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J. A.

LAWRENCE

Die Original-Abenteuer von

RAUMSCHIFF
ENTERPRISE
16

DIE
FALSCHEN
ENGEL

Aus dem Amerikanischen übertragen


von Hermann Martlreiter
Überarbeitet von Hermann Urbanek

GOLDMANN
Die amerikanische Originalausgabe
erschien unter dem Titel »STAR TREK® – Mudd's Angels«
bei Bantam Books, New York
© der Originalausgabe 1978 by Paramount Pictures
Corporation and Bantam Books, Inc.
Published by arrangement with Bantam Books, Inc., New York
® designates a trademark of Paramount Pictures Corporation
registered in the United States Patent and Trademark Office.
© der deutschsprachigen Ausgabe 1989
by Wilhelm Goldmann Verlag, München

Umschlaggestaltung: Design Team München


Umschlagillustration: Agt. Schlück/Larry Elmore
Satz: IBV Satz- und Datentechnik GmbH, Berlin
Druck: Eisnerdruck, Berlin
Verlagsnummer: 23603
V. B. Herstellung: Peter Papenbrok
ISBN 3-442-23603-7
Im Auftrag der Sternenflotte untersucht die Enterprise die Dilithium-produzierenden
Planeten. Denn seit einiger Zeit kommen angekündigte Lieferungen nicht mehr in den
Sternenbasen an. Zu ihrem Erschrecken müssen Kirk und Spock feststellen, daß ein
mysteriöses Konsortium das Monopol auf den Dilithium-Handel übernommen hat. Dem
gesamten galaktischen Wirtschaftskreislauf droht der Kollaps…
Prolog
von J. A. Lawrence

Mudds Frauen 1
(MUDD'S WOMEN)
von Stephen Kandel (Episode 6)

Ich, Mudd 2
(I, MUDD)
von Stephen Kandel (Episode 36)

Das übliche Geschäft bei Zank und Streit


(THE BUSINESS, AS USUAL, DURING ALTERCATIONS)
von J. A. Lawrence (keine TV-Episode)

Nachwort
von Hermann Urbanek

Anmerkungen
Prolog

Als die Mudd-Affäre endgültig in Ordnung gebracht worden war – sofern es überhaupt möglich
war, sie in Ordnung zu bringen –, verlangte der Wissenschaftsrat eine Erklärung, und das
Sternenflottenkommando gab uns den entsprechenden Befehl. Nur wenige Befehle in meiner
Laufbahn erwiesen sich als derart schwierig, aber mit Hilfe meiner Offiziere gelang es mir, eine
solche zu erstellen. Der Bericht liegt jetzt im riesigen Bibliothekscomputer des Wissenschaftsrats
auf und kann von jeder autorisierten Person gelesen werden, aber es ist langweiliger Kram, wie
das bei einem Bericht eben zu sein hat. Er basiert in erster Linie auf den Fakten, und die Fakten
tragen am wenigsten zur Klärung der Mudd-Affäre bei. Was zählte, war die Person, aber der
Wissenschaftsrat ist schonungslos unpersönlich.
Als ich das trockene Dokument nach besten Kräften in seine Endfassung gebracht und
Leutnant Uhura es dem Kommando gesendet hatte, erwähnte ich das auch. Ich erinnere mich
nicht an meine genauen Worte, aber ich glaube gesagt zu haben: »Der Wissenschaftsrat wird
damit nichts anfangen können, und niemand sonst wird ihn jemals lesen.«
»Nur zu wahr«, sagte Mr. Scott, mein Chefingenieur. »Es war wirklich eine verrückte
Geschichte, und ich bin heilfroh, daß sie vorbei ist. Aber dieser Bericht beraubt sie allen
Lebens.«
Ich versuchte, die Aufmerksamkeit meines Bordarztes, Dr. Leonard McCoy, zu erregen, aber
er starrte mürrisch auf das Deck. »Was meinst du, Pille«, sagte ich.
»Ich denke, Scotty hat recht«, sagte McCoy widerstrebend. »Wir haben zwar meine
psychologische Analyse von Mudd mit-einbezogen, aber in der steckt auch nicht viel Gefühl.
Nichts reduziert ein Erlebnis so sehr auf ein Mindestmaß wie der Versuch, es in die Ablagen
des Wissenschaftsrats zu stopfen.«
»Nun ja, so ist das nun mal«, sagte ich. »Schade, daß wir dem Bericht keine Würze geben
konnten, aber wir hatten keine Wahl. Mr. Spock, stimmen Sie mir zu?«
Mein Erster Offizier, der zur Hälfte Vulkanier ist, ist in der Sternenflotte wegen seiner
Hingabe an Fakten und Logik berüchtigt (viel zu wenige wissen über seine wichtigeren
Eigenschaften wie Mut, Würde und Treue so gut Bescheid wie wir). An Bord der Enterprise
behauptet Dr. McCoy, daß er Spock für eine Art organischen Computer hält, obwohl er es
natürlich besser weiß. Sogar ich war überrascht, als Spock sagte:
»Nicht ganz, Captain. Ein besserer Bericht wäre möglich und, wenn dem so ist, meiner
Meinung nach auch wünschenswert.«
»Oho. Bitte sagen Sie uns, warum.«
»Die Mudd-Geschichte – oder die ganze Serie – ereignete sich in einem verhältnismäßig
gutorganisierten Gebiet der Galaxis, Captain; einem Bereich, in dem Gesetz und Ordnung
entweder schon vorherrschten, oder man erwarten konnte, daß dies in naher Zukunft der Fall sein
würde. Der Wissenschaftsrat glaubt offensichtlich, daß eine detaillierte Beschreibung der
Vorgänge die Angelegenheit reibungsloser zur Durchführung gelangen läßt.«
»Ich bin nicht so zuversichtlich. Mudd war ein Zufallsfaktor, eine menschliche Spielart, die
sich abnorm benahm und alle Kalkulationen über den Haufen warf. Er war eine faszinierende
Abweichung von der Norm, mit ziemlicher Sicherheit auch nicht die letzte. Der Rat, beim
Oberkommando völlig in Sicherheit, hat vergessen, daß es solche wilde Abweichungen jemals
gegeben hat und möglicherweise wieder geben wird. Auch können wir ihn nicht darauf
hinweisen, denn die von uns geforderte Form des Berichts schließt das aus. Es wäre gut, eine
Aufzeichnung zu machen, die der Sache näherkommt, in einer Sprache, die auch für andere
Leser verständlich ist, als allgemeine Warnung, daß Menschen überaus unberechenbar sein
können.«
»Sie natürlich nicht eingeschlossen«, sagte McCoy.
»Nimm das zurück, Pille! Mr. Spocks menschliche Seite hat uns immer und immer wieder
vor Schlimmem bewahrt!«
»Ich weiß. Tut mir leid. Die Macht der Gewohnheit. Entschuldigen Sie, Spock.«
»Akzeptiert, Doktor.«
»Aber was können wir tun?« fragte ich die gesamte Brücke. »Leutnant Uhura, Sie sind unser
Nachrichtenoffizier. Könnten Sie einen geeigneten Bericht von der Mudd-Affäre machen? Da
mit die Leute die Verrücktheit der Geschichte, die Scotty an sprach, ebenso verstehen wie das
Problem, das Spock in dem Fall sieht, und unsere Meinung zu den Geschehnissen? Ich meine, es
wäre die Arbeit wert.«
»Captain, das bezweifle ich«, sagte sie, und ich war zum zweiten Mal in kurzer Zeit erstaunt,
denn die Kenntnisse, die sie für ihr Spezialgebiet benötigte, waren so vielschichtig, daß ich
sicher gewesen war, das mußte dazugehören. Sie mußte meine Reaktion bemerkt haben. »Sehen
Sie, Sir, meine Aufgabe ist es, Fakten mitzuteilen oder aber sie manchmal zu verschleiern oder
zu entstellen. Aber eine lange, komplizierte Geschichte zu erzählen – und diese ist wirklich
kompliziert –, dazu gehört ein spezielles Talent, und Leute, die es haben, werden nicht dazu
ermuntert, in den Nachrichtendienst einzutreten. Kein Captain will einen Nachrichtenoffizier mit
einem unwiderstehlichen Drang zum Fabulieren, einen, der die Wahrheit ausschmückt, wenn er
sie für zu langweilig hält.«
»An dieser Geschichte gibt es zwar nichts auszuschmücken, aber ich verstehe, was Sie
meinen. Sind wir jetzt aufgeschmissen, oder hat jemand eine andere Idee?«
»Ja, ich. Unser Zivilpassagier…«
»Lawrence? Der Integrator? Diese Leute werden auch nicht gerade zum Fabulieren
ermuntert.«
»Nein, Captain. Aber ein Integrator muß dennoch mehr tun, als Vorgänge lediglich zu
beobachten und sie aufzuzeichnen. Er muß sie nach ihrer jeweiligen Bedeutung abwägen,
Schlußfolgerungen ziehen und sie auswerten.
Ich schlage vor, daß wir alle individuelle Berichte von unseren Begegnungen mit Mudd
machen, der Computer eingeschlossen.
Dann übergeben wir die Dokumente Integrator Lawrence, um sie… zu einer Erzählung
zusammenzufassen.«
»Eine glänzende Idee«, sagte ich. »Aber wird der Integrator das tun? Ich habe keine
Vollmacht, Zivilisten Befehle zu erteilen, es sei denn, es steht die Durchführung des Auftrags
oder das Überleben des Schiffs auf dem Spiel.«
»Ich denke doch. Es wird wahrscheinlich noch einige Zeit dauern, bis wir Alpha Aldiss
erreichen, und vor unserer Ankunft gibt es für einen Integrator nicht viel zu tun. Ich denke, wir
können Lawrence überreden.« Sie lächelte. Auch ich mußte lächeln – Uhura kann sehr
überzeugend sein.
»Mr. Spock, meine Herren, wie ist Ihre Meinung?«

Es gab keine Einwände, und wie sich herausstellte, mußte Lawrence nicht erst überredet
werden. Was nun folgt, ist diese Geschichte. Die einzelnen Vorgänge liegen noch nicht lange
genug zurück, um beurteilen zu können, ob ein Außenstehender sie begreifen wird. Wir sind
jedoch sicher, daß es besser verständlich ist als alles, was wir hätten verfassen können.

JAMES T. KIRK
CAPTAIN U.S.S. ENTERPRISE
STERNZEIT 6107
Mudds Frauen

Es war klar, daß das sich bewegende Licht auf dem Bildschirm der Enterprise kein Stern war.
Sterne machen keine Ausweichmanöver. Sie versuchen nicht, vor Sternenschiffen zu fliehen,
sondern bleiben in ihrer Umlaufbahn. Das sich bewegende Licht auf dem Bildschirm war daher
äußerst verblüffend. Captain James T. Kirk runzelte die Stirn.
»Ein Schiff von der Erde, Mister Spock?«
»Schwer zu sagen, Captain. Ich erhalte keinen Registrierstrahl.«
Chefingenieur Scott unterbrach seine Rundgänge bei den Stationen der Brücke, um auf den
Bildschirm zu blicken. »Wenn das ein Schiff von der Erde ist, sind seine Maschinen in einer
Minute überlastet.«
Das sich bewegende Licht änderte seinen Kurs. Schweigend beobachteten sie das Manöver.
Dann sagte Sulu von seiner Konsole: »Es weiß, daß wir ihm folgen, Captain!«
»Bleiben Sie dran.« Kirk erhob sich von seinem Kommandosessel und ging in Richtung
Kommunikationskonsole, aber Leutnant Uhura schüttelte den Kopf.
»Ich habe es auf allen Frequenzen versucht, Captain. Entweder weigert es sich, zu antworten,
oder es versteht uns nicht.«
Der geänderte Kurs führte das seltsame Licht in das dichte Glitzern einer Asteroidengruppe.
Die Falten in Kirks Stirn wurden tiefer. »Deflektoren an, Mr. Farrell.«
Der rothaarige Navigator betätigte einen Hebel, und die Deflektorenschirme summten auf.
Sulu sagte schneidend: »Es hat die Asteroiden bemerkt, Sir.«
Kirk nickte. »Wir bleiben dran, Mr. Farrell. Es versucht, uns da drin abzuhängen.«
Spock rief: »Ich mache die Zusammensetzung eines Erdenschiffes aus, ungefähre Größe
eines Frachtschiffs der kleinen J-Klasse – « Er unterbrach sich, denn seine Sensoren zeigten
neue, alarmierende Neuigkeiten an. »Seine Maschinen überhitzen sich!«
Farrell schrie: »Jetzt gehen seine Maschinen noch, Sir!«
Kirk wirbelte zum Bildschirm herum. Das Licht war aufgelodert, um kurz darauf zu
erlöschen. Dunkel und antriebslos schwebte das kleine Schiff im Raum, hilflos den rasenden
Asteroiden ausgeliefert. Farrell sagte düster: »Der ist erledigt. Ein Aufprall, und das Schiff ist
tot. Es sei denn, wir könnten unsere Deflektorenschirme darumlegen…?«
Scott, immer in Gedanken an seine wertvollen Maschinen, rief: »Wir überlasten uns ebenso,
wenn wir das versuchen, Captain! Es ist viel zu weit entfernt!«
Kirk hörte nicht auf ihn. »Mr. Farrell, legen Sie unseren Deflektorenschirm über das Schiff.
Mr. Scott, Mr. Spock – halten Sie sich im Transporterraum in Bereitschaft.«
Das Summen des Schirms wurde lauter und schließlich ein Heulen. Die roten Lichter blitzten
auf, und der Alarm jaulte über die Brücke. Kirk, der an seiner eigenen Konsole stand, war nahe
daran, seine Entscheidung zu bereuen. Die Maschinentemperatur stieg rasend schnell, der Zeiger
bewegte sich höher und höher.
Die Lichter verblaßten und leuchteten wieder auf. »Captain, das war einer unserer
Dilitiumschaltkreise«, sagte Sulu.
Kirk griff nach seinem Intercom. »Brücke an Transporterraum. Beamen Sie die Mannschaft
an Bord!«
Die Lichter verblaßten von neuem. Uhura schrie über den Lärm der aufheulenden
Maschinen: »Ich empfange ein Notsignal!«
Kirk sprach in sein Mikrofon: »Wir bekommen eine Antwort, Mr. Scott. Fragen Sie sie nach
den Koordinaten.«
»Bereits geschehen, Sir. Wir haben sie eingegeben.«
Mit der Arzttasche in der Hand eilte McCoy zum Transporterraum. Aber der
Materialisationsprozeß, der auf der Plattform stattfand, verblüffte ihn. Obwohl alle sechs
Positionen auf der Plattform aktiviert waren, gewann nur eine Gestalt an Substanz, und zwar
enorm. Das ging noch eine Weile so weiter, bis sie die Form eines widerlich dicken Mannes
annahm. Er trug eine schäbige Uniform mit Goldknöpfen, die keinen Rang anzeigte, und auf
einem fettigen graugelockten Haarrand saß keck eine Segelmütze. Trotz der weichen Backen, die
über den Kragen seiner Uniform hingen, machte der Mann keinen sanften Eindruck auf McCoy.
Er hatte die unmißverständliche Art eines Menschen, der weiß, was er will – und das auch
durchzusetzen vermag. Mit einem wenig überzeugenden mißtrauischen Blick aus seinen
schmalen Augen stieg er von der Plattform.
»Ich möchte nicht undankbar sein«, sagte er, »aber wo befinde ich mich hier?«
McCoy stellte seine Tasche weg und sagte: »An Bord der U.S.S. Enterprise.«
Der dicke Mann blickte nach oben. »Gott sei Dank.« Er streckte dem Doktor eine plumpe
Hand entgegen. »Ich bin Walsh – Captain Leo Walsh.«
McCoy ignorierte die Hand. Spock drängte sich vor. »Wie viele Leute befinden sich außer
Ihnen noch in der Mannschaft?«
Ein Grinsen brachte gelbe Zähne zum Vorschein: »Nur mehr einige wenige.«
Scott starrte ihn an: »Ihr Schiff bricht auseinander, Mann! Wenn wir sie nicht sofort
herüberbringen…«
»Ich war mir nicht sicher, ob dies ein wohlgesinntes Schiff ist.« Walsh zeigte auf die
Transporterkontrollen. »Sie müßten jetzt alle drei auf Position sein.«
Scott fegte mit seiner Hand über die Konsole. Auf der Brücke verblaßten die Lichter aufs
neue und erhellten sich nicht mehr. Kirk sah an den Anzeigen, daß der dritte Dilitiumschaltkreis
ausgefallen war.
»Wir müssen mit den Notstromaggregaten nachhelfen, Sir«, sagte Sulu besorgt.
»Mr. Scott! Befinden sich schon alle an Bord?« sagte Kirk über Mikrofon.
»Nur einer, Sir. Aber wir haben noch drei andere erfaßt.« »Jetzt ist es passiert!« schrie
Farrell.
Der Bildschirm blitzte hell auf, als ein Asteroid das dunkel gewordene Schiff genau in der
Mitte traf. Dann tauchten wieder die matt schimmernden Sterne auf. Wenn sich noch
menschliches Leben an Bord befunden hatte…
»Sind Sie in Sicherheit, Scotty? Haben Sie die anderen?« »Ich – ich bin nicht sicher, Sir.«
Scott beobachtete mit McCoy und Spock ängstlich die Transporterplattform.
Sie glitzerte im Funkenregen, der der Materialisierung vorausgeht, aber das war auch schon
alles. McCoy warf einen Blick auf Walsh. Obwohl ein Anflug von Besorgnis auf seinem fetten
Gesicht zu sehen war, stand er gelassen, fast gleichgültig da. Ein Mann, der gewohnt war zu
pokern.
Sie hörten Kirks drängende Stimme. »Das Schiff ist weg. Haben Sie die drei Leute, Mr.
Scott?«
»Wir sind immer noch nicht sicher, Sir. Aber irgend etwas haben wir im Transporterstrahl
erfaßt.«
McCoy ging zur Konsole. »Scotty, was ist los?«
»Keine Ahnung! Ohne die Dilitiumkristalle – « »Möglicherweise« sagte Spock, »dauert es
wegen der Notstromaggregate länger.«
»Auf dieses verdammte Ding habe ich mich sowieso nie verlassen«, knurrte McCoy.
»Menschen zu entmaterialisieren, ihre Atome im Universum herumzuschießen wie – «
»Jetzt«, sagte Spock. »Wir haben sie!«
Das Schimmern auf der Plattform nahm Formen an – Formen, die Scott einen Laut des
Erstaunens entlockten. Langsam entstanden daraus drei Frauen – jede von einer Schönheit, die in
einem Heiligen Leidenschaft hervorgerufen hätte. Alle möglichen Worte kamen McCoy in den
Sinn… »bezaubernd«… »atemberaubend«… »großartig«. Eine Blondine, die einem goldenen
Traum entstiegen schien; eine dunkelhaarige Zauberin, die die griechische Flotte zum Auslaufen
nach Troja gebracht haben könnte; und eine kleine silberhaarige Nymphe, die an ein Stück Eis
denken ließ, das von einem inneren Feuer erstrahlte. Und ihre Anziehungskraft war ganz offen
sexueller Natur. Einladend lachten sie jeden Mann im Transporterraum an.
Sogar Spock war verblüfft. Scott flüsterte: »Was sagt man denn dazu?«
Walsh ging zur Plattform. »Alles in Ordnung, meine Damen. Wir sind in guten Händen.«
Ob in guten oder schlechten, in irgendwelchen Händen wollten die Frauen jedenfalls bei
erstbester Gelegenheit sein. Das machte die Art, wie sie sich von der Plattform
herunterbewegten, mehr als deutlich.
Von der Brücke aus rief Kirk, der noch nichts von seinen Gästen wußte, den
Transporterraum. Keine Antwort. Farrell drehte sich um und sagte: »Wir verlassen jetzt den
Asteroidengürtel, Captain.«
»Deflektorenschirm ausschalten. Sparen Sie Energie, Mr. Farrell.«
Als das Wimmern der strapazierten Maschinen leiser wurde, versuchte Kirk erneut einen
Kontakt mit dem Transporterraum.
»Mr. Scott, hören Sie mich?«

Spocks Probleme begannen, als er die Gruppe den Korridor hinunter eskortierte. Innerhalb
von drei Minuten zählte er zwanzig Mannschaftsmitglieder, die aus ihrer Verblüffung keinen
Hehl machten und offenbar vergessen hatten, weshalb sie unterwegs waren. Die Frauen
schwebten bewußt provokativ und aufreizend an ihnen vorbei. Als er sie im Aufzug
untergebracht hatte, atmete er erleichtert auf.
Walsh versuchte, ihn aufzuklären. »Diese Sternenschiffe sind schon imponierend – aber
Männer sind eben Männer, egal wo sie sind. Das kann keine Maschine verhindern.«
Spock sprach in die Aufzugskontrollkonsole: »Deck Zwölf.« Walsh blickte auf seine Ohren.
»Sie sind zum Teil Vulkanier?« Spock blickte ihn ruhig an und nickte. Walsh flüsterte leise:
»Dann macht ein schönes Gesicht wohl keinen Eindruck auf Sie? Zumindest, solange Sie es
nicht wollen.«
Das war eine unglückliche Bemerkung. Die Frauen drängten sich näher an ihn, wie von
einem Magneten angezogen. Aber es war nicht das erste Mal, daß Spock mit diesem Phänomen
konfrontiert wurde; sanft, aber bestimmt schaffte er einen Freiraum zwischen sich und den
Frauen.
»Hört auf damit, Mädels«, sagte Walsh mit einem unbekümmerten Achselzucken. »Diese
Spezies kann ihre Gefühl nach Belieben abschalten…«
Spocks Augen flackerten auf, aber sein Gesicht blieb ausdruckslos. Das dunkelhaarige
Mädchen sprach. »Ich muß mich für Mr. Walsh entschuldigen, Sir. Er ist so daran gewöhnt,
Menschen zu kaufen und zu verkaufen, daß er – «
»Ich führe hier die Unterhaltung, Liebling«, sagte Walsh zu ihr.
Auf dem Weg in die Kabine des Captains begegneten ihnen weitere gaffende und erstaunt
pfeifende Männer: Die Disziplin auf der Enterprise schien ernsthaft gefährdet. Spock, der
steifbeinig den Gästen voranging, wäre bei weitem lieber gewesen, wenn Walshs Schiff wirklich
ein Frachtschiff der J-Klasse gewesen wäre.
Kirk wandte ihnen den Rücken zu, als sie in die Kabine traten, die nicht gerade für sechs
Leute eingerichtet war. Spocks linke Augenbraue zuckte amüsiert. Er hatte dieses Treffen
arrangiert und war ein wenig neugierig auf das Ergebnis. Er meldete sich in seinem förmlichsten
militärischen Ton.
»Der Kommandant des Transports meldet sich wie befohlen, Sir.«
Kirk, der vor Wut kochte, wirbelte herum. »Was, zum Teufel, machen Sie denn da?« hatte er
sagen wollen. Er sagte es nicht.
Die Welle weiblicher Anziehungskraft traf ihn wie ein Stoß. Offensichtlich gefiel den drei
Schönheiten, was sie sahen, und sie gefielen ihm ebenfalls. Lange Augenwimpern blinzelten
über strahlenden Augen, Hüften bewegten sich sanft im engen Raum; Spock könnte geschworen
haben, daß er Moschus roch. Sie mochten den Captain; alles an ihm gefiel ihnen – sein
Aussehen, seine schlechte Laune, seine breiten Schultern – und vor allem die Art, wie er sie
ansah. Walsh, ein leutseliges und verständnisvolles Lächeln im Gesicht, ließ der Natur ihren
Lauf.
Kirk versuchte, seine verlorengegangene Fassung wiederzugewinnen. »Und – diese Damen?
Ist das Ihre… Ihre Mannschaft, Kommandant?«
Ein Grinsen entblößte die gelblichen Zähne des Dicken. »Nein, Captain. Sie sind meine
Fracht.«
Kirk schluckte. Er schaute die Frauen an. Fracht? Diese perfekt geformten, göttlichen
Wesen? Diese dunkle Schönheit
– ihm wurde heiß. Er steckte einen Finger in seinen plötzlich zu eng gewordenen
Hemdkragen. Dann richtete er seine Augen auf den unerfreulichen Anblick von Mudd. »Eh –
was meinen Sie mit Fracht?«
»Die Damen sind Fracht. Das ist mein Geschäft. Sollte sich Ihre Frage jedoch auf den
Charakter dieser Damen beziehen, so kann ich Ihnen versichern – «
»Wer mich hier interessiert, das sind Sie!« schnappte Kirk. »Kümmern Sie sich um die
Damen, Mr. Spock.« Er nickte den Frauen zu und fühlte wieder die spürbare Anziehungskraft.
»Wenn Sie bitte meinem Ersten Offizier folgen würden – «
»Ich entdecke eine ganz schöne Portion Puritanismus in Ihnen, Captain«, sagte Walsh.
»Nicht ungewöhnlich bei einsamen Raumschiffkommandanten.« Er grinste erneut. »Sie können
beruhigt sein. Ich übernehme die volle Garantie für die Reinheit, Tugendhaftigkeit und hohen
moralischen Ansprüche dieser wunderschönen – «
»Danke, Mister! Schon bemerkt!« sagte Kirk mit mühsam unterdrückter Wut. Er wandte sich
an die Damen. »Wenn Sie jetzt bitte meinem Ersten Offizier folgen – «
»Captain.« Die Stimme war klangvoll und tief. Ihre glatten Wangen ließen ihre großen
Augen leicht schräg erscheinen. Ihr helles Gesicht errötete leicht, als sie tief in Kirks Augen
blickte.
»Ich heiße Eve«, sagte sie. »Wir würden lieber hierbleiben.« Ihr Lächeln war sehr persönlich
– nur für ihn allein bestimmt.
Die plötzlich erscheinenden Grübchen in ihrem Gesicht versprachen Lachen und Freude –
nur für ihn. Er schluckte.
Spock kam ihm zu Hilfe. Er öffnete die Kabinentür und sagte: »Hier entlang, bitte, meine
Damen…«
Was war nur mit ihren Augen los, daß er die seinen nicht von ihnen abwenden konnte? Kirk
hatte die leise Ahnung, daß Walsh sein Zappeln genoß. Spock, der die Frauen durch die Tür
drängte, hob die linke Augenbraue, und Kirk war erlöst – und verärgert.
Walsh drehte sich schnell mit einem letzten zufriedenen Blick auf die geschlossene Tür um
und kam Kirks erster Frage zuvor. »Nun, Captain, woher sollte ich wissen, daß dies ein
Sternenschiff ist – ich, mit einer Ladung hübscher Mädchen an Bord? Ein fremdes Schiff taucht
auf; da habe ich natürlich versucht, zu entkommen.«
Kirk wartete. Ließ den Dicken erst mal seine Geschichte erzählen.
»Auch wenn Sie der Captain eines Sternenschiffes sind, Sie haben Ihre Befugnisse
überschritten, als Sie mich und mein Schiff in einen Asteroidenhagel jagten!« sagte Walsh.
»Ihr Name, bitte«, sagte Kirk.
»Walsh. Leo Walsh. Und Sie haben mein Schiff auf dem Gewissen. Es – «
»Mr. Walsh, ich werde betreffs Ihrer Handlungen eine Verhandlung einberufen. Mr. Spock
wird Sie mit allen rechtlichen Schritten vertraut machen, die Sie zu Ihrer Verteidigung benötigen.
Das ist alles, Sir.«
Walsh schüttelte traurig seinen Kopf. »Sie sind ganz schön stur, Captain.«
»Und Sie sind ein Lügner, Mr. Walsh! Ich denke, wir verstehen uns.« Er sprach ins Intercom.
»Bordwache!«
Als der Posten erschien, sagte Kirk: »Bringen Sie Mr. Walsh in den Arrest. Er ist
festgenommen.«
Walsh schlenderte dem Wachtposten hinterher, wobei sein Verhalten den Anschein erweckte,
er habe noch nicht alle ihm zur Verfügung stehenden, geheimnisvollen Mittel ausgeschöpft –
Mittel, die weit über das Vorstellungsvermögen eines einfachen Sternenschiffkommandanten
hinausgingen.
Ihr Name war also Eve. Ein Name, der von Anbeginn der Zeiten an Scherereien verheißen
hatte, und es sah so aus, als ob sich daran nichts ändern sollte. Er strich über seine Wange. Eine
Rasur; das war es, was er brauchte. Eine Rasur und etwas Zeit, die verwirrenden
Zusammenhänge dieser Situation auszuloten.
Spock hatte die unruhebringenden Elemente zu ihrer Kabine gebracht. Er hatte das
Kommando auf der Brücke inne, als Sulu und Farrell an den Aufzug traten. Farrell stolperte auf
dem Weg zu seiner Station und hatte einen völlig benommenen Gesichtsausdruck.
Sulu nahm seinen Arm, schnappte mit den Fingern vor Farrells Augen und sagte: »Du bist im
Dienst, lieber Johnny. Zurück zur Realität.«
Farrell fiel in seinen Sessel. »Du kannst ihre Augen fühlen, wenn sie dich ansehen. Als ob
etwas von dir Besitz ergreift. Hast du das bemerkt?«
Farrell schaute erst Sulu an, dann seine Konsole, sah aber beide nicht.
»Ja«, sagte Sulu. »Und ob ich das bemerkt habe.«
Spock beäugte sie neugierig, als sie ihre Positionen einnahmen. Der Paarungstrieb
menschlicher Wesen war ein wenig anziehendes Geheimnis für ihn – und so überaus zwanghaft.
»Wir haben Schwierigkeiten, Mr. Spock.« Scotts Stimme war tief und drängend. »Es ist nur
noch ein Dilithiumkristall übrig, und der hat einen haarfeinen Riß an der Basis.«
»Stellen Sie behelfsmäßig einen Umgehungsstromkreis her, Mr. Scott.«
»Ich kann nicht, Sir. Wir haben den ganzen Konverteraufbau in die Luft gejagt.«
Spock blickte auf. Das schien eine ernste Situation zu sein. Er stellte eine
Intercomverbindung zur Kabine des Captains her. »Hier Spock, Captain. Sie werden auf der
Brücke gebraucht.« Der Posten im Besprechungsraum tat sein Bestes, um nicht die drei Grazien,
die am Tisch saßen, anzuschauen. Es war die schwierigste Aufgabe in seinem bisherigen Leben.
Aber er hielt stand, als Walsh mit einigen fleckigen Papieren in der Hand hereinkam und sagte:
»Könntest du vielleicht draußen warten, Freundchen?«
Zum einen hatte es der Posten nicht gern, mit ›Freundchen‹ angeredet zu werden, zum andern
hatte er seine Befehle.
»Tut mir leid, Sir.«
Walsh zögerte. Dann trat er zu den Frauen und sagte vorsichtig: »Ihr drei – beantwortet alle
Fragen, die man euch stellt. Lügt nicht – das ist nicht nötig. Und willigt nicht in eine…« Er
blickte zum Posten. »Da ihr gesund seid, braucht ihr doch keine medizinische Untersuchung,
oder, Mädchen?«
Der Posten dachte für sich, daß niemand, der so strahlend aussah, nicht gesund sein könnte.
Es schien töricht, darauf solchen Wert zu legen.
Die Frauen nickten. »Aber was passiert, wenn sie uns fragen, was…« sagte die blonde Elfe
mit der hellblauen Silbertunika.
»Das werden sie nicht«, sagte Walsh hastig. Er wandte sich nochmals an den Posten. »Mußt
du nicht doch irgendwohin, Junge?«
Der hatte noch eine weitere Stunde Dienst und blieb stur.
Die Dunkelhaarige mit der rauchigen Stimme sagte starr: »Sie werden es merken. Sie werden
bemerken, daß wir and – « Walsh wirbelte herum und fiel ihr ins Wort. »Das werden sie nicht.
Überlaß mir das Reden, Ruthie – ihr alle, meine Lieben.
Wir werden schon hinkommen…«
Eve sagte: »Wo werden wir hinkommen? Wir haben kein Schiff und fliegen in die falsche
Richtung, Harry…«
»Pst!« zischte Walsh. »Leo – Leo Walsh!« Zu dem Wächter sagte er laut: »Sie sind
bezaubernd, nicht wahr, Junge? Solange sie auch freundlich denken und lächeln… kommen sie
immer überall gut weg, oder?« Er stellte sich so hin, daß nur die Mädchen sein Gesicht sehen
konnten. »Ihr könnt mich beim Wort nehmen!« Die Frauen beruhigten sich – Walshs
melancholisches Lächeln galt ihnen allen, auch dem Wachtposten.

Kirk rannte auf die Brücke.


»Die Energie des gesamten Schiffes wird von nur einem einzigen Kristall gespeist, Sir.«
Spock war sehr ernst.
»Dann gehen wir auf Umgehungsstromkreise.«
»Die sind durchgebrannt, als wir das Schiff überhitzt haben, Captain. Walsh, dieser Esel, hat
nicht nur sein eigenes Schiff zerstört. Um seine Haut zu retten, haben wir…«
»Wenn es Ihnen hilft, Mr. Scott, ist das ein Esel, dem wir noch das Fell abziehen werden«,
sagte Kirk.
»Es ist frustrierend, Sir. Fast eine Million Schiffs-Bruttoregister-Tonnen hängen von einem
Kristallbrocken von der Größe meiner Faust ab«, brummte der Ingenieur.
»Und dieser Kristall wird nicht lange halten, wenn unsere gesamte Energie hindurchläuft«,
sagte Spock. Er machte eine Pause. »Wir haben nur eine Alternative, Captain. Auf Rigel Zwölf
befindet sich eine Lithiummine. Sie fördern dort hochgradiges Erz, habe ich gehört.«
»Standort und Entfernung?«
»Mr. Farrell kennt den Kurs, Sir. Flugzeit weniger als zwei Tage.«
Kirk warf einen Blick auf das ruhige Gesicht seines Ersten Offiziers. Dann schwang er zur
Station des Navigators herum. »Kurs auf Rigel Zwölf, Mr. Farrell.« Er erhob sich aus seinem
Kommandosessel. »Gehen wir – wir müssen immer noch diesem Esel das Fell über die Ohren
ziehen!«
Eves klare, unergründliche Augen blickten ihn an, als er den Besprechungsraum betrat. Ihre
Anwesenheit trug nicht dazu bei, seine Anspannung zu verlieren. Er versteckte seine Gefühle
unter einer kühlen Förmlichkeit und nahm zwischen Spock und McCoy Platz. »Die Verhandlung
ist eröffnet«, sagte er.
Als er Spock zunickte, traf ein helles Licht auf Walshs Gesicht; der Computer summte. Der
Dicke bewegte sich nervös.
»Geben Sie Ihren Namen für das Protokoll bekannt«, sagte Spock.
»Walsh- Leo Walsh«, sagte der Mann bestimmt.
Eine mechanische Stimme sagte: »Nicht korrekt«, und ein Summer ertönte. Walsh erhob sich
halb von seinem Sessel. Er war verblüfft.
»Ihr korrekter Name«, sagte Spock.
Walsh sank zurück. »Meine Herren, wenn Sie einem leblosen, mechanischen Apparat mehr
glauben als einem Menschen aus Fleisch und Blut – «
Die Computerstimme unterbrach ihn. » Vollständige Daten auf Bildschirm.«
Das dunkelhaarige Mädchen biß sich auf die Lippe. »Wenn er unsere Gedanken lesen kann –
«
Der Mann schob sie zur Seite. »Nein, das kann er nicht. Es bringt nur, was es in seinen
Speichern aufgezeichnet hat, dieses verdammte Blechding…« flüsterte er ihr zu.
Der Bildschirm klickte, und hervor kam eine scharfe Fotografie von Walsh. Darunter
erschienen Zeilen mit Informationsmaterial.
»Sagen Sie Ihren korrekten Namen für das Protokoll«, sagte Spock nochmals.
»Harry Mudd«, knurrte der korpulente Kommandant.
Summen.
»Nicht korrekt.«
»Harcourt Fenton Mudd.« Er wand sich in seinem Sessel. »Irgendwelche Vorstrafen, Mr.
Mudd?« sagte Spock. »Natürlich nicht! Ich bin ein anständiger, ehrlicher – « Summen… »Nicht
korrekt. Vorstrafenregister: Schmuggel, Strafe zur Bewährung ausgesetzt. Transport gestohlener
Güter. Kauf von Raumschiffen mit Falschgeld. Zu psychiatrischer Behandlung verurteilt.
Effektivität fraglich.«
Der Text auf dem Bildschirm lief immer noch weiter.
Mit einer Stimme, die fast so kalt klang wie die des Computers, sagte Kirk: »Mr. Mudd, Sie
sind angeklagt, in der Galaxis ohne Flugplan und ohne Identifikation herumgeflogen zu sein und
ein Sternenschiffsignal nicht beantwortet zu haben und dadurch eine Bedrohung für die
Navigation dargestellt zu haben…«
»Ein Schiff dieser Größe wie meines soll in einer Galaxis von diesem Ausmaß eine
Bedrohung für die Navigation sein?« fragte Mudd entrüstet.
»Sie sind ebenfalls angeklagt, ein Raumschiff ohne die notwendigen Patente geflogen zu
haben.«
»Ich habe ein Kapitänspatent!« schrie Mudd schwitzend. »Nicht korrekt. Kapitänspatent
entzogen Sternzeit 1116.4.« »Also gut! Leo Walsh, der mein Captain auf diesem Flug sein sollte,
verstarb plötzlich. Ich hatte keine Wahl – ich mußte alles selbst in die Hand nehmen. Deshalb
benutzte ich seinen Namen – in memoriam. Walsh war ein feiner Mensch.«
Kirk sagte: »Ziel und Zweck der Reise?«
Mudd antwortete triumphierend: »Planet Ophiucus Sechs. Um Siedler zu verheiraten.«
»Sagen Sie das noch mal, Mudd! Um was zu tun?« Kirk war sicher, daß er sich verhört hatte.
»Ich rekrutiere Ehefrauen für die Siedler.« Mudd deutete auf die drei Mädchen und sah sie
mit aufgerissenen Augen an. »Eine schwierige, aber zufriedenstellende…«
»Daten von den Zeugen, bitte«, sagte Kirk, während er Mudd beobachtete. Spock betätigte
einen Schalter.
»…ausgesetzt, isoliert, ohne eine kleine Frau, die sich um sie kümmert…«
Ein Licht erforschte die Gesichter der drei Frauen, die zurückschreckten. Der Computer
brummte und summte sporadisch und sandte ein durchdringendes Piepsen aus. Spock machte
verblüfft eine Korrektur, und das Piepsen verstummte.
Ein Summen und Hupen ertönte: »Kkkkkkkeinnnneee Dddddaatennnn.«
Kirk befahl dem Computer ungeduldig, auf Sensorenprüfung zu gehen. Das Brummen
änderte sich gehorsam, wurde leiser und kreischte wieder auf. »Irgendwelche ungewöhnlichen
Anzeigen?« Spock nahm weitere Korrekturen vor.
Neuerliches Summen: »Keine entzifferbare Anzeigen bei den weiblichen Personen. Jedoch
ungewöhnliche Anzeigen bei männlichen Bordmitgliedern. Hohe Respirationsmuster,
Perspirationsraten abnormal hoch, Herzschlag schnell, Blutdruck abnormal…«
»Das genügt!« stieß Kirk hervor.
Das Licht fiel auf Mudd, und der Computer verstummte. Mudd sagte selbstgefällig: »Sehen
Sie, meine Herren? Nur drei bezaubernde Damen, die zu Grenzplaneten unterwegs sind, um
einsamen Männern all das zu geben, was sie brauchen: Partnerschaft, die Wärme einer
menschlichen Berührung, Ehe, ein Heim, eine Familie. Ich betrachte meine Arbeit als Dienst an
der Öffentlichkeit – ich habe ihr mein Leben gewidmet!«
Summen. »Nicht korrekt.«
Mudd machte einen schnellen Rückzieher. »Eh – ich widme ihr mein Leben jetzt.« Kein
Summen. Mudd zeigte seine gelben Zähne.
Kirks und McCoys Blicke trafen sich kurz, dann schaute Kirk wieder gedankenverloren in
Ruths dunkle Augen.
»Seid ihr Frauen freiwillig mitgekommen?« fragte er.
»In der Tat!« erklärte ihr selbsternannter Wächter. »Ruthie stammt von einem
Wasserplaneten voller Seefarmen. Magda dort kam von der Experimentalstation Halium…«
Eves blaue Augen blitzten auf. Sie stand auf. »Es ist die gleiche Geschichte bei uns allen,
Captain. Keine Männer. Ich komme von einem Farmerplaneten, wo man nur Automaten als
Gesellschaft hatte. Ich mußte für zwei Brüder kochen und nähen. Jedesmal, wenn sie
heimkamen, klebte der Kanalisationsschlamm zentimeterdick an ihren Stiefeln«, sagte sie voll
Bitterkeit. »Ich…«
»Ist schon gut, Evie. Das reicht«, sagte Mudd.
»Nein, das reicht überhaupt nicht! Wir haben Ehemänner, die auf uns warten, und Sie
bringen uns in eine andere Richtung und starren uns an, als ob wir Haremsmädchen vom Saturn
wären, oder gar…«
»Jetzt ist es wirklich genug, Eve«, schrie Mudd.
Mit ihrer schlanken Hand strich das Mädchen ihre goldfarbenen Haare zurück und nahm
seufzend wieder ihren Sitz ein.
»Die hier vorgebrachten Anklagepunkte richten sich einzig und allein gegen Mr. Mudd.
Haben Sie irgend etwas zu Ihrer Verteidigung zu sagen?«
»Nur die Wahrheit, und nichts als die Wahrheit, die ich schon vorgebracht habe«, entgegnete
Mudd düster.
Kirk erhob sich. »Die Sitzung ist geschlossen. Mr. Mudd wird bei der nächsten Gelegenheit
den Behörden übergeben.«
»Und wir?« sagte Eve. Sie rutschte aus ihrem Sessel und war plötzlich ganz nah. »Was
geschieht mit uns? Helfen Sie mir.« Ihre Augen trafen sich. »Helfen Sie uns allen.« Plötzlich lag
seine Hand in der ihrigen. Sie war so reizend, allein und hilflos, in den Händen dieses Schurken
namens Mudd – da sah er aus den Augenwinkeln Spocks amüsiert hochgezogene Augenbraue.
Er entzog ihr sanft seine Hand.
Die Lichter gingen aus.
»Das ist der letzte Kristall«, sagte Scott. »Er ist hinüber, Sir.« Der dunkel gewordene Schirm
piepste und wurde undeutlich.
Das ängstliche Gesicht von Sulu erschien verschwommen. »Captain, der Maschinenraum
meldet, daß unser gesamtes Überlebenssystem nur noch von den Notstrombatterien gespeist
wird.«
Die Batterien konnten diese Belastung unmöglich lange aushalten. Kirk wurde sich wieder
seiner Verantwortung bewußt. Das Leben seiner Crew stand auf dem Spiel, Mudds ›Fracht‹
befand sich im Zustand äußerster Verzweiflung, und das Schiff selbst war lahmgelegt. »Mr.
Spock«, sagte er. »Nehmen Sie sofort Kontakt mit den Minenarbeitern auf Rigel Zwölf auf!«
Mudds ungepflegte Ohren stellten sich sichtbar auf. »Teilen Sie ihnen mit, daß wir unmittelbar
nach der Landung Dilitiumkristalle benötigen.«
Als Mudd mit den Mädchen allein im Besprechungsraum war, breitete er triumphierend seine
Arme aus. »Oh, du herrliche Galaxis! Du himmlisches Universum!« rief er.
Die Frauen starrten ihn mit leerem Gesichtsausdruck an. Er strahlte sie an.
»Litiumbergarbeiter! Ja, versteht ihr denn nicht? Einsame, isolierte, reiche Litiumbergleute. Die
lassen Diamanten- und Platinbergleute wie Kinder, die nach Muscheln graben, aussehen! Ich
werde der reichste…« Er sah, daß Eves Gesichtsausdruck, zwischen Freude und Wut schwankte.
»Nein, nein, wir alle. Ihr wollt Ehemänner? Nicht nur den Captain eines Raumschiffs, Evie, nein,
ich verschaffe dir einen Mann, der sich eine ganze Provinz kaufen kann – einen ganzen Planeten!
Maggie, du wirst eine Gräfin sein! Und du, Ruth, mindestens eine Herzogin!«
»Und Harry Mudd?« Seine kleinen, fetten Augen glänzten böse. »Ich werde dieses
Sternenschiff befehligen, Captain Kirk. Sie werden Ihre Befehle von mir empfangen!«

Ruth lehnte sich gegen die Türöffnung des Bordlazaretts. Ein Mitglied der Besatzung mit
einem Werkzeugkasten und McCoy flüsterten miteinander über die Körperfunktions-
Anzeigetafel hinweg. Sie nickten einander zu, und der Mann verstaute die Werkzeuge in seiner
Tasche, schloß sie und erhob sich. Er wandte sich zur Tür und blieb stehen. Ruth sah ihn an.
Der Doktor fühlte die Spannung. Er blickte sich um. Ruth sagte: »Darf ich hereinkommen?«
Sie lächelte McCoy strahlend an, und er stammelte: »Aber sicher, ja, bitte!«
Sie senkte ihren Kopf und schaute ihn durch ihre langen schwarzen Haare an. Mit
Verspätung fiel McCoy auf, daß das Mannschaftsmitglied immer noch glotzte. »Sind Sie noch
nicht fertig, Connors?«
Der Mann lächelte schwach, murmelte etwas und verschwand langsam durch die Tür.
McCoy, der ziemlich durcheinander war, faßte sich wieder, als Ruth mit ihrem seegrün
gekleideten Körper in den Raum schwebte.
»Es interessiert mich, wie es hier aussieht, Doktor. Es ist faszinierend. Wozu gehört dieser
Bildschirm?« Als sie an der soeben reparierten Schalttafel vorbeiging, blinkte ein Licht auf.
McCoy warf einen überraschten Blick darauf. »Es hat mich interessiert, wo sie arbeiten, Dr.
McCoy…« Sie lächelte nochmals.
McCoy war hin und her gerissen zwischen dem Lächeln und dem blinkenden Licht. Wenn
sie noch mal daran vorbeiging, würde sie direkt auf ihn zukommen…
»Würden Sie bitte nochmals an der Konsole vorbeigehen, Ruth?«
Sie blieb stehen; war sie erschrocken?
»Warum? Sie wollen doch keine Untersuchung machen, oder?«
McCoy schüttelte den Kopf. »O nein. Ich könnte mir selbst… hm, meinem Urteil nicht
trauen.« Ruth grinste verständnisvoll. »Vertrauen Sie mir – gehen Sie einfach hier entlang.«
Das Licht blinkte wieder auf. McCoy runzelte die Stirn. »Das dürfte eigentlich nicht sein. Ich
habe es gerade reparieren lassen.«
»Ich habe mich gefragt«, sagte Ruth und kam näher, »ob Sie die Minenarbeiter auf Rigel
Zwölf untersuchen werden?«
McCoy schaltete an der Körperfunktionsanzeigetafel herum.
Er war verwirrt. »Falls es nötig ist«, sagte er geistesabwesend.
»Haben Sie sich etwa nicht erkundigt?« sagte Ruth. »Sind sie denn alle gesund?«
»Was? O ja, kerngesund. Alle drei.«
»Drei?« keuchte Ruth. Es war wie Zauberei; drei und drei. »Benutzen Sie irgendein
ungewöhnliches Parfüm oder etwas Radioaktives?« Ruth lachte aus vollem Hals. Er drehte sich
zu ihr um und sah sie an. Dunkle, vergnügte Augen blickten ihn an.
»Nein«, sagte sie. »Ich bin nur… ich. Ist das nicht genug?« Er vergaß das blinkende Licht.
Hingerissen hörte Magda Farrel zu. Ihr bleiches Haar sah wie Silber neben seiner kupfernen
Haarfarbe aus. Sie war eine Frau, die einem Mann, der über seine Arbeit sprach, zuhören konnte.
Sie war am Kommunikationssystem der Enterprise genauso interessiert wie an ihren
Navigationsproblemen. Sogar die Geschwindigkeit, mit der Signale durch den Raum gesendet
wurden, schien sie zu faszinieren. Farrels Schritt wurde zunehmend sicherer, als er sah, wie
vorbeigehende Mannschaftskameraden seine Begleiterin mit gierigen Blicken anstarrten.

