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So kochte
SYLT
Medien-Verlag Schubert
ISBN 978-3-937843-34-6
© Copyright 2013 by Medien-Verlag Schubert, Hamburg
Alle Rechte, auch des auszugsweisen Nachdrucks und der
fotomechanischen Wiedergabe, vorbehalten.
Satz und Layout: Medien-Verlag Schubert / Thomas Börnchen
Printed in Germany
Original friesische Rezepte
Inhaltsverzeichnis
Die Quellen 6
Fisch 36
Fleischgerichte 42
Die Autorin 75
Glossar 76
Literatur 78
Quelle/Bildnachweis 79
Ernährung früher – Lebensmittel, Gerichte
und Vorratshaltung
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Die Sylter aßen regelmäßig Fisch, vor vor allem im Frühling und Sommer auch
allem Wittlinge, Rochen und Schollen. nicht an Eiern. Möweneier gab es in den
Sie schmeckten frisch natürlich am besten. Dünen, Enteneier lagen in Nestern an
Sollten sie auf Vorrat halten, wurden sie der Anwachskante, Kiebitzeier in den
getrocknet oder eingesalzen. Beliebt war Wiesen.
auch norwegischer Klippfisch, auf den Die am Haus gehaltenen Hühner leg-
Küstenfelsen getrockneter Kabeljau. ten auch im Frühling und Sommer die
Aus dem Meer fischten sich die Sylter besten und meisten Eier. Eier lagerte man
natürlich auch Muscheln und Austern - zunächst auf einem Eierregal mit Vertie-
„Skruuken“. Zuletzt Genannte wurden fungen und drehte sie regelmäßig um. Für
roh oder gebraten gegessen. Da das Aus- die Winterbevorratung schichtete man die
ternfischen verboten war, durfte man sich Eier in Gerste, die konservierende Eigen-
nicht dabei erwischen lassen. Die „verräte- schaft besitzt, oder sie kamen mit der Spitze
rischen“ Schalen wurden deshalb heimlich nach unten gestapelt in ein Steingutgefäß
vergraben, so dass man heute sogar noch und wurden mit Kalkwasser (gelöschter
hier und da welche finden kann. Kalk) oder mit einer „Wasserglas“-Was-
Frisches Fleisch gab es nur im Herbst ser-Mischung aufgefüllt.
zu essen, wenn geschlachtet wurde; über- Das „Wasserglas“ ist ein wasserlösli-
wiegend Schafe und Schweine. Ansonsten ches Alkalisilikat („Natronwasserglas“),
wurde es gepökelt und geräuchert und das Glas und andere Materialien angreift.
dann je nach zu kochendem Gericht wei- Man bekam es früher beim Kaufmann
ter verarbeitet. oder in der Apotheke. Auch Kalkwasser ist
„Man kannte auf Sylt nicht solche verschie- recht aggressiv, deshalb verwendete man
denen Gerichte als heute. Es gab meistens für beide Lagerungsvarianten Steingut-
zusammengekochtes Essen und man aß sich töpfe. Bei dieser Konservierung werden
daran satt“, schreibt Anna Gantzel. Doch die Eier gegen Luft und Bakterien ab-
nach und nach hat man doch Vorlieben gedichtet. Beim Kalkwasser entsteht zu-
entwickelt und bestimmte Lebensmittel dem an der Oberfläche des Topfes eine
miteinander kombiniert. dünne undurchlässige Schicht, die nicht
Auch Enten kamen, vor allem im zerstört werden darf. Die auf diese Weise
Herbst, aus den Fängen der Vogelkoje auf konservierten Eier hielten etwa drei bis
den Tisch. Und Gänse, die den Jägern sechs Monate. Sie wurden in kühler, aber
im Haff in die Netze gingen. Aus ihnen frostfreier Umgebung aufbewahrt.
machte man dann „Vogelsuppe und Vo- Man konnte sie nicht mehr als Früh-
gelbraten“. Manche salzten sie auch ein. stücks- oder Spiegelei verwenden, auch
Und wo es viele Enten, Gänse, Möwen konnte man das Eigelb nicht mehr vom
und anderes Federvieh gab, mangelte es Eiweiß trennen. Sie fanden ihren Ge-
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Die fest eingelassenen Töpfe im Nebenherd waren eine Besonderheit im alten Sylter Friesenhaus. In den Energie
sparenden Wasserbädern wurden bestimmte Gerichte, wie z.B. der Mehlbeutel gekocht.
