude des Dorfes waren weit besser als die des Lagers, in dem Tyree wohnte. Einige
waren erleuchtet. Kirk und McCoy hielten sich im Schatten und sahen einen Mann auf eines der
größeren Gebäude zugehen. Sie schlichen um das Haus herum und fanden ein Fenster. Durch das
Fenster hindurch sahen sie nun, wie der Fremde den Raum betrat. Er ging zu einem mit
Landkarten bedeckten Tisch, an dem ein Mann saß, der eine neue Steinschloßflinte in der Hand
hielt. Kirk brauchte das grausame, lippenlose Gesicht des Klingonen nicht erst zu sehen. Er
erkannte seine Herkunft sofort an der metallisch gewirkten Uniform.
»Du kommst spät, Apella«, sagte er zu dem Eintretenden. »Darüber könnte man streiten. Es
waren ein paar Felle und eine Frau zu verteilen. Eine Frau läßt sich sehr schwer verteilen, Krell.«
»Gebt sie dem Mann, der die meisten Hügelleute getötet hat. Dann sehen die anderen, daß
Mut sich lohnt.« Er reichte Apella die Muskete. »Eine weitere Verbesserung«, sagte er.
»Sie müssen hier eine Werkstatt haben«, flüsterte Kirk nervös.
»Wir gehen…«
Es war McCoy, der den Schuppen zuerst sah – ein windschiefes Ding, das abseits von der
Straße lag. Der große, schwarze Stapel daneben war interessant. »Kohle«, sagte McCoy, »für
eine Schmiede unentbehrlich. Und diese Säcke riechen nach Schwefel, einem notwendigen
Bestandteil von Schießpulver. Also ist dies logischerweise die Werkstatt.«
Das Schloß an der Schuppentür befand sich in dem gleichen desolaten Zustand wie das ganze
Gebäude. Überall lagen hölzerne Ladestöcke, Gießformen für Kugeln und Eisenstäbe zum
Einbohren in die Läufe. McCoys Tricorder summte über den Barren, und Kirk stand neben einer
Vorrichtung zum Bohren der Läufe. Er prüfte den Bohrer mit einem Stück Eisen, und es gab ein
scharfes Klicken. »Ein Bohrer aus Chromstahl.«
McCoy blickte hoch. »Dieses Roheisen ist fast kohlenstofffrei. Das wurde nicht in einem
Dorfofen produziert.« Sein Tricorder fuhr über einen Laufstahl. »Kaltgewalzter Laufstahl, so
hergestellt, daß er handgemacht aussieht.« Er wandte sich Kirk zu. »Tut mir leid, Jim. Du hattest
recht mit den Klingonen.«
»Mach von allem Recorder- und Tasteraufzeichnungen.« »Schade, daß wir nicht auch einen
Klingonen mitnehmen
können…« Er brach ab. Schritte und Stimmen näherten sich der Tür des Schuppens. Die
beiden Männer versteckten sich rasch hinter einem großen Haufen staubiger Schlacke.
Krell trat ein, ihm auf den Fersen Apella. Er brachte eine Stallaterne mit und hängte sie an
einen Haken. Kirk winkte McCoy zu. Der verstand und machte seinen Tricorder klar. Als Apella
anfing zu reden, zeichnete er seine Worte auf. »Ich dachte, meine Leute würden das Töten leid
werden. Aber du hattest recht, Krell. Sie sehen, daß es leichter ist, als Handel treiben.«
Der Klingone hatte ein Gewehr von der Werkbank genommen. »Du wirst reicher sein, als du
es dir je erträumt hast, Apella. Ein Gouverneur in unserem Klingonenreich. Unvorstellbare
Freuden…«
Er hielt inne, denn er hörte das leise Summen des Tricorders. Er blickte sich um. Kirk ergriff
einen hölzernen Ladestock und schleuderte ihn gegen die Laterne. Die Funken stoben, und das
Licht erlosch. In der Dunkelheit sprang Kirk auf Krell zu, aber dieser warf sich herum und traf
Kirk mit dem Gewehrlauf an der Schulter. McCoy schoß vorwärts und verwendete den
Laufstahl, um Apella niederzustrecken. Dann eilte er Kirk zu Hilfe. Aber Krell war über einen
Eisenstab gestolpert. Seine Flinte ging los – und er brüllte: »Wache! Eindringlinge! Überfall! In
der Werkstatt! Eindringlinge!«
Kirk schlug ihm eine harte Gerade ans Kinn. Er fiel, aber schon hörten die Männer von der
Enterprise wildes Geschrei und das Laufen von Schritten. Alarmschüsse wurden abgegeben, und
Kirk und McCoy rannten zur Tür. Ein bewaffneter Dorfbewohner stand mit der Flinte im
Anschlag davor. Kirk tauchte unter ihm weg, riß dem Mann die Beine hoch und ließ ihn über die
Schwelle segeln. Hinter ihm war Apella schon wieder auf den Beinen, aber McCoy konnte ihn
erledigen. Die Tür war frei. Sie bemerkten gerade noch rechtzeitig, daß bewaffnete
Dorfbewohner auf den Schuppen zueilten. Sie versteckten sich wieder hinter ihrem
Schlackenhaufen und warteten. Dann brachen sie aus, und als die ersten Kugeln an ihnen
vorbeipfiffen, hatten sie Tyree schon wieder erreicht.

Spock lag nicht länger reglos da. Er hatte angefangen, sich zu bewegen. Sein Gesicht war
verzerrt, und er wand sich auf seinem Lager. Als sich ihm ein tiefes Stöhnen entrang, eilte
Christine Chapel an den Wand-Interkom.
»Doktor M’Benga bitte zur Krankenstation.« »Schwester… Schwester…«
Sie flog an das Bett. Spock hatte die Augen geöffnet. Er versuchte, seinen zuckenden Körper
zu kontrollieren. Zweimal noch versuchte er zu sprechen, aber er schaffte es nicht. Beim dritten
Mal gelang es ihm, einige Worte zu sagen: »Schnell… schlagen Sie mich. Die Schmerzen
werden mir helfen… das Bewußtsein… wiederzuerlangen. Schlagen Sie mich!«
Christine schreckte zurück. »Sie schlagen? Nein, ich…« »Schlagen Sie mich!« Er rang nach
Luft. »Wenn… ich nicht… bald wieder… normales Bewußtsein habe… wird es… zu spät sein.«
Sie schlug ihn.
»Härter!«
Sie schlug kräftiger zu. Sein Atem klang schon besser. Seine Stimme wurde fester. »Noch
einmal! Und dann noch einmal.«
Wieder schlug sie ihn, und als sie zum vierten Mal kräftig ausholte, sprang die Tür auf, und
Scott erschien. Er stand mit offenem Mund da, als sie dem halbtoten Spock kräftige Hiebe
versetzte. Er sprang zu ihr hin, ergriff ihren Arm und schrie: »Was tun Sie da, Weib!«
M’Benga kam herbei. Er eilte an das Bett, stieß Christine und Scott unsanft beiseite und
drosch mit aller Kraft auf Spock ein. Der entsetzte Scott wurde von tiefstem Grauen gepackt. Das
gesamte medizinische Personal war wohl verrückt geworden!
Aber Spock richtete sich auf. »Vielen Dank, Doktor. Das wird ausreichen.«
M’Benga sagte zu Scott: »Statt sie festzuhalten, hätten Sie sie lieber ablösen sollen, Mr.
Scott. Sie tat nur, was ihr aufgetragen war.« Er zeigte auf die Körperfunktionswerte oben an der
Wand, die sich auf Positionen eingependelt hatten, die für Spock normal waren.
»Eine vulkanische Variante der Selbstheilung, Ingenieur«, sagte Spock.
Und nun versetzte er die ganze Runde ein weiteres Mal in Erstaunen. Er schwang die Beine
vom Lager und stellte sie auf den Fußboden. Als er Anstalten traf aufzustehen, sprang Christine
hilfreich herbei, um ihn zu stützen. Einer seiner berühmten Blicke ließ sie gefrieren. »Ich bin
völlig wiederhergestellt, Schwester«, sagte er kalt.
Nun kühlte auch sie merklich ab. »Das sehe ich, Mr. Spock.«

Tyree war kein besonders begeisterter Student der Waffengeschichte, aber er hörte geduldig
zu, als Kirk ihm die Launen einer Steinschloßflinte nahezubringen versuchte. Es war die Büchse,
die man am Vorabend der Wache abgenommen hatte.
»Und nun ziele, wie ich es dir gezeigt habe«, sagte er.
Aus der Höhle kam McCoy und runzelte die Stirn beim Anblick dieser Schießübung.
Gehorsam entlud sich die Flinte, aber die Kugel traf weit vom Ziel entfernt nur den Sand.
Tyree ließ die Waffe fallen. Und Kirk gab ihm einen freundschaftlichen Schlag auf die
Schulter. »Sehr gut«, sagte er. Aber er hatte McCoys Blick bemerkt. »Nicht hier, Pille, wir reden
in der Höhle.« Mit zusammengekniffenen Lippen folgte ihm McCoy in die Höhle.
Sie hockten sich auf den Höhlenboden, und schon brach es aus McCoy hervor: »Muß ich es
dir erst noch sagen? Haben wir nicht schon eine Schlange in diesem Paradies? Weiß nicht ein
Teil der Leute hier, mit Feuerwaffen umzugehen? Müssen es denn nun alle lernen?«
Kirk entgegnete mit ruhiger Stimme: »Beide Seiten müssen die gleichen Kenntnisse
erwerben und die gleiche Bewaffnung haben.«
»Bist du denn verrückt geworden? Ja, daran muß es liegen! Tyrees Frau. In der Wurzel, die
sie verwendet hat, muß irgend etwas gewesen sein. Dann sagte sie auch, daß du ihr nun nichts
mehr abschlagen könntest.«
»Unsinn, Pille! Glaube mir, ich habe sehr sorgfältig darüber nachgedacht…«
»Ist es ein Zufall, daß dieser Entschluß genau Nonas Wünschen entspricht? Ich weiß nicht
recht…«
»Sie will überlegene Waffen. Und genau das kann sie nicht bekommen. Hör zu, Pille. Die
normale Entwicklung dieses Planeten war der Status quo zwischen den Dorfbewohnern und den
Hügelleuten. Das haben die Klingonen mit den Steinschloßgewehren geändert. Wenn dieser
Planet sich weiter so entwickeln soll, wie er es eigentlich müßte, dann müssen die beiden Seiten
wieder ins Gleichgewicht gebracht und im Gleichgewicht gehalten werden.«
McCoy starrte Kirk ungläubig an. »Jim, damit wäre der Planet zu ewigem Krieg verurteilt.«
Kirk stand auf und trat vor McCoy hin. »Wenn ich unrecht habe und es stimmt, daß diese
Frau mich unter Drogen gesetzt hat, dann möchte ich deine nüchterne und vernünftige Lösung
des Problems hören.«
»Man könnte alle Feuerwaffen einsammeln. Unglücklicherweise können wir aber ihre
Kenntnisse nicht wieder einsammeln.«
»Nein.«
»Wenn wir nun Tyree eine überlegene Waffe geben würden, damit er die Dorfbewohner
abschrecken könnte…« McCoy zögerte. »Natürlich können wir nicht voraussehen, was eine
solche Macht in seinen Händen aus ihm machen würde…«
Kirk stand auf und durchmaß die ganze Länge der Höhle mit schnellen Schritten. »Wir
können diesen Planeten nie mehr dahin bringen, wo er einmal war. Die einzige Lösung ist das
Gleichgewicht der Kräfte. Wenn man das Gleichgewicht nur lange genug aufrechterhalten
kann…«
»Aber wenn die Klingonen den Dorfbewohnern nun bessere Waffen geben? Was wäre dann,
Jim?«
»Dann geben wir der anderen Seite eben die gleichen Mittel. Es ist das widerlichste,
trickreichste und schwierigste Spiel, das es gibt, aber die einzige Möglichkeit, beide Seiten vor
der Vernichtung zu retten. Was immer aus diesem Planeten werden soll, jede Seite hat ihren
evolutionären Wert.«
McCoy sah nun sehr nachdenklich aus. »Jim, diese ganze Zeit… und Tyree hat dir blind
vertraut – und du beginnst langsam zu begreifen, was dein Tun bewirken wird.«
Kirk nickte. »Ich habe nie eine schwierigere Entscheidung treffen müssen.«
»Und da Tyree sich weigert zu kämpfen, wird er der erste sein, der stirbt«, fuhr McCoy fort.
»Er wäre ein weiser Führer«, sagte Kirk. »Man kann ihn höchstens über seine Frau
ansprechen. Wenn ich ihr sage, daß wir Gewehre liefern, könnte sie ihn vielleicht überzeugen.
Ich werde mit ihr reden.«