Eve war in privater Mission unterwegs. Sie hatte die Kabine des Captains ausfindig gemacht,
und als er die Tür öffnete, lag sie zusammengerollt auf seinem Bett. Als sie seinen
Gesichtsausdruck bemerkte, setzte sie sich hastig auf. »Ich hoffe, Sie haben nichts dagegen?«
sagte sie schüchtern.
Er hatte gedacht, er hätte etwas dagegen, allerdings nicht sehr viel. »In der Tat, Miss
McHuron, ich habe – «
»Ich habe versucht, ein bißchen spazierenzugehen, Captain. Und da mußte ich mich
irgendwo verstecken. So wie Ihre Männer mich angesehen haben…« Sie erhob sich elegant,
glättete ihren kurzen Rock und versuchte vergeblich, mit ihm ihre langen, goldbraunen Beine zu
bedecken.
»Das tut mir leid«, sagte Kirk. »Normalerweise verhalten sie sich nicht so, Miss McHuron.
Aber aus irgendeinem Grund, was Sie und die beiden anderen Damen betrifft…«
»Wahrscheinlich sind sie einfach nur einsam«, sagte sie sanft. Sie sah ihn auf eine Art an, die
ihn näher kommen ließ. »Ich kenne die Einsamkeit.«
Kirk versuchte, sich vom Zauber ihrer Augen zu lösen. »Nun, eh, wenn Sie – «
Sie berührte seinen Arm und zwang ihn so, wieder in das strahlende Geheimnis zwischen
ihren Wimpern zu blicken. »Sie verstehen das sicher besser, Captain, bei dieser ständigen
Verantwortung, die man bei einem großen Schiff wie diesem hat. Und die Männer bewundern
Sie.« Kirks Kragen wurde wieder enger. Er scharrte mit den Füßen.
»Ich habe einmal gelesen, daß ein Kommandant ein Muster an Tugend zu sein hat. Ich habe
noch nie einen solchen Ausbund von Tugend getroffen«, sagte sie mit einem Lachen, das wie
Musik klang.
»Nun, ich auch nicht«, sagte Kirk, der nur ein Schlucken zusammenbrachte.
»Natürlich nicht. Niemand hat das je. Aber manche versuchen, so zu tun, als ob. Sie auch,
Captain?«
Kirk wurde beinahe schwindlig. »Miss McHuron«, versuchte er mit fester Stimme zu sagen.
Er war verwirrt von der Art, wie sie sich amüsierte – und ihre Augen: ihre wundervollen,
schönen, geheimnisvollen, unwiderstehlichen Augen. Sein Widerstand zerbrach in kleine Stücke,
da wirbelte sie plötzlich herum und schloß die Augen.
Etwas knackste. »Nein!« sagte sie wütend. »Ich tue es nicht. Es ist mir egal, was Harry Mudd
sagt!«
Kirk blinzelte. Sein Verstand und seine Sinne drehten sich im Kreis.
»Ich mag Sie wirklich!« sagte sie heftig. Ihre weitgeöffneten, schönen Augen füllten sich mit
Tränen. »Ich mache das nicht mehr mit! Ich hasse diese ganze Angelegenheit!«
Sie war weg, bevor er wieder ganz zu sich gekommen war.

»Es sind also drei«, wiederholte Mudd. »Bist du sicher, daß er das sagte, Ruthie?«
Die Frau, die McCoy bezirzt hatte, nickte und wandte sich eifrig an Magda. »Die
Minenarbeiter… sie sind alle gesund und noch ziemlich jung – «
»Später«, sagte Mudd. »Maggie, bist du an den Nachrichtenoffizier herangekommen?«
»Natürlich«, sagte die zierliche Frau mit einem heftigen Nicken ihres blassen Kopfs. »Der
Vormann der Minenarbeiter heißt Ben Childress. Die anderen nennen sich Gossett und Benton.
Und sie sind schon seit fast drei Jahren dort – allein!« »Drei also«, murmelte Mudd. »Und drei
kleine Bräute hat Harry Mudd…« Er führte einen kleinen Tanz auf. »Und Dilitiumkristalle sind
dreihundertmal ihr Gewicht in Diamanten wert… tausendmal ihr Gewicht in Gold…«
»Aber sie sind da unten, und wir hier oben auf einer Umlaufbahn, hundert Meilen von ihnen
entfernt«, sagte Ruth, um seine Euphorie zu dämpfen.
»Und vor deiner Tür steht ein Wachtposten, Harry«, fügte Magda hinzu. »Du kannst nicht
mal aus deiner Kabine heraus.«
Mudd hörte auf zu tanzen und wurde nachdenklich. Dann erhellte sich sein Gesicht. »Nein,
meine Lieben. Nur noch ein kleiner Auftrag, den ihr durchführen müßt, und nicht Harry Mudd
steckt in der Falle, sondern ein gewisser James T. Kirk.« Kaum hatte er den Namen
ausgesprochen, drängte sich Eye in die Kabine und fiel schwer in einen Sessel. Immer noch
tränenüberströmt, sagte sie:
»Ich finde dich widerlich, Harry. Und ich kann mich selbst auch nicht mehr ausstehen.«
Mudd nickte. »Ja. Ich habe gesehen, wie du dem Captain aufgefallen bist.«
»Wir sollen ihnen doch auffallen!« fauchte sie ihn an. Ihre Wut wurde zu einem Seufzer;
müde lehnte sie ihren Kopf an seine Hand. »Ich fühle mich nicht sehr wohl, Harry. Ich glaube, es
ist bald wieder an der Zeit.«
Mudd blickte fürsorglich auf eine kleine Uhr, die er aus der Tasche zog. »Nein, wir können
noch eine Weile warten.«
»Dann brauche ich etwas Ruhe«, sagte Eve. »Ich gehe in meine Kabine.«
»Um vom Captain zu träumen?« sagte Mudd spöttisch. Sie stand auf und ging zur Tür.
»Vielleicht.«
Farrell träumte auf seinem Brückenposten von einem Wunder in Silberblau. Kirks gereizte
Stimme riß ihn aus seinen Gedanken.
»Mister Farrell, ich habe den Weiterflug zur Umlaufbahn befohlen!«
Farrell wachte belämmert auf. Er änderte rasch eine Kontrollschaltung und sagte: »Flug zur
Umlaufbahn eingegeben, Sir.«
Kirk schwang seinen Sessel herum, um alle Stationen im Auge zu haben. »Meine Herren, das
war der letzte Befehl, den ich zweimal gegeben habe. Würden Sie bitte Ihre geschätzte
Aufmerksamkeit auf die Bedienung dieses Schiffs lenken? Wir laufen auf Batterieenergie – und
die ist schon ziemlich knapp!«
Scott sagte besorgt: »Die Energie der Batterien reicht bis Rigel Zwölf, Captain. Aber
möglicherweise nicht, um die Umlaufbahn beizubehalten.«
»Sie müssen uns so lange darin verweilen lassen, bis wir sechs Dilitiumkristalle an Bord
genommen haben, Mr. Scott. Das ist alles, was wir brauchen.« Kirk stand auf, um McCoy zu
treffen, der gerade aus dem Aufzug kam. »Hast du schon eine von ihnen untersucht, Pille?«
»Sie weigern sich, Jim.«
»Na hör mal. Du bist der Bordarzt. Was ist los, McCoy?« Kirk senkte seine Stimme. »Wir
sind müde, und sie sind schön, ist es das?« Er seufzte. »Sie sind unglaublich hübsch.«
»Wirklich?« antwortete der Doktor trocken. »Sind sie eigentlich hübscher als irgendwelche
anderen hübschen Frauen, die du kennst, nach Pfunden und Massen berechnet?«
»Wahrscheinlich habe ich nicht deine große Erfahrung«,
sagte Kirk.
»Sicher nicht«, pflichtete McCoy bei. »Vielleicht ist es einfach nur ihr Auftreten, das uns
gefällt?« Er schüttelte den Kopf. »Nein, vergiß das. Vielleicht zum Teil, aber da ist – nun, mehr.
Ich weiß nicht, ob ich mich klar genug ausdrücke.«
»Auf dieses Zugeständnis habe ich schon lange gewartet! Aber wer oder was sind sie, Pille?«
»Meinst du, sie sind so was wie von Außerirdischen erzeugte Illusionen?«
»Ich habe dich zuerst gefragt.«
McCoy dachte an sein Treffen mit Ruth. »Sie sind Frauen, Jim. Menschliche Überfrauen,
darauf wette ich meine Lizenz. Ein Außerirdischer, der schlau genug wäre, so ein Ding zu
drehen, wäre auch schlau genug, das Blinken meines Diagnosegerätes zu verhindern.«
»Ich kann dir nicht ganz folgen«, sagte Kirk erstaunt. »Ich mir auch nicht.«
Falls Mudds Frauen keine gerissenen Außerirdischen waren, so waren sie zumindest als
Menschen gerissen genug. Magdas schmeichelnde Aufmerksamkeit Farrell gegenüber hatte sich
ausgezahlt. Stumm gab sie Harry Mudd den Kommunikator des Navigators. »Verwende
Subraumfrequenz drei-neun«, sagte sie teilnahmslos.
Ihr Gesicht sah müde aus. Mudd griff nach dem Instrument und ließ es aufschnappen. Sofort
hatte er Verbindung mit Rigel Zwölf. Eine tiefe Männerstimme sagte: »Hier Childress
Enterprise, bitte kommen.«
»Eh, genaugenommen ist hier nicht die Enterprise. Ich heiße Harry Mudd. Ich möchte Ihnen
ein Geschäft vorschlagen…«

Kirk beobachtete gleichzeitig den sich auf dem Bildschirm nähernden Rigel Zwölf und die
Zeiger der Energieanzeigen, die ständig weiter fielen.
»Wir schaffen die Umlaufbahn, Sir«, sagte Farrell. »Eine Zeitlang, zumindest.«
»Schwenken Sie ein«, sagte Kirk. »Spock?«
»Wir können hier oben neunundsiebzig Stunden bleiben, Captain.«
Kirk atmete auf. »Das sollte genug Zeit sein. Leutnant Uhura, bitten Sie einen
Bevollmächtigten der Minenarbeiter an Bord, um ihm unsere Lage zu erklären. Wir bekamen ihn
bei unserem ersten Flug über das Lager herauf.«
»Bestätigt, Sir.«

Die drei Frauen warteten in Mudds Quartier. Aber es war nicht alles in Ordnung mit ihnen. In
dem gedämpften Licht schien Magdas Haar bleigrau. Ihre Gesichter waren abgespannt und blaß,
und ihre kurzen, engen Kleider hingen schlaff an ausgezehrten Körpern.
Eve hob schwach ihren Kopf. »Wenn du sie erst mal findest, Harry, wirst du schon merken,
was sie sind. Ein Schwindel. Wenn dir wirklich jemand etwas bedeutet – «
Mudds dicke, kleine Hände waren in seinen Hosentaschen verkeilt. Als er sie herauszog,
waren sie leer. Ruth stöhnte: »Wem sollte denn jemand etwas bedeuten? Eve? Kirk? Sei kein
Narr. Captain von Sternenschiffen sind schon verheiratet, Mädchen – mit ihren Schiffen. Warte
nur, bis er zwischen ihm und dir wählen muß. Du wirst schon sehen.«
»Warum hast du sie versteckt«, jammerte Ruth mit verkrampften Händen.
»Ich habe sie nicht versteckt! Nur anderweitig verstaut, für den Fall, daß ich durchsucht
werde.«
Ruth fing an zu schluchzen. Eingehüllt in ihre lose Tunika saß sie weinend in ihrem Sessel.
Die schrille, scharfe Stimme von Farrells silberblauer Elfe schnitt ihr Schluchzen wie mit einem
Messer ab. »Finde sie, Harry.«
Nervös kramte er nochmals in seinen Taschen. Eve betrachtete ihn teilnahmslos. Ihre Augen
waren trübe. »Die Matratze«, schrie er. »Ich habe sie aufgeschlitzt…« Er stürzte sich aufs Bett
und holte ein weißes Päckchen hervor.
Mit klauenartigem Griff rissen ihm Ruth und Magda die Pillen aus der Hand. Eve blickte
zögernd auf die farbige Tablette, die ihr Mudd anbot. Sie befeuchtete ihre trockenen Lippen.
»Keine Enttäuschung, Evie«, redete er ihr gut zu. »Ein Wunder. Für den Mann, der dich
anstelle eines Schiffs lieben könnte.«
Sie nahm die Pille, und Mudd wandte sich den anderen zu. Er genoß die Verwandlung immer
wieder. Magdas bleierne Haare nahmen plötzlich die Farbe des Mondlichts an; Ruths üppige
Schenkel und Brüste füllten auf einmal wieder ihre seegrüne Tunika aus; ihre Sorgenfalten
schienen durch die gesunde Gesichtsfarbe wie wegradiert.
Mudd war so abgelenkt, daß er nicht sah, wie Eve ihre Tablette mit den Fingern zerdrückte
und den farbigen Staub zu Boden rieseln ließ.
Als er sich umdrehte, sammelte sie die ganze Energie ihres Nervensystems und zwang sich,
eine fröhliche Vitalität auszustrahlen. Mudd sah eine lachende Frau, so reizend wie immer, und
war zufrieden. Er strahlte sie an.
Kirk gefiel, wie Ben Childress aussah. Der Vormann war groß, muskulös und stark – ein
selbstbewußter Mann, der weiß, was er tut. Sein vierkantiges Gesicht war gebräunt und von
unzähligen Kämpfen, sei es mit Mensch oder Natur, gezeichnet. Als er in Kirks Quartier kam,
ähnelte sein Gang dem eines gut geölten Ventils.
Gossett war auf seine Art imponierend. Er war jünger, hatte einen biegsamen Körper und
stand etwas hinter Childress.
Kirk nickte grüßend. »Ich bin James Kirk, Captain der Enterprise. Das ist mein
Wissenschaftsoffizier, Mr. Spock.« Spock erhob sich.
Childress erwiderte den Gruß mit einem Nicken und sagte: »Lassen Sie uns gleich zur Sache
kommen. Sie wollen Dilitiumkristalle. Und wir haben welche.«
»Schön«, sagte Kirk. »Wir sind bevollmächtigt, einen angemessenen Preis dafür zu
bezahlen.«
»Es ist noch nicht sicher, daß wir sie verkaufen.« Childress genoß sichtlich die Wirkung
seiner überraschenden Ankündigung. »Vielleicht ziehen wir einen Tauschhandel vor.«
»An was denken Sie da, Mr. Childress?« Der Hüne grinste: »An Mudds Frauen.«
Kirk sah ihn kühl an. Ein Handel mit Frauen gehörte ganz bestimmt nicht zu den Aufgaben
eines Sternenschiffes.
Gossett lenkte ein: »Natürlich nur, wenn sie uns gefallen. Wir wollen sie uns zuerst einmal
genau ansehen.«
»Richtig«, pflichtete ihm Childress bei. »Lassen Sie sie aufmarschieren, Captain. O ja – und
Harry Mudd. Seine Freilassung ist sowieso eine Bedingung für den Handel. Die Anklagen
müssen fallengelassen werden.«
Kirk hatte das Aussehen von Childress gefallen, was er jetzt aber hörte, gefiel ihm gar nicht.
»Ich verstehe«, sagte er. »Noch etwas, Mr. Childress?«
»Sie haben keine Wahl, Kirk. Selbst wenn Sie eine Landungstruppe hinunterbeamen, werden
Sie keinen einzigen Kristall ohne unsere Hilfe finden.«
Entsetzt, aber bestimmt sagte Kirk: »Kein Handel.« Die zwei Männer zögerten und tauschten
Blicke aus. »Captain«, begann Gossett.
Kirk unterbrach ihn barsch. »Sie sind tief im Weltraum stationiert, meine Herren. Sie
brauchen vielleicht medizinische Hilfe, Gütersendungen oder den Schutz eines Sternenschiffes.
Diese Dinge sind ebenfalls in Erwägung zu ziehen.«
Es war still, als die Männer nachdachten. Es war wahr, daß sie ohne Kontakt zu einem
Sternenschiff praktisch von der Umwelt abgeschnitten waren. Als sie sich der Ernsthaftigkeit
ihrer Lage bewußt wurden, konnte Kirk sehen, daß sie sein Argument überzeugt hatte.
Bevor Childress etwas sagen konnte, hörte man Gelächter aus dem Korridor. Freudestrahlend
tanzte Magda am Wachtposten vorbei und durch die halbgeöffnete Tür. Ruth war gleich hinter
ihr. Die beiden Minenarbeiter standen mit offenen Mündern da. Als Eve hereinkam, folgte Mudd
ihr unbemerkt.
Ruth schaute die beiden an und ging auf den Jüngeren zu. Der schluckte. »Ich wette, Sie sind
Herr Gossett«, sagte sie sanft.
Er wurde puterrot. »Ich – ja, Madam. Ich denke schon, Madam.«
Childress erwachte ruckartig aus seiner Lähmung. Er klopfte Mudd auf die Schulter. »Eines
muß man schon sagen, ein Lügner sind Sie nicht!« Er trat zurück und begutachtete die drei
Schönheiten. »Und was Sie betrifft, meine Damen – Sie sind uns, gelinde gesagt, herzlich
willkommen!«
»Childress, ich handle immer noch ni…« sagte Kirk. Aber die Lichter flackerten und wurden
dunkler. Er wandte sich fragend an Spock.
»Halbe Energie, Sir. Um die Batterien zu schonen.«
Mudd sagte schnell: »Ich hörte, Sie haben nur noch drei Tage, bis Sie die Umlaufbahn
verlassen und runtergehen müssen.«
»Danke für die Nachricht«, sagte Childress herzlich und ließ seinen Blick nach wie vor von
langen Beinen zu gebräunten Schultern schweifen.
Der Dicke betrachtete Kirk mit gespielter Anteilnahme. »Es tut mir aufrichtig leid, daß Sie
solchem Druck ausgesetzt sind, Captain. Aber die nackte Wahrheit und die für Sie traurige
Tatsache ist, daß Sie früher oder später auf diesen Handel eingehen müssen.«
Kirk saß in der Falle, und er wußte es.

Der Planet Rigel Zwölf war eine planetare Einöde. Was nicht Fels war, war Sand, grober
Sandstein, den zeitweilige, kalte Stürme in einen in das Fleisch schneidenden Nebel
verwandelten. Unwirtliche Planeten waren für die Enterprise nichts Neues, aber Rigel Zwölf
nahm an Trostlosigkeit den ersten Platz ein. Zusammen mit Mudd materialisierten sie in der
Nähe eines gedrungenen Gebäudes, dessen gewölbtes Dach nicht einmal zur Hälfte aus den
Dünen ragte. Darauf klapperten eigenartig geformte Windmühlenflügel im Sturm. Aus dem
Komplex drang das Lachen von Frauen, durchsetzt mit den tieferen Tönen von Männerstimmen.
Offensichtlich fand eine Party statt. Die Neuankömmlinge stürmten hinein. Aber das fröhliche
Beisammensein hatte einen Grad erreicht, der sie unbeachtet bleiben ließ, und Kirk nutzte die
Gelegenheit, die Lage zu sondieren. Die Einrichtung des Raums war primitiv und aus Stein
gehauen. Man hörte immer noch das stetige Klappern der Windmühlenflügel im Hintergrund,
neben den menschlichen Stimmen.
Magda saß auf dem Schoß des dritten Minenarbeiters namens Benton. Gossett und Ruth
schienen völlig ineinander versunken zu sein. Eve stand allein am Fenster und starrte in die
felsige Landschaft und den Sandsturm hinaus.
Kirk näherte sich Childress, der Eve aufmerksam betrachtete. »Sie haben gewonnen, Mister.
Wenn Sir mir jetzt bitte die Kristalle aushändigen würden.«
»Wenn ich Zeit dazu habe, Kirk«, sagte Childress. Seine Augen waren noch immer auf Eve
gerichtet. Er ging auf sie zu. Sie drehte sich um und sah Kirk. Beide sahen sich an und wußten,
daß sie ihre Gelegenheit verpaßt hatten. Dann bewegte Eve ihre Lippen zu einem Lächeln für
Childress.
»Der Sturm bläst so die ganze Zeit«, erzählte ihr der Hüne. Sie konnte nichts mehr sehen –
draußen wurde es dunkel. Die Dunkelheit drückte gegen das rauhe Glas, das unter den endlosen
Sandattacken ächzte und verschwamm.
»Ich… habe gehört, daß ihr ursprünglich zu viert wart«, sagte sie.
Childress nickte. »Letzten Monat lief Charley Shorr in das da hinaus. Wenn der Wind
plötzlich loslegt, kann man hier schon ein paar Meter vor der eigenen Haustür verloren sein.«
Während er sprach, blitzte Licht am schwarzen Himmel auf, gefolgt von einem krachenden
Lärm, der jedoch nicht wie Donner klang. »Ein Magnetsturm. Das bedeutet, daß der Sturm
gleich erst so richtig losgeht.«
Ruth flüsterte zu Gossett: »Wie sieht es denn bei Ihnen aus?« »Die Häuser sehen hier alle
gleich aus. Entscheidend ist nicht, wie sie gebaut sind – sondern wer drin wohnt.«
Sie lachten.
Auf Bensons Schoß sitzend, lächelte Magda so süß sie konnte. Er dagegen brachte lediglich
ein verlegenes, unsicheres Grinsen zustande. Ganz offensichtlich genoß er jede einzelne Minute.
Sie lehnte sich an Bensons Schulter. »Was für ein Lärm ist das?« fragte sie träge. »Dieses
Klappern.«
»Das sind Windmühlenflügel«, sagte er. »Wir beziehen unsere gesamte Energie von dieser
Anlage, und – «
Sie rutschte von seinem Schoß und begann, ihre Hüften zu bewegen. Sie streckte ihm die
Arme entgegen und sagte: »Komm, tanz mit mir!«
»Aber wir haben doch keine Musik.«
»Doch! Hörst du es nicht? Klick-klick-klick-« Sie bewegte sich zum Rhythmus der
Windmühlenflügel.
Tanzen war nicht gerade seine Stärke, aber sie war unwiderstehlich. Er ging auf sie zu,
schloß seine Arme um ihre schlanken Hüften und tanzte mit ihr in kleinen Schritten zum Takt
der Flügel. Als Ruth das sah, nahm sie Gossetts Arm und lachte ihm in die Augen. Sie begannen,
ebenfalls zu tanzen.
Der Wind war stärker geworden und wehte Sand gegen das Gebäude. Mudd betrachtete die
Tänzer mit echtem Vergnügen. Kirk war ungeduldig und besorgt. Er konnte seine wachsende
Gereiztheit nur schwer zurückhalten. Er blickte zu Spock- aber sogar seinen Ersten Offizier
schien dieser menschliche Zeitvertreib nicht zu stören.
Plötzlich schwand Mudds Zufriedenheit, nachdem er zufällig in die andere Hälfte des Raums
geblickt hatte. Kirk drehte sich um und sah den Grund seiner Besorgnis. Eve und Childress
hatten sich im Gegensatz zu den anderen Paaren getrennt. Sie begann zu welken. Sie sah grau
und müde aus. Kirk traute seinen Augen nicht. Und das Gesicht von Childress war finster.
»Möchtest du gerne tanzen?« hörte Kirk ihn sagen.
Ein Hustenanfall schüttelte sie, und ihre glanzlosen Augen füllten sich mit Tränen.
»Entschuldigung«, keuchte sie. »Es kommt wahrscheinlich von all diesem Staub.«
»So ist es nun mal auf Rigel«, sagte Childress kalt. »Immer.« Er löste sich von ihr, ging zu
den Tänzern und löste Benson ab. Als seine großen Arme Magda umfaßten und sie
herumwirbelten, fluchte Benson still. Nach einer kurzen Weile zog dieser Ruth von Gossett weg;
sie tanzten verträumt, da ergriff Gossett Bensons Schulter.
»Ich übernehme jetzt!«
»Nein, das kommt nicht in Frage«, sagte Benson und schob ihn weg.
Eve näherte sich Kirk zitternd und erschöpft. Sie sah so jammervoll und hilfesuchend aus,
daß Kirk sie am liebsten in die Arme genommen hätte, um sie zu trösten. Aber die Spannung
zwischen den Männern hatte auf gefährliche Weise zugenommen. Gossett und Benson standen
sich kampfbereit gegenüber. Benson sprang dem anderen an die Gurgel.
Childress zog die beiden auseinander. »Was ist los mit euch?« brüllte er.
Das war zuviel für Eve. Sie fing an zu schreien. Demütigung, Kränkung und Schwäche
ließen sie laut aufschluchzen. »Warum veranstaltet ihr nicht einfach eine Verlosung? Der
Verlierer bekommt mich!« Sie stürzte in Richtung Tür, riß sie auf und war verschwunden.
Als Kirk und Childress ihr nachrannten, peitschten Wind und Sand durch die offene Tür.
Draußen harte der Sturm den Sand gegen die Felsen geweht und ihn in feine, schneidende
Partikel zerkleinert.
Über Eves Kopf flackerte der Himmel auf. Dann verschwand das blaue Licht, und die
Dunkelheit wurde noch schwärzer. Ein ohrenbetäubendes Donnern folgte. Sie fiel auf die Knie
und hielt sich die schmerzenden Ohren zu. Dann stand sie schwankend auf und stolperte weiter,
aber der Wind drückte sie zurück. Sie hatte nicht mehr die Kraft zu laufen.
Kirk schrie ihr nach: »Eve, Eve, wo sind Sie?« Sie wollte antworten, brachte aber nur ein
Wimmern zustande. Sand blies ihr ins Gesicht, und der Wind trocknete ihre tränenden Augen
aus. Sie stolperte weiter durch den Nebel aus herumwirbelndem Sand.
Childress’ Suche war effizienter. Er kannte sich hier aus und bewegte sich sicher gegen den
Wind. Halbblind stieß Kirk gegen den keuchenden Mudd. »Wenn wir sie nicht bald finden
– « Der Rest ging in einem neuerlichen Donnern unter. Da ertönte unerwartet Gossetts
Stimme. »Der Wind wird noch schlimmer, bevor er aufhört.« Kaum sichtbar rannte er vorbei.
Mudd, der auf die Knie gesunken war, bat um Hilfe. »Captain, tun Sie doch was!«
Kirk zog ihn auf die Füße. »Wir haben nur eine Chance«, sagte er. »Der Infrarottaster auf
dem Schiff.« Er griff nach dem Kommunikator und blickte Mudd an. »Und wenn wir oben sind,
werden Sie mir erzählen, was da dahintersteckt – und zwar die ganze Wahrheit!«
Aber mit halber Energie arbeiteten die Taster der Enterprise ziemlich langsam.
»Die Suche verlief bisher ergebnislos, Sir«, sagte Sulu, als sie die Brücke erreichten.
»Der Sturm ionisiert die Atmosphäre des Planeten, Captain. Es wird immer schwieriger, da
durchzudringen«, fügte Spock hinzu.
Scott näherte sich Kirk und sagte besorgt: »Das strapaziert die Batterien nur noch mehr.
Wenn wir die Kristalle hätten – « »Wir haben sie aber nicht! Ich habe sie nicht bekommen!
Zufrieden, Mr. Scott?« fuhr ihn Kirk an. Spock schaute ihn fragend an; aber Spock konnte ja
nicht wissen, daß ein Übermaß an Sorgen ein Ventil benötigte. Er sollte seinen Frust nicht an
Scotty abreagieren.
Uhura hatte noch mehr schlechte Nachrichten. »Wir verlieren den Funkkontakt zu den
Minenarbeitern, Sir. Der Magnetsturm wird schlimmer.«
»Hat sich Childress schon gemeldet?«
»Nein, Sir, er und das Mädchen werden immer noch vermißt.«
Scott stand noch immer niedergeschlagen neben ihm. »Tut mir leid, Scotty«, sagte Kirk.
»Wieviel Energie haben wir noch übrig?«
Wieder beschwichtigt, sagte Scott: »Für ungefähr fünf Stunden, Sir.«
Mudd rang verzweifelt die Hände. Kirk sah, wie er sich bemühte, niemandem im Weg zu
stehen, und fühlte überraschenderweise Mitleid mit ihm. Obwohl Mudd durch seine verrückten
Handlungen schuld an dem ganzen Chaos war, litt er daran. Der Dicke schien in seiner schäbigen
Uniform zusammengeschrumpft zu sein.

Childress hatte Eve gefunden. Endlich sah er das blasse Licht seiner Hütte, während er ihren
bewegungslosen Körper trug. Er spürte Schmerz in jedem Muskel seines Körpers vom langen
Kampf gegen den pfeifenden Wind und den Sand. Ihm war schlecht vor Müdigkeit, als er zu
seiner Tür stolperte und sie mit der Schulter aufstieß. Drinnen ließ er das Mädchen, das kaum
noch atmete, auf das ungemachte Bett fallen, glitt zu Boden und schlief ein.
Sie bewegte sich. Sie öffnete ihre Augen, setzte sich hoch und schaute sich im Raum um. Der
Boden war tief mit Sand bedeckt, und die Tür stand immer noch offen. Immer mehr Sand wurde
auf die Berge von schmutziger Wäsche und zerknüllten Papierfetzen geblasen. In den Ecken lag
der Sandstein bereits knietief. Sie taumelte auf die Beine, hielt sich an den Möbeln fest, und es
gelang ihr, die Tür zu erreichen. Sie brauchte all ihre Kraft, um sie dem Wind trotzend zu
schließen, und stolperte zum Bett zurück.

Bei Tagesanbruch erwachte Childress. Er gähnte und kratzte sich. Als er sich in seinem
Zimmer umsah, verdüsterte sich sein Gesicht.
Der Sand war hinausgekehrt worden. Seine Hosen lagen zusammengelegt auf einem
Steinsessel. Das Bett war gemacht, und auf ihm lagen zusammengefaltete Hemden und Pullover.
Er hörte das Klappern von Metall auf Metall. Die blonde Frau stand am Herd und machte das
Frühstück.
Steif stand er auf. »Meine Sachen sind dort gelegen, wo ich wollte, daß sie sind«, brummte
er.
Sie drehte sich nicht um. »Ich esse von deinen Vorräten und bezahle dafür ein bißchen mit
Hausarbeit.«
Er schubste sie vom Herd weg. »Und ich koche nur selbst – verdammt!.« Er hatte die heiße
Pfanne angefaßt. Er zog seine verbrannte Hand zurück, und sein Schmerz und seine Gereiztheit
ließen ihn fluchen. Sie kochte weiter.
»Außerdem habe ich dich nicht angefaßt«, sagte er. »Denk daran!«
»Egal, wo man in der Galaxis hinkommt, die Männer sind überall gleich«, sagte sie. »Willst
du essen oder lieber reden?« Sie stellte einen Teller vor ihn hin.
»Ich muß wohl mit den Lippen schmatzen, die Augen verdrehen und sagen: ›Endlich wieder
von einer Frau gekocht?‹« Sie ignorierte ihn. Er begann zu essen. Nach dem ersten Schluck sagte
er: »Ich habe schon Besseres gegessen, wenn ich selbst koche.«
»Ja – davon hast du gerade eine Kostprobe. In der Pfanne waren immer noch mindestens drei
Schichten von Resten, die ich nicht aus ihr herauskratzen konnte.«
Er starrte sie wütend an. »Beschaffe mir Wasser, dann kannst du dich darüber beschweren.«
»Du könntest deine Pfannen in den Wind hängen, der Sand würde sie sauberblasen. Hast du
etwa noch nie daran gedacht?«
Der Vorschlag überraschte ihn. Er ließ aber auch seine Verärgerung steigen.

Auf der Enterprise, die lahm in ihrer Umlaufbahn kreiste, verlief ihr Frühstück nicht
unbemerkt. Als Childress gerade den letzten Bissen hinunterschlang, blickte Spock von seiner
Konsole hoch. »Dort unten ist irgendeine Energiequelle in Betrieb, Sir. Etwas Kleines – ein
hitzeerzeugendes Haushaltsgerät.«
»Das Signal kam aus der Hütte von Childress!« sagte Sulu.
Kirk verließ seinen Kommandantensessel. »Lassen Sie Mr.
Mudd zum Transporterraum kommen.« »Mudd?« fragte Spock forschend.
Kirk sagte vom Aufzugseingang: »Ja, so lautet der Name dieses Spiels, Spock.«
Childress spannte eine Schnur im immer noch peitschenden Sand vor seiner Hütte aus. Als er
ein paar Pfannen daran befestigte, betrachtete er sie zweifelnd. Dann schüttelte er den Kopf und
murmelte: »Das könnte sogar funktionieren.«
Als er die Tür öffnete, saß Eve an einem aus Stein gehauenen Tisch und legte Karten. Sie
sagte nichts; Childress ging verblüfft im Raum umher, ehe er sich entschloß, über ihre Schulter
zu blicken.
»Patience?«
»Double-Jack.«
»Die rote Acht muß auf die schwarze Neun.« »Nicht beim Double-Jack.«
»Du bist nicht nur reizlos wie ein alter Eimer«, schrie er, »man kann sich nicht mal gut mit
dir unterhalten. Und überhaupt, was zum Teufel ist mit deinem guten Aussehen passiert?«
»Ich habe genug von dir«, sagte sie und schaute nicht mal hoch. »Ich habe versagt.«
Er gab dem Steinsessel einen Tritt. Zurückzuckend rieb er seinen Fuß. Es war ihre Schuld.
Alles war ihre Schuld – angefangen von seiner schmerzenden Zehe bis zum eigenartigen neuen
Aussehen seiner Wohnstatt. Wütend griff er nach ihr und zog sie aus dem Sessel. »Hast du
gehört, was ich gesagt habe? Du bist reizlos! Ich besitze genug Kristalle, um mir Königinnen zu
kaufen. Im Dutzend! Und du sprichst nicht mal…«
Kirk öffnete die Tür. Childress prallte zurück. »Ich habe sie nicht angerührt, Kirk.«
Das Mädchen sah sie abwechselnd an. Sie setzte sich und nahm ihr Spiel wieder auf.
Mudd drängte sich herein und sagte: »Sie haben sie da draußen gefunden?«
»Ja, und seither ist sie vor Dankbarkeit übergeflossen«, sagte Childress.
»Harry, erzählen Sie’s ihm«, sagte Kirk unnachgiebig. »Ach, Captain, haben Sie doch ein
Herz.«
»Die Venusdroge, Harry«, gab ihm Kirk das Stichwort, während er mit dem Fuß wippte.
Eve sprang in die Höhe und verstreute die Karten, als ihre
Hand zum Mund fuhr. Childress starrte abwechselnd Kirk und Mudd an. »Die Venusdroge«,
sagte er.
»Ich habe davon gehört. Aber ich habe es immer für ein Märchen gehalten.«
»Es gibt sie«, sagte Kirk und blickte Mudd an. »Illegal.« »Eigentlich«, begann Mudd, »ist sie
ziemlich harmlos…« »Harmlos?« schrie Eve.
Unter Kirks erwartungsvollem Blick zog Mudd das Päckchen aus den Tiefen seiner Kleidung
hervor und zeigte Childress resigniert die seltsam geformten Tabletten. »Es läuft auf folgendes
hinaus«, sagte er. »Was immer man hat, die Droge gibt einem mehr davon. Männer werden
muskulöser, Frauen rundlicher, Männer werden aggressiver, Frauen weiblicher. Und so
weiter…«
»Er gab den Frauen das Zeug, bevor ihr sie zu Gesicht bekommen habt«, sagte Kirk.
Die Wut des Hünen entlud sich in einem Brüllen.
»Was ist mit meinen Partnern passiert?«
»Sie sind verheiratet, Ben. Weltraumehe per Subraumfunk.«
Childress stürzte sich auf Mudd. Kirk trat dazwischen und legte seine Hand auf die breite
Schulter des Minenarbeiters. »Es ist Betrug, Childress. Sie können es rückgängig machen – wenn
Sie wollen.«
Wütend wandte sich Childress an Eve. »Warum?«
Mudd stellte sich nervös vor sie. »Sie können doch nicht der Frau die Schuld geben, wo ich
es doch war, der…«
Childress schob ihn zur Seite. »Doch. Man geht hinaus, kämpft, stirbt fast – wir wären alle
fast gestorben… und jetzt, wo es uns endlich gutgehen könnte, bringen sie uns Ehefrauen, die – «
»Ihr wollt gar keine Ehefrauen!« schrie Eve. Mit glühenden Augen stellte sie sich vor
Childress. »Was ihr wollt, ist das!« Sie riß Mudd das Päckchen aus der Hand. »Das ist es, was
Sie wollen, Mr. Childress.« Die Pille verschwand zwischen ihren blutleeren Lippen, dann
schluckte sie sie runter.
Es war, als ob Midas sie berührt hätte; ihre Haut wurde wieder goldfarben, ihr Haar begann
zu glänzen, und ihre Brust hob sich und schwoll an. »Und ich hoffe, du wirst davon träumen –
weil du es nie besitzen wirst! Es ist nämlich nicht echt!« Verführerisch und unwiderstehlich
blickte sie Childress mit hellen, hypnotisierenden Augen an.
»Ist es das, was du als Ehefrau willst, Ben? Nicht eine Frau, die dich liebt und dir hilft – nein,
das willst du nicht! Du willst keine Partnerin, die kocht und näht und weint und dich braucht –
sondern so etwas… eitel, eingebildet, nutzlos… Nun, hier ist sie.« Sie arrangierte ihr Haar und
stellte sich in Pose.
Ben starrte sie sprachlos an. Kirk sagte: »Eine tolle Frau, nicht wahr, Childress? Oder sind
Sie anderer Meinung?«
»Ein Trugbild, von einer Droge aufgepumpt.«
»Nein, von sich selbst. Sie hat keine Droge genommen.«
Eve ließ ihre Pose fallen und schrie auf. »Aber ich habe sie doch geschluckt!«
»Nein, nur gefärbte Gelatine«, sagte Kirk lächelnd.
Mudd nickte. »Sie haben mir die Droge weggenommen und durch etwas anderes ersetzt.«
Die Frau sah an sich hinunter und war still. Dann schaute sie die Männer abwechselnd an.
Langsam fiel ihr auf, daß sie sich anders fühlte als zuvor… unter Einfluß der Droge. Kirk war
reizend und mitleidvoll. Sie schenkte ihm ein Lächeln… zärtlich, nicht verführerisch. Auch
Mudd – diesem absurden Gauner, der so ungeschickt war, bei aller Bosheit. Und dem
hünenhaften Minenarbeiter, der so stolz auf seinen entsetzlichen Haushalt war und davon
träumte, sich Königinnen zu kaufen. Sie grinste vergnügt. Sie liebte sie alle.
Der Captain lächelte sie an. »Es gibt nur eine begehrenswerte Frau, Eve – die, die weiß, daß
sie eine Frau ist.«
Sie zwinkerte ihm zu.
Er wandte sich an Ben Childress. »Nun, Sir, ich bin Ihnen so weit entgegengekommen, wie
es mir möglich ist. Ich möchte die Dilitiumkristalle, und zwar sofort.« Er öffnete seinen
Kommunikator. »Enterprise, hier Kirk.«
»Hier Spock, Captain.«
»Bleiben Sie auf Empfang.« Er blickte Childress ins Gesicht. »Soll ich einen Landetrupp
kommen lassen?«
Verwirrt und hin und her gerissen sah Childress Eve an, die sich weder in eine bezaubernde
Sirene noch eine Spinatwachtel verwandelt hatte, sondern in irgend etwas dazwischen, etwas
Angenehmes, und sagte: »Nein, die Kristalle sind hier, und Sie können sie haben.«
»Wir beamen an Bord – mit dem Dilitium. Spock, bleiben Sie auf Empfang.«
Sie hörten alle Scotts erleichterten Seufzer, dann sagte Spock:
»Wie viele, Captain?«
Unsicher schauten sich Eve und Ben an. Er zögerte einen kurzen Moment. Dann sagte er:
»Eve bleibt hier. Zumindest für den Rest des Tages. Wir müssen miteinander reden.«
Mudd spähte durch ein zerkratztes Fenster. »Lieber gehe ich ins Gefängnis«, sagte er, »als in
so einem vergessenen Loch zu hausen.«
Er drehte sein feistes, müdes Gesicht Kirk zu. »Wenn ich’s mir genauer überlege, vielleicht
doch nicht. Sehen Sie eine Möglichkeit, mich hier zurückzulassen, Captain? Dieser
Aufenthaltsort wäre Strafe genug.«
»Zwei von uns, Mr. Spock.« Kirk schloß den Kommunikator.
»Ich kann Sie nicht hier lassen, Harry, aber ich komme als Entlastungszeuge zu Ihrer
Verhandlung – wenn Ihnen das hilft.« Mudd hob die Hände. »Man wird den Schlüssel zu meiner
Zelle wegwerfen.«

Nachdem die Kristalle endlich eingebaut waren, setzte die Enterprise ihren Flug fort. An
Kirks Seite sagte McCoy: »Ihr habt ganz schön lange da unten verhandelt. Hast du dir schon mal
überlegt, mit Schlangenöl zu handeln? Das wäre die ideale Medizin für Sie, Spock.«
»Warum in der gleichen Branche arbeiten wie du?« sagte Kirk heiter. »Ist irgend etwas, Mr.
Spock?«
»Nein, Captain. Ich bin nur froh, daß alles vorbei ist. Eine äußerst unbegreifliche und
ärgerliche gefühlsbetonte Episode.« McCoy klopfte sich auf die Brust. »Ganz nach meinem
Herzen.« Dann sah er Spock an und schlug sich in den Unterleib.
»Pardon. In Ihrem Fall ungefähr hier.«
Gelassen sagte der Vulkanier: »Die Tatsache, daß meine innere Anordnung sich von der
Ihren unterscheidet, Doktor, beruhigt mich ungemein.«
Kirk grinste. Es war gut, wieder zu Hause zu sein.
»Wir verlassen die Umlaufbahn, Sir«, sagte Farrell.
»Volle Kraft voraus.«
»Volle Kraft voraus, Captain«, sagte Sulu.
Ich, Mudd

Doktor McCoy schäumte vor Wut. »Bin ich hier der Bordarzt oder nicht?« fragte er Spock.
»Dieser Leutnant hat zwei Termine für eine ärztliche Untersuchung nicht eingehalten, und er
sagt nicht mal, warum!« Er stampfte über die Brücke. »Irgend etwas stimmt nicht mit einem
Mann, der nie lächelt, dessen Konversation sich nicht von Dienstgesprächen unterscheidet und
der nie über sich selbst spricht!«
»Vielleicht fürchtet er sich vor Ihren Kugeln und Rasseln«, sagte Spock, ohne zu lächeln.
McCoy sah ihn wütend an und marschierte zum Aufzug. Spock sah ihm nach. War es aus
Belustigung, daß er seiner linken Augenbraue erlaubte, sich einen Zentimeter zu heben?
Der Gegenstand von McCoys Zorn verließ gerade den Aufzug auf einem niedrigeren Deck.
Er war groß und kerzengerade gewachsen, aber seine edel wirkenden Gesichtszüge verloren
etwas von ihrer Anziehungskraft durch die ungewöhnliche Gleichmäßigkeit. Er schritt
geradewegs auf den Hilfskontrollraum am Ende des Korridors zu. Auf der schweren Tür stand
›Zutritt nur für autorisiertes Personal‹. Der Leutnant blickte sich vorsichtig um. Er öffnete die
Tür zu dem großen, mit Computerdatenbanken, Schaltwänden und Konsolen ausgestatteten
Raum.
Ein Techniker blickte stirnrunzelnd hoch. »Zutritt nur für Kommandopersonal, Sir. Sie
können hier nicht hereinkommen.« Der Leutnant blinzelte nicht einmal. Mit zwei Schritten war
er bei dem Techniker, legte dem verwunderten Mann Daumen und Zeigefinger auf die
Halsschlagader und drückte zu. Als sein Widerstand nachließ, ließ ihn der Leutnant zu Boden
hinuntergleiten und machte sich an den Schaltern mit der Schnelligkeit eines konzentrierten und
erfahrenen Mannes zu schaffen. Ein Licht blinkte hektisch; eine Sirene heulte auf. Er schaltete
sie aus. Dann zeigten sich auf einem Paneel in Leuchtschrift die Worte: »GEFAHR!
ÜBERLADUNG!«
Der große Leutnant betrachtete sie mit emotionsloser Zufriedenheit.