daß eiserne Töpfe auch weniger gefährlich sind haben sich aber auch speziell für die Was-
als Kupfer-Geschirr, wenn die Verzinnung nicht serbad-Vorrichtung Gerichte entwickelt,
gut ist. Früher, und vor etwa 100 Jahren waren wie Mehlbeutel und Puddinge, von denen
die wenigsten Häuser mit Ofen in den Wohn- einige im folgenden Kapitel aufgeführt
stuben versehen, sondern diese Töpfe waren in sind.
der Wohnstube angebracht, so daß das Feuer,
das die Speise kochte, zugleich die Stube hitzte;
jetzt aber giebt es wohl kaum 10 Wohnhäuser,
die Oefen entbehren.“
Nicht zuletzt konnte man dort in sie-
denden Wasserbädern die Gerichte auch
einige Zeit unbeaufsichtigt lassen. Man
kochte u.a. Grütze und erwärmte den
Grünkohl immer wieder aufs Neue. Es
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„Beutel“ und Puddinge im Wasserbad
Eine weitere Abwandlung gibt es vom 500 g Reis, 200 g Backpflaumen, etwas
Landhaus Stricker: Salz.
Auflaufform auslegen mit ausgebrate- Der Reis wird gewaschen, gebrüht und
nem Speck. Birnen schälen, viele Stücke zum Abtropfen auf ein Sieb gegeben. Eine
in die Auflaufform geben. Darüber Teig große Serviette wird in heißem Wasser
aus 3-4 Eiern, 250 g Mehl, 1 Tasse Rahm, ausgewrungen, dick mit Mehl bestreut
etwas Milch, 50 g Butter, Hefe in warmer und eine dicke Schicht Reis auf die Mitte
Milch anrühren, ½ Std. backen, dazu Va- der Serviette gelegt. Darauf tut man die
nillesoße. gut gewaschenen Pflaumen und deckt sie
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► Fischfrikadellen (AW) Handvoll auf obige Portion und einen
Tag stehen lassen.
¾ Pfund rohes, entgrätetes Fisch- Dann nicht wieder waschen, sondern
fleisch durch den Fleischwolf drehen. aus der Lake herausgenommen, am Kopf
1 bis 2 Eier, 2 EL Semmelmehl oder 1 angefasst, scharf zwischen den Fingern
altes eingeweichtes Brötchen, ¼ Pfund abgestreift und Lage für Lage mit dem
durchgedrehter, geräucherter fetter Speck, Rücken nach unten mit den obigen Zuta-
Salz, Muskat und etwas gemahlener Pfef- ten, die nicht so fein gestoßen sein sollen,
fer nach Geschmack. Von diesen Zutaten eingepackt in einen braunen Topf. Mit
arbeitet man einen Fischteig. In springend einem Brett und Stein beschweren, damit
heißem Fett schnell braten, damit sie nicht sie gut unter der Lake bleiben. Nach gut 8
zerfallen. Tagen sind die Anchovis genießbar.
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lige Handlung, Sie ist ein Sonntagses- den die Schweinsrippen in Essigbrühe ge-
sen. Eine Fleischbrühe wird auf frischem kocht, in einen Tontopf gelegt und mit
Rindfleisch gekocht, mit einem Bund Brühe übergossen. Und wie oben be-
Suppenkraut – „Sop-Krür“ – oder auch schrieben konserviert. Bis Weihnachten
„Greenttji“. Auch Wurzeln und Pastina- stand dieser Topf in einem kühlen Raum;
ken werden mitgekocht. Es gibt Mehl- das waren oft mehrere Wochen.
und kleine Fleischklöße dazu. Reis wird Die gekochten Schnittbohnen wurden
extra dazu gereicht. Man isst das Suppen- mit Milch aufgefüllt, mit Mehl angedickt
fleisch dazu, gibt etwas Senf dabei, oder und mit etwas Butter verfeinert.