Sie badete in einem Waldsee. Abgekühlt und erfrischt trat sie wieder ans Ufer. In der Nähe
des kleinen Sees befand sich ein flacher Felsen, auf dem sie sich wohlig ausstreckte. Nach
einiger Zeit griff sie nach ihrem kleinen Ledertäschchen. Sie kramte ein aromatisches Kraut
daraus hervor und zerrieb es zwischen den Fingern. Den duftenden Saft strich sie sich dann auf
Gesicht, Nacken und Schultern.
Als sie Kirks Stimme hörte, die ihren Namen rief, lächelte sie in sich hinein. Sie war nicht
überrascht. Sie warf die Krautreste fort und bemühte sich, so anziehend wie nur möglich zu
erscheinen.
Als er sie in ihrer dünnen, nassen Kleidung sah, zögerte Kirk, aber sie winkte ihn zu sich
heran. »Bleiben Sie«, sagte sie, »Sie sind nur gekommen, weil ich Sie hergewünscht habe.«
Lächelnd berichtigte er sie: »Dieses Mal war es wirklich meine Idee.«
»Ich weiß, Sie glauben immer, Sie kommen aus eigenem, freien Willen. Tyree glaubte es
auch, als ich ihn zum ersten Mal verzauberte.« Sie wies auf den Stein neben sich. »Nehmen Sie
Platz, Kirk. Ich werde Ihnen nichts tun.«
Nach einigem weiteren Zögern setzte er sich. Sie beugte sich zu ihm hinüber. »Riechen Sie
den Duft an mir? Manche finden ihn angenehm.«
Er roch kurz an ihrer Schulter. »Ja, sehr gut«, sagte er. »Aber ich wollte eigentlich… wollte
mit Ihnen sprechen…« Das höfliche Lächeln auf seinen Lippen verschwand. In seinem Kopf
drehte sich alles. Nona schob sich näher an ihn heran. Er versuchte sie abzuwehren, aber seine
betörten Sinne waren stärker als sein Wille.
»Rieche den Duft noch einmal«, bat sie. »Er wird dir angenehm sein.«
»Ja… aber ich kam, um… ich wollte über… ich wollte reden.« Sie waren verfolgt worden.
Tyree war in der Nähe, und er hörte ihre Stimmen. Er hielt ein Steinschloßgewehr in der Hand
und hatte eigentlich Kirk über den Mechanismus fragen wollen. Diese Frage vergaß er nun. Mit
versteinertem Gesicht prüfte er das Pulver auf der Pfanne. Dann ging er in die Richtung der
Stimmen.
Nona hatte Kirk ganz fest an sich gezogen, so daß er sich dem Duft ihres Parfüms nicht mehr
entziehen konnte. Er versuchte, gegen das Schwindelgefühl anzukämpfen. Taumelnd stellte er
sich auf die Füße und atmete in tiefen Zügen die klare Waldluft ein. »Verzeih mir«, sagte er, »ich
kann… nicht… mehr klar denken…«
Sie saß ganz still. Sie lächelte und wartete. Und plötzlich lächelte Kirk zurück. Er sah in ihr
nur noch die schöne Frau, die ihn zu begehren schien.
»Wie schön!« sagte er, »wie schön du bist, Nona!« Tyree hob sein Gewehr. Er hatte für einen
Augenblick Nona im Visier. Dann schwenkte er die Waffe langsam auf Kirk. In seiner
Umarmung sah Nona deutlich das Blitzen des Laufes in der Sonne. Sie bewegte sich nicht,
obwohl Kirk doch ganz klar das Ziel des heimtückischen Schützen war. Tyree zielte genau auf
Kirks Rücken. Dann zerschellte die Waffe krachend an den Felsen. In ihrem Gesicht mischten
sich Erleichterung und Verachtung. Tyree würde nie bedeutend sein. Er war ein Schwächling.
Sie legte die Arme um Kirks Nacken.
»Ja, schön, unglaublich schön…«, lallte Kirk benebelt.
Tyree verließ die Szene des Verrats. Als er einen Felsvorsprung umrundete, erhob sich vor
ihm ein monströser Schatten. Es war das Weibchen des toten Gumato. Nun aber wurde die
Bestie von Kirks Gefasel abgelenkt. Sie wich dem Hügelmann aus und tappte auf die beiden zu.
Nona sah ihn schon über Kirks Schulter. Sie versuchte sich loszureißen, aber sie war in ihrer
eigenen Falle gefangen. Kirk hielt sie eisern fest. Mit geballten Fäusten trommelte sie auf ihn
ein. Endlich konnte sie seinem Griff entrinnen. Sie rannte fort. Dann blieb sie bei dem Gedanken
an Kirks betäubte Hilflosigkeit wie angewurzelt stehen. Das Tier knurrte laut. Kreischend rannte
Nona auf das Wasser zu, aber das Ungeheuer schnitt ihr den Weg ab. Sie kreischte wieder, und
Kirk, der langsam aus seiner Verwirrung auftauchte, griff nach seinem Phaser. Die Realität
dämmerte ihm wieder. Auch er raste zum See hinüber und sah Nona ausgestreckt auf dem Boden
liegen. Das riesige Tier stand über ihr und wollte ihr gerade seine giftigen Fänge in das Fleisch
graben, als Kirk seine Waffe abfeuerte. Der Gumato existierte nicht mehr. Kirk streckte eine
Hand aus und half Nona auf die Füße.
Inzwischen waren seine Kräfte wieder erschöpft. Die Droge hatte ihn so geschwächt, daß er
zu Boden sank. Er schloß die Augen und atmete schwer. Nona schaute auf ihn herab. Sie nahm
einen Stein auf und schlug ihm diesen hart auf den Kopf. Der Phaser entglitt Kirks Händen. Sie
hob ihn auf und betrachtete ihn ehrfürchtig. Dann eilte sie in den Wald.
Stolpernd und wie zerschlagen war Tyree auf dem Weg ins Camp zurück, als McCoy und
Yutan ihm entgegenkamen.
»Wo ist Captain Kirk?« wollte McCoy wissen.
Tyree gestikulierte wild in die Richtung, aus der er gekommen war, und Yutan rief: »Wo ist
der Feuerstock?«
»Ich habe ihn dort hinten gelassen.«
Die Teile der zerbrochenen Flinte lagen im Sand. Yutan hob den Lauf auf. Tyree bedeckte
das Gesicht mit den Händen. »Nein! Ich will es nicht sehen!«
McCoy wollte gerade etwas sagen, als Kirk auf die Gruppe zulief. Er war noch benommen
von dem Hieb mit dem Stein und schwankte. McCoy fühlte rasch seinen Puls und holte die
Spritze aus der Tasche.

Inzwischen hatte Nona eine Entscheidung getroffen. Als eine bewaffnete Patrouille der
Dorfleute auftauchte, versteckte sie sich hinter einem dichten Gebüsch. Als die Männer sich
näherten, trat sie kurz entschlossen aus ihrem Versteck hervor und ging auf den Anführer der
Vier-Mann-Gruppe zu. Sie hielt Kirks Phaser hoch, so daß jeder ihn sehen konnte.
»Ich bringe Apella den Sieg!« rief sie. »Er wird den Mut haben, diese neue Waffe zu
benutzen! Bringt mich zu ihm!«
Die Männer grinsten. »Tyrees Frau! Sie ist auch ein Kahn-ut tu-Weib. Können wir sie
wirklich zu Apella bringen?«
Die Bewaffneten lachten schallend. Der Anführer ergriff sie, und die anderen drängten sich
um die beiden herum. Sie riß sich los. Dann richtete sie den Phaser auf den Anführer. »Faß mich
noch einmal an – und dieser kleine Kasten wird dich töten.«
Die Männer zögerten. Aber der Dorfmann hinter ihr gab ihr einen leichten Stoß. Sie warf
sich herum, um die Waffe auf ihn zu richten. Er zeigte sich nicht beeindruckt. Nun grinsten alle
breit. Sie nahmen die Frau in die Mitte und griffen nach ihr und ihrer Kleidung.
»Ihr Narren!« rief Nona. »Ich bringe euch eine Waffe, die weit gewaltiger ist als eure
Feuerstöcke!« Lachend stieß einer sie gegen den anderen. Sie schlug um sich und kreischte. Sie
machten sich ihren Spaß mit ihr. Ihr Gelächter schwoll immer mehr an.
Kirk hörte sie und griff nach seinem Phaser. »Nona! Sie hat meinen Phaser! Sie ist in
Schwierigkeiten! Kommt!«
Ein weiterer Schrei ertönte. Man hatte ihr das dünne Kleid zerrissen. Während sie von den
Männern im Kreis herumgestoßen wurde, schlug sie wütend mit dem Phaser um sich.
Kirk, McCoy und die beiden Hügelleute rannten den Abhang hinab auf die Gruppe zu. Der
Anführer der Patrouille blickte auf und sah sie. »Männer!« schrie er. »Es ist eine Falle! Das
Weib hat uns getäuscht!« Sein scharfes Messer fuhr blitzend hoch, und er stieß zu.
»Nona!« schrie Tyree.
Der Anführer hob seine Steinschloßflinte, drückte ab, und McCoy fiel zu Boden.
Kirk, Tyree und Yutan griffen die Patrouille an. Der Kampf wurde zum Handgemenge. Die
beiden überlebenden Dorfbewohner flohen. McCoy hielt seinen verwundeten Arm und stolperte
zum Schauplatz des wilden Getümmels. Tyree beugte sich über die Leiche seiner Frau. Im Sand
lag der Phaser. Er war unbeschädigt.
»Sie gab ihnen die Waffe, aber sie haben sie nicht erkannt.« Kirk sah den blutenden Arm
seines Bordarztes. »Du auch?« »Ja, ich auch. Du und dein verdammter Paradiesplanet!« Tyree
hatte sich aufgerichtet. Er griff nach einer fortgeworfenen Flinte. Dann nahm er von einem der
Toten Pulver und Kugeltasche und drehte sich zu Kirk um. In seinem Gesicht standen Gram und
Wut. Er hielt Kirk die Flinte entgegen.
»Gebt mir mehr von diesen. Viel mehr!« »Du wirst sie bekommen«, erwiderte Kirk.
Tyree sah zu Yutan: »Zwei von den Männern, die meine Frau ermordeten, sind entkommen.
Wir werden sie finden und töten. Komm! Ich muß mit unseren Leuten reden.«
Eilig rannten sie davon. Nach einer Weile des Schweigens sagte McCoy: »Nun hast du
erreicht, was du wolltest.«
»Nicht, was ich wollte, Pille. Was sein mußte.«
Sie waren erstaunt, als der Kommunikator summte, der so lange geschwiegen hatte. »Hier
Kirk«, sagte der Captain.
»Spock hier, Captain. Ist alles gutgegangen?« »Spock!« schrie McCoy. »Leben Sie noch?«
»Eine alberne Frage, Doktor, Sie hören doch meine Stimme.« McCoy schüttelte den Kopf.
»Ich weiß nicht, warum ich mich so aufgeregt habe. Ein Computer stirbt nie.«
Kirk bewegte ungeduldig die Hand, und McCoy schwieg. »Spock, fragen Sie Scott, wie
lange es dauert, hundert Steinschloßflinten herzustellen.«
Scotts Stimme war zu hören. »Hundert was?«
»Hundert… Schlangen, Scotty. Schlangen für den Garten von Eden.« Er machte eine Pause.
»Wir sind sehr müde, Mr. Spock. Holen Sie uns zurück. Nach Hause.«
Omega IV