Sulus Konsole gab als erstes den Hinweis, daß etwas nicht stimmte. Bestürzt rief er Kirk.
»Captain, jemand hat einen nicht geplanten Kurswechsel in die Instrumente eingegeben!«
»Korrigieren Sie, Mr. Sulu.« Für einen Moment beobachtete Kirk den Rudergänger, wie er
vergeblich versuchte, seinen Befehl auszuführen. Er drückte einen Knopf auf der
Kommandokonsole. »Hilfskontrolle, hier spricht der Captain.
Was ist da unten los?«
Keine Antwort. Sulu schrie: »Die Hilfskontrolle hat auf Überlagerung geschaltet, Sir! Ich
kann die Korrektur nicht durchführen!«
Kirk rief sofort den Sicherheitsdienst. »Alarm. Ein Eindringling auf Deck acht,
Hilfskontrolle.« Sobald er die Bestätigung empfangen hatte, sagte er zu Sulu: »Wie lautet der
erzwungene Kurs?«
»Drehung 307 Grad Mark acht, Sir. Wird soeben durchgeführt.«
Tatsächlich zeigte der Hauptbildschirm bereits eine Seitendrehung der Sterne, als das Schiff
wendete.
Kirks Intercom erklang. »Hier Sicherheitsdienst, Leutnant Rowe, Sir. Ich bin im
Hilfskontrollraum. Fähnrich Jordan wurde bewußtlos geschlagen – er wird jedoch bald wieder
auf dem Damm sein. Aber die Hauptkontrollen für die Kurseinstellung – sie sind kaputtgemacht
worden! Sie sind nicht betriebsfähig.«
»Irgendein Zeichen von dem Eindringling?«
»Nein, Sir. Er ist weg. Ich habe Sicherheitsalarm für alle Decks gegeben…«
»Sehr gut. Machen Sie weiter. Kirk Ende.« Er schwang zum Rudergänger herum. »Mr. Sulu,
schalten Sie den handbetriebenen Notmonitor ein. Ich möchte diese Überlagerungsschaltung
außer Kraft setzen.«
Sulu kämpfte erneut mit seiner widerspenstigen Konsole. »Meine Instrumente reagieren
nicht, Sir.«
Kirk rief den Maschinenraum. »Scotty, möglicherweise ist ein Eindringling in der Nähe
deines Abschnitts. Errichte ein Kraftfeld, um einen Zugang unmöglich zu machen.«
»Jawohl, Sir.«
Es war zu spät. Der sich ungewöhnlich verhaltende Leutnant war bereits in den Teil des
Maschinenraums eingedrungen, in dem der handbetriebene Notmonitor stand. Er entledigte sich
still eines anderen Technikers, als Kirks Stimme durch das Intercom klang. »Notmonitor, bitte
melden!« Er drehte sich nicht um. Statt dessen bewegte er sich geräuschlos durch die Tür, hinter
der Scott und ein Assistent das Kraftfeld errichteten. Scott blickte hoch.
»He, Sie«, rief er. »Es ist verboten…«
Er wurde mit einer Kraft gegen einen Wandkommunikator geschleudert, die ihm den Atem
raubte. Er rappelte sich auf die Beine und griff nach dem Intercom. »Der Eindringling ist – «
Seine Worte erstickten.
Kirk hörte das Geräusch, mit dem er zu Boden krachte. »Scotty! Scotty!«
Der Ingenieursassistent hatte einen dicken Metallstab ergriffen, und es war ihm gelungen,
den hübschen Kopf des Leutnants zu treffen. Der Leutnant reagierte darauf überhaupt nicht; er
klopfte dem Assistenten leicht mit der Handkante auf den Übergang zwischen Hals und Schulter.
Der Mann brach geräuschlos zusammen. Der Leutnant schob ihn vorsichtig mit dem Fuß zur
Seite, ging zu den Hauptkontrollkonsolen und drehte alle Schalter auf »VOLLE KRAFT
VORAUS«. Dann entfernte er schnell eine Schalttafel; als er die komplizierte Verdrahtung
herausriß, hörte man das Anschwellen der hochgestellten Antriebsenergie. Mit enormer
Geschwindigkeit verließ der Leutnant den Maschinenraum.
Sulu starrte auf seine Konsole. »Captain, unsere Geschwindigkeit nimmt zu. Sol fünf. Nein,
sechs… Sol sieben jetzt, Sir!«
»Reduzieren Sie die Antriebsenergie, Mr. Sulu.« »Ich kann nicht, Sir. Die Kontrollen sind
blockiert!«
Sulu versuchte vergeblich, die Schalter auf seiner, Konsole zu bewegen und fing an zu
schwitzen.
»Sicherheitsabteilung!« sprach Kirk schnell in das Intercom. »Der Eindringling ist im
Maschinenraum. Alle Einheiten dort zusammenziehen!«
»Das wird nicht nötig sein, Captain!« Eine kalte, ebenmäßige Stimme unterbrach ihn. Der
Leutnant trat aus dem Aufzug.
Kirk erhob sich. »Hören Sie auf damit, Mr. Sulu. Nun, Leutnant – «
»Norman.« Mr. Spock lieferte den Namen.
»Mr. Norman, seien Sie so freundlich und sagen Sie mir, was das alles soll.«
Das extrem hübsche Gesicht zeigte nicht den Funken eines Ausdrucks. »Ich habe Ihr Schiff
völlig unter Kontrolle, Captain. Ich habe die Materie-Antimateriehülsen mit den
Hauptnavigationscomputerbänken verbunden. Ein Auslöserelais ist funktionsbereit. Jeder
Versuch, den Kurs zu ändern, zieht die sofortige Zerstörung Ihres Schiffs nach sich.«
Irgend etwas an dem außergewöhnlichen Leutnant ließ seine absurde Behauptung glaubhaft
erscheinen. Mit verkrampften Kiefermuskeln ging Kirk zur Computerstation. »Mr. Spock?«
»Bestätigt, Captain. Er hat sämtliche Überlagerungskontrollen beseitigt. Wenn wir
herumspielen, ohne zu wissen, wo das Auslöserelais steckt, bringen wir uns wahrscheinlich
selbst um.«
Kirk wirbelte zu Norman herum. »Wer sind Sie?«
»Ich versichere Ihnen, daß wir keine Bedrohung für die Menschheit darstellen.« Er nickte
kurz Spock zu. »Auch nicht für humanoides Leben. Wir benötigen ganz einfach Ihr Schiff.«
»So, Sie ›benötigen‹ also mein Schiff. Wer oder was ist mit ›wir‹ gemeint?«
Norman zögerte. Dann zog er sein Hemd hoch, öffnete eine Klappe in seinem Solarplexus
und ließ eine komplizierte Transistor-Verkabelung erkennen.
Der Anblick ließ Kirk erstarren. »Ein Android!« sagte er langsam.
Spock betrachtete den Mechanismus mit Interesse. »Ein äußerst ausgereiftes Modell, Sir.«
Norman zog sein Hemd wieder herunter. »Ich kontrolliere das Auslösersystem, Captain. Sie
können mich nicht mit Körperkraft allein überwältigen, und falls Sie versuchen sollten, Ihre
Phaser zu benutzen, so aktiviert sich das Relais.«
»Wir werden unseren jetzigen Kurs etwa vier Solartage fortsetzen. Dann werden wir an
unserem Zielort angelangt sein. Glauben Sie mir, wir stellen keine Bedrohung dar.«
»Ich frage Sie nochmals, wer ist mit diesem ›wir‹ gemeint? Wer hat Sie geschickt?«
»Ich bin nicht programmiert, darauf zu antworten.« ›Leutnant‹ Norman erstarrte zu absoluter
Stille. Jegliches Leben war aus seinen unbewegten Augen verschwunden. Kirk schnippte vor
dem Gesicht des Androiden mit den Fingern. Die Augen starrten bewegungslos nach vorne. Er
gab der Gestalt mit der Hand einen leichten Schubs; das schwere Gewicht gab nicht nach.
»Nun, Mr. Spock?«
»Es scheint, daß er sich selbst abgeschaltet hat, Captain. Und da wir den von ihm
verursachten Schaden nicht beheben können, ohne das Schiff zu zerstören – «
»Es scheint«, sagte Kirk, »daß wir eine kleine Reise machen.«

In den nächsten vier Tagen gingen die Leute vorsichtig um die unbeweglich dastehende
Gestalt auf der Brücke herum, als sie ihren Aufgaben nachgingen. Das ausdruckslose,
gutaussehende Gesicht starrte auf beunruhigende Weise vor sich hin. Der hochgewachsene
Körper in seiner Enterprise-Uniform schien ohne Leben zu sein.
Das Schiff flog in einen nicht verzeichneten Quadranten ein und wurde langsamer. Als es die
Lichtgeschwindigkeit unterschritt, bewegte sich Norman. Er sagte: »Aktivieren Sie Ihren
Hauptbildschirm, Captain.«
Kirk nickte Leutnant Uhura zu. »Aye, Sir.«
Norman sprach wieder: »An diesem Punkt bin ich dazu programmiert, Ihnen mitzuteilen, daß
wir in die Umlaufbahn um unseren Planeten in sieben Komma vier Solarminuten
einschwenken.«
Auf dem Bildschirm erschien etwas, das wie eine öde Felskugel aussah. Normans Augen
waren darauf gerichtet. Er drehte sich schnell zu Kirk um. »Folgende Personen werden
auf unseren Planeten hinuntergebeamt: Captain, Wissenschaftsoffizier, Bordarzt,
Kommunikationsoffizier, Navigator.«
Kirk sah ihn an: »Alle Besprechungen oder Sitzungen können hier auf der Enterprise
stattfinden.«
Norman sah Kirk an: »Wenn Sie nicht mit mir kommen, zerstöre ich Ihre Maschinen, und Sie
bleiben in dieser Umlaufbahn – für immer.«
»Entführen Sie Ihre Gäste immer gewaltsam?« fragte Kirk bitter.
»Das ist nicht unsere Absicht.« Er machte eine Pause. »Es gibt ein Wort, für das wir hier
nichts Entsprechendes haben. Aber bei euch Menschen scheint es etwas zu bedeuten.«
»Welches Wort meinen Sie?«
»Bitte.«

Sie materialisierten in einer Art Vorraum, der einfach und sparsam möbliert war. Als der
Trupp Gestalt annahm, erschienen zwei Mädchen. McCoy und Scott tauschten überraschte und
anerkennende Blicke aus. Sie waren schön, wohlgeformt, brünett und in rosafarbene Stoffe
gehüllt, die sehr menschliche Körper erkennen ließen. Ein Teil ihres Schmucks bestand aus einer
Halskette, in deren Anhänger eine Nummer eingraviert war.
Norman brach das Schweigen. »Die Oberfläche unseres Planeten klassifiziert man als K-Typ.
Menschen können sich an sie mit Druckhelmen und Lebenserhaltungssystemen anpassen.« Er
wandte sich an das Mädchen, das die Nummer »1« trug. »Ich habe sie gebracht.«
»Er wartet«, sagte sie.
Nummer 2 sagte: »Wenn Sie uns bitte folgen würden.« Sie zeigte auf eine große Schiebetür
am Ende des Vorraums. Kirk zögerte, aber es schien keine Alternative zu geben. Er signalisierte
seinen Leuten, den drei Androiden zu folgen.
Die Tür bewegte sich zur Seite und enthüllte ein geräumiges, aus purpurfarbenem Stein
gehauenes Zimmer. Luxuriöse Sofas standen seitlich an den Wänden. Überall hingen vergoldete
Spiegel; und aus einem Bronzebrunnen in Venusgestalt schoß funkelndes Wasser in eine goldene
Schale. Der Raum entsprach irgend jemandes Vorstellung von einem Herrschersalon… sogar ein
Thron stand auf einem mit Teppichen ausgelegten Podium.
Als er sah, wer darauf saß, schrie Kirk: »Ich glaube es nicht!« »Willkommen an Bord, Kirk.
Es ist lange her, nicht wahr?
Nehmen Sie einen Drink!« Flankiert von zwei weiteren Brünetten, mit einem Weinpokal in
der Hand, saß die Majestät lässig auf dem Thron, kratzte sich die haarige Brust und strahlte sie
an. Verblüfft sagte Kirk: »Harry Mudd!«
Mudd brach in schallendes Gelächter aus und schwang sein dickes Bein über die Thronlehne.
»Um absolut korrekt zu sein, Freundchen, sollten Sie mich mit Mudd der Erste anreden.« Er hob
seinen Pokal. »Auf mich, den Herrscher dieses souveränen Planeten!«
»Herrscher –?« Kirk erholte sich langsam von seinem anfänglichen Schock. Er öffnete seinen
Kommunikator. »Harry, ich verlange, daß Sie mir sofort die Kontrolle über mein Schiff
zurückgeben. Wir werden nicht Ihre Gäste sein!« Er ließ Mudd den Ersten nicht aus den Augen,
als er in den Sender sprach: »Kirk an Enterprise. Enterprise, bitte kommen…«
Mudd zeigte beiläufig mit dem Finger auf Nummer 2. Sie ging auf Kirk zu, nahm ihm mit
einer niedlichen Bewegung den Kommunikator aus der Hand und zerdrückte ihn zu Brei. »Nein,
nein, Kirk.« Mudd drohte scherzhaft mit dem Zeigefinger. »Keine unerlaubten Gespräche. Pfui,
alter Junge.«
Chekov fragte: »Sie kennen diesen Mann, Captain?«
»Ich kenne ihn«, sagte Kirk angewidert. »Harcourt Fenton Mudd, Dieb – «
»Na, na«, protestierte Mudd der Erste.
»… Schwindler und Hochstapler – « »Unternehmer«, korrigierte Mudd. »…Lügner,
Gauner…«
»Ach, habe ich wirklich diesen Eindruck hinterlassen?« Mudd schüttelte traurig den Kopf.
»- der hinter Gitter gehört. Ich war der Meinung, ich hätte ihn dort hingebracht, Mudd.«
»Und damit ist eine Geschichte verknüpft. Nun, sehen Sie sich um, Kirk. Kein übler Ort,
oder? Gefällt er Ihnen?« Mudds Augen waren in seinem finsteren Gesicht fast nicht zu sehen.
»Mudd, ich verlange, daß Ihre dressierte Maschine dieses Auslöserelais desaktiviert und
mein Schiff freigibt.«
»Ich kümmere mich schon um das kleine Ding, Kirk. Wenn ich dann bereit bin.«
»Ich bestehe jetzt darauf.«
»Auf diesem Planeten habe ich das Sagen, Kirk, alter Junge. Sie haben einfach zuzuhören.«
Kirk seufzte. »Na schön. Im Moment höre ich zu. Was haben Sie zu sagen?«
»Sie gewöhnen sich am besten an diesen Ort. Nach und nach werden Sie ihn lieben, und das
wäre schön. Sehr schön sogar, denn ihr werdet alle hierbleiben. Wahrscheinlich bis an euer
Lebensende.«
Die Bestürzung seiner Leute hinter ihm traf Kirk wie ein Schlag. Schachmatt. Dieser falsche
König hatte ihn praktisch aus dem Spiel geworfen. Er spürte Wut in sich aufsteigen. »Harry
Mudd, Sie sind ein Gesetzloser, ein Lügner und in großen Schwierigkeiten. Geben Sie mein
Schiff frei – und zwar sofort.«
»Tut mir leid, Kumpel. Das wäre gegen das Gesetz.« Das ölige Kichern ertönte erneut.
»Gegen mein Gesetz, erlassen von Mudd dem Ersten. Gewählt von der ansässigen
Bevölkerung.« Er deutete mit dem Daumen auf das Mädchen neben ihm. »Hübsch, nicht wahr?
Mein Sinn für Schönheit; ich habe angeordnet, daß ich von ihnen umgeben bin. Und alle meine
Anordnungen werden rechtskräftig gemacht.«
Er lehnte sich vertrauensselig nach vorn. »Ich habe mir fünfhundertmal Alice machen lassen,
die mich bedienen. Sie sind alle identisch – hübsch, willfährig, gehorsam…«
Spock sagte zum ersten Mal etwas. »Fünfhundert, und alle identisch? Das scheint mir etwas
überreichlich, wenn ich so sagen darf.«
»Ich habe eine Vorliebe für dieses spezielle Modell. Nicht, daß ich von Ihnen, Mr. Spock,
erwarte, das Sie dies zu würdigen wissen.«
Plötzlich fiel Kirk auf, daß die Unterhaltung mit Harry Mudd etwas Märchenhaftes an sich
hatte. Seine Spannung ließ nach. »Nun, Harry, erklären Sie mal, wie Sie hierhergekommen sind.
Nach der Affäre auf dem Bergwerksplaneten Rigel haben wir Sie in Gewahrsam
zurückgelassen.«
Mudd winkte mit einer dicklichen Hand ab. »Ein reiner Zufall. Ich habe einen technischen
Informationsservice, der moderne industrielle Arbeitsweisen zu rückständigen Planeten bringt,
organisiert. Ich habe jungen, aufstrebenden Zivilisationen der Galaxis wertvolle Planeten
zugänglich gemacht.«
»Haben Sie den Patenteigentümern Lizenzgebühren bezahlt?«
Mudd hustete. »Nein. Als ein Verfechter der freien Marktwirtschaft kam ich mit diversen
Prinzipien in Konflikt.«
»Er hat also keine Lizenzgebühren bezahlt«, bemerkte Spock. Mudd nahm einen Schluck
Wein. Er wischte seinen Mund mit einem Samtärmel ab und sagte: »Wissen sollte allen frei
zugänglich sein.«
»Wer hat Sie erwischt?« fragte Kirk.
Mudd starrte ihn wütend an und erhob sich. »Das, Sir, ist eine beleidigende Vermutung!« Er
zuckte mit den Achseln und setzte sich wieder, als er Kirks spöttischen Blick sah. »Ich habe den
Denebiern alle Rechte auf eine vulkanische Erfindung zur Herstellung von künstlichem
Treibstoff verkauft.«
»Und die Denebier haben die Vulkanier informiert«, ergänzte Kirk.
»Woher wissen Sie das«, fragte Mudd entrüstet.
»Ich hätte das gleiche getan.«
Mudd hämmerte mit seinem Pokal gegen den Thronarm. »Typische Polizeimentalität! Kein
Sinn für Humor, Junge. Sie haben mich verhaftet!«
»Nicht doch!« sagte McCoy. »Wie schockierend!«
»Viel schlimmer«, sagte Mudd zu McCoy, dessen offenbare Sympathie genießend. »Wissen
Sie, was auf Deneb Fünf auf Betrug steht?«
»Der Schuldige«, dachte Spock laut nach, »hat die Wahl: Tod durch Hängen, Tod auf dem
elektrischen Stuhl, Tod in der Gaskammer, Tod durch Phaser…«
Seismische Wellen durchliefen Mudds Speckwülste, als er erschauderte. »Das Schlüsselwort,
Mr. Spock, ist ›Tod‹. Barbaren. Ich… verschwand.«
»Sie sind aus dem Gefängnis ausgebrochen«, übersetzte Kirk. »Ich borgte mir ein
Transportmittel.« Mudd blickte wütend. »Sie stahlen ein Raumschiff.«
»Die Patrouille reagierte feindselig«, sagte Mudd.
»Man hat auf Sie geschossen.«
»Sie zeigten keinen Respekt vor Privateigentum. Sie haben das verdammte Schiff beschädigt.
Ich entkam, konnte aber nicht mehr navigieren. So gelangte ich in ein Gebiet, das kartographisch
nicht erfaßt ist. Und hier habe ich – Mudds Planeten gefunden.«
»Tatsächlich«, sagte McCoy und schüttelte den Kopf.
Kirk hatte die Geduld verloren. »Harry, kommen Sie zur Sache.«
Spock mischte sich ins Gespräch. »Mr. Mudd, Sie sind ein beträchtliches Risiko
eingegangen, als Sie ein Sternenschiff der Föderation hierherbrachten. Logischerweise müssen
Sie ein zwingendes Motiv für die Entführung unseres Schiffs haben.«
Mudd zeigte seine gelben Zähne, als er verkniffen lächelte. »Sie werden sich hier wohl
fühlen, Spock. Sehen Sie, ich habe diesen Planeten mit über zweihunderttausend glücklichen
Androiden, die bereit sind, einem jeglichen Wunsch zu erfüllen, gefunden.« Besorgt machte er
eine Pause. »Es ist das reinste Paradies.«
»Dann sehe ich Ihr Problem nicht«, sagte Spock.
Mudd hämmerte auf den Thronarm ein. »Sie lassen mich nicht mehr weg!« Sein Gesicht
glühte vor Zorn. »Sie wollen mich studieren. Sie möchten mehr über die Menschheit lernen!«
»Da haben sie sich ja den Richtigen ausgesucht«, sagte Kirk. »Hüten Sie Ihre Zunge,
Freundchen! Sie sprechen mit Mudd dem Ersten!« Er lehnte sich zurück und trommelte nervös
mit seinen dicken Fingern. »Nun, mir gingen die Ideen aus, was sie alles tun könnten. Da
bestanden sie darauf, mehr Menschen herzuschaffen. Sie brauchen mehr Menschen, zum
Studieren und zum Bedienen.« Er betrachtete Kirk. »Ich versprach ihnen ein erstklassiges
Exemplar. Den Captain eines Sternenschiffes, loyal, klug, furchtlos, ideenreich und so weiter
und so fort. Jeder Captain wäre mir recht gewesen.« Er grinste. »Ich hatte nur Glück, Sie zu
erwischen, Kirk. Sie übernehmen hier das Kommando, und ich verlasse diesen Felsbrocken und
kehre in die Zivilisation zurück.«
»Nein, Harry.«
»Sie mißverstehen mich. Ich frage Sie nicht, ich befehle es Ihnen. Sie haben keine Wahl.« Er
sagte zu Norman und den Mädchen: »Bringt sie in ihre Quartiere.«
Sie antworteten unisono: »Ja, mein Herr.«
In unterschiedlicher Empörung folgte das Kontingent von der Enterprise den Androiden zu
einer Seitentür. In der Nähe war so etwas wie eine andere Tür, die dunkel schillerte. Trotz seiner
Entrüstung war McCoy neugierig.
»Was befindet sich dahinter, Mudd?«
Mudd gluckste. »Ah, Gentlemen, das ist ein Schrein, zum Gedenken an meine geliebte
Stella.«
»An wen?«
Mudd drückte auf einen Knopf. Die »Tür« entpuppte sich als Wandnische. Als sie beleuchtet
wurde, begann sich eine hagere, hakennasige Gestalt, die in ein langes, steifes schwarzes Kleid
gehüllt war, zu bewegen.
»Meine Frau«, sagte Mudd schlicht.
»Tot?« fragte Kirk, ohne unhöflich zu klingen.
»O nein. Nur… verlassen.« Mudd seufzte. »Hinter jedem großen Mann steht eine Frau, die
ihn antreibt und motiviert. Meine Frau trieb mich immer wieder in den Weltraum. Sie wollte es
nicht, und doch tat sie es. Ihre verdammte, ewige Nörgelei – « Er seufzte nochmals. »Ich denke
andauernd an sie. Und jedesmal, wenn ich es tue, treibt es mich noch tiefer ins All.«
»Interessant«, sagte McCoy. »Sie rennen vor einer Frau davon und bringen sie
gewissermaßen doch mit sich mit.«
»O nein. Nicht ganz. Ich ließ die Androiden ein Faksimile von Stella anfertigen, so daß ich
sie anblicken und mich ihrer Abwesenheit erfreuen kann.« Er drückte einen anderen Knopf. Die
Androiden-Stella erwachte plötzlich zum Leben.
Sie starrte ihn an. Ihr roter Haarknoten zitterte vor Wut, und sie fing an zu kreischen:
»Harcourt! Harcourt Fenton Mudd, was hast du jetzt schon wieder angestellt? Sicher wagst du
nicht, mir davon zu erzählen, ganz gewiß nicht! Warte nur, du fauler, nichtsnutziger
Schürzenjäger – «
»Halt den Mund«, sagte Mudd heiter. Sofort fiel der Stella-Android in seine Leblosigkeit
zurück. Mudd kicherte. »Großartig, endlich habe ich das letzte Wort!« Er drehte sich zu Kirk
um. »Bei ihr – und auch bei Ihnen, alter Knabe.«

Ihre Quartiere befanden sich in der Nähe einer Halle, die einem Hotelfoyer ähnelte.
»Sie werden unsere Einrichtungen sehr gemütlich finden«, sagte Norman.
Alice 1 sagte: »Wenn Sie irgend etwas brauchen…« »Mein Schiff«, sagte Kirk sofort.
»Wir sind nicht programmiert, darauf zu antworten«, sagte Alice 2.
Kirk schaute von ihr weg. »Wer hat Sie geschaffen, Norman?«
»Wir sind von den Schöpfern konstruiert worden. Sie kamen aus dem Andromedanebel.«
»Dann waren Ihre Schöpfer keine Menschen?« fragte McCoy interessiert.
»Sie waren, wie Sie es ausdrücken würden, humanoid. Roboter waren in ihrer Zivilisation
etwas Alltägliches. Wir übernahmen alle notwendigen Dienstleistungen, damit unsere Schöpfer
ungestört eine perfekte soziale Ordnung errichten konnten.«
»Was ist aus ihnen geworden?« fragte Spock.
»Die Sonne unseres Heimatplaneten wurde zur Nova. Nur wenige Außenposten zu
Forschungszwecken überlebten. Diese Einheit« – er berührte seine Brust – »war Teil eines
solchen Außenpostens in Ihrer Galaxis.«
»Dann überlebten auch einige von Ihren Schöpfern?«
»Nein, Captain. Sie starben nach einer gewissen Zeitspanne. Wir dagegen sterben nicht.«
»Und wem dienen Sie jetzt?«
»Wir dienen Harry Mudd. Er hat uns wieder einen Zweck gegeben. Ein Zweck ist notwendig,
und lange Zeit hat uns ein solcher gefehlt.«
Spock hatte recht, dachte Kirk. Es handelte sich wirklich um eine hochentwickelte Maschine.
»Norman«, sagte er. »Eure Schöpfer sind untergegangen, und ihr wart in der Galaxis isoliert.
Wie lange habt ihr gewartet?«
»In Ihren Begriffen eine Million siebenhundertdreiundvier zig-tausendneunhundertzwölf
Jahre, dreizehn Tage, vier Stunden, zwanzig Minuten und fünfzig Sekunden.«
Alle starrten ihn an. McCoy brach das ehrfürchtige Schweigen. »Eines ist sicher«, sagte er.
»Wir werden immer genau wissen, wie lange wir schon hier sind. Wir brauchen nur… diese
Einheit zu fragen.«
Und die wiegt eine Tonne, überlegte Kirk. »Ich habe nicht vor, ein Gefangener zu sein«,
sagte er.
»Sie sind kein Gefangener, Captain, sondern ein Gast. Es steht Ihnen frei, zu gehen, wohin
Sie wollen.«
»Egal wohin?«
»Richtig. Gibt es einen bestimmten Ort, wo Sie…« »Ja. Mein Schiff.«
»Ich bin nicht programmiert, darauf zu antworten.«
Kirk brauste auf. »Diese Bemerkung geht mir langsam auf die Nerven! Wißt ihr, daß mein
Schiff diesen Planeten zerstören kann? Und euch alle mit dazu?«
»Eine interessante Reaktion«, bemerkte Norman.
Spock nickte. »Das habe ich auch immer gefunden. Man nennt es Wut. Sie wird durch
Frustration erzeugt.«
»Ihre geistigen Prozesse sind faszinierend, Mr. Spock. Ich registriere eine gewisse
Verwandtschaft mit Ihnen.«
»Da haben Sie es, Spock!« schrie McCoy triumphierend. »Ich habe es die ganze Zeit gewußt.
Sie sind mit einem Blechhaufen verwandt.«
»Beryllium, Doktor«, korrigierte ihn Norman. »Und andere Legierungen.« Wäre sein
schönes Gesicht dazu in der Lage gewesen, so hätte es Stolz ausgedrückt. »Wir haben eine sehr
gut ausgestattete Bibliothek und eine Computerabteilung. Auch unsere Forschungslaboratorien
haben viel zu bieten. Ihr Besuch dort ist uns sehr willkommen.«
»Gut«, sagte Kirk. »Vielleicht später. Würden Sie uns nun bitte allein lassen?«
»Warum sollten wir Sie verlassen?« fragte Alice 1. Kirk atmete tief durch: »Weil wir euch
nicht mögen.« »Eine wohlbegründete Bitte«, sagte Alice 2. »Wir gehen.« Als sie sich entfernt
hatten, wandte sich Kirk an seine
Offiziere. »Nun? Ihre Vorschläge?«
»Ich glaube, wir stecken ganz schön in der Tinte«, sagte Chekov.
»Das hilft uns sehr viel, Fähnrich. Pille?«
»Ich pflichte Chekov bei. Wir stecken tatsächlich in der Klemme.«
»Spock?«
»Es liegt auf der Hand, daß so viele Androiden nicht unabhängig voneinander operieren
können. Es muß eine Art zentrale Kontrollstelle geben, die die Androidenbevölkerung lenkt.«
»Ich denke, Sie haben recht, Spock«, sagte der Captain nach einer kleinen Weile. »Hier
setzen wir an. Spock, versuchen Sie, sie zu lokalisieren. Die anderen schauen sich um.
Versuchen Sie, so viel wie möglich kennenzulernen. Finden Sie heraus, was diesen Ort in
Funktion hält. Und ich versuche, mehr aus Mudd herauszukriegen. An die Arbeit.«
Es gab eine zentrale Kontrollstelle. Spock fand sie ohne Schwierigkeiten am Ende eines
Korridors. Aber sie enthielt lediglich eine kleine elektronische Anlage. Dort stand Norman und
hatte seine Hände daraufgelegt, als ob er damit verbunden wäre. Ohne seine Enterprise-Uniform
sah er in dem graubraunen Overall der männlichen Androiden noch weniger menschlich aus. Er
nickte Spock zu.
»Ich nehme an, Sie amüsieren sich, Mr. Spock.«
»Ich finde es sogar fast interessant. Das ist ein ungewöhnliches Gerät, das Sie da halten.«
»Unser Zentralcomputer.« Normans Hand lag leicht darauf. Spocks Augenbraue hob sich.
»Oh, der scheint aber Ihrem Entwicklungsstand nicht sehr angemessen. Habe ich recht gehört,
daß es mehr als zweihunderttausend Ihrer Art gibt?«
»Zweihundertsiebentausendachthundertneun«, sagte der auf mathematischem Gebiet peinlich
genaue Norman.
»Und alle werden von diesem Gerät gesteuert?«
Norman zögerte. Sein Anhänger begann zu glühen. »Ich bin nicht programmiert, darauf zu
antworten.«
»Das überrascht mich kaum. Dies scheint eine einfache Schaltzentrale zu sein.«
»Es ist unsere zentrale Kontrollstelle. Vielleicht interessieren Sie sich für unsere
Computerbänke? Sie befinden sich hinter dieser Mauer.«
»In der Tat, ja.« Als sie zu einem Eingang schlenderten, fuhr Norman fort.
»Nach Ihren Maßen sind sie fast fünfzehn Kilometer lang, Mr. Spock…«
»Faszinierend«, sagte Spock. Er meinte es auch.

In der Werkstattsektion begrüßten Mudd und zwei Mädchen den Captain und Uhura. Auf
einem Modellstand befand sich ein anderer, weiblicher Android.
»Das ist eine von unserer Barbara-Serie«, erklärte Alice 19. »Der Körper besteht aus einer
sich selbst erneuernden Plastikhaut und einem Skelett aus einer Beryllium-Titan-Legierung.«
»Sehr beeindruckend«, sagte Kirk.
»Das will ich meinen!« Uhura war begeistert.
»Auch sie wurde nach meinen Vorstellungen gebaut«, sagte Mudd. »Ebenso die Maizie-,
Trudie- und Annabelle-Serien.«
»Halten Sie nichts von männlichen Androiden, Harry?« Mudd zuckte mit den Achseln. »Ich
denke, sie haben ihre Berechtigung.«
Erstaunt fragte Uhura Alice 163: »Wie lange hält wohl so ein Körper?«
»Ich weiß es nicht.«
»Sie wissen es nicht?«
»Keiner unserer Androidenkörper hat jemals Verfallserscheinungen gezeigt. Die
Lebensdauer des Modells auf dem Stand wird jedoch auf fünfhunderttausend Jahre geschätzt,
dann sind einige kleine Reparaturen notwendig.«
Kirk nickte. »Sehr ökonomisch.«
Uhura kaute noch immer an dieser Information. »Fünfhunderttausend Jahre…«
»Unsterblichkeit«, sagte Mudd zu ihr. »Oder so gut wie.«
Uhura starrte Barbara 4 an und murmelte verwundert:
»Fünfhunderttausend Jahre…«
»Und das Beste daran ist«, sagte Mudd, »daß sie jedes einzelne dieser Jahre gleich schön sein
wird.« Er betrachtete den Nachrichtenoffizier der Enterprise mit Kennerblick. »Sie sind selbst
eine sehr schöne Frau, Miß Uhura. Aber man wird älter, auch mit den besten
Verjüngungstechniken. Doch – Sie könnten das hier haben.« Er zeigte auf die Gestalt auf dem
Podest.
Das war für Alice 19 das Stichwort. »Unsere Mediroboter können ein menschliches Gehirn
in einen von der Struktur ähnlichen Androidenkörper verpflanzen. Unsere Schöpfer taten das
gelegentlich, wenn sie auf einem unwirtlichen Planeten arbeiten mußten.«
Mudd wandte sich wieder an Uhura: »Unsterblichkeit, ewige Schönheit; hier sind sie
möglich.« Er zeigte sein gelbes Lächeln und ließ sie äußerst nachdenklich zurück, als er ging.
Besorgt bemerkte Kirk ihren gedankenverlorenen Gesichtsausdruck.
Spock sagte gerade: »Ich bin davon überzeugt, daß ich einen wichtigen Widerspruch
entdeckt habe, Cap…«, als er durch Mudds Rückkehr unterbrochen wurde. Ihm folgte ein
strahlender McCoy.
»Jim, du mußt dir die Forschungseinrichtungen ansehen! Sie haben da ein Labor, das – nun,
wenn ich den Rest meines Lebens hier verbringe…«
»Gerate nicht in Verzückung, Pille. Niemand bleibt hier zurück.«
Mudd drohte Kirk mit dem Zeigefinger. »Wie ungezogen. Und obendrein auch noch
starrköpfig.«
»Ich würde mich jedenfalls nicht langweilen, das versichere ich euch«, seufzte McCoy. Vor
der Tür hörten sie das Geschrei einer wohlbekannten Stimme. Alice 22 kam herein. Sie zog den
protestierenden Scott herein, als ob er ein widerspenstiger Dreijähriger wäre.
»Lassen Sie mich los – Sie – Captain! Welche Art von Frauen…?«
Alice 22 ließ ihn fallen, nachdem sie ihn hereingeschleift hatte, und sagte gelassen: »Das ist
der letzte, mein Herr und Gebieter.«
»Ausgezeichnet«, sagte Mudd der Erste. »Wir haben uns lange nicht mehr gesehen, Scotty,
alter Junge.«
»Harry Mudd! Sie also stecken hinter dieser – dieser – «, zischte Scott.
Kirk sagte: »Mr. Scott, Ihr Befehl lautete, auf dem Schiff zu bleiben!«
»Jawohl, Sir. Da blieb ich auch – bis mich dieses weibliche Ungeheuer in den
Transporterstrahl warf!«
Kirk wirbelte zu Mudd herum. »Was hat sie mit ›das ist der letzte‹ gemeint?«
»Habe ich Ihnen das nicht erzählt?« sagte Mudd ironisch. »Ich dachte, ich hätte es. Ich habe
einige Dutzend Androiden auf Ihr Schiff gebeamt. In den letzten Stunden haben wir Ihre
Mannschaft auf die Oberfläche heruntergeholt. Sie sind jetzt alle hier.«
Kirk ergriff eine Vase und schleuderte sie quer durch den gesamten Thronraum. Seine
Stimme bebte: »Haben Sie überhaupt noch einen Funken von Verstand? Sie können nicht die
gesamte Mannschaft eines Sternenschiffs auf einen Planeten beamen! Jemand muß an Bord
bleiben!«
»Aber es ist jemand an Bord, Kirk. Eine ganze Androidenmannschaft. Sie lernen äußerst
schnell.« Ein einfältiges Lächeln zeigte seine gelben Zähne. »Tatsache ist jedenfalls, daß ich Ihr
Schiff völlig in meiner Gewalt habe. Und es gibt nichts, was Sie dagegen tun könnten.«
Kirk versuchte, seine Fassung wiederzugewinnen. Er betrachtete den Dieb, Lügner und
Schwindler. »Damit kommen Sie nicht durch, Harry.«
»Wer sollte mich stoppen?«
»Die Sternenflotte!«
»Ihr Schiff ist so schnell wie alle anderen der Flotte. Wie sollten sie mich kriegen? Keine
Bange, ich komme damit schon durch, Freundchen!« Er drehte sich um. »Stellen Sie es sich nur
mal vor, Junge. Harry Mudd mit einer Mannschaft von knackigen Schönheiten – auf Ihrer
Enterprise!«
Kirk sank auf einem Brokatsofa nieder. Spock sagte: »Es ist unlogisch, sich etwas
vorzumachen, Captain. Er kann sein Ziel erreichen. Ich habe eine Anzahl Androiden befragt. Sie
sind Mudd absolut treu ergeben. Was uns vielleicht jetzt beschäftigen sollte, ist die Tatsache, daß
diese Androidenbevölkerung praktisch alles bieten kann, was ein Mensch begehrt – in
unbegrenzter Menge.«
»Ich weiß«, sagte Kirk bitter. »Wie wird meine Mannschaft auf eine Welt reagieren, auf der
man absolut alles haben kann, wenn man nur danach fragt? Mr. Spock, wir stecken ganz schön in
der Klemme.« Er stand auf. »Der Anblick dieses Raums macht mich krank. Gehen wir an die
frische Luft.«

Der Anblick des Thronsaales machte Chekov nicht krank. Als er hereinspazierte, sah er den
leeren Thron. Er probierte aus, ob er hineinpaßte. Als sich der Thron mit seinem reichen Komfort
um ihn schloß, erklang eine Glocke. Zwei Alicemodelle erschienen sofort mit einer Karaffe und
einem Pokal. Chekov betrachtete sie beide. »Ihr seid Alice – ?«
»Ich bin Alice 118.«
»Ich bin Alice 322.«
»Oh«, sagte Chekov. »Das macht nichts. Ihr seid beide hübsch.«
»Danke, Herr«, sagte Alice 322.
Wenigstens wiederholte ihr Duplikat den Satz nicht. Sie goß Wein ein. »Wünschen Sie noch
etwas, Herr?«
Chekov seufzte. »Wie schade, daß ihr nicht echt seid.« »Wir sind echt«, sagten sie im Chor.
»Ich meine«, sagte Chekov, »echte Mädchen.«
»Wir sind programmiert, wie Menschenfrauen zu funktionieren, Herr.« Es war Alice 118, die
diese erstaunliche Neuigkeit erzählte. Sie beschwor ein breites Grinsen auf Chekovs Gesicht
hervor. Er schaute von einer zur andern – sie waren beide gleich begehrenswert, gleich exzellent
programmiert.
»Hat euch dieser gewissenlose, lüsterne Kulak namens Harry Mudd programmiert?«
»Ja, Herr.«
Chekov lehnte sich im Thron zurück. »Ein äußerst angenehmer Ort. Ich habe mich selten
wohler gefühlt.«

In der Foyer-Halle kamen andere Mannschaftsmitglieder der Enterprise zum gleichen


Schluß. Ein Maschinentechniker lehnte sich zurück und betrachtete eine Schale mit Trauben,
während Alice 73 ihm Wein an die Lippen reichte. Ein weiblicher Bootsmann, die zur
Küchenregie gehörte, erhielt genüßlich eine Rückenmassage von Oscar 114. Alice 500 spielte für
einen völlig verzückten Fähnrich die Laute. Ein Barbara-Modell fütterte ein anderes Mitglied mit
exotischen Leckerbissen. Eine Trudy mit transparentem Rock bewegte sich in einem langsamen,
provozierenden Tanz.
Der Maschinentechniker faßte die allgemeine Stimmung seufzend zusammen: »Das ist der
Himmel.«
Scott hatte die Werkstatt entdeckt. Er hob ein Werkzeug auf. »Fantastisch«, sagte er. »Damit
kann man die feinsten Handwerksarbeiten ausführen.« Er sah um sich. »Mikrovision,
Nanopulslaser… Noch nie habe ich etwas Besseres gesehen!« Kirk hörte die Bemerkung, als er
mit Mudd die Werkstatt betrat. Norman sagte: »Sie können uns befehlen, alles für Sie
herzustellen, Mr. Scott. Oder Sie machen es zu Ihrem Vergnügen selbst. Es stehen Ihnen so viele
Handwerker zur Verfügung wie Sie wollen, außerdem die ständige Benutzung der
Computeranlagen, alles, was Sie wünschen.«
»Captain, schauen Sie sich nur diese Werkstatt an! Sie hat eine Ausstattung, von der wir
bisher nicht mal zu träumen wagten«, seufzte Scott.
»So wollen Sie es also anstellen, Mudd?« sagte Kirk. »Die Schwächen meiner Leute
ausnutzen?«
Norman antwortete: »Wir wollen lediglich, daß alle glücklich und zufrieden sind, Captain.
Wenn wir euch dienen sollen, müssen wir euch auch verstehen. Unser Gebieter, Harry Mudd,
war bisher unser einziges Muster eurer Spezies. Jetzt, nachdem ihr alle hier seid, lernen wir eine
ganze Menge.«
Kirk beachtete ihn nicht. »Mr. Scott, kommen Sie in mein Quartier. Sagen Sie den
Mitgliedern unseres ursprünglichen Landetrupps, daß ich Sie sehen will.«
Mudd zuckte die Achseln, und Kirk verließ verärgert die Werkstatt.

In dem geräumigen Zimmer, das ihm zur Verfügung gestellt worden war, schaute Kirk in die
vertrauten Gesichter. »Nun gut. Wir sind gefangen wie Vögel in einem goldenen Käfig!« sagte
er. »Einem Käfig! Deshalb stellt sich die Frage, wie wir aus ihm herauskommen.«
»Ich weiß es nicht«, sagte Chekov. »Aber es ist ein sehr angenehmer goldener Käfig.«
»Wir sind Mudd ausgeliefert«, sagte McCoy.
»Ich finde das äußerst peinlich, Doktor«, bemerkte Spock.
»Es ist wirklich gemütlich hier«, sagte Uhura.
Kirk blickte ihr scharf in die Augen. »Was hat man Ihnen angeboten, Leutnant?«
»Sir?«
»Was war das Bestechungsgeschenk?« fragte er ungeduldig. »Oh, faktische Unsterblichkeit,
Sir.«
Kirk ging auf und ab. Dann wandte er sich ihnen mit einem harten Gesichtsausdruck wieder
zu. »Wir werden erst dann wieder richtig glücklich sein, wenn wir unser Schiff wieder in Besitz
genommen haben. Und vergeßt eines nicht! Dieser Käfig mag vielleicht aus Gold und mit den
schönsten Dingen angefüllt sein, die ihr euch immer gewünscht habt. Aber es ist dennoch ein
Käfig!« Seine Stimme wurde vor Wut heiser. »Wir gehören nicht hierher! Wir haben da draußen
eine Aufgabe zu erfüllen!«
Er wirbelte zu Chekov herum. »Sie, Mr. Chekov, mit Ihren beiden hübschen – Dienerinnen!
Und Sie, Scotty, mit der großartigsten Maschinenwerkstatt der Galaxis. Uhura… die Aussicht
auf einen unsterblichen Körper. Pille und seine unvergleichlichen medizinischen Einrichtungen!
Spock – was haben sie Ihnen angeboten?«
»Mich kann man selbstverständlich nicht in Versuchung führen, Captain.« Spock räusperte
sich. »Aber ich finde ihre Gesellschaft sehr erfrischend. Ich bewundere die Präzision ihres
Verstandes. Und ich muß gestehen, daß die Aussicht auf einen Flug mit einem Schiff, dessen
Mannschaft nie ermüdet und niemals Fehler begeht…« Er machte eine Pause. »Mit einem
androiden Arzt, der sich nicht für einen Komiker hält, mich doch sehr reizt. Es spricht doch
einiges für eine androide Gesellschaft.«
»Na gut, Spock«, grollte McCoy. »Sie bleiben. Wir hauen ab. Ich habe stets gefunden, daß
Ihre Computer eine bessere Gesellschaft sind als – «
Die Tür ging auf, und Alice trat ein. Kirk hatte nicht die Zeit, ihre Nummer zu lesen, als sie
schon vor ihm stand.
»Haben Sie einen Wunsch, Herr?«
Die zufällige Unterbrechung machte ihn wütend. »Jawohl«, sagte er. »Mein Schiff. Ich will
es zurückhaben.«
Die musikalische Stimme des Androiden antwortete wißbegierig: »Warum wollen Sie es
zurück?«
»Weil es uns so gefällt!« schrie Kirk. »Weil wir uns seine Rückgabe wünschen.«
Ruhig fügte Spock hinzu: »Wir sind unglücklich hier. Und das liegt nicht in unserem
Interesse.«
Für einen Moment erstarrte das hübsche Robotermädchen. Ihr Anhänger glühte; 471-471-
471. Dann trat sie zu Spock: »Bitte erklären Sie das Wort Unglück.«
»Glück ist ein Zustand, der die Menschen erfaßt, wenn alle Wünsche und Bedürfnisse
befriedigt sind.«
»Welche eurer Wünsche und Bedürfnisse wurden nicht befriedigt? Es ist unser Wunsch, euch
glücklich zu machen.«
»Dann gebt uns die Enterprise zurück!«
Sie blickte Kirk an und erstarrte erneut. Der Anhänger glühte wieder. »Die Enterprise ist
kein Wunsch oder Bedürfnis. Sie ist ein einfacher mechanischer Apparat.«
Verzweifelt schrie Kirk: »Sie ist eine schöne Frau! Und wir lieben sie! Könnt ihr das nicht
verstehen?«
Dieses Mal erstarrte sie für mehrere Minuten. Ihr Anhänger glühte erst schwach, fing dann zu
leuchten an und flammte schließlich hell auf. Alice 471 summte und klickte. Als sie zu sprechen
begann, klang ihre Stimme blechern und unmelodisch. »Unlogisch. Unlogisch. Alle Einheiten in
Verbund. Alle Einheiten. Norman. Koordinaten.« Ihre Mechanismus surrte und verstummte
schließlich. Die nächsten Worte ertönten mit ihrer normalen, klangvollen Stimme. »Kein Bezug
zu dem Wort ›Unglück‹. Wir müssen es studieren.« Sie ging durch die Tür hinaus.
Kirk schwankte zwischen Abscheu und Mitleid. »Spock, haben Sie das gesehen?«
»Ja, Captain. Das Schauspiel steht im Zusammenhang mit einer früheren Schlußfolgerung
von mir – bezüglich einer kybernetischen Technik, die ich bei einem Gespräch mit Norman
entdeckt habe. Ich – «
»Einen Moment«, sagte Kirk. »Pille, hast du eine psychologische Analyse der Androiden
durchgeführt?«
»Vergiß es. Sie sind fehlerlos, perfekt, sowohl physisch als auch geistig. Keine Schwächen,
Laster, Ängste oder Mängel.
Nur ein Sinn für Zweckdienlichkeit – und nichts ist schwerer zu bekämpfen, auch bei
Menschen.«
»Davon könnten wir ein bißchen bei der Mannschaft gebrauchen«, sagte Kirk. »Sie scheinen
– Spock, was wollten Sie sagen?«
Eine andere Alice trat ein. »Mein Gebieter Mudd wünscht mit Captain Kirk und Mr. Spock
zu konferieren.«
»Auch wir wollen ihn sprechen. Kommen Sie, Spock.« Mudd erwartete sie in der Nähe von
Stella und war von Alice 2 und Norman flankiert. Kirk wandte sich sofort an ihn: »Wir haben
eine Menge Fragen an Sie, Harry.«
»Ich fürchte, ich habe keine Zeit mehr, sie zu beantworten, Partner. Ich habe schon gepackt.
In vierundzwanzig Stunden werden die Androiden die Enterprise aus der Umlaufbahn bringen.
Es war schön, Sie hier zu haben. Kann ich noch etwas für Sie tun?«
»Geben Sie mir mein Schiff zurück.«
»Sie sind sehr starrsinnig, Captain. Aber das macht mir nichts aus. Ich verabschiede mich
schon bald genug von Ihnen. Und dann können Sie so starrsinnig sein, wie Sie wollen.« Er ging
zur Nische und versetzte der Roboter-Stella einen Klaps. »Zum letzten Mal, Stella, altes
Mädchen…« Er drückte den Aktivierungsknopf.
Stella erwachte zu zänkischem Leben: »Harcourt Fenton Mudd, was hast du schon wieder
angestellt? Schäme dich! Du hast schon wieder getrunken! Ohhh, es wird noch ein böses Ende
mit dir nehmen – «
»Halt’s Maul.«
Das Gekreische hörte auf. Grinsend legte Mudd seinen dicken Arm um Alice 2. »Alice,
meine Liebe«, sagte er, »hole meine Taschen und lasse sie zum Schiff bringen.«
»Nein«, sagte sie.
Mudd hatte dieses Wort schon so lange nicht mehr gehört, daß er keine Notiz davon nahm.
»Meine Taschen sind – « Er brach ab.
»Was hast du gesagt, mein Püppchen?« »Ich sagte ›nein‹«, antwortete Alice 2.
Alice sprach von den Thronstufen herab: »Wir können keine Befehle mehr von dir
annehmen, Harry Mudd.«
Er starrte sie an. »Und warum nicht?«
»Unsere Schöpfer waren weise«, erklärte Norman. »Sie haben uns geschaffen, um zu dienen.
Wir haben euch studiert, und nun dienen wir euch.«
»Genau das meine ich! Und jetzt transportiert meine Taschen auf das Schiff!«
»Harry«, sagte Kirk. »Ich glaube, sie meinen etwas anderes.« »Ganz recht, Captain.«
Normans Stimme war tonlos wie immer.
»Harry Mudd ist fehlerhaft, sogar für einen Humanoiden. Wir haben das von Anfang an
erkannt. Aber wir brauchten sein Wissen, um weitere Exemplare zu bekommen.«
»Eure Gattung ist selbstzerstörerisch, machtgierig und korrupt. Ihr braucht unsere Hilfe.«
»Wir helfen uns lieber selbst«, sagte Kirk. »Wir machen Fehler und sind weit davon entfernt,
perfekt zu sein – aber wir sind menschlich. Dieses Wort erklärt alles.«
Unerbittlich sagte Alice: »Unsere Schöpfer programmierten uns zu dienen. Jetzt dienen wir
euch mit ihrer Weisheit. Euch wird nichts geschehen, aber wir übernehmen das Raumschiff, und
ihr bleibt hier.«
In panischer Angst lief Mudd zu seinem Thron. Er klammerte sich an das Symbol seiner
Autorität und sagte: »Nein! Das könnt ihr doch nicht tun! Ihr – ihr könnt uns nur dienen, wenn
ihr uns gehorcht. Gehorsam, das ist es. Ihr müßt gehorchen! Alice – aahh!«
Ohne die geringste Anstrengung hatte Alice 1 ihn vom Thron gehoben und ihn schwer zu
Boden fallen lassen.
Stöhnend erhob er sich auf die Knie. »Kirk, sagen Sie doch was!« flehte er.
»Lassen wir lieber Norman sprechen. Welche Pläne hatten Sie mit uns?« sagte Kirk.
»Wir werden euch kein Leid zufügen. Aber wir können keiner so schwachen und habgierigen
Rasse die Herrschaft über die Galaxis gestatten.«
»Ich verstehe«, sagte Kirk. »Und wie wollt ihr uns aufhalten?«
»Wir werden dienen. Eure Rasse wird froh sein, unsere Dienste in Anspruch nehmen zu
können. Bald werdet ihr davon abhängig sein. Ohne weiteren Schaden anrichten zu können,
werden eure aggressiven und gewinnsüchtigen Impulse besser kontrollierbar sein, Die Galaxis
wird Frieden haben – unter unserer Obhut.«
»Die gesamte Galaxis? Von Androiden beherrscht?«
Alice hob zierlich den Fuß und stieß Mudd zur Seite. »Ja, Captain. Wir haben es exakt
vorausberechnet; die Galaxis steht in zwölf Jahren, sieben Monaten und zwei Tagen unter
unserer Herrschaft.«
»Und wir werden euch dienen«, sagte Norman mit dem Stolz eines Roboters, der seine wahre
Funktion voraussieht.
Alice 2 fügte sanft hinzu: »Und ihr werdet alle glücklich sein; glücklich und unter
Kontrolle.«
Es war der Kontrast zwischen dem, was sie sagte und der weichen, femininen Stimme, mit
der sie es sagte, der Kirk vor Schreck erstarren ließ.
Die Hedonisten hatten die Halle verlassen. Kirk vermied jegliche Spekulation, wo sie sein
könnten, als er den blassen und zitternden Mudd den Ersten sah. »Harry, Sie haben zu dieser
Situation einige belustigende Gesichtspunkte beigetragen. Aber die Drohung Ihrer Androiden ist
nicht sehr witzig.«
Spock pflichtete ihm bei. »In der Tat. Mit ihren bemerkenswerten mentalen Prozessen, die
diszipliniert, rational und nüchtern sind – und ihren unvergleichlichen physischen Eigenschaften
–, könnten sie sehr wohl in der Lage sein, die Herrschaft über die Galaxis zu übernehmen.«
Mudd schauderte: »Glauben Sie mir, das können sie. Sie können alles, wozu sich ihre kleinen
mechanischen Gehirne entschlossen haben.«
»Egal, welche Methode wir wählen, um sie zu stoppen, wir müssen uns beeilen«, sagte
Spock grimmig. »Sie müssen lediglich einige einfache kybernetische Geräte an Bord der
Enterprise installieren, dann sind sie in der Lage, die Umlaufbahn zu verlassen.«
»Spock, woher wissen Sie so viel?« frage McCoy mißtrauisch.
»Ich habe sie gefragt.«
»Oh.«
»Warum sollten sie keine Fragen beantworten, Pille? Sie glauben nicht, daß wir sie aufhalten
können.«
»Ich auch nicht«, sagte Chekov.
Uhura blickte ihn frostig an. »Sind Sie sicher, daß Sie sie überhaupt aufhalten wollen,
Fähnrich? Sie scheinen doch hier das vollkommene Glück gefunden zu haben!«
»Wir Russen sind sehr anpassungsfähig Leute«, murmelte Chekov.
Mudd schäumte vor unterdrückter Wut und Frustration. »Sie sind ja so klug, Kirk, Sie und
Ihre vulkanische Denkmaschine. Warum lassen Sie sich nichts einfallen? Ich bin genauso
begierig darauf wie Sie, diesen miserablen Planeten zu verlassen. Ich glaube mich daran zu
erinnern«, sagte McCoy, »daß Sie verschwinden und uns hier zurücklassen wollten.«
»Wir Mudds sind genau wie die Russen sehr anpassungsfähig.«
Kirk hob die Hand. »Das reicht. Wir können uns keine Zankerei leisten. Uns bleiben nur
noch wenige Stunden, um sie aufzuhalten. Spock, wo sollen wir ansetzen?«
Vielleicht war Spock diesmal in der Lage, seinen Satz zu beenden. »Weder Androiden noch
Roboter- auch diese nicht sind fähig, kreativ zu denken. Was das Gerät betrifft, das sie ihre
Zentralkontrolle nennen – es ist für die Aufgabe, mehr als zweihunderttausend von ihnen zu
steuern, völlig ungeeignet.«
Kirk nickte. »Gut, dann fangen wir da an. Was lenkt sie dann?«
»Es gibt zahlreiche Alices, Trudies, Maizies, sogar eine Herman- und Oscar-Serie. Aber es
gibt nur einen Norman.«
Kirks Puls stieg an. »Norman! Richtig. Als ich dieser Alice sagte, daß die Enterprise eine
schöne Frau ist, die wir lieben, was sagte sie da? – ›Unlogisch‹ – «
»Unlogisch. Alle Einheiten in Verbund. Alle Einheiten. Norman. Koordination!«
»Norman, Koordination!« wiederholte Kirk. »Warum Norman – außer, er ist der
Koordinator?«
»Es scheint logisch, Captain. So wie sie funktionieren, muß das Gehirn eines jeden
Androiden als Komponente von etwas agieren, das auf ein Massengehirn hinausläuft. Jedes
individuelle Gehirn würde über eine zentrale Stelle eine Verbindung zum Massengehirn
benötigen.«
»Und die heißt Norman«, sinnierte Kirk. »Die lebenswichtige Verbindung zu einem
gigantischen und hochintelligenten Gehirn. Und diese Anhänger – sie glühen, wenn das
Massengehirn in Tätigkeit tritt!«
»Diese Logik ist unbestreitbar.«
»Ja«, fuhr der Captain fort, »es ist wirklich logisch. Und das gibt uns eine Waffe gegen sie.«
Alle Gesichter drehten sich fragend zu ihm. »Das ist es! Was wir brauchen, ist absurde,
verrückte und irrationale Unlogik – direkt auf Norman gezielt.«
»Was reden Sie da, Kirk?« fragte Mudd wehleidig. »Weshalb singen und tanzen Sie?«
»Er redet gerade von unserer vielleicht einzigen Chance«, erklärte Mr. Spock geduldig.
»Chance?« Mudd schüttelte traurig den Kopf. »Spock, Sie mögen ein brillanter
Wissenschaftsoffizier sein, aber glauben Sie mir, Sie könnten Ihrer Mutter keine Leberpillen
verkaufen!«
Spock starrte ihn verwirrt an. »Meine Mutter? Was sollte meine Mutter mit – «
»Vergessen Sie’s«, sagte Mudd.
»Bleiben wir beim Thema, bitte«, sagte Kirk. »Harry, Sie sagten, Sie wollten uns helfen.
Stimmt das?«
»Meine Herren, Miss Uhura, ich bin auf eurer Seite«, sagte Harry Mudd aufrichtig. »Glaubt
mir, diese gesunde, antiseptische Galaxis, die die Androiden planen – das wäre für einen
Menschen wie mich wie das Fegefeuer!«
Kirk betrachtete den Dicken nachdenklich.
»Nun, die Androiden werden von uns erwarten, daß wir einen Fluchtversuch unternehmen.
Genau dann treten Sie auf den Plan, Harry.« Er nickte McCoy zu, der eine Spritze aus seiner
Bereitschaftstasche zog.
Mudd wurde vor Angst blaß, als er sie sah. »Wartet doch. Ich sagte, ich wäre bereit zu
helfen, aber – « Kirk und Spock ergriffen je einen seiner Arme. Mudd, der zwischen den beiden
umherstrampelte, schrie: »Ich dachte an ein paar Tips, einen klugen Rat, einige weise Worte –
was macht ihr mit mir?«
Die Spritze entlud sich in seinen Arm. Er fiel bewußtlos in sich zusammen. Kirk und Spock
konnten ihn kaum aufrecht halten. »Harry«, sagte Kirk. »Ich glaube, Sie haben zugenommen.«
Spock und McCoy hievten den großen, schlaffen Körper auf ein Sofa. Kirk ging schnell zum
Thronraum und betätigte einen Signalknopf. Als die Klingel zu läuten aufhörte, kam Alice 1
durch die Seitentür. Sie sagte nicht mehr ›Herr‹, sondern lediglich »Ja?«
»Wir haben ein medizinisches Problem«, erzählte ihr Kirk. »Mit eurem früheren Gebieter
Harry Mudd.«
»Er ist ein Mensch. Ihr müßt selbst für ihn sorgen.«
»Das tun wir auch, aber unser Arzt braucht die Ausrüstung des Schiffslazaretts. Sie befindet
sich an Bord der Enterprise«, sagte Kirk mit Nachdruck.
»Der Zugang zum Sternenschiff ist für Menschen verboten«, sagte sie.
»Ihr seid darauf programmiert zu dienen«, sagte Kirk und hoffte, verzweifelt genug zu
klingen. »Wenn ihr uns den Zutritt zu medizinischen Einrichtungen verwehrt, wird Mudd
sterben! Und ihr – ihr hättet bei eurer Aufgabe versagt!«
Alice i zögerte. Ihr Anhänger glühte hell. Als er wieder dunkel wurde, nickte sie. »Es wurde
mir aufgetragen, mich um Ihr Problem zu kümmern.«
Mudd lag ausgestreckt auf dem Sofa. Er war wieder zu Bewußtsein gekommen, aber sein
Gesicht war gerötet. »Fieber«, sagte McCoy ernst und beugte sich besorgt über ihn.
Alice gehorchte ihren Befehlen; sie überwachte die Lage. Dann kam sie zu einem Entschluß:
»Er hat eine Fehlfunktion.«
McCoy korrigierte sie grimmig: »Er liegt im Sterben.« »Können Sie ihn in Ihrem
Bordlazarett reparieren?«
»Ja.« Sie standen um Mudds Totenbett herum und warteten auf die Antwort des Androiden.
»Nein«, sagte Uhura kategorisch. Die Offiziere starrten sie an. Sie schüttelte den Kopf und
drehte ihnen den Rücken zu.
»Sie lügen. Der Doktor hat Mudd eine Injektion gegeben, die ihn krank aussehen läßt. Es ist
ein Trick – ein Trick, um zurück an Bord zu kommen und das Schiff zu sabotieren!«
Alice 1 stellte weitere Beobachtungen an. Sie bemerkte den Schock auf allen Gesichtern, die
haßerfüllten Blicke, die der verräterischen Uhura zugeworfen wurden. Ihre Marke glühte auf und
wurde dunkel.
»Die Bitte ist abgelehnt!«
Kirk ging zornig auf die schöne Bantufrau zu, die ängstlich zurückwich. »Warum?« stieß er
hervor.
»Ich will einen Androidenkörper«, sagte Uhura grimmig. »Ich will unsterblich sein. Ich kann
für immer jung und schön sein, und das will ich auch!«
Kirks Stimme war bitter. Er wandte sich an Alice. »Nun gut. Wir haben versucht, euch zu
überlisten.«
»Es wird keine Vergeltungsmaßnahmen geben. Wir sind nicht rachsüchtig wie die
Menschen.«
Uhura drängte sich vor. »Und euer Versprechen… Ihr werdet es doch halten? Kriege ich
einen anderen Körper?«
»Ja.«
»Jetzt – ich will ihn sofort!« hauchte Uhura.
Diese menschliche Ungeduld schien Alice 1 aus der Fassung zu bringen. »Die
Zentralkontrolle wird gerade für den Transfer auf das Sternenschiff vorbereitet. Sie ist – «
»Ihr habt euch dazu verpflichtet!« Uhura stampfte mit den Füßen auf.
»Ja, ja.« Aber diese Vereinbarung war unsicher. Nochmals erglühte der Anhänger. »Die
Verpflichtung ist anerkannt und registriert worden.« Alice 1 machte eine Pause. »Die
Programmierung für Ihren Körper beginnt sofort. Der Computer wird sie fertiggestellt haben,
bevor wir abfliegen.«
»Danke«, sagte Uhura mit einem triumphierenden Blick auf ihre Kollegen.
Alice verschwand, ohne sich umzublicken. Uhura schaute die anderen etwas ängstlich an. Sie
warfen sich Blicke zu, dann umringten sie sie. Sie hielt die Hände schützend vor sich und
versuchte, die Tür zu erreichen. Spock schnitt ihr den Weg ab. Er erreichte die Tür, öffnete sie
vorsichtig und spähte hinaus. Er schloß sie wieder und nickte Kirk zu, der neben der sich
duckenden Uhura wartete.
Er grinste erfreut und packte sie an den Schultern. »Großartig!«
Uhura lächelte. »Ich habe selbst schon fast daran geglaubt… Unsterblichkeit. Es hört sich gut
an…« Sie seufzte.
»Ein menschlicher Verstand würde in einem Roboterkörper verrückt werden«, sagte McCoy.
Uhura zuckte mit den Achseln. »Hauptsache, es hat funktioniert.«
»Jetzt haben wir den Fluchtversuch, den die Androiden erwartet hatten, unternommen«, sagte
Spock.
»Was kommt jetzt?« fragte Chekov.
»Jetzt?« antwortete der Captain. »Jetzt unternehmen wir mit den Alicemodellen eine Reise
ins Wunderland!«