aber isst nach der Suppe noch Kartoffeln
zu dem Suppenfleisch. Auch Meerrettich
– „Pewer-Röt“ – wird dann zum Suppen- ►Säuerliches Ragout – „Ploki-fink“
fleisch gereicht. oder „Plokefink“ (AW)
Bei Anna Gantzel liest man die Emp- Hierzu werden Reste vom Suppenfleisch
fehlung, zuletzt die Suppe mit Safran und verwertet oder auch nach dem Schlachten
Ingwer abzuschmecken. Möhren und Sel- so genante Abfallstücke, auch Herz, Nie-
lerie sollten nicht direkt in der Suppe mit- ren und vom Hals. Das Fleisch wird gegart
kochen, sondern extra zubereitet werden, und in Würfel geschnitten, dann wieder
da sie die Suppe süßen würden. in die Brühe gegeben. Aufkochen, mit
Lorbeerblatt und Pfeffer und mit Essig
abschmecken. Dazu Pellkartoffeln.
► Blutsuppe – „Blautsuppe“ (LS)
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Die Masse wurde dann in den dicken aß die Sülze meistens zu Brot oder auch
Schweinemastdarm gefüllt und darin ge- zu Bratkartoffeln.
kocht. Die Grützwurst aß man mittags mit
Sirup und Apfelmus.
► Hüsk en snüsk
Gab es mehrere kleine Essensreste be-
► Sülze/Presskopf – „Solt“ (AG) stehend aus Fleisch, Gemüse und Kartof-
feln schmorte man diese zusammen.
Das Fleisch vom Schweinskopf oder
-nacken wird gekocht, geschnitten und In einem Zeitungsartikel von 1957
mit der Salzlauge und Gewürz in einem wird dieses Gericht als typische Sylter
Gefäß gepresst. Speise genannt. Ihre Zutaten – frische
Dieses Gefäß nannte sich „Soltfeetje“. Erbsen, neue Kartoffeln und junge Ka-
Es wurde zuunterst mit Speckschwarte rotten werden miteinander gegart, mit
ausgelegt und das Fleisch mit der Salz- einer Prise Salz gewürzt und in Rahm ge-
lauge hineingefüllt. Die Ohren kamen schmort. Dazu gab es rohen Schinken.
obendrauf und dienten als Deckel. Man
Ein typisches Sommergericht, auch als „Quer-durch-den-Garten-Eintopf“ bezeichnet: Hüsk en Snüsk. In
Angeln heißt es „Schnüsch“.
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Eiergrog
► Eiergrog (AW)
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LIKÖRE ge). Alles in eine geräumige Flasche hi-
Aus den heimischen Pf lanzen und nein füllen und für einige Tage stehen
Früchten bereitete die Sylterin auch Li- lassen.
köre und Weine zu:
► Holunderblütenwein (AW)
► Schwarzer Johannisbeerlikör
(AW)
► Kirschlikör (AG)
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Barbara Djassemi ist 1971 in Hamburg
geboren. Bereits während ihres Studi-
ums der Kunstgeschichte und Italianistik
in Hamburg und Pisa und auch in der
Zeit danach hat sie als freie Journalistin
für verschiedene Printmedien wie die
„Hamburger Morgenpost“, „Hamburger
Rundschau“, „Szene Hamburg“ und die
„Weltkunst“ und als Museumspädagogin
im Altonaer Museum gearbeitet. 2004
hat sie ihren Wohnsitz nach Sylt verlegt.
Dort leitet sie zudem Kinderkreativkurse.
Als freie Autorin sind von ihr bereits zwei
Bücher für Kinder im Kunst- und Kul-
turbereich („Bibbeldi, babbeldi, bonika
– Surrealismus und Dada für Kinder“ und
„Mit Reifrock und Rosenwasser – Kinder
erleben die Barockzeit“) erschienen.