Die Krankheit, die alle Besatzungsmitglieder der U. S. S. Exeter ausgelöscht hatte, war
mysteriös. An dem anderen Sternenschiff war überhaupt alles mysteriös. Warum zog es immer
noch seine Bahn um den Planeten Omega IV, wo doch seine Mission schon seit sechs Monaten
beendet war? Die weitere Beobachtung des Planeten war der laufende Auftrag der U. S. S.
Enterprise. Dieses Rätsel hatte Kirk dazu veranlaßt, mit einem Landekommando an Bord der
Exeter überzusetzen.
Eigentlich hatte er ein unbeschädigtes Sternenschiff voller Leichen erwartet. Wenn die
Situation, in der er sich nun befand, dieser Erwartung entsprochen hätte, wäre Kirk sogar noch
dankbar gewesen. Tote sind ein zwar tragisches, aber natürliches Phänomen. An Bord der Exeter
gab es jedoch nichts Natürliches. Es war das nackte Grauen. Das Schiff barg keine Toten,
sondern leere Uniformen.
Kirk hielt den Phaser noch in der Hand, als er zu McCoy hinübersah, der sich über eines
dieser Uniformbündel beugte, das im Maschinenraum der Exeter lag. Aus Kragen und Ärmeln
quollen weißliche Kristalle. McCoy deutete dem Captain und Spock mit einer Handbewegung,
weiter zurückzutreten, und beugte sich noch tiefer über die Uniform. Dabei achtete er peinlich
darauf, sie nicht zu berühren.
Leutnant Raintree rannte auf Kirk zu. Seine Augen waren schreckgeweitet. »Nur
Uniformen… im ganzen Schiff, Captain! Und dieses… weiße Zeug in den Ärmeln und im
Kragen!«
»Als ob die Leute sie angehabt hätten, als…«, sagte Spock, aber er sprach den Satz nicht zu
Ende. Er schwieg fassungslos.
»Genau«, sagte Kirk. »Als was geschah?« Er wandte sich an McCoy. »Pille, wir begeben uns
auf die Brücke. Mr. Spock kann die letzte Logbuchaufzeichnung des Kapitäns abspielen.
Vielleicht hatten die Leute noch Zeit aufzuzeichnen, was mit ihnen geschah.«
Auf dem Deck neben der Computerstation lag eine blaue Mannschaftsuniform. Spock trat
vorsichtig über sie hinweg und schaltete den Mechanismus ein. McCoy hatte seinen Tricorder
von der Schulter genommen und untersuchte die winzigen, weißen Körnchen. Er hob den Kopf.
»Jim, die Analyse ergibt, daß die Kristalle zu 35 Prozent aus Kalium bestehen, weiterhin sind
beteiligt: Kohlenstoff 18 Prozent, Phosphor 1,0 Prozent und Calcium 1,5 Prozent…«
»Ich habe den Bericht des Bordarztes auf dem Schirm, Captain«, sagte Spock. »Es scheint
die letzte Eintragung im…« McCoy unterbrach ihn. »Jim! Die Mannschaft hat das Schiff nicht
verlassen! Sie ist noch hier!« Als er Kirks erstaunten Blick bemerkte, fuhr er fort. »Dieses weiße
Pulver… ist genau das, was vom menschlichen Körper übrigbleibt, wenn man das Wasser
entzieht. Wir bestehen alle zu 98 Prozent aus Wasser. Wird es entzogen, bleiben nur zwei bis
drei Pfund Chemikalien übrig. Irgend etwas hat dazu geführt, daß diese Chemikalien
sich in den Leuten kristallisierten. Daher dieser Zustand.«
»So war es also«, sagte Kirk langsam. »Wir können nur hoffen, daß es ein schmerzloser Tod
war.«
Der Computer piepste. Spock legte einen Schalthebel um und zeigte auf den Bildschirm.
»Der Bordarzt der Exeter hieß Carter, Sir«, sagte er.
Das Gesicht eines Mannes erschien auf dem Bildschirm, das Gesicht eines Mannes, der
offenbar entsetzliche Schmerzen leidet. Das beendet die Hoffnung vom schmerzlosen Sterben,
dachte Kirk. Zu diesem gequälten Gesicht gehörte ein ebenso gefolterter Körper. Kirk konnte
sich vorstellen, wie dieser bedauernswerte Mann sich an das Aufnahmegerät geschleppt hatte,
um seine letzten Worte in den Logbuch-Aufzeichner des Kapitäns zu sprechen.
Die Aufnahme begann mitten im Satz. »Wenn Sie an Bord dieses Schiffes kommen, sind Sie
schon so gut wie tot.« Den Mann verließ die Stimme, und er wand sich in Krämpfen. Unendlich
mühsam sprach er weiter. »Gehen Sie nicht zu Ihrem Schiff zurück. Es handelt sich um eine Art
mutierten Di-Bacto-Viro-Komplex… tödlich… ich weiß nichts Näheres darüber… wenn Sie an
Bord sind, haben Sie sich schon infiziert… Sie sind todgeweiht…«
Der junge Leutnant Raintree flüsterte: »Mein Gott… ich will hier raus!«
»Reißen Sie sich zusammen, Leutnant!« fauchte Kirk. »Hier spricht ein mutiger Mann!«
»Ich wiederhole«, sagte das Gesicht auf dem Bildschirm. »Unser Landekommando brachte…
die Seuche vom Planeten herauf…« Sein Gesicht verzerrte sich schlimmer als zuvor. »Sie haben
noch eine Chance. Wer auf der Oberfläche des Planeten lebt, entwickelt eine Art Immunität
gegen die Krankheit… Versuchen Sie sofort, den Planeten zu erreichen. Beeilen Sie sich. Der
Captain ist…«
Aus dem Gerät drang ein heiserer Schrei, und die Mattscheibe wurde dunkel.
Nach einiger Zeit ging Kirk zum leeren Kommandosessel hinüber. Dort hatte Carter
gesessen, um das Aufnahmegerät des Captains zu benutzen. Nun war nur noch seine leere
Kleidung dort, und das Häufchen weißer Kristalle, das unter dem Sessel auf dem Boden lag, war
einmal Carter gewesen.
»Pille«, sagte Kirk ruhig, »richte eine Warnung an die Enterprise. Mr. Spock, schnell zum
Transporterraum der Exeter. Treffen Sie die nötigen Vorbereitungen, uns alle zum Planeten zu
beamen.«

Sie befanden sich auf der Straße eines Ortes, der den Eindruck einer alten amerikanischen
Grenzersiedlung machte. Aber die Gebäude zu beiden Seiten der Straße wiesen asiatische
Architektur auf. Sie bemerkten eine Menschenansammlung. Offenbar gab es dort vor ihnen
etwas Interessantes zu sehen. Auch die Menschen sahen aus wie Asiaten. Einer der
Dorfbewohner entdeckte die herannahenden Fremden und erhob ein entsetztes Geschrei. Auch
die anderen wurden aufmerksam, und die Menge wandte sich zu panischer Flucht.
Der Gegenstand ihres so auffälligen Interesses war eine Hinrichtung. Ein Block war mitten
auf der Straße errichtet worden, und vor ihm kniete ein wildaussehender weißer Mann. Er war
von kräftiger Statur und mit Fellen bekleidet. Die Hände hatte man ihm mit Lederriemen auf den
Rücken gebunden. Neben ihm stand eine junge weiße Frau. Auch sie war in Felle gekleidet.
Entsetzt erkannte Kirk, daß auch sie hingerichtet werden sollte. Instinktiv stürzten er und seine
Männer auf die beiden Opfer zu. Die Dorfbewohner, die den weißen Wilden festhielten, ließen
ihn überrascht los, und der Mann rollte sich zur Seite, als die Axt herabsauste. Wieder hob sich
die Axt, aber der Henker wurde durch einen scharfen Befehl gestoppt.
»Legen Sie die Axt weg, Liyang!«
Es war eine vertraute Stimme. Kirk fuhr herum. Es war nicht zu glauben: Captain Ronald
Tracy von der U. S. S. Exeter schritt in der vertrauten Uniform eines Sternenschiff-
Kommandanten auf ihn zu. Sein Phaser hing ihm vom Gürtel, und er hatte nichts von dem
überzeugenden Charisma der Persönlichkeit verloren, an die Kirk sich erinnerte. In seinem
Gefolge erschien eine Wachtruppe von jungen Männern des Dorfes, die mit Speeren und
Schwertern bewaffnet waren.
»Ron!« rief Kirk.
»Jim Kirk, um alles in der Welt«, sagte Tracy.
Eine kleine Pause entstand. Kirk merkte, daß Tracy über die unerwartete Situation
nachdachte. Dann schien er die Inventur beendet zu haben. »Ich wußte, daß man nach uns suchen
würde«, sagte er, »und es tut mir leid, daß die Wahl auf Sie gefallen ist, Jim.« Grimmig
schüttelte er ihm die Hand. »Auf jeden Fall freue ich mich, daß Ihr Erscheinen dies hier
verhindert hat. Ich wußte gar nicht, daß eine Hinrichtung stattfinden sollte.«
Kirk machte die Männer miteinander bekannt. »Captain Tracy. Mein Erster Offizier Mr.
Spock, der Bordarzt Leonard McCoy, Leutnant Phil Raintree.«
McCoy sagte: »Captain Tracy, die letzte Logbucheintragung auf Ihrem Schiff warnte uns vor
einer mutierten Krankheit.«
»Sie sind alle in Sicherheit«, antwortete Tracy. »Hier auf der Oberfläche existiert eine Art
Immunität.« Er drehte sich zu einer der robusten Wachen hinter ihm um. »Schluß mit dem
Unsinn, Wu. Sperren Sie die Wilden ein.«
Wu zeigte auf Kirks Phaser. »Die Leute tragen Feuerkästen…«
»Sperren Sie die Wilden ein!« Tracy sagte es mit Nachdruck. Seine militärische Wachtruppe
reichte nicht aus, den Wilden zu bändigen, obwohl er immer noch gefesselt war. Einige weitere
Dorfbewohner mußten helfen, und sie gingen mit dem Gefangenen nicht gerade sanft um. Als er
endlich weggeführt wurde, bemerkte Tracy Spocks hochgezogene Brauen. »Diese weißen
Bestien heißen Yangs«, sagte er beiläufig. »Es ist unmöglich, sich mit ihnen zu verständigen. Im
Land draußen gibt es sie scharenweise. Sie greifen alles an, was sich bewegt.«
»Interessant«, bemerkte Spock. »Die Dorfbewohner wissen, was Phaser sind.«
Tracy sah ihn scharf an. »Sie sind Vulkanier?« Spock nickte. »Zur Hälfte, Captain.«
War Tracy von dieser Auskunft beunruhigt? Kirk unterbrach das gespannte Schweigen der
Männer, das bereits peinlich zu werden drohte. »Wie kam es, daß Sie allein hier zurückblieben?
Wie geschah alles?«
Tracy mußte sich zu einer Antwort förmlich zwingen. »Unsere medizinischen Sensoren
zeigten keine Gefahr an. Wir mußten den Planeten für harmlos halten. Auch die Dorfbewohner,
sie heißen Kohms, waren freundlich. Oder vielmehr, sie wurden es, nachdem sie sich von dem
Schock erholt hatten, daß unsere Haut weiß ist. Als mein Landekommando zum Schiff
zurückgebeamt wurde, blieb ich hier, um mit den Dorfältesten unsere Untersuchungsergebnisse
hinsichtlich des Planeten zu besprechen.« Er machte eine Pause, zwang sich aber dann
weiterzusprechen. »Ich weiß nur noch, daß mich ein Notruf vom Schiff erreichte. Die Männer
des Landekommandos hatten eine unbekannte Krankheit an Bord gebracht.«
Er hatte seine Stimme nicht mehr in der Gewalt und schwieg einen Augenblick.
»Meine Mannschaft, Jim. Meine ganze Mannschaft… Leute, die ich kenne… Leute, die…«
Er straffte die Schultern, aber er konnte kein Wort herausbringen. Kirk empfand tiefes
Mitgefühl. »Wir haben es gesehen, Ron.«
»Ich… bin genauso infiziert wie meine Männer… und wie Sie alle. Ich bin nur noch am
Leben, weil ich auf dem Planeten zurückblieb. Hier unten scheint es eine natürliche
Immunisierung zu geben, die jeden schützt. Ich weiß nur noch nichts Näheres darüber.«
McCoy sprach mit Kirk. »Wie gut, daß wir die Logbucheintragung abspielten. Nicht
auszudenken, wenn wir zur Enterprise zurückgekehrt wären…«
Tracy führte den Satz zu Ende. »… dann wären Sie zusammen mit der gesamten Mannschaft
jetzt schon tot. Nur solange Sie auf dem Planeten bleiben, werden Sie leben. Keiner von uns wird
den Planeten jemals wieder verlassen können.«
Sie hatten es schon geahnt, aber jetzt, da es ganz brutal ausgesprochen wurde, liefen den
Männern kalte Schauer über den Rücken. Für den Rest ihres Lebens auf Omega IV gefangen zu
sein, war ein grausames Schicksal und vielleicht schlimmer als der Tod. Kirk sah die
Verzweiflung in den Gesichtern seiner Leute und sagte: »Dann müssen wir uns auf diesem
Planeten einrichten, so gut es eben geht. Stehen hier Quartiere für uns zur Verfügung?«
»Dafür wird inzwischen gesorgt«, sagte Tracy. »Wu wird Doktor McCoy und dem Leutnant
ihre Räume zeigen. Doktor, in Ihrem Raum können Sie alle Geräte unterbringen, die Sie sich
vom Schiff herunterstrahlen lassen. Es tut mir leid, Jim, aber die Quartiere für Sie und Mr. Spock
sind noch nicht fertig. Wenn Sie sich also einstweilen mir anschließen wollen…«
Er führte sie zu einem Gebäude, das offenbar den wohlhabenderen Dorfbewohnern als eine
Art Klubhaus diente. Im größten Raum des Hauses brannte in einem Drahtkorb ein offenes
Holzkohlefeuer.
Vornehm gekleidete Leute saßen an Tischen und aßen Streifen von Fleisch, das über dem
Feuer gebraten worden war. Als Tracy mit seinen Gästen eintrat, machten die Dorfbewohner
höflich Platz, um sie durchzulassen. Zwei der Älteren räumten den großen Tisch neben dem
Feuer, damit die Männer sich setzen konnten. Als sie Kirk sah, ließ eines der attraktiven
Mädchen, die mit dem Anrichten der Tische beschäftigt waren, eine Tasse fallen.
Tracy machte eine verächtliche Gebärde. »Zuerst hatten sie auch vor mir Angst«, sagte er.
»Es liegt an unserer weißen Haut, die uns den weißen Wilden, den Yangs, so ähnlich macht.«
Er führte sich auf wie ein Feudalherr inmitten seiner Knechte und Sklaven, die sich in seiner
erhabenen Gegenwart untertänig verhalten mußten. Er erwiderte nicht einmal das Kopfnicken
und die gesprochenen Grußworte der Männer. Glatt und selbstgefällig akzeptierte er deren
Unterwürfigkeit, und das mißfiel Kirk noch mehr als die Unterwürfigkeit selbst. Tracy ließ sich
von einem der Mädchen Fleisch an den Tisch bringen. »Gebratenes Wild«, sagte er zu Kirk.
»Das Fleisch stammt von einer giraffenähnlichen Antilope.« Spock ignorierte er mit voller
Absicht.
An einem kleinen Spieß wurde Kirk eine Scheibe Fleisch gereicht, und er sah, wie die
Mädchen ein Getränk in unförmige Tassen gossen.
»Sie werden von den Dorfbewohnern wirklich mit der allergrößten Ehrerbietung behandelt,
Captain«, sagte Spock.
Wieder ignorierte Tracy den Vulkanier. Er wandte sich ausschließlich an Kirk: »Diese
Dorfbewohner, die Kohms, haben um Hilfe gebeten, Jim. Ich weiß nicht, ob sie früher mehr
Kampfesmut besaßen, aber den haben die Wilden ihnen inzwischen ausgetrieben.«
»Werden alle Dörfer der Kohms von den Yangs angegriffen?« wollte Kirk wissen.
Tracy nickte. »Dies ist eines der letzten Dörfer, das den Kohms noch bleibt. Aber bevor die
Yangs damit begannen, sie auszurotten, besaßen sie eine hochentwickelte Zivilisation. Hier
existieren viele Ruinen riesiger alter Städte.«
Spock hatte keine Lust mehr, sich noch länger brüskieren zu lassen. Er redete jetzt seinerseits
ausschließlich Kirk an und ignorierte zur Abwechslung den Captain der Exeter. »Es ist aus der
Geschichte bekannt, daß Nomadenvölker schon viele hochentwickelte Zivilisationen vernichtet
haben, aber unbewaffnete, ängstliche Dorfbewohner greifen sie in der Regel nicht an.«
Tracy sprang wütend auf. »Ich dulde keinen Widerspruch von einem Untergebenen!« schrie
er.
Spock war die Ruhe selbst und sah den Kapitän nur spöttisch an. Kirk wurde sehr förmlich.
»Captain Tracy«, sagte er, »Sie scheinen zu vergessen, daß Mr. Spock mein Erster Offizier ist.
Sein Dienstrang ist der eines Kommandeurs.«
Spock stand auf. »Ich sehe keinen Sinn darin, Captain Tracys Mißfallen zu erregen«, sagte er
höflich. »Darf ich mich zurückziehen?«
Kirk nippte an seinem Getränk. Dann nickte er zustimmend. Spock verließ rasch den Tisch.
Als er verschwunden war, wandte sich Kirk mit eisiger Miene Tracy zu. »Dieser Fall muß
geklärt werden, Captain. Ich hatte nie einen besseren Ersten Offizier als Mr. Spock. Ich hatte
auch noch nie einen besseren persönlichen Freund als ihn.«
»Sie sind sentimental, Jim. Den Vulkanier muß ich noch kennenlernen, der zu echter
Freundschaft überhaupt fähig ist. Dieser jedenfalls tut sein Bestes, unsere Freundschaft zu
sabotieren.«
Tracys zerfurchtes Gesicht war jetzt eine einzige Anklage. »Und Sie wissen auch genau, was
in seinem Computergehirn vor sich geht. Er hat ein paar läppische Beobachtungen gemacht, und
schon kommt er zu dem Schluß, daß ich die Oberste Direktive verletzt habe! Er glaubt mit
seinem Maschinenverstand, daß ich in diese Kultur eingreife!«
Kirk wurde hellhörig. Zu Tracy sagte er: »Ron, es ist die Pflicht eines Ersten Offiziers,
mißtrauisch zu sein.« Sein Gesicht verzog sich zu einem Lächeln. »Das schützt den Captain
davor, als Schurke dazustehen.«
»Als Sternenschiff-Kommandant bin ich Ihr Kamerad«, sagte Tracy.
»Das ist richtig, aber ich habe selbst gesehen, daß die Männer der örtlichen Miliz unsere
Phaser erkannten. Außerdem scheinen sie von Ihnen Befehle entgegenzunehmen.« Er zögerte.
»Ich beschuldige Sie nicht, das können Sie mir glauben. Aber ich möchte doch gerne wissen,
was hier vorgeht.«
Prüfend sah Tracy Kirk in die Augen. »Okay, Sie dürfen fragen, aber zuerst möchte ich eine
Frage an Sie richten. Stellen Sie sich vor, Sie haben eine Horde grausamer Wilder vor sich.
Ihnen ist bekannt, daß sie sich zu einem letzten Angriff zusammenrotten, der die letzten Reste
von Zivilisation auf diesem Planeten ausradieren wird. Und stellen Sie sich vor, es stünden
genügend Phaser zur Abwehr eines solchen Angriffs zur Verfügung. Überlegen Sie doch einmal,
welche Macht diese Kohm-Kultur durch den Besitz von nur fünf Phasern erlangen würde.«
»Das ist mir völlig klar. Es wäre wie die Einführung der Atombombe im Zeitalter der
Bogenschützen.«
Tracy beugte sich vor und starrte Kirk intensiv an. »Jim… innerhalb von Stunden würden die
Yangs jeden Mann, jede Frau und jedes Kind in diesem Dorf erbarmungslos umbringen.«
Kirk empfand die Intensität im Blick des anderen als unangenehm. Betont ruhig sagte er:
»Ron, immer wenn der Mensch sich in die natürliche Entwicklung einer anderen Welt einmischt,
zerstört er mehr, als er rettet.«
»Wenn sie aber angreifen, Jim! Wohin sollen wir dann? Sie und ich würden genauso
vernichtet wie die anderen.«
Kirk sagte: »Ich schwöre feierlich, mich an die Regeln zu halten, und koste es mein Leben.«
Er unterstrich die Bedeutung der Worte durch eine lange Pause und fügte dann hinzu: »So lautet
der Eid, den wir beide geschworen haben.«
»Sie wollen also versuchen, mich zu hindern?« fragte Tracy. »Ich werde es nicht nur
versuchen, Ron. Ich werde Sie hindern.«