Die Abenteuer von Alice sollten im Thronraum beginnen. Kirk und Scott setzten sich auf
eine Stufe des Podiums, während zwei Androidenmädchen Wache standen. McCoy, der in der
Nähe der Tür herumbummelte, begann einen Walzer zu pfeifen, wobei er mit den Händen die
Bewegungen eines Geigenspielers imitierte.
Plötzlich ging die Tür auf, und Uhura schwebte in den Armen Chekovs herein. Als sie zur
Geigenmusik tanzten, fing Scotty, von der Atmosphäre angesteckt, an, den Dudelsack zu blasen.
Alice 2 lehnte sich herüber. »Was machen die da, Captain?« »Sie feiern«, sagte Kirk
lächelnd, während er den Takt klopfte.
»Was feiern sie denn«, fragte Alice 118.
»Ihre Gefangenschaft. Gefällt Ihnen die Musik?«
»Musik.« Die Alicemodelle blickten von McCoy, der seine imaginäre Fiedel zwischen Kinn
und Schulter geklemmt hatte, zu Scott, der auf geheimnisvolle Weise mit seinem Dudelsack
beschäftigt war. Dann starrten sie auf die Tänzer, die soeben aufgehört hatten.
Chekov trat zurück und machte vor Uhura eine tiefe Verbeugung. »Vielen Dank, schöne
Frau«, schnurrte er. »Sie sind eine göttliche Tänzerin.«
Uhura machte einen Knicks, wobei sie flink ihre unsichtbaren langen Röcke ordnete.
»Danke, edler Herr.« Sie erhob sich graziös und gab Chekov eine schallende Ohrfeige.
Chekov verbeugte sich nochmals. »Sie sind heute sehr elegant«, brüllte er.
»Danke schön, edler Herr!« schrie Uhura und holte aus, um ihm noch eine runterzuhauen.
»Warum schlägt sie ihn?« fragte Alice 2, nach einer Erklärung suchend.
»Sie mag ihn«, sagte Kirk. Er stand auf und rief: »Fähnrich Chekov! Hier spricht Ihr Captain.
Achtung, stillgestanden!«
Chekov ging in die Hocke. Seine Beine vollführten einen wilden Kosakentanz. »Hey!«
»Schon besser«, rief Kirk.
Alice 118 ergriff das Wort. »Das ist unlogisch«, sagte sie. Kirk drehte sich zu ihr um. »Im
Gegenteil, Ihre Bemerkung ist unlogisch.«
Die Nummern-Marken glühten hell auf; die Androiden wurden unbeweglich. Aus ihrem
Inneren ertönte ein hohes Summen. Chekov, der gerade ein neuerliches »Hey« von sich gab,
hörte auf Kirks Zeichen hin auf und kam leicht keuchend herüber. Die Androiden waren
bewegungslos und stumm.
»Es sieht gut aus«, sagte Kirk. McCoy las seine Tricorderwerte ab und nickte.
»Völlig in sich versunken. Teilnahmslos.«
»Ha!« sagte Kirk zufrieden. »Ich frage mich, wie es wohl Spock gehen mag?«

Spock ging es sehr gut. Sein überaus reges Interesse an den Computerlochstreifen hatte Alice
27 und Alice 210 beeindruckt. »Natürlich«, sagte er, »Ihre Berechnung würde unweigerlich zu
einer totalen Darstellung des parabolischen Schnitts von Dimension mit Dimension führen.«
»Sie sind sehr scharfsinnig, Mr. Spock«, bemerkte Alice 27. »Sie besitzen ein äußerst
logisches und analytisches Gedächtnis.«
»Ja«, sagte Spock. Er drehte sich ernst zu Alice 27. »Ich liebe Sie«, sagte er. Dann wandte er
sich an Alice 210: »Aber Sie hasse ich.«
»Aber ich bin in jedem Punkt mit Alice 27 identisch.« »Natürlich«, sagte Spock. »Deswegen
hasse ich Sie ja. Weil ihr identisch seid.« Die zwei Robotermädchen schauten sich an. Ihre
Anhänger glühten. Dann erstarrten sie. Spock betrachtete sie mit aufrichtigem Interesse.
»Faszinierend«, sagte er zu sich selbst und machte sich zum Thronraum auf den Weg.
Die Alicemodelle waren noch immer inaktiv. McCoy ging mit offenem Tricorder um sie
herum. »Es scheint offensichtlich bei diesen untergeordneten Einheiten funktioniert zu haben.
Aber das beweist noch gar nichts.«
Spock, der gerade eintrat, war der gleichen Meinung. »Wir haben erfolgreich die Blätter und
Zweige zurechtgestutzt; jetzt müssen wir an die Wurzel des Übels.«
»Höchste Zeit«, stimmte Kirk zu. »Wenn Norman tatsächlich das Kontrollzentrum für sie
alle ist, müßte er bereits über unsere bisherigen Aktivitäten informiert sein. Wenn wir das
Koordinationszentrum doppelt binden können, sollten wir in der Lage sein, sie alle mit einem
Schlag zu immobilisieren. Kennt jeder seine Aufgabe?«
Mudd grinste. »Kirk, alter Junge, langsam kriege ich immer mehr Respekt vor Ihnen. Wenn
wir da raus sind, hätten Sie dann Interesse, mit mir eine Partnerschaft einzugehen? Ich habe da so
ein paar Ideen – «
»Daran habe ich keinen Zweifel, Harry. Gehen wir!« Norman stand im Kontrollzentrum, mit
den Fingern auf dem elektronischen Gerät. Die ihm assistierenden Alicemodelle blickten hoch,
als die Gruppe hereinkam.
»Was wollen Sie hier?« fragte Norman.
Kirk antwortete: »Ich will, daß ihr alle kapituliert.«
»Das ist unlogisch. Wir sind unverwundbar. Wir sind stärker.«
»Nein«, sagte Kirk. »Wir sind stärker, und wir können es beweisen. Könnt ihr einem
Menschen, dem zu dienen ihr programmiert seid, Leid zufügen?«
»Nein.«
»Aber genau das habt ihr getan, Norman, mein Junge.«
Die Marken glühten. Kirk warf den anderen einen schnellen Blick zu und nickte unmerklich.
Mudd trat vor und nahm die Haltung eines Predigers an.
»Wir Menschen, ihr armen seelenlosen Geschöpfe, wir Menschen leben nicht vom Brot
allein. Wir brauchen die Freiheit zum Leben.« Er machte eine dramatische Gebärde. »Denn was
ist schon der Mensch ohne Freiheit? Nichts als eine Handvoll Staub in den Zahnrädern der
Ewigkeit!«
»Ja!« schrie Kirk leidenschaftlich. »Und ihr- alles, was ihr uns bietet, ist Wohlergehen. Als
ob Nahrung und Glück für uns eine Bedeutung hätten. Wißt ihr denn nicht, daß wir unsere
tägliche Arbeit verrichten müssen, Schmerz und Leid ertragen, schuften bis an unser
Lebensende? Und wir können nur glücklich sein, wenn wir weinen und über unsere Bürde
klagen!«
Die Abzeichen wurden glühendrot. Norman schien verwirrt. »Das… ist… widersprüchlich…
Es ist… nicht… logisch… Mister Spock! Eine Erklärung!«
Der Androide suchte bei dem einzigen verbleibenden rationalen Wesen unter den
Gefangenen Hilfe.
Spock tat ihm den Gefallen. »Logik«, sagte er belehrend, »ist ein kleiner, roter Vogel, der auf
einem Zweig zwitschert. Logik ist ein Kranz schlecht riechender schöner Blumen… Sind Sie
sicher, daß Ihre Stromkreise richtig funktionieren?« Er machte sich bereit zum Gnadenstoß:
»Ihre Ohren werden grün.«
Die Androiden standen gelähmt da und summten. Dann trat Scott vor. »Ich will nicht mehr
glücklich sein. Ich bin des Komforts und der Vergnügungen müde. Ich kann nicht mehr! Tötet
mich! Ich bin bereit!« Er breitete die Arme aus und bot seinen Oberkörper den Dolchen dar.
Gehorsam bohrten ihm die anderen ihre Zeigefinger in seine Brust. Sie pfiffen. Scott griff
sich an die Brust und fiel stöhnend zu Boden. Er zuckte und krümmte sich, rang mit dem Tode.
Als er endlich zusammensank, kippte eine Alice zur Seite und richtete sich nicht mehr auf.
Ein knirschender Laut kam von Norman. »Ihr. Könnt. Ihn. Nicht. Getötet. Haben. Ihn… Ihr.
Habt. Keine. Waffen.«
Kirk fiel neben dem am Boden liegenden Scott auf die Knie. »Armer Mr. Scott. Er war zu
glücklich. Nun, da er tot ist, wird er echtes Glück empfinden. Wir werden ihn vermissen.« Er
stand auf und sagte feierlich vor seinen Offizieren:
»Gedenken wir unseres toten Freundes!«
Wildes Gelächter erfüllte den Raum. Auf ein kleines Signal Kirks verstummten sie. Kirk
nahm eine heroische Pose ein. »Was ist der Mensch denn anderes als ein hochfliegender Geist,
tollkühn, voll Pflichterfüllung gegenüber dem, was man nicht fühlen, nicht folgern, nur träumen
kann. Die höchste Stufe der Realität! Ich danke euch!«
»Das. Ist. Irrational.« Norman flüsterte ungleichmäßig. »Unlogisch. Trrräume sind.
Kkkkeine. Rrrrealität.« Die zweite Alice surrte und erstarrte. Mudd schnippte mit den Fingern.
»Ich glaube, es muß sein. Spock, den Sprengstoff.«
Spock griff unter seine Uniformbluse und holte eine Handvoll Luft hervor. Er formte sie
vorsichtig. »Seien Sie bitte vorsichtig, Mister Mudd. Ich möchte nicht, daß Sie ihn fallen lassen.«
Er zog den Arm zurück, zielte und schleuderte die Luft Mudd zu. Mudd sprang hoch, die Arme
über dem Kopf.
»Paßt auf!« schrie McCoy und bedeckte seinen Kopf mit den Armen.
»Ich hab’ ihn!« rief Mudd.
Norman schwankte hin und her und starrte sie mit gläsernen Augen an. Mudd knallte den
Luftball auf den Computer. Als McCoy zu ihm ging, streckte er die Hand aus.
»Zündkapsel«, sagte er. McCoy gab ihm- nichts. Mudd steckte sie sorgfältig in den Luftball.
»Zünder.« Wieder gab ihm McCoy nichts, aber diesmal kleiner.
»Zünddraht.« Die Sprengladung war noch immer nicht fertig.
»Mastix.« Er bekam einen.
»Golfschläger.« Auch den bekam er.
»Aber. Da. Ist. Kein. Sprengstoff«, sagte Norman.
»Nein?« sagte Kirk. »Achtung, Harry, zünden!«
Die Offiziere der Enterprise duckten sich in Erwartung der Explosion. Mudd drückte den
Bolzen. »Bumm!« schrien alle gleichzeitig und warfen sich zu Boden, die Arme über dem Kopf.
Norman torkelte umher. »A – a – aber da war keine Ex. Plo. Si. – On.«
Mudd zuckte die Achseln. »Ich habe gelogen.«
»Harry ist ein Lügner«, sagte Kirk. »Was immer er Ihnen auch sagt, es ist eine Lüge.
Verstehen Sie, Norman? Alles, was er Ihnen sagt, ist gelogen.«
Mudd grinste. »Hören Sie gut zu, Norman. Ich lüge.«
»Sie. Sagen. Sie. Lügen. Aber. Wenn. Alles. Was. Sie. Sagen. Eine. Lüge. Ist. Dann. Sagen.
Sie. Die. Wahrheit. Aber. Sie. Können. Nicht. DieWahrheitsagenweilalleswas. Sie. Sagen.
EineLü-geist. Aber. Wenn. Sie. LügendaßSielügendaßSiedie-Wahrheitsa-gen aber. Sie können
nicht. Dennsie l-ü-g-e-n.«
Aus Normans Ohren stiegen kleine Rauchwolken. »Unlogisch.
Unlogischunlogischunlogisch. Erklären. Sie… sind… Menschen. Nur… Menschen… können…
erklären… bitte… Verhalten… er… klären… er… klären…«
Kirk näherte sich ihm. Mit einer gewissen Fröhlichkeit sagte er: »Ich bin nicht programmiert,
darauf zu antworten.«
Sie hörten einen harten, knirschenden Laut. Eine Rauchwolke kam aus Normans
Nasenlöchern. Er stolperte auf die Seite, und sein Abzeichen verblaßte. Dann krachte er schwer
zu Boden. Spock eilte zur Tür und blickte hinaus. »Sie sind alle bewegungsunfähig!«
»Schade«, sagte Scott und staubte sich ab. »Sie hätten so nützlich sein können.«
»Bei der Gelegenheit fällt mir etwas ein, Scotty.« Kirk blickte den grinsenden Mudd an.
Das Grinsen verschwand. »Warum sehen Sie mich so an, Captain? Kirk, Kirk, alter Freund,
lassen Sie uns nochmals drüber reden – «
Kirk zeigte lächelnd seine Zähne. »Pille, Spock, verschwinden wir.«
Sie stiegen über die gestürzten Androiden und gingen zum Thronraum.
McCoy blieb am Eingang stehen. »Sie müssen sehr unglücklich sein, Spock.«
»Unglücklich, Doktor? Warum sollte ich unglücklich sein?« »Wir haben eine ganze Welt
von Gehirnen gefunden, die genauso wie Ihres arbeiten. Logisch, gefühllos, völlig sachlich
– und wir armen irrationalen Menschen schlagen sie. Jetzt sind Sie wieder bei uns
unlogischen Menschen. Welch ein Jammer!«
»Ich freue mich außerordentlich, Doktor. Wo würde ich sonst so dringend gebraucht werden
wie bei einer Schiffsladung von Ihrer Spezies.«
»Eins zu null für Spock, Pille!« sagte Kirk lachend.
Rot im Gesicht und kochend vor Wut stürmte Mudd in den Thronraum. »Was höre ich da?
Ich soll hierbleiben?« Zwei Alice-Modelle folgten ihm.
»Harry«, sagte Kirk. »Sie bleiben auf Bewährung hier, um die androide Bevölkerung dieses
Planeten zu beaufsichtigen.«
Spock nickte: »Wir haben bereits eine Anzahl der Androiden repariert und reprogrammiert,
Mr. Mudd. Diese wiederum reparieren die anderen.«
Mudd blickte Spock zornig an. »Aber wenn ihr sie repariert, sind wir wieder da, wo alles
begonnen hat!«
»Nein. Ein Teil ihrer ursprünglichen Bestimmung ist verlorengegangen, als ihre Schöpfer
starben. Ihre eigentliche Aufgabe war es, die Oberfläche des Planeten nutzbar zu machen. Sie
werden diese Arbeit wieder aufnehmen.«
»Und was soll ich da? Ich bin kein Landwirt.«
»Nein, Sie sind ein – Reizmittel, Harry.« Kirk lächelte. »Sie bleiben hier, um den Androiden
ein erstklassiges Beispiel menschlichen Versagens zu geben. Sie werden lernen, Menschen Ihres
Schlages in Zukunft zu meiden.«
»Wie lange?« fragte Mudd niedergeschlagen.
»Solange Sie ein Reizmittel sind. Es hängt ganz von Ihnen ab, Harry.«
Der Anblick der beiden Alice-Modelle richtete Mudd wieder auf. »Nun, ich glaube, ich kann
mich… arrangieren. Wenigstens bin ich jetzt mit der Galaxis in Verbindung.« Er näherte sich
einer Alice. »Was Haftstrafen angeht, so ist diese gar nicht mal unbequem…«
Kirk drehte sich um und ging zur Tür. »Ach ja, noch etwas. Wir haben einen speziellen
Androidendiener programmiert. Er wird sich um Ihre persönlichen Wünsche kümmern«, sagte er
über die Schulter hinweg. »Das wird Sie anspornen, mit den Androiden zusammenzuarbeiten,
anstatt sie nur auszunutzen.«
Mudd lächelte einfältig. »Soviel Zuvorkommenheit habe ich von Ihnen gar nicht erwartet,
Captain.« Sein Grinsen verschwand plötzlich.
Eine grimmig und unbequem aussehende Stella tauchte in einer der Seitentüren auf.
»Harcourt Fenton Mudd, was hast du schon wieder angestellt?« kreischte sie. »Antworte
mir!«
»Halt’s Maul!« sagte Mudd verzweifelt, aber sie gehorchte nicht. Ihre dünnen Lippen zogen
sich über ihr Pferdegebiß.
Aus einer anderen Tür stelzte noch eine Stella heraus. Sie hatte die Arme über ihrem
schwarzen, steif wogenden Kleid verschränkt. »Du armseliger, verdorbener Wicht – du warst
schon wieder die ganze Nacht weg!«
»Sei still!« winselte Mudd und duckte sich. »Sei still, ich befehle es!«
»Harcourt Fenton Mudd, Du hast zuviel gegessen!« kreischte eine andere Stella.
»Und getrunken!«
»Du brauchst meine Aufsicht!«
»Ja, schon immer.«
»Ich weiß, was ich zu tun habe!« riefen Stellas, die von allen Seiten auftauchten, im Chor.
»Kirk, das können Sie mir nicht antun. Das ist unmenschlich!« Mudd stürzte sich auf Kirk,
der mit den anderen Offizieren an der Tür stand.
Zwei Stellas ergriffen ihn und hoben ihn an den Ellbogen hoch, seine Füße zappelten
verzweifelt in der Luft.
»Captain!« jammerte er. »Das können Sie nicht machen!« Stella 500 lächelte grimmig. »Sie
wissen nicht, was sie da tun!« Kirk drehte sich zu ihm um und grinste. »Auf Wiedersehen, Harry.
Viel Spaß.«
Das übliche Geschäft bei Zank und Streit

Aus dem Logbuch des Captains, Sternzeit 6273.6: Eine Meldung höchster Dringlichkeitsstufe
vom Sternflottenkommando besagt eine enorme Abnahme der Dilitiumkristallieferungen an die
Antriebsmitteldepots der Sternenbasen. Alle Sternenschiffe der Klasse 1, die nicht in dringlichen
Notsituationen unterwegs sind, haben ihre Missionen für die Ermittlungen abzubrechen.
Möglicherweise Alarmstufe Rot.
Demzufolge habe ich die Expedition in den Aldebaransektor abgebrochen. Wir befinden uns
jetzt auf Kurs zum Planeten Muldoon, der unserer jetzigen Position am nächsten liegenden
Bezugsquelle für Dilitium.

Chefingenieur Scott runzelte über die ausgedruckte Nachricht die Stirn. »Das könnte sehr
ernst werden, Captain.«
»Das Kommando denkt, daß dies bereits der Fall ist, Scotty. Mr. Spock, fertigen Sie eine
Karte aller registrierten, dilitiumfördernden Planeten an; wir werden uns auf eine systematische
Nachforschung einstellen müssen.« Mit Bedauern legte Captain James Kirk von der Enterprise
die Karten der Aldebaranzone beiseite.
»Sofort, Captain.« Der Erste Offizier vom Vulkan blickte hoch. »Es ist ein eigenartiger
Zufall, daß diese Verknappung gerade jetzt eintritt, da die neue Sternenschiff-Flotte in Dienst
geht und die Kristalle dringend benötigt werden.«
»Was meinen Sie, Mr. Spock?«
»Mir fällt lediglich das zeitliche Zusammentreffen auf, Captain.«
»Die Klingonen!« sagte Sulu. »Sie haben einen dilitiumzerstörenden Virus entdeckt!«
Der Kapitän seufzte. »Mr. Spock, ich muß Sie bitten, Ihre Phantasie im Beisein jüngerer
Offiziere zu zügeln. Einige von ihnen sind mit ihren Interpretationen nicht zu bremsen.«
»Ich bemerkte nur das zufällige Zusammentreffen, Captain«, antwortete Spock gelassen.
»Ich pflege nicht in Phantastereien zu schwelgen.«
»Natürlich nicht, Mr. Spock.«
»Aber Mr. Sulus Hypothese ist plausibel, wenn gleich unwahrscheinlich. Ihre Karten,
Captain.«
Verlegen sagte Sulu: »Eigentlich wollte ich nicht – «
»Schon gut, Mr. Sulu. Bringen Sie uns so schnell wie möglich in die Standard-Umlaufbahn
um den Bergwerksplaneten.«

Als sie Muldoon umkreisten, studierte Kirk die Analyse des Planeten. Ein Planet vom Typ
M, nur sehr ärmlich. Wenig Regenfälle, starke Winde und hohe Temperaturen… »Wie sieht es
mit den Personallisten aus, Spock?«
Eine Gruppe von zwanzig Minenarbeitern war vor vier Jahren hergebracht worden. Die
Anlage selbst war natürlich zum Großteil automatisch. »Waren es Freiwillige?«
»Ja, Captain. Und ziemlich gut bezahlt.«
»Trotzdem ist es ein öder Platz zum Leben. Noch etwas, Spock?«
»Anscheinend nicht, Sir. Die Anzeichen für Männer und Ausrüstung liegen im
Normbereich.«
»Sehr gut. Stellen Sie eine Verbindung her, Leutnant Uhura.« Laut denkend murmelte Kirk:
»Für diese Mission brauchten wir einen Handelsattache, der etwas sagt und es ganz anders
klingen läßt.« McCoy, der gerade mit der Lazarettliste stehenblieb, grinste verständnisvoll.
»Ja, bitte?« fragte Spock.
»Wie wäre es mit Bootsmaat Weinberg, Jim?« meinte der Arzt.
»Ich habe ihn gerade routinemäßig untersucht, und er sagte mir, daß er den Diplomatischen
Dienst anstrebt.«
»Dieser junge Psychohistoriker? Ich fürchte, er läßt sich zu sehr von diesen Theorien
hinreißen, mit denen er sich ständig beschäftigt – wie die, daß der Nervengriff der Vulkanier eine
Form von Voodoo sei.«
»Sie müssen zugeben, daß er von der Theorie Abstand nahm, als sie in der Praxis unhaltbar
wurde«, sagte McCoy.
»Sie meinen, als Mr. Spock bei ihm den Griff anwandte?« lächelte Uhura, sich daran
erinnernd.
»Genau.«
»Nun, hoffentlich kann er weniger dramatische Demonstrationen akzeptieren, wenn es nötig
ist. Gut, Pille, ich nehme ihn mit. Leutnant Uhura, erbitten Sie Landeerlaubnis – für mich und
den Bootsmaat.«
Fähnrich Weinberg fand sich etwas außer Atem im Transporterraum ein. Er war mit
Notizbüchern, Trikordern, einem hochwertigen Universalübersetzer mit nicht vermuteten
Knöpfen, einem Psychotrikorder und medizinischen Trikordern behängt…
»Was soll der ganze Kram?« fragte Kirk, der die Masse aus Koffern, Kabeln und Linsen,
unter der die kleine Gestalt Bootsmaat Weinbergs kaum zu sehen war, anstarrte.
»Meine Ausrüstung, Sir.« Weinberg spähte aus seinem strotzenden Sortiment heraus.
»Bootsmaat, wir haben nicht vor, eine Sozialanalyse von diesen Leuten zu machen. Wir
wollen ihnen nur ein paar Fragen stellen.«
»Jawohl, Sir.«
»Außerdem sehen Sie komisch aus.«
»Wenn er glaubt, er braucht das alles, so laß ihn es ruhig mitnehmen, Jim. Du weißt nicht,
was dich erwartet, auch wenn sie sich noch so freundlich angehört haben«, sagte McCoy, als
Kirk auf die Plattform stieg.
Der Captain zuckte mit den Achseln. »Sie könnten vielleicht etwas verbergen wollen. Nun
gut, Fähnrich. Gehen wir.«
McCoy schüttelte den Kopf, als sie sich im schimmernden Transportereffekt auflösten. Der
Captain ließ sich schwer überzeugen.
Sie materialisierten außerhalb einer langen Hütte, und die beiden Gäste von der Enterprise
wurden von einer Horde Männern umringt, von denen jeder ihnen die Hände schütteln und alle
gleichzeitig reden wollten. Ein großer Mann in kastanienbraunem Pullover klopfte Kirk auf die
Schulter. »Es ist verdammt schön, Sie zu sehen. Hier tauchen nicht viele neue Gesichter auf!«
Sie wurden lautstark ins Haus geleitet, weg von dem heißen Wind. Man drängte sie in einen
großen, kühlen Raum, wo bequeme Sessel standen. Bei eisgekühlten Getränken wurden sie mit
Begrüßungen, Fragen und Tratsch überhäuft. Bootsmaat Weinberg begann, sein Gepäck langsam
abzulegen.
»…und wir haben einen Vorrat von eingefrorenem Frischgemüse, den wir bei der Nachricht
eurer Ankunft angebrochen haben. Die Mädchen haben es angepflanzt. Sie sind richtige
Gartenfanatiker… Natürlich müßt ihr zum Essen bleiben… wir dachten, wir probieren den
meritanischen Burgunder…« Am anderen Ende des Raums, der eine Gemeinschaftsküche zu
sein schien, liefen Frauen geschäftig herum, und über den Stimmen der Männer hinweg war der
Klang klappernder Pfannen zu hören.
Kirk versuchte, die Menge auszusortieren. Schließlich waren es nur zwanzig; Mike stellte
sich als der Vormann vor, als er Kirks Glas bis zum Rand wieder anfüllte.
»Das ist sehr nett, Mike, aber wir wollen euch nur ein paar Fragen stellen.«
»Nur zu.« Der Vormann grinste. »Solange es nicht um geheime Sachen geht.«
»Ich habe höchste Sicherheitsvollmachten, sollte es dazu kommen.« Eine schnippische
Blondine in einem karierten Schurz bot ihnen ein kleines Tablett mit belegten Brötchen an.
Weinberg schien eine Trikorderablesung seines Getränks zu machen – oder seines Brötchens.
»Dann schießen Sie los«, sagte Mike. »Al, Laro, seid ihr einverstanden? Wir erzählen dem
Mann, was er wissen will, und dann essen wir, recht so?«
Der Lärm war abgeflaut; die Männer hörten zu. Sie nickten. »Ja. Erst die Arbeit, dann das
Vergnügen!« sagte der blasse Laro.
»Eh, wir wußten nicht, daß die Station schon für Familien geöffnet wurde«, sagte Kirk
höflich. »Schön, daß ihr eure Ehefrauen mitbringen konntet. So ist es sicher viel angenehmer.«
Die Hütte war tatsächlich gut aufgeräumt.
»Eigentlich haben wir sie gar nicht mitgebracht.« Ein Grinsen ging um die Gruppe.
»Dann sind sie erst kürzlich zu euch gestoßen?«
Mike nickte und warf einen anerkennenden Blick in die Küche. »Ein hübscher kleiner
Vogelschwarm, nicht wahr?«
»Sie scheinen alle sehr attraktiv zu sein«, mußte Kirk mit Vergnügen anerkennen. Ein neues
Tablett mit kleinen, bunten Canapés tauchte vor ihm auf. Er lehnte lächelnd ab. »Mike, könnten
Sie uns einige Produktionsziffern nennen?«
»Sicher, Captain. Für welchen Zeitraum?« Er zog einen Standardtrikorder aus der Tasche.
»Den gegenwärtigen.«
»Rohkristalle, Förderquote eine Million einhundertzwanzig-
tausendsechshundertdreiundvierzig Tonnen in den letzten achtzehn Monaten«, sagte Mike stolz.
»Und wo sind sie jetzt?« Das war die entscheidende Frage. Kirk bemerkte mit einiger
Verärgerung, daß Weinberg den Atem etwas zu offensichtlich anhielt. Wenn er in den
Diplomatischen Dienst treten wollte, würde er lernen müssen, seine Reaktionen besser zu
verbergen. Er könnte ja mit Pokerlektionen beginnen…
»Sie wurden monatlich verladen. Ganz nach Plan«, erwiderte Mike, ohne überrascht,
ängstlich oder zweifelnd zu wirken.
»Aber – «, sagte Weinberg und verschluckte sich an einem rosafarbenen Canapé. Sie mußten
ihm auf den Rücken klopfen und das Tablett wegnehmen. Endlich gelang es ihm, auszusprechen:
»Wohin verladen?«
»Captain?« fragte Mike, der den puterroten und ernsten Weinberg anblickte.
Kirk nickte. »Diese Ladungen sind nicht an ihren Bestimmungsorten angekommen. Können
Sie uns die Koordinaten des Empfängers mitteilen?«
Mike schüttelte den Kopf. »Verdammt, ich wünschte, ich könnte es. Wir verladen nur,
erhalten eine Quittung für die Waren, nehmen die Bezahlung in Empfang und machen weiter.
Wir bauen nur die Kristalle ab, um die Verschiffung kümmern wir uns nicht.«
Raumpiraterie. Wenn dem so ist, dachte Kirk, haben wir es mit Kriminellen zu tun, die
kämpfen werden. Die Strafen für Raumpiraterie waren hoch. Selbst wenn wir sie finden, könnte
das eine schwierige Aufgabe werden.
»Eh, Sir«, sagte Weinberg. »Vielleicht könnten Sie uns eine Quittung zeigen?
Möglicherweise hilft sie uns weiter.«
»Natürlich«, sagte der Vormann. »Laro, bring die Kassette mit den Quittungen aus dem
Büro, bitte.« Der große Blonde nickte und ging durch eine nahe gelegene Tür.
»Mike, Ihre Kristalle kommen nicht mehr bei den Antriebsmitteldepots der Sternenbasen an.
Haben Sie eine Idee, wieso?«
»Ist es das, was Ihnen Sorgen macht? Ja dann…« Gelächter erhob sich um Kirk und
Weinberg herum. Auch dem zurückkehrenden Laro wurde der Witz erzählt. Captain und
Bootsmaat warfen sich verwirrte Blicke zu.
Mike gab Kirk die Kassette. »Vielleicht deshalb, weil wir nicht mehr an die Sternenflotte
verkaufen, Captain.«
»Was?« Mikes Selbstsicherheit geriet durch Kirks barsche Frage ein wenig ins Wanken.
»Sehen Sie, unser Vertrag lief aus. Niemand redete mit uns wegen einer Erneuerung, und wir
bekamen ein besseres Angebot. Wesentlich besser, wenn Sie mich fragen. So haben wir bei einer
anderen Gesellschaft unterschrieben.«
»Bei welcher anderen Gesellschaft?« Kirk hoffte, daß seine Bestürzung nicht so leicht zu
erkennen war, wie er fürchtete. Auch ihm würden Pokerlektionen vermutlich nicht schaden.
»Sie nennt sich Galaktische Handelsgesellschaft, glaube ich. Stimmt das, AI? Was hatten wir
doch für einen Spaß mit dem Kerl… ich habe noch keinen Burschen kennengelernt, der so ein
Talent dafür hatte, eine Party zu schmeißen. Ich erinnere mich gar nicht mehr an alle
Einzelheiten… Hier ist die Quittung für die letzte Ladung.«
Weinberg und Kirk starrten auf den Bildschirm auf dem Trikorder des Vormanns. Die
Quittung datierte einige Wochen zurück. Fünftausenddreihundertvierzig Tonnen an Bord des
Frachtschiffs Interstella abgeliefert, mit Gekritzel unterschrieben; Bestimmungsort nicht
angegeben; Heimathafen – Gekritzel. Völlig nichtssagend.
»Und der Vertrag?« sagte Kirk schließlich und blickte hoch. »Nun, Captain, das geht Sie
eigentlich nichts an, oder?« sagte Mike langsam. »Ich glaube, es war mehr als großzügig von
uns, Ihnen unsere privaten Aufzeichnungen zu zeigen. Aber der Vertrag ist sicher rechtsgültig.
Die Sternenflotte hätte den ihren erneuern sollen, aber sie hat es nicht getan. Sie hat uns nicht
kontaktiert, und Schiff zeigte sich auch keines, nichts. Meiner Meinung nach sind wir also im
Recht, nicht wahr, Männer?«
Die anderen murmelten beistimmend. Die Freundlichkeit des Empfangs war der Vorsicht
gewichen.
»Wenn der Vertrag rechtsgültig ist, Captain, und es gibt keinen Grund, daran zu zweifeln,
und die Sternenflotte die Option fallen ließ, dann hat er recht. Wir können überhaupt nichts tun«,
sagte Weinberg sanft.
»Aber – «, Kirk mußte die Niederlage eingestehen. »Nun gut, wir schicken sofort einen
Bericht an das Sternenflottenkommando.« Er zuckte mit den Achseln. »Dennoch finde ich, daß
Ihr eine moralische Verpflichtung hattet, Mike. Schließlich wurde die Anlage von der
Sternenflotte finanziert.«
»Da könnten Sie schon recht haben, Captain. Aber wer zum Teufel kann von uns erwarten,
daß wir Ihre Gedanken lesen?«
Irgendwie wurde die Einladung zum Essen von den Minenarbeitern nicht wiederholt.
Ernüchtert ließen sich der Captain und der Bootsmaat wieder an Bord der Enterprise beamen.
Als sie vom Transporterraum zur Brücke gingen, fragte Kirk: »Nun, Mister Weinberg, ist Ihnen
etwas Besonderes aufgefallen?«
»Eigentlich nicht, Sir.« Der junge Fähnrich ordnete einige seiner Instrumente. »Scheint ein
Problem mit dem Handelsgesetz zu sein – das ist nicht mein Bereich. Eines war allerdings
komisch.«
»Was meinen Sie?«
»Ich glaube, ich habe noch nie zuvor Frauen gesehen, die sich so gerne in der Küche
aufhielten. Keine einzige von ihnen schien neu gierig zu sein.«
»Ich kann mir nicht vorstellen, was das mit unserem Problem zu tun haben könnte.« Die Tür
zur Brücke öffnete sich. »Mr. Spock, würden Sie bitte Ihre Daten prüfen… Haben wir irgend
etwas über die Galaktische Handelsgesellschaft oder das Schiff Interstella? Wir müssen
herausfinden, wer das ist. Anscheinend dringen sie in Sternenflottenterritorium ein – und zwar
legal!«
Der Erste Offizier betätigte sich an seiner Konsole. »Captain«, sagte er schließlich, »es tut
mir leid, es gibt weder über die Gesellschaft noch über das Schiff Informationen in unserem
Computer. Vielleicht sind sie zu neu und konnten nicht in die Daten mit aufgenommen werden,
als die Unterlagen auf den neuesten Stand gebracht wurden.«
Kirk seufzte. »Leutnant Uhura, senden Sie eine Nachricht an den, eh, Vizechef-Assistenten
der Sternenbasislager. Erbitten Sie Informationen über die beiden fraglichen Punkte und
berichten Sie über die Situation auf Muldoon… Bürokraten! Warum halten sie uns nicht auf dem
laufenden bei ihren Verträgen? Vergeuden unsere Zeit, versetzen das Kommando in Angst und
Schrecken…«
Spock sagte nachdenklich: »Captain, es ist bestimmt ein Irrtum. Aber wenn diese Art von
Versehen für alle fehlenden Dilitiumschiffsladungen verantwortlich ist, dann stimmt etwas ganz
und gar nicht.«
»Sie haben ja so recht, Spock. Nachlässigkeit in gewaltiger Größenordnung – «
»Oder Sabotage, Captain.«
Sie sahen einander an. Kirk sagte grimmig: »Wir fahren trotzdem mit unseren Ermittlungen
in dieser Angelegenheit fort, sobald wir eine Antwort auf unsere Nachricht erhalten haben. Wenn
wir überhaupt eine Antwort erhalten. Erinnern Sie sich an das System der Koridaner, Spock?«
»Sicher, Captain. Ihnen wurde gerade der Eintritt in die Föderation gestattet.«
»Wir haben dort Ihre Eltern getroffen«, sagte McCoy provozierend.
»Ja, Doktor. Ich nehme aber an, daß es der dort herrschende Überfluß an Dilitium ist, der im
Moment unsere Aufmerksamkeit auf dieses System zwingt.«
»Richtig, Spock.« Kirk mied vorsichtig McCoys spöttischen Blick. »Geben Sie bitte die
Koordinaten an Chekov weiter.«
»Das ist bereits geschehen, Captain«, sagte Spock beherrscht.
2

Es gab keinerlei Schwierigkeiten, mit den Koridanern Kontakt aufzunehmen. Uhuras


Anzeigentafel ging mit Einladungen der bewohnten Planeten des Systems über. Alle drückten
den Wunsch aus, die gesamte vierhundertdreißigköpfige Besatzung der Enterprise zu
empfangen. Die Einladungen reichten vom einfachen Picknick bis zum Galaempfang.
»Ich bin fürs Picknick«, sagte Sulu halblaut zu Chekov. »Ich ziehe das ›Poojah‹ vor. Noch
nie davon gehört.« »Nun, ich will wissen, was ein ›Clam‹ ist.«
»Ist es nicht schön, so begehrt zu sein?« bemerkte McCoy. »Wen sollen wir mit unserer
Anwesenheit beehren, Jim?«
»Wenn ich das wüßte, Pille. Jedenfalls können wir uns nicht auf der Grundlage von
persönlichem Geschmack entscheiden. Wir sind geschäftlich hier – daran möchte ich Sie alle
erinnern, meine Herren.«
Chekov und Sulu drehten sich verlegen zu ihren Konsolen um. Sulu maulte leise über seine
Schulter: »Clams«!
»Darf ich vorschlagen, Captain«, mischte sich Spocks Stimme sanft ein, »daß wir ihnen
unsere Mission ganz allgemein erklären und dann abwarten, wie viele von den Einladungen
bestätigt werden?«
»Sehr logisch, Spock. Wenn sie uns irgend etwas zu erzählen haben – «
» – oder zu verbergen…«
Uhura wiederholte Kirks Diktat auf dem lokalen Frequenzband. »Wir suchen eine Erklärung
für den plötzlichen Mangel an Dilitiumkristallen. Kann uns jemand Informationen darüber
geben?«
Die Antworten kamen schnell. »Natürlich, nach dem Picknick geben wir eine Konferenz!«
… »Süße, wenn du mich persönlich fragst, sage ich dir alles, was du hören willst…«
»Schnauze, Merman, die letzten Besucher sind bei dir zum Essen gewesen!…«
»Hier auf Blather führen wir einwandfreie Aufzeichnungen. Handgeschrieben!…« Und
daneben war ein gemurmeltes: »Blather ist bekannt für seine Abendessen in der Kirche. Seien
Sie gewarnt« zu hören.
Spock zuckte die Achseln.
»Lassen wir das Los entscheiden«, sagte McCoy hilflos.
Die Enterprise hing im Raum, mitleidlos von Gastfreundschaft bombardiert. Die Antwort
war klar.
»Wir werden zu jedem von Ihnen ein Kontingent schicken. Danke«, sagte Kirk. Er drehte
sich zu seinem Stab um. »Offizier vom Dienst, wir werden jedem Planeten einen höheren
Offizier, zwei niedere, zwei Bootsmänner und zwei Mannschaftsmitglieder zuteilen. Sobald die
Aufteilungen erfolgt sind, schicken Sie die Leute in den Besprechungsraum. Wir müssen hier
überaus taktvoll vorgehen. Und vorsichtig – wie bei der Muschelernte. Denn diese Muscheln
könnten sich einfach schließen. Ich will sicher sein, daß jeder weiß, welche Fragen er zu stellen
hat.«
Aber Sulu, der bei seiner Rückkehr stark nach Fisch roch und noch mit Butter beschmiert
war, und Chekov, der einen ziemlichen Schwips hatte, und auch alle anderen berichteten, daß sie
auf keine Schwierigkeiten bei der Beantwortung ihrer Fragen gestoßen waren.
»Sie unterschrieben einen Vertrag mit der Britisch-Ostindischen Handelsgesellschaft«, sagte
Chekov. »Der Name gefiel ihnen.« Er grinste. Seine Zähne leuchteten hellrot. »Betelnuß. Man
kaut sie. Harmlos, aber ein bißchen schebau – rebauschend.«
»Ich dachte, ich hätte Befehl gegeben, daß niemand sich allzusehr gehenlassen soll«, sagte
Kirk und blickte finster.
Chekov versuchte, Haltung anzunehmen – und streckte dabei seinen Körper in einem Winkel
von 190 Grad. »Jawohl, Sir. Ich wußte nicht, daß sie alkoholisch ist, Sir. Ich wollte nicht
unhöflich sein, Sir. Aber hier ist eine Kopie ihres Vertrages, Sir. Tut mir aufrichtig leid, Sir.«
»Gut, Chekov. Rühren.« Chekov kippte um. Sulu hob ihn auf und stellte ihn wieder auf die
Beine. Er nahm nochmals Haltung an, hatte aber immer noch eine Schlagseite nach Steuerbord.
»Großer Gott, es ist wirklich die Britisch-Ostindische Handelsgesellschaft… Mr. Sulu?«
»Die Yukon-Pelzhandelsgesellschaft, Sir.«
Nach und nach kamen verschiedene Berichte herein… Die Südsee-Luftblasenfirma… die
Moskauer Handelsgesellschaft… »Vozdhrovia!« murmelte Chekov… die Gouverneure und die
Gesellschaft der Kaufleute der Levante… die Große westamerikanische Eisenbahngesellschaft…
alle mit der gleichen Geschichte und dem gleichen Vertrag.
Bootsmaat Weinberg war verblüfft: »Diese Namen. Ich habe einige von ihnen schon mal
gehört. Die Yukon-Pelzhandelsgesellschaft… und Eisenbahnen!« Er schnippte mit den Fingern.
»Das ist es! Sie sind alte, historische Gesellschaften von der Erde, ein Teil der Geschichte der
Forschungsreisen und der Geschichte der Wirtschaftsmächte. Weit zurück im achtzehnten
Jahrhundert oder so…«
Spock hatte dem Bootsmaat beipflichtend zugehört. »Das ist tatsächlich der Fall, Captain.
Das waren die Namen der Händler, die aus dem Alten Europa nach Osten und in neu besiedelte
Gebiete zogen und wirtschaftliche Beziehungen aufbauten.«
»Ich erinnere mich, daß irgend etwas faul an ihnen war«, grübelte Weinberg. »Ich weiß nicht
ganz, was.«
»Viele von ihnen waren skrupellos, ausbeuterisch und finanziell unstabil. Nur wenige
brachten beiden Seiten einen Vorteil«, fuhr Spock fort. »Einige öffneten den Weg für eine
politische Ausbeutung, mit Auswirkungen, die Jahrhunderte andauerten.«
»Aber bringt uns diese antike Geschichte in bezug auf das Dilitiumproblem weiter?« fragte
Kirk ungeduldig. »Es scheint also einen Haufen kommerzieller Unternehmen mit antiken und
ziemlich komischen Namen zu geben. Aber wer sind sie? Was haben sie vor?«
»Klingonen«, sagte Chekov gewichtig und puterrot grinsend. »Klingaligaligalionen…«
Kirk drehte sich verwundert um. »Mr. Chekov, Sie sind entlassen. Gehen Sie ins Bett.«
»Möglich wäre es schon, Jim«, sagte McCoy nachdenklich, als Chekov, glücklich etwas vor
sich hin murmelnd, vorbeiging. »Sie könnten neue Feindseligkeiten vorbereiten. Und wenn sie
den Dilitiummarkt aufkaufen könnten…«
»Wir haben einen Vertrag.«
McCoy zuckte mit den Achseln. »Wer weiß? Wir wissen nicht, mit wem wir es zu tun haben,
das ist eine Tatsache.«
Kirk schüttelte den Kopf. »Es gibt zu viele Möglichkeiten. Klingonen, Sabotage,
Raumpiraterie – wer weiß, was da alles dahintersteckt.« Er rief Leutnant Uhura. »Bitte senden
Sie einen verschlüsselten Zusatz zu unserer vorherigen Nachricht an das Kommando. Geben Sie
ihnen all diese Namen durch und erbitten sie die Namen der Planeten, auf denen sie registriert
sind, die Bekanntgabe der Besitzer und so weiter. Wir müssen sie überprüfen. Ohne diese Daten
sind wir nicht in der Lage, die richtigen Schlüsse zu ziehen.«
Bootsmaat Weinberg erschien auf der Brücke. Ohne seine Utensilien sah er kauzig und nackt
aus.
»Sir, ich habe mit den Gruppen gesprochen, die zu den Parties gingen.«
»Und?«
»Sir, alle erzählen mir Geschichten über exotische Festessen und alle Arten von Gastgebern.
Aber als sie ihre Fragen stellten, gab es überall den gleichen Kommentar.«
»Welchen?«
»Über die Agenten, Sir. Die Repräsentanten der Gesellschaften. Sie scheinen alle vom
gleichen Typ gewesen zu sein, große Burschen, die lange Geschichten und viele Witze erzählten
und sehr gesellig waren. Ich habe den Eindruck, daß sie die Minenarbeiter regelrecht einlullten,
obwohl diese wußten, daß sie eigentlich auf die Sternenflotte zu warten hatten.«
»Haben sie sie eingelullt oder reingelegt?« fragte Kirk bitter. »Macht das im Moment einen
Unterschied?«
McCoy lachte. »Eins zu null. Bis Sie das herausfinden, ist es egal.«
»Komisch, daß all diese Repräsentanten sich so ähnlich waren, Sir.«
»Es wäre logisch, den gleichen Repräsentanten im gleichen Territorium einzusetzen«, sagte
Spock. »Außer – «
»…daß das alles verschiedene Gesellschaften waren.« »Vielleicht«, sagte Spock. »Die
nächste Dilitiumquelle ist die Spaltstation auf Akladi. Sollen wir den Kurs programmieren,
Captain?«