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Glossar Gebratener Klippfisch 38
Gebratene Scholle 36
A Gerstenmehlklöße – „Berimeel-
Klumper 26
Anchovis 40 Gerstenmehlplättchen 62
Apfel Creme 27 Geschmorte frische Schollen 36
Geschmorter Klippfisch 38
B
H
Banksuppe – „Baankwaling“ 10
Biersuppe 29 Hausmacher Pannfisch 39
Biestmilchpudding – „Bjüst“ 24 Heidebeerlikör 59
Birnen, Bohnen und Speck 51 Holunderblütenwein 59
Blutsuppe – „Blautsuppe“ 44, 48 Honigkuchen 66
Braune Pfeffernüsse - Hörnchen 63
„Brün Peepernöten“ 61 Hüskensnüsk 45
Brotpudding 73
Brotsuppe 71 J
Butterkuchen 68 Jan im Sack (auch Großer Hans) 23
Buttermilchsuppe 28 Jan im Sack mit Reis 23
Butter-Zwieback 70
K
E
Kaffee- oder Teepunsch 56
Eiergrog 58 Kirschlikör 59
Einfache Buttermilchsuppe – Kleine Mandelkuchen 64, 66
„Öorter-waling“ 28 Klippfisch Labskaus 38
Einfache Förtchen 67 Kneppkuchen 67
Einfacher Kartoffelsalat 50 Kreppel 63
F L
Fischfrikadellen 40 Lammeintopf 43
Fleischsuppe mit Grütze –
„Meetwaling“ 43 M
Fliederbeersuppe mit Klößen –
„Helbaien-sop me Klumper“ 31 „Mait“ – Honigwein 17
Friesenkekse 64 Makronen 28
Friesen-Knappkuchen 67 Mandelstauben 61
Friesischer Butterzwieback 70 Mehlklöße mit Speck und Sirup –
Frische Heringe einlegen 40 „Meelklumper me Fleesk
Frische Suppe – „Feesk Sop“ 43 en Sirup“ 26
Mehlpudding 27
G Milchsalzige Suppe mit Klößen –
„Molkspa me Klumpa“ 42
„Gebackene Käse“ – der „Bööken Aast“ 33 Möweneier 35
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N Schmalzpfeffernüsse – „Smöör
Peepernööten“ 61
Nordstrander Futjens 67 Schokoladenpudding 24
O Schwarzer Johannisbeerlikör 59
Schweinssuppe oder Kopfsuppe –
Ofenkloß – „Auns-Klump“ 23 „Swin-Sop“ oder „Haursop“ 44
Sehr schöne kleine Kuchen 61
P
Stachelbeergrütze 30
Pai, auch Friesen Pai 68 Steckrüben – „Kualraabi oder
Pannfisch – „Ponfesk“ 39 Rööv“ 50
Petersilienkartoffeln 50 Stuuv-Kaak 26
Pfannkuchen 26 Sülze/Presskopf – „Solt“ 45
Pfeffernüsse – „Peepernööten“ 60 Süß-saure Kartoffeln 50
Pflaumen in Essig 10 „Sylter Welle“ 56
Pflaumensuppe – „Plumwaling“ 28
T
Pharisäer 57
Pranger-Kuchen 61 Theekuchen 63
Pumpernickel 64, 68
V
R
Vanille Creme mit Makronen 28
Reisbeutel 25 Vanille Kuchen 66
Reismehlspeise 27
Reis mit Rum 27 W
Reispudding 24 Waffelkuchen 63
Ringel oder Kringel 68 Waffeln 62
„Rode Grütt“ 30 Warme Reismehlspeise 27
Roggenbrod-Auflauf 73 Warmer Graupenpudding 24
Roggenbrod Mehlspeise 27 Warmer Pudding 24
Rollmops nach Tante Mimi 40, 43 Weißbrot 70, 71
Rollwurst – „Rolki“ 43 Windbeutel 62
Rote Beete = Rote Rüben – „Ruar
Biiten“ 50 Z
Rote Grütze von Johannisbeeren
oder Himbeeren 30 Zitronensuppe 30
Rotes Rübengemüse 51 Zuckerstauben 61
Rummelpottplätzchen 67 Zwieback 69
S
Säuerliches Ragout – „Ploki-fink“ oder
„Plokefink“ 44
Saure Suppe oder Schinkensuppe – „Sür
Sop of Skink Sop“ 43
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