Es gab nur eine Methode, McCoys Quartier zu betreten, man mußte sich hineinschlängeln.
Der dem Arzt zugewiesene Raum war mit medizinischen Instrumenten vollgestopft, die er sich
von der Enterprise hatte herunterbeamen lassen. Kirk schaffte es, sich bis an das
Elektronenmikroskop vorzuarbeiten, und McCoy schaute von einem Präparat auf, das er gerade
untersuchte.
»Unser Gewebe zeigt deutlich eine massive Infektion. Aber irgend etwas hier immunisiert
uns tatsächlich. Sonst wären wir schon vor Stunden tot gewesen.« Er stellte das Präparat
beiseite. »Das Problem ist: Es kann sich um alles mögliche handeln. Vielleicht Sporen oder
Pollen, vielleicht liegt es auch an der chemischen Zusammensetzung der Luft. Das
herauszufinden, könnte Monate oder sogar Jahre dauern.«
»Pille, wir haben nicht soviel Zeit, den Erreger zu isolieren.« »Ich habe nur einen winzigen
Hinweis. Die Infektion ähnelt der, die von einem Virus hervorgerufen wurde, das wir kennen.«
Spocks Stimme schallte von der Tür herüber. »Eine Lanze der Yangs, Doktor. Sie hat
Leutnant Raintree unter der Schulter getroffen.« Die Uniform des Vulkaniers war
schlammüberkrustet, und er stützte den verwundeten Raintree. Das Gesicht des Leutnants war
leichenblaß.
»Legen Sie ihn dort drüben auf die Matte«, sagte McCoy und ergriff sein Besteck. Kirk
schaute besorgt zu Spock hinüber. »Und was ist mit Ihnen?«
»Nur Prellungen, Sir. Wir waren etwa hundert Meter vom Dorfausgang entfernt, als uns fünf
Wilde aus dem Hinterhalt überfielen.« Kirk blickte kurz auf den Phaser, der von Spocks Gürtel
hing. Dieser Blick war Spock nicht entgangen. »Es gab einen Ringkampf.« Er lächelte. »Wir
konnten sie uns vom Halse halten. Die Phaser wurden nicht gebraucht.«
»Ausgezeichnet«, sagte Kirk. »Mr. Spock, sehen Sie auch nur die geringste Chance, daß man
mit den Yangs verhandeln kann?«
Raintree hob unter größter Anstrengung den Kopf von der Matte. »Ausgeschlossen,
Captain… sie sind zu wild. Es sind praktisch Verrückte.«
Spock nickte und sagte: »Captain Tracy hat verschiedene Tatsachen festgestellt. Erstens: Die
völlige Todesverachtung der Yangs macht sie zu außerordentlich gefährlichen Gegnern.
Zweitens: Seine Behauptung, daß sich die Yangs zu einem Angriff zusammenrotten, stimmt.
Tausende von ihnen befinden sich in den Hügeln westlich des Dorfes.« Er hielt inne, um zwei
Gegenstände unter seinem Hemd hervorzunesteln. Er legte sie auf den. Labortisch und meinte:
»In einer sehr wichtigen Angelegenheit allerdings ist Captain Tracy weniger aufrichtig.«
»Energieeinheiten für die Phaser«, sagte Kirk langsam.
»Ja, Sir. Captain Tracys Reserve-Energiepatronen. Sie sind leer. Wir fanden sie zwischen den
Leichen von mehreren hundert Yangs. Ein kleinerer Angriff auf das Dorf erfolgte vor ungefähr
einer Woche. Captain Tracy schlug den Angriff mit seinem Phaser zurück. Ich habe mit
Dorfbewohnern gesprochen, deren Aussagen meine Behauptung stützen.«
Kirk biß sich auf die Lippen. In seinen Zügen lag Entschlossenheit. Er legte die
Reservepackungen auf den Tisch zurück. McCoy sah auf. »Jim, der Mann hat sein Schiff
verloren. Seine ganze Besatzung ist tot. Er sieht sich nun als einziges Bollwerk zwischen den
Wilden und einem ganzen Dorf friedlicher und angenehmer Leute, denen von diesen Wilden die
Ausrottung droht.«
Spock sagte: »Es stimmt, Doc, die Vorschriften sind rigoros, aber sie lassen keinen Zweifel
darüber, wie verfahren werden muß, wenn der Obersten Direktive zuwidergehandelt wird.«
»Ohne ein geeignetes Serum sind wir alle in diesem Dorf gefangen«, sagte McCoy. »Unter
diesen Umständen wäre die Verhaftung Captain Tracys eine rein akademische Frage.«
»Ich sehe ein, daß eine förmliche Anklageerhebung zur Zeit völlig sinnlos wäre«, sagte
Spock. »Ich schlage jedoch vor, daß man Captain Tracys Waffe konfisziert.«
»Ja«, stimmte Kirk zu. »Außerdem mache ich einen Bericht.« Er griff nach seinem
Kommunikator. »Die Sternflotte muß darüber informiert werden, daß…«
»Und ich bin es, der die Informationen durchgibt, Jim.« Tracy stand im Türrahmen und hielt
seinen Phaser auf die drei Männer gerichtet. Der Leutnant auf der Matte machte eine rasche
Handbewegung zu seinem Gürtel. Tracy feuerte seinen Phaser ab, und der Strahl traf Raintree in
die Brust.
Kirk sprang auf Tracy zu. Die tödliche Waffe richtete sich genau auf sein Herz. Er blieb wie
angefroren stehen. Der Captain eines Sternenschiffs… ein Phaser… und ein verwundeter
Offizier! Kirk drehte sich nicht um. Er wollte die verkohlte Matte nicht sehen, auf der eben noch
Leutnant Raintree gelegen hatte.