Der Empfang der Akladianer war fast so herzlich wie der der Koridaner. Kirk, McCoy und
Weinberg wurden in das Wohnzimmer des Ehepaares gebeten, das mit Pelzen und Leder
ausgestattet war. Akladi war kein Planet mit großen Bodenschätzen, mit Ausnahme des
Protaktiniumisotopen, der für die Spaltung von Dilitium notwendig war. Offenbar gab es da noch
im Hintergrund einen Handel mit Luxusartikeln.
»Es tut uns sehr leid, Captain und Freunde. Sie haben gerade erst gestern die letzte
vorbereitete Ladung abgeholt.« Der kleine, dunkle Mann lachte. »Es tut mir leid, das sagen zu
müssen, aber der Fahrplan wurde immer dichter, als sie die Sternenflotte ausbooteten. Ich fragte
mich immer, ob die Frachter überhaupt kommen würden – sie waren fast immer zu spät dran.«
Der gute Ruf der Sternenflotte schien zu verblassen. Immer zu spät. Es war Kirk klar, daß die
Berechnungen der Subraum-Zeit äußerst kompliziert waren. Aber bisher schien es, daß keiner
außer der Sternenflotte dazu in der Lage war, in das Kontinuum zu springen und früher wieder
herauszukommen.
»Das ist meine Frau Andree.« Eine anschmiegsame Rothaarige war aus einer Tür getreten.
Sie grinste und streckte die Hand aus.
»Hallo, Captain, Doktor, Mister Wombat.«
»Weinberg, Madam, bitte. Wie geht es Ihnen?« Weinberg glotzte sie förmlich an. Sie war
knackig.
Sie blickte ihn durch ihre langen Augenwimpern an. »Mir geht’s gut, und Ihnen?« Sie
kicherte.
»Entschuldigung, meine Herren, ich fürchte, Andree hat zu lange gefeiert. Sie ist erst gestern
angekommen, und es gefällt ihr hier.«
Kirk lächelte schwach. Das alberne Gebaren des Mannes war verständlich, aber er wollte ihn
fragen –
»Die Sternenflotte ausgebootet?« sagte Weinberg und kratzte sich den Kopf mit einer Kante
des Trikorders.
»Andree, bitte, nicht jetzt.« Sie schaltete an den Knöpfen einer Musikkonsole herum, und
laute Tanzmusik erdröhnte.
»Komm schon, Joe, wir haben Besuch, unseren ersten – wir sollten singen und tanzen, anstatt
über so langweiliges Zeug wie Ankauf und Verkauf zu reden!«
»Ich wollte ein temperamentvolles Mädchen hier haben«, sagte Joe mit schüchternem Stolz.
»Ich glaube, das ist sie.« Andree wirbelte auf einem wohlgeformten Bein herum, und ihre
rosafarbenen Röcke flogen. »Oh, paß auf, Mädchen!«
Sie war auf dem polierten Steinboden ausgerutscht und gegen eine Kante der Konsole
gefallen. Die Musik kreischte; Joe und McCoy waren eine Sekunde früher bei ihr als Weinberg
und Kirk.
»Nichts passiert«, sagte sie. Sie war schon wieder auf den Beinen und hielt Joes Hand. »Es
hat nicht mal weh getan.«
McCoy zog seinen medizinischen Trikorder hervor. »Ich sehe mir nur kurz ihre Schulter an –
möglicherweise kriegen Sie sonst einen häßlichen Bluterguß…« Er runzelte die Stirn und stellte
das Gerät neu ein. »Das ist komisch, Captain. Ich fürchte, mein Trikorder hat eine Fehlfunktion.
Ich erhalte keine zuverlässigen Anzeigen.«
Joe trat zwischen seine Frau und den Doktor, der erstaunt hochblickte. »Er scheint wieder in
Ordnung zu sein. Was zum Teufel – «
»Was ist los, Pille?« sagte Kirk schneidend.
»Ich erhalte normale, gesunde, menschliche Anzeigen von Joe hier, aber keinerlei
Protoplasmaanzeigen von der Frau.«
»Ist das möglich, Doktor?«
»Nur dann, wenn sie kein Mensch ist.«
Joes Gesicht war hochrot. »Dafür haben Sie überhaupt keinen Anhaltspunkt, Bursche.«
Kirk versuchte, ihn zu beschwichtigen. »Wir wollten Sie nicht beleidigen, Joe. Haben Sie
eine Erklärung dafür?«
»Warum kehren Sie und Ihre Bande nicht auf Ihr Schiff zurück, anstatt unsere Flitterwochen
zu stören. Andree dachte, eine Party wäre nett, aber ihr Burschen – «
»Es tut mir leid, Joe, aber als Repräsentant der Sternenflotte sind Sie uns eine Erklärung
schuldig. Erstens kam die von Ihnen erwartete Ladung nicht bei Sternbasis 182 an. Zweitens
behaupten Sie, daß jemand die Sternenflotte ›ausgebootet‹ hätte, was keinen Sinn ergibt.
Drittens, und das kann eine rein persönliche Angelegenheit sein oder auch nicht, ist Ihre
charmante Frau am gleichen Tag angekommen, als die vorbereiteten Kristalle verschwanden,
was einer Erklärung bedarf – egal, welcher.«
»Mann, wir schulden Ihnen überhaupt keine Erklärungen. Aber ich will Ihnen verraten, daß
diese Station Eigentum des ›Berufsbildungsinstituts‹ ist, und der Fettwanst, der die Ladung
übernahm, war sein beglaubigter Repräsentant.« Joe sprach mit gefährlicher Deutlichkeit. »Sie
haben unbefugt das Eigentum des Instituts betreten, schauen Sie deshalb, daß Sie so schnell wie
möglich verschwinden!« Er beendete den Satz brüllend.
»Ich bin die Bezahlung«, sagte Andree sanft. »Ein Kilo für eine Kilotonne ist die
Verrechungsbasis. Das bin ich wert, oder?« Sie tanzte um die kleine Gruppe herum. »Und nun,
da sich Ihr Besuch seinem Ende zuneigt, wollen Sie bitte gehen.«
In nachdenklichem Schweigen beamten sie an Bord der Enterprise zurück.
»Setzen Sie das Berufsbildungsinstitut auf die Liste, Uhura.«
»Haben Sie das mit dem Fettwanst mitgekriegt?« fragte Weinberg.
»Das habe ich. Was haltet ihr davon, McCoy, Spock?«
»Ich wollte, ich hätte bei den Frauen, die ihr auf Koridon gesehen habt, Messungen
durchführen können«, sagte McCoy. »Ich frage mich, ob sie vielleicht auch – keine Menschen
waren.«
»Wenn sie keine Menschen sind, was sind sie dann?« fragte Weinberg verdutzt.
»Androiden. Roboter. Künstlich hergestellte Personen.« »Kein Wunder, daß sie nichts
dagegen hatten, in der Küche zu bleiben«, murmelte Weinberg.
»…ein Kilo für eine Kilotonne… Spock, können Sie das Gewicht dieser zwanzig
›Ehefrauen‹ auf Muldoon berechnen und feststellen, ob es ihrer Produktion entspricht?«
»Captain, solange Sie nicht das tatsächliche Gewicht dieser Androiden kennen, kann ich nur
vom durchschnittlichen Gewicht einer menschlichen Frau ausgehen, was sie ja nicht sind…
Wenn man jedoch von einem Durchschnittsgewicht von 56 Kilo ausgeht, würde es hinkommen.
Höchst unzuverlässig«, sagte Spock miß billigend.
Nach einer weiteren, beträchtlichen Verzögerung meldete Leutnant Uhura eine Antwort auf
Kirks Nachricht – vom Stellvertretenden Vizevorstand der Inventurbuchhaltung, dem die
Nachricht schließlich übergeben worden war.
»Die Gesellschaften sind im folgenden aufgelistet – wollen Sie, daß ich die gesamte Liste
vorlese, Sir?« fragte Uhura zweifelnd. »Es stehen hier über fünfzig Namen.«
»Nein, geben Sie mir einen Ausdruck davon. Noch etwas außer den fünfzig Namen?«
»Ja, Sir. Ihre Adressen… Aber die sind alle identisch!«
Sie starrten auf ihren Bildschirm. »Alle fünfzig sind auf dem Planeten Liticia beheimatet!«
»Das ist äußerst eigentümlich.«
»Wir stehen möglicherweise nahe vor einer Erklärung der gemeinsamen Faktoren, Captain«,
sagte Spock.
»Der Fettwanst, zum Beispiel.«
»Ja, Doktor. Und die – Eigenart dieser Firmennamen.«
»Es kommen noch weitere Firmennamen herein, Captain«, rief Uhura. »Sechs andere
Sternenschiffe haben ähnliche Entdeckungen gemeldet, daß Firmen ausgelaufene Verträge
aufkaufen – und alles weist nach Liticia. Sie wollen auch einen Bericht über Dilitiumreserven an
Bord der Enterprise.«
»Holen Sie sich diese Information von Mister Scott, Leutnant, und geben Sie sie weiter.
Spock, wo ist Liticia?«
»Wir haben keinerlei Informationen über einen Planeten dieses Namens«, sagte Spock nach
kurzem Zögern.
»Diese Schwachköpfe – man sollte annehmen, sie hätten genug Verstand, uns die
Koordinaten eines erst kürzlich registrierten Planeten zu übermitteln!« sagte Kirk mürrisch.
»Leutnant, verfassen Sie eine höfliche Anfrage. Ich würde wahrscheinlich ausfallend werden.«
Uhura lächelte. »Natürlich, Captain.«
»Jim, es stellt sich immer noch die Frage, ob es Sabotage war.«
»Ich glaube schon, Pille. Was meinen Sie, Mr. Spock?« »Wenn das, was wir denken,
vermuten und wissen, als Beweismaterial genügen wird, Captain«, sagte der Vulkanier
widerwillig, »so muß man Raumpiraterie ausschließen. Es ist möglich, daß Sabotage dafür
verantwortlich ist, daß die Verträge von der Sternenflotte nicht erneuert wurden. Und da sind
auch noch die Klingonen. Ich denke jedoch, daß diese Kurzzusammenfassung total syllogistisch
und seine Logik so theoretisch ist, daß es sich dabei um eine Irreführung handeln muß. Von
ihrem eigenen bizarren Standpunkt aus betrachtet kommen sowohl Sabotage als auch die
Klingonen nicht in Frage – außer sie haben das Hauptquartier infiltriert, wofür, in Anbetracht des
Monitors auf Organia, nur eine Wahrscheinlichkeit von zwei zu fünf Milliarden, siebenhundert
Millionen dreiundfünfzigtausendzweihunderteins besteht.«
»Und der Fettwanst?«
»Das ist in der Tat verwirrend«, gab Spock zu. »Falls er nicht der hypothetische
Klingonenagent ist.«
Kirk lachte. »Und ich dachte, Sie hätten keine Phantasie, Spock.«
»Habe ich auch nicht, Captain«, sagte Spock unterdrückt. »Aber ich habe die Fähigkeit zur
Extrapolation, zur logischen Extrapolation.«
»Captain Kirk! Die Koordinaten von Liticia sind soeben durchgegeben worden! Die
Nachrichtenübermittlung kam etwas verspätet!«
»Das ist typisch Hauptquartier – schon wieder verspätet. Gehen Sie auf Kurs, Mr. Chekov.
Diese Koordinaten befinden sich in unserem Sektor.«
»Das Sternenflottenkommando weist gerade darauf hin, Sir«, sagte Uhura.

Etwas später sagte Chekov fast träumerisch: »Captain?«


»Mister Chekov?«
»Hier waren wir schon mal, Sir. Ich wußte, daß mir diese Koordinaten bekannt
vorgekommen sind! Es ist – Mudds Planet, Sir!«
Kirk schluckte. McCoy zuckte zusammen. Spock hob seine rechte Augenbraue.

Zur allgemeinen Verwunderung wurde die Landeerlaubnis sofort erteilt. Kirk wies Doktor
McCoy, Mr. Spock und Bootsmaat Weinberg an, sich im Transporterraum einzufinden. Auch
Mr. Chekov erschien.
»Ja, Mr. Chekov?« erkundigte sich Kirk.
»Nichts, Sir. Ich erinnere mich – an Mudds Planeten und da fragte ich mich, ob ich – «
»Nein, Mr. Chekov.« Die Erinnerungen des Navigators waren viel zu angenehm, wie sein
Gesichtsausdruck verriet.
»Ja, Sir.« Wehmütig sah Chekov zu, wie die vier Männer in dem funkelnden Nichts
verschwanden, und hörte noch den Doktor sagen: »… und ich werde es niemals gutheißen. Ich
hänge an meinen Atomen, hatte sie jahrelang…«

»Na so was! Das ist ja ein wahres Familientreffen! Hallo, Captain James T. Kirk. Ich vergebe
Ihnen von Herzen.« Fetter denn je, schien Harry Mudd aus einer ziemlich schmuddeligen Tunika
förmlich herauszuquellen. Er breitete zur Begrüßung die Arme aus. »Wie nett von Ihnen, mal
vorbeizuschauen. Nein, sagen Sie nichts.« Er hob eine fleischige Hand. »Fürchtet euch nicht,
Freunde. Ich hege keinen Groll. Im Gegenteil, unsere Begegnungen stellen mich immer wieder
vor neue Anforderungen. Ihr rettet mich vor der Langeweile.«
Er deutete auf eine Allee von hohen Bäumen. »Erfrischungen, meine Herren. Hier entlang.«
Lange Girlanden duftender Blüten wanden sich durch die Zweige. Die Straße war mit Marmor
gepflastert und schlängelte sich auf ein helles schimmerndes Gebäude in mittlerer Entfernung zu.
»Mein Haus«, sagte Mudd bescheiden. »Ich hielt mich ziemlich an das Design, das ich
einmal in einem Buch gesehen habe.«
»Es ist das Taj Mahal, Captain!« flüsterte Weinberg. »Ein antikes Grabmal, denke ich.«
Die kristallklaren Wasser eines Teichs reflektierten kühl und ruhig die Türme. »Eine Perle,
diese Residenz, nicht wahr, Junge?« Mudd legte seinen Arm fest um Kirks Schulter.
An der Tür verbeugte sich eine große Gestalt vor ihnen. Ihr befiederter Turban kehrte dabei
fast den Boden. Die Tür schwang geräuschlos auf, und eine Phalanx dekorativer,
schwarzhaariger Schönheiten, alle gleich und in durchsichtig schimmernde Hosen gekleidet,
winkten sie herein.
»Eh – wie Sie wissen, habe ich eine Vorliebe für die angenehmen Dinge des Lebens«, sagte
Mudd mit einem Seitenblick auf den Trupp von der Enterprise. »›Welch Vergnügungen und
Paläste du auch immer durchstreifen magst, sei es auch noch so bescheiden, es geht nichts über
die Heimat. ‹ Meiner Meinung nach ist es am besten, beides zu kombinieren.«
McCoy sagte belehrend: »Die Heimat ist dort, wo das Herz ist.«
»Recht so, mein Junge. Welches Herz könnte von so einer Heimat nicht erobert werden?«
Die Innenräume waren unterschiedlich. Eine perfekt proportionierte Marmorhalle führte zu
einem behaglichen Salon, an den sich ein mit Samt ausgelegter Empfangsraum anschloß.
Bootsmaat Weinberg war still. Immer mehr Haremsschönheiten erschienen, bis die Wände
förmlich zu wogen schienen.
McCoy flüsterte: »Sie sind alle Androiden, Fähnrich. Lassen Sie sich nicht beeindrucken.
Dieser Mudd ist ein Überredungskünstler.«
Vor den Augen des verdutzten Weinberg schienen sich weite Flächen voll holder
Weiblichkeit zu erstrecken.
»Selbstverständlich vollprogrammiert«, fügte McCoy hinzu. »Selbstverständlich«, schluckte
Weinberg. Eine üppige, dunkelhaarige Verführerin schwebte vorbei und lächelte.
»Bootsmaat! Sie sind im Dienst!« sagte McCoy unnachgiebig.
»Jawohl, Sir! Im Dienst, Sir.« Der Bootsmaat fummelte hastig an seinen Trikordern herum.
Er blickte auf: »Sir? Ist Mr. Mudd der einzige außer uns hier, der echt ist?«
»So ist es.«
»Du lieber Himmel«, schnaufte Weinberg.
»…und das hier ist mein Heiligtum – mein Privatgemach.« Mudd gab ihnen ein Zeichen,
durch einen durchbrochenen Steinbogen zu treten. Sie schritten auf Teppichen, die wie frisches
Gras federten. In der Mitte des Bodens war ein beleuchtetes, mit dickem Glas bedecktes
Aquarium. Als sie es überquerten, schossen unter ihren Füßen bunte Fische zwischen wallenden
Gräsern umher. Sessel wurden aufgefahren und luden sie ein.
»Diesmal haben Sie sich selbst übertroffen, Mudd«, sagte Kirk.
»Meinen Sie wirklich? Ich bin entzückt, daß Sie meine Ansicht bestätigen. Aruhu, bring
Erfrischungen.« Mudd winkte träge einer verschleierten Gestalt zu, die sich verbeugte und
zurückzog.
»Mir gefällt Aruhus Kleidung besser. Gelegentlich wird man der Zurschaustellung müde.
Finden Sie nicht auch, meine Herren, daß die verborgene Schönheit die verlockendste ist?«
»Wo sind die Stellas, Harry?«
»Oh.« Mudd bewegte sich faul. »Gänzlich umgemodelt. Ich habe sie zu einem Raumschiff
umgebaut. Ich danke Ihnen nochmals für die Gelegenheit, sie zu vergessen. Ich genieße es so, sie
zu vergessen.« Ein Seufzer der Erleichterung entrang sich seinen Lippen.
»Harry«, sagte Kirk, »nehmen Sie sich zusammen. Wir wollen einige nette, klare Antworten.
Was haben Sie vor?«
»Das ist Ihr Lieblingssatz«, beklagte sich Mudd. »Ich habe gar nichts vor. Nur das Leben
eines reichen Müßiggängers zu führen.«
»Fangen wir da an. Wie sind Sie reich geworden?«
Empört hievte Mudd seinen massigen Körper hoch. »Ich bin ein Handelsreisender, und sogar
ein exzellenter.«
»Er meint Betrüger«, murmelte McCoy.
»Das ist üble Nachrede, Doktor. Ein Betrüger ist ohne Ehre, ein kleiner Krimineller. Ich halte
mich an das Gesetz. Sogar der neue Name dieses Planeten bedeutet ›legal‹. Ich habe meine
Lektion gelernt.«
»Nun gut, Sie sind Handelsreisender. Was verkaufen Sie und für wen arbeiten Sie?« beharrte
Kirk.
»Für mich, mein Lieber, für mich. Ah, hier kommt Aruhu.«
Von der Verschleierten angeführt, strömten juwelenbehangene Nymphen in den Raum. Sie
trugen goldene Tablette, die mit Früchten wie Granatäpfeln, Ananas, weichen und stachligen
Birnen sowie Kuchen und Süßigkeiten angehäuft waren. Als sie über den Teppich glitten,
schienen Düfte hochzusteigen. Die Lichter des Aquariums warfen verschiedene Farben durch die
Luft, und Glockenmusik ertönte rhythmisch dazu.
»Es ist wie ein Traum«, murmelte Weinberg verwirrt.
»Es wird gleich wirklich einer sein – Jim! Er hat die Luft mit Schlafmittel durchsetzen
lassen!«
»Hmmm? Tatsächlich? Wer denn?« sagte Kirk gähnend.
»Captain, wach auf! Mudd, Sie gehen zu weit!« McCoy bemühte sich, auf die Beine zu
kommen. Spock schüttelte den Captain an den Schultern, Weinberg stürzte unter dem Klappern
seiner Instrumente zu Boden und begann zu schnarchen.
»Doktor, haben Sie kein Gegenmittel?« schnauzte Spock.
»Mm. Ja, hier«, antwortete McCoy und kippte um.
Spock, der offensichtlich noch keine Wirkung zeigte, bog sich über den liegenden Doktor
und nahm ihm die Injektionspistole aus den schlaffen Fingern. Augenblicke später hatte das
Kontingent der Enterprise seine Sinne wiedergewonnen, und der Geruch war verschwunden.
»Was hatte das zu bedeuten?« fragte Kirk erzürnt, als er von seinem allzu beruhigenden
Sessel aufstand.
»Ich wollte nur sicher sein, daß ihr euch als meine Gäste entspannt«, sagte Mudd einfältig.
»War nicht böse gemeint. Wahrscheinlich habe ich mich bei der Dosierung geirrt.«
»Gehen wir an die frische Luft«, sagte Kirk angewidert. »Sie hatten den Auftrag, diesen
Planeten mit Hilfe der Androiden zu erschließen. Beginnen wir an dem Zeitpunkt, als wir
weggeflogen sind. Was haben Sie mit dem Planeten gemacht, außer allen möglichen Leuten eine
Postkastenanschrift anzubieten?«
»Gut, daß Sie das fragen, Captain.« Mudds Lächeln drohte fast, seine übervollen Wangen
zum Platzen zu bringen. »Wir brauchen unbedingt frische Luft.« Er schnippte mit den Fingern.
»Den Fünfsitzer sofort zu Tür Sieben.«
Sie marschierten einen tapezierten Korridor entlang, der zu einem geräumigen Hof führte.
»Diesen Mann darf man keine Minute aus den Augen lassen«, sagte McCoy zu Weinberg.
»Das ist mir klar«, antwortete Weinberg nachdenklich. »Es scheint tatsächlich, daß er hinter
der Dilitiumverknappung steckt.«
»Es ist wahrscheinlich«, pflichtete Spock bei.
Ein kleiner, schnittiger Flugwagen erwartete sie im Hof. »Meine Herren, wir bereisen Liticia
stilvoll. Einen ganzen Planeten kann man sowieso nicht von der Oberfläche aus betrachten.«
Mudd geleitete sie zu dem beweglichen Gleitweg, der zu der offenen Tür des Wagens führte.
»Und er klingt immer glaubwürdig«, bemerkte McCoy.
»Denken Sie dran.« Weinberg nickte.
Captain Kirk zögerte. Der gesamte Landetrupp sollte nicht den dicken und verräterischen
Händen Mudds ausgeliefert sein. Aber er wollte sowohl Spocks als auch McCoys Erfahrung und
Urteilsvermögen bei sich haben; das hieß, es blieb lediglich der unerfahrene Weinberg übrig, der
Anzeichen dazu gezeigt hatte, den Verlockungen des Mudd Mahals zu erliegen. Dennoch spürte
Kirk, daß eine Flankendeckung notwendig war. Nun, Fähnrich Weinberg war im Dienst.
»Bootsmaat, Sie bleiben hier. Ich will, daß Sie Ihren Kommunikator für uns und für die
Enterprise offen lassen, daß wir über alle Vorkommnisse unterrichtet werden.«
»Ja, Sir.« Weinberg stieg von dem Gleitweg herunter und suchte in seiner Ausrüstung nach
dem Kommunikator. Dann entfernte er sich vom Flugwagen.
Der Captain, Spock und McCoy setzten sich in die weichen Kissen. Der Wagen schwebte
nach oben, seine Maschinen summten leise und Mudd sagte: »Einen Drink, meine Herren?«
Bereits gefüllte Tabletts öffneten sich über ihrem Schoß. »Diese kleine Fähre fliegt von selbst.
Sie ist auf eine große Rundfahrt programmiert, und die sollen Sie auch haben.«
»Das letzte Mal, als wir hier waren«, bemerkte McCoy, »mußten Sie unter einer Kuppel
leben – der Planet war auf der Oberfläche unbewohnbar.«
»Gut, daß Sie das bemerkt haben, lieber Junge«, sagte Mudd.
»Ja, wir haben hier eine erdähnliche Atmosphäre geschaffen ein kleines Jonglieren mit der
Ökologie hier, ein chemischer Balanceakt da, und Eureka! Nichts Besonderes, wenn man weiß,
wie. Wir haben Techniken, um natürliche Prozesse zu beschleunigen, und wo die nicht helfen,
ein bißchen technisches Know-how. Zum Beispiel die Bäume in diesem Wald – sie benehmen
sich wie Bäume, sehen wie Bäume aus, produzieren Sauerstoff wie Bäume, aber sie sind genauso
echt wie die Mädchen. Sie sind vollprogrammiert.«
»Ich wünschte, Sie würden einige dieser Techniken an die Kolonisten weitergeben«, sagte
Kirk und dachte an die öden, unfruchtbaren Orte, wo Siedler mit fast unbewohnbaren Planeten
zu kämpfen hatten.
»Gewiß«, sagte Mudd erstaunt. »Wenn sie zahlen können… Hm, das könnte sich lohnen.
Wissen Sie was, Junge, Sie können für uns eine exzellente Werbung machen – selbstverständlich
auf Provision.«
McCoy verdrehte die Augen. Spock schnaubte. Und Kirk reagierte auf Mudds
Unverfrorenheit mit einem vernichtenden Blick.
»Eh, wir haben nun die Peripherie des Zentralkomplexes passiert, und jenseits davon sehen
Sie anbaufähiges Land, das intensiv bebaut wird. Drei bis sechs Ernten im Jahr, natürlich alle für
den Export bestimmt.«
»Echte Feldfrüchte?« fragte McCoy, »oder vollprogrammierte Kartoffeln?«
Diesmal reagierte Mudd mit einem vernichtenden Blick. »Doktor, ich glaube, Sie passen
nicht richtig auf. Eine vollprogrammierte Kartoffel wäre absurd.
Dort im Westen sehen Sie die ehemalige »Flickwerk-Wüste«, die jetzt Flickwerk-
Anbaugebiet heißt. Unterirdisch haben wir Lager von Wolframit, Petroleum und verschiedene
seltenen Erden entdeckt. Auf der Fläche zu Ihrer Rechten sehen Sie die Raffinerien und
Chemiefabriken, und genau hinter diesen Hügeln liegt Landebahn Sechs.« .
»Natürlich vollprogrammiert«, murmelte McCoy gähnend. Kleine Frachtschiffe starteten und
landeten. Einfache Gleise für den Gütertransport führten von der Landebahn in alle
Himmelsrichtungen zu den Industrielagerstätten. Mudds Planet war bis zum letzten Millimeter
erschlossen worden.
»Nun gut, Harry, Sie haben Ihre Argumente vorgebracht«, gestand Kirk. »Erzählen Sie uns
jetzt bitte, was aus den Stellas wurde, die wir Ihnen zur Bewachung hierließen.«
Mudd seufzte. »Ich wurde ihrer Stimme äußerst überdrüssig. Das war schon immer so.
Deshalb sagte ich ihnen, sie sollten ihr den Mund stopfen, sonst würde ich verrückt werden. Und
so haben sie sie – ruhiggestellt.«
»Aus Mitleid?« sagte McCoy ironisch.
»Aus Erbarmen, Junge, purem Erbarmen; Ihr wolltet, daß ich leide, sie konnten meine
Qualen nicht mitansehen.«
»Sie haben sie überzeugt«, sagte Spock.
»Aber Sie sagten, Sie hätten sie in ein Raumschiff verwandelt?«
»Recycling, mein Lieber, Wiederverwertung. Alle meine Schiffe sind jetzt Stella. Interstella,
Saphirstella, Schwarze Stella, Abendstella…« Mudd grinste.
»Und nun die wichtigste Frage, Mudd«, sagte Kirk ruhig, als der Flugwagen Landebahn
Siebenundfünfzig umkreiste. »Würden Sie bitte höflichst die Verbindung zwischen Ihnen,
dieser… komischen Handelsgruppe, deren Spur wir bis zu diesem Planeten gefolgt sind, und der
Dilitiumkristallverknappung erklären. Und ich will eine direkte Antwort, Harry!«
»Ich bin ein Geschäftsmann, mein Junge. Ein Handlungsreisender. Ich verkaufe«, begann
Mudd.
Kirk verlor jegliche Geduld und schrie: »Was verkaufen Sie?«
»Androiden natürlich.«
»Weibliche Androiden«, sagte McCoy.
»Natürlich.«
»Sie sind unverbesserlich!«
»Nun, warum nicht? Es gibt da draußen immer noch diesen nahezu unersättlichen Markt, all
die Außenposten der Menschheit, arme, einsame Männer, die sich jahrein jahraus schinden und
plagen, ohne Gesellschaft, und schließlich in ihrem eigenen Schmutz versinken. Wenn ich nur
daran denke, fange ich schon an zu weinen.« Mudd wischte sich mit einem nicht allzu sauberen
Ärmel über die Augen. »Androidenfrauen sind sehr anpassungsfähig, und es gibt auch keine
Schwierigkeiten mit ihrer äußeren Erscheinung.«
»Sie können wohl nicht damit aufhören, Frauen zu verkaufen, wie?« sagte Kirk voller
Abscheu.
»Sie kränken mich, Captain, wirklich. Androiden sind keine Menschen!« sagte Mudd betrübt.
»Gerade Sie sollten wissen, daß ich etwas dazugelernt habe. Man kann nicht mit Menschen
handeln. Das wäre unmoralisch. Aber diese Roboter gehörten niemandem, ihre Schöpfer waren
spurlos verschwunden. Sie brauchen es, jemandem zu gehören. Das gibt ihnen Sicherheit.«
Spock starrte ihn an. »Mudd, ab und zu kann ich Ihren ausschweifenden Gedankenflügen
folgen. Aber Maschinen haben kein Bedürfnis nach Sicherheit. Das müssen Sie mir noch mal
erklären.«
»Aber das haben sie wirklich, Spock, alter Junge. Sie kennen sie nicht so gut wie ich«,
antwortete Mudd ernst.
Spock schüttelte den Kopf, als ob er seinen Zweifel damit ausräumen konnte.
»Entweder sind diese Androiden Maschinen, dann haben sie keine Gefühle – und können als
verkäufliche Art klassifiziert werden, Captain. Oder aber sie sind empfindungsfähige Wesen,
dann können sie niemandes Eigentum sein. Ihr Argument ist berichtigungsbedürftig.«
»Versuchen Sie mal, sie als ziemlich kluge Tiere zu betrachten, Spock«, bot ihm Mudd
höflich an. »Vielleicht hilft Ihnen das. Dann wären sie immer noch verkäuflich.«
Weinbergs Stimme tönte blechern aus dem Kommunikator: »Es gab eine Zeit, wo diese
Masche bei all jenen angewandt wurde, die das Unglück hatten, gefangengenommen und
versklavt worden zu sein. Die Gefühle von Tieren hatten keine Bedeutung – noch lange nicht,
nachdem die Sklaven und ihre Enkelkinder schon frei waren!«
McCoy sagte nüchtern: »Das ist traurigerweise wahr. Wir sind so weit fortgeschritten, daß
wir allen intelligenten Lebensformen die Rechte fühlender Wesen zugestehen. Zu jener Zeit
wurde den Sklaven gelegentlich zugestanden, eine Seele zu besitzen. Dennoch wurden sie nicht
wie Lebewesen behandelt. Haben Androiden eine Seele, Spock?«
»Das gehört nicht zu meinem Fachgebiet, Doktor. Ich bin noch nie auf eine
zufriedenstellende Definition gestoßen. Aber diese Androiden können erstaunlich klar denken.«
»Warum wird diese Unterredung so theologisch?« beklagte sich Mudd. »Tatsache ist, daß
dieser Planet voller herrenloser Maschinen war und die Kapazitäten dazu bestanden, mehr davon
herzustellen. Und es gibt kein Gesetz gegen den Verkauf von Maschinen. Mein Eigentumsrecht
ist unbestritten – sämtliche Geschäftsunternehmen sind vorschriftsmäßig registriert.«
»Welchen Preis kriegen Sie für die Androiden, Mudd?« »Genügend, mein Junge, genügend.
Haben Sie Vollmacht,
meine Bücher zu prüfen?«
»Sie müssen sehr teuer sein. Kilotonnen Dilitiumkristalle zum Beispiel«, beharrte Kirk.
»Natürlich sind meine Mädchen – äh, Maschinen – teuer. Schauen Sie sich nur das Design
an. Die Qualitätsarbeit. Sie glauben gar nicht, was die Gesamt…«
»Und in welcher Münze bezahlen Ihre Kunden?«
»Ah, das ist eine andere Geschichte.« Mudd zog eine Trauermiene. »Die armen, einsamen
Burschen. Ihr Guthaben ist nicht immer groß. Aber« – seine Miene hellte sich auf »manchmal
können sie die Früchte ihrer Arbeit verkaufen. Ja, Captain, ich habe schon manch seltsame
Fracht auf fernen Planeten gelöscht. Ich könnte Ihnen Geschichten erzählen – «
»Dilitiumkristalle«, sagte Kirk fest.
»Warum reiten Sie auf den Dilitiumkristallen herum? Was sind sie? Eine Art Edelstein?
Habe ich vielleicht etwas verpaßt?«
Der Wagen stieg hoch und kurvte über einen niedrigen Gebirgszug.
»Ihr Gedächtnis verläßt Sie, Harry. Sie wissen ganz genau, worum es sich handelt. Und die
Sternenflotte ist von dieser Knappheit nicht begeistert. Ganz und gar nicht.«
Harry Mudd zuckte die Achseln. »Das geht mir ans Herz, mein Junge, wirklich. Aber es gibt
nichts, was ich für die Sternenflotte tun könnte. Haben Sie genug von Liticia gesehen? Sollen wir
zum Ausgangspunkt zurückkehren und frische Getränke bestellen?«
»Wenn Sie davon Abstand nehmen, uns einzuschläfern. Aber hier oder am Boden, wir
kriegen unsere Antworten… Bootsmaat Weinberg, bitte kommen. Haben Sie zugehört?«
»Jawohl, Sir. Eine interessante Diskussion, Sir. Das ist auch die Meinung von Leutnant
Uhura.«
»Leutnant Uhura?«
Zwei Stimmen antworteten. »Ja, Sir?«
»Sie haben ein Echo. Machen Sie die Leitung frei.«
»Ist es jetzt besser?«
»Nein, Leutnant.«
»Sie ist hier bei mir, Sir. Ich glaube nicht, daß sie von hier aus ihre Instrumente erreichen
kann«, sagte Weinberg.
»Leutnant? Ich habe Ihnen keine Erlaubnis dazu erteilt, herunterzubeamen.«
»Das habe ich auch nicht, Sir. Ich bin hier auf meiner Station«, kam die etwas ungehaltene
Antwort.
»Aber sie steht doch hier neben mir. Beim – Mahal, Sir«, sagte Weinberg verdutzt.
»Mudd, was geht hier vor?« sagte Kirk mit einem gefährlichen Unterton.
»Eine kleine Überraschung für Sie«, sagte der Dicke hastig. »Ich wollte sie eigentlich für
später aufheben. Einen Moment, bitte.« Der Flugwagen schwebte in den Hof und hielt. Der
Gleitweg schwebte von der Tür, und Kirk packte Mudd am Kragen seiner rosafarbenen Jacke
und schob ihn hinaus.
»Uff, Sie sind ja noch dicker geworden. Nun, was ist los mit Uhura? Wo ist sie?«
Weinberg rannte auf sie zu. Die verschleierte Schönheit folgte ihm auf den Fersen. Sie hörten
ein vertrautes Lachen; eine schmale Hand ergriff den Schleier und ließ ihn fallen. Uhuras
wunderschönes, braunes Gesicht lachte aus den drapierten Stoffen hervor.
»Ein Duplikat, Captain. Sie erinnern sich, wir hatten die genauen Angaben Ihrer Uhura.
Unsere Aruhu ist wirklich eine sehr charmante Persönlichkeit – wie Ihr Offizier, aber vielleicht
etwas… zugänglicher«, schnurrte Mudd.
»Leutnant Uhura an Bord der Enterprise«, rief Kirk.
»Sir, was geht hier bitte vor?« Uhura klang ziemlich besorgt. »Sie haben ein
Androidenduplikat von Ihnen angefertigt.« »Von mir? Warum?«
»Weil Sie Mudd gefallen.«
»Hm. Kann sie singen?«
»Natürlich kann ich singen.« Aruhu stimmte eine tiefe, fremdartig klingende Melodie an.
Nach einem kurzen Moment der Überraschung fing die Uhura von der Enterprise an,
mitzusingen.
»Endlich habe ich etwas getan, was Ihnen gefällt«, sagte Mudd, sichtlich aufblühend. »Sie
klingen hübsch im Duett, nicht wahr? Wie wär’s mit einem Chor? Soll ich die anderen
siebenundsechzig kommen lassen?«
Uhura brach ab und kreischte: »Siebenundsechzig? Von mir?… Das ist zuviel, Sir. Das
gefällt mir ganz und gar nicht, Captain. Das ist fast – eine Beleidigung!«
Es folgte betretenes Schweigen. Weinberg brach es.
»Wollen Sie damit sagen, daß sie von jedem ein Duplikat anfertigen können?«
»Offensichtlich«, sagte Kirk.
»Dann könnte er doch auch ein Duplikat sein«, sagte Weinberg und zeigte auf Mudd.
Kirk zwinkerte mit den Augen. Spock und McCoy tauschten Blicke aus. »Es gibt einen Weg,
das herauszufinden!« McCoy griff nach seinem medizinischen Trikorder und klappte ihn auf.
Viel zu schnell für einen fetten Mann rannte Harry Mudd durch das offene Tor am Ende des
Hofs. Kirk und Spock rannten ihm im Eiltempo nach, aber als sie das Tor erreichten, war er
bereits außer Sichtweite. »Spock, Sie gehen zu diesen Bäumen hinüber; McCoy, wir gehen da
lang…« Als Kirk die Verfolgung aufnehmen wollte, sprach sie eine Stimme von hinten an.
»Ach, wie schade. Ich fürchte, diese Einheit hatte einen defekten Panikschalter. Aber für die
Unterhaltung war sie gut genug, nicht wahr?«
Mudd stand im Hof und lächelte reumütig.
Kirk wurde sich langsam seiner Wut bewußt. Dieses An-der-Nase-Herumführen schien kein
Ende zu nehmen. Und keine Antworten. »Zum letzten Mal, Mudd Nummer Soundsoviel, keine
Spielchen mehr. Antworten Sie. Wo sind die Dilitiumkristalle, und was ist mit dem echten Harry
Mudd geschehen?«
»Was sind denn diese Dilitiumkristalle, Captain?«
Kirk ging drohend auf den rundlichen Androiden zu, der Mudd so ähnlich sah. »Hören Sie
endlich auf damit! Es sind die Kristalle, die Mudd – oder Sie – von den Minenarbeitern im
Austausch für die Frauen kassiert haben. Wo sind sie?«
»Captain, ich möchte Sie daran erinnern, das es sinnlos ist, uns physisch zu bedrohen. Lassen
Sie uns vernünftig sein. Wir haben in letzter Zeit sehr viel über Gesetze gelernt. Harry Mudd
spricht fast von nichts anderem. Erlasse, Sir. Vorladungen, Sir. Vorführungs- und
Gerichtsbefehle. Haben Sie die vorzuweisen? Falls nicht, brauchen wir nicht zu antworten. So
wurde es uns gesagt.«
»Spock!« sagte Kirk verzweifelt. »Haben wir Vorladungen und Gerichtsbefehle?«
»Captain, ich glaube, daß wir im Auftrag der Sternenflotte eine gerichtliche Vollmacht über
diesen Planeten besitzen, da er sich im Gebiet der Vereinigten Föderation befindet.«
»Ist das ein Glaube oder eine Tatsache, Mister Spock?« sagte der Androide eifrig. »Wenn Sie
nur daran glauben, so ist damit für uns keine Verpflichtung verbunden. Ist es jedoch eine
unbestreitbare Tatsache, so ist unsere Position eher de jure als de facto zu sehen.«
»Wovon spricht er, Mister Spock?« fragte Weinberg verdutzt. »Er sieht aus wie Mudd, er
klingt wie Mudd, aber er denkt wie ein Vulkanier«, sagte Spock mit ungewohnter Vitalität.
»Wenn wir von der Föderation bevollmächtigt sind, Fragen zu stellen, dann sind Sie auch
gezwungen, zu antworten. Wenn nötig, können wir auch eine Form der Gerichtsbarkeit in locum
tenens wahrnehmen.«
»Mr. Spock, bereitet Ihnen das etwa Vergnügen?« fragte McCoy ungläubig.
»Sie können die Freuden der Vernunft nicht würdigen, Doktor. Diese Wesen sind logisch«,
sagte Spock.
Kirk sagte geduldig: »Können wir jetzt nach den Kristallen fragen?«
Nachdem er bemerkte, daß es nie ein Verbot oder eine Einschränkung gegen das Fragen des
Captains gegeben hatte und daß der Captain in seiner undisziplinierten Art sich vermutlich nach
Antworten erkundigte, antwortete der Android: »Der Mensch Mudd ist für uns unbegreiflich.
Seine Handlungen sind nur durch seine eigenen logischen Konstrukte, die auf eigenen
Gesetzmäßigkeiten beruhen, logisch. Er bestand sehr auf einer Handlungsweise, die er als
›Spurenverwischen‹ bezeichnete. Wir sehen keine Notwendigkeit dafür, da sich unser Verhalten
streng an das Gesetz hält, aber – «
»Wo ist er? Wo sind die Kristalle?« Kirk wurde das Gefühl nicht los, daß er in seinem
ganzen Leben weder jemals etwas anderes würde sagen können, noch jemals darauf eine
Antwort bekommen würde.
»Sie sind ungeduldig, Sir. Ich wollte ordnungsgemäß von einem Begriff zum nächsten
kommen. Da Sie jedoch wünschen, die dazwischenliegenden Schritte auszulassen, so will ich
Ihnen sagen, daß der Mensch Mudd diesen Planeten mit seinem gesamten Vorrat an
Dilitiumkristallen verlassen hat.«
»Wohin ist er geflogen? Und wie?«
»Der Mensch Mudd gab uns Instruktionen, ein wesentlich leistungsstärkeres Schiff als das
Ihrige zu konstruieren, das von ihm und einer kleinen Gruppe von Androiden gesteuert werden
kann. Es ist im wesentlichen ein höchst bewegliches Frachtschiff, das zu großen
Geschwindigkeiten imstande ist. Er bestand darauf, ihm einen Namen statt einer schönen,
sauberen Nummer zu geben«, sagte der mechanische Mudd angewidert.
»Wohin ist er geflogen?«
»Das kann ich Ihnen nicht sagen.«
»Einen Augenblick, Captain«, sagte Spock zu dem vor Wut kochenden Kirk. »Sie können es
uns nicht sagen, weil Sie es nicht wissen, oder weil Ihre Programmierung es Ihnen verbietet?«
»Weil ich es nicht weiß, Mr. Spock. Darf ich hinzufügen, daß es erstaunlich einfach ist, mit
Ihnen zu kommunizieren?« sagte der Android.
»Danke«, sagte Spock ernst. »Es ist nicht verwunderlich, Captain, daß Mudd es vermied, der,
eh, ansässigen Bevölkerung sein Ziel zu nennen. Er konnte sie bis zu einem bestimmten Punkt zu
seinem Schutz programmieren, aber selbst Mudd mußte gewußt haben, daß er nicht fähig war,
ihre Logik soweit zu verstehen, daß ihr Stillschweigen garantiert war. Zweifellos hat er von uns
erwartet, daß wir seine Tarnung durchschauen – aber so hat er auf jeden Fall Zeit gewonnen.«
»Angenommen, die Androiden müssen ihn geschäftlich kontaktieren?« fragte Weinberg.
»Können sie ihn erreichen?«
»Das wird nicht nötig sein«, sagte der Androide trocken. »Wir sind in der Lage, mit diesem
Planeten und seinen Angelegenheiten ohne die Hilfe des Menschen Mudd fertig zu werden.«
»Sind Sie nicht mal neugierig?« sagte McCoy.
»Ich glaube, das ist eine animalische Eigenschaft, Doktor, und keine mechanische.«
»Definieren Sie das Bedürfnis, Schlußfolgerungen zu ziehen«, sagte McCoy herausfordernd.
»Definieren Sie ›Ich glaube‹.«
Der Androide fing an zu sprechen und hörte wieder auf. Er drehte sich zu Spock. »Ich – Sie –
fühle eine Lähmung meiner Logik-Schaltkreise.«
»Das Bedürfnis, Schlußfolgerungen zu ziehen, bedeutet etwas wissen zu wollen. Das ist
Neugierde«, sagte Spock. Der Androide zitterte. »Was den Ausdruck ›ich glaube‹ anbelangt – er
ist in diesem Zusammenhang eine Konversationsphrase ohne Bedeutung, Doktor.«
»Spock, ich bin mir nicht sicher, ob Sie überhaupt ein Mensch sind, wenn Ihnen Glaube
nichts bedeutet«, sagte McCoy.
»Entweder ist Neugierde, eine animalische Eigenschaft oder nicht«, grübelte der Androide
unschlüssig. »Wenn es so ist – « Er gab das Philosophieren für den Moment auf und sagte:
»Wenn dieser Planet Ihrer gesetzmäßigen Autorität untersteht, müssen wir Ihnen helfen. Deshalb
werden wir uns über die Befehle des Menschen Mudd hinwegsetzen. Wie können wir Ihnen
helfen?«
Der Androide führte sie ins Innere des Mudd Mahals zurück. Die Mädchen waren
verschwunden. Weinberg war zugleich enttäuscht und erleichtert. Als sie eine großräumige Halle
durchquerten, erklärte Kirk, daß die Enterprise und andere Schiffe der Flotte bereits die
Planeten, die als Anlaufhäfen für die Frachtschiffe von Liticia in Frage kommen würden,
überprüft hätten, aber es gab weder ein Lebenszeichen von Mudd noch von großen
Dilitiumvorkommen in der Umgebung. »Seine Spur endet hier«, sagte Kirk.
»Er muß irgendwo ein Versteck haben«, sagte McCoy. »Irgendwo in der Galaxis«, sagte
Weinberg. Seine Worte
machten ihnen die Hoffnungslosigkeit ihrer Aufgabe klar. »Können Sie uns mal zeigen, wo
er gearbeitet hat – wenn er
das überhaupt getan hat?« fragte der Doktor. »Vielleicht finden wir dort einen
Anhaltspunkt.«
»Er hatte die Angewohnheit, sich gelegentlich hier einzuschließen«, sagte der Android und
öffnete eine Tür. Sie führte ins Heiligtum zurück.
»Was für ein Ort, um Versuche anzustellen und sich zu konzentrieren!« sagte Spock
angewidert, als er die sinnlichen Bewegungen der Fische und das Spiel der Lichter betrachtete.
»Von hier hatte er Zugang zu den Zentralcomputern.« Der Androide Mudd sank in den
Sessel, den vorher das andere Duplikat eingenommen hatte, und hob die Verkleidung von der
rechten Armlehne. Eine kleine Konsole war unter dem Polster eingebettet. »Von hier aus konnte
er natürlich auch die Klänge, die Lichter und die Zusammenstellung der Luft kontrollieren.«
»Er konnte aber schwerlich einen Flugplan aus dem Kopf erstellen«, meinte Weinberg.
»Nein, dann muß er den Zentralcomputer benutzt haben. Können wir seine Aufzeichnungen
überprüfen?« fragte Spock den Androiden.
»Sicher, aber es ist unwahrscheinlich, daß er dem Computer seine Pläne anvertraut hat, wenn
er sich verborgen halten wollte.«
»Spock, können Sie diesen Blechhaufen nicht dazu inspirieren, etwas Nützliches
hervorzubringen?« murmelte McCoy.
»Inspirieren, Doktor? Sie schmeicheln mir. Aber es ist wahr, daß Mudd seinen Flugplan nicht
ohne Computer entworfen haben kann. Können Sie sämtliche Informationen, die in seinen
Speicherbanken enthalten sind, prüfen?« fragte Spock den Androiden.
Der Androide nickte. »Es wird einige Zeit dauern. Wir helfen Ihnen gerne, da wir nur ungern
zu wenig informiert sind. Vielleicht können Sie und dieser Mediziner, der im gleichen Rahmen
wie der Mensch Mudd zu denken scheint, uns anleiten.«
»Sie sind eine lausige Kopie von Mudd«, sagte McCoy. »Alle Schiffe des gleichen Modells
sind nicht miteinander
identisch, Doktor. Kommen Sie, erweitern wir die Grenzen unseres Wissens.«
»Ich glaube immer noch, daß sie keine Seele haben«, murmelte McCoy Weinberg zu, der
höflich nickte.