Tracys Milizsoldaten wußten genau, worum es ging. Sie trugen zwar nur Speere, mit denen
sie das Trio von der Enterprise zusammentrieben, aber sie achteten zuerst darauf, daß die Phaser
und die Kommunikatoren der Männer sichergestellt wurden. Als sie die Geräte Tracy zu Füßen
legten, öffnete dieser seinen eigenen Kommunikator.
»Enterprise, bitte kommen«, sagte er. »Hier spricht Captain Tracy von der Exeter.«
Ein befriedigtes Lächeln in Tracys Gesicht verriet Kirk, daß Uhura geantwortet hatte. Sulu,
der Kommandant auf Zeit, nahm seine Aufgabe sehr ernst. Er stand bestimmt schon neben ihr an
der Konsole.
»Ich fürchte, ich habe schlechte Nachrichten für Sie«, sagte Tracy zu Uhura. »Ihr Captain
und sein Landekommando haben die Exeter zu spät verlassen. So erlangten sie keine
vollständige Immunität. Ich habe sie bewußtlos aufgefunden und werde alles menschenmögliche
für sie tun.«
Kirk hörte die Worte des Verräters, und heiße Wut wallte in ihm auf. Tracy lächelte ihn über
den Kommunikator hinweg an und fuhr fort. »Es ist sinnlos, das Leben weiteren medizinischen
Personals aufs Spiel zu setzen, Mr. Sulu. Es handelt sich um eine tödliche Krankheit. Die Leute
haben Mut, wenn sie sich freiwillig melden, aber ich muß es ablehnen. Ich habe selbst eine
gewisse Immunität erlangt. Vielleicht schaffe ich es, Ihre Leute durchzubringen. Bis dahin…«
Kirk hatte sich losgerissen. »Sulu!« brüllte er. »Lassen Sie sich nicht…«
Wus Schwertknauf sauste ihm auf den Schädel, und Dunkelheit umfing ihn. Spock warf sich
herum, doch Wu war genauso schnell. Er setzte die Schwertspitze an die Kehle des bewußtlosen
Kirk.
Tracy schaltete den Kommunikator ab und zeigte auf Spock und McCoy. »Wenn die beiden
den Mund aufmachen, werden sie sofort getötet!«
Tracys Kommunikator begann zu summen. Er öffnete ihn und lauschte. »Es tut mir leid, Mr.
Sulu. Alle Männer Ihres Landekommandos haben hohes Fieber. Captain Kirk befindet sich im
Delirium. Keiner von ihnen ist in der Lage, mit Ihnen zu sprechen. Die Dorfbewohner helfen mir
nach besten Kräften, die Kranken zu versorgen.«
Aber die Worte des fremden Kommandanten genügten dem aufgeregten Sulu keineswegs. Er
hatte ein ungutes Gefühl.
Wieder summte Tracys Kommunikator. Irritiert öffnete er den Apparat. Aber seine Stimme
verriet nicht die geringste Erregung, als er nüchtern sagte: »Mr. Sulu, lassen Sie uns diese
fruchtlose Unterhaltung abbrechen. Ich tue, was ich kann, um den Zustand Ihres Captains zu
verbessern. Ich werde Sie über sein Befinden weiterhin auf dem laufenden halten, vorausgesetzt,
Sie lassen mir Zeit, mich um ihn zu kümmern. Tracy Ende.«

Der vage Schatten im Eingang nahm allmählich Gestalt an. Es war einer von Tracys
Milizsoldaten. Kirk stellte fest, daß er wieder sehen konnte. Er befand sich in McCoys
provisorischem Labor. Seine Arme taten ihm weh. Er war gefesselt. Kirk richtete sich auf. Die
Gestalt im Eingang blieb reglos stehen. Wieder kochte Wut in ihm hoch. Er sprang auf, und mit
gesenktem Kopf griff er die Wache an. Er brachte den Mann ins Taumeln und wollte sich erneut
auf ihn stürzen, als Tracy erschien. Er schob die Wache beiseite. »Lassen Sie uns allein!«
Kirk setzte sich auf die Bank. In seiner Stimme lag eisige Verachtung, als er sprach. »Captain
Ronald Tracy, gemäß Verordnung Sechs, Paragraph Vier des Sternflotten-Kommandos… Ich
erwähne es nur… Sie wissen schon.«
»Ja, ich weiß«, sagte Tracy. »Betrachten Sie sich als unter Arrest befindlich, bis Sie in
Gegenwart Ihrer Vorgesetzten eine befriedigende Erklärung abgeben können, et cetera, et
cetera…« Er nickte. »So beginnt der Text, den herunterzubeten Ihre Pflicht ist. Betrachten Sie
ihn als mir gegenüber ausgesprochen. Damit sind Sie gedeckt. Wie wäre es, wenn wir uns nun
anderen Themen zuwenden würden?«
»Und diese Themen wären?«
»Eine vernünftige Frage.« Tracy schob einige Geräte beiseite und setzte sich auf den
Labortisch. »Meine Antwort: Was immer uns gegen diese unheimliche Krankheit immunisiert
hat, hat auch die Bevölkerung dieses Planeten immunisiert, und zwar gegen jede Krankheit. Seit
Tausenden von Generationen gibt es hier keine Krankheit! Wie lange können Menschen leben,
wenn es keine Krankheiten gäbe, Jim?«
»Sie könnten hundert Jahre lang jung bleiben und vielleicht weit über zweihundert Jahre alt
werden…«
Tracy eilte zur Tür und rief Wu herein. Wu schaute ihn fragend an. »Verraten Sie Captain
Kirk Ihr Alter«, befahl Tracy.
»Ich habe zweiundvierzig Jahre des Roten Vogels gesehen. Aber mein ältester Bruder…«
Tracy unterbrach den Mann. »Ihr Jahr des Roten Vogels kommt nur alle elf Jahre. Wu hat es
zweiundvierzigmal erlebt.
Sie können es leicht ausrechnen. Wu ist vierhundertzweiundsechzig Jahre alt, vielmehr noch
älter, denn das Jahr ist hier länger als ein Erdenjahr. Sein Vater ist weit über tausend Jahre alt.
Das ist doch interessant, nicht wahr, Jim?«
»Natürlich. Ich nehme an, daß McCoy es ziemlich leicht verifizieren könnte.«
»Er wird es tun, wenn Sie es ihm befehlen! Wir sind nun einmal auf einen Arzt angewiesen,
um entsprechende Untersuchungen anzustellen!« Wieder sah er Kirk mit dieser eigenartigen
Intensität an, die für ihn charakteristisch war.
»Verstehen Sie überhaupt, was das Auffinden dieser immunisierenden Substanz bedeuten
würde? Wenn sie einmal gefunden ist, so heißt das eine Quelle ewiger Jugend, bedeutet
Unsterblichkeit.«
»Wer will das verkaufen…?« sagte Kirk trocken.
»Wer das Serum besitzt, kann das verkaufen«, antwortete Tracy. »Früher oder später wird es
McCoy gelingen, die Substanz zu isolieren. Inzwischen können wir Ihrer Mannschaft mitteilen,
daß Sie noch krank sind. Sie könnten Ihrem Stellvertreter befehlen abzudrehen. Später können
wir mit dem Sternflotten-Kommando verhandeln. Auf Wunsch wird man eine ganze Flotte
schicken, um uns abzuholen. Inzwischen müssen wir uns hier am Leben erhalten.«
Kirk hatte einen Arm aus den Fesseln befreit. Er zerrte den anderen los, als er Wu
zusammenzucken sah.
»Tra – ciiee!« schrie der Milizsoldat.
Eiskalt, leicht und selbstsicher glitt Tracy vom Tisch. Die Fesseln hielten Kirks rechten Arm
um Sekundenbruchteile zu lange fest. Tracys Rechte fuhr ihm krachend an das Kinn und zwang
den Captain in die Knie. Tracy tat so, als wolle er Kirk einen rechten Schwinger verpassen. Kirk
duckte den erwarteten Schlag ab, und Tracy konnte einen Judogriff anbringen, der den Captain
der Enterprise zu Boden segeln ließ. Er sprang wieder auf und schlug eine wilde Rechte. Tracy
wich aus und traf Kirk mit einer knallharten Linken. Kirk ging ein weiteres Mal zu Boden.
»Nicht schlecht, Jim«, sagte Tracy. »Wenn man bedenkt, daß ich größer und schneller bin
und mehr Erfahrung habe, war es sogar sehr gut.« Er riß Kirk vom Boden hoch. »Ich bin auch in
besserer Kondition. Körperliche Fitness war schon immer meine…«
Kirk schoß vom Boden hoch und legte alle Kraft in einen letzten, verzweifelten Schlag.
Tracy tauchte weg und landete einen so gewaltigen Hieb an Kirks Kinn, daß dieser zu Boden
ging.
Diesmal stellte Tracy seinen Gegner nicht wieder auf die Beine, sondern ließ ihn liegen. Er
rief Wu und zwei andere Milizsoldaten. Mit dem Finger auf Kirk zeigend, befahl er: »Schafft ihn
weg!«

Man brachte Kirk ins Dorfgefängnis.


Im Vorraum bemerkte Kirk ein Regal, in dem einige Dutzend Schwerter standen. Viel mehr
konnte er nicht wahrnehmen, denn er wurde sofort in den inneren Raum gezerrt. Die Zellen
hatten keine Gitterstäbe, sondern waren mit einer Art Rost versehen. In der ersten Zelle
entdeckte Kirk die beiden Yangs, die um Haaresbreite ihrer Hinrichtung entgangen waren. Der
riesige Yang-Mann griff mit seinen kräftigen Händen durch den Rost und versuchte, den
gelbhäutigen Milizsoldaten zu packen, der vor der Nachbarzelle Wache stand. Es war die Zelle,
in der Spock und McCoy eingesperrt waren.
Tracy hielt seinen eigenen Phaser auf Kirk gerichtet und reichte Wu die drei Waffen der
Leute von der Enterprise. »Geben Sie diese Ihren Leuten und sagen Sie ihnen, daß wir in Kürze
aufbrechen werden. Diesmal werden wir den Yangs im Hinterhalt auflauern, und wir werden
viele Feuerkästen haben.« Er deutete auf McCoy. »Bringen Sie den Doktor in sein Labor zurück.
Der Mann mit den spitzen Ohren bleibt hier!«
Als Wu mit Doktor McCoy verschwunden war, wies Tracy mit dem Daumen auf die Yang-
Zelle. »Und Sie, Jim, sollten sich diese Leute einmal genau ansehen.«
Die blauen Augen des Yang-Mannes sprühten vor Wut. Und doch entdeckte man unter dieser
äußeren Wut eine ihm eigene Würde, die ahnen ließ, daß er in seinem Stamme einen
bedeutenden Mann darstellte. Die junge Frau neben ihm war von geschmeidiger Anmut.
»Es sind Tiere, die zufällig so aussehen wie wir. Glauben Sie immer noch blind an die
Oberste Direktive, nachdem Sie diesen Planeten kennen, Jim?«
Kirk antwortete: »Ronald Tracy, wir haben nicht den überlegenen Verstand, der uns gestatten
würde, in die Entwicklung auf diesem Planeten einzugreifen.«
Tracy rannte zu seinen Leuten hinüber. »Sperrt ihn zu diesen Wesen in die Zelle! Wenn
Logik nicht verfängt, dann funktioniert vielleicht dieser Test.«
Ängstlich öffneten sie die Zellentür. Die Yangs stürzten sich auf sie, aber sie konnten die
Wilden mit ihren Schwertern und Lanzenspitzen zurückdrängen. Rasch stießen die beiden
Milizsoldaten Kirk zu den Yangs in die Zelle und verriegelten die Tür. Die Schlüssel legten sie
in die Schreibtischschublade zurück. Kirk stand mit dem Rücken gegen den Rost und schaute zu
den Yangs hinüber. Lauernd umkreisten sie ihn.
Er sprach zu dem Mann: »Wenn Sie meine Sprache verstehen…«
Der Fuß des Mannes traf ihn hart am Schienbein. Er stolperte, und schon war der Yang über
ihm und versuchte, ihm die Hände um den Hals zu legen. Statt sich aus der Umklammerung zu
befreien, trat Kirk kräftig zu und traf seinen Gegner in den Leib. Der Yang taumelte gegen die
Wand, blieb eine Weile zusammengerollt auf dem Fußboden liegen und federte plötzlich wieder
hoch. Dann begann er erneut, Kirk zu umkreisen.
Die Frau sprang Kirk plötzlich auf den Rücken. Nur mit Mühe konnte er sie abschütteln und
sich gerade noch herumwerfen, um dem Angriff des Mannes zu begegnen.
Spock stand in seiner Zelle und versuchte, durch den Rost die Vorgänge in der Nebenzelle zu
beobachten. »Ruhen die sich denn niemals aus, Spock?« schrie Kirk. Seine Uniform hing ihm in
Fetzen vom Leib, und er spürte, wie ihm die Kräfte schwanden. Er blieb einige Sekunden stehen
und sagte dann: »Sagen Sie mir doch wenigstens, warum Sie mich töten wollen!«
Spock rief ihm zu: »Versuchen Sie weiter, sich mit den Leuten zu unterhalten. Es ist doch
vollkommen unlogisch, daß sie…«
»Es ist mir klar, daß es vollkommen unlogisch ist, Mr. Spock!«
Wieder sprang der Yang ihn an. Bei dem entstehenden Handgemenge wurde die Frau gegen
den Rost der Nachbarzelle geschleudert, und Spock konnte durch die Stäbe greifen und ihr einen
harten Schlag ins Genick versetzen. Erstaunt blieb der Wilde stehen, als er sie zusammenbrechen
sah.
Dann schaute er durch die Stäbe in die Nachbarzelle.
Der Vulkanier stand am Fenster und zerrte aus Leibeskräften an dem dort befindlichen Rost.
Der Wilde sah gebannt zu, wie Spock sich mit seinem ganzen Gewicht gegen den Rost warf.
Mörtelstaub rieselte zu Boden. Spock rief zu Kirk hinüber: »Ich habe den Fensterrost schon
etwas gelockert. Wenn der Mörtel an Ihrem ebenso brüchig ist…«
»Das kann ich nicht einmal prüfen«, sagte Kirk. »Die beiden sitzen mir ständig im Genick.«
Aber der Yang verhielt sich abwartend. Kirk beobachtete ihn. Die Frau, die zu seinen Füßen
lag, schien langsam wieder aus ihrer Bewußtlosigkeit zu erwachen.
»Arbeiten Sie nur weiter an Ihrem Fenster, Spock. Es ist die einzige Möglichkeit, unsere
Freiheit wiederzugewinnen«, sagte Kirk.
Der Yang war im Begriff gewesen, sich wieder auf Kirk zu stürzen, aber plötzlich blieb er
wie angewurzelt stehen. Mit einer Mischung aus Neugier und Schrecken starrte er Kirk an.
»Freedom«, wiederholte er.
Offenbar sprach er eine Art verstümmeltes Englisch und hatte das englische Wort für Freiheit
verstanden.
»Spock!«
»Ich habe es gehört, Captain. Fragen Sie ihn, ob er weiß, was das Wort bedeutet.«
»Es ist ein heiliges Wort – ein heiliges Wort der Yangs!« rief der Wilde. »Sie dürfen es nicht
aussprechen!«
Kirk sagte: »Es ist auch bei uns ein heiliges Wort. Vielleicht sind wir Brüder.«
»Sie leben bei den Kohms!«
»Bin ich nicht ein Gefangener der Kohms, genau wie Sie?« Dabei beließ er es einstweilen. Er
ging zum Zellenfenster und begann, an dem Rost zu zerren. Er ließ sich nicht bewegen. Er warf
sich mit der Schulter dagegen. Die Belohnung war herabrieselnder Mörtelstaub. Der Yang sah
seine Begleiterin an. Sie erhob sich langsam und sprang dann ans Fenster. Die beiden halfen
Kirk. Mit vereinten Kräften warfen sie sich gegen das Gitterwerk.
Endlich gelang es ihnen, den Rost an einer Ecke loszubrechen. Nun konnten sie die
herausgelöste Ecke als Hebel benutzen. Sie verbogen den Stahl und lösten auch das obere Ende.
Es war der Yang, dem es dann gelang, den ganzen Rost herauszubrechen. Kirk wandte sich zu
Spock um. »Warten Sie, Mr. Spock, in ein paar Minuten sind auch Sie…«
»Captain!« brüllte Spock.
Der Warnruf kam zu spät. Der schwere Rost kam herunter und traf Kirk an der Schläfe.
Bewußtlos sank der Captain zu Boden.
Der Yang hob seine Begleiterin hoch und schob sie durch das Fenster ins Freie. Spock sah,
wie er dann selbst hinauskletterte und mit der jungen Frau davoneilte.
Dieses Mal dauerte es sehr lange, bis Kirk wieder zu sich kam. Spock hörte, daß der Captain
sich bewegte und eilte rasch vom Zellenfenster zur Tür.
»Captain?«
»Spock? Wie lange?«
»Etwa sieben Stunden, Sir.«
Sieben Stunden bewußtlos! Immerhin… auch eine Art Ruhepause. An Kirks Gesicht klebte
geronnenes Blut. Er versuchte, sich zu bewegen. Eine Welle von Schmerz durchfuhr ihn, und er
stöhnte. Der Eisenrost lag neben ihm. Noch immer benommen, erhob Kirk sich und richtete den
Rost auf. Ächzend taumelte er mit der schweren Last zum Fenster und lehnte den Rost gegen die
Wand. Er stieg über diese provisorische Leiter nach draußen. Auf der Straße orientierte er sich
kurz und rannte um das Haus herum. Die Hintertür war unverschlossen. Er betrat das Gefängnis
und eilte an den Schreibtisch. Er fand die Schlüssel in der Schublade und öffnete Spocks Zelle.
Spock bemerkte als erster, daß Tracy Doktor McCoys Quartier bewachen ließ. Der Posten
fuhr zusammen, als er das kratzende Geräusch an der Tür vernahm. McCoy war so sehr in seine
Arbeit vertieft, daß er nicht einmal aufschaute. Als er zum zweiten Mal das Kratzen hörte,
öffnete der Wachsoldat vorsichtig die Tür und steckte den Kopf heraus. So war er das ideale
Objekt für einen von Spocks berühmten Vulkaniergriffen. Der Posten ließ sein Schwert fallen
und sank in sich zusammen. Spock schleifte ihn in McCoys Labor, der erst in diesem Moment
aufblickte. Nun war er wieder bereit, die Außenwelt zu registrieren.
»Hallo, Jim«, sagte er. »Guten Morgen.«
Spock ließ seine Blicke über die Laboreinrichtung schweifen.
Sie hefteten sich auf ein Signalgerät, und man sah deutlich, daß Spock eine plötzliche
Eingebung hatte.
»Captain«, rief er, »ich kann dieses Gerät umfunktionieren. In wenigen Minuten können wir
Verbindung mit der Enterprise aufnehmen.«
»Pille«, sagte Kirk, »was hast du herausgefunden? Hast du irgendwelche Ergebnisse?«
»Ja. Ich habe mittlerweile Grund zu der Annahme, daß hier vor etlicher Zeit ein entsetzlicher
bakteriologischer Krieg stattgefunden hat. Das Virus existiert immer noch. Es hat die gesamte
Mannschaft der Exeter getötet, und auch wir sind infiziert. Aber nach vielen Jahren hat die Natur
Abwehrstoffe entwickelt. Sie sind in der Nahrung vorhanden, im Wasser, im Boden und in der
Atemluft. Aber diese immunisierenden Substanzen brauchen einige Zeit, um voll zur Wirkung zu
kommen. Das ist die eigentliche Tragödie, denn wenn die Mannschaft der Exeter auch nur einige
Stunden auf dem Planeten ausgeharrt hätte, wären die Männer nicht gestorben.«
Kirk verstand sofort, was diese Aussage seines Bordarztes bedeutete. »Dann können wir also
jederzeit diesen Planeten verlassen?«
McCoy nickte. Auf Kirks Gesicht erschien zum ersten Mal seit langer Zeit ein breites
Grinsen. Er wurde aber sofort wieder ernst. »Tracy«, sagte er, »ist davon überzeugt, daß die
immunisierende Substanz zu einer Art Jungbrunnen für die gesamte Menschheit werden könnte.
Man muß sie isolieren, aus ihr ein Serum herstellen und es dann den Menschen injizieren…«
»Unsinn!« schnaufte McCoy.
»Pille, einige der Leute hier sind weit über tausend Jahre alt.« »Schon möglich, aber doch
nur, weil sie Nachkommen von äußerst widerstandsfähigen Menschen sind. Und sie haben in
ihrem Blutkreislauf während der Kriege wirkungsvolle Antikörper entwickelt. Man kann durch
die Zerstörung einer Welt den überlebenden Nachkommen vielleicht ein längeres Leben
verschaffen – aber ich bezweifle, daß das zielführend ist.«
»Dann wäre jedes Serum, das sie entwickeln könnten, völlig nutzlos?«
McCoy zuckte die Schultern. »Vielleicht kann man damit Erkältungen heilen. Aber unser
Leben verlängern? Ich kann mehr für dich tun, wenn ich dir rate, vernünftig zu essen und
regelmäßig Sport zu treiben.«
Drüben von der Eckbank her, an der Spock sich an einigen Laborgeräten zu schaffen machte,
war ein erleichterter Ausruf zu hören. Spock schloß noch ein paar Drähte an und schaute von der
Arbeit hoch. »Ein bißchen primitiv, aber es funktioniert. Ich kann Signalkontakt mit dem Schiff
aufnehmen. Sprechkontakt ist natürlich nicht möglich.«
»Signalkontakt reicht völlig aus, Mr. Spock.« Kirk ging auf Spock zu, als das Signalgerät in
dessen Hand vom Energiestrahl eines Phasers getroffen wurde und rotglühend aufleuchtete.
Spock wurde von der gewaltigen Energie des Strahlers zu Boden geschleudert.
Tracy lehnte gegen den Türrahmen. Seine Uniform war blutbespritzt. Er machte einen völlig
aufgelösten Eindruck, und seine weitaufgerissenen Augen waren wie die eines Irren. Er ließ den
Phaser sinken. »Hier wird nicht signalisiert!« stieß er hervor. Er sah sich im Raum um. »Kirk,
der Yang, der bei Ihnen in der Zelle war… haben Sie ihn freigelassen?«
Kirk ignorierte ihn und ging zu McCoy hinüber, der neben Spock kniete. »Wenigstens lebt er
noch«, sagte der Arzt kurz.
»Der Wilde, Kirk! Haben Sie ihn fortgeschickt, seinen Stamm zu warnen?«
Kirk blickte auf und sah, daß Tracy sich in sehr schlechter Verfassung befand. »Was ist
geschehen?« fragte er. »Wo sind Ihre Leute?«
»Die Yangs müssen gewarnt worden sein. Sie kamen aus den Hügeln in die Ebene und
opferten Hunderte ihrer Leute. Und dann kamen sie… es wurden immer mehr.« Er sprach mit
zitternder Stimme. »Wir schossen drei unserer vier Phaser leer, und immer noch kamen sie. Wir
haben Tausende getötet, aber es nahm kein Ende!«
Plötzlich merkte Tracy, wie laut er schrie. McCoy beschäftigte sich immer noch intensiv mit
Spock. »Er wird es überleben, aber hier kann er natürlich nicht bleiben. Er muß an Bord versorgt
werden.«
»Unmöglich!« schrie Tracy. »Sie können doch nicht die Krankheit an Bord Ihres Schiffes
bringen!«
»Er ist jetzt vollkommen immun«, klärte McCoy ihn auf. »Wir sind alle immun.«
»Wir können jederzeit zum Schiff zurückbeamen, Tracy«, sagte Kirk. »Wir alle ohne
Ausnahme!«
»Haben Sie denn das Serum isoliert?«
»Es gibt kein Serum!« sagte Kirk. »Es gibt hier auch keine Wunder. Es war alles umsonst! Es
war völlig sinnlos!«
Wie vom Blitz getroffen starrte Tracy den Captain an. Dann sah er ungläubig McCoy an.
»Erzählen Sie, Doktor, erklären Sie es mir!«
»Überlassen Sie die Medizin getrost den Ärzten, Captain!« fauchte McCoy ihn an. »Wir
haben keinen Jungbrunnen gefunden. Die Leute hier leben länger, weil es für sie natürlich ist,
länger zu leben.«
Alle Farbe wich aus Tracys Gesicht. Er hob den Phaser und zeigte damit auf die Tür. »Raus
hier, Kirk! Oder ich schicke Ihre beiden Freunde zur Hölle!«
Kirk wußte, daß dieser Mann zu allem fähig war. »Tu für Spock, was du kannst, Pille«, sagte
er und ging zur Tür.
Die verängstigten Dorfbewohner hatten sich in ihren Häusern verkrochen. Die Straßen waren
wie leergefegt.
Tracy hielt wieder den Phaser auf Kirk gerichtet. Er warf ihm seinen Kommunikator zu.
»Wir werden sehen, ob Sie gern sterben wollen«, sagte er. »Rufen Sie Ihr Schiff!«
Schweigend betrachtete Kirk den Kommunikator. »Ich brauche Ihre Hilfe, Kirk!« schrie
Tracy. »Sie werden jeden Augenblick das Dorf angreifen! Mein Phaser ist fast leer. Wir
brauchen mehr. Und funktionstüchtige.«
Das war es also: Die Enterprise sollte zum Waffenschmuggel mißbraucht werden, nur weil
es diesem Wahnsinnigen so gefiel. Als er Kirks abweisenden Gesichtsausdruck bemerkte, brüllte
Tracy: »Sie wollen hier doch nicht einfach stehenbleiben und sich umbringen lassen! Wenn ich
Ihnen eine Waffe in die Hand gebe, werden Sie doch kämpfen?«
Kirk sagte: »Wir können uns alle zum Schiff zurückbeamen lassen.«
»Ich brauche fünf Phaser… nein, zehn. Drei Reserve-Energiepatronen für jede Waffe!«
»Meinetwegen«, sagte Kirk. Wieder hob Tracy den Phaser, zielte auf Kirk und wartete. Kirk
klappte den Kommunikator auf.
»Enterprise, hier spricht Captain Kirk.«
Er spürte die Erleichterung in Uhuras Stimme, als sie sagte:
»Captain! Geht es Ihnen wieder besser?«
»Ausgezeichnet, Leutnant. Beamen Sie mir sofort zehn Phaser herunter und für jede Waffe
drei Reserve-Energiepatronen. Haben Sie verstanden?«
Uhura antwortete nicht. »Fragen Sie noch einmal!« sagte Tracy ungeduldig.
»Enterprise, haben Sie verstanden?«
Nun hörte er Sulus Stimme. »Hier spricht Sulu, Captain. Wir haben verstanden… aber das
geht wohl nicht ohne Rückfrage.« »Auch nicht, wenn wir uns in besonderer Gefahr befinden,
Mr. Sulu?«
Sulu war ein ausgezeichneter Mann. Er war intelligent und umsichtig. »Captain, Freiwillige
stehen bereit, um sich auf den Planeten beamen zu lassen. Wie ist Ihre Situation?«
Tracy gestikulierte ungeduldig, und Kirk fuhr fort: »Es besteht keine unmittelbare Gefahr.
Die Freiwilligen bleiben in Bereitschaft. Wir melden uns wieder. Landekommando Ende!« Kirk
schaltete den Kommunikator aus. Tracy nickte mit widerwilliger Bewunderung. »Sie haben eine
hervorragend funktionierende Brückenbesatzung. Mein Kompliment.« Er streckte die Hand nach
dem Kommunikator aus. Auf diese Chance hatte Kirk nur gewartet. Er packte die Hand des
anderen und drehte sie um. Mit einem wuchtigen Faustschlag brachte er Tracy aus dem
Gleichgewicht und griff nach dem Phaser. Aber Tracy konnte seine Waffe vor Kirks Griff in
Sicherheit bringen. Er feuerte, als Kirk mit einem mächtigen Satz hinter dem Gebäude
verschwand, und der Strahl traf eine Regentonne. Die Jagd begann.
Kirk rannte die ihm vertraute Straße entlang auf das Gefängnis zu. Durch die offene
Gefängnistür sprang er in Deckung. Kaum war er im Innern des Gebäudes, als ein Phaserstrahl
den Stützbalken der Veranda traf. Der Vorbau krachte zusammen.
Er suchte den Eisenrost, der ihn bewußtlos geschlagen hatte. Er mußte noch in der Zelle
liegen, wo Kirk ihn auch fand. Keine ausreichende Waffe gegen einen Phaser, aber etwas
anderes hatte er nicht. Gegenüber dem Vordereingang des Gefängnisses stand noch der
Richtblock. Als Kirk aus der Tür auf die Straße hinaustrat, sah er Tracy neben dem Block stehen.
Der Mann hob den Phaser und drückte ab. Nichts geschah! Fassungslos starrte Tracy auf seine
leergeschossene Waffe. Dann schleuderte er sie von sich und ergriff die Axt des Henkers. Damit
stürzte er sich auf Kirk und holte zu einem mörderischen Schlag aus. Kirk tauchte weg und stieß
Tracy mit aller Gewalt den Eisenrost in den Leib. Ächzend brach der Wahnsinnige zusammen,
aber mit einem Fußtritt konnte er Kirk noch zu Fall bringen. Es kam im Staub der Straße zu
einem wilden Ringkampf. Es gelang Tracy, Kirk auf den Rücken zu zwingen und ihm das Knie
auf die Brust zu setzen. Plötzlich schrie er auf. Er fühlte das Eisen einer Lanzenspitze unter dem
rechten Schulterblatt. Die beiden Männer blickten hoch. Ein Yang stand über ihnen, und in
einiger Entfernung sahen sie eine ganze Schar bewaffneter Wilder.