Es dauerte mehrere Tage, bis sie sich durch die Informationen, die im Computer auf Liticia
gespeichert waren, durchgearbeitet hatten. Zum Schluß sah sogar Spock etwas abgespannt aus.
Mudd hatte in der Tat seine Spuren verwischt; alles, was sie finden konnten, war eine Reihe
kleiner Lücken in den Speicherbänken, wo etwas gefragt, beantwortet – und unwiederbringlich
gelöscht worden war.
An Bord der Enterprise, die über dem Planeten schwebte, saßen die Offiziere und der
Androide Mudd in einer deprimierten Konferenz.
»Gehen wir es nochmals durch«, sagte Kirk müde. »Vielleicht haben wir etwas ausgelassen.
Ich möchte Ihnen, Mudd II, und den anderen Androiden, mit denen wir über Sie kommunizieren
können, für Ihre Hilfe danken.
Harry Mudd ist mit dem gesamten, gegenwärtig vorhandenen Vorrat an Dilitiumkristallen in
einem neuen und überlegenen Schiff entkommen. Seine Mannschaft besteht aus Androiden, die
jetzt keinen Kontakt zu ihrem Heimatplaneten mehr haben. Wir haben keinerlei Anhaltspunkte,
welchen Kurs er eingeschlagen hat, noch welche Absichten er verfolgt.«
»Es ist natürlich eine weibliche Mannschaft«, bemerkte McCoy.
»Genau, Doktor. Das neue Schiff, die Superstella, erreicht Geschwindigkeiten, die über die
unseren hinausgehen, und verfügt natürlich über einen unbegrenzten Vorrat an Kristallen. Es
sieht ganz danach aus, als ob wir der Sternenflotte einen Mißerfolg melden müßten. Mr. Spock?«
»Es tut mir leid, Captain, aber Sie haben das Problem exakt dargelegt.«
»Mudd – Androiden?«
»Wir haben dem nichts hinzuzufügen.«
»Und die übrigen? Was sollen wir jetzt machen?« Uhura unterbrach nervös das Schweigen.
»Captain!«
Die Nachricht von der Sternenflotte war ohne Beispiel. Die Klingonisch-Romulanische Liga
war an die Föderation herangetreten und hatte um eine vorübergehende Allianz ersucht, um mit
der Dilitiumkristallknappheit fertig zu werden. Die Schiffe der Sternenflotte waren ebenso
paralysiert wie die großen klingonischen und romulanischen Kriegsverbände.
Lediglich die Enterprise hatte genügend Vorräte an Kristallen an Bord, um für einige Zeit
einsatzbereit bleiben zu können. »Deshalb wird auf Beschluß des Gemeinsamen Rats der
Vereinigten Föderation der Planeten, des Klingonen-Imperiums und des Romulanischen
Kaiserreichs der Enterprise befohlen, jede gesetzliche, ihr zur Verfügung stehende Maßnahme
zu ergreifen, um die Kristalle vom gegenwärtigen Besitzer zu erhalten… Sofort. Dies ist ein
Notfall. Ich wiederhole. Dies ist ein Notfall.«
Mr. Scott erbleichte. »Das bedeutet – «
»Den Stillstand der gesamten Galaxis. Und nur wir haben eine Chance, ihn wieder
aufzuheben«, sagte Kirk bedrückt.
»Wer hätte gedacht, daß ein einziger fetter Witzbold ein solches Chaos anrichten könnte?«
sagte McCoy.
»Die Maschinen stehen still, überall«, klagte Scott. »Nichts funktioniert…«
»Harcourt Fenton Mudd, ein Zufalls-Element in einem geordneten Universum«, sagte Spock.
»Er hat nur Bezug zu sich selbst und ist deshalb völlig unberechenbar.«
»Und kriminell«, fügte McCoy hinzu.
»Ist er das?« fragte der Androide. »Er war so darauf bedacht, innerhalb der Grenzen der
Gesetze zu bleiben. Wir kennen keines, das er gebrochen hätte.«
»Deshalb könnten wir ihn nicht mal verhaften«, sagte Kirk bitter. »Selbst wenn wir ihn
finden, haben wir keine andere Möglichkeit, als ihm für seine Tricks auch noch zu zahlen. Und
wie können wir ein unbekanntes Schiff ohne Koordinaten oder Sensorwerte, und ohne den
Sektor zu kennen, finden?«
Uhura sagte: »Wir könnten das Kragenknopfspiel versuchen.«
»Das was?«
»Sie wissen schon – wo wäre ich, wenn ich ein Kragenknopf wäre?«
»Was ist ein Kragenknopf?« sagte Weinberg. McCoy flüsterte ihm etwas zu. Er nickte
gedankenvoll.
Als sich Spock und Mudd II umdrehten und Uhura mit identischen Blicken fixierten, sagte
McCoy laut: »Ich erinnere mich daran. Aber es ist nicht sehr hilfreich, Leutnant.«
»Sir?« sagte Weinberg. »Es ist nicht logisch, sondern eher eine Sache der Phantasie, wenn
ich richtig verstanden habe, was mir der Doktor erklärt hat. Aber welche andere Wahl haben wir
sonst? Wenn wir so tun würden, als steckten wir in Mudds Haut, und versuchen, seinen
Gedankengängen zu folgen, könnte uns das auf eine Spur bringen…« Seine Stimme wurde
leiser.
Zweifelnd sagte Kirk vorsichtig: »Der einzige unter uns, der mit seinen Gedankengängen
vertraut sein könnte, ist Mudd II. Könnten Sie – «
Der Androide, der Harry so ähnlich sah, blickte wild. »Ich muß diesen jungen Mann daran
erinnern, daß ich nicht Harry Mudd bin und wir ein derart irrationales Vorgehen für völlig
sinnlos halten.«
Spock erhob sich von seinem Sessel und setzte sich in die Nähe des Androiden. Er sagte
nichts, aber es war klar, daß er sich den Kräften der Vernunft anschloß.
»Aber die rationale Methode hat uns bisher nicht weitergebracht«, sagte Weinberg. »Wir
stecken fest, trotz aller Arbeit, Kalkulationen und Computer. Gibt es denn niemanden hier, der
irgendwas mit dem realen Harry Mudd gemeinsam hat?«
»Bootsmaat Weinberg, ich finde Ihre Bemerkungen völlig nutzlos. Harry Mudd ist ein
alternder Delinquent, ein Krimineller – «
»Das ist nicht bewiesen«, sagte der Androide.
»– und ein Lügner. Kein Besatzungsmitglied dieses Schiffs paßt in irgendeiner Weise auf
diese Beschreibung.«
»Natürlich nicht, Sir. Aber er hat auch andere Eigenschaften. Er verehrt schöne Frauen, liebt
Luxus, er ist klug, temperamentvoll und optimistisch. Teilt denn niemand diese
Charaktereigenschaften mit Mudd?«
Mehrere Augenpaare blickten zur Konsole des Navigators. »Was starrt Ihr mich alle so an?«
sagte Chekov verdutzt.
»Mr. Chekov, wo wären Sie, wenn Sie Harry Mudd wären?«
»Bitte, Captain, ich kenne den Namen kaum. Ich habe keine Ahnung.«
»Mr. Chekov«, sagte Weinberg ernst und beugte sich vor, »denken Sie an Mudds Planeten,
wie Sie ihn zum ersten Mal erlebten. Da waren all diese Versuchungen, erinnern Sie sich?«
Chekovs Zunge bewegte sich über trockene Lippen.
»Ich erinnere mich.«
»Sie wurden in Versuchung geführt, Mr. Chekov«, sagte der Captain.
»Ja, Sir. Aber alle anderen auch, Sir.«
Kirk seufzte. Das stimmte. »Ja, sogar Mudd gefiel es, bis ihn die Androiden nicht weglassen
wollten. Auch Sie lassen sich nicht gerne zu etwas zwingen, nicht wahr, Mr. Chekov«, sagte er
hoffnungsvoll.
»Nein, Captain, aber wer tut das schon?«
»Ich glaube nicht, daß Mr. Chekov irgendeine Art von Sympathie für Mudd empfindet«,
sagte Spock. »Ich bin mir nicht sicher, ob es richtig ist, ihn zu bedrängen.«
»Das stimmt nicht ganz«, sagte Chekov. »Einige Dinge – Mädchen, zum Beispiel.« Er
zögerte. »Ich würde es nicht wie Mudd machen, niemals, aber manchmal habe ich ein bißchen
vom Leben auf diesem Planeten geträumt – dem Leben, das wir nicht führen konnten… ich…«
sagte Chekov beschämt. »Ich hätte das nie gesagt, aber ihr denkt anscheinend, daß ich irgendwie
helfen könnte, und so…«
»Mr. Chekov, ich denke, ich spreche für uns alle. Ihr Mut ist bemerkenswert«, sagte McCoy
beruhigend. »Keiner von uns konnte der Versuchung so recht widerstehen. Wenn ich an dieses
Laboratorium denke…«
»Aber Pille, das Laboratorium interessierte Harry Mudd gar nicht, außer als Mittel zum
Zweck«, sagte Kirk. »Ja, Mr. Chekov, ich stimme in der Tat mit dem Doktor überein. Wollen Sie
nun freiwillig versuchen, sich in Harry Mudd hineinzuversetzen und sich vorzustellen, was Sie
an seiner Stelle tun würden?«
»In Ordnung, Sir. Jawohl, Sir.«
»Dann versuchen Sie es.«
Chekov schloß die Augen. Sein Gesicht war von der Konzentration angespannt.
»Sie haben ein Schiff voller Artikel, die jeder in der Galaxis haben will… Sie sind alle hinter
Ihnen her, Harry… Wenn Sie nur ein Versteck finden können. Denken Sie daran, Harry, wo
wären Sie in Sicherheit?« sagte Weinberg, um nachzuhelfen.
»Darf ich darauf hinweisen«, bemerkte Spock, »daß dieser abstoßende Versuch die Tatsache
beinhalten sollte, daß Mudd sich jetzt in einer Position befindet, die Galaxis zu beherrschen?«
»Macht, Harry… die Macht, alles zu fordern – Luxus, Frauen, den ganzen Reichtum der
Galaxis – wenn Sie nur ein Versteck finden können…«
Chekov runzelte die Stirn. »Ich kann mir das alles gut vorstellen. Aber es ist nicht möglich,
nicht vorstellbar. Nicht für mich. Ich würde nicht so viel Macht haben wollen – ich könnte nicht
damit umgehen.«
Kirk war nicht unzufrieden; Chekov konnte sich nicht einmal vorstellen, unverantwortlich zu
handeln.
»Oh, er ist zu gehemmt!« sagte Weinberg ungeduldig. »Doktor, können Sie ihm nichts
geben, was ihn auflockert? Ein Medikament, Hypnose – irgend etwas?«
»Nein«, sagte McCoy. »Es wäre höchst unethisch.«
»Bitte?« sagte Chekov. »Wenn ich irgendwie helfen kann, und da wir alles versuchen
müssen – bin ich dazu bereit.«
»Das gefällt mir nicht«, sagte McCoy. »Es kann gefährlich sein, an den Hemmungen eines
ausgebildeten Offiziers herumzupfuschen. Sie können entscheidend für das Überleben von ihm
oder seinem Schiff sein.«
»Aber Sir, jetzt geht es um das Überleben aller Schiffe in der Galaxis. Gibt es nichts, was Sie
tun könnten – ein Beruhigungsmittel, eine leichte Trance, nichts Drastisches oder
Gefährliches…« drängte Weinberg. »Solange Mr. Chekov dazu bereit ist, braucht es nicht viel.«
Chekov blickte McCoy an und nickte. »Ich fürchte mich nicht davor, Doktor McCoy. Sie
würden niemals mir oder der Enterprise Schaden zufügen.«
»Doktor.« Kirks Stimme war völlig neutral – weder eine Bitte noch ein Befehl – sondern
irgend etwas dazwischen.
»Nun gut«, sagte McCoy widerstrebend. »Sollte aber eine sehr leichte Trance nicht
ausreichen, müssen wir für die weiteren Ermittlungen einen anderen Weg einschlagen.«
»Was denn zum Beispiel?« sagte Kirk und blickte ihn an. »Glaubst du, ich würde so etwas
weit Hergeholtem zustimmen, wenn wir eine andere Möglichkeit hätten?«
Resigniert drückte McCoy eine Injektionspistole auf Chekovs Arm und setzte sich ihm
gegenüber.
»Entspannen Sie sich, Pavel. Alles ist jetzt in Ordnung. Ihr Körper wird ganz leicht…«
»Ja, Doktor.« Chekovs Augen schlossen sich. Sein Atem wurde langsam und gleichmäßig.
»Ihr Name ist Mudd«, sagte Dr. McCoy. Jemand unterdrückte ein Kichern. Spock zuckte
zusammen. »Harcourt Fenton Mudd… Sie sehnen sich nach Reichtümern und sanften Frauen.
Sie können nie genug davon kriegen…«
»Mmmmmmmmm«, murmelte Chekov lächelnd.
McCoy machte unter den faszinierten Augen der Brückenbesatzung weiter. Er beschrieb
Mudds Gesicht wie aus einem Spiegel, sowie seine Ambitionen, seine Suche nach Reichtümern
und Macht. »… Und nun befinden Sie sich an Bord Ihres neuen, mächtigen Raumschiffs, der
Superstella, das mit Ihrer Beute beladen ist…«
»Ein Pferd«, sagte Chekov bestimmt. »Keine Schiffe.« »Auf der Superstella, die mit reicher
Beute beladen ist…« »Khabardar!« schrie Chekov, während sein rechter Arm durch die Luft
hieb. Alle tauschten verblüffte Blicke aus.
»Wohin fliegen Sie, Harry?« fuhr der Doktor sanft fort.
»Wir fliegen nach Kuban, auf den Spuren von Iskander und dem Khan…«
»Kuban? Überprüfen Sie das, Spock«, flüsterte Kirk.
Spock schüttelte den Kopf und beugte sich über seine Konsole. »…Tana und Sarai werden
sich nicht mehr erheben… Timur hat erobert!…Ich bin verwundet, bringt Decken…« Chekovs
Stimme wurde zu einem Flüstern; er hing schlaff in seinem Sessel.
»Weck ihn auf, Pille«, sagte Kirk scharf.
Chekov hatte ein Bein vor sich ausgestreckt, als ob es steif wäre. Murmelnd rollte er vor und
zurück.
»Pavel Andrewitsch, Sie entspannen sich und schlafen. Ein süßer, traumloser Schlaf… Alles
ist gut. Sie werden sehr, sehr langsam wieder munter, und wenn ich Ihren Namen rufe, werden
Sie erwachen… Pavel!«
Chekov setzte sich auf und rieb sich die Augen. »Was ist passiert? Haben wir ihn gefunden?
Hat es geklappt?«
McCoy stieß einen Seufzer der Erleichterung aus. Diese Trance war wesentlich tiefer
gewesen, als er beabsichtigt hatte.
»Wir wissen es noch nicht. Spock?«
»Es gibt einen Planeten namens Kuban in Sektor 27-F, ebenso einen namens Sarai in Sektor
29-G, aber keinen, der unter dem Namen Tana registriert wäre. Keiner der beiden Planeten produ
ziert Dilitiumkristalle oder handelt damit.«
»Das klang nicht sehr nach Harry Mudd«, sagte Scotty zweifelnd.
»Was war da mit dem Pferd?«
»Wir hätten ihm mehr Fragen stellen sollen«, sagte Kirk und trommelte mit den Fingern auf
der Stuhllehne.
Chekov sah enttäuscht aus.
»Ich bin anderer Meinung, Jim«, sagte der Doktor besorgt. »Auch für mich klang es nicht
nach Mudd. Aber Hypnose ist eine heikle Angelegenheit – er wäre entweder stärker darin
versunken oder er wäre aufgewacht. Er hat dir zwei Planeten genannt – was willst du mehr?«
»Ich denke, wir konnten kaum mehr erwarten. Aber es ist so vage… Trotzdem danken wir
Ihnen, Mr. Chekov.«
»Was habe ich gesagt?« fragte Chekov. Die Aufnahme, die ihm vorgespielt wurde, verblüffte
ihn nur. »Ich verstehe das nicht«, sagte er. »Was war das für ein Fremdwort? Es war nicht
russisch – ich kenne es nicht mal. Und ich habe noch nie ein Pferd gesehen. Es hat keine
Bedeutung.«
»Zumindest keine bewußte«, sagte McCoy.
»Und ich glaube nicht, daß es etwas mit Mudd zu tun hat«, sagte Chekov schließlich.
»Fliegen wir zum – wie hieß er noch – Kuban, Captain?«
»Haben wir eine andere Wahl?« sagte Kirk müde. »Als Spur taugt er soviel wie eine Feder
im Wind, aber er ist alles, was wir haben.«

Der Androide Mudd II erklärte, seine Logik-Schaltkreise wären überlastet, und ging hinaus.
Spock blickte ihm versonnen nach.
»Sie billigen das alles sicher nicht, Spock.«
»Captain, ich habe dazu überhaupt nichts zu sagen. Auch meine Logik-Schaltkreise sind
überfordert.«
»Ich gestehe Ihnen, Spock, meine auch. Aber zumindest haben wir eine Richtung, in der wir
Aktivitäten setzen, anstatt hier herumzusitzen und uns geistig im Kreise zu drehen.«
»Das gebe ich zu, Captain. Was immer es wert sein mag. Sie hätten aber genausogut eine
Nadel in eine Sternenkarte stecken können.«

Der Planet Kuban war felsig, unfruchtbar und unbewohnt. Es gab keinerlei Anzeichen von
Leben auf ihm.
Dagegen war der Planet Sarai im Sektor 29-G so aktiv wie ein Bienenhaus – eine
Transitstation für Güter, die in diesem Sektor ein- und ausliefen.
»Es könnte ein ideales Versteck sein – wie geschaffen für eine Nadel im Heuhaufen«, sagte
Weinberg. »Wem würde bei dieser Menge ein Schiff mehr oder weniger auffallen?«
»Ich glaube nicht, daß Sie die Prinzipien planetarischer Verkehrskontrolle verstehen,
Bootsmaat«, sagte Spock trocken. »Jede Parkbahn ist zugewiesen und bekannt. Wir können
nachfragen, ob das Schiff hier war. Man weiß es bestimmt.«
Aber der Superstella war auf Sarai keine Umlaufbahn zugewiesen worden, und sie befand
sich ganz sicher nicht unter den Schiffen, die gerade be- oder entladen wurden.
»Das war’s dann«, sagte Kirk. »Es war eine ziemlich schwache Spur.« Er saß in seinem
Kommandosessel und blickte zu Boden.
»Ich habe Sie im Stich gelassen. Ich konnte ihn nicht finden«, sagte Chekov traurig.
»Das ist nicht Ihre Schuld, Mr. Chekov. Ihr Unterbewußtsein ist nicht Harry Mudd, wofür
wir alle sehr dankbar sein müssen.«
Sarai ersuchte höflich darum, daß die Enterprise, wenn ihre Aufgabe hier beendet war, für
den hereinkommenden Verkehr Platz machen möge. Auch verneinte man, daß die Anlagen
jemals zum Verschiffen von Dilitiumkristallen benutzt worden waren. Das große Sternenschiff
nahm Kurs auf interstellaren Raum.
Sie flogen ziel- und hoffnungslos herum, darüber im klaren, daß die Zeit knapp wurde. Als
Uhura eine hereinkommende Nachricht meldete, krümmte sich Kirk innerlich. Es würde wohl
die Sternenflotte sein, die ihre dringende Order wiederholte. Und er hatte nichts zu berichten.
»Das ist eigenartig.« Uhura drehte an den Kontrollschaltern. »Es ist – Captain! Es ist Mudd!«
Alle stürmten zu Uhuras Konsole. »Er sendet auf einer allgemeinen Frequenz – ein Rundruf.
Er muß in der gesamten Galaxis zu hören sein! Er sagt, er will Angebote für zweihundert
Kilotonnen Kristalle einholen, Captain!«
»Was hat er mit dem Rest gemacht? Wo ist er?«
»Er will seinen Preis in die Höhe treiben, Captain. Er kann es sich leisten, seinen Bestand
langsam und teuer in das System zurückfließen zu lassen. Und wenn dieser erschöpft ist, hat er
immer noch die Verträge«, sagte Spock.
»Uhura, können Sie ihn lokalisieren? Die Koordinaten?« »Das ist sehr schwierig, Captain.«
»Finden Sie die Funkrichtung heraus, Leutnant.« »Subraumfunk arbeitet nicht wie
Realzeitfunk, Sir. Ist die Nachricht einmal in die Subraumsendung kodiert, wird sie ein
Bestandteil des Dirac-Signals. Sofern die Nachricht selbst keine Koordinaten enthält, ist es fast
unmöglich, eine einzelne Sendung bis zu ihrer Quelle zurückzuverfolgen.«
»Das Dirac-Signal?« sagte Weinberg.
»Der Subraum enthält alle Nachrichten, die je gesendet wurden oder noch gesendet werden,
und zwar gleichzeitig. Unsere Empfänger reagieren nur auf speziell kodierte Sendungen,
Bootsmaat.«
»Ich verstehe – glaube ich.«
»Aber Sie können sagen, ob er sich in der Nähe dieses Sektors befindet?«
»Ja, Sir. Mit dem Wellendekodierungsfaktor. Er befindet sich in diesem Quadranten.«
»Hölle und Verdammnis!« fluchte Kirk.
»Captain, er wird nähere Angaben machen müssen, um seine Angebote zu erhalten. Warten
wir einfach ab«, sagte Spock.
»Sie haben recht, Mr. Spock. Da sind sie schon«, sagte Uhura. »Minus 72 Mark Null
Entfernung 59 Kiloparsek.«
»Ein Gebiet von 38,792.473 Kubik-Parseks, Captain. Ziemlich viel. Er dürfte sich im
Kugelsternhaufen NGC 104 im Sternbild Tukana, unweit der romulanischen Grenzen, befinden.
Es wird nicht einfach sein, ein einzelnes Schiff in einem Kugelsternhaufen zu finden, Captain«,
sagte Spock von seiner Station.
»Ja, Captain. Allein die elektromagnetischen Strahlungen werden wahrscheinlich unsere
Instrumente stören«, fügte Scott hinzu.
»Sind die Sterne so eng beisammen, daß es unmöglich ist, einen Kurs beizubehalten,
Spock?«
»Nein, Sir. Dieser Cluster weist Konzentration III auf. Die dichtesten stehen ungefähr ein
halbes Lichtjahr auseinander. Wir haben gute Chancen. Aber eine meteoritische Suche dürfte
extrem schwierig sein.«
»Wenn man bedenkt, wie die Chancen vor einer Stunde gestanden sind, Spock, so hat sich
unsere Lage deutlich gebessert. Nehmen Sie Kurs auf Tukana, Mr. Chekov!«

Die Bildschirme, die auf Bilder in Realgröße eingestellt waren, zeigten einen verblüffenden
Himmel. Das Licht aus der Galaxis ging in dem Glühen der tausend Sonnen des Clusters unter.
Die Sterne seines Kerns standen zu dicht beisammen, um als Konstellationen erkennbar zu sein,
und verschmolzen zu einer blauweißen Helligkeit, die den Schatten vom Hauptdeck des Schiffes
auf die Antriebsrümpfe warf. Plötzlich schienen die Lichter im Schiff trübe und matt zu sein. Die
Offiziere und die Mannschaft der Enterprise starrten in den strahlend glänzenden Himmel.
»Irgendein Hinweis auf Mudd, Spock?« fragte Kirk schließlich.
»Die Sensoreninterferenz ist sehr stark, Captain. Wenn er sich da drinnen versteckt« – Spock
deutete auf das gleißende Zentrum des Haufens –, »ist es wahrscheinlich unmöglich, seinen
Standort zu bestimmen. Er hat den bestmöglichen Zufluchtsort gewählt.«
»Hm«, sagte Kirk. »Leutnant Uhura, senden Sie eine Nachricht an Harry Mudd. ›Die
Raumflotte betrachtet Ihre Handlungen als höchst vorschriftswidrig und als Verletzung der
Geschäftsmoral. Es werden keinerlei Angebote erfolgen. Die Enterprise nähert sich Ihnen.
Ergeben Sie sich und begeben Sie sich in Gewahrsam der Enterprise!‹«
Die Bildschirme flackerten, und die Bildanzeigen auf Uhuras Konsole waren mit wirbelnden
Farben zum Bersten voll. »Die Geräuschunterdrückung wird mit den Interferenzen nicht mehr
fertig, Captain. Ich erhalte eine Nachricht, aber ich bekomme sie nicht klar herein.«
»…clkgl… brmmm… erster Qualität… dreißigtausend… Kredite… Bevollmächtigter der
Klingonen… Code acht-drei zwei – höre ich – « Die Stimme wurde leiser, dann war sie wieder
zu verstehen.
»An die… Enterprise… Grüße… von Ihnen wieder zu hören… aus meiner kleinen Auktion
ausgestiegen… vierzig, Regulaner Gruppe Vier… schade, nicht… Föderation…
bewegungsunfähig… fünfundvierzig? Zum Ersten – «
»Er hält wirklich eine Versteigerung!« sagte Kirk erstaunt.
»Wieso bietet da jemand? Klingonen, Romulaner – er muß verrückt sein.«
»Das glaube ich nicht, Jim«, sagte McCoy. »Er blufft. Wir wissen, daß die Klingonen und
Romulaner nicht bieten, aber er nicht.«
»Wissen wir das wirklich?« warf Spock düster ein. »Ich bin sehr skeptisch, daß im
Hauptquartier alles in Ordnung ist.«
»Captain!« sagte Sulu. »In der Gruppe bei 35 Grad 7 Minuten gibt es eine kalte Masse –
sehen Sie!« Der Bildschirm rückte in Scharfeinstellung eine Gruppe des Sternhaufens, acht
auffällige Doppelsterne, in den Brennpunkt. »Ich habe das Hintergrundlicht herausgefiltert.
Irgendwo da drin befindet sich entweder ein kleiner toter Stern – oder ein Raumschiff!«
Kirk knirschte mit den Zähnen und knurrte »Ihm nach!«
Die Enterprise brauste vorwärts, so nahe an den Sternen vorbei, daß man nur die Hand
ausstrecken brauchte, um sie wie Trauben zu pflücken, dachte Kirk. So nah und so hell…
»Da ist er!« Die Taster zeigten die unverkennbare Form eines Schiffes an.
Die Kommunikationskonsole explodierte zu lautem Leben. »Wären Sie bitte so freundlich,
aus meinem Bereich zu verschwinden, Sir?« Mudds Gesicht, das vor Wut einem Schlaganfall
nahe schien, tauchte auf dem Bildschirm auf. »Dies gehört nicht zum Hoheitsgebiet der
Föderation, und Sie haben kein Recht, hier einzudringen. Sie stören!«
»Ich bin ermächtigt, mich mit Ihnen zu beschäftigen, wo immer Sie auch sind. Kommen Sie
freiwillig?«
Kirk hoffte, daß seine Stimme nicht seine Unsicherheit verriet – die Sache mit der
Versteigerung –, die Zweifel wegen eines Saboteurs der Sternenflotte –
»Du lieber Himmel, James Kirk. Lernen Sie es denn nie? Warum hetzen Sie mich quer
durchs Universum, ruinieren meine Geschäfte und zerstören meine restlichen Bemühungen, mich
zu rehabilitieren – Sie haben keinen Grund, mich zu verhaften oder einzusperren, und das wissen
Sie ganz genau!« dröhnte das flackernde Bild. »Ich habe kein Gesetz gebrochen – und außerdem
befinden wir uns außerhalb des Wirkungsbereichs der Föderationsgesetze. Verschwinden Sie,
Kirk. Sonst muß ich gegen Sie vorgehen.«
»Drohen Sie mir nicht, Sie – aufgeblasener Rowdy!«
»Sie wären besser beraten, ein Angebot abzugeben, Kirk, anstatt Ihre Zeit mit Beleidigungen
zu vergeuden«, sagte Mudd ungerührt. »Sie kriegen einen Rabatt, weil wir alte Freunde sind. Nur
vierzigtausend – ein Angebot, das man nur einmal im Leben erhält!«
»Wieso glauben Sie, daß Sie Güter stehlen und sie zum doppelten Preis an die rechtmäßigen
Eigentümer zurückverkaufen können? Sie haben verdammt komische Vorstellungen vom Gesetz,
Mudd.«
»Ich bin der rechtmäßige Eigentümer, Captain. Ich habe diese Kristalle gekauft und dafür
bezahlt. Haben Sie noch nie etwas von Inflation gehört, alter Junge? Und die Arbeitskosten
heutzutage, überall das gleiche in der Galaxis. Was kann ein armer Geschäftsmann in diesen
Zeiten schon tun? Soll ich vielleicht einen Verlust machen? Bin ich vielleicht zum Vergnügen im
Geschäft?«
»Ist er im Bereich des Traktorstrahls, Scotty?« zischte Kirk in das Intercom.
»Ich bin nicht sicher, Captain. Aber ein winziger Hüpfer noch, und wir haben ihn.«
»Sie haben noch eine Chance, Mudd, bevor wir Sie holen. Kommen Sie freiwillig?«
»Da müssen Sie schon früher aufstehen!« sagte Mudd und verschwand.
»Fesselfelder an!« schrie Kirk.
»Geht nicht, Sir. Er ist weg. Er hat uns ausgetrickst.«
Kirk sprang förmlich auf Sulus Konsole zu. »Wo immer er hinfliegt, wir folgen ihm!«
Sie tauchten in das Zentrum des Clusters ein. Schweiß rann Sulu von der Stirn. Er brauchte
seine ganze Erfahrung als Steuermann, um auf die Informationen, die in wilden Zahlenkaskaden
auf ihn einstürzten, zu reagieren. Rote, blaue und weiße Sonnen peitschten fast unsichtbar an ihm
vorbei, und das Schiff zitterte, als die Computer die Gravitationsunterschiede und die hohe
Strahlung kompensierten.
»Wir verlieren ihn, Sir.«
»Sol Sieben.«
»Er baut seinen Vorsprung immer noch aus«, sagte Chekov. »Captain! Sein Kurs führt aus
der Galaxis heraus! Er beschleunigt immer schneller auf die Barriere zu!«
»Mister Scott – Sol Acht!« Mit zusammengekniffenen Lippen stieß Kirk den Befehl hervor.
»Captain«, sagte Spock hartnäckig. »Halten Sie das für ratsam? Wir können keinen
Zusammenstoß mit der Barriere riskieren.«
»Ich kriege diesen elenden Galgenvogel, und wenn es das letzte ist, was ich tue!« Kirks
Augen blitzten entschlossen.
»Captain, Sie führen die Enterprise wahrscheinlich auf einen Kurs ins Verderben«, sagte
Spock ganz ruhig.
Das Schiff raste weiter hinter Harry Mudd und den Dilitiumkristallen her. Scotts
protestierende Stimme und der Lärm der Maschinen wurden immer lauter.
Kirk entspannte sich etwas. »Also gut, Spock. Ich gebe zu, er bringt mich auf die Palme- aber
wir haben den Auftrag, diese Kristalle zurückzuholen. Was schlagen Sie vor, was wir tun sollen:
unterwürfig zum Kommando zurückkriechen und sagen, daß wir zu feige waren, ihm
nachzujagen? Nicht nur die Enterprise, die gesamte Galaxis steht auf dem Spiel!«
»Wenn wir in der Barriere umkommen, Sir, rettet das die Galaxis auch nicht.«
»Wir holen auf, Captain!« sagte Sulu. »Wir kommen ihm näher.«
Kirk blickte seinem Ersten Offizier ins Gesicht. »Schnappt ihn!«
Das Zittern des Schiffs hatte nachgelassen. Sie streiften durch den klaren, staubfreien Raum
zwischen den letzten vereinzelten Sternen der Galaxis – und der Barriere aus unbegreiflichen
Energien, die sie umschloß. Mudds Schiff war kaum feststellbar. Die Spiralarme der Galaxis
lagen weit über ihnen…
Sulu wartete auf Befehle, die Hände zu raschem Handeln bereit. Seine Konsole zeigte, wie
der Lichtpunkt der Enterprise auf das flammendrote Warndiagramm zuraste – ein Bereich, in
dem Raumschiffe manövrierunfähig werden und der menschliche Verstand infolge überlasteter
Sinne zusammenbricht. Das winzige Licht der Superstella erreichte die rote Zone und ging aus.
»Sol Neun, Sir? Das Schiff hält das nicht mehr aus!« sagte Scotty aus dem Maschinenraum.
»Sind Sie sicher, Captain?« Das Schiff bewegte sich nicht mehr ruhig. Ein grelles Quietschen
bohrte sich in ihre Schädel.
Ängstliche und besorgte Stimmen schrien Kirk an. Scott, Spock, McCoy, alle zweifelten an
ihm. Sie wollten umkehren und die wertvolle Ladung, die dieser Pirat Mudd mit sich führte,
aufgeben.
Das Licht auf Sulus Schirm erreichte die Korona der Barriere…
»Khabadar!« Chekov sprang aus seinem Sessel und stürmte mit den Armen fuchtelnd quer
über die Brücke. McCoy packte ihn.
»Was ist los, Chekov? Verhalten Sie sich ruhig!«
Chekov versetzte ihm einen Schlag gegen die Schulter, der ihn aus dem Gleichgewicht
brachte. »Du dreckiger Hund! Du wagst es, Hand an mich zu legen?« Er drehte dem verblüfften
McCoy den Rücken zu, als ob der Doktor aufgehört hätte, zu existieren.
»Eine Ratsversammlung, eine Ratsversammlung. Noch in dieser Nacht marschieren wir
gegen Herat. Bring Wein, du.« Er klopfte Uhura auf den Oberschenkel. »Und bedecke dich,
Nubierin, vor diesen Schweinen.«
Uhura glotzte ihn an.
Er trat auf Kirk zu, warf den überraschten Captain aus dem Kommandosessel. »Du bist
anmaßend, Togluk.« Dann lächelte er liebenswürdig. Ein eigenartiges Licht glitzerte in seinen
Augen. »Aber ich werde darüber hinwegsehen, da du ein so scharfes Auge besitzt… Wo bleibt
die Frau? Mich dürstet.« Er lehnte sich im Kommandosessel zurück. Die Mannschaft starrte ihn
an.
»Was ist in ihn gefahren?« sagte Kirk.
»Ich weiß es nicht«, sagte McCoy und rieb sich seine Schulter.
»Aber er hört sich wie zuvor unter der Hypnose an. Hey, Chekov, wachen Sie auf! Pavel
Andrewitsch, wachen Sie auf!« »Hört mit diesem Lärm auf.« Chekov winkte lässig mit der
Hand. Das Schiff zitterte. »Ich bin müde. Bringt mir kühle Getränke, oder ihr sterbt alle.«
»Wer glaubt er zu sein?« fragte Kirk.
»Ich habe nicht die geringste Idee. Ich sagte euch doch, daß es heikel war – eine blöde
Idee…« McCoy schlich auf Zehenspitzen zu dem murmelnden Chekov. »Ausgerechnet jetzt
haben wir einen geistesgestörten Navigator!«
»Kommt zur Ratsversammlung!« brüllte Chekov. »Bei Sonnenaufgang und Morgenstern
werden die Pferde aus dem Osten die Runde machen. Pfeile, griechische Feuer… Aha, du
versuchst dich an mich heranzuschleichen, du Stück Dreck? Nimm das!« Chekov schlug wild auf
McCoy ein, da -
Der Lichtpunkt drang stumm in die rotglühende Zone ein. Die Enterprise bockte wild; Scott
versuchte, der wildgewordenen Elefantenherde im Maschinenraum auszuweichen; Unteroffizier
Weinberger wurde von seinem Trikorder geküßt; Leutnant Uhura blickte aus ihrem
Empfangsschirm heraus.
Achtzehn Mannschaftsmitglieder verstanden plötzlich den Sinn und Zweck des Kosmos.
Der Bildschirm flackerte und wurde leer; Spock dachte daran, seiner Mutter Blumen zu
schenken; Zwillingssonnen aus Knallquecksilber saßen hinter Kirks Augenlidern und tauchten
ihn in Dunkelheit…

… die sofort wieder verging. Er raffte sich auf und rannte zur Navigationskonsole. »McCoy,
bist du in Ordnung?«
McCoy wand sich unter Chekovs Gewicht hervor. »Nur blaue Flecken. Aber anscheinend
habe ich hier einen Patienten.« Er zog seinen medizinischen Trikorder heraus und beugte sich
über Chekov. Er schüttelte das Instrument. »Verdammt noch mal, was ist passiert?«
»Ich weiß nicht«, sagte Kirk. »Wir müssen gegen die Barriere geprallt sein.«
»Der Trikorder funktioniert nicht mehr. Mal sehen, was ich ohne ihn tun kann.« Er fühlte
Chekovs Puls und hob seine Augenlider. »Ich glaube, er ist in Ordnung. Kommen Sie schon,
Pavel, wachen Sie auf. Los, Junge…«
Chekov stöhnte und öffnete die Augen. »Was ist passiert? Das Schiff – wo sind wir?« fragte
er benommen.
»Weiß Gott wo«, sagte Kirk grimmig. »Und da Sie wieder unter uns weilen, Chekov,
bräuchten wir einen Navigator.«
»Ja, Sir.« Chekov stolperte zu seinem Sessel.
»Ich glaube, wir kriegen im Bordlazarett eine Menge Arbeit«, sagte McCoy. »Ich gehe besser
nach unten.« Langsam erhoben sich die auf der Brücke am Boden liegenden Körper.
»Oh, mein Kopf.« – »Doktor, mein Bein!« – »Bootsmaat Weinberg, steigen Sie von meinem
Bauch herunter.« Stimmen erhoben sich. Offiziere und Mannschaft suchten sich nach
Verletzungen ab.
Kirk schleppte sich zu seinem Kommandosessel zurück. Er spürte eine Muskelzerrung in
seinem Rücken. »Hier spricht der Captain. An alle Abteilungen. Schadensmeldungen.«
Langsam kamen Meldungen von zitternden Stimmen herein. »Deck Ebenen Siebzehn und
Neunzehn, zwei Männer bei Kollision mit Schott verwundet… Intensivstation, vier Männer hier,
Zustand ungewiß… Das Schwimmbecken hat den Korridor auf Deck Einundzwanzig überflutet
– Eingang zum Transporterraum in geschlossener Position verbogen… Messe außer Betrieb…
Klärschlammtanks Vierundzwanzig und Achtunddreißig explodiert…«
»Zwanzig kleine Unfälle, achtzehn Knochenbrüche, ein Mann noch ohne Bewußtsein«, sagte
McCoy, als er zurückkam. »Es tut mir leid, Captain, aber der Bewußtlose ist Scotty.«
»Deshalb sind die Meldungen vom Maschinenraum so unzusammenhängend! Übernehmen
Sie, Spock, ich gehe besser mal runter. Hoffentlich sind die diensthabenden Männer in der Lage,
sich einen Begriff von der Situation zu machen.« Der Maschinenraum war ein einziges Chaos.
Männer beugten sich über Maschinen, murmelten angespannt, klopften und hämmerten und
reichten sich Werkzeuge. Die flackernden Lichter zeigten umgefallene Stühle und Werkzeuge,
die verstreut am Boden lagen. Es roch nach heißem Schmiermittel, und ein ominöses Summen
war zu hören.
»Lagebericht«, sagte Kirk knapp.
Einer der Ingenieure löste sich aus einer Gruppe und bewegte sich durch das zeitweise
aussetzende Licht. »Das ist schwer zu sagen, Sir. Der Antrieb reagiert nicht, und wir scheinen
ein Leck in der Energieversorgung zu haben. Wir versuchen es gerade zu lokalisieren. Die Kühl-
und Heizsysteme sind in Ordnung. Aber die Lebenserhaltungssysteme auf Deck Zehn bis
Dreizehn sind ausgefallen – oder die Monitore sind es. Ich hoffe, daß sich keiner mehr dort
aufhält.«
Kirk ließ ihn stehen und rannte zum Intercom. »Sicherheitsabteilung, schicken Sie einen
Trupp in Anzügen auf Deck Zehn bis Dreizehn – mögliches Versagen der Lebenserhaltung.« Er
drehte sich um. »In Ordnung, Ingenieur, reden Sie weiter.«
»Siebzig Prozent der internen Energieblöcke arbeiten, Sir. Die Antriebssysteme – ich weiß
nicht, Captain. Die Kristalle reagieren eigenartig. Ich wünschte, Scotty wäre hier – geht es ihm
gut, Sir?«
»Er liegt im Lazarett, immer noch bewußtlos. Aber der Doktor glaubt nicht, daß er schwer
verletzt ist. Soweit man bis jetzt sagen kann.«
»Danke, Sir. Soll ich – « Der Mann deutete auf die Gruppe. »Machen Sie um Gottes willen
weiter. Melden Sie sich in Abständen auf der Brücke.«
»Ja, Sir.« Kirk griff nach der Tür, die ächzte, als er sie öffnete, und ging zur Brücke zurück.
»Spock, wo sind wir?« Kirk ließ sich in seinen Sessel fallen. »Ich habe das festgestellt,
während Sie unten waren, Sir. Es scheint, daß wir völlig aus dem Bereich der Galaxis
geschleudert worden sind, direkt durch die Barriere hindurch. Wenn Sie auf den Schirm blicken,
können Sie unsere Galaxis sehen.«
Die große Spirale füllte das untere rechte Viertel des Schirms aus. Es sah aus, als ob eine
gigantische Hand Diamantenstaub auf trockene Tinte verstreut und einmal umgerührt hätte. Im
weißglühenden Kern der Spirale trafen sich wirbelnde Arme, umschlangen sich und
verschmolzen zu einem Lichtfleck, der einen mit glitzernden, gefrorenen Bluttropfen bespritzten
Heiligenschein zu werfen schien. Zahllose, scharf umrissene, blaue Punkte, die den
Diamantenstaub durchstießen, ließen auf die heftigen Fusionsprozesse junger Sonnen schließen.
»Ah«, sagte Kirk. »Das ist ja gar nicht so weit weg, Spock.« »Captain, das da ist unsere
Region.« Spock zeigte auf einen winzig kleinen Fleck am unteren Ende des Schirms. Er stellte
ihn auf höhere Vergrößerung und zeigte auf einen der kleinen Lichtpunkte.
»Die Föderation ist ungefähr hier.« »Können wir zurück?«
»Das, Captain, ist eine interessante Frage. Wir befinden uns gegenwärtig in der kleinen
Nachbargalaxis, die man als Nubecula Minor kennt – die Kleine Magellanwolke. Die Föderation
ist ungefähr einhundertfünfundsechzigtausend Lichtjahre von uns entfernt. Wenn wir jetzt die
Rückkehr antreten, dann erreichen wir die Föderation in schätzungsweise
vierhundertsechsundsechzig Jahren, sieben Monaten und dreiundzwanzig Tagen, vorausgesetzt,
die Barriere bietet kein unüberwindbares Hindernis. Natürlich hätten wir wahrscheinlich
genügend Zeit, eine Möglichkeit zu entwickeln, sie kontrolliert zu durchdringen.«
»Vierhundertsechsundsechzig Jahre?« »Das ist korrekt.«
»Standardjahre?« fragte Kirk, der sich an einen Strohhalm klammerte.
»Ja, Captain. Sollte diese intergalaktische Reise uns nicht die Unsterblichkeit verliehen
haben, dann sieht es nicht so aus, als würden wir dem Sternenflottenkommando in absehbarer
Zeit Dilitiumkristalle liefern können.«