Das offene Holzkohlefeuer war aus dem großen Raum des Klubhauses der Kohms entfernt
worden. Auf dem Tisch lag ein uraltes, vergilbtes Pergament. Außerdem sah Kirk einige ebenso
vergilbte Bücher und Tracys Kommunikator. Der ganze Raum war zu einer Art primitiven
Gerichtssaal umgestaltet worden. Weiße Wilde bildeten die »Jury«. Unter ihnen bemerkte Kirk
die junge Frau, die mit ihm in der Zelle gewesen war. Er selbst, Spock, McCoy und Tracy saßen
an der linken Seite des Tisches.
Der Yang-Mann aus der Zelle nahm ihnen gegenüber Platz. Er sah Kirk an. »Mein Name«,
sagte er, »ist Cloud Williams.« Dann blickte er zu einigen seiner Krieger hinüber, die an der Tür
Wache hielten, und nickte. Eine ganze Gruppe Dorfältester der Kohms wurden hereingeführt und
mußten vor dem Tisch Aufstellung nehmen. Kirk schaute besorgt zu Spock hinüber. Dieser fing
den Blick seines Kommandanten auf und sagte: »Ich fühle mich noch etwas schwach, Captain,
aber es wird schon gehen.«
McCoy beugte sich zu Kirk hinüber. »Er bedarf dringend weiterer Behandlung, Jim, und
zwar bald!«
Spock zeigte auf die Kohms. »Es sind Gefangene. Die Yangs scheinen also doch nicht so viel
Freude am Töten zu haben, wie wir zuerst glaubten.«
Kirk beobachtete die primitive Gerichtsszene um sich herum. »Wenn meine Vorfahren aus
ihren Städten in die Wüsten und in die Berge getrieben worden wären…«
»Ja, Captain«, sagte Spock. »Dann hätten auch sie gelernt, Tierhäute als Kleidung zu tragen.
Dann hätten auch sie stoische Verhaltensweisen entwickelt. Sie hätten sich Bogen und Lanzen
hergestellt…«
»Und hätten wie Indianer gelebt… und endlich auch wie Indianer ausgesehen.« Er machte
eine Pause, und ein Gedanke schoß ihm durch den Kopf, der ihn fast erschreckte. »Spock!
Yangs… Yangs… Yankees! Das ist doch nicht möglich!«
Spock nickte. »Kohms… Kohmunist… Kommunisten! Die Parallele ist fast zu eindeutig.
Das würde bedeuten, daß diese Leute den Krieg geführt hätten, den ihr Amerikaner vermieden
habt. In diesem Fall haben die Asiaten gewonnen und die westliche Welt erobert.«
»Aber wenn das stimmt, Spock… dann hätten die Yangs über Generationen hinweg um ihr
verlorenes Land gekämpft…«
Er lehnte sich im Sitz zurück. Plötzlich erklang aus dem Hintergrund dumpfer, feierlicher
Trommelwirbel, und alle Anwesenden schwiegen. Hinter dem Tisch erhob sich Cloud Williams
zu seiner ganzen, stolzen Größe.
»Was uns gehört, ist wieder unser Eigentum! Es wird uns nie wieder genommen werden…«
Er deutete auf den Hintereingang. Wieder erklang der dumpfe Trommelwirbel. »Diesen Tag
weihe ich mit unserem großen Heiligtum. Ay Pledgili!«
Erstaunt richteten sich Kirk, Spock und McCoy in ihren Sitzen auf und drehten sich um. Was
sie sahen, verblüffte sie außerordentlich. Die Tür hatte sich geöffnet, und eine Ehrenwache hatte
den Raum betreten. Einer der Männer trug eine Stange. An ihr hing eine uralte, zerfetzte Flagge,
deren Farben – blau, weiß und rot – ausgeblichen waren. Aber ihre Sterne und Streifen hatten
Jahrtausenden widerstanden und waren noch deutlich zu erkennen. Ein Triumph der Materie
über die Zeit.
Stolz hing die Flagge hoch oben an der Stange und wurde jetzt mitten im Saal aufgepflanzt.
Tracy flüsterte: »Die amerikanische Flagge!«
Kirk wandte sich an Spock. »Ob sie nach dieser langen Zeit überhaupt noch wissen, wofür
sie kämpfen?«
»Ich bezweifle es, Captain. Es sind nur überkommene Zeremonien, uralte, überlebte
Traditionen.«
»Und ein feierliches Ritual«, sagte McCoy. »Die Flagge wurde als Heiligtum bezeichnet.«
Tracy sagte: »Wir werden mit ihnen schon fertig, Kirk. Gemeinsam werden wir es schaffen.«
Er sah die anderen an und beugte sich vor, damit sie ihn hören konnten. »Ich warne Sie nur
davor, mir in den Rücken zu fallen. Ich werde gewinnen… und schlimmstenfalls sterbe ich. Aber
ich werde Sie alle mitnehmen. Ich werde…«
Ein unsanfter Lanzenstoß brachte ihn zum Schweigen. Cloud Williams sprach: »Ich, Cloud
Williams, bin Häuptling und Sohn eines Häuptlings, Wächter der Heiligtümer, Sprecher der
heiligen Worte und Anführer der Krieger. Viele sind tot, aber dies ist das letzte Dorf der Kohms.
Was uns gehört, ist wieder unser Eigentum.«
Die Menge wiederholte feierlich diese Worte: »Was uns gehört, ist wieder unser Eigentum.«
Cloud Williams legte sich die rechte Hand auf das Herz. »Ihr werdet mir diese heiligen
Worte nachsprechen.« Die Yang-Wachen ergriffen die rechten Hände aller Kohm-Gefangenen
und legten sie an deren linke Brustseite. Cloud Williams wandte sich der alten Flagge zu. »Ihr
werdet sprechen: Ay pledgili ianectu flaggen tupep likfor stahn…«
Wieder sprach er dieses verstümmelte Englisch. Kirk sprang auf. Er führte den Satz zu Ende.
»… und der Republik, für die sie steht. Eine Nation in Gott, unteilbar, mit Freiheit und
Gerechtigkeit für alle!«
Im Raum erhoben sich laute Rufe. Eine Wache, die sich Kirk nähern wollte, blieb entsetzt
stehen.
Cloud Williams unterhielt sich aufgeregt mit einem alten Wilden an seinem Tisch. Der alte
Mann schüttelte immer wieder den Kopf. Er zeigte auf eines der vergilbten Bücher, die vor ihm
lagen. Die Wachen führten die gefangenen Kohms aus dem Saal. Zwei Krieger gingen
unentschlossen und zögernd auf Kirk zu. Einer bedeutete ihm, den Yang-Häuptling anzusehen.
Der Häuptling schlug hart mit dem Griff seines Messers auf den Tisch, um die Menge zum
Schweigen zu bringen.
»Sie kennen viele unserer heiligen Worte! Woher?«
Kirk sagte: »In meinem Land gibt es einen Stamm wie den Ihren.«
»Wo ist euer Stamm?«
Kirk hob die Hand zum Himmel empor. »Wir kommen von dort oben, von einem dieser
kleinen, silbrigen Lichtpunkte, die ihr jede Nacht am Himmel erkennen könnt…«
Wieder brach ein Tumult aus. Kirk versuchte weiterzusprechen, aber seine Worte gingen im
allgemeinen Aufruhr unter. Wieder klopfte Cloud Williams auf den Tisch. Er nickte dem Yang-
Gelehrten neben ihm zu und richtete seine jugendlich strahlenden Augen auf Kirk. »Warum sind
Sie hier? Wurden Sie verbannt?«
Die Jury der Yangs wartete auf seine Antwort. Kirk formulierte seine Worte mit größter
Vorsicht. »Sie verwechseln die Sterne mit dem Himmel, von welchem…«
»Er wurde verbannt!« schrie Tracy.
Er sprang von seinem Sitz hoch und stellte sich vor die Jury hin. »Erkennen Sie nicht den
bösen Geist? Wer sonst könnte euch mit euren eigenen heiligen Worten täuschen. Euer Gott soll
mich auf der Steile töten, wenn ich nicht die Wahrheit spreche!« Er sah zum Himmel hinauf.
»Aber er wird es nicht tun, denn ich spreche für ihn!«
Der brutale Mord an Raintree… der Bruch seines Diensteides… nun auch noch die
schamlose Ausnutzung der Unwissenheit und des Aberglaubens dieser Menschen. Kirk war sich
selbst gram. Er hätte wissen müssen, daß Tracy jedes nur erdenkliche Verbrechen begehen
würde, wenn es nur seinen Absichten dienlich war. Aber der alte Yang-Gelehrte hatte rasch ein
dickes, schwarzes Buch aufgeschlagen.
Cloud Williams sah Tracy prüfend und nachdenklich an.
»Und doch haben Sie viele der Unseren getötet«, sagte er.
»Nur, um sie zu bestrafen. Ihr wolltet nicht hören, als ich versuchte, mit euch zu sprechen.
Außerdem habt ihr versucht, mich zu töten.«
»Ich bin ein Mann wie Sie«, sagte Kirk. »Ich bin kein Gott. Ich bin auch nicht der böse
Geist.«
»Könnte denn ein Mensch eure heiligen Worte kennen?« rief Tracy. »Könnte ein Mensch
diese Worte verwenden, um euch zu betrügen?« Mit dramatischer Geste zeigte er auf Spock.
»Und seht euch seinen Diener an! Sein Gesicht, seine Ohren und seine Augen! Wird der böse
Geist in den Legenden und Sagen der Yang nicht beschrieben?«
Nun wandte Kirk sich an das Tribunal. »Sehen denn eure Gesichter alle gleich aus, und kann
man ihnen ansehen, wer von euch gut und wer schlecht ist?«
Der alte Gelehrte hatte das schwarze Buch Cloud Williams hingeschoben. Der Häuptling
nahm es und küßte es ehrfürchtig, bevor er es öffnete. Die goldgeschnittenen Buchstaben des
Titels waren noch deutlich zu erkennen. Es war eine uralte Bibel. Eine faltige Hand streckte sich
aus und zeigte auf eine Seite.
Viele alte Bibeln enthielten zahlreiche Illustrationen. Wenn diese Bilder aufwies, auf denen
Luzifers Knechte zu sehen waren, mochte es sehr wohl sein, daß einer von ihnen Spock ähnlich
sah. Es schien hier der Fall zu sein. Cloud Williams sah Spock an, dann glitten seine Augen zu
Kirk hinüber.
»Sie sind der Herr dieses Dämons«, sagte Tracy zu Kirk. »Das hat jeder gesehen.« Abrupt
drehte er sich wieder zum Häuptling um. »Brauchen Sie noch mehr Beweise? Der Dämon besitzt
kein Herz! Legen Sie ihm das Ohr an die Brust!«
Die Wachen hatten Spock ergriffen, und der Häuptling verließ seinen Tisch.
McCoy rief: »Sein Herz ist lediglich etwas anders konstruiert. Die inneren Organe der
Vulkanier…«
»Ich habe gesehen, daß er zaubern kann.« Der Häuptling griff sich mit der Hand ins Genick.
»Als er meine Begleiterin dort berührte, schlief sie sofort ein.« Er trat zu Spock und legte das
Ohr an die Brust des wissenschaftlichen Offiziers. Er lauschte, und dann runzelte er seine Stirn.
Er richtete sich wieder auf. »Er hat kein Herz.«
Im Saal wurden entsetzte Schreie laut, aber die Menschen schwiegen sofort, als Cloud
Williams gebieterisch den Arm hob. Dann eilte er zu seinem greisen Mentor zurück. »Es gibt
noch einen Weg«, sagte der Alte. Mühsam stand der Greis auf und ging zu einem großen,
verzierten Kasten am Tischende. Cloud Williams nickte.
»Die größten Heiligtümer«, sagte er. »Häuptlinge und die Söhne von Häuptlingen dürfen
diese Worte aussprechen… aber die Zunge des bösen Geistes würde sich in Feuer verwandeln.«
Er sah Kirk und Spock direkt in die Augen und warf auch einen Blick zu Tracy hinüber. »Ich
werde beginnen,
und ihr werdet die Worte zu Ende sprechen.« Er schloß die Augen, und in eigenartigem
Singsang kamen ihm die Worte von den Lippen: Ee’d pebnista nordor formor fektunun…
Er hob die Lider und wartete.
Die Worte erschienen Kirk seltsam vertraut. Während er fieberhaft darüber nachdachte,
mischte Tracy sich wieder ein. »Er schweigt, weil er fürchtet, daß ihm die Zunge verbrennt,
wenn er die Worte ausspricht. Tötet seinen Diener, wenn er nicht redet, damit wir alle sehen, ob
ihm die Zunge verbrennt!«
Schon hielt ein Yang sein Messer an Spocks Brust. Die Menge brüllte nach Blut, und der
Saal verwandelte sich in ein Irrenhaus. Kirk rief: »Nein! Halt! Es gibt einen besseren Weg! Steht
nicht in euren heiligen Büchern, daß das Gute stärker ist als das Böse?«
»Captain…« Aber über Spocks Protestschrei hinweg erhob sich die Stimme der jungen Frau
aus der Gefängniszelle. »Ja, so steht es geschrieben! Das Gute wird immer über das Böse
siegen!«
»So steht es geschrieben«, kam das Echo des alten Gelehrten.