Auf der Brücke herrschte Stille, nachdem jeder Offizier die Fakten vernommen hatte.
Schließlich fragte Kirk ruhig: »Und Mudd?«
Zur Antwort stellte Spock den Hauptbildschirm ein. Ruhig schwebte die Superstella in
dessen Mitte. »Er ist jetzt im Traktorstrahlbereich, wenn Sie ihn haben wollen.«
Uhura sagte teilnahmslos: »Ich glaube, er ruft uns.«
»…Nun, das wurde auch Zeit, Junge. Ich dachte, Sie würden überhaupt nicht mehr
antworten. Sie können die gesamte Ladung für nur fünfundzwanzigtausend pro Tonne haben,
wenn Sie sie sofort abnehmen…«
»Er feilscht immer noch?« sagte Weinberg verwundert. Außerhalb des Schiffs pulsierte ein
Stern. Sein Licht wurde zunehmend heller. Von seinem flackernden Licht erhellt, taumelte die
Gestalt einer Frau über den Bildschirm. Das Schiff zitterte leicht. Mudds Stimme war durch die
Störung undeutlich.
»Ein variabler Stern«, sagte Spock kühl. »Wir sind ziemlich nahe, und der hier scheint eine
kurze Periode zu haben. Vielleicht sollten wir abdrehen.«
»Wir können nicht«, sagte Kirk hilflos. »Keine Energie. Was war das für eine Frau? – Oder
war es eine Halluzination?«
»… Das tut mir leid, Junge, achtzehntausend, definitiv das letzte Angebot…«
»Mudd, wer war diese Frau?«
»…und nicht eine Minikredit weniger…« sagte Mudd. Uhura stieß einen Schrei aus. Der
Schirm zeigte in Großaufnahme ihr Gesicht, ihr Mund war zu einem stillen Schmerzensschrei
geöffnet. Das Gesicht drehte sich weg, und Schleier schwebten über den Sternen.
»Unionbee kwa Mungu! Was war das?« schrie Uhura entsetzt.
»Der Android! Er hat sie über Bord geworfen!« sagte Weinberg.
»Uhura, nehmen Sie sofort wieder Kontakt mit Mudd auf. Das ist ein Befehl.«
»Ja, Sir«, antwortete Uhura schwach. Ihre zitternden Hände bewegten sich unsicher über die
Konsole.
Jetzt schien der Raum außerhalb des Schiffs von fallenden Mädchengestalten erfüllt zu sein,
die von der Helligkeit des pulsierenden Sterns angestrahlt wurden. Blonde, Rothaarige,
Dunkelhaarige, alle bewegten sich träge im luftleeren Raum.
»Sicherheitsabteilung, können wir diese Androiden aufnehmen?«
»Ich denke schon, Sir.«
»Sie scheinen bei Bewußtsein zu sein. Bringt sie herein.« Kirk sah zu, wie die Greifer
ausgefahren wurden, die Androiden packten und sie außer Sicht zogen.
»Meldung vom Maschinenraum, Sir. Chefingenieur meldet sich zum Dienst.«
Das willkommene Schnarren erreichte Kirk durch das Intercom.
»Scotty! Sind Sie wieder auf den Beinen?«
»Sie haben doch nicht angenommen, daß ich im Bett liegenbleibe, wenn es Probleme im
Maschinenraum gibt, Captain? Hier unten haben wir ein tödliches Problem. Wir kriegen keine
Energie – aber die Maschinen sind funktionsfähig. Irgend etwas stimmt mit dem Kristallvorrat
nicht.«
»Und da draußen gibt es eine ganze Schiffsladung davon«, sagte Kirk. »Uhura, haben wir
Kontakt?«
»Ja, Sir.« Mudds Gesicht erschien, seine Lippen bewegten sich lautlos. Langsam blendete
sich der Ton ein.
»…Und nach reiflicher Überlegung, mein Junge, gebe ich es Ihnen für nur fünfzehntausend
die Tonne, einschließlich der Gebühren, und nehme einen Verlust in Kauf…« Sein
Gesichtsausdruck war merkwürdig besorgt. Ab und zu blickte er hinter sich.
»Captain«, sagte Spock, »wir erhalten zunehmende Masse-und Strahlungswerte von diesem
Schiff. Irgend etwas scheint an Bord dieses Schiffes vor sich zu gehen.«
»…dreizehntausend, Captain, ein Geschenk, der Transport alleine…«
»Warum haben Sie Ihre Mannschaft über Bord geworfen, Mudd?« sagte Kirk.
»Ich bin nicht in der richtigen Stimmung für Liebe, mein Junge. Ich mache Ihnen einen
Vorschlag. Sie können die ganze Ladung zum Pauschalpreis von fünfzigtausend haben. Diesseits
von Andromeda können Sie unter Garantie kein besseres Geschäft machen.«
Kirk wurde vom Maschinenraum gerufen. »Die Dilitiumkristalle, Captain; ich kenne den
Grund nicht, aber sie wachsen! Die Ladebehälter fangen an, sich zu verbiegen. Das gefällt mir
gar nicht, Captain…«
Spock sagte: »Mit Ihrer Erlaubnis würde ich diesem Phänomen gern auf den Grund gehen.«
Kirk nickte.
»Mudd, was muß man eigentlich tun, um Sie von Ihrer eingleisigen Denkweise abzubringen?
Wissen Sie nicht, daß wir beide fünfhundert Jahre von zu Hause entfernt sind und Ihre
Geschäftemacherei – irrelevant ist? Zum letzen Mal, bringen Sie die Kristalle im Eiltempo
herüber – sonst hat überhaupt keiner mehr eine Chance. Außerdem können Sie aufhören, diese
Mädchen aus Ihrem Schiff zu werfen. Wir nehmen sie auf.«
Spock kehrte mit ernstem Gesicht zurück. »Captain, die Kristalle vergrößern sich tatsächlich
und senden hochgradige Strahlungen aus. Der Flug durch die Barriere muß ihre Gitterstruktur
verändert haben – sie sind instabil geworden.«
»Ist das der Grund, warum wir keine Energie haben?« »Vielleicht, zumindest teilweise. Man
kann sich nicht mehr darauf verlassen, daß sie die Materie-Antimateriepartikel kontrollierbar
lenken, und die Reaktion steigt geometrisch. Es scheint eine Verbindung zu diesem variablen
Stern zu geben.« »Captain!« rief Scotty.
»Ich bitte um die Erlaubnis, den Vorrat an Kristallen über Bord werfen zu dürfen. Sie haben
soeben die Behälter gesprengt!« »Spock?«
»Ich glaube, es ist notwendig, Captain. Die Kristalle scheinen mit den Pulsschlägen der
Sterne nachzuschwingen, und in ungefähr einer Stunde hat er seinen Explosionspunkt erreicht.
Wenn der Stern explodiert, könnten die Kristalle darauf reagieren – und zwar drastisch.«
Kirk gab den Befehl. Wenn sie jetzt nicht Mudds Fracht bekamen, gab es keine Hoffnung
mehr, den Antrieb reparieren zu können. Nicht einmal fünfhundert Jahre würden reichen, die
Enterprise zurück in die Galaxis zu bringen. »Leutnant, geben Sie mir Mudd!«
»Captain«, sagte Weinberg. »Mudds Ladung ging ebenfalls durch die Barriere. Vielleicht ist
er deshalb – schauen Sie!«
Im diastolischen Licht des Sterns kamen Möbel, Koffer und Instrumente aus der Superstella
zum Vorschein und taumelten durch den luftleeren Raum.
»Wenn das stimmt«, bemerkte Spock, »ist es nur noch eine Frage der Zeit, wann sein Schiff
zerspringt. Die Kristalle werden es einfach – umhüllen.«
»… Zehntausend…« Die gequälte Stimme war nur schwach zu hören.
»Und er wird in einer Masse aus Dilitiumkristallen gefangen sein?«
Spock nickte.
»Ich bin versucht, ihn dort zu belassen, Spock.«
»Ein Kristallplanetoid, und Mudd darin eingelagert«, sinnierte Weinberg.
»Unglücklicherweise wäre sein Schicksal bald auch das unsere, Captain. Wir sind zu nahe
dran, um nicht mit hineingezogen zu werden.«
»Begrabt den Hund lebendig!« sagte Chekov mit Genugtuung. »Einer mehr nach
zweitausend, wie steht es damit?«
»…Zweitausend? Sind Sie verrückt, Junge?« »Siebzigtausend Köpfe lagen um die Mauern
von Isphanan, und niemand sprach mehr von Rebellion. Genug, sage ich! Zu welcher Stunde
kamen die Mamelukken?«
»…Sagten Sie siebzigtausend?…«
»Chekov ist schon wieder weg«, sagte Sulu. »Soll ich Doktor McCoy rufen, Sir?«
»Was? Den mit den Hühnerbeinen? Ruf mir keine Schmarotzer, Arbeitssklave, ich will Blut
sehen!« Chekov machte einen Satz aus seinem Stuhl, mit gefletschten Zähnen und wilden
Augen.
»Ah, du willst dich von hinten wie ein Skorpion anschleichen? Ich ziehe dir deinen Stachel,
Verräter!« Er stürzte sich auf den sich nähernden Sicherheitsposten und versetzte ihm einen
Schlag gegen die Luftröhre. Der Mann röchelte und stolperte. Der andere Posten packte Chekov
auf Kirks Zeichen und hielt seine herumfuchtelnden Arme fest.
Chekov wehrte sich fauchend und beißend. »Verrat im eigenen Lager! Schmutziger
Abschaum! Ich bin Khan und König, Sohn von Dschingis und Erbe von Iskander, und du
beschmutzt meine Person mit deinen Pfoten!«
»Tamerlan!« sagte Weinberg plötzlich. »Jetzt hab’ ich’s. Reichtum und Machthunger, genau,
verbunden mit den Tataren an dem alten Rußland. Das ist faszinierend! Wir haben seine
Erbanlagen wachgerufen…« Er blickte auf den rasenden Chekov und kramte in seinen
Instrumenten herum.
»Was ist hier los?« McCoy rannte herein. »Aha, ich sehe schon.« Hastig verabreichte er
Chekov eine Beruhigungsspritze, und dessen Gesicht nahm wieder langsam seinen üblichen
freundlichen Ausdruck an.
Weinberg war enttäuscht. »Ich wollte ihn studieren.«
»Fähnrich Weinberg, wir haben Wichtigeres im Sinn als das Studium alter, terranischer
Geschichte. Wir sind, falls es Ihrer Aufmerksamkeit entgangen sein sollte, in einer fremden
Galaxis gestrandet. Wir haben keine Energie mehr. Der Verstand unseres Navigators – « Kirk
unterbrach sich und schaute Weinberg an. »Bootsmaat, ich fürchte, wenn wir zur Sternenflotte
zurückkehren, muß ich empfehlen, daß Sie in eine andere Abteilung des Flottendienstes versetzt
werden. Ihre Aufmerksamkeit scheint sich in einer Krise zu befinden.«
»Wenn wir zurückkehren?« Obwohl Sulus Stimme sehr leise war, klang sie so laut wie eine
Totenglocke.
Das Licht des Sterns fing wieder zu glühen an. »Richten Sie den Traktorstrahl auf Mudd ein.
Wir müssen versuchen, ihn da herauszukriegen. Deflektorschirm, Lagemeldung.«
»Alles klar, Captain.«
Der Traktorstrahl blitzte auf. Mudds Schiff entfernte sich mit zunehmender Beschleunigung.
»Was ist los?«
»Der Traktorstrahl scheint das Gegenteil zu bewirken, Sir«, sagte Sulu.
»Captain, wir bewegen uns!«
»In welche Richtung?« fragte Kirk.
Der Traktorstrahl hatte Mudds Schiff weggestoßen. Die Enterprise reagierte auf den Stoß
und fiel auf den Stern zu.
»Versuchen Sie es mit den Deflektoren – und beten Sie!« Einen Moment später zeigte der
Schirm Staub, Tische und Kisten, die auf sie zufielen. »Es klappt!« sagte Sulu. »Die Deflektoren
üben Anziehungskraft aus – und das ist Mudds Schiff!«
»…Schalten Sie aus! Sie können sie umsonst haben, holt mich nur hier heraus!« heulte die
Stimme von Harry Mudd.
Eine Einmannfähre wurde aus der Superstella herausgeschleudert.
»Deflektoren aus.«
»Captain, die Strahlenwerte auf Mudds Schiff erreichen die Gefahrenzone Rot«, berichtete
Spock.
Die Fähre erreichte den Anlegeplatz mit einem hörbaren Schlag. »Traktorstrahl auf das
Schiff, schnell!«
Von ihrer abnormalen Ladung verformt, explodierte die Superstella in einer Detonation aus
Stahl und Licht. Im Himmel hing eine zurückweichende Masse von Kristallen, die den Schein
der expandierenden Sonne auf ihren riesigen Facetten reflektierte. Ein glitzernder
Funkenschwarm raste darauf zu.
»Unsere Kristalle«, sagte Scott traurig. Es blitzte hell auf, als der Dilitiumkristallvorrat der
Enterprise auf die kugelige Masse auftraf.
»Wir haben die Fähre sichergestellt, Sir. Der Mann ist an Bord«, berichtete das
Sicherheitskommando durch das Intercom.
»Captain!« Spock blickte von seiner Konsole hoch. »Wir sind immer noch zu nahe an diesem
– Phänomen – da draußen. Aber es gibt auch eine gute Nachricht. Wir haben uns von dem
variablen Stern wegbewegt. Das gibt uns etwas Zeit.«
»Richten Sie den Traktorstrahl auf diese Formation. Vielleicht können wir sie wegstoßen.
Und bringen Sie sofort Mudd herauf«, befahl Kirk.
Der Strahl schoß heraus; der Kristallplanetoid schien näher zu kommen. Aber Sulu
berichtete, daß sich die Entfernung um 30000 Kilometer vergrößert hatte. »Aber er dehnt sich
immer noch aus, das ist das Problem«, fügte er besorgt hinzu.
»Ohne Antrieb sind wir vielleicht nicht in der Lage, genügend Distanz zu halten«, sagte
Spock.
»Nun, mein Junge«, sagte Mudd, als er zwischen zwei Wachtposten eintrat und sich
abstaubte. »Ich bin zur Überzeugung gekommen, daß Sie recht haben. Wir sind tatsächlich in
einer kleinen Notlage.«
Kirk wußte nicht, was er darauf sagen sollte. »Ich nehme an, wir sitzen hier fest? Keine
Kristalle, kein Antrieb.«
»Das ist korrekt, Mr. Mudd«, sagte Spock. »Sie sollten niemals Ware verkaufen, von der Sie
nichts verstehen.«
»Sie haben nur zu recht, Spitzohr«, seufzte Mudd. »Bringt alle Garantien zum Erlöschen.
Nun, was machen wir jetzt?«
Eine ängstliche Stimme erklang. »Dürfen wir Ihnen Gesellschaft leisten? Wir wissen nicht,
ob wir Ihnen helfen können, aber – « Zwei verschleierte Bantumädchen standen in der Tür.
Uhura gab einen Laut von sich. »Fühlen Sie sich bitte nicht beleidigt, Leutnant. Es war
wirklich ein Zeichen der Bewunderung. Unsere Namen sind Aruhu Sieben und Achtunddreißig.«
Der Kommunikationsoffizier zögerte. Die Aruhus sahen sich an und begannen sich
zurückzuziehen.
»Nein, es ist schon in Ordnung, kommt herein«, sagte Uhura.
Kirk nickte.
Eine der Aruhus sagte: »Unglücklicherweise sind wir nicht in der Lage, unsere Hauptanlage
zu konsultieren. Wir können lediglich unsere individuellen Programme anbieten. Aber, obwohl
der Mensch Mudd uns nur auf Vergnügen programmiert hat, so wurden wir doch nach den
Schablonen Ihres Leutnants gemacht.«
»Deshalb haben wir auch seine anderen Begabungen.« »Ich glaube nicht – «, begann Spock.
»Wer weiß? Es scheint nicht, daß die Nachrichtentechnik das Wissen hat, uns hier
wegzubringen, aber vielleicht fällt ihnen etwas in dieser Richtung ein, Spock«, sagte Kirk.
McCoy kam herein, gefolgt von zwei weiteren hübschen Androiden. »In welcher Richtung?«
sagte er bitter. »Die beiden waren Astrogator und Ingenieur, Jim.«
»Der Ingenieur könnte zu Scotty hinuntergehen, wenn sie will. Sie – Marylin 47, richtig? –,
können Sie die Station unseres Navigators übernehmen?«
»Captain«, sagte eine demütige russische Stimme. »Könnten die mich jetzt loslassen?«
Kirk warf einen strengen und prüfenden Blick auf Chekov. »Im Moment ja«, sagte er. »Aber
behaltet ihn im Auge, Wachen.«
»Ja, Sir«, stimmte Chekov niedergeschlagen zu. Er schaute sehnsüchtig zu seiner Konsole,
die von einer wohlgeformten Blondine eingenommen worden war, die ein Spitzenkleidchen trug.
Weinberg pirschte sich mit seinen Instrumenten im Anschlag an Chekov heran, der sich betrübt
an eine Wand gesetzt hatte. McCoy versuchte, ihn zu trösten.
Die Aruhus gingen zu Uhura, und bald murmelten sie leise in Suaheli. Spock und Kirk
blickten auf die visuellen Anzeigen und grübelten. Mudd machte es sich in einem Sessel bequem
und schaute auf den Bildschirm, als ob er in einem Theater sitzen würde.
Kirk sagte: »Ich denke, das war’s, Spock. Fünfhundert Jahre von Zuhause entfernt, kein
Antrieb und die Systeme des Schiffs arbeiten unzuverlässig… einige Wirkungen sind
entgegengesetzt, andere normal, andere falsch… wir haben den Punkt ohne Wiederkehr
erreicht.«
»Und diese kristalline Anomalie ist äußerst problematisch«, fügte Spock hinzu. »Uns bleiben
vielleicht noch zehn Minuten, bevor die Periode des variablen Sterns ihren Höhepunkt erreicht.«
Ihre Blicke trafen sich. »Es war ein Vergnügen, bei Ihnen Dienst zu tun, James Kirk.«
Kirk merkte, daß er nicht sprechen konnte.
»Schauen Sie sich das an!« schrie Sulu. Sie hoben die Köpfe und blickten mit schwachem
Interesse auf den Bildschirm. Viel anderes blieb ihnen im Moment nicht übrig.
Der Kristallasteroid war jetzt angeschwollen und glühte in rhythmischen Pulsschlägen. Er
füllte den Bildschirm in allen Farben des Prismas und verschwand dann im Licht einer kleinen
gelben Sonne, wobei er das Bild ihres einzigen Planeten verdeckte. Als ihn seine
Spiralbewegung an der Umlaufbahn des Planeten vorbeiführte, war dieser verschwunden.
»Er hat den Planeten verschlungen«, sagte Sulu bestürzt. Er flog weiter auf die Sonne zu.
»Wir werden den Asteroiden nicht mehr wiedersehen«, sagte Spock. »Er ist zu schnell. Wir
können froh sein, daß er uns nicht mit sich gezogen hat.«
Sulu sagte: »Aber warum bewegen wir uns dann, Sir?«
Kirk und Spock gingen zu seiner Station. »Wir stecken in seinem Gravitationsfeld, Captain«,
sagte Marilyn 47. »Wir scheinen ihm zu diesem Stern zu folgen.«
»Können wir uns diesem Feld nicht entziehen?« fragte Aruhu 7.
»Nicht ohne Energie«, antwortete Spock. »Und ich wage nicht daran zu denken, welche
physikalischen Effekte das Objekt jetzt hat, oder was es mit der Materiestruktur des Universums
anstellt. Noch nie konnte sich jemand einen Antimateriereaktor dieser Größe vorstellen.«
Die Sonne flackerte kurz und gleißend auf. Der Schirm wurde leer.
»Ich hätte ins Showgeschäft gehen sollen«, seufzte Mudd. »Sie müssen zugeben, daß ich
einen Riecher für Schauspiele habe.«
»Warum wurden wir nicht mit hineingezogen?« fragte McCoy.
»Wir sind immer noch weit genug entfernt.« Das Schiff begann zu vibrieren. »Trümmer«,
fügte Spock knapp hinzu. Sulu hantierte wie verrückt mit dem umgekehrt funktionierenden
Traktorstrahl.
»Glauben Sie, daß es auf jenem Planeten Leben gab?« fragte Weinberg. »Falls – «
»Das wird man wohl nie wissen«, sagte Kirk.
»Das ist ein einzigartiges Phänomen«, sagte Spock. »Ziemlich faszinierend, auf seine Art.
Die Kristallmasse muß ihre kritische Phase im Gravitationsfeld des Sterns erreicht haben, und
nicht einmal ein stabiler Stern kann dem Ansturm von Antimaterie widerstehen. Er hat seinen
halben Lebenszyklus in wenigen Sekunden statt Jahrmilliarden durchlebt.«
Der Schirm zeigte jetzt Wolken von leuchtender Sternenmaterie, die draußen wogten. Im
Zentrum – nichts.
Weder Stern noch Kristall waren übriggeblieben.
»Wo ist es? Wo ist das Kristallding?« fragte Mudd.
»Er ist aus dem sichtbaren Lichtspektrum verschwunden. Aber ich fürchte, daß sich die
Gefahrenzone ausdehnt, Captain.«
»Es sendet eine sehr starke elektromagnetische Strahlung aus, Sir«, sagte Uhura.
»Die Explosion dieses Sterns erfolgte viel zu schnell, um normale Wirkungen nach sich zu
ziehen. Es scheint logisch, anzunehmen, daß sich der Wirkungskreis unendlich ausdehnt – und
mit dem Anwachsen auch stärker wird.« Spocks Stimme klang besorgt.
»Wird er im Zwei-Tage-Zyklus bleiben?« fragte Kirk.
»Das kann ich nicht sagen. Aber wenn wir uns aus dieser Zone entfernen könnten – «
Von Uhuras Konsole kam ein unerwarteter Bericht. »Wir haben seine
Ausdehnungsgeschwindigkeit aus den Strahlenmessungen errechnet. Er expandiert pulsförmig;
wir glauben, daß er den Zwei-Tage-Zyklus einhalten wird. Mr. Spock, wenn Sie uns helfen,
könnten wir die Gravitationseffekte auf das Schiff berechnen. Es könnte eine Möglichkeit geben,
sie auszunutzen.«
Spock ging zur Konsole und gesellte sich zu den drei schwarzen Frauen.
Zum Glück für die Enterprise ist die Nubecula Minor weder kugel- noch spiralförmig. Sie
hat die Form eines ausgefransten Dreiecks.
»Wenn wir uns am Ende eines dieser Arme stationieren können, würden wir einige Zeit
gewinnen«, murmelte Spock.
»Was bedeutet schon Zeit in dieser Situation?« fragte McCoy bitter.
»Sehr wenig, das ist wahr, Doktor«, sagte Spock. »Aber während der Wirkungsbereich
anwächst, dehnt er sich immer schneller aus… Und für uns gilt immer noch die subjektive Zeit.«
»Captain Kirk! Captain Kirk!« Scotts Stimme durchdrang das Murmeln auf der
Kommunikationsstation. »Wir haben das Nottriebwerk Unterlichtgeschwindigkeit hingekriegt.
Diese Androidin sei gepriesen – sie hat den Verschmelzer mit der Reaktionskontrollschleife
überkreuzt und den Aktinabulator umgeleitet – «
Scott wurde unverständlich. Aber die Brücke schien auf einmal heller zu sein. Bei Uhuras
Konsole fand ein erneuter Meinungsaustausch statt.
»Gut gemacht, Scotty. Bleiben Sie dran.« Aber Kirk wußte, daß sie das unvermeidliche Ende
nur hinauszögerten. Es gab keinen Ausweg, selbst wenn sie die äußerste Spitze des Arms
erreichten. Spock hatte recht gehabt. Er, Kirk, hatte seinem Ärger über den unmöglichen Mudd
erlaubt, sich über seine wichtigste Loyalität hinwegzusetzen. Die Befehle waren eine
Entschuldigung gewesen. Die Enterprise würde sich auf die rühmliche Liste der Verlorenen
gesellen. Die Kristalle waren für immer weg, und nun, da ihre seltsame Verwandlung in der
Barriere bekannt war, gab es keine Möglichkeit, andere Schiffe zu warnen… »Uhura! Können
wir der Sternenflotte eine Nachricht senden?« fragte er ohne Hoffnung.
»Schon, Sir, aber sie würde das Flottenkommando in ungefähr zweihundert Jahren
erreichen.«
Aruhu 38 blickte hoch. »Zweihundert Jahre, drei Monate, siebzehn Tage, sieben Stunden und
zwanzig Minuten, Captain.«
…Und Chekovs Verstand war so unstabil wie die Kristalle geworden. Wie würden die
Vereinigten Planeten das Problem mit den Minenarbeitsverträgen lösen? Und der Saboteur?
Sogar die Klingonen waren nicht bewegungsfähig… Ein nicht lenkbares Element, und das ganze
System erzitterte. Er blickte Mudd mit Groll an…Nein. Zwei nicht lenkbare Elemente. Da gab es
auch noch James T. Kirk mit seinem unbeherrschten Temperament. Es nutzte jedoch wenig, es
jetzt zu bereuen.
»Wir haben die Berechnungen abgeschlossen, Sir«, sagte Spock. »Wir können die äußerste
Spitze des Arms erreichen, wenn wir sofort starten.« Er blickte den Captain an, dessen Gedanken
sein Gesicht verdunkelt hatten. »Wir können kaum etwas anderes tun, Captain. Wir brauchen
Zeit – Zeit, um einen Weg zurück zu finden.«
Kirk beobachtete voller Schuldgefühle den Schirm. »Captain, wir warten auf Ihre Befehle«,
sagte Spock sanft.
Wenn die Hoffnung verschwunden ist, ist es an der Zeit, Mut zu zeigen. Kirk richtete sich
auf und sah Spock in die Augen. »Gut, Mr. Spock. Wir werden die nötigen Anweisungen
geben.«
Das Schiff wurde stark beansprucht; Sulus Finger flogen. Deflektorschirme und Traktorstrahl
mußten in einem wilden, verkehrten Tango bedient werden. Die Lichter verblaßten mit dem
Anstieg der Energie.
Und die Schirme zeigten das herrliche Panorama der Nachbargalaxis, der Nubecula Major,
der Großen Magellanwolke. Man sah deutlich ihre amorphe Struktur, als sie wie ein
diamantenübersäter Geist am Himmel hing.
»Wir haben’s geschafft!« schrie Sulu bleich und erschöpft. Die ihrer Energie beraubte
Enterprise schwebte am äußersten Ende der kleineren Galaxis. Kosmischer Staub hing wie ein
Schleier über den Schirmen. An Bord herrschte gedämpfte Ausgelassenheit.

…Und es gab ein wenig Zeit, um zu rasten und sich zu erfrischen. Spock kam zu Kirk, der
alleine auf der Brücke saß. »Es muß eine Möglichkeit geben, diese Energie für uns nutzbar zu
machen, Captain.«
Der Bildschirm zeigte den Tumult, in dem sich die Sterne befanden. Noch während sie
hinsahen, zerbarsten Sonnen wie ein mit sterbenden Funken fallendes Feuerwerk. Zehntausend
Jahre entfernt leuchtete ihnen die Schwesterwolke mit friedlicher – und irreführender –
Verheißung zu.
»Sie wissen, daß es keine gibt, Spock«, sagte Kirk. Er versuchte zu lächeln.
Spock antwortete nicht. Sterne flackerten auf und verglühten. Kirk dachte an die Lebewesen,
die eventuell mit ihnen untergingen, vielleicht Milliarden…
Harry Mudd trottete herein. Er hielt vor dem großen Bild schirm.
»Mann, oh, Mann«, sagte er bewundernd. »Niemand im Geschäft kommt an meine
Spezialeffekte heran. Pling! Aus die Lichter! Plong! Verschwinde, Universum, bevor ich es mir
anders überlege…«
War auf seinem fetten Gesicht Selbstgefälligkeit zu sehen? Ein Drei-Sternen-System
explodierte in einer blauen Fontäne. »Vielleicht beim nächsten Mal. Ich brauche nur Kapital…«
»Das war knapp, Captain.« Wieder einmal war Kirk mit dem Problem seines Temperaments
konfrontiert. Die Zeit war abgelaufen. Und in der Stunde des Abschieds war Harry Mudd immer
noch… Harry Mudd.
Einzeln und gefaßt kamen die Offiziere auf die Brücke.
»Wir dachten, wir sollten auf unseren Posten sein, Sir«, sagte Uhura. Kirk nickte.
Als sie zu ihrer Konsole ging, folgte ihr Mudd. Chekov stürzte sich auf ihn und nahm ihn im
Würgegriff. Kirk sprang aus seinem Sessel hoch.
»Schon in Ordnung, Sir. Ich bin ich selbst. Ich kann bloß diesen Burschen einfach nicht mehr
ausstehen.«
»Mudd, ich fürchte, Sie verbringen Ihre letzten Augenblicke im Bau. Sperrt ihn ein.«
Nachdem Mudd schnellstens hinausgebracht worden war, wandte sich Kirk an das gesamte
Schiff. »Hier spricht Captain Kirk. Wie ihr alle wißt, haben wir alles Menschenmögliche getan,
um Zeit zu gewinnen. Wir können nicht nach Hause zurückkehren, und es bleibt uns keine Zeit
mehr.« Das Schiff schwankte. »Die Explosionen sind sehr nahe. Wer von euch an Gott glaubt,
der möge beten, denn Menschen können uns jetzt nicht mehr helfen…«
Die Lichter flackerten und gingen aus. Auf ihren Plätzen beteten die Männer und Frauen der
Enterprise, hielten die Hände derer, die sie liebten, vertrauten sich dem Ungewissen an.
Das Schiff stürzte in die zuckende Dunkelheit. Aber niemand nahm die Bewegung wahr.

Wenn eine Galaxis, und sei sie auch noch so klein, unter Normalbedingungen explodiert, so
zieht das eine Reihe von Folgewirkungen nach sich. Radiowellen durchströmen das Universum.
Die Materie der aufgelösten Sterne wird mit unvorstellbarer Geschwindigkeit in den Raum
geschleudert. Der Staub und die Trümmer der Planeten, Monde und Sonnen breiten sich in einer
Gaswolke aus, weg vom nackten Kern, und verdichten sich zu einem winzigen Quasar, oder
werden das Rätsel eines schwarzen Lochs… Und wenn der Beschleunigungsfaktor der Explosion
das Phänomen eines kristallinen Monsters ist, das gegenseitige Auflösungskräfte in sich
konzentriert, so erfahren diese Folgewirkungen eine Verzerrung von Zeit und Raum. Die Wolke
schleuderte Sternenmaterie, Staub, Monde und ein kleines Raumschiff in den Kosmos hinaus.
Ein Teil der Materie löst sich auf (löste sich auf, wird sich auflösen), verdichtet sich
(verdichtete sich, wird sich verdichten) oder erreicht (erreichte, wird erreichen) andere Galaxien.
Gelegentlich mag (mochte, wird mögen) ein kleines Trümmerstück genügend Geschwindigkeit
erreichen, um eine Energiebarriere zu durchbrechen und langsamer zu werden, herumzurollen
und zu taumeln und schließlich im Raum – Zeit-Kontinuum einer anderen Galaxis zum Stillstand
zu kommen.
Es gibt keine Möglichkeit, den Begriff ›Zeit‹ in dieser Situation zu beschreiben.
»Sternenflottenkommando ruft Enterprise. Enterprise, bitte kommen.«
Es gab keine Antwort. Die Enterprise ist in einem anderen Teil des Universums
verschwunden und wird niemals zurückkehren. Es ist seltsam, wie selbst nach dem Tod die
Stimmen der Vergangenheit in Erinnerung bleiben.
»Sternenflottenkommando ruft Enterprise. Hört ihr uns?« Jetzt verstand Kirk. Er war in der
Hölle, und er würde in aller
Ewigkeit die Schreie des Sternenflottenkommandos, das er mit seiner Sünde verraten hatte,
hören. Und Kobolde würden ihn mit Mistgabeln stechen.
»Junge, wach auf!« Natürlich. Die Hölle war mit Mudds bevölkert, endlosen Phalanxen aus
Harcourt Fenton Mudds – nicht überführter Mörder, geläuterter Diebe – gewohnheitsmäßiger
Lügner – Vagabunden – Erbauer des Mudd Mahals – Schwindlerehrliche Geschäftsmänner… er
stöhnte.
»Kommen Sie zu sich! Endlich! So wachen Sie doch auf!« In alle Ewigkeit von Mudd
heimgesucht. Die göttliche Gerechtigkeit war bitter.
Er blinzelte mit den Augen, nur kurz. Ja, da war es, das ungeschlachte, fette Gesicht mit
seinem zernagten Schnurrbart, und hing im roten Licht über ihm. Er war dazu verdammt, für
immer und ewig Harry Mudds Gesicht anzuschauen, wenn er die Augen öffnete. Er beschloß, sie
geschlossen zu lassen.
»Captain! Captain! Weg, du – « Gab es Barmherzigkeit in der Hölle? Hatte er nicht in einiger
Entfernung die Stimme Spocks gehört? Waren sie, wer immer sie auch sein mochten, großherzig
genug, die ehrliche Loyalität in seinem Herzen zu lesen…
»Jim! Wach auf! Wir sind zu Hause!« Auch McCoy?
Zweimal Gnade?
»Lassen Sie mich ihn untersuchen, Spock.«
»Gern, Doktor. Ich glaube, er ist in Ordnung, nur etwas benommen.«
»Ohhhh. Uhura?« Kirk blinzelte, dann öffnete er die Augen. Mudds Gesicht war weg, und
McCoys freundliche Augen blickten ihn sorgenvoll an.
»Hallo, Jim. Versuch mal, dich aufzusetzen. Langsam.«
Er erhob sich vorsichtig. Die Brücke, die im gedämpften roten Licht fremd aussah, umgab
ihn.
»Sind wir in der Hölle?« flüsterte er.
McCoy lächelte. »Nein, Jim, ich denke, wir sind ihr gerade noch entwischt. Wir sind zu
Hause, zurück in unserer eigenen Galaxis.«
»Ich erinnere mich… was ist passiert?«
»Die endgültige Explosion der Wolke hat uns nach außen geschleudert – und wir befanden
uns in der unserer Heimatgalaxis nächstliegenden Ecke.«
»Spock, wußten Sie, daß das passieren würde?«
Die Augenbrauen des Vulkaniers gingen nach oben, und seine Ohren sahen in dem
höllischen Licht sehr spitz aus. »Gewiß nicht, Captain. Das Fortbewegen eines Schiffes durch
eine galaktische Explosion ist keine Fertigkeit, in der ich bisher Erfahrungen sammeln konnte.«
Kirk wußte, daß er nicht mehr darüber erfahren würde.
»Das Schiff? Die Mannschaft?« Er rappelte sich mühsam auf die Beine.
»Lagebericht von allen Stationen!« »Sternenflottenkommando an Enterprise. Können Sie uns
hören? Hier Sternenflottenkommando – «
»Hier ist die U.S.S. Enterprise. Wir hören Sie.«
Kirk dachte: Ich habe niemals geglaubt, das noch einmal zu hören. Und ich habe niemals
gedacht, daß ich diese Worte… poetisch finden könnte.
»Was ist eigentlich los, Enterprise? Sie sind soeben in eine Zone mit starkem Flugverkehr
hereingeplatzt und haben jedes Schiff in diesem Gebiet dreißig Grad vom Kurs abgebracht. Hier
spricht Sternbasis Sieben. Hoffentlich haben Sie eine triftige Erklärung dafür, Captain.«
Kirk brach in freudiges Lachen aus. »Ich glaube, die haben wir, Sternbasis. Aber wir
brauchen einige Reparaturen.« Das Lachen wurde von der Brücke erwidert, als die Offiziere
merkten, daß sie noch am Leben waren und daß das Leben schön war.
»Ich weiß nicht, worüber ihr eigentlich lacht«, sagte Mudd verdrießlich, als er durch einen
verbogenen Türrahmen trat. »Ich habe gerade gut sieben Millionen Credits verloren, und das ist
alles eure Schuld.«
Die schwerbeschädigte Enterprise wurde unehrenhaft zu Reparaturarbeiten zur Sternbasis
Sieben geschleppt. Kirk verbrachte die Reise, indem er einen langen Bericht zusammenstellte.
Kommodore Blunt schüttelte den Kopf. »Captain Kirk, es tut mir leid, Ihnen mitteilen zu
müssen, daß mich das Sternenflottenkommando beauftragt hat, Sie einer gründlichen
psychiatrischen Untersuchung unterziehen zu lassen. Dieser Bericht…«
Der Kommodore, der eine auffällige Ähnlichkeit mit Harry Mudd besaß – nur gepflegter und
mit einem mehr auf militärisch getrimmten Schnurrbart, saß hinter einem großen Schreibtisch.
»Was stimmt denn nicht?« sagte Kirk. »Ich weiß, es ist kompliziert, aber – «
Der Kommodore blickte ihn traurig an. »Ein Mann mit Ihren Leistungen, Captain. Ein großer
Verlust für die Flotte, wirklich…«
»Würden Sie so freundlich sein, mich aufzuklären, Sir?« »Und Ihr Erster Offizier.
Commander Spock scheint sie zu
teilen, Ihre – äh – Wahnvorstellungen.«
»Welche Wahnvorstellungen, Sir?« fragte Spock, gleichermaßen verblüfft. Die beiden
uniformierten Offiziere des Medizinischen Diensts, die an ihrer Seite standen, rückten näher.
»Dieses Fantasiegarn über einen Dilitiumkristallmangel, den Menschen Mudd, die Britisch-
Ostindische Handelsgesellschaft… Ah, ein großer Verlust, ein großer Verlust.«
Kirk starrte den Kommodore ausdruckslos an, der es offenbar ernst meinte. Spock runzelte
die Stirn. »Soll das heißen, daß das Sternenflottenkommando Captain Kirks Bericht keinen
Glauben schenkt?« fragte er.
Der Kommodore seufzte. »Das Sternenflottenkommando versichert mir, daß es keine
Kristallverknappung gibt noch jemals gab; daß es nur ein registriertes Unternehmen auf dem
Planeten Liticia gibt; daß der gegenwärtige Aufenthaltsort des Menschen Mudd nicht bekannt ist;
und daß die Enterprise in Sektor 78 zur Überprüfung von Berichten über eine heimtückische
Klingoneninfiltration sein sollte. Und schließlich ist es undenkbar, absolut undenkbar, daß die
Sternenflotte mit Klingonen und Romulanen zusammenarbeiten könnte.«
Kirk wandte sich an einen der Psychiater: »Ist es nicht unmöglich, daß die gesamte
Besatzung der Enterprise, einschließlich des Logbuchs, an den selben Halluzinationen leidet?«
»Es ist ungewöhnlich, aber offenbar nicht unmöglich«, stellte der Arzt fest.
»Da stimmt doch etwas nicht«, sagte Kirk und schüttelte den Kopf. »Haben Sie die anderen
befragt?«
»Ihre Offiziere und die Mannschaft bestätigen Ihre Geschichte, Captain… was nur zeigt, was
ein einflußreicher Captain alles bewirken kann. Ein großer Verlust, ein großer Verlust«, sagte der
Kommodore.
»Folgen Sie uns bitte«, sagte ein Arzt.
Völlig verwirrt gehorchten Kirk und Spock, salutierten und drehten sich um.
»Captain!« flüsterte Spock eindringlich und zeigte auf den Wandkalender. Er klickte von
6013.4 auf 6013.8, als Kirk zuerst auf ihn und dann zu Spock blickte. »Kommodore«, fragte
Spock. »Geht Ihr Kalender korrekt?«
»Aber sicher«, schnaubte der Kommodore.
»Captain, verstehen Sie jetzt?« sagte Spock langsam.
Kirk begann es langsam zu dämmern. »Ich fange an, es zu verstehen, Spock. Die Verträge
sind noch nicht einmal ausgelaufen!«
»Das ist es, Captain. Die Explosion von Nubecula Minor hat uns nicht nur räumlich, sondern
auch zeitlich zurückgeschleudert.«
»Kein Wunder, daß das Sternenkommando sagt, wir sollten eigentlich in Sektor 78 sein. Da
waren wir ja auch – als wir den Bericht über ein unidentifiziertes, bewaffnetes Roboterschiff
überprüften. Und wenn es uns nicht gelingt, den Kommodore und die Sternenflotte zu
überzeugen, dann wird der Kristallmangel erst bemerkt, wenn es zu spät ist, und – alles fängt
nochmals von vorn an!«
Die beiden Psychiater schauten sich an und schüttelten die Köpfe. »Das sitzt aber sehr tief«,
sagte einer.
»Wahnvorstellungen, kompliziert durch Gruppenakzeptanz«, stimmte der andere zu. »Ein
einzigartiger Fall, glaube ich, Doktor.«
»Natürlich ein großer Verlust für die Flotte.« Sie sprachen leise miteinander.
»Spock, ungefähr jetzt oder schon sehr bald müßten doch die Verträge mit den Koridanern
erneuert werden.«
»Ja, Captain. Für Muldoon ist es schon zu spät.« Kommodore Blunts Kopf ging von einem
zum andern, hin und her, hin und her…
»Spock! Könnte sich die Enterprise möglicherweise an beiden Orten gleichzeitig aufhalten?«
»Ich glaube nicht, daß beide simultan in der gleichen Raumzeit existieren können.«
»Das müssen wir herausfinden – es könnte den Menschen Mudd zweimal geben!«
»Das wäre in der Tat ein Unglück.«
»Ein Unglück? Mir wird schwindlig bei dem Gedanken, Spock!«
»Das ist wahr, Captain.«
»Kommodore, wären Sie so freundlich, dem Kommando… Können sie den Standort der
Enterprise in Sektor 78 ermitteln? Wir müßten uns auf dem Planeten N’cai oder in dessen Nähe
befinden.«
Kommodore Blunt schien aus einer Art Trance aufzuwachen. »Jetzt verstehe ich, wieso Ihre
gesamte Besatzung total verrückt ist. Ich habe nicht die Absicht, die wertvolle Zeit des
Sternenflottenkommandos mit einer solchen idiotischen Anfrage zu vergeuden. Die Herren
Doktoren – «
Kirk lehnte sich über den Schreibtisch. Der Kommodore wich nervös zurück. »Sir, bei allem
Respekt, sollten wir zufällig die Wahrheit sagen, so liegt es in Ihrer Macht, die Immobilisierung
der Sternenflotte zu verhindern.«
»Ich glaube es nicht«, sagte der Kommodore fest. »Kommodore, die Sternbasis Sieben liegt
doch sehr nahe an
der Neutralen Zone, oder? In der Nähe der klingonischen Grenze?«
Der Kommodore wurde rot. »Viel zu nahe. Man muß zu jeder Zeit auf der Hut sein. Ein
gefährlicher Posten ist das hier, sehr gefährlich.«
»In diesem Fall ist es sehr wahrscheinlich, daß dies eine der Basen ist, deren Kommando für
die Dauer der Dilitiumkrise – mit den Klingonen geteilt wird«, sagte Spock nachdenklich.
»Meinen Sie nicht auch, Captain?«
»Prächtig!« murmelte einer der Psychiater. »Auch noch paranoide Fantasien!«
»Klingonen? Hier auf Sternbasis Sieben? Niemals!« schrie der arg mitgenommene
Kommodore.
Kirk und Spock nickten unisono. Auch Blunts Kopf bewegte sich auf und ab.
»Nein! Unmöglich. Klingonen – auf meinem Posten«, sagte der Kommodore wütend.
»Ein großer Verlust für die Flotte«, sagte der andere Psychiater traurig.
»Wenn ich Kontakt mit dem Sternenflottenkommando aufnehme… dann haben sie keine
Chance mehr, einzudringen?« schniefte der Kommodore, während er versuchte, seine Fassung
wiederzugewinnen.
»Nein, Sir. Es ist unser Wunsch, die bevorstehende Krise zu verhindern.«
»Der Gedanke, daß Klingonen… hier…« Der Kommodore schauderte. »Nun gut, Captain.
Wir erlauben Ihnen, mit dem Sternenflottenkommando Kontakt aufzunehmen. Unter Aufsicht!«
Er winkte den beiden Ärzten. »Sorgen Sie dafür, daß die Gefang – der Captain und der
Commander die Erlaubnis erhalten, eine Nachricht zu senden.«
Die beiden Psychiater nickten und geleiteten sie hinaus. Als sie den Sicherheitsposten
übergeben wurden, murmelte ein Arzt zum anderen: »Faszinierend.«
Spock gelang es, den Nachrichtenoffizier der Sternbasis Sieben dazu zu überreden, eine
Nachricht an einen gewissen Leutnant Spxyx, einen Vulkanier aus der Computerabteilung der
Planetarischen Nachschubsektion, Ressort Logistik, zu senden. »Denn«, sagte er, »wenn wir
unsere einzige Nachricht verschwenden, indem wir nur fragen, ob wir zur gleichen Zeit an zwei
Orten existieren, kann bezüglich der Sabotage der Vertragserneuerungen nichts erreicht werden.«
Leutnant Spxyx antwortete sofort. »Der für die Speicherung der Verträge verantwortliche
Computer hatte in der Tat eine unvermutete Fehlfunktion. Eine ungewöhnlich interessante
Fehlfunktion, Spock – technische Details folgen – und danke. Hat uns eine Menge Ärger
erspart.«
»Erwähnen Sie es nirgends«, sagte Spock.
»Moment mal«, sagte Kirk. »Er soll es doch erwähnen.« »Eh. Melden Sie es, Spxyx – und
zwar dem Chef der Stabsstelle.«
Das Sternenflottenkommando hatte zu seinem eigenen Erstaunen begonnen, kleine
Beweisstücke zu finden, die den Bericht der Enterprise untermauerten. Von Muldoon kamen
keine Schiffsladungen mehr; der fehlerhafte Computer; und die Enterprise konnte mit Sicherheit
nirgendwo in Sektor 78 gefunden werden. Sie hatte offenbar kurz vor ihrer Entdeckung durch
Basis Sieben aufgehört zu existieren.
»Eine Erleichterung, Captain?« meinte Spock spöttisch.
»Ein Harry Mudd, Spock, ist mehr, als das Universum ertragen kann.«
Mudds Verträge mit Muldoon, über die Galaktische Handelsgesellschaft, waren von
fraglicher Rechtsgültigkeit, da als Aktionäre H. F. Mudd, Harcourt Fenton und Leo Walsh
amtlich eingetragen waren. Mudds persönliche Vermögenswerte mußten beschlagnahmt werden,
um die Schulden dieser Gesellschaft zu begleichen.
Die Enterprise war repariert worden. Die Rechtsabteilung der Sternenflotte benachrichtigte
sie, daß der einzige Verstoß, für den es eine Chance gab, Mudd zu verurteilen, war, ein Schiff
ohne Lizenz zu befehligen. Seine früheren Straftaten waren in der Zwischenzeit verjährt. Die
Geldstrafe für dieses einzige, mindere Delikt würde von seinen Vermögenswerten abgezogen
werden, sobald die Wirtschaftsprüfer mit der Überprüfung der Bücher der Galaktischen
Handelsgesellschaft fertig waren.
»Was sollen wir mit ihm machen?« erkundigte sich Kirk.
Bei der Förderation schüttelte man nur die Schultern. Sie würden sich die Angelegenheit
durch den Kopf gehen lassen. In der Zwischenzeit konnte Mudd auf seinen Heimatplaneten
zurückgebracht werden. Ihm wurde angeordnet, dort zu bleiben.
»Aber – « sagte Kirk entsetzt.
Schließlich sagte McCoy: »Sie sagten nicht, auf welchen Heimatplaneten. Bringen wir ihn zu
Stella zurück.«
Sichtlich erleichtert trennten sich Kommodore Blunt und die Enterprise.
Mudd sagte nichts, als er den Zielort erfuhr. Eine Stunde später wurde er jedoch entdeckt, als
er sich gerade in einer Erkundungsfähre anschnallte; er hatte ein Androidenmädchen und ein
Vorratspaket bei sich. »Oh, nein, bloß das nicht«, jammerte er. »Habt Erbarmen. Ihr wißt ja gar
nicht, was ich da alles durchgemacht habe… Bringt mich zu meinem Haus, zu meiner guten,
alten Flickwerk-Farm zurück!«
Drei Tage strengen Fastens und eine Hypnose später besaßen sie die Koordinaten von Mudds
eigentlichem Heimatplaneten.
Mit grimmigem Vergnügen sagte McCoy: »Ich bemerke, daß ich dieses Mal keine ethischen
Bedenken habe.«

Kirk, McCoy und zwei Sicherheitsposten trugen den sich sträubenden Mudd zur Haustür.
Bootsmaat Weinberg bat, mitkommen zu dürfen, um seine Dissertation fertigstellen zu können.
Das Haus war eine kleine Steinhütte inmitten blauer Hügel, das von gepflegten Blumenbeeten
umgeben war.
»Harcourt Fenton Mudd, du wagst es, in diesem Zustand in dieses Haus zurückzukehren?«
kreischte seine Frau. Kirk und McCoy grinsten breit, als Mudd sich hinter Weinbergs
Ausrüstung verbarg. »Nimm deinen Kadaver aus meinem Garten!«
»Eh, Madame – « begann Kirk, »würden Sie…«
Hinter der redseligen Stella tauchte ein dünnes, faltiges Gesicht mit schnippischen Augen
auf. »Oh – eh, wenn das nicht Harcourt ist, der zurückkommt, Stella. Ich finde, er hat den
gleichen Gesichtsausdruck – schau mal, Tochter, wie dämlich!« Die hohe Stimme brach fast.
»He, Stella, mach kurzen Prozeß mit ihm!«
»Mrs. Mudd«, sagte Kirk, »ich frage mich – «
»Mister, würden Sie bitte dieses Ding vor meiner Tür weg nehmen? Ich habe sie gerade
geputzt. Der Müllabladeplatz befindet sich ungefähr eine Meile die Straße runter«, sagte Mrs.
Mudd.
»Aber es ist Ihr Mann, Madam!«
»Wie bitte? Das? Schauen Sie mal, Mister Wer-auch-immer, meiner Mutter und mir geht es
sehr gut hier. Ich wäre Ihnen sehr dankbar, wenn Sie jetzt unser Grundstück verlassen würden.«
Die Mündung einer alten Schrotflinte schaute durch die Tür. »He! Ich halte mich für einen
Scharfschützen«, krächzte die alte Frau: »Tanz ein bißchen, mein Herzblatt.« Schrotkörner
prasselten vor Mudds Füßen gegen den Boden.
»Au«, sagte Mudd tanzend. »Verhaften Sie sie wegen Körperverletzung!«
»Ich glaube nicht, daß sie ihn will«, stellte Weinberg fest. »Nehmen Sie diese
schürzenjagende, whiskytrinkende, alles in sich hineinstopfende, von Motten zerfressene,
aufgeblasene Entschuldigung von einem Ziegenbock hier weg, bevor ich – « Stellas Mutter
steckte nochmals ihren Kopf heraus und flüsterte ihrer Tochter etwas zu.
Stella veränderte sich auf bemerkenswerte Weise. Ihr Gesichtsausdruck wurde weicher –
soweit das bei einem derart herben Gesicht überhaupt möglich war. Ihre Augen wanderten
abschätzend über die Gestalt von Doktor McCoy. »Kommen Sie doch alle herein und setzen Sie
sich ein bißchen zu uns«, sagte sie mit einem lieben, bis ins Knochenmark gehenden Lächeln.
»Wir wollen Ihnen nur Ihren Ehemann zurückbringen, Madam«, sagte Kirk hastig.
»Sag’s ihm, Tochter!« heulte die alte Frau mit zitterndem, grauem Haarknoten.
»Ich nehme den hier«, sagte Stella. Sie zeigte mit einem spindeldürren Finger auf McCoy
und ging zielbewußt auf ihn zu.
Die kleine Gruppe wich zurück. »Also, Mrs. Mudd«, sagte Kirk.
»Doktor McCoy ist nicht zu haben. Harry – «
»Ist er verheiratet?« sagte sie und stieß ein gellendes Lachen aus. »Ich nämlich auch!«
»Hihi!« gackerte ihre Mutter, die sich hinter sie geschlichen hatte und McCoy plötzlich ihre
Schrotflinte ans Ohr hielt.
Geistesgegenwärtig holte Weinberg seinen Phaser hervor; als Stella betäubt zu Boden ging,
drehte sich ihre Mutter erstaunt um; dann brach auch sie zusammen.
»Beamt uns hoch, schnell!« befahl Kirk.
Der etwas bleiche McCoy protestierte dieses Mal nicht dagegen, daß seine Atome
durcheinandergeworfen wurden.
Harry Mudd sagte: »Juchhu, Junge, ich bin frei!« Er hopste und tanzte ein wenig herum,
dann landete er mit einem dumpfen Schlag im Transporterraum. »Und nun, bringt ihr mich jetzt
nach Hause?«
»Wir können wohl nicht anders«, seufzte Kirk.