Die Wachen hatten Kirk und Tracy gefesselt, aber nun zerschnitt ein Yang-Krieger die
Lederriemen. Alle Tische und Stühle waren aus dem Raum hinausgetragen worden. In der Mitte
des Saales steckten zwei scharfgeschliffene Messer im Holzfußboden.
»Sei vorsichtig, Jim«, sagte McCoy. »Ich habe festgestellt, daß in der Regel das Böse siegt,
wenn der liebe Gott nicht gerade besonders gut aufpaßt.«
Kirk nickte schweigend. Er ging zu der Stelle hinüber, wo der Häuptling die Messer in die
Bretter gestoßen hatte.
»Der Kampf ist zu Ende, wenn einer der Gegner tot ist«, erklärte Cloud Williams. Er hob den
Arm und ließ ihn wieder sinken. Dabei rief er laut: »Hola!«
Tracy erreichte als erster eines der Messer. Mit der Schulter stieß er Kirk zur Seite und trat
mit dem Fuß dessen Messer fort. Dann drang er auf Kirk ein, den scharfen Stahl hoch erhoben.
Kirk wehrte den Stoß ab und packte Tracys Handgelenk. Mit vor Anstrengung verzerrten
Gesichtern hielten sie sich gegenseitig fest. Jeder wartete auf eine falsche Bewegung des
anderen.
McCoy murmelte: »Wir müssen etwas unternehmen, Spock.« Spock zerrte an seinen Fesseln.
»Ich verschließe mich keinem guten Vorschlag, Doktor.«
Kirk riß sich los und bekam Tracy in den Griff. Der Captain der Exeter konnte sich befreien,
schoß aber durch den Schwung drei oder vier Meter durch den Raum. Kirk konnte sich bücken
und sein Messer aufheben. Vorsichtig umkreisten die Männer einander.
Spock bemerkte plötzlich, daß Cloud Williams’ junge Begleiterin ihn anstarrte. Als sich ihre
Augen trafen, überlief ein Zittern den Körper der jungen Frau.
McCoy hatte die Geste gesehen. »Was machen Sie?« fragte er.
»Ich mache Vorschläge«, sagte Spock.
Tracy hatte Kirk leicht verletzt. Er zog sein Messer zurück, und Kirk wagte einen schnellen
Ausfall. Tracy konnte geschickt parieren. Die junge Frau bahnte sich unbemerkt einen Weg
zwischen den brüllenden Kriegern hindurch. Sie schlich an der Wand entlang, bis sie den Tisch
mit den alten Dokumenten, den Büchern und Tracys Kommunikator erreichte. Sie hielt inne und
sah sich nach den beiden Kämpfenden um. Tracys Messer blitzte durch die Luft und zerschlitzte
Kirks Ärmel. Blut tropfte auf den Fußboden. Aber die junge Frau hatte den Kommunikator. Sie
hielt ihn so, daß niemand ihn sehen konnte und bewegte sich weiter auf Spock und McCoy zu.
Spock blickte zu ihr auf. »Folgen Sie den Anweisungen, die mein Gehirn Ihnen übermittelt«,
flüsterte er.
»Ich gehorche«, flüsterte die Frau zurück.
Kirk verlor den Kampf. Seine Schulter war verletzt, und die Menge schrie nach Blut. Aber
endlich machte Tracy den lange erwarteten Fehler. Eine Sekunde lang war er unaufmerksam. Er
fiel auf eine Finte von Kirk herein und stolperte. Kirk setzte wuchtig nach und traf Tracy so hart
mit der Faust, daß dieser einige Male um seine eigene Achse wirbelte und stürzte. Kirk warf sich
auf ihn und setzte ihm das Messer an die Kehle. Gleichzeitig entwand er Tracy das Messer und
schleuderte es weg. Es glitt über den Boden und blieb vor Cloud Williams’ Füßen liegen.
Plötzlich erstarb jedes Geräusch im Raum.
»Töte ihn«, befahl Cloud Williams. »Es steht geschrieben, daß das Gute das Böse zerstört.«
Kirk nahm das Messer von Tracys Kehle und stand auf. Dann durchbrach ein bekanntes
Summen die Stille. Er fuhr herum. In einem Funkenregen materialisierten neben ihm Leutnant
Sulu und zwei Leute von der Bordwache. Überall im Raum sanken die Yang-Krieger auf die
Knie. Sulu baute sich vor Kirk auf und meldete: »Wir fingen ein Kommunikatorsignal auf,
konnten es aber nicht so schnell orten. Außerdem waren…«
»Das diskutieren wir später, Leutnant. Nehmen Sie Captain Tracy unter Arrest. Nun, Cloud
Williams…«

Der Yang-Häuptling war ihm vor die Füße gekrochen. »Sie sind ein großer Diener Gottes,
und wir werden Ihre Sklaven sein.«
Kirk reichte ihm die Hände und half ihm auf. »Stellen Sie sich aufrecht hin und sehen Sie
mich an.«
»Als Sie nicht die Worte des Heiligen Ee’d Pebnista sagen wollten, habe ich an Ihnen
gezweifelt.«
Kirk sagte: »Ich habe die Worte nicht erkannt, denn Sie haben sie schlecht ausgesprochen, so
daß sie keinen Sinn ergaben.«
Der alte Yang-Gelehrte hatte den verzierten Kasten hochgehoben und hielt ihn über seinem
Kopf. Erschreckt rief der alte Mann: »Nur die Augen eines Häuptlings dürfen das Ee’d Pebnista
sehen!«
»Es wurde nicht für Häuptlinge geschrieben.« Kirk drehte sich um. »Hören Sie zu, Cloud
Williams. Dies ist eure Welt. Aber ich kann Ihnen, ohne unsere Gesetze zu verletzen, vielleicht
erklären, was Ihre Vorväter mit diesen Worten meinten.«
Ohne den Alten zu beachten, hielt er das zerknitterte Pergament so hoch, daß alle es sehen
konnten. »Bei meinem Volk kennen wir viele solcher Worte aus vielen Ländern und aus vielen
Welten. Viele sind gut und werden gleichermaßen respektiert. Aber wohin wir auch kamen,
nirgends fanden wir diese wichtigen Worte genauso ausgedrückt wie hier. Sehen Sie diese drei
Worte, die größer gedruckt sind als die anderen? Sie wurden nie vorher und nie seitdem mit
demselben Stolz verwendet wie zu dieser ganz bestimmten Zeit. Diese großen, stolzen Worte
bedeuten…« Er machte eine Pause.
»Wir das Volk…«
Er sah Cloud Williams an. »Was Sie das Ee’d Pebnista nennen, wurde nicht für die
Häuptlinge und Könige geschrieben oder für die Krieger, die Mächtigen oder die Reichen,
sondern für das ganze Volk. Über die Jahrhunderte habt ihr die ursprüngliche Bedeutung der
Worte verfälscht. Sie bedeuten folgendes…«
Er las vom Pergament und sprach jedes Wort laut und deutlich aus. »Wir… das… Volk… der
Vereinigten Staaten… zur Gründung einer vollkommeneren Union, zur Sicherung der
Gerechtigkeit, zur Wahrung des Friedens im Innern, zur Gewährleistung der Verteidigung nach
außen, zur Förderung des öffentlichen Wohles und zur Erlangung der Segnungen der Freiheit für
uns und unsere Nachkommen, beschließen und errichten diese Verfassung.«
Behutsam legte er das Pergament in den Kasten zurück. »Diese Worte«, sagte er, »und die
folgenden Worte waren nicht nur für die Yangs bestimmt, sie galten auch den Kohms.«
»Den Kohms?« wiederholte Cloud Williams entgeistert.
»Sie müssen für jeden gelten, oder sie sind ohne Bedeutung. Verstehen Sie das?«
»Ich verstehe es nicht ganz, Mann mit Namen Kirk. Aber wir werden den heiligen Worten
gehorchen. Wir schwören es.«
Kirk ließ ihn stehen, um sich an Sulu zu wenden. »Sie und Ihre Leute werden einige Tage auf
dem Planeten bleiben müssen, um Immunisierung zu erlangen.«
Sulu grinste. »Es scheint sich um eine interessante Gegend zu handeln. Es gibt doch nicht
zufällig ein Schanghai oder ein Tokio hier unten?«
»Das ist nicht ausgeschlossen«, meinte Kirk. Er öffnete den Kommunikator, den Spock ihm
reichte. »Kirk an Enterprise, vier Mann klar zum Rücktransport.«
»Wir bereiten alles vor, Captain«, sagte Uhura.
Kirk, Spock und McCoy, die Tracy in die Mitte genommen hatten, warteten darauf, zum
Schiff gebeamt zu werden.
Als sie sich in Funken auflösten, hatte Kirk sich noch einmal zum Sternenbanner
umgewandt, das stolz und hoch vom Mast hing.
Anmerkungen

1 TV-Titel: Auf Messers Schneide

2 TV-Titel: Der Plan der Vianer

3 TV-Titel: Notlandung auf Galileo 7

4 TV-Titel: Die fremde Materie

5 TV-Titel: Der erste Krieg

6 TV-Titel: Das Jahr des roten Vogels


Von STAR TREK sind im Goldmann Verlag
folgende Originalabenteuer erschienen:

Raumschiff Enterprise 1: Der unwirkliche McCoy (23730)


Raumschiff Enterprise 2: Strafplanet Tantalus (23731)
Raumschiff Enterprise 3: Spock läuft Amok (23732)
Raumschiff Enterprise 4: Das Silikonmonster (23733)
Raumschiff Enterprise 5: Der Asylplanet (23734)
Raumschiff Enterprise 6: Die Lichter von Zhetar (23735)
Raumschiff Enterprise 7: Das Paradies-Syndrom (23737)
Raumschiff Enterprise 8: Der Doppelgänger (23738)
Raumschiff Enterprise 9: Rückkehr zum Morgen (23739)
Raumschiff Enterprise 10: Ein kleiner Privatkrieg (23740)
Raumschiff Enterprise 11: Der Tag der Taube (23741)
Raumschiff Enterprise 12: Spock muß sterben! (23742)
Raumschiff Enterprise 13: Jenseits der Sterne (23600)
Raumschiff Enterprise 14: Klingonen-Gambit (23601)
Raumschiff Enterprise 15: Galaxis in Gefahr (23602)
Raumschiff Enterprise 16: Die falschen Engel (23603)
Raumschiff Enterprise 17: Spock, Messias! (23619)
Raumschiff Enterprise 18: Wie Phoenix aus der Asche (23620)
Raumschiff Enterprise 19: Der Teufelsplanet (23627)
Raumschiff Enterprise 20: Gefangene des Wahnsinns (23616)
Raumschiff Enterprise 21: Welt ohne Ende (23613)
Raumschiff Enterprise 22: Das Phoenix-Verfahren (23614)
Raumschiff Enterprise 23: Planet der blauen Blumen (23615)
Raumschiff Enterprise 24: Grenze zur Unendlichkeit (23617)
Raumschiff Enterprise 25: Die Expertin (23618)
Raumschiff Enterprise 26: Zwischen den Welten (23621)
Raumschiff Enterprise 27: Welt ohne Sterne (23650)
Raumschiff Enterprise 28: Perrys Planet (23651)

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