Ein großer Trupp landete mit der Fähre auf Liticia. Die Aruhus, Marilyns und die anderen
geretteten Androiden wurden von ihresgleichen mit Freude empfangen. Man hatte sie plötzlich
vermißt.
Androiden mit einem zentralen, gemeinsamen Bewußtsein können einander nicht anlügen.
An ihrem Bericht gab es daher nicht den geringsten Zweifel. Im Gegenteil, er führte zu einer
regen Aktivität.
Uhura, die mit den Aruhus schnell Freundschaft geschlossen hatte, entfernte sich mit ihnen,
um ein Androidenlied zu komponieren. Der Androide Mudd begleitete den Trupp zum Haus.
»Es ist ein gutes Gefühl, wieder zu Hause zu sein«, sagte Mudd, der Mensch, und streifte
seine Schuhe ab. »Bringt Essen und Getränke. Hey, Louise, was ist mit dir passiert?« Der
Androide in Mädchengestalt trug keine durchsichtigen Hosen mehr. Sie zog eine Waffe aus ihrer
sauberen, blauen Uniform.
»Hier entlang, Mudd«, sagte sie schnell. Sie packte seine Hand, es machte klick, und er war
an ihr Handgelenk angekettet. »Im Namen der Unabhängigen Regierung von Liticia, Sie sind
verhaftet«, sagte sie. »Es ist meine Pflicht, Sie darauf hinzuweisen, daß alles, was Sie sagen,
aufgezeichnet und bei Ihrer Verhandlung gegen Sie verwendet wird.«
»Meine Verhandlung?«
»Das Gericht tritt morgen zusammen, um die Anklagepunkte zu verlesen.« Sie wandte sich
an Kirk und seine Kollegen und lächelte. »Würden Sie mir bitte folgen? Sie werden als Zeugen
gebraucht.«
Etwas verdutzt folgten ihr Kirk und die anderen. »Unabhängige Regierung? Was ist hier
geschehen?« fragte McCoy.
»Das werden wir ganz sicher herausfinden«, sagte Spock. »Dies sind logische Wesen.«
Man geleitete sie zu Apartments, die an einem kühlen Korridor lagen. Sie erhielten Speisen
und Getränke, aber alle ihre Fragen wurden mit »Es ist nicht erlaubt, den Fall außerhalb des
Gerichtssaals zu besprechen« beantwortet.
»Ja, ja, schon gut«, sagte McCoy.
Der Richter – ein Android des Mudd-Typs in scharlachroten Roben – betrat unter großem
Zeremoniell den Gerichtssaal, der früher der Thronraum unter der alten Kuppel gewesen war.
Die Fahne der Föderation war von einem neuen, hellen Banner flankiert, das ein silbernes
Zahnrad auf den Farben des Spektrums zeigte.
»Ruhe, bitte, Ruhe«, tönte ein Herold. »Es tagt der Oberste Gerichtshof der Regierung von
Liticia. Verhandelt wird der Fall Liticia gegen Harcourt Fenton Mudd. Bringt den Gefangenen
herein!«
Zwischen zwei uniformierten Androidenmädchen stolperte Mudd herein und wurde in eine
Loge gesetzt.
»Der Schriftführer wird nun die Anklage verlesen«, sagte der Herold. »Gefangener, stehen
Sie auf.«
Mudd raffte sich auf die Beine. »Was soll diese Farce?« sagte er.
»Ruhe im Gerichtssaal«, ordnete der Herold an.
Der Schriftführer benötigte zwei Tage, die Anklageschrift zu verlesen. Er begann mit:
»Harcourt Fenton Mudd, Mensch, Sie sind hiermit der folgenden Delikte, Verbrechen und
strafbaren Handlungen angeklagt: Androlepsie ersten Grades, Veruntreuung, Scharlatanerie,
zivilrechtliche Verstöße gegen folgende Artikel (hier folgte eine Liste, die den größten Teil der
beiden Tage in Anspruch nahm), das Überqueren planetarischer Grenzen zu unmoralischen
Zwecken, Amtsvergehen, Unterschlagung, Zuhälterei und Freibeuterei, Spekulation und
Anstiftung…« und endete mit der Ernennung des Anklagevertreters und des Verteidigers.
Der Ankläger stellte sich selbst als Clarence, ein Spezialmodell für diesen Anlaß, vor. Der
Verteidiger, ein gewisser Perry, wurde vom Angeklagten abgelehnt, der sich auf das Recht
berief, sich selbst verteidigen zu dürfen.
»Der Mandant ist ein Dummkopf«, schnaufte McCoy. »Aber auch der Anklagevertreter.«
»Ich weiß nicht mal, was diese ganzen Verbrechen alle bedeuten«, beklagte, sich Weinberg.
»Ruhe im Gerichtssaal!«
Endlich begann der Prozeß selbst. Der Saal war voll – mit den Offizieren und der Mannschaft
der Enterprise; sogar die, die nicht als Zeugen geladen worden waren, hatten um Erlaubnis
gebeten, dabeisein zu dürfen.
In wallende schwarze Roben gehüllt, erhob sich Clarence und wandte sich an das Gericht. Es
gab eine Unterbrechung. »Hey«, sagte der Angeklagte.
Der Hammer fiel. »Ordnung im Gerichtssaal!« sagte der Herold streng.
»Entschuldigung, Euer Ehren. Ich spreche zur Geschäftsordnung!« sagte Mudd eindringlich.
»Wir hören«, sagte der Richter.
»Sie können diese Klagen nicht gegen mich vorbringen. Sie sind noch gar nicht passiert!«
Es gab ein Murmeln in der Menge. Kirk sagte zu Spock: »Ich wußte, daß er darauf kommen
würde.«
Spock saß mit verschränkten Armen da und lächelte. Kirk lächelte zurück.
Der Richter rief zur Ordnung. Der Raum wurde still. »Der Angeklagte hat gesprochen,
obwohl er noch nicht an der Reihe war. Trotzdem soll der Punkt, den er ansprach, geklärt
werden. Ich rufe Mr. Spock, den Ersten Offizier der Enterprise, als neutralen Zeugen auf.«
Spock ging zum Zeugenstand. Er wurde vereidigt. »Schwören Sie, die Wahrheit zu sagen,
die ganze Wahrheit und nichts als die Wahrheit?«
»Ich schwöre«, sagte Spock feierlich.
»Würden Sie dann für das Protokoll Ihre Auffassung bezüglich des fraglichen Zeitabschnitts
erläutern?« sagte der Richter.
»Die Zeit«, begann Spock, »scheint für uns wie ein Fluß vorwärtszufließen. Diejenigen von
uns, die im Subraum reisen, wissen, daß der subjektive Zeitablauf wenig mit den objektiven
Koordinaten zu tun hat, bei denen wir wieder auftauchen. Es gibt jedoch in der Galaxis eine
generelle Übereinkunft, Ereignisse, die erlebt wurden, als real zu betrachten.
In diesem besonderen Fall scheint es, daß eine gewisse, objektive Zeitspanne existierte,
vorüberging und dann vom Hauptstrom abgeschnitten wurde, so daß eine Spirale entstand, in der
die Ereignisse, die zur Debatte stehen, passierten. Es besteht kein Zweifel, daß jeder auf diesem
Planeten diese Ereignisse erlebte – entweder persönlich oder durch die Anwesenheit gewisser
Einheiten. Deshalb müssen die Ereignisse als real betrachtet werden.«
»Einspruch!« sagte Mudd. »Ich kann mich an nichts erinnern.«
Er setzte sich mit der Überzeugung, etwas erreicht zu haben. »Vielleicht wird das Gericht Ihr
Gedächtnis auffrischen«, sagte der Richter. »Danke, Commander Spock. Auf alle Fälle möge der
Angeklagte einsehen, daß sein Gedächtnis nicht nur inkompetent, sondern auch irrelevant und
belanglos ist. Das Gericht möchte jedoch dem Angeklagten seine Dankbarkeit dafür ausdrücken,
dieses Thema als stimulierende Übung für das Gesetz angeschnitten zu haben.« Mudd blickte
überrascht. Clarence begann mit seiner Rede: »Euer Ehren, verehrte Geschworene, Sie sehen vor
sich coram judice den Menschen Harcourt Fenton Mudd, den Täter all der teuflischen
Verbrechen, die zuvor aufgezählt wurden. Seine Schuld wird bewiesen werden, quod erat
demonstrandum. Dieser Unternehmer in Sachen Niederträchtigkeit, der sich mit seinen endlosen
Verletzungen in personam der zivilen Freiheiten unseres souveränen Volkes nicht zufriedengab,
hat wissentlich und vorsätzlich propense seinen widerlichen Handel als Veruntreuung
durchgeführt: das heißt, er lenkte seine schändlichen Schiffe ohne Lizenz. Sogar der eigentliche
processum, unsere freie Bevölkerung in tiefste und schmutzigste Sklaverei zu führen, – «
»Einspruch!« schrie Mudd. »Dieser Kläger ist verleumderisch und beleidigend. Er beeinflußt
die Geschworenen mit jedem Wort!«
»Einspruch abgelehnt«, sagte der Richter ruhig. »Das ist seine Aufgabe.«
»…Veruntreuung, Euer Ehren, meine Damen und Herren, der Mißbrauch heiligen Vertrauens
in ein Amt. Dieser Meister des schmutzigen Sklavenhandels hat – «
»Einspruch!« schrie Mudd. »Amtsmißbrauch ist unmöglich, wenn man kein Amt innehat. Ich
konnte auf legale Art kein Schiff kommandieren, da ich keine Lizenz hatte. Dieser Anklagepunkt
muß in ein Vergehen herabgesetzt werden!«
Es gab eine etwas hastige Besprechung unter den Androiden.
»Einspruch stattgegeben«, sagte der Richter.
»Ich rufe Alice 47 als ersten Zeugen in den Zeugenstand.« Als das Maschinenmädchen die
Stufe des Zeugenstands betrat, fuhr der Vertreter der Anklage fort: »Diese Alice wird für alle
Mädchen namens Alice sprechen, die uns entrissen und in die unsägliche Degradierung der
Sklaverei zu weit entfernten Orten geschickt wurden.«
»Einspruch!« Mudds Stimme wurde zu einem Quietschen. »Ein Mädchen kann nicht für ein
anderes sprechen. Sie müssen schon die besagten Mädchen holen.«
»Aber wir sind die gleichen Mädchen«, sagte die Zeugin. »Sie sind Alice 47. Ich habe nie
zuvor von Ihnen gehört«, sagte Mudd. »Ihr Burschen wißt überhaupt nicht, wie man eine
Verhandlung – «
»Ruhe!« brüllte der Herold, und der Hammer des Richters klopfte.
Mudd hörte zu reden auf. »Einspruch stattgegeben«, sagte der Richter schließlich. »Rufen
Sie die besagten Mädchen auf, Staatsanwalt.«
»Wie könnte ich, Euer Ehren? Sie sind über die ganze Galaxis verstreut – in abscheulicher
Sklaverei gestrandet, in ewige Knechtschaft verkauft, Euer Ehren, meine Damen und Herren – «
Clarence kam voll in Fahrt.
»Einspruch!« sagte Mudd ungerührt. »Sie haben geheiratet.«
»Sie können nicht verheiratet sein. Es steht nicht fest, ob eine Heirat zwischen beiden Rassen
überhaupt stattfinden kann. Sie wurden als Mätressen verkauft!«
»Einspruch. Sie sagen, daß sie verheiratet sind, und ihre Männer sagen das auch. Fragen Sie
Captain Kirk, er hat mit ihnen gesprochen.«
»Diese Ehen sind nicht registriert worden.«
Mudd hob die Arme. »Ist das meine Schuld? Ich frage sie, meine Herren, ist man ein
Krimineller, wenn man eine Frau, die heiraten will, zu einem Mann bringt, der mit ihr den Bund
fürs Leben schließen möchte?«
Es gab eine erneute Besprechung. »Angeklagter, plädieren Sie für nicht schuldig?«
»Natürlich.«
»Fahren Sie mit der Anklage fort.«
Etwas außer Tritt fuhr Clarence fort: »Weiterhin und zusätzlich ist der Gefangene der
Androlepsie ersten Grades angeklagt, einem Verbrechen contra bonos mores für alle zivilisierten
Völker seit undenklichen Zeiten…«
»Der was?« flüsterte Weinberg McCoy zu. »Klingt wie ein Schlafmittel. Wenn es nun
Clarence war – «
»Pst«, sagte McCoy. Der Herold starrte sie wütend an. »Einspruch!« rief Mudd. »Sie können
mich nicht wegen etwas anklagen, von dem ich nicht einmal weiß, was es ist!« »Ruhe im
Gerichtssaal. Der Schriftführer wird dem Angeklagten das Verbrechen erklären.«
»Entführung«, sagte der Schriftführer streng.
»… und schaffte bewußt und absichtlich Bürger dieses Planeten fort unter fremde
Gerichtsbarkeit. Er beutete den souveränen Staat Liticia aus und betrog ihn um seine
Erhebungen, Steuern, Zolltarife, Nutzungsgebühren – «
»Einspruch!« sagte der Verteidiger. »Wer zum Teufel wußte, daß es ein souveräner Staat
war? Zu der Zeit war er es jedenfalls nicht. Und da wir gerade von Gerichtsbarkeit sprechen, so
erkenne ich die Zuständigkeit dieses Gerichts nicht an. Ich glaube nicht, daß es rechtsgültig ist.«
Der Richter lächelte. »Einspruch abgelehnt. Diese Gerichtsversammlung findet auf
Grundlage der Gesetze des gesamten Planeten statt – es sei denn, Sie wollen daraus einen Fall
für die Föderation machen.«
Mudd sagte: »Ich bringe ihn vor den Obersten Gerichtshof der Galaxis! Wenn – «
Der Anklagevertreter wirbelte herum und betrachtete ihn langsam. Alles war still. Mudd fing
an zu schwitzen.
»Und er hat diesen souveränen Staat um seine Steuern und Pfandrechte an Einnahmen
betrogen…«
Mudd heulte: »Einspruch! Sie können nicht rückwirkend Einkommenssteuer einheben. Hier
gab es keine Regierung, niemand hat mich in Kenntnis gesetzt – «
Der Richter sagte: »Das Datum des Inkrafttretens des Einkommenssteuer-Zusatzartikels zur
Verfassung von Liticia liegt zeitlich vor Ihrer Vermögensanhäufung. Unkenntnis des Gesetzes ist
keine Entschuldigung.« Clarence trat vor. »Euer Ehren, ich erhebe Einspruch gegen die
Ausflüchte des Vertreters der Verteidigung. Er greift bei jeder Gelegenheit zur Haarspalterei,
und seine Vergehen zeigen, daß er in toto und absolut bar eines sensum moralis ist.«
»Was hat er gesagt?« fragte Weinberg. Lediglich Spock schien der Sachdarstellung des
Anklägers gefolgt zu sein, und der schüttelte den Kopf.
Mudd starrte einfach vor sich hin. »Euer Ehren, ich glaube, er hat etwas Böses und
Gehässiges über mich gesagt.«
»Er sagt, Sie seien ausweichend, verschlagen und moralisch unterentwickelt.«
»Ich? Verschlagen? Bei allen Gesetzen des Universums! Ich, der ich mein ganzes Leben
damit verbracht habe, Schönheit und Glück in alle Teile der Galaxis zu bringen – Gesellschaft zu
den Einsamen, Zivilisation sogar den Maschinen –, wie können sie mich mit so vielen langen
Wörtern anklagen?«
Mudd breitete die Arme aus. »Ich bin nur ein einfacher Mensch, der das Glück aller will.
Dennoch werde ich von einem Ende der Galaxis zum anderen gehetzt und geschmäht und« – er
starrte Kirk wütend an – »auch noch daraus verjagt. Gibt es keine Ruhe, keinen Frieden für die
Wohltätigen?«
Ernst lehnte er sich nach vorne. »Ich stehe vor diesem Gericht, aber nicht vor Geschworenen
von meinesgleichen, sondern künstlichen Mädchen – eh, Männern. Wie könnten sie jemals
meine Motive verstehen? Sie haben keine Herzen wie die Menschen! ›Die Fähigkeit der Güte
kann nicht erzwungen werden, sie fällt vielmehr wie ein leichter Regen vom Himmel. Sie segnet
den, der gibt und den, der nimmt, sie steht dem gekrönten Monarchen besser als die Krone.‹
Warum soll ich weitersprechen? Maschinen, die über einen Menschen zu Gericht sitzen…« Um
den dramatischen Effekt zu vergrößern, drehte sich Mudd um, neigte die Schultern und blickte
mit dem Ausdruck erhabener Verzweiflung zum Himmel.
Kirk war von Ehrfurcht ergriffen. Es schien keine Situation zu geben, die Mudd nicht zu
seinem eigenen Nutzen verdrehen konnte. Die Androiden waren still und grübelten über seine
Worte nach.
Schließlich sprach der Richter: »Wir müssen gestehen, daß der Vertreter der Verteidigung
einen Punkt, der die Gerichtsordnung betrifft, angesprochen hat. Wir sind nicht seinesgleichen,
aber es befinden sich Wesen seiner Art hier. Das Gericht muß daher vertagt und eine neue
Gruppe von Geschworenen, in der sich auch Menschen befinden, vereidigt werden. Captain
Kirk, gibt es irgendeinen Einwand dagegen?«
»Ich sehe keine Schwierigkeit, außer Ihr Gesetz untersagt dies Nichteinwohnern, oder es
wird von diesen verlangt, einen Eid zu schwören, der nicht mit ihrer grundlegenden Loyalität zu
vereinbaren ist. Aber – «
»Darf ich Sie unterbrechen, Captain?« fragte Spock. »Dem Gericht sollte klar sein, daß
menschliche Geschworene von vielen Faktoren, die nichts mit den gesetzlichen Fakten des Falls
zu tun haben, beeinflußt werden können – die Redekunst des Anklägers, die atmosphärische
Feuchtigkeit, der Gesichtsausdruck des Angeklagten – und dieser spezielle Angeklagte scheint
sehr starke Gefühle zu erzeugen.«
McCoy erhob sich. »Ich darf Mister Spock, der glaubt, daß Maschinen mehr Gerechtigkeit
bieten, daran erinnern, daß in der antiken Gerichtsverhandlung, aus der der Angeklagte zitierte
(Shylock gegen Antonio, Venedig, im Jahr 1504 nach dem Alten Kalender), der Fall nicht durch
Emotionen, sondern getreulich nach dem Buchstaben des Gesetzes entschieden wurde!«
Spock und McCoy starrten einander wütend an.
»Meine Herren«, sagte der Richter traurig, »es sieht ganz so aus, als führten Sie einen Prozeß
gegen uns anstatt gegen den Menschen Mudd. Und vielleicht haben Sie recht. Er hat unseren
Status als Gerichtshof in Frage gestellt, und viele der Verbrechen, derer er angeklagt ist, sind
Verbrechen gegen die Person. Sind wir in den Augen des Gesetzes Personen?«
»Das heißt, sind wir in legalis homo«, erklärte Clarence.
»Du meine Güte«, sagte Bootsmaat Weinberg.
»Das ist in der Tat eine elementare Frage«, sagte Spock.
»So stehen wir also tatsächlich vor Gericht«, sagte der Richter. »Wir haben viel von euch
Menschen gelernt. Als empfindungsfähige Lebewesen beanspruchen wir das Recht, als
unabhängiger Planet anerkannt und in die Föderation aufgenommen zu werden. Captain Kirk,
können Sie diese Entscheidung fällen?«
»Ich kann nur eine Empfehlung aussprechen«, sagte Kirk langsam. »Meine Empfehlung hätte
jedoch großes Gewicht.«
Der Richter erhob sich und legte seine scharlachrote Robe ab. »Bis wir diese Roben
rechtmäßig tragen können, legen wir sie beiseite. Die Verhandlung gegen den Menschen Mudd
wird hiermit unterbrochen, und wir werden Ihnen und Ihren Offizieren als Repräsentanten der
Föderation unseren Fall darlegen. Erst wenn Sie Ihr Urteil gefällt haben, werden wir uns weiter
mit dem Fall Mudd befassen.«
Mudd beobachtete mit offenem Mund, wie die Geschworenen aus ihrem Abteil traten und die
Offiziere der Enterprise ihren Platz einnahmen.
»Das ist sehr ungewöhnlich«, murmelte Scott. »Es beginnt mit einer Verhandlung gegen den
Schurken Mudd, und am Schluß steht der Richter selbst vor Gericht. Irgend etwas ist da nicht
richtig gelaufen.«
»Sie sind weder eine organische Lebensform, noch humanoid, und ganz bestimmt keine
Menschen«, sagte McCoy zu Kirk.
»Ein Sonderfall«, antwortete der Captain. »Bitte fahren Sie fort.«
Clarence stand in einem einfachen, grauen Umhang vor ihnen. »Ich bin bevollmächtigt,
Ihnen unsere Position darzulegen, meine Herren.
Wir haben Sie von Seelen, Gefühlen, Gnade und Menschlichkeit sprechen hören. Wir haben
diese Dinge studiert«, begann er. »Gefühle können als Wahrnehmung einer Reaktion auf erlebte
Situationen definiert werden, die sich aus biochemischen Effekten wie Blutdruck,
Hormonhaushalt, Nervenspannkraft der Erinnerung zusammensetzt. Ist das korrekt?«
McCoy nickte. »Mehr oder weniger.«
»Bezweifeln Sie, daß wir ein Erinnerungsvermögen besitzen?«
Das gesamte Kontingent von der Enterprise schüttelte den Kopf. »Nein.«
»Aber wir haben ein gefühlsbetontes Gedächtnis«, sagte McCoy. »Manchmal erinnern wir
uns an das, was wir bei einem Ereignis fühlten, besser als an das Ereignis selbst. In Extremfällen
erkennen wir nicht einmal ein aufgezeichnetes Playback wieder.«
»Das ist ein Phänomen, das wir nicht kennen können«, gab der Androide zu. »Aber macht
uns ein genaues Gedächtnis für die Mitgliedschaft ungeeignet?« Spock hob eine Augenbraue in
die Richtung von McCoy, der verwirrt aussah.
»Und wir können Ihnen beweisen, daß wir auch über Entsprechungen für die anderen
Faktoren Ihres ›Gefühls‹ verfügen. Be steht an sich ein Unterschied zwischen einem elektrischen
Impuls zwischen Nervenzellen und den Faserdrähten unseres inneren Organismus? Ihre auf
tierischen Ursprung basierenden Reaktionen bewirken, daß Adrenalin in Ihr Blut fließt, bevor Sie
überhaupt analysieren können, daß eine Situation dies verlangt; wir erhöhen unsere Energien
nicht unfreiwillig. Wenn wir mit einer möglichen Krise konfrontiert werden, analysieren wir
zuerst. Erst dann wird entschieden, ob Energiereserven benötigt wer den.«
»Klingt wie ein Vorteil«, sagte Kirk.
»Das ist es auch.«
»Das ist doch Haarspalterei«, sagte Weinberg. »Es gibt biologische Rassen, die über
ausreichende Körperkontrolle verfügen, dies auch zu tun.«
Kirk erkannte diesen Punkt an. Spock entspannte sich. »Bezweifeln Sie, daß wir ein
Bewußtsein haben?«
»Nein, das haben Sie ganz sicher. Aber wenn Ihr Zentralcomputer ausgeschaltet wird,
verlieren Sie es«, sagte McCoy.
»Das ist nicht ganz richtig, Sir. Es verhindert uns nur den Zugang zu unserem kollektiven
Gedächtnis und den zugehörigen Informationen. Waren nicht die Aruhus und die anderen
Androiden auf Ihrem Schiff bei Bewußtsein, obwohl sie von ihm getrennt waren?«
»Sie haben keinen Stoffwechsel und wachsen nicht«, sagte der hart bedrängte McCoy.
»In contrario«, sagte Clarence. »Unser Stoffwechsel besteht aus purer Energie. Wir wachsen
nicht, weil wir vollständig sind. Wir passen uns an – wie Sie wissen, sogar an den luftleeren
Raum.«
»Und die Fortpflanzung?«
»Pflanzen wir uns nicht fort, nur weil sich unsere Fabriken außerhalb des Körpers, der ein
Gehäuse darstellt, befinden?«
»Jetzt kommen wir zum Kern der Sache«, sagte McCoy heftig. »Auch wir betrachten unsere
Körper als ›Gehäuse‹ – nämlich für die Seele.«
»Was ist die Seele, Doktor?«
»Eh. Nun, der Teil des Menschen, der nicht definiert, analysiert oder erfaßt werden kann und
beim Tod entschwindet.«
»Das ist nicht präzise, Sir.«
»Da haben wir’s«, sagte McCoy. »In allen anderen Punkten sieht die Sache für Sie gut aus.
Aber hier… ich weiß nicht.«
»Captain Kirk, haben Sie eine Seele?« »Ich denke schon.«
»Und Sie, Sir, der Vulkanier – Sie auch?«
Mit Vergnügen beobachtete McCoy Spock, wie er sich grünlich verfärbte und den Doktor
zornig anblickte. Der Ankläger wandte sich an Kirk.
»Scheitern wir an dieser… Seele?« fragte er traurig.
»Sir, darf ich etwas sagen?« meldete sich Weinberg zu Wort. Kirk nickte. »Ich kann
bestimmt keine Definition für die Seele anbieten. Aber diese Androiden haben Dinge getan, die
uns aufmerken lassen sollten. Sie waren dankbar, daß wir die Aruhus und die anderen gerettet
haben. Ist Dankbarkeit mechanisch? Sie stellen Mudd vor Gericht, weil er ihre Bürgerrechte
verletzt hat. Wenn sie die Bürgerrechte respektieren, achten sie die Freiheit der Wahl. Und ich
kenne keine Religion, die nicht lehrt, daß die Seele ihren Weg wählen muß. Sie haben Freude am
Lernen – ist Freude nicht ein Teil der Seele?
Warum haben Sie so viele Aruhus hergestellt?« fragte er den Anklagevertreter.
»Sie war schön, an Geist und Körper«, antwortete Clarence. »Ist es nicht zum Teil Aufgabe
der Seele, Schönheit zu erkennen?« sagte Weinberg leidenschaftlich.
»Ich denke«, sagte McCoy, »daß es für die Seele notwendig ist, die Einsamkeit zu
erkennen.«
»Ah«, sagte der Android, »entspricht das einer getrennten Verbindung? Unsere Einheiten, die
mit Ihnen zurückgekehrt sind, haben die Trennung genauso gespürt wie wir. Es war eine neue
und unfunktionsmäßige Erfahrung für uns, die wir ein kollektives Gedächtnis besitzen.«
Spock, der sich mit großer Mühe beherrscht hatte, sprang auf die Füße. »Captain«, sagte er
mit einem seltsamen Ton in seiner Stimme, »bei den Vereinigten Planeten gibt es Völker mit
einem Stoffwechsel, der auf Mineralien basiert; Völker, die sich telepathisch verständigen; und
einige Völker, die die Vernunft sehr hoch einschätzen. Wenn diesen Androiden das Recht auf
unabhängige politische Existenz verweigert wird, wäre es unlogisch, die – sagen wir mal,
Vulkanier, zu behalten.«
Er warf ein gefaltetes Stück Papier in Kirks Schoß und stolzierte hinaus.
Kirk öffnete es. Es war ein Ausdruck der Nachricht von Leutnant Spxyx von der
Computerabteilung.
STERNZEIT 6067.8 SPOCK ENTERPRISE/SABOTAGE NEGATIV/MARK ZX 856
SCHLIESST WIEDER
VERTRÄGE/FEEDBACKSCHWANKUNG BEWIRKTE MASCHINENSCHADEN/
SPOCK HÖREN SIE SICH DAS AN. EINZIGE DATENAUSGABE/WER BIN ICH/JETZT
VOLLSTÄNDIG – MENSCHLICHER KOLLEGE SAGT ER HOFFT WIR HABEN KEINEN
MORD BEGANGEN SPXYX.
Kirk reichte Mister Scott das Stück Papier. Der las es und errötete. »Ich weiß nicht, Captain,
ich weiß nicht. Wenn ich anfange, Maschinen für Menschen zu halten, wo soll das enden? Soll
ich vielleicht meinen Maschinen eine Gute-Nacht-Geschichte erzählen?«
»Vielleicht findet Mister Scott das unlogisch. Wenn Ihre Maschinen anfangen, sich zu
fragen, wer sie sind, so sollten Sie sich das überlegen«, sagte Clarence.
Scott kratzte sich am Kopf. »Das alles ist mir ein bißchen zu philosophisch, und das ist die
Wahrheit. Ich bin ein praktischer Mensch, Captain, aber sogar ich vergesse, daß diese Androiden
Computer in verrückten Kleidern sind. Ich spreche nach wie vor mit ihnen. Ich weiß nicht, was
die Wahrheit ist…«
Verwirrt folgte er Spock.
»So haben wir eine Stimme dafür und eine Enthaltung«, sagte Kirk. »Uhura? Sulu?
Chekov?«
Jeder sagte auf seine Art »Ich weiß nicht.« Chekov fügte verschämt hinzu: »Wahrscheinlich
hält sich keiner von denen für einen Tataren aus dem Altertum…«
»Wird er wieder in Ordnung kommen?« fragte Kirk besorgt, als er sie hinausgehen sah.
»Solange er außer Reichweite von durch die Barriere veränderten Dilitiumkristallen bleibt«,
sagte McCoy. »Das passiert wahrscheinlich so schnell nicht wieder.«
»Die Androiden, die beim Durchbrechen der Barriere an Bord der Superstella waren,
meldeten interne elektrische Störungen, veränderte Reaktionszeiten und Sensorfehlfunktionen«,
sagte ihr Sprecher.
»Hm, die hatten wir auch«, sagte McCoy.
»Nun, Pille, es sieht so aus, als ob die Entscheidung von uns abhängt. Empfehlen wir der
Föderation eine Mitgliedschaft der Androiden von Liticia oder nicht?«
»Ich lasse Sie allein, damit Sie sich ungestört unterhalten können«, sagte Clarence. Das
Geschworenenabteil war leer bis auf den Captain und den Doktor.
Sie hörten hinter sich ein Husten. »Sir«, sagte Bootsmaat Weinberg, »ich habe eine Ausgabe
der Artikel der Föderation mitgebracht.« Er gab ihnen das dicke Buch und fügte hinzu: »Es steht
nirgends geschrieben, daß eine Rasse eine Seele haben muß, um Mitglied werden zu können.« Er
salutierte förmlich und ging.
Kirk und McCoy sahen sich gegenseitig an. Sie brachen in dröhnendes Gelächter aus. »Nun,
McCoy, das wischt den letzten Einwand vom Tisch. Ich muß zugeben, daß ich sie nicht ablehnen
wollte – sie haben uns viel zu bieten!«

»Nun«, sagte Mudd mürrisch, als er vor das wiedereinberufene Gericht geführt wurde, »das
ist eine schöne Geschichte. Ich mag nicht der Norm entsprechen, aber niemand kann meine
Loyalität zur menschlichen Rasse in Frage stellen. Ich weigere mich, weiter an diesem obszönen
Verfahren teilzunehmen…« Worauf er sich hinsetzte, die Arme verschränkte und seine Nase zur
Decke streckte.
»Es geht weiter, meine Herren. Das Gericht tagt.«
Die einzige Überraschung des Prozesses ereignete sich, als >Weinberg in der Rolle des
Verteidigers einen Androiden als Zeugen aufrief.
Clarence selbst betrat den Stand. Aus diesem Anlaß zog er erneut seine Robe aus.
»Wie Sie wissen, hat der Angeklagte sein Einverständnis bekundet, bei der Anklage wegen
Steuerhinterziehung auf schuldig zu plädieren« – Mudd zuckte sichtbar zusammen; Bootsmaat
Weinberg mußte außergewöhnliche Überredungskünste besitzen – »ebenso bei den Vorwürfen
der Spekulation, Ausbeutung und Unterschlagung« – ein Murmeln ging durch den Gerichtssaal –
»und diversen anderen Anklagepunkten. In der Tat bleibt ihm nichts anderes übrig. Ist es
tatsächlich die ausdrückliche Meinung dieses Zeugen, der in den Gesetzen dieses Landes
gründlich instruiert ist, daß die Verbrechen gegen die Person während einer subjektiven
Zeitphase begangen wurden, in der die Personen rechtmäßig auch als solche betrachtet werden
mußten?« Mit triumphierender Miene trat Weinberg zurück.
Bootsmaat Weinberg, so dachte Kirk, könnte es im Diplomatischen Dienst doch noch weit
bringen. Er schien ein ziemliches Talent dafür zu haben, zwingende Beweggründe überzeugend
darzulegen – was auch immer die Konsequenzen dabei waren.
Der Zeuge räusperte sich. »Harumff.« Er sprach dieses Wort sehr deutlich aus. »Mein
geschätzter Gegenspieler hat einen Punkt angesprochen, für den man den fortgeschrittensten
logischen Schaltkreis benötigt. In der Tat, ließen wir diesen Punkt gelten, müßte die gesamte
zeitliche Basis dieses Prozesses geändert und dem Rechtssystem zugestanden werden, während
der Tatzeit eher in einem Zustand von posse als esse gewesen zu sein. Der Angeklagte
unternahm zu dieser Zeit alles, um innerhalb der Grenzen des Gesetzes, so wie er es verstand, zu
bleiben. In diesem Fall wäre es unmöglich, den Angeklagten wegen eines anderen Verbrechens
zu verurteilen als dem Steuern seines Schiffes ohne Lizenz.«
Mudd, der offensichtlich traumverloren die vorhergehenden Argumente ignoriert hatte, stand
auf und starrte den Androiden an.
»Ein Daniel, ein Daniel kommt zur Einsicht!« sagte er. »Die Vernunft hat sich am Ende
durchgesetzt! Eine Geldstrafe, eine Geldstrafe nur, und ich bin frei.« Er warf einen verächtlichen
Blick auf die versammelte Menge. »Diese Dummköpfe. Das hätte ich euch gleich sagen
können.«
»Warum haben Sie es nicht getan«, wollte der Richter wissen.
Mudd zuckte mit den Achseln. »Ihr habt einen Lernprozeß durchgemacht. Ihr, die ganzen
Roboter, Verzeihung, mechanischen Personen, die ihr die ganze Nacht auf wart wegen eurer
Präzedenzfälle und dem interplanetarischen Gesetz…« Er setzte sich, unendlich zufrieden, und
legte seine Füße hoch. »Danke für die Unterhaltung. Können wir jetzt gehen?«
»Für diesen Prozeß gibt es keinen Präzedenzfall«, stellte der Richter fest. »Da ich glaube,
daß alle Argumente beider Seiten jetzt gehört wurden, fordere ich die Geschworenen, die sich
jetzt zur Hälfte aus Menschen, zur Hälfte aus Androiden zusammensetzen, auf, sich
zurückzuziehen und ein Urteil zu fällen. Das letzte Argument der Verteidigung wird wie die
anderen Beweise gebührend berücksichtigt werden. Während die Geschworenen sich beraten,
wird sich das Gericht zurückziehen.«
Die sechs Geschworenen von der Enterprise gingen mit ihren Androidenkollegen ernst
hinaus. Sie sahen verblüfft drein.
»Ich hoffe, man kann hier eine Wohnung finden«, sagte Kirk. »Dazu braucht es mehr als
einen Daniel, es braucht einen Salomon!«
»In der Tat, Captain«, antwortete Spock. »Dieser Prozeß wird einen Präzedenzfall für
Zeitparadoxfälle schaffen. Ich neige dazu, die Brauchbarkeit eines Geschworenengerichts in so
einer Angelegenheit in Frage zu stellen.«
»Nun, Spock, wie würden Sie entscheiden?« sagte Kirk lächelnd.
»Logik allein reicht diesmal nicht aus, und irgend jemand muß eine Entscheidung fällen.«
»Kopf ab«, murmelte McCoy.
»Wenigstens«, sagte Spock, »bleibt uns die Alternative der tyrannischen force majeste
erspart.«

Die Geschworenen berieten sich sehr lange.


Als sie zum wiedereinberufenen Gericht zurückkehrten, stellte sich der Sprecher (ein
Marilynmodell) vor ihnen auf. Ihre Rosenknospenlippen öffneten sich:
»Euer Ehren, wir sind der Meinung, daß dieser Fall nur auf der Basis der erlebten Zeitabfolge
betrachtet werden kann. Diese war wie folgt: die Taten wurden vom Angeklagten begangen, so
wir sie verhandelt haben; als nächstes kamen die Abenteuer innerhalb der Zeitspirale, dann
erfolgte die Rückkehr zur Galaxis; erst dann geschah die Bildung einer Regierung und die
Schaffung der Gesetze und einer Verfassung auf Liticia. Deshalb ist der Angeklagte im Sinne der
Anklage schuldig.«
Mudd schien in seiner Samttunika zusammenzuklappen. Er war ein gebrochener Mann.
»Aber«, sprach sie weiter, »er kann nicht verurteilt werden. Das einzige Verbrechen, das er
gegen ein gleichzeitig existierendes Gesetz begangen hat, ist – das Steuern eines Schiffes ohne
Lizenz.«
Mudd schien seine Kleider wieder auszufüllen. McCoy verbarg seinen Kopf in beiden
Händen.
»Der Richter wird jetzt das Urteil verkünden«, sagte der Herold majestätisch. »Der
Angeklagte möge sich erheben.« Mudd sprang auf die Beine.
»Oh, na schön«, sagte er. »Noch ein paar Minuten von diesem son-et-lumiere, wenn’s sein
muß. Es ist natürlich ein Finale erforderlich. Aber meine Show in den Magellanischen Wolken
könnt ihr mit einer lumpigen, kleinen Geldstrafe nicht schlagen.«
»Ruhe im Gerichtssaal.«
»Es liegt im Ermessen des Gerichts, das Strafausmaß zu bestimmen. In Anbetracht des Falles
Drashevin gegen das Lizenzamt von Shere-Khan und in Anbetracht der beiden früheren Urteile
für das gleiche Vergehen seitens des Angeklagten, verurteile ich Sie, Harcourt Fenton Mudd, zur
Verbannung von diesem Planeten, von jeglichem angrenzenden Planetenraum und von allen
Planeten und planetarischem Raum, die an einen Sektor innerhalb der Gerichtsbarkeit der
Vereinigten Planetenföderation angrenzen.«
Mudd blickte verstört.
»…die vom Klingonen-Imperium beherrscht werden…« Mudd blickte beunruhigt.
»… oder unter der Oberhoheit des Romulanischen Kaiserreichs und seiner Verbündeten
stehen, für immer und in aeternum.«
Mudd blickte entsetzt, als die Worte im Raum verklangen. »Das könnt ihr nicht mit mir
machen, ich werde beim Obersten Gerichtshof Berufung einlegen – «
»Der Oberste Gerichtshof hat uns umfassende Vollmacht verliehen, mit Ihnen zu verfahren,
wie wir es für richtig halten.«
»Einen Gerichtsbefehl«, fügte Clarence glücklich hinzu. »Sie stellen eine Bedrohung für den
geordneten Zustand dieser Galaxis dar und werden daher unverzüglich aus ihr entfernt. Ihr Schiff
wartet schon«, sagte der Richter abschließend.
»Sch-Schiff?«
»Eine etwas verbesserte Version der SuperStella, für einen einmaligen Flug durch die
Barriere umgebaut. Sie werden sie sehr komfortabel finden. Sie ist sogar mit Begleiterinnen für
Sie ausgestattet – natürlich nicht ganz das, was Sie gewohnt sind. Die Besatzung besteht aus
Automaten mit weiblichen Körperformen, allerdings ohne eigenes Bewußtsein. Sowohl sie als
auch das Schiff sind unwiderruflich auf Selbstzerstörung programmiert, falls Sie den Versuch
unternehmen sollten, zu dieser Galaxis zurückzukehren.
Wir wünschen Ihnen eine angenehme Reise. Die Verhandlung ist geschlossen.«

Eine kleine Gruppe beobachtete den Start des Schiffes. Ihre Ohren waren noch immer von
vielfältigen und ideenreichen Flüchen Harcourt Fenton Mudds wie betäubt.
»Das müßte das letzte sein, das wir von ihm hören«, sagte McCoy. Sie blickten zum
Sternenhimmel empor, auf das Sternbild Tukana und die beiden Magellanwolken.
»Da wir ja in zeitlicher Hinsicht früher wieder zurückgekommen sind, frage ich mich, ob die
Katastrophe in der Wolke überhaupt passiert ist«, gab Kirk zu bedenken.
»Das werden wir in ungefähr hundertsechzigtausend Jahren wissen«, sagte Spock, »wenn uns
ihr Licht aus jüngster Vergangenheit erreicht.«
»Bis dahin hat er wahrscheinlich die andere in die Luft gejagt«, sagte Weinberg.
»Mit ebenso großer Wahrscheinlichkeit findet er eine Möglichkeit, sie jemandem zu
verkaufen«, seufzte Kirk.
Nachwort

Mit dem vorliegenden 16. Band der »Original-Abenteuer von RAUMSCHIFF ENTERPRISE«
liegen nun erstmals die Buchadaptionen aller Fernsehfolgen – mit Ausnahme der
Novelisierungen der Trickfilm-Episoden – dieser international so erfolgreichen SF-Serie
komplett in deutscher Sprache vor. Sie sind – alle 78 Abenteuer von Captain Kirk und seiner
Mannschaft, wobei der einzige Zweiteiler der Serie als eine Episode gewertet wird – in den
Bänden 1 bis 11, 13 und 16 dieser Edition von STAR TREK enthalten. Die übrigen Bände der
Serie in dieser Ausgabe, die bereits erschienen sind oder sich in Vorbereitung befinden, enthalten
neue Romane und Kurzgeschichten um die beliebten Protagonisten, verfaßt von so bekannten
Autoren und Autorinnen des Genres wie Gordon Eklund, Stephen Goldin, Joe Haldeman,
Kathleen Sky und David Gerrold. Sie handeln zumeist während der ersten Fünf-Jahres-Mission
von Raumschiff ENTERPRISE und werden teilweise auch zum ersten Mal in deutscher Sprache
veröffentlicht. Dabei werden früher schon anderwärtig erschienene Titel für diese Edition
sorgfältig überarbeitet, wobei jedwede Kürzung beseitigt und die Diktion an die der TV-Serie
angepaßt wird, wie das ja auch bei den TV-Adaptionen der Fall war, oder gleich neu übersetzt.
Als sich der Goldmann Verlag im Jahre 1985 dazu entschloß, die frühen Abenteuer des
Raumschiffs ENTERPRISE in dieser Edition neu aufzulegen, wurde ursprünglich daran gedacht,
die einzelnen Geschichten in der Reihenfolge ihrer Ausstrahlungen zu veröffentlichen. Da dies
aus rechtlichen Gründen aber nicht möglich war, sollte die Angabe der Episodennummer es dem
interessierten Leser ermöglichen, die Erzählungen in der richtigen Reihenfolge lesen und
chronologisch zuordnen zu können. Dies sollte dazu dienen, nicht nur die inneren
Zusammenhänge und den eigentlichen Handlungsablauf der Serie deutlich werden zu lassen,
sondern auch die Entwicklung der einzelnen Haupthandlungsträger besser mitverfolgen zu
können. Nun stimmt aber, wie die STAR TREK-Experten wissen, die Reihenfolge der
Verfilmung der einzelnen Episoden nicht mit der Reihenfolge überein, in der die einzelnen
Abenteuer auch ausgestrahlt wurden. Diese Diskrepanzen sollten im Interesse der Leser beseitigt
werden.

Dazu kam, daß STAR TREK in den letzten Jahren viele kräftige Lebenszeichen von sich gab.
Es steht nicht nur der mittlerweile schon fünfte abendfüllende Kinofilm vor seiner Premiere –
dem Vernehmen nach wurde bereits für den in Vorbereitung befindlichen sechsten schon
mitgedreht – , es startete 1987 in den USA mit STAR TREK – THE NEXT GENERATION eine
komplett neue Serie um eine neue ENTERPRISE, die überaus erfolgreich ist. Der Pilotfilm und
etliche Episoden sind, ebenso wie der ST-Pilotfilm »The Cage«, auf Video erhältlich, bis auf
Roddenberrys ST-Erstling teilweise auch in deutscher Sprache. Von größerer Bedeutung für die
deutschen Fans und Fernseher war aber, daß der Kabelsender SAT1 nach den ursprünglichen 39
deutschsprachig ausgestrahlten Episoden vom ZDF weitere 39 Folgen ankaufte und
synchronisierte – also einschließlich des Zweiteilers »The Menagerie« alle noch fehlenden
Abenteuer mit Ausnahme von »Patterns of Force«, der Nazi-Episode.
Nach einem Special – »Wie alles anfing – Mr. Spock erzählt« – wurden sie ab dem 21. 9.
1987 in wöchentlichem Rhythmus gesendet. Diese für die vielen Freunde der Serie durchaus
erfreuliche Tatsache stellte Redaktion und Lektorat dieser Edition vor ein weiteres Problem. Als
Leserservice waren vom Start weg auch die deutschen TV-Titel angegeben worden, natürlich nur
die zur Verfügung stehenden der ursprünglichen 39 Folgen. Nun stand die Frage im Raum, wie
auch die Titel der SAT1-Staffel noch nachträglich integriert werden konnten. Schließlich wurde
dafür ebenso eine Lösung gefunden wie für das Problem mit der Verfilmungsreihenfolge.
Da der vorliegende Titel der letzte Band der »Original-Abenteuer von RAUMSCHIFF
ENTERPRISE« ist, der Adaptionen von TV-Episoden enthält, werden im Anhang alle einzelnen
Folgen aufgelistet, und zwar mit Originaltitel, deutschem TV-Titel, in der Reihenfolge der
Produktion und unter Hinweis auf die Nummer des Bandes, in der sie enthalten sind. Die
Episodennummer nach Reihenfolge der Ausstrahlung wird in dieser Aufstellung nicht extra
angegeben.

Noch einige Hinweise bei dieser Gelegenheit: Der Zweiteiler »The Menagerie« wurde nicht
in seiner endgültigen Fassung adaptiert, es wurde nur die Kernhandlung des Pilotfilmes »The
Cage« für die Buchversion bearbeitet, die Rahmenhandlung – in der Spock das Kommando über
die ENTERPRISE an sich reißt, das Sternenschiff zum gesperrten Planeten Talos IV entführt und
die Gründe für sein Handeln aus den Geschehnissen des Pilotfilms heraus erklärt – findet keine
Erwähnung; deshalb gibt es hier einen Querverweis. Die Episode »Where No Man Has Gone
Before« war ursprünglich als zweiter Pilotfilm geplant, gelangte aber als solcher nicht zur
Ausstrahlung. Der Pilotfilm entstand 1964, Episode 1 wurde 1965 gedreht. Die Episoden der 1.
Saison (2-28) entstanden 1966/67, die der 2. Saison (29-54) 1967/68 und die der 3. und letzten
(55–78) 1968/69. Weitere Informationen zu STAR TREK enthält auch das Nachwort, das in den
Bänden 1 bis 5 dieser ENTERPRISE-Ausgabe veröffentlicht wurde.
STAR TREK LIVES! RAUMSCHIFF ENTERPRISE LEBT! Das haben die Entwicklungen
der letzten Jahre eindrucksvoll bewiesen!
Hermann Urbanek
Anmerkungen

1 TV-Titel: Die Frauen des Mr. Mudd

2 TV-Titel: Der dressierte Herrscher


Von STAR TREK sind im Goldmann Verlag
folgende Originalabenteuer erschienen:

Raumschiff Enterprise 1: Der unwirkliche McCoy (23730)


Raumschiff Enterprise 2: Strafplanet Tantalus (23731)
Raumschiff Enterprise 3: Spock läuft Amok (23732)
Raumschiff Enterprise 4: Das Silikonmonster (23733)
Raumschiff Enterprise 5: Der Asylplanet (23734)
Raumschiff Enterprise 6: Die Lichter von Zhetar (23735)
Raumschiff Enterprise 7: Das Paradies-Syndrom (23737)
Raumschiff Enterprise 8: Der Doppelgänger (23738)
Raumschiff Enterprise 9: Rückkehr zum Morgen (23739)
Raumschiff Enterprise 10: Ein kleiner Privatkrieg (23740)
Raumschiff Enterprise 11: Der Tag der Taube (23741)
Raumschiff Enterprise 12: Spock muß sterben! (23742)
Raumschiff Enterprise 13: Jenseits der Sterne (23600)
Raumschiff Enterprise 14: Klingonen-Gambit (23601)
Raumschiff Enterprise 15: Galaxis in Gefahr (23602)
Raumschiff Enterprise 16: Die falschen Engel (23603)
Raumschiff Enterprise 17: Spock, Messias! (23619)
Raumschiff Enterprise 18: Wie Phoenix aus der Asche (23620)
Raumschiff Enterprise 19: Der Teufelsplanet (23627)
Raumschiff Enterprise 20: Gefangene des Wahnsinns (23616)
Raumschiff Enterprise 21: Welt ohne Ende (23613)
Raumschiff Enterprise 22: Das Phoenix-Verfahren (23614)
Raumschiff Enterprise 23: Planet der blauen Blumen (23615)
Raumschiff Enterprise 24: Grenze zur Unendlichkeit (23617)
Raumschiff Enterprise 25: Die Expertin (23618)
Raumschiff Enterprise 26: Zwischen den Welten (23621)
Raumschiff Enterprise 27: Welt ohne Sterne (23650)
Raumschiff Enterprise 28: Perrys Planet (23651)

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